Landgericht Dortmund Urteil, 24. Juni 2016 - 3 O 430/15
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 9.000,00 € trägt der Kläger.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verlangt mit der vorliegenden Klage die Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrages nach erklärtem Widerruf.
3Er schloss mit der W I eG, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, am 07.07.2006 einen Darlehensvertrag zur Darlehensnummer ########## über einen Nettodarlehensbetrag von 10.750,00 € zuzüglich eines Beitrages in Höhe von 796,80 € für eine Restkreditversicherung und eines dreiprozentigen einmaligen laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts in Höhe von 346,40 € bei einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 11,39 % (Anlage K1 = Bl. 12-16 d.A.).
4Der Darlehensvertrag enthielt in separater Anlage die nachfolgende „Widerrufsbelehrung für Verbraucherdarlehensverträge“ (Anlage K2 = Bl. 17 d.A.):
5An dieser Stelle befindet sich eine Widerrufsbelehrung.
6Dem Kläger wurden der von beiden Parteien am 07.07.2006 unterzeichnete Darlehensvertrag sowie die von ihm am selben Tag unterzeichnete Widerrufsbelehrung zusammen ausgehändigt.
7In der Folge wurde das Darlehen vertragsgemäß durch die Parteien abgewickelt und per 30.06.2010 vom Kläger getilgt.
8Mit eigenem Schreiben vom 17.06.2015 (Anlage K3 = Bl. 18 d.A.) und nachfolgend mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 08.07.2015 (Anlage K4 = Bl. 19-22 d.A.) erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages, den die Beklagte mit Schreiben vom 20.07.2015 (Anlage K5 = Bl. 23 f. d.A.) zurückwies. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.06.2016 widerrief der Kläger außerdem die auf Abschluss des Restkreditversicherungsvertrages zum Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer ########## (Anlage K1) gerichteten Willenserklärungen.
9Der Kläger ist der Ansicht, dass die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspräche, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei.
10Der Kläger beantragt:
11- 12
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 8.714,54 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.07.2015 zu zahlen.
- 14
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 928,80 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie ist der Ansicht, dass der Widerruf des Klägers verfristet sei. Ferner hält die Beklagte das Widerrufsrecht für verwirkt und wendet überdies eine unzulässige Rechtsausübung bzw. Rechtsmissbrauch ein.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20I.
21Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
221.
23Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Nutzungsersatz nach erklärtem Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrages zu.
24Der streitgegenständliche Darlehensvertrag vom 07.07.2006 hat sich nicht infolge des mit Schreiben des Klägers vom 17.06.2015 erklärten Widerrufs in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt.
25Zwar stand dem Kläger im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der §§ 495, 355 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 S. 1 u. S. 3 BGB a.F. zu. Der Widerruf aus dem Jahr 2015 entfaltet allerdings keine Wirkung, da die Frist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. im Zeitpunkt der Widerrufserklärung längst abgelaufen war.
26Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten in dem Darlehensvertrag verwendete Widerrufsbelehrung genügt in ihrer optischen und inhaltlichen Gestaltung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010, so dass es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht darauf ankam, ob das von der Beklagten verwendete Formular dem damaligen Muster (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 u. Abs. 3 BGB-InfoV i.d.F. vom 08.12.2004 bis 31.03.2008) sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entsprach (vgl. statt vieler: BGH, Beschl. v. 10.02.2015 – II ZR 163/14 – BeckRS 2015, 07952, Rn. 8 m.w.N.).
27Die vom Kläger eingewandten Bedenken inhaltlicher Art – optische Gestaltungsverstöße werden nicht gerügt – lassen die Belehrung nicht falsch erscheinen. Im Einzelnen:
28a.
29Im Hinblick auf den Beginn des Laufs der zweiwöchigen Widerrufsfrist ist die Belehrung entgegen der Ansicht des Klägers nicht fehlerhaft. Insoweit erweist sie sich vielmehr als umfassend, unmissverständlich und auch aus Verbrauchersicht eindeutig. Der Bundesgerichtshof hat zwar in dem vom Kläger angeführten Grundsatzurteil vom 10.03.2009 (Az.: XI ZR 33/08; NJW 2009, 3572) entschieden, dass jedenfalls dann, wenn der Darlehensnehmer nicht nur den mit einer Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensvertrag erhalten, sondern ihm zuvor bereits ein Darlehensangebot der Darlehensgeberin übermittelt worden ist, das seinerseits ebenfalls von einer Widerrufsbelehrung mit ähnlichem Wortlaut wie dem hier vorliegenden begleitet war, die Widerrufsbelehrung das unrichtige Verständnis nahelegen könne, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des Darlehensangebots der Darlehensgeberin. Es könne also aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen sei, der Eindruck entstehen, die Widerrufsfrist beginne bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenen Vertragsangebots der Bank (vgl. BGH, a.a.O., S. 3573, Rn. 16). Der hier vorliegende Fall ist jedoch mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht ohne Weiteres vergleichbar. Nach dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag der Beklagten konnte nämlich eine derartige Fehlvorstellung beim Kläger nicht aufkommen. Dieser schloss den streitgegenständlichen Darlehensvertrag am 07.07.2006 ab und erhielt im Präsenzgeschäft mit der Widerrufsbelehrung sogleich die unterzeichnete Vertragsurkunde. Aus seiner Sicht konnte es damit für den Beginn des Laufs der Frist nur auf den Tag des Vertragsschlusses ankommen. Deshalb liegen hier aufgrund der Vertragsumstände keinerlei Anhaltspunkte für einen möglichen Irrtum des Klägers bezüglich des Beginns der Widerrufsfrist vor. Kann aber festgestellt werden, dass der Verbraucherschutz in der konkreten Situation gewahrt ist, weil der mögliche abstrakte Irrtum in der konkreten Situation gar nicht aufkommen kann, ist ein unendliches Widerrufsrecht nicht gerechtfertigt. Zum Schutz des Verbrauchers soll der Darlehensgeber diesen über den Fristbeginn zutreffend belehren, damit er in die Lage versetzt wird, sein Widerrufsrecht auszuüben. Ist er dazu unter den konkreten Umständen des Einzelfalls ohne weiteres in der Lage, ist es aus Verbraucherschutzgesichtspunkten nicht geboten, dem Darlehensnehmer das Widerrufsrecht über die gesetzlich vorgesehene Frist von zwei Wochen hinaus zu erhalten (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.01.2016 – 7 U 21/15 – BeckRS 2016, 07204, Rn. 52-54; Urt. v. 27.02.2015 – 17 U 125/14 – BeckRS 2015, 09749, Rn. 6; OLG Köln, Urt. v. 24.02.2016 – 13 U 84/15 – BeckRS 2016, 06173; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 01.06.2015 – 17 U 204/14 – n.v.; LG Bonn, Urt. v. 28.09.2015 – 17 O 14/15 – BeckRS 2015, 18498; LG Münster, Urt. v. 28.01.2016 – 014 O 334/15 – BeckRS 2016, 04840; LG Arnsberg, Urt. v. 22.04.2016 – 2 O 167/15 – BeckRS 2016, 09308).
30b.
31Soweit der Kläger meint, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten durch den Abschnitt „Finanzierte Geschäfte“ einen überflüssigen und den Verbraucher verwirrenden Bestandteil in die Widerrufsbelehrung aufgenommen habe, dringt er damit nicht durch.
32Denn der Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs für den mit dem Darlehensvertrag verbundenen Restkreditversicherungsvertrag war nach § 358 Abs. 5 a.F. BGB vom Gesetz gefordert und entsprach auch (dazu näher nachfolgend unter c.) dem Gestaltungshinweis [9] der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 u. 3 BGB-InfoV i.d.F. vom 08.12.2004 bis 31.03.2008). Der Darlehens- und der Restkreditversicherungsvertrag sind verbundene Verträge im Sinne des § 358 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.2009 – XI ZR 45/09 – BKR 2010, 193, 195, Rn. 17 ff.). Der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom Kläger erklärte Widerruf – auch – des Restkreditversicherungsvertrages ist damit unbehelflich.
33c.
34Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung ist auch nicht deswegen fehlerhaft, weil sie unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ eine „Sammelbelehrung“ für verschiedene Arten von finanzierten Geschäften enthält und entgegen den Gestaltungshinweisen der Musterwiderrufsbelehrung der allgemein formulierte Satz 2 des Musters nicht durch die für den finanzierten Erwerb eines Grundstücks bestimmten Hinweise ersetzt, sondern ergänzt wurde. Auch insoweit wurde der Kläger weder verwirrt noch fehlerhaft über ihre wesentlichen Rechte und Pflichten belehrt. Es darf nämlich vorausgesetzt werden, dass der durchschnittliche Verbraucher weiß und danach unterscheiden kann, ob er ein Grundstück oder eine bewegliche Sache finanziert hat. Der Kläger konnte daher dem Text der Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich entnehmen, dass der jeweils letzte Abschnitt der Belehrung für ihn keine Relevanz hat und unter welchen Voraussetzungen beim finanzierten Erwerb eines Grundstücks eine wirtschaftliche Einheit mit den sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen anzunehmen ist. Außerdem konnte er erkennen, dass die Belehrung insoweit nur die Frage betrifft, ob der Widerruf des Darlehensvertrages auch Konsequenzen für den finanzierten Vertrag hat. Dass der allgemein formulierte Satz 2 entgegen den Gestaltungshinweisen der Musterwiderrufsbelehrung nicht durch die Hinweise für den Erwerb eines finanzierten Grundstücks ersetzt, sondern ergänzt wurde, ist für das Verständnis der Widerrufsbelehrung unschädlich, weil der durchschnittliche Verbraucher durch die sprachliche Gestaltung („Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes (…) ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, (…)“) hinreichend klar darüber ins Bild gesetzt wird, welche besonderen Voraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks im Unterschied zu anderen finanzierten Geschäften vorliegen müssen. Durch die – sprachlich verständliche und inhaltlich zutreffende Belehrung – über die Rechtsfolgen bei verbundenen Geschäften wurde das Verständnis der Kläger vom Bestehen und den Voraussetzungen ihres Widerrufsrechts auch nicht unzumutbar erschwert (so auch zur gleichlautenden „Sammelbelehrung“ unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“: Urt. dieser Kammer v. 27.11.2015 – 3 O 68/15 – BeckRS 2015, 20956; Urt. dieser Kammer v. 22.01.2016 – 3 O 158/15 – BeckRS 2016, 03847; ferner: OLG München, Vfg. v. 30.04.2015 – 19 U 4833/14 – zit. nach juris, Rn. 14; Beschl. v. 20.04.2015 – 17 U 709/15 – zit. nach juris, Rn. 3; Beschl. v. 21.05.2015 – 17 U 709/15 – zit. nach juris, Rn. 5; LG Paderborn, Urt. v. 06.04.2016 – 4 O 416/15 – BeckRS 2016, 09706; LG Heidelberg, Urt. v. 21.04.2015 – 2 O 284/14 – BKR 2015, 417, 420; Urt. v. 13.01.2015 – 2 O 230/14 – NJW 2015, 1462, 1463 f., Rn. 25).
35d.
36Da der vom Kläger im Jahre 2015 erklärte Widerruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt ist, kam es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auf Fragen der Verwirkung und/oder des Rechtsmissbrauchs nicht an.
372.
38Der Klageantrag auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist damit, da er dem Schicksal des Hauptantrages zu Ziff. 1. folgt, ebenfalls unbegründet.
39II.
40Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
41Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO festgesetzt.
42III.
43Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
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Landgericht Dortmund Urteil, 24. Juni 2016 - 3 O 430/15 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Da beide Parteien ihre Rechtsmittel mit der Kostenfolge des nach § 565 ZPO in der Revisionsinstanz entsprechend anwendbaren § 516 Abs. 3 ZPO zurückgenommen haben, sind die Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens verhältnismäßig zu teilen, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO analog.
- 2
- Maßgeblich für die Verteilung der Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens unter den Parteien ist das Verhältnis der Werte ihrer Rechtsmittel. Der Kläger wollte mit seinen Rechtsmitteln den abgewiesenen Zahlungsantrag über 42.500 € (Hauptantrag zu III.) weiterverfolgen. Die Beklagte hat sich gegen das Berufungsurteil gewandt, soweit dem Hauptantrag zu II. und dem Hilfsantrag zu 1 in erster Stufe stattgegeben worden ist.
- 3
- Der wirtschaftliche Wert der berufungsgerichtlichen Feststellung zum Hauptantrag zu II., das Beteiligungsverhältnis zwischen den Parteien sei durch Widerruf des Klägers beendet worden, bemisst sich, da der Widerruf wegen der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft lediglich zur Beendigung der Beteiligung ex nunc führt, nach dem zu erwartenden Abfindungsguthaben des Klägers. Vor Durchführung der nötigen Berechnungen durch die Beklagte ist nicht ersichtlich, ob und in welcher Höhe dem Kläger ein Guthaben zusteht. Insbesondere kann dieses nicht ohne weiteres mit dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rückerstattung seiner Einlage gleichgesetzt werden. Wegen dieser Unsicherheit bewertet der Senat das Abwehrinteresse der Beklagten mit 1.000 €.
- 4
- In Bezug auf die Verurteilung der Beklagten zur Errechnung des Abfindungsguthabens nach dem Hilfsantrag zu 1 ist sie durch den voraussichtlichen Aufwand und die zu erwartenden Kosten beschwert. Angesichts dessen, dass die Beklagte nach § 17 Nr. 4 des atypisch stillen Gesellschaftsvertrags bei der Berechnung einen Wirtschaftsprüfer hinzuziehen muss, erscheint ein Betrag von 1.000 € angemessen.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2011 - 323 O 150/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.03.2014 - 11 U 201/12 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Beklagten auferlegt mit Ausnahme der durch die Streithilfe verursachten Kosten, die die Streithelferin trägt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (im Folgenden: Beklagte) zur Finanzierung der Beteiligung an einer Immobilienfondsgesellschaft gewährt hat.
- 2
- Der Kläger, ein damals 38 Jahre alter Diplomingenieur, wurde im Dezember 2002 von einem Vermittler geworben, sich über eine Treuhän- derin an der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden : Fondsgesellschaft) mit einem Anteil von 40.000 € zuzüglich 5% Agio zu beteiligen. Er leistete am 30. Dezember 2002 eine Eigenkapitalzahlung in Höhe von 10.000 € an die Fondsgesellschaft. Den Restbetrag finanzierte er über ein Darlehen bei der Beklagten, die dem Kläger hierzu ein von ihr am 14. Februar 2003 unterzeichnetes, mit "Darlehensvertrag" überschriebenes und mit einer Widerrufsbelehrung versehenes Darlehensangebot über einen Nettokreditbetrag von 32.000 € unterbreitete. In dem Vertragsformular war die Provision von 1% des Darlehensnennbetrags (323,23 €), die die Beklagte für die Darlehensvermittlung an die Fondsgesellschaft gezahlt hatte, als „Bearbeitungsgebühr“ ausgewiesen.
- 3
- Mit Datum vom 22. Februar 2003 bestätigte der Kläger den Empfang des Vertragsangebots und der beigefügten Widerrufsbelehrung. Diese lautete auszugsweise wie folgt: "Jeder Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (...) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde. … Von dieser Widerrufsbelehrung habe/n ich/wir Kenntnis genommen : ................ ........................................ Ort, Datum Unterschrift R. B. "
- 4
- Am 15. März 2003 unterzeichnete der Kläger den Darlehensvertrag sowie - durch gesonderte Unterschrift - die Erklärung über die Kenntnisnahme der Widerrufsbelehrung. Er übersandte die Vertragsurkunde der Beklagten, erbrachte bis zum 30. Dezember 2005 auf das valutierte Darlehen ratenweise Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 10.065,48 € und erhielt in diesem Zeitraum Fondsausschüttungen in Höhe von 5.600 €. Nachdem die Fondsgesellschaft im Frühjahr 2005 in Insolvenz geraten war, widerrief der Kläger mit Schreiben vom 5. August 2005 seine Darlehensvertragserklärung.
- 5
- Mit seiner Klage hat er die Beklagte auf Rückgewähr der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen - hilfsweise Zug um Zug gegen Übertragung seiner Gesellschaftsanteile - sowie auf Ersatz der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen. Zur Begründung hat er sich unter Hinweis auf die für fehlerhaft gehaltene Widerrufsbelehrung auf den Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung gestützt und sich ergänzend auf die Formnichtigkeit des Darlehensvertrags wegen fehlender Pflichtangaben zu den Vermittlungskosten berufen. Auch sei er durch die Fondsverantwortlichen arglistig getäuscht worden. Dies könne er der Beklagten entgegenhalten , da Kreditvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft seien. Sein Anspruch auf Rückzahlung der Annuitätenleistungen sei mit Rücksicht auf die von ihm erklärte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung nicht um die von ihm empfangenen Ausschüttungen zu kürzen.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Feststellungsklage und der Zahlungsklage im Hauptantrag stattgegeben mit Ausnahme der begehrten Anwaltskosten. Mit der - vom Berufungsgericht für die Beklagte zugelassenen - Revision erstrebt diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 8
- Berufungsgericht Das hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit es der Klage stattgegeben hat, im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Zwar sei der Darlehensvertrag wirksam zustande gekommen und auch nicht wegen fehlender Pflichtangaben zu den Vermittlungskosten nichtig. Der Kläger habe aber seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen. Der Widerruf sei insbesondere rechtzeitig gewesen, da der Kläger über sein aus § 495 Abs. 1 BGB folgendes Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß (§ 355 Abs. 2 BGB) belehrt worden sei. Die ihm erteilte Widerrufsbelehrung sei irreführend gewesen. Sie erwecke bei einem unbefangenen und rechtsunkundigen Leser den falschen Eindruck, die Widerrufsfrist beginne unabhängig davon, von wem der "Darlehensantrag" stamme, einen Tag, nachdem der Verbraucher das Angebot der Beklagten mit der beigefügten Widerrufsbelehrung erhalten habe. Zudem sei die Belehrung verfrüht, da sie erteilt worden sei, bevor der Kläger seine bindende Vertragserklärung abgegeben habe. Der Kläger könne als Rechtsfolge seines Widerrufs von der Beklagten die Rückgewähr der Zahlungen verlangen, die er auf die Darlehensschuld erbracht habe. Die empfangenen Fondsausschüttungen, die er sich grundsätzlich anrechnen lassen müsse, minderten den eingeklagten Betrag mit Rücksicht auf die von ihm erklärte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückerstattung der Eigenkapitalzahlung nicht. Auf diesen könne er sich auch gegenüber der Beklagten berufen, da Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB seien.
II.
- 10
- Berufungsurteil Das hält rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Rückzahlungsanspruch des Klägers bejaht und festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 14. Februar/15. März 2003 keine Ansprüche mehr zustehen.
- 11
- 1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist sein Rückzahlungsbegehren allerdings nicht bereits wegen Formnichtigkeit des Vertrags gemäß § 494 Abs. 1, § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 BGB gerechtfertigt. Dabei kommt es auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob die Ausweisung der Vermittlungskosten als "Bearbeitungsgebühr" einen Formverstoß darstellt, nicht an. Die von ihm begehrte Rückabwicklung des Vertrags kann der Kläger mit diesem Vorbringen schon deshalb nicht erreichen , weil - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - der Vertrag durch die Inanspruchnahme des Darlehens gemäß § 494 Abs. 2 Satz 1 BGB jedenfalls geheilt worden ist.
- 12
- 2. Zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Rückabwicklungsbegehren des Klägers jedoch mit Rücksicht auf den von ihm erklärten Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung begründet ist. Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Widerrufsrecht gemäß § 495 Abs. 1, § 355 BGB zu. Dieses konnte er entgegen der Auffassung der Revision mit seinem am 5. August 2005 erklärten Widerruf noch wirksam ausüben. Eine Widerrufsfrist hatte gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der hier anwendbaren Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I, S. 2850) nicht zu laufen begonnen, da die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
- 14
- b) Eine den Vorgaben des § 355 BGB entsprechende Widerrufsbelehrung hat sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht erteilt. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 14; BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991).
- 15
- aa) Deren Lauf hängt bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist (§ 492 BGB), davon ab, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB). Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB trägt insofern dem mit der Belehrung verfolgten Ziel Rechnung, dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen zu führen. Nur wenn der Verbraucher eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt, wenn sich also die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht , kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1992; vgl. auch zu § 7 VerbrKrG Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 18).
- 16
- bb) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, weil sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der Beklagten zu laufen. Durch die Formulierung der in dem von der Beklagten übersandten Vertragsangebot enthaltenen Belehrung , die Widerrufsfrist beginne „einen Tag“ nach Mitteilung „dieser“ Belehrung und Zurverfügungstellung einer Vertragsurkunde, entsteht aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 16; BGH, Urteil vom 18. April 2005 - II ZR 224/04, WM 2005, 1166, 1168), der Eindruck, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen. Dies gilt umso mehr, als das Angebot der Beklagten mit "Darlehensvertrag" überschrieben ist, so dass für den unbefangenen Leser der Eindruck entsteht, es handele sich bei dieser Urkunde unabhängig von der Annahmeerklärung des Klägers um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde , die dem Kläger zur Verfügung gestellt wurde. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungsgericht zu Recht in dem Angebot der Beklagten einen "Darlehensantrag" gesehen hat, kommt es daher nicht an. Entscheidend ist, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung der Widerrufsbelehrung dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht entspricht, weil sie die unzutreffende Vorstellung hervorrufen kann, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung.
- 17
- cc) Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung hat schon aus diesem Grund den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt. Auf die vom Berufungsgericht zusätzlich erörterte Frage, ob die Widerrufsbelehrung auch zu früh erteilt worden war (hierzu BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989 ff.), oder ob es insoweit - wie die Revision geltend macht - ausreichte, dass der Kläger - wie das von ihm bei der Unterschrift angegebene Datum ausweist - von der Widerrufsbelehrung jedenfalls zeitgleich mit der Vertragsannahme Kenntnis genommen hat, kommt es daher nicht an.
- 18
- dd) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass ein Kenntnisnahmevermerk, wie ihn der Kläger hier unterschrieben hat, der Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung nicht entgegen steht. Richtig ist zwar, dass die Widerrufsbelehrung nach § 355 BGB grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991). Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die keinen eigenen Inhalt aufweisen und den Inhalt der Widerrufsbelehrung verdeutlichen (Senatsurteile vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829, Tz. 13 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 14, jeweils m.w.N.; BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, aaO). Hierzu gehört auch der Zusatz, der Verbraucher habe von der Widerrufsbelehrung Kenntnis genommen. Ihm kommt kein weiterer Erklärungsinhalt zu, als dass der Darlehensnehmer auf die Widerrufsbelehrung - neben dem eigentlichen Vertragsinhalt - gesondert hingewiesen worden ist und um sein Widerrufsrecht weiß (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 508/07 und XI ZR 509/07, jeweils Umdruck S. 14, Tz. 25). Die vom Kläger erbetene Unterschrift sieht das neue Widerrufsrecht als Wirksamkeitsvoraussetzung der Belehrung zwar nicht mehr vor. Sie ist jedoch auch weiter unbedenklich und aus Beweisgründen empfehlenswert (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rn. 15; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 51).
