Landgericht Essen Urteil, 26. Juli 2016 - 19 O 90/15
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.088,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2015 Zug um Zug gegen Rückübereignung des 2007 geborenen Rappwallachs „G“ abstammend von „G1“ aus einer Mutter stammend von „B“, Lebensnummer … zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1) benannten Pferdes in Verzug befindet.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche weiteren der Klägerin ab dem 27.05.2015 für die Unterhaltung des Pferdes entstandenen erforderlichen Kosten, insbesondere für Unterstellung, Tierärzte und Hufschmied, zu erstatten.
Der Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an die Klägerin 1.171,67 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.05.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 22 %, der Beklagte 78 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin kaufte von dem Beklagten am 13.08.2013 den sechsjährigen Wallach „G“ zum Preis von 8.550,- Euro brutto. Unter § 2 Ziffer 2 a des schriftlichen Kaufvertrags heißt es:
3„Vereinbart wird der Gesundheitszustand, der sich aus der tierärztlichen Untersuchung durch den Tierarzt T, I, ergibt.“
4Diese Untersuchung war am Vortag durchgeführt worden. Das Ergebnis der Röntgenuntersuchung wird vom Tierarzt im Protokoll über die Ankaufuntersuchung wie folgt beschrieben:
5„Röntgenuntersuchung:
6Zehengelenke vorne beidseitig nach Oxspring: 2 – 3
7Zehengelenke vorne beidseitig lat.-med. Proj.: geringgradige Existosen bds.
8Zehengelenke hinten beidseitig lat.-med. Proj.: h.r. Börklundfraktur
9… „
10Zusammenfassung der abweichenden Befunde
11h.r. Börklundfraktur
12vorne bds. geringgradige Existosen Kronbein
13Beurteilung/Gutachten
14Sehr ausgeglichenes, bewegungsstarkes Pferd
15Röntgenologische Befunde z.Zt. ohne klinische Relevanz“
16Unter § 7 des Vertrages ist in Abweichung von der gesetzlichen Regelung die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche auf ein Jahr verkürzt.
17Die Klägerin zahlte auf den Kaufpreis 550,- Euro bar als Anzahlung sowie 2.500,- Euro und 8 x 500,- Euro durch Überweisung. Des Weiteren erhielt der Beklagte 950,- Euro für den Reitlehrer als Vermittlungsprovision. Das Pferd wurde am 13.08.2013 übergeben.
18Die Klägerin behauptet, „G“ habe bereits nach wenigen Wochen einen gebundenen Gang auf beiden Vordergliedmaßen gezeigt. Dies hätten sie und die Trainerin zunächst auf eine mangelnde Hinterhandaktivität des Pferdes zurückgeführt. Im März 2014 sei das Pferd dann deutlich lahm gewesen. Nach tierärztlicher Untersuchung am 18.03.2014 und verordneter Ruhe habe sich die Lahmheit der rechten Vordergliedmaße nicht verbessert. Der behandelnde Tierarzt, der „G“ am 24.03.2014 untersucht habe, habe massive knöcherne Veränderungen des gesamten dorsalen Kronbeins festgestellt, die er als Kronbeinschale mit Hufgelenksbeteiligung bewertet habe. Diese Kronbeinschale sei im Röntgenleitfaden von 2007 der Klasse III – IV zuzuordnen. Sie sei bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden gewesen. Sie nutze das Pferde nicht; es lahme immer wieder. Deshalb könne „G“ nur ganz schonend bewegt werden und insbesondere nicht als Springpferd genutzt werden.
19Die Parteien kommunizierten im Mai 2014 über den behaupteten Mangel. Der Beklagte lehnte seine Einstandspflicht ab. Nach fruchtlosem Ablauf der mit vorgerichtlichem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.10.2014 gesetzten Frist erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 09.12.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises sowie zur Zahlung von Schadensersatz- und Aufwendungsersatz Zug um Zug gegen Rücknahme des Pferdes auf.
20Hilfsweise macht die Klägerin mit der Behauptung, der Wert des Pferdes habe zum Übergabezeitpunkt allenfalls 1.550,- Euro betragen, einen Minderwert von 7.000,- Euro geltend.
21Für die Zeit von September 2013 bis Juni 2014 begehrt die Klägerin die Erstattung von monatlichen Kosten in Höhe von 320,- Euro für die Unterstellung in einem Reitstall in T1 sowie Heufütterungs- und Weidekosten in Höhe von 75,- Euro monatlich. Nach Umstellung des Pferdes im Juli 2014 in einen anderen Stall macht die Klägerin für die Zeit von Juli 2014 bis einschließlich März 2015 Erstattung von Unterstellungs- und Unterhaltungskosten in Höhe von 600,- Euro monatlich geltend. Hinzu kommen monatlich wiederkehrende Kosten für einen Spezialbeschlag in Höhe von 119,- Euro sowie Tierarztkosten in Höhe von insgesamt 1.719,12 Euro.
22Die erhöhten Unterstellungskosten für die Zeit ab Juli 2014 hält die Klägerin für erforderlich, weil sie an dem neuen Ort auch ein anderes Pferd untergestellt habe. Sie meint, es sei ihr aus Zeitgründen nicht zuzumuten, die Pferde an verschiedenen Orten unterzustellen, da sie sich täglich auch um „G“ habe kümmern müssen.
23Der Auffassung der Klägerin zufolge hätte es auch nicht ausgereicht, das Pferd nur auf eine Weide zu stellen und auf den rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu warten. Denn auf der Wiese wäre das Pferd einem höheren Risiko durch von außen kommenden Einflüssen ausgesetzt, was seiner Eignung als Beweismittel entgegenstehen könnte.
24Die Klägerin meint, bei der Frage der Anrechnung von Nutzungsvorteilen müsse Berücksichtigung finden, dass sie nicht – wie ursprünglich vorgesehen – ihren 12-jährigen Sohn das Pferd habe reiten lassen können. Dadurch, dass „G“ krankheitsbedingt so häufig ausgefallen sei, sei er dann, wenn er habe bewegt werden müssen, nur schwer reitbar gewesen. Da es sich noch um ein recht junges Pferd handele, habe sie es nach Abklingen des krankheitsbedingten Ausfalles infolge von Lahmheiten zunächst durch einen Bereiter bewegen lassen, bevor sie selbst wieder in der Lage gewesen sei, das Pferd zu reiten.
25Die Klägerin beantragt,
261)
27den Beklagten zu verurteilen, an sie 19.869,12 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 17.339,51 € seit dem 07.01.2015 sowie aus weiteren 2.529,61€ seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Rückübereignung des 2007 geborenen Rappwallachs „G“ abstammend von „G1“ aus einer Mutter abstammend von „B“, Lebensnummer … zu zahlen, sowie
282)
29festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1) benannten Pferdes in Verzug befindet, sowie
303)
31festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche weiteren der Klägerin für die Unterhaltung des Pferdes entstandenen erforderlichen Kosten, insbesondere für Unterstellung, Tierärzte und Hufschmied, zu erstatten,
32hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.000,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2015 zu zahlen,
33sowie
344)
35den Beklagten des Weiteren zu verurteilen, an Klägerin 1.171,67 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.05.2015 zu zahlen.
