Landgericht Essen Urteil, 23. Juli 2015 - 6 O 156/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückzahlung gezahlter Vorfälligkeitsentschädigungen nach Abrechnung zweier Darlehen.
3Der Kläger schloss mit der Beklagten am 26.08.2008 zwei Darlehensverträge. Im Rahmen des ersten der am 26.08.2008 geschlossenen Darlehensverträge (Nr. …) vereinbarten die Parteien die Gewährung eines Nettokreditbetrags i.H.v. 100.000,00 € zu einem bis zum 31.12.2010 festgeschriebenen Zinssatz von 5,25 % p.a., was einem effektivem Jahreszinssatz von 5,38 % entspricht. Die Darlehensgewährung sollte gemäß Ziff. 1 des Darlehensvertrags der anteiligen Finanzierung des Objektes S-Str. … in … F dienen. Die Tilgung des Darlehens sollte durch monatlich gleichbleibende Raten in Höhe von 520,83 € - beginnend ab dem 31.07.2008 - via Bankeinzug erfolgen. Unter Ziff. 5. vereinbarten die Parteien, dass die Beklagte bis zum 31.12.2010 an die vereinbarten Konditionen des Darlehensvertrags gebunden ist. Die Parteien kamen unter Ziff. 8 des Darlehensvertrag überein, dass der Kläger zur Besicherung des Darlehens eine Briefgrundschuld an dem Grundstück Gemarkung G1 eintragen sollte. Nach Ziff. 12 des Vertrages sollte der Kläger eine der bereits am 22.08.2008 von der Beklagten unterzeichneten Vertragsausfertigungen nebst der gesondert zu unterschreibenden Widerrufsbelehrung an die Beklagte zurücksenden. Die zweite Ausfertigung nebst Widerrufsbelehrung sollte beim Kläger verbleiben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrags wird auf die der Klageschrift beigefügten abgelichteten Unterlagen Bezug genommen (K1, Bl. 7ff. d.A.).
4Der ebenfalls am 26.08.2008 zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag (Nr. …) verhielt sich über ein Nettokreditbetrag i.H.v. 131.000,00 € zu einem bis zum 31.07.2018 festgeschriebenen Zinssatz von 5,12 % p.a., also einem effektiven Jahreszins i.H.v. 5,24 %. Die Tilgung der Darlehensschuld sollte vereinbarungsgemäß durch Zahlung gleichbleibender monatlicher Raten i.H.v. 686,10 € ab dem 31.8.2008 durch Bankeinzug vom Konto des Klägers erfolgen. Das Darlehen sollte ebenso durch Eintragung einer Briefgrundschuld an dem Grundstück Gemarkung G1 besichert werden. Der Kläger bekam hier ebenfalls nach Ziff. 12 des Vertrags zwei Vertragsausfertigungen, die jeweils von der Beklagten am 22.08.2008 unterzeichnet worden waren, wobei er eine Ausfertigung nach Unterzeichnung an die Beklagte zurücksenden und eine für sich behalten sollte. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrags wird auf die in Ablichtung vorliegenden Unterlagen Bezug genommen (K2, Bl. 13ff. d.A.)
5Die Darlehensverträge vom 26.08.2008 enthielten jeweils die folgende gesondert von dem Kläger unterschriebene Widerrufsbelehrung:
67
Im Herbst 2010 trat der Kläger an die Beklagte heran und bat aufgrund der für den Darlehensvertrags mit der Konto-Nr. … am 31.12.2010 ablaufenden Bindung der Beklagten an die ursprünglichen Vereinbarungen über die Verzinsung und Tilgung um Abschluss einer Prolongationsvereinbarung. Die Parteien kamen unter Abschluss des „Prolongations-Immobiliendarlehensvertrags über ein festverzinsliches Annuitätsdarlehen“ vom 17.11.2010 überein, dass das Darlehen ab dem 31.12.2010 zu einem bis zum 31.12.2020 gebundenen Sollzinssatz i.H.v. 4,14 % p.a. zu verzinsen sei. Der Prolongationsvereinbarung war eine Widerrufsbelehrung mit dem folgenden Inhalt beigefügt (Bl. 79 d.A.):
8 9Hinsichtlich des weiteren Inhalts des „Prolongations-Immobiliendarlehensvertrags über ein festverzinsliches Annuitätsdarlehen“ wird auf die in Ablichtungen vorliegenden Unterlagen Bezug genommen (Bl. 75ff. d.A.).
10Am 09.10.2014 beantragte der Kläger die Änderung der beiden Darlehensverträge vom 26.08.2008 dahingehend, dass eine vollständige Rückzahlung der jeweiligen Darlehensvaluta zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufgrund des anstehenden Verkaufs des Pfandobjekts möglich sein sollte (Bl. 64ff. und Bl. 67ff. d.A.). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Anträge auf Änderung der Darlehensverträge wird auf Bl. 64 ff. bzw. Bl. 67ff. d.A. inhaltlich Bezug genommen.
11Nach einvernehmlichen Vertragsänderungen aufgrund der Anträge des Klägers zur Änderung der Darlehensverträge vom 09.10.2014 erfolgte am 03.11.2014 die vorzeitige Ablösung der Darlehensverträge durch den Kläger. Die Beklagte berechnete für den ersten Darlehensvertrag (Konto-Nr.: …) eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. insgesamt 19.426,60 €, wobei sich der Betrag ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 07.01.2015 aus einer Vorfälligkeitsentschädigung von 19.553,07 €, abzüglich ersparter Verwaltungskosten von 93,83 €, abzüglich ersparter Risikokosten von 272,64 € sowie zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr i.H.v. 250,00 € errechnete. Für den zweiten Darlehensvertrag (Konto-Nr.: …) berechnete die Beklagte eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. insgesamt 22.164,26 € (Vorfälligkeitsentschädigung 22.141,05 €, abzgl. ersparter Verwaltungskosten von 0,00 €, abzgl. ersparter Risikokosten von 226,79 €, zzgl. einer Bearbeitungsgebühr i.H.v. 250,00 €). Der Kläger zahlte die Vorfälligkeitsentschädigungssummen an die Beklagte.
12Mit Schreiben vom 11.12.2014 meldete der Kläger gegenüber der Beklagten Bedenken hinsichtlich der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sowie bezüglich der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung an und bat darum, dass ihm die Beklagte ein Angebot für eine Entschädigung zu seinen Gunsten unterbreiten solle. Mit Schreiben vom 07.01.2015 berief sich die Beklagte darauf, dass die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigungen nicht zu beanstanden sei und dass der Kläger über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden sei.
13Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.03.2015 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Widerruf der Darlehensverträge gegenüber der Beklagten und forderte diese - wenngleich vergeblich – auf, die vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigungen nebst Kosten binnen zwei Wochen an den Kläger zu erstatten.
14Der Kläger ist der Ansicht, dass die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß sei, so dass die Widerrufsfrist bis zum heutigen Tag noch nicht zu laufen begonnen habe. So habe die Beklagte es unterlassen, ihn - den Kläger - als Verbraucher über den konkreten Beginn der Widerrufsfrist sowie über die Rechtsfolgen des Widerrufs ordnungsgemäß zu belehren. Insbesondere würde der Hinweis darauf fehlen, dass der Darlehensnehmer verpflichtet sei, die empfangenen Leistungen binnen 30 Tagen zurückzugewähren.
15Der Kläger beantragt,
161. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 41.600,86 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
172. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.706,94 € zu zahlen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Die Beklagte ist der Auffassung, dass der von dem Kläger erklärte Widerruf verfristet sei. Die Widerrufsbelehrungen, welche der Kläger erhalten habe, seien sowohl hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist als auch hinsichtlich der Widerrufsfolgen ordnungsgemäß. Darüber hinaus scheide ein Widerruf des Vertrages auch deshalb aus, weil der Kläger das Darlehen am 03.11.2014 – unstreitig – vollständig abgelöst habe. Das Recht des Klägers zum Widerruf der Darlehensverträge sei zudem verwirkt. Das Umstandsmoment sei durch die stete Darlehensrückführung über einen langen Zeitraum erfüllt, da der Kläger hiermit zum Ausdruck gebracht habe, dass er die Darlehensverträge zu erfüllen gedenke, worauf sie - die Beklagte - auch habe vertrauen dürfen. Darüber hinaus habe der Kläger den Willen zur ordnungsgemäßen Durchführung der Darlehensverträge dadurch bekundet, dass er im Jahr 2010 – unstreitig – die bereits erwähnte Prolongationsvereinbarung mit ihr - der Beklagten - hinsichtlich des ersten Darlehensvertrages getroffen habe. Der Widerruf stelle zudem eine unzulässige Rechtsausübung dar, da er mit dem Sinn und Zweck des Widerrufsrechts nicht vereinbar sei.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2015 (Bl. 112 ff. d.A.) verwiesen.
22Entscheidungsgründe:
23Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
24A.
25Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der von ihm gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen.
26I.
27Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 41.600,86 € aus §§ 495 I, 355 I, 357 I 1, 346 ff. BGB [§ 495 i.d.F. vom 01.08.2002 bis 10.06.2010, §§ 355, 357 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010]. Die zwischen den Parteien bestehenden Darlehensverträge haben sich durch den mit Schreiben vom 09.03.2015 erklärten Widerruf nicht nach §§ 357 I, 346 I BGB a.F. in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Der Widerruf ist unwirksam, da der Widerruf der auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des Klägers – trotz ordnungsgemäßer Belehrung – nicht innerhalb der Frist des § 355 II 2 BGB a.F. erfolgte. Dazu im Einzelnen:
281.
29Der Kläger hatte grundsätzlich ein Widerrufsrecht nach §§ 495, 355 I BGB a.F.
30Es handelte sich bei den Darlehensverträgen vom 26.08.2008 um Verbraucherdarlehensverträge im Sinne der §§ 491 ff. BGB, so dass der Kläger gemäß § 495 I BGB a.F. als Darlehensnehmer ein Widerrufsrecht nach § 355 I 1 BGB - hier in der Fassung vom 02.12.2004, gültig bis zum 10.06.2010 - hatte.
31Bei den Darlehensverträgen vom 26.08.2008 handelte es sich zunächst um entgeltliche Darlehensverträge i.S.d. § 491 I BGB a.F. Die Beklagte verpflichtete sich im Rahmen der Darlehensverträge jeweils dazu, dem Kläger einen bestimmten Nettokreditbetrag zur Verfügung zu stellen und der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug, einen jeweilig vereinbarten Zinssatz zu zahlen und die Darlehensbeträge der Beklagten durch monatliche Tilgungsleistungen zurückzuerstatten, § 488 I BGB.
32Die Beklagte – als Darlehensgeberin – handelte als Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB. Als Aktiengesellschaft i.S.d. § 1 AktG ist die Beklagte Formkauffrau nach § 3 I AktG und somit Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB. Die Vergabe des Darlehens erfolgte zudem im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit.
33Der Kläger – als Darlehensnehmer – hat die streitgegenständlichen Darlehen hierbei als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB in Anspruch genommen. Gem. § 13 BGB ist jede natürliche Person Verbraucher, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen Tätigkeit noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Nach der Rechtsprechung des BGH gehen anhand der negativen Formulierung in § 13 BGB („ die überwiegendweder …“) Zweifel hinsichtlich der für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts nicht zulasten des Verbrauchers. Vielmehr ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen (BGH, Urt. v. 30.09.2009, VIII ZR 7/09, zitiert nach juris). Eine anderweitige Betrachtung ist nur dann anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
34Ausweislich der Darlehensverträge vom 26.08.2008 sollten die Nettokreditbeträge zur anteiligen Finanzierung des Objektes S-Str. … in … F verwendet werden. Die Finanzierung des Erwerbs des Grundstücks diente hierbei weder überwiegend der selbstständigen noch der gewerblichen Tätigkeit des Klägers i.S.d. § 13 BGB. Da es sich hierbei ausweislich der „Prolongations - Immobiliendarlehensvertrag über ein festverzinsliches Annuitätsdarlehen“ vom 17.11.2010 und der „Anträge zur Änderung eines Darlehensvertrags“ vom 09.10.2014 um die damalige Privatanschrift und somit den Wohnsitz des Klägers zumindest in dem Zeitraum von November 2010 bis Oktober 2014 gehandelt hat, ist davon auszugehen, dass der Abschluss der Darlehensverträge zur anteiligen Finanzierung des Erwerbs des Objektes S-Str. … in … F zur eigenen Nutzung und neuen Wohnanschrift des Klägers erfolgen sollte. Darüber hinaus indiziert die Belehrung des Klägers über sein Widerrufsrecht im Rahmen der Darlehensverträge die Verbraucherstellung des Klägers.
352.
36Der Widerruf ist allerdings unwirksam, weil er nicht innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist des § 355 II 1 BGB a.F. erklärt wurde. Die zweiwöchige Frist des § 355 II 2 BGB a.F. zum Widerruf der auf Abschluss der streitgegenständlichen Darlehensverträge vom 26.08.2008 gerichteten Willenserklärungen begann bereits einen Tag nach Absendung der von dem Kläger unterschriebenen Vertragsunterlagen an die Beklagte im Jahr 2008 zu laufen und war somit zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 09.03.2015 – also mehr als sechseinhalb Jahre später – abgelaufen.
37Zwar kann ein Verbraucher den Widerruf nach §§ 495, 355 I BGB a.F. auch nach - längst eingetretenem - Ablauf der in der Widerrufsbelehrung genannten zweiwöchigen Widerrufsfrist noch wirksam ausüben, wenn der Lauf der Frist nicht wirksam in Gang gesetzt wurde, da die Widerrufsfrist gem. § 355 II 1, III 2 BGB a.F. erst zu laufen beginnt, sobald dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Die den Darlehensverträgen vom 26.08.2008 beigefügten Widerrufsbelehrungen erfüllen allerdings die Anforderungen, die das Gesetz und die Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Belehrung über das Recht zum Widerruf nach §§ 495, 355 I, 357 I BGB a.F. stellt.
38a)
39Maßgeblich für die Beurteilung des Laufs der Widerrufsfrist sind vorliegend die den Darlehensverträgen vom 26.08.2008 beigefügten Widerrufsbelehrungen.
40Soweit dem „Prolongations-Immobiliardarlehensvertrag über ein festverzinsliches Annuitätendarlehen“, welcher sich ausschließlich auf den Darlehensvertrag Nr. … bezieht, eine weitere Widerrufsbelehrung beigefügt war, kann diese Belehrung bei der Beurteilung des Widerrufs des Darlehensvertrags Nr. … keine Berücksichtigung finden. Vorliegend kann zunächst dahinstehen, ob der „Prolongations-Immobiliardarlehensvertrag über ein festverzinsliches Annuitätendarlehen“ den ursprünglichen Darlehensvertrag Nr. … gänzlich ablösen oder die Bedingungen des Darlehensvertrags bei dessen Fortbestand nur modifizieren sollte, da nach der obergerichtlichen Rechtsprechung die einvernehmliche Aufhebung des ursprünglichen Darlehensvertrags oder dessen vollständige Ablösung durch einen weiteren Darlehensvertrag dem Widerruf der auf Abschluss des durch die Ersetzung nunmehr gegenstandlos gewordenen Vertrags grundsätzlich nicht entgegensteht (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 11.12.2013, 31 U 127/13; OLG Hamm, Urt. v. 25.03.2015, 31 U 155/14, zitiert nach juris).
41Die dem „Prolongations-Immobiliardarlehensvertrag über ein festverzinsliches Annuitätendarlehen“ beigefügte Widerrufsbelehrung stellt zudem keine, die ursprüngliche Widerrufsbelehrung ablösende, Nachbelehrung des Klägers dar. Eine Nachbelehrung i.S.d. § 355 II 2 BGB a.F. ist nur dann wirksam und maßgeblich, wenn die nachträglich abgegebene Erklärung überhaupt einen für den Darlehensnehmer erkennbaren Bezug zu der früheren Vertragserklärung aufweist, deren Belehrungsmangel im Nachhinein ausgeglichen werden soll (BGH, Urt. v. 26.10.2010, XI ZR 367/07, zitiert nach juris; BGH, Beschl. v. 15.02.2011, XI ZR 148/10, zitiert nach juris). Dieses Formerfordernis ergibt sich allein schon aus dem Begriff der "Nachbelehrung", folgt aber auch aus den Anforderungen des Deutlichkeitsgebots nach § 355 II 2 BGB, welches nicht nur die äußere Gestaltung, sondern zusätzlich die inhaltliche Abfassung der Widerrufsbelehrung umfasst (BGH, Urt. v. 4.07.2002, I ZR 55/00, zitiert nach juris; BGH, Urt. v. 23.06.2009, XI ZR 156/08, zitiert nach juris). Das Erfordernis einer deutlich gestalteten Belehrung nach § 355 II 1 BGB a.F. gilt hierbei für die nachträgliche Belehrung ebenso wie für die rechtzeitige Belehrung im Rahmen des Vertragsschlusses (MüKo/Masuch, BGB (2012), § 355 Rn. 54; Palandt/Grüneberg, BGB (2015), § 355 Rn. 19). Die dem „Prolongations-Immobiliardarlehensvertrag über ein festverzinsliches Annuitätsdarlehen“ beigefügte Widerrufsbelehrung nimmt weder ausdrücklich Bezug auf den ursprünglichen Darlehensvertrag vom 26.08.2008 noch offenbart sie dem Adressaten deutlich ihren Charakter als Nachbelehrung aufgrund eines bestehenden Belehrungsmangels.
42b)
43Die den Darlehensverträgen vom 26.08.2008 beigefügten Widerrufsbelehrungen sind allerdings geeignet, den Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu belehren und halten einer Überprüfung anhand der Grundsätze des Deutlichkeitsgebots nach § 355 II 1 BGB a.F. stand. Die Widerrufsbelehrung muss inhaltlich zutreffend und aufgrund des in § 355 II 1 BGB a.F. geregelten Deutlichkeitsgebotes umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, das ihm von Gesetzes wegen zustehende Widerrufsrecht auszuüben (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 19.11.2012, 31 U 97/12, zitiert nach juris).
44aa.)
45Die Darstellung des Beginns der Widerrufsfrist durch die Beklagte begegnet keinen Bedenken. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist eine Widerrufsbelehrung dann unzureichend und fehlerhaft, wenn der Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt wird (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2012, III ZR 83/11, m.w.N., zitiert nach juris). Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung hinsichtlich des zeitlichen Rahmens in welchem ihm die bedingungslose Lösung von dem von ihm eingegangenen Vertrag zugestanden wird. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (BGH, Urt. v. 26.05.2009, XI ZR 242/08, zitiert nach juris).
46(1.)
47Nach dem Inhalt der Widerrufsbelehrungen beginnt der Lauf der Frist für den Widerruf am folgenden Tag, nachdem der Darlehensnehmer die von ihm gegengezeichnete Vertragsausfertigung nebst der separat vom Darlehensnehmer unterzeichneten Widerrufsbelehrung an die Bank abgesandt oder der Bank übergeben hat.
48Diese Aussage entspricht - was die Kammer durchaus nicht verkennt - nicht der gesetzlichen Regelung des § 355 II 1 BGB a.F. Nach der gesetzlichen Regelung ist nicht – wie in der Widerrufsbelehrung der Beklagten vorgesehen – zur Bestimmung des Beginns der Widerrufsfrist auf die Absendung der durch den Kläger unterschriebenen Vertragsurkunde sowie der Widerrufsbelehrung an die Beklagte abzustellen, vielmehr ist der Erhalt der Widerrufserklärung und der Vertragsurkunde oder des Antrags des Klägers bzw. einer Abschrift derselben maßgeblich. Gem. § 355 II 1 BGB a.F. beginnt der Lauf der Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts mit dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Nach § 355 II 3 BGB a.F. beginnt die Frist – für den Fall, dass der fragliche Vertrag, wie hier nach § 492 I BGB, der Schriftform bedarf – allerdings nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags des Verbrauchers zur Verfügung gestellt wurde.
49Die Abweichung von der gesetzlichen Bestimmung des Beginns der Widerrufsfrist ist allerdings unschädlich und steht der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung nicht entgegen. Die Vereinbarung einer im Vergleich zur gesetzlichen Regelung längeren Widerrufsfrist durch die Parteien in einer gesondert zu unterschreibenden Widerrufsbelehrung ist nach der Rechtsprechung des BGH unschädlich und führt nicht zur Unwirksamkeit der Belehrung (BGH, Urt. v. 13.01.2009, XI ZR 47/08, zitiert nach juris; BGH, Urt. v. 26.05.2009, XI ZR 242/08, zitiert nach juris; LG Duisburg, Urt. v. 05.05.2014, 2 O 289/13, zitiert nach juris). Der – insoweit im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung des § 355 II 2, III 1 BGB a.F. auf die Absendung der unterzeichneten Vertragsunterlagen hinausgeschobene Beginn der Widerrufsfrist stellt eine den Verbraucher begünstigende Vereinbarung der Verlängerung der gesetzlichen Widerrufsfrist im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des BGH dar.
50Nach der gesetzlichen Regelung des § 355 II 2, 3 BGB a.F. würde die zweiwöchige Widerrufsfrist vorliegend mit der Zeichnung der bereits von der Beklagten unterzeichneten Vertragsausfertigung durch den Kläger am 26.08.2008 beginnen, da erst ab diesem Zeitpunkt ein Vertragsschluss zustande gekommen wäre und der Kläger somit von der Beklagten eine Vertragsurkunde i.S.d. § 355 II 3 BGB a.F. zur Verfügung gestellt bekommen hätte, welche nach Ziff. 12 der Darlehensverträge beim Kläger verbleiben soll. Nach dem Inhalt der Widerrufsbelehrung der Beklagten würde die Widerrufsfrist demgegenüber erst einen Tag nach Absendung der von dem Kläger und der Beklagten unterzeichneten Vertragsausfertigung und der vom Kläger unterschriebenen Widerrufsbelehrung beginnen. Da die Unterzeichnung der Darlehensverträge durch den Kläger – ausweislich der Vertragsurkunden – am 26.08.2008 erfolgte, würde die Widerrufsfrist somit mit Absendung der gezeichneten Ausfertigung nebst Widerrufsbelehrung frühestens am 27.08.2008, bei späterer Absendung an die Beklagte dementsprechend erst später, zu laufen beginnen. Mit der Unterschrift der Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag haben die Parteien die Verlängerung der gesetzlichen Widerrufsfrist vertraglich vereinbart.
51Diese Übereinkunft entspricht hierbei dem Interesse des Verbrauchers, dem bei Bestimmung des Fristbeginns anhand der Absendung der Vertragsunterlagen an den Darlehensgeber ein längerer Zeitraum zum Überdenken des Vertragsschlusses eingeräumt wird, als das Gesetz ihm in § 355 II 2 BGB a.F. zugesteht und er den Beginn der Widerrufsfrist zudem selbst beeinflussen kann (vgl. MüKo/Masuch, BGB (2012), § 355 Rn. 4; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rn. 2, 11). Eine solche Regelung ist zudem mit dem Schutzzweck des § 355 II 2 BGB a.F., dem Verbraucher durch Einräumung einer nachträglichen Bedenkzeit vor Gefahren zu schützen, die sich aus schwer zu durchschauenden Geschäften mit Unternehmerbeteiligung ergeben können, vereinbar. Eine Verlängerung der Widerrufsfrist sowie die Einräumung sonstiger weitergehender Verbraucherrechte steht dem Regelungszweck des § 355 BGB a.F. grundsätzlich nicht entgegen, soweit sich damit nicht zugleich qualitative Änderungen zu Lasten des Verbrauchers verbinden (MüKo/Masuch, BGB (2012), § 355 Rn 4; BGH, Urt. v. 13.01.2009, XI ZR 47/08, zitiert nach juris).
52(2.)
53Die Formulierung der Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Fristbeginns erfüllt zudem die Voraussetzungen des Deutlichkeitsgebots nach § 355 II 1 BGB a.F. Insbesondere ist die Widerrufsbelehrung umfassend, unmissverständlich, für den Verbraucher eindeutig und versetzt ihn in die Lage, den Lauf der Widerrufsfrist eigenständig zu bestimmen und sein Widerrufsrecht fristgerecht auszuüben. Aus der von der Beklagten gewählten Formulierung ist für den durchschnittlichen und verständigen Verbraucher zu erkennen, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist einen Tag nach Absendung oder alternativ nach Übergabe der unterschriebenen Unterlagen an die Bank zu laufen beginnt. Den Zeitpunkt der Absendung oder der Übergabe der Vertragsunterlagen an die Bank bestimmt ausschließlich der Verbraucher, so dass ihm die Berechnung des genauen Tags des Fristbeginns unproblematisch möglich ist. Auch die Formulierung „am folgenden Tag“ ist nicht geeignet, ein Missverständnis über den konkreten Fristablauf zu gerieren, da die Frist gem. § 188 I BGB stets mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist endet.
54Die von der Beklagten verwandten Widerrufsbelehrungen entsprechen auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 10.03.2009 (BGH, Urt. v. 10.03.2009, XI ZR 33/08, zitiert nach juris) den Anforderungen des Deutlichkeitsgebots nach § 355 II 1 BGB a.F. Die Formulierung der Widerrufsbelehrungen ist nicht geeignet, zu der unzutreffenden Annahme des Verbrauchers zu führen, dass die Widerrufsfrist bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits zu laufen beginnt. Die Widerrufsbelehrungen der Beklagten bestimmen als fristauslösendes Ereignis die Absendung der separat vom Kläger unterzeichneten Widerrufsbelehrung und der von ihm gegengezeichneten Vertragsausfertigung. Nach dieser Formulierung ist es ausgeschlossen, dass der Lauf der Widerrufsfrist bereits bei Zusendung der von der Beklagten unterzeichneten Vertragsausfertigung, also vor dem eigentlichen Vertragsschluss, zu laufen beginnt.
55bb.)
56Auch hinsichtlich der Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs sind die von der Beklagten verwandten Widerrufsbelehrungen nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger geltend macht, dass die Widerrufsbelehrungen nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, da in der Musterbelehrung enthaltene Hinweis fehle, dass der Darlehensnehmer verpflichtet ist, binnen 30 Tagen die empfangenen Leistungen zurückzugewähren, rechtfertigt dies nicht die Annahme der Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrungen. Nach der damals geltenden Fassung des § 355 II BGB a.F. bestand für den Unternehmer keine Pflicht, auf die Rechtsfolgen des Widerrufs hinzuweisen. Dies ergibt sich auch aus einer Zusammenschau mit § 312 II BGB a.F., welcher ausdrücklich eine Belehrungspflicht über die Rechtsfolgen des Widerrufs bei einem Haustürgeschäft vorsah. Aus dem Umstand, dass § 355 II BGB a.F. eine solche Regelung nicht trifft, ist e contrario zu folgern, dass eine ausdrückliche Belehrung zu den Widerrufsfolgen bei Verbrauchergeschäften, die nicht in einer Haustürsituation zustande gekommen sind, nicht erforderlich ist (OLG Hamm, Urt. v. 16.03.2015, 31 U 118/14, zitiert nach juris; OLG Celle, Beschl. v. 14.07.2014, 3 W 34/14, zitiert nach juris). Belehrt der Unternehmer trotzdem über die Widerrufsfolgen, ist diese Belehrung nur dann nicht ordnungsgemäß i.S.d. § 355 III 3 BGB a.F., wenn die Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs fehlerhaft erfolgt ist. Soweit die Widerrufsbelehrungen der Beklagten unter der Überschrift "Widerruf bei bereits erhaltenen Leistungen" den Hinweis enthalten, dass der Darlehensnehmer für den Fall, dass er vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank erhalten hat, sein Widerrufsrecht dennoch ausüben kann, aber bei Widerruf empfangene Leistungen an die Bank zurückgewähren muss und der Bank die von ihm aus der Leistung gezogenen Nutzungen herauszugeben habe, ist dieser Hinweis von Rechts wegen nicht zu beanstanden, da er dem Abwicklungsverhältnis nach einem Widerruf Rechnung trägt (OLG Hamm, Urt. v. 16.03.2015, 31 U 118/14, zitiert nach juris).
