Landgericht Köln Urteil, 16. Sept. 2014 - 21 O 2/11
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 412.033,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 99.511,35 € seit dem 11.01.2011, aus weiteren 75.576,56 € seit dem 10.05.2012, aus weiteren 20.962,96 € seit dem 30.08.2012, aus 80.000,00 € seit dem 25.01.2013 und aus 76.887,11 € seit dem 24.09.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft H GbR.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.284.780,49 € nebst Zinsen in Höhe von 0,67 % seit dem 21.04.2011 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft H GbR.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Darlehen des Klägers bei der Sparkasse A1 mit der Darlehensnummer ######1 über einen Nominalbetrag i.H.v. 1.463.414,63 € und mit der Darlehensnummer ######2 über einen Nominalbetrag i.H.v. 2.344.552,85 € abzulösen, und zwar unter Übernahme sämtlicher insoweit gegebenenfalls zusätzlich anfallender Kosten (Vorfälligkeitsentschädigung etc.), Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft H GbR.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR in Annahmeverzug befindet.
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen zukünftigen Verpflichtungen im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft H GbR freizustellen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 26.320,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2011 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft H GbR.
7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
8. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
9. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung.
3Ende 1993 beteiligte sich die Beklagte zu 50 % an der F1-G1 Holding GbR. Die andere Hälfte dieser GbR hielt der G. Die Beklagte und der G waren ebenso jeweils hälftig an der 1991 gegründeten F1 Immobilientreuhand GmbH und der F1 Verwaltung von Immobilienvermögen GmbH beteiligt. Die F1-G1 Holding GmbH ihrerseits hielt 100%ige Beteiligungen an der G Fonds-Projekt GmbH, der G Finanzierungsvermittlungsgesellschaft mbH, der G Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, der Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH und der G1 Bauunternehmung Gesellschaft für Hochbau, Beton- und Stahlbetonbau mbH.
4Am 14.02.2000 schlossen der Kläger und die Beklagte einen Vermögensverwaltungsvertrag, in dessen Rahmen der Kläger das Risikoprofil 4 („risikobewusst“, vgl. Anlage B 13) wählte. In diesem Jahr generierte der Kläger, der studierter Diplom-Kaufmann ist, im Rahmen seiner Tätigkeit als Vorstand der Y Industrial Holdings AG erhebliche Vermögenswerte, die gemäß vertraglicher Vereinbarung teilweise in Form von Inhaberaktien der E-Bank AG an ihn ausgezahlt wurden. In den Jahren 2000 bis 2003 erzielte er erhebliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zum 31.12.2000 verwaltete die Beklagte ein Vermögen des Klägers in Höhe von 45,6 Mio. DM, zum 31.12.2001 in Höhe von 119 Mio. DM, wovon 49 Mio. DM liquide angelegt waren.
5Im Rahmen der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien wurden dem Kläger und dem Zeugen Dr. Q2, den der Kläger aus ihrer gemeinsamen Tätigkeit für K8 kannte, auch Immobilieninvestitionen präsentiert, wobei zwischen den Parteien streitig ist, von wem die Initiative hierzu ausging.
6Im Oktober 2000 beteiligte sich der Kläger nach Gesprächen mit der Beklagten zunächst an der Grundstücksgesellschaft A IV GbR, deren Zweck die Entwicklung und anschließende Vermietung eines Bürogebäudes an die Sparkasse A1 war. Die Fondsimmobilie dieser Gesellschaft wurde im September 2011 verkauft.
7Im Herbst des Jahres 2001 kam es zu einem weiteren Beratungsgespräch zwischen dem damaligen Mitarbeiter der Beklagten I2, der für die Kunden der Beklagten aus dem hausintern als „Leistungselite“ bezeichneten Segment zuständig war, einerseits und dem Kläger sowie dem Zeugen Dr. Q2 andererseits. Zuvor hatte die Beklagte dem Kläger am 20.09.2001 ein Einladungsschreiben (Anlage B 28) nebst Exposé und Zeichnungsschein (Anlage B 29) übersandt.
8Im Rahmen dieses Gesprächs, dessen Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind, präsentierte der Zeuge I2 die streitgegenständliche Kapitalanlage, eine Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft H GbR (nachfolgend: „Fondsgesellschaft“).
9Gegenstand der Gesellschaft war die Entwicklung einer Einzelhandelsimmobilie für den Hauptmieter, die LP AG. Das Fondsgrundstück sollte die Fondsgesellschaft, deren Gründungsgesellschafter ausweislich des am 21.09.2001 geschlossenen Gesellschaftsvertrages (Anlage K 8) die G Fonds-Projekt GmbH, der G persönlich sowie die F1-Immobilientreuhand GmbH waren und denen später Gesellschafter aus dem Kreise der Partner der Beklagten, deren Familien, nahestehenden Personen und ausgewählten Kunden der Beklagten mit außerordentlich hohem Einkommen beitreten sollten, hierbei von der L Immobilien GmbH & Co. Objekt X KG erwerben. Die Investoren sollten der Fondsgesellschaft bereits vor dem Erwerb des Grundstücks beitreten; in diesem Fall war es ihnen möglich, aufgrund ihrer Bauherreneigenschaft erhebliche Teile des Projekts als Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG geltend zu machen. Vertragspartner der Fondsgesellschaft im Zusammenhang mit der Projektrealisierung waren ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom 21.09.2001 unter anderem die Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH (Generalübernehmer), die G Allfinanz Dienstleistungen GmbH (Zwischenfinanzierungsvermittlung), die G Finanzierungsvermittlungsgesellschaft mbH (Endfinanzierungsvermittlung), die G Fonds-Projekt GmbH (Projektsteuerung/Bauüberwachung, Mietervermittlung, Eigenkapitalvermittlung, Konzeption, Projektentwicklung), die F1 Immobilientreuhand GmbH (Geschäftsbesorger) und die O8 Treuhand GmbH (Steuerberatung). An den Einnahmen der vorgenannten Gesellschaften war die Beklagte entweder über die F1-G1 Holding GbR als deren hälftige Mitgesellschafterin oder unmittelbar als Mitgesellschafterin beteiligt (vgl. hierzu das Schaubild Blatt 58 der Akte). Der Investitionsplan (Seite 8 des Gesellschaftsvertrages) sah einen Gesamtaufwand (ohne Damnum) für das Fondsprojekt in Höhe von 205 Mio. DM vor.
10Das Fondskonzept beinhaltete, dass eine Gesellschaft des L-Konzerns als Generalmieter auftreten und einen Teil der Handelsflächen in Untervermietung im Rahmen eines Shop-in-Shop-Systems vermarkten sollte. Die Finanzierung des Fondsprojekts sollte zu 40 % durch die Einbringung von Eigenkapital der Gesellschafter und zu 60 % durch Fremdmittel erfolgen. Geschäftsführer der Fondsgesellschaft war der G.
11Bereits am 30.08.2001 hatten der Vorstandsvorsitzende der LP AG V, das Mitglied ihres Vorstandes O, der G und der persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten C ein Dokument mit dem Namen „Vereinbarung zwischen LP AG, Grundstückgesellschaft H GbR, G Fonds-Projekt GmbH und Gebr. G1 Wohnbau GmbH“ (Anlage K 106) unterzeichnet, in dem unter anderem unter Ziffer 2. eine Zahlungsverpflichtung der G Fonds-Projekt GmbH und Gebr. G1 Wohnbau GmbH an die LP AG für die „Projektentwicklung bis zum Baubeginn und die Mietvertragsbeschaffung mit der LP AG zu den Bedingungen unter Punkt 3 (11,600 Mio. + 20,000 Mio.) 31.600.000,00 DM“ aufgeführt war sowie eine „Startmiete zzgl. Indexierung“ in Höhe von 10.750.000,00 DM. Später wurde ein Dokument gleichen Namens erstellt, in welchem es hieß: „Verhandlungsstand bis 12.11.2001“ (Anlage B 81) und welches nicht von C unterschrieben wurde.
12Nachdem der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 sich im Gespräch mit dem Zeugen I2 bzw. im Anschluss hieran nicht für eine Beteiligung an der Fondsgesellschaft entschieden, kam es in den Räumlichkeiten des damaligen Arbeitsplatzes des Klägers in G1born zu einem Gespräch zwischen den Zeugen F und I2 einerseits und dem Kläger sowie dem Zeugen Dr. Q2 andererseits. Auch der Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig besprachen der Zeuge F und der Kläger bzw. der Zeuge Dr. Q2 eine Exposé zur streitgegenständlichen Beteiligung (Anlage K 5), auf welchem der Kläger während des Beratungsgesprächs die auf der Anlage erkennbaren Notizen fertigte und in welchem unter anderem eine Objektmiete von 10,75 Mio. DM p.a. prospektiert wurde.
13Am 08.11.2001 unterzeichnete der Kläger den Beitritt zur Fondsgesellschaft (Anlage B 34), wobei dort ein Eigenkapitalanteil von 10 Mio. DM angegeben wurde.
14Im weiteren Verlauf fand am 20.11.2001 ein Termin zur notariellen Beurkundung des Beitritts zur Fondsgesellschaft statt, dessen Einzelheiten ebenfalls zwischen den Parteien streitig sind. Unstreitig lag anlässlich des Protokollierungstermins der ebenfalls notariell beurkundete Gesellschaftvertrag (Anlage K 8) vor. Der Kläger zeichnete eine Einlage in Höhe von 4 Mio. DM (2.045.167,52 €). Wegen der weiteren Einzelheiten der vom Kläger unterzeichneten Urkunde wird auf deren Ablichtung (Anlage K 7) Bezug genommen. Die Fondsgesellschaft, vertreten durch die F1 Immobilientreuhand GmbH, nahm das Beitrittsangebot mit notarieller Urkunde vom 30.11.2001 (Anlage B 36) an.
15Unmittelbar nach der Zeichnung erteilte der Kläger dem Zeugen G eine Stimmrechtsvollmacht für die Gesellschafterversammlungen der Fondsgesellschaft (Anlage K 13), die ihm am 21.11.2001 übersandt worden war.
16Mit Grundstückskaufvertrag vom 04.12.2001 (Anlage B 37) erwarb die Fondsgesellschaft von der L Immobilien GmbH & Co. Objekt X KG das Grundstück, auf dem das Fondsobjekt errichtet werden sollte. Ebenfalls am 04.12.2001 schlossen die G Fonds-Projekt GmbH und die LP AG einen „Vertrag über die Verschaffung eines Mietvertrages über die Anmietung von Flächen für Handel, Gastronomie und Dienstleistungen in X nebst Einstandsvertrag“ (Anlage B 75), ausweislich dessen letztgenannte für die Verschaffung eines Mietvertrages mit der D Vermietungsgesellschaft mbH (nachfolgend umfirmiert in L Vermietungsgesellschaft mbH) als Mieterin 8 Mio. DM und für die Übernahme der Einstandspflicht für die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Mietvertrag 10 Mio. DM erhalten sollte. Weiter schlossen die G Fonds-Projekt GmbH und die L Immobilien AG & Co. KG am selben Tag einen „Vertrag über die Planungs- und Projektentwicklungs- und sonstige Leistungen betreffend das Bauvorhaben Stadtpalais X“ (Anlage B 74). Ausweislich dessen § 3 sollte die L Immobilien AG & Co. KG für die im Vertrag näher bezeichneten Tätigkeiten eine Vergütung von 13,6 Mio. DM erhalten.
17Entsprechend den Vorgaben in den Vertragsunterlagen zahlte der Kläger den gezeichneten Betrag in drei Tranchen, wobei die Beklagte dem Kläger anbot, diesen vorzufinanzieren. Mit Schreiben vom 07.12.2001 übermittelte die Beklagte dem Kläger eine Finanzierungsbestätigung für die erste Tranche in Höhe von 2 Mio. DM (1.022.583,76 €). Die Finanzierung der zweiten Tranche in Höhe von 613.550,26 € bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 08.04.2003, diejenige der dritten Tranche in Höhe von 648.646,47 € mit Schreiben vom 16.12.2004. Das Darlehen für die Finanzierung des Eigenkapitals valutierte bis zum 30.01.2011 mit 2.284.780,49 €; es war bis dahin jährlich jeweils nach Ablauf der Jahresfrist verlängert worden. Der Kläger zahlte zur Finanzierung des Eigenkapitalanteils bis zum 30.09.2010 Zinsen in Höhe von insgesamt 597.955,87 €.
18Mit an die Fondsgesellschaft gerichtetem Schreiben vom 10.12.2001 (Anlage K 14) erteilte die Beklagte dieser eine Kreditzusage für die Zwischenfinanzierung des Fremdkapitals. Hierüber wurde der Kläger mit Schreiben vom 08.04.2002 (Anlage K 15) informiert, wobei diesem zumindest eine Ablichtung der Kreditzusage beigefügt war nebst beigefügter Gesellschafterliste, welcher lediglich der Name des Klägers entnommen werden konnte. Ebenfalls am 10.12.2001 gab der Kläger, vertreten durch den Zeugen G, ein sofort vollstreckbares Schuldanerkenntnis gegenüber der Beklagten ab; besichert wurden hiermit anteilig in Höhe von 6 Mio. DM die Darlehensforderungen der Beklagten gegen die Fondsgesellschaft.
19Am 09.04.2002 fertigte der Justitiar der LP AG T6 eine „Interne Notiz“ an deren damaligen Vorstandsvorsitzenden V, in welcher er unter anderem ausführte: „Projekt F1 G1 (…) Soweit wir selber Mieter sind, befürchtet Herr Dr. N3, dass die Mieten um 25 % überhöht seien wegen der erheblichen Vorkosten“.
20Mit Schreiben vom 24.09.2002 (Anlage K 103) teilte die Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH, vertreten durch den Zeugen G, dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der LP AG V folgendes mit:
21„Sehr geehrter Herr V,
22wir bestätigen, dass bei dem Objekt H/Z-Straße von den Gesamtkosten einschließlich Nebenkosten nach dem bisher vorliegenden Ausschreibungsverfahren unter Berücksichtigung von 750,00 DM/m² Mietfläche für Einrichtungen mindestens 10.000.000,00 DM Kostenersparnis bei den Bau- und Baunebenkosten sichergestellt sind.“
23Der Zeuge T6 fertigte eine weitere Notiz an (Anlage K 118), deren Eingangsstempel das Datum 14.10.2002 ausweist und in welcher es heißt, dass – soweit aus der Projektkalkulation X Kostenreduzierungen erzielt würden – diese „jeweils hälftig zwischen LP und G1 für alle Objekte geteilt“ werde. „Diese Regelung [sei] in vier Gesprächen zwischen den Herren G, V, C, U und O in der Zeit vom 19.02.2001 bis September 2001 in unterschiedlichen Zusammensetzung der Gesprächsrunden erörtert und verabschiedet worden.“
24Am 10.12.2002 fertigte der Zeuge T6 eine weitere Notiz (Anlage K 104), in der unter Ziffer 4. ausgeführt wird:
25„Es gilt generell für Eigen- und Fremdprojekte eine Beteiligung an den Kostensenkungseffekten bei allen Objekten in Höhe von 50 %.“
26Mit Datum vom 18.12.2002 erteilte die LP AG der G Fonds-Projekt GmbH eine Rechnung über 25 Mio. € zuzüglich 16 % Umsatzsteuer „für die Begründung der Geschäftsbeziehungen und die bisherige und zukünftige Zusammenarbeit bei der Realisierung von Immobilienprojekten“ (Anlage K 108).
27Am 06./07.10.2004 schlossen die Fondsgesellschaft und die L Vermietungsgesellschaft mbH einen Mietvertrag über die Fondsimmobilie (Anlage B 67). Der vereinbarte Mietzins betrug zunächst 5.803.000,00 € p.a. netto (§ 4 des Mietvertrages, „Mietobjekt Warenhaus“ und „Erweiterung Mietobjekt Warenhaus gemäß 2. Nachtragsbaugenehmigung“). Ausweislich § 4 Ziffer 7 des Mietvertrages erhielt die Mieterin von der Vermieterin für die Anschaffung der Einrichtung/des Inventars einen Zuschuss in Höhe von 8.025.000,00 €. Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietvertrages wird auf dessen zur Akte gereichte Ablichtung Bezug genommen. In einem Nachtrag zum Mietvertrag vom 07.10.2004 (Anlage B 69) vermietete die Fondsgesellschaft der L Vermietungsgesellschaft mbH das Objekt H-Straße zu einem weiteren Mietzins von 85.000,00 € p.a.
28Am 01.12.2005 schrieb der G den Kläger an und empfahl ihm, eine weitere Einlage in Höhe des auf ihn quotal entfallenden Fremdkapitalanteils zu erbringen und diesen durch Aufnahme eines Darlehens bei der Sparkasse A1 zu finanzieren (Anlage K 16). Daraufhin, namentlich am 12.12.2005, schloss der Kläger einen Darlehensvertrag mit der Sparkasse A1 über einen Nominalbetrag i.H.v. 3.807.967,48 €, Kontonummern ######1 und ######2 (Anlage K 90). Sämtliche Zahlungen des Klägers auf Verbindlichkeiten aus dem vorgenannten Darlehensvertrag wurden bei der Beklagten über ein Verrechnungskonto („Kontokorrentkonto – Clearing X“) mit der Nummer 048.00.15120 verbucht, über welches auch sämtliche Ausschüttungen und Entnahmen des Klägers aus der Fondsgesellschaft verbucht wurden.
29Im Jahre 2006 erstellte die H8 GmbH einen Prüfbericht betreffend die Fondsgesellschaft (Anlage K 18). Dieser Prüfbericht wurde an den Kläger mittels Einschreiben vom 22.12.2006 übersandt. Er enthielt unter anderem eine Übersicht über die Mittelverwendung (Seite 8).
30Am 09.06.2009 meldete die B2 AG, in welche die LP AG zuvor umbenannt worden war, Insolvenz an.
31Unter dem 27.08.2009 trafen sich der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 mit dem Zeugen F und forderten diesen – auch in nachfolgendem E-Mail-Schriftverkehr – auf, die Beteiligung zurückzunehmen. Die Beklagte lehnte die Rücknahme gegenüber dem Zeugen Dr. Q2 mit Schreiben vom 23.09.2009 (Anlage K 23) ab.
32Am 09.02.2010 schlossen der Insolvenzverwalter über das Vermögen der L Warenhaus GmbH i.L. und die Fondsgesellschaft einen neuen Mietvertrag über das Fondsobjekt. Der Mietzins für 2010 und 2011 für das Warenhaus betrug 2,2 Mio. €. Für den Zeitraum ab 31.12.2011 wurde eine umsatzabhängige Miete, mindestens aber eine solche in Höhe des vorgenannten Betrages, vereinbart.
33Der Stand des „Clearing Konto X“ per 02.11.2010 betrug 68.615,80 €; über dieses Konto waren bis dahin auch Entnahmen des Klägers in Höhe von insgesamt 403.000,00 € verbucht worden.
34Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 18.02.2011 (Anlage K 92) mit, dass sie das dem Kläger gewährte Darlehen nicht weiter prolongieren werde und forderte ihn zur Rückzahlung bis spätestens zum 11.03.2011 auf. Mit Schreiben vom 11.04.2011 (Anlage K 96) erklärte die Beklagte, dass sie auf die Darlehensforderung Verzugszinsen seit dem 01.02.2011 berechne und einem Verrechnungskonto belaste. Zum 21.04.2011 zahlte der Kläger den Darlehensbetrag in Höhe von 2.284.780,49 € an die Beklagte zurück. Zur Finanzierung dieses Betrages zahlt der Kläger Zinsen in Höhe von 0,67 % p.a.. Der von der Beklagten ermittelte Sollsaldo auf dem Verrechnungskonto betrug zum 21.04.2011 26.320,67 €. Mit Wertstellung vom 24.05.2011 verrechnete die Beklagte nach vorheriger Androhung vom 10.05.2011 (Anlage K 100) den Sollsaldo des Verrechnungskontos mit einem Guthaben auf dem laufenden Konto des Klägers mit der Nummer #####4.
35Ab November 2011 stellte der Kläger die Zahlungen aus den Darlehensverträgen mit der Sparkasse A1 ein.
36Mit Schreiben vom 04.04.2013 (Anlage K 189) kündigte die Sparkasse A1 die Darlehensverträge vom 21.11.2005 bzw. 12.12.2005 und stellte Forderungen in Höhe von 1.314.784,30 € bzw. 2.106.426,37 € fällig.
37Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei ihm zur Rückabwicklung der Beteiligung verpflichtet.
38Hierzu behauptet der Kläger, die Beklagte habe ihm im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Beteiligung eine Rücknahmezusage erteilt. Er und der Zeuge Dr. Q2 hätten nach dem ersten Gespräch mit dem Zeugen I2 eine Beteiligung an der Fondsgesellschaft zunächst abgelehnt, weil sie Zweifel an der Bonität des L-Konzerns gehabt hätten. Um diese Zweifel zu zerstreuen, habe der Zeuge F den Zeugen I2 gebeten, einen weiteren Termin mit ihnen zu vereinbaren. Der Zeuge F habe in diesem zweiten Beratungsgespräch erklärt, die Familie F und die Beklagte hätten sich entschieden, das Projekt als Hauptinvestor bzw. Eigeninvestment zu verfolgen und umzusetzen. Aufgrund der besonderen Geschäftsbeziehungen habe man einen tiefen Einblick in die Zukunftsstrategie des Konzerns. Die Beklagte wolle das Investment aber auch für ausgewählte Kunden öffnen und diesen gezielt anbieten. Es handele sich um ein ertragsstarkes Investment, welches als Alternative zu Staatsanleihen gedacht sei und hervorragend in ein wertkonservatives Portfolio passe. Das Argument einer eigenen Beteiligung bzw. der Gesellschafter der Beklagten habe diese gezielt werbewirksam ausgenutzt. Gleichwohl seien der Zeuge Dr. Q2 und der Kläger aufgrund ihrer Markteinschätzung noch immer nicht vom Investment überzeugt gewesen. Aus diesem Grunde habe der Zeuge F erklärt, die Beklagte sei bereit, das Ausfallrisiko des Hauptmieters L zu übernehmen, wenn dies die Investitionsentscheidung positiv beeinflussen würde. Auf die Frage, wie diese Garantie im Notfall umgesetzt würde, habe der Zeuge F geantwortet, dass die Beklagte den Anteil zu einem Preis zurückkaufen würde, der eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals gewährleiste und damit das wirtschaftliche Interesse des Klägers wahre. In Verbindung mit der Bewerbung des Immobilienprojekts als Eigeninvestment der Beklagten – diese Aussage habe die Beklagte auch gegenüber anderen Investoren getätigt – und der behaupteten Detailkenntnisse sei diese Zusage der Übernahme des Ausfallrisikos von L dem Kläger konsequent erschienen und habe seine Zweifel an der Beteiligung zerstreut. Der Kläger behauptet, die Beklagte habe derartige Zusagen auch gegenüber anderen Gesellschaftern von verschiedenen F1-G1-Fonds gegeben und – wie sich einem Artikel in der Frankfurter Rundschau (Anlage K 6) entnehmen lasse – auch erfüllt. Der Kläger behauptet, der Zeuge F habe noch in einem Gespräch nach dem 30.10.2003 die ausdrückliche Frage des Zeugen Dr. Q2, ob die Beklagte die Anteile zurücknehmen werde, uneingeschränkt mit „Ja“ beantwortet.
39Der Kläger ist der Auffassung, aus der vorgenannten Zusage ergebe sich ein vertraglicher Anspruch auf Rücknahme der Beteiligung, der – da ihm eine angemessene Verzinsung zugesagt worden sei – auch den geltend gemachten entgangenen Gewinn sowie – nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung – die mit dem Klageantrag zu 3.) geltend gemachte Ablösung des bei der Sparkasse A1 aufgenommenen Darlehens umfasse.
40Die Auffassung der Beklagten, eine Rücknahmezusage wäre steuerschädlich gewesen, treffe nicht zu, könne aber zumindest mit sehr guten Gründen bezweifelt werden, wirke die Zusage doch im Ergebnis wie eine Mietgarantie, die jedoch nach dem Bauherrenerlass vom 20.10.2003 gerade nicht schädlich für die Bauherreneigenschaft sei. Die Zusage sei im Übrigen bei verständiger Auslegung hinreichend bestimmt gewesen, insbesondere seien die Begriffe „Rückgabe“ und „zurückkaufen“ ersichtlich untechnisch gemeint. Formbedürftig sei die in Streit stehende Abrede nicht; selbst wenn dies der Fall wäre, könne sich die Beklagte wegen § 242 BGB nicht auf den Formmangel berufen. Letztlich könne dahin stehen, ob die Rücknahmezusage aus rechtlichen Gründen unwirksam sei. Denn jedenfalls habe die Beklagte dem Kläger mit der Zusage eine Fungibilität suggeriert, welche – die Rechtsauffassung der Beklagten als zutreffend unterstellt – tatsächlich nicht gegeben sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei der Beklagten auch ein Beratungsverschulden anzulasten.