36Der Beklagte beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Er bestreitet mit Nichtwissen, dass das Pferd im März 2014 eine deutliche Lahmheit aufgewiesen habe. Sofern dies der Fall sei, könne eine etwaige Erkrankung auch infolge von Belastung durch entsprechende Arbeit mit dem Pferd entstanden sein.
39Der Beklagte verweist zudem auf die vertraglich verkürzte Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche.
40Den geltend gemachten Schadensersatzbetrag hält er für überhöht. Er meint, das Pferd müsse lediglich ausreichend Bewegung erhalten sowie Fütterung und Unterstellung. Derartige Einstellverträge lägen in der Regel zwischen 250,- Euro im ländlichen Bereich und 350,- Euro in Stadtnähe. Auch die Kosten für den Hufbeschlag hält der Beklagte für überhöht.
41Der Auffassung des Beklagten zufolge hätte es darüber hinaus ausgereicht, das Pferd bei artgerechter Haltung auf die Weide gehen zu lassen. Dadurch hätte sich die Arthrose nicht verschlechtert. In diesem Falle wären nur Kosten in Höhe von 120,- Euro bis 150,- Euro pro Monat angefallen. Auch die Kosten für den Hufschmied wären geringer ausgefallen. Die Hufe hätten nicht beschlagen werden, sondern nur in regelmäßigen Abständen ausgeschnitten werden müssen, wofür in etwa drei Mal im Jahr 25,00 bis 30,00 Euro angefallen wären.
42Der Beklagte meint zudem, die Klägerin müsse sich einen Nutzungsvorteil anrechnen lassen. Dieser entspreche regelmäßig genau denjenigen Kosten, die mit der üblichen Unterstellung, Fütterung und Pflege einschließlich von Hufschmied- und Tierarztkosten verbunden seien. Bei durchgängiger Nutzung des Pferdes bis zu seiner Rückgabe müssten sich die Erstattungsansprüche der Klägerin und die gezogenen Nutzungen gegeneinander aufheben. Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Klägerin das Pferd – unstreitig - weiterhin bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) gemeldet und fortgeschrieben hat. Gleichfalls unstreitig hat „G“ am 26.05. und am 29.05.2016 jeweils an Dressurprüfungen der Klasse A teilgenommen.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen.
44Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen T2 vom 10.03.2016.
45E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
46I.
47Die Klage einschließlich des Feststellungsantrags ist zulässig. Nach der von der Klägerin zu Recht zitierten Rechtsprechung (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 4. 11. 1998 - VIII ZR 248/97, NJW 1999, 639; BGH, Urt. v. 29. 6. 2011 − VIII ZR 212/08, NJW 2011, 3361) bleibt ein Feststellungsantrag zulässig, wenn – wie hier - bei einer noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung während des Rechtsstreits die Voraussetzungen für den Übergang zu einer Leistungsklage eintreten.
48II.
49Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises abzüglich von Wertersatz für gezogene Nutzungen Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pferdes „G“ gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 440, 346 ff. BGB. Daneben, § 325 BGB, kann sie Schadensersatz, §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB sowie Aufwendungsersatz geltend machen, §§ 437 Nr. 3, 284 BGB.
50Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Pferd „G“ mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn ihm fehlt eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit. Die Parteien haben unter § 2 des Kaufvertrages denjenigen Gesundheitszustand vereinbart, der sich aus der tierärztlichen Untersuchung durch den Tierarzt T, I, ergibt. In dieser tierärztlichen Untersuchung wird lediglich von „geringgradigen Existosen“ der Zehengelenkte vorn beidseitig gesprochen. Dies bedeutet, dass der Beklagte ein Pferd schuldete, dass nur solche Exostosen, also Knochenzubildungen, aufweist, die nach den maßgeblichen Bewertungsrichtlinien für Erkrankungen bei Pferden - hier also nach dem Röntgenleitfaden 2007 - als „geringgradig“ einzustufen sind.
51Darauf, dass in der Ankaufuntersuchung zudem notiert ist: „Zehengelenke vorne beidseitig nach Oxspring: 2 – 3“ kommt es nicht an. Denn diese Formulierung ist so unklar gehalten, dass nicht einmal der vom Gericht bestellte Sachverständige diesem Text entnehmen konnte, was damit gemeint sein sollte. Den Ausführungen des Sachverständigen zufolge ist nicht erkennbar, ob mit den Zahlen „2 – 3“ eine Klassifikation nach dem Röntgenleitfaden gemeint sein sollte oder die Anzahl der Strahlbeinkanäle. Wenn sich schon einem Sachverständigen der Sinn einer tierärztlichen Beschreibung in einer Ankaufuntersuchung nicht erschließt, dann kann die betroffene Formulierung erst recht keine maßgebliche Auslegungsgrundlage für einen reiterlich zwar sachkundigen, aber tierärztlich nicht versierten Laien sein.
52Maßgeblich für das geschuldete Vertragssoll ist daher die Beschreibung der Exostosen als „geringgradig“. Bei einer am objektiven Empfängerhorizont orientierten Auslegung ist diese Formulierung so zu verstehen, dass das Pferd zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges lediglich solche knöcherne Zubildungen im beschriebenen Bereich der Vordergliedmaßen haben durfte, die als „geringgradig“ zu bezeichnen sind. Ein derartiger Befund wäre am ehesten der Röntgenklasse II zuzuordnen gewesen, dem Befunde zuzuordnen sind, die nur „gering“ vom Idealzustand abweichen.
53Von dieser Soll-Beschaffenheit wich der Gesundheitszustand des Pferdes „G“ zum Zeitpunkt der Übergabe ab. Den Ausführungen des Sachverständigen zufolge wären die knöchernen Veränderungen, bei denen es sich nicht um eine rein extraartikulare Zubildung handelte, wegen der bereits vorhandenen Beteiligung der Gelenke zutreffend der Röntgenklasse III zuzuordnen gewesen. Ausweislich des Röntgenleitfadens 2007, den der Sachverständige zu Recht zu Grunde gelegt hat, wird eine Zuordnung von Befunden zur Röntgenklasse III wie folgt definiert: „Befunde, die von der Norm abweichen, bei denen das Auftreten von klinischen Erscheinungen in unbestimmter Zeit mit einer Häufigkeit von 5% bis 20% geschätzt wird.“
54Bei „G“ bestand demnach bereits zum Zeitpunkt der Übergabe eine Risikowahrscheinlichkeit zwischen 5 und 20 Prozent dahingehend, dass das Pferd aufgrund der bereits damals vorhandenen knöchernen Veränderungen zu einem späteren Zeitpunkt klinisch relevante Erscheinungen aufweisen würde. Diese erhöhte Risikowahrscheinlichkeit ist es, die von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht und auf die ausweislich des Kaufvertrages und des in Bezug genommenen Protokolls der Ankaufuntersuchung nicht hingewiesen wurde. Der Sachverständige hat dies dahingehend formuliert, dass es sich um einen mitteilungspflichtigen Befund handele.