57II.
58Der Kläger hat darüber hinaus keinen Anspruch auf Zahlung von 41.600,86 € aus §§ 495 I, 355 I, 357 I 1, 346 ff. BGB, mit Blick auf die Prolongationsvereinbarung vom 17.11.2010. Ob der „Prolongations - Immobiliardarlehensvertrag über ein festverzinsliches Annuitätendarlehen“ isoliert widerrufen werden kann und welche Rechtsfolgen dies hätte, braucht vorliegend nicht untersucht zu werden, da der Kläger hinsichtlich der auf Abschluss des „Prolongations-Immobiliardarlehensvertrags über ein festverzinsliches Annuitätendarlehen“ gerichteten Willenserklärung ohnehin keinen Widerruf nach § 355 I 2 BGB a.F. erklärt hat.
59III.
60Der Kläger hat darüber hinaus keinen Anspruch auf Zahlung von 41.600,86 € aus § 812 I 1 1. Alt. BGB. Die Zahlungen der Vorfälligkeitsentschädigungen an die Beklagte erfolgten jeweils mit Rechtsgrund, da der Kläger die streitgegenständlichen Darlehensverträge nicht wirksam widerrufen hat (s.o.). Es ist zudem weder ersichtlich noch hinreichend vorgetragen, dass die konkrete Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung durch die Beklagte fehlerhaft erfolgt ist. Vielmehr hat sie die Berechnung unter Einhaltung der üblichen Grundsätze vorgenommen (vgl. dazu Palandt/Weidenkaff, BGB (2015), § 490 Rn u, m.w.N.), was der Kläger überdies gar nicht in Abrede stellt.
61B.
62Mangels Anspruchs auf Rückzahlung gegen die Beklagte hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten seines Prozessbevollmächtigten oder auf etwaige Zinszahlungen, §§ 280 I, II, 286 I, 288, 249ff. BGB.
63C.
64Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Essen Urteil, 23. Juli 2015 - 6 O 156/15
Urteilsbesprechungen zu Landgericht Essen Urteil, 23. Juli 2015 - 6 O 156/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Landgericht Essen Urteil, 23. Juli 2015 - 6 O 156/15 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Rechtsanwältin in H. . Die Beklagte vertreibt Lampen über das Internet. Am 7. Oktober 2007 bestellte die Klägerin über die Internetplattform der Beklagten unter anderem drei Lampen zu einem Gesamtpreis von 766 €. Sie gab dabei als Liefer- und Rechnungsadresse an: "Kanzlei Dr. B. ....".
- 2
- In ihrer Bestelleingangsbestätigung vom 7. Oktober 2007 räumte die Beklagte der Klägerin ein Widerrufsrecht von 14 Tagen ein; die Widerrufsfrist begann mit Erhalt der Bestätigung. Die Klägerin bezahlte und erhielt die bestellten Lampen. Mit E-Mail-Schreiben vom 19./21. November 2007 widerrief die Kläge- rin ihre Vertragserklärungen mit der Begründung, sie habe die Lampen als Verbraucherin bestellt und sei - was zwischen den Parteien außer Streit steht - nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1, § 312d Abs. 1, § 312b Abs. 1 BGB belehrt worden. Die Beklagte wies den Widerruf als verspätet zurück.
- 3
- Das Amtsgericht hat sich - im weiteren Verfahren unangegriffen - nach Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die bestellten Lampen für die Privatwohnung der Klägerin bestimmt waren, und hat der auf Zahlung von 766 € sowie Feststellung des Annahmeverzugs hinsichtlich der zurückzugebenden Lampen gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (LG Hamburg, CR 2009, 261) ist der Auffassung, der Klägerin stehe kein Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1, § 312d Abs. 1, § 312b Abs. 1 BGB zu, da sie bezüglich des Lampenkaufs nicht als Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB gehandelt habe. Ob ein Verbraucherhandeln vorliege, sei nach dem objektiven Empfängerhorizont zur Zeit des Vertragsschlusses zu beurteilen. Dies gebiete der Verkehrsschutz, der nicht grundsätzlich nachrangig zu den Belangen des Verbraucherschutzes sei. Der Kunde habe es in der Hand, sich in Zweifelsfällen klar und eindeutig zu verhalten, wäh- rend sich der Verkäufer im Hinblick auf Gewährleistungsausschlüsse und Belehrungspflichten auf das Auftreten seines Geschäftspartners verlassen müsse. Stelle man auf den objektiven Empfängerhorizont ab, könnten auch Abgrenzungsprobleme bei sowohl für den privaten wie auch den geschäftlichen Bereich nutzbaren Wirtschaftsgütern vermieden werden. Dies entspreche auch allgemeinen Auslegungsgrundsätzen für empfangsbedürftige Willenserklärungen , nach denen es nicht auf den inneren Willen des Erklärenden ankomme, sondern auf den durch normative Auslegung zu bestimmenden objektiven Erklärungsgehalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers. Im hier zu entscheidenden Fall habe die Beklagte das Auftreten der Klägerin beim Kaufvertragsschluss so verstehen müssen, dass sie als Rechtsanwältin für freiberufliche Zwecke gehandelt habe. Entscheidend hierfür sei, dass die Klägerin die Kanzleianschrift nicht nur als Lieferadresse, sondern auch als Rechnungsadresse angegeben habe.
II.
- 6
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Wirksamkeit des von der Klägerin erklärten Widerrufs mit der Begründung verneint, die Klägerin habe die ihr von der Beklagten gelieferten Lampen nicht als Verbraucherin bestellt.
- 7
- 1. Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Danach hat die Klägerin bei der Bestellung der Lampen objektiv als Verbraucherin gehandelt, denn der Zweck ihres Handelns - die Ausstattung ihrer Privatwohnung mit den bestellten Lampen - ist, wie auch das Berufungsgericht nicht ver- kennt, objektiv nicht ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin , sondern ihrem privaten Lebensbereich zuzurechnen.
- 8
- 2. Der Wortlaut des § 13 BGB lässt allerdings nicht erkennen, ob für die Abgrenzung von Verbraucher- und Unternehmerhandeln allein objektiv auf den von der handelnden Person verfolgten Zweck abzustellen ist (so MünchKommBGB /Micklitz, 5. Aufl., § 13 Rdnr. 35; PWW/Prütting, BGB, 4. Aufl., § 13 Rdnr. 9; Jauernig/Jauernig, BGB, 13. Aufl., § 13 Rdnr. 3; Schmidt-Räntsch in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. § 13 Rdnr. 9), wie die Revision unter Hinweis auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 162, 253 ff.; BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 295/06, NJW 2008, 435) meint, oder ob es - wie das Berufungsgericht annimmt - für die Zurechnung des Handelns auf die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände ankommt (so auch Palandt /Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 13 Rdnr. 4; AnwK-BGB/Ring, § 13 Rdnr. 30; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl., § 42 Rdnr. 41; vgl. auch K.Schmidt, JuS 2006, 1, 8; wohl auch Staudinger/Weick, BGB (2004), § 13 Rdnr. 42, 64).
- 9
- Der erkennende Senat hat die Frage bislang offen gelassen (Senatsurteil vom 22. Dezember 2004 - VIII ZR 91/04, NJW 2005, 1045, unter II 2 a m.w.N.). Sie bedarf auch hier keiner Entscheidung.
- 10
- a) Aus der vom Gesetzgeber gewählten negativen Formulierung des zweiten Halbsatzes der Vorschrift des § 13 BGB wird deutlich, dass rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen ist und etwa verbleibende Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen ist, zugunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden sind.
- 11
- b) Eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt daher nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Zwar trägt der Verbraucher die Darlegungs - und Beweislast dafür, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt (Senatsurteil vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 110/06, NJW 2007, 2619, Tz. 13). Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nach der negativen Formulierung des Gesetzes nicht zu Lasten des Verbrauchers. Es kann daher - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht darauf ankommen, ob der Erklärende sich dem anderen Teil eindeutig als Verbraucher zu erkennen gibt. Vielmehr ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen. Anders ist dies nur dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus der Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist.
- 12
- c) An solchen Umständen fehlt es im vorliegenden Fall. Die Angabe der Anschrift der Rechtsanwaltskanzlei als Lieferanschrift für die bestellten Lampen mag schon darin eine nahe liegende Erklärung finden, dass die Klägerin an Arbeitstagen zu den üblichen Postzustellzeiten unter ihrer Privatanschrift nicht erreichbar war. Auch die Angabe der Anschrift "Kanzlei Dr. B. " in Verbindung mit dem hiervon abweichenden Namen der Klägerin als Rechnungsadresse lässt keinen eindeutigen und zweifelsfreien Schluss auf eine Bestellung der Lampen zu selbständigen freiberuflichen Zwecken zu. Denn hieraus konnte die Beklagte allenfalls erkennen, dass die Klägerin in der Rechtsanwaltskanzlei beschäftigt war. Damit blieb aus der verständigen Sicht der Beklagten jedenfalls offen, ob es sich bei der Klägerin um eine dort tätige Rechtsanwältin oder um eine angestellte Kanzleimitarbeiterin, etwa die Bürovorsteherin oder eine Rechtsanwaltsgehilfin, handelte.
- 13
- 3. Auch nach den für unternehmensbezogene Geschäfte entwickelten Regeln (dazu etwa BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 - II ZR 311/88, WM 1990, 600, unter II 1) kann aus der Sicht der Beklagten das Handeln der Klägerin nicht deren freiberuflicher Tätigkeit als Rechtsanwältin zugerechnet werden. Die Beklagte hat stets die Klägerin persönlich, nicht den Inhaber und Namensgeber der Kanzlei Dr. B. als ihre Vertragspartnerin angesehen. Dass sie ungeachtet der Namensverschiedenheit die Klägerin für die Kanzleiinhaberin gehalten habe , hat die Beklagte nicht behauptet.
III.
- 14
- Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur Endentscheidung reif, da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind. Der Senat entscheidet daher in der Sache selbst (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Klägerin den Kaufvertrag wirksam widerrufen hat (§§ 312d, 355 BGB) und somit die Klage auf Kaufpreisrückzahlung und Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begründet ist, ist die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende amtsgerichtliche Urteil zurückzuweisen. Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
AG Hamburg-Wandsbek, Entscheidung vom 13.06.2008 - 716A C 11/08 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.12.2008 - 309 S 96/08 -
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.05.2013 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund (Az.: 12 O 483/12) abgeändert.
Die Beklagten bleiben als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 24.677,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 54 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 46 %, von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin 56% und die Beklagten als Gesamtschuldner 44%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite zuvor ihrerseits in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Ansprüche aus einem Darlehensvertrag geltend.
4Mit Darlehensvertrag vom 06.07.2007 nahmen die Beklagten bei der Klägerin ein Darlehen mit einem Nettodarlehensbetrag von 45.660,00 Euro auf. Die Laufzeit des Darlehens betrug 84 Monate, der Zinssatz 12,45 % p.a. und der effektive Jahreszins 14,3 %. Die Klägerin schloss vereinbarungsgemäß für die Beklagten als versicherte Personen bei der M Lebensversicherung eine Restschuldversicherung auf den Todesfall ab. Die Versicherungsprämie betrug einmalig 10.454,86 Euro und wurde von den Beklagten mit o.g. Darlehen mitfinanziert. Die Klägerin zahlte diesen Betrag direkt an die Versicherung aus.
5Aufgrund eines weiteren Barbedarfs wandten sich die Beklagten im Jahr 2008 erneut an die Klägerin, die ihnen eine Aufstockung des bereits laufenden Darlehens anbot. Die Parteien schlossen am 07.10.2008 einen Kreditvertrag über ein Darlehen mit einem Nettodarlehensbetrag von 67.450 Euro und einer Laufzeit von 84 Monaten zu einem Zinssatz von 11,22 % p.a. und einem effektiven Jahreszins von 12,90 %. Ein Teilbetrag in Höhe von 43.862,90 Euro diente dabei der Ablösung des Darlehens vom 06.07.2007. Ein weiterer Betrag in Höhe von 3.242,60 Euro wurde den Beklagten ausgezahlt. Der Restbetrag in Höhe von 20.914,91 Euro wurde als Versicherungsbeitrag an die M2 Lebensversicherungs-Gesellschaft überwiesen, bei der die Klägerin für die Beklagten als versicherte Personen erneut vereinbarungsgemäß einen entsprechenden Restschuldversicherungsvertrag für den Todesfall abschloss.
6Beide Kreditverträge enthielten eine Widerrufbelehrung, die nicht auf die Folgen des Widerrufs eines verbundenen Geschäfts hinwies. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kreditverträge (Anlage K 1 - Bl. 4 d.A. und A 1 Bl. 25 d.A.) Bezug genommen.
7Mit Schreiben vom 30.06.2009 erklärten die Beklagten gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Darlehensvertrags vom 07.10.2008 sowie des entsprechenden Restschuldversicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung und widerriefen die Verträge vorsorglich. Mit Schreiben vom 18.01.2012 (Anlage 4, Bl. 39 d.A.) erklärten die Beklagten gegenüber der Klägerin, dass bei der Berechnungen des klägerischen Anspruchs auch die Kosten der Restschuldversicherung aus dem Jahr 2007 einzubeziehen seien.
8Die Klägerin macht mit der Klage einen Anspruch auf Rückzahlung des Nettodarlehensbetrags aus dem Darlehen vom 07.10.2008 nebst Zinsen abzüglich gezahlter Raten sowie einen anteiligen Versicherungsbeitrag geltend. Sie hat behauptet, der marktübliche effektive Zinssatz der Deutschen Bundesbank habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 8,70 % betragen.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 53.302,63 Euro nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.07.2011 zu zahlen.
11Die Beklagten haben beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie sind der Ansicht, der Vertrag sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig, da unter Berücksichtigung der Kosten für die Restschuldversicherung ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Vertragszins und dem marktüblichen Effektivzins bestehe. Dazu haben sie behauptet, die Klägerin habe im Jahr 2008 auf einer „Aufstockung“ des alten Kreditvertrages bestanden und durch ihren zuständigen Mitarbeiter im Hinblick auf beide Darlehensverträge jeweils erklärt, der Abschluss der Restschuldversicherung sei für den Abschluss des Darlehensvertrages zwingend. Sie, die Beklagten, seien zudem nicht über die Kosten des Vertrages aufgeklärt worden.
14Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
15Das Landgericht hat die Beklagten in Höhe von 43.747,28 Euro nebst Zinsen zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung führt das Landgericht im Wesentlichen aus, der Darlehensvertrag vom 07.10.2008 sei nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Da es sich bei dem Kreditvertrag und dem Restschuldversicherungsvertrag aber um verbundene Geschäfte handele, und die Widerrufbelehrung insoweit nicht vollständig gewesen sei, sei der Vertrag wirksam widerrufen worden. Infolgedessen hätten die Beklagten an die Klägerin den Nettokreditbetrag - soweit er nicht zur Finanzierung des Versicherungsvertrages diente - nebst Verzinsung zu einem marktüblichen Zins (8,70%), zurückzuzahlen sowie Wertersatz für den Versicherungsschutz für die Zeit bis zum Widerruf zu leisten. Im Wege der Verrechnung seien hiervon die von den Beklagten geleisteten Ratenzahlungen zu berücksichtigen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.
16Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie rügen, dass das Landgericht bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit des Vertrags die Kosten der Restschuldversicherung nicht berücksichtigt habe. Zudem habe das Landgericht bei der Berechnung der Rückabwicklungsansprüche aus dem widerrufenen Darlehen nicht die Kosten der Restschuldversicherung für das Darlehen aus dem Jahr 2007 einbezogen. Die Beklagten erklären den Widerruf des Darlehensvertrags aus dem Jahr 2007.
17Die Beklagten beantragen,
18unter Abänderung des Urteils des LG Dortmund vom 23.05.2013 (Az. 12 O 483/12) die Klage abzuweisen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags. Sie meint, ein etwaiger Widerruf des Vertrages aus dem Jahr 2007 sei rechtsmissbräuchlich und ein etwaiges Widerrufsrecht verwirkt.
22Wegen des weiteren Vortrags der Parteien nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
23II.
24Die zulässige Berufung der Beklagten hat im tenorierten Umfang Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner in dieser Höhe ein Anspruch aus §§ 346, 347, 357 Abs. 1, 358 BGB zu.
251. Die Beklagten haben sowohl den Darlehensvertrag vom 06.07.2007 als auch den Darlehensvertrag vom 07.10.2008 gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB wirksam widerrufen.
26a) Den Darlehensvertrag vom 7.10.2008 haben die Beklagten mit Schreiben vom 30.6.2009 ausdrücklich widerrufen. Ein Widerruf des Darlehensvertrages vom 06.07.2007 ist konkludent mit Schriftsatz der Beklagten vom 17.12.2012 und dem - als Anlage 4 zu diesem Schriftsatz vorlegten - Schreiben der Beklagten vom 18.01.2012 erfolgt. Die Beklagten geben in den genannten Schriftsätzen zu erkennen, dass sie eine Rückabwicklung beider Darlehensverträge wünschen, indem sie geltend machen, dass auch die Kosten für die Restkreditversicherung des Vorläuferdarlehens aus dem Jahr 2007 bei der Rückabwicklung zu berücksichtigen seien. Aus dieser Äußerung ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Beklagten auch den ersten Darlehensvertrag vom 06.07.2007 nicht mehr gegen sich geltend lassen wollen.
27Die erklärten Widerrufe sind nicht verfristet. Die Widerrufsfrist wurde jeweils nicht in Lauf gesetzt, weil die Widerrufsbelehrung beider Darlehensverträge nicht ordnungsgemäß war. Es fehlte in beiden Fällen der nach § 358 Abs. 5 BGB erforderliche Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs für die mit den Darlehensverträgen verbundenen Restschuldversicherungsverträge. Dass der jeweilige Darlehensvertrag und der Restschuldversicherungsvertrag verbundene Verträge im Sinne des § 358 Abs. 1 BGB sind, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt. Auf die entsprechenden Ausführungen wird insoweit Bezug genommen (vgl. hierzu auch BGH Urteil v. 15.12.2009, Az.: XI ZR 45/09).
28Hieran vermag auch die von der Klägerin als Verwenderin der Vertragsformulare gewählte Konstruktion nichts zu ändern, wonach die Beklagten nicht Versicherungsnehmer im Verhältnis zur jeweiligen Versicherung wurden, sondern nur versicherte Personen. Die Interessenlage wird hierdurch in keiner Weise anders, als dies bei der klassischen Vertragskonstruktion der Fall ist. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der gewählten Konstruktion um eine unzulässige Umgehung der Verbraucherschutzvorschriften handelt, oder um ein Auftragsverhältnis, innerhalb dessen die Klägerin den Versicherungsvertrag als einen echten Vertrag zugunsten eines Dritten, nämlich der Beklagten, abgeschlossen hat. In letzterem Fall wäre der Auftrag vom Widerruf erfasst, mit der Folge, dass der Versicherungsvertrag von der Klägerin ohne Auftrag für die Beklagten abgeschlossen wurde. Die Klägerin kann auch dann nicht die Versicherungsprämie verlangen
29Anhaltspunkte dafür, dass – wie die Klägerin meint – das Widerrufsrecht im Hinblick auf den Vertrag vom 06.07.2007 verwirkt ist oder der Widerruf rechtsmissbräuchlich ist, bestehen nicht. Insbesondere steht dem Widerruf des Vertrags vom 06.07.2007 nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch den Vertrag vom 07.10.2008 abgelöst wurde. Ist eine Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß erteilt, so wird die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt. Der Widerruf kann daher – unbefristet – erfolgen. Dies sogar dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde auch dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht (vgl. auch OLG Zweibrücken Beschluss vom 10.5.2012 Az. 7 U 84/09).
30b) Gemäß §§ 357 Abs. 1, 358 Abs. 4 BGB hat damit die Rückabwicklung beider Darlehensverträge nach den §§ 346 ff. BGB zu erfolgen. Wobei die Klägerin gemäß § 358 Abs. 4 S. 3 im Verhältnis zu den Beklagten hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten der Versicherungsunternehmen aus den Restschuldversicherungsverträgen eintritt (vgl. BGH Urteil vom 18.1.2011, Az. XI ZR 356 / 09, Rz. 25).
31(1) Die Klägerin kann von den Beklagten daher die Rückzahlung des an die Beklagten aus den beiden Darlehensverträgen insgesamt ausgezahlten Nettokreditbetrags in Höhe von 38.447,74 Euro (35.205,14 Euro aus dem Darlehensvertrag vom 06.07.2007 zzgl. 3.242,60 Euro aus dem Darlehensvertrag vom 07.10.2008) verlangen. Davon sind von den Beklagten an die Klägerin geleistete Ratenzahlungen in Höhe von insgesamt 19.885,14 Euro (12.624,30 Euro auf den Darlehensvertrag vom 06.07.2007 und 7.260,84 Euro auf den Darlehensvertrag vom 07.10.2008) in Abzug zu bringen, so dass sich ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 18.562,60 Euro ergibt.
32(2) Die Klägerin hat zudem gemäß § 346 Abs. 2 S. 1 BGB einen Anspruch auf Nutzungsersatz für das jeweils zur Verfügung gestellte Kapital in Höhe der marktüblichen Zinsen. Auf die Vorschrift des § 358 Abs. 4 S. 2 BGB können sich die Beklagten insoweit, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht berufen, da der an die Beklagten ausgezahlte Darlehensbetrag nicht zur Finanzierung der Restschuldversicherung diente. Nur insoweit muss sich aber die Klägerin im Verhältnis zu den Beklagten so behandeln lassen, als wäre auch das verbundene Geschäft widerrufen worden.
33Die Beklagten schulden daher - unter Zugrundelegung eines marktüblichen Zinssatzes von 8,92 % - für das Darlehen vom 06.07.2007 für die Zeit 06.07.2007 bis zur Umschuldung am 07.10.2008 Zinsen in Höhe von insgesamt 2.534,22 Euro.
34Für das Darlehen vom 07.10.2008 stehen der Klägerin - unter Zugrundelegung eines marktüblichen Zinssatzes in Höhe von 8,70 % - für die Zeit ab dem 07.10.2008 bis zum erfolgten Widerruf am 30.09.2009 Zinsen in Höhe von insgesamt 1.587,36 Euro zu.
35(3) Schließlich kann die Klägerin Wertersatz für den Versicherungsschutz jeweils für die Zeit von Vertragsbeginn bis zur Umschuldung bzw. bis zum Widerruf am 30.09.2009 verlangen, § 346 Abs. 2 BGB. Zwar gelten die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt gemäß § 346 ff. BGB nach §§ 358 Abs. 4 S. 1 357 Abs. 1 S. 1 BGB nur, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Nach der Rechtsprechung des BGH beurteilen sich daher die Rechtsfolgen, die sich aus einem Widerruf des Darlehensvertrags für den Restschuldvertrag als verbundenes Geschäft ergeben, auch nach dem VVG (§§ 8, 9 VVG in der Fassung vom 01.01.2008 bzw. §§ 8, 48c VVG a.F. - vgl. BGH Urteil v. 15.12.2009, Az.: XI ZR 45/09 Rz. 15). Dies führt vorliegend indes bereits deshalb nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil die Beklagten den Restschuldversicherungsvertrag gerade nicht nach dem VVG gegenüber dieser widerrufen haben.
36Durch die Restschuldversicherung waren die Zahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem Darlehensvertrag abgesichert, so dass die Beklagten für die Zeit von Vertragsbeginn bis zur Umschuldung bzw. bis zum Widerruf Versicherungsschutz und damit einen Vermögensvorteil erlangt haben (vgl. BGH Urteil v. 02.12.1982, Az.: III ZR 90/81 Rz. 1 a), dessen Wert sie nach § 346 Abs. 2 S.1 Nr. 1 BGB zu ersetzen haben. Der Senat legt der Berechnung des Werts dieses Vermögensvorteils die vertraglich vereinbarte Versicherungsprämie, anteilig für den Zeitraum der tatsächlichen Vertragslaufzeit, zugrunde. Bei einer Versicherungsprämie in Höhe von 10.454,86 Euro für eine Laufzeit von 84 Monaten bezüglich der Versicherung der Restschuld aus dem Darlehen vom 06.07.2007 ergibt sich ein monatlicher Betrag in Höhe von 124,46 Euro. Für die Zeit vom 06.07.2007 bis zur Ablösung des Darlehens am 07.10.2008 (15 Monate) sind damit anteilig 1.866,90 Euro anzusetzen. Für den zweiten Vertrag vom 07.10.2008 ergibt sich bei einer Versicherungsprämie in Höhe von 20.334,50 Euro für 84 Monate (d.h. 242,08 Euro/Monat) für die Zeit bis zum Widerruf am 30.06.2009 (8,75 Monate) ein anteiliger Wert von 2.119,25 Euro.
37Da aber auch die Klägerin durch die Restschuldversicherung aufgrund der damit verbundenen Absicherung ihrer Ansprüche gegen die Beklagten einen Vermögensvorteil erlangt hat, der in etwa dem der Beklagten als Darlehensnehmer entspricht, erscheint es dem Senat angemessen, bei der Rückabwicklung der Darlehensverträge den zu ersetzenden Vermögensvorteil der Beklagten auf die Hälfte der Restschuldversicherungsprämie zu begrenzen (vgl. dazu BGH Urteil v. 02.12.1982, Az.: III ZR 90/81). Der Klägerin steht daher insgesamt Wertersatz in Höhe von 1.993,08 Euro für die Restschuldversicherung zu.
38Nach Saldierung der wechselseitigen Rückabwicklungsansprüche beträgt der der Klägerin gemäß §§ 358 Abs. 4, 357, 346, 347 BGB gegen die Beklagten als Gesamtschuldner zustehenden Rückzahlungsanspruch insgesamt 24.677,26 Euro.
392. a) Eine abweichende Beurteilung insbesondere des Zinsanspruchs der Klägerin folgt nicht daraus, dass der Vertrag aufgrund sittenwidrig überhöhter Zinsen gemäß § 138 BGB nichtig wäre. Es liegen insoweit keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung aufgrund sittenwidrig überhöhter Zinsen vor. Zutreffend stellt das Landgericht hierzu fest, dass der vereinbarte Zinssatz den marktüblichen nicht um 100% überschreitet. Die Kosten für die Restschuldversicherung haben insoweit unberücksichtigt zu bleiben. Die Kosten der Restschuldversicherung könnten nur dann Berücksichtigung finden, wenn die Bank die Gewährung des Darlehens von dem Abschluss der Restschuldversicherung abhängig gemacht hätte. Dies steht vorliegend aber nicht fest, da die Beklagten für ihre entsprechende Behauptung beweisfällig geblieben sind. Im Übrigen müssten dann aber auch entsprechende Vergleichsparameter herangezogen werden.
40b) Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Restschuldversicherungsprämie selbst sittenwidrig überteuert und daher ggf. auch der Darlehensvertrag nach § 139 BGB nichtig ist, sind nicht vorgetragen. Es fehlt insbesondere an der Vergleichbarkeit der von den Beklagten zum Beleg für die Überteuerung herangezogenen Versicherungen. Soweit die Beklagten vortragen, unter Zugrundelegung des Nettokreditbetrages des Darlehens vom 7.10.2008 sowie der Laufzeit von 84 Monaten habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits für 55 Euro monatlich eine Restschuldversicherung abgeschlossen werden können, ist dies schon deshalb nicht mit der abgeschlossenen Versicherung vergleichbar, weil damit nicht der Gesamtbetrag des Darlehens versichert wäre. Auch bleibt auf entsprechenden Hinweis der Klägerin offen, ob eine Versicherung zu dem von den Beklagten angegebenen Preis auch unter Berücksichtigung der Tatsache hätte abgeschlossen werden können, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses bereits über 60 Jahre alt war.