41Der zwischen der Beklagten und dem Zeugen Dr. Q2 im Nachgang der Beteiligung geführte E-Mail-Verkehr spreche nicht gegen das Zustandekommen der Rücknahmevereinbarung; wenn dort unter anderem vom Fehlen einer „Ausstiegsmöglichkeit“ die Rede gewesen sei, habe sich dies auf das gesamte Immobilienengagement des Klägers und des Zeugen bezogen. Zudem sei Anlass des E-Mail-Verkehrs die negative Presseberichterstattung über die Geschäftsbeziehung der Beklagten zum Zeugen G gewesen, während die Rücknahmezusage nur für den Fall eines Ausfalls des L-Konzerns abgegeben worden sei.
42Darüber hinaus ergebe sich der Anspruch auf Rückabwicklung der Beteiligung aus der Verletzung eines zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrages, der durch die im Vorfeld des Beteiligungserwerbs geführten Beratungsgespräche zwischen dem Kläger und den Zeugen I2 und F zustande gekommen sei. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Kapitalanlage nicht nur als – wie im Rahmen des Pflichtenkanons einer anlageberatenden Bank üblich – „bankgeprüft“, sondern sogar als „Eigeninvestment“ präsentiert habe. Dass der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 keine Anlageberatung gewünscht hätten, treffe nicht zu. Andernfalls wäre nicht erklärbar, warum sie mehrstündige Gespräche mit den Vertretern der Beklagten geführt hätten.
43Die sich aus dem Beratungsvertrag ergebenden Pflichten habe die Beklagte bereits deshalb verletzt, weil sie dem Kläger eine nicht anlegergerechte Beteiligung empfohlen habe; diese habe nämlich aufgrund der hohen Weichkosten und des Bonitätsrisikos des L-Konzerns nicht mit dem vom Kläger für das vorgesehene Investment vorgegebenen Risikoprofil („sichere Kapitalanlage“) übereingestimmt. Insoweit habe für den Kläger nicht die Bauherreneigenschaft als Investor im Vordergrund gestanden, sondern der Substanzerhalt. Allenfalls im Zusammenhang mit der verbindlichen Zusage einer Rücknahme der Beteiligung sei die Anlageempfehlung anlegergerecht gewesen. Dass der Kläger von Anfang an und bis heute eine konservative Anlagepolitik betreibe, belege sein Portfolio. Soweit in diesem seinerzeit auch ein Aktienbestand vorhanden gewesen sei, habe dieser (bereinigt) weniger als 20 % betragen, was für jeden Betrachter nach traditionellen Maßstäben eine konservative Ausrichtung nahelege. Soweit darüber per 31.12.2000 Aktien der E-Bank im Portfolio vorhanden gewesen seien, lasse sich hieraus kein anderweitiger Schluss ziehen; denn diese Aktien seien Bestandteil seiner Vergütung gewesen. Der Einsatz von Derivaten und Cash Covered Puts zeige ebenfalls keine spekulative Anlagebereitschaft des Klägers, da diese vielmehr der Absicherung der Liquidität gedient hätten. Vor diesem Hintergrund seien im Übrigen auch die Anlagen B 14 bis B 18 zu sehen.
44Der Kläger habe sich nicht aus der Motivation an die Beklagte gewandt, zu einem angeblich exklusiven Kreis von Investoren einer F1-G1-Gesellschaft zu gehören. Die Initiative zu den Beteiligungen an der A IV GbR und an der streitgegenständlichen Gesellschaft sei vielmehr von der Beklagten ausgegangen.
45Die Anlageberatung durch die Beklagte sei auch nicht objektgerecht gewesen.
46Die wahrheitswidrige Darstellung der Beteiligung als Eigeninvestment stelle einen Beratungsfehler der Beklagten dar, da dies – für sie erkennbar – ein zentraler Umstand für die Entscheidung des Klägers gewesen sei. Dieser Begriff habe für ihn suggeriert, dass auch die Beklagte bzw. deren Gesellschafter von einem Kapitalerhalt des Investments ausgingen. Ansonsten hätte er das Anlagekonzept noch skeptischer beurteilt. Der Kläger behauptet, anlässlich der Nachfrage des Zeugen Dr. Q2, warum sich in der Gesellschafterliste, welche der Kreditzusage vom 10.12.2001 (Anlage K 14) beigefügt gewesen sei, lediglich sein – des Klägers – Name befinde, sei ihm erklärt worden, dass es sich sehr wohl um Eigeninvestment handele.
47Der Kläger ist der Auffassung, dass er auch über diejenigen Risiken hätte aufgeklärt werden müssen, die sich daraus ergäben, dass der Grundstücks- und Gebäudewert lediglich in Höhe des konzeptgemäß vorgesehenen Fremdkapitalanteils lag und deshalb im Falle von Zahlungsschwierigkeiten und/oder eines Ausfalls des Hauptmieters die Kündigung der Fremdfinanzierung drohte mit der Folge einer anteiligen Inanspruchnahme als Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, verbunden mit dem Risiko eines Totalverlusts. Über einschlägige Erfahrungen mit Kapitalanlagen in geschlossene Immobilienfonds habe der Kläger nicht verfügt.
48Der Kläger ist ferner der Auffassung, die Beklagte habe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur so genannten „15%-Grenze“ über die Höhe der weichen Kosten der Beteiligung – dies seien solche, die nicht in das Anlageobjekt selbst flössen – aufklären müssen. Die Weichkosten hätten die vorgenannte Grenze nach seiner Auffassung überschritten. Daher sei die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Fondskonzepts nicht gewährleistet gewesen; lediglich bei dauerhafter Erwirtschaftung des prospektierten Mietzinses – deren Unmöglichkeit aber für die Beklagte bereits von Beginn an absehbar gewesen sei – hätte angesichts dieser Weichkosten das Fondskonzept tragfähig sein können.
49Bei keinem der geführten Gespräche, also weder durch den Zeugen I2 noch durch den Zeugen F, sei der Kläger über die Höhe der Weichkosten aufgeklärt worden, die exorbitant sei. Die Kostenstruktur sei auch nicht durch den beurkundenden Notar anlässlich des notariellen Zeichnungstermins erläutert, insbesondere nicht der Gesellschaftvertrag vorgelesen worden. Die weichen Kosten seien vor allem produziert worden, um das Vermögen der Vertragspartner der Fondsgesellschaft zu mehren und hätten von Anfang einer wirtschaftlich tragfähigen Entwicklung der Beteiligung entgegen gestanden. Ohnehin habe die Beklagte den Hauptteil ihrer Erträge im Bereich Private Banking durch den Vertrieb von Immobilienfondsbeteiligungen erzielt, woraus auch folge, dass sie erhebliche Rückflüsse aus dem Vertrieb dieser Beteiligungen erhalten haben müsse.
50Ferner habe die Beklagte auch nicht darüber aufgeklärt, dass den weichen Kosten teilweise keine adäquaten Gegenleistungen gegenübergestanden hätten, was besonders an der an die G Fonds-Projekt GmbH gezahlten Mietervermittlungsgebühr in Höhe von 8,2 Mio. DM deutlich werde, da der Mieter, nämlich der L-Konzern, von vornherein festgestanden habe.
51Der Kläger behauptet weiter, weder er noch die anderen Gesellschafter hätten sich an dem Investment in Kenntnis dieser Kosten beteiligt, erst recht nicht, wenn die Beklagte ihre Beteiligung an den erwirtschafteten Gewinnen der Vertragspartner der Fondsgesellschaft über die F1-G1 Holding GbR offengelegt hätte. Hierbei müsse auch berücksichtigt werden, dass es den Kläger mit seiner wirtschaftlichen Erfahrung und als Finanzanalyst zum Abbruch sämtlicher Gespräche veranlasst hätte, wäre ihm eine Verwendung von 40 % der Investitionsmittel für sachfremde Zwecke offengelegt worden.
52Dass ihm die Kostenstruktur der F1-G1-Gesellschaften bereits aus seiner Beteiligung an der A IV GbR bekannt gewesen sei und dass der Zeuge F bei den Beitrittsverhandlungen seinerzeit diese – auch anhand eines Investitionsplans oder eines Investorenordners – erläutert habe, bestreitet der Kläger. Kritische Nachfragen seinerseits und des Zeugen Dr. Q2 habe es damals nicht gegeben, da beide von der Bonität der Sparkasse A1 als Mieter überzeugt gewesen seien, was der Umstand belege, dass der Kläger auf dem entsprechenden Exposé (Anlage K 131) keine handschriftlichen Anmerkungen vorgenommen habe.
53In der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2002 habe der Zeuge F dem Zeugen Dr. Q2 in einem Gespräch, dessen Anlass negative Presseberichterstattung im Zusammenhang mit dem Immobilienprojekt „Köln-Arena“ gewesen sei, versichert, dass die Kostenbelastung der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft lediglich 7 % betrage und die F1-G1-Fonds nicht – wie in der Presse behauptet – mit zu hohen Kosten belastet seien.
54Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte hätte ihn über die personellen und wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den Vertragspartnern der Fondsgesellschaft, das heißt den verschiedenen Gesellschaften der „G1-Gruppe“ einerseits, und der Beklagten (bzw. deren persönlich haftenden Gesellschaftern) als anlageberatende Bank andererseits aufklären müssen, was sie indes weder mündlich noch durch Vorlage schriftlicher Unterlagen getan habe. Nicht einmal dem Zeugen I2 seien diese Interna der „Familienbank“ bekannt gewesen, was mit Aussagen der Zeugen Z1 und F in einem Strafverfahren gegen seinerzeitige persönliche haftende Gesellschafter der Beklagten vor dem Landgericht Köln übereinstimme. Weder sei dem Kläger offen kommuniziert worden, dass die Beklagte an den F1-G1-Gesellschaften mitverdiene, noch sei ihm diese Bezeichnung von Fondsgesellschaften geläufig gewesen. Eine Kenntnis des Klägers von den Verflechtungen ergebe sich auch nicht aus der Presseberichterstattung, zumal diese – im „Manager Magazin“ – aus dem Jahre 2005 datiere und von der Beklagten selbst als unzutreffend dargestellt worden sei. Es treffe nicht zu, dass die Beklagte die Verflechtungen anlässlich eines Gesprächs vom 04.10.2005 erläutert habe; der von der Beklagten zitierte Artikel des „Manager Magazins“ sei in diesem Gespräch nicht erörtert worden. Andernfalls hätten er und der Zeuge Dr. Q2 einen solchen Sachverhalt nicht unwidersprochen hingenommen. Entsprechendes gelte für einen Termin vom 09.11.2005 im Fondsobjekt der A IV GbR.
55In der Rechtsprechung werde eine Aufklärungspflicht über solche Verflechtungen bereits für Fälle einer bloßen Anlagevermittlung angenommen. Sie ergebe sich darüber hinaus auch aus den Grundsätzen über die Aufklärung über „Kick-Backs“, wenngleich die Zahlungen der Fondsgesellschaft an ihre Vertragspartner keine Rückvergütungen im engeren Sinne seien. Gleichwohl lasse sich der „Kick-Back-Rechtsprechung“ entnehmen, dass der aufklärungsbedürftige Interessenkonflikt auch dann bestehe, wenn die Zuwendung auf anderem Weg der anlageberatenden Bank zufließe. Entscheidend sei die nicht mehr neutrale Beratung aufgrund eigener wirtschaftlicher Interessen des beratenden Kreditinstituts, wobei hierfür die Gefahr eines Neutralitätsverlusts ausreichend sei. Maßgeblich sei nach der Rechtsprechung, dass ein Kunde erst durch die Aufklärung über diesen Interessenkonflikt in die Lage versetzt werde, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm eine bestimmte Anlage deshalb empfehle, weil sie selbst daran einen entsprechenden Gewinn erwirtschafte. Jedenfalls seien alle wesentlichen Merkmale des eine Aufklärungspflicht auslösenden Interessenkonflikts im vorliegenden Fall gegeben: eine für den Anleger nicht erkannte Zuwendung an die anlageberatende Bank bzw. deren Eigentümer aus Mitteln, die der Anleger auf Veranlassung der Bank an die Fondsgesellschaft zahlt, ein daraus resultierendes gesteigertes Interesse der Bank, gerade diese Beteiligung zu empfehlen, sowie keine wirklich neutrale Anlageberatung. Da der Kläger Hinweise darauf habe, dass die Beklagte „echte“ verdeckte Rückvergütungen erhalten habe, stehe ihm im Übrigen der mit dem Klageantrag zu 6.) verfolgte Auskunftsanspruch über die Höhe der beklagtenseits erhaltenen Zuwendungen zu.
56Die vorgenannten Aufklärungsdefizite, insbesondere die mannigfaltigen Interessenkonflikte, seien von der Kanzlei J im Rahmen der vor der Übernahme der Beklagten durch die E-Bank durchgeführten Due Diligence („Projekt Sophokles“) festgestellt worden (Anlage K 145); sie seien der Beklagten daher schon seit 2009 bekannt. Auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft R8 habe in einem von der BaFin beauftragten Gutachten Beratungsfehler festgestellt.
57Auch dass die Beklagte aus der Zwischenfinanzierung des Fremdkapitals Zinserträge erwirtschaftet habe, sei weder durch den Zeugen I2 noch durch den Zeugen F erläutert worden.
58Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte hätte ihn des weiteren über ihre Verflechtungen mit der L Versicherungsmakler GmbH aufklären müssen, über welche die Versicherungen der Fondsgesellschaft abgeschlossen worden seien.
59Da sie über die F1-G1 Holding GbR an der Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH beteiligt gewesen sei, habe die Beklagte auch darüber aufklären müssen, dass diese bei der Herstellung der Fondsimmobilie als Generalübernehmerin tätig gewesen sei, zumal die Generalübernehmermarge 38 % betragen habe. In diesem Zusammenhang habe die Beklagte auch verschwiegen, dass die tatsächlichen Herstellungskosten für die Fondsimmobilie bei lediglich etwa 30 % der im Investitionsplan ausgewiesenen Gesamtkosten gelegen hätten, der tatsächliche Substanzwert also gering gewesen sei. So habe beispielsweise der L-Konzern am 04.04.2001 eine Presseerklärung (Anlage K 141) herausgegeben, wonach die Aufwendungen für die Errichtung eines Warenhauses am Standort X mit circa 38 Mio. € beziffert worden seien. Dass der Substanzwert allenfalls der Hälfte der Generalübernehmervergütung entsprochen habe, lasse sich im Übrigen dem Umstand entnehmen, dass die Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH eine Ausschreibung für den Generalunternehmer durchgeführt und die durchschnittliche Angebotshöhe zum 16.09.2002 27,04 Mio. € betragen habe.
60Der Kläger behauptet, auch anlässlich des Notartermins vom 20.11.2001 habe weder eine Erörterung des Inhalts des Gesellschaftsvertrages noch der Risiken der Beteiligung stattgefunden; ohnehin habe es sich angesichts mehrerer, direkt hintereinander durchgeführter Protokollierungen nur um einen „Durchlauftermin“ gehandelt. Soweit die in lit. A.3 der Notarurkunde enthaltene Bestätigung von der Beklagten zitiert werde, stimme die dortige Erklärung bereits inhaltlich mit – unstreitigen – Umständen nicht überein; beispielsweise habe der Kläger den Zeugen G vor Beitritt zur Gesellschaft niemals getroffen, so dass er von ihm auch nicht habe aufgeklärt werden können. Dass der Notar Dr. T4 den Notar Dr. B7 angewiesen habe, den Gesellschaftsvertrag mit den Investoren durchzugehen, bestreitet der Kläger mit Nichtwissen. In rechtlicher Hinsicht komme es hierauf ohnehin nicht an, da ein „Durchgehen“ der Verträge im Zeichnungstermin zur Aufklärung nicht ausreiche.
61Der Kläger behauptet, dass dem Zeugen Dr. Q2 auf Nachfrage zum Schreiben vom 01.12.2005 (Anlage K 17) mitgeteilt worden sei, dass die Umstellung der Finanzierung eine Flexibilisierung und eine Zinsersparnis gegenüber der Fremdkapitalfinanzierung bewirke. In Wahrheit allerdings habe die Beklagte Kreditrisiken auslagern wollen, die ihr aufgrund der Krise des L-Konzerns als Hauptmieterin der Fondsgesellschaft gedroht hätten.
62Der Kläger behauptet weiter, die seinerzeit mit L „vereinbarte“ Miete sei überhöht gewesen, was man im Übrigen bereits an den Konditionen des Mietvertrages zwischen dem Insolvenzverwalter und der Fondsgesellschaft sehen könne. Hierdurch sei eine nachhaltige Vermietbarkeit des Fondsobjekts von Anfang nicht gewährleistet gewesen, da ein überhöhter Mietzins nämlich die Gefahr berge, dass der vertraglich verpflichtete Mieter diese Miete nicht dauerhaft erwirtschaften könne oder einen Anschlussmietvertrag nur zu veränderten Konditionen, insbesondere einer geringeren Miete, schließe. Vielmehr habe die Beklagte durch Verwendung einer Langzeitprognose suggeriert, dass der Mietzins im Falle einer Anschlussvermietung fortgeschrieben werden könne, was aber bereits angesichts des dann wertlosen Inventars ersichtlich nicht der Fall sei. Dass dem Kläger bewusst gewesen sei, dass es zum Zeitpunkt der Anschlussvermietung zu schwierigen Nachverhandlungen kommen würde, sei unzutreffend und werde von der Beklagten lediglich pauschal behauptet.
63Wie bei allen von der Beklagten vertriebenen Fonds üblich, sei die Miete überhaupt nicht Ergebnis einer Verhandlung, sondern retrograd ermittelt worden, wie beispielsweise die Anlage K 128, welche eine Berechnung der G Fonds-Projekt GmbH enthalte, belege. Außerdem sei der Beklagten aufgrund der von ihr selbst angeführten Insiderkenntnisse bekannt gewesen, dass L hohen Liquiditätsbedarf hatte und deshalb bereit war, für einen kurzfristigen Liquiditätszuwachs durch Veräußerung (und Kompensationszahlungen) eine langfristige Anmietung der Immobilie zu einem nicht mehr marktgerechten Mietzins in Kauf zu nehmen. Der Beklagten sei in diesem Zusammenhang auch bewusst gewesen, dass nur mit den überhöhten Mieten überhaupt rechnerisch ein Szenario darstellbar gewesen sei, bei dem das Anlagemodell trotz der erheblichen weichen Kosten tragfähig wäre und die Investoren das Eigenkapital zurückgezahlt bekommen könnten. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, es gebe gar keine marktüblichen Mieten im Warenhausbereich, sei diese Behauptung irreführend, weil der L-Konzern – wie jeder andere Warenhausbetreiber auch – selbstverständlich über interne Kalkulationsgrößen verfüge, um die Rentabilität einzelner Standorte beurteilen zu können, beispielsweise die Umsatzmiete; gemessen an einem Umsatz der L-Warenhäuser von 3.592,00 €/qm im Jahre 2000 sei der vorliegend erforderliche Umsatz mit 8.724,42 €/qm von Anfang an nicht zu realisieren gewesen.
64Aufklärungsbedürftig sei nach Auffassung des Klägers auch, dass der L-Konzern mit den Vertragspartnern der Fondsgesellschaft, insbesondere der G Fonds-Projekt GmbH, hinter dem Rücken der Anleger vertragliche Abreden getroffen und Kompensationszahlungen erhalten habe, da solche Zahlungen dazu dienen sollten, die überhöhte Miete zu kompensieren. In diesem Kontext seien insbesondere die Verträge vom 04.12.2001 (Anlagen B 74 und B 75) und der Inventarkostenzuschuss in Höhe von 8,025 Mio. € zu sehen. Dass es sogar einen Nachtrag zum Projektentwicklungsvertrag vom 04.12.2001 in Höhe von 5,5 Mio. € gegeben habe, lasse sich der Anlage K 126 entnehmen. Aus ihrer Kooperation mit dem L-Konzern sei der Beklagten genau bekannt gewesen, dass die kalkulierte Miete von diesem nur deshalb akzeptiert worden sei, weil er als Kompensation für die erhöhte Miete seinerseits Erträge aus der Kooperation mit der F1-G1 Holding GbR generiert habe. Dass dies bereits vor der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung beschlossen wurde, lasse sich beispielsweise der Anlage K 106 vom 30.08.2011 und dem „Entwurf Ergebnisprotokoll“ vom 10.10.2001 (Anlage K 79) entnehmen. Eine noch deutlichere Formulierung der Akzeptanz einer überhöhten und nicht mehr marktgerechten Miete sei in einem Vorstandsprotokoll kaum vorstellbar. Die Tatsache, dass die F1-G1 Holding GbR und die LP AG im vorgenannten Sinne kooperieren wollten, ergebe sich ferner aus dem „Protokoll außerhalb der Tagesordnung“ vom 12.02.2002 (Anlage K 80) und aus einer – nicht datierten – Kooperationsvereinbarung (Anlage K 85), was auch die G Fonds-Projekt GmbH am 01.10.2002 bestätigt habe (Anlage K 86), sowie aus der vom seinerzeitigen Justitiar der Beklagten T6 erstellten Notiz „Kooperationsverträge LP/Z/F1-G1 Holding GbR/Bankhaus F1“ vom 08.11.2006 (Anlage K 87). Auch einer internen Notiz des Zeugen O an den Zeugen V vom 26.09.2001 (Anlage K 147) lasse sich die Kompensation einer zu hohen Nettomiete durch generierte weiche Kosten entnehmen. Das Verschweigen dieser Abrede durch die Beklagte und die vorbehaltlose Darstellung der überhöhten Miete als nachhaltig erzielbar und marktgerecht stelle nicht nur eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten dar, sondern sei als aktive Täuschung über die Werthaltigkeit des gesamten Fondsprojekts anzusehen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte bereits vor Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung Kenntnis von der schlechten wirtschaftlichen Situation des L-Konzerns gehabt habe.
65Die Tatsache, dass die LP AG keine Wirtschaftlichkeitsberechnung hinsichtlich der von ihr gezahlten Miete durchgeführt habe, lasse sich unter anderem einem Prüfbericht der W Deutsche Warentreuhand AG (Abschlussbericht vom 21.04.2005 – Anlage K 127) entnehmen sowie einem vorherigen Zwischenbericht vom 16.12.2004 (Anlage K 181).
66Im vorgenannten Kontext hätte die Beklagte nach Auffassung des Klägers auch darauf hinweisen müssen, dass die G Fonds-Projekt GmbH die Projektentwicklung an den L-Konzern untervergeben habe, sei doch auch in diesem Vorgang eine weitere Verschaffung von Liquidität an L zu sehen.
67Der Kläger behauptet, die Zahlungen an den L-Konzern hätten sich insgesamt auf mindestens 29,725 Mio. € belaufen; diesen Betrag erhalte man, wenn die Zahlungen aus der Vereinbarung vom 30.08.2001 (Anlage K 106) mit dem Nachtrag in Höhe von 5,5 Mio. € und dem Inventarzuschuss von 8,025 Mio. € addiere.
68Fehlerhaft sei die Miet- und damit die Fondskalkulation ferner deshalb gewesen, weil die Beklagte in der Langzeit-Prognoserechnung für die Vermietungsphase (Anlage B 30, Unterteiler 7) von einer unrealistischen Steigerung des Verbraucherpreisindizés in Höhe von 3 % p.a. ausgegangen und weil im Exposé eine irreführende Flächenangabe enthalten sei. Abweichend von der prospektierten Mietfläche (20.600 qm) betrage die tatsächliche Mietfläche lediglich 15.961,07 qm und die Netto-Verkaufsfläche 11.236,00 qm, was einem deutlich überhöhten qm-Preis von 40,76 € entspreche.
69Dass die im Jahr 2004 vereinbarte Miete über der prognostizierten Miete gelegen habe, sei dem Umstand geschuldet, dass das Immobilienobjekt nachträglich erweitert worden sei; Aussagen über die Wirtschaftlichkeit der Fondsimmobilie ließen sich auf dieser Grundlage nicht tätigen.
70Dass mit dem L-Konzern eine Rückkaufoption zum Buchwert vereinbart gewesen sei, dies dem Kläger aber nicht offenbart wurde, stelle einen weiteren Aufklärungsfehler der Beklagten dar.
71Die Beklagte hafte darüber hinaus dafür, dass sie den Kläger nicht über die Nachteile der Möglichkeit der Sparkasse A1 zur disquotalen Erlösverteilung der für die Finanzierung des Fremdkapitalanteils bestellten Sicherheiten, beispielsweise die Abtretung der Mieteinnahmen, aufgeklärt habe.
72Der Kläger ist der Auffassung, ein Beratungsfehler der Beklagten wäre selbst dann festzustellen, wenn die Aussage des Zeugen F zu den angeblich von diesem in Aussicht gestellten möglichen Steuervorteilen der Wahrheit entspräche. Denn diese Steuervorteile hätten sich – nach der nur teilweisen Anerkennung diverser Aufwendungen durch die Finanzverwaltung – lediglich auf 575.790,00 € belaufen.
