Landgericht Karlsruhe Urteil, 22. März 2013 - 6 O 205/12

bei uns veröffentlicht am22.03.2013

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die - einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten - Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld und Schadensersatz aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten wegen eines Sturzes bei Eisglätte.
Auf dem Anwesen P.-Straße in P. steht ein Mehrfamilienhaus mit Eigentumswohnungen, in dem nur Eigentümer wohnen; keine Einheit ist vermietet.
Die am xx.xx.1974 geborene Klägerin war am 28. Dezember 2010 früh morgens unterwegs von ihrer Wohnung in der G.-Straße in P. zu ihrer Arbeitsstätte, dem städtischen Klinikum P. in der H.-Straße. Hierzu überquerte sie den Fluss Enz und ging die an der Enz gelegene P.-Straße entlang. In den Weihnachtstagen herrschten in P. winterliche Witterungsverhältnisse mit Eis- und Schneeglätte. In der P.-Straße stürzte die Klägerin und zog sich erhebliche Verletzungen am rechten Unterschenkel zu, weshalb sie zweifach operiert werden musste und bis zum 13. Juni 2011 arbeitsunfähig war.
Der Hergang des Unfalls, die Haftung der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft, ein Mitverschulden der Klägerin und die Höhe des der Klägerin entstandenen Verdienstausfalls stehen zwischen den Parteien im Streit.
Mit Bescheid der Berufsgenossenschaft vom 9. März 2012 wurde der Klägerin eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % und eine monatliche Rente in Höhe von EUR 607,46 zuerkannt.
Die Haushaftpflichtversicherung der Beklagten zahlte der Klägerin von Mai bis Oktober 2011 insgesamt EUR 7.000,-.
Die Klägerin trägt vor,
der Bürgersteig vor dem Anwesen der Beklagten sei weder von Eis geräumt, noch sei gestreut gewesen. Unmittelbar vor dem Hauseingang zum Mehrfamilienhaus sei sie infolge der für sie nicht erkennbaren extremen Eisglätte trotz kleiner Schritte gestürzt. Auch auf den angrenzenden Gehwegen und der gegenüberliegenden Straße und der Fahrbahn habe festgetretener bzw. gefahrener Schnee gelegen. Da der Unfall nicht vorhersehbar gewesen sei, habe auch kein Anlass bestanden, auszuweichen. Sie habe wegen der schlechten Witterungsverhältnisse den von der Enz abgewandten Weg benutzt, da sie dort von einer geringeren Glatteisgefahr ausgegangen sei. Da sie sich den Witterungsverhältnissen entsprechend verhalten habe, sei die Beklagte, die die sich aus der Satzung der Stadt P. ergebenden Räum- und Streupflichten nicht erfüllt habe, ihr zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von EUR 12.000,- und Schadensersatz für Verdienstausfall und weitere materielle Schäden in Höhe von EUR 6.907,55 ohne Berücksichtigung jeglichen Mitverschuldens verpflichtet. Sie gehe jeden Tag die kürzeste Strecke zu ihrer Arbeitsstätte und es sei nicht ersichtlich, warum sie an diesem Tage einen anderen Weg habe wählen sollen.
Die Klägerin beantragt:
10 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
11 
a) ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, das jedoch mindestens 12.000,00 EUR abzüglich bereits gezahlter Vorschüsse in Höhe von 7000,00 EUR betragen sollte, sowie
12 
b) für materielle Schäden weitere 6907,55 EUR sowie
13 
c) für vorgerichtliche Rechtsanwaltsvergütung weitere EUR 1.085,04 jeweils nebst Zinsen aus dem ausgeurteilten Gesamtbetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2012 zu zahlen.
14 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin den künftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, welcher der Klägerin aus dem Unfall, der sich am 28. Dezember 2010 gegen 7:15 Uhr auf dem Bürgersteig vor dem Anwesen P.-Straße in P. ereignet hat, entsteht, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind oder übergehen.
15 
Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Sie tragen vor:
18 
Die winterlichen Räum- und Streupflichten habe die Eigentümergemeinschaft auf die Hauseigentümer nach einem vorgefassten Wochen-Plan delegiert; in der 52. Kalenderwoche habe die Kehrwoche mit Winterdienst der Wohnungseigentümerin S. oblegen, die diesen Dienst auch beanstandungsfrei ausgeübt habe. Die Kontrolle sei durch die anderen Hauseigentümer erfolgt.
19 
Auch habe die Klägerin den Sturz allein verschuldet, indem sie mit unzureichendem Schuhwerk und ohne Not den möglicherweise vereisten Gehweg in der P.-Straße, statt der geräumten C.-Straße begangen habe.
20 
Schließlich sei ein Streuen von Eisglätte mit Salz unzumutbar gewesen, da die kommunale Satzung der Stadt P. untersage, Salz oder salzhaltige Stoffe zum Bestreuen zu verwenden.
21 
Die Klägerin hat der Eigentümerin S. am 30. Oktober 2012 den Streit verkündet; die Streitverkündete ist am 3. Dezember 2012 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
22 
Das Gericht hat verhandelt am 5. Dezember 2012 und in dieser Verhandlung die Klägerin angehört und die Zeugen ….. vernommen (AS. 159 - 185).
23 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I.
25 
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz aus dem Sturz vom 28. Dezember 2010 zu. Die Beklagte hat den Nachweis geführt, dass an diesem Tage die Räum- und Streupflichten auf die Streithelferin S. delegiert war. Darüber hinaus hat die Streithelferin zwar ihre Pflichten zur ordnungsgemäßen Beseitigung der vor dem Anwesen der Beklagten vorhandenen Eisfläche, dem nachgewiesenen Sturzort der Klägerin, nicht ordnungsgemäß erfüllt. Die Beklagte hat aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch den Nachweis geführt, dass die Klägerin an dem Sturz ein so überwiegendes Mitverschulden (§ 254 BGB) trifft, dass eine mögliche Haftung der Beklagten oder der Streithelferin wegen der Verletzung von Räum- und Streupflichten demgegenüber vollständig zurücktritt.
26 
1. Die Beklagte haftet als Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich nicht für den Sturz vor dem Anwesen, da sie die winterlichen Räum- und Streupflichten für den Sturztag vom 28. Dezember 2010 auf die Streithelferin S. delegiert hatte.
27 
a) Nach allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung muss der Verletzte alle Umstände beweisen, aus denen eine Streupflicht erwächst und sich eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht ergibt. Er muss deshalb den Sachverhalt dartun und gegebenenfalls beweisen, aus dem sich ergibt, dass zur Zeit des Unfalls aufgrund der Wetter-, Straßen- oder Wegelage bereits oder noch eine Streupflicht bestand und diese schuldhaft verletzt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2012, VI ZR 138/11, in VersR 2012, 1050, zitiert nach juris Tz 8-im Folgenden: juris Tz), während der Streupflichtige für das Vorliegen einer Ausnahmesituation, die das Streuen unzumutbar machte, beweispflichtig ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. November 2012, 7 U 32/12, juris Tz 13; OLG München, Urteil vom 28. Juli 2011, 1 U 3579/10, juris Tz 44).
28 
Die winterliche Räum- und Streupflicht beruht auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setzt eine konkrete Gefahrenlage, d.h. eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen. Ist eine Streupflicht gegeben, richten sich Inhalt und Umfang nach den Umständen des Einzelfalls. Bei öffentlichen Straßen und Gehwegen sind dabei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt. Nach diesen Grundsätzen bestehen Räum- und Streupflichten regelmäßig für die Zeit des normalen Tagesverkehrs. Bei Auftreten von Glätte im Laufe des Tages ist allerdings dem Streupflichtigen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2012, a.a.O., Tz 10; OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. November 2012, a.a.O., Tz 8/9).
29 
b) Diese Verkehrssicherungspflicht obliegt zwar in erster Linie den Wohnungseigentümern (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1996, VI ZR 75/95, in VersR 1996, 1151, 1152, juris Tz 13). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass Verkehrssicherungspflichten mit der Folge eigener Entlastung delegiert werden können. Die Verkehrssicherungspflichten des ursprünglich Verantwortlichen verkürzen sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten, die sich darauf erstreckt, ob der Übernehmende die übernommenen Sicherungsmaßnahmen auch tatsächlich ausgeführt hat. Wer sie übernimmt, wird seinerseits deliktisch verantwortlich. Voraussetzung hierfür ist, dass die Übertragung klar und eindeutig vereinbart wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2008, VI ZR 126/07, in NJW 2008, 1440, juris Tz 9; vom 4. Juni 1996, a.a.O.; vom 17. Januar 1989, VI ZR 186/88, in VersR 1989, 526 f.; vom 8. Dezember 1987, VI ZR 79/87, in VersR 1988, 516, 517; vom 27. November 1984, VI ZR 49/83, in NJW 1985, 484).
30 
Die deliktische Einstandspflicht des mit der Wahrnehmung der Verkehrssicherung Beauftragten besteht auch dann, wenn der Vertrag mit dem Primärverkehrssicherungspflichtigen nicht rechtswirksam zustande gekommen ist.
31 
Entscheidend ist, dass der in die Verkehrssicherungspflicht Eintretende faktisch die Verkehrssicherung für den Gefahrenbereich übernimmt und im Hinblick hierauf Schutzvorkehrungen durch den primär Verkehrssicherungspflichtigen unterbleiben, weil sich dieser auf das Tätigwerden des Beauftragten verlässt. Dieser ist aufgrund der von ihm mit veranlassten neuen Zuständigkeitsverteilung für den übernommenen Gefahrenbereich nach allgemeinen Deliktsgrundsätzen verantwortlich. Insofern ist seine Verkehrssicherungspflicht nicht abgeleiteter Natur. Vielmehr erfährt sie mit der Übernahme durch den Beauftragten in seine Zuständigkeit eine rechtliche Verselbständigung. Er ist es fortan, dem unmittelbar die Gefahrenabwehr obliegt und der dafür zu sorgen hat, dass niemand zu Schaden kommt. Inhalt und Schutzbereich dieser verselbständigten Verkehrssicherungspflicht bestimmen sich allein danach, was objektiv erforderlich ist, um mit der Gefahrenstelle in Berührung kommende Personen vor Schaden zu bewahren (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2008, a.a.O.; OLG Celle, Urt. v. 12. August 2010, 8 U 15/10, in NJW-RR 2011, 106, juris Tz 27; OLG München, Beschluss vom 24. Oktober 2005, 34 Wx 82/05, in NJW 2006, 807; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Oktober 2004, 7 U 143/03, in VersR 2006, 130;).
32 
Im vorliegenden Fall (wird ausgeführt)…
33 
Demnach war nach den glaubhaften und zuverlässigen Angaben der glaubwürdigen Zeugin davon auszugehen, dass die Eigentümer des Anwesens P.-Straße in ständiger Praxis aufgrund vorheriger Absprache den Winterdienst delegiert haben und die Ausführung der Arbeiten so eindeutig und bestimmt waren, dass damit der Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich ausreichend Rechnung getragen wurde.
34 
Die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft hat damit ihre im Zusammenhang mit winterlichen Räum- und Streupflichten bestehenden Verkehrssicherungspflichten mit der Folge eigener Entlastung auf die Streithelferin S. übertragen.
35 
c) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten ein Auswahlverschulden hinsichtlich der Geeignetheit der Eigentümerin S. für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht zur Last fällt, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Bewohner als Eigentümer der Wohneigentumsanlage, von denen keine einzige Einheit vermietet ist, ein starkes Eigeninteresse haben, dass diese Pflichten ordnungsgemäß ausgeführt werden.
36 
d) Die Klägerin hat auch nicht substantiiert dargelegt oder gar den Nachweis geführt, dass die Beklagte die aus der Delegation sich ergebenden Kontrollpflichten verletzt hat.
37 
Da die Beklagte die Räum- und Streupflicht für den 28. Dezember 2010 auf die Eigentümerin S. übertragen hat, kommt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in diesem Bereich durch die beklagte Hauseigentümergemeinschaft nur in Betracht, wenn diese die bei ihr verbliebene Verpflichtung, die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch die Anlieger zu überwachen (so schon RGZ 113, 293, 296/297, vgl. BGHZ 118, 368, 373, NJW 1966, 2311, 2312; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Februar 2002, 7 U 117/00, OLGR Karlsruhe 2002, 351), verletzt hat.
38 
Auch für diese tatsächlichen Voraussetzungen einer eventuellen Pflichtverletzung der Beklagten ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BGH, Urt. v. 04. März 2004, III ZR 225/03, in BGHReport 2004, 869, 870 = NJW 2004, 1381; OLG Dresden, Urt. v. 19. Februar 2003, 6 U 955/02, in OLGR Dresden 2003, 293, 295; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Oktober 2004, 7 U 143/03, in VersR 2006, 130, juris Tz 5).
39 
Bei dieser Überwachung ist mit Rücksicht auf die durch Eis- und Schneeglätte drohenden Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter an das Maß der bei der Beaufsichtigung anzuwendenden Sorgfalt ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 1974, VI ZR 43/72, in VersR 1975, 42; vom 4. April 1967, VI ZR 98/65, in VersR 67, 685 und v. 12. Juli 1968, VI ZR 134/67, in VersR 68, 1161). Dieser Maßstab findet auch dann Anwendung, wenn weitere Übertragungen der Verkehrssicherungspflichten erfolgt sind (vgl. OLG München, Urteil vom 30. Juli 2009, 1 U 1815/09, zitiert nach juris Tz 43 ff).
40 
Der Umfang der Überwachung bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere Art und Häufigkeit der möglichen Schäden. Indessen darf der Delegierende im allgemeinen darauf vertrauen, dass der Dritte den ihm übertragenen Verpflichtungen auch nachkommt, solange nicht konkrete Anhaltspunkte bestehen, die dieses Vertrauen erschüttern. Das zieht der Überwachungspflicht des Grundstückseigentümers Grenzen. Ohne besonderen Anhalt muss er nicht alle Einzelheiten in der Erfüllung seiner mannigfaltigen Sicherungspflichten kontrollieren, vielmehr kann er sich auf eine Überprüfung nur der wesentlichen Punkte beschränken Der Delegierende ist lediglich zu einer stichprobenhaften Kontrolle des Übernehmers verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1999, III ZR 198/98, in NJW 1999, 3633, juris Tz 13; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 5. August 2008, 2 U 15/07, in VersR 2009, 222, Tz 24/25;)
41 
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind im Streitfall der Übertragung von Winterdienstpflicht auf öffentlichen Straßen keine zu strengen Anforderungen an eine Überwachung der Eigentümerin S. zu stellen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht, dessen einziger Gegenstand die Erfüllung der Winterdienstpflicht ist, der Übertragende regelmäßig eher wird davon ausgehen können, dass der übernehmende Eigentümer als Teil der Hauseigentümergemeinschaft aus erheblichem Eigeninteresse seinen Pflichten nachkommt, als es etwa bei der im Rahmen eines Mietvertrages durch den Mieter übernommenen (Neben-) Pflicht zum Winterdienst der Fall ist.
42 
Zur Überwachung der Delegation hat die Klägerin nur den pauschalen Vortrag gehalten, es sei in der Vergangenheit so gewesen, dass die Räum- und Streupflicht von den Eigentümern nur unzureichend oder überhaupt nicht durchgeführt worden sei, wobei Kontroll- bzw. Überwachungsmaßnahmen von der Beklagten zu keiner Zeit vorgenommen worden seien. Diese Behauptung wurde von der Beklagten hinreichend substantiiert bestritten Hierzu hat sie vorgetragen, dass die Kontrolle durch die Eigentümer selbst vorgenommen werde. Dies ist ohne weiteres möglich, da das Anwesen P.-Straße nur von Eigentümern bewohnt ist. Demnach finden quasi tagtäglich die Kontrollen der anderen Eigentümer dadurch statt, dass sie das Anwesen als Bewohner nutzen und sich bei jedem Betreten und Verlassen davon überzeugen können, ob und wie die sog. Streuwoche durch den jeweils zuständigen Eigentümer ausgeführt wurde. Eine so engmaschige Kontrolle geht sogar über die sonst übliche stichprobenartige Kontrolle weit hinaus. Dieses Verfahren wird, wie die Zeugin S. bestätigt hat, auch schon seit Jahren so praktiziert.
43 
Dass keinerlei Kontrollen stattgefunden haben, wie die Klägerin behauptet, ist angesichts dieser Praxis nicht möglich. Dafür, dass die Streuwoche in den vergangenen Jahren von keinem Eigentümer ausgeführt wurde, sodass eine Kontrolle durch die anderen Eigentümer notwendigerweise entfallen wäre, ist von der Klägerin nichts vorgetragen und ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte. Ein solches Vorgehen wäre bei einer Hauseigentümergemeinschaft, die in dem betroffenen Anwesen wohnt, auch im höchsten Maße ungewöhnlich.
44 
Die Tatsache des Sturzes der Klägerin belegt noch keine Pflichtverletzung der Beklagten. Die Klägerin hätte vielmehr vortragen müssen, welche organisatorischen Maßnahmen zur Kontrolle der Anlieger die Beklagte versäumt hat und dass bei Einhaltung der erforderlichen Kontrolle ihr Sturz vermieden worden wäre. Dazu hätte auch Vortrag dazu gehört, seit wann die Eisplatte vorhanden war (vgl. dazu auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Oktober 2004, a.a.O. Tz 5).
45 
e) Das Gericht gibt seine in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung, die Beklagte habe eine Kontrolle der Streithelferin S. bzw. die Organisation der Kontrollen über die delegierten Räum- und Streupflichten nicht substantiiert dargelegt, angesichts dieser ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast von versäumten Kontrollen vereinbarter Delegationen auf.
46 
Zur Notwendigkeit einer täglichen Kontrolle unmittelbar nach dem Streudienst ist nichts vorgetragen und ein solcher Bedarf auch nicht ersichtlich. Im übrigen hat diese Kontrolle, wie oben ausgeführt, tagtäglich durch die das Anwesen bewohnenden Eigentümer stattgefunden.
47 
Eines gesonderten neuen Hinweise, um der Klägerin ein substantiiertes Vorbringen zu ermöglichen, welche organisatorischen Maßnahmen zur Kontrolle der Eigentümerin S. oder sonstiger Eigentümer die Beklagte versäumt hat und dass bei Einhaltung der erforderlichen Kontrolle ihr Sturz vermieden worden wäre, bedurfte es jedoch nicht mehr, da die Klage auch aus anderen Gründen abweisungsreif ist.
48 
2. Die Klage erweist sich auch deshalb als insgesamt unbegründet, weil die Klägerin ganz überwiegend selbst die haftungsrechtliche Verantwortung für den Sturz trägt. Die Beklagte hat den Nachweis geführt, dass die Klägerin an dem Sturz vom 28. Dezember 2010 ein so überwiegendes Verschulden trifft (§ 254 BGB), dass eine Haftung der Beklagten demgegenüber gänzlich zurücktritt
49 
a) Nach der Rechtsprechung begründet ein Sturz infolge Glatteis nicht stets ein Mitverschulden des Fußgängers. Vielmehr ist es eine Frage des Einzelfalles, ob dem Geschädigten vorgeworfen werden kann, er habe durch ein Verhalten, das den durch Schnee und Eis herbeigeführten winterlichen Verhältnissen nicht genügend Rechnung getragen habe, zur Schadensentstehung beigetragen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1997, VI ZR 90/96, in NJW-RR 1997, 1109, juris Tz 14; OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Mai 2009, 3 U 239/07, zitiert nach juris Tz 44; OLG München, Urteil vom 13. März 2008 - 1 U 4314/07, zitiert nach juris). Ein Mitverschulden liegt vor, wenn ein sorgfältiger Mensch Anhaltspunkte für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung hätte erkennen und sich auf die Gefahr hätte einstellen können (Saarländisches OLG Saarbrücken, Urteil vom 20. Juli 2004, 4 U 466/03, juris; OLG München, Urteil vom 30. Januar 2003, 19 U 4246/02, in VersR 2003, 518, juris).
50 
Die Beweislast für ein Mitverschulden trägt dabei der Schädiger, der auch die Kausalität eines möglichen Eigenverschuldens für den Schaden belegen muss (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, Kommentar, 72. Aufl. 2013, Rn. 72 zu § 254 m.w.N.).
51 
b) Unstreitig hatte die Streithelferin und Zeugin S. am Unfalltag früh morgens entgegen ihrer oben dargelegten Pflicht vor dem Haus vor 07.00 Uhr nicht gestreut. Dies war jedoch erforderlich, da nach den Angaben der Klägerin und der Zeugen der Boden aufgrund einer vorangegangenen Frostperiode noch gefroren war. Ein Nachbearbeiten eines am Vorabend durchgeführten Streudienstes am darauffolgenden Morgen kann auch ohne erneuten Schneefall oder Eisregen bereits deshalb notwendig gewesen sein, wenn das am Vortag angetaute Eis nicht abfließen konnte und in der Nacht wieder gefror. So hat zum Beispiel der Zeuge P. Z. insoweit nachvollziehbar und zuverlässig geschildert und dargelegt, dass vor dem Gehweg ein ca. 20 cm hoher Schneehügel gelegen habe, der eventuell von einer früheren Schneeräumung stammte (Protokoll Seite 10 - AS. 177).
52 
c) Die Zeugen …haben darüber hinaus übereinstimmend und nachvollziehbar die schwierigen Straßenverhältnisse in der Pflügerstraße dargelegt.
53 
(wird ausgeführt)
54 
Nach diesen Zeugenangaben ergibt sich für das Gericht, dass die P.-Straße witterungsbedingt mit Schnee bedeckt war und auch teilweise Eisglätte vorkam. Weder die beiden Fußwege, noch die Straßenmitte waren ungehindert oder ungefährdet zu begehen. Wegen des Schnees war auch nicht zu übersehen, wo und in welchem Umfang sich Eis unter dem Schnee gebildet hatte.
55 
d) Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vorgetragen, dass sie ihre Wohnung gegen 6:40 Uhr verlassen hatte und wie jeden Tag die gleiche Strecke zur ca. 2 km entfernten Arbeitsstätte lief. Am 24. Dezember hatte es heftig geschneit gehabt und in der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember könnte es eine Art Streuschnee gegeben haben. Nach ihren Angaben trug sie hohe Wintersstiefel mit Gummisohle. Sie ging die auch auf den Fußgängerwegen gut geräumten B.-Straße die S.-Straße und die J.-Straße entlang, bevor sie in die P.-Straße einbog. Auch die P.-Straße war im Anfangsbereich bis zur Enzbrücke ebenso gut geräumt gewesen, anschließend bis zum E.-Bad noch relativ gut und im letzten Abschnitt fast nicht mehr geräumt. Wegen des Schnees auf dem der Enz zugewandten Seite wechselte die Klägerin die Straßenseite und ging nach ihren Angaben vorsichtig mit sehr kleinen Schritten („trippelnd“) die Häuser entlang, vor denen noch teilweise geräumt gewesen sein soll. Erst im letzten Abschnitt vor dem Haus Nr. XX sei überhaupt nichts gemacht worden. Darüber, ob es besser wäre, die H.-Straße entlang zu gehen, hat die Klägerin nach ihrer Erläuterung überhaupt nicht nachgedacht. Ihre Laufzeiten zur Arbeitsstätte hatte die Klägerin nicht der Jahreszeit angepasst sondern war wie immer zur gleichen Zeit zur Arbeit gegangen und hatte auch den gleichen Weg genommen, der ihr am Vorabend ohne Rutschen oder erkennbare Glätte möglich erschien.
56 
e) Der Klägerin, die im Unfallzeitpunkt 36 Jahre alt und gesundheitlich nicht beeinträchtigt war, kann nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie bei diesen oben dargestellten Witterungsverhältnissen überhaupt ihr Haus verließ.
57 
f) Vor dem Hintergrund ihrer eigenen Angaben und der Schilderungen der Zeugen muss die Klägerin für ihren Schaden dennoch in vollem Umfang selbst eintreten (§ 254 BGB). Der Anteil ihrer Mitverursachung lässt im Rahmen der nach § 254 Abs. 1 BGB gebotenen Abwägung der Verursachungsbeiträge den Anteil der Beklagten bzw. der Streithelferin völlig zurücktreten, da deren Pflichtverletzung, das versäumte Abstreuen am Morgen des 28. Dezember 2010, aufgrund einer freiwilligen Risikoübernahme der Klägerin in den Hintergrund tritt und keine selbständige Bedeutung hat.
58 
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist § 254 Abs. 1 BGB dahingehend auszulegen, dass bei der Abwägung in erster Linie das Maß der Verursachung des Schadens maßgeblich ist, also das Maß, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben. Das beiderseitige Verschulden ist dabei nur ein Faktor der Abwägung (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1968, VI ZR 161/67, in VersR 1968, 1093, juris Tz 11). Entscheidend kommt es für die Haftungsverteilung danach darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Schadenseintritt nach den konkreten Umständen in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat. In besonderen Fallgestaltungen, nämlich dann, wenn dem Verhalten eines der Beteiligten für die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts überragende Bedeutung zukommt, kann die unter diesen Gesichtspunkten vorzunehmende Abwägung dazu führen, dass dieser Beteiligte allein für den Schaden aufkommen muss (vgl. BGH, Urteil vom 20.Januar 1998, VI ZR 59/97, in VersR 1998, 474, juris Tz 11/12; Thüringer OLG, Urteil vom 22. Dezember 2010, 4 U 610/10, juris Tz 6).
59 
bb) Auf die durch winterliche Witterung entstehenden Gefahren muss sich grundsätzlich jeder Verkehrsteilnehmer selbst einstellen und im eigenen Interesse der Schadensverhütung die Maßnahmen ergreifen, die nach der gegebenen Gefahrenlage geboten sind. Dazu gehört es auch, erkannte, besondere Gefahren nach Möglichkeit zu umgehen. Lässt sich einer solchen Gefahr nicht ausweichen, muss man sich bei verkehrsgerechtem Verhalten die Frage vorlegen, ob es notwendig ist, sich dieser Gefahr auszusetzen, wobei die Chancen, die Gefahr gleichwohl zu meistern (Grad der Beherrschbarkeit), und die Intensität der drohenden Rechtsgutverletzung (Grad der Gefährlichkeit) zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 5. Juni 1998, 9 U 217/98, in VersR 1999, 589, juris Tz 24; Thüringer OLG, Urteil vom 22. Dezember 2010, a.a.O. Tz 7).
60 
cc) Im vorliegenden Fall steht aufgrund der Anhörung der Klägerin fest, dass sie von vornherein alle Umstände der Gefahr und der Schadensneigung ihres Verhaltens kannte. Die Zeugen und die Klägerin haben wiederholt die Schnee bedeckte P.-Straße und die dort teilweise versteckte Glätte - sei es auf dem Fußweg an der Enz entlang, auf der Straße selbst oder sogar auf der den Häusern zugewandten Seite - betont, die sich der Klägerin offenkundig darbot. Die Klägerin hatte ihren Zeitplan für die Wegstrecke zum Klinikum auch nicht den winterlichen Verhältnissen angepasst. Sie hatte weiterhin die Möglichkeit, statt in die schneebedeckte P.-Straße einzubiegen, die J.-Straße bis zur C.-Straße Straße und in deren Verlängerung zur ebenso geräumten H.-Straße bis zu ihrer Arbeitsstätte, dem städtischen Klinikum P. zu gehen. Ebenso hatte sie die Möglichkeit, als sie an der Enzbrücke die gegenüber dem vorderen Teil der P.-Straße deutlich veränderten Straßenverhältnisse erkannte, diese Situation dadurch zu umgehen, dass sie von dieser Stelle an ebenfalls zur H.-Straße abbiegt. Diese Wegstrecke wäre entweder nicht oder nur unwesentlich länger gewesen, als der von ihr gewählte durch die P.-STraße.
61 
Diese Möglichkeiten hat die Klägerin ihren eigenen Angaben nach noch nicht einmal in Erwägung gezogen. Stattdessen begab sie sich in den Straßenabschnitt der P.-Straße, von dem sie ausging, er sei wie am Abend zuvor begehbar.
62 
Aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin die besondere Gefahrenlage erkannt hatte, war es ihr auch möglich, den weiteren Ablauf zu steuern. Es ist nicht einzusehen, warum die Klägerin, nachdem sie den Weg am Vortag schadlos überstanden hatte, trotz der nach wie vor bestehenden Glätte und durch den Schnee unklaren Lage das volle Risiko nochmals am nächsten Morgen übernahm.
63 
Dass sie am Vorabend nicht gerutscht oder geschlittert war, entlastet sie nicht. Wer sich einmal in Gefahr begeben hat, ohne dass sich das besondere Risiko dort verwirklicht hat, darf bei teilweise, wenn auch durch ein weiteres Gefrieren und sog. Streuschnee gegebenenfalls nur geringfügig veränderten Umständen nicht darauf vertrauen, dass er weiterhin nicht zu Schaden kommen kann. Mit der Häufigkeit, mit der sich jemand einer gleichbleibenden oder sogar leicht erhöhten Gefahr aussetzt, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Gefahr in einem Schaden verwirklicht.
64 
Dass die Klägerin zuvor nicht gestürzt war, ändert nichts daran, dass sie wieder das volle Risiko übernahm, obwohl dies auch jetzt nicht notwendig war.
65 
Danach hatte es die Klägerin von Anfang an nach ihren klaren Erkenntnissen von der Gefahr in der Hand zu entscheiden darüber, ob für sie die Möglichkeit des Schadenseintritts konkret wirksam werden würde oder nicht. Ihre gezielten Entscheidungen angesichts der erkannten Gefahrenlage haben damit die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durchgreifend begründet. Die Umstände, dass die Klägerin ihren Zeitplan nicht den Witterungsverhältnissen anpasste und einen Weg an einem Fluss entlang wählte, der mehr als ein durch Häuser abgeschirmter Weg - hier: der H.-Straße - der von dem Fluss aufsteigenden Feuchtigkeit ausgesetzt ist, die sich je nach Witterung als Reif oder Eis niederschlägt, rechtfertigt zusätzliche Argumente dafür, dass im Verhalten der Klägerin die entscheidenden Ursachen für den Schadenseintritt zu sehen sind.
66 
dd) Die Pflichtverletzung der Streithelferin wiegt gegenüber diesen Umständen im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gering. Der der Streithelferin zur Last zu legende Vorwurf liegt in einem Unterlassen, das gegenüber dem risikobelasteten, vorwerfbaren Verhalten der Klägerin erheblich weniger wiegt. Die Streithelferin hat durch ihr Unterlassen nur die Erstursache gesetzt, die die Klägerin jedoch aufgrund ihrer Erkenntnis von der Gefahr beherrschen konnte und musste. Auch wenn in dem Verhalten der Streithelferin ein schuldhafter Verstoß gegen gesetzliche Pflichten lag, ändert dies nichts an der Beurteilung, dass erst das bewusste und gezielte Verhalten der Klägerin den Sturz in entscheidender Weise wahrscheinlich gemacht hat. Daher hat die Kläger für die Schadensfolgen allein einzustehen.
67 
g) Der Nachweis wurde letztlich auch über die Angaben der von der Klägerin benannten Zeugen erbracht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Beklagte sich die ihr günstigen Aussagen der Zeugen in zulässiger Weise und ohne sich darauf ausdrücklich zu berufen, zu eigen gemacht hat.
68 
Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände jedenfalls hilfsweise zu eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind. Das Gericht hat auch diesen Vortrag der Partei bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 10. November 2009, VI ZR 325/08, in VersR 2010, 497, juris Tz 5; Urt. v. 3. April 2001, VI ZR 203/00, in NJW 2001, 2177, juris Tz 9; Urt. v. 8. Januar 1991, VI ZR 102/90, in NJW 1991, 1541, juris Tz 9; OLG Karlsruhe, Urt. v. 12. Dezember 2012, 12 U 176/11, juris Tz 32; OLG Celle, Urt. v. 12. August 2010, 8 U 15/10, in NJW-RR 2011, 106, juris Tz 28; Zöller/Greger, ZPO, Kommentar, 29. Auflage, 2012, Rn 10 vor § 128).
69 
h) Dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten der Klägerin bereits EUR 7.000,- an Schmerzensgeld geleistet hat, stellt weder ein Anerkenntnis der Haftung zu Lasten der Beklagten dar, noch begründet diese Zahlung bei der Klägerin ein Vertrauen darauf, dass allenfalls nur eine anteilige Mithaftung der beklagten Hauseigentümergemeinschaft eingewandt werden würde. Die Beklagte handelt nicht wider Treu und Glauben § 242 BGB), wenn sie sich auf das Entfallen jeglicher Haftung wegen überwiegenden Verschuldens der Klägerin beruft. Zahlungen der Haushaftpflichtversicherung sind der Beklagten zum Einen nicht als Anerkenntnis zuzurechnen. Zum Anderen hat auch die Haftpflichtversicherung den Einwand des Mitverschuldens erhoben (vgl. S. v. 4. Mai 2011 - AH 91).
70 
Auf die unter den Parteien streitigen Unfallfolgen kommt es demzufolge nicht mehr an. Aus oben dargelegten Gründen war die Klage insgesamt abzuweisen.
II.
71 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101 Abs.1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709, 108 ZPO.