- 19
- 3. Durch den wirksamen Widerruf hat sich der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag gemäß § 357 Abs. 1, § 346 BGB ex nunc in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt.
- 20
- a) Die Beklagte schuldet dem Kläger danach die Rückgewähr der von ihm aus seinem Vermögen erbrachten Zins- und Tilgungsraten (vgl. Senat, BGHZ 172, 147, 153, Tz. 22). Dies zieht auch die Revision als Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs zu Recht nicht in Zweifel. Sie wendet sich jedoch dagegen, dass das Berufungsgericht den vom Kläger eingeklagten Betrag von 10.065,48 € nicht um die empfangenen Fondsausschüttungen in Höhe von 5.600 € gekürzt hat. Auch insoweit bleibt sie aber ohne Erfolg.
- 21
- aa) Zutreffend ist allerdings, dass sich der Darlehensnehmer nach einem Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung die an ihn oder an die Bank direkt geflossenen Fondsausschüttungen nach den Regeln des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen muss, da er andernfalls besser stünde, als er ohne die Betei- ligung an dem Fonds gestanden hätte (Senat, BGHZ 172, 147, 153, Tz. 22; 167, 252, 267 f., Tz. 41).
- 22
- bb) Dies hat auch das Berufungsgericht richtig gesehen. Zu Recht hat es jedoch angenommen, dass der Kläger gegenüber dem Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der ihm zugeflossenen Fondsausschüttungen (5.600 €) wirksam mit seiner Forderung auf Rückzahlung der an den Fonds erbrachten Eigenkapitalzahlung von 10.000 € aufgerechnet hat.
- 23
- Soweit (1) die Revision hiergegen einwendet, der Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung sei nicht rechtshängig, übersieht sie, dass der Kläger nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts , gegen die die Revision nichts Erhebliches vorbringt, im Rechtsstreit die unbedingte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung erklärt hat. Gegen die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, mit dieser Aufrechnungserklärung habe der Kläger seine Rechte aus § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB im Rahmen der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 BGB) geltend gemacht, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern, zumal sie damit in Einklang steht, dass der Kläger bereits in erster Instanz von der Beklagten im Rahmen der Rückabwicklung des verbundenen Geschäfts ausdrücklich die Rückzahlung der erbrachten Eigenkapitalleistung abzüglich der erhaltenen Fondsausschüttungen verlangt hat. Auch die Revision bringt hiergegen nichts Beachtliches vor.
- 24
- (2) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass der Kläger mit seinem ursprünglich gegen die Fondsgesellschaft gerich- teten Anspruch auf Rückzahlung seiner Eigenkapitalleistung gegenüber der Beklagten aufrechnen kann.
- 25
- (a) Da es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen und aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts bei dem Darlehensvertrag und dem Fondsbeitritt um ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 358 BGB handelt, führt der Widerruf der Darlehensvertragserklärung zugleich dazu, dass der Kläger gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB auch nicht mehr an den finanzierten Vertrag , hier also den Beitritt zu der Fondsgesellschaft, gebunden ist. § 358 Abs. 2 BGB gilt auch für den finanzierten Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft, sofern - wie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall - die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts nach § 358 Abs. 3 BGB vorliegen (MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 358 Rn. 14; Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 7; ebenso die gefestigte Rechtsprechung zu § 3 HWiG, § 9 VerbrKrG: vgl. BGHZ 156, 46, 50 ff.; 159, 294, 309 f.; 167, 252, 256, Tz. 12).
- 26
- Die (b) Rückabwicklungsansprüche, die dem Kläger infolge der Erstreckung der Widerrufsfolgen auf das finanzierte Geschäft zustehen, kann er - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB der finanzierenden Bank, hier also der Beklagten , entgegenhalten. Sofern - wie hier - das auszuzahlende Darlehen bereits ganz oder teilweise dem Unternehmer zugeflossen ist, sieht § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB eine bilaterale Rückabwicklung allein im Verhältnis zwischen Darlehensgeber und Verbraucher vor. Der Darlehensgeber tritt in diesem Fall anstelle des Unternehmers in dessen Rechte und Pflichten aus dem verbundenen Vertrag ein und wird an dessen Stelle Gläubiger und Schuldner des Verbrauchers im Abwicklungsverhältnis (MünchKomm BGB/Habersack, aaO, Rn. 82; Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 21; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO, § 358 Rn. 67; ebenso zu § 9 VerbrKrG BGHZ 131, 66, 72 f.). Ziel des § 358 BGB ist es, den Verbraucher vor Risiken zu schützen, die ihm durch die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrags in ein Bargeschäft und einen damit verbundenen Darlehensvertrag drohen (Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 1; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO). Der Gesetzgeber hat hiermit die in der Vergangenheit zum Widerruf im Rahmen des Verbraucherkreditgesetzes und des Haustürwiderrufsgesetzes entwickelte Rechtsprechung (vgl. BGHZ 131, aaO; 133, 254, 259 ff.; 152, 331, 337; 167, 252, 256 f., Tz. 12) aufgegriffen, nach welcher der Verbraucher innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen die Entscheidung soll treffen können, ob er an seinen eine wirtschaftliche Einheit bildenden Verpflichtungserklärungen festhalten will oder nicht (st. Rspr., Senat, BGHZ 167, 252, 256, Tz. 12 m.w.N.). Dieses Ziel stellt § 358 BGB im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung dadurch sicher, dass der Verbraucher auch an seine auf den Abschluss des mit dem Verbraucherdarlehensvertrag verbundenen Vertrags gerichtete Willenserklärung insgesamt nicht mehr gebunden ist und sich im Rahmen der Rückabwicklung beider Verträge hinsichtlich sämtlicher Ansprüche ausschließlich dem Darlehensgeber als Gläubiger und Schuldner gegenüber sieht, der an Stelle des Unternehmers in das Abwicklungsverhältnis eingetreten ist.
- 27
- Verbraucher Der hat daher - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - gegen die finanzierende Bank einen Anspruch auf Rückerstattung aller aus seinem Vermögen an Darlehensgeber und Unternehmer erbrachten Leistungen. Hierzu gehören sowohl die an den Darlehensgeber erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen als auch eine Anzahlung, die der Verbraucher aus eigenen Mitteln an den Unternehmer geleistet hat (Bamberger/Roth/C. Möller, BGB, 2. Aufl., § 358 Rn. 28, 34; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 495 Rn. 290; Erman/ Saenger, BGB, 12. Aufl., § 358 Rn. 28; MünchKommBGB/Habersack, aaO, Rn. 84 f.; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO; ebenso schon zum AbzG: BGHZ 131, 66, 72 f.). Ist also die Beteiligung an der Fondsgesellschaft - wie hier - nicht vollständig fremdfinanziert, hat der Darlehensgeber dem Verbraucher auch dessen aus eigenen Mitteln an die Gesellschaft gezahlten Eigenanteil zu erstatten (Erman/Saenger, aaO; MünchKommBGB /Habersack, aaO, Rn. 85).
- 28
- Dies hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen und hat daher zu Recht die Aufrechnung des Klägers mit seinem Anspruch auf Rückgewähr der von ihm aus eigenen Mitteln geleisteten Bareinlage gegenüber der Forderung der Beklagten auf Anrechung der Fondsausschüttungen für durchgreifend erachtet.
- 29
- b) Zutreffend - und von der Revision unbeanstandet - hat es dem Kläger des weiteren einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuerkannt. Der Anspruch folgt aus § 357, § 346 Abs. 1 BGB. Zwar sind nach § 346 Abs. 1 BGB nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. zu § 818 Abs. 1 BGB Senat, BGHZ 172, 147, 157, Tz. 35 m.w.N.).
- 30
- c) Von der Revision zu Recht hingenommen, hat das Berufungsgericht die Beklagte auch nicht lediglich Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsanteile des Klägers verurteilt. Die Beklagte hat sich auf ein Zurückbehaltungsrecht nicht berufen und es war auch nicht von Amts wegen zu berücksichtigen (Senat, BGHZ 174, 334, 344, Tz. 35).
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.10.2006 - 5 O 277/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.12.2007 - 17 U 397/06 -
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 29.04.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn (2 O 294/14) wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Klägers auf Feststellung der Umwandlung des Darlehensvertrages mit der Nummer 05xx62xxx9 in ein Rückgewährschuldverhältnis wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger macht – nach teilweiser Reduzierung des Antrags hinsichtlich der Zug um Zug Einschränkung - die Freigabe des zur Sicherung eines Darlehens eingetragenen Grundpfandrechts Zug um Zug gegen Zahlung der Restvaluta zum 31.12.2015 geltend. In der Berufungsinstanz begehrt er zudem die Feststellung, dass sich der Darlehensvertrag mit der Nummer 05xx62xxx9 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.
4Die Parteien schlossen am 04.03.2009 in einer Filiale der Beklagten einen Darlehensvertrag mit einem Nettodarlehensbetrag von 140.000,00 € zur Konto-/Vertragsnummer 05xx62xxx9 mit einer Zinsbindung bis zum 28.02.2019. Als Verwendungszweck wurden der Kauf und die Renovierung des Einfamilienhauses des Klägers angegeben. Besichert wurde das Darlehen durch eine Grundschuld über denselben Betrag, lastend auf dem Grundstück des Klägers in F, eingetragen im Grundbuch von F, Blatt 1xxx3. Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, die auf einem gesonderten DIN-A4 Blatt gedruckt war und wie folgt lautete:
5(Datei/Grafik nur in Originalentscheidung ersichtlich)
6Der Kläger unterzeichnete die Belehrung am 04.03.2009.
7Ebenfalls am 04.03.2009 schlossen die Parteien einen weiteren Darlehensvertrag zur Kontonummer 05xx62xxx7 mit einem Nennbetrag von 18.000,00 € und einer Zinsbindung bis zum 30.10.2014.
8Mit Schreiben vom 26.04.2014 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf des Darlehensvertrages. Er gab dabei versehentlich die Nummer 05xx62xxx7 des zweiten Vertrages an.
9Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 06.05.2014 als unbegründet und nicht nachvollziehbar zurück. Daraufhin erläuterte der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit Schreiben vom 24.06.2014 den ausgesprochenen Widerruf. Versehentlich gab er erneut die Nummer des zweiten Darlehensvertrages an. Schließlich erklärte der Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 08.07.2014 sein Anliegen und sprach vorsorglich den Widerruf des Darlehensvertrages zu Kontonummer 05xx62xxx9 aus.
10Das Landgericht, auf dessen Entscheidung wegen der tatsächlichen Feststellungen, der dort gestellten Anträge und der Einzelheiten der rechtlichen Würdigung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat die Klage abgewiesen.
11Zur Begründung führt das Landgericht aus, es könne im Ergebnis dahinstehen, ob die in der Belehrung im Darlehensvertrag vom 04.03.2009 enthaltenen Abweichungen vom Muster entsprechend Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 der BGB – InfoV tatsächlich Ausdruck einer – für die Gesetzlichkeitsfiktion schädlichen – inhaltlichen Bearbeitung seien, da nicht schon jedes Abweichen vom Muster allein zu einer Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung führe. Die dem Kläger erteilte Belehrung sei vollständig und inhaltlich zutreffend. Insbesondere sei unerheblich, dass die Belehrung unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ hinter der Frist von 2 Wochen einen Klammerzusatz „(einem Monat)1“ enthalte. Die Ausgestaltung führe einen Verbraucher nicht in die Irre, da sie eindeutig und unmissverständlich sei. Der Verbraucher könne eigenständig beurteilen, wann er über sein Recht zum Widerruf belehrt worden sei. Dementsprechend sei für ihn auch erkennbar, ob die Zweiwochenfrist maßgeblich sei. Selbst wenn man insoweit Zweifel hege, könne dem Verbraucher nur die einmonatige Widerrufsfrist zustehen, die im Jahr 2014 für den Kläger bereits lange verstrichen gewesen sei.
12Der Fristbeginn sei ebenfalls weder unzutreffend noch verwirrend dargestellt. Entgegen der Auffassung des Klägers ergebe sich keine Unklarheit aus der Notwendigkeit „ein Exemplar„ der Vertragsurkunde zur Verfügung zu stellen. Bei zeitgleichem Erhalt von Vertragsurkunde und Belehrung könne kein Missverständnis über den Beginn der Frist eintreten, da sie nur den Schluss zulasse, dass es auf die Überlassung der Belehrung in Textform ankomme.
13Es sei unschädlich, dass die Belehrung zu den Widerrufsfolgen nur die Angabe der Frist für die Rückgewähr der Leistung durch den Kläger und nicht auch die Fristsetzung für die Gegenseite enthalte, da auch insoweit nicht die Gefahr bestehe, dass der Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abgehalten werde. Der durchschnittliche Verbraucher, der widerrufe, wisse ohnehin, dass er die Leistungen zurückzuerstatten habe. Dass auch die Gegenseite empfangende Leistungen zu ersetzen habe, folge bereits aus Satz 1 der Belehrung über die Widerrufsfolgen.
14Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Klageabweisung und macht unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags geltend, die gesetzliche Widerrufsfrist sei mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspreche in mehrfacher Hinsicht nicht dem Muster Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV. So weise die Belehrung inhaltliche Fehler auf, die geeignet seien, beim Verbraucher Unklarheiten über die Dauer der Widerrufsfrist aufkommen zu lassen. Der Kläger vertritt die Auffassung, die Widerrufsbelehrung unterliege einer rein abstrakten Betrachtungsweise. Dem Verbraucher dürfe insoweit nicht das „Subsumtionsrisiko“ auferlegt werden, das der Gesetzgeber dem strukturell überlegenen Unternehmer übertragen habe. Der Verwender der Belehrung dürfe den Verbraucher nicht über die konkrete Länge der Frist im Unklaren lassen. Der Verbraucher könne nicht eigenständig beurteilen, wann er über sein Recht zum Widerruf belehrt wurde.
15Die Belehrung der Beklagten lege das Verständnis nahe, dass die Frist unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers mit der Übergabe der benannten Schriftstücke laufe. Weiter werde der Verbraucher darüber im Unklaren gelassen, dass nicht nur er selbst, sondern auch die Bank verpflichtet sei, die empfangenen Leistungen binnen 30 Tagen zurückzugewähren.
16Schließlich sei die Belehrung zum Punkt „Finanzierte Geschäfte“ verwirrend. Der durchschnittliche Verbraucher könne nicht subsumieren, ob ein finanzierter Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts vorliege.
17Soweit der Kläger im Laufe des Berufungsverfahrens in Aussicht gestellt hat, weitergehende Anträge zu stellen, hat er dieses Vorhaben in der mündlichen Verhandlung am 13.01.2016 nicht umgesetzt, sondern vielmehr – unter teilweiser Einschränkung des Antrags zur Zug-um-Zug Verurteilung – beantragt,
181. unter Abänderung des am 29.04.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Bonn, Az. 2 O 294/14, die Beklagte zu verurteilen, eine Löschungsbewilligung für die zu ihren Gunsten im Grundbuch von F, Blatt 1xxx3 erstrangig eingetragene Grundschuld über 140.000 €, lastend auf dem Grundstück F zu erteilen, Zug um Zug gegen Zahlung der Restvaluta zum 31.12.2015 (118.839,52 €) betreffend das besicherte Darlehen mit der Nr. 05xx62xxx9 bzw. zum 30.10.2014 betreffend das besicherte Darlehen mit der Nr. 50xx62xxx7.
192. festzustellen, dass sich der Darlehensvertrag mit der Nr. 05xx62xxx9 durch den Widerruf vom 24.06. bzw. 08.07.2014 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.
203. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.611,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.10.2014 zu zahlen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Berufung mit den nunmehr gestellten Anträgen zurückzuweisen.
23Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und vertritt die Auffassung, die Belehrung entspreche § 355 Abs. 2 BGB in der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung. Es sei für den Verbraucher offensichtlich, dass keine Belehrung nach Vertragsschluss erfolgt sei. Zudem könne sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des Musters gemäß Anl. 2 zu § 14 BGB-InfoV berufen. Schließlich sei ein Widerrufsrecht jedenfalls verwirkt.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
25II.
26Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
27Der seitens des Klägers erstmals in der Berufungsinstanz gestellte Antrag auf Feststellung der Umwandlung des Darlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis ist zwar nach § 533 ZPO als zulässig anzusehen. Jedoch ist auch dieser Antrag in der Sache unbegründet.
28Soweit im Berufungsverfahren weitergehende Anträge angekündigt aber nicht gestellt wurden, hat der Senat von deren Darstellung abgesehen, da sie sich nicht streitwerterhöhend ausgewirkt haben.
29Die mit der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil erhobenen Einwände sind nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Löschungsbewilligung noch wurde der ursprüngliche Darlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, so dass auch der nunmehr gestellte Feststellungsantrag nicht begründet ist.
30Dem Kläger stand im Jahr 2014 kein Widerrufsrecht mehr zu, das er hätte ausüben können.
31Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. begann die 2-wöchige Widerrufsfrist zu dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich machte, erteilt wurde. § 355 BGB ist in seiner vom 08.12.2004 bis zu 10.06.2010 geltenden Fassung anwendbar.
32Unstreitig hat der Kläger weder innerhalb der Zwei-Wochen-Frist noch innerhalb der Monatsfrist des § 355 BGB a.F. den Widerruf erklärt.
33Das Widerrufsrecht erlischt zwar nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Recht belehrt wird. Vielmehr ergibt sich im Falle einer unzureichenden Belehrung ein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht (BT-Drs. 14/9266 S. 45). Maßgeblich ist insoweit, ob der vom Gesetz mit der Einräumung eines Widerrufsrechts zu Gunsten des Verbrauchers verfolgte Zweck mit der von der Beklagten konkret verwendeten Widerrufsbelehrung noch erreicht wurde.
34Dies ist nach der Auffassung des Senats in allen Punkten der Fall.
351. Bezüglich des Inhalts der Belehrung gilt, dass sich der Verwender einer Widerrufsbelehrung auf den Inhalt eines vom Gesetzgeber in der BGB-Informationspflichten-Verordnung zur Verfügung gestellten Musters verlassen darf (§ 14 BGB-Info-V a.F., heute EGBGB 247 § 6 Abs. 2 S. 3.).
36Belehrt der Unternehmer - hier die Beklagte - entsprechend dem Muster, kann ihm nicht entgegen gehalten werden, das Muster sei fehlerhaft, die darin enthaltene Belehrung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen wie in § 355 Abs. 2 BGB a.F. Es gilt insoweit die Gesetzlichkeitsfiktion (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.2014, II ZR 109/13).
37Der Wortlaut der Widerrufsbelehrung der Beklagten vom 04.03.2009 weicht in mehreren Punkten von dem Mustertext Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV ab. So stellt etwa die Belehrung der Beklagten nur auf die „Abschrift … des Vertragsantrages“ ab, wohingegen in dem Muster eine Zuordnung durch Verwendung des Possessivpronomens „Ihr schriftlicher Antrag“ erfolgt. Auch die Ausgestaltung in der Fußnote stimmt nicht mit dem Muster überein.
38Wie bereits vom Landgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt wurde, kann es im Ergebnis offen bleiben, inwieweit die in der Belehrung enthaltenen Abweichungen vom Muster tatsächlich Ausdruck einer – für die Gesetzlichkeitsfiktion schädlichen – Bearbeitung sind.
39Das Abweichen vom Muster allein führt nicht zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung, wenn – entsprechend der zutreffenden Ausführungen des Landgerichts – die Einzelprüfung ergibt, dass dem in § 355 BGB a.F. zum Ausdruck kommenden Deutlichkeitsgebot entsprochen worden ist.
402. Die an den Verbraucher gerichtete Belehrung muss vollständig und inhaltlich zutreffend sein. Sie hat, um ihren Zweck erreichen zu können, möglichst umfassend, unmissverständlich und aus der Sicht des Verbrauchers eindeutig zu sein (BGH, Urteil vom 13.01.2009, XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709, 710). Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH, Urteil vom 23.06.2009, - XI ZR 156/08 -, juris – Tz. 17f).
41Die dem Kläger am 04.03.2009 erteilte Belehrung genügt diesen Anforderungen:
42a) Die Belehrung über die Dauer der Widerrufsfrist ist sowohl hinsichtlich der optischen Ausgestaltung als auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
43aa) Gegen die konkrete Art der Ausgestaltung bestehen keine Bedenken. Die mit „Widerrufsbelehrung für Verbraucherdarlehensverträge“ überschriebene Erklärung vom 04.03.2009 (Anlage K3) enthält nur Informationen zum Widerrufsrecht. Die Belehrung genügt zunächst ohne weiteres den drucktechnischen Anforderungen. Sie ist gut lesbar und übersichtlich in die Bereiche „Widerrufsrecht“, „Widerrufsfolgen“ und „Finanzierte Geschäfte“ gegliedert.
44Auch gegen die Verwendung einer Fußnote bestehen in der Sache keine Bedenken. Der durchschnittliche Verbraucher wird im Alltag regelmäßig mit der Fußnote als Darstellungsform konfrontiert, so dass davon auszugehen ist, dass ihm die Existenz dieser Gestaltungsweise zur ergänzenden Darstellung dem Grunde nach bekannt ist. Nicht nur in Vertragswerken und Sachtexten werden Fußnoten verwendet, sondern auch auf Lebensmitteln zur Wiedergabe der Inhaltsstoffe sowie in Werbetexten zur Mitteilung der Angebotskonditionen sind Fußnoten regelmäßig zu finden.
45Der Abdruck des Fußnotentextes am Ende des Dokumentes entspricht der gängigen Praxis, wie sie der Verbraucher beispielweise von Produktinformationen zu Lebensmitteln kennt. Auch die Kenntlichmachung durch eine hochgestellte Ziffer entspricht der allgemeinen Praxis, so dass davon auszugehen ist, dass sie für einen durchschnittlichen Verbraucher ohne weiteres verständlich ist.
46Schließlich steht einer ordnungsgemäßen Belehrung nicht entgegen, dass die Schriftgröße des Fußnotentextes hinter der der vorstehenden Ausführungen zurückbleibt. Zum einen ist auch dies eine allgemein übliche Vorgehensweise, die dem durchschnittlichen Verbraucher vertraut ist. Entscheidend ist jedoch, dass auch die konkrete Art der Ausgestaltung der Fußnote - unmittelbar unter der Unterschrift des Kunden – keinen Grund zu der Annahme bietet, dieser Teil der Belehrung könnte leicht übersehen werden. So ist davon auszugehen, dass der die Belehrung lesende Kunde entweder gleich bei der Lektüre des Satzes 1 unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ bei Erreichen der hochstellten Ziffer den Blick auf den Text der Fußnote richtet oder spätestens bei Unterzeichnung des Formulars.