73Der Kläger behauptet, dass zwischen der LP AG und „F1/G1“ bereits vor seinem Beitritt vereinbart worden sei, etwaige Baukostenersparnisse hälftig aufzuteilen und nicht etwa an die Investoren bzw. die Fondsgesellschaft als Bauherrin und Eigentümerin der Fondsimmobilie weiterzugeben. Dies ergebe sich unter anderem aus den Anlagen K 87, 103 bis 105, 118, 183, 208 und 209. In diese Verhandlungen sei die Beklagte, insbesondere C, eingebunden gewesen. Der Kläger behauptet ferner, der G habe anlässlich eines Gesprächs im Jahr 2004 gegenüber Gesprächsteilnehmern des L-Konzerns, den Herren A7, A8, T6 und A9, noch einmal erklärt, dass er sich als Vertreter der G1-Gesellschaften an die getroffene Abrede halten werde. Von der Abrede müsse auch der Zeuge F als Geschäftsführer sowohl der Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH als auch der G Fonds-Projekt GmbH Kenntnis gehabt haben; der gegenteilige Vortrag der Beklagten sei nicht glaubhaft. Dass der Beklagten die Vereinbarung über die Aufteilung der Baukostenersparnisse bekannt gewesen sei, lasse sich der vom Justitiar des L-Konzerns T6 verfassten Notiz (Anlage K 118) entnehmen.
74Vor diesem Hintergrund sei das pauschale Bestreiten einer solchen Vereinbarung durch die Beklagte unerheblich. Eine solche Abrede sei ebenfalls für die Mietpreisbildung relevant und begründe darüber hinaus einen weiteren, aufklärungspflichtigen Interessenkonflikt auf Seiten der Beklagten.
75Einen Emissionsprospekt bzw. Investorenordner oder sonstige, über die Anlage K 5 hinausgehende Unterlagen, aus denen die Höhe der Kosten und die Beteiligung der Beklagten hieran sowie die sonstigen mit der Kapitalanlage verbundenen Risiken hätten ersichtlich werden können, habe der Kläger vor der Zeichnung der Beteiligung nicht erhalten geschweige denn gelesen, insbesondere nicht den Gesellschaftsvertrag. Auch die notarielle Urkunde des Notars Dr. B7 über das Vertragsangebot vom 20.11.2001 enthalte lediglich allgemein gefasste Risikohinweise und sei beispielsweise nicht geeignet, über das Risiko des Totalverlusts aufzuklären. Der Kläger habe auch nicht auf dem Zeichnungsschein vom 08.11.2001 den Erhalt bestimmter Unterlagen ausdrücklich schriftlich bestätigt; er habe vielmehr aufgrund des der Beklagten entgegengebrachten Vertrauens den Inhalt nicht mit besonderer Aufmerksamkeit studiert. Entsprechendes gelte hinsichtlich lit B.5 der notariellen Urkunde vom 20.11.2001. Dass die Beklagte den Investorenordner erst nach der Zeichnung durch den Kläger übersandt habe, ergebe sich im Übrigen aus ihrem eigenen Anschreiben zur A IV GbR (Anlage B 96), nehme dieses doch Bezug auf eine bereits zuvor erfolgte Zeichnung.
76Der Kläger habe im Übrigen nicht davon ausgehen müssen, dass die Angaben zu den weichen Kosten im Gesellschaftsvertrag enthalten gewesen seien. In § 3 des Gesellschaftsvertrages werde das Damnum zwar erwähnt, jedoch weder beziffert noch rechnerisch ermittelt, was ebenfalls ein Aufklärungsverschulden der Beklagten begründe, habe das Damnum immerhin 13.666.667,00 DM betragen.
77Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte aus den dargestellten Gründen auch aus § 826 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB hafte. Der Investorenordner stelle dabei einen Prospekt im Sinne von § 264a StGB dar.
78Der Kläger behauptet, in Kenntnis der vorgenannten Beratungsfehler hätte er sich nicht an der Fondsgesellschaft beteiligt und auch nicht die Darlehen bei der Beklagten und der Sparkasse A1 aufgenommen; insofern sei die fehlerhafte Beratung für die Anlageentscheidung kausal gewesen. Dass es ihm hauptsächlich um die Generierung von Steuervorteilen gegangen sei, treffe nicht zu. Hätte er Steuern sparen wollen, so hätte er lediglich seinen Wohnort und Lebensmittelpunkt nach London verlagern müssen; denn nach der „resident-non-domiciled-Regelung“ wären Bonuszahlungen in diesem Fall steuerfrei geblieben. Angesichts der von der Beklagten selbst vorgetragenen Einkommenssituation des Klägers in den Jahren 2000 bis 2002 sei eine Steuerersparnis durch die Beteiligung ohnehin nicht signifikant gewesen. Jedenfalls hätten Steuervorteile für den Kläger nicht derart im Vordergrund gestanden, dass er hierfür Risiken bis hin zum Totalverlust in Kauf nehmen wollte. Vielmehr sei es ihm allein darum gegangen, mit seinen Investments eine solide Vorsteuerrendite zu erzielen. Der Kläger ist der Auffassung, für ihn streite die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens.
79Nichts anderes ergebe sich aus dem Umstand, dass er die Beteiligung an der A IV GbR nicht rückabgewickelt habe. Zunächst einmal sei der Ablauf der Geschehnisse vor Beitritt ein völlig anderer gewesen als betreffend die streitgegenständliche Beteiligung, habe er sich doch an der A IV GbR aufgrund der deutlich besseren Bonität der Mieterin beteiligt. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass der Kläger die Beteiligung an der A IV GbR nicht angegriffen habe, weil diese eine positive Entwicklung zeige. Vielmehr habe er auf Ebene der Gesellschafter Mehrheiten sondiert und mitorganisiert, gegen den Widerstand der Fondsgeschäftsführung einen Gesellschafter-Beirat bestellt und den Verkaufsprozess – mit einem deutlich zweistelligen Millionenverlust – erzwungen.
80Der Kläger meint, die streitgegenständlichen Ansprüche seien nicht verjährt. Den Prüfbericht der H8 GmbH (Anlage K 18) habe er erst im ersten Quartal 2007 zur Kenntnis genommen, nachdem der Zeuge Dr. Q2 ihn hierauf angesprochen habe. Angesichts der üblichen Postlaufzeiten an Weihnachtsfeiertagen und des Umstandes, dass der 22.12.2006 ein Freitag gewesen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass der Prüfbericht frühestens am 27.12.2006 beim Kläger eingegangen sei. Erst diesem Bericht sei für ihn zu entnehmen gewesen, dass es sich bei der Fondsgesellschaft nicht um ein Eigeninvestment der Beklagten gehandelt habe. Entsprechendes gelte hinsichtlich der Höhe der weichen Kosten. Das Totalverlustrisiko sei ihm erstmals bewusst geworden, als der Mieter L im Jahre 2009 in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei. Kenntnis der überhöhten Mieten habe der Kläger erstmals im Zusammenhang mit der anwaltlichen Aufbereitung des Sachverhalts erhalten, was auch für die Verflechtungen und Rückvergütungen gelte. Die Presseberichterstattung im Jahre 2005 habe hierüber keine relevanten Angaben enthalten, zumal die Beklagte sie stets als inhaltlich unzutreffend zurückgewiesen habe. Hinsichtlich der unwahren Behauptung des Zeugen F, es habe sich um ein Eigeninvestment der Beklagten gehandelt, habe der Kläger nach seiner Auffassung noch nicht aus der 2002 erhaltenen „geschwärzten“ Gesellschafterliste Rückschlüsse ziehen müssen.
81Den Prüfbericht zur Grundstücksgesellschaft A IV GbR habe der Kläger zwar erhalten, aber nicht gelesen geschweige denn untersucht. Im Übrigen sei der Prüfbericht ohne Relevanz für die streitgegenständliche Aufklärung.
82Die Verjährung der vertraglichen Ansprüche habe erst im Jahre 2009 zu laufen begonnen, weil diese erst mit den Zahlungsschwierigkeiten des L-Konzerns entstanden seien.
83Der Kläger behauptet, er hätte im Falle einer Alternativanlage der von ihm für die Zinszahlungen aufgewendeten Beträge in Höhe von insgesamt 597.955,87 € in festverzinsliche Wertpapiere eine durchschnittliche Rendite von 3,6 % erwirtschaftet.
84Somit stelle sich der mit dem Klageantrag zu 1.) geltend gemachte Gesamtschaden des Klägers zusammengefasst wie folgt dar:
85Aufwendungen für EK-Finanzierung (31.03.2003 bis 30.09.2010) : 597.955,87 €
86Aufwendungen für EK-Finanzierung (13.12.2001 bis 31.12.2002): 43.459,79 €
87Aufwendungen für EK-Finanzierzung (01.10.2010 bis 31.01.2011): 17.722,28 €
88Entgangene Zinsen für Aufwendungen EK-Finanzierung: 80.012,73 €
89(31.03.2003 bis 30.09.2010)
90Entgangene Zinsen für Aufwendungen EK-Finanzierung: 15.636,16 €
91(13.12.2001 bis 31.12.2002)
92Unterdeckung Aussch./Darlehn SPK A1 11/10 bis 10/11: 57.854,28 €
93Unterdeckung Aussch./Darlehn SPK 11/11 bis 09/13: 215.983,03 €
94Überschuss aus Ausschüttungen: - 471.615,80 €
95Hypothetische Zinserträge aus Entnahmen: - 26.828,72 €
96Summe: 530.179,59 €
97Dass die Beklagte in diesem Zusammenhang vom Kläger geleistete Zahlungen mit Nichtwissen bestreite, sei nicht zulässig, da er ihr selbst den Zahlungsauftrag erteilt habe und die Beträge von einem Konto bei der Beklagten abgebucht worden seien (Anlagen K 210 und 211).
98Über die vorgenannten Schadenspositionen hinaus sei die Beklagte verpflichtet, dem Kläger den an sie nach Kündigung des Eigenkapitaldarlehens gezahlten Betrag in Höhe von 2.284.780,49 € sowie die verrechneten Verzugszinsen in Höhe von 26.320,67 € zu erstatten. Weiter müsse sie den Kläger von den Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse A1 freistellen.
99Erhaltene Steuervorteile müsse sich der Kläger nicht anrechnen lassen, da die 10jährige Haltefrist des § 23 EStG nicht abgelaufen sei. Es müsse in diesem Zusammenhang davon ausgegangen werden, dass die Finanzbehörden die Auffassung verträten, dass in der Geltendmachung seiner Rechte innerhalb der 10-Jahresfrist das für die Fristberechnung maßgebliche Verpflichtungsgeschäft zu sehen sei. Der Kläger habe daher keine dauerhaften Steuervorteile erlangt. Auch stehe der Anrechnung von Steuervorteilen entgegen, dass vorliegend eine Steuerpflichtigkeit der von ihm Rahmen der Rückabwicklung erhaltenen Zahlungen bestehe. Entgegen der Berechnung der Beklagten habe er lediglich vorläufige Steuervorteile in Höhe von 514.980,51 € erzielt.
100Ursprünglich hat der Kläger beantragt,
1011.
102die Beklagte zu verurteilen, an ihn 179.524,08 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR zu zahlen;
1032.
104die Beklagte zu verurteilen, dass in ihrem Hause geführte Darlehen des Klägers über einen Darlehensbetrag i.H.v. 2.284.780,49 €, Darlehenskonto Nr. #####3, auszubuchen und das Darlehenskonto glattzustellen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR;
1053.
106die Beklagte zu verurteilen, die Darlehen des Klägers bei der Sparkasse A1 mit der Darlehensnummer ######1 über einen Nominalbetrag i.H.v. 1.463.414,63 € und mit der Darlehensnummer ######2 über einen Nominalbetrag i.H.v. 2.344.552,85 € abzulösen und zwar unter Übernahme sämtlicher insoweit gegebenenfalls zusätzlich anfallender Kosten (Vorfälligkeitsentschädigung etc.), Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR;
1074.
108festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR in Annahmeverzug befindet;
1095.
110festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen zukünftigen Verpflichtungen im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft H GbR freizustellen;
1116.
112die Beklagte zu verurteilen, vollumfänglich darüber Auskunft zu erteilen, in welcher Höhe sie und/oder mit ihr verbundene Unternehmen im Zusammenhang mit den von ihr vertriebenen Beteiligungen an der Grundstücksgesellschaft H GbR Zahlungen von dritten natürlichen und/oder juristischen Personen und/oder wirtschaftlich vergleichbare Zuwendungen (Provisionen, Gebühren oder sonstige Geldleistungen sowie alle Geld werden Vorteile, etc.) erhalten hat.
113Nachdem der Kläger das von der Beklagte gewährte Darlehen über 2.284.780,49 € per 12.04.2011 zurückgezahlt und die Beklagte mit Wertstellung vom 24.05.2011 von ihr geltend gemachte Verzugszinsen in Höhe von 26.320,67 € mit dem Konto des Klägers mit der Nummer #####4 verrechnet hat, hat er den Klageantrag zu 2.) mit Schriftsatz vom 10.08.2011 geändert (Blatt 382 der Akte), die Klage um den nachfolgenden Antrag zu Ziffer 7 ergänzt. Er hat insoweit beantragt,
1142.
115die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.284.780,49 € nebst Zinsen in Höhe von 0,67 % seit dem 21.04.2011 Zug um Zug gegen Abtretung aller seiner Rechte aus der Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft H GbR zu zahlen;
1167.
117die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag in Höhe von 26.320,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
118Den Klageantrag zu 1.) hat der Kläger mit Schriftsatz vom 05.05.2012 erweitert (Blatt 627 der Akte) und beantragt,
1191.
120die Beklagte zu verurteilen, an ihn 255.100,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 179.524,08 € seit Rechtshängigkeit sowie aus 75.576,56 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 05.05.2012 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR.
121Mit weiterem Schriftsatz vom 21.08.2012 hat der Kläger den Klageantrag zu 1.) abermals erweitert (Blatt 725 der Akte) und beantragt,
1221.
123die Beklagte zu verurteilen, an ihn 314.196,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 179.524,08 € seit Rechtshängigkeit, aus 75.576,56 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 05.05.2012 sowie aus 59.095,92 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 21.08.2012 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR;
124Nachdem der Kläger behauptet hat, am 18.10.2012 Beträge in Höhe von 50.000,00 € und 30.000,00 € an die Sparkasse A1 gezahlt zu haben, hat er mit Schriftsatz vom 30.12.2012 (Blatt 850 der Akte) den Klageantrag zu 1.) erneut erweitert und beantragt,
1251.
126die Beklagte zu verurteilen, an ihn 394.196,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 179.524,08 € seit Rechtshängigkeit, aus 75.576,56 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 05.05.2012 sowie aus 59.095,92 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 21.08.2012 und aus 80.000,00 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 30.12.2012 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR.
127Mit Schriftsatz vom 16.09.2013 (Blatt 1093 der Akte) hat der Kläger den Klageantrag zu 1.) abermals erweitert und beantragt,
1281.
129die Beklagte zu verurteilen, an ihn 471.083,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 179.524,08 € seit Rechtshängigkeit, aus 75.576,56 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 05.05.2012 sowie aus 59.095,92 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 21.08.2012, aus 80.000,00 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 30.12.2012 und aus 76.887,11 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 16.09.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR.
130Mit Schriftsatz vom 11.02.2014 (Blatt 1277 der Akte) hat der Kläger den Klageantrag zu 1.) korrigiert und beantragt,
1311.
132die Beklagte zu verurteilen, an ihn 530.179,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 179.524,08 € seit Rechtshängigkeit, aus 75.576,56 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 05.05.2012 sowie aus 59.095,92 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 21.08.2012, aus 80.000,00 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 30.12.2012 und aus 76.887,11 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 16.09.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgesellschaft H GbR.
133Die Beklagte beantragt,
134die Klage abzuweisen.
135Sie ist der Auffassung, dass Ansprüche des Klägers auf Rückabwicklung der Beteiligung nicht bestünden.
136Hinsichtlich der von ihm behaupteten Rücknahmezusage sei bereits die Behauptung des Klägers unzutreffend, der Zeuge F habe erklärt, die Beklagte sei bereit, das Ausfallrisiko von L zu übernehmen, wenn dies die Investitionsentscheidung positiv beeinflusse. In diesem Zusammenhang habe der Zeuge auch nicht darauf verwiesen, dass die Beteiligung so begehrt sei, dass die Beklagte sie entweder selbst halten oder problemlos im Kundenkreis platzieren könne. Der Zeuge F habe allenfalls gesagt, dass sich die Beklagte in persönlichen Notfällen stets darum bemühe, einen Erwerber für den Gesellschaftsanteil zu finden. Die Behauptung des Klägers sei schon deshalb nicht plausibel, weil sie ihm und dem Zeugen Dr. Q2 die für die Erzielung von Steuervorteilen notwendige Bauherreneigenschaft genommen hätte und damit steuerschädlich gewesen wäre; sie wäre zudem mangels Beurkundung formunwirksam. Dass die Beklagte Gesellschaftsbeteiligungen anderer Investoren aufgrund vorher erteilter Zusagen zurückgenommen habe, treffe nicht zu. Es treffe ferner nicht zu, dass die Beklagte eigens Dachfonds gegründet habe, um etwaige vorher getroffene Rücknahmezusagen erfüllen zu können.
137Auf eine Rücknahmezusicherung habe sich der Zeuge Dr. Q2 auch in der Folgezeit nicht bezogen, als er und die jeweiligen Mitarbeiter der Beklagten die Beteiligung mehrmals – teils kritisch – besprochen hätten. Vielmehr hätten der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 die Behauptung, der Zeuge F habe eine solche Zusage erteilt, erstmals und für die Beklagte unvermittelt nach Stellung der Insolvenzanträge für verschiedene Gesellschaften des B2-Konzerns aufgestellt.
138Die Beklagte ist der Auffassung, zwischen den Parteien sei im Hinblick auf die streitgegenständliche Beteiligung kein Anlageberatungs-, sondern allenfalls ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen. Die Auskünfte der Zeugen I2 und F hätten nämlich nicht einer unabhängigen Beratung gedient, sondern allenfalls als Auskunft über die Fondsgesellschaft als bestimmtes Anlageobjekt gewertet werden können. Eine Beratung sei weder vom Kläger noch vom Zeugen Dr. Q2 gewünscht gewesen, da beide selbst über ausreichende Fachkenntnisse verfügt hätten, um die Chancen und Risiken der Beteiligung vollumfänglich einzuschätzen. Jedenfalls sei der Kläger – selbst eine Beratungstätigkeit durch die Beklagte unterstellt – aufgrund seiner beruflichen Kenntnisse und der ihm zuvor umfangreich zur Verfügung gestellten Unterlagen sowie weiteren hinzugezogenen Beratern überhaupt nicht aufklärungsbedürftig gewesen.
139Vielmehr habe ausweislich § 2 Abs. 6 i.V.m. Teil B des Gesellschaftsvertrages der G Fonds-Projekt GmbH die Eigenkapitalbeschaffung oblegen und damit die Beratung der Gesellschafter. Genau aus diesem Grunde sei der G im Einladungsschreiben (Anlage B 28) als die Person beschrieben, die „für Rückfragen zur Verfügung steht“ bzw. in der notariellen Beitrittsurkunde (Anlage K 7) als diejenige, die den Kläger „über Grundstrukturen des gesamten Vertragswerks in seinen Grundzügen“ sowie „die wesentlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken“ aufgeklärt habe.
140Die Beklagte behauptet, der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 hätten in den Jahren 2000 und 2001 gezielt nach einem Immobilieninvestment gesucht, das etwas Besonderes, nicht zwingend Exklusives darstelle und auch in steuerlicher Hinsicht „schlau“ konzipiert sei; die Investments hätten auch dazu dienen sollen, die Steuerlast aus ihren hohen Einkünften zu reduzieren. Darüber hinaus sei es ihnen darauf angekommen, durch entsprechende Investitionen in F1-G1-Grundstücksgesellschaften zu einem exklusiven Kreis von Investoren zu gehören. Dass ein solches Bauherrenmodell keineswegs mit dem Erwerb einer festverzinslichen Staatsanleihe vergleichbar sei, sei dem Kläger und dem Zeugen klar gewesen.
141Dass die Beteiligung des Klägers an der Fondsgesellschaft in großem Umfang steuergetrieben gewesen sei, belegten seine handschriftlichen Anmerkungen auf dem Exposé, wo er unter anderem vermerkt habe, dass das einzuzahlende Eigenkapital von 4 Mio. DM in Höhe eines Teilbetrages von 2 Mio. DM aufgebracht werden könne. Die Steuergetriebenheit des Zeugen Dr. Q2 lasse sich dessen Schreiben vom 28.05.2007 (Blatt 776 der Akte) und 27.06.2007 (Blatt 778 der Akte) entnehmen, in denen er jeweils betone, wie wichtig ihm die Nachsteuerrendite sei.
142Vor diesem Hintergrund sei der Kläger keinesfalls ein konservativer Anleger und die – unterstellte – Anlageempfehlung anlegergerecht gewesen. Dass der Kläger ein risikobewusster und –bereiter Anleger sei, lasse sich einigen von ihm unterzeichneten Unterlagen aus den Jahren 2000 und 2001 (Anlagen B 14 bis B 18) entnehmen, insbesondere dem Vermögensverwaltungsvertrag vom 14.02.2000. Die Beklagte behauptet in diesem Zusammenhang, die vom Kläger als Vergütungsbestandteil von der E-Bank AG erhaltenen Aktien seien niemals Bestandteil des Vermögensverwaltungsdepots gewesen; dessen Struktur zeige vielmehr, dass der Kläger ein risikobewusster Anleger sei. Die von ihm erwähnten Covered Calls und Cash Covered Calls seien keinesfalls ein Anzeichen für eine konservative und risikoaverse Anlagestrategie.
143In den Gesprächen mit der Beklagten, in welchen die im Investorenordner enthaltenen Dokumente – der Zeuge F habe insbesondere das Exposé, eine Kopie des Gesellschaftsvertrages und das seinerzeit gebräuchliche Organigramm (Anlage B 58) erläutert – besprochen worden seien, hätten der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 zudem bereits zu Beginn die Kernaussage getroffen, dass sie an normalen Investments nicht interessiert seien, sondern das Besondere suchten, dass die Beklagte ihnen aufgrund ihrer Tätigkeit nichts vormachen könne und dass „sie alles gemeinsam machen würden“. In den teils mehrstündigen Gesprächen sei mit ihnen insbesondere darüber gesprochen worden, dass die Fondsgesellschaft eine Bauherrengemeinschaft sei, so dass sie die typischen Bauherrenrisiken übernehmen müssten, um die gewünschten Steuervorteile zu erzielen. Entgegen der Behauptung des Klägers seien dieser und der Zeuge Dr. Q2 nicht aufgrund der wirtschaftlichen Situation im Warenhaussektor skeptisch gewesen. Daher treffe es nicht zu, dass der Zeuge I2 mit dem Zeugen F ein negatives Feedback habe besprechen müssen; vor einem Investment in eine F1-G1-Grundstücksgesellschaft sei es vielmehr üblich gewesen, dass sich eine Person aus dem Gesellschafterkreis mit den Investoren getroffen habe. Zwar sei in den Gesprächen ausführlich über eine mögliche Insolvenz der späteren Hauptmieterin gesprochen worden sowie über die sich hieraus ergebenden Risiken. Allerdings treffe es nicht zu, dass der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 eine Beteiligung an der Fondsgesellschaft unter Hinweis auf das Risikoprofil von L ursprünglich abgelehnt hätten. Die Beklagte, insbesondere der Zeuge F, habe im Rahmen der Gespräche keine eigene Beurteilung des Insolvenzrisikos von L abgegeben. Sie habe zu keinem Zeitpunkt geäußert, dass bei L kein Insolvenzrisiko bestehe und sie dies aufgrund besonderer Einblicke in den L-Konzern besser beurteilen könne als andere. Der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 seien aufgrund ihrer beruflichen Kenntnisse ohnehin in der Lage gewesen, das Insolvenzrisiko von L völlig eigenständig zu bewerten.
144Im Übrigen sei eine Aufklärung über die Grundstrukturen des Vertragswerks sowie die wesentlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken, die mit der Anlageentscheidung verbunden waren, zusätzlich durch den beurkundenden Notarvertreter Rechtsanwalt Dr. M3 anlässlich des Beurkundungstermins vom 20.11.2011 erfolgt. Hierzu habe der Zeuge Dr. M3 die Anlageinteressenten entsprechend einer Zeichnermappe belehrt, die ihm der Notar Dr. T4, der im Zusammenhang mit den F1-G1-Grundstücksgesellschaften vielfach tätig gewesen sei, zuvor überlassen habe. Dass im Notartermin direkt hintereinander mehrere, kurz getaktete Protokollierungen stattgefunden hätten, stimme nicht. Somit habe für den Kläger und den Zeugen Dr. Q2 ausreichende Gelegenheit bestanden, den GbR-Vertrag auch noch im Beurkundungstermin zu studieren und etwaige Fragen zu erörtern.
145Als Eigeninvestment der Beklagten habe diese die Beteiligung zu keiner Zeit bezeichnet; der Zeuge F habe nicht erklärt, dass die Beklagte das Objekt als Hauptinvestor umsetze. Vielmehr habe die Beklagte in Übereinstimmung mit dem Einladungsschreiben zutreffend darauf hingewiesen, dass die Fondsbeteiligung den Partnern der Beklagten, ihrem Gesellschafterkreis sowie den Gründungsgesellschaftern nahe stehenden Personen angeboten würde. Sämtliche Gesellschafter seien ferner in der Anlage des vom Kläger abgegebenen notariellen Schuldanerkenntnisses vom 10.12.2001 (Anlage B 39) aufgeführt gewesen, das dem Kläger zeitnah übermittelt worden sei. Die Beklagte bestreitet in diesem Zusammenhang, dass der Kläger noch skeptischer gewesen wäre, hätte er gewusst, dass sie das Projekt nicht als Hauptinvestorin umsetze.