41Soweit die Beklagten behaupten, für eine Kapitallebensversicherung wären selbst bei ungünstigen Voraussetzungen nur Kosten in Höhe von 9.000 Euro entstanden stellt dies für die Gegenüberstellung mit der im Streitfall zu beurteilenden Restschuldversicherung keine taugliche Vergleichsgrundlage dar, da die beiden Versicherungsarten sich auf vielfältige Weise voneinander unterscheiden; insbesondere nach Maßgabe ihrer jeweiligen Risikoabdeckung, altersbezogener Prämienstrukturen, zu erwartende Rückerstattungsverluste bei vorzeitigen Vertragsbeendigung und möglicher Steuervorteile (vergleiche BGH Urteil vom 29.11.2011, Az. XI ZR 220/10, Rz. 25).
42Zudem steht aber vor allem nicht fest, dass nach dem Parteiwillen zur Zeit des Darlehensabschlusses das Darlehen und die Restschuldversicherung im Sinne des § 139 BGB miteinander stehen und fallen sollten. Die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten sind für diese Behauptung ebenfalls beweisfällig geblieben.
433. Der streitgegenständliche Kreditvertrag ist nicht gemäß §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB nichtig. Die Voraussetzungen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB liegen nicht vor. Unabhängig vom Bestehen einer Aufklärungspflicht der Klägerin über die Freiwilligkeit des Abschlusses einer Restschuldversicherung und die Angemessenheit der Konditionen fehlt es an Vortrag zum darauf bezogenen Vorsatz der Klägerin.
444. Die Beklagten können der Klägerin schließlich auch keinen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB entgegenhalten. Nach der Rechtsprechung des BGH war die Klägerin nicht verpflichtet, die Beklagten über etwaige Innenprovisionen und/oder etwa von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aufzuklären. Eine entsprechende Aufklärungspflicht gilt nach der Rechtsprechung des BGH nur in Fällen einer Kapitalanlageberatung durch die Bank (BGH Urteil vom 29.11.2011 Az. XI ZR 220/ 10 Rz. 39). Die Kosten für die Versicherung, über deren Abschluss auch nach dem Vortrag der Beklagten ausdrücklich gesprochen wurde, ergeben sich deutlich aus dem Vertrag. Dass die Beklagten diesen ggf. ungelesen unterschrieben, führt nicht zu einer entsprechenden Aufklärungspflicht der Klägerin.
455. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 und 2 BGB.
466. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10,711 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.10.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.999,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2 3A)
4Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte im Hinblick auf die vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge mit der Nr. #### und #### ein Anspruch auf Rückzahlung von dem Kläger geleisteter Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 5.999 € zusteht.
5Wegen des weiteren Tatsachenvortrags einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
6Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
7Mit dieser Entscheidung ist der Kläger nicht einverstanden. Fehlerhaft sei die Auffassung des Landgerichts, dass das ihm zustehende Widerrufsrecht verwirkt sei. Für die Beurteilung des Argumentes könne nicht auf den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Darlehensverträge und der Erklärung des Widerrufs abgestellt werden, da die Beklagte den Kläger habe ordnungsgemäß nachbelehren können und müssen. Zudem sei auch das Umstandsmoment nicht gegeben, da die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie ihm keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt habe.
8Der Kläger beantragt,
9das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.999 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
12Sie verteidigt die angefochtene scheint Entscheidung und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.
13Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Partei nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
14B)
15Die Berufung ist begründet. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 346, 357, 355 Abs. 3 S. 3 BGB Zahlung eines Teilberags von 5.999 € verlangen.
16I. Der Kläger hat die Darlehensverträge vom 07.05.2009 mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.11.2013 wirksam widerrufen. Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB 6 Monate nach Vertragsschluss erloschen, weil der Kläger von der Beklagten nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB). Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprochen hat. Insbesondere hätten entsprechend der Nr. 10 der Gestaltungshinweise die allgemeinen Hinweise zu finanzierten Geschäften durch die speziellen Hinweise zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken ersetzt werden müssen. Ebenso hat das Landgericht mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass nach dem Gestaltungshinweises Nr. 10 bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Paranthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend hätten entfernt werden müssen.
17II. Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Weicht nämlich die Widerrufsbelehrung – wie aufgezeigt – teilweise von der Belehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV in der Fassung vom 01.04.2008 bis zum 03.08.2009 ab, kann sich ein Unternehmer nicht mehr auf die Schutzwirkung des §§ 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV berufen (vgl. BGH NJW 2011, 1061; BGH NJW-RR 2012, 183).
18III. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass das Widerrufsrecht des Klägers durch die im Jahr 2009 erfolgte Vertragsaufhebung gegenstandslos geworden sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats steht einem Widerruf des Vertrags nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch einen weiteren Vertrag abgelöst worden ist (vgl. Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13). Da dem Kläger keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt worden ist, kann der Widerruf – unbefristet – erfolgen. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht (vgl. auch OLG Zweibrücken Beschluss vom 10.5.2012 Az. 7 U 84/09).
19IV. Die Forderung des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11 Rz. 39). Außerdem fehlt es an konkretem Vortrag, dass und aus welchen Gründen sich die Beklagte, die ohne weiteres hätte erkennen können, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass Anleger Verträge nicht auch noch Jahre nach deren Abschluss und gegebenenfalls auch dann noch widerrufen, wenn der betreffende Darlehensvertrag zwischenzeitlich einvernehmlich aufgehoben worden ist. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Kläger in wirksamer Form nachzubelehren (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass es eine gesetzgeberische Entscheidung war, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehlt. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung unter Hinweis auf § 242 BGB zu entziehen. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln vom 25.01.2012 (13 U 30/11), KG, Urteil vom 16.08.2012 (8 U 101/2012) und OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2014 (14 U 55/13). Diese Entscheidungen beruhen jeweils auf die von den genannten Gerichten getroffen Feststellungen tatsächlicher Art und können daher nicht einschränkungslos auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden (Senat, Hinweisschreiben vom 25.08.2014, 31 U 74/14).
20V. Die begehrten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz kann der Kläger - wie zuletzt beantragt - als Nutzungsersatz nach § 818 I BGB ab dem 05.12.2011 verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 I BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/123, Juris Rz. 71).
21VI. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
22BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht die Rückabwicklung eines beiderseits erfüllten Darlehensvertrages, den er und seine Ehefrau mit der beklagten Bank zur Finanzierung einer mittelbaren Fondsbeteiligung geschlossen haben.
- 2
- Der Kläger, ein damals 50 Jahre alter, im öffentlichen Dienst tätiger Stadtplaner, wurde von einem für die …-Firmengruppe tätigen Anlagevermittler geworben, sich zur Steuerersparnis ohne Eigenkapital an der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. KG) zu beteiligen. Zu diesem Zweck unterzeichnete er am 10. März 1998 einen vorformulierten Zeichnungsschein für den Erwerb einer mittelbaren Beteiligung an der wer- benden F. KG mit einer Anteilssumme von 30.000 DM zuzüglich Agio. Die im Zeichnungsschein enthaltene Widerrufsbelehrung endet wie folgt: "Ich bestätige, daß ich eine Zweitschrift der von mir unterzeichneten Belehrung über das Widerrufsrecht erhalten habe. Mir ist bekannt, daß ich eine Kopie dieses Schreibens erhalte und dann die Widerrufsfrist von 10 Tagen erneut läuft, wenn ich reklamiere, daß ich einen Prospekt (mit u.a. dem Text des Zeichnungsscheins) rechtzeitig vor Unterschrift nicht erhalten habe und mir dies nicht zu widerlegen ist."
- 3
- Zur Finanzierung der Treuhandbeteiligung schlossen der Kläger und seine Ehefrau am 3./9. April 1998 einen Vertrag über ein endfälliges Darlehen in Höhe von (brutto) 39.219,31 DM (= 20.052,51 €) mit der Beklagten und wiesen diese gleichzeitig an, die Darlehensvaluta an die Treuhänderin auszuzahlen. Als Sicherheit verpfändeten die Eheleute den treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil und traten außerdem ihre Ansprüche auf Arbeitseinkommen bzw. Sozialleistungen ab. Dem Darlehensvertrag war eine gesonderte, von beiden Ehegatten unterzeichnete Widerrufsbelehrung mit unter anderem folgendem Inhalt beigefügt: "Der Widerruf gilt als nicht erfolgt, wenn der Kreditnehmer nach Empfang des Darlehens dieses nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufes bzw. nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt."
- 4
- Die Beklagte zahlte den Nettokreditbetrag weisungsgemäß an die Treuhänderin aus. Unmittelbar vor Ablauf der im Darlehensvertrag festgelegten Zinsfestschreibungsfrist trafen der Kläger und seine Ehefrau am 30. März/3. und 14. April 2003 mit der Beklagten eine als "Ratenkreditvertrag mit staffelmäßiger Abrechnung" bezeichnete Vereinbarung über eine Nettokreditsumme von 20.372,34 € mit einer Laufzeit von 60 Monaten, deren Tilgung allein durch Zahlung der Schlussrate erfolgen sollte. Die Eheleute zahlten von 1998 bis zur vollständigen Rückführung des Darlehens am 22. April 2004 insgesamt 26.208,23 € Zinsen und Tilgungsraten an die Beklagte.
- 5
- Mit Beschluss vom 15. Juli 2003 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter für die F. KG bestellt.
- 6
- In der Klageschrift vom 27. Dezember 2004 widerriefen der Kläger und seine Ehefrau, die alle etwaigen Ansprüche gegen die Beklagte an ihn abgetreten hat, sowohl die auf den Abschluss des Darlehensvertrages von 1998 als auch die auf den mittelbaren Fondsbeitritt gerichteten Willenserklärungen nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Vor allem unter Berufung darauf hat der Kläger die Beklagte auf Erstattung der auf den Darlehensvertrag geleisteten Zahlungen in der Gesamthöhe von 20.052,52 € zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Abtretung der kapitalmäßigen Fondsbeteiligung in Anspruch genommen.
- 7
- Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht sie unter Anrechnung von Steuervorteilen des Klägers, die die Parteien in Höhe von 1.350 € unstreitig gestellt haben, zur Zahlung von 18.702,52 € verurteilt, die Zug-um-Zug-Verurteilung um die Abtretung der Ansprüche des Klägers aus dem Beteiligungsvertrag von 1998 gegen die Fondsgesellschaft ergänzt und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg, so dass sie zurückzuweisen ist.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Der Kläger, der aufgrund der Abtretungsvereinbarung mit seiner Ehefrau aktivlegitimiert sei, habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung, weil die Eheleute die auf den Abschluss dieses Vertrages gerichteten Willenserklärungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG wirksam widerrufen hätten.
- 11
- Das Ehepaar sei durch mündliche Verhandlungen mit dem Anlagevermittler in ihrer Privatwohnung ohne vorangegangene Bestellung zur Abgabe der auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen bestimmt worden. Nach den Gesamtumständen sei davon auszugehen, dass die Hausbesuche trotz des zeitlichen Abstandes ursächlich für die Unterzeichnung des Darlehensvertrages gewesen seien, so dass die durch die Haustürsituation geschaffene Überrumpelungssituation fortgewirkt habe. Der Kausalzusammenhang sei nicht dadurch unterbrochen worden, dass der Kläger die mittelbare Fondsbeteiligung nicht widerrufen habe. Denn der Zeichnungsschein habe keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung enthalten. Ebenso stelle die Vereinbarung der Vertragsparteien aus März/April 2003 die Wirksamkeit des Widerrufs des Kreditvertrages nicht in Frage, weil es sich hierbei nur um einen Nachtrag und damit um einen Bestandteil des ursprünglichen Darlehensvertrages handele.
- 12
- Bei Abgabe der Widerrufserklärung im Dezember 2004 sei das Widerrufsrecht des Klägers und seiner Ehefrau nicht durch Fristablauf erloschen gewesen. Da die mit dem Darlehensvertrag erteilte Widerrufsbelehrung wegen des Zusatzes gemäß § 7 Abs. 3 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung eine unzulässige andere Erklärung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG enthalte und damit unwirksam sei, sei die Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG nicht in Gang gesetzt worden. Aus § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG ergebe sich nichts anderes. Zum einen sei die Vorschrift mit den Vorgaben der Richtlinie 85/577 EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. EG Nr. L 372/31 vom 31. Dezember 1985, "Haustürgeschäfterichtlinie" ) unvereinbar. Zum anderen sei das Widerrufsrecht auch nicht durch die Rückzahlung des Darlehensbetrages erloschen. Da der mittelbare Fondsbeitritt der Eheleute ein mit dem Darlehensvertrag verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG bilde, beginne die Monatsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG erst mit der beiderseitigen vollständigen Erfüllung sowohl des Darlehensvertrages als auch des verbundenen Geschäfts. Diese Voraussetzung sei jedoch nicht erfüllt, weil die Gesellschaftsbeteiligung bislang nicht beendet und abgewickelt worden sei. Die Tatsache, dass für die F. KG im Jahre 2003 ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden sei, reiche für eine andere rechtliche Beurteilung nicht aus.
- 13
- Die Eheleute hätten ihr Widerrufsrecht auch nicht nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwirkt. Die Beklagte habe nicht dargetan, dass sie im Vertrauen auf die beiderseitige Erfüllung des Darlehensvertrages nachteilige und nicht mehr rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen habe.
- 14
- Infolge des Widerrufs habe die Beklagte dem Kläger die aufgrund des Darlehensvertrages gezahlten Tilgungs- und Zinsleistungen zu erstatten. Im Gegenzug schulde der Kläger im Hinblick auf den Schutzzweck des § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG nicht die Darlehensvaluta nebst Nutzungsentschädigung, son- dern nur die Übertragung des finanzierten Fondsanteils mitsamt den ihm aus dem Beteiligungsvertrag gegen die F. KG zustehenden Ansprüchen. Der Kläger müsse sich jedoch die durch die mittelbare Fondsbeteiligung erzielten Steuervorteile anrechnen lassen.
II.
- 15
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
- 16
- 1. a) Nicht zu beanstanden und von der Revision nicht angegriffen ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Darlehensvertrag vom 3./9. April 1998 in einer Haustürsituation im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG angebahnt wurde und die Verhandlungen nicht auf vorhergehende Bestellung des Klägers oder seiner Ehefrau geführt wurden (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG).
- 17
- b) Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Ursächlichkeit der Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss bejaht hat.
- 18
- aa) Ein Widerrufsrecht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG setzt voraus, dass der Kunde durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluss jedenfalls mit ursächlich ist. Es reicht aus, dass der Kunde durch die Kontaktaufnahme in der Privatwohnung in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war (Senatsurteile vom 26. Oktober 1993 - XI ZR 42/93, BGHZ 123, 380, 393, vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 522, vom 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02, WM 2004, 1579, 1581, vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243 Rn. 14 und vom 10. Juli 2007 - XI ZR 243/05, WM 2007, 1831 Rn. 11). Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG und der Vertragserklärung ist nicht erforderlich, indiziert aber die Ursächlichkeit der Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss. Die Indizwirkung für die Kausalität nimmt allerdings mit zunehmendem zeitlichen Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen (Senatsurteile vom 16. Januar 1996 - XI ZR 116/95, BGHZ 131, 385, 392, vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243 Rn. 14, vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 15, vom 18. November 2008 - XI ZR 157/07, BeckRS 2008, 26951 Rn. 22 und vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 17). Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen, insbesondere dem nicht erfolgten Widerruf der auf den Fondsbeitritt gerichteten Willenserklärung im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt , ist Sache der tatrichterlichen Würdigung des konkreten Einzelfalls, die in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann (Senatsurteile vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 19, vom 10. Juli 2007 - XI ZR 243/05, WM 2007, 1831 Rn. 11, vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20, vom 22. Januar 2008 - XI ZR 6/06, BKR 2008, 254 Rn. 30 und vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 17). Dabei ist zu beachten, dass es keinen Rechtssatz gibt, nach dem mit Ablauf einer bestimmten Frist die Kausalität ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls entfällt (Senatsurteil vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20).
- 19
- bb) Das Berufungsgericht ist, ausgehend von diesen Grundsätzen, unter Würdigung der Umstände des Falles rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kausalität trotz der in dem Zeichnungsschein enthaltenen - fehlerhaf- ten - Widerrufsbelehrung und des Zeitablaufs nicht entfallen ist. Diese tatrichterliche Würdigung ist vertretbar, verstößt nicht gegen die Denkgesetze und beruht nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung. Zu Unrecht beruft die Revision sich für ihren gegenteiligen Standpunkt auf die Senatsrechtsprechung (Urteil vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243 Rn. 15). Soweit der Senat in dieser Entscheidung ausgeführt hat, es begegne keinen rechtlichen Bedenken , dass die Vorinstanz einen - neben dem Zeitablauf - den Kausalzusammenhang in Frage stellenden anderen Umstand vor allem in dem unterlassenen Widerruf des Fondsbeitritts des dortigen Klägers trotz ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung erblickt habe, lässt sich diese Erwägung auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Denn der hiesige Kläger war, wie das Berufungsgericht zwar ohne Begründung, in der Sache aber zutreffend angenommen hat, über sein Widerrufsrecht bezüglich des mittelbaren Fondsbeitritts nicht ordnungsgemäß belehrt worden:
- 20
- Die Widerrufsbelehrung im Zeichnungsschein ist fehlerhaft, weil sie jedenfalls in Gestalt der Empfangsbestätigung für die Zweitschrift der Belehrung über das Widerrufsrecht eine unzulässige andere Erklärung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG enthält; ob der hieran anschließende weitere Satz ebenfalls den Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt, kann daher auf sich beruhen. Zwar schließt der Schutzzweck des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG, die Verdeutlichung des Widerrufsrechts nicht zu beeinträchtigen (Senatsurteil vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157 Rn. 12), nicht schlechthin jeglichen Zusatz zur Belehrung aus. Unzulässig sind aber insbesondere Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (Senatsurteil vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828 Rn. 13). Hierunter fällt ein mit der Widerrufsbelehrung verbundenes Empfangsbekenntnis jedenfalls dann, wenn für den durchschnittlichen Kunden durch die konkrete Ausge- staltung der Vertragsurkunde der Eindruck erweckt wird, es handele sich um eine einheitliche, ihrem Inhalt nach näher bestimmte Widerrufsbelehrung, und die Bestätigung deshalb geeignet ist, von der Belehrung als solcher abzulenken (BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841; Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 24). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die drucktechnische Gestaltung der im Fließtext abgefassten, d.h. nicht weiter untergliederten Widerrufsbelehrung insgesamt den Charakter einer einheitlichen Erklärung erweckt, der durch das Vorhandensein lediglich einer einzigen, sowohl die eigentliche Belehrung als auch die Empfangsbestätigung abdeckenden Unterschriftszeile innerhalb einer den gesamten Textblock umgebenden Umrandung noch verstärkt wird (vgl. hierzu Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 25).
- 21
- cc) Der Revision - die die Fehlerhaftigkeit der im Zeichnungsschein enthaltenen Widerrufsbelehrung letztlich nicht in Abrede stellt - kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie die Auffassung vertritt, selbst im Falle einer nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG unzureichenden Belehrung hinsichtlich des Fondsbeitritts, die lediglich nicht den Lauf der Widerrufsfrist in Gang setze, unterbreche das Ausbleiben des Widerrufs durch den Kunden gleichwohl den Kausalzusammenhang zwischen der Haustürsituation und dem späteren Abschluss des Darlehensvertrages. Hierbei wird übersehen, dass die für den Fall ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung angenommene Unterbrechung des Kausalzusammenhangs auf der Erwägung beruht, ein Verbraucher, der beim Anlagegeschäft ein Widerrufsrecht trotz ordnungsgemäßer Belehrung nicht ausübe, werde dies regelmäßig bewusst tun (Senatsurteil vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243 Rn. 15). Der Schluss auf eine bewusst getroffene Entscheidung des Verbrauchers verbietet sich indes von vornherein, wenn die vorangegangene Widerrufsbelehrung gerade - wie hier - mit einer Beeinträchtigung der Verdeutlichung des Widerrufsrechts verbunden war.
- 22
- c) Das Widerrufsrecht der Eheleute ist nicht durch die Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 2 HWiG ausgeschlossen, obwohl der Darlehensvertrag zugleich ein Geschäft nach § 1 Abs. 1 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung darstellt. § 5 Abs. 2 HWiG ist richtlinienkonform dahin auszulegen , dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auf Real- und Personalkreditverträge anwendbar sind, wenn das Verbraucherkreditgesetz keinen gleich weit reichenden Widerruf ermöglicht, d.h. ein Widerruf nach diesem Gesetz ausgeschlossen oder erloschen ist (Senatsurteile vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 253 ff., vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 334 f., vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 176, vom 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02, WM 2004, 1579, 1580, vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 Rn. 39 und vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157 Rn. 9; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 221). Letzteres ist hier der Fall, weil das Widerrufsrecht des Klägers und seiner Ehefrau nach dem Verbraucherkreditgesetz gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG spätestens ein Jahr nach Abgabe ihrer Darlehensvertragserklärung und damit bereits im April 1999 erloschen ist.
- 23
- d) Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend angenommen, dass die Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG im Dezember 2004 nicht abgelaufen war.
- 24
- aa) Diese Frist wurde nicht infolge der Unterzeichnung des Darlehensvertrages am 9. April 1998 in Gang gesetzt. Denn die im Darlehensvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung genügte ebenfalls nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung. Mit dem Hinweis, dass nach Empfang des Darlehens der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn der Kreditnehmer das Darlehen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs bzw. nach Auszahlung zurückzahle, enthielt sie entgegen § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG eine unzu- lässige andere Erklärung (BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 395/01, BGHZ 159, 280, 286 f.; Senatsurteile vom 21. November 2006 - XI ZR 347/05, WM 2007, 200 Rn. 25, vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157 Rn. 13, vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828 Rn. 13 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 14). Da nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Fondsbeitritt mit dem seiner Finanzierung dienenden Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildete, widersprach der Zusatz gemäß § 7 Abs. 3 VerbrKrG zudem § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG.
- 25
- bb) Entgegen der Ansicht der Revision löste auch die mit dem "Ratenkreditvertrag" im März/April 2003 erteilte Widerrufsbelehrung nicht den Lauf der Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG hinsichtlich des ursprünglichen Vertrages aus dem Jahre 1998 aus. Zwar war gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB (in der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung), Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine nachträgliche Widerrufsbelehrung auch in Bezug auf - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I 3138) geschlossene Altverträge möglich (MünchKommBGB/ Habersack, 4. Aufl., Art. 229 § 9 EGBGB Rn. 5; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., Art. 229 § 9 EGBGB Rn. 4; Tonner BKR 2002, 856, 857 f.; Martens VuR 2008, 121, 122).
- 26
- Von einer Nachbelehrung kann aber von vornherein nur die Rede sein, wenn die nachträglich abgegebene Erklärung überhaupt einen für den Darlehensnehmer erkennbaren Bezug zu der früheren Vertragserklärung aufweist, deren Belehrungsmangel im Nachhinein ausgeglichen werden soll. Das ergibt sich allein schon aus dem Begriff der "Nachbelehrung", folgt aber auch aus dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB, das nicht nur die äußere Gestaltung , sondern auch die inhaltliche Abfassung der Widerrufsbelehrung betrifft (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991; Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 24) und für die nachträgliche Belehrung ebenso gilt wie für die rechtzeitige (MünchKommBGB/ Masuch, 5. Aufl., § 355 Rn. 54; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 355 Rn. 19). Die der Vereinbarung aus März/April 2003 beigefügte Widerrufsbelehrung nimmt hingegen in keiner Weise Bezug auf den ursprünglichen Darlehensvertrag aus dem Jahre 1998, so dass sie keine nachträgliche Belehrung im Sinne von § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB darstellt. Eine solche Bezugnahme ergibt sich, anders als die Revision meint, insbesondere nicht daraus, dass es in der formularmäßigen Widerrufsbelehrung zum Kreditvertrag aus März/April 2003 unter der Überschrift "Widerruf bei bereits ausgezahltem Darlehen" unter anderem heißt, der Kreditnehmer könne, wenn er "vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank erhalten" habe, sein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Dass mit dieser Formularerklärung, die nach dem Gesamtzusammenhang der "neuen" Widerrufsbelehrung ersichtlich an die darin bestimmte zweiwöchige Widerrufsfrist anknüpft, eine fünf Jahre zuvor aufgrund eines früheren Kreditvertrages erfolgte Auszahlung des Darlehens erfasst sein soll, erschließt sich nicht.
- 27
- 2. Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, das Widerrufsrecht des Klägers und seiner Ehefrau sei dadurch, dass die Parteien das Darlehensverhältnis durch die nicht in einer Haustürsituation abgeschlossene Vereinbarung vom 30. März/3. und 14. April 2003 auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt hätten, entfallen.
- 28
- a) Allerdings hat der Senat in seinem Urteil vom 18. November 2003 (XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 176) die Vereinbarung der Fortsetzung eines Darlehensvertrags unter gleichzeitiger Umwandlung des bisherigen tilgungsfreien Kredits in ein Annuitätendarlehen einer zum Wegfall des Widerrufsrechts führenden vollständigen Leistungserbringung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG gleichgesetzt, sofern sie als eine einer Novation gleichkommende Umschuldung aufzufassen ist. Erfolgt hingegen lediglich eine Vertragsänderung, weil bei fortlaufendem Kapitalnutzungsrecht des Darlehensnehmers nur die Kreditbedingungen angepasst werden, lässt diese Änderung den ursprünglichen Vertrag und damit auch das diesbezügliche Widerrufsrecht nach § 1 HWiG unberührt (BGH, Urteile vom 15. November 2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124, 125 und vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 222). Ob eine Novation oder lediglich eine Prolongation des Darlehensvertrages vorliegt, ist Auslegungsfrage, die grundsätzlich dem Tatrichter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüft werden kann. Wegen der einschneidenden Rechtsfolgen einer Novation ist bei der Feststellung des Willens, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes zu ersetzen, Vorsicht geboten und daher im Zweifel nur von einer bloßen Vertragsänderung auszugehen (Senatsurteil vom 27. April 1993 - XI ZR 120/92, WM 1993, 1078, 1079; BGH, Urteile vom 14. November 1985 - III ZR 80/84, WM 1986, 135, 136, vom 30. September 1999 - IX ZR 287/98, WM 1999, 2251, 2252 und vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 443/00, WM 2002, 2278, 2279).