47bb) Auch inhaltlich genügt die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen.
48Zwar ist mit der von der Klägerseite in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Stuttgart vom 01.12.2015 (- 6 U 107/15 -, Anlage K1 zum Schriftsatz vom 25.01.2016, GA 351) davon auszugehen, dass die alternative Formulierung in der Fußnote verschiedene Verständnismöglichkeiten erlaubt. Inwieweit dies bezogen auf alle denkbaren Fallkonstellationen mit dem Deutlichkeitsgebot vereinbar ist, bedarf im konkreten Fall keiner Entscheidung durch den Senat.
49Maßgeblich ist, ob das für die Widerrufsbelehrung verwendete, unter Umständen missverständliche Belehrungsformular objektiv geeignet ist, den nicht juristisch vorgebildeten, durchschnittlichen Verbraucher – hier den Kläger – über den Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig zu informieren.
50Der Auslegung der Belehrung ist der gesamte für das konkrete Vertragsverhältnis maßgebliche Auslegungsstoff zugrunde zu legen. Aus objektiver Kundensicht kann die Frage nach dem zutreffenden Verständnis der Widerrufsbelehrung nicht allein nach dem Wortlaut dieser Erklärung, sondern nur unter Berücksichtigung des Vertragsverhältnisses der Parteien insgesamt beantwortet werden. Nur in diesem Rahmen hat die Beklagte dem Kläger die hier fragliche Belehrung erteilt und wollte sie auch aus Sicht des Darlehensnehmers erteilen (vgl. BGH Urteil vom 06.12.2011 – XI ZR 401-10, juris-Tz. 27; BGH Urteil vom 11.03.2008, XI ZR 317/06, juris-Tz. 16f., BGH Urteil vom 24.04.2007, XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157f, juris-Tz. 18f ).
51Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht davon auszugehen, dass nur eine Belehrung, die keinerlei Alternativen aufweist und insoweit eine eigene Subsumtion durch den Verbraucher von vorneherein entbehrlich macht, dem Deutlichkeitsgebot entspricht. Im Gegenteil geht der Senat in Einklang mit dem Bundesgerichtshof (BGH 23.09.2003, - XI ZR 135/02 -, juris-Tz. 24) davon aus, dass von einem durchschnittlichen Verbraucher die Auslegung der Widerrufsbelehrung ebenso wie des Vertragstextes erwartet werden kann. Maßgeblich für die Wirksamkeit der Belehrung ist, ob diese bezogen auf das konkrete Vertragsverhältnis dem Deutlichkeitsgebot genügt. Dies ist hier der Fall.
52Unstreitig wurde die Vertragsurkunde durch beide Parteien am 04.03.2009 in der Filiale der Beklagten unterzeichnet. Dem Kläger wurden sowohl die Vertragsurkunde als auch die Widerrufsbelehrung unmittelbar bei Unterzeichnung in der Filiale ausgehändigt und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt.
53Unter diesen Umständen musste einem durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeter Verbraucher - auf den hier abzustellen ist - klar sein, dass die Widerrufsbelehrung nicht erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wurde bzw. mitgeteilt werden konnte, so dass der Klammerzusatz mit dem Fristlauf von einem Monat sowie die Fußnote für den Kläger offenkundig keine Bedeutung hatten. Tatsächliche Anhaltspunkte, die die Annahme des Verbrauchers, ihm stehe eine Widerrufssfrist von mehr als zwei Wochen zu, begründen könnten, liegen bei objektiver Betrachtungsweise nicht vor.
54Auf die Frage, inwieweit die Belehrung in der Fußnote zu Missverständnissen bei Verbrauchern führen kann, kommt es unter diesen Umständen nicht an. Ist allenfalls die Belehrung zu Fallgestaltungen missverständlich, die für den Verbraucher erkennbar nicht einschlägig sind und liegen - wie hier - keine abweichenden Anhaltspunkte vor, so ist auch nicht davon auszugehen, dass die konkrete Formulierung der Widerrufsbelehrung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (zur Frage der objektiven Eignung vgl. BGH Urteil vom 23.06.2009, XI ZR 156 / 08, juris-Tz 25).
55cc) Eine abweichende Entscheidung des Falles ist in diesem Punkt auch nicht aufgrund der von der Klägerseite in Bezug genommenen Entscheidungen geboten.
56Anders als in dem Fall, der der Entscheidung des Landgerichts Essen vom 23.07.2015 – 6 O 181/15 – (juris-Tz. 43) zugrunde lag, enthält die hier streitgegenständliche Fußnote keine Ausführungen zu Fernabsatzgeschäften und erweckt nicht den Eindruck, es handele sich um einen Vermerk für die interne Bearbeitung, so dass sich schon aus diesem Grunde keine Irritation durch die für den Verbraucher offene Frage, ob die Anmerkung überhaupt für ihn bestimmt war, ergeben konnte. Für einen Verbraucher in der Situation des Klägers konnte kein Zweifel daran bestehen, welche Frist im Falle des Präsenzgeschäftes gelten sollte.
57Auch die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 01.12.2015 – 6 U 107-15 – (Anlage K1 zum Schriftsatz vom 25.01.2016, GA 351) rechtfertigt keine abweichende Entscheidung, da es nach den obigen Ausführungen nicht darauf ankommt, ob sich unabhängig vom konkreten Vertragsverhältnis für den Verbraucher ein Interpretationsspielraum eröffnet. Abzustellen ist vielmehr auf die Auslegung im konkreten Vertragsverhältnis.
58b) Die Belehrung zum Beginn der Widerrufsfrist entspricht ebenfalls den gesetzlichen Anforderungen.
59Das Gesetz (in der hier gültigen Fassung) knüpft den Fristbeginn bei schriftlich abzuschließenden Verträgen daran, dass dem Verbraucher eine Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Urkunde oder die eigene Vertragserklärung des Verbrauchers oder eine Abschrift hiervon zur Verfügung gestellten wurde (§ 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.).
60Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Verbraucher, der eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt, die ihm eingeräumte Überlegungsfrist nur sachgerecht wahrnehmen, wenn sich die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht (BGH Urteil vom 04.07.2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1992).
61Auch wenn in der Belehrung der Beklagten das besitzanzeigende Fürwort keine Erwähnung findet, musste dem Kläger als Verbraucher klar sein, dass ihm sowohl seine Erklärung als auch die der Gegenseite verbrieft in der Vertragsurkunde im Termin am 03.04.2009 überlassen wurde.
62Anders als in dem Fall, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
6310.03.2009 ( - XI ZR 33/08, juris - Tz. 15 f- auf die die seitens des Klägers angeführte Entscheidung des OLG Stuttgart vom 01.12.2015 Bezug nimmt) zu Grunde lag, lagen zwischen dem Zugang des schriftlichen Angebotes auf Abschluss eines Darlehensvertrages beim Verbraucher und dessen Unterschrift nicht mehrere Wochen.
64Der Kläger hat die Belehrung unmittelbar bei Vertragsschluss in der Filiale erhalten, so dass für einen durchschnittlichen Verbraucher kein Zweifel daran bestehen konnte, dass es für den Fristlauf ausschließlich auf den 04.03.2009 als Ereignistag ankommen konnte. Insofern lag im konkreten Vertragsverhältnis (anders als im Fall des BGH) für einen durchschnittlichen Verbraucher nicht der Eindruck nahe, die Voraussetzungen für den Lauf der Widerrufsfrist seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine eigene Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen.
65Ausweislich des klaren Wortlauts der Widerrufsbelehrung begann der Lauf der Frist für den Widerruf einen Tag nachdem die Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt wurde. Insoweit orientiert sich die Belehrung an der gesetzlichen Vorgabe in §§ 187, 188 BGB. Im konkreten Vertragsverhältnis konnte für einen durchschnittlichen Verbraucher kein Zweifel daran bestehen, dass die Frist ab dem 05.03.2009 zwei Wochen lief.
66Im Jahr 2014 konnte dementsprechend kein Widerrufsrecht mehr ausgeübt werden, so dass im Ergebnis auch offen bleiben kann, auf welche der drei Widerrufserklärungen des Klägers gegebenenfalls abzustellen wäre.
67c) Auch die Ausgestaltung der Belehrung über die Widerrufsfolgen steht mit den gesetzlichen Anforderungen in Einklang.
68Nach der Gesetzeslage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses war eine Belehrung über die Widerrufsfolgen nicht verpflichtend vorgesehen. Der hier einschlägige § 355 BGB a.F. enthielt seinem Wortlaut nach keine Regelung dahingehend, dass auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und Abs. 3 BGB in vollem Umfang hinzuweisen wäre. Enthalten musste die Belehrung nach Abs. 2 S. 1 Informationen zu dem Widerrufsrecht an sich, der Dauer der Frist und deren Lauf sowie der Art und Weise der Ausübung des Widerrufsrechts. Die Belehrung musste zwar bestimmten Anforderungen genügen, zu diesen gehörte bei einem gewöhnlichen Verbraucherdarlehensvertrag jedoch nicht die Belehrung über die Rechtsfolgen (vergleiche Palandt/Grüneberg, 69. Auflage, § 355 BGB a.F., Rn. 14).
69Vielmehr beschränkte sich der Gesetzgeber im Jahr 2009 darauf, die Verpflichtung zur Belehrung über die Rechtsfolgen in einzelnen Spezialvorschriften festzuschreiben. Das Gesetz sah insbesondere in § 312 Abs. 2 BGB für Fälle des Haustürgeschäftes vor, den Verbraucher gesondert auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1, 3 BGB hinzuweisen. Insoweit handelte es sich um ein zusätzlich zu erfüllendes, spezielles Belehrungserfordernis (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 17. September 2014,- 17 U 239/ -, juris - Tz 16; MüKo/Masuch, § 312 BGB a.F., 5. Auflage 2007, Rn. 85).
70Die Pflicht zur Belehrung über die Rechtsfolgen ergab sich also im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im März 2009 nur in Ergänzung des § 355 Abs. 2 BGB a.F. aus einzelnen Spezialvorschriften (vergleiche Palandt/Grüneberg, 69. Auflage 2010, § 312 BGB, Rn. 31). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass eine vergleichbare Verpflichtung bei einem gewöhnlichen Verbraucherdarlehen gerade nicht bestand. Es stand dem Gesetzgeber frei, für alle Fälle der Widerrufsbelehrung unmittelbar in § 355 Abs. 2 BGB a.F. die Notwendigkeit der Belehrung über die Rechtsfolgen festzuschreiben. Diesen Weg hat er jedoch nicht gewählt, so dass davon auszugehen ist, dass auch nur in den Fällen, in denen eine Spezialregelung getroffen wurde, eine Pflicht zur Belehrung über die Rechtsfolgen bestand.
71Eine Pflicht zur weitergehenden Belehrung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das Muster der Anlage zur Info-V Ausführungen zur Frist von 30 Tagen umfasst. Es stand dem Darlehensgeber frei, die Musterbelehrung oder einen eigenen Text zu verwenden. Eine Wiedergabe sämtlicher Informationen aus der BGB-Info-V war nicht zwingend erforderlich (MüKo/Masuch, § 355 a.F. BGB, 5. Auflage 2007, Rn. 46).
72Die Aufnahme der 30-Tages-Frist in die Musterbelehrung ist nicht als Indiz für einen Willen des Gesetzgebers zu einer entsprechenden Belehrungspflicht anzusehen. Denn die Einführung der Belehrungspflicht bezüglich der Rechtsfolgen in § 312 Abs. 2 BGB a.F. wurde damit begründet, dass für Haustürgeschäfte eine Vereinheitlichung mit der Regelung zu Fernabsatzverträgen erfolgen sollte (§ 312d Abs. 3 BGB-E, so BT-Drs. 14/7052, S. 190/191). In beiden Fällen liegt – anders als beim Verbraucherdarlehen - der Grund für die Einräumung eines Widerrufsrechts in der besonderen Situation des Vertragsschlusses. Ein Wille des Gesetzgebers zur Belehrungspflicht auch in allen anderen Fällen der Widerrufsbelehrung hätte durch diesen zum Ausdruck gebracht werden können und müssen.
73Den Zweck der Belehrung, den Verbraucher zur Ausübung seines Widerrufsrechts in die Lage zu versetzen, indem er darüber informiert wird, dass und wie er seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung widerrufen kann, hat die Beklagte auch ohne Angabe der 30 Tagesfrist erfüllt (vgl. zum Zweck MüKo/Masuch, 5. A. 2007, § 355 BGB, Rn. 46).
74Eine andere Beurteilung des Falles ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer einheitlichen Belehrung über die Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien. Eine Pflicht zur einheitlichen Ausgestaltung besteht nach den gesetzlichen Vorgaben nicht.
75In Abweichung von den seitens des Klägers in Bezug genommenen Entscheidungen des Landgerichts Köln in den Sachen 21 O 295/14 (Urteil vom 17.03.2015) sowie 21 O 361/14 (Urteil vom 26.05.2015) ist nicht davon auszugehen, dass der Hinweis auf den Fristlauf für beide Seiten ein wesentlicher Bestandteil einer wirksamen Belehrung ist. Zwar ist dem Landgericht darin zuzustimmen, dass der Schutz des Verbrauchers eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Verbrauchers eindeutige Belehrung erfordert.
76Für die Zeit zwischen dem 08.12.2004 und im 10.06.2010 waren die Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe jedoch in § 357 BGB a.F. geregelt. Nach dessen Abs. 1 S. 2 fand § 286 Abs. 3 BGB für die Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen entsprechende Anwendung. Die dort bestimmte Frist von 30 Tagen begann mit der Widerrufserklärung des Verbrauchers.
77Hinsichtlich seiner eigenen Pflichten war der Verbraucher durch die Widerrufsbelehrung unmittelbar vorgewarnt. Hinsichtlich seiner Rechte bestand eine klare Regelung – dem Grunde nach durch Satz 1 der Belehrung über die Widerrufsfolgen und zur Frist für die Leistung der Beklagten durch das Gesetz.
78Insoweit erscheint der Umstand, dass in der Belehrung kein Hinweis auf die Zahlungsfrist der Gegenseite erfolgte, nicht objektiv geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufs abzuhalten.
79d) Schließlich ist die Widerrufsbelehrung nicht deshalb fehlerhaft, weil sie unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ eine Sammelbelehrung über die Folgen eines Widerrufs für verschiedene Arten von finanzierten Geschäften enthält - auch wenn hier unstreitig kein verbundenes Geschäft vorliegt (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 07.07.2014, 23 U 172/13, CR 2015, 319, 321; OLG München, Urteil vom 09.11.2015, - 19 U 4833/14-, BKR 2016, 30, 32f).
80aa) Zunächst liegt kein inhaltlicher Fehler der Belehrung zum verbundenen Geschäft vor. Die Belehrung gilt insoweit – der Musterbelehrung folgend – unmissverständlich nur, „wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden“ und erläutert diesen Rechtsbegriff sodann der gesetzlichen Regelung in § 358 Abs. 3 BGB (a.F.) und der Musterbelehrung folgend. Die Belehrung geht somit keineswegs davon aus, dass im streitgegenständlichen Fall tatsächlich ein verbundenes Geschäft vorliegt und ist mithin inhaltlich jedenfalls nicht unrichtig.
81bb) Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen oder verwirrende oder ablenkende Zusätze enthalten (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 –ZR 156/08, juris-Tz. 24). Diese Regelung schließt nicht schlechthin jeglichen Zusatz zur Belehrung aus. Ihrem Zweck entsprechend sind Ergänzungen als zulässig anzusehen, die ihren Inhalt verdeutlichen. Nicht hierzu rechnen Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die deshalb von ihr ablenken.
82Der Senat hält hinsichtlich der Belehrung über den Widerruf verbundener Geschäfte an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach eine nur vorsorgliche, inhaltlich jedoch zutreffende Belehrung über Voraussetzungen und Folgen eines verbundenen Geschäfts keinen unzulässigen Zusatz darstellt, auch wenn im konkreten Falle unstreitig kein verbundenes Geschäft vorliegt (OLG Köln, Beschluss vom 23.03.2015, – 13 U 168/14 –, juris - Tz. 6).
83Dass der Verbraucher selbst prüfen muss, ob diese Ausführungen für ihn gelten, ist unschädlich, solange sie - wie vorliegend - so transparent sind, dass die Gefahr eines Irrtums über den Umfang und die Folgen des Widerrufsrechts nicht besteht.
84Die Frage, ob materiell-rechtlich ein verbundenes Geschäft vorliegt, erfordert die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und mitunter die Beantwortung schwierigster Rechtsfragen. Dass es dem durchschnittlichen Verbraucher auf der Grundlage der Hinweise oftmals nicht ohne weiteres möglich ist, zu entscheiden, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, ist auf die komplizierte Rechtslage und nicht etwa auf Unklarheiten der Belehrung zurückzuführen. Da eine Widerrufsbelehrung unrichtig ist, wenn sie bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts nicht über dessen Rechtsfolgen belehrt (so BGH Urteil vom 15.12.2009 – XI ZR 45/09, juris – Tz. 12f), muss es einem Kreditinstitut möglich sein, die entsprechende Belehrung – wie in der Musterbelehrung vorgesehen – vorsorglich für den Fall vorzunehmen, dass ein verbundenes Geschäft vorliegt, ohne dass dies einen „verwirrenden oder ablenkenden Zusatz“ darstellt (so auch OLG München, Urteil vom 09.11.2015, - 19 U 4833/14- , BKR 2016, 30, 33).
85Für die grundsätzliche Möglichkeit der alternativen Belehrung über verschiedene Fallkonstellationen spricht, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23.09.2003 (XI ZR 135/02, juris-Tz. 24) ausgeführt hat: „Der bloße Umstand, dass die in dem Kreditvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung eine Belehrung über verbundene Geschäfte enthält, genügt hierfür [Anm: für die Annahme verbundener Geschäfte] schon deshalb nicht, weil es sich um einen Formularvertrag handelt, der für unterschiedliche Vertragsgestaltungen offen sein muss“ (so auch OLG München, Urteil vom 09.11.2015, - 19 U 4833/14-, BKR 2016, 30, 33).
86Die vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidungen des Landgerichts Essen vom 09.10.2014 (6 O 214/14), die daran anknüpfende Endscheidung des OLG Hamm vom 25.03.2015 (31 U 155/14) sowie die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 29.09.2015 (6 U 21/15, juris-Tz. 34), die eine Anpassung der Belehrung an den Einzelfall für erforderlich und eine Sammelbelehrung für unzulässig halten, rechtfertigen mit Blick auf die Vorgaben des Bundesgerichtshofs keine abweichende Entscheidung.
87Gegen einen Willen des Gesetzgebers, der Verwender müsse die Belehrung so genau anpassen, dass nur noch der konkrete Einzelfall des jeweiligen Verbrauchers erfasst wird, spricht auch, dass die Musterbelehrung seinerzeit im Gestaltungshinweis 10 nur vorsah, dass die Hinweise für finanzierte Geschäfte entfallen können – und nicht müssen -, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt. In der Bekanntmachung der Begründung zur Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung v. 12.3.2008 (BAnz 2008, 957, 962) hieß es dementsprechend:
88„Die Ergänzung am Ende des Belehrungszusatzes für das finanzierte Geschäft ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Unternehmer den Textbaustein auch dann verwenden kann, wenn die Verträge rechtlich nicht verbunden sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beurteilung, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, im Einzelfall schwierig sein kann.“
89Auch soweit die Belehrung zum finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts zusätzlich zu der allgemeinen Belehrung aufgeführt wird, ergibt sich vorliegend aus der Darstellung mehrerer grundsätzlich denkbarer Fallkonstellationen allein kein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot.
90Aus objektiver Kundensicht hat – wie bereits ausgeführt - die Auslegung der Widerrufsbelehrung unter Berücksichtigung des konkreten Vertragsverhältnisses der Parteien zu erfolgen. Danach musste einem durchschnittlichen Verbraucher bei objektiver Betrachtung klar sein, dass schon dem Grunde nach kein verbundenes Geschäft vorlag und sich ein solches auch nicht im Hinblick auf den Passus zum Immobiliengeschäft ergab. Auch nach dem Klägervortrag fehlen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte Partei des Immobiliengeschäfts war.
91Bei der Auslegung der Widerrufsbelehrung im konkreten Vertragsverhältnis ergibt sich kein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot, da nicht davon auszugehen ist, dass bei umfassender Würdigung des zugrunde zu legenden Auslegungsstoffes des Vertragsverhältnisses für den durchschnittlichen Verbraucher die Gefahr eines Missverständnisses besteht. Da unstreitig schon kein verbundenes Geschäft vorliegt, ist nicht davon auszugehen, dass die konkrete Ausgestaltung der Sammelbelehrung objektiv geeignet ist, einen durchschnittlichen Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten.
923. Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
93a) Die Zulassung der Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da die vorliegende Entscheidung - wie oben jeweils dargelegt - der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von Widerrufsbelehrungen sowie zur Wahrung des Deutlichkeitsgebots bei der Belehrung über finanzierte Geschäfte entspricht.
94b) Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen, wirft der Fall nicht auf. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, zumal sie längst außer Kraft getretenes Recht wie §§ 355, 358 BGB a. F oder die BGB-Info-V betrifft. Der Klärungsbedarf entfällt, wenn einer Rechtsfrage wegen einer Rechtsänderung für die Zukunft keine Bedeutung mehr zukommt (BVerfG, Beschl. v. 4.11.2008 – 1 BvR 2587/06, Tz. 19). Klärungsbedürftig sind zudem nur solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (BVerfG, Beschl. v. 4.11.2008 – 1 BvR 2587/06, RdNr. 19). Dies ist für den vorliegenden Fall zu verneinen, da sich die Entscheidung des Senats an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert. Soweit die Parteien über die Subsumtion von Tatsachen im Einzelfall streiten, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision.
954. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
96Streitwert: 140.000,00 €.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Rückabwicklungsansprüche nach Widerruf seiner auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung geltend.
3Der Kläger und die Beklagte schlossen am 07.02.2008 einen Darlehensvertrag mit der Nummer H$######/## in Höhe von 70.000,00 € mit einem Zinssatz vom 4,65 % p.a. Es handelte sich dabei um ein endfälliges Darlehen mit einem Tilgungsersatzinstrument in Form einer fondsgebundenen Versicherung.