146Die Beklagte behauptet, dem Kläger seien die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen innerhalb der F1-G1-Gruppe, insbesondere innerhalb der F1-G1 Holding GbR, bekannt gewesen. Ihm gegenüber seien die von der G Fonds-Projekt GmbH initiierten Grundstücksgesellschaften stets als ein gemeinsames Projekt der Beklagten und des Zeugen G beschrieben und umgangssprachlich als so genannte „F1-G1-Fonds“ bezeichnet worden. Daher sei auch stets offen kommuniziert worden, dass die Beklagte an diesen Grundstücksgesellschaften „mitverdiene“. Die Zeugen I2 und F hätten in den mit dem Kläger und dem Zeugen Dr. Q2 geführten Gesprächen die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen der Beklagten und den diversen F1-G1-Gesellschaften ausführlich – auch unter Zuhilfenahme des Organigramms – erläutert. Ferner hätten sie mitgeteilt, dass das im GbR-Vertrag vorgesehene Fremdkapital durch ein Darlehen der Beklagten zwischenfinanziert werde und dass die Beklagte hierfür selbstverständlich Darlehenszinsen vereinnahme. Ebenso sei die Rolle des Zeugen G auf Nachfrage dargestellt worden, insbesondere weil der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 insoweit mehrfach ein so genanntes „Klumpenrisiko G“ angesprochen hätten. Die Verflechtungen seien zudem allgemein öffentlich bekannt gewesen, wie beispielsweise der im September 2005 im „Manager Magazin“ veröffentlichte Artikel „Der Maurer und die Bank“ zeige, der im Übrigen Anlass für ein gemeinsames Gespräch am 04.10.2005 mit dem Mitarbeiter der Beklagten Q9 gewesen sei. Bereits in den Geschäftsberichten der Beklagten 1999 – 2001 (Anlagen B 59 bis 61) und in einer Pressemeldung vom 01.12.1999 (Anlage B 63) sei die Existenz der F1-G1 Holding GbR angesprochen worden. Es treffe daher nicht zu, dass der Kläger erst im Jahre 2010 auf den vorgenannten Artikel aufmerksam geworden sei.
147Im Übrigen habe es für die Beklagte überhaupt keinen Grund gegeben, ihre Beteiligung an den F1-G1-Gesellschaften zu verschweigen, seien die Investoren – so auch der Kläger – stets darüber erfreut gewesen, dass die Konzipierung, Betreuung und Abwicklung der Fondsgesellschaft faktisch „aus einer Hand“ bzw. als „Rundum-Paket“ angeboten worden sei. Die Beauftragung der F1-G1-Gesellschaften sei zudem immer durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter erfolgt.
148Entgegen der Auffassung des Klägers habe die Beklagte aus der streitgegenständlichen Beteiligung auch keine aufklärungspflichtigen Rückvergütungen erhalten; die gesellschaftsrechtlichen Verbindungen seien umsatzabhängigen Rückvergütungen nicht gleichzusetzen. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht alle Verdienstinteressen einer Bank offenzulegen seien, insbesondere nicht, wenn das Anlageprodukt – wie vorliegend – ein eigenes der Bank darstelle.
149Die Beklagte behauptet, der Kläger sei in vollem Umfang über die weichen Kosten der Beteiligung informiert gewesen. Diese habe er bereits dem Investitionsplan im Gesellschaftsvertrag als Teil des Investorenordners entnommen, anhand dessen ihm der Zeuge F im Übrigen die gesamte Kostenstruktur erläutert habe, und in der notariell beurkundeten Beitrittserklärung vom 20.11.2011 (Anlage K 7) vollinhaltlich gebilligt. Der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 hätten in den Gesprächen vor ihrem Beitritt zur Fondsgesellschaft keine Ruhe gegeben, bevor ihnen nicht die gesamte Kostenstruktur detailliert erläutert worden sei. Die Kostenstruktur sei dem Kläger zudem aus seiner Beteiligung an der A IV GbR bekannt gewesen, die mit der in Streit stehenden vergleichbar sei. Hierzu habe die Beklagte mit Schreiben vom 29.09.2000 einen Investorenordner zur A IV GbR verschickt. Die Tatsache, dass der Kläger diese Beteiligung nicht rückabwickeln wolle, belege übrigens, dass die Höhe der Weichkosten für ihn kein entscheidendes Kriterium gewesen sei.
150Dass der Zeuge F in der zweiten Jahreshälfte 2002 geäußert habe, die gesamte Kostenbelastung der Fondsgesellschaft betrage lediglich 7 %, treffe nicht zu. Im Übrigen habe der Zeuge F nicht anlässlich einer solchen Aussage eine – ohnehin nicht erteilte – Rücknahmezusage wiederholt.
151Zahlreiche der vom Kläger monierten Positionen seien überhaupt keine weichen Kosten, sondern solche, die auch bei einer Direktinvestition angefallen wären, wie beispielsweise die Kosten für die Projektentwicklung, die Projektsteuerung/Bauüberwachung, die Mietervermittlung, die Finanzierungsvermittlung und die Steuerberatung. Die hiernach verbleibenden Kosten seien nicht überhöht, sondern üblich und auch nicht ohne Gegenleistung erfolgt.
152Die Beklagte behauptet, den vom Kläger monierten Kostenpositionen hätten werthaltige Gegenleistungen gegenübergestanden, was beispielsweise für die von der G Fonds-Projekt GmbH durchgeführte und mit 28,7 Mio. DM vergütete Projektentwicklung gelte, wobei die in diesem Rahmen zu erbringenden Tätigkeiten im GbR-Vertrag (dort § 2 Abs. 5) hinreichend genau bezeichnet worden seien.
153Eine Pflicht zur Aufklärung über die Marge des Generalübernehmers, dessen Einschaltung einen üblichen und daher nicht beanstandungswürdigen Umstand darstelle, habe nicht bestanden. Die Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH habe stets eine marktübliche Generalübernehmermarge angestrebt, die der Beklagten im Einzelnen nicht bekannt sei.
154Dem Kläger sei von Anfang an bewusst gewesen, dass es sich bei dem Fondsobjekt um eine Spezialimmobilie handelte, die nur unter erheblichem Aufwand für andere Zwecke nutzbar gemacht werden könne als für die Anmietung durch den L-Konzern und für die deshalb schon überhaupt keine marktübliche Miete ermittelbar sei. Ferner sei ihm auch von vornherein klar gewesen, dass es nur sinnvoll sei, sich an der Investition zu beteiligen, wenn man davon ausgehe, dass der Mieter auf die Dauer des Mietverhältnisses in der Lage sein würde, die vereinbarten, der Kalkulation zugrunde liegenden Mieten zu zahlen. Anlass, an der Bonität Ls zu zweifeln, habe die Beklagte nicht haben müssen. Es habe auch keineswegs von Beginn an festgestanden, dass die prospektierten Mieterträge nicht nachhaltig zu erzielen sein würden. Das Risiko, dass die Fondsgesellschaft nach Ablauf der mit L vereinbarten Mietzeit ggf. schwierige Nachverhandlungen führen müsse, sei dem Kläger ebenso bewusst gewesen wie das Bonitätsrisiko von L; insoweit habe der Kläger das Anschlussvermietungsrisiko gekannt, wobei für dieses ohnehin nicht die zu Beginn vereinbarte Miethöhe, sondern vielmehr die Geschäftsentwicklung des Mieters (hier des L-Konzerns), die Entwicklung des Immobilienmarktes am Standort, etwaiges Verhalten von Wettbewerbern etc. relevant sei. Berücksichtigt werden müsse ferner, dass bei Beitritt des Klägers zur Fondsgesellschaft noch gar nicht festgestanden habe, ob überhaupt ein Mietvertrag über die Fondsimmobilie zustande komme.
155Die Beklagte behauptet, die vereinbarte Miete sei im Übrigen marktgerecht gewesen. Einer Immobilie wie der streitgegenständlichen sei nämlich immanent, dass sie vom Erfolg und der künftigen Bonität des Mieters abhängig sei. Der L-Konzern habe bei der Konzeptionierung bestimmte, der Beklagten oder der G Fonds-Projekt GmbH nicht näher bekannte Ertragserwartungen gehabt, welchen jeweils Bau- und Finanzierungskosten gegenüber gestanden hätten. Diese Kosten habe die G Fonds-Projekt GmbH kalkuliert und daraus die Miete ermittelt, die nachhaltig über 20 Jahre erforderlich sein würde, um das Objekt zu refinanzieren. Der hiernach geforderte Mietpreis sei für den L-Konzern offensichtlich wirtschaftlich günstiger als eine Eigeninvestition verbunden mit einer Bankfinanzierung gewesen, wobei davon auszugehen sei, dass sich der Vorstand der LP AG hinsichtlich der Miethöhe rechtlich beraten lassen und diese selbst geprüft habe. So belege auch der Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Ständigen Ausschusses der LP AG vom 26.11.2003 (Anlage B 83), dass die mit L abgeschlossenen Verträge ausgewogen gewesen seien und insbesondere der vereinbarte Mietzins nicht als überhöht angesehen werden könne. Jedenfalls sei es vor diesem Hintergrund lediglich eine Mutmaßung des Klägers, dass die Miete einseitig von den Fondsinitiatoren vorgegeben worden sei. Die hierfür zum Beweis angeführten Anlagen K 128 und 129 enthielten lediglich interne Kalkulationen der G Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH; ihnen könne daher kein Beweiswert beigemessen werden.
156Zu berücksichtigen sei auch, dass das Warenhaus in einer so genannten „1a-Lage“ mit hoher Passantenfrequenz und als so genanntes „kleines KaDeWe“ habe errichtet werden sollen, weshalb der L-Konzern offensichtlich von einem hohen erzielbaren Umsatz ausgegangen sei.
157Anders als der Kläger meine, lasse sich nicht aus dem mit dem Insolvenzverwalter geschlossenen Mietvertrag ableiten, dass die Miete überhöht gewesen sei. Bereits nach Abschluss des streitgegenständlichen Mietvertrages sei das Mietniveau in X allgemein gefallen. Ebenso wenig lasse sich aus der Bildung von Drohverlustrückstellungen seitens des L-Konzerns auf eine Überhöhung der vereinbarten Miete schließen.
158Im Übrigen sei der Abschluss eines Mietvertrages zu marktüblichen Konditionen alleine Sache der GbR-Geschäftsführung gewesen und habe der Zustimmung der Gesellschafter bedurft. Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, wieso der Kläger nun Rechte gegen die Beklagten ableiten möchte. Die Beklagte sei sicher nicht zu einer weitergehenden Prüfung der Rentabilität und der Funktionsfähigkeit des hinter der Kapitalanlage stehenden Konzepts verpflichtet gewesen; jedenfalls könne sich eine solche Pflicht nicht auf eine Überprüfung einzelner von der Grundstücksgesellschaft abzuschließender Verträge auf deren Angemessenheit erstrecken. Dies gelte umso mehr, als bei Beitritt des Klägers zur Fondsgesellschaft noch kein verbindlicher Mietvertrag geschlossen gewesen sei, was der Zeuge F dem Kläger mitgeteilt habe.
159Die von dem Kläger vorgeworfenen, vorgenannten Pflichtverletzungen ließen sich nach Auffassung der Beklagten auch nicht der von der E-Bank in Auftrag gegebenen Due Diligence entnehmen, wobei schon berücksichtigt werden müsse, dass diese keine abschließende Bewertung enthalte. Die dortigen Ausführungen seien unerheblich.
160Die Beklagte bestreitet, dass es eine Vereinbarung bzw. Kooperation in Bezug auf die Fondsgesellschaft gegeben habe, aufgrund welcher Erträge oder Ausgleichszahlungen für eine angeblich überhöhte Miete an den L-Konzern geflossen seien. Der als angeblicher Beweis einer derartigen Kooperation vorgelegte „Entwurf Ergebnisprotokoll“ (Anlage K 79) sei bereits deshalb nicht ergiebig, da es sich hierbei um einen bloßen Entwurf handele. Zudem habe kein Vertreter der Beklagten an der angeblichen Vorstandssitzung vom 01.10.2001 teilgenommen. Sie bestreite daher den gesamten Inhalt des Protokolls mit Nichtwissen. Die Beklagte bestreitet ferner, dass mit der Formulierung des Protokolls „während die Barwerte der Mietkonditionen strukturbedingt höher sind, wird aus dem Vermietungsgeschäft ein erheblicher Gewinn erwartet“, die vom Kläger behauptete Kooperation und ein etwaiger überhöhter Mietzins beschrieben werden sollte. Der als Anlage K 85 vorgelegten Kooperationsvereinbarung komme schon mangels Unterzeichnung kein Beweiswert zu. Das als Anlage K 86 vorgelegte Schreiben der G Fonds-Projekt GmbH vom 01.10.2002 stehe in keinem Zusammenhang mit der Fondsgesellschaft und sei auch deshalb unerheblich, weil es deutlich nach Beitritt des Klägers zu dieser versandt worden sei. Den Inhalt der als Anlage K 128 vorgelegten Berechnung der G Fonds-Projekt GmbH bestreitet die Beklagte; ohnehin komme der Berechnung kein Beweiswert zu, da sie lediglich eine interne Berechnung der G Fonds-Projekt GmbH darstelle. Jedenfalls sei die Kalkulation der Beklagten nicht bekannt gewesen.
161Zusammenfassend lasse sich festhalten, dass die zwischen der Fondsgesellschaft und dem L-Konzern vereinbarte Miete nicht – jedenfalls nicht für die Beklagte erkennbar – überhöht gewesen sei.
162Die Beklagte bestreitet, dass der L-Konzern den Betrag in Höhe von 31,6 Mio. DM gemäß den Vereinbarungen vom 04.12.2001 (Anlagen B 74 und 75) als Kompensation für angeblich überhöhte Mieten erhalten habe. Vielmehr handele es sich um – nicht beanstandungswürdige und daher nicht aufklärungspflichtige – Zahlungen für werthaltige und im Interesse der Fondsgesellschaft liegende Gegenleistungen. Über die vorgenannten Vereinbarungen habe die Beklagte zum Zeitpunkt des vom Kläger erklärten Beitritts nicht aufklären können, weil diese seinerzeit überhaupt noch nicht – jedenfalls nicht rechtsverbindlich – existent gewesen seien. Insoweit sei zu beachten, dass die Gesprächsnotizen vom 30.08.2001 (Anlage K 106) und vom 12.11.2001 (Anlage B 81) lediglich einen bloßen Verhandlungsstand dokumentiert hätten, formunwirksam seien, ersichtlich nicht den Anforderungen an Vereinbarungen im Zusammenhang mit Verträgen in Millionenhöhe genügten und daher rechtlich völlig unerheblich seien, zumal die Beklagte den „Verhandlungsstand vom 12.11.2001“ offensichtlich gar nicht zur Kenntnis genommen habe, insbesondere nicht in Person des Zeugen F. Die auf die Rechnung vom 18.12.2002 (Anlage K 108) geleistete Zahlung von 25 Mio. € (netto) sei nicht als Kompensationszahlung für angeblich überhöhte Mieten erfolgt, sondern als allgemeine Vergütung für die Zusammenarbeit und das in diesem Zusammenhang eingebrachte Know-how des L-Konzerns. Schließlich stelle auch der Inventarkostenzuschuss von 8,025 Mio. € keine aufklärungsbedürftige Kompensationszahlung dar. Dass es einen Nachtrag in Höhe von 5,5 Mio. € zur Vereinbarung vom 30.08.2001 gegeben habe, bestreitet die Beklagte. Vielmehr lasse sich den Anlagen B 86 und B 87 (1. und 2. Nachtrag zum Planungs- und Projektentwicklungsvertrag vom 04.12.2001) entnehmen, dass die L Immobilien AG & Co. KG einen Vorab von 5,5 Mio. € für bereits erbrachte Leistungen erhalten sollte.
163Im Übrigen hätten die vom Kläger angeführten Zahlungen keinen großen Einfluss auf die Miethöhe haben können, selbst insoweit Erträge des L-Konzerns in Höhe von 20 Mio. DM – lediglich zu Anschauungszwecken – unterstellt; denn insoweit habe der Einfluss auf die vereinbarte Miete gerade einmal 8 % betragen können.
164Die Beklagte bestreitet, dass es zwischen der Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH und dem L-Konzern eine Vereinbarung über die hälftige Aufteilung von Baukostenersparnissen gegeben habe und dass es nachfolgend zu deren Realisierung gekommen sei. Jedenfalls habe sie keine Kenntnis hierüber gehabt, so dass ein schuldhafter Beratungsfehler ausscheide.
165Im Übrigen sei nicht erkennbar, warum die klägerseits behauptete Vereinbarung überhaupt aufklärungspflichtig gewesen sein solle. Da die Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH aufgrund der Vereinbarung eines Festpreises mit der Fondsgesellschaft das Risiko von Baukostenüberschreitungen getragen habe, stünden ihr – und nicht etwa den Investoren – umgekehrt etwaige Kostenersparnisse zu. Hierüber habe sie frei verfügen können, beispielsweise sie hälftig an Dritte weitergeben. Dass es überhaupt zu Baukostenersparnissen kommen könne, habe keineswegs von Anfang an, insbesondere nicht bei Abschluss des Generalübernehmervertrages, festgestanden. Den klägerseits zur angeblichen Vereinbarung vorgelegten Unterlagen komme keine ausreichende Indizwirkung zu, die substantiierten Klägervortrag ersetzen könne.
166Der Bevollmächtigte des Zeugen G (Rechtsanwalt Dr. B3) sowie die Bevollmächtigten des Zeugen Dr. F8 (der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers Rechtsanwalt Dr. C7 sowie Rechtsanwalt G2) hätten im Übrigen in mehreren Schreiben für ihre Mandanten bestätigt, dass es eine solche Absprache nicht gegeben habe.
167Entgegen den Ausführungen des Klägers sei diesem auch nicht vorgespiegelt worden, dass eine Reduzierung der Baukosten zugunsten der Fondsgesellschaft von 3 bis 5 % zu erwarten sei.
168Dass dem L-Konzern eine Rückkaufoption eingeräumt worden sei, bestreitet die Beklagte.
169Die Beklagte behauptet, sie habe dem Kläger vor der notariellen Beurkundung des Beitritts zur Fondsgesellschaft einen Investorenordner einschließlich Gesellschaftsvertrag (Anlage B 30) übersandt, weshalb es nicht zutreffe, dass dieser neben dem als Anlage K 5 vorgelegten Exposé keine weiteren Unterlagen erhalten habe. Die Übersendung sei mit Schreiben vom 16.11.2001 erfolgt, der Investorenordner am 17.11.2001 eingegangen. Soweit der Kläger bestreite, alle relevanten Informationen zur Beteiligung an der Fondsgesellschaft frühzeitig erhalten zu haben, müsse er sich an seinen Erklärungen im Zeichnungsschein vom 08.11.2001 (Anlage B 34), in der notariell beurkundeten Beitrittserklärung vom 20.11.2001 (Anlage K 7) sowie in der Stimmrechtsvollmacht (Anlage K 13) festhalten lassen, die im Übrigen auch nicht nach § 309 Nr. 12 b) BGB unwirksam seien. Jedenfalls hätte der Kläger nach Auffassung der Beklagten den Gesellschaftsvertrag im Rahmen des zeitlich ausreichend dimensionierten Termins zur notariellen Beurkundung der Beitrittserklärung sorgfältig lesen müssen.
170Die Beklagte bestreitet, dass eine vermeintliche Verletzung von Aufklärungspflichten kausal und objektiv zurechenbar einen Vermögensschaden des Klägers herbeigeführt habe. Zugunsten des Klägers streite keine Kausalitätsvermutung. Diese Vermutung greife allenfalls in den Fällen ein, in denen es für den aufzuklärenden Anleger vernünftigerweise nur eine Möglichkeit der Reaktion gebe, die vollständige und richtige Auskunft also keinen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte. Jedenfalls der Umstand, dass der Kläger die – gleich strukturierte – Beteiligung an der A IV GbR nicht rückabwickle, erschüttere die Kausalitätsvermutung und belege, dass es ihm alleine darauf ankomme, sein originäres Bauherrenrisiko auf die Beklagte abzuwälzen. Ferner könne eine etwaige Unkenntnis der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen der Beklagten nicht kausal für den Beitritt des Klägers zur Fondsgesellschaft gewesen sein, da diese Beteiligungen – wie dargestellt – von den Investoren stets als positiv gewertet worden seien. Ferner lasse es die Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen entfallen, dass der Kläger selbst vortrage, er habe besonderes Vertrauen in die Beklagte gesetzt.
171Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Hierzu bestreitet sie, dass der Kläger den Prüfbericht vom 10.10.2006, aus dem sich für ihn ohnehin keine neuen Erkenntnisse, insbesondere über die Kostenbelastung der Fondsgesellschaft, ergeben hätten, erst im ersten Quartal 2007 erhalten habe. Dem Kläger seien sämtliche, zur Begründung des behaupteten Schadenersatzanspruchs herangezogenen Tatsachen bereits im Jahre 2001, spätestens aber Ende 2006 positiv bekannt bzw. für ihn unschwer erkennbar gewesen. Insbesondere sei ihm das Risiko einer Insolvenz des L-Konzerns von Anfang an vollumfänglich bewusst gewesen, wie er letztlich selbst einräume. Über die Beteiligung der Beklagten an den F1-G1-Gesellschaften sei der Kläger im Zuge zahlreicher Gespräche informiert worden; sie sei zudem in den jährlich übersandten Geschäftsberichten der Beklagten aufgeführt und im September 2005 detailliert im Artikel „Der Maurer und die Bank“ im „Manager Magazin“ beschrieben worden, auf welchen hin der Zeuge Dr. Q2 eigens nach Köln gereist sei, um ihn mit der Beklagten zu besprechen. Die Kenntnis der gerügten Umstände habe der Kläger zudem auf den zahlreichen, ihm vor Beitritt überlassenen Unterlagen mit seiner Unterschrift bestätigt. Schließlich habe der Kläger einen Prüfbericht der – wie ihm bekannt war – weitestgehend konzeptionsgleichen A IV GbR, in dem vergleichbare Kosten ausgewiesen gewesen seien, bereits im Jahre 2005 erhalten und mit der Beklagten besprochen. Kenntnis davon, dass es sich bei der Fondsgesellschaft nicht um ein Eigeninvestment gehandelt habe, habe der Kläger spätestens mit Übersendung des Kreditvertrages vom 10./11.12.2001 (Anlage K 14) erhalten.
172Soweit der Kläger sich erstmals mit Schriftsatz vom 20.02.2012 auf von ihm behauptete Absprachen über Kompensationszahlungen und Baukostenersparnisse berufe, unterlägen diese Pflichtverletzungen der absoluten Verjährung.
173Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe überhaupt keinen Vermögensschaden erlitten. Die von ihm erhaltenen Ausschüttungen – Stichtag 31.10.2011 – in Höhe von 1.412.682,88 € hätten die vom Kläger gezahlten Zinsen auf das Fremdkapital erheblich überstiegen. Soweit der Kläger nicht nur die Zinszahlungen auf das Fremdkapitaldarlehen, sondern auch die Tilgungsleistungen als Schadensposition geltend mache, stelle dies keinen ersatzfähigen Schaden dar, da Tilgungsleistungen nicht zu einer Vermögensminderung führen könnten. Die vom Kläger gezahlten Zinsen auf das finanzierte Eigenkapital seien nicht ersatzfähig, weil ursprünglich in der gesamten Vertragsdokumentation vorgesehen gewesen sei, dass der Eigenkapitalanteil aus Eigenmitteln erbracht würde. Hierauf habe der Kläger offensichtlich deshalb verzichtet, weil er gemeint habe, mit dem Eigenkapitalbetrag anderweitig eine höhere Rendite erzielen zu können. Es sei daher davon auszugehen, dass die gezahlten Zinsen durch andere Anlagen des Klägers kompensiert worden seien. Rechne man beispielsweise eine Alternativanlage des Eigenkapitalbetrages von 2.284.780,49 € zum vom Kläger selbst angegebenen Alternativzins von 3,6 % p.a., ergebe sich zum 31.10.2011 ein alternativer Zinsgewinn von 632.112,95 €, der nur geringfügig unter den vom Kläger bis zu diesem Zeitpunkt gezahlten Eigenkapitalzinsen von 641.998,82 € liege. Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger die als Zinszahlungen an sie aufgewendeten Beträge festverzinslich zu 3,6 % p.a. angelegt hätte.
174Die Beklagte bestreitet die angeblich aus den Verträgen mit der Sparkasse A1 entstandenen Schäden mit Nichtwissen, insbesondere die Sonderzahlungen in Höhe von 80.000,00 €.