55Es kommt auch nicht darauf an, ob „G“ im Zeitpunkt der Übergabe nicht lahmte, ob er zwischendurch immer wieder und wenn ja wie häufig und warum lahmte, oder dass zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen keine signifikante Lahmheit festgestellt werden konnte. Denn nicht die akut auftretenden – und dann klinisch relevanten - Phasen von Lahmheit sind der Mangel; bei diesen Lahmheitserscheinungen handelt es sich lediglich um Mangelsymptome, in denen sich die vom Sachverständigen beschriebene Risikowahrscheinlichkeit manifestiert hat oder manifestiert haben kann. Der Mangel ist die körperliche Beschaffenheit des Pferdes, die wegen der zum Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhandenen Exostosen mit Gelenkbeteiligung schon zum damaligen Zeitpunkt ein Risiko zwischen 5 und 20 Prozent in sich barg, dass das Pferd wegen dieser körperlichen Beeinträchtigungen in unbestimmter Zeit klinisch relevante Symptome aufweisen würde. Auch darauf, ob akute Lahmheitsbefunde etwa erst infolge von zusätzlichen Traumatisierungen entstanden sein könnten, kommt es nicht an. Denn der zum Zeitpunkt der Übergabe bestehende körperliche Zustand des Pferdes als solcher ist der Mangel; unabhängig davon ob und wann oder zu welchem Zeitpunkt sich dieser Mangel später als klinisch relevantes Mangelsymptom zeigt.
56Die Klägerin ist daher – nach hier wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung wohl entbehrlicher, aber gleichwohl vorsorglich erfolgter - Nachfristsetzung mit Erklärung vom 09.12.2014 wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
57Auf die vertraglich vorgesehene Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr kann sich der Beklagte in Ansehung von § 475 Abs. 2 BGB nicht berufen.
58Die Parteien haben daher gemäß § 346 Abs. 1 BGB wechselseitig die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben oder hierfür gemäß § 346 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten.
59Nach dem Ergebnis der Anhörung der Parteien ist unstreitig geworden, dass die Klägerin an den Beklagten insgesamt einen Betrag von 7.050,- Euro sowie weitere 950,- Euro als Vermittlungsprovision für den Reitlehrer gezahlt hat, also insgesamt 8.000,- Euro.
60Die Klägerin kann – nach Überprüfung der Rechtslage – nicht nur den Kaufpreis, soweit er gezahlt wurde, sondern auch die für den Reitlehrer gezahlten 950,- Euro vom Beklagten zurückverlangen. Denn zu den gemäß § §§ 437 Nr. 3, 284 BGB zu ersetzenden Aufwendungen gehören Vertragskosten, zu denen auch eine Vermittlungsprovision zählt (vgl. Palandt-Grüneberg, § 284 BGB Rz 5 m.w.Nw.).
61Als Schadensersatz, §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB kann die Klägerin von dem Beklagten für die Zeit von September 2013 bis Juni 2014 wie von ihr geltend gemacht für die Unterhaltung des Pferdes einschließlich von Heufütterungs- und Weidekosten monatlich 395,- Euro verlangen. Dieser Betrag entspricht näherungsweise demjenigen Betrag, den auch der Beklagte in etwa monatlich für die Unterbringung in einem im städtischen Bereich gelegenen Reitstall mit 350,- Euro für ortsüblich hält. Wegen der zwischen diesen Beträgen liegenden Differenz wäre die Klägerin, die sich gleichzeitig um mehrere von ihr untergestellte Pferde kümmern muss, nicht gehalten gewesen, den Stall zu wechseln.
62In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Klägerin vertritt das Gericht die Ansicht, dass die klagende Partei nach Rücktritt von einem Pferdekaufvertrag befugt ist, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits das Pferd wie bisher in einem von ihr angemieteten Stall unterzubringen. Das Gericht teilt die Auffassung des Beklagten nicht, dass die Klägerin zwecks Kostenreduzierung gehalten gewesen wäre, das Pferd ausschließlich auf der Weide stehen zu lassen.
63Denn zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass ihr das Pferd bis zum Abschluss des Rechtsstreits weiterhin als Beweismittel zur Verfügung stehen muss. Die Klägerin muss daher die Möglichkeit haben, das Pferd so weit wie möglich vor zusätzlichen Verletzungen zu schützen, damit nicht im Laufe der Zeit etwa zusätzliche Verletzungen oder Traumafolgen hinzukommen, die geeignet sein könnten, den ursprünglichen Befund zu überdecken oder dessen zeitliche Zuordnung sowie eine etwa erforderlich werdende weitere Begutachtung durch einen gerichtlichen Sachverständigen zu erschweren. Die Gefahr von zusätzlichen Verletzungen und damit von weiteren - unbeobachteten und damit nicht beweisbaren - Traumatisierungen im Bereich der bereits vorgeschädigten Gelenke dürfte auf der Weide deutlich höher sein als in einem geschützten Stall. Zwar lässt sich auch im Stall das Risiko von weiteren Traumatisierungen nicht vollständig vermeiden. So kann beispielsweise schon ein Festliegen des Pferdes in der Box zu einer zusätzlichen Beeinträchtigung von vorgeschädigten Gelenken führen. In aller Regel dürften derartige Ursachen für Veränderungen in schadensgeneigten Bereichen jedoch bei einer Unterbringung im Stall eher entdeckt, zugeordnet und behandelt werden können als bei einem frei laufenden Pferd auf der Weide. Dem Gericht ist es beispielsweise aus einem Parallelverfahren (… LG Essen) bekannt, dass in jenem Fall ein Pferd lahmend und mit leichten Abschürfungen von der Weide kam, was eine ursächliche und zeitliche Zuordnung von röntgenologisch festgestellten Gelenkveränderungen erschwerte.
64Es ist der Klägerin daher nicht einmal unter Schadensminderungsgesichtspunkten zuzumuten, sich dem Risiko einer Verschlechterung ihrer Beweissituation auszusetzen. Dies gilt selbst dann, wenn dieses Risiko mit Rücksicht auf die vom Sachverständigen bereits erstinstanzlich durchgeführte Untersuchung eher als gering einzuschätzen sein dürfte.
65Die Klägerin hat indes keinen Anspruch auf Zahlung von monatlich 600,- Euro für die Unterhaltung des Pferdes ab Juli 2014. Denn insoweit hat die Klägerin gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, § 254 Abs. 1 BGB. Wenn mit Rücksicht auf die beiden anderen von ihr gehaltenen Pferde eine gemeinsame Unterbringung aus zeitlichen Gründen veranlasst gewesen sein sollte, hätte die Klägerin für sämtliche Pferde die kostengünstigere Variante wählen müssen. Das Gericht hat daher auch für die Zeit ab Juli 2014 lediglich die bisher gezahlten Kosten für die Unterbringung und Unterhaltung in Höhe von monatlich 395,- Euro als erstattungsfähig zugrunde gelegt. Das sind für die Zeit von September 2013 bis einschließlich März 2015 insgesamt 7.505,- Euro. Wegen des darüber hinausgehenden Betrages war die Klage abzuweisen.