4Der Vertragsschluss erfolgte am 07.02.2008. Der Kläger traf sich zu diesem Zweck mit einem Berater der E Privat und Geschäftskunden AG, die für die Beklagte als Vertriebspartnerin fungiert, in S. Ob dieses Treffen in der Wohnung des Klägers oder in den Räumen der E Privat und Geschäftskunden AG stattfand, ist zwischen den Parteien streitig. Der Berater übergab während Zusammentreffens dem Kläger die Vertragsunterlagen und beide Parteien unterzeichneten den Darlehensvertrag.
5Der Darlehensvertrag vom 07.02.2008 enthielt eine Widerrufsbelehrung, die in Auszügen wie folgt lautete:
6„Ich bin an meine auf den Abschluss des nachstehenden Vertrages gerichtete Willenserklärung […] nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.
7Form des Widerrufs
8[…]
9Fristlauf
10Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem mir
11 ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung
12 eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages
13zur Verfügung gestellt wurde. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. […]
14Widerruf bei bereits erhaltener Leistung
15Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von meinem Vertragspartner erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich die empfangene Leistung jedoch an meinen Vertragspartner zurückgewähren und ihm die von mir aus der Leistung gezogenen Nutzungen herausgeben.“
16Für die weiteren Einzelheiten des Vertrages und des Wortlauts der Widerrufsbelehrung wird auf den Darlehensvertrag (Anlage K1, Bl. 13-18) Bezug genommen.
17Das Darlehen wurde am 20.05.2008 ausgezahlt.
18Der Kläger widerrief mit anwaltlichem Schreiben vom 04.08.2014 seine auf Abschluss des Darlehensvertrages vom 07.02.2008 gerichtete Willenserklärung. Mit Schreiben vom 18.09.2014 wies die Beklagte den Widerruf als verfristet zurück.
19Der Kläger behauptet, das Treffen mit dem Berater der E Privat und Geschäftskunden AG am 07.02.2008 habe in seiner Wohnung stattgefunden. Er ist der Ansicht, sein Widerruf sei wirksam. Die Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages vom 07.02.2008 sei nicht ordnungsgemäß. Der Beginn der Widerrufsfrist lege ein fehlerhaftes Verständnis des Fristbeginns nahe, insbesondere dahingehend, dass die Frist ohne Rücksicht auf die Vertragserklärung des Verbrauchers beginne. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung könne sich die Beklagte vorliegend nicht berufen, da sie inhaltliche Änderungen vorgenommen habe. Aufgrund des Widerrufs stehe dem ihm gegen die Beklagte ein Anspruch auf Nutzungsersatz zu. Die sich gegenüberstehenden Ansprüche seien dann zu saldieren.
20Der Kläger beantragt,
211. festzustellen, dass der Kläger aus dem Darlehensvertrag mit der Nr. $ ######/## und aufgrund des Widerrufs des Klägers vom 04.08.2014 nur verpflichtet ist, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 64.578,80 € zu zahlen abzügl. zukünftiger monatlicher Leistungen des Klägers jeweils zum 30. eines Monats in Höhe von 271,25 € seit dem 06.03.2015 bis zur Rechtskraft des Urteils,
222. hilfsweise, festzustellen, dass sich der Darlehensvertrag zu der Nr. $ ######/## in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat,
233. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.085,96 € nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Die Beklagte behauptet, dass Treffen mit dem Kläger, bei welchem die Unterschriften geleistet wurden, habe in der Filiale der E Privat und Geschäftskunden AG in S stattgefunden. Sie ist der Ansicht, die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß. Aufgrund der gewählten Personifizierung der Widerrufsbelehrung, insbesondere der Verwendung von „mein schriftlicher Vertragsantrag“, könne es zu keinem Fehlverständnis des Verbrauchers über den Fristbeginn kommen. Zudem sei ein solches Fehlverständnis auch deshalb ausgeschlossen, weil der Darlehensvertrag unter zeitgleicher Anwesenheit beider Vertragspartner abgeschlossen wurde.
27Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2015 (Bl. ### ff. der Akten) Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe
29Die Klage ist unbegründet.
30I. Der Kläger ist nicht nur verpflichtet, der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr. $ ######/## aufgrund Widerrufs einen Betrag in Höhe von 64.578,80 € abzügl. weiterer geleisteter Zahlungen zu zahlen. Dies würde einen wirksamen Widerruf des Klägers voraussetzen. Hieran fehlt es jedoch.
31Der Kläger hat seine auf Abschluss des Darlehensvertrages vom 07.02.2008 gerichtete Willenserklärung nicht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB (in der Fassung 2004-2010) wirksam widerrufen. Der Widerruf ist nicht innerhalb der nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. geltenden Widerrufsfrist von zwei Wochen erfolgt. Die Widerrufsfrist war im Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs mit Schreiben vom 04.08.2014 bereits abgelaufen.
32Die dem Darlehensvertrag vom 07.02.2008 beigefügte Widerrufsbelehrung entspricht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Gemäß dieser Vorschrift beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform erhalten hat.
33Voraussetzung für eine solche wirksame Widerrufsbelehrung ist, dass der Verbraucher umfassend, unmissverständlich und in eindeutiger Form über seine Rechte belehrt wird. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Hierfür bedarf es einer eindeutigen Information über den Beginn der Widerrufsfrist (BGH, Urt. v. 13.01.2009, XI ZR 118/08).
34Gemessen hieran ist die Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages vom 07.02.2008 nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Passus der Widerrufsbelehrung zu dem Beginn der Widerrufsfrist. Dem Kläger war aus den dortigen Erläuterungen, dass die Frist einen Tag, nachdem ihm ein Exemplar der Widerrufsbelehrung und eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Vertragsantrag oder eines Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurde, beginnt, der Beginn der Widerrufsfrist klar und unmissverständlich erkennbar.
35Insoweit ist maßgeblich, dass der Darlehensvertrag zwischen den Parteien bei zeitgleicher Anwesenheit beider Parteien – bzw. des Klägers und eines Vertreters der Beklagten – unterschrieben wurde. Hierzu kam es zu einem Treffen zwischen dem Vertriebspartner der Beklagten und dem Kläger, wobei der Vertriebspartner die Vertragsunterlagen mitbrachte. Ob dies in der Wohnung des Klägers oder in der Filiale des Vertriebspartners erfolgte, kann dahinstehen. In dieser Konstellation eines Vertragsschlusses, in der die Unterschrift am gleichen Tag, an dem die Vertragsunterlagen übergeben werden, erfolgt, ist es für den Verbraucher eindeutig erkennbar, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist am nächsten Tag und nicht etwa bereits vor der Abgabe einer eigenen Vertragserklärung beginnt (s.a. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 01.06.2015, 17 U 204/14).
36Auch in Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt vorliegend nichts anderes. Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10.03.2009, Az. XI ZR 33/08, BGHZ 180,123ff), eine nahezu gleichlautende Widerrufsbelehrung als nicht ordnungsgemäß und den Widerruf des Vertrages mithin als wirksam bewertet. Diese Entscheidung befasste sich jedoch mit einer anderen, mit der streitgegenständlichen nicht vergleichbaren Ausgangssituation. Der dort maßgebliche Darlehensvertrag wurde im Wege des Angebotsverfahrens geschlossen. In diesem Verfahren erhält der Verbraucher im Postwege ein Darlehensangebot des Darlehensgebers, welches bereits mit „Darlehensvertrag“ überschrieben ist und das eine Widerrufsbelehrung enthält. Insoweit hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, es entstehe aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers der Eindruck, die Voraussetzungen des Beginns der Widerrufsfrist seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der dortigen Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des Angebots der Bank, und zwar unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers (BGH, a.a.O., Rdnr. 16). Angesichts der im vorliegenden Fall erfolgten zeitgleichen Unterzeichnung des Darlehensvertrages vom 07.02.2008 konnte der Kläger – anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall – nicht den Eindruck gewinnen, sein Widerrufsrecht habe bereits zu einem früheren Zeitpunkt – vor seiner eigenen Vertragserklärung – begonnen.
37Mithin war bereits aufgrund des tatsächlichen Geschehensablaufs ein Irrtum über den Beginn der Widerrufsfrist nicht möglich (so auch OLG Karlsruhe, a.a.O.).
38Auch im Übrigen ist die Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages vom 07.02.2008 nicht zu beanstanden und entspricht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf den Teil der Belehrung, der sich mit den Widerrufsfolgen befasst. Eine Belehrung erfolgt insoweit nur im Hinblick auf die Pflichten des Darlehensnehmers. Entgegen der Auffassung des Klägers entspricht dies den Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Dieser sah eine Belehrung über die Folgen eines Widerrufs nicht vor. Die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.04.2007, Az. VII ZR 122/06, betraf den Fall eines Haustürgeschäfts. § 312 BGB a.F. erforderte in diesen Fällen – anders als § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. – auch eine Belehrung über die Widerrufsfolgen. § 312 BGB a.F. ist jedoch vorliegend nicht anwendbar. Selbst wenn es sich vorliegend um ein Haustürgeschäft gehandelt haben sollte, käme § 312 BGB a.F. mit seinen weitergehenden Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung gemäß § 312a BGB a.F. nicht zum Tragen, da dem Kläger als Verbraucher bereits ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB a.F. zusteht. Mithin traf die Beklagte im streitgegenständlichen Fall keine Pflicht zur ordnungsgemäßen Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufs (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 02.02.2015, Az. 31 U 126/14, Rn. 31f., zitiert nach juris; OLG Celle, Beschl. v. 14.07.2014, Az. 3 W 34/14, Rn. 16, zitiert nach juris).
39II. Aus den bereits aufgeführten Gründen hat die Klage auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg. Ein wirksamer Widerruf durch den Kläger liegt nicht vor. Der Widerruf war verfristet.
40III. Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.085,96 €. Es ermangelt bereits an einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages vom 07.02.2008.
41IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
42Streitwert: 64.578,80 €
43Rechtsbehelfsbelehrung:
44Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bonn statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach Widerruf eines Darlehensvertrages aus 2008.
3Der Kläger schloss am 05.07.2008 zusammen mit Frau S zur privaten Finanzierung seiner Doppelhaushälfte mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen in Höhe von 60.000,00 € mit einem bis zum 30.06.2018 festgeschriebenen Zinssatz in Höhe von 5,450 %. Sowohl die Vertragsurkunde als auch die Widerrufsbelehrung wurden dem Kläger erst anlässlich der Unterzeichnung in der W e.G. ausgehändigt.
4Im Juli 2013 löste der Kläger das Darlehen vollständig ab und zahlte eine Vorfälligkeitsentschädigung von 9.807,20 €.
5In der Widerrufsbelehrungen heißt es u. a.:
6„Widerrufsbelehrung für Verbraucherdarlehensverträge
7...
8Widerrufsrecht
9Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen (einen Monat)[1] ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt einen Tag nachdem Ihnen
10- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
11- die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags zur Verfügung gestellt wurden.
12...
13Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.“
14Weiter heißt es:
15„Widerufsfolgen
16Im Fall eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie diese Leistungen uns ganz oder teilweise nicht zurückgewähren, müssen Sie insoweit ggf. Wertersatz leisten.“
17Sodann enthält die Widerrufsbelehrung Informationen zu finanzierten Geschäften.
18Wegen des gesamten Wortlauts der Widerrufsbelehrung wird auf die Fotokopie Blatt 8 der Akte Bezug genommen.
19Mit Schreiben vom 15.12.2014 und anwaltlichem Schreiben vom 22.06.2015 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.
20Der Kläger ist der Ansicht, bei Abschluss des Darlehensvertrags sei keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht erfolgt, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe und er zum Widerruf berechtigt gewesen sei. Der Fristbeginn und die Dauer der Widerrufsfrist ergebe sich aus der Widerrufsbelehrung nicht eindeutig. Die Angabe zweier Fristen in Verbindung mit dem zusätzlichen Fußnotenhinweis stifte Verwirrung. Zudem lege die Formulierung zum Fristbeginn das unrichtige Verständnis nahe, die Widerrufsfrist beginne bereits mit der Übersendung des Vertragsantrags durch die Bank. Hinsichtlich der Widerrrufsfolgen fehle der Hinweis, dass die Bank ihre Zahlungsverpflichtungen innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Widerrufsbelehrung erfüllen muss.
21Der Kläger beantragt,
22die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.807,20 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.06.2013 zu zahlen.
23Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Die Beklagte ist der Auffassung, die Widerrufsfrist sei abgelaufen, weil die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Ferner könne die Beklagte sich auf die Schutzwirkung des § 14 BGB InfoV a.F. berufen. Außerdem erhebt die Beklagte den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe
28Die Klage ist unbegründet.
29Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung von 9.807,20 €. Er hat den Darlehensvertrag vom 05.07.2008 nicht wirksam mit Schreiben von 15.12.2014 gemäß § 355 Abs. 1 S.1 BGB a.F. widerrufen, denn die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S.2 BGB a.F. war im Zeitpunkt des Widerrufs abgelaufen. Der von dem Kläger erklärte Widerruf ist gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist erklärt worden.
30Nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. (08.12.2004 – 10.06.2010) beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 enthält. Ist der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrages zur Verfügung gestellt werden (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a. F.).
31Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 S.1 BGB a.F. auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (BGH Urteil vom 10.03.2009 – XI ZR 33/88 m.w.N. zitiert nach beck-online).
32Der Lauf der Widerrufsfrist hängt bei einem Vertrag, der wie der vorliegende Vertrag schriftlich abzuschließen ist, davon ab, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird. Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrages also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seiner eigenen Vertragserklärung enthaltenen Urkunde ist.
33Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung im vorliegenden Fall, denn der Kläger hat sowohl den Darlehensvertrag als auch die Widerrufsbelehrung am gleichen Tag, nämlich am 05.07.2008 in den Räumen der W e.G. unterschrieben und sodann ausgehändigt bekommen. Damit ergab sich für den Kläger ohne weiteres, dass für ihn die Frist zum Widerruf von zwei Wochen einen Tag nach Unterzeichnung des Vertrages und Aushändigung der Urkunden am 05.07.2008 beginnt. Die Auffassung des Klägers, durch die verwendete Widerrufsbelehrung sei der Kläger als Verbraucher nicht eindeutig über die Länge der Widerrufsfrist informiert worden, teilt das Gericht nicht. Die Widerrufsbelehrung weist zwar im ersten Satz darauf hin, dass die Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen widerrufen werden kann und enthält in Klammern den Hinweis „einen Monat", wobei in der Fussnote die Erklärung erfolgt, dass die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs.2 Satz 2 BGB einen Monat beträgt, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird bzw. werden kann. Nach dieser Formulierung wird der Kläger nicht darüber im Unklaren gelassen, welche Widerrufsfrist für ihn gilt, denn er hat sowohl den Darlehensvertrag als auch die Widerrufsbelehrungen am gleichen Tag, nämlich am 05.07.2008 unterschrieben. Die Vertragsurkunde wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten ebenfalls anlässlich desselben Treffens unterzeichnet. Damit ergab sich für den Kläger ohne weiteres, dass für ihn die Frist zum Widerruf zwei Wochen beträgt. Denn der Klammerzusatz und die Fussnotenerklärung besagt, dass nur für den Fall, dass nicht taggleich mit dem Vertragsabschluss auch über das Widerrufsrecht belehrt worden ist, die Frist einen Monat beträgt. Da der Kläger und die Beklagte den Vertrag und der Kläger die Widerrufsbelehrung zeitgleich unterzeichnet haben, konnte für den Kläger kein Irrtum dahin bestehen, dass möglicherweise die Widerrufsfrist einen Monat betragen würde. Es war für den Kläger als durchschnittlichen Darlehensnehmer und als jemand, der auch in anderen Angelegenheiten am Wirtschaftsleben teilnimmt ohne weiteres ersichtlich, dass vorliegend die Widerrufsfrist zwei Wochen betragen hat.
34Da der Kläger zuvor keine Vertragsurkunde, kein Darlehensangebot der Beklagten und keine Widerrufsbelehrung ausgehändigt bekommen hatte, konnte er – anders als in dem vom Kläger zitierten Urteil des BGH vom 10.03.2009 – XI ZR 33/08 – nicht darüber irren, dass die Frist bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der Beklagten zu laufen beginne, denn ein solches hat er im vorliegenden Fall vorab überhaupt nicht übermittelt bekommen (vgl. insoweit auch Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.02.2015 – I-17 U 125/14 zitiert nach beck-online).
35Entgegen der Auffassung des Klägers verhält sich die Widerrufsbelehrung auch korrekt zu den Widerrufsfolgen und ist insoweit auch nicht irreführend.
36Sofern der Kläger beanstandet, dass kein Hinweis auf die Verpflichtung der Bank zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtung binnen 30 Tagen nach Zugang der Widerrufsbelehrung enthält, beruft sich die Beklagte zu Recht darauf, dass gemäß § 355 BGB a.F. nicht über die Rechtsfolgen eines etwaigen Widerrufs aufzuklären war (OLG Hamm, Urteil vom 16.03.2015 – 31 U 118/14), so dass es unschädlich ist, dass vorliegend nur über die Pflichten des Verbrauchers, nicht jedoch auf dessen Rechte hingewiesen wurde. Soweit die Widerrufsbelehrung den Hinweis enthält, dass im Fall eines wirksamen Widerrufs die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen herauszugeben sind, ist dies nicht zu beanstanden und trägt dem Abwicklungsverhältnis nach Widerruf Rechnung.
37Soweit sich die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung auch über finanzierte Geschäfte verhält, macht sie dies nicht fehlerhaft. Sie war lediglich überflüssig, da es sich unstreitig vorliegend nicht um ein finanziertes Geschäft gehandelt hat. Die Belehrung über finanzierte Geschäfte war für den Verbraucher nicht verwirrend, denn die Formulierung lässt klar erkennen, dass vorliegend kein finanziertes Geschäft vorliegt. Nach der Formulierung in der Widerrufsbelehrung ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen ist, wenn die Bank gleichzeitig auch Vertragspartner in beiden Verträgen ist. Hier konnte der Kläger unschwer erkennen, dass der Grundstückskaufvertrag nicht mit der Beklagten abgeschlossen worden war.
38Da die Widerrufsbelehrung mithin nicht verwirrend und nicht fehlerhaft ist, war vorliegend die Frist von 2 Wochen zum Widerruf des Darlehensvertrags abgelaufen. Die Klage war daher abzuweisen.
39Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
40Unterschrift
41
[1] Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs.2 Satz 2 BGB einen Monat, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird bzw. werden kann.
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden.
(2) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung auf Grund des § 495 Absatz 1 oder des § 514 Absatz 2 Satz 1 wirksam widerrufen, so ist er auch nicht mehr an diejenige Willenserklärung gebunden, die auf den Abschluss eines mit diesem Darlehensvertrag verbundenen Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerichtet ist.
(3) Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder über die Erbringung einer anderen Leistung und ein Darlehensvertrag nach den Absätzen 1 oder 2 sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn der Darlehensgeber selbst dem Verbraucher das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn er über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus den Erwerb des Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts durch Zusammenwirken mit dem Unternehmer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.
(4) Auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags sind unabhängig von der Vertriebsform § 355 Absatz 3 und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357c entsprechend anzuwenden. Ist der verbundene Vertrag ein Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, hat der Verbraucher abweichend von § 357a Absatz 3 unter den Voraussetzungen des § 356 Absatz 5 Nummer 2 Wertersatz für die bis zum Widerruf gelieferten digitalen Inhalte zu leisten. Ist der verbundene Vertrag ein im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Ratenlieferungsvertrag, sind neben § 355 Absatz 3 auch die §§ 357 und 357a entsprechend anzuwenden; im Übrigen gelten für verbundene Ratenlieferungsverträge § 355 Absatz 3 und § 357d entsprechend. Im Falle des Absatzes 1 sind jedoch Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen den Verbraucher ausgeschlossen. Der Darlehensgeber tritt im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist.
(5) Die Absätze 2 und 4 sind nicht anzuwenden auf Darlehensverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die klagende Bank nimmt die beklagten Eheleute auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch.
- 2
- Die Klägerin gewährte den Beklagten durch Vertrag vom 12. September 2005 einen durch eine Lohnabtretung zu sichernden Ratenkredit in Höhe von 57.747,43 € mit einer Laufzeit von 83 Monaten zu einem effektiven Jahreszins von 14,91%. Der Vertrag enthielt eine Widerrufsbelehrung, in der nicht gemäß § 358 Abs. 5 BGB auf die für verbundene Verträge geltenden Rechtsfolgen des § 358 Abs. 1 und 2 BGB hingewiesen wurde.
- 3
- Ein Teilbetrag des Darlehens in Höhe von 35.305,53 € diente der Ablösung eines Darlehens vom 26. Januar 2004, das wiederum neben der Einräumung eines nicht zweckgebundenen Zusatzkredits von 20.000 € einen ebenfalls nicht zweckgebundenen Kredit vom 13. August 2002 über 26.600 € abgelöst hatte. Ein weiterer Teilbetrag des Darlehens vom 12. September 2005 in Höhe von 12.200 € wurde als nicht zweckgebundener Zusatzkredit gewährt. Der Restbetrag von 10.241,90 € wurde als Versicherungsprämie für eine ebenfalls am 12. September 2005 mit einer als "Partner" der Klägerin bezeichneten Versicherungsgesellschaft geschlossene Restschuldversicherung verwandt. Bei dieser Gesellschaft hatten die Beklagten bereits im Zusammenhang mit den Darlehensverträgen vom 13. August 2002 und 26. Januar 2004 Restschuldversicherungen abgeschlossen.
- 4
- Nachdem die Beklagten in Zahlungsrückstand geraten waren, kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag vom 12. September 2005 mit Schreiben vom 8. Juni 2007. Unter dem 20. Februar 2008 widerriefen die Beklagten ihre auf den Abschluss der Darlehensverträge vom 13. August 2002, 26. Januar 2004 und 12. September 2005 sowie der entsprechenden Restschuldversicherungsverträge gerichteten Willenserklärungen.
- 5
- Die Klage auf Rückzahlung des offenen Darlehensrestsaldos in Höhe von 55.532,88 € nebst Zinsen hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht (WM 2009, 793) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Die Klageforderung sei gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet. Der Widerruf der Beklagten vom 20. Februar 2008 sei nicht innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist erfolgt. Die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag vom 12. September 2005 sei wirksam. Sie habe keinen Hinweis gemäß § 358 Abs. 5 BGB auf die Rechtsfolgen nach § 358 Abs. 1 und 2 BGB enthalten müssen, weil der Verbraucherdarlehensvertrag vom 12. September 2005 und der am selben Tag geschlossene Vertrag über die Restschuldversicherung keine verbundenen Verträge seien.