175Der Kläger müsse sich Steuervorteile in Höhe von 1.227.390,11 € anrechnen lassen, die er in den Jahren 2001 bis 2012 erzielt habe, jedenfalls aber die in diesem Zeitraum angefallene und schadensrechtlich zu berücksichtigende AfA, die mit 704.871,84 € valutiere. Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, dass eine etwaige, an den Kläger zu zahlende Schadenersatzleistung ohnehin nicht steuerpflichtig sei, wofür beispielsweise spreche, dass die 10jährige Haltefrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nunmehr abgelaufen sei.
176Die Beklagte ist der Auffassung, den Kläger treffe – selbst eine Haftung ihrerseits unterstellt – ein erhebliches Mitverschulden, wenn er der Fondsgesellschaft beigetreten wäre, ohne zuvor die relevanten Vertragswerke durchzulesen.
177Mangels Pflichtverletzung hafte die Beklagte dem Kläger auch nicht aus § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 264a StGB, letzteres bereits deshalb, weil sie keinen Emissionsprospekt verwendet habe.
178Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I2, Dr. Q2 und F. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 15.05.2012 (Blatt 645 der Akte), 18.09.2012 (Blatt 756 der Akte) und 16.04.2013 (Blatt 893 der Akte) Bezug genommen. Die Kammer hat ferner die Einlassung des dortigen Angeklagten und hiesigen Zeugen G vom 12.09.2013 aus dem Strafverfahren vor dem Landgericht Köln, Aktenzeichen 116 KLs 2/12, beigezogen (Blatt 1384 der Akte) und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Unterlagen und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
179Entscheidungsgründe:
180Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Der Kläger kann von der Beklagten wegen fehlerhafter Anlageberatung die Rückabwicklung seiner Beteiligung an der H GbR („Fondsgesellschaft“) verlangen, nicht aber den Ersatz entgangener Wiederanlagezinsen in Höhe von 3,6 %. Im Einzelnen:
181A/ Vertragliche Ansprüche des Klägers aus einer Rücknahmezusage der Beklagten
182Der Kläger kann die geltend gemachten Ansprüche allerdings nicht auf eine Rücknahmezusage stützen, welche der Zeuge F als seinerzeit persönlich haftender Gesellschafter der Beklagten nach seinem Vortrag erteilt haben soll.
183I.
184Der Kläger hat hierzu behauptet, in Reaktion auf seine Bedenken hinsichtlich der Bonität des L-Konzerns als avisierter Hauptmieter der Fondsimmobilie habe der Zeuge F erklärt, die Beklagte sei bereit, den Gesellschaftsanteil des Klägers zu einem Preis zurückzukaufen, der eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals gewährleiste und damit sein wirtschaftliches Interesse wahre.
185II.
186Selbst diesen – von der Beklagten bestrittenen – Sachverhalt als zutreffend unterstellt, hat der Kläger einen vertraglichen Anspruch auf Rück- oder Übernahme der Beteiligung nicht schlüssig dargestellt.
1871.
188Denn ein gültiger Vertrag liegt nach den allgemeinen Grundsätzen über das Zustandekommen von Willenserklärungen nicht vor, wenn sich die Parteien über wesentliche Vertragsbestandteile nicht geeinigt haben und sich diese Einigung auch nicht aus den Umständen entnehmen lässt oder die Bestimmung des fehlenden Vertragsteils einer Partei oder einem Dritten überlassen wird (Palandt/Ellenberger, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, Einführung vor § 145 Rn 3; für den Kaufvertrag bei Fehlen des Kaufpreises BGH NJW-RR 2006, 1139). Nach diesen Grundsätzen fehlt es im vorliegenden Fall an einer Einigung über wesentliche Vertragsbestandteile, da sich der behaupteten Zusage nicht entnehmen lässt, zu welchen Konditionen der Rückkauf nach dem Willen der Parteien erfolgen sollte; schon der an den Kläger im Fall der Rücknahme auszukehrende Betrag lässt sich weder der nach dem Klägervortrag gegebenen Zusage noch aus Begleitumständen entnehmen. Dies gilt erst recht, soweit der Kläger den Ersatz entgangenen Gewinns und damit – vertraglich – eine Verzinsung des von ihm angelegten Kapitals begehrt. Den von ihm gezogenen Schluss, unter einer zugesagten „angemessenen“ Verzinsung sei eine solche in Höhe von 3,6 % p.a. zu verstehen, teilt die Kammer nicht. Dafür, dass die Beklagte – wiederum den Klägervortrag als zutreffend unterstellt – eine solche Verzinsung als „angemessen“ betrachten wollte, sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend, soweit der Kläger die Ablösung seiner (Fremdkapital-)Darlehen bei der Sparkasse A1 mit den Darlehensnummern ######1 und ######2 durch die Beklagte verlangt (Klageantrag zu 3.). Dass sich die Zusage der Beklagten auf die Übernahme der im Zeitpunkt der in Streit stehenden Gespräche vom Kläger noch nicht beabsichtigten Fremdfinanzierung bezog (die Empfehlung der Erbringung einer weiteren Einlage in Höhe des quotal auf den Kläger entfallenden Fremdkapitalanteils datiert nach seinem Vortrag vom 01.12.2005, vgl. Anlage K 16), behauptet er selbst nicht.
1892.
190Die fehlenden wesentlichen Vertragsbestandteile lassen sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht durch eine ergänzende Vertragsauslegung ermitteln. Eine solche setzt nämlich voraus, dass die Parteien bereits eine verbindliche Regelung getroffen haben, diese aber ergänzt werden soll (BGH NJW 1980, 2347). Eine solche verbindliche Regelung hat der Kläger – wie vorstehend dargestellt – schon nicht schlüssig vorgetragen.
1913.
192Ob die Behauptung des Klägers bereits nicht plausibel ist, weil die Erteilung einer Rücknahmezusage ihm die für die Erzielung von Steuervorteilen erforderliche Bauherreneigenschaft genommen hätte oder ob sie formbedürftig gewesen wäre, bedarf aus den vorgenannten Gründen keiner Entscheidung.
193III.
194Es bedarf keiner Entscheidung, ob in einer etwaig erteilten Rücknahmezusage für den Fall der Insolvenz des L-Konzerns eine Verharmlosung des der Anlageform immanenten Risikos der eingeschränkten Fungibilität zu sehen ist, wie der Kläger im Hinblick darauf meint, dass ihm mit der Zusage eine Fungibilität suggeriert worden sei, welche tatsächlich nicht bestanden habe. Denn die Beklagte haftet bereits aus anderen Gründen aus der Verletzung eines zwischen den Parteien bestehenden Anlageberatungsvertrages (hierzu unter lit. B, Ziffer IV.)
195B/ Ansprüche aus fehlerhafter Anlageberatung
196Der Kläger kann von der Beklagten Schadenersatz verlangen, weil diese Pflichten aus einem zwischen den Parteien bestehenden Anlageberatungsvertrag verletzt hat; nichts anderes würde gelten, wenn zwischen den Parteien lediglich ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen wäre.
197I.
198Zwischen den Parteien ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.
1991.
200Ein stillschweigend abgeschlossener Anlageberatungsvertrag kommt unter anderem dadurch zustande, dass zunächst entweder die Bank an den Kunden oder umgekehrt der Kunde an die Bank herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrags zu beraten bzw. beraten zu werden. Der Vertragsschluss erfolgt sodann durch die Aufnahme der Beratung durch die Bank (BGH NJW 2004, 1868, 1869). Dabei ist es nicht erforderlich, dass zwischen den Parteien eine Vergütung für die Beratungstätigkeit vereinbart wird (BGH NJW 1987, 1815, 1816). Nach der typisierenden Betrachtungsweise des Bundesgerichtshofs tritt die Bank regelmäßig dem Anleger als Anlageberaterin gegenüber und nicht lediglich als reine Anlagevermittlerin (BGH, Beschluss vom 09.03.2011, XI ZR 191/10). Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Kunde mit gezielten Aufträgen an die Bank wendet und sich die Tätigkeit der Bank auf deren Erledigung beschränkt (LG Heidelberg, vom 14.07.2009, Aktenzeichen 2 O 351/08; juris), beispielsweise, wenn er die Überlassung von Unterlagen zu einem von ihm bereits „identifizierten“ Anlageprodukt verlangt und zugleich klarstellt, dass er keinerlei Beratungstätigkeit der Bank wünscht, oder wenn die Bank offensichtlich lückenhafte Unterlagen dem Anleger ersichtlich zur näheren, eigenständigen Prüfung übersendet bzw. der Anleger die nähere Information über das Beteiligungsangebot von einem Dritten erhält, der nicht im Lager der Bank steht (OLG Köln, Urteil vom 30.04.2014, Aktenzeichen 13 U 252/12).
201Ein Anlagevermittlungsvertrag zwischen Anlageinteressent und Anlagevermittler, namentlich ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen (vgl. § 676 BGB), kommt – zumindest stillschweigend – dann zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (BGH NJW-RR 1993, 1114ff.; NJW 2007, 1362ff.).
2022.
203Nach diesen Grundsätzen waren die Parteien durch einen Anlageberatungsvertrag miteinander verbunden und die Beklagte nicht – wie sie meint – lediglich Anlagevermittlerin.
204a)
205Unstreitig wollte der Kläger einen Geldbetrag anlegen und führte diesbezüglich Gespräche mit der Beklagten, weshalb nach der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in typisierender Betrachtungsweise das Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages vermutet wird. Der Einwand der Beklagten, eine Beratung sei weder vom Kläger noch vom Zeugen Dr. Q2 gewünscht gewesen; die Auskünfte der Zeugen I2 und F hätten nicht einer unabhängigen Beratung gedient, sondern könnten allenfalls als Auskunft über die Fondsgesellschaft als bestimmtes Anlageobjekt gewertet werden, geht im Lichte dieser typisierenden Betrachtungsweise ins Leere. Denn danach kommt bereits durch das Erteilen von Auskünften durch eine Bank regelmäßig ein Anlageberatungsvertrag zustande, insbesondere dann, wenn die Bank – wie von der Beklagten selbst vorgetragen – mit einem Anlageprodukt an den Kunden herantritt, vorliegend mittels des Einladungsschreibens vom 20.09.2001 (Anlage B 28) nebst Exposé und Zeichnungsschein (Anlage B 29). Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe eine Beratung nicht gewünscht, setzt sich zudem in erheblichen Widerspruch zu ihrem eigenen Vortrag, es habe teils mehrstündige Gespräche mit diesem und dem Zeugen Dr. Q2 gegeben, in welchen das Anlageprodukt – insbesondere die mit ihm verbundenen Kosten, die Finanzierung, die Übernahme des Bauherrenrisikos durch die Anleger – von den Zeugen I2 und F erläutert worden und in welchen auch über eine mögliche Insolvenz des späteren Hauptmieters L gesprochen worden sei. Auch der Zeuge F bekundete im Übrigen, dass „alle Einzelheiten und Fragen in Bezug auf die streitgegenständliche Fondsbeteiligung in der erforderlichen Tiefe erörtert wurden“ (Sitzungsprotokoll vom 18.09.2012, dort Seite 14). Dies alles steht in diametralem Gegensatz zu einem angeblich gänzlich fehlenden Beratungswunsch auf Seiten des Klägers und des Zeugen Dr. Q2.
206b)
207Dass der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 aus ihrer beruflichen Tätigkeit unbestritten über ein erhebliches (finanz-)wirtschaftliches Fachwissen verfügten und dementsprechend hinsichtlich einzelner Punkte der in Streit stehenden Beteiligung keiner Aufklärung bedurften, steht dem Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages nicht entgegen, sondern bestimmte vielmehr den Umfang der im Rahmen der Anlageberatung von der Beklagten zu leistenden Tätigkeiten (hierzu unter Ziffer II.).
208c)
209Ebenso wenig steht dem Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages zwischen den Parteien entgegen, dass ausweislich § 2 Abs. 6 i.V.m. Teil B des Gesellschaftsvertrages der G Fonds-Projekt GmbH die Eigenkapitalbeschaffung übertragen war. Die Übertragung der Eigenkapitalbeschaffung auf einen Dritten entbindet eine Bank nicht von den ihr obliegenden Beratungspflichten, insbesondere dann nicht, wenn sie selbst die Beratungstätigkeit aufnimmt. Dass die Beklagte Beratungspflichten auf die G Fonds-Projekt GmbH übertragen wollte, lässt sich der vorgenannten Vertragspasssage semantisch schon gar nicht entnehmen, geschweige denn hat sie vorgetragen, dass sie einen entsprechenden Vertragswillen dem Kläger mitgeteilt hat. Der Einwand, die Beklagte habe den Zeugen G im Einladungsschreiben vom 20.09.2001 (Anlage B 28) als die Person beschrieben, „die für Rückfragen zur Verfügung steht“ (Schriftsatz vom 21.11.2011, dort Seite 64) geht schon deshalb ins Leere, weil sie das Schreiben unvollständig zitiert: Nach diesem Schreiben sollten auch die Zeugen F und C als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Ebenfalls ins Leere geht der Verweis, der G1 sei in der notariellen Beitrittsurkunde (Anlage K 7, dort Seite 3) als die Person bezeichnet worden, die den Kläger „über Grundstrukturen des gesamten Vertragswerks in seinen Grundzügen“ sowie „die wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken“ aufgeklärt habe. Diese Aussage, die ihrem Inhalt nach schon keinen Schluss darauf zulässt, dass die Beklagte vertragliche (Beratungs-)Pflichten übertragen wollte, war in Gänze unzutreffend, da der Kläger unstreitig keinerlei (Beratungs-)Gespräch mit dem Zeugen G geführt hat, sondern – ebenso unstreitig – lediglich mit der Beklagten.
210II.
211Der Pflichtenumfang der Beklagten aus dem Anlageberatungsvertrag bestimmt sich wie folgt:
2121.
213Für eine Bank als Anlageberaterin hat der Bundesgerichtshof die Pflichten aus dem Beratungsvertrag wie folgt konkretisiert: Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Jedenfalls muss die Bank als Anlageberaterin dem Anleger einen hinreichenden Überblick über die wirtschaftlichen Zusammenhänge geben, wenn der Anleger über diese Kenntnisse nicht verfügt (BGH NJW-RR 1993, 1114). Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Empfehlung und Bewertung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine auf Grund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zu alledem BGH a.a.O.; ferner BGH, Urteil vom 27.09.2011, Aktenzeichen XI ZR 178/10 m.w.N.).
2142.
215Nach diesen Grundsätzen musste die Beklagte den Kläger aufgrund seiner beruflichen Qualifikation zwar nicht über die grundsätzliche Funktionsweise einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – insbesondere nicht über das bestehende Totalverlustrisiko und das Haftungsrisiko als Gesellschafter – aufklären, auch wenn dieser noch nicht in einen geschlossenen Immobilienfonds investiert haben sollte. Diesbezüglich ist auch kein Raum für den klägerseits erhobenen Vorwurf, die Beklagte habe ihn nicht anlegergerecht beraten, weil sie ihm eine risikobehaftete Beteiligung empfohlen habe, obwohl sein Anlageziel die Sicherheit des angelegten Kapitals gewesen sei. Allerdings folgt aus der Tatsache, dass ein Anleger in Investitionsentscheidungen besonders erfahren ist, noch nicht, dass die beratende Bank keinerlei Aufklärungspflichten trifft. Insbesondere muss sie – wie dargestellt – über diejenigen Umstände aufklären, die erkennbar wesentliche Bedeutung für die Anlageentscheidung haben oder haben können und die der Anleger nicht kennt. Vorliegend war die Beklagte daher unter anderem aufklärungspflichtig über die Höhe der Weichkosten, die mit der Projektrealisierung verbunden waren, und die Gewinnbeteiligung der Beklagten hieran (hierzu nachfolgend Ziffer IV. 3.), über diejenigen Umstände, welche Einfluss auf die nachhaltige Erzielbarkeit der prospektierten Miete hatten (hierzu Ziffer IV. 5) sowie über die getroffene Vereinbarung über die Aufteilung von Baukostenersparnissen (hierzu Ziffer IV. 6.). Ob darüber hinaus weitere Aufklärungspflichten der Beklagten bestanden, beispielsweise darüber, dass sie durch Gewährung des Fremdkapitals Zinseinnahmen generiert hat oder über die Marge der von der Fondsgesellschaft beauftragten Generalübernehmerin (Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH), bzw. ob die Beklagte die Beteiligung wahrheitswidrig als „Familieninvestment“ bezeichnet hat, kann dahin stehen, da etwaige Pflichtverletzungen teils jedenfalls verjährt wären, teils aufgrund der nachfolgend dargestellten Haftung der Beklagten keiner weiteren Erörterung bedürfen (hierzu Ziffer IV. 1., 2. und 4.).
216III.
2171.
218Sowohl für den Anlagevermittler als auch den Anlageberater kann die rechtzeitige Aushändigung eines Prospektes als Mittel der Aufklärung des Anlageinteressenten genügen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln (BGH WM 2005, 833ff.; 2007, 1608f.). Eine feste Frist für die Rechtzeitigkeit der Prospektübergabe gibt es dabei nicht. In der Rechtsprechung wird aber eine Frist von zwei Wochen regelmäßig als ausreichend angesehen (vgl. BGH WM 2007, 1608). Von dem Anleger muss erwartet werden, dass er den ihm übergebenen Prospekt durchliest und sich mit seinem Inhalt vertraut macht (BGH NJW-RR 2007, 1041ff.). Der Umstand, dass ein Beteiligungsprospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend verdeutlicht, kann kein Freibrief für den Vermittler sein, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsfindung des Anlegers mindert, da die Pflichten des Anlageberaters ausgehöhlt würden, wenn dem Anleger eine Überprüfungspflicht hinsichtlich der zuvor erhaltenen Beratung aufgebürdet würde (BGH WM 2007, 1606ff.).
2192.
220Die Beweislast für das Unterbleiben einer ordnungsgemäßen Information – sei es mündlich oder durch Übergabe von Unterlagen – trifft nach allgemeinen Grundsätzen den Anleger (vgl. BGH WM 2006, 1288f. m.w.N.). Um die damit drohende Beweisnot erträglich und die Beweislastumkehr auch in den Fällen zumutbar zu machen, in denen – wie bei einer Beratung – eine Prüfung der Leistung auf ihre Ordnungsmäßigkeit typischerweise nicht möglich ist, § 363 BGB jedoch von einer Prüfungsmöglichkeit ausgeht, sind an die Substantiierungspflicht des Beraters allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Von ihm wird verlangt, dass er den Gang des Beratungsgespräches im Einzelnen schildert, insbesondere darlegt, welchen Rat er erteilt und wie der Mandant darauf reagiert hat (OLG Zweibrücken VersR 1997, 1152f. m.w.N.).
221IV.
222Die Beklagte hat die ihr nach den Ausführungen unter Ziffer II. obliegenden Beratungspflichten verletzt. Hierzu im Einzelnen:
2231. Bezeichnung der Beteiligung als „Eigen- bzw. Familieninvestment“
224Die Beklagte haftet allerdings nicht für eine etwaige wahrheitswidrige Bezeichnung der Fondsgesellschaft als „Eigen- bzw. Familieninvestment“ bzw. weil sie dem Kläger möglicherweise suggeriert hat, dass sie selbst und ihre persönlich haftenden Gesellschafter sich als Hauptinvestoren an der Fondsgesellschaft beteiligen wollten. Denn jedenfalls wären auf diese Pflichtverletzung gestützte Schadenersatzansprüche verjährt.
225a)
226Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus fehlerhafter Anlageberatung oder -vermittlung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB n. F. erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. Dabei steht grob fahrlässige Unkenntnis einer positiven Kenntnis gleich. Für die Frage, wann der Gläubiger die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners besitzt, kann auf die zu § 852 Abs. 1 BGB a. F. ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden (BGH WM 2008, 89; Münchener Kommentar zum BGB/Grothe, 5. Auflage 2012, § 199 Rn 24). Danach liegt die erforderliche Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten aufgrund der ihm bekannten Tatsachen die Erhebung einer Schadenersatzklage, sei es auch nur als Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenngleich auch nicht risikolos, möglich ist (BGH, NJW 2004, 510). Es ist indes weder notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können (BGH NJW 2001, 885, 886). Nicht erforderlich ist ferner, dass der Geschädigte – abgesehen von Ausnahmefällen – den Sachverhalt zutreffend rechtlich würdigt. Eine grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn die Unkenntnis auf einer besonders schweren Vernachlässigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt beruht. Dies ist zu bejahen, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufdrängen, er auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 71. Auflage 2012, § 199 Rn 36 ff. m.w.N.). In Fällen der Verletzung von Aufklärungspflichten sind diese Voraussetzungen erfüllt, wenn sich dem Gläubiger die anspruchsbegründenden Tatsachen förmlich aufdrängen und er leicht zugängliche InformationsPn und Erkenntnismöglichkeiten nicht nutzt oder einem sich aufdrängenden Verdacht nicht nachgeht. Dann gelten die maßgebenden Umstände in dem Augenblick als bekannt, in dem der Gläubiger auf die entsprechende Erkundigung hin die Kenntnis erhalten hätte (BGH VersR 1962, 86, 87). Grob fahrlässige Unkenntnis ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Gläubiger in Kenntnis eines drohenden, für möglich gehaltenen oder eingetretenen Schadens untätig bleibt, obwohl ihm die Beschaffung von Informationen über die zur Anspruchsverfolgung relevanten Tatsachen möglich und zumutbar ist (Palandt/Heinrichs, a.a.O.). Macht der Geschädigte das Verschweigen mehrerer voneinander abgrenzbarer offenbarungspflichtiger Umstände bzw. mehrere Beratungsfehler geltend, ist die Verjährung in Bezug auf jede Aufklärungspflichtverletzung in subjektiver Hinsicht gesondert zu bewerten (BGH Urteil vom 03.11.2007, Aktenzeichen V ZR 25/07, NJW 2008, 506). Für den Verjährungsbeginn kann aber nicht allein auf die Übergabe des Prospekts oder entsprechender Unterlagen zur Beteiligung abgestellt werden (BGH, Urteil vom 08.07.2010, Aktenzeichen III ZR 249/09). Insoweit gilt, dass nur, falls weitere Gesichtspunkte hinzukommen, Anlass bestehen kann, diese Unterlagen – zumindest auf die sich daraus ergebenden Zweifel hin – zu untersuchen.
227b)
228Nach seinem eigenen Vortrag erhielt der Kläger mit Schreiben vom 08.04.2002 (Anlage K 15) eine Ablichtung der Kreditzusage (Anlage K 14). Dieser waren die Anlagen 1 und 2 beigefügt, aus welcher sich nach der „Einleitung“ der Kreditzusage (Seite 1 der Anlage K 14) die Gesellschafter der Fondsgesellschaft entnehmen lassen sollten. Den Anlagen 1 und 2 wiederum ließ sich entnehmen, dass die GbR aus insgesamt 29 Gesellschaftern bestand; alle Gesellschafternamen außer demjenigen des Klägers (die von ihm vorgelegte Liste enthält anstatt dessen den Namen des Zeugen Dr. Q2; er selbst trägt aber vor, er habe eine Gesellschafterliste mit lediglich seinem Namen erhalten) waren geschwärzt. Diese Informationen legten nach Auffassung der Kammer ohne weiteres nahe, dass an der Fondsgesellschaft nicht lediglich die Beklagte und deren Gesellschafter beteiligt waren, sondern auch ein größerer Kreis weiterer Gesellschafter. Damit lag die Beteiligungsstruktur jedenfalls für den Kläger derart offen zu Tage, dass es ihm – eine wahrheitswidrige Anpreisung der Beteiligung als „Eigen-„ oder „Familieninvestment“ unterstellt – bereits im Jahr 2002 oblegen hätte, insoweit weitere Nachforschungen zu der nunmehr von ihm behaupteten Pflichtverletzung zu tätigen – auch zur Höhe der Beteiligung der Beklagten bzw. ihrer Gesellschafter, insbesondere ihrer Stellung als „Hauptinvestoren“ – und gegebenenfalls daraufhin die Beklagte in Anspruch zu nehmen. Da der Kläger hingegen in Kenntnis der Anlage K 14 untätig geblieben ist, hat er sich dem von ihm behaupteten Beratungsfehler bereits im Jahr 2002 grob fahrlässig verschlossen, so dass hierauf gestützte Ansprüche mit Ablauf des 31.12.2005 verjährt sind.
2292. Aufklärung darüber, dass die Beklagte durch Gewährung des Fremdkapitals Zinsen generierte
230Das unter Ziffer 1. Dargestellte gilt entsprechend hinsichtlich des Vorwurfs, die Beklagte habe den Kläger nicht darüber aufgeklärt, dass sie durch die Gewährung des Fremdkapitals an die Fondsgesellschaft Darlehenszinseinnahmen generiert habe. Der Kläger hat selbst eingeräumt, eine Ablichtung der Darlehenszusage mit Schreiben vom 08.04.2002 erhalten zu haben.
2313. Höhe der Weichkosten/Emissionskosten/gesellschaftsrechtliche Verflechtungen
232Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche lassen sich nicht darauf stützen, dass er von der Beklagten nicht über die Höhe der im Investitionsplan (§ 3 des Gesellschaftsvertrages vom 21.09.2001, Anlage K 8) ausgewiesenen Weichkosten (Konzeption, Projektentwicklung, Eigenkapitalbeschaffung, Generalübernehmer, Projektsteuerung/Bauüberwachung, Geschäftsbesorgung/Mittelverwendung, Geschäftsführung, Mietervermittlung, Vermittlung Zwischenfinanzierung, Vermittlung Endfinanzierung) bzw. die Beteiligung der Beklagten an den hieraus resultierenden Einnahmen aufgeklärt wurde.