- 29
- b) Danach ist die Feststellung des Berufungsgerichts, dass es sich bei der im März/April 2003 geschlossenen Vereinbarung nur um einen Nachtrag zu dem ursprünglichen Darlehensvertrag von 1998 und nicht um eine einer Novation gleichkommende Umschuldung handelte, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat mit Recht entscheidend darauf abgestellt, dass den Darlehensnehmern kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wurde , weil nur die auf fünf Jahre beschränkte Zinsfestschreibung abgelaufen war, während die Tilgung des 1998 gewährten Darlehens erst nach 15 Jahren erfolgen musste (vgl. Senatsurteil vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 503). Die Revision zeigt nicht auf, dass diese tatrichterliche Würdi- gung gegen allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze verstößt oder wesentlichen Prozessstoff außer Acht lässt. Allein der Hinweis auf die Überschrift "Ratenkreditvertrag", die Eintragung "Auszahlungsdatum 30.04.2003" und die Verkürzung der Gesamtlaufzeit um fünf Jahre genügt hierfür nicht, weil weitere Indizien deutlich für die Einordnung als bloße Prolongation des ersten Vertrages sprechen: Der Nettokreditbetrag blieb der Größenordnung nach im Wesentlichen gleich und die Kontoführungsgebühren blieben praktisch unverändert. Trotz der Bezeichnung als "Ratenkreditvertrag mit staffelmäßiger Abrechnung" handelte es sich weiterhin um ein endfälliges Darlehen. Neue oder andere Sicherheiten wurden nicht vereinbart. Hinsichtlich der Restschuldversicherung wurde vermerkt, dass eine solche vorhanden sei. Eine Bearbeitungsgebühr oder ein (erneutes) Disagio waren nicht vorgesehen. Beide Verträge wurden unter derselben Kontonummer geführt.
- 30
- c) Es kann deshalb in diesem Zusammenhang dahinstehen, dass § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG im Streitfall ohnehin keine Anwendung mehr finden kann (dazu nachfolgend) und welche Auswirkungen sich hieraus für eine als Novation zu behandelnde Umschuldung ergeben.
- 31
- 3. Das Widerrufsrecht der Eheleute war, wie das Berufungsgericht allerdings nur im Ergebnis zu Recht angenommen hat, bei Abgabe der Widerrufserklärung in der Klageschrift aus Dezember 2004 auch nicht wegen der zeitlich vorausgegangenen vollständigen Ablösung des Darlehens im April 2004 gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG bereits erloschen.
- 32
- a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist für die Frage der beiderseits vollständigen Erbringung der Leistung auch bei einem verbundenen Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG allein auf das Rechtsgeschäft abzustellen , in dem ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz begrün- det ist, hier mithin auf den Darlehensvertrag, und nicht auf das verbundene Geschäft , also auf die mittelbare Fondsbeteiligung (vgl. bereits Senatsurteile vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2331 und vom 23. September 2008 - XI ZR 266/07, WM 2008, 2162 Rn. 27).
- 33
- b) Durch die erst nach Erlass des Berufungsurteils ergangene Entscheidung des EuGH vom 10. April 2008 (Rs. C-412/06, WM 2008, 869 Rn. 49) ist zudem geklärt, dass der in § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG normierte Erlöschenstatbestand nicht gegen die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts verstößt. Vielmehr hat der EuGH die besonderen Regeln des § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG gerade für den Fall als richtlinienkonform angesehen, dass die mit dem widerrufenen und von beiden Vertragsteilen erfüllten Darlehensvertrag verbundene kapitalmäßige Beteiligung an einer Fondsgesellschaft noch nicht vollständig abgewickelt bzw. beendet ist.
- 34
- c) Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 10. November 2009 (XI ZR 252/08, WM 2009, 2366 Rn. 18 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ 183, 112 bestimmt; siehe auch Senatsurteile vom 10. November 2009 - XI ZR 232/08, BeckRS 2009, 87286 Rn. 12 ff., vom 10. November 2009 - XI ZR 163/09, BeckRS 2009, 87769 Rn. 16 ff. und vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 15) näher ausgeführt hat, erfordert das nationale Recht keine andere Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG. Maßgeblich ist hierfür in erster Linie der eindeutige Gesetzeswortlaut, der eine Berücksichtigung des verbundenen Geschäfts nicht vorsieht. Aus dem Begriff "beiderseits" in § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG folgt vielmehr, dass es für das Erlöschen des Widerrufsrechts allein auf das Vertragsverhältnis ankommt, in dem das Widerrufsrecht des Verbrauchers entstanden und ausgeübt worden ist. Eine Einschränkung des Erlöschenstatbestandes durch eine Erstreckung des Tatbestands- merkmals der beiderseitigen Erfüllung auf das verbundene Rechtsgeschäft scheidet deshalb aus.
- 35
- d) Greifen danach die vom Berufungsgericht gegen die Anwendung von § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG angeführten Bedenken sämtlich nicht durch, so scheitert die Heranziehung dieser Norm im Streitfall gleichwohl aus einem anderen Grunde. Wie der Senat zwischenzeitlich mit Urteil vom 24. November 2009 (XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 16 f.) entschieden hat, ist § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG mit Rücksicht auf die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB nicht mehr anwendbar, wenn die vollständige Ablösung des Darlehens - wie hier - erst nach dem 1. Januar 2003 erfolgt ist. Soweit der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 13. Juli 2007 (V ZR 189/06, WM 2007, 2124 Rn. 9) für vor dem 1. Januar 2003 beendete, aber noch nicht vollständig abgewickelte Dauerschuldverhältnisse die Anwendung des alten Rechts bejaht hat, liegt eine solche Fallgestaltung hier nicht vor.
- 36
- 4. Das Berufungsgericht hat schließlich zutreffend die Verwirkung des Widerrufsrechts aus § 1 Abs. 1 HWiG verneint. Die Revision erhebt insoweit auch keinen Angriff.
- 37
- 5. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind schließlich auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß § 3 Abs. 1 HWiG, die die Revision nur insoweit angreift, als sie wegen der Rückgewähr der in den Jahren 1998 und 1999 geleisteten Zinszahlungen auf die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung verweist. Diese Rüge muss schon aus tatsächlichen Gründen erfolglos bleiben. Obwohl der Kläger und seine Ehefrau von 1998 bis 2004 insgesamt unstreitig 26.208,23 € an die Beklagte gezahlt haben, verlangt er mit der Klage nur Rückzahlung von 20.052,52 €. Dieser Betrag, der dem Bruttokreditbetrag im Darlehensvertrag vom 3./9. April 1998 entspricht und den der Kläger ausdrücklich als Gesamtforderung geltend macht, erreicht nicht einmal die Summe der unstreitig in den Jahren 2003 und 2004, also jedenfalls in unverjährter Zeit, auf das Darlehen geleisteten Zins- und Tilgungsraten.
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 15.12.2005 - 3 O 773/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 22.06.2007 - 8 U 121/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht die Rückabwicklung eines mit der beklagten Bank im Rahmen eines Fondsbeitritts abgeschlossenen Darlehensvertrages.
- 2
- Die Klägerin und ihr Ehemann wurden im November/Dezember 2000 von einem Vermittler geworben, sich über einen Treuhänder an dem geschlossenen Immobilienfonds "G. fonds GbR" (nachfolgend : Fonds) zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen sie mit der Beklagten am 22./29. Dezember 2000 einen tilgungsfreien Darlehens- vertrag über 93.333,33 DM. Dem Darlehensvertrag war auf einer besonderen Seite eine von der Klägerin und ihrem Ehemann gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz beigefügt, die die Wirksamkeit des Widerrufs an die Rückzahlung des Darlehensbetrags knüpfte. Zur Absicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs traten die Klägerin und ihr Ehemann der Beklagten unter anderem ihre Ansprüche aus zwei Lebensversicherungen ab. In der Folgezeit zahlte die Beklagte das Darlehen aus.
- 3
- Mit Schreiben vom 3. September 2007 unterbreitete die Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann ein Angebot zur Prolongation des Darlehens, wobei sie alternativ den Abschluss einer zusätzlichen Zahlungsausfallversicherung anbot. Dem Schreiben waren zwei Widerrufsbelehrungen beigefügt, die als "Widerrufsbelehrung" und "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" bezeichnet waren und dieselbe Darlehensvertragsnummer enthielten. Die "Widerrufsbelehrung" trug zusätzlich die Kennzeichnung "Anlage zur Prolongation". Die "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" lautet auszugsweise wie folgt: "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb eines Monats ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen - eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und - die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags zur Verfügung gestellt wurde."
- 4
- In dem Anschreiben heißt es ab dem vierten Absatz unter anderem: "Unterzeichnen Sie bitte das von Ihnen gewählte Prolongationsangebot … sowie die angeheftete Widerrufsbelehrung an den jeweils hierfür vorgesehenen Stellen und senden Sie es uns bis spätestens zum 20.09.2007 zurück.
- 5
- Die Klägerin und ihr Ehemann nahmen das Prolongationsangebot nicht an, sondern kündigten das Darlehen mit Schreiben vom 25. September 2007 zum 31. Dezember 2007. Mit Schreiben vom 23. November 2007 erklärten sie den Widerruf ihrer auf den Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärungen.
- 6
- Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte aus eigenem und von ihrem Ehemann abgetretenem Recht auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen abzüglich der Fondsausschüttungen und Steuervorteile in Höhe von verbleibenden 10.715,05 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung des Fondsanteils und auf Rückübertragung der Lebensversicherungen in Anspruch. Außerdem begehrt sie die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen, und die Freistellung von etwaigen Steuernachforderungen, die aus der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung herrühren.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
- 8
- Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
- 9
- 1. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Ordnungsgemäßheit der Nachbelehrung eine Zulassung der Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung oder gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die von der Beklagten der Klägerin und ihrem Ehemann mit Schreiben vom 3. September 2007 erteilte Nachbelehrung nicht ordnungsgemäß war und daher die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht in Gang setzen konnte. Der Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225 und vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292).
- 10
- a) Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB (in der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung) i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB ist eine nachträgliche Widerrufsbelehrung auch in Bezug auf - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) geschlossene Altverträge möglich (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 25). Die Nachbelehrung unterliegt denselben gesetzlichen Anforderungen wie eine rechtzeitige Belehrung. Sie muss umfassend , unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf auch die nachträgliche Widerrufsbelehrung keine zusätzlichen Erklärungen enthalten, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Belehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den Verbraucher verwirren können (vgl. hierzu Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 14 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 f., jeweils mwN). Eine Nachbelehrung muss zudem nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB einen für den Verbraucher erkennbaren Bezug zu seiner früheren Vertragserklärung aufweisen, der ihm deutlich macht, dass ein Belehrungsmangel im Nachhinein ausgeglichen werden soll (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 26).
- 11
- b) Eine diesen Maßgaben entsprechende Nachbelehrung hat die Beklagte - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht erteilt. Die Widerrufsfrist hatte daher gemäß § 361a Abs. 1 Satz 3 BGB aF, § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der hier anwendbaren Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850) im September 2007 nicht zu laufen begonnen. Aufgrund dessen konnten die Klägerin und ihr Ehemann ihr Widerrufsrecht mit ihrem am 23. November 2007 erklärten Widerruf noch wirksam ausüben.
- 12
- (1) Die Beklagte hat für die Belehrung kein Formular verwendet, das dem Muster gemäß § 14 Abs. 1 Anlage 2 BGB-InfoV entspricht. Aus der BGBInformationspflichten -Verordnung kann sie schon aus diesem Grund keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten (Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 13 mwN).
- 13
- (2) Das von der Beklagten verwendete Belehrungsformular ist fehlerhaft, weil es - wie der Senat mit Urteil vom 10. März 2009 (XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 ff.) für ein gleichlautendes Formular der Beklagten entschieden und im Einzelnen begründet hat - den Verbraucher nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist belehrt, indem es das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne (bereits) mit der Übersendung des Vertragsantrags des Unternehmers, d.h. hier der Beklagten. Dieser Entscheidung lag zwar der Fall einer Belehrung bei Vertragsschluss zugrunde. Für die Verwendung des Formulars im Rahmen der Nachbelehrung gilt aber nichts anderes. Denn in dem Fall, in dem der Verbraucher nur die Vertragserklärung des Unternehmers erhalten hat, ist die erteilte Belehrung aufgrund ihrer missverständlichen Fassung objektiv geeignet, den Verbraucher - hier die Klägerin und ihren Ehemann - über den Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig zu informieren.
- 14
- (3) Darüber hinaus ist die Nachbelehrung auch deshalb nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil der Klägerin und ihrem Ehemann nicht hinreichend deutlich gemacht wurde, dass sie ihre ursprünglichen Darlehensvertragserklärungen noch widerrufen konnten.
- 15
- Das Belehrungsformular bezieht sich bei isolierter Betrachtung auf eine "Vertragserklärung" der Klägerin und ihres Ehemanns, womit mangels Datierung die ursprüngliche Darlehensvertragserklärung, aber auch die Erklärung zur Verlängerung des Darlehens gemeint sein kann. Letzteres ergibt sich daraus, dass auch in der anderen, als "Anlage zur Prolongation" bezeichneten Widerrufsbelehrung der Begriff "Vertragserklärung" verwendet wird. Soweit in der Nachbelehrung die genaue Darlehensnummer aufgeführt ist, ist dies ohne Aussagekraft , weil auch - wie sich unter anderem aus der anderen Widerrufsbelehrung ergibt - die Darlehensprolongation unter dieser Nummer bearbeitet wurde. Allein aus dem Umstand, dass zwei Widerrufsbelehrungen übersandt wurden, von denen sich eine auf die Darlehensprolongation bezog, musste sich für die Klägerin und ihren Ehemann nicht ohne weiteres der Schluss aufdrängen, dass die andere Widerrufsbelehrung für ihre ursprünglichen Vertragserklärungen vom Dezember 2000 gelten sollte. Denn insoweit waren die Klägerin und ihr Ehemann ebenfalls bereits im Besitz einer solchen Belehrung.
- 16
- Einen Bezug der Nachbelehrung zu den im Dezember 2000 abgegebenen Darlehensvertragserklärungen stellt erst das Begleitschreiben vom 3. September 2007 her. Der entsprechende Passus ist damit Teil der Widerrufsbelehrung und an dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB zu messen. Dessen Anforderungen wird er nicht gerecht. Es fehlt bereits an einer drucktechnisch deutlichen Gestaltung (vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 24 mwN) und einem unmissverständlichen Hinweis, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre ursprünglichen Vertragserklärungen widerrufen konnten. Vielmehr ist die Textstelle ohne drucktechnische Hervorhebung in die Ausführungen zu der angebotenen Darlehensprolongation und den Folgen einer Nichtverlängerung eingebettet, so dass auch für den verständigen Verbraucher und Darlehensnehmer die Gefahr besteht, diese Passage zu überlesen oder zumindest deren Bedeutungsgehalt, nämlich die nach wie vor bestehende Widerrufsmöglichkeit trotz der bereits im Dezember 2000 erfolgten Belehrung, nicht zu erkennen. Die in dem Schreiben nur beiläufig geäußerte Bitte um Kenntnisnahme der Belehrung genügt zur Beseitigung dieser Gefahr nicht, sondern erhöht sie eher.
- 17
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann sich auch nicht auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO berufen.
- 18
- a) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet, dass das Berufungsgericht das tatsächliche Vorbringen der Beklagten zur Erteilung der Nach- belehrung im September 2007 unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen hat, kann dies dahingestellt bleiben. Insoweit fehlt es bereits an der Entscheidungserheblichkeit des gerügten Rechtsfehlers. Das Berufungsgericht hat - wie oben zu II 1 ausgeführt - rechtsfehlerfrei mit einer eigenständigen Begründung die Nachbelehrung als nicht ordnungsgemäß beurteilt.
- 19
- b) Ohne Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde schließlich geltend , dass es zur Frage der Ordnungsgemäßheit der streitgegenständlichen Nachbelehrung divergierende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte gebe. Das Berufungsgericht hat die Nachbelehrung zu Recht und in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung als fehlerhaft angesehen. Dass andere Oberlandesgerichte dies anders beurteilt haben, kann eine Zulassung der Revision im vorliegenden Rechtsstreit nicht rechtfertigen. Zudem beruht die Divergenz nicht auf einer Abweichung von einem rechtlichen Obersatz, sondern auf einem unterschiedlichen Subsumtionsvorgang (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 16. September 2003 - XI ZR 238/02, NJW 2004, 1167 mwN).
Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 18.05.2009 - 6 O 20/08 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 14.04.2010 - 13 U 128/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Dessau vom 4. August 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte befaßt sich mit der Durchführung von Maler- und Dachdekkerarbeiten. Am 2. Oktober 1997 suchte einer ihrer Mitarbeiter einen Hauseigentümer unangemeldet in dessen Wohnhaus auf und bot ihm eine Dachsanierung zu einem Festpreis an. Auf dem von dem Mitarbeiter der Beklagten vorgelegten vorgedruckten Auftragsformular der Beklagten, das der Hauseigentümer im Lauf des Gesprächs unterzeichnete, befand sich links unten eine schwarz umrahmte Widerrufsbelehrung mit folgendem Wortlaut:
"Der Auftrag kann innerhalb einer Woche schriftlich bei der Firma ... widerrufen werden. Zur Wahrung dieser Frist genügt rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Lauf der Widerrufsfrist beginnt mit Aushändigung dieser Vertragsurkunde, nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde." Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hat die Verwendung des Auftragsformulars mit der Begründung als wettbewerbswidrig beanstandet, die Widerrufsbelehrung verstoße gegen § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HWiG a.F.). Der im letzten Satz der Widerrufsbelehrung enthaltene , mit den Worten "nicht jedoch, bevor ..." beginnende Satzteil stelle eine unzulässige , weil im Gesetz nicht vorgesehene Erweiterung der Belehrung dar und sei zudem geeignet, den Kunden zu verwirren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit dem Abschluß von Werkverträgen im Bereich der Privatwohnung eines Kunden dem Kunden keine den Anforderungen des Haustürwiderrufsgesetzes genügende Widerrufsbelehrung zu erteilen, insbesondere dem Kunden eine Widerrufsbelehrung zu erteilen, die folgende zusätzliche Erklärung bei dem Hinweis enthält , daß der Lauf der Widerrufsfrist mit Aushändigung der Vertragsurkunde beginnt: "... nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde." Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Standpunkt vertreten, die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung sei eindeutig und auch für den Verbraucher unmißverständlich. Der Hinweis, daß der Lauf der Widerrufsfrist nicht vor Abgabe der auf Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Auftraggebers beginne, sei zur Klarstellung insbesondere in den Fällen notwendig, in denen sich Auftraggeber erst nach einer Bedenkzeit zur Vertragsunterzeichnung entschließen würden. In diesen Fällen vergäßen Kunden verschiedentlich die gesonderte Unterzeichnung der Widerrufsbelehrung, was die Vertragsabwicklung erschwere. Deshalb lasse man in solchen Fällen den Kunden die Widerrufsbelehrung unterschreiben, auch wenn er den Auftrag selbst noch nicht unterschrieben habe.
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Naumburg OLG-Rep 2000, 279).
Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Beklagte beantragt , die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch mit der Begründung verneint, der beanstandete Teil der Widerrufsbelehrung verstoße nicht gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. schließe nicht jeden Zusatz zu der Belehrung aus. Diese dürfe nur keine Erklärungen mit deutlich anderem Inhalt als die vom Gesetz vorgesehenen aufweisen. Da das Verbot, andere Erklärungen mit der Belehrung zu verbinden, deren Übersichtlichkeit und Hervorhebung abzusichern bezwecke, seien solche Ergänzungen zulässig, die die Widerrufsbelehrung in ihrem gebotenen Inhalt verdeutlichten. Dies sei bei dem vom Kläger beanstandeten Teil der Widerrufsbelehrung der Beklagten der Fall. Die von dieser geschilderte Vorgehensweise, den nicht zur sofortigen Auftragserteilung entschlossenen Kunden ein Auftragsformular mit der Bitte zu überlassen, die Widerrufsbelehrung sogleich zu unterschreiben, sei rechtlich zulässig. Für solche Fälle sei der beanstandete Zusatz notwendig, um zu verdeutlichen , wann die Widerrufsfrist zu laufen beginne; ansonsten könnte bei den Kunden der unzutreffende Eindruck entstehen, daß die Frist schon vor seiner Unterschrift unter den Auftrag abgelaufen sei. Wenn die Unterschriften unter den Vertrag und die Widerrufsbelehrung gleichzeitig erfolgten, sei der Zu-
satz zwar überflüssig, aber immerhin nicht falsch. Die verwendete Formulierung sei aus der Sicht eines Verbrauchers auch nicht so schwierig, daß für ihn nicht zumindest bei einiger Überlegung deutlich werde, was mit ihr gemeint sei. Mit der gewählten Formulierung werde die gesetzliche Vorgabe erfüllt, daß der Kunde für jeden denkbaren Fall eindeutig über sein Widerrufsrecht und über die Berechnung der Frist hierfür zu informieren sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg und führen zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden landgerichtlichen Urteils. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß das von der Beklagten benutzte Auftragsformular den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, die bei Haustürgeschäften für die dem Kunden zu erteilende Widerrufsbelehrung gelten. Die Verwendung eines solchen Auftragsformulars ist wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG.
1. Die Frage, ob der klagegegenständliche Unterlassungsanspruch begründet ist, beurteilt sich angesichts dessen, daß der Anspruch in die Zukunft gerichtet ist, nach dem im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung geltenden Recht (st. Rspr.; vgl. BGHZ 141, 329, 336 - Tele-Info-CD; BGH, Urt. v. 9.11.2000 - I ZR 185/98, GRUR 2001, 348, 349 = WRP 2001, 397 - Beratungsstelle im Nahbereich; Urt. v. 25.10.2001 - I ZR 29/99, WRP 2002, 679, 680 - Vertretung der Anwalts-GmbH; Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 306/99, WRP 2002, 832, 833 - Postfachanschrift, m.w.N.). Insoweit sind daher nunmehr die aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Bestimmungen des § 312 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB einschlägig, die ihrerseits auf die ebenfalls zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Vorschriften der § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2, § 357 Abs. 1 und 3 BGB verweisen.
2. Nach dem Wortlaut des § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB ist die Frage, ob eine Widerrufsbelehrung, die den Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist mit Aushändigung der Vertragsurkunde mit dem einschränkenden Zusatz "nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde" verbindet, den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ebensowenig eindeutig zu beantworten wie nach dem bisherigen Recht (vgl. für die Zeit bis zum 30. September 2000 § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 HWiG a.F. und nachfolgend bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes § 361a Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB in der Fassung des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000, BGBl. I S. 897). Die Regelungen des alten wie auch die des neuen Rechts knüpfen hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist jeweils an die Erteilung der Widerrufsbelehrung an, regeln aber nicht ausdrücklich, zu welchem Zeitpunkt diese zu erteilen ist. Ihrem Wortlaut läßt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die Belehrung vor der Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers zulässig und, da die Frist zum Widerruf jedenfalls nicht vor der Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers beginnen kann (vgl. Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 2 HWiG Rdn. 4; Fischer/Machunsky, Haustürwiderrufsgesetz, 2. Aufl., § 2 Rdn. 45; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB [2001], § 7 VerbrKrG Rdn. 39; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 2 HausTWG Rdn. 4; vgl. auch MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 40 und Klauss/Ose, Verbraucherkreditgeschäfte , 2. Aufl., § 2 HausTWG Rdn. 297), ein entsprechender Hinweis auf den richtigen Fristbeginn in der Widerrufsbelehrung erforderlich, zumindest aber zulässig ist.
3. Entscheidend ist daher, ob der vom Gesetz mit der Einräumung eines Widerrufsrechts zugunsten des Verbrauchers verfolgte Zweck mit der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung erreicht wird. Das ist nicht der Fall.
a) Das nunmehr in § 355 BGB und in Vorschriften, die - wie vorliegend § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB - auf diese Bestimmung verweisen, geregelte Widerrufsrecht bezweckt ebenso wie das früher unter anderem in § 2 HWiG a.F., § 7 VerbrKrG a.F. und auch schon in § 1b AbzG a.F. geregelte Widerrufsrecht den Schutz der Verbraucher. Dieser Schutz erfordert eine möglichst umfassende, unmißverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung. Dem tragen die bei der Belehrung von Gesetzes wegen zu beachtenden Formvorschriften und inhaltlichen Anforderungen Rechnung (vgl. BGHZ 121, 52, 54 f. - Widerrufsbelehrung I). Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 44; Staudinger/Werner, BGB [1998], § 2 HWiG Rdn. 30). Bereits vor der Vereinheitlichung des Widerrufsrechts bei Verbraucherverträgen durch § 361a BGB a.F. entsprach es darüber hinaus der Zielrichtung des Haustürwiderrufsgesetzes und des Verbraucherkreditgesetzes ebenso wie der des früheren Abzahlungsgesetzes, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren und ihn über die Berechnung nicht im Unklaren zu lassen (vgl. BGHZ 121, 52, 54 f. - Widerrufsbelehrung I; 126, 56, 62). Dies sieht nunmehr § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ausdrücklich vor. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. An diesem in § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. ausdrücklich normierten Erfordernis hat sich durch die gesetzliche Neuregelung nichts geändert (vgl. Bülow, VerbrKrG, 4. Aufl., § 7
Rdn. 117). Es kommt nunmehr darin zum Ausdruck, daß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Gestaltung der Belehrung verlangt, die dem Verbraucher seine Rechte deutlich macht (vgl. insoweit - zu § 1b Abs. 2 AbzG a.F. - BGH, Urt. v. 7.5.1986 - I ZR 95/84, GRUR 1986, 816, 818 = WRP 1986, 660 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; Urt. v. 30.9.1992 - VIII ZR 196/91, NJW 1993, 64,
67).
Diese Regelung schließt allerdings nicht schlechthin jeglichen Zusatz zur Belehrung aus. Ihrem Zweck entsprechend sind Ergänzungen als zulässig anzusehen , die ihren Inhalt verdeutlichen. Nicht hierzu rechnen jedoch Erklärungen , die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die deshalb von ihr ablenken (vgl. BGH GRUR 1986, 816, 818 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; BGH, Urt. v. 8.7.1993 - I ZR 202/91, GRUR 1994, 59, 60 = WRP 1993, 747 - Empfangsbestätigung).
b) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht. Denn sie legt das unrichtige Verständnis nahe, daß auch Fälle denkbar seien, in denen die Widerrufsfrist nicht bereits mit der Aushändigung der die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsurkunde zu laufen beginne, sondern erst mit der zeitlich nachfolgenden Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers. Dies ist jedoch unzutreffend, so daß der von dem Kläger beanstandete Zusatz die Widerrufsbelehrung nicht in ihrem gebotenen Inhalt verdeutlicht, sondern im Gegenteil für den in der Regel rechtlich nicht geschulten Verbraucher irreführend ist.
aa) Insoweit ist - was das Berufungsgericht auch nicht verkannt hat - da- von auszugehen, daß dem Zusatz in denjenigen Fällen, in denen der Verbraucher seine auf den Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung im Zeitpunkt der Aushändigung der Widerrufsbelehrung bereits abgegeben hat oder zugleich abgibt, keine sachliche Bedeutung zukommt. Denn in diesen Fällen beginnt die Frist immer erst mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung zu laufen, so daß sich der Zusatz hier als überflüssig erweist. Auch ein überflüssiger Zusatz in einer Widerrufsbelehrung ist aber geeignet, das Verständnis des Verbrauchers von ihrem wesentlichen Inhalt zu beeinträchtigen, und trägt deshalb nicht zur Verdeutlichung des gebotenen Inhalts der Belehrung bei. Hinzu kommt, daß von einem rechtsunkundigen Verbraucher nicht das richtige Verständnis des in dem Zusatz verwendeten juristischen Fachbegriffs "Abgabe einer Willenserklärung" erwartet werden kann.
bb) Die Zulässigkeit des beanstandeten Zusatzes läßt sich aber auch nicht im Hinblick auf diejenigen Fälle bejahen, für die er gedacht ist, d.h. Fälle, in denen der Verbraucher den Auftrag erst nach Inanspruchnahme einer Überlegungsfrist erteilt und die Beklagte ihn deshalb die Widerrufsbelehrung bereits vorab unterzeichnen läßt. Denn die Erteilung der Widerrufsbelehrung vor Vertragsabschluß entspricht nicht den gesetzlichen Erfordernissen (ebenso Staudinger /Wolf, BGB [1998], § 2 HWiG Rdn. 40; a.A. Staudinger/Kessal-Wulf, BGB [2001], § 7 VerbrKrG Rdn. 39; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 2 HausTWG Rdn. 4; MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 40; Fischer/Machunsky aaO) und läßt sich auch nicht mit Praktikabilitätserwägungen rechtfertigen.