- 9
- Zweifelhaft sei bereits, ob Darlehensvertrag und Restschuldversicherungsvertrag eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB bildeten. Die Voraussetzungen, unter denen eine wirtschaftliche Einheit nach § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB unwiderleglich vermutet werde, lägen nicht vor. Die Klägerin als Darlehensgeberin habe sich nicht der Mitwirkung eines anderen Unternehmens bedient, sondern umgekehrt habe sich der Versicherer der Mitwirkung der Darlehensgeberin bedient. Es fehle auch an ausreichenden Indizien, um eine wirtschaftliche Einheit nach § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB anzunehmen. Für eine solche Einheit spreche lediglich, dass Darlehens- und Versicherungsvertrag am selben Tag geschlossen worden seien, dass sie wechselseitig aufeinander Be- zug nähmen und dass der Versicherer sich regelmäßig der Klägerin zum Abschluss seiner Versicherungen bediene. Ob dies für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit ausreiche, oder ob nicht von maßgeblicher Bedeutung sei, dass der Darlehensvertrag auch ohne den freiwilligen Abschluss einer Restschuldversicherung geschlossen werden könne und auch in diesem Fall seinen Sinn behalte, dass also beide Verträge sich nicht wechselseitig bedingten, könne letztlich offen bleiben, weil die weiteren Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 BGB nicht erfüllt seien.
- 10
- Das Darlehen diene nämlich nicht der Finanzierung der Vereinbarung über die Restschuldversicherung. Es fehle die erforderliche finale Verknüpfung zwischen der Kreditaufnahme und dem Abschluss des Restschuldversicherungsvertrages. Die gesetzliche Regelung des verbundenen Geschäfts solle den Verbraucher vor den Risiken der Aufspaltung eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs in zwei rechtlich selbständige Verträge und der damit verbundenen Gefahr schützen, ungeachtet berechtigter Einwendungen gegen den Vertragspartner des Warenlieferungs- bzw. Dienstleistungsgeschäfts zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens verpflichtet zu bleiben. Eine solche Konstellation liege in Bezug auf das Verhältnis zwischen Darlehen und Restschuldversicherung nicht vor. Der Verbraucher schließe den Darlehensvertrag nicht, um in der Folge den Abschluss des Restschuldversicherungsvertrages zu ermöglichen. Vielmehr diene umgekehrt der Abschluss des Versicherungsvertrages dem Darlehensvertrag. Für einen Verbraucher, der zur Finanzierung eines nicht näher bestimmten Konsumwunsches ein mit dem Konsumgeschäft nicht verbundenes Darlehen aufnehme, begründe der zusätzliche Abschluss einer vom Darlehensgeber ebenfalls finanzierten Restschuldversicherung kein Aufspaltungsrisiko. Dieses Risiko setze voraus, dass beide Verträge grundsätzlich auch mit ein und demselben Vertragspartner geschlossen werden könnten. Es sei jedoch wirtschaftlich sinnlos, dass ein Darlehensgeber als Restschuld- versicherer die Eintrittspflicht für die Nichterfüllung seines Darlehensrückzahlungsanspruches gegen den Verbraucher übernehme.
II.
- 11
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 12
- 1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten aufgrund des Darlehensvertrages vom 12. September 2005 gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB keinen Anspruch in Höhe der Klageforderung. Die Beklagten haben ihre auf Abschluss dieses Vertrages gerichteten Willenserklärungen gemäß § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB wirksam widerrufen. Bei Abgabe der Widerrufserklärung vom 20. Februar 2008 war die Widerrufsfrist noch nicht verstrichen. Sie war durch die im Darlehensvertrag vom 12. September 2005 enthaltene Widerrufsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden. Die Belehrung war nicht ordnungsgemäß, weil sie keinen Hinweis gemäß § 358 Abs. 5 BGB auf die Rechtsfolgen nach § 358 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 BGB enthielt.
- 13
- 2. Die in den §§ 358 f. BGB getroffenen Regelungen über verbundene Verträge sind auf den vorliegenden Fall anwendbar. Sie werden entgegen einer in der Instanzrechtsprechung (AG München, BKR 2009, 419, 420) und der Literatur (Freitag, VersR 2009, 862, 864 ff., Lange/Schmidt, BKR 2007, 493, 494 f. und Schramm, BKR 2009, 421) vertretenen Auffassung nicht durch die speziellen Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes über die Widerruflichkeit einer auf Abschluss eines Versicherungsvertrags gerichteten Willenserklärung verdrängt.
- 14
- Nach den §§ 8, 48c VVG aF kann ein Versicherungsnehmer unter bestimmten Voraussetzungen seine Vertragserklärung widerrufen bzw. vom Ver- trag zurücktreten. Diese Vorschriften, die nach der Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen (BT-Drucksache 15/2946, S. 29) "eigenständige und in sich abgeschlossene Regelungen" darstellen, besagen nichts darüber, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechtsfolgen ein Versicherungsvertrag und ein Darlehensvertrag verbundene Geschäfte bilden können. Dies ist nicht im Versicherungsvertragsgesetz, sondern in den §§ 358 f. BGB geregelt, die insoweit als Spezialregelung anzusehen und neben den Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes über die Widerruflichkeit von Versicherungsverträgen anwendbar sind (Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 358 Rn. 40; MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 358 Rn. 12; Mülbert/ Wilhelm, WM 2009, 2241, 2242).
- 15
- Dies führt entgegen der Auffassung von Freitag (VersR 2009, 862, 865) nicht dazu, dass die speziellen Rechtsfolgen des Widerrufs von Versicherungsverträgen nach den §§ 8, 48c VVG aF unterlaufen werden. Gemäß § 358 Abs. 4 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB gelten die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt gemäß § 346 ff. BGB nur, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Die Rechtsfolgen, die sich aus einem Widerruf des Darlehensvertrages für den Restschuldversicherungsvertrag als verbundenes Geschäft ergeben, beurteilen sich daher nach §§ 8, 48c VVG aF.
- 16
- 3. a) Ob ein Darlehensvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag verbunden im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB sein können, ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur umstritten (bejahend: OLG Rostock, NJW-RR 2005, 1416; OLG Schleswig, NJW-RR 2007, 1347, 1348; LG Hamburg, VuR 2008, 111, 112; LG Bonn, BKR 2008, 78, 79 f.; LG Bremen, WM 2009, 2215, 2216; Emmerich in von Westphalen/Emmerich/ von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rn. 74; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 358 Rn. 40; MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 358 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 358 Rn. 7; Erman/Saenger, BGB, 12. Aufl., § 358 Rn. 4; Möller in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 358 Rn. 13; jurisPK-BGB/Wildemann, 4. Aufl., § 358 Rn. 7 und 9; Geßner, VuR 2008, 84 f.; Reifner, WM 2008, 2329, 2337; Fliegner/Fehst, EWiR 2009, 231, 232; Bülow, WuB I E 2. § 358 BGB 1.09; Dawe, NZI 2008, 513, 515; Hackländer, ZInsO 2009, 497; Knops, VersR 2006, 1455, 1457 f.; verneinend: OLG Celle, WM 2009, 1600, 1601 f.; OLG Oldenburg, WM 2009, 796, 797; OLG Karlsruhe, Urteil vom 16. Oktober 2009 - 14 U 32/07; LG Essen, Beschluss vom 3. Mai 2007 - 6 O 108/07; LG Bremen, Beschluss vom 18. Juni 2008 - 2 O 2019/06; LG Kiel, Urteil vom 26. Juni 2008 - 13 O 8/07; LG Münster, Urteil vom 19. Februar 2009 - 14 O 547/08; LG Braunschweig, Urteil vom 27. Oktober 2008 - 4 O 2320/07 (275); Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2242; Münstermann/Hannes, VerbrKrG, 1991, Rn. 545; Lange/Schmidt, BKR 2007, 493, 495 f.; Godefroid, Verbraucherkreditverträge, 3. Aufl., Teil 2, Rn. 557; Freitag, ZIP 2009, 1297 ff.; offen gelassen: OLG Hamm, VuR 2008, 104; OLG Schleswig, WM 2009, 1606, 1607; OLG Stuttgart, WM 2009, 1361, 1362).
- 17
- b) Der Senat entscheidet die Frage dahin, dass ein Darlehensvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag verbundene Verträge bilden, sofern die Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 BGB vorliegen. Dies ist hier der Fall.
- 18
- Nach § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB sind ein Vertrag über die Erbringung einer Leistung und ein Verbraucherdarlehensvertrag verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrages dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist gemäß § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB insbesondere anzunehmen, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdar- lehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers, d.h. des Partners des Vertrages über die Erbringung einer Leistung, bedient.
- 19
- aa) Im vorliegenden Fall diente das Darlehen, anders als das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen, teilweise, nämlich in Höhe von 10.241,90 €, der Finanzierung des Restschuldversicherungsvertrages, d.h. eines Vertrages über die Erbringung einer anderen Leistung (§ 358 Abs. 3 Satz 1 BGB).
- 20
- (1) Die Restschuldversicherung stellt eine "andere Leistung" im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB und nicht etwa einen Teil der Gesamtfinanzierung (Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2242) oder ein reines Sicherungsmittel (OLG Oldenburg, WM 2009, 796, 798) dar.
- 21
- Der Darlehensvertrag und der Restschuldversicherungsvertrag sind rechtlich selbständige Verträge über die Gewährung eines Darlehens und die Gewährung von Versicherungsschutz. Dementsprechend unterscheidet § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 und 6 BGB zwischen den Kosten des Darlehens und den Kosten der Restschuldversicherung. Dass die Kosten der Restschuldversicherung gemäß § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 6 BGB in der vom Darlehensnehmer zu unterzeichnenden Vertragserklärung angegeben werden müssen, ändert nichts daran, dass es sich um die Kosten einer zu der Darlehensgewährung hinzutretenden , "anderen" Leistung im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB handelt. Die Kosten der Restschuldversicherung sind im vorliegenden Fall auch nicht nach § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV in den anzugebenden Preis des Kredits einzubeziehen, weil die Klägerin die Restschuldversicherung nicht zwingend als Bedingung für die Gewährung des Kredits vorgeschrieben hat.
- 22
- Die Restschuldversicherung kann auch nicht einer Kreditsicherheit gleichgestellt werden. Anders als Sicherungsmittel wie Bürgschaft oder Grund- schuld deckt die Restschuldversicherung nicht jeden Fall der Nichterfüllung der gesicherten Forderung, sondern nur den Fall des Todes, der Arbeitsunfähigkeit und der Arbeitslosigkeit des Darlehensnehmers ab. In diesen Fällen gewährt sie Versicherungsschutz, für den, anders als für die genannten Sicherungsmittel, als Gegenleistung eine Versicherungsprämie zu zahlen ist.
- 23
- (2) Das Darlehen diente in Höhe von 10.241,90 € der Finanzierung der Versicherungsprämie. Es ist tatsächlich für diesen Zweck verwendet worden. Die Parteien haben im Darlehensvertrag auch ausdrücklich vereinbart, dass das Darlehen in Höhe dieses Teilbetrages zur Bezahlung der Versicherungsprämie verwandt werden soll (vgl. hierzu Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 358 Rn. 24). Zwischen beiden Verträgen bestand eine finale Verknüpfung, weil die Parteien die Darlehensaufnahme in Höhe von 10.241,90 € nur vereinbart haben , um mit diesem Betrag die Restschuldversicherungsprämie zu bezahlen.
- 24
- (3) Der Regelungszweck des § 358 BGB rechtfertigt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine andere Auslegung. Es trifft zwar zu, dass das Darlehen primär zur Finanzierung anderer Geschäfte aufgenommen worden ist und die Restschuldversicherung der Absicherung und Abwicklung des Darlehens diente. Dies ändert aber nichts daran, dass ein Teilbetrag des Darlehens in Höhe von 10.241,90 € zusätzlich zur Finanzierung der Restschuldversicherung aufgenommen worden ist. Diese Finanzierung der Restschuldversicherung mit einem Teil des Darlehens reicht nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB aus.
- 25
- Der Abschluss des Darlehensvertrages und des Restschuldversicherungsvertrages als zweier rechtlich selbständiger Verträge begründete auch, anders als das Berufungsgericht meint, das für verbundene Geschäfte typische Aufspaltungsrisiko. In diesem Zusammenhang kommt es, anders als das Beru- fungsgericht meint, nicht darauf an, ob die darlehensgewährende Klägerin zugleich als Restschuldversicherer hätte auftreten können, sondern darauf, dass der Versicherer die Prämie selbst hätte finanzieren können (Bülow, WuB I E 2. § 358 BGB 1.09; Fliegner/Fehst, EWiR 2009, 231, 232). Dass dies nicht geschehen ist und stattdessen zwei rechtlich selbständige Verträge geschlossen worden sind, begründet ein Aufspaltungsrisiko: Widerrufen die Beklagten den Restschuldversicherungsvertrag, bleiben sie an den Darlehensvertrag, auch hinsichtlich des Teilbetrages von 10.241,90 €, gebunden. Widerrufen sie den Darlehensvertrag, schulden sie gleichwohl die Versicherungsprämie (Bülow , aaO).
- 26
- Die Revisionserwiderung macht demgegenüber unter Berufung auf Freitag (ZIP 2009, 1297, 1299) ohne Erfolg geltend, dass Restschuldversicherungen , bei denen der Versicherer die Prämie finanziert, in der Praxis nicht angeboten werden, weil ein solches Modell der besonderen Risikostruktur der Restschuldversicherung widerspreche. Restschuldversicherer vereinnahmten die Versicherungsprämie fast ausnahmslos bei Versicherungsbeginn, weil eine Kreditierung für sie das inakzeptable Risiko bergen würde, bei Eintritt des Versicherungsfalles einerseits die Versicherungssumme an den Darlehensgeber zu zahlen und andererseits mit dem Prämienanspruch gegen den Verbraucher auszufallen.
- 27
- Diese Argumentation geht fehl. Abgesehen davon, dass die Versicherungsprämie nicht bei allen Restschuldversicherungen zu Versicherungsbeginn zu zahlen ist (vgl. Winter in Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, 8. Aufl., Band V/2, Anm. G 229-231), setzt die Annahme eines verbundenen Geschäfts nicht voraus, dass die finanzierte Leistung auf dem Markt auch von Unternehmern angeboten wird, die selbst zur Finanzierung, etwa durch die Bewilligung von Ratenzahlungen, bereit sind. Entscheidend ist vielmehr, dass durch den Abschluss zweier rechtlich selbständiger Verträge die Gefahr begründet wird, dass der Verbraucher zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet bleibt, obwohl ihm gegen den Unternehmer, der die finanzierte Leistung erbracht hat, Einwendungen zustehen. Dies ist der Fall, wenn der Verbraucher den Restschuldversicherungsvertrag gemäß §§ 8, 48c VVG aF widerruft und dadurch von der Pflicht zur Zahlung der Versicherungsprämie frei wird, das Darlehen aber bereits an den Versicherer ausgezahlt ist. Umgekehrt könnte sich der Verbraucher an einem Widerruf des Darlehensvertrages gemäß § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB praktisch gehindert sehen, wenn er nicht auch das Verbundgeschäft , d.h. den Restschuldversicherungsvertrag, beenden könnte. Dass der Verbraucher bei Annahme verbundener Geschäfte mit dem Widerruf des Darlehensvertrages den Schutz der Restschuldversicherung verliert und das Ausfallrisiko selbst tragen muss (vgl. hierzu Freitag, ZIP 2009, 1297, 1299), fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Das Widerrufsrecht besteht bei ordnungsgemäßer Belehrung nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen. Sofern das Darlehen in diesem Zeitraum bereits ausgezahlt worden ist, kann der Verbraucher, bevor er sich zum Widerruf entschließt, unschwer feststellen, ob er den Schutz der Restschuldversicherung entbehren und das Darlehen selbst zurückzahlen kann.
- 28
- Eine restriktive Auslegung des § 358 Abs. 3 BGB ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Finanzierung von Restschuldversicherungsprämien nicht der Vorstellung eines klassischen finanzierten Abzahlungsgeschäfts entspricht. Der primäre Zweck der Darlehensaufnahme liegt zwar nicht in der Prämienfinanzierung , sondern in der Finanzierung eines anderen Geschäfts. Dies ändert aber nichts daran, dass der weitere Zweck des Darlehens, nämlich des zusätzlich aufgenommenen Teilbetrages, gerade die Prämienfinanzierung ist. Auf die Unterscheidung zwischen diesen beiden Zwecksetzungen kommt es für die Anwendung des § 358 Abs. 3 BGB nicht an (Bülow, aaO).
- 29
- bb) Zwischen dem Darlehensvertrag und dem Vertrag über die Restschuldversicherung besteht im vorliegenden Fall auch eine wirtschaftliche Einheit. § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB greift zwar nicht ein, weil die Klägerin sich weder bei der Vorbereitung noch beim Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung des Versicherers bedient hat. Indes sind hier die Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB für eine wirtschaftliche Einheit von Darlehens- und Restschuldversicherungsvertrag gegeben.
- 30
- (1) Eine wirtschaftliche Einheit ist danach anzunehmen, wenn über ein Zweck-Mittel-Verhältnis hinaus beide Verträge derart miteinander verbunden sind, dass der eine Vertrag nicht ohne den anderen geschlossen worden wäre. Die Verträge müssen sich wechselseitig bedingen bzw. der eine seinen Sinn erst durch den anderen erhalten. Dazu bedarf es der Verknüpfung beider Verträge durch konkrete Umstände, die sich nicht wie notwendige Tatbestandsmerkmale abschließend umschreiben lassen, sondern im Einzelfall verschieden sein oder gar fehlen können, wenn sich die wirtschaftliche Einheit aus anderen Umständen ergibt (Senat, Urteil vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 324/06, WM 2008, 967, Tz. 25).
- 31
- Zu diesen Indizien gehören die Zweckbindung des Darlehens zur Finanzierung eines bestimmten Geschäfts, durch die dem Darlehensnehmer die freie Verfügbarkeit über die Darlehensvaluta genommen wird, der zeitgleiche Abschluss beider Verträge, das Verwenden einheitlicher Formulare mit konkreten wechselseitigen Hinweisen auf den jeweils anderen Vertrag, die Einschaltung derselben Vertriebsorganisation durch Darlehensgeber und Unternehmer sowie das Abhängigmachen des Wirksamwerdens des Erwerbsvertrages vom Zustandekommen des Finanzierungsvertrages mit einer vom Unternehmer vorgegebenen Bank (Senat, aaO, Tz. 26 m.w.N.).
- 32
- (2) Nach diesen Maßstäben liegt eine wirtschaftliche Einheit vor. Das Darlehen vom 12. September 2005 war zweckgebunden, soweit der Darlehensvertrag seine Verwendung zur Bezahlung der Prämie der am selben Tag abgeschlossenen Restschuldversicherung vorsah. Dadurch wurde den Beklagten die freie Verfügungsbefugnis über diesen unmittelbar an den Versicherer gezahlten Teil der Darlehensvaluta in Höhe von 10.241,90 € genommen. Darlehens- und Restschuldversicherungsvertrag nehmen wechselseitig aufeinander Bezug. Im Darlehensvertrag wird der Versicherungsbeitrag selbständig neben dem Nettokredit ausgewiesen. Im Vertrag über die Restschuldversicherung wird darauf hingewiesen, dass dieser Vertrag nur in Verbindung mit dem gleichzeitig bei der Klägerin aufgenommenen Kredit gilt und der Absicherung dieses Kredits dient. Damit wird die Wirksamkeit des Restschuldversicherungsvertrages ausdrücklich vom Zustandekommen des Darlehensvertrages abhängig gemacht. Der Versicherer wird ausdrücklich als "Partner" der Klägerin bezeichnet. Die Firma des Versicherers ("C. Versicherung") und die ähnliche drucktechnische Gestaltung der Formulare des Darlehens- und des Versicherungsvertrages legen eine geschäftsmäßige Verbundenheit der Klägerin und des Versicherers nahe. Hinzu kommt, dass der Versicherer sich zum Vertrieb seiner Versicherungen regelmäßig und auch im vorliegenden Fall der Klägerin bedient.
- 33
- Diese Umstände rechtfertigen die Annahme, dass Darlehensvertrag und Restschuldversicherungsvertrag über ein Zweck-Mittel-Verhältnis hinaus derart miteinander verbunden sind, dass ein Vertrag nicht ohne den anderen geschlossen worden wäre. Dass der Restschuldversicherungsvertrag nicht ohne den Darlehensvertrag geschlossen worden wäre, liegt auf der Hand. Umgekehrt wäre das Darlehen in Höhe eines Teilbetrages von 10.241,90 €, mit dem der Versicherungsbeitrag bezahlt worden ist, ohne die Restschuldversicherung nicht aufgenommen worden. Im Übrigen ändert der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, dass den Beklagten der Abschluss der Restschuldver- sicherung freigestellt war, nichts daran, dass sie das Darlehen nicht ohne Restschuldversicherung aufnehmen wollten und tatsächlich aufgenommen haben. Für die Beklagten bedingten sich deshalb beide Verträge wechselseitig.
- 34
- cc) (1) Die Annahme verbundener Verträge widerspricht nicht der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl Nr. L 271/16) (vgl. hierzu Freitag, ZIP 2009, 1297, 1300 f.). Die streitgegenständlichen Verträge fallen nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, weil weder festgestellt noch vorgetragen ist, dass sie im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems der Klägerin bzw. des Versicherers im Sinne des Artikels 2 a der Richtlinie geschlossen worden sind.
- 35
- (2) Aus Artikel 11 der Richtlinie 87/102/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vom 22. Dezember 1986 (ABl Nr. L 42/48) ergeben sich ebenfalls keine Bedenken gegen die Annahme eines verbundenen Geschäfts zwischen einem Darlehens- und einem Restschuldversicherungsvertrag (Bülow, aaO).
- 36
- c) Auch der Gesetzgeber ist bei der am 11. Juni 2010 in Kraft tretenden Einfügung des § 359a in das BGB durch Art. 1 Nr. 12 a des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufsund Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) davon ausgegangen, dass bereits nach geltendem Recht ein Darlehensvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag verbundene Verträge bilden können.
- 37
- Nach § 359a Abs. 2 BGB ist § 358 Abs. 2 und 4 BGB entsprechend auf Verträge über Zusatzleistungen anzuwenden, die der Verbraucher in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verbraucherdarlehensvertrag abgeschlossen hat. Dazu wird in der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucksache 16/11643, S. 73) ausgeführt, dass Verträge über Zusatzleistungen auch Versicherungsverträge seien. Der Sachverhalt sei der Ausgangslage eines verbundenen Geschäfts vergleichbar, ohne dass jedoch zwingend die Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft nach § 358 BGB vorliegen müssten. Darlehens - und Zusatzvertrag bildeten nur dann ein verbundenes Geschäft, wenn die Zusatzleistung aus dem Darlehen finanziert werde.
- 38
- Diese Ausführungen zeigen, dass ein Darlehensvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag nach Auffassung des Gesetzgebers verbundene Geschäfte sein können, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Voraussetzungen des § 358 BGB vorliegen.
III.