66Die Klägerin kann zudem die Erstattung der Tierarztkosten in Höhe von insgesamt 1.719,12 Euro sowie die Kosten für den Hufschmied in Höhe von 800,- Euro als Schadensersatz verlangen. Das Gericht konnte die geltend gemachten Kosten anhand der klägerseits beigebrachten Belege inhaltlich nachvollziehen und auch dem Pferd „G“ zuordnen.
67Die Summe der vorgenannten Rechnungsposten macht einen Betrag von 18.024,12 Euro aus.
68Die Klägerin hat sich hierauf den Wertersatz für gezogene Nutzungen, § 346 Abs. 1 u. 2 BGB, anrechnen zu lassen. Dies gilt auch für die Zeit des Annahmeverzugs, § 302 BGB.
69Der Wert der gezogenen Nutzungen lässt sich hier nur sehr schwer ermitteln. Denn einerseits ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin das Pferd nicht uneingeschränkt nutzen konnte. Es sind zahlreiche Phasen von Lahmheiten ärztlicherseits dokumentiert, also Phasen, während derer das Pferd überhaupt nicht geritten werden konnte. Aus dem Gutachten des vom Gericht bestellten Sachverständigen ergibt sich zudem, dass auch die Belastung des Pferdes zur Entstehung einer klinischen Relevanz, d.h. von Lahmheit als Mangelsymptom, geführt haben kann. Bei einem derartigen körperlichen Befund eines Pferdes und einer Risikowahrscheinlichkeit des Auftretens von klinischen Erscheinungen zwischen 5 und 20 % dürfte der Pferdebesitzer daher gehalten sein, die Belastung des Pferdes möglichst gering zu halten, um das Entstehen von klinisch relevanten Symptomatiken so weit wie möglich zu vermeiden. Damit dürfte sich der Einsatz des Pferdes zum Springen oder gar zur Vielseitigkeit wegen der mit diesen Sportarten verbundenen Belastungen für die Gelenke kaum in Einklang bringen lassen. Die Klägerin konnte daher das Pferd nicht uneingeschränkt nutzen.
70Andererseits ist unstreitig, dass das Pferd im Mai 2016 zweimal an einem Mannschaftswettbewerb, jeweils einer Dressurpüfung der Klasse A, teilgenommen hat. Darauf, dass Reiterin und Pferd als sogenanntes „Streichergebnis“ aus der Wertung genommen worden sind, kommt es nicht an, weil dies mannigfaltige Ursachen haben könnte, die nicht zwingend mit der körperlichen Verfassung des Pferdes zu tun haben müssen. Diese Beispiele zeigen jedenfalls, dass „G“ dann, wenn er phasenweise keine klinisch relevanten Symptome zeigt, zumindest für leichte Dressurprüfungen einsetzbar ist. In einem gewissen Umfang muss daher für gezogene Nutzungen Wertersatz geleistet werden, zumal die Klägerin ausweislich des Sachverständigengutachtens angegeben haben soll, dass sie das Pferd zum Untersuchungszeitpunkt etwa dreimal in der Woche reite.
71Das Gericht hat versucht, sich der Berechnung des Wertersatzes für gezogene Nutzung zeitlich linear zu nähern. Ausgehend von einem Bruttokaufpreis in Höhe von 8.550,- Euro und einer Besitzzeit von August 2013 bis April 2015 und in der Annahme, dass bei einem zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages sechsjährigen Pferd davon auszugehen sein dürfte, dass dieses grundsätzlich noch weitere acht Jahre einsetzbar ist, ergäbe sich aus der Multiplikation von Kaufpreis mit Nutzungszeit und anschließender Division durch die voraussichtliche weitere Einsatzzeit von acht Jahren ein Betrag von 1.870,- Euro. Dem Gericht ist dabei bewusst, dass die weitere Einsatzzeit von acht Jahren allenfalls eine sehr grobe Schätzung sein kann. Die Frage, bis zu welchem Alter ein Pferd für den Reitsport eingesetzt werden kann, hängt von so vielen individuellen Umständen - z.B. von der Konstitution des Pferdes, der Belastung durch den Reiter, etc. – ab, dass insoweit eine auch nur näherungsweise zuverlässige Prognose kaum abzugeben sein dürfte.
72Der so ermittelte Betrag von 1.870,- Euro war indes noch um die Hälfte zu reduzieren, da das Pferd „G“ wegen seines risikobehafteten Gesundheitszustandes nur eingeschränkt genutzt werden konnte. Dies ergibt einen anzurechnenden Wertersatz für gezogene Nutzungen in Höhe von 935,16 Euro.
73Das Gericht teilt die Einschätzung des Beklagten, während der Besitzzeit der Klägerin hätten die Kosten und Aufwendungen in etwa der Höhe nach den gezogenen Nutzungen entsprochen, nicht. Dies ergibt sich zum Einen schon daraus, dass das Pferd nicht uneingeschränkt für sämtliche Sportarten (Springen, Vielseitigkeit) und auch zeitlich nicht durchgehend genutzt werden konnte.
74Im Übrigen ist es dem Pferdekauf immanent, dass selbst bei nicht ganz geringen Anschaffungskosten im Laufe der Zeit die Unterhaltungskosten den Wert des Pferdes um ein Vielfaches überschreiten. Diesem Umstand lässt sich nicht dadurch begegnen, dass man die Unterhaltungskosten mit dem Wert der gezogenen Nutzungen gleichsetzt. Allein die möglichst zügige Klärung der Frage, ob ein Recht zur Rückabwicklung besteht, dürfte geeignet sein, die erheblichen finanziellen Folgen im Falle eines berechtigten Rücktritts wirtschaftlich einzugrenzen.
75III.
76Der Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Pferdes aufgrund des vorgerichtlichen Schreibens der Klägerin vom 09.12.2014 in Annahmeverzug. Bei vorgerichtlich erklärter mangelnder Rücknahmebereitschaft des Beklagten reichte das wörtliche Angebot zur Begründung des Annahmeverzuges aus, §§ 293, 295 BGB.
77IV.
78Der Beklagte hat gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281, 284 BGB auch für weiteren Schadens- und Aufwendungsersatz aufzukommen, soweit er von der Klägerin bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 26.05.2015 nicht bereits beziffert worden war.
79V.
80Der Beklagte hat gemäß § 280 Abs. 1 BGB die vorgerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug.
81VI.
82Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens zu teilen. Dabei wurde auch hinsichtlich des Feststellungsantrags berücksichtigt, dass für die monatliche Unterhaltung des Pferdes nur ein Betrag von 395,- Euro – und nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht in Höhe von 600,- Euro – als erforderlich anzusehen ist.
83Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Essen Urteil, 26. Juli 2016 - 19 O 90/15
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, die Motorräder vertreibt, schloss mit der Beklagten, der deutschen Tochtergesellschaft eines japanischen Motorradherstellers, im Jahre 2003 einen "Händlervertrag". Dieser bestimmt in Ziffer 5.6.1 ("Wettbewerbsverbot" ) unter anderem, dass die Klägerin Konkurrenzprodukte nicht ohne vorherige Zustimmung der Beklagten verkaufen darf. In Ziffer 7.1 des Vertrages ist die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung mit einer Frist von 18 Monaten zum Monatsende, erstmals zum 31. August 2005, vorgesehen. Gemäß Ziffer 7.3 bleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund unberührt; ein wichtiger Grund soll (unter anderem) insbesondere dann vorliegen, wenn eine der Vertragsparteien gegen wesentliche Bestimmungen des Händlervertrages verstößt (Ziffer 7.3.7).
- 2
- In einer Anlage zum Händlervertrag erteilte die Beklagte ihre Zustimmung zum Vertrieb von Motorrädern der Marken A. , D. , T. und M. . Eine von der Klägerin Anfang des Jahres 2004 begehrte Zustimmung zum Verkauf von Motorrollern der Marke P. erteilte die Beklagte hingegen nicht. Ende August 2004 teilte die Klägerin der Beklagten schriftlich mit, dass sie gleichwohl die Marke P. in ihr Fahrzeugsortiment aufgenommen habe. Daraufhin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 8. September 2004 die Klägerin zur unverzüglichen Einstellung des Vertriebs von P. -Produkten auf und drohte für den Fall der Weigerung mit der fristlosen Kündigung des Händlervertrages. Die Klägerin teilte der Beklagten hierauf mit, sie werde den Vertrieb dieser Produkte einstellen und nur noch den Restbestand verkaufen. Die Beklagte erklärte sich daraufhin mit einem Abverkauf bis zum 31. Dezember 2004 einverstanden.
- 3
- Spätestens am 7. Juni 2005 stellte die Beklagte jedoch fest, dass auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin in einem Zelt neben deren Verkaufshalle Motorroller der Marke P. verkauft wurden. Mit Schreiben vom 21. September 2005 forderte die Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 28. September 2005 auf, den Vertrieb von P. -Fahrzeugen einzustellen, und kündigte anderenfalls die außerordentliche Kündigung des Händlervertrages an. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 unter Berufung auf die Ziffern 5.6.1 und 7.3.7 des Händlervertrages dessen fristlose Kündigung.
- 4
- Mit ihrer Klage hat die Klägerin zunächst die Feststellung begehrt, dass der Händlervertrag durch diese Kündigung nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden ist, sondern über den 4. Oktober 2005 hinaus fortbesteht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und - entsprechend dem auf einen gerichtlichen Hinweis geänderten Klageantrag - festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Händlervertrag nicht durch die mit Schreiben der Beklagten vom 4. Oktober 2005 ausgesprochene Kündigung mit sofortiger Wirkung sein Ende gefunden, sondern bis zum 30. April 2007 fortbestanden hat. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Der Zulässigkeit der Feststellungsklage stehe nicht entgegen, dass das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen festgestellt werden solle, inzwischen ein vergangenes sei, da sich aus dem Händlervertrag nach dem Vorbringen der Klägerin noch Rechtsfolgen, wie etwa eine Rücknahmeverpflichtung von Ersatzteilen , ergeben könnten. Dass die Klägerin nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses eine Leistungsklage zum Beispiel auf Rücknahme von Er- satzteilen oder Ausgleich gemäß § 89b HGB analog erheben könne, stehe der Zulässigkeit ebenfalls nicht entgegen. Werde eine Leistungsklage nach zunächst zulässiger Feststellungsklage erst nachträglich möglich, entfalle hierdurch das Feststellungsinteresse der bereits anhängigen Feststellungsklage jedenfalls in zweiter Instanz nicht.
- 8
- Die Klägerin habe einen Anspruch auf Feststellung, dass das Vertragsverhältnis der Parteien durch die seitens der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung vom 4. Oktober 2005 nicht vor dem 30. April 2007 sein Ende gefunden habe. Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme stehe zwar fest, dass die Klägerin gegen das im Händlervertrag vereinbarte Konkurrenzverbot verstoßen habe. Dies habe das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt und werde mit der Berufung nicht mehr angegriffen. Die Beklagte habe von dem ihr wegen der unerlaubten Konkurrenztätigkeit der Klägerin zustehenden Kündigungsrecht aber zu spät Gebrauch gemacht und dadurch ihr fristloses außerordentliches Kündigungsrecht verwirkt.
- 9
- Entscheidend für die Frage, binnen welcher Frist die fristlose Kündigung nach Erlangung der Kenntnis von den maßgeblichen Umständen ausgesprochen werden müsse, sei der angemessene Zeitraum, den der Kündigungsberechtigte zur Sachverhaltsaufklärung und Überlegung benötige. § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB sei auf das Handelsvertreterverhältnis und das ihm ähnliche Vertragshändlerverhältnis nicht, auch nicht analog, anwendbar. Es entspreche jedoch einem allgemeinen Rechtsgedanken, dass das Recht zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund nur innerhalb angemessener Zeit ausgeübt werden könne, nachdem der Berechtigte von den Kündigungstatsachen Kenntnis erlangt habe. Denn es bestehe ein schutzwürdiges Interesse des Handelsvertreters daran, baldmöglichst zu erfahren, ob er trotz der Möglichkeit des Unternehmers zur Kündigung des Vertretungsvertrages aus wichti- gem Grund von einem Fortbestand des Vertragsverhältnisses ausgehen könne. Daraus folge, dass der Unternehmer bei hinreichend sicherer Kenntnis von den die Kündigung aus wichtigem Grund begründenden Umständen die Kündigung ohne schuldhaftes Zögern aussprechen müsse. Ein zweimonatiges Zuwarten werde in der Regel nicht mehr als angemessene Zeitspanne zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Überlegung der Folgerungen hierauf angesehen, weil es darauf hindeute, dass der Kündigende das beanstandete Verhalten selbst als nicht so schwerwiegend empfunden habe, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem anderen Teil bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar sei.