Gründe

 
24 
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I.
25 
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz aus dem Sturz vom 28. Dezember 2010 zu. Die Beklagte hat den Nachweis geführt, dass an diesem Tage die Räum- und Streupflichten auf die Streithelferin S. delegiert war. Darüber hinaus hat die Streithelferin zwar ihre Pflichten zur ordnungsgemäßen Beseitigung der vor dem Anwesen der Beklagten vorhandenen Eisfläche, dem nachgewiesenen Sturzort der Klägerin, nicht ordnungsgemäß erfüllt. Die Beklagte hat aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch den Nachweis geführt, dass die Klägerin an dem Sturz ein so überwiegendes Mitverschulden (§ 254 BGB) trifft, dass eine mögliche Haftung der Beklagten oder der Streithelferin wegen der Verletzung von Räum- und Streupflichten demgegenüber vollständig zurücktritt.
26 
1. Die Beklagte haftet als Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich nicht für den Sturz vor dem Anwesen, da sie die winterlichen Räum- und Streupflichten für den Sturztag vom 28. Dezember 2010 auf die Streithelferin S. delegiert hatte.
27 
a) Nach allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung muss der Verletzte alle Umstände beweisen, aus denen eine Streupflicht erwächst und sich eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht ergibt. Er muss deshalb den Sachverhalt dartun und gegebenenfalls beweisen, aus dem sich ergibt, dass zur Zeit des Unfalls aufgrund der Wetter-, Straßen- oder Wegelage bereits oder noch eine Streupflicht bestand und diese schuldhaft verletzt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2012, VI ZR 138/11, in VersR 2012, 1050, zitiert nach juris Tz 8-im Folgenden: juris Tz), während der Streupflichtige für das Vorliegen einer Ausnahmesituation, die das Streuen unzumutbar machte, beweispflichtig ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. November 2012, 7 U 32/12, juris Tz 13; OLG München, Urteil vom 28. Juli 2011, 1 U 3579/10, juris Tz 44).
28 
Die winterliche Räum- und Streupflicht beruht auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setzt eine konkrete Gefahrenlage, d.h. eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen. Ist eine Streupflicht gegeben, richten sich Inhalt und Umfang nach den Umständen des Einzelfalls. Bei öffentlichen Straßen und Gehwegen sind dabei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt. Nach diesen Grundsätzen bestehen Räum- und Streupflichten regelmäßig für die Zeit des normalen Tagesverkehrs. Bei Auftreten von Glätte im Laufe des Tages ist allerdings dem Streupflichtigen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2012, a.a.O., Tz 10; OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. November 2012, a.a.O., Tz 8/9).
29 
b) Diese Verkehrssicherungspflicht obliegt zwar in erster Linie den Wohnungseigentümern (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1996, VI ZR 75/95, in VersR 1996, 1151, 1152, juris Tz 13). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass Verkehrssicherungspflichten mit der Folge eigener Entlastung delegiert werden können. Die Verkehrssicherungspflichten des ursprünglich Verantwortlichen verkürzen sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten, die sich darauf erstreckt, ob der Übernehmende die übernommenen Sicherungsmaßnahmen auch tatsächlich ausgeführt hat. Wer sie übernimmt, wird seinerseits deliktisch verantwortlich. Voraussetzung hierfür ist, dass die Übertragung klar und eindeutig vereinbart wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2008, VI ZR 126/07, in NJW 2008, 1440, juris Tz 9; vom 4. Juni 1996, a.a.O.; vom 17. Januar 1989, VI ZR 186/88, in VersR 1989, 526 f.; vom 8. Dezember 1987, VI ZR 79/87, in VersR 1988, 516, 517; vom 27. November 1984, VI ZR 49/83, in NJW 1985, 484).
30 
Die deliktische Einstandspflicht des mit der Wahrnehmung der Verkehrssicherung Beauftragten besteht auch dann, wenn der Vertrag mit dem Primärverkehrssicherungspflichtigen nicht rechtswirksam zustande gekommen ist.
31 
Entscheidend ist, dass der in die Verkehrssicherungspflicht Eintretende faktisch die Verkehrssicherung für den Gefahrenbereich übernimmt und im Hinblick hierauf Schutzvorkehrungen durch den primär Verkehrssicherungspflichtigen unterbleiben, weil sich dieser auf das Tätigwerden des Beauftragten verlässt. Dieser ist aufgrund der von ihm mit veranlassten neuen Zuständigkeitsverteilung für den übernommenen Gefahrenbereich nach allgemeinen Deliktsgrundsätzen verantwortlich. Insofern ist seine Verkehrssicherungspflicht nicht abgeleiteter Natur. Vielmehr erfährt sie mit der Übernahme durch den Beauftragten in seine Zuständigkeit eine rechtliche Verselbständigung. Er ist es fortan, dem unmittelbar die Gefahrenabwehr obliegt und der dafür zu sorgen hat, dass niemand zu Schaden kommt. Inhalt und Schutzbereich dieser verselbständigten Verkehrssicherungspflicht bestimmen sich allein danach, was objektiv erforderlich ist, um mit der Gefahrenstelle in Berührung kommende Personen vor Schaden zu bewahren (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2008, a.a.O.; OLG Celle, Urt. v. 12. August 2010, 8 U 15/10, in NJW-RR 2011, 106, juris Tz 27; OLG München, Beschluss vom 24. Oktober 2005, 34 Wx 82/05, in NJW 2006, 807; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Oktober 2004, 7 U 143/03, in VersR 2006, 130;).
32 
Im vorliegenden Fall (wird ausgeführt)…
33 
Demnach war nach den glaubhaften und zuverlässigen Angaben der glaubwürdigen Zeugin davon auszugehen, dass die Eigentümer des Anwesens P.-Straße in ständiger Praxis aufgrund vorheriger Absprache den Winterdienst delegiert haben und die Ausführung der Arbeiten so eindeutig und bestimmt waren, dass damit der Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich ausreichend Rechnung getragen wurde.
34 
Die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft hat damit ihre im Zusammenhang mit winterlichen Räum- und Streupflichten bestehenden Verkehrssicherungspflichten mit der Folge eigener Entlastung auf die Streithelferin S. übertragen.
35 
c) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten ein Auswahlverschulden hinsichtlich der Geeignetheit der Eigentümerin S. für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht zur Last fällt, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Bewohner als Eigentümer der Wohneigentumsanlage, von denen keine einzige Einheit vermietet ist, ein starkes Eigeninteresse haben, dass diese Pflichten ordnungsgemäß ausgeführt werden.
36 
d) Die Klägerin hat auch nicht substantiiert dargelegt oder gar den Nachweis geführt, dass die Beklagte die aus der Delegation sich ergebenden Kontrollpflichten verletzt hat.
37 
Da die Beklagte die Räum- und Streupflicht für den 28. Dezember 2010 auf die Eigentümerin S. übertragen hat, kommt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in diesem Bereich durch die beklagte Hauseigentümergemeinschaft nur in Betracht, wenn diese die bei ihr verbliebene Verpflichtung, die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch die Anlieger zu überwachen (so schon RGZ 113, 293, 296/297, vgl. BGHZ 118, 368, 373, NJW 1966, 2311, 2312; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Februar 2002, 7 U 117/00, OLGR Karlsruhe 2002, 351), verletzt hat.
38 
Auch für diese tatsächlichen Voraussetzungen einer eventuellen Pflichtverletzung der Beklagten ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BGH, Urt. v. 04. März 2004, III ZR 225/03, in BGHReport 2004, 869, 870 = NJW 2004, 1381; OLG Dresden, Urt. v. 19. Februar 2003, 6 U 955/02, in OLGR Dresden 2003, 293, 295; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Oktober 2004, 7 U 143/03, in VersR 2006, 130, juris Tz 5).
39 
Bei dieser Überwachung ist mit Rücksicht auf die durch Eis- und Schneeglätte drohenden Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter an das Maß der bei der Beaufsichtigung anzuwendenden Sorgfalt ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 1974, VI ZR 43/72, in VersR 1975, 42; vom 4. April 1967, VI ZR 98/65, in VersR 67, 685 und v. 12. Juli 1968, VI ZR 134/67, in VersR 68, 1161). Dieser Maßstab findet auch dann Anwendung, wenn weitere Übertragungen der Verkehrssicherungspflichten erfolgt sind (vgl. OLG München, Urteil vom 30. Juli 2009, 1 U 1815/09, zitiert nach juris Tz 43 ff).
40 
Der Umfang der Überwachung bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere Art und Häufigkeit der möglichen Schäden. Indessen darf der Delegierende im allgemeinen darauf vertrauen, dass der Dritte den ihm übertragenen Verpflichtungen auch nachkommt, solange nicht konkrete Anhaltspunkte bestehen, die dieses Vertrauen erschüttern. Das zieht der Überwachungspflicht des Grundstückseigentümers Grenzen. Ohne besonderen Anhalt muss er nicht alle Einzelheiten in der Erfüllung seiner mannigfaltigen Sicherungspflichten kontrollieren, vielmehr kann er sich auf eine Überprüfung nur der wesentlichen Punkte beschränken Der Delegierende ist lediglich zu einer stichprobenhaften Kontrolle des Übernehmers verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1999, III ZR 198/98, in NJW 1999, 3633, juris Tz 13; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 5. August 2008, 2 U 15/07, in VersR 2009, 222, Tz 24/25;)
41 
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind im Streitfall der Übertragung von Winterdienstpflicht auf öffentlichen Straßen keine zu strengen Anforderungen an eine Überwachung der Eigentümerin S. zu stellen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht, dessen einziger Gegenstand die Erfüllung der Winterdienstpflicht ist, der Übertragende regelmäßig eher wird davon ausgehen können, dass der übernehmende Eigentümer als Teil der Hauseigentümergemeinschaft aus erheblichem Eigeninteresse seinen Pflichten nachkommt, als es etwa bei der im Rahmen eines Mietvertrages durch den Mieter übernommenen (Neben-) Pflicht zum Winterdienst der Fall ist.
42 
Zur Überwachung der Delegation hat die Klägerin nur den pauschalen Vortrag gehalten, es sei in der Vergangenheit so gewesen, dass die Räum- und Streupflicht von den Eigentümern nur unzureichend oder überhaupt nicht durchgeführt worden sei, wobei Kontroll- bzw. Überwachungsmaßnahmen von der Beklagten zu keiner Zeit vorgenommen worden seien. Diese Behauptung wurde von der Beklagten hinreichend substantiiert bestritten Hierzu hat sie vorgetragen, dass die Kontrolle durch die Eigentümer selbst vorgenommen werde. Dies ist ohne weiteres möglich, da das Anwesen P.-Straße nur von Eigentümern bewohnt ist. Demnach finden quasi tagtäglich die Kontrollen der anderen Eigentümer dadurch statt, dass sie das Anwesen als Bewohner nutzen und sich bei jedem Betreten und Verlassen davon überzeugen können, ob und wie die sog. Streuwoche durch den jeweils zuständigen Eigentümer ausgeführt wurde. Eine so engmaschige Kontrolle geht sogar über die sonst übliche stichprobenartige Kontrolle weit hinaus. Dieses Verfahren wird, wie die Zeugin S. bestätigt hat, auch schon seit Jahren so praktiziert.
43 
Dass keinerlei Kontrollen stattgefunden haben, wie die Klägerin behauptet, ist angesichts dieser Praxis nicht möglich. Dafür, dass die Streuwoche in den vergangenen Jahren von keinem Eigentümer ausgeführt wurde, sodass eine Kontrolle durch die anderen Eigentümer notwendigerweise entfallen wäre, ist von der Klägerin nichts vorgetragen und ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte. Ein solches Vorgehen wäre bei einer Hauseigentümergemeinschaft, die in dem betroffenen Anwesen wohnt, auch im höchsten Maße ungewöhnlich.
44 
Die Tatsache des Sturzes der Klägerin belegt noch keine Pflichtverletzung der Beklagten. Die Klägerin hätte vielmehr vortragen müssen, welche organisatorischen Maßnahmen zur Kontrolle der Anlieger die Beklagte versäumt hat und dass bei Einhaltung der erforderlichen Kontrolle ihr Sturz vermieden worden wäre. Dazu hätte auch Vortrag dazu gehört, seit wann die Eisplatte vorhanden war (vgl. dazu auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Oktober 2004, a.a.O. Tz 5).
45 
e) Das Gericht gibt seine in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung, die Beklagte habe eine Kontrolle der Streithelferin S. bzw. die Organisation der Kontrollen über die delegierten Räum- und Streupflichten nicht substantiiert dargelegt, angesichts dieser ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast von versäumten Kontrollen vereinbarter Delegationen auf.
46 
Zur Notwendigkeit einer täglichen Kontrolle unmittelbar nach dem Streudienst ist nichts vorgetragen und ein solcher Bedarf auch nicht ersichtlich. Im übrigen hat diese Kontrolle, wie oben ausgeführt, tagtäglich durch die das Anwesen bewohnenden Eigentümer stattgefunden.
47 
Eines gesonderten neuen Hinweise, um der Klägerin ein substantiiertes Vorbringen zu ermöglichen, welche organisatorischen Maßnahmen zur Kontrolle der Eigentümerin S. oder sonstiger Eigentümer die Beklagte versäumt hat und dass bei Einhaltung der erforderlichen Kontrolle ihr Sturz vermieden worden wäre, bedurfte es jedoch nicht mehr, da die Klage auch aus anderen Gründen abweisungsreif ist.
48 
2. Die Klage erweist sich auch deshalb als insgesamt unbegründet, weil die Klägerin ganz überwiegend selbst die haftungsrechtliche Verantwortung für den Sturz trägt. Die Beklagte hat den Nachweis geführt, dass die Klägerin an dem Sturz vom 28. Dezember 2010 ein so überwiegendes Verschulden trifft (§ 254 BGB), dass eine Haftung der Beklagten demgegenüber gänzlich zurücktritt
49 
a) Nach der Rechtsprechung begründet ein Sturz infolge Glatteis nicht stets ein Mitverschulden des Fußgängers. Vielmehr ist es eine Frage des Einzelfalles, ob dem Geschädigten vorgeworfen werden kann, er habe durch ein Verhalten, das den durch Schnee und Eis herbeigeführten winterlichen Verhältnissen nicht genügend Rechnung getragen habe, zur Schadensentstehung beigetragen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1997, VI ZR 90/96, in NJW-RR 1997, 1109, juris Tz 14; OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Mai 2009, 3 U 239/07, zitiert nach juris Tz 44; OLG München, Urteil vom 13. März 2008 - 1 U 4314/07, zitiert nach juris). Ein Mitverschulden liegt vor, wenn ein sorgfältiger Mensch Anhaltspunkte für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung hätte erkennen und sich auf die Gefahr hätte einstellen können (Saarländisches OLG Saarbrücken, Urteil vom 20. Juli 2004, 4 U 466/03, juris; OLG München, Urteil vom 30. Januar 2003, 19 U 4246/02, in VersR 2003, 518, juris).
50 
Die Beweislast für ein Mitverschulden trägt dabei der Schädiger, der auch die Kausalität eines möglichen Eigenverschuldens für den Schaden belegen muss (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, Kommentar, 72. Aufl. 2013, Rn. 72 zu § 254 m.w.N.).
51 
b) Unstreitig hatte die Streithelferin und Zeugin S. am Unfalltag früh morgens entgegen ihrer oben dargelegten Pflicht vor dem Haus vor 07.00 Uhr nicht gestreut. Dies war jedoch erforderlich, da nach den Angaben der Klägerin und der Zeugen der Boden aufgrund einer vorangegangenen Frostperiode noch gefroren war. Ein Nachbearbeiten eines am Vorabend durchgeführten Streudienstes am darauffolgenden Morgen kann auch ohne erneuten Schneefall oder Eisregen bereits deshalb notwendig gewesen sein, wenn das am Vortag angetaute Eis nicht abfließen konnte und in der Nacht wieder gefror. So hat zum Beispiel der Zeuge P. Z. insoweit nachvollziehbar und zuverlässig geschildert und dargelegt, dass vor dem Gehweg ein ca. 20 cm hoher Schneehügel gelegen habe, der eventuell von einer früheren Schneeräumung stammte (Protokoll Seite 10 - AS. 177).
52 
c) Die Zeugen …haben darüber hinaus übereinstimmend und nachvollziehbar die schwierigen Straßenverhältnisse in der Pflügerstraße dargelegt.
53 
(wird ausgeführt)
54 
Nach diesen Zeugenangaben ergibt sich für das Gericht, dass die P.-Straße witterungsbedingt mit Schnee bedeckt war und auch teilweise Eisglätte vorkam. Weder die beiden Fußwege, noch die Straßenmitte waren ungehindert oder ungefährdet zu begehen. Wegen des Schnees war auch nicht zu übersehen, wo und in welchem Umfang sich Eis unter dem Schnee gebildet hatte.
55 
d) Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vorgetragen, dass sie ihre Wohnung gegen 6:40 Uhr verlassen hatte und wie jeden Tag die gleiche Strecke zur ca. 2 km entfernten Arbeitsstätte lief. Am 24. Dezember hatte es heftig geschneit gehabt und in der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember könnte es eine Art Streuschnee gegeben haben. Nach ihren Angaben trug sie hohe Wintersstiefel mit Gummisohle. Sie ging die auch auf den Fußgängerwegen gut geräumten B.-Straße die S.-Straße und die J.-Straße entlang, bevor sie in die P.-Straße einbog. Auch die P.-Straße war im Anfangsbereich bis zur Enzbrücke ebenso gut geräumt gewesen, anschließend bis zum E.-Bad noch relativ gut und im letzten Abschnitt fast nicht mehr geräumt. Wegen des Schnees auf dem der Enz zugewandten Seite wechselte die Klägerin die Straßenseite und ging nach ihren Angaben vorsichtig mit sehr kleinen Schritten („trippelnd“) die Häuser entlang, vor denen noch teilweise geräumt gewesen sein soll. Erst im letzten Abschnitt vor dem Haus Nr. XX sei überhaupt nichts gemacht worden. Darüber, ob es besser wäre, die H.-Straße entlang zu gehen, hat die Klägerin nach ihrer Erläuterung überhaupt nicht nachgedacht. Ihre Laufzeiten zur Arbeitsstätte hatte die Klägerin nicht der Jahreszeit angepasst sondern war wie immer zur gleichen Zeit zur Arbeit gegangen und hatte auch den gleichen Weg genommen, der ihr am Vorabend ohne Rutschen oder erkennbare Glätte möglich erschien.
56 
e) Der Klägerin, die im Unfallzeitpunkt 36 Jahre alt und gesundheitlich nicht beeinträchtigt war, kann nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie bei diesen oben dargestellten Witterungsverhältnissen überhaupt ihr Haus verließ.
57 
f) Vor dem Hintergrund ihrer eigenen Angaben und der Schilderungen der Zeugen muss die Klägerin für ihren Schaden dennoch in vollem Umfang selbst eintreten (§ 254 BGB). Der Anteil ihrer Mitverursachung lässt im Rahmen der nach § 254 Abs. 1 BGB gebotenen Abwägung der Verursachungsbeiträge den Anteil der Beklagten bzw. der Streithelferin völlig zurücktreten, da deren Pflichtverletzung, das versäumte Abstreuen am Morgen des 28. Dezember 2010, aufgrund einer freiwilligen Risikoübernahme der Klägerin in den Hintergrund tritt und keine selbständige Bedeutung hat.
58 
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist § 254 Abs. 1 BGB dahingehend auszulegen, dass bei der Abwägung in erster Linie das Maß der Verursachung des Schadens maßgeblich ist, also das Maß, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben. Das beiderseitige Verschulden ist dabei nur ein Faktor der Abwägung (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1968, VI ZR 161/67, in VersR 1968, 1093, juris Tz 11). Entscheidend kommt es für die Haftungsverteilung danach darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Schadenseintritt nach den konkreten Umständen in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat. In besonderen Fallgestaltungen, nämlich dann, wenn dem Verhalten eines der Beteiligten für die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts überragende Bedeutung zukommt, kann die unter diesen Gesichtspunkten vorzunehmende Abwägung dazu führen, dass dieser Beteiligte allein für den Schaden aufkommen muss (vgl. BGH, Urteil vom 20.Januar 1998, VI ZR 59/97, in VersR 1998, 474, juris Tz 11/12; Thüringer OLG, Urteil vom 22. Dezember 2010, 4 U 610/10, juris Tz 6).
59 
bb) Auf die durch winterliche Witterung entstehenden Gefahren muss sich grundsätzlich jeder Verkehrsteilnehmer selbst einstellen und im eigenen Interesse der Schadensverhütung die Maßnahmen ergreifen, die nach der gegebenen Gefahrenlage geboten sind. Dazu gehört es auch, erkannte, besondere Gefahren nach Möglichkeit zu umgehen. Lässt sich einer solchen Gefahr nicht ausweichen, muss man sich bei verkehrsgerechtem Verhalten die Frage vorlegen, ob es notwendig ist, sich dieser Gefahr auszusetzen, wobei die Chancen, die Gefahr gleichwohl zu meistern (Grad der Beherrschbarkeit), und die Intensität der drohenden Rechtsgutverletzung (Grad der Gefährlichkeit) zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 5. Juni 1998, 9 U 217/98, in VersR 1999, 589, juris Tz 24; Thüringer OLG, Urteil vom 22. Dezember 2010, a.a.O. Tz 7).
60 
cc) Im vorliegenden Fall steht aufgrund der Anhörung der Klägerin fest, dass sie von vornherein alle Umstände der Gefahr und der Schadensneigung ihres Verhaltens kannte. Die Zeugen und die Klägerin haben wiederholt die Schnee bedeckte P.-Straße und die dort teilweise versteckte Glätte - sei es auf dem Fußweg an der Enz entlang, auf der Straße selbst oder sogar auf der den Häusern zugewandten Seite - betont, die sich der Klägerin offenkundig darbot. Die Klägerin hatte ihren Zeitplan für die Wegstrecke zum Klinikum auch nicht den winterlichen Verhältnissen angepasst. Sie hatte weiterhin die Möglichkeit, statt in die schneebedeckte P.-Straße einzubiegen, die J.-Straße bis zur C.-Straße Straße und in deren Verlängerung zur ebenso geräumten H.-Straße bis zu ihrer Arbeitsstätte, dem städtischen Klinikum P. zu gehen. Ebenso hatte sie die Möglichkeit, als sie an der Enzbrücke die gegenüber dem vorderen Teil der P.-Straße deutlich veränderten Straßenverhältnisse erkannte, diese Situation dadurch zu umgehen, dass sie von dieser Stelle an ebenfalls zur H.-Straße abbiegt. Diese Wegstrecke wäre entweder nicht oder nur unwesentlich länger gewesen, als der von ihr gewählte durch die P.-STraße.
61 
Diese Möglichkeiten hat die Klägerin ihren eigenen Angaben nach noch nicht einmal in Erwägung gezogen. Stattdessen begab sie sich in den Straßenabschnitt der P.-Straße, von dem sie ausging, er sei wie am Abend zuvor begehbar.
62 
Aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin die besondere Gefahrenlage erkannt hatte, war es ihr auch möglich, den weiteren Ablauf zu steuern. Es ist nicht einzusehen, warum die Klägerin, nachdem sie den Weg am Vortag schadlos überstanden hatte, trotz der nach wie vor bestehenden Glätte und durch den Schnee unklaren Lage das volle Risiko nochmals am nächsten Morgen übernahm.
63 
Dass sie am Vorabend nicht gerutscht oder geschlittert war, entlastet sie nicht. Wer sich einmal in Gefahr begeben hat, ohne dass sich das besondere Risiko dort verwirklicht hat, darf bei teilweise, wenn auch durch ein weiteres Gefrieren und sog. Streuschnee gegebenenfalls nur geringfügig veränderten Umständen nicht darauf vertrauen, dass er weiterhin nicht zu Schaden kommen kann. Mit der Häufigkeit, mit der sich jemand einer gleichbleibenden oder sogar leicht erhöhten Gefahr aussetzt, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Gefahr in einem Schaden verwirklicht.
64 
Dass die Klägerin zuvor nicht gestürzt war, ändert nichts daran, dass sie wieder das volle Risiko übernahm, obwohl dies auch jetzt nicht notwendig war.
65 
Danach hatte es die Klägerin von Anfang an nach ihren klaren Erkenntnissen von der Gefahr in der Hand zu entscheiden darüber, ob für sie die Möglichkeit des Schadenseintritts konkret wirksam werden würde oder nicht. Ihre gezielten Entscheidungen angesichts der erkannten Gefahrenlage haben damit die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durchgreifend begründet. Die Umstände, dass die Klägerin ihren Zeitplan nicht den Witterungsverhältnissen anpasste und einen Weg an einem Fluss entlang wählte, der mehr als ein durch Häuser abgeschirmter Weg - hier: der H.-Straße - der von dem Fluss aufsteigenden Feuchtigkeit ausgesetzt ist, die sich je nach Witterung als Reif oder Eis niederschlägt, rechtfertigt zusätzliche Argumente dafür, dass im Verhalten der Klägerin die entscheidenden Ursachen für den Schadenseintritt zu sehen sind.
66 
dd) Die Pflichtverletzung der Streithelferin wiegt gegenüber diesen Umständen im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gering. Der der Streithelferin zur Last zu legende Vorwurf liegt in einem Unterlassen, das gegenüber dem risikobelasteten, vorwerfbaren Verhalten der Klägerin erheblich weniger wiegt. Die Streithelferin hat durch ihr Unterlassen nur die Erstursache gesetzt, die die Klägerin jedoch aufgrund ihrer Erkenntnis von der Gefahr beherrschen konnte und musste. Auch wenn in dem Verhalten der Streithelferin ein schuldhafter Verstoß gegen gesetzliche Pflichten lag, ändert dies nichts an der Beurteilung, dass erst das bewusste und gezielte Verhalten der Klägerin den Sturz in entscheidender Weise wahrscheinlich gemacht hat. Daher hat die Kläger für die Schadensfolgen allein einzustehen.
67 
g) Der Nachweis wurde letztlich auch über die Angaben der von der Klägerin benannten Zeugen erbracht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Beklagte sich die ihr günstigen Aussagen der Zeugen in zulässiger Weise und ohne sich darauf ausdrücklich zu berufen, zu eigen gemacht hat.
68 
Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände jedenfalls hilfsweise zu eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind. Das Gericht hat auch diesen Vortrag der Partei bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 10. November 2009, VI ZR 325/08, in VersR 2010, 497, juris Tz 5; Urt. v. 3. April 2001, VI ZR 203/00, in NJW 2001, 2177, juris Tz 9; Urt. v. 8. Januar 1991, VI ZR 102/90, in NJW 1991, 1541, juris Tz 9; OLG Karlsruhe, Urt. v. 12. Dezember 2012, 12 U 176/11, juris Tz 32; OLG Celle, Urt. v. 12. August 2010, 8 U 15/10, in NJW-RR 2011, 106, juris Tz 28; Zöller/Greger, ZPO, Kommentar, 29. Auflage, 2012, Rn 10 vor § 128).
69 
h) Dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten der Klägerin bereits EUR 7.000,- an Schmerzensgeld geleistet hat, stellt weder ein Anerkenntnis der Haftung zu Lasten der Beklagten dar, noch begründet diese Zahlung bei der Klägerin ein Vertrauen darauf, dass allenfalls nur eine anteilige Mithaftung der beklagten Hauseigentümergemeinschaft eingewandt werden würde. Die Beklagte handelt nicht wider Treu und Glauben § 242 BGB), wenn sie sich auf das Entfallen jeglicher Haftung wegen überwiegenden Verschuldens der Klägerin beruft. Zahlungen der Haushaftpflichtversicherung sind der Beklagten zum Einen nicht als Anerkenntnis zuzurechnen. Zum Anderen hat auch die Haftpflichtversicherung den Einwand des Mitverschuldens erhoben (vgl. S. v. 4. Mai 2011 - AH 91).
70 
Auf die unter den Parteien streitigen Unfallfolgen kommt es demzufolge nicht mehr an. Aus oben dargelegten Gründen war die Klage insgesamt abzuweisen.
II.
71 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101 Abs.1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709, 108 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Karlsruhe Urteil, 22. März 2013 - 6 O 205/12

Urteilsbesprechungen zu Landgericht Karlsruhe Urteil, 22. März 2013 - 6 O 205/12

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
Landgericht Karlsruhe Urteil, 22. März 2013 - 6 O 205/12 zitiert 9 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 108 Art und Höhe der Sicherheit


(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes

Referenzen - Urteile

Landgericht Karlsruhe Urteil, 22. März 2013 - 6 O 205/12 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Landgericht Karlsruhe Urteil, 22. März 2013 - 6 O 205/12 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2009 - VI ZR 325/08

bei uns veröffentlicht am 10.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 325/08 vom 10. November 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 103 Abs. 1, ZPO § 286 A a) Nach allgemeinem Grundsatz macht sich eine Partei die bei einer Beweisauf

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2008 - VI ZR 126/07

bei uns veröffentlicht am 22.01.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 126/07 Verkündet am: 22. Januar 2008 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 04. März 2004 - III ZR 225/03

bei uns veröffentlicht am 04.03.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 225/03 Verkündet am: 4. März 2004 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 839 D Zur Ver

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juni 2012 - VI ZR 138/11

bei uns veröffentlicht am 12.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 138/11 Verkündet am: 12. Juni 2012 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 07. Nov. 2012 - 7 U 32/12

bei uns veröffentlicht am 07.11.2012

Tenor I. Die Berufung des Klägers gegen das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Baden-Baden vom 12. Januar 2012 - 3 O 113/11 - wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs. III. Das Urteil ist vor

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 06. Mai 2009 - 3 U 239/07

bei uns veröffentlicht am 06.05.2009

Tenor I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 07.11.2007 - 3 O 373/06 – teilweiseabgeändertund wie folgt neu gefasst:1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 349,45 E

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 06. Okt. 2004 - 7 U 143/03

bei uns veröffentlicht am 06.10.2004

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 20.06.2003 - 9 O 151/02 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin trägt die K

Referenzen

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 138/11 Verkündet am:
12. Juni 2012
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sind im Bereich eines Grundstücks nur vereinzelte Glättestellen ohne erkennbare
Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vorhanden, ist nicht von
einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, die eine Streupflicht begründen
könnte.
BGH, Urteil vom 12. Juni 2012 - VI ZR 138/11 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke und die Richter Zoll,
Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz aufgrund eines Glatteisunfalls.
2
Sie suchte am Sonntag, dem 23. Dezember 2007, gegen 10.00 Uhr im Auftrag ihrer Arbeitgeberin, eines Pflegedienstunternehmens, das Grundstück der Beklagten, einer Kundin, auf, um ihr eine Weihnachtsgrußkarte zukommen zu lassen. Von der Straße aus führt ein etwa zwei Meter breiter Weg auf dem Grundstück zum Hauseingang, den die Klägerin benutzte, um die Karte in den Briefkasten einzuwerfen. Als sie in Richtung ihres Fahrzeugs zurückging, kam sie auf dem Weg zu Fall.
3
Die Klägerin hat behauptet, sie sei auf dem zum Grundstück der Beklagten gehörenden, unstreitig nicht gestreuten Weg auf einer Eisfläche, die ein Ausmaß von etwa 20 x 30 cm gehabt und sich mittig auf dem Weg nahe der Grundstücksgrenze befunden habe, ausgerutscht und deshalb gestürzt. Weder auf dem Hinweg zum Hauseingang der Beklagten noch auf dem Rückweg habe sie diese Eisfläche bemerken können.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin verneint, weil es nicht habe feststellen können, dass die Beklagte die ihr obliegende Räum- bzw. Streupflicht verletzt habe.
6
Diese Pflicht setze eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein vereinzelter Glättestellen voraus. An dem Vorliegen einer solchen allgemeinen Glätte bestünden bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin Zweifel. Diese habe bei ihrer persönlichen Anhörung angegeben, sie habe vor dem Sturz kein Eis wahrgenommen, auch nicht auf der Straße. Auch auf dem Weg der Beklagten habe sie keine weiteren vereisten Stellen bemerkt.
7
Jedenfalls lasse sich nicht feststellen, dass es bereits vor 9.15 Uhr zu einer allgemeinen Glätte gekommen sei. Nach dem Gutachten des Deutschen Wetterdienstes sei es in der Zeit zwischen etwa 8.30 Uhr und 9.15 Uhr zu leich- tem, kurzzeitig auch mäßigem Regen gekommen, der auf dem unterkühlten Boden gefroren sei. Da nicht sicher feststellbar sei, zu welcher Uhrzeit konkret im Bereich des Grundstücks der Beklagten Niederschlag eingesetzt habe, könne von Regenfall mit der Folge einer allgemeinen Glättebildung erst um 9.15 Uhr ausgegangen werden. Zur Erfüllung der Räum- und Streupflicht sei dem Pflichtigen im Regelfall ein Zeitraum von nicht unter einer Stunde nach Einsetzen der allgemeinen Glätte zuzubilligen, wenn nicht aufgrund besonderer Umstände Anlass zu einer früheren Durchführung von Räum- bzw. Streumaßnahmen bestehe. Bei der am Unfalltag herrschenden Wetterlage hätten keine hinreichend erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr bestanden , die ausnahmsweise vorbeugende Maßnahmen geboten hätten. Es sei auch nicht festzustellen, dass die Beklagte am Unfalltag, einem Sonntag, damit habe rechnen müssen, dass Personen schon um 10.00 Uhr ihr Grundstück beträten.

II.

8
Die vorstehenden Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine Verletzung der der Beklagten obliegenden Räum- bzw. Streupflicht nicht festgestellt werden könne, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
9
1. Nach allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung muss der Verletzte alle Umstände beweisen, aus denen eine Streupflicht erwächst und sich eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht ergibt. Er muss deshalb den Sachverhalt dartun und gegebenenfalls beweisen, aus dem sich ergibt, dass zur Zeit des Unfalls aufgrund der Wetter-, Straßen- oder Wegelage bereits oder noch eine Streupflicht bestand und diese schuldhaft verletzt worden ist (vgl.
Senatsurteile vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, VersR 1970, 1130, 1131; vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83, VersR 1985, 243, 245; Senatsbeschluss vom 7. Juni 2005 - VI ZR 219/04, NZV 2005, 578).
10
Die winterliche Räum- und Streupflicht beruht auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setzt eine konkrete Gefahrenlage, d.h. eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 80/81, VersR 1982, 299, 300; vom 26. Februar 2009 - III ZR 225/08, NJW 2009, 3302 Rn. 4 mwN; OLG Jena NZV 2009, 599, 600 mwN; Carl, VersR 2012, 414, 415; Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 14 Rn. 147; Staudinger/Hager, BGB [2009], § 823 Rn. E 128). Ist eine Streupflicht gegeben, richten sich Inhalt und Umfang nach den Umständen des Einzelfalls (Senatsurteile vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, aaO; vom 2. Oktober 1984 - VI ZR 125/83, NJW 1985, 270; BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, BGHZ 112, 74, 75; Beschluss vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, VersR 1995, 721, 722). Bei öffentlichen Straßen und Gehwegen sind dabei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, aaO, 75 f. mwN; vom 15. Januar 1998 - III ZR 124/97, VersR 1998, 1373, 1374 f.; Beschluss vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, aaO).
11
Nach diesen Grundsätzen bestehen Räum- und Streupflichten regelmäßig für die Zeit des normalen Tagesverkehrs, d.h. an Sonn- und Feiertagen ab 9.00 Uhr (vgl. OLG Köln, VersR 1997, 506, 507; OLG Jena, aaO; LG Berlin, Grundeigentum 2010, 272). Bei Auftreten von Glätte im Laufe des Tages ist allerdings dem Streupflichtigen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte zu treffen (vgl. Senatsurteil vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83, aaO; BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1984 - III ZR 54/84, VersR 1985, 189; vom 27. April 1987 - III ZR 123/86, VersR 1987, 989).
12
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Revision schon deswegen nicht begründet, weil nach dem vom Berufungsgericht wiedergegebenen Vortrag der Klägerin und ihren Ausführungen bei ihrer persönlichen Anhörung eine allgemeine Glätte im Bereich des Grundstücks der Beklagten nicht dargelegt ist. Auch wenn das Berufungsgericht das Vorliegen einer allgemeinen Glätte nur in Zweifel gezogen und nachfolgend maßgeblich darauf abgestellt hat, dass sich jedenfalls nicht feststellen lasse, dass es bereits vor 9.15 Uhr zu einer allgemeinen Glätte gekommen sei, ist entgegen der Auffassung der Revision für das Revisionsverfahren nicht davon auszugehen, dass eine allgemeine Glättebildung vorgelegen hat. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin lagen im Bereich des Grundstücks der Beklagten keine erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vor, die eine Streupflicht der Beklagten hätte begründen können. Nach dem Vortrag der Klägerin ist sie auf einer Eisfläche gestürzt, die ein Ausmaß von etwa 20 x 30 cm gehabt hat. Sie hatte im Übrigen weder auf der Straße noch auf dem Weg weitere vereiste Stellen bemerkt. Dann ist aber nicht von einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, sondern nur vom Vorhandensein vereinzelter Glättestellen. Dies reicht nach den oben unter 1. dargestellten Grundsätzen für die Annahme einer Räum- und Streupflicht auf dem Weg zum Haus der Beklagten nicht aus.
13
3. Bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Verletzung der Streupflicht deswegen verneint hat, weil zum Zeitpunkt des Sturzes gegen 10.00 Uhr die der Klägerin zuzubilligende Zeit für die Vornahme eventueller Streumaßnahmen noch nicht abgelaufen gewesen sei. Zwar ist der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu folgen, dass dem Verkehrssicherungspflichtigen im Regelfall ein Zeitraum von nicht unter einer Stunde nach Einsetzen der allgemeinen Glätte für den Beginn der Streumaßnahmen zuzubilligen sei, wenn nicht aufgrund besonderer Umstände Anlass zu einer früheren Durchführung von Räum- bzw. Streumaßnahmen bestehe. Vielmehr ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen und unter Berücksichtigung dieser Umstände dem Verkehrssicherungspflichtigen eine angemessene Zeit für den Beginn der Streumaßnahmen zuzubilligen. Für den Beginn der Streupflicht ist dabei vor allem von Bedeutung, in welchem Maße die erkennbare Wetterlage und die Eigenheiten des Gehwegs Anlass zur Vorsorge gegeben haben (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, aaO).
14
Im Streitfall ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine Verletzung der Streupflicht verneint hat. Ausgehend von dem von ihm festgestellten - und von der Revision nicht angegriffenen - frühesten Zeitpunkt einer allgemeinen Glättebildung ab 9.15 Uhr hat es für den Zeitpunkt des Sturzes gegen 10.00 Uhr eine Verletzung der Streupflicht ohne Rechtsfehler verneint. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass bei der am Unfalltag herrschenden Wetterlage keine hinreichend erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr bestanden hätten, die ausnahmsweise vorbeugende Maßnahmen schon vor der Bildung von Glätte geboten hätten. Es sei ebenfalls nicht festzustellen, dass die Beklagte am Unfalltag, einem Sonntag, damit rechnen musste, dass Personen schon um 10.00 Uhr ihr Grundstück betraten. Insbe- sondere seien an diesem Tag keine Pflegeleistungen für die Beklagte zu erbringen gewesen. Unter diesen Umständen bestand keine Notwendigkeit, eventuelle Streumaßnahmen mit besonderer Eile durchzuführen. Eine vorbeugende Verpflichtung zum Bereithalten eines Streudienstes bestand nicht, weil an dem Sonntagvormittag auf dem Weg zum Haus weder mit einem Fußgängerverkehr zu rechnen war noch die Wetterlage dafür Anlass gab (vgl. zur vorbeugenden Streupflicht Senatsbeschluss vom 11. August 2009 - VI ZR 163/08, WuM 2009, 677 Rn. 5; BGH, Urteil vom 15. Februar 1979 - III ZR 172/77, VersR 1979, 541,

542).

15
4. Nach allem ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden , dass die Verletzung einer Räum- und Streupflicht seitens der Beklagten nicht vorliegt. Die Revision der Klägerin ist mithin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Galke Zoll Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 22.06.2010 - 5 O 202/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.03.2011 - I-9 U 158/10 -

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Baden-Baden vom 12. Januar 2012 - 3 O 113/11 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
I.
Der Kläger macht gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld im Zusammenhang mit einem Unfallereignis am 25.11.2010 geltend. Er behauptet, infolge Schnee- und Eisglätte nach Verlassen des von der Beklagten zu 1 betriebenen Restaurants auf dem Weg zum Parkplatz des Lokals gestürzt zu sein und sich verletzt zu haben. Die Beklagten zu 2 und 3 waren zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Das Landgericht hat mit Grund- und Teilurteil vom 12. Januar 2012, auf das wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen gem. § 540 Abs. 2 ZPO Bezug genommen wird, der Klage gegenüber der Beklagten zu 1 dem Grunde nach stattgegeben und sie gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 abgewiesen.
Gegen die Abweisung der Klage gegenüber dem Beklagten zu 2 richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Anspruch in vollem Umfang weiterverfolgt und ergänzend wie schon im ersten Rechtszug die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich zukünftigen immateriellen Schadens begehrt. Die zunächst auch gegen die Abweisung der Klage gegenüber dem Beklagten zu 3 gerichtete Berufung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.06.2012 (II 75) zurückgenommen. Der Beklagte zu 2 verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Klageabweisung hinsichtlich der begehrten Feststellung. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift vom 18.10.2012 (II 87).

Entscheidungsgründe

 
II.
Die zulässige Berufung des Klägers sowie die auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich weiteren materiellen Schadens gerichtete Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger gegen den Beklagten zu 2 weder aus Vertrag gem. §§ 241, 280, 281, 253 BGB zu noch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gem. §§ 823 Abs. 1, 253 BGB.
1. Dem Kläger stehen keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2 gem. §§ 241, 280, 281, 253 BGB zu.
Bei unternehmensbezogenen Geschäften, bei denen der Vertragsinhalt einen zum Unternehmensbereich gehörenden Gegenstand betrifft, wird grundsätzlich der Unternehmensinhaber Vertragspartner, ohne dass es darauf ankommt, ob der den Vertrag Abschließende als Vertreter handelt und dies auch kenntlich macht. Da auch ein Restaurantbesuch ein unternehmensbezogenes Geschäft darstellt, ist von einem Vertragsschluss mit der Beklagten zu 1 auszugehen. Besondere Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass hier nicht sie berechtigt und verpflichtet worden ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Anhaltspunkte für eine Sonderverbindung mit dem Beklagten zu 2 liegen nicht vor. In Ermangelung einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien bleibt für eine Zurechnung von Sorgfaltspflichtverletzungen Dritter nach § 278 BGB kein Raum (OLG Stuttgart, NJW 2008, 2514 f., juris Tz. 11 f.).
2. Dem Kläger stehen auch keine deliktischen Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 zu.
a) Allerdings hat das Landgericht zu Recht einen für den Sturz des Klägers kausalen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht bejaht.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst jene Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier die Betreiberin eines Verbrauchermarktes - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier Personen, die den Kundenparkplatz benutzen - vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen. Er hat ein „Unglück“ erlitten und kann dem Schädiger kein „Unrecht“ vorhalten (vergl. nur: BGH, VersR 2011, 546 f., Tz. 8-10 m.w.N.; VersR 2010, 544 f., Tz. 5-7 m.w.N.). Sicherheitsvorkehrungen sind umso mehr erforderlich, je größer die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung ist (BGH NJW 2007, 762).
Bezogen auf die Räum- und Streupflicht als Teil der Verkehrssicherungspflicht (vgl. Geigel/Wellner, Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 14. Kap., Rn. 132 m.w.N.) musste die Beklagte zu 1 danach durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass Personen wie der Kläger, die ihr Lokal auf dem Weg in Richtung auf den Parkplatz verlassen wollten, jedenfalls im zeitlichen Rahmen der Öffnungszeiten hinreichend vor den von einer Glättebildung ausgehenden Gefahren geschützt waren. Dies gilt auch zu vorgerückter Abendstunde, solange das Lokal für Besucher geöffnet ist. Sie war gehalten, durch geeignete Maßnahmen ihren Besuchern eine weitgehend ungefährdete Benutzung des Weges zu ermöglichen und diejenigen Gefahren auszuräumen, die für den sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag (BGH, nJW 1985, 482 ff., juris Tz 10 m.w.N.; vgl. Geigel/Wellner, a.a.O., Rn. 159 m.w.N.). Eine Räum- und Streupflicht setzt dabei grundsätzlich eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein vereinzelter Glättestellen voraus (BGH, NJW 2009, 3302, Tz. 4 m.w.N.).
10 
bb) Diese Voraussetzungen für eine Räum- und Streupflicht lagen danach vor. Das Landgericht hat - auch den Senat überzeugend und damit gem. § 529 Abs. 1 ZPO bindend - festgestellt, dass nach der glaubhaften Aussage des Zeugen Dr. M. der Kläger gem. § 286 ZPO den ihm obliegenden Beweis erbracht hat, dass innerhalb der o.g. zeitlichen Grenzen der Räum- und Streupflicht auf dem Gehweg eine allgemeine Glätte vorhanden war, nicht nur einzelne Glättestellen (vgl. BGH, NJW 2009, 3302, 3303, Tz. 4 f. m.w.N.). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, stehen - anders als die Berufung meint - dem die Aussagen der von den Beklagten benannten Zeugen W. und L. nicht entgegen.
11 
cc) Danach ist auch der Senat - dem Landgericht folgend - aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger glättebedingt zu Fall gekommen ist.
12 
Zu seinen Gunsten streitet im Übrigen der Beweis des ersten Anscheins, dass er in Folge einer Streupflichtverletzung der Beklagten zu Fall gekommen ist.
13 
aaa) Bei Glatteisunfällen spricht ein Anschein dafür, dass die Unfallverletzungen bei Beachtung der Streupflicht vermieden worden wären, wenn der Unfall innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht stattgefunden hat. Bei einem Glätteunfall ist es zunächst notwendig und ausreichend, dass ein Glättezustand im Verantwortungsbereich des Streupflichtigen nachgewiesen wird; dies ist hier der Fall. Weitergehende Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zu stellen, würde den Verletzten überfordern, der die besonderen Verhältnisse an der Unfallstelle, aus denen sich zur Unfallzeit Gefahrabwendungsnotwendigkeit und -möglichkeit ergeben - z. B. die Einflüsse der Witterung auf Beginn und Umfang der Streupflicht -, anders als der für die Sachüberwachung zuständige Streupflichtige oder dessen Beauftragter oftmals nicht kennen kann. Insbesondere muss der Verletzte nicht in seinen Sachvortrag mit einbeziehen, dass der Glättezustand bereits so lange bestanden hat, dass dem Streupflichtigen genügend Zeit für gefahrvermeidende oder -vermindernde Reaktionen zur Verfügung stand, ungeachtet des Umstandes, dass die Streupflicht nicht verletzt wäre, wenn erst kurz vor dem Unfall auf den gefrorenen Boden Regen niedergegangen wäre und der Streupflichtige auf eine sich dadurch bildende Glätte noch nicht mit Streuen reagiert haben müsste. Letzteres gehört zu der den Streupflichtigen entlastenden Zumutbarkeitsprüfung. Danach hat der Verletzte das Vorliegen einer die Streupflicht begründenden Wetter- und Straßenlage zu beweisen, während der Streupflichtige für das Vorliegen einer Ausnahmesituation, die das Streuen unzumutbar machte, beweispflichtig ist (vgl. BGH, a.a.O., OLG Celle, a.a.O., juris Tz. 6 m.w.N.).
14 
bbb) Diesen Beweis haben die Beklagten, wie das Landgericht der Sache nach zutreffend ausführt, nicht geführt. Dabei ist zu beachten, dass an die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch einen Gastwirt strenge Anforderungen zu stellen sind. Er muss nicht nur mit größeren Besucherzahlen rechnen, sondern sich auch darauf einstellen, dass diese durch den Genuss alkoholischer Getränke sich unverständig verhalten und in ihrer Gehsicherheit beeinträchtigt sein können. Dies gilt nicht nur für den internen Bereich der Gaststätte (Treppen, Toiletten und dergl.), sondern auch für den Zugang zu seinem Lokal und für den den Gästen zur Verfügung gestellten Parkplatz. Wenn eine außergewöhnliche Glättebildung es erfordert, muss der Gastwirt im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sehr viel häufiger streuen, als dies beispielsweise von einem Hauseigentümer für den Gehweg vor seinem Haus gegenüber Passanten verlangt werden kann. Dabei fällt für die Zumutbarkeit auch ins Gewicht, dass der Gastwirt durch den Betrieb seines Lokals personell im Stande ist, jedenfalls bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt im Stande sein kann, bei der Organisation seines Betriebes ein häufigeres Streuen einzuplanen. Bei der Gefahr einsetzender Glättebildung ist er verpflichtet, sich in regelmäßigen Abständen davon zu überzeugen (bzw. zu veranlassen, dass dies ein Beauftragter tut), in welchem Zustand sich der Zugang zu seinem Lokal und der dazugehörende Parkplatz befinden. Ist das abstumpfende Material nicht mehr wirksam, muss er unverzüglich ein erneutes Streuen veranlassen und seine Gäste beim Verlassen des Lokals bitten, erforderlichenfalls dessen Durchführung abzuwarten (BGH, a.a.O., juris Tz. 12; vgl. OLG Celle, VersR 1995, 598 f., juris Tz. 33). Diesen Anforderungen war ersichtlich nicht Genüge getan. Der Zeuge Dr. M. konnte nach seiner glaubhaften Aussage vielmehr keine Anzeichen dafür erkennen, dass überhaupt gestreut worden war.
15 
b) Der Beklagte zu 2 haftet jedoch, wie das Landgericht zutreffend ausführt, für diesen Verstoß nicht.
16 
aa) Grundsätzlich handelt der Geschäftsführer einer GmbH im Rahmen seines Aufgabenkreises als organschaftlicher Vertreter der juristischen Person, sodass diese nach § 31 BGB für Schäden haftet, die er in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt (BGH; NJW 1996, 1535 ff., juris Tz. 9). Eine eigene unerlaubte Handlung, für die er auch als Geschäftsführer persönlich haften würde (BGH, NZG 2012, 992, 994 Tz. 24 m.w.N.), hat der Beklagte zu 2 als Täter, Anstifter oder Gehilfe danach nicht begangen. Da die Gefahrenquelle durch die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Lokals eröffnet worden ist, trifft vielmehr grundsätzlich sie die deliktische Verkehrssicherungspflicht (OLG Stuttgart, NJW 2008, 561 ff., juris Tz. 16 m.w.N.). Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der von ihm vertretenen Gesellschaft bestehen grundsätzlich nur gegenüber dieser und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche nur der Gesellschaft entstehen, wie in § 43 Abs. 2 GmbHG besonders herausgestellt ist (vgl. auch BGH, a.a.O., Tz. 23 m.w.N.). Auch soweit es um ein Versagen des Geschäftsführers bei der Erfüllung von Pflichten geht, die die GmbH gegenüber Dritten zu erfüllen hat, trifft die Einstandspflicht hierfür gegenüber den betroffenen Dritten prinzipiell nur die Gesellschaft, nicht ihr Organ. Anderes gilt aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, wenn mit den Pflichten aus der Organstellung gegenüber der Gesellschaft Pflichten einhergehen, die von dem Geschäftsführer nicht mehr nur für die Gesellschaft als deren Organ zu erfüllen sind, sondern die ihn aus besonderen Gründen persönlich gegenüber dem Dritten treffen. Dies kann im außervertraglichen, deliktischen Bereich insbesondere wegen einer dem Geschäftsführer als Aufgabe zugewiesenen oder von ihm jedenfalls in Anspruch genommenen Garantenstellung zum Schutz fremder Schutzgüter i.S. des § 823 Abs. 1 BGB der Fall sein, die ihre Träger der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut haben. Hier kann über die Organstellung hinaus eine mit der Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflussnahme auf die Gefahrenabwehr bzw. -steuerung verbundene persönliche Verantwortung des Organs den betroffenen Außenstehenden gegenüber zum Tragen kommen. In dieser Beziehung gilt für die Eigenhaftung des Geschäftsführers im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen Bediensteten der GmbH, soweit dessen Aufgabenbereich sich auf die Wahrung deliktischer Integritätsinteressen Dritter erstreckt. Unter besonderen Voraussetzungen kann deshalb die Verantwortlichkeit für die einer juristischen Person zuzurechnende Schädigung auch die zu ihrem Organ bestellten Personen treffen, selbst wenn diese nicht eigenhändig geschädigt haben, aber die Ursache für die Schädigung in Versäumnissen bei der ihnen übertragenen Organisation und Kontrolle zu suchen ist. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass zur Abwehr der sich in dieser Weise aktualisierenden Gefahrenlage der Geschäftsführer gerade in seinem Aufgabenbereich gefordert ist; keineswegs haftet er nach außen für jede unerlaubte Handlung aus dem Tätigkeitsbereich seiner Gesellschaft schon deshalb, weil er etwa durch Anstellung eines Gehilfen oder durch dessen Einsatz zu dieser Verrichtung die Schädigung erst möglich gemacht hat. Geschäftsherr auch im deliktischen Bereich ist grundsätzlich allein die GmbH; die Organstellung lässt den Geschäftsführer nicht schon in die Pflichtenstellung des § 831 Abs. 1 BGB einrücken. Als Grundlage für eine deliktische Eigenhaftung muss seine Verantwortung aus der mit seinen Geschäftsführeraufgaben verbundenen Garantenstellung zum Schutz Außenstehender vor Gefährdung oder Verletzung ihrer Schutzgüter i.S. von § 823 Abs. 1 BGB betroffen sein (BGH, NJW 1996, 1535 ff., juris Tz. 21; NJW 1990, 976 ff., juris Tz. 16; vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., juris Tz. 16; OLG Köln, VersR 1993, 1281; Staudinger/Hager, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 BGB, § 823 BGB, E 66-68; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 19. Aufl., § 43 Rn. 77 f.; Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 43 GmbHG Rn. 60 f.).
17 
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Haftung des Beklagten zu 2 hier zu verneinen. Der Senat verkennt nicht, dass die Beklagten noch in der Klageerwiderung vom 24.06.2011, S. 2 (I 53) selbst vorgetragen haben, dass zuständig für das Räumen bzw. Streuen und die damit verbundene Beobachtung der Wetterlage jeweils der dienstanwesende Geschäftsführer sowie der Hausmeister W. seien. Wie sich aus der Aussage des Zeugen ergibt, war jedoch bei Veranstaltungen wie der vom Kläger besuchten Weihnachtsfeier der Zeuge für den Räum- und Streudienst zuständig. Dementsprechend haben auch die Beklagten im Schriftsatz vom 22.12.2011, S. 5 (I 219) vorgetragen, der Hausmeister sei am Schadenstag für die Ausführung des Winterdienstes beauftragt worden. Davon geht in der Berufung auch der Kläger aus, wenn er in der Berufungsbegründung vom 24.02.2012, S. 7 (II 21) vorträgt, der Beklagte zu 2 habe nicht im Ansatz nachgehalten, ob der zuständige Mitarbeiter den Weg gesichert habe.
18 
Unter diesen Umständen fehlt es hier an einer Garantenstellung des Beklagten zu 2. Zwar waren die Witterungsverhältnisse grundsätzlich geeignet, Gefahren für die körperliche Unversehrtheit als einem Rechtsgut mit hoher Bedeutung zu begründen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 2 in organisatorischer Hinsicht nicht untätig geblieben war. Er hatte vielmehr den Zeugen W. mit der Ausführung des Winterdienstes beauftragt. Der Beklagte zu 2 hatte damit den Geschäftsbetrieb nicht in einer Weise organisiert, bei der Körperverletzungen zu Lasten Dritter nahezu unweigerlich auftreten mussten (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 2012, 368, 369). Danach mag ihm vorzuwerfen sein, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht durch den Zeugen W. nicht hinreichend überwacht bzw. gegen die Verletzung derselben nicht eingeschritten zu sein. Dieser Pflichtverletzung kommt jedoch nach Auffassung des Senats hier insbesondere im Hinblick auf die getroffenen organisatorischen Maßnahmen nicht ein derartiges Gewicht zu, dass es ausnahmsweise gerechtfertigt wäre, den Beklagten zu 2 als Organmitglied im Außenverhältnis haften zu lassen (vgl. OLG Rostock, OLGR Rostock 2007, 486 ff., juris Tz. 34). Denn nicht jede Verletzung der den Geschäftsführer organschaftlich obliegenden Überwachungspflicht ist geeignet, eine derartige Außenhaftung zu begründen. Andernfalls würde die persönliche Haftung eines Geschäftsführers im Außenverhältnis entgegen § 43 Abs. 2 GmbHG uferlos ausgedehnt (vgl. auch: BGH, NJW 1994, 1801 ff., juris Tz. 23).
19 
c) Eine Haftung aus § 831 BGB wegen einer unerlaubten Handlung des Zeugen W. als Mitarbeiter der Beklagten zu 1 kommt nicht in Betracht. Die Mitarbeiter einer GmbH sind nicht die Verrichtungsgehilfen ihrer Geschäftsführer (BGH, a.a.O.; OLG Schleswig, a.a.O., 370).
III.
20 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Gründe