233a)
234Die Behauptung des Klägers, er sei von der Beklagten nicht über die vorgenannten Kostenpositionen und ihre Beteiligung hieran aufgeklärt worden, hat letztgenannte substantiiert bestritten, indem sie im Einzelnen behauptete, die Zeugen I2 und F hätten die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen der Beklagten und den diversen F1-G1-Gesellschaften ausführlich – auch unter Zuhilfenahme eines Organigramms – erläutert. Der Zeuge F habe den Kläger mündlich über die gesamte Kostenstruktur aufgeklärt; der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 hätten keine Ruhe gegeben, bevor ihnen nicht die gesamte Kostenstruktur erläutert worden sei.
235b)
236Diesen Vortrag hat der Kläger nicht widerlegen können, auch nicht mittels der durchgeführten Beweisaufnahme.
237aa)
238Hinsichtlich des erforderlichen Beweismaßes gilt dabei Folgendes: Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob es eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr erachtet. Weniger als die Überzeugung von der Wahrheit genügt danach für das Bewiesensein nicht: ein bloßes Glauben, Wähnen, Fürwahrscheinlichhalten berechtigt den Richter nicht zur Bejahung des streitigen Tatbestandsmerkmals; umgekehrt kann er nicht verpflichtet sein, entgegen seiner Überzeugung von einem objektiv wahrscheinlichen Sachverhalt auszugehen (Zöller/Greger, Kommentar zur ZPO, 30. Auflage 2014, § 286 Rn 18). Mehr als die subjektive Überzeugung wird aber nicht gefordert. Absolute Gewissheit zu verlangen, hieße die Grenze menschlicher Erkenntnisfähigkeit zu ignorieren. Der Richter muss sich vielmehr mit einer persönlichen Gewissheit begnügen, welche den Zweifeln Einhalt gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH NJW 1993, 935).
239bb)
240Nach der durchgeführten Beweisaufnahme hält die Kammer den vom Kläger zu erbringenden Beweis nicht mit der nach den vorgenannten Grundsätzen erforderlichen Gewissheit für geführt.
241aaa)
242Der Zeuge I2 bekundete hierzu zwar, dass die Details der Beteiligung, insbesondere die Kostenstruktur, im ersten, von ihm mit dem Kläger und dem Zeugen Dr. Q2 geführten Gespräch gar nicht angegangen worden seien, weil diese die Beteiligung unter Verweis auf die Vermietung an den L-Konzern abgelehnt hätten. Dementsprechend sei auch nicht darüber gesprochen worden, wer von einzelnen Kostenpositionen profitieren sollte. Dass die Beklagte über Tochtergesellschaften letztlich an einigen Positionen mitverdient habe, habe er erst später der Presse entnommen. Der Investorenordner habe ihm seinerzeit nicht vorgelegen (Protokoll vom 15.05.2012, Seite 3). Im zweiten, zur Beteiligung geführten Gespräch sei die wirtschaftliche Situation des Warenhaushandels in Deutschland, insbesondere diejenige des L-Konzerns, zwischen dem Kläger und Dr. Q2 einerseits und dem Zeugen F andererseits kontrovers diskutiert worden, wobei sich letztgenannter von der „wirtschaftlichen Tragfähigkeit“ Ls überzeugt gezeigt habe. Einzelne Kostenpositionen habe der Zeuge F in diesem Gespräch aber nicht angesprochen, wobei der Gesellschaftsvertrag oder Auszüge hiervon nach Erinnerung des Zeugen I2 nicht vorgelegen hätten. Über gesellschaftsrechtliche Verflechtungen sei ebenfalls nicht gesprochen worden; nach Erachten des Zeugen I2 hätten sich der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 nicht an der Beteiligung beteiligt, wenn ihnen die Kostenstruktur bekannt gewesen wäre, seien sie doch seinerzeit sehr „kostensensitiv“ gewesen (Protokoll vom 15.05.2012, Seite 4 ff.). Insgesamt könne sich der Zeuge I2 daran erinnern, dass das erste Beratungsgespräch etwa 30 bis 40 Minuten, das zweite „vielleicht“ eine Stunde gedauert habe. Auf steuerwirksame Verlustzuweisungen sei es dem Kläger und dem Zeugen Dr. Q2 dabei „ersichtlich“ nicht angekommen; dieses Thema habe sie „nicht wirklich interessiert“ (Protokoll vom 15.05.2012, Seite 7). Diese Aussagen bekräftigte der Zeuge I2 im Rahmen seiner erneuten Vernehmung vom 16.04.2013, auch unter Vorhalt des Protokolls der Vernehmung des Zeugen F. Er bekundete ferner, ausschließen zu können, dass er die Anlagen B 99 und B 100 (die der Zeuge F nach dessen Aussage verwendet und erläutert habe) „bei den Beratungen gesehen habe“. Die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen seien dem Zeugen I2 seinerzeit nicht bekannt gewesen (Protokoll vom 16.04.2013, Seite 9 ff.).
243bbb)
244Der Zeuge Dr. Q2 bekundete zum ersten Gespräch mit dem Zeugen I2 ebenfalls, dass die „Sache eigentlich für [ihn und den Kläger] schon erledigt“ war, als die streitgegenständliche Beteiligung vorgestellt worden sei, da insbesondere der Kläger nicht an die Zukunft von L sowie des Warenhaussektors geglaubt habe. Der Zeuge I2 habe gleichwohl die gegenüber Staatsanleihen höhere prognostizierte Rendite hervorgehoben und gemeint, dass die Beteiligung von der Sicherheit her mit solchen Anleihen vergleichbar sei, wobei die Rendite für ihn – den Zeugen Dr. Q2 – und den Kläger nicht primäres Anlageziel gewesen sei. Das Gespräch habe – wie alle Gespräche zu dieser Zeit – eine ¾ bis 1 ¼ Stunde gedauert (Protokoll vom 18.09.2012, Seite 3). Auch der Zeuge F sei anlässlich des nachfolgenden Gesprächs lediglich auf die Angaben im Exposé zur Beteiligung (Anlage K 5) eingegangen, in welchem die wesentlichen wirtschaftlichen Rahmendaten ausgewiesen gewesen seien. Hinsichtlich des im Exposé genannten Gesamtaufwandes habe der Zeuge F erläutert, dass es Aufgabe des Zeugen G sei, für die Einhaltung der Kosten zu sorgen, wobei in diesem Zusammenhang eine voraussichtliche Kostenunterschreitung von 3 bis 5 % erörtert worden sei (Protokoll vom 18.09.2012, Seite 4). Steuerliche Effekte seien für den Zeugen Dr. Q2 allenfalls ein angenehmer Nebeneffekt gewesen. Über gesellschaftsrechtliche Strukturen und Verflechtungen sei bei den Beratungsgesprächen ebenfalls nicht gesprochen worden. Über die Vorstellung des Zeugen G als den „zentralen Mann für die Durchführung der Fondsanlage“ hinaus hätten den Kläger und den Zeugen Dr. Q2 weitere Details zu gesellschaftsrechtlichen Strukturen im Vertrauen auf das Renommee der Beklagten nicht interessiert. Bei dem Beratungsgespräch habe weder der Gesellschaftsvertrag noch der Investitionsplan vorgelegen. Aus Sicht des Zeugen seien im Exposé unter Ziffer III. die Kostenpositionen abschließend aufgeführt gewesen, wenngleich eine nähere Aufschlüsselung des Gesamtaufwandes nicht erfolgt sei (Protokoll vom 18.09.2012, Seite 9). Auch der Zeuge Dr. Q2 bestätigte seine Angaben in der ergänzenden Vernehmung vom 16.04.2013 und bekundete, die Anlage B 100 sei inhaltlich nicht erörtert worden.
245ccc)
246Dem gegenüber steht die Aussage des Zeugen F. Dieser bekundete, dass es als Grundlage für die von ihm getätigten Äußerungen, die nach seiner Erinnerung in zwei Gesprächen erfolgten, wichtig gewesen sei, dass die Fondsgesellschaft strukturell gleich aufgebaut war wie die A IV GbR, was auch die beteiligten Partner betroffen habe. Im Einzelnen sei sowohl in den zur A IV GbR geführten als auch in den streitgegenständlichen Gesprächen dargelegt worden, welche Unternehmen die Leistungen im Rahmen der Durchführung des Fondsprojekt erbrachten und dass es sich hierbei jeweils um Tochtergesellschaften der F1-G1 Holding gehandelt habe. Der Kläger habe es als Vorteil gesehen, dass alle Leistungen im Rahmen der Durchführung des Fondsprojekts letztlich „aus einer Hand“ erfolgten (Protokoll vom 18.09.2012, Seite 15). In Bezug auf den im Exposé lediglich mit einer Gesamtsumme genannten Gesamtaufwand habe der Zeuge F ergänzend den Investitionsplan aus dem von ihm ebenfalls zum Gespräch mitgebrachten GbR-Vertrag zu Rate gezogen und sei die „wesentlichsten“ Positionen mit dem Kläger und dem Zeugen Dr. Q2 durchgegangen. Bei diesen Aussagen blieb der Zeuge auch unter Vorhalt der Aussagen der Zeugen I2 und Dr. Q2 (Protokoll vom 18.09.2012, Seite 17 f.). Dass dem Zeugen I2 – zumal als leitendem Mitarbeiter der Beklagten – die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen, wie sie sich aus der Anlage B 58 ergäben, nicht bekannt gewesen seien, sei unmöglich. Die auf Seite 3 des Exposés (Anlage K 5) angebrachten handschriftlichen Berechnungen könne sich der Zeuge so erklärten, dass von dem Eigenkapital (der Fondsgesellschafter) in Höhe von 82 Mio. DM ausgegangen und sodann rund 50 % des steuerlichen Anfangsverlustes abgezogen worden sei, so dass man ein effektives Eigenkapital in Höhe von 62 Mio. DM erreicht habe. Wenn in den Berechnungen ein weiterer Betrag von 10 Mio. DM in Abzug gebracht werde, handele es sich ersichtlich um einen Nettobetrag, welcher wiederum sofort abzugsfähige Werbungskosten in Höhe von 20 Mio. DM vorausgesetzt habe. Woher diese Werbungskosten resultierten, müsse zwangsläufig erläutert worden sein; namentlich ergaben sich diese Kosten aus den Positionen des Investitionsplans aus dem Gesellschaftsvertrag (Protokoll vom 18.09.2002, Seite 21). Der Zeuge F bekundete ferner, zu den seinerzeitigen Gesprächen die Anlagen B 99 und B 100 verwendet zu haben.
247Im Ergebnis bekundete der Zeuge F damit insbesondere, dass er dem Kläger die in Streit stehenden gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen offen gelegt hat und der Investitionsplan gemäß § 3 des Gesellschaftsvertrages Gegenstand der gemeinsamen Erörterungen war, der Kläger also die im Beweisbeschluss genannten Kostenpositionen kannte.
248ddd)
249Die Kammer vermag den Aussagen der Zeugen I2 und Dr. Q2 keinen höheren Beweiswert beizumessen als derjenigen des Zeugen F, jedenfalls keinen solchen, welcher nach den bereits dargestellten Grundsätzen „den Zweifeln Einhalt gebietet“. Die Kammer hält es für möglich, dass der Kläger über die streitgegenständlichen Punkte nicht aufgeklärt wurde; für eine ausreichende Überzeugungsbildung genügen die Aussagen der Zeugen I2 und Dr. Q2 im Lichte der Aussage des Zeugen F jedoch nicht.
250Denn letztgenannte ist zumindest in gleicher Weise in sich logisch, stringent und widerspruchsfrei wie die Aussagen der klägerseits benannten Zeugen.
251Soweit der Kläger die Aussage des Zeugen F unter anderem mit dem Argument in Zweifel zieht, dass er – der Kläger, wie alle Zeugen im Übrigen übereinstimmend bestätigen – im ersten Gespräch die Beteiligung zunächst abgelehnt hat (der Kläger stellt insoweit die Frage, warum er von einer ablehnenden Haltung abrücken sollte, wenn er doch zusätzlich noch über erhebliche Risiken der Beteiligung informiert worden sei), so mag dies ein Indiz für den Klägervortrag sein, welches aber nach Auffassung der Kammer nicht genügt, den Beweiswert der Aussage des Zeugen F in einem ausreichenden Maße zu entkräften. Darüber hinaus ist an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass der Kläger unstreitig handschriftliche Anmerkungen auf dem ihm überlassenen Exposé gefertigt hatte, die zumindest nahelegen, dass auch die steuerliche Seite der Beteiligung beleuchtet bzw. sogar eine „Rendite 7,6 % nach St.“ (also nach Steuer) ermittelt wurde. Dies bedeutet zwar nicht zwingend, dass der Kläger die Beteiligung in Kenntnis der Kostenstruktur gezeichnet hat, stellt aber zumindest ein Indiz hierfür dar. Im Übrigen konnte der Zeuge F – insoweit nachvollziehbar – herleiten, dass angesichts der Nennung des „Effek. EK 62“ (des effektiven Eigenkapitals in Höhe von 62 Mio. DM) und eines weiteren genannten Nettobetrags von 10 Mio. DM (Seite 3 des Exposés) auch über die Herkunft der zugrunde liegenden Beträge gesprochen worden sein müsse. Hinzu kommt, dass der Zeuge I2 bekundete, der Kläger und der Zeuge Dr. Q2 seien sehr „kostensensitiv“ gewesen; vor diesem Hintergrund erscheint es schwer nachvollziehbar, dass sie sich mit einer Angabe des Gesamtaufwandes ohne nähere Aufschlüsselung zufrieden gegeben haben sollen, wenngleich der Zeuge Dr. Q2 dies unter Verweis auf das Renommee der Beklagten relativierte. Auch soweit der Kläger in den Schriftsätzen vom 16.09.2013 und 11.02.2014 die Aussage des Zeugen F in Zweifel zieht, benennt er hierzu (lediglich) Indizien, die aber nicht geeignet sind, ihren Beweiswert zugunsten der Aussagen der Zeugen I2 und Dr. Q2 in ausreichendem Maße zu entkräften.
252Zweifel an der Aussage des Zeugen I2 ergeben sich für die Kammer zudem daraus, dass er einerseits betonte, den Gesellschaftsvertrag (und damit die in ihm enthaltenen Kostenpositionen) ebenso wenig gekannt zu haben (Protokoll vom 15.05.2012, Seite 5) wie den Umstand, dass die Beklagte über Tochtergesellschaften an einigen dieser Positionen mitverdient habe (Protokoll vom 15.05.2012, Seite 3), andererseits aber angab, Anlagevorschläge immer intensiv vorbereitet zu haben (Protokoll vom 15.05.2012, Seite 6). Dies steht nach Auffassung der Kammer in erheblichem Widerspruch zueinander: Einerseits sei der Zeuge nach eigener Aussage immer intensiv vorbereitet gewesen, andererseits will er im vorliegenden Fall über die wesentlichen Kostenpositionen im Unklaren gewesen sein.
253Die Kammer verkennt nicht, dass der Zeuge F ein eigenes – wenngleich mittelbares – Interesse am Ausgang des Prozesses hat; dem Vortrag des Klägers, dass die ehemaligen Gesellschafter der Beklagten anlässlich deren Übernahme durch den E-Bank-Konzern eine Rahmenvereinbarung geschlossen haben, wonach sich der Kaufpreis in Höhe von 1,261 Mrd. € per Saldo um bis zu 476 Mio. € erhöhe, wenn sich „Rechts- oder Kreditrisiken“ nicht verwirklichten, ist die Beklagte nicht erheblich entgegengetreten. Allerdings verkennt die Kammer auch nicht, dass der Zeuge Dr. Q2 gleichfalls ein mittelbares Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, da er vor dem Landgericht Frankfurt (Aktenzeichen 2-21 O 615/10) ebenfalls Klage gegen die Beklagte erhoben hat, gestützt auf die im vorliegenden Verfahren behaupteten Beratungsfehler. Dieses Verfahren war im Zeitpunkt der Beweisaufnahme noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
254c)
255Da der Kläger bereits nicht widerlegen konnte, von der Beklagten mündlich über die im Beweisbeschluss genannten Umstände aufgeklärt worden zu sein, kann dahin stehen, ob er den Investorenordner einschließlich des Gesellschaftsvertrages erhalten hat und ob dieser zur Aufklärung über die Kosten und gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen ausreichend war, ob die Aufklärung durch den Notarvertreter Dr. M3 anlässlich des Zeichnungstermins vom 20.11.2011 erfolgte bzw. „nachgeholt wurde“ und ob die geltend gemachten Ansprüche, soweit auf die unterlassene Aufklärung über Kostenstruktur und gesellschaftsrechtliche Verflechtungen gestützt, verjährt sind.
2564. Verharmlosung der eingeschränkten Fungibilität durch Rücknahmezusage, Generalübernehmermarge, Rückkaufoption Ls zum Buchwert, disquotale Verteilung von Verwertungserlösen (Sicherheiten), fehlerhaft angegebene Steuerersparnisse
257Keiner Entscheidung bzw. Sachverhaltsaufklärung bedarf es, soweit der Kläger behauptet, die Beklagte habe eine Rücknahmezusage erteilt (hierzu lit. A) und hiermit eine Fungibilität der Beteiligung suggeriert, welche – die Rechtsauffassung der Beklagten als zutreffend unterstellt – tatsächlich nicht gegeben sei, da die Beklagte aus den unter Ziffer 5. und 6. dargestellten Gründen haftet. Entsprechendes gilt für die Auffassung des Klägers, die Beklagte habe über die Marge der Generalübernehmerin (Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH), eine Rückkaufoption des Fondsgrundstücks für den L-Konzern zum Buchwert und die Möglichkeit der Sparkasse A1, die zur Finanzierung des Fremdkapitalanteils der Anleger hereingenommenen Sicherheiten (beispielsweise die Abtretung der Mieteinnahmen) disquotal zu verrechnen, aufklären müssen sowie die mit der Beteiligung erzielbaren Steuerersparnisse fehlerhaft prospektiert.
2585. Verdeckte Zuwendungen an den L-Konzern
259Die Beklagte hat ihre Beratungspflichten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Anlageberatungsvertrag verletzt, indem sie den Kläger nicht über Zahlungen an den L-Konzern in Höhe von mindestens 31,6 Mio. DM im Zusammenhang mit der Realisierung des streitgegenständlichen Fondsprojekts aufklärte. Im Einzelnen:
260a)
261Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die G Fonds-Projekt GmbH und die LP AG am 04.12.2001 einen „Vertrag über die Verschaffung eines Mietvertrages über die Anmietung von Flächen für Handel, Gastronomie und Dienstleistungen in X nebst Einstandsvertrag“ (Anlage B 74) schlossen, ausweislich dessen letztgenannte für die Verschaffung eines Mietvertrages 8 Mio. DM und für die Übernahme der Einstandspflicht für die Erfüllung der Verpflichtungen des Mieters aus dem Mietvertrag 10 Mio. DM erhalten sollte. Weiter schlossen die G Fonds-Projekt GmbH und die L Immobilien AG & Co. KG am selben Tag einen „Vertrag über die Planungs- und Projektentwicklungs- und sonstige Leistungen betreffend das Bauvorhaben Stadtpalais X“ (Anlage B 75). Ausweislich dessen § 3 sollte die L Immobilien AG & Co. KG für die im Vertrag näher bezeichneten Tätigkeiten eine Vergütung von 13,6 Mio. DM erhalten. Insgesamt sollte der L-Konzern damit für Leistungen im Zusammenhang mit der Realisierung des Fondsprojekts Zahlungen in Höhe von 31,6 Mio. DM erhalten, was einem Anteil von 38,7 % des Eigenkapitals der Fondsgesellschafter bzw. 15,4 % des Gesamtaufwandes entspricht.
262Ebenso unstreitig sah die Langzeit-Prognoserechnung für die Vermietungsphase 2005 bis 2034 (Unterteiler 7 des Investorenordners, Anlage B 30) eine Vermietung über einen Zeitraum von 30 Jahren, beginnend mit einem Mietzins von 10,75 Mio. DM, gesteigert um eine Mietanpassung ab einer Änderung des im Mietvertrag zum Vertragsbestandteil erhobenen Verbraucherpreisindizés um jeweils 10 % bei einer angenommenen Inflationsrate von 3 % p.a. vor. Eine solche Mietanpassung, angelehnt an den Verbraucherpreisindex, hatten die Fondsgesellschaft und die L Vermietungsgesellschaft mbH unter § 4 Ziffer 3. des Mietvertrages vom 06.10./07.10.2004 (Anlage B 67) vereinbart. In § 3 Ziffer 4. vereinbarten die Parteien des Mietvertrages eine feste Mietdauer von 20 Jahren. Der Mieterin wurde in § 3 Ziffer 5. das Recht eingeräumt, vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit von der Fondsgesellschaft die Aufnahme von Verhandlungen über eine Verlängerung des Mietverhältnisses zu verlangen.
263b)
264Vor diesem Hintergrund bestand nach Auffassung der Kammer nach der bereits zitierten Rechtsprechung, wonach der Anlageberater zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet ist, die für den Anlageentschluss des Interessenten von Bedeutung sind (hierzu Ziffer II. 1. b)), eine Pflicht der Beklagten, den Kläger über die Zahlungen an den L-Konzern aufzuklären.
265aa)
266Aus der Kenntnis des Umstandes, dass der L-Konzern als Mieter des Fondsobjekts Zahlungen in Höhe von mindestens 31,6 Mio. DM erhalten hat (nach der Auffassung des Klägers sind noch Zahlungen aus einem Nachtrag zum Projektentwicklungsvertrag vom 04.12.2001 in Höhe von 5,5 Mio. € und ein Inventarkostenzuschuss in Höhe von 8,025 Mio. € hinzuzurechnen), kann ein durchschnittlicher Anleger – erst recht ein solcher mit dem wirtschaftlichen Sachverstand des Klägers – vor seinem Beitritt Rückschlüsse darauf ziehen, ob die vertragliche Miete Ergebnis von Verhandlungen bzw. Angebot und Nachfrage ist oder der Mieter die Erträge in seine Kalkulation einpreist und daher gegebenenfalls eine höhere Miete zu zahlen bereit ist als ohne diese Zuwendungen. Insbesondere lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, ob der Mieter nach Ende der Vertragslaufzeit, vorliegend nach 20 Jahren, bereit ist, einen Anschlussmietvertrag zu denselben Konditionen, insbesondere im Hinblick auf die (nach dem Fondskonzept um den Verbraucherpreisindex gesteigerte) Mietzinshöhe, abzuschließen; hätte der L-Konzern bis zum Jahre 2025, dem Ablauf der vereinbarten Mietzeit, eine Miete (auch) im Lichte der von ihm erhaltenen Zahlungen gezahlt, hätte im Anschluss zumindest die – nach Auffassung der Kammer nicht nur theoretische – Gefahr bestanden, dass er sich bei den „Nachverhandlungen“ einen geringeren Mietzins für den Zeitraum 2025 bis 2034 ausbedingt. Dies gilt erst recht, wenn man sich mit der Beklagten auf den Standpunkt stellt, dass es sich bei der Fondsimmobilie um eine solche handelt, „die sich – im Hinblick auf ihre Lage, ihre Größe, die Vorverwendung, die speziell auf die vorgesehene Verwendung durch die L P AG (bzw. einer Konzerngesellschaft) ausgerichteten, grundlegenden Umbauarbeiten sowie schließlich wegen des vor und nach dem Umbau präsentierten Warenangebots – nicht oder kaum für die Nutzung durch einen anderen als den – von Beginn an- vorgesehenen Mieter – eine Tochtergesellschaft der L P AG – eignete“ (OLG Köln, Urteil vom 30.04.2014, Aktenzeichen 13 U 252/12); denn aus diesem Grund wäre der Fondsgesellschaft bei den im Jahre 2025 erforderlichen „Nachverhandlungen“ nur der Abschluss eines Anschlussmietvertrages mit einer Gesellschaft der L P AG möglich gewesen, es hätte also mangels alternativem (Miet-)Vertragspartner für die Fondsgesellschaft kein Wettbewerb auf der Nachfrageseite erfolgen können, was – wie allgemein bekannt ist – zumindest die Gefahr einer nachteiligen Preisgestaltung zu Lasten der Angebotsseite begründet. Nach dem Fondskonzept war aber eine 30jährige Vermietung zu den „Ausgangsbedingungen“ (gesteigert um den Verbraucherpreisindex) erforderlich, um die prospektierte Rendite zu gewährleisten. Erst in Kenntnis der – erheblichen – Zahlungen an den L-Konzern war den Anlegern eine eigene Beurteilung möglich, ob eine solche Anschlussvermietung wahrscheinlich und das Fondskonzept damit plausibel ist. Die vom Anlageberater zu erteilenden Auskünfte müssen dem Anleger – wie dargestellt – eine eigene Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Beteiligung im Zeitpunkt seines Beitritts ermöglichen. Diese Beurteilung war dem Kläger aufgrund der ihm gegenüber nicht offen gelegten Zahlungen an den L-Konzern nicht möglich, was einen Beratungsfehler der Beklagten darstellt.