- 10
- Die Beklagte habe bis zur Abmahnung am 21. September 2005 rund drei Monate zugewartet, ohne dass im konkreten Fall vorgetragen oder erkennbar gewesen sei, dass sie diese Zeit für eine Überprüfung oder Überlegung benötigt habe. Dies sei nach der herrschenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls zu lang. Für die Einräumung einer längeren Überlegungsfrist oder gar eines Fristbeginns nicht vor Beendigung des rechtswidrigen Zustandes analog der zu § 626 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze könne entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht der Umstand herangezogen werden, dass die Klägerin nicht nur einmalig, sondern dauerhaft gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen habe. § 626 Abs. 2 BGB und die hierzu entwickelten Grundsätze seien nicht entsprechend anwendbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werde diese Bestimmung durch die auf einen Vertragshändler anwendbare Spezialvorschrift des § 89a HGB verdrängt, so dass der für den Handelsvertreter entwickelte Grundsatz einer fristlosen Kündigung regelmäßig nur innerhalb von zwei Monaten auch auf den Vertragshändler anwendbar sei. Im Interessenausgleich der Vertragsparteien sei es nicht erforderlich , dass der Vertragspartner des Vertragshändlers Kündigungsgründe gleichsam auf Vorrat sammele, um sie zu einem ihm genehmen Zeitpunkt unverhofft dem Vertragshändler zu präsentieren. Dies müsse gerade bei Verstößen gegen im Vertragshändlervertrag typischerweise geregelte Wettbewerbs- und Konkurrenzverbote gelten, die häufig nicht einmalig, sondern auf Dauer angelegt seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe auch der grundsätzlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 1993 (VIII ZR 157/92) ein Sachverhalt zugrunde gelegen, in dem der Vertrag wegen eines andauernden Verstoßes gegen vertragliche Verpflichtungen - in diesem Fall eine vertraglich vereinbarte Mindestabnahmepflicht - nach Ablauf von vier Monaten seit Kenntnis von dem Minderbezug des zuvor abgelaufenen Vertragsjahres fristlos gekündigt worden sei. Der Bundesgerichtshof habe ausgeführt, es sei der (dortigen) Beklagten zwar unbenommen gewesen, den Minderbezug in einem Vertragsjahr abzuwarten und unbeanstandet zu lassen, um die weitere Entwicklung zu beobachten und eine Kündigung sodann auf den fortgesetzten Minderbezug im nächsten Vertragsjahr zu stützen; nehme der Vertragspartner des Vertragshändlers aber den am Ende des zweiten Vertragsjahres unschwer feststellbaren und festgestellten Minderbezug weit über eine angemessene Prüfungs - und Überlegungszeit hinaus ohne Reaktion hin, so könne er darauf eine außerordentliche Kündigung nicht mehr stützen.
- 11
- Nichts anderes gelte im vorliegenden Fall. So sei es der Beklagten unbenommen gewesen, den ersten Vertragsverstoß im Jahre 2004 hinzunehmen und abzuwarten, ob die Klägerin ihre vertraglichen Pflichten nunmehr einhalte. Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von einem erneuten Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot - diesmal im Wege des Vertriebs der P. - Fahrzeuge über eine andere Gesellschaft, aber auf dem Grundstück der Klägerin - habe die Beklagte innerhalb angemessener Zeit abmahnen und kündigen müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Umstände, die einen derart langen Zeitraum für ihre Überlegungen erforderlich gemacht hätten, habe die Beklagte nicht geltend gemacht.
- 12
- Ihr neues und von daher bereits unbeachtliches Tatsachenvorbringen im Schriftsatz vom 19. Mai 2008, Kündigungsgrund sei die Fortsetzung des vertragswidrigen Verhaltens trotz Abmahnung noch zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung am 4. Oktober 2005 gewesen, stehe bereits nicht im Einklang mit dem Inhalt des Kündigungsschreibens. Zudem ändere der Umstand, dass die Klägerin auch noch am 4. Oktober 2005 trotz Abmahnung weiterhin mit ihrem Verhalten gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen habe , nichts daran, dass die Beklagte seit Juni 2005 Kenntnis von genau diesem vertragswidrigen - fortgesetzten - Verhalten der Klägerin gehabt und dieses Verhalten unbeanstandet bis zur Abmahnung erst mit Schreiben vom 21. September 2005 geduldet habe. Gerade die Kenntnis von diesem dauerhaften Verstoß gegen vertragliche Pflichten hätte Anlass zu zeitnaher Reaktion gegeben. Sei eine Reaktion jedoch mehr als drei Monate lang unterblieben, habe bei der Klägerin das Vertrauen entstehen können, dass die Beklagte dieses Verhalten dulde oder zumindest nicht zum Anlass einer fristlosen Kündigung nehmen werde. Dass die Klägerin gegenüber der Beklagten bei einer Besichtigung am 28. September 2005 geäußert habe, das bislang geduldete Verhalten beibehalten zu wollen, stelle demgemäß keinen neuen Grund zur fristlosen Kündigung dar.
- 13
- Die fristlose Kündigung vom 4. Oktober 2005 sei jedoch gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung mit der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist umzudeuten, da davon auszugehen sei, dass die Beklagte das Vertragsverhältnis auf jeden Fall habe beenden wollen. Damit habe der Händlervertrag zum 30. April 2007 sein Ende gefunden.
II.
- 14
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in den entscheidenden Punkten nicht stand.
- 15
- Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die außerordentliche Kündigung der Klägerin vom 4. Oktober 2005 rechtzeitig erfolgt und hat daher zur Beendigung des Händlervertrages der Parteien mit sofortiger Wirkung geführt.
- 16
- 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht von einem Fortbestehen des Feststellungsinteresses ausgegangen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit langem anerkannt, dass eine - wie hier - ursprünglich zulässige Feststellungsklage nicht dadurch unzulässig wird, dass im Verlaufe des Rechtsstreits die Voraussetzungen für den Übergang zu einer Leistungsklage eintreten (Senatsurteil vom 4. November 1998 - VIII ZR 248/97, NJW 1999, 639 unter II 1 b mwN).
- 17
- 2. Ebenfalls zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin gegen das im Händlervertrag enthaltene Wettbewerbsverbot verstoßen hat und die Beklagte deshalb zur außerordentlichen Kündigung des Händlervertrages berechtigt gewesen ist. Gemäß § 89a HGB, der auf einen - hier vorliegenden - Vertragshändlervertrag entsprechend anwendbar ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1993 - VIII ZR 157/92, NJW 1994, 722 unter II 3; Emde in Großkommentar HGB, 5. Aufl., § 89a Rn. 9), kann das Vertragsverhältnis von jedem Teil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein solcher wichtiger Grund liegt nach der Legaldefinition in § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (Senatsurteil vom 10. November 2010 - VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 Rn. 19; vgl. auch Senatsurteil vom 26. Mai 1999 - VIII ZR 123/98, WM 1999, 1986 unter II 2). Diese Voraussetzungen sind hier nach den rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Feststellungen gegeben.
- 18
- 3. Frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die außerordentliche Kündigung eines Vertragshändlervertrages innerhalb angemessener Frist nach Kenntnisnahme von dem Kündigungsgrund ausgesprochen werden muss.