 
II.
Die zulässige Berufung des Klägers sowie die auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich weiteren materiellen Schadens gerichtete Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger gegen den Beklagten zu 2 weder aus Vertrag gem. §§ 241, 280, 281, 253 BGB zu noch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gem. §§ 823 Abs. 1, 253 BGB.
1. Dem Kläger stehen keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2 gem. §§ 241, 280, 281, 253 BGB zu.
Bei unternehmensbezogenen Geschäften, bei denen der Vertragsinhalt einen zum Unternehmensbereich gehörenden Gegenstand betrifft, wird grundsätzlich der Unternehmensinhaber Vertragspartner, ohne dass es darauf ankommt, ob der den Vertrag Abschließende als Vertreter handelt und dies auch kenntlich macht. Da auch ein Restaurantbesuch ein unternehmensbezogenes Geschäft darstellt, ist von einem Vertragsschluss mit der Beklagten zu 1 auszugehen. Besondere Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass hier nicht sie berechtigt und verpflichtet worden ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Anhaltspunkte für eine Sonderverbindung mit dem Beklagten zu 2 liegen nicht vor. In Ermangelung einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien bleibt für eine Zurechnung von Sorgfaltspflichtverletzungen Dritter nach § 278 BGB kein Raum (OLG Stuttgart, NJW 2008, 2514 f., juris Tz. 11 f.).
2. Dem Kläger stehen auch keine deliktischen Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 zu.
a) Allerdings hat das Landgericht zu Recht einen für den Sturz des Klägers kausalen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht bejaht.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst jene Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier die Betreiberin eines Verbrauchermarktes - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier Personen, die den Kundenparkplatz benutzen - vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen. Er hat ein „Unglück“ erlitten und kann dem Schädiger kein „Unrecht“ vorhalten (vergl. nur: BGH, VersR 2011, 546 f., Tz. 8-10 m.w.N.; VersR 2010, 544 f., Tz. 5-7 m.w.N.). Sicherheitsvorkehrungen sind umso mehr erforderlich, je größer die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung ist (BGH NJW 2007, 762).
Bezogen auf die Räum- und Streupflicht als Teil der Verkehrssicherungspflicht (vgl. Geigel/Wellner, Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 14. Kap., Rn. 132 m.w.N.) musste die Beklagte zu 1 danach durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass Personen wie der Kläger, die ihr Lokal auf dem Weg in Richtung auf den Parkplatz verlassen wollten, jedenfalls im zeitlichen Rahmen der Öffnungszeiten hinreichend vor den von einer Glättebildung ausgehenden Gefahren geschützt waren. Dies gilt auch zu vorgerückter Abendstunde, solange das Lokal für Besucher geöffnet ist. Sie war gehalten, durch geeignete Maßnahmen ihren Besuchern eine weitgehend ungefährdete Benutzung des Weges zu ermöglichen und diejenigen Gefahren auszuräumen, die für den sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag (BGH, nJW 1985, 482 ff., juris Tz 10 m.w.N.; vgl. Geigel/Wellner, a.a.O., Rn. 159 m.w.N.). Eine Räum- und Streupflicht setzt dabei grundsätzlich eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein vereinzelter Glättestellen voraus (BGH, NJW 2009, 3302, Tz. 4 m.w.N.).
10 
bb) Diese Voraussetzungen für eine Räum- und Streupflicht lagen danach vor. Das Landgericht hat - auch den Senat überzeugend und damit gem. § 529 Abs. 1 ZPO bindend - festgestellt, dass nach der glaubhaften Aussage des Zeugen Dr. M. der Kläger gem. § 286 ZPO den ihm obliegenden Beweis erbracht hat, dass innerhalb der o.g. zeitlichen Grenzen der Räum- und Streupflicht auf dem Gehweg eine allgemeine Glätte vorhanden war, nicht nur einzelne Glättestellen (vgl. BGH, NJW 2009, 3302, 3303, Tz. 4 f. m.w.N.). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, stehen - anders als die Berufung meint - dem die Aussagen der von den Beklagten benannten Zeugen W. und L. nicht entgegen.
11 
cc) Danach ist auch der Senat - dem Landgericht folgend - aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger glättebedingt zu Fall gekommen ist.
12 
Zu seinen Gunsten streitet im Übrigen der Beweis des ersten Anscheins, dass er in Folge einer Streupflichtverletzung der Beklagten zu Fall gekommen ist.
13 
aaa) Bei Glatteisunfällen spricht ein Anschein dafür, dass die Unfallverletzungen bei Beachtung der Streupflicht vermieden worden wären, wenn der Unfall innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht stattgefunden hat. Bei einem Glätteunfall ist es zunächst notwendig und ausreichend, dass ein Glättezustand im Verantwortungsbereich des Streupflichtigen nachgewiesen wird; dies ist hier der Fall. Weitergehende Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zu stellen, würde den Verletzten überfordern, der die besonderen Verhältnisse an der Unfallstelle, aus denen sich zur Unfallzeit Gefahrabwendungsnotwendigkeit und -möglichkeit ergeben - z. B. die Einflüsse der Witterung auf Beginn und Umfang der Streupflicht -, anders als der für die Sachüberwachung zuständige Streupflichtige oder dessen Beauftragter oftmals nicht kennen kann. Insbesondere muss der Verletzte nicht in seinen Sachvortrag mit einbeziehen, dass der Glättezustand bereits so lange bestanden hat, dass dem Streupflichtigen genügend Zeit für gefahrvermeidende oder -vermindernde Reaktionen zur Verfügung stand, ungeachtet des Umstandes, dass die Streupflicht nicht verletzt wäre, wenn erst kurz vor dem Unfall auf den gefrorenen Boden Regen niedergegangen wäre und der Streupflichtige auf eine sich dadurch bildende Glätte noch nicht mit Streuen reagiert haben müsste. Letzteres gehört zu der den Streupflichtigen entlastenden Zumutbarkeitsprüfung. Danach hat der Verletzte das Vorliegen einer die Streupflicht begründenden Wetter- und Straßenlage zu beweisen, während der Streupflichtige für das Vorliegen einer Ausnahmesituation, die das Streuen unzumutbar machte, beweispflichtig ist (vgl. BGH, a.a.O., OLG Celle, a.a.O., juris Tz. 6 m.w.N.).
14 
bbb) Diesen Beweis haben die Beklagten, wie das Landgericht der Sache nach zutreffend ausführt, nicht geführt. Dabei ist zu beachten, dass an die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch einen Gastwirt strenge Anforderungen zu stellen sind. Er muss nicht nur mit größeren Besucherzahlen rechnen, sondern sich auch darauf einstellen, dass diese durch den Genuss alkoholischer Getränke sich unverständig verhalten und in ihrer Gehsicherheit beeinträchtigt sein können. Dies gilt nicht nur für den internen Bereich der Gaststätte (Treppen, Toiletten und dergl.), sondern auch für den Zugang zu seinem Lokal und für den den Gästen zur Verfügung gestellten Parkplatz. Wenn eine außergewöhnliche Glättebildung es erfordert, muss der Gastwirt im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sehr viel häufiger streuen, als dies beispielsweise von einem Hauseigentümer für den Gehweg vor seinem Haus gegenüber Passanten verlangt werden kann. Dabei fällt für die Zumutbarkeit auch ins Gewicht, dass der Gastwirt durch den Betrieb seines Lokals personell im Stande ist, jedenfalls bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt im Stande sein kann, bei der Organisation seines Betriebes ein häufigeres Streuen einzuplanen. Bei der Gefahr einsetzender Glättebildung ist er verpflichtet, sich in regelmäßigen Abständen davon zu überzeugen (bzw. zu veranlassen, dass dies ein Beauftragter tut), in welchem Zustand sich der Zugang zu seinem Lokal und der dazugehörende Parkplatz befinden. Ist das abstumpfende Material nicht mehr wirksam, muss er unverzüglich ein erneutes Streuen veranlassen und seine Gäste beim Verlassen des Lokals bitten, erforderlichenfalls dessen Durchführung abzuwarten (BGH, a.a.O., juris Tz. 12; vgl. OLG Celle, VersR 1995, 598 f., juris Tz. 33). Diesen Anforderungen war ersichtlich nicht Genüge getan. Der Zeuge Dr. M. konnte nach seiner glaubhaften Aussage vielmehr keine Anzeichen dafür erkennen, dass überhaupt gestreut worden war.
15 
b) Der Beklagte zu 2 haftet jedoch, wie das Landgericht zutreffend ausführt, für diesen Verstoß nicht.
16 
aa) Grundsätzlich handelt der Geschäftsführer einer GmbH im Rahmen seines Aufgabenkreises als organschaftlicher Vertreter der juristischen Person, sodass diese nach § 31 BGB für Schäden haftet, die er in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt (BGH; NJW 1996, 1535 ff., juris Tz. 9). Eine eigene unerlaubte Handlung, für die er auch als Geschäftsführer persönlich haften würde (BGH, NZG 2012, 992, 994 Tz. 24 m.w.N.), hat der Beklagte zu 2 als Täter, Anstifter oder Gehilfe danach nicht begangen. Da die Gefahrenquelle durch die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Lokals eröffnet worden ist, trifft vielmehr grundsätzlich sie die deliktische Verkehrssicherungspflicht (OLG Stuttgart, NJW 2008, 561 ff., juris Tz. 16 m.w.N.). Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der von ihm vertretenen Gesellschaft bestehen grundsätzlich nur gegenüber dieser und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche nur der Gesellschaft entstehen, wie in § 43 Abs. 2 GmbHG besonders herausgestellt ist (vgl. auch BGH, a.a.O., Tz. 23 m.w.N.). Auch soweit es um ein Versagen des Geschäftsführers bei der Erfüllung von Pflichten geht, die die GmbH gegenüber Dritten zu erfüllen hat, trifft die Einstandspflicht hierfür gegenüber den betroffenen Dritten prinzipiell nur die Gesellschaft, nicht ihr Organ. Anderes gilt aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, wenn mit den Pflichten aus der Organstellung gegenüber der Gesellschaft Pflichten einhergehen, die von dem Geschäftsführer nicht mehr nur für die Gesellschaft als deren Organ zu erfüllen sind, sondern die ihn aus besonderen Gründen persönlich gegenüber dem Dritten treffen. Dies kann im außervertraglichen, deliktischen Bereich insbesondere wegen einer dem Geschäftsführer als Aufgabe zugewiesenen oder von ihm jedenfalls in Anspruch genommenen Garantenstellung zum Schutz fremder Schutzgüter i.S. des § 823 Abs. 1 BGB der Fall sein, die ihre Träger der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut haben. Hier kann über die Organstellung hinaus eine mit der Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflussnahme auf die Gefahrenabwehr bzw. -steuerung verbundene persönliche Verantwortung des Organs den betroffenen Außenstehenden gegenüber zum Tragen kommen. In dieser Beziehung gilt für die Eigenhaftung des Geschäftsführers im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen Bediensteten der GmbH, soweit dessen Aufgabenbereich sich auf die Wahrung deliktischer Integritätsinteressen Dritter erstreckt. Unter besonderen Voraussetzungen kann deshalb die Verantwortlichkeit für die einer juristischen Person zuzurechnende Schädigung auch die zu ihrem Organ bestellten Personen treffen, selbst wenn diese nicht eigenhändig geschädigt haben, aber die Ursache für die Schädigung in Versäumnissen bei der ihnen übertragenen Organisation und Kontrolle zu suchen ist. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass zur Abwehr der sich in dieser Weise aktualisierenden Gefahrenlage der Geschäftsführer gerade in seinem Aufgabenbereich gefordert ist; keineswegs haftet er nach außen für jede unerlaubte Handlung aus dem Tätigkeitsbereich seiner Gesellschaft schon deshalb, weil er etwa durch Anstellung eines Gehilfen oder durch dessen Einsatz zu dieser Verrichtung die Schädigung erst möglich gemacht hat. Geschäftsherr auch im deliktischen Bereich ist grundsätzlich allein die GmbH; die Organstellung lässt den Geschäftsführer nicht schon in die Pflichtenstellung des § 831 Abs. 1 BGB einrücken. Als Grundlage für eine deliktische Eigenhaftung muss seine Verantwortung aus der mit seinen Geschäftsführeraufgaben verbundenen Garantenstellung zum Schutz Außenstehender vor Gefährdung oder Verletzung ihrer Schutzgüter i.S. von § 823 Abs. 1 BGB betroffen sein (BGH, NJW 1996, 1535 ff., juris Tz. 21; NJW 1990, 976 ff., juris Tz. 16; vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., juris Tz. 16; OLG Köln, VersR 1993, 1281; Staudinger/Hager, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 BGB, § 823 BGB, E 66-68; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 19. Aufl., § 43 Rn. 77 f.; Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 43 GmbHG Rn. 60 f.).
17 
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Haftung des Beklagten zu 2 hier zu verneinen. Der Senat verkennt nicht, dass die Beklagten noch in der Klageerwiderung vom 24.06.2011, S. 2 (I 53) selbst vorgetragen haben, dass zuständig für das Räumen bzw. Streuen und die damit verbundene Beobachtung der Wetterlage jeweils der dienstanwesende Geschäftsführer sowie der Hausmeister W. seien. Wie sich aus der Aussage des Zeugen ergibt, war jedoch bei Veranstaltungen wie der vom Kläger besuchten Weihnachtsfeier der Zeuge für den Räum- und Streudienst zuständig. Dementsprechend haben auch die Beklagten im Schriftsatz vom 22.12.2011, S. 5 (I 219) vorgetragen, der Hausmeister sei am Schadenstag für die Ausführung des Winterdienstes beauftragt worden. Davon geht in der Berufung auch der Kläger aus, wenn er in der Berufungsbegründung vom 24.02.2012, S. 7 (II 21) vorträgt, der Beklagte zu 2 habe nicht im Ansatz nachgehalten, ob der zuständige Mitarbeiter den Weg gesichert habe.
18 
Unter diesen Umständen fehlt es hier an einer Garantenstellung des Beklagten zu 2. Zwar waren die Witterungsverhältnisse grundsätzlich geeignet, Gefahren für die körperliche Unversehrtheit als einem Rechtsgut mit hoher Bedeutung zu begründen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 2 in organisatorischer Hinsicht nicht untätig geblieben war. Er hatte vielmehr den Zeugen W. mit der Ausführung des Winterdienstes beauftragt. Der Beklagte zu 2 hatte damit den Geschäftsbetrieb nicht in einer Weise organisiert, bei der Körperverletzungen zu Lasten Dritter nahezu unweigerlich auftreten mussten (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 2012, 368, 369). Danach mag ihm vorzuwerfen sein, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht durch den Zeugen W. nicht hinreichend überwacht bzw. gegen die Verletzung derselben nicht eingeschritten zu sein. Dieser Pflichtverletzung kommt jedoch nach Auffassung des Senats hier insbesondere im Hinblick auf die getroffenen organisatorischen Maßnahmen nicht ein derartiges Gewicht zu, dass es ausnahmsweise gerechtfertigt wäre, den Beklagten zu 2 als Organmitglied im Außenverhältnis haften zu lassen (vgl. OLG Rostock, OLGR Rostock 2007, 486 ff., juris Tz. 34). Denn nicht jede Verletzung der den Geschäftsführer organschaftlich obliegenden Überwachungspflicht ist geeignet, eine derartige Außenhaftung zu begründen. Andernfalls würde die persönliche Haftung eines Geschäftsführers im Außenverhältnis entgegen § 43 Abs. 2 GmbHG uferlos ausgedehnt (vgl. auch: BGH, NJW 1994, 1801 ff., juris Tz. 23).
19 
c) Eine Haftung aus § 831 BGB wegen einer unerlaubten Handlung des Zeugen W. als Mitarbeiter der Beklagten zu 1 kommt nicht in Betracht. Die Mitarbeiter einer GmbH sind nicht die Verrichtungsgehilfen ihrer Geschäftsführer (BGH, a.a.O.; OLG Schleswig, a.a.O., 370).
III.
20 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 126/07 Verkündet am:
22. Januar 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Übertragung der Streupflicht durch den Vermieter auf einen Dritten dient
auch der Sicherung des Zugangs zum Mietobjekt. Die dort wohnhaften Mieter
können deshalb in den Schutzbereich des Übertragungsvertrages einbezogen
sein.
Die deliktische Einstandspflicht des mit der Wahrnehmung der Verkehrssicherung
Beauftragten besteht auch dann, wenn der Vertrag mit dem Primärverkehrssicherungspflichtigen
nicht rechtswirksam zustande gekommen ist.
BGH, Urteil vom 22. Januar 2008 - VI ZR 126/07 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Januar 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 15. März 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz für die Folgen eines durch Eisglätte verursachten Sturzes.
2
Am 5. Februar 2001 gegen 9.30 Uhr stürzte die Klägerin beim Verlassen des von ihr bewohnten Hauses in Berlin, weil trotz Schnee- und Eisglätte der Eingangsbereich nicht hinreichend bestreut war. Sie zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu. Die Stadt Berlin hat die ihr obliegende Räum- und Streupflicht auf die Hauseigentümer übertragen. Der Eigentümer des betreffenden Grundstücks hat seinerseits seit über 10 Jahren die Beklagte mit der Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten betraut. Die nach § 6 Abs. 1 Straßenreinigungsgesetz Berlin vorgeschriebene Übertragungsanzeige an die Stadt Berlin fehlte für den Winter 2000/2001. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte aufgrund der Übernahme der Räum- und Streupflicht für die Folgen des Sturzes hafte.
3
Mit Beschluss vom 25. April 2003 wurde gegen die Beklagte das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 7. April 2005 wurde vom Amtsgericht die Restschuldbefreiung angekündigt und am 18. Mai 2005 nach Abhaltung des Schlusstermins das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten aufgehoben. Das Landgericht hat die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hält die Klage zwar für zulässig, aber nicht für begründet. Die Insolvenzordnung sehe eine Präklusion von Ansprüchen, die nicht zur Insolvenztabelle angemeldet worden sind, nicht vor. Sie ergebe sich auch nicht aus § 87 InsO. Der Klageerhebung stehe auch nicht § 294 InsO entgegen (vgl. LG Arnsberg NZI 2004, 515, 516). Ein Titel könne während der Wohlverhaltensphase nicht vollstreckt werden und im Fall einer Restschuldbefreiung stünde § 301 InsO einer Vollstreckung entgegen.
5
Im Übrigen verneint das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten, weil eine Anspruchsgrundlage nicht gegeben sei. Es ist der Auffassung, dass der Vertrag, mit dem die Räum- und Streupflicht für die Wintersaison 2000/2001 vom Hauseigentümer auf die Beklagte übertragen worden sei, keine Schutzwirkung zugunsten der Klägerin entfalte. Der Mietvertrag mit dem Eigentümer umfasse nicht die öffentliche Straße, so dass die Klägerin den übrigen Straßenbenutzern gleichgestellt sei. Die deliktische Haftung unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht scheitere daran, dass die Beklagte am 5. Februar 2001 für den Unfallort nicht verkehrssicherungspflichtig gewesen sei. Zwar könne nach § 6 Abs. 1 des Straßenreinigungsgesetzes Berlin ein Dritter in die Verpflichtung des Eigentümers des Anliegergrundstücks zur Durchführung des Winterdienstes eintreten. Hierfür sei aber die Anzeige der Übertragung an die Behörde und deren Zustimmung Voraussetzung. Beides fehle für die Wintersaison 2000/2001.

II.

6
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. Zwar hat das Berufungsgericht mit Recht die Klage für zulässig erachtet. Hierfür besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, auch wenn sich die Beklagte in der Wohlverhaltensphase befindet und für die Klägerin das Vollstreckungsverbot nach § 294 Abs. 1 InsO gilt, obwohl die streitgegenständliche Forderung nicht zur Tabelle angemeldet wurde und nicht bei der Verteilung der eingegangenen Beträge durch den Treuhänder berücksichtigt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - IX ZB 288/03 - WM 2006, 1780 m.w.N.). Mangels Vollstreckungswirkung der Klage kann der Klägerin die Geltendmachung der Forderung aber nicht aufgrund des Vollstreckungsverbots nach § 294 Abs. 1 InsO untersagt werden. Die Parteien befinden sich noch im Erkenntnisverfahren und nicht im Vollstreckungsverfahren. Ein Rechtsschutzinteresse kann der Klägerin auch nicht mit Blick auf die Regelung in § 301 Abs. 1 InsO abgesprochen werden.
Danach wirkt die Restschuldbefreiung, wird sie erteilt, gegen alle Insolvenzgläubiger. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift auch für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben. Ob der Beklagten die begehrte Restschuldbefreiung erteilt werden wird, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden (vgl. §§ 295 ff. InsO). Würde die Restschuldbefreiung versagt, könnten die Insolvenzgläubiger sofort gegen die Beklagte aus der Eintragung in die Tabelle vollstrecken (§ 201 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO). Das Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO stünde dem nicht mehr entgegen (vgl. § 299 InsO ). Würde die Klägerin darauf verwiesen, sie müsse erst die Versagung bzw. den Widerruf einer bereits erteilten Restschuldbefreiung abwarten, um den Rechtsstreit fortzusetzen, würde sie gegenüber den anderen Gläubigern, die sofort vollstrecken dürfen und könnten, benachteiligt. Dies ist nicht Sinn und Zweck der Regelungen der §§ 294 Abs. 1, 301 Abs. 1 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - IX ZR 73/06 - WM 2007, 1844, 1845; Brandenburgisches Oberlandesgericht - Urteil vom 12. Dezember 2007 - 3 U 82/07 - Rn. 14/17 juris ; LG Arnsberg, NZI 2004, 515, 516; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 87 Rn. 3). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist § 87 InsO nicht analog für das Restschuldbefreiungsverfahren anwendbar (vgl. Uhlenbruck, aaO). Dagegen spricht schon, dass die gesetzliche Regelung in § 301 Abs. 1 Satz 2 InsO davon ausgeht, dass auch Gläubiger, die nicht Insolvenzgläubiger sind, Forderungen geltend machen können.
8
2. Durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen jedoch gegen die rechtlichen Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht jegliche Anspruchsmöglichkeit für die Klägerin gegen die Beklagte verneint. Die Beklagte könnte aufgrund der Übernahme der Streu- und Räumpflicht deliktisch zum Schadensersatz und damit auch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet sein.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können Verkehrssicherungspflichten mit der Folge eigener Entlastung delegiert werden. Die Verkehrssicherungspflichten des ursprünglich Verantwortlichen verkürzen sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten. Wer sie übernimmt, wird seinerseits deliktisch verantwortlich. Voraussetzung hierfür ist, dass die Übertragung klar und eindeutig vereinbart wird (vgl. Senatsurteile vom 4. Juni 1996 - VI ZR 75/95 - VersR 1996, 1151, 1152; vom 17. Januar 1989 - VI ZR 186/88 - VersR 1989, 526 f. und vom 8. Dezember 1987 - VI ZR 79/87 - VersR 1988, 516, 517; OLG Hamm VersR 2000, 862; OLG Nürnberg VersR 1996, 900; OLG Düsseldorf NJW 1992, 2972; VersR 1995, 535; OLG Celle RuS 1997, 501; Geigel /Wellner, Der Haftpflichtprozess 25. Aufl. Kap. 14 Rn. 204). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist hingegen nicht erforderlich, dass die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderliche Anzeige der Übertragung gegenüber der zuständigen Behörde erfolgt ist. Die deliktische Einstandspflicht des mit der Wahrnehmung der Verkehrssicherung Beauftragten besteht auch dann, wenn der Vertrag mit dem Primärverkehrssicherungspflichtigen nicht rechtswirksam zustande gekommen ist (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 1989 - VI ZR 186/88 - aaO; BGB-RGRK/Steffen 12. Aufl., § 823 Rn. 129; MünchKomm -BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 288 f.; Soergel/Krause, BGB, 13. Aufl., § 823 Anh. II Rn. 53 f.; Staudinger/J. Hager (1999) § 823 BGB E 64; von Bar, Verkehrspflichten, 1980, S. 121). Entscheidend ist, dass der in die Verkehrssicherungspflicht Eintretende faktisch die Verkehrssicherung für den Gefahrenbereich übernimmt und im Hinblick hierauf Schutzvorkehrungen durch den primär Verkehrssicherungspflichtigen unterbleiben, weil sich dieser auf das Tätigwerden des Beauftragten verlässt. Dieser ist aufgrund der von ihm mitveranlassten neuen Zuständigkeitsverteilung für den übernommenen Gefahrenbereich nach allgemeinen Deliktsgrundsätzen verantwortlich. Insofern ist seine Verkehrssicherungspflicht nicht abgeleiteter Natur. Vielmehr erfährt sie mit der Übernahme durch den Beauftragten in seine Zuständigkeit eine rechtliche Verselbständigung. Er ist es fortan, dem unmittelbar die Gefahrenabwehr obliegt und der dafür zu sorgen hat, dass niemand zu Schaden kommt. Inhalt und Schutzbereich dieser verselbständigten Verkehrssicherungspflicht bestimmen sich allein danach , was objektiv erforderlich ist, um mit der Gefahrenstelle in Berührung kommende Personen vor Schaden zu bewahren.
10
b) Hat die Beklagte die von ihr übernommene Verpflichtung zur Streuung des Fußweges schuldhaft verletzt, ist die Klägerin infolgedessen gestürzt und sind die geltend gemachten Verletzungen darauf zurückzuführen, ist der Anspruch dem Grunde nach zu bejahen. Ob dies der Fall ist, kann der erkennende Senat aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen nicht entscheiden.
11
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommen - da es sich um einen Altfall handelt nur hinsichtlich des materiellen Schadens (Art. 229 §§ 5, 8 Abs. 1 EGBGB) - auch vertragliche Schadensersatzansprüche aufgrund der Schutzwirkung des Vertrages zwischen dem Eigentümer und der Beklagten zu Gunsten der Klägerin in Betracht. In den Schutzbereich eines Vertrages sind Dritte einbezogen, auf die sich Schutz- und Fürsorgepflichten aus vertraglichen Vereinbarungen nach dem Vertragszweck zwangsläufig erstrecken. Um die Schutzpflichten zugunsten Dritter nicht zu weit auszudehnen, ist allerdings erforderlich , dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt und der Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages hat (vgl. BGHZ 133, 168, 171 ff.). Mit Recht weist die Revision darauf hin, dass im Streitfall diese Voraussetzungen zu bejahen sind. Die Sicherung des unmittelbaren Zugangs zum Haus bei Schnee- und Eisglätte ist Aufgabe des Vermieters. Sie dient vor allem dem Schutz der Mieter (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1968 - VI ZR 134/67 - VersR 1968, 1161; Palandt/Weidenkaff BGB 67. Aufl. § 535 Rn. 60). Dass die Übertragung der Streupflicht den sicheren Zugang der Mieter zum Haus und damit u.a. für die Klägerin gewährleisten sollte, liegt auf der Hand. Dies war auch für die Beklagte ohne weiteres erkennbar.
12
4. Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverweisen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.07.2006 - 18 O 104/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.03.2007 - 10 U 165/06 -

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 20.06.2003 - 9 O 151/02 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten mit der Behauptung, diese habe ihre Räum- und Streupflicht verletzt, Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden. Mit dem gleichen Begehren hat die Klägerin bereits die Eigentümer des an den Weg angrenzenden Grundstücks im Verfahren des Landgerichts Karlsruhe, 2 O 27/01, in Anspruch genommen, das durch einen Abfindungsvergleich endete. Hier hat das Landgericht lediglich den Feststellungsantrag nach Maßgabe von Ziffer 1 des Urteilsausspruchs zuerkannt und im übrigen die Klage abgewiesen, da sich die Klägerin die aufgrund des in dem Parallelverfahren abgeschlossenen Vergleichs geleisteten Zahlungen durch die Eigentümergemeinschaft anrechnen lassen müsse, sodass die Beklagte aufgrund der ihr vorzuwerfenden Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nur noch für den nicht abgegoltenen und darüber hinausgehenden Schaden hafte. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der getroffenen Feststellungen wird auf das Urteil verwiesen. Gegen dieses wendet sich die Beklagte, die unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags im ersten Rechtszug die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bestreitet, auf die Gesamtwirkungen des Vergleichs hinweist und darauf gestützt weiterhin die vollständige Abweisung der Klage begehrt.
II.
Die Berufung hat Erfolg.
1. Dabei kann offen bleiben, ob das Landgericht berechtigt war, die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten aus Umständen herzuleiten, auf die die Klägerin ihr Begehren nicht stützte. Denn konkreter Vortrag der Klägerin zu einer Verletzung der Kontrollpflicht der Beklagten fehlt, obwohl es Aufgabe der für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darlegungs- und beweispflichtige Klägerin gewesen wäre darzutun, dass die Beklagte bei ordnungsgemäßer Überwachung Kenntnis von der Verstopfung hätte haben müssen und dass bei ordnungsgemäß durchgeführter Überwachung es nicht zu dem Sturz gekommen wäre. Aus dem Umstand, dass der Abfluss zum Zeitpunkt des Sturzes verstopft war, folgt allein noch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Umstände, die eine ständige Kontrolle erfordert hätten, sind nicht ersichtlich. Feststellungen zu durchgeführten Kontrollen fehlen.
2. Zur Vornahme baulicher Maßnahmen, die eine Bildung von Pfützen auf dem Fußweg verhinderten, war die Beklagte aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht gehalten. Eine Verpflichtung, die Bildung von Pfützen auf öffentlichen Wegen und Plätzen im Winter zu verhindern, stellte eine Überspannung der Anforderungen dar und wäre unzumutbar. Nach allgemein anerkannten Grundsätzen muss der Fußgängerverkehr Unebenheiten hinnehmen (vgl. Senat, Urt. v. 17.06.1992, 7 U 56/91, VersR 1993, 332; Urt. v. 11.10.2000, 7 U 119/99, OLGR Karlsruhe 2001 238 m. w. Nachweisen), was auch für die Winterzeit gilt, denn die Anforderungen an die Ausgestaltung von Fußgängerwegen können nicht von der Wetterlage abhängen. Die Abwehr der Gefahren, die hier zum Sturz der Klägerin geführt haben, ist ausschließlich dem Bereich der Räum- und Streupflicht zugeordnet. Diese spezielle, den winterlichen Gefahren Rechnung tragende Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht bestimmt Art und Umfang der Maßnahmen, die von dem Räum- und Streupflichtigen (und nicht vom Straßenbaulastträger) zu ergreifen sind.
3. Da die Gemeinde die Räum- und Streupflicht wirksam durch Satzung auf die Straßenanlieger übertragen hat, kommt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in diesem Bereich durch die beklagte Gemeinde nur in Betracht, wenn diese die bei ihr verbliebene Verpflichtung, die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch die Anlieger zu überwachen (vgl. BGHZ 118, 368, 373, NJW 1966, 2311, 2312; Senat, Urt. v. 13.02.2002, 7 U 117/00, OLGR Karlsruhe 2002, 351), verletzt hat. Auch für diese tatsächlichen Voraussetzungen einer eventuellen Pflichtverletzung der Beklagten ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig (BGH, Urt. v. 04.03.2004, III ZR 225/03, BGHReport 2004, 869, 870 = NJW 2004, 1381; OLG Dresden, Urt. v. 19.02.2003, 6 U 955/02, OLGR Dresden 2003, 293, 295). Aus dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt lässt sich dies nicht ableiten. Die Tatsache des Sturzes der Klägerin belegt noch keine Pflichtverletzung der Beklagten. Die Klägerin hätte vielmehr vortragen müssen, welche organisatorischen Maßnahmen zur Kontrolle der Anlieger die Beklagte versäumt hat und dass bei Einhaltung der erforderlichen Kontrolle ihr Sturz vermieden worden wäre. Dazu hätte auch Vortrag dazu gehört, seit wann die Eisplatte vorhanden war.
4. Selbst wenn man von einer Verletzung der bei der beklagten Gemeinde verbliebenen Überwachungspflicht ausgehen wollte, würde diese nicht haften und die Klage wäre abzuweisen. Über die vom Landgericht zutreffend angenommene Tilgungswirkung der von der Eigentümergemeinschaft aufgrund des im Verfahren 2 O 27/01 abgeschlossenen Vergleichs geleisteten Zahlungen (§ 422 BGB) hinaus kommt dem Vergleich Bedeutung auch für die gegen die Beklagte gerichteten Ansprüche zu. Mit dem im Parallelverfahren abgeschlossenen Abfindungsvergleich wollten die vertragsschließenden Parteien eine Gesamtbereinigung des Streitfalles vornehmen und die Höhe des von der Eigentümergemeinschaft zu leistenden Schadensersatzes aufgrund des Sturzes abschließend festlegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Möglichkeit weiterer Zahlungen der Wohnungseigentümergemeinschaft aus Anlass dieses Unfalls in Betracht gezogen und offen gehalten werden sollen, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht vorgetragen. Ziel des Abwendungsvergleichs war vielmehr die endgültige Klärung der Einstandspflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sodass diese mit einer weiteren Inanspruchnahme nicht rechnen musste (vgl. BGH VersR 1986, 810, 811).
Aus dem Umstand, dass sich die Beklagte, die damalige Streithelferin der Klägerin, an dem Vergleich nicht beteiligt hat, kann nichts Gegenteiliges geschlossen werden. Es ist weder erkennbar noch wird vorgetragen, dass eine weitergehende Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin erwogen und - auch soweit dies zu einer weiteren Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft führen würde - offen gehalten werden sollte. Dazu bestand schon deshalb keine Veranlassung, weil nach dem damaligen Vortrag der Klägerin entweder eine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft oder (wenn der Sturz sich nicht in dem Bereich ereignet haben sollte, in dem die Streupflicht übertragen worden war) alternativ eine Haftung der beklagten Gemeinde zur Debatte stand, eine gesamtschuldnerische Haftung und die daraus folgende Möglichkeit eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB somit nicht in Betracht gezogen wurde.
Das, mit dem Abschluss des Abfindungsvergleichs vom 18.10.2001 im Verfahren 2 O 27/01 verfolgte Ziel lässt sich aber nur dann erreichen, wenn eine Haftung der beklagten Gemeinde ausscheidet. Denn die beklagte Gemeinde könnte von der Wohnungseigentümergemeinschaft die vollständige Ausgleichung aller von ihr geleisteten Zahlungen fordern, da im Rahmen des nach §§ 840 Abs. 1, 426 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Innenausgleichs die Wohnungseigentümergemeinschaft alleine haften würde. Diese könnte sich im Innenausgleich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte sie in der Erfüllung der ihr obliegenden Streupflicht nicht genügend überwacht hat (BGHZ 110, 114, 122 = NJW 1990, 1361, 1363; Urt. v. 11.11.2003, VI ZR 13/03, BGHReport 2004, 441, 442 = NJW 2004, 951, 953). Die sich daraus ergebende Konfliktlage, dass einerseits nach der gesetzlichen Verteilung der Verantwortungsbereiche die beklagte Gemeinde den Schaden der Klägerin im Ergebnis nicht tragen muss, weil im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner dieser dafür allein verantwortlich ist, die Klägerin aber mit diesem Gesamtschuldner einen Abfindungsvergleich geschlossen hat, durch den der Umfang der Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließend bestimmt und dieser ein weitergehender Anspruch erlassen wurde, ist in der Weise zu lösen, dass die Klägerin, nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Schadensersatzverpflichtung in vollem Umfang erfüllt hat, auch von der Beklagten keinen weiteren Schadensersatz mehr verlangen kann (BGHZ 110, 114, 122 = NJW 1990, 1361, 1363; Urt. v. 09.01.2003, IX ZR 353/99, BGHReport 2003, 510 = NJW 2003, 1036, 1037; Urt. v. 11.11.2003, VI ZR 13/03, BGHReport 2004, 331, 442 = NJW 2004, 951, 953).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
10 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nicht vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 225/03
Verkündet am:
4. März 2004
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verkehrssicherungspflicht für Straßenbäume (hier: Ursächlichkeit
einer unterlassenen Baumüberprüfung für einen durch das Abbrechen
eines Astes verursachten Verkehrsunfall).
BGH, Urteil vom 4. März 2004 - III ZR 225/03 - OLG Celle
LG Verden
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Pkw der Klägerin wurde am 26. August 2000 durch den herabstürzenden Ast eines Alleebaums (Pyramidenpappel) beschädigt. Die Klägerin wirft der beklagten Gemeinde vor, diese habe ihre Straßenverkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie es unterlassen habe, die Alleebäume hinreichend zu kontrollieren. Sie verlangt daher von der Gemeinde Ersatz des ihr entstandenen Schadens von 969,41
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Verfahrensrüge der Revision, in dem angefochtenen Urteil sei der Berufungsantrag der Klägerin nicht hinreichend deutlich wiedergegeben (§ 540 ZPO), ist vom Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet worden; von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
2. Die - in Niedersachsen hoheitlich ausgestaltete (§ 10 NStrG; vgl. auch Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 668 f) - Straßenverkehrssicherungspflicht erstreckt sich auch auf den Schutz vor Gefahren durch Straßenbäume (Senatsurteil vom 21. Januar 1965 - III ZR 217/63 = NJW 1965, 815). Ihre Verletzung ist daher geeignet, Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu begründen.