267bb)
268Hinzu kommt, dass die G Fonds-Projekt GmbH die vertragliche Miete „retrograd“ ermittelt, also die Miete alleine an den Investitionskosten und der prospektierten Rendite orientiert hat, was von Beklagtenseite nicht erheblich bestritten wurde und was sich nicht nur aus den Anlagen K 79 (Entwurf Ergebnisprotokoll des L-Vorstands) und K 128 (Berechnung der G Vermögensverwaltungsgesellschaf mbH vom 30.08.2001) ergibt, sondern letztlich vom Zeugen G anlässlich seiner Einlassung im Strafprozess vor dem Landgericht Köln, Aktenzeichen 116 KLs 2/12 (Blatt 1384 der Akte), bestätigt wurde. Zwar mag es zutreffen, dass der hiernach geforderte Mietpreis für den L-Konzern wirtschaftlich offensichtlich günstiger als eine Eigeninvestition gewesen ist und seine Gremien ihn für angemessen befanden. Allerdings steht dies der Aufklärungspflicht über die Zahlungen der G Fonds-Projekt GmbH nicht entgegen, denn nur in Kenntnis dieser Zahlungen konnte ein durchschnittlicher Anleger, erst recht der Kläger, wie dargestellt Rückschlüsse darauf ziehen, ob der Mieter den Mietzins lediglich (oder gerade) deshalb für angemessen oder wirtschaftlich günstiger als eine Eigeninvestition hält, weil er zugleich Zuwendungen erhält. Dass der L-Konzern offensichtlich zumindest eine Konnexität zwischen „entsprechend hohen Nettomieten“, resultierend aus zusätzlichen „weichen Kosten von bis zu 15 Mio. € Barwert“, und einer Ertragserwartung aus „Vermittlungsaufträgen für Mieter“ von mindestens 50 Mio. €, sah, lässt sich der „Internen Notiz“ des Zeugen O (Anlage K 197) entnehmen, welche an die Zeugen V, Q3 und T6 versandt wurde und einen Eingangsstempel vom 26.09.2001 trägt.
269cc)
270Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob die Anschlussvermietung zu den „erforderlichen“ Konditionen aufgrund des Bonitäts- bzw. Insolvenzrisikos des L-Konzerns gefährdet war. Denn Anknüpfungspunkt der vorstehend aufgezeigten Aufklärungspflichtverletzung ist nicht das Risiko, ob der L-Konzern (nach Ablauf des Mietvertrages) den bisherigen Mietzins nicht weiterzahlen kann, sondern ob er den bisherigen Mietzins weiterzahlen will.
271dd)
272Eine Aufklärungspflicht entfällt auch nicht deshalb, weil eine (allgemeine) Erwartung des Klägers, dass die mit dem L-Konzern für das Fondsobjekt vereinbarte Miete auch nach Ablauf des Mietvertrages (nach 20 Jahren) oder nach einem etwaigen Mieterwechsel Bestand haben wird, nicht geschützt wird (vgl. hierzu OLG Köln a.a.O.). Auch dies ist nicht Anknüpfungspunkt der aufgezeigten Aufklärungspflicht. Aufklärungsbedürftig waren die an den L-Konzern geleisteten Zahlungen nämlich deshalb, weil diese – ex ante betrachtet – für die Plausibilität des Fondskonzepts ein zusätzliches Risiko zu demjenigen der allgemeinen Marktentwicklung darstellten, welches dem Kläger nicht bekannt war und er deshalb bei seiner Beurteilung der Beteiligung nicht zugrunde legen konnte.
273ee)
274Ob und gegebenenfalls welche Gegenleistungen des L-Konzerns den Zahlungsverpflichtungen der G Fonds-Projekt GmbH gegenüber standen, ist nicht von Bedeutung. Denn selbst bei erbrachten Gegenleistungen bestehen die bereits dargestellten Risiken für die Plausibilität des Fondskonzepts. Jedenfalls der Umstand, dass die LP AG für die Vermittlung eines Mietvertrages an ein Tochterunternehmen, die D Vermietungsgesellschaft mbH (vgl. § 1 des Vertrages über die Verschaffung eines Mietvertrages, Anlage B 75), und für die Übernahme einer Mietgarantie für diese (§ 2) eine Vergütung in Höhe von insgesamt 18 Mio. DM erhalten hat, ließe nach den dargestellten Grundsätzen Rückschlüsse auf die Plausibilität des Fondskonzepts zu. Soweit die Beklagte einwendet, der Einfluss auf die vereinbarte Miete hätte unter dieser Prämisse und bei Unterstellung eines Ertrages in Höhe von 20 Mio. DM für den L-Konzerns gerade einmal 8 % betragen können, ist dem entgegenzuhalten, dass ein solcher Einfluss nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht unerheblich ist.
275ff)
276Die Aufklärungspflicht entfällt schließlich nicht deshalb, weil – wie die Beklagte meint – die Verträge über die Projektentwicklung und die Mietervermittlung erst zum 04.12.2001 und damit nach Zeichnung der Beteiligung durch den Kläger notariell beurkundet wurden oder weil die Vereinbarung vom 30.08.2001 (Anlage K 106) „nicht die Anforderungen an einen von einer börsennotierten Gesellschaft geschlossenen Vertrag in Millionenhöhe“ erfülle. Es überzeugt auch nicht, wenn die Beklagte meint, „naturgemäß“ habe über eine bei Beitritt des Klägers noch nicht formwirksame Regelung nicht aufgeklärt werden können. Denn für den Anleger maßgeblich ist die Information, ob eine solche Regelung von den Beteiligten beabsichtigt ist, was sich zumindest aus der Vereinbarung vom 30.08.2001 entnehmen lässt; bei lebensnaher Betrachtung ist ohnehin davon auszugehen, dass im Zeitpunkt des Beitritts des Klägers feststand, dass es – zwei Wochen später – zum Abschluss der notariellen Verträge vom 04.12.2001 kommen werde, deren Vertragstexte im Übrigen bereits am 27.11.2001 erstellt wurden. Hieran ändert es nichts, dass die an der Vereinbarung Beteiligten am 12.11.2001 eine Nachfolgevereinbarung getroffen haben (Anlage B 85), denn zum einen wich diese nicht erheblich von der Vereinbarung vom 30.08.2001 ab und zum anderen wurden hinsichtlich der Verträge vom 04.12.2001 letztlich exakt die in dieser Vereinbarung festgehaltenen Zahlungen (31,6 Mio. DM) umgesetzt; dass zwischen dem 30.08.2001 und 04.12.2001 einer der Beteiligten den Willen zur Umsetzung der Vereinbarung aufgegeben hat, ist weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.
277gg)
278Aus den dargestellten Gründen bedarf es keiner Sachverhaltsaufklärung, ob die vertragliche Miete ortsüblich und angemessen bzw. marktgerecht war.
279hh)
280Da der Anlagevermittler ebenfalls zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind, verpflichtet ist (BGH NJW-RR 1993, 1114ff; BGH NJW 1982, 1095f.), und zu diesen Umständen auch die Zahlungen der G Fonds-Projekt GmbH gehören, träfe die Beklagte eine Pflichtverletzung selbst dann, wenn man mit ihr das Bestehen eines Anlagevermittlungsvertrages zwischen den Parteien annähme.
281c)
282Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zu vertreten.
283aa)
284Nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die anlageberatende Bank bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat (OLG Köln, Urteil vom 16.03.2011, Aktenzeichen 13 U 4/10).
285bb)
286Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die sie exkulpieren könnten. Insbesondere kann sie sich nicht darauf berufen, im Zeitpunkt des Beitritts des Klägers seien die Verträge vom 04.12.2001 noch nicht beurkundet und damit nicht rechtswirksam gewesen; denn maßgeblich war für den Kläger, dass die hier in Streit stehenden Vereinbarungen beabsichtigt waren (hierzu lit. b) bb)). Die Kenntnis der Vereinbarung vom 30.08.2001 in Person ihres damaligen Gesellschafters C, dokumentiert durch dessen Unterschrift, hat die Beklagte nicht bestritten. Die Behauptung der Beklagten, sie habe keine Kenntnis von der Nachfolgevereinbarung (Stand 12.11.2001) gehabt, hält die Kammer aufgrund der Verflechtungen zwischen ihr und den „G-Gesellschaften“ zum einen für unplausibel, zumal der Zeuge F ausweislich des Handelsregisters (Anlage K 36) neben dem Zeugen G Geschäftsführer der G Fonds-Projekt GmbH war. Zum anderen ist die Behauptung schon deshalb unerheblich, weil die Beklagte jedenfalls Kenntnis von der Vorgängervereinbarung hatte, die – wie aufgezeigt – letztlich in den Verträgen vom 04.12.2001 umgesetzt wurde.
287d)
288Die Pflichtverletzung war kausal für die Anlageentscheidung des Klägers.
289aa)
290Derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese Beweislastumkehr greift bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein. Es kommt bei Kapitalanlagefällen nicht darauf an, ob ein Kapitalanleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte, er sich also nicht in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte. Das Abstellen auf das Fehlen eines Entscheidungskonflikts ist mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht zu vereinbaren (BGH, Urteil vom 08.05.2012, Aktenzeichen XI ZR 262/10, dortige Leitsätze 1. und 2.).
291bb)
292Diese tatsächliche Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hat die Beklagte nicht widerlegt. Sie hat hierzu weder substantiierten Vortrag geleistet noch tauglichen Beweis angeboten.
293aaa)
294Der Verweis auf das Festhalten des Klägers an seiner Beteiligung an der A IV GbR ist – unabhängig des unbestrittenen gebliebenen Vortrages, er habe diese Beteiligung angegriffen, indem er den Verkaufsprozess der Fondsimmobilie gemeinsam mit anderen Gesellschaftern erzwungen habe – bereits von vornherein nicht geeignet, die Kausalitätsvermutung zu widerlegen. Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich zwar sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. Sollte ein Anleger in Bezug auf eine vergleichbare Kapitalanlage, die er vor oder nach der streitgegenständlichen erworben hat, erst nach dem Erwerb der jeweiligen Beteiligung Kenntnis von einem Beratungsfehler erhalten, so kann sich ein Indiz für die fehlende Kausalität des Beratungsfehlers auch daraus ergeben, dass der Anleger an den vergleichbaren – möglicherweise gewinnbringenden – Kapitalanlagen festhält und nicht unverzüglich Rückabwicklung wegen desselben Beratungsfehlers begehrt (BGH a.a.O.). Doch dergestalt liegt der Fall hier gerade nicht, da der Klageanspruch auf Zahlungen der G Fonds-Projekt GmbH an den L-Konzern gestützt wird; auf einem vergleichbaren Aufklärungsmangel beruhte der Beitritt des Klägers zur A IV GbR ersichtlich nicht.
295bbb)
296Die aufgestellte Behauptung, die Unkenntnis der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen der Beklagten sei nicht kausal für die Anlageentscheidung des Klägers gewesen; diese Beteiligungen seien von den Investoren stets als positiv gewertet worden, verhilft der Beklagten ebenfalls nicht zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, da die ihr vorzuwerfende Pflichtverletzung hierauf nicht gestützt wird. Wie der Kläger in Kenntnis der Kompensationszahlungen reagiert hätte, vor allem, ob er auch in diesem Fall der Fondsgesellschaft beigetreten wäre, hat die Beklagte schon nicht vorgetragen.
297ccc)
298Schließlich vermag es die Kausalitätsvermutung nicht zu widerlegen, dass der Kläger selbst vorträgt, er habe besonderes Vertrauen in die Beklagte gesetzt. Insoweit ist es zum einen kein zwingender Rückschluss, dass der Kläger in Kenntnis der streitgegenständlichen Zahlungen weiterhin Vertrauen in die Beklagte gehabt hätte. Zum anderen hält die Kammer die Argumentation der Beklagten für einen Zirkelschluss: Es ist nach den dargestellten Grundsätzen das Wesen des Anlageberatungsvertrages zwischen Kunde und Bank, dass dieser besonderes Vertrauen entgegen gebracht wird. Unter Hinweis auf ein besonderes Vertrauen des Kunden die Kausalitätsvermutung als widerlegt zu werten, würde im Ergebnis zu einer Aushöhlung dieser Vermutung führen.
299ddd)
300Ungeachtet dessen hat die Beklagte für ihre Behauptung, der Kläger hätte die Beteiligung auch in Kenntnis der festgestellten Aufklärungspflichtverletzung nicht gezeichnet, keinen Beweis angeboten.
301e)
302Die geltend gemachten Ansprüche sind nicht verjährt, soweit sie auf die unterlassene Aufklärung über die Zahlungen an den L-Konzern gestützt werden.
303aa)
304Im Ausgangspunkt zutreffend ist dabei die Auffassung der Beklagten, dass die Verjährung hinsichtlich jeder einzelnen Pflichtverletzung zu prüfen ist und dass verschiedene Pflichtverletzungen jeweils einen eigenen Streitgegenstand darstellen, so dass der Kläger jeden einzelnen Streitgegenstand (Beratungsfehler) in unverjährter Zeit in den Rechtsstreit einführen musste.
305bb)
306Allerdings irrt die Beklagte, soweit sie meint, der Kläger habe sich erstmals mit Schriftsatz vom 20.02.2012 auf von ihm behauptete Absprachen über Kompensationszahlungen berufen (entsprechendes gilt hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Vereinbarung über die Aufteilung von Baukostenersparnissen), so dass diese Pflichtverletzungen der absoluten Verjährung nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 BGB unterlägen. Denn diesen Vorwurf hat der Kläger bereits mit seiner Replik vom 10.08.2011 (dort Seite 80 ff., Blatt 339 ff. der Akte) zum Gegenstand seines Vortrages und damit zum Streitgegenstand erhoben. Dass der Kläger von den hier in Streit stehenden Zahlungen in verjährter Zeit Kenntnis erhalten oder sich dieser Kenntnis grob fahrlässig verschlossen hat, behauptet die Beklagte selbst nicht, so dass auch keine Verjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB eintreten konnte.
3076. Vereinbarung über die Aufteilung von Baukostenersparnissen
308Eine Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte ist ferner anzuerkennen, soweit sie den Kläger nicht darüber aufgeklärt hat, dass die LP AG und die Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH eine Vereinbarung über die Aufteilung von Baukostenersparnissen bei der Errichtung der Fondsimmobilie getroffen haben.
309a)
310Das Zustandekommen dieser Vereinbarung vor dem Beitritt des Klägers zur Fondsgesellschaft, zumindest aber die Absicht, etwaige Baukostenersparnisse zwischen den vorgenannten Gesellschaften aufzuteilen, hält die Kammer aufgrund der zahlreichen vom Kläger hierzu vorgelegten, in sich konsistenten Unterlagen für erwiesen:
311aa)
312Dass die Regelung über die Baukostenersparnisse zwischen der LP AG und der Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH zwischen den Zeugen G, V, C und U in der Zeit vom 19.02.2001 bis September 2001 „erörtert und verabschiedet“ wurde, ergibt sich zunächst aus der „Internen Notiz“ des Zeugen T6 an den Zeugen V (Anlage K 118, dort Ziffer 2.), die einen Eingangsstempel vom 14.10.2002 trägt. Die Authentizität der Anlage K 118 selbst hat die Beklagte nicht bestritten. Eine vergleichbare Notiz hat der Zeuge T6 am 10.12.2002 an den Zeugen O erstellt (Anlage K 104). Dementsprechend erläuterte der Zeuge T6 die Vereinbarung über die Baukostenersparnisse ausweislich des Protokolls des Ständigen Ausschusses der LP AG, Sitzung vom 26.11.2003 (Anlage B 83 i.V.m. Anlage K 209), und gab sie in einer Notiz „Kooperationsverträge KG / Z / F1-G1 Holding GbR / Bankhaus F1“ vom 08.11.2006 (Anlage K 87) wieder. Die Beklagte wendet hiergegen lediglich ein, der Zeuge T6 habe „offensichtlich nicht existierende mündliche Vereinbarungen (beispielsweise über die Aufteilung von Baukostenersparnissen) frei erfunden, um die Projekte auf diese Weise in einem besseren Licht erscheinen lassen zu können“; er habe unter erheblichem Rechtfertigungsdruck gestanden. Dieser Vortrag erfolgt ins Blaue hinein, erläutert die Beklagte nämlich überhaupt nicht, warum der Zeuge T6 unter Rechtfertigungsdruck gestanden haben soll und warum und vor allem wem gegenüber er Projekte in besserem Licht erscheinen lassen musste. Insbesondere erschließt sich der Kammer nicht, warum der Zeuge T6 gegenüber dem Zeugen V wahrheitswidrig angeben sollte, dass eine Regelung über die Baukostenersparnisse erörtert und verabschiedet wurde, zugleich in der Notiz aber diesen – den Zeugen V selbst – als Gesprächsteilnehmer bezeichnet. Er hätte also – anders ausgedrückt – dem Zeugen V gegenüber wahrheitswidrig angeben müssen, dass der Zeuge V eine Vereinbarung getroffen habe. Dies erscheint der Kammer – zumindest ohne nähere Erläuterung – abwegig. Vor diesem Hintergrund erschüttert es die vorgenannten, gewichtigen Indizien nicht, dass der Zeuge T6 in seiner Notiz vom 08.11.2006 (Anlage K 87) – wie die Beklagte zutreffend feststellt – fehlerhaft aus der Anlage B 103 zitiert und in dieser selbst Baukostenersparnisse nicht erwähnt werden. Insbesondere wird der Inhalt der Notizen des Zeugen T6 (Anlagen K 104, K 118,) durch weitere, gewichtige Indizien bestätigt, wie nachfolgend aufgezeigt wird.
313bb)
314In diesem Lichte lässt zunächst das Schreiben der Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH vom 24.09.2002 (Anlage K 103) zwingend auf das vorherige Zustandekommen einer Vereinbarung über Baukostenersparnisse schließen. In diesem Schreiben heißt es unter anderem:
315„(…) wir bestätigen, dass bei dem Objekt H/Z-Straße Gesamtkosten einschließlich Nebenkosten nach dem bisher vorliegenden Ausschreibungsergebnis unter Berücksichtigung von 750,00 DM/m² Mietfläche für Einrichtungen mindestens 10.000.000,00 DM Kostenersparnis bei den Bau- und Baunebenkosten sichergestellt sind.“
316Eine solche Mitteilung an den L-Konzern machte ersichtlich nur dann Sinn, wenn zuvor mit diesem eine Vereinbarung über die Aufteilung dieser Kosten getroffen wurde. Die Bezugnahme auf die Berufungserwiderung des Zeugen G zum Verfahren OLG Köln 13 U 252/12 (Anlage B 116, dort Seite 10 ff.) hält die Kammer für unerheblich. Zwar erwähnte der G – der in diesem Verfahren im Übrigen selbst Berufungsbeklagter war – dort, dass sich die Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH lediglich verpflichtet habe, die Ergebnisse der internen Abrechnung des Bauvorhabens offenzulegen. Indes lässt sich damit die Indizwirkung der Anlage K 103 bereits deshalb nicht entkräften, weil die Angabe einer Kostenersparnis von „mindestens 10.000.000,00 DM“ ersichtlich nicht den Anforderungen an eine Offenlegung der internen Abrechnung genügt. Darüber hinaus stellt die Beklagte auch nicht näher dar, welchen Sinn eine solche Vereinbarung gehabt haben sollte. Vielmehr legt der Umstand, dass die Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH bereits mindestens zwei Jahre vor Baufertigstellung darauf hinwies, dass eine Kostenersparnis bereits sichergestellt ist („mindestens (…) sichergestellt sind“; Hervorhebung durch die Kammer) nahe, dass der Adressat des Schreibens vom 24.09.2002, der Zeuge V, an den bereits sichergestellten Baukostenersparnissen – abredegemäß – teilhaben sollte.
317Im Übrigen lässt sich der Berufungserwiderung des Zeugen G entnehmen, dass selbst dieser davon ausging, dass eine Abrede über die Aufteilung von Baukostenersparnissen immerhin „erwogen“ wurde (dort Seite 11), was wiederum die Indizwirkung der Notizen des Zeugen T6 stützt.
318cc)
319Auf die klägerseits behauptete Abrede lässt ferner das Schreiben vom 05.08.2004 (Anlage K 105) schließen, in welchem der Zeuge Dr. F8 als damaliger Aufsichtsratsvorsitzender der LP AG der M8 AG mitteilte, dass die „Aufteilung der erwarteten Baukostenersparnisse (…) klar verabredet [sei] und erstmals nach Fertigstellung des Projekts X im Jahr 2005 beispielhaft praktiziert werden“ könne. Die vom Beklagten aufgestellte Behauptung, dieses Schreiben sei vom Zeugen T6 vorbereitet worden, hält die Kammer als ins Blaue hinein aufgestellt für unerheblich; hierauf lässt sich noch nicht deshalb schließen, weil der Zeuge T6 eine Kopie des Schreibens erhielt. Der Beweiswert der Anlage K 105 wird auch nicht dadurch entkräftet, dass der Zeuge Dr. F8 in einer anwaltlichen Stellungnahme („legal opinion“, Anlage B 102) die Abrede in Zweifel stellen ließ. Denn diesem Dokument lässt sich schon nicht entnehmen, warum der Zeuge – wenn er doch der dort geäußerten Auffassung sei – das Schreiben vom 05.08.2004 unterschrieben hat.
320dd)
321Im Lichte der vorgenannten Indizien hält die Kammer das Bestreiten der Beklagten, ohne die Authentizität der vorgenannten Unterlagen anzuzweifeln bzw. in Anbetracht der – wie aufgezeigt – nicht stichhaltigen Einwendungen gegen sie für nicht erheblich.
322b)
323Über die Abrede betreffend die Baukostenersparnisse musste die Beklagte den Kläger aufklären.
324aa)
325Unerheblich ist dabei, ob die G Wohnbaugesellschaft mbH bei der späteren Projektrealisierung Baukostenersparnisse realisieren konnte oder die Vereinbarung im Zeitpunkt des Beitritts des Klägers rechtsverbindlich oder lediglich beabsichtigt war. Denn ein Anleger ist – wie bereits mehrfach dargelegt – über diejenigen Umstände aufzuklären, die für seine Beitrittsentscheidung von Bedeutung sind oder Bedeutung haben können; er muss sich ein zutreffendes Bild über die Beteiligung machen können. Geht sogar die Generalübernehmerin, die Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH, davon aus, dass Baukostenersparnisse bereits frühzeitig, namentlich am 24.09.2002 (vgl. Anlage K 103), „sichergestellt sind“, lässt dies für einen durchschnittlich sorgfältigen Anleger – erst recht den wirtschaftlich erfahrenen Kläger – darauf schließen, dass die prospektierten Errichtungskosten bzw. der von der Beklagten dargestellte Gesamtaufwand möglicherweise zu hoch angesetzt war; um vor diesem Hintergrund die Plausibilität des Fondskonzepts überprüfen zu können, ist die Kenntnis einer möglichen Baukostenersparnis für den Anleger von Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist es auch unerheblich, ob die Fondsgesellschaft selbst einen Anspruch auf Auskehr von Baukostenersparnissen gehabt hätte, da dies – wie aufgezeigt – nicht Ausgangspunkt der festgestellten Pflichtverletzung ist.
326bb)
327Im Übrigen stellt eine erwartete Baukostenersparnis für den L-Konzern als Hauptmieter auch eine aus den unter Ziffer IV. 5. dargestellten Gründen aufklärungsbedürftige Zuwendung dar.
328c)
329Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zu vertreten.
330Sie konnte sich nicht entsprechend § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB exkulpieren. Sie hat insbesondere nicht ausreichend dargetan, dass sie keine Kenntnis von der Vereinbarung hatte. Gegen den pauschalen Vortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten spricht die von der Kammer bereits gewürdigte Notiz des Zeugen T6 (Anlage K 118), in welcher dieser angibt, C als persönlich haftender Gesellschafter der Beklagten sei an der Vereinbarung beteiligt gewesen. Darüber hinaus sprechen gegen eine Unkenntnis der Beklagten deren enge Verflechtungen mit den F1-G1-Gesellschaften. Hierauf kommt es aber letztlich nicht an. Denn unstreitig war jedenfalls der persönliche haftende Gesellschafter der Beklagten F Geschäftsführer der Gebr. G1 Wohnbaugesellschaft mbH. In dieser Funktion hätte er die Vereinbarung kennen, jedenfalls sich die erforderlichen Tatsachenkenntnisse verschaffen müssen. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte jedenfalls nicht dargelegt, dass der Zeuge F in nicht fahrlässiger Weise in Unkenntnis der Vereinbarung geblieben ist.
331d)
332Die Kausalitätsvermutung hat die Beklagte nicht widerlegt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter Ziffer IV. 5. d) verwiesen.