(1) Allerdings enthält § 355 BGB ebensowenig wie § 2 HWiG a.F. eine ausdrückliche Bestimmung darüber, zu welchem Zeitpunkt die Widerrufsbelehrung zu erteilen ist. Dem mit der Einräumung eines Widerrufsrechts bei Haus-
türgeschäften bezweckten Schutz des Verbrauchers widerspricht es jedoch, daß seine gesetzlich vorgeschriebene Belehrung über das ihm zustehende Recht zum Widerruf seiner auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung bereits vor deren Abgabe erteilt wird. Die Belehrung soll dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen führen. Dieses Ziel wird aber nur dann erreicht, wenn sich die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht. Das setzt voraus, daß der Verbraucher eine solche Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt. Denn nur unter dieser Voraussetzung steht ihm eine Entscheidungsfreiheit zu, die durch die Gewährung einer nachträglichen Überlegungsfrist wiederhergestellt werden soll (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs des Bundesrates zum HWiG, BT-Drucks. 10/2876, S. 7). Dagegen ist eine Widerrufsbelehrung , die dem Verbraucher bereits vor der Abgabe der Vertragserklärung erteilt worden ist, von vornherein mit dem mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer größer werdenden Risiko behaftet, daß dieser sie zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Vertragserklärung bereits wieder vergessen hat. Dementsprechend vermag die dem Verbraucher eingeräumte Bedenkfrist unter dieser Voraussetzung ihren Sinn nicht zu erfüllen.
Im übrigen kann auch aus der Tatsache, daß der Wortlaut des Gesetzes dem nicht ausdrücklich entgegensteht, nicht abgeleitet werden, daß der Gesetzgeber die Erteilung der Widerrufsbelehrung vor Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers zulassen wollte. Die Entstehungsgeschichte des Haustürwiderrufsgesetzes, an dessen entsprechende Regelung das nunmehr in den §§ 312, 355 BGB bestimmte Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften anknüpft, weist nämlich aus, daß die Belehrung nach der Auffassung des Gesetzgebers jedenfalls nicht vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers zu erteilen war. Die Re-
gelungen über die Widerrufsbelehrung in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HWiG a.F. waren eng an § 1b AbzG a.F. angelehnt (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs des Bundesrates, BT-Drucks. 10/2876, S. 12 f.). Nach dieser Vorschrift mußte die dem Käufer zu erteilende Widerrufsbelehrung auf der Abschrift seiner auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärung enthalten sein und begann die Widerrufsfrist erst mit der Aushändigung dieser Abschrift zu laufen. Allein schon im Hinblick darauf kam eine Belehrung vor Abgabe der Vertragserklärung des Käufers nicht in Betracht (vgl. MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 40 Fn. 91 zu der der nunmehrigen Regelung in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB entsprechenden Bestimmung des § 361a Abs. 1 Satz 5 BGB a.F.). Daß nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HWiG a.F. die Belehrung nicht auf einer Abschrift der Vertragserklärung des Kunden anzubringen war, hatte demgegenüber seinen Grund allein darin, daß die Vertragserklärung des Kunden nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht der Schriftform bedurfte (vgl. BT-Drucks. 10/2876, S. 13).
(2) Daß die Widerrufsbelehrung bei Haustürgeschäften dem Verbraucher nicht vor der Abgabe seiner auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärung erteilt werden darf, folgt auch aus der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG, ABl. EG Nr. L 372 vom 31.12.1985, S. 31). Diese ist bei der Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften ergänzend heranzuziehen (vgl. BGH, Urt. v. 4.5.1994 - XII ZR 24/93, NJW 1994, 2759, 2760), wobei Divergenzen zu der Richtlinie so weit wie möglich zu vermeiden sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1995 - XI ZR 199/94, NJW 1996, 55, 56; Staudinger/Werner, BGB [1998], Vorbem. zum HWiG Rdn. 42; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., Vor § 1 HausTWG Rdn. 6-8 und 21; Roth, ZIP 1996, 1285, 1286). Die nationalen Rechtsvorschriften sind so weit wie mög-
lich unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen (EuGH, Urt. v. 27.6.2000 - verb. Rs. C-240/98 bis C-244/98, NJW 2000, 2571, 2572 f.). Die richtlinienkonforme Auslegung der nationalen Vorschriften ist im Streitfall schon deshalb geboten, weil sich die nunmehr in den §§ 312, 355 BGB enthaltenen Bestimmungen über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften mit dem Regelungsgehalt der Richtlinie vom 20. Dezember 1985 decken, wobei sie aber - anders als die Richtlinie - die Frage , zu welchem Zeitpunkt die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher auszuhändigen ist, nicht ausdrücklich regeln (vgl. Basedow, Festschrift Brandner [1996], S. 658).
Die Widerrufsbelehrung ist dem Verbraucher nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a der Richtlinie in den Fällen des dortigen Art. 1 Abs. 1 wie namentlich bei Verträgen zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher, die anläßlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden in einer Privatwohnung geschlossen werden (Art. 1 Abs. 1 2. Spiegelstrich Buchst. i der Richtlinie), grundsätzlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auszuhändigen. Abweichendes gilt nur in Sonderfällen, in denen die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (vgl. Art. 1 Abs. 2 i.V. mit Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b der Richtlinie) oder zum Zeitpunkt der Abgabe seines Angebots (vgl. Art. 1 Abs. 3 und 4 i.V. mit Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c der Richtlinie) auszuhändigen ist, nicht dagegen im - auch vorliegend gegebenen - Normalfall, daß der Gewerbetreibende den Verbraucher ohne vorhergehende Bestellung in dessen Privatwohnung aufsucht.
4. Die Verwendung einer gesetzwidrigen Widerrufsbelehrung durch die Beklagte stellt auch einen Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 1 UWG dar. Ein Vertragsformular, das den Vertragspartner über ein ihm durch Gesetz einge-
räumtes Widerrufsrecht entgegen den gesetzlichen Vorschriften nicht, nicht vollständig oder nicht richtig belehrt, begründet die Gefahr, daß der die Rechtslage nicht überblickende Vertragspartner von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird, was mit Blick auf das Ausnutzen dieser Rechtsunkenntnis mit dem Sinn und Zweck des Leistungswettbewerbs und den guten kaufmännischen Sitten nicht in Einklang steht. Die Beklagte verschafft sich damit zudem bewußt und planmäßig einen wettbewerbswidrigen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 1986, 816, 818 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; BGHZ 121, 52, 57 f. - Widerrufsbelehrung I; BGH WRP 2002, 832, 833 - Postfachanschrift, m.w.N.).
5. Das beanstandete Verhalten der Beklagten berührt wesentliche Belange der Verbraucher i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1989 - I ZR 178/87, GRUR 1989, 753, 754 = WRP 1990, 169 - Telefonwerbung II; Urt. v. 8.11.1989 - I ZR 55/88, GRUR 1990, 280, 281 = WRP 1990, 288 - Telefonwerbung III).
III. Danach war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Bornkamm ist an der Unterschriftsleistung infolge Urlaubs verhindert. Erdmann
Pokrant Schaffert
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Darlehensvertrages , den der Beklagte mit der klagenden Bank zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung geschlossen hat.
- 2
- Der Beklagte, ein damals 31 Jahre alter IT-Systembetreuer, wurde im November 2003 von einem Vermittler geworben, sich über eine Treuhänderin wirtschaftlich an der I. KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft) mit einem Anteil von 20.000 € zuzüglich 5% Agio zu beteiligen.
- 3
- Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schloss der Beklagte - geworben durch denselben Vermittler - mit der Klägerin am 27./30. Dezember 2003 einen Darlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag von 21.000 € zu einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 6,5% mit einer Zinsfestschreibung bis zum 30. Dezember 2010. Als Kreditsicherheiten sah der Darlehensvertrag, der den Gesamtbetrag der Zahlungen nur bis zum Ende der Zinsbindung angab, die Verpfändung des treuhänderisch gehaltenen Fondsanteils und die Abtretung des laufenden Arbeitseinkommens sowie der Ansprüche aus zwei Lebensversicherungen vor. Der Weisung des Beklagten folgend zahlte die Klägerin den Darlehensbetrag direkt an die Treuhänderin zur Tilgung der Beitragsschuld der Fondsbeteiligung aus.
- 4
- Dem Darlehensvertrag war eine von dem Beklagten gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung beigefügt. Diese lautet auszugsweise wie folgt: "Ich bin darüber belehrt worden, dass ich meine auf den Abschluss dieses Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen 2 Wochen widerrufen kann, sofern dieses Recht nicht nach Satz 3 ausgeschlossen ist. Widerrufe ich diesen Verbraucherdarlehensvertrag, so bin ich auch an meine auf den Abschluss des verbundenen Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Steht mir für den verbundenen Vertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist mein Recht zum Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages ausgeschlossen. Erkläre ich dennoch den Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages gegenüber der Bank, so gilt dies als Widerruf des verbundenen Vertrages gegenüber dem Unternehmen."
- 5
- Mit Anwaltsschreiben vom 9. August 2007 ließ der Beklagte den Darlehensvertrag und die von ihm erteilte Einzugsermächtigung mit der Begründung widerrufen, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft.
- 6
- Die Klägerin ist dem entgegen getreten und begehrt mit der Klage die Feststellung, dass der Darlehensvertrag wirksam ist mit der Maßgabe , dass - im Hinblick auf die fehlende Gesamtbetragsangabe - nur der gesetzliche Zinssatz in Höhe von 4% p.a. geschuldet wird.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Der Beklagte habe seine Darlehensvertragserklärung wirksam nach § 495 BGB widerrufen. Der Widerruf sei auch noch mit Schreiben vom 9. August 2007 möglich gewesen, da der Beklagte nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei (§ 495 BGB i.V.m. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB). Die ihm erteilte Widerrufsbelehrung sei verwirrend und missverständlich.
- 11
- Die Bestimmung des § 14 BGB-InfoV greife zugunsten der Klägerin nicht ein, da die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht dem dort vorgegebenen Muster entsprochen habe. Die verwendete Belehrung könne aus Sicht eines durchschnittlichen rechtsunkundigen Verbrauchers unzutreffende Vorstellungen hervorrufen, da die Formulierung im ersten und dritten Satz, wonach das Widerrufsrecht "ausgeschlossen" sei, den Eindruck erwecken könne, es gebe Fälle, in denen der Beklagte trotz wirksamen Widerrufs an den Darlehensvertrag gebunden sei. Die Belehrung sei auch unvollständig, da sie die Regelung des § 358 Abs. 5 BGB nicht beachte, wonach in Fällen, in denen - wie hier - ein verbundenes Geschäft vorliege, auch auf die Rechtsfolgen gemäß § 358 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB hingewiesen werden müsse. Aus der von der Klägerin verwendeten Belehrung sei für den Verbraucher nicht eindeutig ersichtlich, dass er im Falle eines wirksamen Widerrufs des verbundenen Vertrages auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist. Durch den Hinweis auf den Ausschluss des Widerrufsrechts im letzten Halbsatz des ersten und dritten Satzes werde für den Laien vielmehr der Eindruck erweckt, er könne sich bei einem rechtlich zulässigen Widerruf des finanzierten Geschäfts von dem Verbraucherdarlehensvertrag nicht lösen.
II.
- 12
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Beklagte seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen hat.
- 13
- 1. Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass es sich bei dem Fondsbeitritt und dem zu seiner Finanzierung geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag um verbundene Verträge im Sinne von § 358 BGB handelt. Weiter ist das Berufungsgericht stillschweigend davon ausgegangen, dass dem Beklagten jedenfalls ursprünglich ein Recht zum Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrages nach §§ 495, 355 BGB zugestanden hat, das nicht durch ein vorrangiges Widerrufsrecht gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen war. Auch hiergegen wendet sich die Revision nicht.
- 14
- 2. Die Revision beanstandet allein die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beklagte habe sein Widerrufsrecht mit dem Widerruf am 9. August 2007 noch wirksam ausüben können. Die Annahme des Berufungsgerichts, das dem Beklagten zustehende Widerrufsrecht habe im Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB bestanden, da die von der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1, § 358 Abs. 5 BGB nicht entspreche, lässt Rechtsfehler indes nicht erkennen.
- 15
- a) Die Klägerin hat für die Belehrung kein Formular verwendet, das dem Muster gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV entspricht. Der Wortlaut der von der Klägerin erteilten Belehrung stimmt weder mit der ursprünglichen Fassung der BGB-InfoV gemäß Verordnung vom 5. August 2002 (BGBl. I, S. 3002) überein noch - was die Revision verkennt - mit der geänderten Fassung gemäß Verordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I, S. 292). Das Berufungsgericht geht daher zu Recht davon aus, dass die Klägerin schon aus diesem Grund aus der BGB-InfoV keine ihr günstigen Rechtsfolgen ableiten kann (BGHZ 172, 58, Tz. 12; BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
- 16
- b) Eine den gesetzlichen Vorgaben (§ 355, § 358 Abs. 5, § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB) entsprechende Widerrufsbelehrung hat sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht erteilt.
- 17
- Dabei kann offen bleiben, von wem (Darlehensgeber, Unternehmer ) und in welchem Umfang im Einzelnen der Verbraucher über die Rechtsfolgen des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB zu informieren ist und ob die Klägerin im konkreten Fall zu einer solchen Belehrung verpflichtet war. Da sie eine entsprechende Belehrung erteilt hat, musste diese jedenfalls ordnungsgemäß sein, um dem Schutzzweck der §§ 355, 358 BGB Rechnung zu tragen. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 14 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14, jeweils m.w.N.). Dies kommt im nunmehr einheitlich geregelten Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen darin zum Ausdruck, dass § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Gestaltung der Belehrung verlangt, die dem Verbraucher seine Rechte deutlich macht (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991).
- 18
- aa) Dem wird die von der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung nicht gerecht. Nach der gesetzlichen Regelung des § 358 BGB ist der Verbraucher bei der Verbindung des Verbraucherdarlehensvertrages mit einem anderen Vertrag durch den wirksamen Widerruf des einen verbundenen Vertrags auch nicht an den anderen Vertrag gebunden; hierbei kommt einem hinsichtlich des finanzierten Geschäfts bestehenden Widerrufsrecht zwar Vorrang zu; durch dessen wirksame Ausübung wird aber auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag beseitigt (§ 358 Abs. 2 Satz 2, § 358 Abs. 1 BGB). Die einem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung, die ihm seine Rechte verdeutlichen soll, darf daher jedenfalls kein Missverständnis dahin wecken, der Verbraucher bleibe bei einem wirksamem Widerruf des finanzierten Geschäfts entgegen § 358 Abs. 1, § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB an den Darlehensvertrag gebunden.
- 19
- bb) Dieses Fehlverständnis legt jedoch die von der Klägerin verwendete Widerrufsbelehrung nahe. Sie belehrt den Verbraucher - wie das Berufungsgericht und auch das Oberlandesgericht Hamm, das über eine wortgleiche Belehrung zu entscheiden hatte (OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2008 - 31 U 59/08, zitiert nach Juris, Tz. 3, 29 ff.), zutreffend ausgeführt haben - nicht unmissverständlich darüber, dass durch einen wirksamen Widerruf des finanzierten Vertrags auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag entfällt. Vielmehr entsteht dort in der konkreten Ausgestaltung der Belehrung und aus dem Zusammenspiel der einzelnen Sätze aus Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 16 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 16, jeweils m.w.N.), der unzutreffende Eindruck, er könne sich in bestimmten Fällen ausschließlich von den Bindungen des finanzierten Geschäfts, nicht aber von den Bindungen des Darlehensvertrags lösen, da sein Widerrufsrecht in Bezug auf den Darlehensvertrag wegen des nach der gesetzlichen Rege- lung vorrangigen Widerrufs in Bezug auf das finanzierte Geschäft ausgeschlossen sei.
- 20
- (1) In Satz 1 der Belehrung wird der Verbraucher zwar über sein grundsätzliches Widerrufsrecht - bezogen auf den Verbraucherdarlehensvertrag - belehrt und für diesen Fall durch Satz 2 der Widerrufsbelehrung darüber unterrichtet, dass ein solcher Widerruf auf das finanzierte Geschäft durchgreift. Durch die ebenfalls bereits in Satz 1 enthaltene Verweisung auf Satz 3 und zusätzlich durch Satz 3 selbst wird der Blick des Verbrauchers aber darauf gerichtet, dass ihm ein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrags nicht zusteht, wenn er den finanzierten Vertrag widerrufen kann, wobei - wie dem Verbraucher durch Satz 4 der Belehrung mitgeteilt wird - ein dennoch erfolgter Widerruf gegenüber der Bank als Widerruf des verbundenen Vertrages gilt. Die in Satz 3 enthaltene Belehrung über den Ausschluss des Widerrufsrechts entspricht zwar isoliert betrachtet - worauf die Revision zutreffend hinweist - dem Wortlaut der gesetzlichen Vorrangregelung des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB. Sie ist jedoch unvollständig und darüber hinaus im Kontext - insbesondere auch angesichts der in Satz 4 enthaltenen Information über eine Umdeutung eines gleichwohl gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufs in einen Widerruf des verbundenen Vertrages - irreführend. Sie legt nämlich durch den sowohl in Satz 1 als auch in Satz 3 enthaltenen, und dadurch besonders hervorgehobenen, Hinweis darauf, dass in bestimmten Fällen das Widerrufsrecht des Verbrauchers gegen den Darlehensvertrag ausgeschlossen ist, verbunden mit dem Hinweis, dass ein gleichwohl gegen den Darlehensvertrag gerichteter Widerruf als gegen das finanzierte Geschäft gerichtet gelte, das Verständnis nahe, es gebe Fälle, in denen der Darlehensvertrag trotz einer gegen den finan- zierten Vertrag bestehenden Widerrufsmöglichkeit in jedem Fall wirksam bleibe.
- 21
- (2) Entgegen der Auffassung der Revision ist nach dieser konkreten Ausgestaltung der Belehrung keinesfalls klar, dass für den Beklagten allein die Belehrung des Satzes 1 maßgeblich bleibt, nach welcher er seine Darlehensvertragserklärung widerrufen kann. Auch ist der Beklagte - anders als die Revision meint - mit der erteilten Widerrufsbelehrung keineswegs umfassend und zutreffend über die in § 358 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB getroffene Regelung unterrichtet worden. Vielmehr beschränkt sich die § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB betreffende Belehrung der Klägerin darauf, den Beklagten über den Vorrang des Widerrufs des verbundenen Geschäfts und den damit verbundenen Ausschluss des aus § 495 BGB folgenden Widerrufsrechts zu informieren. Die ebenfalls in § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB geregelte Verweisung auf § 358 Abs. 1 BGB und damit die Information, dass der Verbraucher bei einem wirksamen Widerruf des finanzierten Geschäfts auch an den mit diesem verbundenen Darlehensvertrag nicht mehr gebunden ist, wird in der Belehrung hingegen nicht erwähnt. Ohne einen Hinweis auf diese Erstreckungswirkung aber wird bei dem Verbraucher angesichts des weiteren Inhalts der Belehrung ein Fehlverständnis geweckt, weil insbesondere durch die zusätzliche Belehrung in Satz 4 über die Umdeutung der Widerrufserklärung nahegelegt wird, dass selbst der gegenüber dem Darlehensgeber erklärte Widerruf des Darlehensvertrages unter Umständen ausschließlich zur Unwirksamkeit des finanzierten Vertrags führen, nicht aber die Bindung an den Darlehensvertrag beseitigen könnte.
- 22
- Diese Gestaltung der Widerrufsbelehrung ist damit zumindest missverständlich und demgemäss - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - geeignet, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts insgesamt abzuhalten. Gerade Darlehensnehmer, denen es - wie dem Beklagten - um den Widerruf des Darlehensvertrags geht, können sich auf der Grundlage einer solchen Belehrung kein klares Bild darüber verschaffen, ob sie von einem Widerrufsrecht Gebrauch machen möchten, da sie nach dem Verständnis, das die Belehrung nahe legt, nur sicher sein können, mit einem wirksamen Widerruf das finanzierte Geschäft zu Fall zu bringen, der Widerruf jedoch hinsichtlich des Vertrags, um dessen Beseitigung es ihnen eigentlich geht, aus ihrer Sicht mit der Gefahr behaftet ist, ins Leere zu gehen.
- 23
- (3) Entgegen der Auffassung der Revision ist die von der Klägerin erteilte Belehrung auch nicht etwa deswegen wirksam, weil - wie die Revision meint - § 358 Abs. 5 BGB eine "Pflichtenteilung" der Unternehmer in dem Sinne vorsehe, dass allein der Vertragspartner des Verbundgeschäfts über die Erstreckungswirkung des § 358 Abs. 1 BGB und der Darlehensgeber - wie geschehen über den Ausschluss des § 495 BGB zu belehren habe. Eine solche Pflichtenteilung ist mit dem Schutzzweck der gemäß § 355 Abs. 2, § 358 Abs. 5 BGB qualifizierten Widerrufsbelehrung nicht zu vereinbaren; die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung belegt vielmehr, dass die von der Revision befürwortete "Pflichtenteilung" für den Verbraucher unübersichtliche und missverständliche Belehrungen zur Folge hätte, die durch die Regelungen der §§ 355, 358 BGB vermieden werden sollen.
- 24
- Dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB entsprechend muss die Belehrung nicht nur inhaltlich richtig und vollständig sein, sondern dem Verbraucher die Rechtslage auch unübersehbar zur Kenntnis bringen. Diesen Anforderungen ist bereits dann nicht Genüge getan, wenn sich innerhalb einer einheitlichen Vertragsurkunde die Belehrung aus dem übrigen Vertragstext drucktechnisch nicht deutlich heraushebt (MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 Rn. 49; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rn. 16; so schon die gefestigte Rechtsprechung zu § 1 b AbzG, § 2 HWiG aF, § 7 VerbrKrG aF: BGHZ 126, 56, 60; BGH, Urteile vom 25. April 1996 - X ZR 139/94, WM 1996, 1149, 1150 und vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2493). Erst recht unvereinbar mit dem Deutlichkeitsgebot ist es danach, wenn eine Belehrung, die erst in der Gesamtschau eine unmissverständliche und lückenlose Information ergibt, auf die Urkunden zweier Verträge aufgespalten wird (vgl. MünchKommBGB/Habersack, BGB, 5. Aufl., § 358 Rn. 70; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 358 Rn. 59; aA Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 495 Rn. 274). Dies wird besonders deutlich, wenn - wie hier - der Abschluss des Darlehensvertrages dem des finanzierten Geschäfts in einem zeitlichen Abstand von mehreren Wochen nachfolgt. Selbst wenn der Darlehensnehmer - anders als hier der Beklagte - bei Abschluss des finanzierten Geschäfts auf die Rechtsfolge des § 358 Abs. 1 BGB hingewiesen wird, so ist diese Belehrung von vornherein mit dem mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer größer werdenden Risiko behaftet, dass sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages bereits in Vergessenheit geraten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1992).
- 25
- c) Anders als die Revision meint, kommt es für den Lauf der Widerrufsfrist auch nicht auf die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im Einzelfall an. Insbesondere ist es entgegen der Auffassung der Revision in Fällen, in denen das finanzierte Geschäft nicht widerrufbar ist, keineswegs unerheblich, wenn das Finanzierungsinstitut missverständlich über die Rechtsfolgen eines gegenüber dem Unternehmer im konkreten Fall nicht bestehenden Widerrufsrechts informiert hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung - wie hier - objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten. Nach § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB erlischt dieses Widerrufsrecht nur, wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Belehrung übermittelt hat, die allen Anforderungen des Gesetzes entspricht (Palandt/Grüneberg, aaO, § 355 Rn. 12, 22). Nur dann wird der Verbraucher - dem Schutzzweck des Widerrufsrechts entsprechend (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 14 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14, jeweils m.w.N.) - in die Lage versetzt, zu entscheiden, ob er sein Widerrufsrecht ausüben will. Eine Belehrung, die wie die von der Klägerin verwendete, diesen Anforderungen - gerade auch bezogen auf den Darlehensvertrag - objektiv nicht entspricht, ist daher nicht geeignet, zum Wegfall des diesbezüglichen Widerrufsrechts zu führen (§ 355 Abs. 2 Satz 1, § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB). Dies hat zur Folge, dass der Beklagte, dem nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB zu- stand, von diesem auch weiter Gebrauch machen und seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen konnte.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.12.2007 - 22 O 16325/07 -
OLG München, Entscheidung vom 28.04.2008 - 17 U 1546/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Landgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin schloss mit dem Beklagten am 3. Mai 2006 einen Vertrag über ein Entgelt für die Vermittlung einer fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung. Darin vereinbarten die Parteien eine (Handelsmakler-)Vermittlungsgebühr , die in monatlichen Raten von 90,53 € über eine Laufzeit von 60 Monaten gezahlt werden sollte. Dem sich daraus ergebenden Teilzahlungspreis von 5.431,80 € wurde ein Barzahlungspreis von 5.014,64 € gegenübergestellt; der effektive Jahreszins wurde mit 3,35 % angegeben.
- 2
- Der Vertrag zwischen den Parteien enthielt unter Punkt 4 den Hinweis, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vermittlungsgebühr mit dem Zustandekommen des vom Kunden beantragten Versicherungsvertrags entstehe. Der Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsgebühr bleibe von einer Änderung oder vorzeitigen Beendigung des Versicherungsvertrags aus anderen Gründen unberührt.
- 3
- Das Vertragsformular enthielt folgende Widerrufsbelehrung: "Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Ab- sendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an … Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben."
- 4
- Der Beklagte schloss durch Vermittlung der Klägerin eine fondsgebundene Rentenversicherung bei der A. Lebensversicherung S.A. ab. Im Versicherungsantrag ist eine Monatsrate ab Versicherungsbeginn in Höhe von 41,47 € und ab dem 61. Monat in Höhe von 132,50 € eingetragen. Versicherungsbeginn war der 1. Juli 2006. Der Beklagte zahlte auf die Vermittlungsgebühr sechs Raten zu je 90,53 € für die Monate Juli 2006 bis Dezember 2006. Danach erbrachte er keine Zahlung mehr an die Klägerin. Mit Schreiben vom 22. März 2007 kündigte er den Versicherungsvertrag gegenüber der Versicherungsgesellschaft , die die vorzeitige Vertragsbeendigung bestätigte.
- 5
- Nachdem die Klägerin den Beklagten vergeblich zur Zahlung der rückständigen Raten aus der Vermittlungsgebührenvereinbarung aufgefordert hatte, stellte sie mit Schreiben vom 21. März 2009 den noch offenen Betrag insgesamt fällig. Dieser erklärte mit Schriftsatz vom 21. Mai 2010 den Widerruf dieser Vereinbarung.
- 6
- Die Klage hat vor dem Amtsgericht keinen Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt, 4.623,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2009 sowie 489,45 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Die weitergehende Klage und die weitergehende Berufung wurden zurückgewiesen.