a) Die straßenverkehrssicherungspflichtige Gemeinde muß Bäume oder Teile von ihnen entfernen, die den Verkehr gefährden, insbesondere, wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzustürzen drohen. Zwar stellt jeder Baum an einer Straße eine mögliche Gefahrenquelle dar, weil durch Naturereignisse sogar gesunde Bäume entwurzelt oder geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden können. Andererseits ist die Erkrankung oder Vermorschung eines Baumes von außen nicht immer erkennbar; trotz starken Holzzerfalls können die Baumkronen noch völlig grün sein und äußere Krankheits-
zeichen fehlen. Ein verhältnismäßig schmaler Streifen unbeschädigten Kambiums genügt, um eine Baumkrone rundum grün zu halten. Das rechtfertigt aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen; denn der Verkehr muß gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, als unvermeidbar hinnehmen. Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur dann vor, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen (Senatsurteil aaO).

b) Aus diesen Grundsätzen wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte teilweise die Folgerung gezogen, daß eine sorgfältige äußere Gesundheits - und Zustandsprüfung regelmäßig zweimal im Jahr erforderlich ist, nämlich einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand (s. insbesondere OLG Düsseldorf VersR 1992, 467 und 1997, 463 f; OLG Hamm NJW-RR 2003, 968; OLG Brandenburg OLGR 2002, 411; s. auch das Muster einer Dienstanweisung zur Baumüberprüfung, BADK-Information, Sonderheft Haftungsrechtliche Organisation im Interesse der Schadenverhütung, 1997, S.58; vgl. Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearb. 1999, § 823 Rn. E 149 m.w.N.).

c) Da hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die letzte Kontrollüberprüfung spätestens im Herbst 1999, möglicherweise sogar aber schon im Frühjahr 1999 stattgefunden hatte, liegt es nahe, hier - in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht - eine Verletzung dieser Kontrollpflicht zu bejahen. Diese Frage bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung.
3. Der Amtshaftungsanspruch scheitert nämlich, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, jedenfalls daran, daß die Klägerin die Ursächlichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden nicht hat nachweisen können.

a) Darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit der Anspruchsteller. Ihm obliegt daher auch der Nachweis, daß bei der zumutbaren Überwachung der Straßenbäume eine Schädigung entdeckt worden wäre (OLG Oldenburg VersR 1977, 845, 846). Wurden die Bäume nicht kontrolliert, so ist dies für das Schadensereignis nur dann kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw. der Schädigung des Baumes hätte führen können (OLG Schleswig MDR 1995, 148; zum Ganzen: Staudinger/Hager aaO Rn. E 155).

b) Die Frage, ob und in welchem Umfang dem Geschädigten Beweiserleichterungen , etwa nach Art des Anscheinsbeweises, zugute kommen können (grundsätzlich verneinend: OLG Karlsruhe VersR 1994, 358; Staudinger/Hager aaO), bedarf nach den Besonderheiten des hier zu beurteilenden Sachverhalts keiner abschließenden Klärung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte grundsätzlich auch den Beweis zu führen, daß ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist. Wenn allerdings die Amtspflichtverletzung und der zeitlich nachfolgende Schaden feststehen, so kann der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, daß der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist. Dies gilt jedoch nur, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang besteht; anderenfalls bleibt die Beweislast beim
Geschädigten (Senatsurteil vom 3. März 1983 - III ZR 34/82 - NJW 1983, 2241, 2242; Staudinger/Wurm aaO Rn.236 m.zahlr.w.N.). Eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit hat das Berufungsgericht hier mit Recht ausgeschlossen.
aa) Zwar hatte die Klägerin vorgetragen, die hier in Rede stehenden Alleepappeln stammten aus der Zeit von vor 1939 und hätten eine durchschnittliche Lebensdauer von 70 Jahren. Indessen ist in der Rechtsprechung bereits darauf hingewiesen worden, daß das Alter - und sogar eine Vorschädigung - eines Baumes für sich allein genommen nicht ohne weiteres eine gesteigerte Beobachtungspflicht des Verkehrssicherungspflichtigen erfordern (OLG Stuttgart VersR 1994, 359). Der im ersten Rechtszug vernommene Zeuge S., der für die Beklagte als Baumpfleger tätig war und damit über eine gewisse Sachkunde verfügte, hat anhand der von der Klägerin zu den Akten gereichten Fotos der Unfallstelle, die den abgebrochenen Ast zeigen, bekundet, dieser sei belaubt gewesen und wäre auch bei einer durchgeführten Kontrolle nicht beseitigt worden. Daraus hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung gefolgert, es sei überwiegend unwahrscheinlich, daß der Ast bei einer - unterstellten - ordnungsgemäßen Kontrolle im Frühjahr 2000 als ein solcher aufgefallen wäre, der zu besonderen Sicherungsmaßnahmen Anlaß gegeben hätte. Insbesondere waren auch sonstige Krankheitszeichen, etwa am Stamm, die schon seit längerem hätten beobachtet werden können, nicht behauptet und auch nicht sonst erkennbar.
bb) Vielmehr kam als besonders naheliegende Schadensursache in Betracht , daß der Ast infolge eines zum Unfallzeitpunkt herrschenden Sturmes abgebrochen ist. Beide Vorinstanzen sind nach dem damaligen Sach- und Streitstand von einem solchen Sturm ausgegangen; die dagegen erhobene
Verfahrensrüge der Revision greift nicht durch: In der Klageschrift hatte die Klägerin keine Angaben zu den Witterungsverhältnissen gemacht. Die Beklagte hatte schon in der Klageerwiderung nicht nur einen Sturm behauptet, sondern daraus unter Anführung von Rechtsprechung haftungsrechtlich entlastende Folgerungen für sich gezogen. Die Klägerin war darauf nicht weiter eingegangen ; übergangenen Sachvortrag vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen. Dementsprechend hatte schon das Landgericht nach § 138 Abs. 3 ZPO in den unstreitigen Tatbestand aufgenommen, daß Sturm herrschte, und in den Entscheidungsgründen festgestellt, daß der Ast gesund war und auch ohne regelmäßige Sichtkontrollen (gemeint ist: bei regelmäßigen Sichtkontrollen) aufgrund des starken Windes abgefallen wäre. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist von der Klägerin nicht gestellt worden und hätte auch keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht hätte diese Feststellungen seiner Verhandlung und Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), greift, wie der Senat geprüft hat, nicht durch; von einer näheren Begründung wird auch hier abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO). Da es der Klägerin nicht gelungen ist, diese vorrangige Schadensursache auszuräumen, ist ihre Amtshaftungsklage mit Recht abgewiesen worden.
Schlick Wurm Streck Galke Herrmann

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 20.06.2003 - 9 O 151/02 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten mit der Behauptung, diese habe ihre Räum- und Streupflicht verletzt, Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden. Mit dem gleichen Begehren hat die Klägerin bereits die Eigentümer des an den Weg angrenzenden Grundstücks im Verfahren des Landgerichts Karlsruhe, 2 O 27/01, in Anspruch genommen, das durch einen Abfindungsvergleich endete. Hier hat das Landgericht lediglich den Feststellungsantrag nach Maßgabe von Ziffer 1 des Urteilsausspruchs zuerkannt und im übrigen die Klage abgewiesen, da sich die Klägerin die aufgrund des in dem Parallelverfahren abgeschlossenen Vergleichs geleisteten Zahlungen durch die Eigentümergemeinschaft anrechnen lassen müsse, sodass die Beklagte aufgrund der ihr vorzuwerfenden Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nur noch für den nicht abgegoltenen und darüber hinausgehenden Schaden hafte. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der getroffenen Feststellungen wird auf das Urteil verwiesen. Gegen dieses wendet sich die Beklagte, die unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags im ersten Rechtszug die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bestreitet, auf die Gesamtwirkungen des Vergleichs hinweist und darauf gestützt weiterhin die vollständige Abweisung der Klage begehrt.
II.
Die Berufung hat Erfolg.
1. Dabei kann offen bleiben, ob das Landgericht berechtigt war, die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten aus Umständen herzuleiten, auf die die Klägerin ihr Begehren nicht stützte. Denn konkreter Vortrag der Klägerin zu einer Verletzung der Kontrollpflicht der Beklagten fehlt, obwohl es Aufgabe der für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darlegungs- und beweispflichtige Klägerin gewesen wäre darzutun, dass die Beklagte bei ordnungsgemäßer Überwachung Kenntnis von der Verstopfung hätte haben müssen und dass bei ordnungsgemäß durchgeführter Überwachung es nicht zu dem Sturz gekommen wäre. Aus dem Umstand, dass der Abfluss zum Zeitpunkt des Sturzes verstopft war, folgt allein noch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Umstände, die eine ständige Kontrolle erfordert hätten, sind nicht ersichtlich. Feststellungen zu durchgeführten Kontrollen fehlen.
2. Zur Vornahme baulicher Maßnahmen, die eine Bildung von Pfützen auf dem Fußweg verhinderten, war die Beklagte aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht gehalten. Eine Verpflichtung, die Bildung von Pfützen auf öffentlichen Wegen und Plätzen im Winter zu verhindern, stellte eine Überspannung der Anforderungen dar und wäre unzumutbar. Nach allgemein anerkannten Grundsätzen muss der Fußgängerverkehr Unebenheiten hinnehmen (vgl. Senat, Urt. v. 17.06.1992, 7 U 56/91, VersR 1993, 332; Urt. v. 11.10.2000, 7 U 119/99, OLGR Karlsruhe 2001 238 m. w. Nachweisen), was auch für die Winterzeit gilt, denn die Anforderungen an die Ausgestaltung von Fußgängerwegen können nicht von der Wetterlage abhängen. Die Abwehr der Gefahren, die hier zum Sturz der Klägerin geführt haben, ist ausschließlich dem Bereich der Räum- und Streupflicht zugeordnet. Diese spezielle, den winterlichen Gefahren Rechnung tragende Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht bestimmt Art und Umfang der Maßnahmen, die von dem Räum- und Streupflichtigen (und nicht vom Straßenbaulastträger) zu ergreifen sind.
3. Da die Gemeinde die Räum- und Streupflicht wirksam durch Satzung auf die Straßenanlieger übertragen hat, kommt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in diesem Bereich durch die beklagte Gemeinde nur in Betracht, wenn diese die bei ihr verbliebene Verpflichtung, die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch die Anlieger zu überwachen (vgl. BGHZ 118, 368, 373, NJW 1966, 2311, 2312; Senat, Urt. v. 13.02.2002, 7 U 117/00, OLGR Karlsruhe 2002, 351), verletzt hat. Auch für diese tatsächlichen Voraussetzungen einer eventuellen Pflichtverletzung der Beklagten ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig (BGH, Urt. v. 04.03.2004, III ZR 225/03, BGHReport 2004, 869, 870 = NJW 2004, 1381; OLG Dresden, Urt. v. 19.02.2003, 6 U 955/02, OLGR Dresden 2003, 293, 295). Aus dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt lässt sich dies nicht ableiten. Die Tatsache des Sturzes der Klägerin belegt noch keine Pflichtverletzung der Beklagten. Die Klägerin hätte vielmehr vortragen müssen, welche organisatorischen Maßnahmen zur Kontrolle der Anlieger die Beklagte versäumt hat und dass bei Einhaltung der erforderlichen Kontrolle ihr Sturz vermieden worden wäre. Dazu hätte auch Vortrag dazu gehört, seit wann die Eisplatte vorhanden war.
4. Selbst wenn man von einer Verletzung der bei der beklagten Gemeinde verbliebenen Überwachungspflicht ausgehen wollte, würde diese nicht haften und die Klage wäre abzuweisen. Über die vom Landgericht zutreffend angenommene Tilgungswirkung der von der Eigentümergemeinschaft aufgrund des im Verfahren 2 O 27/01 abgeschlossenen Vergleichs geleisteten Zahlungen (§ 422 BGB) hinaus kommt dem Vergleich Bedeutung auch für die gegen die Beklagte gerichteten Ansprüche zu. Mit dem im Parallelverfahren abgeschlossenen Abfindungsvergleich wollten die vertragsschließenden Parteien eine Gesamtbereinigung des Streitfalles vornehmen und die Höhe des von der Eigentümergemeinschaft zu leistenden Schadensersatzes aufgrund des Sturzes abschließend festlegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Möglichkeit weiterer Zahlungen der Wohnungseigentümergemeinschaft aus Anlass dieses Unfalls in Betracht gezogen und offen gehalten werden sollen, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht vorgetragen. Ziel des Abwendungsvergleichs war vielmehr die endgültige Klärung der Einstandspflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sodass diese mit einer weiteren Inanspruchnahme nicht rechnen musste (vgl. BGH VersR 1986, 810, 811).
Aus dem Umstand, dass sich die Beklagte, die damalige Streithelferin der Klägerin, an dem Vergleich nicht beteiligt hat, kann nichts Gegenteiliges geschlossen werden. Es ist weder erkennbar noch wird vorgetragen, dass eine weitergehende Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin erwogen und - auch soweit dies zu einer weiteren Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft führen würde - offen gehalten werden sollte. Dazu bestand schon deshalb keine Veranlassung, weil nach dem damaligen Vortrag der Klägerin entweder eine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft oder (wenn der Sturz sich nicht in dem Bereich ereignet haben sollte, in dem die Streupflicht übertragen worden war) alternativ eine Haftung der beklagten Gemeinde zur Debatte stand, eine gesamtschuldnerische Haftung und die daraus folgende Möglichkeit eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB somit nicht in Betracht gezogen wurde.
Das, mit dem Abschluss des Abfindungsvergleichs vom 18.10.2001 im Verfahren 2 O 27/01 verfolgte Ziel lässt sich aber nur dann erreichen, wenn eine Haftung der beklagten Gemeinde ausscheidet. Denn die beklagte Gemeinde könnte von der Wohnungseigentümergemeinschaft die vollständige Ausgleichung aller von ihr geleisteten Zahlungen fordern, da im Rahmen des nach §§ 840 Abs. 1, 426 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Innenausgleichs die Wohnungseigentümergemeinschaft alleine haften würde. Diese könnte sich im Innenausgleich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte sie in der Erfüllung der ihr obliegenden Streupflicht nicht genügend überwacht hat (BGHZ 110, 114, 122 = NJW 1990, 1361, 1363; Urt. v. 11.11.2003, VI ZR 13/03, BGHReport 2004, 441, 442 = NJW 2004, 951, 953). Die sich daraus ergebende Konfliktlage, dass einerseits nach der gesetzlichen Verteilung der Verantwortungsbereiche die beklagte Gemeinde den Schaden der Klägerin im Ergebnis nicht tragen muss, weil im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner dieser dafür allein verantwortlich ist, die Klägerin aber mit diesem Gesamtschuldner einen Abfindungsvergleich geschlossen hat, durch den der Umfang der Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließend bestimmt und dieser ein weitergehender Anspruch erlassen wurde, ist in der Weise zu lösen, dass die Klägerin, nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Schadensersatzverpflichtung in vollem Umfang erfüllt hat, auch von der Beklagten keinen weiteren Schadensersatz mehr verlangen kann (BGHZ 110, 114, 122 = NJW 1990, 1361, 1363; Urt. v. 09.01.2003, IX ZR 353/99, BGHReport 2003, 510 = NJW 2003, 1036, 1037; Urt. v. 11.11.2003, VI ZR 13/03, BGHReport 2004, 331, 442 = NJW 2004, 951, 953).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
10 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nicht vorliegen.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 07.11.2007 - 3 O 373/06 – teilweise

abgeändert

und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 349,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 05.09.2006 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 4.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 05.09.2006 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ein Drittel seiner materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 01.02.2005 auf der G… Straße in S… G…, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Auf die Berufung des Klägers wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 16,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 02.02.2008 zu bezahlen.

III. Die weitergehenden Berufungen des Beklagten und des Klägers werden zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Kläger 80 % und der Beklagte 20 %.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

Berufung des Klägers:

26.082,23 EUR

Berufung des Beklagten:

  8.016,11 EUR           

Summe:

34.098,34 EUR.