- 19
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine außerordentliche Kündigung nach Kenntnis des Kündigungsgrundes, wenn auch nicht sofort, so doch in angemessener Zeit ausgesprochen werden (so bereits Senatsurteil vom 15. Februar 1967 - VIII ZR 222/64, WM 1967, 515 unter IV 2 mwN; ebenso Senatsurteil vom 27. Januar 1982 - VIII ZR 295/80, NJW 1982, 2432 unter II 1 b). Dieser Grundsatz gilt auch für das außerordentliche Kündigungsrecht gemäß § 89a HGB und entsprechend für den Vertragshändlervertrag (vgl. Senatsurteile vom 27. Januar 1982 - VIII ZR 295/80, aaO; vom 15. Dezember 1993 - VIII ZR 157/92, aaO unter II 1 und 3). Die Kündigung eines Vertragshändlervertrages aus wichtigem Grund muss dabei nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt werden. Denn diese Vorschrift wird durch die speziellere Vorschrift des § 89a HGB verdrängt und findet daher auf Vertragshändlerverträge ebensowenig wie auf Handelsvertreterverträge Anwendung (st. Rspr.; Senatsurteil vom 15. Dezember 1993 - VIII ZR 157/92, aaO unter II 3 mwN). Vielmehr ist dem zur Kündigung Berechtigten eine angemessene Überlegungszeit zuzugestehen, deren Dauer sich nach den Umständen des jeweiligen Falles richtet. Sie ist regelmäßig kürzer als zwei Monate, denn ein zweimonatiges Zuwarten kann in der Regel nicht mehr als angemes- sene Zeitspanne zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Überlegung der hieraus zu ziehenden Folgerungen angesehen werden, weil es darauf hindeutet, dass der Kündigende das beanstandete Ereignis selbst nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem anderen Teil bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung unzumutbar ist (Senatsurteile vom 15. Dezember 1993 - VIII ZR 157/92, aaO; vom 26. Mai 1999 - VIII ZR 123/98, aaO unter II 5 a; jeweils mwN).
- 20
- 4. Hiervon geht im Ansatz auch das Berufungsgericht aus. Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall sind ihm jedoch Rechtsfehler unterlaufen.
- 21
- a) Dabei kann offen bleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts (ebenso OLG Stuttgart, Urteil vom 30. November 2009 - 5 U 52/09, juris Rn. 70 ff.; OLG Düsseldorf, OLGR 1999, 53, 54 f.) zutrifft, dass (auch) bei einem - wie hier - fortlaufenden Verstoß gegen das Konkurrenzverbot die angemessene Überlegungszeit für den Kündigungsberechtigten und damit auch die angemessene Zeitspanne bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung (§ 89a HGB) bereits mit der (hinreichend sicheren) Kenntnis des Kündigungsgrundes beginnt oder ob insoweit, wie dies von Teilen der Literatur vertreten wird, auf den Abschluss des Dauersachverhalts abzustellen ist (so Emde, aaO Rn. 36; Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn. 383 f.; im Grundsatz auch: Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 89a Rn. 31; Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 89a Rn. 30; MünchKommHGB/von Hoyningen -Huene, 3. Aufl., § 89a Rn. 64 f.). Denn das Berufungsurteil erweist sich in beiden Fällen als rechtsfehlerhaft.
- 22
- aa) Der Bundesgerichtshof hat die eingangs genannte Frage bisher nicht abschließend entschieden. Allerdings geht er im Anwendungsbereich des § 626 Abs. 2 BGB davon aus, dass dann, wenn es sich bei dem für die fristlose Kündigung maßgeblichen Grund um ein Dauerverhalten handelt, die Zwei-WochenFrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht vor dessen Beendigung beginnt (BGH, Urteile vom 5. Juni 1975 - II ZR 131/73, NJW 1975, 1698 unter 1 a; vom 26. Juni 1995 - II ZR 109/94, AG 1996, 32 unter 4; vom 20. Juni 2005 - II ZR 18/03, WM 2005, 1411 unter IV 1; ebenso Staudinger/Preis, BGB, Neubearb. 2002, § 626 Rn. 292).
- 23
- bb) Diese speziell auf die kurze materiell-rechtliche Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB zugeschnittene Rechtsprechung zum Fristbeginn bei Dauersachverhalten hat der Bundesgerichtshof entgegen der Auffassung der Revision jedoch bisher nicht auf das Handelsvertreter- und Vertragshändlerrecht übertragen. Anders als die Revision meint, ergibt sich aus dem bereits erwähnten Urteil des Senats vom 15. Dezember 1993 (VIII ZR 157/92, aaO) schon deshalb nichts anderes, weil diese Entscheidung den Sonderfall einer außerordentlichen Kündigung wegen Unterschreitung der vertraglich vereinbarten jährlichen Mindestbezugsmenge betraf. Die von der Revision vertretene Auffassung findet auch in dem von ihr zusätzlich angeführten Urteil des I. Zivilsenats vom 12. März 1992 (I ZR 117/90, NJW-RR 1992, 1059) keine Stütze. Auch im Urteil des Senats vom 26. Mai 1999 (VIII ZR 123/98, aaO) bedurfte die Frage, ob im Rahmen des § 89a HGB das Vorliegen eines fortdauernden Vertragsverstoßes Auswirkungen auf den Beginn der dem Kündigungsberechtigten zuzubilligenden Überlegungsfrist hat, keiner Entscheidung. Es ging in diesem Fall entscheidend darum, dass der Kündigungsberechtigte vor den zum Anlass für die außerordentliche Kündigung genommenen Vertragsverstößen bereits seit längerem hinreichend konkrete Hinweise auf gleichgelagerte Vertragsverstöße hatte, es aber gleichwohl unterließ, diesen nachzugehen.
- 24
- cc) Ob es, wie die Revision meint, sachgerecht ist, bei dauerhaften oder wiederkehrenden Verstößen gegen ein Konkurrenzverbot die angemessene Frist, in der die außerordentliche Kündigung erklärt werden muss, erst mit dem Abschluss des vertragswidrigen Verhaltens beginnen zu lassen, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn auch wenn man, wie das Berufungsgericht, von einem Fristbeginn bereits ab Erlangung einer hinreichend sicheren Kenntnis des Kündigungsgrundes, hier also spätestens am 7. Juni 2005, ausginge, wäre die von der Klägerin am 4. Oktober 2005 ausgesprochene außerordentliche Kündigung aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles gleichwohl nicht als verspätet anzusehen.
- 25
- Das Berufungsgericht hat übersehen, dass der wesentliche Grund für die vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, ein zweimonatiges Zuwarten führe im Regelfall zum Verlust des Kündigungsrechts, darin liegt, dass ein solches Zuwarten - wie oben bereits erwähnt - darauf hindeutet , dass der Kündigende das beanstandete Ereignis selbst nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem anderen Teil bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung unzumutbar wäre (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 1999 - VIII ZR 123/98, aaO). Maßgeblich ist mithin das mit zunehmender Dauer der Nichtbeanstandung des Vertragsverstoßes steigende Vertrauen des Vertragspartners auf einen Fortbestand des Vertrages. Ein solches Vertrauen der Klägerin war hier jedoch schon deshalb nicht berechtigt, weil ihr bekannt war, dass die Beklagte die im Vorjahr begangenen, gleichartigen Verstöße gegen das Konkurrenzverbot nicht hingenommen , sondern eine Abmahnung ausgesprochen und die fristlose Kündigung des Händlervertrages angedroht hatte.
- 26
- b) Zutreffend beanstandet die Revision überdies, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, Kündigungsgrund sei (auch) der Umstand ge- wesen, dass die Klägerin ihr vertragswidriges Verhalten nach der Abmahnung vom 21. September 2005 fortgesetzt habe, als neuen, im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigenden Vortrag angesehen und den Vortrag in einer Hilfsüberlegung zudem auch inhaltlich für unerheblich gehalten hat.