- 7
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 8
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 9
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 4.623,64 € aus der Vermittlungsgebührenvereinbarung zu. Diese sei nicht wirksam widerrufen worden. Das Vertragsformular enthalte eine den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. genügende Widerrufsbelehrung. Die im Vertrag verwendete Widerrufsbelehrung habe wörtlich der Anlage 2 zur BGB-Informationspflichten-Verordnung in der bis zum 31. März 2008 gültigen Fassung entsprochen. Dass die in der Anlage 2 enthaltene Belehrung zum Wertersatz in der hier zu beurteilenden Widerrufsbelehrung gefehlt habe, sei unschädlich, da es sich hier nicht um ein Haustürgeschäft gehandelt habe und § 312 Abs. 2 BGB daher nicht anzuwenden sei. Wie sich aus dem Muster in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV nebst den dazu gehörigen Gestaltungshinweisen ergebe, bestehe das Muster aus Textbausteinen, die je nach Vertragsart weggelassen oder hinzugefügt werden könnten. Den Text unter der Überschrift "Widerrufsrecht" habe die Klägerin wörtlich eingehalten. Bei dem Text unter "Widerrufsfolgen" habe die Klägerin nur den ersten Satz übernommen , diesen aber wortgetreu. Ab dem zweiten Satz werde der Wertersatz behandelt , auf den nur nach § 312 Abs. 2 BGB hinzuweisen sei, nicht aber nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. Wenn aber der Wortlaut genau dem Muster entspreche und nur diejenigen Sätze weggelassen werden würden, die auf den jeweiligen Vertrag keine Anwendung fänden, sei das Muster eingehalten. Wenn der Unternehmer das Muster für eine Widerrufsbelehrung nach der BGB-Informationspflichten -Verordnung in der bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung verwende, genüge er seinen Belehrungspflichten.
- 10
- Der Forderung stehe auch kein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen die Klägerin entgegen, da der Beklagte bereits eine Pflichtverletzung nicht hinreichend dargetan habe.
II.
- 11
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 12
- 1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vermittlungsprovision nach § 652 BGB i.V.m. § 93 HGB und der zwischen den Parteien geschlossenen Vermittlungsgebührenvereinbarung zu. Der Beklagte hat seine auf Abschluss dieser Vermittlungsgebührenvereinbarung gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen.
- 13
- a) Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten -Verordnung in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden , da der Vertrag zwischen den Parteien vor dem genannten Datum geschlossen ist und es sich nicht um ein unbefristetes Schuldverhältnis im Sinne des Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB handelt.
- 14
- b) Dem Kläger stand das ausgeübte Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. zu. Da die Vermittlungsgebühr in Teilzahlungen zu erbringen war, handelt es sich um ein Teilzahlungsgeschäft im Sinne des § 499 Abs. 2 BGB a.F. Gemäß § 501 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. § 495 Abs. 1 und § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. konnte der Beklagte seine auf Abschluss der Vermittlungsgebührenvereinbarung gerichtete Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen widerrufen. Diese Frist war zum Zeitpunkt seines Widerrufs nicht abgelaufen, da sie gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht erteilt wird und diese einen Hinweis auf den Fristbeginn enthält. An einer solchen hin- reichenden Belehrung des Beklagten als Verbraucher über sein Widerrufsrecht mangelt es im vorliegenden Fall im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts. Deshalb ist nach § 355 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 BGB a.F. das Widerrufsrecht des Beklagten auch nicht sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen.
- 15
- aa) Die in der Vertragsurkunde enthaltene Widerrufsbelehrung genügte nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. Sie enthielt den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginne. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine solche Belehrung unzureichend, da sie den Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Sie ist nicht umfassend, sondern irreführend. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne weiteres zu erkennen. Er vermag lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnen, der Beginn des Fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (vgl. Urteile vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 Rn. 13, 15; vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, NJW 2010, 3566 Rn. 21; vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12; vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, NJW 2011, 1061 Rn. 14; vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 34).
- 16
- bb) Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Finanzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 2302) ist der Klägerin verwehrt, weil sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegenüber dem Beklagten kein Formular verwendet hat, das diesem Muster der An- lage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht.
- 17
- (1) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (jetzt: § 360 Abs. 3 Satz 1 BGB i.V.m. dem Muster der Anlage 1 zum EGBGB) genügte eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. in Textform verwendet wurde. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kann ein Unternehmen sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (zuletzt BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 aaO Rn. 37 mwN). Dabei kann auch hier dahingestellt bleiben, ob das in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung nichtig ist, weil die Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in jeder Hinsicht entspricht. Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Entscheidend ist vielmehr allein, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift er aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst sein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderung, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 aaO Rn. 39).
- 18
- (2) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bei der Belehrung über den Widerruf insbesondere die in der Musterbelehrung vorgesehene Belehrung über die Widerrufsfolgen nicht vollständig übernommen. So heißt es in Satz 2 des hier maßgeblichen Musters für die Widerrufsbelehrung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV, dass im Falle des Widerrufs, sofern die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewährt werden kann, der Verbraucher insoweit gegebenenfalls Wertersatz zu leisten hat. Dass dieser Satz bei bestimmten Vertragsarten oder Vertragsgestaltungen entfallen könnte, sehen die Gestaltungshinweise zu diesem Muster - in dem durch Klammerzusätze und ergänzende Erläuterungen kenntlich gemacht wird, dass bestimmte Sätze bei bestimmten Fallkonstellationen entfallen können oder aber hinzuzufügen sind - nicht vor. Eine Streichung dieses Satzes wäre im vorliegenden Fall auch nicht geboten, da wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe der erlangten Maklerleistung gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB ein Wertersatz in Betracht kommen kann. Auf diesen Wertersatzanspruch hat sich die Klägerin im Verfahren auch ausdrücklich berufen. Zwar mag nach § 355 Abs. 2 BGB a.F., worauf das Berufungsgericht abstellt, eine gesetzliche Verpflichtung zur Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs und einen möglichen Wertersatz bei Teilzahlungsverträgen der vorliegenden Art gesetzlich nicht vorgeschrieben sein. Der Gesetzgeber hat jedoch die Rechtsfolge, dass die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. entspricht (§ 14 Abs. 1 BGB-InfoV), daran geknüpft, dass das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird. Wenn er dabei Belehrungen vorsieht, die über die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehene Belehrung hinausgehen, bleibt es dennoch dabei, dass nur bei Verwendung des vollständigen Musters der Unternehmer den Vertrauensschutz aus § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genießt (vgl. Gessner, Widerrufsrecht und Widerrufsbelehrung im deutschen und europäischen Verbraucherrecht, 2009, S. 103 f; Masuch NJW 2002, 2931, 2932; Bodendiek MDR 2003, 1, 3). Der Gesetzgeber ging bei Abfassung des Art. 245 EGBGB als Ermächtigungsnorm für den Erlass der BGB-InformationspflichtenVerordnung davon aus, dass über die gesetzlich erforderlichen Inhalte der Widerrufsbelehrung auch zusätzliche Belehrungen in dieser Verordnung geregelt werden könnten (vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 208; Bodendiek aaO).
- 19
- 2. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 543 Abs. 1, Abs. 3 ZPO). In Betracht zu ziehen ist ein Wertersatzanspruch der Klägerin gemäß § 357 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB. Hierzu hat das Berufungsgericht noch keine Feststellung getroffen, was es nachzuholen haben wird. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch Gelegenheit , sich mit den weiteren Rügen der Revision zu den geltend gemachten Verletzungen der Beratungspflichten der Klägerin auseinanderzusetzen, wozu der Senat Stellung zu nehmen im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kündigung des Versicherungsvertrags durch den Beklagten keine Auswirkungen auf die Höhe des Wertersatzanspruchs hat. Zwar entfaltet die Maklerleistung erst und nur im Erfolgsfalle ihren vollen Wert (vgl. Senatsurteil vom 15. April2010 - III ZR 218/09, BGHZ 185, 192 Rn. 30). Kommt es aber zum Abschluss des Hauptvertrags, wird also dieser Wert realisiert, so wird allein durch die nachfolgende Kündigung der vermittelten Lebensversicherung weder (bei Wirksamkeit des Maklervertrags) die verdiente Provision in Frage gestellt (vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 2005 - III ZR 251/04, BGHZ 162, 67, 72 ff; zuletzt Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 269/06, NJW-RR 2007, 1503 Rn. 12) noch (im Falle eines Widerrufs) die Höhe des Wertersatzanspruchs beeinflusst. Die nachfolgende Kündigung könnte allenfalls als nachträglicher Wegfall des erlangten Vorteils gewertet werden. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich der Rückgewährschuldner , anders als der Bereicherungsschuldner (vgl. § 818 Abs. 3 BGB), gegenüber Wertersatzansprüchen nicht auf eine Entreicherung berufen kann (BT-Drucks. 14/6040 S. 195).
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
AG Oberhausen, Entscheidung vom 09.07.2010 - 36 C 1204/10 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 11.03.2011 - 7 S 162/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 20. Juli 2006 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Kläger der Beklagten aus dem zwischen ihnen unter dem 31. Juli/15. August 2000 abgeschlossenen Darlehensvertrag bis zum Ende des Darlehensvertrages Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a. schuldet.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen sowie die Berufung des Klägers und die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die Beklagte, eine Bank, zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat.
- 2
- Der Kläger, ein damals 35 Jahre alter Stahlformenbauer, wurde im Juli 2000 in seiner Wohnung von einem Vermittler geworben, sich über einen Treuhänder an dem geschlossenen Immobilienfonds "S. GbR" (nachfolgend: Fonds) zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schloss er mit der Beklagten am 31. Juli/15. August 2000 einen Vertrag über ein tilgungsfreies Darlehen in Höhe von 35.688,89 DM zu einem bis zum 30. August 2005 festgeschriebenen effektiven Jahreszins von 9,29%. Die Gesamtlaufzeit des Darlehens ist mit maximal 20 Jahren, der Gesamtbetrag aller Zahlungen bis zum Ende der Zinsbindung mit 11.773,80 DM angegeben. Als Kreditsicherheiten sieht der Darlehensvertrag unter anderem die Verpfändung des Fondsanteils und die Abtretung einer Kapitallebensversicherung vor. Dem Darlehensvertrag auf einer besonderen Seite beigefügt war eine von dem Kläger gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz, die unter anderem folgenden Inhalt hat: "Sie können Ihre auf den Abschluß dieses Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche … schriftlich widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens, wenn Ihnen diese Belehrung über Ihr Widerrufsrecht ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben.
- 3
- Auf derselben Seite der Widerrufsbelehrung befindet sich der weitere , gesondert zu unterschreibende Abschnitt, der ebenfalls vom Kläger unterschrieben wurde: "Jeder Darlehensnehmer erhält eine Mehrfertigung der Widerrufsbelehrung. Der Empfang wird hiermit bestätigt."
- 4
- Nach Gegenzeichnung des Darlehensvertrages am 15. August 2000 erhielt der Kläger eine Vertragsausfertigung; auf dessen Weisung zahlte die Beklagte die Darlehensvaluta an den Treuhänder aus.
- 5
- Mit Schreiben vom 31. Januar 2005 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag mit der Behauptung, zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung aufgrund einer Haustürsituation bestimmt worden zu sein. Seine Klage stützt er jedoch vorrangig auf die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen fehlender Gesamtbetragsangabe. Auf jeden Fall schulde er deshalb nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4%.
- 6
- Unter Berufung darauf nimmt er die Beklagte auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen abzüglich der Fondsausschüttungen in Höhe von 4.991,60 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtre- tung der Fondsbeteiligung in Anspruch. Außerdem begehrt er die Feststellung , dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen. Hilfsweise verlangt er wegen der fehlenden Gesamtbetragsangabe im Darlehensvertrag die Feststellung, dass er der Beklagten aus dem Darlehensvertrag bis zum Vertragsende Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a. schulde. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und wendet unter anderem ein, der Kläger müsste sich weitere Fondsausschüttungen anrechnen lassen.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und - unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils - zur Verurteilung der Beklagten nach dem von dem Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Feststellungsantrag.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Dem Kläger stehe kein Rückzahlungsanspruch wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG aF zu. Eine mögliche Nichtigkeit des Vertrages wegen fehlender Gesamtbetragsangabe sei nach § 6 Abs. 2 VerbrKrG aF geheilt worden, weil die Auszahlung der Darlehensvaluta auf Weisung des Klägers erfolgt sei. Der Kläger könne sein Begehren auch nicht im Wege des Rückforderungsdurchgriffs auf einen Schadensersatzanspruch gegen die Fondsinitiatoren stützen, weil er eine arglistige Täuschung seitens der Fondsinitiatoren oder Gründungsgesellschafter nicht dargetan habe. Schließlich stehe dem Kläger auch kein Schadensersatzanspruch wegen einer vorsätzlichen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch den Vermittler zu. Dessen Äußerung, die Kapitalanlage trage sich durch die Ausschüttungen und steuerliche Ersparnisse selbst, habe lediglich werbenden Charakter. Dass die Mieterträge der Fondsobjekte hinter den Prospektangaben zurückbleiben könnten , sei ein allgemein bekanntes Risiko. Auf die fehlende Veräußerbarkeit der Fondsbeteiligung habe der Vermittler im Jahr 2000 noch nicht hinweisen müssen. Die erstmalig in der Berufungsverhandlung aufgestellte Behauptung des Klägers, der Vermittler habe ihm die jederzeitige Veräußerbarkeit zugesichert, sei gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zu berücksichtigen.
- 11
- Der Kläger habe aber seine Darlehensvertragserklärung nach § 1 Abs. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) wirksam widerrufen. Der Vertragsabschluss beruhe auf einem Hausbesuch des Vermittlers. Der Kläger habe den Vertrag noch im Januar 2005 widerrufen können, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und daher die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt habe. Zwar führe der Zusatz, dass auch die finanzierten verbundenen Geschäfte im Falle eines Widerrufs nicht zustande kämen, nicht zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung.
II.
- 12
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
- 13
- 1. Allerdings hat das Berufungsgericht zu Recht in dem Zusatz, dass im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung auch "die finanzierten verbundenen Geschäfte" nicht wirksam zustande kommen, keine unzulässige andere Erklärung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG aF gesehen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Senats zu verneinen, wenn - was nach den nicht angegriffenen, fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall ist - der Fondsbeitritt und der seiner Finanzierung dienende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bilden (BGHZ 172, 157, Tz. 11 ff.; Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 26 m.w.N.). Dass der mit dem Darlehensvertrag verbundene Vertrag in dem Zusatz zur Widerrufsbelehrung nicht konkret bezeichnet ist, ist unschädlich; auf die genaue rechtliche Qualifikation und Bezeichnung des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es nicht entscheidend an (Senatsurteil vom 13. Januar 2009 aaO). Da die Darlehensvaluta nach dem Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fondsanteils gewährt wurde, war für den Kläger klar, dass mit dem verbundenen Geschäft nur die treuhänderische Fondsbeteiligung gemeint sein konnte.
- 14
- 2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht aber die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung auch den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF.
- 15
- a) Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden , dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die ihren Inhalt verdeutlichen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 m.w.N.). Hierzu gehört etwa der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung , dass im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt (BGHZ 172, 157, Tz. 14 ff.; Urteil vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, Tz. 14 ff.). Nicht zulässig sind Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (BGH, Urteile vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841 und vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991) oder aber gemessen am Haustürwiderrufsgesetz einen unrichtigen Inhalt haben, wie etwa der Zusatz, der Widerruf gelte als nicht erfolgt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde (BGHZ 172, 157, Tz. 13 m.w.N.).
- 16
- b) Nach diesen Maßstäben ist die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht unwirksam. Wie der Senat mit Urteil vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 15 ff.) für eine gleichlautende Widerrufsbelehrung im Einzelnen ausgeführt hat, ist die im Vergleich zu § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF von den Parteien vereinbarte Verlängerung der Widerrufsfrist wirksam. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist danach insbesondere der Zusatz, wonach die Widerrufsfrist nicht vor Erhalt der von der Beklagten gegengezeichneten Ausfertigung des Darlehensvertrages beginnt, unschädlich, weil das dadurch bewirkte Hinausschieben des Beginns der Widerrufsfrist dem Interesse des Kunden entspricht (Senat, aaO, Tz. 17 f.). Weiter verstößt der Formulierungszusatz "frühestens" nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF (Senat, aaO, Tz. 19).
- 17
- 3. Schließlich ist die Widerrufserklärung auch nicht deshalb fehlerhaft , weil sie im unteren Teil des Formulars eine vom Kläger zu unterzeichnende Empfangsbestätigung enthält. Wie der Senat mit Urteil vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 23 ff.) für eine gleichlautende Widerrufsbelehrung im Einzelnen ausgeführt hat, stellt die Empfangsbestätigung im Verhältnis zur Widerrufsbelehrung keine andere Er- klärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG aF, sondern eine eigenständige Erklärung dar. Widerrufsbelehrung und Empfangsbestätigung sind horizontal und räumlich deutlich voneinander getrennt; der Charakter zweier eigenständiger Erklärungen wird durch die jeweils gesondert zu leistenden Unterschriften deutlich. Unter diesen Umständen ist die Empfangsbestätigung nicht geeignet, dem Verbraucher die Voraussetzungen und Folgen seines Widerrufsrechts zu verschleiern oder ihn in sonstiger Weise von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten.
- 18
- 4. Die einwöchige Widerrufsfrist begann danach mit Erhalt der von der Beklagten gegengezeichneten Ausfertigung des Darlehensvertrags und war bei Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger am 31. Januar 2005 bereits abgelaufen.
III.
- 19
- Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und auf den Hilfsantrag des Klägers die Feststellung auszusprechen, dass der Kläger der Beklagten aus dem zwischen ihnen geschlossenen Darlehensvertrag bis zum Vertragsende Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a. schuldet.
- 20
- Der formularmäßige Darlehensvertrag weist lediglich den für die Zeit der Zinsfestschreibung berechneten Teilbetrag aus. Damit fehlt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei der hier vorliegenden sogenannten unechten Abschnittsfinanzierung an der erforderlichen Gesamtbetragsangabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b Satz 2 VerbrKrG aF (BGHZ 159, 270, 274 ff. und Urteil vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243, 1246 m.w.N.). Aufgrund dessen schuldet der Kläger der Beklagten statt des vereinbarten Vertragszinses für die gesamte Vertragslaufzeit , nicht nur für die Zinsfestschreibungsperiode, lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4% p.a. (Senatsurteil vom 14. September 2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2309).
- 21
- Im Übrigen waren die Klage abzuweisen und die weitergehenden Rechtsmittel zurückzuweisen.
Ellenberger Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 20.07.2006 - 6 O 393/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.06.2008 - 31 U 313/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die Beklagte, eine Bank, zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat.
- 2
- Der Kläger, ein damals 28 Jahre alter Elektroinstallateur, wurde im Februar 2000 in seiner Wohnung von einem Vermittler geworben, sich über einen Treuhänder an dem geschlossenen Immobilienfonds "S. GbR" (nachfolgend: Fonds) zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schloss er mit der Beklagten am 16. Februar/30. März 2000 einen Vertrag über ein tilgungsfreies Darlehen in Höhe von 83.044,44 DM zu einem bis zum 28. Februar 2005 festgeschriebenen effektiven Jahreszins von 8,68%. Die Gesamtlaufzeit des Darlehens ist mit maximal 20 Jahren, der Gesamtbetrag aller Zahlungen bis zum Ende der Zinsbindung mit 24.798 DM angegeben. Als Kreditsicherheiten sieht der Darlehensvertrag unter anderem die Verpfändung des Fondsanteils und die Abtretung einer Kapitallebensversicherung vor. Dem Darlehensvertrag auf einer besonderen Seite beigefügt war eine von dem Kläger gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz, die unter anderem folgenden Inhalt hat: "Sie können Ihre auf den Abschluss dieses Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche … schriftlich widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens, wenn Ihnen diese Belehrung über Ihr Widerrufsrecht ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben.
Die vorstehende Belehrung habe/n ich/wir zur Kenntnis genommen."
- 3
- Auf derselben Seite der Widerrufsbelehrung befindet sich der weitere , gesondert zu unterschreibende Abschnitt, der ebenfalls von dem Kläger unterschrieben wurde: "Jeder Darlehensnehmer erhält eine Mehrfertigung der Widerrufsbelehrung. Der Empfang wird hiermit bestätigt."
- 4
- Ferner unterzeichnete der Kläger eine dem Darlehensvertrag beigefügte "Besondere Erklärung", in der die Beklagte den Kläger über das sog. Aufspaltungsrisiko informierte und ihn unter anderem darauf hinwies , dass er den Kredit "unabhängig von dem finanzierten Geschäft und seinen Risiken" zurückzuzahlen habe und sie - die Beklagte - sich weder in den Vertrieb eingeschaltet noch sonst gemeinsam mit den Fondsinitiatoren gegenüber dem Kläger aufgetreten sei. Nach Gegenzeichnung des Darlehensvertrages übersandte die Beklagte dem Kläger eine Vertragsausfertigung und valutierte das Darlehen.
- 5
- Mit Schreiben vom 5. Dezember 2005 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag mit der Behauptung, zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung aufgrund einer Haustürsituation bestimmt worden zu sein. Außer der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages macht er geltend, der Vermittler habe unter anderem wahrheitswidrig behauptet, er könne aus dem Fonds jederzeit aussteigen. Überdies fehle im Darlehensvertrag die erforderliche Gesamtbetragsangabe, so dass er nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden : a.F.) lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4% schulde.
- 6
- Unter Berufung darauf nimmt er die Beklagte auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen abzüglich der Fondsausschüttungen in Höhe von 10.219,84 € nebst Zinsen und auf Rückübertragung der Lebensversicherung sowie Aushändigung der Originalpolice Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsbeteiligung in Anspruch. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen und sie sich mit der Annahme seines Angebots zur Abtretung der Fondsbeteiligung in Verzug befinde. Hilfsweise begehrt er wegen der nach seiner Meinung fehlenden Gesamtbetragsangabe im Darlehensvertrag die Rückzahlung überzahlter Zinsen in Höhe von 8.894,18 € nebst Zinsen und die Feststellung, aus dem Darlehensvertrag ab dem 1. Oktober 2005 bis zum Vertragsende nur den gesetzlichen Zinssatz von 4% zu schulden. Für den Fall, dass die an die Beklagte abgetretene Lebensversicherung nicht der Tilgung des Darlehens diene, begehrt er äußerst hilfsweise die Erstattung der geleisteten Versicherungsprämien in Höhe von 6.748,99 € nebst Zinsen und die Freistellung der von ihm ab 1. Juni 2006 geschuldeten Versicherungsprämien. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
- 7
- Das Landgericht hat der Klage mit den Hauptanträgen bis auf einen Teil des Zahlungsanspruchs stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es den Zahlungsanspruch in Höhe der erzielten Steuervorteile von 7.228,78 € auf 2.990,63 € nebst Zinsen vermindert und die Klage insoweit abgewiesen sowie die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag mit der - bereits in der Berufung erfolgten - Einschränkung weiter, dass sie die Feststellung, der Kläger schulde ihr aus dem Darlehensvertrag ab dem 1. Januar 2003 bis zum Ende des Darlehensverhältnisses Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a., hinnimmt. Der Kläger begehrt mit seiner Anschlussrevision auch Zahlung, soweit das Berufungsgericht die Klageforderung um die ihm zugeflossenen Steuervorteile gekürzt hat.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers sind begründet; sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 3 Abs. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) auf Rückzahlung geleisteter Zinsraten in Höhe von nur 2.990,63 € nebst Zinsen zu. Er habe seine Darlehensvertragserklärung nach § 1 Abs. 1 HWiG a.F. wirksam widerrufen. Der Vertragsabschluss beruhe auf einem Hausbesuch des Vermittlers. Der Kläger habe den Vertrag noch im Dezember 2005 widerrufen können, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und daher die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt habe. Zwar führe der Zusatz, dass auch die finanzierten Geschäfte im Falle eines Widerrufs nicht zustande kommen, nicht zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung. Diese genüge den Anforderungen aber nicht, weil der Fristbeginn nicht eindeutig bestimmt sei. Der Zusatz "frühestens" verstoße gegen das Deutlichkeitsgebot. Der Hinweis auf den Fristbeginn ab Erhalt der gegengezeichneten Ausfertigung sei überdies rechtlich unzutreffend. Aufgrund dessen könne der Kläger von der Beklagten die Rückabwicklung des gesamten Geschäfts verlangen, weil Fondsbeitritt und Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft darstellten. Allerdings müsse sich der Kläger auf seinen Rückgewähranspruch die erzielten Steuervorteile anrechnen lassen. Im Rahmen der Rückabwicklung des Darlehensvertrages nach § 3 Abs. 1 HWiG a.F. sei die Beklagte ferner zur Rückabtretung der Lebensversicherung und der Aushändigung der Originalpolice verpflichtet.
II.
- 11
- A. Revision der Beklagten
- 12
- Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
- 13
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F.
- 14
- a) Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die ihren Inhalt verdeutlichen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 m.w.Nachw.). Hierzu gehört etwa der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung, dass im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt (Senat BGHZ 172, 157, 162 ff. Tz. 14 ff.; Urteil vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 Tz. 14 ff.). Nicht zulässig sind Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (BGH, Urteile vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841 und vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991) oder aber gemessen am Haustürwiderrufsgesetz einen unrichtigen Inhalt haben, wie etwa der Zusatz, der Widerruf gelte als nicht erfolgt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde (Senat BGHZ 172, 157, 161 f. Tz. 13 m.w.Nachw.).
- 15
- b) Nach diesen Maßstäben ist die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht unwirksam.
- 16
- aa) Der Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist ist Teil des gedruckten Textes und stellt sich nach der gesamten Gestaltung des Vertragsvordruckes als "vorformuliert" im Sinne des § 1 AGBG dar. Als Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten muss der Hinweis danach beurteilt werden, welche Bedeutung ihm aus der Sicht des üblicherweise angesprochenen Kundenkreises unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027, 1028). Aus der Sicht der hier interessierenden durchschnittlichen Kunden sollte die Widerrufsfrist frühestens mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung beginnen, nicht jedoch vor Erhalt der von der Beklagten gegengezeichneten Darlehensvertragsurkunde.
- 17
- bb) Der hierdurch hinausgeschobene Beginn der Widerrufsfrist stimmt zwar mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F., nach dem für den Fristbeginn die Aushändigung der schriftlichen Widerrufsbelehrung maßgeblich ist, nicht überein. Dies ist aber unschädlich. Mit der Unterschrift unter die Widerrufsbelehrung haben die Parteien zugleich eine Verlängerung der Widerrufsfrist vereinbart, was - weil zugunsten des Verbrauchers - zulässig ist (vgl. MünchKommBGB/Masuch 5. Aufl. § 355 Rdn. 4; MünchKommBGB/Ulmer 3. Aufl. § 5 HWiG Rdn. 16; Palandt/Grüneberg, BGB 68. Aufl. § 355 Rdn. 2, 11; Palandt/Putzo, BGB 59. Aufl. § 1 HWiG Rdn. 2; Staudinger/Kaiser, BGB Neubearbeitung 2004 § 355 Rdn. 65; Staudinger/O. Werner, BGB Neubearbeitung 1998 § 5 HWiG Rdn. 38; Erman/Saenger, BGB 10. Aufl. § 5 HWiG Rdn. 6; Bülow, Verbraucherkreditgesetz 4. Aufl. § 7 Rdn. 88). Das Hinausschieben des Beginns der Widerrufsfrist entspricht dem Interesse des Kunden, weil erst dann für ihn klar ist, dass der Vertrag zustande gekommen ist. Dass die Verlängerung der Widerrufsfrist und die Belehrung über diese in einem Akt zusammenfallen, berührt die Ordnungsgemäßheit der Belehrung nicht.