- 39
- Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird Feststellungen dazu zu treffen haben, ob und in welcher Höhe der Klägerin nach dem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages ein Anspruch gegen die Beklagten zusteht. Dabei ist davon auszugehen, dass der Widerruf des Darlehensvertrages nicht gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB als Widerruf des verbundenen Restschuldversicherungsvertrages gilt, weil die Beklagten die auf Abschluss dieses Vertrages gerichteten Willenserklärungen nicht "nach Maßgabe dieses Untertitels" im Sinne des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB, sondern nach den Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes widerrufen können (vgl. hierzu Münch- KommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 358 Rn. 7, § 355 Rn. 18; Hackländer, ZInsO 2009, 497, 498; Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2242). Der Widerruf des Darlehensvertrages hat aber gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Folge, dass die Beklagten auch an ihre auf Abschluss des Restschuldversicherungsvertrages gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden sind. Gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB tritt die Klägerin im Verhältnis zu den Beklagten hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Versicherungsunternehmens aus dem Restschuldversicherungsvertrag ein.
Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 22.04.2008 - 15 O 494/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.01.2009 - 13 U 103/08 -
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger wird verurteilt, der Beklagten zu 2.) die Genehmigung der Beschlüsse zur Anpassung des Geschäftsführergehaltes des Beklagten zu 1.) vom
a) (Anlage K 10),
b) (Anlage K 11), vom
c) (Anlagen K 12 und K 13),
d) (Anlage K 14),
e) (Anlage K 16),
f) (Anlage K 17),
g) Anlage K 18) und
h) (Anlage K 19) sowie die Sonderzahlung vom
i) (Anlage K 15)
zu erteilen.
3. Der Kläger wird verurteilt, gegenüber der Beklagten zu 2.) die nachfolgenden Geschäftsvorgänge
a)
b)
c)
d)
e)
f)
g)
h)
i)
j)
k)
l)
gemäß § 4 Ziffer 2 des stillen Beteiligungsvertrages vom 23.06.1999 vorbehaltlos zu genehmigen.
4. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten über Rechte und Ansprüche des Klägers aus dem Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft.
- 2
Der Kläger war 1993 Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der B. u. M. GmbH, er war daneben Gesellschafter der P. M. GmbH. Der Kläger hielt an der P. M. GmbH einen Mehrheitsgesellschafteranteil von 25.500,00 DM. Diese geriet in den Jahren 1991 bis 1993 in eine wirtschaftliche Schieflage. Die B. GmbH bot ihr am 13.10.1993 die Übernahme weiterer Geschäftsanteile an (vgl. Anlage K 36). Im Jahr 1994 stand die Insolvenzreife der Firma P. M. GmbH zu befürchten. Mit notariellem Vertrag vom 18.01.1996 (Anlage K 39) veräußerte der Kläger seinen Geschäftsanteil (ebenso wie der weitere Gesellschafter L.) für 1,00 DM an den Beklagten zu 1). Am 19.01.1996 schlossen der Kläger und die P. M. GmbH einen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft (Anlage K 40). Die P. M. GmbH wurde aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 13.12.2000 liquidiert, diese Gesellschaft wurde am 19.06.2002 gelöscht. Verschiedene Vermögensgegenstände der P. M. GmbH wurden an die Beklagte zu 2) übertragen, wobei der Umfang bzw. deren Wert zwischen den Parteien streitig sind.
- 3
Mit UR-Nr. des Notars Dr. R. vom 23.06.1999 (Anlage K 1) beurkundeten der Kläger und die Beklagte zu 2) einen Vertrag über die Errichtung der stillen Gesellschaft. Dieser enthält die wortgleiche Regelung in § 7 wie der Vertrag vom 19.01.1996. § 1 Abs. 2 regelt den Eintritt des Klägers als atypischer stiller Gesellschafter. § 2 regelt die Vereinbarung, dass mit Ablauf der stillen Gesellschaft die Übertragung von 50 % der Geschäftsanteile als offizielle Anteilsabtretung vollzogen wird. Nur mit Vollzug der Abtretung der 50 % Geschäftsanteile werde die stille Gesellschaft aufgelöst. Diese Regelung weicht von der Bestimmung aus dem Vertrag vom 19.01.1996 ab.
- 4
§ 4.2 bestimmt einen Katalog von Rechtsgeschäften, die nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters abgewickelt werden durften, dazu gehört u. a. die Neubestellung und Abberufung der Geschäftsführung sowie Abschluss und Beendigung sowie Änderung von Geschäftsführerverträgen und die Vornahme von Investitionen, deren finanzielle Auswirkungen einen Betrag von 100.000,00 DM im Einzelfall übersteigen. § 7 der notariellen Vereinbarung vom 23.06.1999 regelt die Gewinn- und Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters. Wegen der Einzelheiten wird auf die Regelung Bezug genommen. § 13 Abs. 1 bestimmt, dass bei Beendigung der Gesellschaft dem stillen Gesellschafter eine Abfindung zusteht und wie sie ermittelt werden soll. Darüber hinaus vereinbarten die Parteien in § 13 Abs. 4, dass sich das Abfindungsguthaben ändern würde, wenn auf Grund einer steuerlichen Gewinnfeststellung andere Ansätze verbindlich würden, als sie bei der Ermittlung des Abfindungsguthabens nach Abs. 1 und 2 herangezogen wurden. In § 13 Abs. 5 heißt es „Besteht über die Höhe des Abfindungsguthabens Streit, entscheidet ein von der Industrie- und Handelskammer zu beauftragender Sachverständiger mit bindender Wirkung“. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelung insgesamt wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
- 5
Die Parteien stritten im Verfahren vor dem Landgericht Dessau-Roßlau 4 O 1243/06 darüber, ob der Vertrag zur Errichtung der stillen Gesellschaft wirksam wurde. Mit Rechtskraft des Urteils des OLG Naumburg vom 05.11.2010 wurde festgestellt, dass die Gesellschaft besteht.
- 6
Die Gesellschaft wurde mit Wirkung zum 31.12.2011 aufgelöst.
- 7
Auf Nachfrage des Klägervertreters erklärten die Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 07.12.2012, dass zustimmungsbedürftige Entscheidungen gemäß § 4 Ziff. 2 des Gesellschaftervertrages nicht getroffen wurden (Anlage K 2).
- 8
Durch Bescheide des Finanzamtes W. vom 03.02.2012 wurde mitgeteilt, dass das Finanzamt davon ausgeht, die stille Gesellschaft sei steuerlich nicht als solche anzuerkennen. Die dagegen vom Kläger eingeleiteten Einspruchsverfahren sind noch nicht beendet. Durch die Beklagte zu 2) wird gegenüber dem Finanzamt die Rechtsauffassung vertreten, die stille Gesellschaft sei steuerlich nicht anzuerkennen (Schreiben vom 05.03.2012 und 17.07.2012, Anlage K 31 und K 32).
- 9
Im Verfahren 3 O 53/12 des Landgerichts Dessau- Roßlau machte der Kläger Ansprüche auf Abrechnung seines Auseinandersetzungsguthabens und abschriftliche Mitteilung von Jahresabschlüssen für die Jahre 1999 bis 2011 sowie auf Einsicht in die Bücher und Papiere für 1999 bis 2011 (mit Ausnahme 2002) geltend. Mit Rechtskraft des Urteils des OLG Naumburg in diesem Verfahren vom 28.02.2014 (10 U 40/13 Hs) wurde die Beklagte zu 2) verurteilt, dem Kläger Abrechnung über dessen Abfindungsguthaben zu erteilen, ihm abschriftliche Mitteilungen der Jahresabschlüsse zu übergeben und ihm Einsicht in die Bücher zu gewähren. Der Kläger hat dieses Einsichtsrecht wahrgenommen.
- 10
Im Verfahren vor dem Landgericht Dessau-Roßlau 3 O 62/15 streiten die Parteien darüber, wer als Schiedsgutachter zur Ermittlung der Höhe der Abfindung in Betracht kommt. Dieses Verfahren ist derzeit beim OLG Naumburg anhängig (10 U 37/16).
- 11
Noch vor Errichtung der stillen Gesellschaft gemäß Anlage K 1 schloss die Beklagte zu 2) mit dem Beklagten zu 1) mit Wirkung zum 01.11.1997 einen Geschäftsführeranstellungsvertrag ab. Dazu gab es noch vor Errichtung der stillen Gesellschaft weitere Änderungen, deren Einzelheiten sich aus den Anlagen K 4 bis K 8 ergeben; danach sollten dem Beklagten ab 01.06.1999 monatliche Bezüge von 9.500,00 DM gewährt werden.
- 12
Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass für die weiteren Änderungen des Geschäftsführeranstellungsvertrages - nach dem Vortrag der Beklagten in Ansehung vermeintlich nicht bestehender gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen - eine Zustimmung des Klägers von der Beklagten zu 2) weder erbeten noch sonst eingeholt wurde,. Durch diese Beschlüsse wurden die Geschäftsführergehälter für den Beklagten zu 1.) angepasst bzw. Sonderzahlungen beschlossen. Das sind die Beschlüsse wie im Tenor zu 2.) - Anlagen K 9 bis K 19.
- 13
Der Kläger erklärte in der Klageschrift, diese gesamten vorgenannten zustimmungsbedürftigen Geschäfte nicht zu genehmigen (Klageschrift vom 17.12.2015).
- 14
Die Beklagtenvertreter haben in einem früheren Verfahren 3 O 93/11 für die Beklagte zu 2) für die Jahre 2005 bis 2010 Investitionszulagenbescheide nach dem jeweiligen Investitionszulagegesetz vorgelegt.
- 15
Es ist unstreitig, dass durch den Kläger zu diesen Investitionen keine Zustimmung erteilt wurde. Im Einzelnen handelt es sich um die Investitionszulagebescheide des Finanzamtes W. vom 19.10.2006 in Höhe von 110.719,00 €, vom 06.07.2007 über 630.345,25 €, vom 07.05.2009 über 202.685,63 €, vom 07.06.2010 über 27.471,50 € und vom 19.08.2011 über 16.356,40 € (Anlagen K 22 bis 26). Durch diese Investitionen wurde der Erwerb der im Tenor zu 3.) genannten Anlagen ermöglicht.
- 16
Der Kläger erklärt, er wäre im Hinblick auf seine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht und weil die Maßnahmen wirtschaftlich wohl sinnvoll waren, zur Zustimmung verpflichtet gewesen. Dies aber nur, soweit die Beklagte zu 2) einem Ausgleich des hierdurch dem Kläger entstehenden wirtschaftlichen Nachteils zugestimmt hätte. Denn die Zulagen wirkten nicht gewinnerhöhend, die angeschafften Investitionsgüter könnten jedoch gewinnmindernd abgeschrieben werden.
- 17
Er erklärte in der Klageschrift vom 17.12.2015, er „erteilt seine Zustimmung daher nur mit der Maßgabe, dass die Zulagen entweder zum Zweck der Ermittlung des Abfindungsguthabens auch gewinnerhöhend oder alternativ die hieraus resultierenden Abschreibungen nicht zu berücksichtigen sind“.
- 18
Mit Schriftsatz vom 17.12.2015 hat der Kläger die Feststellungsklage erhoben.
- 19
Er meint, die Feststellungsklage sei zulässig. Es bestehe ein Feststellungsinteresse deshalb, weil nach Auffassung des Klägers zwar die Haftung der Beklagten feststehe, nicht jedoch die Höhe des Schadens. Die Schadenshöhe könne erst nach Erstattung des Schiedsgutachtens abschließend beziffert werden. Dies wird dann offensichtlich, wenn der Schiedsgutachter die oben genannten Sachverhalte bei der Ermittlung des Abfindungsguthabens nicht als gewinnerhöhend berücksichtige und daher ein negativer Saldo für den Kläger ermittelt werde. Dies gelte auch für die Ansprüche aus der Inanspruchnahme von Investitionszulagen. Ebenso für die etwaigen Schadensersatzansprüche wegen steuerlicher Nichtanerkennung der stillen Gesellschaft. Insoweit stehe schon nicht fest, ob das Finanzamt überhaupt und für welche Zeiträume es zu einer Nichtanerkennung gelange. Ein Schadenseintritt sei nach den Mitteilungen des möglicherweise in Betracht kommenden Schiedsgutachters eine reale Möglichkeit, so dass auch die Feststellungsklage zulässig sei.
- 20
Die Einrede des Schiedsgutachtensvertrages könne allenfalls die Beklagte zu 2) treffen. Sie stehe auch sonst den Feststellungsanträgen im Verhältnis zur Beklagten zu 2) nicht entgegen. Es sei nicht abschließend geklärt, ob die hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche, die wirtschaftlich gegebenenfalls in einer Abänderung der jeweiligen Jahresabschlüsse der Beklagten zu 2) einzufließen hätten und damit bei der Berechnung des Abfindungsguthabens durch den Schiedsgutachter jedenfalls nach Ansicht des Klägers berücksichtigt werden müssten, tatsächlich von den möglichen Schiedsgutachtern berücksichtigt werden. Diese offene Rechtsfrage könne durch das erkennende Gericht nicht abschließend geklärt werden, so dass den Ansprüchen des Klägers eine Unsicherheit, hilfsweise die Verjährung drohe und damit die Feststellungsklage rechtfertige. Die Bezifferung des Schadensersatzes hänge von der Ermittlung der Höhe des Abfindungsguthabens ab, der Schaden sei erst nach Feststellung des Abfindungsergebnisses bezifferbar.
- 21
Der Kläger meint, die Beklagte zu 1) hafte gegenüber dem Kläger auf Schadensersatz, denn seine Rechtsstellung als Gesellschafter der stillen Gesellschaft sei verletzt worden. Die Änderungen des Geschäftsführeranstellungsvertrages seien ohne Zustimmung des Klägers erfolgt und daher unwirksam, weil sie einen Missbrauch der Vertretungsmacht des Beklagten zu 1) darstellten. Der von der Beklagten geschilderte Arbeitsaufwand des Beklagten zu 1) sei mit Nichtwissen zu bestreiten, es sei nicht ersichtlich, dass eine Äquivalenzstörung zwischen Arbeitsaufkommen und Gehalt vorgelegen habe. Unter Einbeziehung der gewährten Tantiemen seien insgesamt die Zahlungen an den Geschäftsführer unangemessen hoch. Aber selbst wenn man deren Wirksamkeit annehmen wollte, so wäre der Kläger im Rahmen eines Schadensersatzanspruches so zu stellen, als wären sie nicht abgeschlossen und durchgeführt worden. Die Nichteinholung der Zustimmung des Klägers für die Investitionen führe ebenfalls zur Haftung der Beklagten für die dem Kläger hieraus erwachsenden Nachteile. Diese lägen darin, dass der Kläger redlicherweise zwar die Zustimmung hätte erteilen müssen bzw. seine Zustimmung nach Treu und Glauben davon hätte abhängig machen müssen, dass bei der Berechnung seiner Abfindung die auf die Investitionen entfallenden Abschreibungen herauszurechnen seien. Die Zustimmung habe in jedem Fall von dieser Wahrung eigener Interessen abhängig gemacht werden können. Würde die Gesellschaft auch weiter steuerrechtlich vom Finanzamt nicht anerkannt werden, stelle dies ebenfalls eine Aushöhlung seiner Gesellschafterrechte dar und rechtfertige einen Schadensersatzanspruch. Der Beklagte zu 1) habe bei Vornahme dieser Rechtsgeschäfte vorsätzlich gehandelt, da ihm klar sein musste, dass die Änderung ohne Zustimmung des Klägers herbeigeführt werde. Die Beklagte zu 2) hafte wegen der Schlechterfüllung des Vertrages.
- 22
Die Ansprüche des Klägers seien nicht verjährt, da wegen der Investitionszulagen und der steuerlichen Nichtanerkennung erst nach Vorlage der entsprechenden Bescheide im Jahr 2012 Kenntnis erlangt worden sei. Wegen der Ansprüche aus den Erhöhungen des Geschäftsführergehalts sei die Verjährungsfrist von zehn Jahren ebenfalls noch nicht abgelaufen bzw. könne sich die Beklagte wegen der Grundsätze von Treu und Glauben darauf nicht berufen, weil sie jahrelang die Existenz der Gesellschaft geleugnet habe.
- 23
Der Kläger beantragt,
- 24
I. es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger auf Ersatz desjenigen Schadens haften, der dem Kläger aus den nachfolgend aufgeführten Rechtsgeschäften der Beklagten zu 2.: Änderungen des Geschäftsführeranstellungsvertrages zwischen den Beklagten und deren Ausführung und der Inanspruchnahme von Investitionszulagenmitteln und hieraus resultierender Abschreibungen nach Maßgabe nachstehender Bescheide des Finanzamtes W. durch die Beklagte zu 2. entstanden ist oder entsteht:
1.
- 25
a) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage K9, Erhöhung des Geschäftsführergehaltes von 9.500 DM auf 12.500 DM,
- 26
b) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage K10, Einmalzahlung von 5.000 DM,
- 27
c) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage KU, Erhöhung des Geschäftsführergehaltes auf 14.000 DM
- 28
d) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage K12, K13, Erhöhung des Geschäftsführergehaltes auf 15.200 DM,
- 29
e) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage K14, Erhöhung des Geschäftsführergehaltes auf 8.500 EUR (=16.624,55 DM),
- 30
f) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage K15, Sonderzahlung in Höhe von 5.000 EUR,
- 31
g) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage K16 Erhöhung des Geschäftsführergehaltes auf 10.500 EUR,
- 32
h) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage K17, Erhöhung des Geschäftsführergehaltes auf 12.750 EUR,
- 33
i) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage K18 Festsetzung des Geschäftsführergehaltes auf 5.000 EUR
- 34
j) Protokoll der Gesellschafterversammlung, Anlage K19 Erhöhung des Geschäftsführergehaltes auf 7.500 EUR,
2.
- 35
a) Investitionszulagenbescheid des FA W., Anlage K22 in Höhe von 110.719 EUR,
- 36
b) Investitionszulagenbescheid des FA W., Anlage K23 in Höhe von 630.345,25 EUR,
- 37
c) Investitionszulagenbescheid des FA W., Anlage K24, in Höhe von 202.685,63 EUR,
- 38
d) Investitionszulagenbescheid des FA W., Anlage K25 in Höhe von 27.471,50 EUR,
- 39
e) Investitionszulagenbescheid des FA W., Anlage K26 16.356,40 EUR.
- 40
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger auf Ersatz auch desjenigen Schadens haften, der dem Kläger aus steuerlicher Nichtanerkennung der stillen Gesellschaft gemäß Vertrag vom 23.06.1999 zwischen der Beklagten zu 2. und dem Kläger durch das zuständige Finanzamt entsteht, soweit hierdurch ein Abfindungsguthaben des Klägers im schiedsgutachterlichen Verfahren über die Ermittlung gemäß § 13 Ziff. 4 und 5 des Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft vom 23.06.1999 ganz entfallt oder in seiner Höhe verringert wird.
- 41
III. Es wird festgestellt, dass die Haftung des Beklagten zu 1. auf vorsätzlicher unerlaubter Handlung beruht und
- 42
hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Klage gegen die Beklagte zu 2) wegen der erhobenen Einrede des Schiedsgutachtens abweist, wie folgt:
- 43
IV. Es wird festgestellt, dass der Schiedsgutachter gemäß § 13 Ziff. 5 des Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft vom 23.06.1999, gekündigt zum 31.12.2011, das Abfindungsguthaben des Klägers gegen die Beklagte zu 2. mit folgenden Maßgaben zu ermitteln hat:
- 44
a) Dem Kläger steht für die Jahre 1999 bis einschließlich 2011, ausschließlich des Jahres 2002, eine tätigkeitsunabhängige Gewinnbeteiligung gemäß § 7 Ziff. 1 und 3 dieses Vertrages zu.
- 45
b) Die Negativbescheide des Finanzamtes W. über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2005 bis 2010 beeinträchtigen den Abfindungsanspruch des Klägers nicht.
- 46
c) Die von der Beklagten zu 2. ohne Einholung einer Zustimmung der in § 4 Ziff. 2 des vorgenannten Vertrages bezeichneten, von der Beklagten zu 2. vorgenommenen und vom Kläger nicht genehmigten Geschäfte gemäß Hauptantrag zu LI. (Gehaltserhöhungen) sind nicht zu berücksichtigen.
- 47
d) Die von der Beklagten zu 2. vorgenommenen Abschreibungen sind, sofern und soweit die zugrundeliegenden Investitionen mit Mitteln nach dem Investitionsfördergesetz gemäß dem Hauptantrag zu 1.2. (Investitionszulagenbescheide) finanziert wurden, nicht zu berücksichtigen.
- 48
Die Beklagte beantragt,
- 49
die Klage abzuweisen
- 50
und im Wege der Widerklage:
- 51
2. Der Kläger wird verurteilt, der Beklagten zu 2.) die Genehmigung der Beschlüsse zur Anpassung des Geschäftsführergehaltes des Beklagten zu 1.) (Anlage K 9), (Anlage K 10), (Anlage K 11), (Anlagen K 12 und K 13), (Anlage K 14), (Anlage K 16), (Anlage K 17), Anlage K 18) und (Anlage K 19) sowie die Sonderzahlung (Anlage K 15) zu erteilen.
- 52
3. Es wird festgestellt, dass die Geschäftsvorgänge
- 53
a)
b)
c)
d)
e)
f)
g)
h)
i)
j)
k)
l)
- 54
im Sinne des § 4 Ziffer 3 des Vertrages vom 23.06.1999 als genehmigt galten;
- 55
hilfsweise den Kläger zu verurteilen, gegenüber der Beklagten zu 2.) die vorgenannten Geschäftsvorgänge gemäß § 4 Ziffer 2 des stillen Beteiligungsvertrages vom 23.06.1999 vorbehaltlos zu genehmigen.