- 27
- aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, der genannte Vortrag sei im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, ist, wie die Revision zutreffend rügt - ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei angesichts des Inhalts des unstreitigen und bereits in erster Instanz vorgelegten Kündigungsschreibens vom 4. Oktober 2005 überhaupt um ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rn. 10; Senatsurteil vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 247/06, NJW 2009, 2532 Rn. 15; jeweils mwN) - schon deshalb rechtsfehlerhaft , weil der Zulassungsgrund des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vorlag. Der Gesichtspunkt, ob Kündigungsgrund (auch) die Fortsetzung des vertragswidrigen Verhaltens nach Abmahnung war, war nach der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts unerheblich. Denn das Landgericht hat der Beklagten wegen der Dauerhaftigkeit der Pflichtverletzung der Klägerin eine weiträumige, nicht vor Beendigung des vertragswidrigen Zustandes beginnende und damit die hier streitgegenständliche Zeitspanne umfassende Überlegungsfrist zugebilligt. Auf spätere zusätzliche Kündigungsgründe kam es daher nach der Rechtsauffassung des Landgerichts nicht an. Diese Rechtsansicht des Erstgerichts hat den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, wie für die Anwendung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2006 - V ZR 148/05, NJW-RR 2006, 1292 Rn. 16 ff.; BGH, Beschluss vom 22. Februar 2007 - III ZR 114/06, NJW-RR 2007, 774 Rn. 7 f.), auch beeinflusst und ist (mit-) ursächlich dafür geworden, dass sich das oben genannte Vorbringen der Beklagten in das Berufungsverfahren verlagert hat und dort nach einem - von der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts abweichenden - Hinweis des Berufungsgerichts vom 5. Mai 2008 erfolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2006 - V ZR 148/05, aaO Rn. 18 und 20).
- 28
- bb) Fehl geht auch die vom Berufungsgericht - hilfsweise für den Fall einer Berücksichtigung des von ihm zurückgewiesenen Vorbringens der Beklagten - vertretene Auffassung, dieses Vorbringen stehe nicht im Einklang mit dem Inhalt des Kündigungsschreibens vom 4. Oktober 2005. Das Berufungsgericht lässt in diesem Zusammenhang bereits außer Betracht, dass die Gründe für eine außerordentliche Kündigung bei deren Ausspruch nicht genannt zu werden brauchen, und damit die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 89a HGB nicht davon abhängt, dass der Grund, auf den die Kündigung gestützt wird, im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits mitgeteilt worden ist (BGH, Urteil vom 7. Juli 1988 - I ZR 78/87, NJW-RR 1988, 1381 unter II 2 mwN).
- 29
- Zudem spricht der Inhalt des Kündigungsschreibens vom 4. Oktober 2005, anders als das Berufungsgericht meint, keineswegs gegen die Annahme, dass Kündigungsgrund (auch) die Fortsetzung des vertragswidrigen Verhaltens nach Abmahnung war. Als Kündigungsgrund wird in diesem Schreiben der Verstoß gegen das im Händlervertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot genannt und hierbei ausdrücklich erwähnt, dass die Klägerin durch die Abmahnung vom 21. September 2005 unter Gewährung einer Frist zur Abhilfeschaffung auf diese Konsequenz ihres Verhaltens hingewiesen worden sei. Damit kommt deutlich zum Ausdruck, dass jedenfalls auch die - unstreitig - trotz Abmahnung nicht erfolgte Beendigung des Vertragsverstoßes Anlass für den Ausspruch der Kündigung war.
- 30
- cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt die Fortsetzung des Wettbewerbsverstoßes nach der Abmahnung vom 21. September http://www.juris.de/jportal/portal/t/2129/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=83&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066202301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2129/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=83&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066302301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - 2005 einen neuen, selbständigen Kündigungsgrund dar. Schon deshalb steht der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung insoweit nicht entgegen, dass die Beklagte bereits im Juni 2005 Kenntnis von dem Verstoß der Klägerin gegen das Konkurrenzverbot erlangt hatte. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts hätte zur Folge, dass der Unternehmer ein fortgesetztes vertragswidriges Verhalten auf Dauer - bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist - hinnehmen müsste, wenn er auf den ersten ihm zur Kenntnis gelangten Verstoß nicht innerhalb angemessener Frist die außerordentliche Kündigung erklärt. Das Berufungsgericht verkennt dabei, dass ein dauerhaftes vertragswidriges Verhalten durch ein Zuwarten des Unternehmers nicht zu einem vertragsgemäßen Verhalten wird. Der Unternehmer bleibt deshalb berechtigt, eine Abmahnung auszusprechen und eine gleichwohl erfolgende Fortsetzung des vertragswidrigen Verhaltens zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung des Vertragshändlervertrages zu nehmen.
III.
- 31
- Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben ; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die außerordentliche Kündigung vom 4. Oktober 2005 wirksam ist und den Händlervertrag der Parteien mit sofortiger Wirkung beendet hat, steht der Klägerin der geltend gemachte Fest- stellungsanspruch nicht zu. Die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts ist daher zurückzuweisen. Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.02.2007 - 33 O 45/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.06.2008 - I-16 U 36/07 -
Das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, wird durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen.
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat, - 2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und - 3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, - 2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung - a)
der Art der Sache und - b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
- 3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und - 4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage
- 1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder - 2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.
(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.
(1) Ist eine Zeit für die nach § 433 zu erbringenden Leistungen weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger diese Leistungen abweichend von § 271 Absatz 1 nur unverzüglich verlangen. Der Unternehmer muss die Ware in diesem Fall spätestens 30 Tage nach Vertragsschluss übergeben. Die Vertragsparteien können die Leistungen sofort bewirken.
(2) § 447 Absatz 1 gilt mit der Maßgabe, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung nur dann auf den Käufer übergeht, wenn der Käufer den Spediteur, den Frachtführer oder die sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person oder Anstalt mit der Ausführung beauftragt hat und der Unternehmer dem Käufer diese Person oder Anstalt nicht zuvor benannt hat.
(3) § 439 Absatz 6 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen sind. Die §§ 442, 445 und 447 Absatz 2 sind nicht anzuwenden.
(4) Der Verbraucher kann von dem Unternehmer für Aufwendungen, die ihm im Rahmen der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 2 und 3 entstehen und die vom Unternehmer zu tragen sind, Vorschuss verlangen.
(5) Der Unternehmer hat die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat, und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher durchzuführen, wobei die Art der Ware sowie der Zweck, für den der Verbraucher die Ware benötigt, zu berücksichtigen sind.
(6) Im Fall des Rücktritts oder des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung wegen eines Mangels der Ware ist § 346 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Unternehmer die Kosten der Rückgabe der Ware trägt. § 348 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Nachweis des Verbrauchers über die Rücksendung der Rückgewähr der Ware gleichsteht.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Hat der Schuldner die Nutzungen eines Gegenstands herauszugeben oder zu ersetzen, so beschränkt sich seine Verpflichtung während des Verzugs des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er zieht.
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.
Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.