- 18
- Für die Wirksamkeit der Vereinbarung über den Beginn der Widerrufsfrist spricht wesentlich, dass der Verbraucher bei einem Verbraucherdarlehensvertrag andernfalls stets zwei Widerrufsbelehrungen mit einem unterschiedlichen Fristbeginn erhalten müsste. Auch wenn in § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F. - anders als noch in § 1b Abs. 2 Satz 2 i.V. mit § 1a Abs. 2 AbzG und nunmehr wieder in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB - der Fristbeginn nicht ausdrücklich an die Aushändigung der Vertragsurkunde geknüpft war, setzte der Fristbeginn neben der Aushändigung der Widerrufsbelehrung auch die Übergabe einer Abschrift der Vertragsurkunde i.S. des § 4 Abs. 3 VerbrKrG voraus. Denn der Verbraucher kann die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht nur wahrnehmen, wenn der Bezugsgegenstand seiner Überlegung, der Kreditvertrag, vorliegt (MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. § 7 VerbrKrG Rdn. 24; Palandt/ Heinrichs, BGB 61. Aufl. § 361a Rdn. 15; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB Neubearbeitungen 1998 und 2001 § 7 VerbrKrG Rdn. 41; Bülow, Verbraucherkreditgesetz 4. Aufl. § 7 Rdn. 108). Im Anwendungsbereich des Haustürwiderrufsgesetzes dagegen ist die Aushändigung der Vertragsurkunde nicht Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist, weil ein in einer Haustürsituation geschlossener Vertrag nicht stets der Schriftform bedarf. Dass diese Rechtslage für den rechtsunkundigen Verbraucher verwirrend ist, liegt auf der Hand. Um dies zu vermeiden, ist ein Gleichlauf der Widerrufsfristen sinnvoll (vgl. Senat BGHZ 172, 157, 163 Tz. 16 zum Hinweis auf die Folgen des Widerrufs für das verbundene Geschäft).
- 19
- cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt der Formulierungszusatz "frühestens" nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F. Aus dem Zusammenhang wird klar, dass für den Fristbeginn die Aushändigung der Belehrung maßgeblich ist, es sei denn, die Darlehensvertragsurkunde wird erst zu einem späteren Zeitpunkt übergeben. Nur dann beginnt die Widerrufsfrist erst mit dem Erhalt der Urkunde. Angesichts dessen ist der Zusatz auch nicht, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft gemeint hat, geeignet, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers von den übrigen Teilen der Widerrufsbelehrung abzulenken. Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung wird der Verbraucher durch die Verwendung des Wortes "frühestens" auch nicht über die für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblichen Ereignisse im Unklaren gelassen. In der Widerrufsbelehrung wird der Verbraucher zunächst über die Möglichkeit des Widerrufs seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche informiert; der nachfolgende Absatz enthält sodann den Hinweis auf deren Beginn.
- 20
- dd) Gegen die Ordnungsgemäßheit der Belehrung lässt sich auch nicht einwenden, dass die Widerrufsbelehrung - falls die Aushändigung der Darlehensvertragsurkunde erst Wochen oder Monate nach der Belehrung erfolgt - beim Verbraucher in Vergessenheit geraten könnte. In einem solchen Fall ist der Verbraucher bereits nach § 146 BGB nicht mehr an seinen Vertragsantrag gebunden, weil der Unternehmer den Antrag nicht nach § 147 Abs. 2 BGB rechtzeitig angenommen hätte. Vielmehr wäre dessen Annahme gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neuer Antrag zu werten, den der Verbraucher annehmen müsste. Über sein Widerrufsrecht müsste er dann erneut belehrt werden, weil sich in diesem Fall die ursprüngliche Belehrung als vorherige Belehrung darstellen würde und unwirksam wäre (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 m.w.Nachw.).
- 21
- 2. Das Berufungsurteil stellt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
- 22
- a) Die Widerrufsbelehrung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil sie im unteren Teil des Formulars eine von dem Kläger zu unterzeichnende Empfangsbestätigung enthält. Die Empfangsbestätigung stellt im Verhältnis zur Widerrufsbelehrung keine andere Erklärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., sondern eine eigenständige Erklärung dar.
- 23
- aa) Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. darf die Belehrung keine andere Erklärung enthalten. Dies gebietet aber nicht, dass die Widerrufsbelehrung in einer gesonderten Urkunde enthalten sein muss. Es genügt , wenn sich die Belehrung vom übrigen Vertragstext klar und übersichtlich abhebt und die drucktechnische Gestaltung deutlich erkennen lässt, dass die gesonderte Unterschrift sich auf die Belehrung über das Widerrufsrecht bezieht (vgl. BGHZ 126, 56, 60 f.; MünchKommBGB/ Ulmer 3. Aufl. § 2 HWiG Rdn. 8; Staudinger/O. Werner, BGB Neubearbeitung 1998 § 2 HWiG Rdn. 38; Erman/Saenger, BGB 10. Aufl. § 2 HWiG Rdn. 4). Schließt sich an die Widerrufsbelehrung ein weiterer Text - wie hier eine Empfangsbestätigung - an, kommt es darauf an, ob für den durchschnittlichen Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Vertragsurkunde der Eindruck erweckt wird, es handele sich um eine einheitliche , ihrem Inhalt nach näher bestimmte Widerrufsbelehrung, und deshalb geeignet ist, von der Widerrufsbelehrung als solcher abzulenken (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841).
- 24
- bb) Nach diesen Maßstäben ist die Empfangsbestätigung kein (unzulässiger ) Bestandteil der Widerrufsbelehrung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., sondern eine eigenständige Erklärung. Widerrufsbelehrung und Empfangsbestätigung sind horizontal räumlich deutlich voneinander getrennt; der Charakter zweier eigenständiger Erklärungen wird durch die jeweils gesondert zu leistenden Unterschriften deutlich (vgl. zur Abgrenzung auch BGHZ 119, 283, 296 ff.; BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 aaO; OLG Stuttgart WM 1991, 64, 66 und NJW-RR 1995, 114). Unter diesen Umständen ist die Empfangsbestätigung nicht geeignet, dem Verbraucher die Voraussetzungen und Folgen seines Widerrufsrechts zu verschleiern oder ihn in sonstiger Weise von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten.
- 25
- b) Auch der Zusatz, dass im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung auch "die finanzierten verbundenen Geschäfte" nicht wirksam zustande kommen, ist keine unzulässige andere Erklärung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., wenn - was nach den nicht angegriffenen, fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall ist - der Fondsbeitritt und der seiner Finanzierung dienende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bilden (Senat BGHZ 172, 157, 161 ff. Tz. 11 ff.; Senatsurteile vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 Tz. 11 ff. und vom 11. November 2008 - XI ZR 269/06, WM 2009, 65, 66 Tz. 11). Dass der mit dem Darlehensvertrag verbundene Vertrag in dem Zusatz zur Widerrufsbelehrung nicht konkret bezeichnet ist, ist unschädlich; auf die genaue rechtliche Qualifikation und Bezeichnung des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es nicht entscheidend an (Senatsurteil vom 11. November 2008 aaO, Tz. 12). Da die Darlehensvaluta nach dem Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fondsanteils gewährt wurde, war für den Kläger klar, dass mit dem verbundenen Geschäft nur die treuhänderische Fondsbeteiligung gemeint sein konnte.
- 26
- Anders als die Revisionserwiderung meint, ergibt sich etwas anderes auch nicht aus dem von dem Kläger unterzeichneten Zusatzformular "Besondere Erklärung", in dem die Beklagte auf das sogenannte Aufspaltungsrisiko , d.h. ein unterschiedliches Schicksal von Darlehensvertrag und Fondsbeitritt hinweist. Selbst wenn der Inhalt dieses Formulars beim Kläger Zweifel an seinen Rechten erweckt haben sollte, führt dies nicht zur Unrichtigkeit der Widerrufsbelehrung. Der darin enthaltene zutreffende Zusatz, dass im Falle des Widerrufs auch das finanzierte Geschäft nicht wirksam zustande kommt, ist vielmehr geeignet, solche Zweifel wieder zu zerstreuen und den Verbraucher in die Lage zu versetzen, mit dem Widerruf des Darlehensvertrages auch das verbundene Geschäft zu Fall zu bringen. Bei dieser Sachlage wäre eine Widerrufsbelehrung ohne den Zusatz hinsichtlich des verbundenen Geschäfts sogar eher geeignet gewesen, den Kläger von der Wahrnehmung des Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. KG WM 2008, 401, 404).
- 27
- 3. Die einwöchige Widerrufsfrist begann danach mit Erhalt der von der Beklagten am 30. März 2000 gegengezeichneten Ausfertigung des Darlehensvertrags und war bei Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger am 5. Dezember 2005 bereits abgelaufen.
- 28
- B. Anschlussrevision des Klägers
- 29
- Die Anschlussrevision des Klägers hat ebenfalls Erfolg. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - auf den Rückgewähranspruch des Klägers aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG die von ihm erzielten Steuervorteile angerechnet (vgl. hierzu Senat BGHZ 172, 147, 153 ff. Tz. 23 ff.). Dies kann jedoch keinen Bestand haben, weil dem Kläger ein solcher Anspruch mangels rechtzeitiger Widerrufserklärung bereits dem Grunde nach nicht zusteht. Allerdings stützt er sein Klagebegehren auch auf einen Schadensersatzanspruch wegen einer arglistigen Täuschung des Vermittlers. Dazu hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Ob - falls ein solcher Anspruch besteht - auch in diesem Rahmen die erzielten Steuervorteile anzurechnen sind (vgl. dazu BGH, Urteile vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175 ff., vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350, 351 Tz. 11 ff. und vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, 729 Tz. 28), bedarf gegebenenfalls ebenfalls noch weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht.
III.
- 30
- Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 31
- Das Berufungsgericht wird sich unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs mit der Behauptung des Klägers befassen müssen, er sei vom Vermittler in Bezug auf den Fondsbeitritt arglistig getäuscht worden. Im Falle der Verneinung einer arglistigen Täuschung wird das Berufungsgericht über die Hilfsanträge des Klägers zu befinden haben (dazu Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08 m.w.Nachw.).
Grüneberg Maihold
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 25.09.2006 - 6 O 491/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 12.12.2007 - 31 U 359/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 20. Juli 2006 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Kläger der Beklagten aus dem zwischen ihnen unter dem 31. Juli/15. August 2000 abgeschlossenen Darlehensvertrag bis zum Ende des Darlehensvertrages Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a. schuldet.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen sowie die Berufung des Klägers und die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die Beklagte, eine Bank, zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat.
- 2
- Der Kläger, ein damals 35 Jahre alter Stahlformenbauer, wurde im Juli 2000 in seiner Wohnung von einem Vermittler geworben, sich über einen Treuhänder an dem geschlossenen Immobilienfonds "S. GbR" (nachfolgend: Fonds) zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schloss er mit der Beklagten am 31. Juli/15. August 2000 einen Vertrag über ein tilgungsfreies Darlehen in Höhe von 35.688,89 DM zu einem bis zum 30. August 2005 festgeschriebenen effektiven Jahreszins von 9,29%. Die Gesamtlaufzeit des Darlehens ist mit maximal 20 Jahren, der Gesamtbetrag aller Zahlungen bis zum Ende der Zinsbindung mit 11.773,80 DM angegeben. Als Kreditsicherheiten sieht der Darlehensvertrag unter anderem die Verpfändung des Fondsanteils und die Abtretung einer Kapitallebensversicherung vor. Dem Darlehensvertrag auf einer besonderen Seite beigefügt war eine von dem Kläger gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz, die unter anderem folgenden Inhalt hat: "Sie können Ihre auf den Abschluß dieses Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche … schriftlich widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens, wenn Ihnen diese Belehrung über Ihr Widerrufsrecht ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben.
- 3
- Auf derselben Seite der Widerrufsbelehrung befindet sich der weitere , gesondert zu unterschreibende Abschnitt, der ebenfalls vom Kläger unterschrieben wurde: "Jeder Darlehensnehmer erhält eine Mehrfertigung der Widerrufsbelehrung. Der Empfang wird hiermit bestätigt."
- 4
- Nach Gegenzeichnung des Darlehensvertrages am 15. August 2000 erhielt der Kläger eine Vertragsausfertigung; auf dessen Weisung zahlte die Beklagte die Darlehensvaluta an den Treuhänder aus.
- 5
- Mit Schreiben vom 31. Januar 2005 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag mit der Behauptung, zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung aufgrund einer Haustürsituation bestimmt worden zu sein. Seine Klage stützt er jedoch vorrangig auf die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen fehlender Gesamtbetragsangabe. Auf jeden Fall schulde er deshalb nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4%.
- 6
- Unter Berufung darauf nimmt er die Beklagte auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen abzüglich der Fondsausschüttungen in Höhe von 4.991,60 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtre- tung der Fondsbeteiligung in Anspruch. Außerdem begehrt er die Feststellung , dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen. Hilfsweise verlangt er wegen der fehlenden Gesamtbetragsangabe im Darlehensvertrag die Feststellung, dass er der Beklagten aus dem Darlehensvertrag bis zum Vertragsende Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a. schulde. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und wendet unter anderem ein, der Kläger müsste sich weitere Fondsausschüttungen anrechnen lassen.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und - unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils - zur Verurteilung der Beklagten nach dem von dem Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Feststellungsantrag.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Dem Kläger stehe kein Rückzahlungsanspruch wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG aF zu. Eine mögliche Nichtigkeit des Vertrages wegen fehlender Gesamtbetragsangabe sei nach § 6 Abs. 2 VerbrKrG aF geheilt worden, weil die Auszahlung der Darlehensvaluta auf Weisung des Klägers erfolgt sei. Der Kläger könne sein Begehren auch nicht im Wege des Rückforderungsdurchgriffs auf einen Schadensersatzanspruch gegen die Fondsinitiatoren stützen, weil er eine arglistige Täuschung seitens der Fondsinitiatoren oder Gründungsgesellschafter nicht dargetan habe. Schließlich stehe dem Kläger auch kein Schadensersatzanspruch wegen einer vorsätzlichen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch den Vermittler zu. Dessen Äußerung, die Kapitalanlage trage sich durch die Ausschüttungen und steuerliche Ersparnisse selbst, habe lediglich werbenden Charakter. Dass die Mieterträge der Fondsobjekte hinter den Prospektangaben zurückbleiben könnten , sei ein allgemein bekanntes Risiko. Auf die fehlende Veräußerbarkeit der Fondsbeteiligung habe der Vermittler im Jahr 2000 noch nicht hinweisen müssen. Die erstmalig in der Berufungsverhandlung aufgestellte Behauptung des Klägers, der Vermittler habe ihm die jederzeitige Veräußerbarkeit zugesichert, sei gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zu berücksichtigen.
- 11
- Der Kläger habe aber seine Darlehensvertragserklärung nach § 1 Abs. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) wirksam widerrufen. Der Vertragsabschluss beruhe auf einem Hausbesuch des Vermittlers. Der Kläger habe den Vertrag noch im Januar 2005 widerrufen können, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und daher die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt habe. Zwar führe der Zusatz, dass auch die finanzierten verbundenen Geschäfte im Falle eines Widerrufs nicht zustande kämen, nicht zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung.
II.
- 12
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
- 13
- 1. Allerdings hat das Berufungsgericht zu Recht in dem Zusatz, dass im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung auch "die finanzierten verbundenen Geschäfte" nicht wirksam zustande kommen, keine unzulässige andere Erklärung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG aF gesehen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Senats zu verneinen, wenn - was nach den nicht angegriffenen, fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall ist - der Fondsbeitritt und der seiner Finanzierung dienende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bilden (BGHZ 172, 157, Tz. 11 ff.; Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 26 m.w.N.). Dass der mit dem Darlehensvertrag verbundene Vertrag in dem Zusatz zur Widerrufsbelehrung nicht konkret bezeichnet ist, ist unschädlich; auf die genaue rechtliche Qualifikation und Bezeichnung des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es nicht entscheidend an (Senatsurteil vom 13. Januar 2009 aaO). Da die Darlehensvaluta nach dem Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fondsanteils gewährt wurde, war für den Kläger klar, dass mit dem verbundenen Geschäft nur die treuhänderische Fondsbeteiligung gemeint sein konnte.
- 14
- 2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht aber die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung auch den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF.
- 15
- a) Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden , dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die ihren Inhalt verdeutlichen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 m.w.N.). Hierzu gehört etwa der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung , dass im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt (BGHZ 172, 157, Tz. 14 ff.; Urteil vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, Tz. 14 ff.). Nicht zulässig sind Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (BGH, Urteile vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841 und vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991) oder aber gemessen am Haustürwiderrufsgesetz einen unrichtigen Inhalt haben, wie etwa der Zusatz, der Widerruf gelte als nicht erfolgt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde (BGHZ 172, 157, Tz. 13 m.w.N.).
- 16
- b) Nach diesen Maßstäben ist die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht unwirksam. Wie der Senat mit Urteil vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 15 ff.) für eine gleichlautende Widerrufsbelehrung im Einzelnen ausgeführt hat, ist die im Vergleich zu § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF von den Parteien vereinbarte Verlängerung der Widerrufsfrist wirksam. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist danach insbesondere der Zusatz, wonach die Widerrufsfrist nicht vor Erhalt der von der Beklagten gegengezeichneten Ausfertigung des Darlehensvertrages beginnt, unschädlich, weil das dadurch bewirkte Hinausschieben des Beginns der Widerrufsfrist dem Interesse des Kunden entspricht (Senat, aaO, Tz. 17 f.). Weiter verstößt der Formulierungszusatz "frühestens" nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF (Senat, aaO, Tz. 19).
- 17
- 3. Schließlich ist die Widerrufserklärung auch nicht deshalb fehlerhaft , weil sie im unteren Teil des Formulars eine vom Kläger zu unterzeichnende Empfangsbestätigung enthält. Wie der Senat mit Urteil vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 23 ff.) für eine gleichlautende Widerrufsbelehrung im Einzelnen ausgeführt hat, stellt die Empfangsbestätigung im Verhältnis zur Widerrufsbelehrung keine andere Er- klärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG aF, sondern eine eigenständige Erklärung dar. Widerrufsbelehrung und Empfangsbestätigung sind horizontal und räumlich deutlich voneinander getrennt; der Charakter zweier eigenständiger Erklärungen wird durch die jeweils gesondert zu leistenden Unterschriften deutlich. Unter diesen Umständen ist die Empfangsbestätigung nicht geeignet, dem Verbraucher die Voraussetzungen und Folgen seines Widerrufsrechts zu verschleiern oder ihn in sonstiger Weise von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten.
- 18
- 4. Die einwöchige Widerrufsfrist begann danach mit Erhalt der von der Beklagten gegengezeichneten Ausfertigung des Darlehensvertrags und war bei Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger am 31. Januar 2005 bereits abgelaufen.
III.
- 19
- Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und auf den Hilfsantrag des Klägers die Feststellung auszusprechen, dass der Kläger der Beklagten aus dem zwischen ihnen geschlossenen Darlehensvertrag bis zum Vertragsende Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a. schuldet.
- 20
- Der formularmäßige Darlehensvertrag weist lediglich den für die Zeit der Zinsfestschreibung berechneten Teilbetrag aus. Damit fehlt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei der hier vorliegenden sogenannten unechten Abschnittsfinanzierung an der erforderlichen Gesamtbetragsangabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b Satz 2 VerbrKrG aF (BGHZ 159, 270, 274 ff. und Urteil vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243, 1246 m.w.N.). Aufgrund dessen schuldet der Kläger der Beklagten statt des vereinbarten Vertragszinses für die gesamte Vertragslaufzeit , nicht nur für die Zinsfestschreibungsperiode, lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4% p.a. (Senatsurteil vom 14. September 2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2309).
- 21
- Im Übrigen waren die Klage abzuweisen und die weitergehenden Rechtsmittel zurückzuweisen.
Ellenberger Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 20.07.2006 - 6 O 393/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.06.2008 - 31 U 313/06 -
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. |
1
T a t b e s t a n d :
3Der Kläger begehrt Rückzahlung einer von ihm geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 10.948,39 €. Am 29. Oktober 2009 schlossen die Parteien in der Filiale E der Beklagten einen Darlehensvertrag in Höhe von 200.000,00 €. Das Darlehen war dem Kläger zur Finanzierung einer Eigentumswohnung gewährt worden. Die Auszahlung des Darlehens bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 10. Dezember 2009.
4Der Darlehensvertrag enthielt eine Widerrufsbelehrung, die drucktechnisch umrandet war und sich unmittelbar unter der Unterschriftszeile befindet. Die Widerrufsbelehrung lautete auszugsweise wie folgt:
5„Der Darlehensnehmer ist an seine Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages nicht mehr gebunden, wenn er sie binnen zwei Wochen widerruft. …
6Fristablauf
7Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer
8- ein Exemplar dieser Widerrufserklärung und
- die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde
zur Verfügung gestellt wurde. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs…“
10Die Laufzeit des Darlehens betrug fünf Jahre und vier Monate und sollte im Januar 2015 durch einen noch anzusparenden Bausparvertrag in Höhe von 200.000,00 € abgelöst werden. Der Kläger zahlte das Darlehen jedoch vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Laufzeit zurück. Die erste Zahlung in Höhe von 99.666,15 € erfolgte am 24. Februar 2012 und die zweite Zahlung erfolgte am 10. Juli 2012 in Höhe von 100.333,85 €. Für die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens beanspruchte die Beklagte ein Aufhebungsentgelt in Höhe von insgesamt 10.948,39 €, welches der Kläger zahlte.
11Mit anwaltlichem Schreiben vom 15. März 2013 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung. Der Kläger forderte die Beklagte weiterhin zur Rückzahlung des Aufhebungsentgeltes bis zum 5. April 2013 auf. Die Beklagte wies die Widerrufserklärung mit Schreiben vom 5. April 2013 zurück und lehnte eine Rückzahlung des Aufhebungsentgeltes ab.
12Der Kläger behauptet, er habe seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen. Sein Widerrufsrecht sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht erloschen gewesen, denn die zweiwöchige Widerrufsfrist habe nicht zu laufen begonnen, da er nicht wirksam über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei.
13Ferner behauptet er, die Widerrufsbelehrung der Beklagten benenne das die Widerrufsfrist in Gang setzende Ereignis zu ungenau. Sie genüge nicht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F.. Es fehle an einem Hinweis darauf, dass die Widerrufsfrist bereits mit der Zurverfügungstellung des schriftlichen Antrages oder dessen Abschrift in Gang gesetzt werde. Außerdem sei die Widerrufsbelehrung drucktechnisch nicht deutlich genug gestaltet und gegenüber dem übrigen Text nicht hervorgehoben. Sie genüge daher nicht den Anforderungen des §§ 355 Abs. 3 Satz 2 BGB a.F.. Ferner habe eine Belehrung über die §§ 187 Abs. 1, 188 BGB erfolgen müssen.
14Aufgrund des wirksamen Widerrufs sei zwischen ihm und der Beklagten ein Rückgewährschuldverhältnis entstanden, weshalb er die Rückzahlung des Aufhebungsentgeltes verlangen könne.
15Der Kläger beantragt,
16die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.948,39 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.4.2013 zu zahlen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie behauptet, die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung entspreche den gesetzlichen Anforderungen des §§ 355 BGB a.F.. Die zweiwöchige Widerrufsfrist sei in Gang gesetzt worden, weshalb der Widerruf des Klägers mit Schreiben vom 15.3.2013 verspätet und folglich unwirksam gewesen sei. Die von der Beklagten gewählte Formulierung stelle ein im Interesse des Klägers liegendes Hinausschieben des Fristbeginns dar. Diese verlängerte Widerrufsfrist sei im Interesse des Verbraucherschutzes wirksam. Eine zusätzliche Belehrung über den Inhalt der §§ 187 Abs. 1, 188 BGB sei nicht erforderlich. Auch sei die Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich gestaltet und genüge den Anforderungen des §§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.. Durch die optische Gestaltung der Widerrufsbelehrung falle sie dem Leser allein bei einem lediglich zügigen Durchblättern der Darlehensurkunde bereits ins Auge. Auch sei sie deutlich von dem übrigen Text abgesetzt.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21Die zulässige Klage ist unbegründet.
22Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Rückzahlung des Aufhebungsentgeltes gegen die Beklagte, insbesondere nicht gemäß §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1 Satz 1, 355, 495 Abs. 1, 491 BGB.
23Der Kläger hat seine auf Abschluss des Darlehensvertrages mit der Beklagten gerichtete Willenserklärung nicht innerhalb der zwei-Wochen-Frist, daher verspätet und unwirksam widerrufen. Für das den Verbraucherkredit betreffende Widerrufsrecht des Klägers sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die bei Abgabe der in Rede stehenden Willenserklärungen geltenden Bestimmungen des BGB anzuwenden. Im vorliegenden Fall ist § 355 BGB in der bis zum 1. Juni 2010 geltenden Fassung anwendbar. Vorliegend beträgt die Widerrufsfrist zwei Wochen und beginnt mit Erhalt einer deutlich gestalteten Widerrufsbelehrung zu laufen, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.. Bei schriftlich abzuschließenden Verträgen, wie dem vorliegenden Darlehensverbrauchervertrag (§ 492 BGB) beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrages zu Verfügung gestellt worden ist (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F.). Die von der Beklagten gewählte Widerrufsbelehrung entspricht zwar nicht der Formulierung des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F., gleichwohl entspricht die Widerrufsbelehrung aber den gesetzlichen Anforderungen. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die ihren Inhalt verdeutlichen. Nach diesen Maßstäben ist die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung über den Beginn der Widerrufsfrist wirksam. Nach der Vereinbarung zwischen den Parteien beginnt der Lauf der Frist für den Widerruf einen Tag, nachdem der Darlehensnehmer ein Exemplar der Widerrufsbelehrung und die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde erhalten hat. Hierdurch wird der Beginn der Widerrufsfrist im Interesse des Kunden hinausgeschoben, was – weil zu Gunsten des Verbrauchers – zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 26.5.2009, Aktenzeichen XI ZR 242/08; BGH, Urteil vom 13.1.2009, Aktenzeichen XI ZR 47/08).
24Eine zusätzliche Belehrung über den Inhalt der §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB bedarf es zur ordnungsgemäßen Belehrung über den Fristbeginn nicht. Es reicht aus, dass das den Lauf der Frist auslösende Ereignis, benannt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 23.9.2010, Aktenzeichen VII ZR 6/10).
25Die Widerrufsbelehrung ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam, insbesondere verstößt sie nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des §§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.. Die Widerrufsbelehrung hebt sich klar und deutlich genug von dem übrigen Text des Darlehensvertrages und der Empfangsbestätigung ab. Die Widerrufsbelehrung befindet sich unterhalb der Unterschriftszeile innerhalb eines deutlich markierten „Kastens“. Sie ist überschrieben mit „Widerrufsrecht für jeden einzelnen Darlehensnehmer“ und rechts unten innerhalb des „Kastens“ befindet sich der Vermerk „Ende der Widerrufsbelehrung“. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte auch nicht lediglich eine mit einem schwarzen Strich versehene Umrandung verwendet. Bei der Widerrufsbelehrung handelt es sich zunächst nicht um einen Fließtext. Sie ist deutlich übertitelt, die Ereignisse, die für den Lauf der Frist maßgebend sind, sind untereinander aufgeführt und drucktechnisch durch Punkte vor der Zeile hervorgehoben.
26Soweit der Kläger bestreitet, am Tag der Unterschriftsleistung einen Vertragsentwurf mit der Widerrufsbelehrung oder eine Abschrift hiervon erhalten zu haben, ist dies insoweit unerheblich, da es sein mag, dass die Frist nicht am Tag der Unterzeichnung, d.h. am 29.10.2009, in Gang gesetzt worden ist, jedenfalls war die zweiwöchige Widerrufsfrist aber zum Zeitpunkt des Widerrufes am 15.3.2013 abgelaufen, denn es ist, mangels gegenteiligen Vorbringens des Klägers davon auszugehen, dass er jedenfalls während des laufenden Vertragsverhältnisses zu irgendeinem Zeitpunkt einen Vertragsentwurf bzw. eine entsprechende Abschrift erhalten hat.