Gründe

 
A.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Unfallereignis vom 01.02.2005, für das der Kläger den Beklagten verantwortlich macht.
Der Beklagte ist Eigentümer des Hausgrundstückes J… Straße … in S… G…. Zum Grundstück gehört ein Parkplatz, der über einen Zugang zur G… verfügt. An diesen Parkplatz grenzt das Hausgrundstück R… Straße … an, welches u.a. vom Kläger bewohnt wird.
Am 01.02.2005 verließ der Kläger (geb. ....1970), der seit Geburt an einer inkompletten Hemiparese rechts leidet, gegen 9. 50 Uhr das Gebäude R… Straße … und begab sich zu Fuß in die G… Straße, um von dort in Richtung J… Straße zu gelangen. Auf derjenigen Straßenseite der G… Straße, an die sowohl das Grundstück des Beklagten als auch das Grundstück R… Straße … angrenzen, befindet sich ein Gehweg. Wegen der genauen Örtlichkeiten wird auf den Plan gemäß Anlage Bl. 19 d.A. nebst Lichtbildern sowie auf die Fotos gemäß Bl. 34 d.A. Bezug genommen.
Der Kläger hat den Beklagten wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Zahlung von 1.425,86 EUR nebst Zinsen (Antrag Ziff. 1), auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (Antrag Ziff. 2) sowie auf Feststellung in Anspruch genommen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 01.02.2005 zu ersetzen, soweit kein Forderungsübergang eintritt (Antrag Ziff. 3). Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei auf dem Gehweg in der G… Straße im Bereich des Grundstücks des Beklagten gestürzt, weil sich dort Schnee und Eis befunden hätten und der Beklagte seiner Räum- und Streupflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Der Sturz habe sich auf der Höhe der Parkplatzzufahrt ereignet und zu einer Sprunggelenksverrenkungsfraktur links vom Typ Weber B/C mit Verschiebung geführt, weshalb eine stationäre Behandlung zwischen dem 01.02. und dem 11.02.2005 in der S… Klinik in M… mit offener Reposition mittels Plattenosteosynthese, interfragmentärer Verschraubung und Stellschraube erforderlich geworden sei. Auf den Unfall vom 01.02.2005 seien der erneute stationäre Aufenthalt in der S… Klinik vom 16.02. bis zum 26.02.2005, die Rehabilitationsmaßnahme in der E… Klinik in F… (03.03. bis 24.03.2005), die ambulante operative Entfernung der Stellschraube vom 08.04.2005 sowie ein weiterer stationärer Klinikaufenthalt zwischen dem 01.09. und dem 05.09.2005 zur Entfernung des verbliebenen Schraubenrestes nach einem Bruch der Stellschraube mit anschließender Rehabilitationsmaßnahme zwischen dem 12.10. und dem 02.11.2005 in B… W… zurückzuführen. Zwischen dem 01.02.2005 und dem 27.11.2005 habe Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Als Dauerschaden sei eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes sowie eine Schwellneigung im Bereich des körperfernen Unterschenkels verblieben, ferner eine Missempfindung im Narbenbereich sowie eine Erweiterung des medialen Gelenkspaltes. Mit einer posttraumatischen Arthrose im Bereich des oberen Sprunggelenkes links müsse gerechnet werden. Im ehemaligen Stellschraubenbereich bestehe eine Verkalkungsstruktur zwischen Wadenbein und Schienbein ohne vollständige knöcherne Überbrückung. Aufgrund des Unfalles sei ein materieller Schaden in Höhe der Klagesumme entstanden. Die erlittenen immateriellen Nachteile rechtfertigten ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR. Wegen des Eintritts möglicher künftiger Schäden bestehe ein Feststellungsinteresse.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat einen Sturz des Klägers auf dem Gehweg vor seinem Gebäude bestritten. Der Gehweg sei zwischen 9. 00 Uhr und 9. 30 Uhr von Schnee und Eis befreit worden. Da Dr. W… im Arztbericht vom 03.06.2005 festgehalten habe, dass der Kläger im Bereich einer Bordsteinkante mit dem linken Fuß umgeknickt sei (Anlage K 2), könne der Sturz nicht durch Glatteis verursacht worden sein. Als Ursache für das Umknicken des Fußes sei die Hemiparese des Klägers in Betracht zu ziehen. Weil der Kläger Sommerschuhe mit völlig glatter Sohle ohne jegliches Profil getragen habe, liege ein überwiegendes Mitverschulden auf Seiten des Klägers vor. Der Kläger sei nach dem 11.02.2005 zu Hause erneut gestürzt, was Ursache für den stationären Aufenthalt vom 16.02.2005 bis 26.02.2005 und für den Bruch der Stellschraube sowie der sich daraus ergebenden Folgen bei der Weiterbehandlung gewesen sei. Der behauptete materielle Schaden wurde vom Beklagten nach Grund und Höhe bestritten. Die Schmerzensgeldvorstellungen des Klägers seien weit übersetzt.
Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen S…, R…, D…, S…, A…, S…, S…, A… und Dr. K sowie nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Orthopäden PD Dr. R mit Urteil vom 07.11.2007 der Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers in Höhe von 2/3 teilweise stattgegeben und dem Kläger einen materiellen Schadensersatzanspruch in Höhe von 349,45 EUR sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR jeweils nebst Zinsen zugesprochen. Der Feststellungsantrag wurde dem Grunde nach zu 1/3 für zulässig und begründet erachtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Beklagte habe sich wegen Verstoßes gegen die Streupflichtsatzung der Stadt S… G… schadensersatzpflichtig gemacht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Kläger auf dem Gehweg vor dem Grundstück des Beklagten gestürzt sei, weil dieser den Gehweg nicht ordnungsgemäß von Schnee und Eis befreit habe. Da der Kläger ein nicht den Witterungsverhältnissen angepasstes Schuhwerk getragen und nicht die beim Gehen auf so gefährlichen Flächen erforderliche Sorgfalt aufgebracht habe, müsse sich dieser ein überwiegendes Mitverschulden von 2/3 anrechnen lassen. Durch äußerst bedachtsames Gehen auf glatten Flächen wäre ein Sturz zu vermeiden gewesen. Dafür, dass dem Kläger eine leichter begehbare Alternativstrecke zur Verfügung gestanden habe, lägen keine Anhaltspunkte vor. Sämtliche vom Kläger angeführten Klinikaufenthalte und Rehabilitationsmaßnahmen seien unfallbedingt gewesen, ebenso der Bruch der Stellschraube und die zur Entfernung des Schraubenrestes notwendigen Therapiemaßnahmen. Als Dauerschaden verbleibe eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes für das Heben des Fußes von ca. 10 %, eine Schwellneigung im Bereich des Unterschenkels sowie eine Erweiterung des medialen Gelenkspaltes zum Innenknöchel. Unter Berücksichtigung der Gefahr einer posttraumatischen Arthrosebildung sei bei voller Haftung ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 EUR gerechtfertigt. Der materielle Schaden des Klägers belaufe sich auf 1.048,35 EUR, den der Beklagte zu 1/3 auszugleichen habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass sich der Unfallort im Bereich des Gehwegs vor dem Grundstück J… Straße … befunden habe, für welchen den Beklagten die Verkehrssicherungspflicht treffe. Der Kläger habe mehrfach entscheidungserhebliche Tatsachen entweder verschwiegen oder falsch dargestellt, weshalb dessen Angaben nicht glaubhaft seien. Mit den Aussagen anderer Zeugen zum Unfallort habe sich das Landgericht nicht genügend auseinandergesetzt. Weder der Zeuge R… noch der Zeuge S… hätten beobachtet, wo genau der Kläger gestürzt sei. Demzufolge seien die Angaben dieser Zeugen über das Vorhandensein von Schnee bzw. Eis in örtlicher Hinsicht ebenfalls ungenau.
Das Landgericht habe die Angaben des Arztes Dr. W… in dessen ärztlichem Bericht, wonach der Kläger im Bereich einer Bordsteinkante mit dem linken Fuß umgeknickt sei, nicht ausreichend gewürdigt. Diese Schilderung könne nur auf vom Kläger selbst abgegebenen Erklärungen beruhen.
Die Zeugin L… S… habe objektiv unrichtig ausgesagt, indem sie erklärt habe, sie sei zur Unfallstelle gekommen, bevor das Rote Kreuz ihren Sohn dort abgeholt habe. Dies widerspreche den Angaben der übrigen Zeugen.
10 
Nach den Bekundungen der Zeugin A… S.… habe sich der Kläger an einer Mauer, welche zum Gebäude R… Straße … gehöre, festgehalten, was mit den Feststellungen des Landgerichts zum Unfallort nicht in Einklang zu bringen sei.
11 
Aufgrund des eigenen Vortrages des Klägers habe dieser den Unfall selbst verschuldet. Wenn unterstellt wird, dass der Sturz auf eine auf dem Gehweg vorhandene dicke Eis- und Schneedecke zurückzuführen sei, wie der Kläger behaupte, hätte dieser Abschnitt des Gehweges auf keinen Fall begangen werden dürfen, zumal der Kläger Sommerschuhe mit völlig glatten profillosen Sohlen getragen habe. Zur Vermeidung einer Sturzgefahr sei der Kläger gehalten gewesen, die G… Straße zu überqueren und den auf der gegenüberliegenden Seite vorhandenen geräumten Gehweg zu benutzen.
12 
Aufgrund der Angaben des Klägers zu dem von ihm getragenen Schuhwerk ergebe sich zusätzlich eine nachhaltige Erschütterung von dessen Glaubwürdigkeit. Erst nach einem Hinweis durch ihn, den Beklagten, habe der Kläger eingeräumt, dass die von ihm getragenen Schuhe neu besohlt worden seien. Darüber hinaus habe der Kläger verschwiegen, dass er Anfang Februar 2005 bei einem weiteren Unfall in seiner Wohnung gestürzt sei. Der dadurch bedingte zweite Klinikaufenthalt im Februar 2005 könne beim Schmerzensgeld und den weiteren Ansprüchen des Klägers nicht berücksichtigt werden, außerdem sei vom Landgericht rechtsfehlerhaft nicht geklärt worden, welcher Einfluss dieser zweite Unfall auf die nachfolgenden Eingriffe und Behandlungen gehabt habe.
13 
Der vom Landgericht zu Grunde gelegte Schmerzensgeldbetrag von 15.000,00 EUR bei voller Haftung sei bei weitem überhöht.
14 
Der Beklagte beantragt:
15 
Das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 07.11.2007 - 3 O 373/06 - wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
18 
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und hält insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts für zutreffend. Aus den Angaben der Zeugen lasse sich der Unfallort eindeutig entnehmen. Die Annahme der Zeugin S…, er, der Kläger, sei im Bereich der Mauer des Gebäudes R… Straße … gestanden, müsse auf einem Irrtum beruhen. In dem fraglichen Arztbericht von Dr. W… sei auch festgehalten worden, dass er „auf dem Weg zum Arbeitsamt auf vereistem Gehweg weggerutscht“ sei. Eine Verpflichtung, den Gehweg zu wechseln, habe nicht bestanden. Er habe sein in der J… Straße abgestelltes Kraftfahrzeug aufsuchen wollen, um zur Agentur für Arbeit zu gelangen. Eine Überquerung der G… Straße hätte diesem Zweck nicht entsprochen. Außerdem stehe nicht fest, dass der gegenüberliegende Gehweg der G… Straße gefahrloser habe begangen werden können als der Gehweg vor dem Grundstück des Beklagten. Der Sturz vom 16.02.2005 sei ohne Folgen geblieben. Die Halbseitenschwäche auf der rechten Körperseite habe sich nicht ausgewirkt.
19 
Ein Mitverschulden könne ihm nicht wegen der zum Unfallzeitpunkt getragenen Schuhe zur Last gelegt werden. Diese Schuhe hätten zum fraglichen Zeitpunkt eine schwarze Profilsohle aufgewiesen; die gleiche Sohle, die nach dem Unfall neu angebracht worden sei, habe der Schuh auch vor dem Unfall besessen. Zum Beweis dieser Behauptung hat sich der Kläger auf die Vernehmung des Zeugen A… berufen. Diese Schuhe seien wintertauglich gewesen. Das Betreten der Fahrbahn sei für Fußgänger nach § 25 StVO untersagt.
20 
Zudem greift der Kläger mit seinem selbständigen, form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsmittel das landgerichtliche Urteil ebenfalls an und erstrebt eine volle Haftung des Beklagten. Dieser sei allein für den Unfall verantwortlich. Das Schmerzensgeld sei vom Landgericht zu niedrig festgesetzt worden. Es lägen nach wie vor persistierende Sprunggelenksschmerzen links vor. Bei einer Kernspintomographie vom 19.12.2007 habe sich eine Frakturlinie sowie eine Osteochondrosis dissecans im Sprungbein gezeigt. Aufgrund dieses Knochendefektes drohe unter Umständen ein weiterer operativer Eingriff. All dies stehe mit dem Unfall vom 01.02.2005 in kausalem Zusammenhang. Zum Beleg beruft sich der Kläger auf das ärztliche Attest von Dr. D…vom 10.01.2008 nebst Anlage (Anlage K 19, Bl. 221/223 d.A.) sowie den ärztlichen Zwischenbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T…. vom 01.02.2008 (Anlage K 25, Bl. 245/246 d.A.). Seit Juli 2006 befinde er sich darüber hinaus in psychotherapeutischer Behandlung wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Psychotherapeutin H… zur Stabilisierung. Außerdem führe Prof. Dr. B… wegen einer diagnostizierten depressiven mittelschweren Störung seit Juni 2006 gelegentliche ambulante Behandlungen durch. Der gegenwärtige psychische Zustand sei im Wesentlichen durch die Folgen des Unfalles vom 01.02.2005 geprägt. Mit diesem neuen Vortrag sei er in der Berufungsinstanz nicht präkludiert. Depressive Störungen bildeten sich zum Teil erst nach einer gewissen Latenzzeit aus aufgrund einer Chronifizierung der Beschwerden. Daher hätten die konkreten Auswirkungen beim Kläger erst Ende 2007 diagnostiziert werden können. Zu einer befriedigenden Heilung sei es noch nicht gekommen. So habe die notwendige krankengymnastische Behandlung noch nicht abgesetzt werden können. Die Narbe am Außenknöchel falle durch die starke Hyperpigmentierung besonders auf. Sportliche Betätigungen (Joggen, Ballsport etc.) seien bis auf Weiteres nicht mehr möglich. Daher erscheine ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 25.000,00 EUR angemessen. Soweit der erstinstanzlich geltend gemachte materielle Schaden im Umfang von 377,51 EUR vom Landgericht abgewiesen worden sei, werde dies akzeptiert. Jedoch habe der Beklagte den darüber hinausgehenden materiellen Schaden voll zu ersetzen, ebenso weitere Kosten in Höhe von 50,00 EUR durch zwei ärztliche Atteste.
21 
Der Kläger stellt folgende Anträge:
22 
1. Das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 07.11.2007 - 3 O 373/06 - wird abgeändert.
23 
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 748,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 698,90 EUR seit 04.09.2006 und aus 50,00 EUR seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
24 
3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
25 
4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 01.02.2005 auf der G… Straße in S… G…, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
28 
Er hebt im Wesentlichen hervor, dass die angeblichen Sprunggelenksschmerzen nicht sicher als Unfallfolgen zu betrachten seien und dass ein Bezug zum Unfallgeschehen hinsichtlich der behaupteten Depression von der Psychotherapeutin H… nicht hergestellt worden sei. Die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung sei auf das Grundleiden des Klägers zurückzuführen.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen verwiesen.
30 
Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 04.06.2008 zu den Folgen des Sturzes vom 01.02.2005 ein schriftliches unfallchirurgisches Gutachten sowie ein schriftliches neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das unfall-chirurgische Gutachten von PD Dr. K… vom 15.08.2008 (Bl. 280/299 d.A.) und auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. S… vom 10.11.2008 (Bl. 326/356 d.A.) Bezug genommen.
B.
31 
Beide Berufungen sind zulässig. Das Rechtsmittel des Beklagten hat teilweise Erfolg, weil dem Kläger lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 EUR nebst Zinsen zusteht. Die vom Kläger im Berufungsverfahren zusätzlich geklagten Beschwerden sind nicht nachweislich unfallbedingt. Im Übrigen greifen die vom Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil geführten Angriffe nicht durch (I.). Auf die Berufung des Klägers waren diesem ein Drittel des im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten materiellen Schadens von 50,00 EUR nebst Zinsen zuzusprechen. Die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers von 2/3 am streitgegenständlichen Unfallereignis durch das Erstgericht ist nicht zu beanstanden (II.).
I.
32 
Berufung des Beklagten:
33 
Zu Recht ist das Landgericht von einer deliktischen Haftung des Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB dem Grunde nach ausgegangen (1.). Der Kläger hat den Sturz vom 01.02.2005 weder allein noch überwiegend in einem so hohen Maß selbst verschuldet, dass die fahrlässige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten gänzlich zu vernachlässigen ist (2.). Das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld überschreitet nach Ansicht des Senats den nach § 253 BGB noch zu vertretenden Rahmen (3.).
1.
34 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Landgericht zu Recht zu der Feststellung gelangt, dass der Kläger auf dem Gehweg der G… Straße im Bereich des Grundstücks des Beklagten infolge einer Verletzung der dem Beklagten obliegenden Streu- und Räumpflicht gestürzt ist.
a)
35 
Durchgreifende Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen zum Unfallort im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestehen nicht. Das Landgericht hat nach umfassender Würdigung der erhobenen Beweise insbesondere aufgrund der Aussagen der Zeugen R… und S… die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Bereich des Grundstücks des Beklagten, nämlich etwa auf Höhe des südwestlichen Hausecks bzw. des unmittelbar dahinter auf dem Parkplatz abgestellten Pkws, zu Fall gekommen ist. Zwar hat keiner der Zeugen den Sturz unmittelbar beobachtet. Jedoch hat der Zeuge R… bekundet, dass er den Kläger in dem Moment gesehen habe, als dieser dabei gewesen sei, sich vom Gehsteig in Richtung Hausecke „zu rappeln“ (Bl. 57 d.A.). Daher bestanden für den Zeugen R… keine Zweifel daran, dass der Unfallort im Bereich des Gehweges gelegen hat (Bl. 57 d.A.). Der Kläger habe dicht an der Hausecke gestanden (Bl. 58 d.A.). Dem Umstand, dass der Zeuge zum Unfallzeitpunkt die Vermutung hatte, der Kläger sei aus Richtung J…. Straße gekommen, kann im Rahmen der Beweiswürdigung kein sonderliches Gewicht beigemessen werden. Denn es ist durchaus denkbar, dass der Kläger nach dem Sturz, um sich wieder aufzurichten, sich in Richtung R… Straße hin zur Hausecke bewegt hat. Ferner deuten die Bekundungen des Zeugen S… auf einen Unfallort hin, für den der Beklagte verkehrssicherungspflichtig ist. Vom Zeugen S… war zu diesem Punkt zu erfahren, dass sich der Kläger genau im Bereich der Hausecke aufgehalten habe (Bl. 54/55 d.A.). Es erscheint im Übrigen außerordentlich unwahrscheinlich, dass sich der Kläger, der durch den Sturz unstreitig eine Sprunggelenksfraktur vom Typ Weber B/C erlitten hat, nach diesem Bruch noch weit vom Unfallort entfernt hat.
36 
Hinzu kommt, dass auch die Zeugin S… den Kläger im Bereich der Einfahrt zu den Parkplätzen hinter dem Haus des Beklagten angetroffen hat (Bl. 59 d.A.). Zwar soll sich der Kläger nach der Erinnerung der Zeugin S… an der Mauer festgehalten haben, welche zum Gebäude R… Straße gehört (Bl. 60 d.A.). Dies ist jedoch von keinem der übrigen Zeugen bestätigt worden und steht zudem auch im Widerspruch zur vorerwähnten Einlassung der Zeugin. Möglicherweise hat die Zeugin bei ihrer Vernehmung, die fast zwei Jahre nach dem Unfall erfolgte, die Mauer des Gebäudes R… Straße … mit der Wand des Gebäudes J.. Straße .. verwechselt.
37 
Von der Zeugin D… war zu erfahren, dass der Kläger im Bereich der Einfahrt zu den Parkplätzen in der G… Straße gesessen habe (Bl. 61 d.A.). Der Zeuge S… hat mitgeteilt, als er hinzugekommen sei, habe sich der Kläger etwa in dem Bereich auf dem Gehweg, welcher sich in der Mitte der Einfahrt zum Parkplatz befinde, aufgehalten (Bl. 65 d.A.). Auch dadurch wird die Schilderung des Klägers bestätigt. Dafür, dass sich der Unfall außerhalb des Geländes ereignet hat, für welches der Beklagte verkehrssicherungspflichtig ist, liegen jedenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.
38 
Auf die Angaben der Zeugin S… hat das Landgericht seine Überzeugungsbildung hinsichtlich des genauen Unfallortes nicht gestützt. Unerheblich ist daher, ob diese Zeugin als glaubwürdig angesehen werden kann.
39 
In nachvollziehbarer und plausibler Weise hat das Landgericht außerdem begründet, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass der Kläger im Bereich der Bordsteinkante mit dem linken Fuß umgeknickt sei. Richtig ist, dass sich im Arztbericht von Dr. W.. vom 03.06.2005 ein entsprechender Hinweis findet (vgl. Anlage K 2), der nur auf einer Schilderung des Klägers beruhen kann. Indessen wurde dieser Arztbericht erst vier Monate nach dem Unfallereignis erstellt und es ist nicht gesichert, dass der behandelnde Arzt den Bericht des Klägers zutreffend aufgenommen und im Arztbericht festgehalten hat. Erfahrungsgemäß legt der vom Patienten aufgesuchte Arzt sein Hauptaugenmerk bei einer Erstbehandlung nicht auf den Unfallhergang, sondern auf dessen Folgen. Des Weiteren ist der fragliche Vermerk in verschiedener Weise interpretierbar. So kann die Passage im Arztbericht „auf glattem Gehweg im Bereich einer Bordsteinkante mit dem linken Fuß umgeknickt“ auch dahin verstanden werden, dass der Sturz sich auf dem glatten Gehweg ereignet hat und lediglich eine gewisse Nähe zur Bordsteinkante zum Ausdruck gebracht werden sollte. Zu berücksichtigen ist zusätzlich, dass im Arztbericht der Fachklinik E… vom 27.04.2005 (Anlage K 3) folgendes zum Unfallhergang festgehalten worden ist: „Auf dem Weg zum Arbeitsamt auf vereistem Gehweg weggerutscht und dabei mit dem linken Fuß umgeknickt“. Diese Dokumentation stützt die Darstellung des Klägers und deutet gerade nicht auf ein Umknicken im Bereich der Bordsteinkante hin.
b)
40 
Nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts ist der Beklagte seiner Verkehrssicherungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Nach den Angaben des Zeugen S… war der Gehwegbereich vor der Parkplatzeinfahrt und entlang des Gebäudes des Beklagten nicht geräumt (Bl. 55 d.A.); es habe dort mehr oder weniger Eis gelegen, es sei keine Spur frei gewesen (Bl. 54 d.A.). In der gleichen Art und Weise äußerte sich der Zeuge R…. Als dieser den Kläger angetroffen habe, habe dieser knöcheltief im Schnee gestanden (Bl. 57 und Bl. 58 d.A.). Nach der Erinnerung der Zeugin S…. waren am Standort des Klägers fester Schnee und Eisplatten vorhanden (Bl. 59 d.A.). Dieser Zustand wird den Anforderungen der §§ 5 und 6 der Streupflichtsatzung der Stadt S… G… nicht gerecht. Mit nachvollziehbaren Argumenten hat das Landgericht den Aussagen der Zeugin A… keinen Glauben geschenkt. Dies wird von der Berufung hingenommen.
c)
41 
Es liegt auf der Hand, dass die Verkehrssicherungspflichtverletzung mitursächlich für den Sturz des Klägers war. Auch nach der Überzeugung des Senats ist die Einlassung des Klägers durchaus glaubhaft, er sei auf einer glatten Stelle weggerutscht und nach hinten umgestürzt. Von dem eigenen Vortrag des Beklagten ausgehend, der Kläger habe Schuhe mit glatten Sohlen getragen, war die Rutschgefahr sogar besonders erhöht.
42 
Es kann dahinstehen, ob die rechtsseitige Hemiparese des Klägers mit zum Sturz beigetragen hat, was vom gerichtlichen Sachverständigen PD Dr. R… verneint wird (Bl. 119 d.A.). Denn bestehende Vorerkrankungen entlasten den Beklagten als Schädiger grundsätzlich nicht. Wer einen Kranken verletzt, kann nicht so gestellt werden, als habe er einen Gesunden geschädigt (BGH NJW-RR 2002, 868; BGH NJW 1956, 1108).
2.
43 
Ein weit überwiegendes oder gar ein alleiniges Verschulden des Klägers am Unfall hat der Beklagte nicht zu beweisen vermocht.
a)
44 
Nach der Rechtsprechung begründet ein Sturz infolge Glatteis nicht stets ein Mitverschulden des Fußgängers. Vielmehr ist es eine Frage des Einzelfalles, ob dem Geschädigten vorgeworfen werden kann, er habe durch ein Verhalten, das den durch Schnee und Eis herbeigeführten winterlichen Verhältnissen nicht genügend Rechnung getragen habe, zur Schadensentstehung beigetragen (BGH NJW-RR 1997, 1109; OLG München, Urteil vom 13.03.2008 - 1 U 4314/07, zitiert nach juris). Die Beweislast für ein Mitverschulden trägt dabei der Schädiger, der auch die Kausalität eines möglichen Eigenverschuldens für den Schaden belegen muss (Palandt/Heinrichs, 68. Aufl. 2009, § 254 BGB Rn. 74).
b)
45 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund geht der Vorwurf des Beklagten, der Kläger habe den Gehsteig wechseln müssen, fehl. Dem Beklagten ist zwar im Grundsatz darin zuzustimmen, dass grundsätzlich von einem Verkehrsteilnehmer zu verlangen ist, eine von ihm erkannte Gefahrenstelle zu umgehen. Allerdings fehlt es bereits an einem konkreten Vortrag des Beklagten dazu, dass der gegenüberliegende Gehweg überhaupt gefahrlos vom Kläger hätte begangen werden können. Im Übrigen hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass er den Gehweg entlang des Gebäudes J… Straße ….deshalb benutzt habe, um zu seinem vor diesem Gebäude geparkten Auto zu gelangen. Dass der Kläger die für ihn kürzeste Wegstrecke gewählt hat, erscheint nicht zwingend vorwerfbar.
46 
Die weitere Feststellung des Landgerichts, der Kläger habe Schuhwerk mit glatten Sohlen getragen, nimmt der Beklagte als für ihn günstig hin. Ein Alleinverschulden des Klägers lässt sich daraus jedoch nicht ableiten, weil nicht sicher ist, dass der Sturz verhindert worden wäre, falls der Kläger den Witterungsverhältnissen angepasstes Schuhwerk getragen hätte. Die Unaufklärbarkeit des Sachverhaltes in diesem Punkt wirkt sich zum Nachteil des Beklagten aus, der auch insoweit beweisbelastet ist.
c)
47 
Nach Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge gemäß § 254 Abs. 1 BGB tritt die fahrlässige Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten nicht vollständig hinter das Eigenverschulden des Klägers zurück. Beide Ursachen, die von den Parteien gesetzt wurden, haben die Gefahr eines Unfalles erhöht. Zwar wiegt das Verschulden des Klägers, der sich im Winter bei Schnee und Eisglätte mit nicht wintertauglichem Schuhwerk nach draußen begeben hat, schwerer als dasjenige des Beklagten. Bei beiderseitiger Fahrlässigkeit hat jedoch regelmäßig der Geschädigte den Schaden nur dann allein zu tragen, wenn dieser die weitaus überwiegende Schadensursache gesetzt hat (Palandt/Heinrichs, a.a.O. § 254 BGB Rn. 68). Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.
48 
Im Ergebnis hält der Senat eine Haftungsquote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers aus diesen Gründen mit dem Landgericht für gerechtfertigt.
3.
49 
Auf der Basis der vorerwähnten Haftungsquote steht dem Kläger lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 EUR nebst Zinsen im tenorierten Umfang zu.
a)
50 
Nach den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Behandlungsunterlagen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger unfallbedingt einen Sprunggelenksverrenkungsbruch links vom Typ Weber B/C mit Verschiebung davongetragen (vgl. Anlage K 1), der im Rahmen des stationären Aufenthaltes vom 01.02.2005 bis 11.02.2005 mittels einer offenen Reposition mit Plattenosteosynthese, interfragmentärer Verschraubung und Stellschraube versorgt worden ist. Am 08.04.2005 erfolgte die ambulante Entfernung der Stellschraube, wobei sich zeigte, dass die Stellschraube gebrochen war, sodass der Stellschraubenrest belassen werden musste. Nach einer zunehmenden Auslockerung des Stellschrauben-Restes sowie der Bildung eines Brückenkallus zwischen Fibula und Tibia wurde während einer weiteren stationären Therapie zwischen dem 01.09. und dem 05.09.2005 in der S… Klinik das noch vorhandene Metall entfernt, eine Rehabilitationsbehandlung in B.. W… zwischen dem 12.10. und dem 02.11.2005 schloss sich an. Vom 01.02.2005 bis 27.11.2005 war der Kläger arbeitsunfähig.
51 
Sämtliche vorerwähnten Behandlungsmaßnahmen sind kausal auf den Sturz vom 01.02.2005 zurückzuführen. Dies gilt auch für den Bruch der Stellschraube, weil der weitere Sturz des Klägers in seiner Wohnung, der zur stationären Behandlung vom 16.02. bis zum 26.02.2005 in der S… Klinik führte, keinen Stellschraubenbruch verursacht haben kann. Denn aus den Röntgenaufnahmen des linken oberen Sprunggelenkes, die im Rahmen der Aufnahme beim zweiten stationären Aufenthalt ab dem 16.02.2005 gefertigt wurden, lässt sich ein regelrecht einliegendes Implantatmaterial mit intakter Stellschraube erkennen, wie der Sachverständige PD Dr. R… im Gutachten vom 10.08.2007 festgestellt hat (Bl. 120 d.A.). Demnach ist eine kausale Verknüpfung zwischen dem haftungsbegründenden Unfallereignis und sämtlichen Komplikationen, die mit dem Bruch der Stellschraube in Zusammenhang stehen, zu bejahen. Weitere Ermittlungen waren vom Landgericht zur Kausalitätsproblematik nicht anzustellen.
52 
Ebenfalls als unfallbedingt anzusehen ist die stationäre Therapie in der S… Klinik zwischen dem 16.02. und dem 26.02.2005, die sich an einen postoperativen Sturz zu Hause angeschlossen hat (vgl. Anlage K 1). Nach dem ärztlichen Bericht des Klinikums S… G… vom 25.02.2005 (nach Bl. 130 d.A.) kam der Kläger wegen seiner Halbseitenschwäche auf der rechten Seite zu Hause nicht zurecht und war erneut gestürzt. Einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 01.02.2005 und dem zweiten Sturz bzw. der sich daran anschließenden stationären Behandlung hat der Sachverständige PD Dr. R… in seinem Gutachten vom 10.08.2007 für gegeben erachtet (Bl. 120 d.A.). Gleiches gilt für die Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik E… zwischen dem 03.03. und dem 24.03.2005 und die ambulante Rehabilitationsmaßnahme vom 06.04. bis 23.06.2005. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach dem Sprunggelenksbruch mit einem Vakoped-Schuh versorgt war und an zwei Unterarmgehstützen gehen musste, wie sich aus dem Arztbericht der Fachklinik E… vom 27.04.2005 ergibt (Anlage K 3). Es liegt sehr nahe, dass dem Kläger das Gehen unter diesen Umständen erschwert war und dadurch ein Stolpern in der Wohnung begünstigt wurde, wobei möglicherweise die Halbseitenschwäche des Klägers eine gewisse Rolle gespielt hat, ohne dass dies für die rechtliche Beurteilung von Bedeutung wäre.
53 
Als Dauerschaden verbleibt dem Kläger eine eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich des linken oberen Sprunggelenks in Dorsalextension von ca. 10 % sowie eine diskrete Schwellung im Bereich des Unterschenkels (S. 14/16 des Gutachtens PD Dr. R…). Vermehrte degenerative Veränderungen im Sinne einer rasch zunehmenden posttraumatischen Arthrose bestehen im Bereich des oberen Sprunggelenks nach diesem Gutachten nicht. Im Bereich der ehemaligen Stellschraube findet sich eine Verkalkungsstruktur zwischen Wadenbein und Schienbein, ohne dass deshalb funktionelle Defizite oder Spätfolgen zu erwarten wären. Am oberen Sprunggelenk ist jedoch die Entwicklung einer posttraumatischen Arthrose möglich (S. 16 des Gutachtens PD Dr. R…).
54 
Was die Frakturlinie im Sprungbein anlangt, die in der Beurteilung der Kernspintomographie vom 19.12.2007 durch die radiologisch-nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis G… Erwähnung findet (Bl. 222 d.A.), hat der Sachverständige PD Dr. K… überzeugend ausgeführt, eine solche Frakturlinie sei weder im Röntgenbild noch in der Kernspintomographie sichtbar (S. 20 des Gutachtens). Selbst wenn man die Verbindung zwischen den zystischen Veränderungen als Fraktur deuten würde, wäre fast drei Jahre nach dem eigentlichen Trauma ein Zusammenhang mit dem Unfall vom 01.02.2005 nicht mehr herstellbar, wie der gerichtliche Gutachter weiter ausgeführt hat (ebenfalls S. 20). Somit lässt sich die vom Kläger behauptete Frakturlinie im Sprungbein jedenfalls nicht mit der notwendigen Sicherheit auf den streitgegenständlichen Sturz zurückführen.
55 
Die vom Kläger ferner angeführte Osteochondrosis dissecans beruht ebenfalls nicht zweifelsfrei auf dem vom Beklagten verschuldeten Unfall. Zwar besteht beim Kläger ein zystischer Defekt im Bereich der lateralen Talusschulter. Für diesen Defekt kommen jedoch eine ganze Reihe von Faktoren als Ursache in Betracht, wie vom Sachverständigen PD Dr. K… näher erläutert worden ist (Halbseitenlähmung, Durchblutungsstörungen, Hyperlipidämien, repetitive mechanische Belastungen, Mikrofrakturen, Cortisonbehandlungen etc.; vgl. S. 18/19 des Gutachtens). Insgesamt hat der Gutachter einen traumatischen Ursprung der Osteochondrosis dissecans nicht für sehr wahrscheinlich erachtet (S. 19 des schriftlichen Gutachtens). Eine andere Betrachtungsweise ist insoweit nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T… im Zwischenbericht vom 01.02.2008 (Anlage K 25, Bl. 245/246 d.A.) einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis bejaht hat. Denn bereits auf den Röntgenbildern vom 07.02.2005 und somit ganz kurz nach dem Sturz vom 01.02.2005 ist, so der gerichtliche Gutachter PD Dr. K… weiter (S.19 des Gutachtens), eine Transparenzminderung im Bereich der lateralen Talusschulter erkennbar, was dem radiologischen Befund eines Stadium I einer ostechondralen Läsion entspricht. Zum 25.07.2007 lässt sich aus den vom Sachverständigen ausgewerteten Röntgenaufnahmen eine Sklerosezone und damit ein Stadium II – III erkennen. Dieser Befund deutet darauf hin, dass schon zum Unfallzeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits ein Stadium I einer Osteochondrosis dissecans vorgelegen hat, die im weiteren Verlauf fortgeschritten ist. Dies spricht klar gegen den von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T… hergestellten Ursachenzusammenhang, die im Übrigen den Kläger nicht speziell im Hinblick auf die Genese einer möglichen Ostechondrosis dissecans untersucht hat.
56 
Mögliche persistierende Sprunggelenksschmerzen links, die vom Kläger beklagt werden, können ebenfalls nicht mit der notwendigen Sicherheit kausal auf den Unfall zurückgeführt werden (S. 20 des Gutachtens PD Dr. K…).
57 
Nach der nachvollziehbar dargelegten Auffassung des Gutachters Prof. Dr. S… liegt beim Kläger auch keine unfallbedingte posttraumatische Belastungsstörung entsprechend den diagnostischen Kriterien des DSM-IV vor. So fehlt ein ganz erheblich belastendes Ereignis vergleichbar denjenigen, die der Sachverständige in seinem Gutachten näher beschrieben hat (dort S. 22). Hinzu kommt, dass es auch an einer psychischen Erstreaktion gefehlt hat und ein Behandlungsbedarf erst 2006 aufgetreten ist. Zwar ist grundsätzlich auch eine sekundäre Entstehung von psychischen Störungen bekannt. Jedoch können nur schwere unfallbedingte körperliche Beeinträchtigungen solche psychischen Störungen auslösen, die beim Kläger gerade nicht vorliegen. Die geringgradige Bewegungseinschränkung sei funktionell ohne nennenswerte Bedeutung (S. 22/23 des Gutachtens). Vor diesem Hintergrund kann der streitgegenständliche Vorfall nicht zweifelsfrei als Ursache einer depressiven Störung bzw. einer posttraumatischen Belastungsstörung angesehen werden, zumal beim Kläger unfallunabhängige Kausalketten denkbar sind (Halbseitenschwäche, Arbeitslosigkeit, Aufgabe bzw. Unterbrechung der Dissertation; vgl. Anlage K 19 A). Die vom Sachverständigen Prof. Dr. S… beschriebene Teilschädigung des Nervus peronaeus links hat keinerlei funktionelle Relevanz (S. 24 des Gutachtens).
58 
Allerdings ist von einem verzögerten Heilungsverlauf auszugehen, der krankengymnastische Behandlungen mindestens bis Mai 2009 erforderlich gemacht hat (Anlage K 21, Bl. 226/229 d.A., und Bl. 382/384 d.A.), möglicherweise sogar darüber hinaus. Des weiteren ist am linken Außenknöchel eine ca. 11 cm lange schmale Narbe mit bräunlichen Hyperpigmentierungen verblieben, die ästhetisch als sehr unschön beschrieben wird (vgl. Anlage K 22, Bl. 230 d.A.). Für längere Zeit war der Kläger zusätzlich bei der Sportausübung beeinträchtigt (vgl. Anlage K 26, Bl. 247 d.A.).
59 
Die Ausführungen sämtlicher Sachverständigen sind nachvollziehbar und erkennbar von Sachkunde getragen. Sie werden daher vom Senat der Entscheidung zugrunde gelegt. Die Voraussetzungen des § 412 Abs. 1 ZPO für die Einholung eines neuen Gutachtens liegen nicht vor. Dass die vom Senat hinzugezogenen Gutachter von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen wären, wird vom Kläger nicht geltend gemacht. Mängel des Gutachtens sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die Begutachtung von Prof. Dr. S…. Zu Recht hat dieser Gutachter darauf hingewiesen, dass weder in der Bescheinigung der Psychotherapeutin H… noch in dem Bericht von Prof. Dr. B… Befunde mitgeteilt wurden, die auf eine psychische Belastungsstörung schließen lassen (vgl. Anlage K 19 a, Bl. 224 d.A., und Anlage K 20, Bl. 225 d.A.). Die Richtigkeit des Gutachtens von Prof. Dr. S… zeigt sich zusätzlich darin, dass die psychologische Psychotherapeutin H… in ihrer Bescheinigung vom 23.01.2008 (Anlage K 19 A) ausdrücklich von einer Partnerkrise mit Trennung, einem Karriereabbruch, von einer gescheiterten beruflichen Wiedereingliederung und einem sozialen Abstieg verbunden mit familiären Konflikten spricht mit der Folge, dass sich die vom Kläger beschriebenen psychischen Störungen ohne weiteres anderweitig erklären lassen und erst recht eine Verantwortlichkeit des Beklagten hierfür nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen ist.
60 
Da die in der Berufungsinstanz neu vom Kläger berichteten Gesundheitsverletzungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit dem Unfall vom 01.02.2005 zugerechnet werden können, kann dahinstehen, ob der Kläger mit diesem Vorbringen nach §§ 529 Abs. 1 Nr.2, 531 Abs. 2 ZPO präkludiert ist.
b)
61 
Die näher beschriebenen unfallbedingten immateriellen Nachteile, die der Kläger erlitten hat, rechtfertigen, würde der Beklagte voll haften, ein Schmerzensgeld in Höhe von maximal 12.000,00 EUR.
62 
Die Schmerzensgeldvorstellungen des Klägers in Höhe von 25.000.-- EUR sind ganz erheblich übersetzt. Das OLG Brandenburg hat einem Verkehrsunfallopfer mit Wirbel-, Ole-cranon- und Oberschenkelfrakturen, einem stumpfen Bauchtrauma mit Milzkapseleinriss und Rissverletzungen mit der Folge posttraumatischer Belastungsstörungen und teilweisen Bewegungseinschränkungen ein Teilschmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 EUR zuerkannt (VRR 2007, 468). 25.000,00 EUR Schmerzensgeld wurde einem Verkehrsunfalloper mit Schädel-Hirntrauma, einer offenen Ellenbogengelenks-Luxationstrümmerfraktur links, einer Fraktur der proximalen Ulna, einer Abrissfraktur am großen Rollbügel des Oberschenkelknochens und einer Komplexinstabilität des linken Kniegelenks mit Zerreißung des vorderen Kreuzbandes und des inneren Seitenbandes etc. durch das brandenburgische Oberlandesgericht mit Urteil vom 28.08.2002 (14 U 154/01; zitiert nach juris) zugebilligt. Glücklicherweise wiegen die Gesundheitsverletzungen, die der Kläger davongetragen hat, weit weniger schwer.
63 
Ein Glatteisunfall wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung bei einer 67 Jahre alten Frau mit einer Sprunggelenksfraktur rechtfertigt bei normalem Heilungsverlauf ein Schmerzensgeld von ca. 5.500,00 EUR (OLG München, Urteil vom 31.10.2007 - 1 U 3776/07; zitiert nach juris). Das OLG Köln hat mit Urteil vom 16.10.1992 (NJW-RR 1993, 350) bei einem Sturz infolge Glatteis mit Sprunggelenksfraktur, mehreren nachfolgenden Operationen, die Gefahr einer Versteifung und Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % ein Schmerzensgeld von ca. 7.000,00 EUR zuerkannt. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % auf Dauer und einer Frühberentung als Folge einer fahrlässigen Körperverletzung mit Sprunggelenksfraktur und Verletzungen im Hüftbereich hielt das Kammergericht ein Schmerzensgeld in Höhe von ca. 4.000,00 EUR für adäquat (Urteil vom 30.01.1989, 22 U 3213/88; zitiert nach juris). Nach einem Sprunggelenksbruch infolge Ausgleitens auf schneeglattem, nicht gestreutem Gehweg hielt das Kammergericht ca. 2.500,00 EUR Schmerzensgeld für gerechtfertigt, wobei die Geschädigte jedenfalls bei Gängen auf die Straße auf den Stock angewiesen war (Urteil vom 15.02.1981, 9 U 8014/89; zitiert nach juris). Bei einem Sprunggelenksbruch mit einer Absplitterung des Fersenbeines hat der Geschädigte, dem der vorher ausgeübte Leistungssport unmöglich gemacht wurde, ein Schmerzensgeld in Höhe von ca. 2.500,00 EUR erhalten (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.11.1987 - 22 U 115/87, ebenfalls zitiert nach juris).
64 
Unter Berücksichtigung insbesondere des verzögerten Heilungsverlaufes, der eingetretenen Komplikationen und der mehrfachen Operationen, der verschiedenen Krankenhausaufenthalte und Rehabilitationsmaßnahmen und des gering ausgeprägten Dauerschadens ohne Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit sowie der möglichen Zukunftsschäden erachtet der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von maximal 12.000,00 EUR bei voller Haftung für angemessen, aber auch ausreichend (§ 253 BGB). Da der Beklagte zu einem Drittel ersatzpflichtig ist, kann der Kläger Zahlung von 4.000,00 EUR beanspruchen.
c)
65 
Die zugesprochene Nebenforderung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Rechtshängigkeitszinsen schuldet der Beklagte gem. § 187 Abs. 1 BGB ab dem 05.09.2006, da die Klage dem Beklagten am 04.09.2006 (Bl. 15 d.A.) zugestellt wurde (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 187 BGB Rn. 1 m.w. Nachw.).
4.
66 
Den vom Landgericht zuerkannten Ersatzanspruch bezüglich des eingetretenen materiellen Schadens hat der Beklagte nicht angegriffen. Rechtsfehler sind insoweit nicht erkennbar. Zinsen in der gesetzlichen Höhe kann der Kläger ab dem 05.09.2006 beanspruchen.
5.
67 
Unter den gegebenen Umständen hat das Landgericht ferner zu Recht dem Feststellungsantrag im Umfang von 1/3 stattgegeben. Die Entstehung künftiger materieller Schäden ist möglich. Aufgrund des Schadensbildes kann auch der Eintritt von weiteren, unvorhergesehenen immateriellen Nachteilen nicht ausgeschlossen werden.
II.
68 
Berufung des Klägers:
69 
Die Auffassung des Landgerichts, dass der Kläger sich gemäß § 254 Abs. 1 BGB ein Mitverschulden im Umfang von 2/3 anrechnen lassen muss, begegnet keinen Bedenken (1.). Das weitergehende Schmerzensgeldverlangen des Klägers ist nicht berechtigt (2.). Die Klageerweiterung ist zulässig und teilweise begründet (3.).
1.
70 
Der Kläger hat den Glatteisunfall vom 01.02.2005 zum überwiegenden Teil selbst verursacht und verschuldet.
a)
71 
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts hat der Kläger am 01.02.2005 Schuhe mit glatter Sohle getragen. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Feststellungen bestehen nicht. Der Zeuge Dr. K… hat im Rahmen seiner Vernehmung vom 16.01.2007 angegeben, der Kläger habe Schuhe mit ganz glatten Sohlen getragen (Bl. 70 d.A.). Dies wird bestätigt durch die Erklärungen der Zeugin S…, von der zu erfahren war, dass es sich um Lederschuhe mit glatter Sohle gehandelt habe (Bl. 59 d.A.). Da es sich bei der Zeugin S… um eine unbeteiligte, weder dem Kläger noch dem Beklagten nahe stehende Person handelt, die keinerlei Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens hat, besteht keinerlei Veranlassung, an ihrer Glaubwürdigkeit zu zweifeln.
72 
Dem Beweisantrag des Klägers, den Zeugen A…. dazu zu vernehmen, dass die Schuhe sowohl vor als auch nach dem Unfall die gleichen Sohlen mit gummiertem (wintertauglichem) Profil aufgewiesen hätten, wie sie jetzt neu angebracht worden seien, der in der Berufungsbegründung enthalten ist (Bl. 215/216 d.A.), war nicht nachzugehen. Bei diesem Vortrag nebst Beweisantritt handelt es sich um neues Vorbringen im Sinne von §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO, mit dem der Kläger ausgeschlossen ist. Bereits im Rahmen der Klageerwiderung hat der Beklagte behauptet, der Kläger habe Schuhe mit glatten Sohlen getragen (vgl. Bl. 23 d.A.). Der Kläger hat weder vor noch nach Durchführung des Termins vor dem Landgericht vom 16.01.2007, der auch zur Vernehmung der Zeugen Dr. K… und S.. diente, die Vernehmung des Zeugen A.. angeboten, obwohl hierzu nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, die insoweit Nachteiliges für den Kläger zur Sprache gebracht hat, Veranlassung bestanden hätte. Im Falle eines rechtzeitigen Beweisantritts hätte dieser Zeuge noch geladen und im weiteren erstinstanzlichen Termin vom 06.11.2007 vernommen werden können. Entschuldigungsgründe dafür, warum der fragliche Beweisantrag nicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren gestellt worden ist, hat der Kläger nicht mitgeteilt. Deswegen beruht die Nichtbenennung des Zeugen im ersten Rechtszug auf einer Nachlässigkeit des Klägers im Sinne von § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, der Entschuldigungsgründe darzulegen hat (vgl. Gummer/Heßler in Zöller, 27. Aufl. 2009, § 531 ZPO Rn. 34). Sollte sich der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers auf den Zeugen A… erst im zweiten Rechtszug berufen haben, obwohl der Kläger diesem gegenüber den Zeugen schon früher benannt hat, läge ein anwaltliches Verschulden vor, für welches der Kläger ebenfalls einzustehen hätte (§ 85 Abs. 2 ZPO). Dass der Kläger den Zeugen in den Termin vor dem Senat vom 08.04.2009 gestellt hat, lässt die Präklusion gem. §§ 529, 531 ZPO unberührt.
73 
Da unstreitig die fraglichen Schuhe nach dem Unfall neu besohlt worden sind, ist auch die Einnahme eines Augenscheins entbehrlich, weil sich dadurch der ursprüngliche Zustand der Sohlen zum Unfallzeitpunkt nicht belegen lässt.
b)
74 
Wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, hängt die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, § 254 Abs. 1 BGB. Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht kommt ein Mitverschulden immer dann in Betracht, wenn ein sorgfältiger Mensch Anhaltspunkte für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung hätte rechtzeitig erkennen können und er die Möglichkeit besaß, sich auf die Gefahr einzustellen (OLG Saarbrücken OLGR 2004, 623; OLG München, Urteil vom 13.03.2008 - 1 U 4314/07, zitiert nach juris). So liegt der Fall hier. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist bei einem schnee- und eisbedeckten Gehweg mit einer Sturzgefahr zu rechnen. Wer sich hierauf nicht entsprechend einrichtet, muss sich regelmäßig ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen (OLG München OLGR München 2000, 49); im vorliegenden Fall ist ein grobes Verschulden des Klägers darin zu erblicken, dass dieser den Gehweg in der G… Straße vor dem Gebäude des Beklagten mit Schuhen mit glatter Sohle beschritten hat. Hierbei hat es sich um ein besonders gefahrträchtiges Verhalten gehandelt.
75 
Hingegen steht nicht fest, dass der Kläger unvorsichtig gegangen wäre. Ein allgemeiner Grundsatz, dass bei Stürzen infolge von Glatteis stets ein Mitverschulden des Fußgängers anzusetzen ist, besteht nicht, weil sich – wie bereits dargelegt worden ist - nicht jeder Glatteisunfall durch aufmerksames und vorsichtiges Gehen vermeiden lässt (siehe oben unter B. I. 2 lit. a).
c)
76 
Bei Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge überwiegt der Anteil des Klägers. Während sich das Verhalten des Beklagten als (einfache) Fahrlässigkeit darstellt, ist dem Kläger ein grober Sorgfaltspflichtverstoß zur Last zu legen. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die vom Landgericht zu Grunde gelegte Haftungsquote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers nicht zu bemängeln.
2.
77 
Ein über das erstinstanzliche Urteil hinausgehender Schmerzensgeldanspruch des Klägers besteht nicht.
78 
Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die vorangegangenen Ausführungen unter B. I. 3. Bezug genommen.
3.
79 
Dass dem Kläger ein materieller Schaden im Umfang von 1.048,35 EUR entstanden ist, ist unstreitig. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Klägers ist ein Betrag in Höhe von 349,45 EUR nebst Zinsen erstattungsfähig (Tenor Ziff. I.1.).
80 
Mit seiner Berufung hat der Kläger die Klage um die Kosten für zwei ärztliche Atteste (vgl. Anlage K 23, Bl. 231 d.A., und Anlage K 24, Bl. 232 d.A.) in Höhe von 50,00 EUR erweitert. Die Voraussetzungen für eine Klageerweiterung gemäß § 533 ZPO sind erfüllt. Diese Kosten sind durch den streitgegenständlichen Unfall entstanden. Hiervon hat der Beklagte 1/3 = 16,67 EUR zu erstatten (Tenor Ziff. II.). Rechtshängigkeitszinsen schuldet der Beklagte gem. § 187 Abs. 1 BGB ab dem 02.02.2008, da die Berufung des Klägers der Gegenseite am 01.02.2008 (Bl. 233 d.A.) zugestellt wurde (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 187 BGB Rn. 1 m.w. Nachw.).
III.
81 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
82 
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Fragen von einer über den vorliegenden Einzelfall hinausgehenden Bedeutung sind nicht ersichtlich. Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichtes nicht.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 325/08
vom
10. November 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Nach allgemeinem Grundsatz macht sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme
zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu
Eigen.

b) In der Nichtberücksichtigung eines Beweisergebnisses, das sich eine Partei als für
sie günstig zu Eigen gemacht, kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör liegen.
BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen, die Richter Pauge,
Stöhr und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. November 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 35.811,79 €

Gründe:

1
1. Die Klägerin, die sich vom 17. Februar 1997 bis zum 28. Januar 2000 in zahnärztlicher Behandlung des Beklagten befand, hat diesen auf Rückzahlung von Honorar sowie auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage (nur) hinsichtlich eines Teils des Feststellungsantrags stattgegeben, weil die Versorgung der Frontzähne des Unterkiefers (Kronen 33 bis 43) behandlungsfehlerhaft erfolgt sei. Auf die Berufung hat das Oberlandesgericht der Klägerin zusätzlich Ersatz materiel- len Schadens (Nachbehandlungskosten) sowie ein Schmerzensgeld von 5.000,00 € zuerkannt und den Feststellungsausspruch erweitert. Es hat, anders als das Landgericht, einen Behandlungsfehler nicht für erwiesen erachtet, eine Ersatzpflicht des Beklagten jedoch deshalb bejaht, weil dieser die ihm obliegende Pflicht zur therapeutischen Aufklärung hinsichtlich der Notwendigkeit regelmäßiger Pflege und regelmäßiger Kontrolle des Zahnersatzes verletzt und dadurch die Notwendigkeit der Nachbehandlung verursacht habe. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
2
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Dieses hat den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
3
a) Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht die Höhe des der Klägerin zuerkannten Schadensersatzanspruchs (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) aufgrund verfahrensfehlerhafter Tatsachenfeststellungen beurteilt hat.
4
Das Landgericht hat mit Beweisbeschluss vom 30. Juni 2005 die Einholung eines zahnmedizinischen Sachverständigengutachtens angeordnet und an den mit Beschluss vom 17. August 2005 bestellten Sachverständigen Dr. Dr. B. u.a. die Frage gerichtet, ob zur Sanierung des Gebisses der Klägerin die in dem von ihr vorgelegten Heil- und Kostenplan des Zahnarztes A. vom 30. Juli 2004 aufgeführten Maßnahmen mit voraussichtlichen Kosten in Höhe von 25.811,79 € ausgeführt werden müssen. Diese Frage hat der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten vom 28. Dezember 2005 teilwei- se verneint und erklärt, die Maßnahmen gemäß diesem Heil- und Kostenplan müssten nicht ausgeführt werden. Der Heil- und Kostenplan habe sich und werde sich noch gravierend ändern. So sei ein Implantat an Stelle des Zahns 21 nicht erforderlich, weil dieser Zahn fest im Kieferknochen stehe. Im Unterkiefer seien nur zwei und nicht sechs Implantate gesetzt. Da die Folgekonstruktion etwas anders ausfalle, dürfte sich die Summe etwa um die Hälfte reduzieren.
5
Diese Ausführungen des Sachverständigen durfte das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung nicht mit der von ihm gegebenen Begründung unberücksichtigt lassen, dass der Beklagte erhebliche Einwendungen gegen die Richtigkeit und Angemessenheit des Heil- und Kostenplans nicht erhoben habe. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen macht (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 1991 - VI ZR 102/90 - VersR 1991, 467, 468 mit Anm. Jaeger). Gegen diesen allgemeinen Grundsatz hat das Berufungsgericht verstoßen. Es hat die Höhe des Ersatzanspruchs nämlich allein auf der Grundlage des von der Klägerin vorgelegten Heil- und Kostenplans bemessen, in dem jedoch Maßnahmen aufgeführt sind, die nach Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen teilweise gar nicht notwendig sind, so dass die für die Sanierung des Gebisses erforderlichen Kosten voraussichtlich deutlich unter dem von dem Zahnarzt A. genannten Betrag liegen werden.
6
Dafür, dass der Beklagte sich dieses für ihn günstige Beweisergebnis nicht wenigstens hilfsweise zu eigen gemacht hat, ist nichts ersichtlich. Das Berufungsgericht durfte dieses Beweisergebnis bei seiner Entscheidungsfindung deshalb nicht als unerheblich bewerten. Die Nichtberücksichtigung des für den Beklagten günstigen Beweisergebnisses bedeutet, dass das Berufungsgericht erhebliches Vorbringen des Beklagten übergangen und damit dessen verfas- sungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.
7
b) Die Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Beweisergebnisses zu einer anderen Beurteilung der Höhe des der Klägerin zuerkannten Ersatzanspruchs gekommen wäre.
8
3. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, der im angefochtenen Urteil nicht erörterten Frage eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin nachzugehen, die das Landgericht bejaht hat. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht auch die von dem Beklagten in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung aufgezeigten Bedenken gegenüber der Beweiswürdigung hinsichtlich der therapeutischen Aufklärung und der Absicht der Klägerin, die Behandlung durchführen zu lassen, zu berücksichtigen haben. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.08.2007 - 3 O 606/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.11.2008 - I-18 U 7/08 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 138/11 Verkündet am:
12. Juni 2012
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sind im Bereich eines Grundstücks nur vereinzelte Glättestellen ohne erkennbare
Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vorhanden, ist nicht von
einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, die eine Streupflicht begründen
könnte.
BGH, Urteil vom 12. Juni 2012 - VI ZR 138/11 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke und die Richter Zoll,
Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz aufgrund eines Glatteisunfalls.
2
Sie suchte am Sonntag, dem 23. Dezember 2007, gegen 10.00 Uhr im Auftrag ihrer Arbeitgeberin, eines Pflegedienstunternehmens, das Grundstück der Beklagten, einer Kundin, auf, um ihr eine Weihnachtsgrußkarte zukommen zu lassen. Von der Straße aus führt ein etwa zwei Meter breiter Weg auf dem Grundstück zum Hauseingang, den die Klägerin benutzte, um die Karte in den Briefkasten einzuwerfen. Als sie in Richtung ihres Fahrzeugs zurückging, kam sie auf dem Weg zu Fall.
3
Die Klägerin hat behauptet, sie sei auf dem zum Grundstück der Beklagten gehörenden, unstreitig nicht gestreuten Weg auf einer Eisfläche, die ein Ausmaß von etwa 20 x 30 cm gehabt und sich mittig auf dem Weg nahe der Grundstücksgrenze befunden habe, ausgerutscht und deshalb gestürzt. Weder auf dem Hinweg zum Hauseingang der Beklagten noch auf dem Rückweg habe sie diese Eisfläche bemerken können.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin verneint, weil es nicht habe feststellen können, dass die Beklagte die ihr obliegende Räum- bzw. Streupflicht verletzt habe.
6
Diese Pflicht setze eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein vereinzelter Glättestellen voraus. An dem Vorliegen einer solchen allgemeinen Glätte bestünden bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin Zweifel. Diese habe bei ihrer persönlichen Anhörung angegeben, sie habe vor dem Sturz kein Eis wahrgenommen, auch nicht auf der Straße. Auch auf dem Weg der Beklagten habe sie keine weiteren vereisten Stellen bemerkt.
7
Jedenfalls lasse sich nicht feststellen, dass es bereits vor 9.15 Uhr zu einer allgemeinen Glätte gekommen sei. Nach dem Gutachten des Deutschen Wetterdienstes sei es in der Zeit zwischen etwa 8.30 Uhr und 9.15 Uhr zu leich- tem, kurzzeitig auch mäßigem Regen gekommen, der auf dem unterkühlten Boden gefroren sei. Da nicht sicher feststellbar sei, zu welcher Uhrzeit konkret im Bereich des Grundstücks der Beklagten Niederschlag eingesetzt habe, könne von Regenfall mit der Folge einer allgemeinen Glättebildung erst um 9.15 Uhr ausgegangen werden. Zur Erfüllung der Räum- und Streupflicht sei dem Pflichtigen im Regelfall ein Zeitraum von nicht unter einer Stunde nach Einsetzen der allgemeinen Glätte zuzubilligen, wenn nicht aufgrund besonderer Umstände Anlass zu einer früheren Durchführung von Räum- bzw. Streumaßnahmen bestehe. Bei der am Unfalltag herrschenden Wetterlage hätten keine hinreichend erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr bestanden , die ausnahmsweise vorbeugende Maßnahmen geboten hätten. Es sei auch nicht festzustellen, dass die Beklagte am Unfalltag, einem Sonntag, damit habe rechnen müssen, dass Personen schon um 10.00 Uhr ihr Grundstück beträten.

II.

8
Die vorstehenden Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine Verletzung der der Beklagten obliegenden Räum- bzw. Streupflicht nicht festgestellt werden könne, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
9
1. Nach allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung muss der Verletzte alle Umstände beweisen, aus denen eine Streupflicht erwächst und sich eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht ergibt. Er muss deshalb den Sachverhalt dartun und gegebenenfalls beweisen, aus dem sich ergibt, dass zur Zeit des Unfalls aufgrund der Wetter-, Straßen- oder Wegelage bereits oder noch eine Streupflicht bestand und diese schuldhaft verletzt worden ist (vgl.
Senatsurteile vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, VersR 1970, 1130, 1131; vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83, VersR 1985, 243, 245; Senatsbeschluss vom 7. Juni 2005 - VI ZR 219/04, NZV 2005, 578).
10
Die winterliche Räum- und Streupflicht beruht auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setzt eine konkrete Gefahrenlage, d.h. eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 80/81, VersR 1982, 299, 300; vom 26. Februar 2009 - III ZR 225/08, NJW 2009, 3302 Rn. 4 mwN; OLG Jena NZV 2009, 599, 600 mwN; Carl, VersR 2012, 414, 415; Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 14 Rn. 147; Staudinger/Hager, BGB [2009], § 823 Rn. E 128). Ist eine Streupflicht gegeben, richten sich Inhalt und Umfang nach den Umständen des Einzelfalls (Senatsurteile vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, aaO; vom 2. Oktober 1984 - VI ZR 125/83, NJW 1985, 270; BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, BGHZ 112, 74, 75; Beschluss vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, VersR 1995, 721, 722). Bei öffentlichen Straßen und Gehwegen sind dabei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, aaO, 75 f. mwN; vom 15. Januar 1998 - III ZR 124/97, VersR 1998, 1373, 1374 f.; Beschluss vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, aaO).
11
Nach diesen Grundsätzen bestehen Räum- und Streupflichten regelmäßig für die Zeit des normalen Tagesverkehrs, d.h. an Sonn- und Feiertagen ab 9.00 Uhr (vgl. OLG Köln, VersR 1997, 506, 507; OLG Jena, aaO; LG Berlin, Grundeigentum 2010, 272). Bei Auftreten von Glätte im Laufe des Tages ist allerdings dem Streupflichtigen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte zu treffen (vgl. Senatsurteil vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83, aaO; BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1984 - III ZR 54/84, VersR 1985, 189; vom 27. April 1987 - III ZR 123/86, VersR 1987, 989).
12
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Revision schon deswegen nicht begründet, weil nach dem vom Berufungsgericht wiedergegebenen Vortrag der Klägerin und ihren Ausführungen bei ihrer persönlichen Anhörung eine allgemeine Glätte im Bereich des Grundstücks der Beklagten nicht dargelegt ist. Auch wenn das Berufungsgericht das Vorliegen einer allgemeinen Glätte nur in Zweifel gezogen und nachfolgend maßgeblich darauf abgestellt hat, dass sich jedenfalls nicht feststellen lasse, dass es bereits vor 9.15 Uhr zu einer allgemeinen Glätte gekommen sei, ist entgegen der Auffassung der Revision für das Revisionsverfahren nicht davon auszugehen, dass eine allgemeine Glättebildung vorgelegen hat. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin lagen im Bereich des Grundstücks der Beklagten keine erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vor, die eine Streupflicht der Beklagten hätte begründen können. Nach dem Vortrag der Klägerin ist sie auf einer Eisfläche gestürzt, die ein Ausmaß von etwa 20 x 30 cm gehabt hat. Sie hatte im Übrigen weder auf der Straße noch auf dem Weg weitere vereiste Stellen bemerkt. Dann ist aber nicht von einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, sondern nur vom Vorhandensein vereinzelter Glättestellen. Dies reicht nach den oben unter 1. dargestellten Grundsätzen für die Annahme einer Räum- und Streupflicht auf dem Weg zum Haus der Beklagten nicht aus.
13
3. Bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Verletzung der Streupflicht deswegen verneint hat, weil zum Zeitpunkt des Sturzes gegen 10.00 Uhr die der Klägerin zuzubilligende Zeit für die Vornahme eventueller Streumaßnahmen noch nicht abgelaufen gewesen sei. Zwar ist der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu folgen, dass dem Verkehrssicherungspflichtigen im Regelfall ein Zeitraum von nicht unter einer Stunde nach Einsetzen der allgemeinen Glätte für den Beginn der Streumaßnahmen zuzubilligen sei, wenn nicht aufgrund besonderer Umstände Anlass zu einer früheren Durchführung von Räum- bzw. Streumaßnahmen bestehe. Vielmehr ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen und unter Berücksichtigung dieser Umstände dem Verkehrssicherungspflichtigen eine angemessene Zeit für den Beginn der Streumaßnahmen zuzubilligen. Für den Beginn der Streupflicht ist dabei vor allem von Bedeutung, in welchem Maße die erkennbare Wetterlage und die Eigenheiten des Gehwegs Anlass zur Vorsorge gegeben haben (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, aaO).
14
Im Streitfall ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine Verletzung der Streupflicht verneint hat. Ausgehend von dem von ihm festgestellten - und von der Revision nicht angegriffenen - frühesten Zeitpunkt einer allgemeinen Glättebildung ab 9.15 Uhr hat es für den Zeitpunkt des Sturzes gegen 10.00 Uhr eine Verletzung der Streupflicht ohne Rechtsfehler verneint. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass bei der am Unfalltag herrschenden Wetterlage keine hinreichend erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr bestanden hätten, die ausnahmsweise vorbeugende Maßnahmen schon vor der Bildung von Glätte geboten hätten. Es sei ebenfalls nicht festzustellen, dass die Beklagte am Unfalltag, einem Sonntag, damit rechnen musste, dass Personen schon um 10.00 Uhr ihr Grundstück betraten. Insbe- sondere seien an diesem Tag keine Pflegeleistungen für die Beklagte zu erbringen gewesen. Unter diesen Umständen bestand keine Notwendigkeit, eventuelle Streumaßnahmen mit besonderer Eile durchzuführen. Eine vorbeugende Verpflichtung zum Bereithalten eines Streudienstes bestand nicht, weil an dem Sonntagvormittag auf dem Weg zum Haus weder mit einem Fußgängerverkehr zu rechnen war noch die Wetterlage dafür Anlass gab (vgl. zur vorbeugenden Streupflicht Senatsbeschluss vom 11. August 2009 - VI ZR 163/08, WuM 2009, 677 Rn. 5; BGH, Urteil vom 15. Februar 1979 - III ZR 172/77, VersR 1979, 541,

542).

15
4. Nach allem ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden , dass die Verletzung einer Räum- und Streupflicht seitens der Beklagten nicht vorliegt. Die Revision der Klägerin ist mithin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Galke Zoll Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 22.06.2010 - 5 O 202/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.03.2011 - I-9 U 158/10 -

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Baden-Baden vom 12. Januar 2012 - 3 O 113/11 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
I.
Der Kläger macht gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld im Zusammenhang mit einem Unfallereignis am 25.11.2010 geltend. Er behauptet, infolge Schnee- und Eisglätte nach Verlassen des von der Beklagten zu 1 betriebenen Restaurants auf dem Weg zum Parkplatz des Lokals gestürzt zu sein und sich verletzt zu haben. Die Beklagten zu 2 und 3 waren zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Das Landgericht hat mit Grund- und Teilurteil vom 12. Januar 2012, auf das wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen gem. § 540 Abs. 2 ZPO Bezug genommen wird, der Klage gegenüber der Beklagten zu 1 dem Grunde nach stattgegeben und sie gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 abgewiesen.
Gegen die Abweisung der Klage gegenüber dem Beklagten zu 2 richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Anspruch in vollem Umfang weiterverfolgt und ergänzend wie schon im ersten Rechtszug die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich zukünftigen immateriellen Schadens begehrt. Die zunächst auch gegen die Abweisung der Klage gegenüber dem Beklagten zu 3 gerichtete Berufung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.06.2012 (II 75) zurückgenommen. Der Beklagte zu 2 verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Klageabweisung hinsichtlich der begehrten Feststellung. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift vom 18.10.2012 (II 87).