- 56
Die Beklagten meinen, es fehle ein Feststellungsinteresse des Klägers, der Kläger verfüge über alle notwendigen Informationen. Für einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach, der lediglich nicht bezifferbar sei, fehle es an den Voraussetzungen. Im Übrigen sei der Kläger auf dem Weg des Schiedsgutachtens gemäß § 13 Abs. 5 des Beteiligungsvertrages verwiesen. Es sei ihm verwehrt, einzelne Ansprüche im Wege einer Zivilklage gegenüber den Beklagten geltend zu machen und im Übrigen die Abfindungsansprüche bereits im laufenden Schiedsgutachterverfahren zu verfolgen. Die Schiedseinrede werde ausdrücklich erhoben. Der Kläger habe bereits im Vorverfahren 3 O 53/12 versucht, die Beklagte zu 2) zu verpflichten, die Abfindung ohne Berücksichtigung der vom Kläger nicht genehmigten Geschäfte zu errechnen soweit die Inanspruchnahme von Mitteln nach dem Investitionsförderungsgesetz erfolgte. Dazu habe das OLG im Urteil vom 28.02.2014 erklärt, dass ein diesbezüglicher Anspruch des Klägers nicht bestehe. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche im Sinne von Vorgaben für den Sachverständigen seien unzulässig. Dies versuche der Kläger nunmehr über den Umweg einer Schadensersatzforderung. Er könne einen solchen Anspruch jedoch nicht gesondert, sondern nur im Rahmen des Schiedsverfahrens geltend machen. Schadensersatzansprüche aus der behaupteten Verletzung des Gesellschaftsvertrages seien dem Grunde nach nicht gegeben, der Kläger habe nicht in die Auseinandersetzung über die Höhe des Abfindungsentgeltes diese einbringen können, er könne dieselben Tatsachen nunmehr nicht zur Grundlage von Schadensersatzansprüchen machen. Sie meinen, es liege mangels Erkennbarkeit des Bestehens solcher Rechte zum Zeitpunkt der Entscheidung keine schuldhafte Verletzung von Mitgliedsrechten des Klägers vor.
- 57
Mit der Widerklage begehren die Beklagten die Genehmigung der Beschlüsse, mit denen die Gehälter des Beklagten zu 1.) angepasst wurden und der Investitionen.
- 58
Sie meinen, der Kläger habe der Erhöhung der Gehälter zustimmen müssen, denn es habe sich jeweils um eine angemessene Anpassung gehandelt, die dem Arbeitsumfang des Beklagten zu 1) als Geschäftsführer eines mittelgroßen Unternehmens mit einer Beschäftigtenzahl von 59 Mitarbeitern im Jahre 2008 adäquat erfolgt sei. Die Sonderzahlung im Jahre 2002 sei infolge des überdurchschnittlichen Arbeitsaufkommens im Zusammenhang mit den Flutschäden angemessen und daher ebenfalls zustimmungspflichtig gewesen. Die Ansprüche seien auch im Verhältnis zu den durch den Beklagten zu 1) übernommenen Bürgschaften und dem damit für die Beklagte zu 2) übernommenen Risiko angemessen.
- 59
Der Kläger sei zur Genehmigung der Investitionen verpflichtet, denn diese Investitionen seien geeignet gewesen, die Beklagte in ihrem wirtschaftlichen Bestreben voranzubringen. Die über die Investitionen angeschafften Maschinen seien zum Wiederaufbau der Firma und Produktion nach der Schädigung durch die Flut notwendig gewesen und insgesamt geeignet gewesen, die Fertigung und damit die Produktivität der Firma zu erhöhen. Die Zustimmung zu diesen Investitionen sei nicht von der Berücksichtigung beim klägerischen Abfindungsanspruch abhängig, weil es sich bei Investitionen nicht um Einkommen im steuerrechtlichen Sinne handele.
- 60
Die Beklagten meinen, die Ansprüche seien verjährt, der Kläger habe bereits durch die Schreiben vom 13. September 2011 und 08.11.2011 Kenntnis von den Investitionen erlangt (Anlage B 5 und B 7). Darüber hinaus habe es ihm als Gesellschafter oblegen, sich rechtzeitig über die Entwicklung der Gesellschaft zu informieren.
- 61
Ein Schadensersatzanspruch wegen der Entscheidungen des Finanzamtes bestehe nicht.
- 62
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
- 63
Die Klage ist abzuweisen, die Feststellungsklage ist nicht zulässig.
- 64
Der Kläger hat kein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, § 256 Abs. 1 ZPO.
- 65
Zwischen den Parteien ist eine stille Gesellschaft begründet worden. Das ist durch die Entscheidung im Verfahren 4 O1243/06 rechtskräftig festgestellt worden.
- 66
Diese Gesellschaft ist mit Wirkung zum 31.12.2011 beendet.
- 67
Nach ihrer Beendigung steht dem Kläger ein Anspruch auf Abrechnung und ein Abfindungsguthaben zu, § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages.
- 68
Dieses Abfindungsguthaben ist noch zu ermitteln. Denn die Parteien streiten über die Höhe der Abfindung, nachdem die Beklagte zu 2.) vorgerichtlich mitgeteilt hat, dass sich für den Kläger ein Abfindungsguthaben von „0“ ergebe. Der für die Ermittlung des Sachverständigen des Abfindungsbetrages zu beauftragende Sachverständige steht noch nicht fest, darüber streiten die Parteien im noch anhängigen Verfahren 4 O 62/15.
- 69
Über die vom Kläger geltend gemachten und zur Vorbereitung der Ermittlung des Abfindungsguthabens dienenden Einsichtsrechte und Auskunftsansprüche ist im Verfahren 4 53/12 entschieden worden.
- 70
Der Kläger stützt seinen jetzigen Feststellungsanspruch darauf, dass mit der Gefahr eines Schadensersatzanspruches zu rechnen sei, wenn die von ihm - unstreitig - nicht genehmigten Gehaltserhöhungen für den Beklagten zu 1.) bzw. die von der Beklagten zu 2.) getätigten Investitionen die Änderung der für die Abfindung zugrunde zulegenden Jahresabschlüsse bedingten und sich dadurch auf das Abfindungsguthaben auswirkten.
- 71
Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage bei Vermögensschäden hängt davon ab, ob ein auf die Verletzungshandlung zurückzuführender Schadenseintritt wahrscheinlich ist. Ausreichend dafür ist, das nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsenden Schaden angenommen werden kann. Voraussetzung ist, dass ein Schaden tatsächlich droht. Bei Vermögensschäden hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ab (BGH, Urteil vom 24.01.2006, NJW 2006, 830). Dagegen besteht ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für einen künftigen Anspruch auf Ersatz eines Vermögensschadens regelmäßig dann nicht, wenn der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist (vergleiche BGH, Urteil vom 17.07.2014, MDR 2014, Seite 1341 m. w. N.).
- 72
So liegt es hier:
- 73
Der Anspruch auf Schadensersatz kann nicht nur nicht beziffert werden, sondern er ist dem Grunde nach fraglich und ungewiss.
- 74
Für den Anspruch des Klägers auf ein Abfindungsguthaben ist der Eintritt eines Schadens, der auf einer Verletzungshandlung der Beklagten beruht, noch völlig ungewiss. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens ist nicht erkennbar. Denn bislang steht lediglich fest, dass die Beklagte zu 2.) verpflichtet ist, einen Abfindungsbetrag zu ermitteln. Wie dieses berechnet wird, das ist durch die Satzung vorgegeben. Welcher Abfindungsbetrag sich daraus ergeben wird, ist völlig offen. Es ist derzeit nicht einzuschätzen, ob sich ein auszuzahlender Abfindungsbetrag errechnet oder ein negativer Betrag ergeben könnte. Denn die Berechnung der Abfindung hat noch nicht einmal begonnen. Es steht nicht fest, durch wen das Abfindungsguthaben zu ermitteln ist. Denn über die Person des Sachverständigen besteht zwischen den Parteien Streit. Somit ist aber auch völlig offen, aus welchen Grundlagen die Ermittlung des Abfindungsguthabens erfolgen wird und wie sich das auf den zu berechnenden Abfindungsbetrag auswirken wird. Dabei ist auch völlig offen, inwieweit sich die im Verfahren streitgegenständlichen Beschlüsse bzw. Investitionen überhaupt auf die Ermittlung des Abfindungsbetrages auswirken werden. Soweit sich aus einem Schreiben des von der Beklagten vorgeschlagenen Sachverständigen ergibt, dass möglicherweise bestimmte, dem Kläger wesentlich erscheinende Berechnungsfaktoren nicht oder anders, als es der Kläger sich vorstellt, in die Ermittlung Eingang finden könnten, so reicht dies als Anknüpfung dafür nicht aus, dass nach der Abfindungsberechnung beim Kläger genau aus diesen Geschäften ein Schaden eintreten könnte. Der Kläger kann dem Sachverständigen keine Vorgaben für die Abfindungsbeträge machen. Das ist so bereits durch das Urteil des Oberlandesgerichts vom 28.02.2014 (3 O 53/12)festgestellt worden. Den nach der Satzung selbstständig einklagbaren Anspruch auf Erteilung einer Auseinandersetzungsrechnung hat der Kläger im dortigen Verfahren mit dem Antrag auf Abrechnung der Abfindung und Herausgabe der Abrechnung geltend gemacht. Die Beklagte ist verurteilt worden, eine solche geordnete Zusammenstellung zu erteilen. Zugleich hat das Oberlandesgericht in dieser Entscheidung aber auch bereits festgestellt, dass der Kläger nicht berechtigt ist, von der Beklagten die Erteilung der Auseinandersetzungsrechnung unter bestimmten Vorgaben oder Maßgaben zu verlangen. Dies ergebe sich für den Abrechnungsanspruch weder aus dem Gesellschaftsvertrag noch aus dem Gesetz. Der Kläger könne auch nicht durch jeweils einzelne Feststellungsanträge eine Erteilung der Abfindungsrechnung nach bestimmten Vorgaben begehren. Der Kläger könne nicht geltend machen, festzustellen, dass bestimmte Rechnungsposten zu seinen Gunsten bei der Erstellung der Abrechnung zu berücksichtigen wären. Das käme einem Streit über die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens gleich, der jedoch der Schiedsklausel unterfiele und voraussetze, dass ein Abfindungsguthaben zunächst ermittelt wird.
- 75
Nichts anderes kann für die jetzt geltend gemachte Feststellung gelten. Denn damit wird lediglich über den „Umweg“ einer möglichen Schadensersatzpflicht angestrebt, bestimmte Vorgaben bzw. die Berücksichtigung einzelner Positionen als Grundlage für die Ermittlung durch den Sachverständigen vorzugeben. Das ist nicht zulässig und auch nicht geeignet, eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt und ein daraus resultierendes besonderes rechtliches Interesse an der Feststellung zu rechtfertigen.
- 76
Ein solches Feststellungsinteresse liegt auch für den Antrag zu II. nicht vor.
- 77
Denn das Finanzamt W. geht - mit der Rechtsauffassung der Beklagten zwar davon aus, dass die stille Gesellschaft steuerlich nicht anzuerkennen ist. Gegen die diesbezüglichen Bescheide hat der Kläger Widerspruch erhoben. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
- 78
Gleichwohl rechtfertigt sich daraus kein besonderes rechtliches Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung. Denn für diesen Fall sieht der Gesellschaftsvertrag eine eigene Regelung vor. Gemäß § 13 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages ist vereinbart worden, dass dann, wenn auf Grund einer steuerlichen Gewinnfeststellung andere Ansätze verbindliche sind, als sie für die Ermittlung des Abfindungsguthabens herangezogen wurden, sich das Abfindungsguthaben entsprechend ändert. Damit haben die Parteien bereits im Gesellschaftsvertrag eine Grundlage dafür geschaffen, ein mögliches Abfindungsguthaben entsprechend anzupassen. Dass aus der künftigen Entscheidung des Finanzamtes dadurch ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist kann nicht erkannt werden. Ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht daher nicht.
- 79
Die auf Feststellung gerichtete Klage ist nicht zulässig und deshalb abzuweisen.
- 80
Eine Auseinandersetzung mit der Einrede des Schiedsgutachtens und der Einrede der Verjährung kann dahingestellt bleiben.
- 81
Über die Hilfsanträge ist ebenfalls nicht zu entscheiden, denn die Bedingung ist nicht eingetreten.
II.
- 83
Sie ist begründet.
a)
- 84
Der Kläger hat die o. g. Beschlüsse der Beklagten zu 2.), mit der das Gehalt des Beklagten zu 1.) als Geschäftsführer angepasst wurde bzw. ihm Sonderzahlungen gewährt wurden, zu genehmigen.
- 85
Gemäß § 4 Abs. 2 lit. k des Gesellschaftsvertrages bedarf es für die Änderung von Geschäftsführerverträgen der Zustimmung des stillen Gesellschafters.
- 86
Es ist unstreitig, dass für diese Beschlüsse die Zustimmung des Klägers nicht eingeholt wurde.
- 87
Der Kläger ist jedoch zur Zustimmung verpflichtet. Das folgt aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Denn die einem als Geschäftsführer tätigen Gesellschafter gezahlte Vergütung muss angemessen sein und darf in keinem Missverhältnis zur vergüteten Leistung sowie zu dem Entgelt stehen, welches ein Fremdgeschäftsführer für die gleiche Tätigkeit erhalten hätte. Dabei richtet sich die Höhe des Vergütungsanspruches nach verschiedenen Parametern, zu denen sowohl der zeitliche Umfang des Geschäftsführers für die von ihm aufzuwendende Tätigkeit, die Anzahl möglicher weiterer Geschäftsführer und der Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sowie die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter und die persönliche Haftung des Geschäftsführers gehören. Die Beklagten haben nachvollziehbar und schlüssig zum Umfang der Tätigkeit des Beklagten zu 1.) sowie zur Entwicklung der Beklagten zu 2.) vorgetragen. Der Kläger ist diesem Vorbringen nicht mit erheblichen Einwendungen entgegengetreten. Er kann sich hier auch nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen berufen, denn als Gesellschafter standen ihm während der Zeit des Gesellschaftsverhältnisses eigene Kontroll- und Informationspflichten zu, die er hätte wahrnehmen können.
- 88
Aus dem dargelegten Tätigkeitsumfang, in Verbindung mit der dargestellten Größe des Unternehmens, zu dem 59 Mitarbeiter gehörten und das am Markt wirtschaftlich tätig war, sowie aus der besonderen Situationen, die sich aus der Belastung des Unternehmens im Zusammenhang mit dem Hochwasser 2002 ergeben hat, stellen sich insgesamt die dem Beklagten zu 1.) gewährten Gehälter - auch unter Berücksichtigung der vom Klägern noch mit angeführten Tantiemen - als nicht unangemessen hoch dar. Dabei ist in der Abwägung auch die vom Beklagten zu 1.) übernommene Bürgschaft für die Beklagte zu 2.) mit einzubeziehen, ebenso, dass der Beklagte zu 1.) alleiniger Geschäftsführer gewesen ist. Insgesamt ist nicht zu erkennen, dass es sich um solche Gehälter handelte, die nicht auch einem Fremdgeschäftsführer zu zahlen gewesen wären.
- 89
Es liegen keine Anknüpfungstatsachen dafür vor, dass die Gehälter in dieser Höhe völlig unberechtigt oder unangemessen wären. Es handelte sich um adäquate Gegenleistungen für die Leistungen des Beklagten zu 1.) als Geschäftsführer.
- 90
Der Kläger hat diese Beschlüsse zu genehmigen. Denn wenn sich der Wert der Leistung ganz oder teilweise mit dem Wert der Gegenleistung deckt, ist der Gesellschafter zur Genehmigung auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet ( BGH, Urteil vom 11.02.20166, BGHZ 111, 224).
b)
- 91
Nach § 4 Abs. 2 lit. f des Gesellschaftsvertrages bedürfen Investitionen, deren finanzielle Auswirkungen einen Betrag von DM 100.000 im Einzelfall übersteigen der Zustimmung des Klägers als stillen Gesellschafter.
- 92
Unstreitig ist, dass die von der Beklagten angeführten Investitionen nicht mit Zustimmung des Klägers beantragt und durchgeführt worden sind
- 93
Der Kläger ist zur Zustimmung verpflichtet. Diese Zustimmung muss vorbehaltlos erfolgen.
- 94
Der Kläger ist nach seinen gesellschaftsrechtlichen Treueverpflichtungen gehalten, denjenigen Rechtsgeschäften zuzustimmen, die die Beklagte in ihrem wirtschaftlichen Bestreben voranzubringen vermögen und die hinreichende Aussicht auf ein positives Saldo zwischen Investitionen und Ertrag antizipieren lassen.
- 95
Bei den o. g. Erwerbsvorgängen handelte es sich um solche Geschäfte.
- 96
Das räumt der Kläger ein, denn er hat vorgetragen, dass er zur Zustimmung wohl verpflichtet gewesen wäre, weil die Investitionen wirtschaftlich sinnvoll gewesen seien.
- 97
Der Auffassung des Klägers, die Zustimmung sei nur dann zu erteilen, soweit die Beklagte zu 2.) einem Ausgleich des hierdurch dem Kläger entstehenden wirtschaftlichen Nachteils zugestimmt hätte, kann nicht gefolgt werden. Denn Maßstab für die Entscheidung über die Investitionen sind der Gesellschaftszweck, das Interesse der Gesellschaft, ihr Bestehen und ihre Fortentwicklung am Markt. Die Maßnahmen waren geeignet, wesentliche Werte der Gesellschaft zu erhalten. Es ist nicht ersichtlich, dass dadurch die eigenen schutzwürdigen Interessen des Klägers unzumutbar beeinträchtigt wurden. Mögliche Aspekte und Kriterien, die sich im ungünstigsten Fall auf die Rechte der Gesellschafter auswirken stehen dabei nicht im Vordergrund.
- 98
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Interessen und den Vorbehalt für seine Zustimmung nicht direkt an die Entscheidung zu den Investitionen knüpft, sondern an die dafür in Anspruch genommenen Mittel aus Investitionszulagen. Dafür aber bedurfte die Beklagte zu 2.) gem. § 4 Abs. 2 lit. f keiner Zustimmung des Klägers.
- 99
Der Kläger hat die Geschäfte zu genehmigen.
- 100
Die Genehmigung gilt auch nach den Schriftsätzen der Beklagten vom 13.09.2011 und 08.11.2011 nicht als erteilt. Denn die Genehmigungsfiktion des § 4 Abs. 3 des Gesellschafsvertrages greift nur dann ein, wenn durch den Hauptgesellschafter eine Maßnahme nach § 4 Abs. 2 beabsichtigt ist und auf eine entsprechende Information der stille Gesellschafter nicht reagiert. Diese Situation liegt nicht vor, denn zum Zeitpunkt dieser Schreiben waren die Maßnahmen nicht erst beabsichtigt, sondern bereits erfolgt.
- 101
Auf den Hilfsantrag ist der Kläger deshalb zur Genehmigung zu verteilen.
III.
- 102
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen, § 91 ZPO. Er ist insgesamt die im Verfahren unterliegende Partei.
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 19.000,00 € trägt der Kläger.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verlangt mit der vorliegenden Klage aus eigenem und abgetretenem Recht seiner geschiedenen Ehefrau die Rückzahlung einer unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 16.191,95 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
3Am 21.05.2010 schlossen der Kläger und seine damalige Ehefrau M L mit der Beklagten einen Vertrag über ein „Darlehen mit anfänglichem Festzins mit dinglicher Sicherheit für private Zwecke und für Existenzgründung“ mit der Kto.-Nr. ######### im Nennbetrag von 100.500,00 € (Bl. 118-124 d.A.).
4Der Vertrag enthielt in separater Anlage die nachfolgende Widerrufsbelehrung (Bl. 122 d.A.):
5Hier folgt eine Widerrufsbelehrung
6Verbraucher
7…
8Widerrufsbelehrung zum o.a. Darlehenskonto
9…
10Widerrufsfolgen
11…
12Finanzierte Geschäfte
13…
14Ort, Datum - Unterschrift des Verbrauchers
15Mit Schreiben an die Beklagte vom 08.10.2014 (Anlage 3 = Bl. 20 d.A.) widerriefen der Kläger und seine damalige Ehefrau den Darlehensvertrag aufgrund vermeintlich fehlerhafter Widerrufsbelehrung. Die Beklagte reagierte hierauf zunächst nicht. Mit Schreiben vom 20.10.2014 (Anlage 4 = Bl. 21 d.A.) teilten der Kläger und seine damalige Ehefrau der Beklagten mit, dass die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgen werde.
16Mit Vertrag vom 30.03.2015 trat Frau M L sämtliche Ansprüche hinsichtlich der Geltendmachung der Vorfälligkeitsentschädigung gegenüber der Beklagten an den Kläger ab, der die Abtretung annahm (Anlage 1 = Bl. 9 d.A.).
17Der Kläger ist der Ansicht, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspräche, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei.
18Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
19- 20
1. an den Kläger 16.191,95 € nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.10.2014 zu zahlen,
- 22
2. vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie ist der Ansicht, dass der erklärte Widerruf verfristet sei. Ferner hält die Beklagte das Widerrufsrecht für verwirkt und wendet überdies eine unzulässige Rechtsausübung bzw. Rechtsmissbrauch ein.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28I.
29Die zulässige Klage ist unbegründet.
301.
31Dem Kläger steht weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung zu.
32Der streitgegenständliche Darlehensvertrag vom 21.05.2010 hat sich nicht infolge des mit Schreiben des Klägers und seiner damaligen Ehefrau vom 08.10.2014 erklärten Widerrufs in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt.
33Zwar stand den Eheleuten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der §§ 495, 355 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 S. 1 u. S. 3 BGB a.F. zu. Der Widerruf aus dem Jahr 2014 entfaltet allerdings keine Wirkung, da die Frist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. im Zeitpunkt der Widerrufserklärung längst abgelaufen war.
34Die von der Beklagten in dem Darlehensvertrag verwendete Widerrufsbelehrung genügt in ihrer optischen und inhaltlichen Gestaltung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010, so dass es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht darauf ankam, ob das von der Beklagten verwendete Formular dem damaligen Muster (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 u. Abs. 3 BGB-InfoV i.d.F. vom 04.08.2009 bis 10.06.2010) sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entsprach (vgl. statt vieler: BGH, Beschl. v. 10.02.2015 – II ZR 163/14 – BeckRS 2015, 07952, Rn. 8 m.w.N.).
35Die vom Kläger eingewandten Bedenken inhaltlicher Art – optische Gestaltungsverstöße werden nicht gerügt – lassen die Belehrung nicht falsch erscheinen. Im Einzelnen:
36a.