27Die Frage, ob die Ausübung des Widerrufrechtes rechtsmissbräuchlich ist, kann aus vorgenannten Gründen dahinstehen.
28Die Nebenentscheidungen bezüglich der Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die Beklagte, eine Bank, zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat.
- 2
- Der Kläger, ein damals 28 Jahre alter Elektroinstallateur, wurde im Februar 2000 in seiner Wohnung von einem Vermittler geworben, sich über einen Treuhänder an dem geschlossenen Immobilienfonds "S. GbR" (nachfolgend: Fonds) zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schloss er mit der Beklagten am 16. Februar/30. März 2000 einen Vertrag über ein tilgungsfreies Darlehen in Höhe von 83.044,44 DM zu einem bis zum 28. Februar 2005 festgeschriebenen effektiven Jahreszins von 8,68%. Die Gesamtlaufzeit des Darlehens ist mit maximal 20 Jahren, der Gesamtbetrag aller Zahlungen bis zum Ende der Zinsbindung mit 24.798 DM angegeben. Als Kreditsicherheiten sieht der Darlehensvertrag unter anderem die Verpfändung des Fondsanteils und die Abtretung einer Kapitallebensversicherung vor. Dem Darlehensvertrag auf einer besonderen Seite beigefügt war eine von dem Kläger gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz, die unter anderem folgenden Inhalt hat: "Sie können Ihre auf den Abschluss dieses Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche … schriftlich widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens, wenn Ihnen diese Belehrung über Ihr Widerrufsrecht ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben.
Die vorstehende Belehrung habe/n ich/wir zur Kenntnis genommen."
- 3
- Auf derselben Seite der Widerrufsbelehrung befindet sich der weitere , gesondert zu unterschreibende Abschnitt, der ebenfalls von dem Kläger unterschrieben wurde: "Jeder Darlehensnehmer erhält eine Mehrfertigung der Widerrufsbelehrung. Der Empfang wird hiermit bestätigt."
- 4
- Ferner unterzeichnete der Kläger eine dem Darlehensvertrag beigefügte "Besondere Erklärung", in der die Beklagte den Kläger über das sog. Aufspaltungsrisiko informierte und ihn unter anderem darauf hinwies , dass er den Kredit "unabhängig von dem finanzierten Geschäft und seinen Risiken" zurückzuzahlen habe und sie - die Beklagte - sich weder in den Vertrieb eingeschaltet noch sonst gemeinsam mit den Fondsinitiatoren gegenüber dem Kläger aufgetreten sei. Nach Gegenzeichnung des Darlehensvertrages übersandte die Beklagte dem Kläger eine Vertragsausfertigung und valutierte das Darlehen.
- 5
- Mit Schreiben vom 5. Dezember 2005 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag mit der Behauptung, zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung aufgrund einer Haustürsituation bestimmt worden zu sein. Außer der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages macht er geltend, der Vermittler habe unter anderem wahrheitswidrig behauptet, er könne aus dem Fonds jederzeit aussteigen. Überdies fehle im Darlehensvertrag die erforderliche Gesamtbetragsangabe, so dass er nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden : a.F.) lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4% schulde.
- 6
- Unter Berufung darauf nimmt er die Beklagte auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen abzüglich der Fondsausschüttungen in Höhe von 10.219,84 € nebst Zinsen und auf Rückübertragung der Lebensversicherung sowie Aushändigung der Originalpolice Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsbeteiligung in Anspruch. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen und sie sich mit der Annahme seines Angebots zur Abtretung der Fondsbeteiligung in Verzug befinde. Hilfsweise begehrt er wegen der nach seiner Meinung fehlenden Gesamtbetragsangabe im Darlehensvertrag die Rückzahlung überzahlter Zinsen in Höhe von 8.894,18 € nebst Zinsen und die Feststellung, aus dem Darlehensvertrag ab dem 1. Oktober 2005 bis zum Vertragsende nur den gesetzlichen Zinssatz von 4% zu schulden. Für den Fall, dass die an die Beklagte abgetretene Lebensversicherung nicht der Tilgung des Darlehens diene, begehrt er äußerst hilfsweise die Erstattung der geleisteten Versicherungsprämien in Höhe von 6.748,99 € nebst Zinsen und die Freistellung der von ihm ab 1. Juni 2006 geschuldeten Versicherungsprämien. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
- 7
- Das Landgericht hat der Klage mit den Hauptanträgen bis auf einen Teil des Zahlungsanspruchs stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es den Zahlungsanspruch in Höhe der erzielten Steuervorteile von 7.228,78 € auf 2.990,63 € nebst Zinsen vermindert und die Klage insoweit abgewiesen sowie die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag mit der - bereits in der Berufung erfolgten - Einschränkung weiter, dass sie die Feststellung, der Kläger schulde ihr aus dem Darlehensvertrag ab dem 1. Januar 2003 bis zum Ende des Darlehensverhältnisses Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a., hinnimmt. Der Kläger begehrt mit seiner Anschlussrevision auch Zahlung, soweit das Berufungsgericht die Klageforderung um die ihm zugeflossenen Steuervorteile gekürzt hat.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers sind begründet; sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 3 Abs. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) auf Rückzahlung geleisteter Zinsraten in Höhe von nur 2.990,63 € nebst Zinsen zu. Er habe seine Darlehensvertragserklärung nach § 1 Abs. 1 HWiG a.F. wirksam widerrufen. Der Vertragsabschluss beruhe auf einem Hausbesuch des Vermittlers. Der Kläger habe den Vertrag noch im Dezember 2005 widerrufen können, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und daher die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt habe. Zwar führe der Zusatz, dass auch die finanzierten Geschäfte im Falle eines Widerrufs nicht zustande kommen, nicht zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung. Diese genüge den Anforderungen aber nicht, weil der Fristbeginn nicht eindeutig bestimmt sei. Der Zusatz "frühestens" verstoße gegen das Deutlichkeitsgebot. Der Hinweis auf den Fristbeginn ab Erhalt der gegengezeichneten Ausfertigung sei überdies rechtlich unzutreffend. Aufgrund dessen könne der Kläger von der Beklagten die Rückabwicklung des gesamten Geschäfts verlangen, weil Fondsbeitritt und Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft darstellten. Allerdings müsse sich der Kläger auf seinen Rückgewähranspruch die erzielten Steuervorteile anrechnen lassen. Im Rahmen der Rückabwicklung des Darlehensvertrages nach § 3 Abs. 1 HWiG a.F. sei die Beklagte ferner zur Rückabtretung der Lebensversicherung und der Aushändigung der Originalpolice verpflichtet.
II.
- 11
- A. Revision der Beklagten
- 12
- Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
- 13
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F.
- 14
- a) Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die ihren Inhalt verdeutlichen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 m.w.Nachw.). Hierzu gehört etwa der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung, dass im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt (Senat BGHZ 172, 157, 162 ff. Tz. 14 ff.; Urteil vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 Tz. 14 ff.). Nicht zulässig sind Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (BGH, Urteile vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841 und vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991) oder aber gemessen am Haustürwiderrufsgesetz einen unrichtigen Inhalt haben, wie etwa der Zusatz, der Widerruf gelte als nicht erfolgt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde (Senat BGHZ 172, 157, 161 f. Tz. 13 m.w.Nachw.).
- 15
- b) Nach diesen Maßstäben ist die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht unwirksam.
- 16
- aa) Der Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist ist Teil des gedruckten Textes und stellt sich nach der gesamten Gestaltung des Vertragsvordruckes als "vorformuliert" im Sinne des § 1 AGBG dar. Als Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten muss der Hinweis danach beurteilt werden, welche Bedeutung ihm aus der Sicht des üblicherweise angesprochenen Kundenkreises unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027, 1028). Aus der Sicht der hier interessierenden durchschnittlichen Kunden sollte die Widerrufsfrist frühestens mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung beginnen, nicht jedoch vor Erhalt der von der Beklagten gegengezeichneten Darlehensvertragsurkunde.
- 17
- bb) Der hierdurch hinausgeschobene Beginn der Widerrufsfrist stimmt zwar mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F., nach dem für den Fristbeginn die Aushändigung der schriftlichen Widerrufsbelehrung maßgeblich ist, nicht überein. Dies ist aber unschädlich. Mit der Unterschrift unter die Widerrufsbelehrung haben die Parteien zugleich eine Verlängerung der Widerrufsfrist vereinbart, was - weil zugunsten des Verbrauchers - zulässig ist (vgl. MünchKommBGB/Masuch 5. Aufl. § 355 Rdn. 4; MünchKommBGB/Ulmer 3. Aufl. § 5 HWiG Rdn. 16; Palandt/Grüneberg, BGB 68. Aufl. § 355 Rdn. 2, 11; Palandt/Putzo, BGB 59. Aufl. § 1 HWiG Rdn. 2; Staudinger/Kaiser, BGB Neubearbeitung 2004 § 355 Rdn. 65; Staudinger/O. Werner, BGB Neubearbeitung 1998 § 5 HWiG Rdn. 38; Erman/Saenger, BGB 10. Aufl. § 5 HWiG Rdn. 6; Bülow, Verbraucherkreditgesetz 4. Aufl. § 7 Rdn. 88). Das Hinausschieben des Beginns der Widerrufsfrist entspricht dem Interesse des Kunden, weil erst dann für ihn klar ist, dass der Vertrag zustande gekommen ist. Dass die Verlängerung der Widerrufsfrist und die Belehrung über diese in einem Akt zusammenfallen, berührt die Ordnungsgemäßheit der Belehrung nicht.
- 18
- Für die Wirksamkeit der Vereinbarung über den Beginn der Widerrufsfrist spricht wesentlich, dass der Verbraucher bei einem Verbraucherdarlehensvertrag andernfalls stets zwei Widerrufsbelehrungen mit einem unterschiedlichen Fristbeginn erhalten müsste. Auch wenn in § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F. - anders als noch in § 1b Abs. 2 Satz 2 i.V. mit § 1a Abs. 2 AbzG und nunmehr wieder in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB - der Fristbeginn nicht ausdrücklich an die Aushändigung der Vertragsurkunde geknüpft war, setzte der Fristbeginn neben der Aushändigung der Widerrufsbelehrung auch die Übergabe einer Abschrift der Vertragsurkunde i.S. des § 4 Abs. 3 VerbrKrG voraus. Denn der Verbraucher kann die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht nur wahrnehmen, wenn der Bezugsgegenstand seiner Überlegung, der Kreditvertrag, vorliegt (MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. § 7 VerbrKrG Rdn. 24; Palandt/ Heinrichs, BGB 61. Aufl. § 361a Rdn. 15; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB Neubearbeitungen 1998 und 2001 § 7 VerbrKrG Rdn. 41; Bülow, Verbraucherkreditgesetz 4. Aufl. § 7 Rdn. 108). Im Anwendungsbereich des Haustürwiderrufsgesetzes dagegen ist die Aushändigung der Vertragsurkunde nicht Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist, weil ein in einer Haustürsituation geschlossener Vertrag nicht stets der Schriftform bedarf. Dass diese Rechtslage für den rechtsunkundigen Verbraucher verwirrend ist, liegt auf der Hand. Um dies zu vermeiden, ist ein Gleichlauf der Widerrufsfristen sinnvoll (vgl. Senat BGHZ 172, 157, 163 Tz. 16 zum Hinweis auf die Folgen des Widerrufs für das verbundene Geschäft).
- 19
- cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt der Formulierungszusatz "frühestens" nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F. Aus dem Zusammenhang wird klar, dass für den Fristbeginn die Aushändigung der Belehrung maßgeblich ist, es sei denn, die Darlehensvertragsurkunde wird erst zu einem späteren Zeitpunkt übergeben. Nur dann beginnt die Widerrufsfrist erst mit dem Erhalt der Urkunde. Angesichts dessen ist der Zusatz auch nicht, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft gemeint hat, geeignet, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers von den übrigen Teilen der Widerrufsbelehrung abzulenken. Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung wird der Verbraucher durch die Verwendung des Wortes "frühestens" auch nicht über die für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblichen Ereignisse im Unklaren gelassen. In der Widerrufsbelehrung wird der Verbraucher zunächst über die Möglichkeit des Widerrufs seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche informiert; der nachfolgende Absatz enthält sodann den Hinweis auf deren Beginn.
- 20
- dd) Gegen die Ordnungsgemäßheit der Belehrung lässt sich auch nicht einwenden, dass die Widerrufsbelehrung - falls die Aushändigung der Darlehensvertragsurkunde erst Wochen oder Monate nach der Belehrung erfolgt - beim Verbraucher in Vergessenheit geraten könnte. In einem solchen Fall ist der Verbraucher bereits nach § 146 BGB nicht mehr an seinen Vertragsantrag gebunden, weil der Unternehmer den Antrag nicht nach § 147 Abs. 2 BGB rechtzeitig angenommen hätte. Vielmehr wäre dessen Annahme gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neuer Antrag zu werten, den der Verbraucher annehmen müsste. Über sein Widerrufsrecht müsste er dann erneut belehrt werden, weil sich in diesem Fall die ursprüngliche Belehrung als vorherige Belehrung darstellen würde und unwirksam wäre (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 m.w.Nachw.).
- 21
- 2. Das Berufungsurteil stellt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
- 22
- a) Die Widerrufsbelehrung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil sie im unteren Teil des Formulars eine von dem Kläger zu unterzeichnende Empfangsbestätigung enthält. Die Empfangsbestätigung stellt im Verhältnis zur Widerrufsbelehrung keine andere Erklärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., sondern eine eigenständige Erklärung dar.
- 23
- aa) Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. darf die Belehrung keine andere Erklärung enthalten. Dies gebietet aber nicht, dass die Widerrufsbelehrung in einer gesonderten Urkunde enthalten sein muss. Es genügt , wenn sich die Belehrung vom übrigen Vertragstext klar und übersichtlich abhebt und die drucktechnische Gestaltung deutlich erkennen lässt, dass die gesonderte Unterschrift sich auf die Belehrung über das Widerrufsrecht bezieht (vgl. BGHZ 126, 56, 60 f.; MünchKommBGB/ Ulmer 3. Aufl. § 2 HWiG Rdn. 8; Staudinger/O. Werner, BGB Neubearbeitung 1998 § 2 HWiG Rdn. 38; Erman/Saenger, BGB 10. Aufl. § 2 HWiG Rdn. 4). Schließt sich an die Widerrufsbelehrung ein weiterer Text - wie hier eine Empfangsbestätigung - an, kommt es darauf an, ob für den durchschnittlichen Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Vertragsurkunde der Eindruck erweckt wird, es handele sich um eine einheitliche , ihrem Inhalt nach näher bestimmte Widerrufsbelehrung, und deshalb geeignet ist, von der Widerrufsbelehrung als solcher abzulenken (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841).
- 24
- bb) Nach diesen Maßstäben ist die Empfangsbestätigung kein (unzulässiger ) Bestandteil der Widerrufsbelehrung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., sondern eine eigenständige Erklärung. Widerrufsbelehrung und Empfangsbestätigung sind horizontal räumlich deutlich voneinander getrennt; der Charakter zweier eigenständiger Erklärungen wird durch die jeweils gesondert zu leistenden Unterschriften deutlich (vgl. zur Abgrenzung auch BGHZ 119, 283, 296 ff.; BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 aaO; OLG Stuttgart WM 1991, 64, 66 und NJW-RR 1995, 114). Unter diesen Umständen ist die Empfangsbestätigung nicht geeignet, dem Verbraucher die Voraussetzungen und Folgen seines Widerrufsrechts zu verschleiern oder ihn in sonstiger Weise von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten.
- 25
- b) Auch der Zusatz, dass im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung auch "die finanzierten verbundenen Geschäfte" nicht wirksam zustande kommen, ist keine unzulässige andere Erklärung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., wenn - was nach den nicht angegriffenen, fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall ist - der Fondsbeitritt und der seiner Finanzierung dienende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bilden (Senat BGHZ 172, 157, 161 ff. Tz. 11 ff.; Senatsurteile vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 Tz. 11 ff. und vom 11. November 2008 - XI ZR 269/06, WM 2009, 65, 66 Tz. 11). Dass der mit dem Darlehensvertrag verbundene Vertrag in dem Zusatz zur Widerrufsbelehrung nicht konkret bezeichnet ist, ist unschädlich; auf die genaue rechtliche Qualifikation und Bezeichnung des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es nicht entscheidend an (Senatsurteil vom 11. November 2008 aaO, Tz. 12). Da die Darlehensvaluta nach dem Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fondsanteils gewährt wurde, war für den Kläger klar, dass mit dem verbundenen Geschäft nur die treuhänderische Fondsbeteiligung gemeint sein konnte.
- 26
- Anders als die Revisionserwiderung meint, ergibt sich etwas anderes auch nicht aus dem von dem Kläger unterzeichneten Zusatzformular "Besondere Erklärung", in dem die Beklagte auf das sogenannte Aufspaltungsrisiko , d.h. ein unterschiedliches Schicksal von Darlehensvertrag und Fondsbeitritt hinweist. Selbst wenn der Inhalt dieses Formulars beim Kläger Zweifel an seinen Rechten erweckt haben sollte, führt dies nicht zur Unrichtigkeit der Widerrufsbelehrung. Der darin enthaltene zutreffende Zusatz, dass im Falle des Widerrufs auch das finanzierte Geschäft nicht wirksam zustande kommt, ist vielmehr geeignet, solche Zweifel wieder zu zerstreuen und den Verbraucher in die Lage zu versetzen, mit dem Widerruf des Darlehensvertrages auch das verbundene Geschäft zu Fall zu bringen. Bei dieser Sachlage wäre eine Widerrufsbelehrung ohne den Zusatz hinsichtlich des verbundenen Geschäfts sogar eher geeignet gewesen, den Kläger von der Wahrnehmung des Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. KG WM 2008, 401, 404).
- 27
- 3. Die einwöchige Widerrufsfrist begann danach mit Erhalt der von der Beklagten am 30. März 2000 gegengezeichneten Ausfertigung des Darlehensvertrags und war bei Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger am 5. Dezember 2005 bereits abgelaufen.
- 28
- B. Anschlussrevision des Klägers
- 29
- Die Anschlussrevision des Klägers hat ebenfalls Erfolg. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - auf den Rückgewähranspruch des Klägers aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG die von ihm erzielten Steuervorteile angerechnet (vgl. hierzu Senat BGHZ 172, 147, 153 ff. Tz. 23 ff.). Dies kann jedoch keinen Bestand haben, weil dem Kläger ein solcher Anspruch mangels rechtzeitiger Widerrufserklärung bereits dem Grunde nach nicht zusteht. Allerdings stützt er sein Klagebegehren auch auf einen Schadensersatzanspruch wegen einer arglistigen Täuschung des Vermittlers. Dazu hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Ob - falls ein solcher Anspruch besteht - auch in diesem Rahmen die erzielten Steuervorteile anzurechnen sind (vgl. dazu BGH, Urteile vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175 ff., vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350, 351 Tz. 11 ff. und vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, 729 Tz. 28), bedarf gegebenenfalls ebenfalls noch weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht.
III.
- 30
- Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 31
- Das Berufungsgericht wird sich unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs mit der Behauptung des Klägers befassen müssen, er sei vom Vermittler in Bezug auf den Fondsbeitritt arglistig getäuscht worden. Im Falle der Verneinung einer arglistigen Täuschung wird das Berufungsgericht über die Hilfsanträge des Klägers zu befinden haben (dazu Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08 m.w.Nachw.).
Grüneberg Maihold
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 25.09.2006 - 6 O 491/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 12.12.2007 - 31 U 359/06 -
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 21.07.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2A)
3Die Parteien haben erstinstanzlich darüber gestritten, ob die Kläger eine am 20.12.2006 unterzeichnete Vertragsurkunde, in der 2 Darlehen i.H.v. 145.000 € und i.H.v. 70.000 € aufgeführt waren, wirksam widerrufen haben. Ferner haben die Kläger geltend gemacht, sie hätten einen Darlehensvertrag vom 30.01.2007 über 70.000 € wirksam widerrufen, weshalb sie keine Zahlungen mehr schuldeten. Dabei haben sich die Kläger darauf berufen, die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung sei unwirksam.
4Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, bei dem Darlehen über 145.000 € habe es sich um ein Annuitätendarlehen der F AG gehandelt, weshalb sie gar nicht passivlegitimiert sei. Das Darlehen über 70.000 € sei den Kläger nur für einen Zeitraum von 1 1/2 Jahren bewilligt worden und sodann per 30.01./12.02.2007 in ein D-Darlehen umgeschuldet worden. Mit Abruf und Auszahlung dieses neuen Darlehens sei das am 20.12.2006 von den Klägern aufgenommene Darlehen über 70.000 € vollständig zurückgeführt worden.
5Die Kläger haben beantragt, festzustellen
61. dass die Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages über ein Darlehensnennbetrag von 70.000 € mit der Kto.-Nr. #########,
72. die Willenserklärung zum Abschluss des Kreditvertrages über ursprünglich 145.000 € mit der Kto.-Nr. ##########, Bankleitzahl: #########,
83. die Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages über 70.000 € zum Kto. #########
9wirksam widerrufen worden sind.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die von ihr verwendeten Widerrufsbelehrung hätten das in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. aufgestellte Deutlichkeitsgebot erfüllt. Insbesondere seien sie auch hinsichtlich der Widerrufsfolgen fehlerfrei gewesen. Insoweit lasse sich § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. entnehmen, dass über das voraussetzungslose Widerrufsrecht als solches, die Widerrufsfrist und den Fristbeginn, den Inhalt und die Form der Widerrufserklärung, die Fristwahrung durch Absendung der Widerrufserklärung, den Namen und die Anschrift des Widerrufsempfängers sowie die Bezugnahme auf den zu widerrufenden Vertrag aufzuklären sein, nicht dagegen über die Widerrufsfolgen. Etwas Abweichendes lasse sich auch nicht der Musterwiderrufsbelehrung in Anl. 2 zu § 14 BGB InfoVO entnehmen. Die dort vorgesehene Hinweispflicht über die Rechtsfolgen des Widerrufs betreffe nur Haustürgeschäfte. Zudem habe Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 der BGB-InfoVO bestimmt, dass der Absatz über die Widerrufsfolgen entfallen könne, wenn die beiderseitigen Leistungen – wie im vorliegenden Fall – erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht würden.
13Schließlich hat die Beklagte die Auffassung vertreten, ein etwaiges Widerrufsrecht der Kläger sei verwirkt.
14Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
15Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
16Mit dieser Entscheidung sind die Kläger nicht einverstanden und verfolgen ihre Anträge weiter, soweit es um das Darlehen über 70.000 € geht. Die Kläger sind der Auffassung, sie hätten den Darlehensvertrag vom 30.01.2007 wirksam widerrufen. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß und der Widerruf damit nicht verfristet gewesen. Dass die im vorliegenden Verfahren von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht den Anforderungen des § 355 BGB a.F. entsprochen habe, lasse sich bereits dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08) entnehmen, da sich aus Sicht des unbefangenen Durchschnittskunden der Eindruck ergebe, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen. Weiter halten die Kläger es für rechtsfehlerhaft, dass auf die Widerrufsfolgen nicht hingewiesen worden sei. Insoweit habe das Landgericht verkannt, dass es nicht darauf ankomme, ob die vertragliche Leistung nach der Vertragsgestaltung vor Ablauf der Widerrufsfrist erfolgen solle, sondern ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung ausgeschlossen gewesen sei. Seite 2 des Darlehensvertrags lasse sich hinsichtlich der Zinsen entnehmen, dass diese Verzinsung mit dem Tag der angegebenen festen Wertstellung der D habe beginnen sollen. Im Übrigen könne es auf diese Frage gar nicht ankommen, da die Beklagte tatsächlich über Folgen des Widerrufs belehrt habe, sie jedoch nur über die Pflichten der Kläger, nicht aber deren Rechte informiert habe. Dies halten die Kläger für unzulässig.
17Die Kläger beantragen,
18festzustellen, dass die Willenserklärung der Berufungskläger zum Abschluss des Darlehensvertrages vom 30.01.2007 über einen Darlehensbetrag von 70.000 € wirksam widerrufen wurde.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
21Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Tatsachenvortrag.
22Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
23B)
24Die Berufung ist unbegründet. Die Klage ist unbegründet. Die Kläger haben den Darlehensvertrag über einen Betrag von 70.000 € vom 30.01.2007 nicht wirksam mit Schreiben vom 21.02.2014 gemäß §§ 355 Abs. 1 S. 1, 495 BGB a.F. widerrufen. Denn die Widerrufsfrist des § 355 I 2 BGB a.F. war im Zeitpunkt des Widerrufs abgelaufen.
25Entgegen der Ansicht der Kläger entsprach die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.
26I. Aus der Widerrufsbelehrung ergab sich gerade nicht, dass die Frist für den Widerruf bereits mit Erhalt des Darlehensangebots beginnt, was der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08, ZIP 2009, 952) beanstandet hat. In dem Sachverhalt, der dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung vorlag, lautete die Widerrufsbelehrung wie folgt:
27„Sie können ihre Vertragserklärung ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Ware innerhalb von 2 Wochen widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Ware“.
28Vorliegend heißt es in der Widerrufsbelehrung wie folgt:
29„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir
30- 31
ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
- 32
eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden“.
Aus der ausdrücklichen Verwendung der Worte „mein schriftlicher Vertragsantrag“ bzw. „meines Vertragsantrages“ ist eindeutig zu entnehmen, dass es um das Angebot des Darlehensnehmers und nicht um dasjenige der Bank geht (vgl. OLG Celle ZIP 2014, 2073, 2074 mit zustimmender Anmerkung von Homberger, EWiR 21/2014, 671 f.).
34II. Ohne Erfolg berufen sich die Kläger darauf, dass es nicht darauf ankommen könne, ob die vertragliche Leistung nach der Vertragsgestaltung vor Ablauf der Widerrufsfrist ausgeschlossen sein sollte, sondern dass es darauf ankomme, ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung ausgeschlossen war. Soweit die Kläger auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02.02.2011 (VIII ZR 103/10) verweisen, verkennen sie, dass der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ein Haustürgeschäft zugrundelag. Bei einem solchen Haustürgeschäft muss aufgrund der Regelung des § 312 Abs. 2 BGB ein Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB erfolgen. Demzufolge gilt die von den Klägern zitierte Rechtsprechung für Haustürgeschäfte (vgl. auch BGH NJW-RR 2012, 1197 Rz. 19 f. m.w.N.; BGH NJW-RR 2011, 785, 787 Rz. 17), nicht jedoch für einen Darlehensvertrag wie im vorliegenden Fall.
35III. Soweit die Kläger schließlich einen fehlenden Hinweis auf Rechte und/oder Pflichten nach erfolgtem Widerruf beanstanden, vermag dies ebenfalls die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung nicht zu begründen. Die Kläger verkennen insoweit, dass nach § 355 BGB a.F. ein solcher Hinweis nicht erforderlich war. Soweit die Widerrufsbelehrung der Kläger gleichwohl unter der Überschrift „Widerruf bei bereits erhaltenen Leistungen“ den Hinweis enthält, dass „ich für den Fall, dass ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank erhalten habe, mein Widerrufsrecht dennoch ausüben kann, ich im Fall eines Widerrufs allerdings empfangene Leistungen an die Bank zurückzugewähren muss und der Bank die von mir aus der Leistung gezogenen Nutzungen herauszugeben habe“, ist dieser Hinweis von Rechts wegen nicht zu beanstanden, da er dem Abwicklungsverhältnis nach einem Widerruf Rechnung trägt (vgl. OLG Celle, a.a.O.)
36IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Z. 10, 711 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.