Entscheidungsgründe

 
II.
Die zulässige Berufung des Klägers sowie die auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich weiteren materiellen Schadens gerichtete Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger gegen den Beklagten zu 2 weder aus Vertrag gem. §§ 241, 280, 281, 253 BGB zu noch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gem. §§ 823 Abs. 1, 253 BGB.
1. Dem Kläger stehen keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2 gem. §§ 241, 280, 281, 253 BGB zu.
Bei unternehmensbezogenen Geschäften, bei denen der Vertragsinhalt einen zum Unternehmensbereich gehörenden Gegenstand betrifft, wird grundsätzlich der Unternehmensinhaber Vertragspartner, ohne dass es darauf ankommt, ob der den Vertrag Abschließende als Vertreter handelt und dies auch kenntlich macht. Da auch ein Restaurantbesuch ein unternehmensbezogenes Geschäft darstellt, ist von einem Vertragsschluss mit der Beklagten zu 1 auszugehen. Besondere Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass hier nicht sie berechtigt und verpflichtet worden ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Anhaltspunkte für eine Sonderverbindung mit dem Beklagten zu 2 liegen nicht vor. In Ermangelung einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien bleibt für eine Zurechnung von Sorgfaltspflichtverletzungen Dritter nach § 278 BGB kein Raum (OLG Stuttgart, NJW 2008, 2514 f., juris Tz. 11 f.).
2. Dem Kläger stehen auch keine deliktischen Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 zu.
a) Allerdings hat das Landgericht zu Recht einen für den Sturz des Klägers kausalen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht bejaht.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst jene Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier die Betreiberin eines Verbrauchermarktes - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier Personen, die den Kundenparkplatz benutzen - vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen. Er hat ein „Unglück“ erlitten und kann dem Schädiger kein „Unrecht“ vorhalten (vergl. nur: BGH, VersR 2011, 546 f., Tz. 8-10 m.w.N.; VersR 2010, 544 f., Tz. 5-7 m.w.N.). Sicherheitsvorkehrungen sind umso mehr erforderlich, je größer die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung ist (BGH NJW 2007, 762).
Bezogen auf die Räum- und Streupflicht als Teil der Verkehrssicherungspflicht (vgl. Geigel/Wellner, Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 14. Kap., Rn. 132 m.w.N.) musste die Beklagte zu 1 danach durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass Personen wie der Kläger, die ihr Lokal auf dem Weg in Richtung auf den Parkplatz verlassen wollten, jedenfalls im zeitlichen Rahmen der Öffnungszeiten hinreichend vor den von einer Glättebildung ausgehenden Gefahren geschützt waren. Dies gilt auch zu vorgerückter Abendstunde, solange das Lokal für Besucher geöffnet ist. Sie war gehalten, durch geeignete Maßnahmen ihren Besuchern eine weitgehend ungefährdete Benutzung des Weges zu ermöglichen und diejenigen Gefahren auszuräumen, die für den sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag (BGH, nJW 1985, 482 ff., juris Tz 10 m.w.N.; vgl. Geigel/Wellner, a.a.O., Rn. 159 m.w.N.). Eine Räum- und Streupflicht setzt dabei grundsätzlich eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein vereinzelter Glättestellen voraus (BGH, NJW 2009, 3302, Tz. 4 m.w.N.).
10 
bb) Diese Voraussetzungen für eine Räum- und Streupflicht lagen danach vor. Das Landgericht hat - auch den Senat überzeugend und damit gem. § 529 Abs. 1 ZPO bindend - festgestellt, dass nach der glaubhaften Aussage des Zeugen Dr. M. der Kläger gem. § 286 ZPO den ihm obliegenden Beweis erbracht hat, dass innerhalb der o.g. zeitlichen Grenzen der Räum- und Streupflicht auf dem Gehweg eine allgemeine Glätte vorhanden war, nicht nur einzelne Glättestellen (vgl. BGH, NJW 2009, 3302, 3303, Tz. 4 f. m.w.N.). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, stehen - anders als die Berufung meint - dem die Aussagen der von den Beklagten benannten Zeugen W. und L. nicht entgegen.
11 
cc) Danach ist auch der Senat - dem Landgericht folgend - aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger glättebedingt zu Fall gekommen ist.
12 
Zu seinen Gunsten streitet im Übrigen der Beweis des ersten Anscheins, dass er in Folge einer Streupflichtverletzung der Beklagten zu Fall gekommen ist.
13 
aaa) Bei Glatteisunfällen spricht ein Anschein dafür, dass die Unfallverletzungen bei Beachtung der Streupflicht vermieden worden wären, wenn der Unfall innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht stattgefunden hat. Bei einem Glätteunfall ist es zunächst notwendig und ausreichend, dass ein Glättezustand im Verantwortungsbereich des Streupflichtigen nachgewiesen wird; dies ist hier der Fall. Weitergehende Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zu stellen, würde den Verletzten überfordern, der die besonderen Verhältnisse an der Unfallstelle, aus denen sich zur Unfallzeit Gefahrabwendungsnotwendigkeit und -möglichkeit ergeben - z. B. die Einflüsse der Witterung auf Beginn und Umfang der Streupflicht -, anders als der für die Sachüberwachung zuständige Streupflichtige oder dessen Beauftragter oftmals nicht kennen kann. Insbesondere muss der Verletzte nicht in seinen Sachvortrag mit einbeziehen, dass der Glättezustand bereits so lange bestanden hat, dass dem Streupflichtigen genügend Zeit für gefahrvermeidende oder -vermindernde Reaktionen zur Verfügung stand, ungeachtet des Umstandes, dass die Streupflicht nicht verletzt wäre, wenn erst kurz vor dem Unfall auf den gefrorenen Boden Regen niedergegangen wäre und der Streupflichtige auf eine sich dadurch bildende Glätte noch nicht mit Streuen reagiert haben müsste. Letzteres gehört zu der den Streupflichtigen entlastenden Zumutbarkeitsprüfung. Danach hat der Verletzte das Vorliegen einer die Streupflicht begründenden Wetter- und Straßenlage zu beweisen, während der Streupflichtige für das Vorliegen einer Ausnahmesituation, die das Streuen unzumutbar machte, beweispflichtig ist (vgl. BGH, a.a.O., OLG Celle, a.a.O., juris Tz. 6 m.w.N.).
14 
bbb) Diesen Beweis haben die Beklagten, wie das Landgericht der Sache nach zutreffend ausführt, nicht geführt. Dabei ist zu beachten, dass an die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch einen Gastwirt strenge Anforderungen zu stellen sind. Er muss nicht nur mit größeren Besucherzahlen rechnen, sondern sich auch darauf einstellen, dass diese durch den Genuss alkoholischer Getränke sich unverständig verhalten und in ihrer Gehsicherheit beeinträchtigt sein können. Dies gilt nicht nur für den internen Bereich der Gaststätte (Treppen, Toiletten und dergl.), sondern auch für den Zugang zu seinem Lokal und für den den Gästen zur Verfügung gestellten Parkplatz. Wenn eine außergewöhnliche Glättebildung es erfordert, muss der Gastwirt im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sehr viel häufiger streuen, als dies beispielsweise von einem Hauseigentümer für den Gehweg vor seinem Haus gegenüber Passanten verlangt werden kann. Dabei fällt für die Zumutbarkeit auch ins Gewicht, dass der Gastwirt durch den Betrieb seines Lokals personell im Stande ist, jedenfalls bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt im Stande sein kann, bei der Organisation seines Betriebes ein häufigeres Streuen einzuplanen. Bei der Gefahr einsetzender Glättebildung ist er verpflichtet, sich in regelmäßigen Abständen davon zu überzeugen (bzw. zu veranlassen, dass dies ein Beauftragter tut), in welchem Zustand sich der Zugang zu seinem Lokal und der dazugehörende Parkplatz befinden. Ist das abstumpfende Material nicht mehr wirksam, muss er unverzüglich ein erneutes Streuen veranlassen und seine Gäste beim Verlassen des Lokals bitten, erforderlichenfalls dessen Durchführung abzuwarten (BGH, a.a.O., juris Tz. 12; vgl. OLG Celle, VersR 1995, 598 f., juris Tz. 33). Diesen Anforderungen war ersichtlich nicht Genüge getan. Der Zeuge Dr. M. konnte nach seiner glaubhaften Aussage vielmehr keine Anzeichen dafür erkennen, dass überhaupt gestreut worden war.
15 
b) Der Beklagte zu 2 haftet jedoch, wie das Landgericht zutreffend ausführt, für diesen Verstoß nicht.
16 
aa) Grundsätzlich handelt der Geschäftsführer einer GmbH im Rahmen seines Aufgabenkreises als organschaftlicher Vertreter der juristischen Person, sodass diese nach § 31 BGB für Schäden haftet, die er in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt (BGH; NJW 1996, 1535 ff., juris Tz. 9). Eine eigene unerlaubte Handlung, für die er auch als Geschäftsführer persönlich haften würde (BGH, NZG 2012, 992, 994 Tz. 24 m.w.N.), hat der Beklagte zu 2 als Täter, Anstifter oder Gehilfe danach nicht begangen. Da die Gefahrenquelle durch die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Lokals eröffnet worden ist, trifft vielmehr grundsätzlich sie die deliktische Verkehrssicherungspflicht (OLG Stuttgart, NJW 2008, 561 ff., juris Tz. 16 m.w.N.). Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der von ihm vertretenen Gesellschaft bestehen grundsätzlich nur gegenüber dieser und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche nur der Gesellschaft entstehen, wie in § 43 Abs. 2 GmbHG besonders herausgestellt ist (vgl. auch BGH, a.a.O., Tz. 23 m.w.N.). Auch soweit es um ein Versagen des Geschäftsführers bei der Erfüllung von Pflichten geht, die die GmbH gegenüber Dritten zu erfüllen hat, trifft die Einstandspflicht hierfür gegenüber den betroffenen Dritten prinzipiell nur die Gesellschaft, nicht ihr Organ. Anderes gilt aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, wenn mit den Pflichten aus der Organstellung gegenüber der Gesellschaft Pflichten einhergehen, die von dem Geschäftsführer nicht mehr nur für die Gesellschaft als deren Organ zu erfüllen sind, sondern die ihn aus besonderen Gründen persönlich gegenüber dem Dritten treffen. Dies kann im außervertraglichen, deliktischen Bereich insbesondere wegen einer dem Geschäftsführer als Aufgabe zugewiesenen oder von ihm jedenfalls in Anspruch genommenen Garantenstellung zum Schutz fremder Schutzgüter i.S. des § 823 Abs. 1 BGB der Fall sein, die ihre Träger der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut haben. Hier kann über die Organstellung hinaus eine mit der Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflussnahme auf die Gefahrenabwehr bzw. -steuerung verbundene persönliche Verantwortung des Organs den betroffenen Außenstehenden gegenüber zum Tragen kommen. In dieser Beziehung gilt für die Eigenhaftung des Geschäftsführers im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen Bediensteten der GmbH, soweit dessen Aufgabenbereich sich auf die Wahrung deliktischer Integritätsinteressen Dritter erstreckt. Unter besonderen Voraussetzungen kann deshalb die Verantwortlichkeit für die einer juristischen Person zuzurechnende Schädigung auch die zu ihrem Organ bestellten Personen treffen, selbst wenn diese nicht eigenhändig geschädigt haben, aber die Ursache für die Schädigung in Versäumnissen bei der ihnen übertragenen Organisation und Kontrolle zu suchen ist. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass zur Abwehr der sich in dieser Weise aktualisierenden Gefahrenlage der Geschäftsführer gerade in seinem Aufgabenbereich gefordert ist; keineswegs haftet er nach außen für jede unerlaubte Handlung aus dem Tätigkeitsbereich seiner Gesellschaft schon deshalb, weil er etwa durch Anstellung eines Gehilfen oder durch dessen Einsatz zu dieser Verrichtung die Schädigung erst möglich gemacht hat. Geschäftsherr auch im deliktischen Bereich ist grundsätzlich allein die GmbH; die Organstellung lässt den Geschäftsführer nicht schon in die Pflichtenstellung des § 831 Abs. 1 BGB einrücken. Als Grundlage für eine deliktische Eigenhaftung muss seine Verantwortung aus der mit seinen Geschäftsführeraufgaben verbundenen Garantenstellung zum Schutz Außenstehender vor Gefährdung oder Verletzung ihrer Schutzgüter i.S. von § 823 Abs. 1 BGB betroffen sein (BGH, NJW 1996, 1535 ff., juris Tz. 21; NJW 1990, 976 ff., juris Tz. 16; vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., juris Tz. 16; OLG Köln, VersR 1993, 1281; Staudinger/Hager, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 BGB, § 823 BGB, E 66-68; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 19. Aufl., § 43 Rn. 77 f.; Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 43 GmbHG Rn. 60 f.).
17 
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Haftung des Beklagten zu 2 hier zu verneinen. Der Senat verkennt nicht, dass die Beklagten noch in der Klageerwiderung vom 24.06.2011, S. 2 (I 53) selbst vorgetragen haben, dass zuständig für das Räumen bzw. Streuen und die damit verbundene Beobachtung der Wetterlage jeweils der dienstanwesende Geschäftsführer sowie der Hausmeister W. seien. Wie sich aus der Aussage des Zeugen ergibt, war jedoch bei Veranstaltungen wie der vom Kläger besuchten Weihnachtsfeier der Zeuge für den Räum- und Streudienst zuständig. Dementsprechend haben auch die Beklagten im Schriftsatz vom 22.12.2011, S. 5 (I 219) vorgetragen, der Hausmeister sei am Schadenstag für die Ausführung des Winterdienstes beauftragt worden. Davon geht in der Berufung auch der Kläger aus, wenn er in der Berufungsbegründung vom 24.02.2012, S. 7 (II 21) vorträgt, der Beklagte zu 2 habe nicht im Ansatz nachgehalten, ob der zuständige Mitarbeiter den Weg gesichert habe.
18 
Unter diesen Umständen fehlt es hier an einer Garantenstellung des Beklagten zu 2. Zwar waren die Witterungsverhältnisse grundsätzlich geeignet, Gefahren für die körperliche Unversehrtheit als einem Rechtsgut mit hoher Bedeutung zu begründen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 2 in organisatorischer Hinsicht nicht untätig geblieben war. Er hatte vielmehr den Zeugen W. mit der Ausführung des Winterdienstes beauftragt. Der Beklagte zu 2 hatte damit den Geschäftsbetrieb nicht in einer Weise organisiert, bei der Körperverletzungen zu Lasten Dritter nahezu unweigerlich auftreten mussten (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 2012, 368, 369). Danach mag ihm vorzuwerfen sein, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht durch den Zeugen W. nicht hinreichend überwacht bzw. gegen die Verletzung derselben nicht eingeschritten zu sein. Dieser Pflichtverletzung kommt jedoch nach Auffassung des Senats hier insbesondere im Hinblick auf die getroffenen organisatorischen Maßnahmen nicht ein derartiges Gewicht zu, dass es ausnahmsweise gerechtfertigt wäre, den Beklagten zu 2 als Organmitglied im Außenverhältnis haften zu lassen (vgl. OLG Rostock, OLGR Rostock 2007, 486 ff., juris Tz. 34). Denn nicht jede Verletzung der den Geschäftsführer organschaftlich obliegenden Überwachungspflicht ist geeignet, eine derartige Außenhaftung zu begründen. Andernfalls würde die persönliche Haftung eines Geschäftsführers im Außenverhältnis entgegen § 43 Abs. 2 GmbHG uferlos ausgedehnt (vgl. auch: BGH, NJW 1994, 1801 ff., juris Tz. 23).
19 
c) Eine Haftung aus § 831 BGB wegen einer unerlaubten Handlung des Zeugen W. als Mitarbeiter der Beklagten zu 1 kommt nicht in Betracht. Die Mitarbeiter einer GmbH sind nicht die Verrichtungsgehilfen ihrer Geschäftsführer (BGH, a.a.O.; OLG Schleswig, a.a.O., 370).
III.
20 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Gründe

 
II.
Die zulässige Berufung des Klägers sowie die auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich weiteren materiellen Schadens gerichtete Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger gegen den Beklagten zu 2 weder aus Vertrag gem. §§ 241, 280, 281, 253 BGB zu noch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gem. §§ 823 Abs. 1, 253 BGB.
1. Dem Kläger stehen keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2 gem. §§ 241, 280, 281, 253 BGB zu.
Bei unternehmensbezogenen Geschäften, bei denen der Vertragsinhalt einen zum Unternehmensbereich gehörenden Gegenstand betrifft, wird grundsätzlich der Unternehmensinhaber Vertragspartner, ohne dass es darauf ankommt, ob der den Vertrag Abschließende als Vertreter handelt und dies auch kenntlich macht. Da auch ein Restaurantbesuch ein unternehmensbezogenes Geschäft darstellt, ist von einem Vertragsschluss mit der Beklagten zu 1 auszugehen. Besondere Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass hier nicht sie berechtigt und verpflichtet worden ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Anhaltspunkte für eine Sonderverbindung mit dem Beklagten zu 2 liegen nicht vor. In Ermangelung einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien bleibt für eine Zurechnung von Sorgfaltspflichtverletzungen Dritter nach § 278 BGB kein Raum (OLG Stuttgart, NJW 2008, 2514 f., juris Tz. 11 f.).
2. Dem Kläger stehen auch keine deliktischen Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 zu.
a) Allerdings hat das Landgericht zu Recht einen für den Sturz des Klägers kausalen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht bejaht.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst jene Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier die Betreiberin eines Verbrauchermarktes - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier Personen, die den Kundenparkplatz benutzen - vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen. Er hat ein „Unglück“ erlitten und kann dem Schädiger kein „Unrecht“ vorhalten (vergl. nur: BGH, VersR 2011, 546 f., Tz. 8-10 m.w.N.; VersR 2010, 544 f., Tz. 5-7 m.w.N.). Sicherheitsvorkehrungen sind umso mehr erforderlich, je größer die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung ist (BGH NJW 2007, 762).
Bezogen auf die Räum- und Streupflicht als Teil der Verkehrssicherungspflicht (vgl. Geigel/Wellner, Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 14. Kap., Rn. 132 m.w.N.) musste die Beklagte zu 1 danach durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass Personen wie der Kläger, die ihr Lokal auf dem Weg in Richtung auf den Parkplatz verlassen wollten, jedenfalls im zeitlichen Rahmen der Öffnungszeiten hinreichend vor den von einer Glättebildung ausgehenden Gefahren geschützt waren. Dies gilt auch zu vorgerückter Abendstunde, solange das Lokal für Besucher geöffnet ist. Sie war gehalten, durch geeignete Maßnahmen ihren Besuchern eine weitgehend ungefährdete Benutzung des Weges zu ermöglichen und diejenigen Gefahren auszuräumen, die für den sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag (BGH, nJW 1985, 482 ff., juris Tz 10 m.w.N.; vgl. Geigel/Wellner, a.a.O., Rn. 159 m.w.N.). Eine Räum- und Streupflicht setzt dabei grundsätzlich eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein vereinzelter Glättestellen voraus (BGH, NJW 2009, 3302, Tz. 4 m.w.N.).
10 
bb) Diese Voraussetzungen für eine Räum- und Streupflicht lagen danach vor. Das Landgericht hat - auch den Senat überzeugend und damit gem. § 529 Abs. 1 ZPO bindend - festgestellt, dass nach der glaubhaften Aussage des Zeugen Dr. M. der Kläger gem. § 286 ZPO den ihm obliegenden Beweis erbracht hat, dass innerhalb der o.g. zeitlichen Grenzen der Räum- und Streupflicht auf dem Gehweg eine allgemeine Glätte vorhanden war, nicht nur einzelne Glättestellen (vgl. BGH, NJW 2009, 3302, 3303, Tz. 4 f. m.w.N.). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, stehen - anders als die Berufung meint - dem die Aussagen der von den Beklagten benannten Zeugen W. und L. nicht entgegen.
11 
cc) Danach ist auch der Senat - dem Landgericht folgend - aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger glättebedingt zu Fall gekommen ist.
12 
Zu seinen Gunsten streitet im Übrigen der Beweis des ersten Anscheins, dass er in Folge einer Streupflichtverletzung der Beklagten zu Fall gekommen ist.
13 
aaa) Bei Glatteisunfällen spricht ein Anschein dafür, dass die Unfallverletzungen bei Beachtung der Streupflicht vermieden worden wären, wenn der Unfall innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht stattgefunden hat. Bei einem Glätteunfall ist es zunächst notwendig und ausreichend, dass ein Glättezustand im Verantwortungsbereich des Streupflichtigen nachgewiesen wird; dies ist hier der Fall. Weitergehende Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zu stellen, würde den Verletzten überfordern, der die besonderen Verhältnisse an der Unfallstelle, aus denen sich zur Unfallzeit Gefahrabwendungsnotwendigkeit und -möglichkeit ergeben - z. B. die Einflüsse der Witterung auf Beginn und Umfang der Streupflicht -, anders als der für die Sachüberwachung zuständige Streupflichtige oder dessen Beauftragter oftmals nicht kennen kann. Insbesondere muss der Verletzte nicht in seinen Sachvortrag mit einbeziehen, dass der Glättezustand bereits so lange bestanden hat, dass dem Streupflichtigen genügend Zeit für gefahrvermeidende oder -vermindernde Reaktionen zur Verfügung stand, ungeachtet des Umstandes, dass die Streupflicht nicht verletzt wäre, wenn erst kurz vor dem Unfall auf den gefrorenen Boden Regen niedergegangen wäre und der Streupflichtige auf eine sich dadurch bildende Glätte noch nicht mit Streuen reagiert haben müsste. Letzteres gehört zu der den Streupflichtigen entlastenden Zumutbarkeitsprüfung. Danach hat der Verletzte das Vorliegen einer die Streupflicht begründenden Wetter- und Straßenlage zu beweisen, während der Streupflichtige für das Vorliegen einer Ausnahmesituation, die das Streuen unzumutbar machte, beweispflichtig ist (vgl. BGH, a.a.O., OLG Celle, a.a.O., juris Tz. 6 m.w.N.).
14 
bbb) Diesen Beweis haben die Beklagten, wie das Landgericht der Sache nach zutreffend ausführt, nicht geführt. Dabei ist zu beachten, dass an die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch einen Gastwirt strenge Anforderungen zu stellen sind. Er muss nicht nur mit größeren Besucherzahlen rechnen, sondern sich auch darauf einstellen, dass diese durch den Genuss alkoholischer Getränke sich unverständig verhalten und in ihrer Gehsicherheit beeinträchtigt sein können. Dies gilt nicht nur für den internen Bereich der Gaststätte (Treppen, Toiletten und dergl.), sondern auch für den Zugang zu seinem Lokal und für den den Gästen zur Verfügung gestellten Parkplatz. Wenn eine außergewöhnliche Glättebildung es erfordert, muss der Gastwirt im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sehr viel häufiger streuen, als dies beispielsweise von einem Hauseigentümer für den Gehweg vor seinem Haus gegenüber Passanten verlangt werden kann. Dabei fällt für die Zumutbarkeit auch ins Gewicht, dass der Gastwirt durch den Betrieb seines Lokals personell im Stande ist, jedenfalls bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt im Stande sein kann, bei der Organisation seines Betriebes ein häufigeres Streuen einzuplanen. Bei der Gefahr einsetzender Glättebildung ist er verpflichtet, sich in regelmäßigen Abständen davon zu überzeugen (bzw. zu veranlassen, dass dies ein Beauftragter tut), in welchem Zustand sich der Zugang zu seinem Lokal und der dazugehörende Parkplatz befinden. Ist das abstumpfende Material nicht mehr wirksam, muss er unverzüglich ein erneutes Streuen veranlassen und seine Gäste beim Verlassen des Lokals bitten, erforderlichenfalls dessen Durchführung abzuwarten (BGH, a.a.O., juris Tz. 12; vgl. OLG Celle, VersR 1995, 598 f., juris Tz. 33). Diesen Anforderungen war ersichtlich nicht Genüge getan. Der Zeuge Dr. M. konnte nach seiner glaubhaften Aussage vielmehr keine Anzeichen dafür erkennen, dass überhaupt gestreut worden war.
15 
b) Der Beklagte zu 2 haftet jedoch, wie das Landgericht zutreffend ausführt, für diesen Verstoß nicht.
16 
aa) Grundsätzlich handelt der Geschäftsführer einer GmbH im Rahmen seines Aufgabenkreises als organschaftlicher Vertreter der juristischen Person, sodass diese nach § 31 BGB für Schäden haftet, die er in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt (BGH; NJW 1996, 1535 ff., juris Tz. 9). Eine eigene unerlaubte Handlung, für die er auch als Geschäftsführer persönlich haften würde (BGH, NZG 2012, 992, 994 Tz. 24 m.w.N.), hat der Beklagte zu 2 als Täter, Anstifter oder Gehilfe danach nicht begangen. Da die Gefahrenquelle durch die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Lokals eröffnet worden ist, trifft vielmehr grundsätzlich sie die deliktische Verkehrssicherungspflicht (OLG Stuttgart, NJW 2008, 561 ff., juris Tz. 16 m.w.N.). Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der von ihm vertretenen Gesellschaft bestehen grundsätzlich nur gegenüber dieser und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche nur der Gesellschaft entstehen, wie in § 43 Abs. 2 GmbHG besonders herausgestellt ist (vgl. auch BGH, a.a.O., Tz. 23 m.w.N.). Auch soweit es um ein Versagen des Geschäftsführers bei der Erfüllung von Pflichten geht, die die GmbH gegenüber Dritten zu erfüllen hat, trifft die Einstandspflicht hierfür gegenüber den betroffenen Dritten prinzipiell nur die Gesellschaft, nicht ihr Organ. Anderes gilt aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, wenn mit den Pflichten aus der Organstellung gegenüber der Gesellschaft Pflichten einhergehen, die von dem Geschäftsführer nicht mehr nur für die Gesellschaft als deren Organ zu erfüllen sind, sondern die ihn aus besonderen Gründen persönlich gegenüber dem Dritten treffen. Dies kann im außervertraglichen, deliktischen Bereich insbesondere wegen einer dem Geschäftsführer als Aufgabe zugewiesenen oder von ihm jedenfalls in Anspruch genommenen Garantenstellung zum Schutz fremder Schutzgüter i.S. des § 823 Abs. 1 BGB der Fall sein, die ihre Träger der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut haben. Hier kann über die Organstellung hinaus eine mit der Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflussnahme auf die Gefahrenabwehr bzw. -steuerung verbundene persönliche Verantwortung des Organs den betroffenen Außenstehenden gegenüber zum Tragen kommen. In dieser Beziehung gilt für die Eigenhaftung des Geschäftsführers im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen Bediensteten der GmbH, soweit dessen Aufgabenbereich sich auf die Wahrung deliktischer Integritätsinteressen Dritter erstreckt. Unter besonderen Voraussetzungen kann deshalb die Verantwortlichkeit für die einer juristischen Person zuzurechnende Schädigung auch die zu ihrem Organ bestellten Personen treffen, selbst wenn diese nicht eigenhändig geschädigt haben, aber die Ursache für die Schädigung in Versäumnissen bei der ihnen übertragenen Organisation und Kontrolle zu suchen ist. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass zur Abwehr der sich in dieser Weise aktualisierenden Gefahrenlage der Geschäftsführer gerade in seinem Aufgabenbereich gefordert ist; keineswegs haftet er nach außen für jede unerlaubte Handlung aus dem Tätigkeitsbereich seiner Gesellschaft schon deshalb, weil er etwa durch Anstellung eines Gehilfen oder durch dessen Einsatz zu dieser Verrichtung die Schädigung erst möglich gemacht hat. Geschäftsherr auch im deliktischen Bereich ist grundsätzlich allein die GmbH; die Organstellung lässt den Geschäftsführer nicht schon in die Pflichtenstellung des § 831 Abs. 1 BGB einrücken. Als Grundlage für eine deliktische Eigenhaftung muss seine Verantwortung aus der mit seinen Geschäftsführeraufgaben verbundenen Garantenstellung zum Schutz Außenstehender vor Gefährdung oder Verletzung ihrer Schutzgüter i.S. von § 823 Abs. 1 BGB betroffen sein (BGH, NJW 1996, 1535 ff., juris Tz. 21; NJW 1990, 976 ff., juris Tz. 16; vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., juris Tz. 16; OLG Köln, VersR 1993, 1281; Staudinger/Hager, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 BGB, § 823 BGB, E 66-68; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 19. Aufl., § 43 Rn. 77 f.; Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 43 GmbHG Rn. 60 f.).
17 
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Haftung des Beklagten zu 2 hier zu verneinen. Der Senat verkennt nicht, dass die Beklagten noch in der Klageerwiderung vom 24.06.2011, S. 2 (I 53) selbst vorgetragen haben, dass zuständig für das Räumen bzw. Streuen und die damit verbundene Beobachtung der Wetterlage jeweils der dienstanwesende Geschäftsführer sowie der Hausmeister W. seien. Wie sich aus der Aussage des Zeugen ergibt, war jedoch bei Veranstaltungen wie der vom Kläger besuchten Weihnachtsfeier der Zeuge für den Räum- und Streudienst zuständig. Dementsprechend haben auch die Beklagten im Schriftsatz vom 22.12.2011, S. 5 (I 219) vorgetragen, der Hausmeister sei am Schadenstag für die Ausführung des Winterdienstes beauftragt worden. Davon geht in der Berufung auch der Kläger aus, wenn er in der Berufungsbegründung vom 24.02.2012, S. 7 (II 21) vorträgt, der Beklagte zu 2 habe nicht im Ansatz nachgehalten, ob der zuständige Mitarbeiter den Weg gesichert habe.
18 
Unter diesen Umständen fehlt es hier an einer Garantenstellung des Beklagten zu 2. Zwar waren die Witterungsverhältnisse grundsätzlich geeignet, Gefahren für die körperliche Unversehrtheit als einem Rechtsgut mit hoher Bedeutung zu begründen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 2 in organisatorischer Hinsicht nicht untätig geblieben war. Er hatte vielmehr den Zeugen W. mit der Ausführung des Winterdienstes beauftragt. Der Beklagte zu 2 hatte damit den Geschäftsbetrieb nicht in einer Weise organisiert, bei der Körperverletzungen zu Lasten Dritter nahezu unweigerlich auftreten mussten (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 2012, 368, 369). Danach mag ihm vorzuwerfen sein, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht durch den Zeugen W. nicht hinreichend überwacht bzw. gegen die Verletzung derselben nicht eingeschritten zu sein. Dieser Pflichtverletzung kommt jedoch nach Auffassung des Senats hier insbesondere im Hinblick auf die getroffenen organisatorischen Maßnahmen nicht ein derartiges Gewicht zu, dass es ausnahmsweise gerechtfertigt wäre, den Beklagten zu 2 als Organmitglied im Außenverhältnis haften zu lassen (vgl. OLG Rostock, OLGR Rostock 2007, 486 ff., juris Tz. 34). Denn nicht jede Verletzung der den Geschäftsführer organschaftlich obliegenden Überwachungspflicht ist geeignet, eine derartige Außenhaftung zu begründen. Andernfalls würde die persönliche Haftung eines Geschäftsführers im Außenverhältnis entgegen § 43 Abs. 2 GmbHG uferlos ausgedehnt (vgl. auch: BGH, NJW 1994, 1801 ff., juris Tz. 23).
19 
c) Eine Haftung aus § 831 BGB wegen einer unerlaubten Handlung des Zeugen W. als Mitarbeiter der Beklagten zu 1 kommt nicht in Betracht. Die Mitarbeiter einer GmbH sind nicht die Verrichtungsgehilfen ihrer Geschäftsführer (BGH, a.a.O.; OLG Schleswig, a.a.O., 370).
III.
20 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 126/07 Verkündet am:
22. Januar 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Übertragung der Streupflicht durch den Vermieter auf einen Dritten dient
auch der Sicherung des Zugangs zum Mietobjekt. Die dort wohnhaften Mieter
können deshalb in den Schutzbereich des Übertragungsvertrages einbezogen
sein.
Die deliktische Einstandspflicht des mit der Wahrnehmung der Verkehrssicherung
Beauftragten besteht auch dann, wenn der Vertrag mit dem Primärverkehrssicherungspflichtigen
nicht rechtswirksam zustande gekommen ist.
BGH, Urteil vom 22. Januar 2008 - VI ZR 126/07 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Januar 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 15. März 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz für die Folgen eines durch Eisglätte verursachten Sturzes.
2
Am 5. Februar 2001 gegen 9.30 Uhr stürzte die Klägerin beim Verlassen des von ihr bewohnten Hauses in Berlin, weil trotz Schnee- und Eisglätte der Eingangsbereich nicht hinreichend bestreut war. Sie zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu. Die Stadt Berlin hat die ihr obliegende Räum- und Streupflicht auf die Hauseigentümer übertragen. Der Eigentümer des betreffenden Grundstücks hat seinerseits seit über 10 Jahren die Beklagte mit der Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten betraut. Die nach § 6 Abs. 1 Straßenreinigungsgesetz Berlin vorgeschriebene Übertragungsanzeige an die Stadt Berlin fehlte für den Winter 2000/2001. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte aufgrund der Übernahme der Räum- und Streupflicht für die Folgen des Sturzes hafte.
3
Mit Beschluss vom 25. April 2003 wurde gegen die Beklagte das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 7. April 2005 wurde vom Amtsgericht die Restschuldbefreiung angekündigt und am 18. Mai 2005 nach Abhaltung des Schlusstermins das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten aufgehoben. Das Landgericht hat die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hält die Klage zwar für zulässig, aber nicht für begründet. Die Insolvenzordnung sehe eine Präklusion von Ansprüchen, die nicht zur Insolvenztabelle angemeldet worden sind, nicht vor. Sie ergebe sich auch nicht aus § 87 InsO. Der Klageerhebung stehe auch nicht § 294 InsO entgegen (vgl. LG Arnsberg NZI 2004, 515, 516). Ein Titel könne während der Wohlverhaltensphase nicht vollstreckt werden und im Fall einer Restschuldbefreiung stünde § 301 InsO einer Vollstreckung entgegen.
5
Im Übrigen verneint das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten, weil eine Anspruchsgrundlage nicht gegeben sei. Es ist der Auffassung, dass der Vertrag, mit dem die Räum- und Streupflicht für die Wintersaison 2000/2001 vom Hauseigentümer auf die Beklagte übertragen worden sei, keine Schutzwirkung zugunsten der Klägerin entfalte. Der Mietvertrag mit dem Eigentümer umfasse nicht die öffentliche Straße, so dass die Klägerin den übrigen Straßenbenutzern gleichgestellt sei. Die deliktische Haftung unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht scheitere daran, dass die Beklagte am 5. Februar 2001 für den Unfallort nicht verkehrssicherungspflichtig gewesen sei. Zwar könne nach § 6 Abs. 1 des Straßenreinigungsgesetzes Berlin ein Dritter in die Verpflichtung des Eigentümers des Anliegergrundstücks zur Durchführung des Winterdienstes eintreten. Hierfür sei aber die Anzeige der Übertragung an die Behörde und deren Zustimmung Voraussetzung. Beides fehle für die Wintersaison 2000/2001.

II.

6
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. Zwar hat das Berufungsgericht mit Recht die Klage für zulässig erachtet. Hierfür besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, auch wenn sich die Beklagte in der Wohlverhaltensphase befindet und für die Klägerin das Vollstreckungsverbot nach § 294 Abs. 1 InsO gilt, obwohl die streitgegenständliche Forderung nicht zur Tabelle angemeldet wurde und nicht bei der Verteilung der eingegangenen Beträge durch den Treuhänder berücksichtigt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - IX ZB 288/03 - WM 2006, 1780 m.w.N.). Mangels Vollstreckungswirkung der Klage kann der Klägerin die Geltendmachung der Forderung aber nicht aufgrund des Vollstreckungsverbots nach § 294 Abs. 1 InsO untersagt werden. Die Parteien befinden sich noch im Erkenntnisverfahren und nicht im Vollstreckungsverfahren. Ein Rechtsschutzinteresse kann der Klägerin auch nicht mit Blick auf die Regelung in § 301 Abs. 1 InsO abgesprochen werden.
Danach wirkt die Restschuldbefreiung, wird sie erteilt, gegen alle Insolvenzgläubiger. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift auch für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben. Ob der Beklagten die begehrte Restschuldbefreiung erteilt werden wird, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden (vgl. §§ 295 ff. InsO). Würde die Restschuldbefreiung versagt, könnten die Insolvenzgläubiger sofort gegen die Beklagte aus der Eintragung in die Tabelle vollstrecken (§ 201 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO). Das Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO stünde dem nicht mehr entgegen (vgl. § 299 InsO ). Würde die Klägerin darauf verwiesen, sie müsse erst die Versagung bzw. den Widerruf einer bereits erteilten Restschuldbefreiung abwarten, um den Rechtsstreit fortzusetzen, würde sie gegenüber den anderen Gläubigern, die sofort vollstrecken dürfen und könnten, benachteiligt. Dies ist nicht Sinn und Zweck der Regelungen der §§ 294 Abs. 1, 301 Abs. 1 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - IX ZR 73/06 - WM 2007, 1844, 1845; Brandenburgisches Oberlandesgericht - Urteil vom 12. Dezember 2007 - 3 U 82/07 - Rn. 14/17 juris ; LG Arnsberg, NZI 2004, 515, 516; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 87 Rn. 3). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist § 87 InsO nicht analog für das Restschuldbefreiungsverfahren anwendbar (vgl. Uhlenbruck, aaO). Dagegen spricht schon, dass die gesetzliche Regelung in § 301 Abs. 1 Satz 2 InsO davon ausgeht, dass auch Gläubiger, die nicht Insolvenzgläubiger sind, Forderungen geltend machen können.
8
2. Durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen jedoch gegen die rechtlichen Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht jegliche Anspruchsmöglichkeit für die Klägerin gegen die Beklagte verneint. Die Beklagte könnte aufgrund der Übernahme der Streu- und Räumpflicht deliktisch zum Schadensersatz und damit auch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet sein.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können Verkehrssicherungspflichten mit der Folge eigener Entlastung delegiert werden. Die Verkehrssicherungspflichten des ursprünglich Verantwortlichen verkürzen sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten. Wer sie übernimmt, wird seinerseits deliktisch verantwortlich. Voraussetzung hierfür ist, dass die Übertragung klar und eindeutig vereinbart wird (vgl. Senatsurteile vom 4. Juni 1996 - VI ZR 75/95 - VersR 1996, 1151, 1152; vom 17. Januar 1989 - VI ZR 186/88 - VersR 1989, 526 f. und vom 8. Dezember 1987 - VI ZR 79/87 - VersR 1988, 516, 517; OLG Hamm VersR 2000, 862; OLG Nürnberg VersR 1996, 900; OLG Düsseldorf NJW 1992, 2972; VersR 1995, 535; OLG Celle RuS 1997, 501; Geigel /Wellner, Der Haftpflichtprozess 25. Aufl. Kap. 14 Rn. 204). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist hingegen nicht erforderlich, dass die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderliche Anzeige der Übertragung gegenüber der zuständigen Behörde erfolgt ist. Die deliktische Einstandspflicht des mit der Wahrnehmung der Verkehrssicherung Beauftragten besteht auch dann, wenn der Vertrag mit dem Primärverkehrssicherungspflichtigen nicht rechtswirksam zustande gekommen ist (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 1989 - VI ZR 186/88 - aaO; BGB-RGRK/Steffen 12. Aufl., § 823 Rn. 129; MünchKomm -BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 288 f.; Soergel/Krause, BGB, 13. Aufl., § 823 Anh. II Rn. 53 f.; Staudinger/J. Hager (1999) § 823 BGB E 64; von Bar, Verkehrspflichten, 1980, S. 121). Entscheidend ist, dass der in die Verkehrssicherungspflicht Eintretende faktisch die Verkehrssicherung für den Gefahrenbereich übernimmt und im Hinblick hierauf Schutzvorkehrungen durch den primär Verkehrssicherungspflichtigen unterbleiben, weil sich dieser auf das Tätigwerden des Beauftragten verlässt. Dieser ist aufgrund der von ihm mitveranlassten neuen Zuständigkeitsverteilung für den übernommenen Gefahrenbereich nach allgemeinen Deliktsgrundsätzen verantwortlich. Insofern ist seine Verkehrssicherungspflicht nicht abgeleiteter Natur. Vielmehr erfährt sie mit der Übernahme durch den Beauftragten in seine Zuständigkeit eine rechtliche Verselbständigung. Er ist es fortan, dem unmittelbar die Gefahrenabwehr obliegt und der dafür zu sorgen hat, dass niemand zu Schaden kommt. Inhalt und Schutzbereich dieser verselbständigten Verkehrssicherungspflicht bestimmen sich allein danach , was objektiv erforderlich ist, um mit der Gefahrenstelle in Berührung kommende Personen vor Schaden zu bewahren.
10
b) Hat die Beklagte die von ihr übernommene Verpflichtung zur Streuung des Fußweges schuldhaft verletzt, ist die Klägerin infolgedessen gestürzt und sind die geltend gemachten Verletzungen darauf zurückzuführen, ist der Anspruch dem Grunde nach zu bejahen. Ob dies der Fall ist, kann der erkennende Senat aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen nicht entscheiden.
11
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommen - da es sich um einen Altfall handelt nur hinsichtlich des materiellen Schadens (Art. 229 §§ 5, 8 Abs. 1 EGBGB) - auch vertragliche Schadensersatzansprüche aufgrund der Schutzwirkung des Vertrages zwischen dem Eigentümer und der Beklagten zu Gunsten der Klägerin in Betracht. In den Schutzbereich eines Vertrages sind Dritte einbezogen, auf die sich Schutz- und Fürsorgepflichten aus vertraglichen Vereinbarungen nach dem Vertragszweck zwangsläufig erstrecken. Um die Schutzpflichten zugunsten Dritter nicht zu weit auszudehnen, ist allerdings erforderlich , dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt und der Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages hat (vgl. BGHZ 133, 168, 171 ff.). Mit Recht weist die Revision darauf hin, dass im Streitfall diese Voraussetzungen zu bejahen sind. Die Sicherung des unmittelbaren Zugangs zum Haus bei Schnee- und Eisglätte ist Aufgabe des Vermieters. Sie dient vor allem dem Schutz der Mieter (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1968 - VI ZR 134/67 - VersR 1968, 1161; Palandt/Weidenkaff BGB 67. Aufl. § 535 Rn. 60). Dass die Übertragung der Streupflicht den sicheren Zugang der Mieter zum Haus und damit u.a. für die Klägerin gewährleisten sollte, liegt auf der Hand. Dies war auch für die Beklagte ohne weiteres erkennbar.
12
4. Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverweisen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.07.2006 - 18 O 104/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.03.2007 - 10 U 165/06 -