37Insbesondere ist die Widerrufsbelehrung nicht deswegen fehlerhaft, weil die Fußnote „1“ zur Überschrift „Widerrufsbelehrung“ den Zusatz „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ enthält. Zwar geht aus der Gestaltung und dem Text der Widerrufsbelehrung nicht eindeutig hervor, dass sich die Fußnote „1“ ausschließlich an den Sachbearbeiter des Kreditinstituts wendet. Das wäre nur dann der Fall, wenn im Text der Belehrungen – wie häufig bei von Behörden und Versicherungsgesellschaften verwendeten Antragsformularen – zusätzlich vermerkt wäre, dass der jeweilige Abschnitt nur für die interne Bearbeitung bestimmt ist. Nur dann wird dem durchschnittlichen Verbraucher hinreichend klar, dass sich die in dem Abschnitt enthaltenen Angaben nicht an ihn richten. Im Streitfall wird der durchschnittliche Verbraucher den Fußnotentext indes als Bestandteil der Widerrufserklärung auffassen und so verstehen, dass die ihm erteilte Widerrufsbelehrung nicht für Fernabsatzgeschäfte gilt. Der durchschnittliche Verbraucher wird durch die Angabe „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ jedenfalls nicht verwirrt oder unrichtig über seine Rechte belehrt; der gegenteiligen Rechtsauffassung des Landgerichts Essen in dem Urteil vom 23.07.2015 (Az.: 6 O 181/15; BeckRS 2015, 16348) vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Verbraucher – wie im Streitfall – von dem Unternehmer eine auf einem gesonderten Blatt verfasste und zur Unterschrift vorgesehene Widerrufsbelehrung erteilt wird, die mit dem Namen des Verbrauchers und der Darlehensnummer versehen ist und sich ausdrücklich auf den von ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag bezieht. Der durchschnittliche Verbraucher muss nämlich annehmen, dass diese Belehrung für ihn bestimmt ist und sich auf den von ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag bezieht, weil es ansonsten keinen Sinn ergeben würde, ihm eine mit konkrete Angaben zum Vertrag versehene und an ihn adressierte Belehrung auszuhändigen und zur Unterschrift vorzulegen. Er kann die Erklärung daher nur so verstehen, dass ihm zu dem abgeschlossenen Darlehensvertrag ein Widerrufsrecht zusteht und dass sich die Erläuterungen zu den Voraussetzungen und den Folgen des Widerrufs in der ihm erteilten Belehrung auf diesen Darlehensvertrag beziehen. Unter den gegebenen Umständen wird der Verbraucher nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, dass es sich bei dem von ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag um ein Fernabsatzgeschäft handeln und die ihm zur Unterschrift vorgelegte Widerrufsbelehrung aus diesem Grund nicht einschlägig sein könnte. Abgesehen davon, dass weithin bekannt und dem durchschnittlichen Verbraucher daher geläufig sein dürfte, dass es sich bei Fernabsatzgeschäften um Verträge handelt, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln – und somit nicht in Geschäftsräumen – abgeschlossen werden, konnte der Kläger gerade wegen der ihn betreffenden konkreten Angaben in der Widerrufsbelehrung keine Zweifel daran haben, dass ihm ein Widerrufsrecht zusteht und die ihm gegebene Belehrung sich auf den von ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag bezieht (so auch zum selben Fußnotentext: Urt. dieser Kammer v. 27.11.2015 – 3 O 68/15 – BeckRS 2015, 20956; OLG München, Vfg. v. 30.04.2015 – 19 U 4833/14 – zit. nach juris, Rn. 25 f.; Beschl. v. 20.04.2015 – 17 U 709/15 – zit. nach juris, Rn. 4; Beschl. v. 21.05.2015 – 17 U 709/15 – zit. nach juris, Rn. 6; LG Heidelberg, Urt. v. 21.04.2015 – 2 O 284/14 – BKR 2015, 417, 419 f.; Urt. v. 13.01.2015 – 2 O 230/14 – NJW 2015, 1462, 1463, Rn. 23).
38b.
39Es kann dahinstehen, ob die die Wörter „Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom …“ enthaltende Fußnote „2“ aus der Überschrift „Widerrufsbelehrung zu“ wegen der eindeutigen optischen Trennung Teil des Textes der Belehrung ist und den Text inhaltlich überhaupt betreffen könn (ablehnend: OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 10.08.2015 – 13 U 81/14 – BeckRS 2015, 16580, Rn. 10). Denn jedenfalls richtet sich die Fußnote „2“ erkennbar an Mitarbeiter der Beklagten mit der Aufforderung, die Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts in den Vordruck einzutragen (vgl. Urt. dieser Kammer v. 27.11.2015, a.a.O.; LG Köln, Urteile jeweils v. 24.09.2015: 15 O 27/15, BeckRS 2015, 17158; 15 O 58/15, BeckRS 2015, 17156; 15 O 99/15, BeckRS 2015, 17157; 15 O 149/15, BeckRS 2015, 17152; 15 O 100/15, BeckRS 2015, 17150; 15 O 130/15, BeckRS 2015, 17151; 15 O 184/15, BeckRS 2015, 17153).
40c.
41Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung ist auch nicht deswegen fehlerhaft, weil sie unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ eine „Sammelbelehrung“ für verschiedene Arten von finanzierten Geschäften enthält und entgegen den Gestaltungshinweisen der Musterwiderrufsbelehrung der allgemein formulierte Satz 2 des Musters nicht durch die für den finanzierten Erwerb eines Grundstücks bestimmten Hinweise ersetzt, sondern ergänzt wurde. Auch insoweit wurde der Kläger weder verwirrt noch fehlerhaft über ihre wesentlichen Rechte und Pflichten belehrt; der auch insoweit gegenteiligen Rechtsauffassung des Landgerichts Essen in dem Urteil vom 23.07.2015 (a.a.O.) vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Es darf nämlich vorausgesetzt werden, dass der durchschnittliche Verbraucher weiß und danach unterscheiden kann, ob er ein Grundstück oder eine bewegliche Sache finanziert hat. Der Kläger konnte daher dem Text der Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich entnehmen, dass der jeweils letzte Abschnitt der Belehrung für ihn keine Relevanz hat und unter welchen Voraussetzungen beim finanzierten Erwerb eines Grundstücks eine wirtschaftliche Einheit mit den sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen anzunehmen ist. Außerdem konnte er erkennen, dass die Belehrung insoweit nur die Frage betrifft, ob der Widerruf des Darlehensvertrages auch Konsequenzen für den finanzierten Vertrag hat. Dass der allgemein formulierte Satz 2 entgegen den Gestaltungshinweisen der Musterwiderrufsbelehrung nicht durch die Hinweise für den Erwerb eines finanzierten Grundstücks ersetzt, sondern ergänzt wurde, ist für das Verständnis der Widerrufsbelehrung unschädlich, weil der durchschnittliche Verbraucher durch die sprachliche Gestaltung („Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes (…) ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, (…)“) hinreichend klar darüber ins Bild gesetzt wird, welche besonderen Voraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks im Unterschied zu anderen finanzierten Geschäften vorliegen müssen. Durch die – sprachlich verständliche und inhaltlich zutreffende Belehrung – über die Rechtsfolgen bei verbundenen Geschäften wurde das Verständnis der Kläger vom Bestehen und den Voraussetzungen ihres Widerrufsrechts auch nicht unzumutbar erschwert. Es ist daher unschädlich, dass im Streitfall gar kein verbundenes Geschäft vorlag (so auch zur gleichlautenden „Sammelbelehrung“ unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“: Urt. dieser Kammer v. 27.11.2015, a.a.O.; OLG München, Vfg. v. 30.04.2015, a.a.O., Rn. 14; Beschl. v. 20.04.2015, a.a.O., Rn. 3; Beschl. v. 21.05.2015, a.a.O., Rn. 5; LG Heidelberg, Urt. v. 21.04.2015, a.a.O., S. 420; Urt. v. 13.01.2015, a.a.O., S. 1463 f., Rn. 25; LG Bonn, Urt. v. 29.04.2015 – 2 O 294/14 – BeckRS 2015, 12642).
42d.
43Soweit der Kläger meint, dass die Übernahme des Gestaltungshinweises 4 aus der Musterwiderrufsbelehrung (kursiver Klammerzusatz) in die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung den Verbraucher verwirre, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Der Text des Gestaltungshinweises 4 wurde in die Widerrufsbelehrung aufgenommen. Er stellt daher keine inhaltliche Abweichung dar. Bei der Übernahme des Textes aus dem Gestaltungshinweis handelt es sich um keine inhaltliche Änderung der Widerrufsbelehrung. Der Text entspricht vielmehr dem Verordnungstext im Gestaltungshinweis 4. Das Muster sieht auch nicht vor, dass diese Angaben im Belehrungsmuster nicht enthalten sein dürfen. Zu berücksichtigen ist lediglich, dass durch diese Angabe keine Verwirrung des Verbrauchers entstehen oder die Deutlichkeit beeinträchtigt werden darf. Dies ist nicht der Fall. Bei der Aufnahme des Gestaltungshinweises 4 handelt es sich ersichtlich um einen verdeutlichenden Hinweis. Dieser Hinweis ist in einer Art und Weise gestaltet, die sich vom sonstigen Inhalt der Belehrung deutlich abgrenzt. Den Gestaltungshinweis 4 hat die Beklagte nicht nur in Klammern gesetzt, sondern anders als den übrigen Text innerhalb des Rahmens kursiv gedruckt. Damit ist auch für einen unbefangenen rechtsunkundigen Leser, auf den abzustellen ist, ohne weiteres erkennbar gewesen, dass dieser Teil des Textes sich nicht an ihn unmittelbar richtet (vgl. OLG Bamberg, Hinweisbeschl. v. 01.06.2015 – 6 U 13/15 – BeckRS 2015, 18024, Rn. 45 mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen).
44e.
45Da der vom Kläger im Jahre 2014 erklärte Widerruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt ist, kam es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auf Fragen der Verwirkung und/oder des Rechtsmissbrauchs nicht an.
462.
47Der Klageantrag zu Ziff. 2. auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist damit, da er dem Schicksal des Hauptantrages zu Ziff. 1. folgt, ebenfalls unbegründet.
48II.
49Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf bis zu 19.000,00 € festgesetzt.
50III.
51Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
Gründe
Die Kläger machen gegen die beklagte... Rückgewähransprüche nach erklärtem Darlehenswiderruf geltend.
Begründung
a) Als neuer Belehrungsfehler wird klägerseits nunmehr gerügt, dass der Fristbeginn unklar sei. Das ist zwar offensichtlich verspätet gem. §§ 530 f. ZPO, aber gleichwohl im Berufungsverfahren noch zuzulassen, da der Inhalt der Belehrung als solcher unstreitig ist und die Zulassung den Rechtsstreit auch nicht verzögert (vgl. GrSzs, Beschluss vom 23.06.2008, Gz. GSZ 1/08
(1) Eine vorsorgliche, inhaltlich zutreffende Belehrung über Voraussetzungen und Folgen eines verbundenen Geschäfts stellt entgegen der Auffassung des Landgerichts keinen unzulässigen Zusatz in diesem Sinne dar, auch wenn im konkreten Falle unstreitig kein verbundenes Geschäft vorliegt:
Gründe
Oberlandesgericht München
Az.: 17 U 709/15
23 O 2511/14 LG Landshut
In dem Rechtsstreit
...
- Kläger und Berufungskläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
gegen
...
- Beklagte und Berufungsbeklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
wegen Forderung
erlässt das Oberlandesgericht München - 17. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
am 20.04.2015
folgenden
Beschluss
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe:
1. Zu Unrecht meint der Kläger, am offensichtlichsten sei die Fehlerhaftigkeit der Belehrung im Hinblick auf die überflüssige Belehrung über finanzierte Geschäfte. In den Gestaltungshinweisen zur vorliegend maßgeblichen Musterbelehrung (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der Fassung vom 29.07.2009) heißt es in Ziffer 10, dass die nachfolgenden Hinweise für finanzierte Geschäfte entfallen können, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, es sei unschädlich, dass in der Widerrufsbelehrung der Hinweis auf die Widerrufsfolgen bei der Überlassung von Sachen fehle, weil dieser Zusatz nach den mit dem Muster veröffentlichten Gestaltungshinweisen bei Leistungen, die wie hier nicht in der Überlassung von Sachen bestünden, entfallen könne (BGH Urteil vom 18.03.2014 - II ZR 109/13, NJW 2014, 2022 unter II 3 d; Hervorhebung durch den Senat). Demgemäß wäre es auch hier unschädlich gewesen, wenn die Widerrufsbelehrung den Abschnitt über finanzierte Geschäfte nicht enthalten hätte. Dessen Vorhandensein war jedoch nicht schädlich. Hinzu kommt, dass sich dem unbefangenen durchschnittlichen Kunden bereits aus dem ersten Satz dieses Abschnitts erschließt, dass im hier nicht vorliegenden Fall von finanzierten Geschäften mit dem Widerruf des Darlehensvertrags weitere für den Kunden positive Rechtsfolgen verbunden sind.
2. Die Widerrufsbelehrung ist auch nicht im Hinblick auf die Fußnote „nicht für Fernabsatzgeschäfte“ unwirksam. In der streitgegenständlichen Widerrufserklärung wird der Kunde namentlich mit voller Adresse benannt. Danach folgt die Überschrift „Widerrufsbelehrung zu“ mit darauffolgend eingesetzter Darlehensnummer und mit dem Darlehensbetrag. Dem unbefangenen durchschnittlichen Kunden wird durch diese Konkretisierung unmissverständlich klargemacht, dass ihm zu dem genau bezeichneten Rechtsgeschäft eine Widerrufsbelehrung erteilt wird. Sofern er die streitgegenständliche Fußnote überhaupt wahrnimmt, wird er daraus schließen, dass für Fernabsatzgeschäfte offensichtlich ein anderes Belehrungsformular vorgesehen ist. In Zusammenschau mit der zweiten Fußnote erkennt der unbefangene durchschnittliche Kunde unschwer, dass es sich um Verwendungs- und Ausfüllhinweise für das Bankpersonal handelt.
5, Bl. 89, 90 und 92 d. A.) nichts hinzuzufügen.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Rechtsanwaltskosten seiner Verfahrensbevollmächtigten in Höhe von 1.310,21 € freizustellen.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich des früheren Klageantrags erledigt ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/10 und die Beklagte 9/10.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf bis zu 7.000,00 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung für Eigentümer und Mieter von Wohnungen und Grundstücken gemäß § 29 ARB-HG 2008. Gemäß Versicherungsschein vom 24.07.2008, den die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die I Rechtsschutzversicherungs-AG ausstellte, ist versichertes Risiko die Art der Nutzung „Eigentümer eines selbst genutzten EFH", G-Straße in H. Es ist eine Selbstbeteiligung in Höhe von 100,00 € vereinbart.
3Der Kläger und seine Ehefrau hatten dort ein verklinkertes Haus im Jahre 2002 erworben. Das Grundstück Parzelle ## war von der Firma B GmbH an den Kläger und seine Ehefrau mit Pachtvertrag vom 19.09./23.10.#### verpachtet worden. Der Kläger wollte das Haus verkaufen und hierzu ein Verkaufsschild auf Parzelle ## aufstellen. Die Verpächterin untersagte ihm ein Verkaufsschild aufzustellen. Daraufhin forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Verpächterin auf, zu bestätigen, dass der Kläger selbst berechtigt sei, sein Mobilheim zu veräußern und ein Verkaufsschild aufzustellen. Dies lehnte die Verpächterin ab. Mit Schreiben vom 20.08.2014 lehnte die Beklagte Deckungsschutz für den zunächst vom Kläger beabsichtigten Rechtsstreit ab, da Ursache der Streitigkeit vor Versicherungsbeginn liege; die Ursache des Streitfalls sei der Abschluss des Pachtvertrages mit bestimmten Regelungen. In der Folgezeit hat der Kläger die Immobilie veräußert. Er und seine Ehefrau sind aus dem Pachtvertrag entlassen worden, nachdem er sich den von den Käufern zu zahlenden Sonderpachtbeitrag in Höhe von 3.400,00 € auf den Kaufpreis hat anrechnen lassen. Der Kläger hat zunächst den Antrag angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger außergerichtlich und für die erste Instanz bedingungsgemäß Rechtsschutz für eine Auseinandersetzung mit der B GmbH im Zusammenhang mit dem Pachtvertrag vom 19.09.2002 mit folgenden Streitgegenständen zu gewähren
4- 5
1. festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, den Pachtvertrag ordentlich zu kündigen;
- 6
2. festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, auf der Parzelle ## bzgl. des dort stehenden Hauses ein Verkehrsschild aufzustellen;
- 7
3. festzustellen, dass § 11 des Pachtvertrages unwirksam ist, wonach der Kläger sein Haus nicht selbst sondern nur über die Agentur des Verpächters veräußern darf und
- 8
4. festzustellen, dass § 14 des Pachtvertrages unwirksam ist, hilfsweise festzustellen, dass der Kläger die Parzelle unterverpachten kann, ohne dass dies von einer besonderen Nutzungsgebühr abhängig gemacht werden kann.
Nunmehr hat er den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt und beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, den Kläger und seine Ehefrau von Rechtsanwaltskosten seiner Verfahrensbevollmächtigten in Höhe von 2.050,19 € freizustellen.
11Die Beklagte widerspricht der Erledigung und beantragt,
12die Klage insgesamt abzuweisen.
13Sie meint, es sei nur die Interessenwahrnehmung zugunsten des Klägers als Eigentümer des Mobilheimes versichert, nicht aber seine Interessen betreffend den Grundstückspachtvertrag für Parzelle ##, G-Straße. Außerdem bestehe kein Rechtsschutz, da nach Vortrag des Klägers mehrere vorvertragliche Willenserklärungen vorlegen, die den Rechtsschutzfall nach § 4 Abs. 1 c ARB-HG 2008 ausgelöst hätten. Der Rechtsschutzfall sei bereits durch den Pachtvertrag aus dem Jahre 2002 ausgelöst worden.
14Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
16- 17
1. Die ursprüngliche Klage hat sich mit dem Hausverkauf des Klägers und dem Eintritt des Käufers in den zuvor mit dem Kläger und seiner Ehefrau bestehenden Pachtvertrag erledigt. Denn das zuvor bestehende Interesse an einer Feststellung der Rechte des Klägers gegenüber dem Verpächter ist durch die Abwicklung des Vertragsverhältnisses erloschen. Eine Feststellungsklage wäre nunmehr nicht mehr zulässig (§ 256 ZPO).
- 2. Der Deckungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte war für die Feststellungsklage zunächst aus dem Versicherungsvertrag gegeben. Der Rechtsschutzfall nach §§ 1, 2 c ARB-HG 2008 war eingetreten. Denn der Kläger war in seiner Eigenschaft als Eigentümer eines Einfamilienhauses durch die Regelungen des Pachtvertrages betreffend die Parzelle ## des Freizeitparkes XX-See betroffen, da er ohne Grundstückspachtvertrag das auf diesem Grundstück errichtete Haus nicht hätte in Besitz nehmen können. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob es dem Kläger möglich gewesen wäre sein Eigenheim auf einen anderen Platz fortzubewegen. Denn laut Versicherungsschein ist gerade die Wohneinheit G-Straße in H versichert.
- Hinsichtlich des Eintritts des Rechtsschutzfalles ist nach den einzelnen Feststellungsanträgen zu unterscheiden. Soweit sich der Kläger gegen die Versagung des Kündigungsrechts (Klageantrag zu 1.) durch den Verpächter mit Schreiben vom 26.08.2014 wehren wollte, ist der Rechtsschutzfall nicht bereits mit Abschluss des Pachtvertrages, sondern erst mit der Weigerung des Verpächters, die Kündigung zu akzeptieren, eingetreten19
. Nach dem hier maßgeblichen Tatsachenvortrag des Versicherungsnehmers muss das schädigende Verhalten ihm gegenüber begangen worden sein. Von einem Verstoß kann aber erst dann die Rede sein, wenn dieser tatsächlich nach Behauptung des Versicherungsnehmers begangen worden ist. Allein die Regelung im Pachtvertrag, dass dieser bis zum 31.05.2027 abgeschlossen sein sollte, schließt ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund nicht aus. Gleiches gilt für den Anspruch, ein Verkaufsschild am Haus aufstellen zu dürfen. Insoweit wurde das Aufstellen eines Verkaufsschildes ausdrücklich erst mit Schreiben vom 26.08.2014 untersagt.
- Die Feststellungsanträge zu 3. und 4. beziehen sich auf den Pachtvertrag vom 09./23.10.2002. Soweit der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der dortigen Regelungen in § 11 und § 14 begehrt, ist ebenfalls festzustellen, dass der behauptete Verstoß nicht bereits in unversicherter Zeit angelegt war. Maßgeblich ist insoweit das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers von § 4 Abs. 1 c ARB-HG 2008. Dieser wird bei der Verfolgung eigener vertraglicher Ansprüche den den Rechtsschutzfall auslösenden Verstoß allein in dem vermeintlichen Fehlverhalten sehen, mit dem sich sein Gegner gegen die Verfolgung seines Anspruchs wenden will (vgl. BGH Urteil vom 25.02.2015 IV ZR 214/14 NJW 201521
, 1306 RZ 12 ff.). Als frühest möglicher Zeitpunkt im Vertragsrechtschutz kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch her leitet. Dies ist hier nicht der Vertragsschluss im Jahre 2002, sondern das Schreiben des Anspruchsgegners vom 26.08.2014, das unter Bezug auf die Regelungen des Pachtvertrages die geltend gemachten Ansprüche des Versicherungsnehmers verneint. Der Rechtsschutzfall kann mithin nicht bereits mit Abschluss des Pachtvertrages entstanden sein. Der Pachtvertrag ist vielmehr die normative Grundlage, aufgrund derer der behauptete Rechtsverstoß zu beurteilen ist.
- 3. Der Zahlungsanspruch folgt aus § 5 Abs. 1 a ARB-HG 2008. Danach kann der Kläger Befreiung von den ihm entstandenen Verbindlichkeiten durch die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten von der Beklagten verlangen. Diese bemessen sich bei einem Streitwert von 19.200,00 € (12 x 1.600,00 €) für den Klageantrag zu 1., 5.000,00 € für die Klageanträge zu 2. und 3. und 3.400,00 € für den Klageantrag zu 4. insgesamt 27.600,00 € bei einem 1,3-fachen Satz mit 1.121,90 €. Für die frühzeitige Beendigung des Auftrages errechnet sich ein weiterer Wert von 0,8-fach nach Nr. 3101, 1, 3100 VVRVG in Höhe von 690,40 €. Abzüglich der Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VVRVG in Höhe von 0,75 entsprechend 647,25 € und zuzüglich der Pauschale für Post und Telekommunikation errechnet sich ein Betrag von 1.185,05 €. Zu erstatten ist darüber hinaus die Mehrwertsteuer, so dass sich ein Gesamtbetrag von 1.410,21 € errechnet. Von diesem Zahlbetrag ist die Selbstbeteiligung in Höhe von 100,00 € gemäß Seite 2 des Versicherungsscheins vom 24.07.2008 in Abzug zu bringen, so dass der tenorierte Betrag mit 1.310,21 € verbleibt. Wegen des Mehrbetrags war die Klage abzuweisen, da die Kosten der Vertretung der Ehefrau des Klägers nicht versichert sind. Die Ehefrau ist beim Haus- und Grundbesitzerrechtsschutz nach § 29 ARB nicht gemäß § 25 Abs. 1 ARB mit versichert. Der Rechtsschutz nach § 25 greift hier entgegen der Ansicht des Klägers nicht ein, da nach § 25 Abs. 3 der Wohnungs- und Grundstücksrechtsschutz gemäß § 2 c ARB nicht in dem Rechtsschutz nach § 25 mit enthalten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.