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 20.06.2003 - 9 O 151/02 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten mit der Behauptung, diese habe ihre Räum- und Streupflicht verletzt, Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden. Mit dem gleichen Begehren hat die Klägerin bereits die Eigentümer des an den Weg angrenzenden Grundstücks im Verfahren des Landgerichts Karlsruhe, 2 O 27/01, in Anspruch genommen, das durch einen Abfindungsvergleich endete. Hier hat das Landgericht lediglich den Feststellungsantrag nach Maßgabe von Ziffer 1 des Urteilsausspruchs zuerkannt und im übrigen die Klage abgewiesen, da sich die Klägerin die aufgrund des in dem Parallelverfahren abgeschlossenen Vergleichs geleisteten Zahlungen durch die Eigentümergemeinschaft anrechnen lassen müsse, sodass die Beklagte aufgrund der ihr vorzuwerfenden Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nur noch für den nicht abgegoltenen und darüber hinausgehenden Schaden hafte. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der getroffenen Feststellungen wird auf das Urteil verwiesen. Gegen dieses wendet sich die Beklagte, die unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags im ersten Rechtszug die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bestreitet, auf die Gesamtwirkungen des Vergleichs hinweist und darauf gestützt weiterhin die vollständige Abweisung der Klage begehrt.
II.
Die Berufung hat Erfolg.
1. Dabei kann offen bleiben, ob das Landgericht berechtigt war, die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten aus Umständen herzuleiten, auf die die Klägerin ihr Begehren nicht stützte. Denn konkreter Vortrag der Klägerin zu einer Verletzung der Kontrollpflicht der Beklagten fehlt, obwohl es Aufgabe der für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darlegungs- und beweispflichtige Klägerin gewesen wäre darzutun, dass die Beklagte bei ordnungsgemäßer Überwachung Kenntnis von der Verstopfung hätte haben müssen und dass bei ordnungsgemäß durchgeführter Überwachung es nicht zu dem Sturz gekommen wäre. Aus dem Umstand, dass der Abfluss zum Zeitpunkt des Sturzes verstopft war, folgt allein noch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Umstände, die eine ständige Kontrolle erfordert hätten, sind nicht ersichtlich. Feststellungen zu durchgeführten Kontrollen fehlen.
2. Zur Vornahme baulicher Maßnahmen, die eine Bildung von Pfützen auf dem Fußweg verhinderten, war die Beklagte aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht gehalten. Eine Verpflichtung, die Bildung von Pfützen auf öffentlichen Wegen und Plätzen im Winter zu verhindern, stellte eine Überspannung der Anforderungen dar und wäre unzumutbar. Nach allgemein anerkannten Grundsätzen muss der Fußgängerverkehr Unebenheiten hinnehmen (vgl. Senat, Urt. v. 17.06.1992, 7 U 56/91, VersR 1993, 332; Urt. v. 11.10.2000, 7 U 119/99, OLGR Karlsruhe 2001 238 m. w. Nachweisen), was auch für die Winterzeit gilt, denn die Anforderungen an die Ausgestaltung von Fußgängerwegen können nicht von der Wetterlage abhängen. Die Abwehr der Gefahren, die hier zum Sturz der Klägerin geführt haben, ist ausschließlich dem Bereich der Räum- und Streupflicht zugeordnet. Diese spezielle, den winterlichen Gefahren Rechnung tragende Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht bestimmt Art und Umfang der Maßnahmen, die von dem Räum- und Streupflichtigen (und nicht vom Straßenbaulastträger) zu ergreifen sind.
3. Da die Gemeinde die Räum- und Streupflicht wirksam durch Satzung auf die Straßenanlieger übertragen hat, kommt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in diesem Bereich durch die beklagte Gemeinde nur in Betracht, wenn diese die bei ihr verbliebene Verpflichtung, die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch die Anlieger zu überwachen (vgl. BGHZ 118, 368, 373, NJW 1966, 2311, 2312; Senat, Urt. v. 13.02.2002, 7 U 117/00, OLGR Karlsruhe 2002, 351), verletzt hat. Auch für diese tatsächlichen Voraussetzungen einer eventuellen Pflichtverletzung der Beklagten ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig (BGH, Urt. v. 04.03.2004, III ZR 225/03, BGHReport 2004, 869, 870 = NJW 2004, 1381; OLG Dresden, Urt. v. 19.02.2003, 6 U 955/02, OLGR Dresden 2003, 293, 295). Aus dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt lässt sich dies nicht ableiten. Die Tatsache des Sturzes der Klägerin belegt noch keine Pflichtverletzung der Beklagten. Die Klägerin hätte vielmehr vortragen müssen, welche organisatorischen Maßnahmen zur Kontrolle der Anlieger die Beklagte versäumt hat und dass bei Einhaltung der erforderlichen Kontrolle ihr Sturz vermieden worden wäre. Dazu hätte auch Vortrag dazu gehört, seit wann die Eisplatte vorhanden war.
4. Selbst wenn man von einer Verletzung der bei der beklagten Gemeinde verbliebenen Überwachungspflicht ausgehen wollte, würde diese nicht haften und die Klage wäre abzuweisen. Über die vom Landgericht zutreffend angenommene Tilgungswirkung der von der Eigentümergemeinschaft aufgrund des im Verfahren 2 O 27/01 abgeschlossenen Vergleichs geleisteten Zahlungen (§ 422 BGB) hinaus kommt dem Vergleich Bedeutung auch für die gegen die Beklagte gerichteten Ansprüche zu. Mit dem im Parallelverfahren abgeschlossenen Abfindungsvergleich wollten die vertragsschließenden Parteien eine Gesamtbereinigung des Streitfalles vornehmen und die Höhe des von der Eigentümergemeinschaft zu leistenden Schadensersatzes aufgrund des Sturzes abschließend festlegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Möglichkeit weiterer Zahlungen der Wohnungseigentümergemeinschaft aus Anlass dieses Unfalls in Betracht gezogen und offen gehalten werden sollen, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht vorgetragen. Ziel des Abwendungsvergleichs war vielmehr die endgültige Klärung der Einstandspflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sodass diese mit einer weiteren Inanspruchnahme nicht rechnen musste (vgl. BGH VersR 1986, 810, 811).
Aus dem Umstand, dass sich die Beklagte, die damalige Streithelferin der Klägerin, an dem Vergleich nicht beteiligt hat, kann nichts Gegenteiliges geschlossen werden. Es ist weder erkennbar noch wird vorgetragen, dass eine weitergehende Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin erwogen und - auch soweit dies zu einer weiteren Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft führen würde - offen gehalten werden sollte. Dazu bestand schon deshalb keine Veranlassung, weil nach dem damaligen Vortrag der Klägerin entweder eine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft oder (wenn der Sturz sich nicht in dem Bereich ereignet haben sollte, in dem die Streupflicht übertragen worden war) alternativ eine Haftung der beklagten Gemeinde zur Debatte stand, eine gesamtschuldnerische Haftung und die daraus folgende Möglichkeit eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB somit nicht in Betracht gezogen wurde.
Das, mit dem Abschluss des Abfindungsvergleichs vom 18.10.2001 im Verfahren 2 O 27/01 verfolgte Ziel lässt sich aber nur dann erreichen, wenn eine Haftung der beklagten Gemeinde ausscheidet. Denn die beklagte Gemeinde könnte von der Wohnungseigentümergemeinschaft die vollständige Ausgleichung aller von ihr geleisteten Zahlungen fordern, da im Rahmen des nach §§ 840 Abs. 1, 426 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Innenausgleichs die Wohnungseigentümergemeinschaft alleine haften würde. Diese könnte sich im Innenausgleich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte sie in der Erfüllung der ihr obliegenden Streupflicht nicht genügend überwacht hat (BGHZ 110, 114, 122 = NJW 1990, 1361, 1363; Urt. v. 11.11.2003, VI ZR 13/03, BGHReport 2004, 441, 442 = NJW 2004, 951, 953). Die sich daraus ergebende Konfliktlage, dass einerseits nach der gesetzlichen Verteilung der Verantwortungsbereiche die beklagte Gemeinde den Schaden der Klägerin im Ergebnis nicht tragen muss, weil im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner dieser dafür allein verantwortlich ist, die Klägerin aber mit diesem Gesamtschuldner einen Abfindungsvergleich geschlossen hat, durch den der Umfang der Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließend bestimmt und dieser ein weitergehender Anspruch erlassen wurde, ist in der Weise zu lösen, dass die Klägerin, nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Schadensersatzverpflichtung in vollem Umfang erfüllt hat, auch von der Beklagten keinen weiteren Schadensersatz mehr verlangen kann (BGHZ 110, 114, 122 = NJW 1990, 1361, 1363; Urt. v. 09.01.2003, IX ZR 353/99, BGHReport 2003, 510 = NJW 2003, 1036, 1037; Urt. v. 11.11.2003, VI ZR 13/03, BGHReport 2004, 331, 442 = NJW 2004, 951, 953).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
10 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nicht vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 225/03
Verkündet am:
4. März 2004
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verkehrssicherungspflicht für Straßenbäume (hier: Ursächlichkeit
einer unterlassenen Baumüberprüfung für einen durch das Abbrechen
eines Astes verursachten Verkehrsunfall).
BGH, Urteil vom 4. März 2004 - III ZR 225/03 - OLG Celle
LG Verden
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Pkw der Klägerin wurde am 26. August 2000 durch den herabstürzenden Ast eines Alleebaums (Pyramidenpappel) beschädigt. Die Klägerin wirft der beklagten Gemeinde vor, diese habe ihre Straßenverkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie es unterlassen habe, die Alleebäume hinreichend zu kontrollieren. Sie verlangt daher von der Gemeinde Ersatz des ihr entstandenen Schadens von 969,41
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Verfahrensrüge der Revision, in dem angefochtenen Urteil sei der Berufungsantrag der Klägerin nicht hinreichend deutlich wiedergegeben (§ 540 ZPO), ist vom Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet worden; von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
2. Die - in Niedersachsen hoheitlich ausgestaltete (§ 10 NStrG; vgl. auch Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 668 f) - Straßenverkehrssicherungspflicht erstreckt sich auch auf den Schutz vor Gefahren durch Straßenbäume (Senatsurteil vom 21. Januar 1965 - III ZR 217/63 = NJW 1965, 815). Ihre Verletzung ist daher geeignet, Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu begründen.

a) Die straßenverkehrssicherungspflichtige Gemeinde muß Bäume oder Teile von ihnen entfernen, die den Verkehr gefährden, insbesondere, wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzustürzen drohen. Zwar stellt jeder Baum an einer Straße eine mögliche Gefahrenquelle dar, weil durch Naturereignisse sogar gesunde Bäume entwurzelt oder geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden können. Andererseits ist die Erkrankung oder Vermorschung eines Baumes von außen nicht immer erkennbar; trotz starken Holzzerfalls können die Baumkronen noch völlig grün sein und äußere Krankheits-
zeichen fehlen. Ein verhältnismäßig schmaler Streifen unbeschädigten Kambiums genügt, um eine Baumkrone rundum grün zu halten. Das rechtfertigt aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen; denn der Verkehr muß gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, als unvermeidbar hinnehmen. Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur dann vor, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen (Senatsurteil aaO).

b) Aus diesen Grundsätzen wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte teilweise die Folgerung gezogen, daß eine sorgfältige äußere Gesundheits - und Zustandsprüfung regelmäßig zweimal im Jahr erforderlich ist, nämlich einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand (s. insbesondere OLG Düsseldorf VersR 1992, 467 und 1997, 463 f; OLG Hamm NJW-RR 2003, 968; OLG Brandenburg OLGR 2002, 411; s. auch das Muster einer Dienstanweisung zur Baumüberprüfung, BADK-Information, Sonderheft Haftungsrechtliche Organisation im Interesse der Schadenverhütung, 1997, S.58; vgl. Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearb. 1999, § 823 Rn. E 149 m.w.N.).

c) Da hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die letzte Kontrollüberprüfung spätestens im Herbst 1999, möglicherweise sogar aber schon im Frühjahr 1999 stattgefunden hatte, liegt es nahe, hier - in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht - eine Verletzung dieser Kontrollpflicht zu bejahen. Diese Frage bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung.
3. Der Amtshaftungsanspruch scheitert nämlich, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, jedenfalls daran, daß die Klägerin die Ursächlichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden nicht hat nachweisen können.

a) Darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit der Anspruchsteller. Ihm obliegt daher auch der Nachweis, daß bei der zumutbaren Überwachung der Straßenbäume eine Schädigung entdeckt worden wäre (OLG Oldenburg VersR 1977, 845, 846). Wurden die Bäume nicht kontrolliert, so ist dies für das Schadensereignis nur dann kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw. der Schädigung des Baumes hätte führen können (OLG Schleswig MDR 1995, 148; zum Ganzen: Staudinger/Hager aaO Rn. E 155).

b) Die Frage, ob und in welchem Umfang dem Geschädigten Beweiserleichterungen , etwa nach Art des Anscheinsbeweises, zugute kommen können (grundsätzlich verneinend: OLG Karlsruhe VersR 1994, 358; Staudinger/Hager aaO), bedarf nach den Besonderheiten des hier zu beurteilenden Sachverhalts keiner abschließenden Klärung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte grundsätzlich auch den Beweis zu führen, daß ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist. Wenn allerdings die Amtspflichtverletzung und der zeitlich nachfolgende Schaden feststehen, so kann der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, daß der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist. Dies gilt jedoch nur, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang besteht; anderenfalls bleibt die Beweislast beim
Geschädigten (Senatsurteil vom 3. März 1983 - III ZR 34/82 - NJW 1983, 2241, 2242; Staudinger/Wurm aaO Rn.236 m.zahlr.w.N.). Eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit hat das Berufungsgericht hier mit Recht ausgeschlossen.
aa) Zwar hatte die Klägerin vorgetragen, die hier in Rede stehenden Alleepappeln stammten aus der Zeit von vor 1939 und hätten eine durchschnittliche Lebensdauer von 70 Jahren. Indessen ist in der Rechtsprechung bereits darauf hingewiesen worden, daß das Alter - und sogar eine Vorschädigung - eines Baumes für sich allein genommen nicht ohne weiteres eine gesteigerte Beobachtungspflicht des Verkehrssicherungspflichtigen erfordern (OLG Stuttgart VersR 1994, 359). Der im ersten Rechtszug vernommene Zeuge S., der für die Beklagte als Baumpfleger tätig war und damit über eine gewisse Sachkunde verfügte, hat anhand der von der Klägerin zu den Akten gereichten Fotos der Unfallstelle, die den abgebrochenen Ast zeigen, bekundet, dieser sei belaubt gewesen und wäre auch bei einer durchgeführten Kontrolle nicht beseitigt worden. Daraus hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung gefolgert, es sei überwiegend unwahrscheinlich, daß der Ast bei einer - unterstellten - ordnungsgemäßen Kontrolle im Frühjahr 2000 als ein solcher aufgefallen wäre, der zu besonderen Sicherungsmaßnahmen Anlaß gegeben hätte. Insbesondere waren auch sonstige Krankheitszeichen, etwa am Stamm, die schon seit längerem hätten beobachtet werden können, nicht behauptet und auch nicht sonst erkennbar.
bb) Vielmehr kam als besonders naheliegende Schadensursache in Betracht , daß der Ast infolge eines zum Unfallzeitpunkt herrschenden Sturmes abgebrochen ist. Beide Vorinstanzen sind nach dem damaligen Sach- und Streitstand von einem solchen Sturm ausgegangen; die dagegen erhobene
Verfahrensrüge der Revision greift nicht durch: In der Klageschrift hatte die Klägerin keine Angaben zu den Witterungsverhältnissen gemacht. Die Beklagte hatte schon in der Klageerwiderung nicht nur einen Sturm behauptet, sondern daraus unter Anführung von Rechtsprechung haftungsrechtlich entlastende Folgerungen für sich gezogen. Die Klägerin war darauf nicht weiter eingegangen ; übergangenen Sachvortrag vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen. Dementsprechend hatte schon das Landgericht nach § 138 Abs. 3 ZPO in den unstreitigen Tatbestand aufgenommen, daß Sturm herrschte, und in den Entscheidungsgründen festgestellt, daß der Ast gesund war und auch ohne regelmäßige Sichtkontrollen (gemeint ist: bei regelmäßigen Sichtkontrollen) aufgrund des starken Windes abgefallen wäre. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist von der Klägerin nicht gestellt worden und hätte auch keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht hätte diese Feststellungen seiner Verhandlung und Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), greift, wie der Senat geprüft hat, nicht durch; von einer näheren Begründung wird auch hier abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO). Da es der Klägerin nicht gelungen ist, diese vorrangige Schadensursache auszuräumen, ist ihre Amtshaftungsklage mit Recht abgewiesen worden.
Schlick Wurm Streck Galke Herrmann

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 20.06.2003 - 9 O 151/02 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten mit der Behauptung, diese habe ihre Räum- und Streupflicht verletzt, Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden. Mit dem gleichen Begehren hat die Klägerin bereits die Eigentümer des an den Weg angrenzenden Grundstücks im Verfahren des Landgerichts Karlsruhe, 2 O 27/01, in Anspruch genommen, das durch einen Abfindungsvergleich endete. Hier hat das Landgericht lediglich den Feststellungsantrag nach Maßgabe von Ziffer 1 des Urteilsausspruchs zuerkannt und im übrigen die Klage abgewiesen, da sich die Klägerin die aufgrund des in dem Parallelverfahren abgeschlossenen Vergleichs geleisteten Zahlungen durch die Eigentümergemeinschaft anrechnen lassen müsse, sodass die Beklagte aufgrund der ihr vorzuwerfenden Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nur noch für den nicht abgegoltenen und darüber hinausgehenden Schaden hafte. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der getroffenen Feststellungen wird auf das Urteil verwiesen. Gegen dieses wendet sich die Beklagte, die unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags im ersten Rechtszug die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bestreitet, auf die Gesamtwirkungen des Vergleichs hinweist und darauf gestützt weiterhin die vollständige Abweisung der Klage begehrt.
II.
Die Berufung hat Erfolg.
1. Dabei kann offen bleiben, ob das Landgericht berechtigt war, die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten aus Umständen herzuleiten, auf die die Klägerin ihr Begehren nicht stützte. Denn konkreter Vortrag der Klägerin zu einer Verletzung der Kontrollpflicht der Beklagten fehlt, obwohl es Aufgabe der für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darlegungs- und beweispflichtige Klägerin gewesen wäre darzutun, dass die Beklagte bei ordnungsgemäßer Überwachung Kenntnis von der Verstopfung hätte haben müssen und dass bei ordnungsgemäß durchgeführter Überwachung es nicht zu dem Sturz gekommen wäre. Aus dem Umstand, dass der Abfluss zum Zeitpunkt des Sturzes verstopft war, folgt allein noch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Umstände, die eine ständige Kontrolle erfordert hätten, sind nicht ersichtlich. Feststellungen zu durchgeführten Kontrollen fehlen.
2. Zur Vornahme baulicher Maßnahmen, die eine Bildung von Pfützen auf dem Fußweg verhinderten, war die Beklagte aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht gehalten. Eine Verpflichtung, die Bildung von Pfützen auf öffentlichen Wegen und Plätzen im Winter zu verhindern, stellte eine Überspannung der Anforderungen dar und wäre unzumutbar. Nach allgemein anerkannten Grundsätzen muss der Fußgängerverkehr Unebenheiten hinnehmen (vgl. Senat, Urt. v. 17.06.1992, 7 U 56/91, VersR 1993, 332; Urt. v. 11.10.2000, 7 U 119/99, OLGR Karlsruhe 2001 238 m. w. Nachweisen), was auch für die Winterzeit gilt, denn die Anforderungen an die Ausgestaltung von Fußgängerwegen können nicht von der Wetterlage abhängen. Die Abwehr der Gefahren, die hier zum Sturz der Klägerin geführt haben, ist ausschließlich dem Bereich der Räum- und Streupflicht zugeordnet. Diese spezielle, den winterlichen Gefahren Rechnung tragende Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht bestimmt Art und Umfang der Maßnahmen, die von dem Räum- und Streupflichtigen (und nicht vom Straßenbaulastträger) zu ergreifen sind.
3. Da die Gemeinde die Räum- und Streupflicht wirksam durch Satzung auf die Straßenanlieger übertragen hat, kommt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in diesem Bereich durch die beklagte Gemeinde nur in Betracht, wenn diese die bei ihr verbliebene Verpflichtung, die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch die Anlieger zu überwachen (vgl. BGHZ 118, 368, 373, NJW 1966, 2311, 2312; Senat, Urt. v. 13.02.2002, 7 U 117/00, OLGR Karlsruhe 2002, 351), verletzt hat. Auch für diese tatsächlichen Voraussetzungen einer eventuellen Pflichtverletzung der Beklagten ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig (BGH, Urt. v. 04.03.2004, III ZR 225/03, BGHReport 2004, 869, 870 = NJW 2004, 1381; OLG Dresden, Urt. v. 19.02.2003, 6 U 955/02, OLGR Dresden 2003, 293, 295). Aus dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt lässt sich dies nicht ableiten. Die Tatsache des Sturzes der Klägerin belegt noch keine Pflichtverletzung der Beklagten. Die Klägerin hätte vielmehr vortragen müssen, welche organisatorischen Maßnahmen zur Kontrolle der Anlieger die Beklagte versäumt hat und dass bei Einhaltung der erforderlichen Kontrolle ihr Sturz vermieden worden wäre. Dazu hätte auch Vortrag dazu gehört, seit wann die Eisplatte vorhanden war.
4. Selbst wenn man von einer Verletzung der bei der beklagten Gemeinde verbliebenen Überwachungspflicht ausgehen wollte, würde diese nicht haften und die Klage wäre abzuweisen. Über die vom Landgericht zutreffend angenommene Tilgungswirkung der von der Eigentümergemeinschaft aufgrund des im Verfahren 2 O 27/01 abgeschlossenen Vergleichs geleisteten Zahlungen (§ 422 BGB) hinaus kommt dem Vergleich Bedeutung auch für die gegen die Beklagte gerichteten Ansprüche zu. Mit dem im Parallelverfahren abgeschlossenen Abfindungsvergleich wollten die vertragsschließenden Parteien eine Gesamtbereinigung des Streitfalles vornehmen und die Höhe des von der Eigentümergemeinschaft zu leistenden Schadensersatzes aufgrund des Sturzes abschließend festlegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Möglichkeit weiterer Zahlungen der Wohnungseigentümergemeinschaft aus Anlass dieses Unfalls in Betracht gezogen und offen gehalten werden sollen, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht vorgetragen. Ziel des Abwendungsvergleichs war vielmehr die endgültige Klärung der Einstandspflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sodass diese mit einer weiteren Inanspruchnahme nicht rechnen musste (vgl. BGH VersR 1986, 810, 811).
Aus dem Umstand, dass sich die Beklagte, die damalige Streithelferin der Klägerin, an dem Vergleich nicht beteiligt hat, kann nichts Gegenteiliges geschlossen werden. Es ist weder erkennbar noch wird vorgetragen, dass eine weitergehende Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin erwogen und - auch soweit dies zu einer weiteren Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft führen würde - offen gehalten werden sollte. Dazu bestand schon deshalb keine Veranlassung, weil nach dem damaligen Vortrag der Klägerin entweder eine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft oder (wenn der Sturz sich nicht in dem Bereich ereignet haben sollte, in dem die Streupflicht übertragen worden war) alternativ eine Haftung der beklagten Gemeinde zur Debatte stand, eine gesamtschuldnerische Haftung und die daraus folgende Möglichkeit eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB somit nicht in Betracht gezogen wurde.
Das, mit dem Abschluss des Abfindungsvergleichs vom 18.10.2001 im Verfahren 2 O 27/01 verfolgte Ziel lässt sich aber nur dann erreichen, wenn eine Haftung der beklagten Gemeinde ausscheidet. Denn die beklagte Gemeinde könnte von der Wohnungseigentümergemeinschaft die vollständige Ausgleichung aller von ihr geleisteten Zahlungen fordern, da im Rahmen des nach §§ 840 Abs. 1, 426 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Innenausgleichs die Wohnungseigentümergemeinschaft alleine haften würde. Diese könnte sich im Innenausgleich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte sie in der Erfüllung der ihr obliegenden Streupflicht nicht genügend überwacht hat (BGHZ 110, 114, 122 = NJW 1990, 1361, 1363; Urt. v. 11.11.2003, VI ZR 13/03, BGHReport 2004, 441, 442 = NJW 2004, 951, 953). Die sich daraus ergebende Konfliktlage, dass einerseits nach der gesetzlichen Verteilung der Verantwortungsbereiche die beklagte Gemeinde den Schaden der Klägerin im Ergebnis nicht tragen muss, weil im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner dieser dafür allein verantwortlich ist, die Klägerin aber mit diesem Gesamtschuldner einen Abfindungsvergleich geschlossen hat, durch den der Umfang der Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließend bestimmt und dieser ein weitergehender Anspruch erlassen wurde, ist in der Weise zu lösen, dass die Klägerin, nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Schadensersatzverpflichtung in vollem Umfang erfüllt hat, auch von der Beklagten keinen weiteren Schadensersatz mehr verlangen kann (BGHZ 110, 114, 122 = NJW 1990, 1361, 1363; Urt. v. 09.01.2003, IX ZR 353/99, BGHReport 2003, 510 = NJW 2003, 1036, 1037; Urt. v. 11.11.2003, VI ZR 13/03, BGHReport 2004, 331, 442 = NJW 2004, 951, 953).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
10 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nicht vorliegen.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 07.11.2007 - 3 O 373/06 – teilweise

abgeändert

und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 349,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 05.09.2006 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 4.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 05.09.2006 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ein Drittel seiner materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 01.02.2005 auf der G… Straße in S… G…, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Auf die Berufung des Klägers wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 16,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 02.02.2008 zu bezahlen.

III. Die weitergehenden Berufungen des Beklagten und des Klägers werden zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Kläger 80 % und der Beklagte 20 %.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

Berufung des Klägers:

26.082,23 EUR

Berufung des Beklagten:

  8.016,11 EUR           

Summe:

34.098,34 EUR.

Gründe

 
A.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Unfallereignis vom 01.02.2005, für das der Kläger den Beklagten verantwortlich macht.
Der Beklagte ist Eigentümer des Hausgrundstückes J… Straße … in S… G…. Zum Grundstück gehört ein Parkplatz, der über einen Zugang zur G… verfügt. An diesen Parkplatz grenzt das Hausgrundstück R… Straße … an, welches u.a. vom Kläger bewohnt wird.
Am 01.02.2005 verließ der Kläger (geb. ....1970), der seit Geburt an einer inkompletten Hemiparese rechts leidet, gegen 9. 50 Uhr das Gebäude R… Straße … und begab sich zu Fuß in die G… Straße, um von dort in Richtung J… Straße zu gelangen. Auf derjenigen Straßenseite der G… Straße, an die sowohl das Grundstück des Beklagten als auch das Grundstück R… Straße … angrenzen, befindet sich ein Gehweg. Wegen der genauen Örtlichkeiten wird auf den Plan gemäß Anlage Bl. 19 d.A. nebst Lichtbildern sowie auf die Fotos gemäß Bl. 34 d.A. Bezug genommen.
Der Kläger hat den Beklagten wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Zahlung von 1.425,86 EUR nebst Zinsen (Antrag Ziff. 1), auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (Antrag Ziff. 2) sowie auf Feststellung in Anspruch genommen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 01.02.2005 zu ersetzen, soweit kein Forderungsübergang eintritt (Antrag Ziff. 3). Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei auf dem Gehweg in der G… Straße im Bereich des Grundstücks des Beklagten gestürzt, weil sich dort Schnee und Eis befunden hätten und der Beklagte seiner Räum- und Streupflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Der Sturz habe sich auf der Höhe der Parkplatzzufahrt ereignet und zu einer Sprunggelenksverrenkungsfraktur links vom Typ Weber B/C mit Verschiebung geführt, weshalb eine stationäre Behandlung zwischen dem 01.02. und dem 11.02.2005 in der S… Klinik in M… mit offener Reposition mittels Plattenosteosynthese, interfragmentärer Verschraubung und Stellschraube erforderlich geworden sei. Auf den Unfall vom 01.02.2005 seien der erneute stationäre Aufenthalt in der S… Klinik vom 16.02. bis zum 26.02.2005, die Rehabilitationsmaßnahme in der E… Klinik in F… (03.03. bis 24.03.2005), die ambulante operative Entfernung der Stellschraube vom 08.04.2005 sowie ein weiterer stationärer Klinikaufenthalt zwischen dem 01.09. und dem 05.09.2005 zur Entfernung des verbliebenen Schraubenrestes nach einem Bruch der Stellschraube mit anschließender Rehabilitationsmaßnahme zwischen dem 12.10. und dem 02.11.2005 in B… W… zurückzuführen. Zwischen dem 01.02.2005 und dem 27.11.2005 habe Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Als Dauerschaden sei eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes sowie eine Schwellneigung im Bereich des körperfernen Unterschenkels verblieben, ferner eine Missempfindung im Narbenbereich sowie eine Erweiterung des medialen Gelenkspaltes. Mit einer posttraumatischen Arthrose im Bereich des oberen Sprunggelenkes links müsse gerechnet werden. Im ehemaligen Stellschraubenbereich bestehe eine Verkalkungsstruktur zwischen Wadenbein und Schienbein ohne vollständige knöcherne Überbrückung. Aufgrund des Unfalles sei ein materieller Schaden in Höhe der Klagesumme entstanden. Die erlittenen immateriellen Nachteile rechtfertigten ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR. Wegen des Eintritts möglicher künftiger Schäden bestehe ein Feststellungsinteresse.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat einen Sturz des Klägers auf dem Gehweg vor seinem Gebäude bestritten. Der Gehweg sei zwischen 9. 00 Uhr und 9. 30 Uhr von Schnee und Eis befreit worden. Da Dr. W… im Arztbericht vom 03.06.2005 festgehalten habe, dass der Kläger im Bereich einer Bordsteinkante mit dem linken Fuß umgeknickt sei (Anlage K 2), könne der Sturz nicht durch Glatteis verursacht worden sein. Als Ursache für das Umknicken des Fußes sei die Hemiparese des Klägers in Betracht zu ziehen. Weil der Kläger Sommerschuhe mit völlig glatter Sohle ohne jegliches Profil getragen habe, liege ein überwiegendes Mitverschulden auf Seiten des Klägers vor. Der Kläger sei nach dem 11.02.2005 zu Hause erneut gestürzt, was Ursache für den stationären Aufenthalt vom 16.02.2005 bis 26.02.2005 und für den Bruch der Stellschraube sowie der sich daraus ergebenden Folgen bei der Weiterbehandlung gewesen sei. Der behauptete materielle Schaden wurde vom Beklagten nach Grund und Höhe bestritten. Die Schmerzensgeldvorstellungen des Klägers seien weit übersetzt.
Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen S…, R…, D…, S…, A…, S…, S…, A… und Dr. K sowie nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Orthopäden PD Dr. R mit Urteil vom 07.11.2007 der Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers in Höhe von 2/3 teilweise stattgegeben und dem Kläger einen materiellen Schadensersatzanspruch in Höhe von 349,45 EUR sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR jeweils nebst Zinsen zugesprochen. Der Feststellungsantrag wurde dem Grunde nach zu 1/3 für zulässig und begründet erachtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Beklagte habe sich wegen Verstoßes gegen die Streupflichtsatzung der Stadt S… G… schadensersatzpflichtig gemacht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Kläger auf dem Gehweg vor dem Grundstück des Beklagten gestürzt sei, weil dieser den Gehweg nicht ordnungsgemäß von Schnee und Eis befreit habe. Da der Kläger ein nicht den Witterungsverhältnissen angepasstes Schuhwerk getragen und nicht die beim Gehen auf so gefährlichen Flächen erforderliche Sorgfalt aufgebracht habe, müsse sich dieser ein überwiegendes Mitverschulden von 2/3 anrechnen lassen. Durch äußerst bedachtsames Gehen auf glatten Flächen wäre ein Sturz zu vermeiden gewesen. Dafür, dass dem Kläger eine leichter begehbare Alternativstrecke zur Verfügung gestanden habe, lägen keine Anhaltspunkte vor. Sämtliche vom Kläger angeführten Klinikaufenthalte und Rehabilitationsmaßnahmen seien unfallbedingt gewesen, ebenso der Bruch der Stellschraube und die zur Entfernung des Schraubenrestes notwendigen Therapiemaßnahmen. Als Dauerschaden verbleibe eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes für das Heben des Fußes von ca. 10 %, eine Schwellneigung im Bereich des Unterschenkels sowie eine Erweiterung des medialen Gelenkspaltes zum Innenknöchel. Unter Berücksichtigung der Gefahr einer posttraumatischen Arthrosebildung sei bei voller Haftung ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 EUR gerechtfertigt. Der materielle Schaden des Klägers belaufe sich auf 1.048,35 EUR, den der Beklagte zu 1/3 auszugleichen habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass sich der Unfallort im Bereich des Gehwegs vor dem Grundstück J… Straße … befunden habe, für welchen den Beklagten die Verkehrssicherungspflicht treffe. Der Kläger habe mehrfach entscheidungserhebliche Tatsachen entweder verschwiegen oder falsch dargestellt, weshalb dessen Angaben nicht glaubhaft seien. Mit den Aussagen anderer Zeugen zum Unfallort habe sich das Landgericht nicht genügend auseinandergesetzt. Weder der Zeuge R… noch der Zeuge S… hätten beobachtet, wo genau der Kläger gestürzt sei. Demzufolge seien die Angaben dieser Zeugen über das Vorhandensein von Schnee bzw. Eis in örtlicher Hinsicht ebenfalls ungenau.
Das Landgericht habe die Angaben des Arztes Dr. W… in dessen ärztlichem Bericht, wonach der Kläger im Bereich einer Bordsteinkante mit dem linken Fuß umgeknickt sei, nicht ausreichend gewürdigt. Diese Schilderung könne nur auf vom Kläger selbst abgegebenen Erklärungen beruhen.
Die Zeugin L… S… habe objektiv unrichtig ausgesagt, indem sie erklärt habe, sie sei zur Unfallstelle gekommen, bevor das Rote Kreuz ihren Sohn dort abgeholt habe. Dies widerspreche den Angaben der übrigen Zeugen.
10 
Nach den Bekundungen der Zeugin A… S.… habe sich der Kläger an einer Mauer, welche zum Gebäude R… Straße … gehöre, festgehalten, was mit den Feststellungen des Landgerichts zum Unfallort nicht in Einklang zu bringen sei.
11 
Aufgrund des eigenen Vortrages des Klägers habe dieser den Unfall selbst verschuldet. Wenn unterstellt wird, dass der Sturz auf eine auf dem Gehweg vorhandene dicke Eis- und Schneedecke zurückzuführen sei, wie der Kläger behaupte, hätte dieser Abschnitt des Gehweges auf keinen Fall begangen werden dürfen, zumal der Kläger Sommerschuhe mit völlig glatten profillosen Sohlen getragen habe. Zur Vermeidung einer Sturzgefahr sei der Kläger gehalten gewesen, die G… Straße zu überqueren und den auf der gegenüberliegenden Seite vorhandenen geräumten Gehweg zu benutzen.
12 
Aufgrund der Angaben des Klägers zu dem von ihm getragenen Schuhwerk ergebe sich zusätzlich eine nachhaltige Erschütterung von dessen Glaubwürdigkeit. Erst nach einem Hinweis durch ihn, den Beklagten, habe der Kläger eingeräumt, dass die von ihm getragenen Schuhe neu besohlt worden seien. Darüber hinaus habe der Kläger verschwiegen, dass er Anfang Februar 2005 bei einem weiteren Unfall in seiner Wohnung gestürzt sei. Der dadurch bedingte zweite Klinikaufenthalt im Februar 2005 könne beim Schmerzensgeld und den weiteren Ansprüchen des Klägers nicht berücksichtigt werden, außerdem sei vom Landgericht rechtsfehlerhaft nicht geklärt worden, welcher Einfluss dieser zweite Unfall auf die nachfolgenden Eingriffe und Behandlungen gehabt habe.
13 
Der vom Landgericht zu Grunde gelegte Schmerzensgeldbetrag von 15.000,00 EUR bei voller Haftung sei bei weitem überhöht.
14 
Der Beklagte beantragt:
15 
Das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 07.11.2007 - 3 O 373/06 - wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
18 
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und hält insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts für zutreffend. Aus den Angaben der Zeugen lasse sich der Unfallort eindeutig entnehmen. Die Annahme der Zeugin S…, er, der Kläger, sei im Bereich der Mauer des Gebäudes R… Straße … gestanden, müsse auf einem Irrtum beruhen. In dem fraglichen Arztbericht von Dr. W… sei auch festgehalten worden, dass er „auf dem Weg zum Arbeitsamt auf vereistem Gehweg weggerutscht“ sei. Eine Verpflichtung, den Gehweg zu wechseln, habe nicht bestanden. Er habe sein in der J… Straße abgestelltes Kraftfahrzeug aufsuchen wollen, um zur Agentur für Arbeit zu gelangen. Eine Überquerung der G… Straße hätte diesem Zweck nicht entsprochen. Außerdem stehe nicht fest, dass der gegenüberliegende Gehweg der G… Straße gefahrloser habe begangen werden können als der Gehweg vor dem Grundstück des Beklagten. Der Sturz vom 16.02.2005 sei ohne Folgen geblieben. Die Halbseitenschwäche auf der rechten Körperseite habe sich nicht ausgewirkt.
19 
Ein Mitverschulden könne ihm nicht wegen der zum Unfallzeitpunkt getragenen Schuhe zur Last gelegt werden. Diese Schuhe hätten zum fraglichen Zeitpunkt eine schwarze Profilsohle aufgewiesen; die gleiche Sohle, die nach dem Unfall neu angebracht worden sei, habe der Schuh auch vor dem Unfall besessen. Zum Beweis dieser Behauptung hat sich der Kläger auf die Vernehmung des Zeugen A… berufen. Diese Schuhe seien wintertauglich gewesen. Das Betreten der Fahrbahn sei für Fußgänger nach § 25 StVO untersagt.
20 
Zudem greift der Kläger mit seinem selbständigen, form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsmittel das landgerichtliche Urteil ebenfalls an und erstrebt eine volle Haftung des Beklagten. Dieser sei allein für den Unfall verantwortlich. Das Schmerzensgeld sei vom Landgericht zu niedrig festgesetzt worden. Es lägen nach wie vor persistierende Sprunggelenksschmerzen links vor. Bei einer Kernspintomographie vom 19.12.2007 habe sich eine Frakturlinie sowie eine Osteochondrosis dissecans im Sprungbein gezeigt. Aufgrund dieses Knochendefektes drohe unter Umständen ein weiterer operativer Eingriff. All dies stehe mit dem Unfall vom 01.02.2005 in kausalem Zusammenhang. Zum Beleg beruft sich der Kläger auf das ärztliche Attest von Dr. D…vom 10.01.2008 nebst Anlage (Anlage K 19, Bl. 221/223 d.A.) sowie den ärztlichen Zwischenbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T…. vom 01.02.2008 (Anlage K 25, Bl. 245/246 d.A.). Seit Juli 2006 befinde er sich darüber hinaus in psychotherapeutischer Behandlung wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Psychotherapeutin H… zur Stabilisierung. Außerdem führe Prof. Dr. B… wegen einer diagnostizierten depressiven mittelschweren Störung seit Juni 2006 gelegentliche ambulante Behandlungen durch. Der gegenwärtige psychische Zustand sei im Wesentlichen durch die Folgen des Unfalles vom 01.02.2005 geprägt. Mit diesem neuen Vortrag sei er in der Berufungsinstanz nicht präkludiert. Depressive Störungen bildeten sich zum Teil erst nach einer gewissen Latenzzeit aus aufgrund einer Chronifizierung der Beschwerden. Daher hätten die konkreten Auswirkungen beim Kläger erst Ende 2007 diagnostiziert werden können. Zu einer befriedigenden Heilung sei es noch nicht gekommen. So habe die notwendige krankengymnastische Behandlung noch nicht abgesetzt werden können. Die Narbe am Außenknöchel falle durch die starke Hyperpigmentierung besonders auf. Sportliche Betätigungen (Joggen, Ballsport etc.) seien bis auf Weiteres nicht mehr möglich. Daher erscheine ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 25.000,00 EUR angemessen. Soweit der erstinstanzlich geltend gemachte materielle Schaden im Umfang von 377,51 EUR vom Landgericht abgewiesen worden sei, werde dies akzeptiert. Jedoch habe der Beklagte den darüber hinausgehenden materiellen Schaden voll zu ersetzen, ebenso weitere Kosten in Höhe von 50,00 EUR durch zwei ärztliche Atteste.
21 
Der Kläger stellt folgende Anträge:
22 
1. Das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 07.11.2007 - 3 O 373/06 - wird abgeändert.
23 
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 748,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 698,90 EUR seit 04.09.2006 und aus 50,00 EUR seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
24 
3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
25 
4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 01.02.2005 auf der G… Straße in S… G…, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
28 
Er hebt im Wesentlichen hervor, dass die angeblichen Sprunggelenksschmerzen nicht sicher als Unfallfolgen zu betrachten seien und dass ein Bezug zum Unfallgeschehen hinsichtlich der behaupteten Depression von der Psychotherapeutin H… nicht hergestellt worden sei. Die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung sei auf das Grundleiden des Klägers zurückzuführen.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen verwiesen.
30 
Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 04.06.2008 zu den Folgen des Sturzes vom 01.02.2005 ein schriftliches unfallchirurgisches Gutachten sowie ein schriftliches neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das unfall-chirurgische Gutachten von PD Dr. K… vom 15.08.2008 (Bl. 280/299 d.A.) und auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. S… vom 10.11.2008 (Bl. 326/356 d.A.) Bezug genommen.
B.
31 
Beide Berufungen sind zulässig. Das Rechtsmittel des Beklagten hat teilweise Erfolg, weil dem Kläger lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 EUR nebst Zinsen zusteht. Die vom Kläger im Berufungsverfahren zusätzlich geklagten Beschwerden sind nicht nachweislich unfallbedingt. Im Übrigen greifen die vom Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil geführten Angriffe nicht durch (I.). Auf die Berufung des Klägers waren diesem ein Drittel des im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten materiellen Schadens von 50,00 EUR nebst Zinsen zuzusprechen. Die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers von 2/3 am streitgegenständlichen Unfallereignis durch das Erstgericht ist nicht zu beanstanden (II.).
I.
32 
Berufung des Beklagten:
33 
Zu Recht ist das Landgericht von einer deliktischen Haftung des Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB dem Grunde nach ausgegangen (1.). Der Kläger hat den Sturz vom 01.02.2005 weder allein noch überwiegend in einem so hohen Maß selbst verschuldet, dass die fahrlässige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten gänzlich zu vernachlässigen ist (2.). Das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld überschreitet nach Ansicht des Senats den nach § 253 BGB noch zu vertretenden Rahmen (3.).
1.
34 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Landgericht zu Recht zu der Feststellung gelangt, dass der Kläger auf dem Gehweg der G… Straße im Bereich des Grundstücks des Beklagten infolge einer Verletzung der dem Beklagten obliegenden Streu- und Räumpflicht gestürzt ist.
a)
35 
Durchgreifende Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen zum Unfallort im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestehen nicht. Das Landgericht hat nach umfassender Würdigung der erhobenen Beweise insbesondere aufgrund der Aussagen der Zeugen R… und S… die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Bereich des Grundstücks des Beklagten, nämlich etwa auf Höhe des südwestlichen Hausecks bzw. des unmittelbar dahinter auf dem Parkplatz abgestellten Pkws, zu Fall gekommen ist. Zwar hat keiner der Zeugen den Sturz unmittelbar beobachtet. Jedoch hat der Zeuge R… bekundet, dass er den Kläger in dem Moment gesehen habe, als dieser dabei gewesen sei, sich vom Gehsteig in Richtung Hausecke „zu rappeln“ (Bl. 57 d.A.). Daher bestanden für den Zeugen R… keine Zweifel daran, dass der Unfallort im Bereich des Gehweges gelegen hat (Bl. 57 d.A.). Der Kläger habe dicht an der Hausecke gestanden (Bl. 58 d.A.). Dem Umstand, dass der Zeuge zum Unfallzeitpunkt die Vermutung hatte, der Kläger sei aus Richtung J…. Straße gekommen, kann im Rahmen der Beweiswürdigung kein sonderliches Gewicht beigemessen werden. Denn es ist durchaus denkbar, dass der Kläger nach dem Sturz, um sich wieder aufzurichten, sich in Richtung R… Straße hin zur Hausecke bewegt hat. Ferner deuten die Bekundungen des Zeugen S… auf einen Unfallort hin, für den der Beklagte verkehrssicherungspflichtig ist. Vom Zeugen S… war zu diesem Punkt zu erfahren, dass sich der Kläger genau im Bereich der Hausecke aufgehalten habe (Bl. 54/55 d.A.). Es erscheint im Übrigen außerordentlich unwahrscheinlich, dass sich der Kläger, der durch den Sturz unstreitig eine Sprunggelenksfraktur vom Typ Weber B/C erlitten hat, nach diesem Bruch noch weit vom Unfallort entfernt hat.
36 
Hinzu kommt, dass auch die Zeugin S… den Kläger im Bereich der Einfahrt zu den Parkplätzen hinter dem Haus des Beklagten angetroffen hat (Bl. 59 d.A.). Zwar soll sich der Kläger nach der Erinnerung der Zeugin S… an der Mauer festgehalten haben, welche zum Gebäude R… Straße gehört (Bl. 60 d.A.). Dies ist jedoch von keinem der übrigen Zeugen bestätigt worden und steht zudem auch im Widerspruch zur vorerwähnten Einlassung der Zeugin. Möglicherweise hat die Zeugin bei ihrer Vernehmung, die fast zwei Jahre nach dem Unfall erfolgte, die Mauer des Gebäudes R… Straße … mit der Wand des Gebäudes J.. Straße .. verwechselt.
37 
Von der Zeugin D… war zu erfahren, dass der Kläger im Bereich der Einfahrt zu den Parkplätzen in der G… Straße gesessen habe (Bl. 61 d.A.). Der Zeuge S… hat mitgeteilt, als er hinzugekommen sei, habe sich der Kläger etwa in dem Bereich auf dem Gehweg, welcher sich in der Mitte der Einfahrt zum Parkplatz befinde, aufgehalten (Bl. 65 d.A.). Auch dadurch wird die Schilderung des Klägers bestätigt. Dafür, dass sich der Unfall außerhalb des Geländes ereignet hat, für welches der Beklagte verkehrssicherungspflichtig ist, liegen jedenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.
38 
Auf die Angaben der Zeugin S… hat das Landgericht seine Überzeugungsbildung hinsichtlich des genauen Unfallortes nicht gestützt. Unerheblich ist daher, ob diese Zeugin als glaubwürdig angesehen werden kann.
39 
In nachvollziehbarer und plausibler Weise hat das Landgericht außerdem begründet, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass der Kläger im Bereich der Bordsteinkante mit dem linken Fuß umgeknickt sei. Richtig ist, dass sich im Arztbericht von Dr. W.. vom 03.06.2005 ein entsprechender Hinweis findet (vgl. Anlage K 2), der nur auf einer Schilderung des Klägers beruhen kann. Indessen wurde dieser Arztbericht erst vier Monate nach dem Unfallereignis erstellt und es ist nicht gesichert, dass der behandelnde Arzt den Bericht des Klägers zutreffend aufgenommen und im Arztbericht festgehalten hat. Erfahrungsgemäß legt der vom Patienten aufgesuchte Arzt sein Hauptaugenmerk bei einer Erstbehandlung nicht auf den Unfallhergang, sondern auf dessen Folgen. Des Weiteren ist der fragliche Vermerk in verschiedener Weise interpretierbar. So kann die Passage im Arztbericht „auf glattem Gehweg im Bereich einer Bordsteinkante mit dem linken Fuß umgeknickt“ auch dahin verstanden werden, dass der Sturz sich auf dem glatten Gehweg ereignet hat und lediglich eine gewisse Nähe zur Bordsteinkante zum Ausdruck gebracht werden sollte. Zu berücksichtigen ist zusätzlich, dass im Arztbericht der Fachklinik E… vom 27.04.2005 (Anlage K 3) folgendes zum Unfallhergang festgehalten worden ist: „Auf dem Weg zum Arbeitsamt auf vereistem Gehweg weggerutscht und dabei mit dem linken Fuß umgeknickt“. Diese Dokumentation stützt die Darstellung des Klägers und deutet gerade nicht auf ein Umknicken im Bereich der Bordsteinkante hin.
b)
40 
Nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts ist der Beklagte seiner Verkehrssicherungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Nach den Angaben des Zeugen S… war der Gehwegbereich vor der Parkplatzeinfahrt und entlang des Gebäudes des Beklagten nicht geräumt (Bl. 55 d.A.); es habe dort mehr oder weniger Eis gelegen, es sei keine Spur frei gewesen (Bl. 54 d.A.). In der gleichen Art und Weise äußerte sich der Zeuge R…. Als dieser den Kläger angetroffen habe, habe dieser knöcheltief im Schnee gestanden (Bl. 57 und Bl. 58 d.A.). Nach der Erinnerung der Zeugin S…. waren am Standort des Klägers fester Schnee und Eisplatten vorhanden (Bl. 59 d.A.). Dieser Zustand wird den Anforderungen der §§ 5 und 6 der Streupflichtsatzung der Stadt S… G… nicht gerecht. Mit nachvollziehbaren Argumenten hat das Landgericht den Aussagen der Zeugin A… keinen Glauben geschenkt. Dies wird von der Berufung hingenommen.
c)
41 
Es liegt auf der Hand, dass die Verkehrssicherungspflichtverletzung mitursächlich für den Sturz des Klägers war. Auch nach der Überzeugung des Senats ist die Einlassung des Klägers durchaus glaubhaft, er sei auf einer glatten Stelle weggerutscht und nach hinten umgestürzt. Von dem eigenen Vortrag des Beklagten ausgehend, der Kläger habe Schuhe mit glatten Sohlen getragen, war die Rutschgefahr sogar besonders erhöht.
42 
Es kann dahinstehen, ob die rechtsseitige Hemiparese des Klägers mit zum Sturz beigetragen hat, was vom gerichtlichen Sachverständigen PD Dr. R… verneint wird (Bl. 119 d.A.). Denn bestehende Vorerkrankungen entlasten den Beklagten als Schädiger grundsätzlich nicht. Wer einen Kranken verletzt, kann nicht so gestellt werden, als habe er einen Gesunden geschädigt (BGH NJW-RR 2002, 868; BGH NJW 1956, 1108).
2.
43 
Ein weit überwiegendes oder gar ein alleiniges Verschulden des Klägers am Unfall hat der Beklagte nicht zu beweisen vermocht.
a)
44 
Nach der Rechtsprechung begründet ein Sturz infolge Glatteis nicht stets ein Mitverschulden des Fußgängers. Vielmehr ist es eine Frage des Einzelfalles, ob dem Geschädigten vorgeworfen werden kann, er habe durch ein Verhalten, das den durch Schnee und Eis herbeigeführten winterlichen Verhältnissen nicht genügend Rechnung getragen habe, zur Schadensentstehung beigetragen (BGH NJW-RR 1997, 1109; OLG München, Urteil vom 13.03.2008 - 1 U 4314/07, zitiert nach juris). Die Beweislast für ein Mitverschulden trägt dabei der Schädiger, der auch die Kausalität eines möglichen Eigenverschuldens für den Schaden belegen muss (Palandt/Heinrichs, 68. Aufl. 2009, § 254 BGB Rn. 74).
b)
45 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund geht der Vorwurf des Beklagten, der Kläger habe den Gehsteig wechseln müssen, fehl. Dem Beklagten ist zwar im Grundsatz darin zuzustimmen, dass grundsätzlich von einem Verkehrsteilnehmer zu verlangen ist, eine von ihm erkannte Gefahrenstelle zu umgehen. Allerdings fehlt es bereits an einem konkreten Vortrag des Beklagten dazu, dass der gegenüberliegende Gehweg überhaupt gefahrlos vom Kläger hätte begangen werden können. Im Übrigen hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass er den Gehweg entlang des Gebäudes J… Straße ….deshalb benutzt habe, um zu seinem vor diesem Gebäude geparkten Auto zu gelangen. Dass der Kläger die für ihn kürzeste Wegstrecke gewählt hat, erscheint nicht zwingend vorwerfbar.
46 
Die weitere Feststellung des Landgerichts, der Kläger habe Schuhwerk mit glatten Sohlen getragen, nimmt der Beklagte als für ihn günstig hin. Ein Alleinverschulden des Klägers lässt sich daraus jedoch nicht ableiten, weil nicht sicher ist, dass der Sturz verhindert worden wäre, falls der Kläger den Witterungsverhältnissen angepasstes Schuhwerk getragen hätte. Die Unaufklärbarkeit des Sachverhaltes in diesem Punkt wirkt sich zum Nachteil des Beklagten aus, der auch insoweit beweisbelastet ist.
c)
47 
Nach Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge gemäß § 254 Abs. 1 BGB tritt die fahrlässige Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten nicht vollständig hinter das Eigenverschulden des Klägers zurück. Beide Ursachen, die von den Parteien gesetzt wurden, haben die Gefahr eines Unfalles erhöht. Zwar wiegt das Verschulden des Klägers, der sich im Winter bei Schnee und Eisglätte mit nicht wintertauglichem Schuhwerk nach draußen begeben hat, schwerer als dasjenige des Beklagten. Bei beiderseitiger Fahrlässigkeit hat jedoch regelmäßig der Geschädigte den Schaden nur dann allein zu tragen, wenn dieser die weitaus überwiegende Schadensursache gesetzt hat (Palandt/Heinrichs, a.a.O. § 254 BGB Rn. 68). Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.
48 
Im Ergebnis hält der Senat eine Haftungsquote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers aus diesen Gründen mit dem Landgericht für gerechtfertigt.
3.
49 
Auf der Basis der vorerwähnten Haftungsquote steht dem Kläger lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 EUR nebst Zinsen im tenorierten Umfang zu.
a)
50 
Nach den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Behandlungsunterlagen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger unfallbedingt einen Sprunggelenksverrenkungsbruch links vom Typ Weber B/C mit Verschiebung davongetragen (vgl. Anlage K 1), der im Rahmen des stationären Aufenthaltes vom 01.02.2005 bis 11.02.2005 mittels einer offenen Reposition mit Plattenosteosynthese, interfragmentärer Verschraubung und Stellschraube versorgt worden ist. Am 08.04.2005 erfolgte die ambulante Entfernung der Stellschraube, wobei sich zeigte, dass die Stellschraube gebrochen war, sodass der Stellschraubenrest belassen werden musste. Nach einer zunehmenden Auslockerung des Stellschrauben-Restes sowie der Bildung eines Brückenkallus zwischen Fibula und Tibia wurde während einer weiteren stationären Therapie zwischen dem 01.09. und dem 05.09.2005 in der S… Klinik das noch vorhandene Metall entfernt, eine Rehabilitationsbehandlung in B.. W… zwischen dem 12.10. und dem 02.11.2005 schloss sich an. Vom 01.02.2005 bis 27.11.2005 war der Kläger arbeitsunfähig.
51 
Sämtliche vorerwähnten Behandlungsmaßnahmen sind kausal auf den Sturz vom 01.02.2005 zurückzuführen. Dies gilt auch für den Bruch der Stellschraube, weil der weitere Sturz des Klägers in seiner Wohnung, der zur stationären Behandlung vom 16.02. bis zum 26.02.2005 in der S… Klinik führte, keinen Stellschraubenbruch verursacht haben kann. Denn aus den Röntgenaufnahmen des linken oberen Sprunggelenkes, die im Rahmen der Aufnahme beim zweiten stationären Aufenthalt ab dem 16.02.2005 gefertigt wurden, lässt sich ein regelrecht einliegendes Implantatmaterial mit intakter Stellschraube erkennen, wie der Sachverständige PD Dr. R… im Gutachten vom 10.08.2007 festgestellt hat (Bl. 120 d.A.). Demnach ist eine kausale Verknüpfung zwischen dem haftungsbegründenden Unfallereignis und sämtlichen Komplikationen, die mit dem Bruch der Stellschraube in Zusammenhang stehen, zu bejahen. Weitere Ermittlungen waren vom Landgericht zur Kausalitätsproblematik nicht anzustellen.
52 
Ebenfalls als unfallbedingt anzusehen ist die stationäre Therapie in der S… Klinik zwischen dem 16.02. und dem 26.02.2005, die sich an einen postoperativen Sturz zu Hause angeschlossen hat (vgl. Anlage K 1). Nach dem ärztlichen Bericht des Klinikums S… G… vom 25.02.2005 (nach Bl. 130 d.A.) kam der Kläger wegen seiner Halbseitenschwäche auf der rechten Seite zu Hause nicht zurecht und war erneut gestürzt. Einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 01.02.2005 und dem zweiten Sturz bzw. der sich daran anschließenden stationären Behandlung hat der Sachverständige PD Dr. R… in seinem Gutachten vom 10.08.2007 für gegeben erachtet (Bl. 120 d.A.). Gleiches gilt für die Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik E… zwischen dem 03.03. und dem 24.03.2005 und die ambulante Rehabilitationsmaßnahme vom 06.04. bis 23.06.2005. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach dem Sprunggelenksbruch mit einem Vakoped-Schuh versorgt war und an zwei Unterarmgehstützen gehen musste, wie sich aus dem Arztbericht der Fachklinik E… vom 27.04.2005 ergibt (Anlage K 3). Es liegt sehr nahe, dass dem Kläger das Gehen unter diesen Umständen erschwert war und dadurch ein Stolpern in der Wohnung begünstigt wurde, wobei möglicherweise die Halbseitenschwäche des Klägers eine gewisse Rolle gespielt hat, ohne dass dies für die rechtliche Beurteilung von Bedeutung wäre.
53 
Als Dauerschaden verbleibt dem Kläger eine eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich des linken oberen Sprunggelenks in Dorsalextension von ca. 10 % sowie eine diskrete Schwellung im Bereich des Unterschenkels (S. 14/16 des Gutachtens PD Dr. R…). Vermehrte degenerative Veränderungen im Sinne einer rasch zunehmenden posttraumatischen Arthrose bestehen im Bereich des oberen Sprunggelenks nach diesem Gutachten nicht. Im Bereich der ehemaligen Stellschraube findet sich eine Verkalkungsstruktur zwischen Wadenbein und Schienbein, ohne dass deshalb funktionelle Defizite oder Spätfolgen zu erwarten wären. Am oberen Sprunggelenk ist jedoch die Entwicklung einer posttraumatischen Arthrose möglich (S. 16 des Gutachtens PD Dr. R…).
54 
Was die Frakturlinie im Sprungbein anlangt, die in der Beurteilung der Kernspintomographie vom 19.12.2007 durch die radiologisch-nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis G… Erwähnung findet (Bl. 222 d.A.), hat der Sachverständige PD Dr. K… überzeugend ausgeführt, eine solche Frakturlinie sei weder im Röntgenbild noch in der Kernspintomographie sichtbar (S. 20 des Gutachtens). Selbst wenn man die Verbindung zwischen den zystischen Veränderungen als Fraktur deuten würde, wäre fast drei Jahre nach dem eigentlichen Trauma ein Zusammenhang mit dem Unfall vom 01.02.2005 nicht mehr herstellbar, wie der gerichtliche Gutachter weiter ausgeführt hat (ebenfalls S. 20). Somit lässt sich die vom Kläger behauptete Frakturlinie im Sprungbein jedenfalls nicht mit der notwendigen Sicherheit auf den streitgegenständlichen Sturz zurückführen.
55 
Die vom Kläger ferner angeführte Osteochondrosis dissecans beruht ebenfalls nicht zweifelsfrei auf dem vom Beklagten verschuldeten Unfall. Zwar besteht beim Kläger ein zystischer Defekt im Bereich der lateralen Talusschulter. Für diesen Defekt kommen jedoch eine ganze Reihe von Faktoren als Ursache in Betracht, wie vom Sachverständigen PD Dr. K… näher erläutert worden ist (Halbseitenlähmung, Durchblutungsstörungen, Hyperlipidämien, repetitive mechanische Belastungen, Mikrofrakturen, Cortisonbehandlungen etc.; vgl. S. 18/19 des Gutachtens). Insgesamt hat der Gutachter einen traumatischen Ursprung der Osteochondrosis dissecans nicht für sehr wahrscheinlich erachtet (S. 19 des schriftlichen Gutachtens). Eine andere Betrachtungsweise ist insoweit nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T… im Zwischenbericht vom 01.02.2008 (Anlage K 25, Bl. 245/246 d.A.) einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis bejaht hat. Denn bereits auf den Röntgenbildern vom 07.02.2005 und somit ganz kurz nach dem Sturz vom 01.02.2005 ist, so der gerichtliche Gutachter PD Dr. K… weiter (S.19 des Gutachtens), eine Transparenzminderung im Bereich der lateralen Talusschulter erkennbar, was dem radiologischen Befund eines Stadium I einer ostechondralen Läsion entspricht. Zum 25.07.2007 lässt sich aus den vom Sachverständigen ausgewerteten Röntgenaufnahmen eine Sklerosezone und damit ein Stadium II – III erkennen. Dieser Befund deutet darauf hin, dass schon zum Unfallzeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits ein Stadium I einer Osteochondrosis dissecans vorgelegen hat, die im weiteren Verlauf fortgeschritten ist. Dies spricht klar gegen den von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T… hergestellten Ursachenzusammenhang, die im Übrigen den Kläger nicht speziell im Hinblick auf die Genese einer möglichen Ostechondrosis dissecans untersucht hat.
56 
Mögliche persistierende Sprunggelenksschmerzen links, die vom Kläger beklagt werden, können ebenfalls nicht mit der notwendigen Sicherheit kausal auf den Unfall zurückgeführt werden (S. 20 des Gutachtens PD Dr. K…).
57 
Nach der nachvollziehbar dargelegten Auffassung des Gutachters Prof. Dr. S… liegt beim Kläger auch keine unfallbedingte posttraumatische Belastungsstörung entsprechend den diagnostischen Kriterien des DSM-IV vor. So fehlt ein ganz erheblich belastendes Ereignis vergleichbar denjenigen, die der Sachverständige in seinem Gutachten näher beschrieben hat (dort S. 22). Hinzu kommt, dass es auch an einer psychischen Erstreaktion gefehlt hat und ein Behandlungsbedarf erst 2006 aufgetreten ist. Zwar ist grundsätzlich auch eine sekundäre Entstehung von psychischen Störungen bekannt. Jedoch können nur schwere unfallbedingte körperliche Beeinträchtigungen solche psychischen Störungen auslösen, die beim Kläger gerade nicht vorliegen. Die geringgradige Bewegungseinschränkung sei funktionell ohne nennenswerte Bedeutung (S. 22/23 des Gutachtens). Vor diesem Hintergrund kann der streitgegenständliche Vorfall nicht zweifelsfrei als Ursache einer depressiven Störung bzw. einer posttraumatischen Belastungsstörung angesehen werden, zumal beim Kläger unfallunabhängige Kausalketten denkbar sind (Halbseitenschwäche, Arbeitslosigkeit, Aufgabe bzw. Unterbrechung der Dissertation; vgl. Anlage K 19 A). Die vom Sachverständigen Prof. Dr. S… beschriebene Teilschädigung des Nervus peronaeus links hat keinerlei funktionelle Relevanz (S. 24 des Gutachtens).
58 
Allerdings ist von einem verzögerten Heilungsverlauf auszugehen, der krankengymnastische Behandlungen mindestens bis Mai 2009 erforderlich gemacht hat (Anlage K 21, Bl. 226/229 d.A., und Bl. 382/384 d.A.), möglicherweise sogar darüber hinaus. Des weiteren ist am linken Außenknöchel eine ca. 11 cm lange schmale Narbe mit bräunlichen Hyperpigmentierungen verblieben, die ästhetisch als sehr unschön beschrieben wird (vgl. Anlage K 22, Bl. 230 d.A.). Für längere Zeit war der Kläger zusätzlich bei der Sportausübung beeinträchtigt (vgl. Anlage K 26, Bl. 247 d.A.).
59 
Die Ausführungen sämtlicher Sachverständigen sind nachvollziehbar und erkennbar von Sachkunde getragen. Sie werden daher vom Senat der Entscheidung zugrunde gelegt. Die Voraussetzungen des § 412 Abs. 1 ZPO für die Einholung eines neuen Gutachtens liegen nicht vor. Dass die vom Senat hinzugezogenen Gutachter von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen wären, wird vom Kläger nicht geltend gemacht. Mängel des Gutachtens sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die Begutachtung von Prof. Dr. S…. Zu Recht hat dieser Gutachter darauf hingewiesen, dass weder in der Bescheinigung der Psychotherapeutin H… noch in dem Bericht von Prof. Dr. B… Befunde mitgeteilt wurden, die auf eine psychische Belastungsstörung schließen lassen (vgl. Anlage K 19 a, Bl. 224 d.A., und Anlage K 20, Bl. 225 d.A.). Die Richtigkeit des Gutachtens von Prof. Dr. S… zeigt sich zusätzlich darin, dass die psychologische Psychotherapeutin H… in ihrer Bescheinigung vom 23.01.2008 (Anlage K 19 A) ausdrücklich von einer Partnerkrise mit Trennung, einem Karriereabbruch, von einer gescheiterten beruflichen Wiedereingliederung und einem sozialen Abstieg verbunden mit familiären Konflikten spricht mit der Folge, dass sich die vom Kläger beschriebenen psychischen Störungen ohne weiteres anderweitig erklären lassen und erst recht eine Verantwortlichkeit des Beklagten hierfür nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen ist.
60 
Da die in der Berufungsinstanz neu vom Kläger berichteten Gesundheitsverletzungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit dem Unfall vom 01.02.2005 zugerechnet werden können, kann dahinstehen, ob der Kläger mit diesem Vorbringen nach §§ 529 Abs. 1 Nr.2, 531 Abs. 2 ZPO präkludiert ist.
b)
61 
Die näher beschriebenen unfallbedingten immateriellen Nachteile, die der Kläger erlitten hat, rechtfertigen, würde der Beklagte voll haften, ein Schmerzensgeld in Höhe von maximal 12.000,00 EUR.
62 
Die Schmerzensgeldvorstellungen des Klägers in Höhe von 25.000.-- EUR sind ganz erheblich übersetzt. Das OLG Brandenburg hat einem Verkehrsunfallopfer mit Wirbel-, Ole-cranon- und Oberschenkelfrakturen, einem stumpfen Bauchtrauma mit Milzkapseleinriss und Rissverletzungen mit der Folge posttraumatischer Belastungsstörungen und teilweisen Bewegungseinschränkungen ein Teilschmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 EUR zuerkannt (VRR 2007, 468). 25.000,00 EUR Schmerzensgeld wurde einem Verkehrsunfalloper mit Schädel-Hirntrauma, einer offenen Ellenbogengelenks-Luxationstrümmerfraktur links, einer Fraktur der proximalen Ulna, einer Abrissfraktur am großen Rollbügel des Oberschenkelknochens und einer Komplexinstabilität des linken Kniegelenks mit Zerreißung des vorderen Kreuzbandes und des inneren Seitenbandes etc. durch das brandenburgische Oberlandesgericht mit Urteil vom 28.08.2002 (14 U 154/01; zitiert nach juris) zugebilligt. Glücklicherweise wiegen die Gesundheitsverletzungen, die der Kläger davongetragen hat, weit weniger schwer.
63 
Ein Glatteisunfall wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung bei einer 67 Jahre alten Frau mit einer Sprunggelenksfraktur rechtfertigt bei normalem Heilungsverlauf ein Schmerzensgeld von ca. 5.500,00 EUR (OLG München, Urteil vom 31.10.2007 - 1 U 3776/07; zitiert nach juris). Das OLG Köln hat mit Urteil vom 16.10.1992 (NJW-RR 1993, 350) bei einem Sturz infolge Glatteis mit Sprunggelenksfraktur, mehreren nachfolgenden Operationen, die Gefahr einer Versteifung und Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % ein Schmerzensgeld von ca. 7.000,00 EUR zuerkannt. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % auf Dauer und einer Frühberentung als Folge einer fahrlässigen Körperverletzung mit Sprunggelenksfraktur und Verletzungen im Hüftbereich hielt das Kammergericht ein Schmerzensgeld in Höhe von ca. 4.000,00 EUR für adäquat (Urteil vom 30.01.1989, 22 U 3213/88; zitiert nach juris). Nach einem Sprunggelenksbruch infolge Ausgleitens auf schneeglattem, nicht gestreutem Gehweg hielt das Kammergericht ca. 2.500,00 EUR Schmerzensgeld für gerechtfertigt, wobei die Geschädigte jedenfalls bei Gängen auf die Straße auf den Stock angewiesen war (Urteil vom 15.02.1981, 9 U 8014/89; zitiert nach juris). Bei einem Sprunggelenksbruch mit einer Absplitterung des Fersenbeines hat der Geschädigte, dem der vorher ausgeübte Leistungssport unmöglich gemacht wurde, ein Schmerzensgeld in Höhe von ca. 2.500,00 EUR erhalten (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.11.1987 - 22 U 115/87, ebenfalls zitiert nach juris).
64 
Unter Berücksichtigung insbesondere des verzögerten Heilungsverlaufes, der eingetretenen Komplikationen und der mehrfachen Operationen, der verschiedenen Krankenhausaufenthalte und Rehabilitationsmaßnahmen und des gering ausgeprägten Dauerschadens ohne Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit sowie der möglichen Zukunftsschäden erachtet der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von maximal 12.000,00 EUR bei voller Haftung für angemessen, aber auch ausreichend (§ 253 BGB). Da der Beklagte zu einem Drittel ersatzpflichtig ist, kann der Kläger Zahlung von 4.000,00 EUR beanspruchen.
c)
65 
Die zugesprochene Nebenforderung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Rechtshängigkeitszinsen schuldet der Beklagte gem. § 187 Abs. 1 BGB ab dem 05.09.2006, da die Klage dem Beklagten am 04.09.2006 (Bl. 15 d.A.) zugestellt wurde (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 187 BGB Rn. 1 m.w. Nachw.).
4.
66 
Den vom Landgericht zuerkannten Ersatzanspruch bezüglich des eingetretenen materiellen Schadens hat der Beklagte nicht angegriffen. Rechtsfehler sind insoweit nicht erkennbar. Zinsen in der gesetzlichen Höhe kann der Kläger ab dem 05.09.2006 beanspruchen.
5.
67 
Unter den gegebenen Umständen hat das Landgericht ferner zu Recht dem Feststellungsantrag im Umfang von 1/3 stattgegeben. Die Entstehung künftiger materieller Schäden ist möglich. Aufgrund des Schadensbildes kann auch der Eintritt von weiteren, unvorhergesehenen immateriellen Nachteilen nicht ausgeschlossen werden.
II.
68 
Berufung des Klägers:
69 
Die Auffassung des Landgerichts, dass der Kläger sich gemäß § 254 Abs. 1 BGB ein Mitverschulden im Umfang von 2/3 anrechnen lassen muss, begegnet keinen Bedenken (1.). Das weitergehende Schmerzensgeldverlangen des Klägers ist nicht berechtigt (2.). Die Klageerweiterung ist zulässig und teilweise begründet (3.).
1.
70 
Der Kläger hat den Glatteisunfall vom 01.02.2005 zum überwiegenden Teil selbst verursacht und verschuldet.
a)
71 
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts hat der Kläger am 01.02.2005 Schuhe mit glatter Sohle getragen. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Feststellungen bestehen nicht. Der Zeuge Dr. K… hat im Rahmen seiner Vernehmung vom 16.01.2007 angegeben, der Kläger habe Schuhe mit ganz glatten Sohlen getragen (Bl. 70 d.A.). Dies wird bestätigt durch die Erklärungen der Zeugin S…, von der zu erfahren war, dass es sich um Lederschuhe mit glatter Sohle gehandelt habe (Bl. 59 d.A.). Da es sich bei der Zeugin S… um eine unbeteiligte, weder dem Kläger noch dem Beklagten nahe stehende Person handelt, die keinerlei Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens hat, besteht keinerlei Veranlassung, an ihrer Glaubwürdigkeit zu zweifeln.
72 
Dem Beweisantrag des Klägers, den Zeugen A…. dazu zu vernehmen, dass die Schuhe sowohl vor als auch nach dem Unfall die gleichen Sohlen mit gummiertem (wintertauglichem) Profil aufgewiesen hätten, wie sie jetzt neu angebracht worden seien, der in der Berufungsbegründung enthalten ist (Bl. 215/216 d.A.), war nicht nachzugehen. Bei diesem Vortrag nebst Beweisantritt handelt es sich um neues Vorbringen im Sinne von §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO, mit dem der Kläger ausgeschlossen ist. Bereits im Rahmen der Klageerwiderung hat der Beklagte behauptet, der Kläger habe Schuhe mit glatten Sohlen getragen (vgl. Bl. 23 d.A.). Der Kläger hat weder vor noch nach Durchführung des Termins vor dem Landgericht vom 16.01.2007, der auch zur Vernehmung der Zeugen Dr. K… und S.. diente, die Vernehmung des Zeugen A.. angeboten, obwohl hierzu nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, die insoweit Nachteiliges für den Kläger zur Sprache gebracht hat, Veranlassung bestanden hätte. Im Falle eines rechtzeitigen Beweisantritts hätte dieser Zeuge noch geladen und im weiteren erstinstanzlichen Termin vom 06.11.2007 vernommen werden können. Entschuldigungsgründe dafür, warum der fragliche Beweisantrag nicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren gestellt worden ist, hat der Kläger nicht mitgeteilt. Deswegen beruht die Nichtbenennung des Zeugen im ersten Rechtszug auf einer Nachlässigkeit des Klägers im Sinne von § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, der Entschuldigungsgründe darzulegen hat (vgl. Gummer/Heßler in Zöller, 27. Aufl. 2009, § 531 ZPO Rn. 34). Sollte sich der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers auf den Zeugen A… erst im zweiten Rechtszug berufen haben, obwohl der Kläger diesem gegenüber den Zeugen schon früher benannt hat, läge ein anwaltliches Verschulden vor, für welches der Kläger ebenfalls einzustehen hätte (§ 85 Abs. 2 ZPO). Dass der Kläger den Zeugen in den Termin vor dem Senat vom 08.04.2009 gestellt hat, lässt die Präklusion gem. §§ 529, 531 ZPO unberührt.
73 
Da unstreitig die fraglichen Schuhe nach dem Unfall neu besohlt worden sind, ist auch die Einnahme eines Augenscheins entbehrlich, weil sich dadurch der ursprüngliche Zustand der Sohlen zum Unfallzeitpunkt nicht belegen lässt.
b)
74 
Wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, hängt die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, § 254 Abs. 1 BGB. Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht kommt ein Mitverschulden immer dann in Betracht, wenn ein sorgfältiger Mensch Anhaltspunkte für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung hätte rechtzeitig erkennen können und er die Möglichkeit besaß, sich auf die Gefahr einzustellen (OLG Saarbrücken OLGR 2004, 623; OLG München, Urteil vom 13.03.2008 - 1 U 4314/07, zitiert nach juris). So liegt der Fall hier. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist bei einem schnee- und eisbedeckten Gehweg mit einer Sturzgefahr zu rechnen. Wer sich hierauf nicht entsprechend einrichtet, muss sich regelmäßig ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen (OLG München OLGR München 2000, 49); im vorliegenden Fall ist ein grobes Verschulden des Klägers darin zu erblicken, dass dieser den Gehweg in der G… Straße vor dem Gebäude des Beklagten mit Schuhen mit glatter Sohle beschritten hat. Hierbei hat es sich um ein besonders gefahrträchtiges Verhalten gehandelt.
75 
Hingegen steht nicht fest, dass der Kläger unvorsichtig gegangen wäre. Ein allgemeiner Grundsatz, dass bei Stürzen infolge von Glatteis stets ein Mitverschulden des Fußgängers anzusetzen ist, besteht nicht, weil sich – wie bereits dargelegt worden ist - nicht jeder Glatteisunfall durch aufmerksames und vorsichtiges Gehen vermeiden lässt (siehe oben unter B. I. 2 lit. a).
c)
76 
Bei Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge überwiegt der Anteil des Klägers. Während sich das Verhalten des Beklagten als (einfache) Fahrlässigkeit darstellt, ist dem Kläger ein grober Sorgfaltspflichtverstoß zur Last zu legen. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die vom Landgericht zu Grunde gelegte Haftungsquote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers nicht zu bemängeln.
2.
77 
Ein über das erstinstanzliche Urteil hinausgehender Schmerzensgeldanspruch des Klägers besteht nicht.
78 
Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die vorangegangenen Ausführungen unter B. I. 3. Bezug genommen.
3.
79 
Dass dem Kläger ein materieller Schaden im Umfang von 1.048,35 EUR entstanden ist, ist unstreitig. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Klägers ist ein Betrag in Höhe von 349,45 EUR nebst Zinsen erstattungsfähig (Tenor Ziff. I.1.).
80 
Mit seiner Berufung hat der Kläger die Klage um die Kosten für zwei ärztliche Atteste (vgl. Anlage K 23, Bl. 231 d.A., und Anlage K 24, Bl. 232 d.A.) in Höhe von 50,00 EUR erweitert. Die Voraussetzungen für eine Klageerweiterung gemäß § 533 ZPO sind erfüllt. Diese Kosten sind durch den streitgegenständlichen Unfall entstanden. Hiervon hat der Beklagte 1/3 = 16,67 EUR zu erstatten (Tenor Ziff. II.). Rechtshängigkeitszinsen schuldet der Beklagte gem. § 187 Abs. 1 BGB ab dem 02.02.2008, da die Berufung des Klägers der Gegenseite am 01.02.2008 (Bl. 233 d.A.) zugestellt wurde (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 187 BGB Rn. 1 m.w. Nachw.).
III.
81 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
82 
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Fragen von einer über den vorliegenden Einzelfall hinausgehenden Bedeutung sind nicht ersichtlich. Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichtes nicht.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 325/08
vom
10. November 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Nach allgemeinem Grundsatz macht sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme
zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu
Eigen.

b) In der Nichtberücksichtigung eines Beweisergebnisses, das sich eine Partei als für
sie günstig zu Eigen gemacht, kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör liegen.
BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen, die Richter Pauge,
Stöhr und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. November 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 35.811,79 €

Gründe:

1
1. Die Klägerin, die sich vom 17. Februar 1997 bis zum 28. Januar 2000 in zahnärztlicher Behandlung des Beklagten befand, hat diesen auf Rückzahlung von Honorar sowie auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage (nur) hinsichtlich eines Teils des Feststellungsantrags stattgegeben, weil die Versorgung der Frontzähne des Unterkiefers (Kronen 33 bis 43) behandlungsfehlerhaft erfolgt sei. Auf die Berufung hat das Oberlandesgericht der Klägerin zusätzlich Ersatz materiel- len Schadens (Nachbehandlungskosten) sowie ein Schmerzensgeld von 5.000,00 € zuerkannt und den Feststellungsausspruch erweitert. Es hat, anders als das Landgericht, einen Behandlungsfehler nicht für erwiesen erachtet, eine Ersatzpflicht des Beklagten jedoch deshalb bejaht, weil dieser die ihm obliegende Pflicht zur therapeutischen Aufklärung hinsichtlich der Notwendigkeit regelmäßiger Pflege und regelmäßiger Kontrolle des Zahnersatzes verletzt und dadurch die Notwendigkeit der Nachbehandlung verursacht habe. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
2
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Dieses hat den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
3
a) Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht die Höhe des der Klägerin zuerkannten Schadensersatzanspruchs (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) aufgrund verfahrensfehlerhafter Tatsachenfeststellungen beurteilt hat.
4
Das Landgericht hat mit Beweisbeschluss vom 30. Juni 2005 die Einholung eines zahnmedizinischen Sachverständigengutachtens angeordnet und an den mit Beschluss vom 17. August 2005 bestellten Sachverständigen Dr. Dr. B. u.a. die Frage gerichtet, ob zur Sanierung des Gebisses der Klägerin die in dem von ihr vorgelegten Heil- und Kostenplan des Zahnarztes A. vom 30. Juli 2004 aufgeführten Maßnahmen mit voraussichtlichen Kosten in Höhe von 25.811,79 € ausgeführt werden müssen. Diese Frage hat der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten vom 28. Dezember 2005 teilwei- se verneint und erklärt, die Maßnahmen gemäß diesem Heil- und Kostenplan müssten nicht ausgeführt werden. Der Heil- und Kostenplan habe sich und werde sich noch gravierend ändern. So sei ein Implantat an Stelle des Zahns 21 nicht erforderlich, weil dieser Zahn fest im Kieferknochen stehe. Im Unterkiefer seien nur zwei und nicht sechs Implantate gesetzt. Da die Folgekonstruktion etwas anders ausfalle, dürfte sich die Summe etwa um die Hälfte reduzieren.
5
Diese Ausführungen des Sachverständigen durfte das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung nicht mit der von ihm gegebenen Begründung unberücksichtigt lassen, dass der Beklagte erhebliche Einwendungen gegen die Richtigkeit und Angemessenheit des Heil- und Kostenplans nicht erhoben habe. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen macht (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 1991 - VI ZR 102/90 - VersR 1991, 467, 468 mit Anm. Jaeger). Gegen diesen allgemeinen Grundsatz hat das Berufungsgericht verstoßen. Es hat die Höhe des Ersatzanspruchs nämlich allein auf der Grundlage des von der Klägerin vorgelegten Heil- und Kostenplans bemessen, in dem jedoch Maßnahmen aufgeführt sind, die nach Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen teilweise gar nicht notwendig sind, so dass die für die Sanierung des Gebisses erforderlichen Kosten voraussichtlich deutlich unter dem von dem Zahnarzt A. genannten Betrag liegen werden.
6
Dafür, dass der Beklagte sich dieses für ihn günstige Beweisergebnis nicht wenigstens hilfsweise zu eigen gemacht hat, ist nichts ersichtlich. Das Berufungsgericht durfte dieses Beweisergebnis bei seiner Entscheidungsfindung deshalb nicht als unerheblich bewerten. Die Nichtberücksichtigung des für den Beklagten günstigen Beweisergebnisses bedeutet, dass das Berufungsgericht erhebliches Vorbringen des Beklagten übergangen und damit dessen verfas- sungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.
7
b) Die Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Beweisergebnisses zu einer anderen Beurteilung der Höhe des der Klägerin zuerkannten Ersatzanspruchs gekommen wäre.
8
3. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, der im angefochtenen Urteil nicht erörterten Frage eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin nachzugehen, die das Landgericht bejaht hat. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht auch die von dem Beklagten in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung aufgezeigten Bedenken gegenüber der Beweiswürdigung hinsichtlich der therapeutischen Aufklärung und der Absicht der Klägerin, die Behandlung durchführen zu lassen, zu berücksichtigen haben. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.08.2007 - 3 O 606/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.11.2008 - I-18 U 7/08 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.