333e)
334Die auf die unterlassene Aufklärung über die Vereinbarung über die Baukostenersparnisse gestützten Ansprüche sind nicht verjährt. Denn bereits mit Schriftsatz vom 10.08.2011 (dort Seite 84) hat der Kläger behauptet, dass die LP AG zu 50 % an den Baukostenersparnissen beteiligt worden sei und gerügt, dass er hierüber nicht aufgeklärt wurde. Damit hat er den Pflichtverletzungsvorwurf in (absolut) unverjährter Zeit zum Streitgegenstand erhoben. Dass der Kläger in verjährter Kenntnis von der hier festgestellten Pflichtverletzung hatte oder haben musste, ist weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.
335V.
336Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund der von ihr zu vertretenden Pflichtverletzungen Schadenersatz verlangen. Hierzu im Einzelnen:
3371. Allgemeines zur Schadensberechnung
338Soweit die Beklagte offensichtlich einwenden will, dass dem Kläger insgesamt kein Anspruch auf Schadenersatz zustehe, weil sich nach der Differenzhypothese bei einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte, kein rechnerisches Minus ergebe (so beispielsweise in der Klageerwiderung, dort Seite 101), verfängt dies nach den Grundsätzen der im Kapitalanlageberatungsrecht in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Schadensdogmatik nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der auf Grund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt (BGH, Urteile vom 7. 5. 1991, Aktenzeichen IX ZR 188/90 und vom 27. 1. 1994, Aktenzeichen IX ZR 195/93). Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 08.03.2005, Aktenzeichen XI ZR 170/04).
3392. Zahlungsantrag zu 1.)
340Der Kläger kann von der Beklagten den Ersatz eines Betrages in Höhe von 412.033,90 € verlangen.
341a)
342Dass der Kläger für das bei der Beklagten aufgenommene Eigenkapitaldarlehen im Zeitraum vom 31.03.2003 bis 30.09.2010 Zinsaufwendungen 597.955,87 € erbracht hat (geltend gemacht mit der Klageschrift vom 29.12.2010, dort Seite 71), ist von der Beklagten nicht bestritten worden. Mit Schriftsatz vom 05.05.2012 hat der Kläger sodann den Ersatz weiterer Zinsleistungen auf das Eigenkapitaldarlehen in Höhe von 17.722,28 € geltend gemacht (Zeitraum 01.10.2010 bis 31.01.2011), mit Schriftsatz vom 21.08.2012 in Höhe von 43.459,79 € (Zeitraum 13.12.2001 bis 31.12.2002), was ebenfalls unstreitig geblieben ist.
343aa)
344Die auf das Eigenkapital gezahlten Zinsen stellen als mittelbare Folge der Anlageentscheidung des Klägers einen ersatzfähigen Schaden dar.
345Allerdings ist der geltend gemachte Anspruch verjährt, soweit die Zinszahlungen im Zeitraum vom 13.12.2001 bis einschließlich 21.08.2002 in Streit stehen. Dies sind ausweislich des Anlagenkonvoluts K 123 Beträge in Höhe von
346 2.045,17 € (Buchungstag 28.12.2001),
347 10.225,83 € (Buchungstag 28.03.2002),
348 10.225,83 € (Buchungstag 30.06.2002).
349Denn diese Ansprüche hat der Kläger erst mit Schriftsatz vom 21.08.2012 anhängig und damit zum Streitgegenstand gemacht, so dass sie der 10jährigen, absoluten Verjährung nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB unterliegen, ohne dass verjährungshemmende Tatbestände ersichtlich sind.
350Ersatzfähig sind daher auf das Eigenkapital gezahlte Zinsen in Höhe von insgesamt 636.641,11 €.
351bb)
352Der hiergegen gerichtete Einwand der Beklagten, die Eigenkapitalzinsen stellten keine ersatzfähige Schadensposition dar, weil der Kläger seinen Eigenkapitalanteil offensichtlich deshalb fremdfinanziert habe, um anderweitig eine höhere Rendite zu erzielen, weshalb eine solche Rendite, basierend auf einer Verzinsung von 3,6 % p.a., mit diesen zu verrechnen sei, ist unbeachtlich. Die Beklagte setzt sich insofern in Widerspruch zu ihrem weiteren Vortrag, mit dem sie die Behauptung des Klägers, im Falle der Nichtzeichnung der Beteiligung mit einer Alternativanlage eine Verzinsung in eben dieser Höhe erzielt zu haben, bestreitet. Es geht nicht an, an einer Stelle zu behaupten, der Kläger hätte eine Alternativanlage zu 3,6 % Zinsen gewählt, und an anderer Stelle exakt das Gegenteil zu behaupten.
353b)
354Der Kläger hat keinen Anspruch auf den Ersatz entgangenen Gewinns, den er hinsichtlich der von ihm erbrachten Aufwendungen für die Eigenkapitalfinanzierung geltend gemacht hat, namentlich in Höhe von 15.636,16 € für die vom 13.12.2001 bis 31.12.2002 gezahlten Eigenkapitalzinsen (geltend gemacht mit Schriftsatz vom 21.08.2012) und 80.012,73 € für den Zeitraum danach bis einschließlich 31.12.2010 (geltend gemacht mit der Klageschrift).
355aa)
356Der Schadenersatzanspruch des Anlegers wegen fehlerhafter Anlageberatung richtet sich auch auf den Ersatz entgangenen Gewinns. Dafür, dass und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein Gewinn entgangen ist, trägt der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urteil vom 24.04.2012, Aktenzeichen XI ZR 360/11). § 252 Satz 2 BGB enthält diesbezüglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung. Der Geschädigte kann sich deshalb auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne der Norm auf Grund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (BGH a.a.O.). Der Anleger muss darüber hinaus nur darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre, was gleichwohl nicht die Annahme eines Mindestschadens unabhängig vom konkreten Parteivortrag rechtfertigt (BGH, Urteil vom 08.05.2012, Aktenzeichen XI ZR 262/10). Will der Anleger einen konkreten Schaden darlegen, muss er vortragen und gegebenenfalls beweisen, welche (bestimmte) Anlage er erworben und welchen Gewinn er hieraus erzielt hätte. Insoweit gelten keine Darlegungs- und Beweiserleichterungen (BGH a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen kann der Anleger entweder vortragen, dass er ein bestimmtes Anlagegeschäft getätigt oder alternativ, dass er eine bestimmte Anlageform gewählt hätte, mit der eine für diese Anlageform übliche Rendite zu erwirtschaften gewesen wäre.
357bb)Vorliegend hat der Kläger sich für die abstrakte Schadensberechnung entschieden und vorgetragen, dass er eine alternative Anlageform gewählt hätte, und zwar eine Mischung aus festverzinslichen Wertpapieren und Aktienwerten mit einer Verzinsung von 3,6 % p.a. (Schriftsatz vom 16.09.2013, dort Seite 168). Wenngleich der Kläger die Anlage B 13 anführt und darauf hinweist, dass danach Anlageziel „Substanzerhaltung und Kapitalwachstum“ in einem angemessenen Verhältnis mit einem Aktienanteil zwischen 35 % und 65 % gewesen sei, lässt sich hieraus noch nicht ohne weiteres schließen, dass er die auf das Eigenkapitaldarlehen gezahlten Zinsen in Aktien oder festverzinsliche Wertpapiere investiert hätte. Zudem sieht die vom Kläger gewählte Risikoklasse 4, wie der dazugehörigen Fußnote zu entnehmen ist, auch eine „internationale Diversifikation“ vor, was gegen die Annahme spricht, der Kläger hätte festverzinsliche Wertpapiere inländischer Emittenten erworben, wie er es aber wiederum mit der zur Zinsberechnung herangezogenen Anlage K 60 als behauptetes Anlageziel darstellt. Zudem ist zu beachten, dass der Kläger zuvor nur die Beteiligung an einem einzigen Immobilienfonds erworben hat, nämlich der A IV GbR, und auch nach Aussage des Zeugen Dr. Q2 die „Vermögensdiversifikation“ vorrangiges Anlageziel des Klägers war. Hinzu kommt, dass die „Investition in Immobilien“ bei den regelmäßigen Besprechungen mit dem Zeugen I2 nach Aussage des Zeugen Dr. Q2 „generelles Thema“ gewesen sei, denn „solche gehören ja schließlich zu einer Vermögensdiversifikation dazu“. Dies alles steht zum Klägervortrag erheblich in Widerspruch, ohne dass der Kläger diesen Widerspruch aufgelöst hätte.
358cc)
359Die vorstehend aufgeworfenen Widersprüche im Klägervortrag können im Ergebnis sogar dahin stehen. Denn jedenfalls hat der Kläger für seinen Sachvortrag zur Alternativanlage trotz des erheblichen Bestreitens der Beklagten keinen tauglichen Beweis angeboten.
360c)
361Dass sich aus der Gegenüberstellung von Ausschüttungen und Zinsen auf die Fremdkapitaldarlehen bei der Sparkasse A1 für den Zeitraum von November 2010 bis Oktober 2011 ein Minussaldo von 57.874,28 € ergibt (geltend gemacht mit Schriftsatz vom 05.05.2012) und für den Zeitraum von November 2011 bis September 2013 ein solcher von 215.983,03 € (Schriftsatz vom 16.09.2013), ist von Beklagtenseite nicht erheblich bestritten worden, zumal der Kläger hierzu die von der Beklagten selbst erstellten Kontoauszüge (Anlagen K 190 und K 191) zum Clearing-Konto mit der Nummer 048.00.15120 vorgelegt hat. Deren inhaltlicher Richtigkeit ist die Beklagte nicht näher entgegen getreten. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass im vorgenannten Betrag von 215.983,03 € nach dem Vortrag des Klägers auch die von ihm behaupteten Sonderzahlungen in Höhe von 80.000,00 € enthalten sind (vgl. hierzu Schriftsatz vom 16.09.2013, Seite 173).
362Der Einwand der Beklagten, die in den Zahlungen an die Sparkasse A1 enthaltenen Tilgungsleistungen stellten keinen ersatzfähigen Schaden dar, weil sie das Vermögen des Klägers nicht minderten, ist nicht erheblich. Denn der Schadenersatzanspruch des Klägers ist darauf gerichtet, dass die Beklagte die von ihm getroffene Vermögensdisposition (Eingehung der Beteiligung) insgesamt rückabwickelt; das heißt, der Schaden des Klägers ergibt sich bereits daraus, dass er mit den Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse A1 belastet ist. Dementsprechend stellen auch diejenigen Zahlungen einen ersatzfähigen Schaden dar, mit denen die Darlehensverbindlichkeiten getilgt werden. Darüber hinaus kommen die Tilgungsleistungen im Ergebnis der Beklagten zu Gute, da diese – wie unter Ziffer 5. noch dargestellt wird – im Rahmen der von ihr zu leistenden Naturalrestitution auch verpflichtet ist, den Kläger von seinen Verbindlichkeiten bei der Sparkasse A1 freizustellen. Indem der Kläger die Darlehensverbindlichkeiten teilweise getilgt hat, sind diese in gleicher Höhe erfüllt worden und bedürfen nicht mehr der Freistellung durch die Beklagte.
363Der weitere Einwand, die vom Kläger erhaltenen Ausschüttungen hätten die von ihm gezahlten Fremdkapitalzinsen überstiegen, verfängt insoweit nicht, als dieser sie anderweitig (hierzu nachfolgend ) berücksichtigt hat.
364d)
365Der Kläger hat sich erhaltene Ausschüttungen anrechnen lassen, indem er sie von den unter lit. a) bis c) dargestellten ersatzfähigen Positionen in Abzug gebracht.
366Hierzu hat er zunächst – unbestritten – vorgetragen, vom Clearing-Konto bei der Beklagten im Zeitraum 23.06.2006 bis 17.09.2010 insgesamt 403.000,00 € entnommen zu haben (Seite 74 der Klageschrift). Ebenso hat er unwidersprochen vorgetragen, dass das Clearing-Konto, auf dem die Ausschüttungen des Klägers (die auch die Beklagte mit 1.412.682,88 € beziffert hat) und die Zahlungen auf die Fremdkapitaldarlehen verbucht wurden, am 02.11.2010 einen positiven Saldo in Höhe von 68.615,80 € aufwies. Diesen Saldo, also den Überschuss der Ausschüttungen gegenüber den Zahlungen, die vom Clearing-Konto getätigt wurden, hat sich der Kläger ebenfalls anrechnen lassen; im Gegenzug hierzu hat er die Zahlungen an die Sparkasse A1 bis einschließlich Oktober 2010 folgerichtig nicht als Schadensposition geltend gemacht, sondern mit den Ausschüttungen verrechnet. Insofern ist die Schadensberechnung des Klägers insgesamt nicht zu beanstanden.
367Darüber hinaus hat sich der Kläger auf die mit dem Klageantrag zu 1.) geltend gemachte Forderung hypothetische Zinserträge aus Entnahmen mit 26.828,72 € anrechnen lassen.
368e)
369Insgesamt stellt sich der im Rahmen des Klageantrages zu 1.) ersatzfähige Schaden des Klägers damit wie folgt dar:
370- Ersatzfähige Aufwendungen für die EK-Finanzierung: 597.955,87 €
371(31.03.2003 bis 30.09.2010)
372- Ersatzfähige Aufwendungen für die EK-Finanzierung 17.722,28 €
373(01.10.2010 bis 31.01.2011)
374- Ersatzfähige Aufwendungen für die EK-Finanzierung 20.962,96 €
375(22.08.2002 bis 31.12.2002, i.Ü. verjährt)
376- Ersatzfähige Aufwendungen für die FK-Finanzierung 57.854,28 €
377(November 2010 bis Oktober 2011)
378- Ersatzfähige Aufwendungen für die FK-Finanzierung 215.983,03 €
379(November 2011 bis September 2013)
380- Überschuss aus Ausschüttungen ./. 471.615,80 €
381- Hypothetische Zinserträge aus Entnahmen ./. 26.828,72 €
382Ersatzfähiger Schaden gem. Klageantrag zu 1.) 412.033,90 €
3833. Zahlungsanträge zu 2.) und 7.)
384Da der Kläger das von der Beklagte gewährte Darlehen über 2.284.780,49 € per 12.04.2011 zurückgezahlt und die Beklagte mit Wertstellung vom 24.05.2011 von ihr geltend gemachte Verzugszinsen in Höhe von 26.320,67 € mit dem Konto des Klägers mit der Nummer #####4 verrechnet hat, ihm aufgrund der Pflichtverletzungen der Beklagten aber ein Anspruch auf Rückabwicklung der Beteiligung zusteht, kann er die Rückzahlung der vorgenannten Beträge als Schadensfolge ebenfalls verlangen.
3854. Zinsen
386Die jeweils zu den Zahlungsansprüchen ausgesprochenen Zinsentscheidungen folgen den §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
387Soweit die dem Zinsanspruch zugrunde liegenden Beträge in der Summe um 59.095,92 € hinter dem Gesamtbetrag der Verurteilung gemäß Antrag zu 1. zurückbleiben, beruht dies schlicht auf § 308 Abs. 1 ZPO.
3885. Freistellungsantrag zu 3.)
389Als adäquat kausale Schadensfolge der Pflichtverletzungen durch die Beklagte kann der Kläger ferner von ihr die Freistellung von Darlehensverbindlichkeiten bei der Sparkasse A1, die er zur Finanzierung des quotal auf ihn entfallenden Fremdkapitalanteils aufgenommen hat, verlangen. Freizustellen hat die Beklagte den Kläger in diesem Zusammenhang von den Verbindlichkeiten aus den Darlehensverträgen mit den Nummern ######1 über einen Nominalbetrag in Höhe von 1.463.414,63 € und ######2 über einen Nominalbetrag in Höhe von 2.344.552,85 €.
3906. Mitverschulden
391Der Anspruch des Klägers ist nicht wegen eines Mitverschuldens zu kürzen. Anhaltspunkte hierfür hat die Beklagte nicht vorgetragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Gegensatz zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht, nach dem der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Beratung vertrauen darf (BGH, Urteil vom 22.03.2011, Aktenzeichen XI ZR 33/10).
3927. Anrechnung von Steuervorteilen
393Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich der Kläger auf den von ihr zu leistenden Schadenersatz erzielte Steuervorteile nicht anrechnen lassen.
394a)
395Im Rahmen der Schadensberechnung sind vorteilhafte Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadenersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis begründeten Vorteile auf den Schadenersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt. Dazu können auch steuerliche Vorteile gehören, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem Immobilienfonds erlangt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet aber im Rahmen der Schätzung des Schadens (§ 287 ZPO) eine Vorteilsanrechnung bezogen auf Steuervorteile grundsätzlich dann aus, wenn die entsprechende Schadenersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist. Soweit die Schadenersatzleistung – als Rückfluss der zuvor angefallenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten – vom Anleger zu versteuern ist, ohne dass es bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise darauf ankommt, ob der Anleger die Schadenersatzleistung tatsächlich versteuert, sind die erzielten Steuervorteile nur dann anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (ständige Rechtsprechung, beispielsweise BGH, Urteil vom 11.02.2014, Aktenzeichen II ZR 276/12). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen anrechenbarer außergewöhnlicher Steuervorteile trägt der Schädiger (BGH a.a.O.).
396b)
397Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass dem Kläger außergewöhnliche Steuervorteile verbleiben.
398aa)
399Die von ihr vorgebrachten Einwände gegen die Pflicht zur Versteuerung der Schadenersatzleistung überzeugen nicht. Bei der Rückabwicklung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds sind auf einen Schadenersatzanspruch eines Anlegers Steuervorteile, die sich aus der Berücksichtigung von Werbungskosten ergeben, grundsätzlich nicht schadensmindernd anzurechnen, weil die Ersatzleistung im Umfang der zuvor geltend gemachten Werbungskosten zu versteuern ist (BGH, Urteil vom 11.02.2014, Aktenzeichen II ZR 276/12). Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 EStG zählen nicht nur die Miet- oder Pachtzinsen, sondern auch alle sonstigen Entgelte, die in einem objektiven wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen und damit durch sie veranlasst sind. Demzufolge sind Einnahmen der Einkunftsart auch die Rückflüsse von Aufwendungen, die zuvor bei der Ermittlung der Einkünfte dieser Einkunftsart als Werbungskosten abgezogen worden sind. Steuervorteile, die sich durch den Ansatz von sofort abziehbaren Werbungskosten zunächst ergeben haben, werden danach bei einer Rückabwicklung im Wege des Schadenersatzes durch die Besteuerung der Schadenersatzleistung im Veranlagungszeitraum ihres Zuflusses regelmäßig wieder ausgeglichen. Werden als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen zurückgezahlt, hat der Erwerber diese als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung der Besteuerung zu unterwerfen (BGH a.a.O.).
400bb)
401Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dabei unerheblich, ob die 10-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verstrichen ist. Eine Besteuerung der Schadenersatzleistung ist selbst bei Ablauf dieser Frist nicht ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 18.12.2012, Aktenzeichen II ZR 259/11 m.w.N.).
402cc)
403Die vorgenannten Grundsätze gelten nicht nur für die Finanzierungskosten der Fondsbeteiligung, sondern auch für die aus den Anschaffungskosten hergeleiteten Absetzungen für Abnutzung (AfA). Auch die Anschaffungskosten sind der Sache nach Werbungskosten, die nur nicht im Zeitpunkt ihres Abflusses angesetzt werden können, sondern ratierlich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG. Soweit sie als AfA steuerlich berücksichtigt worden sind, der Anleger also entsprechende Steuervorteile erlangt hat, ist die Schadenersatzleistung bei der Einkunftsart, bei der diese Werbungskosten geltend gemacht worden sind, hier also bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, zu versteuern (BGH a.a.O.).
404dd)
405Dass dem Kläger nach Versteuerung der Schadenersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass selbst nach ihrem Vortrag (vgl. die Tabelle im Schriftsatz vom 28.10.2013, dort Seite 116) der Kläger lediglich Verlustzuweisungen in Höhe von 2.545.904,32 € geltend machen konnte, was nicht einmal der Hälfte des Beteiligungsbetrages (insgesamt 10.000.000,00 DM bzw. 5.112.918,80 €) entspricht. Nach der typisierenden Betrachtungsweise des Bundesgerichtshofs (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28.01.2014, Aktenzeichen XI ZR 42/13) kann ein außergewöhnlich hoher Steuervorteil nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Verlustzuweisung über die Einlageleistung hinausgeht. Insoweit bedarf es keiner weiteren Befassung damit, ob die Beklagte bei ihrer Berechnung die zutreffenden Steuersätze berücksichtigt hat (was vom Kläger bestritten wurde) oder die Finanzverwaltung überhaupt die geltend gemachten Werbungskostenpositionen vollständig anerkannt hat. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte – wenngleich aus ihrer Position konsequent – überhaupt nicht vorgetragen hat, welche Steuernachteile den Kläger im Zusammenhang mit der Rückübertragung der Beteiligung treffen. Denn für die Frage des Vorliegens eines außergewöhnlich hohen Steuervorteils kann nicht isoliert auf einen Vergleich zwischen der Verlustzuweisung und der tatsächlichen Einlageleistung abgestellt werden, sondern ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung sämtlicher steuer- und schadensrechtlich relevanter Zahlungsströme vorzunehmen (BGH a.a.O.).
4068. Klageantrag zu 4.
407Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus § 756 Abs. 1 ZPO.
408Da die Beklagte jedenfalls durch ihren Antrag auf Klageabweisung bekundet, die im Rahmen der Rückabwicklung angebotene Beteiligung nicht annehmen zu wollen, war auf Antrag des Klägers auch der Annahmeverzug der Beklagten festzustellen (§ 295 BGB).
4099. Klageantrag zu 5.
410Da zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass den Kläger aus der Beteiligung an der Fondsgesellschaft Ansprüche treffen (insbesondere etwaige Nachhaftungsansprüche gemäß § 160 HGB), war auf seinen Antrag die Feststellung zu treffen, dass die Beklagte ihn von etwaigen weiteren Schäden freizustellen hat.
41110. Klageantrag zu 6.
412Einen Anspruch auf Auskunftserteilung über die von Dritten erhaltenen Zahlungen hat der Kläger bereits deshalb nicht, weil die Beteiligung – wie dargelegt – rückabzuwickeln ist. Insoweit ist nicht ersichtlich, welches eigenständige Interesse der Kläger an dieser Auskunft haben sollte.
413C/ Prozessuale Nebenentscheidungen
414Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 Satz 1 und 2 ZPO.
415D/ Streitwert
416Der Streitwert beträgt 6.360.924,00 €. Abweichend von der überwiegend zutreffenden Streitwertberechnung des Klägers in der Klageschrift (dort Seite 124) hat die Kammer die im Laufe des Verfahrens weiter geltend gemachten Schadenspositionen berücksichtigt. Allerdings war der geltend gemachte entgangene Gewinn nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 08.05.2012, Aktenzeichen XI ZR 261/10). Soweit der Kläger hinsichtlich des Klageantrages zu 5.) auf eine Unterdeckung der Darlehenskonten verwiesen hat, hat er diese Unterdeckung im Laufe des Verfahrens im Rahmen von Zahlungsanträgen geltend gemacht.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 16. Sept. 2014 - 21 O 2/11
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Landgericht Köln Urteil, 16. Sept. 2014 - 21 O 2/11 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).
(1)1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.3Werbungskosten sind auch
- 1.
Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ergibt; - 2.
Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, soweit solche Ausgaben sich auf Gebäude oder auf Gegenstände beziehen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmeerzielung dienen; - 3.
Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist; - 4.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen, höchstens jedoch 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.3Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken und Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nach § 3 Nummer 32.4Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.5Nach § 8 Absatz 2 Satz 11 oder Absatz 3 steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag; ist der Arbeitgeber selbst der Verkehrsträger, ist der Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber an den Verkehrsträger zu entrichten hätte.6Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.7Nach § 3 Nummer 37 steuerfreie Sachbezüge mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag nicht; § 3c Absatz 1 ist nicht anzuwenden.8Zur Abgeltung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 2 für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer - a)
von 0,35 Euro für 2021, - b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
- 4a.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 sowie keine Familienheimfahrten sind.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.3Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Absatz 4) und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.4Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. - 5.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen.2Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.3Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.4Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1 000 Euro im Monat.5Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden.6Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen.7Nummer 4 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.8Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug werden nicht berücksichtigt.9Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 6 eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer - a)
von 0,35 Euro für 2021, - b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
- 5a.
notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist.2Übernachtungskosten sind die tatsächlichen Aufwendungen für die persönliche Inanspruchnahme einer Unterkunft zur Übernachtung.3Soweit höhere Übernachtungskosten anfallen, weil der Arbeitnehmer eine Unterkunft gemeinsam mit Personen nutzt, die in keinem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber stehen, sind nur diejenigen Aufwendungen anzusetzen, die bei alleiniger Nutzung durch den Arbeitnehmer angefallen wären.4Nach Ablauf von 48 Monaten einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, können Unterkunftskosten nur noch bis zur Höhe des Betrags nach Nummer 5 angesetzt werden.5Eine Unterbrechung dieser beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn die Unterbrechung mindestens sechs Monate dauert. - 5b.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer während seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug für Kalendertage entstehen, an denen der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann im Kalenderjahr einheitlich eine Pauschale von 8 Euro für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte, - 6.
Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung.2Nummer 7 bleibt unberührt; - 7.
Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen nach § 7b und erhöhte Absetzungen.2§ 6 Absatz 2 Satz 1 bis 3 ist in Fällen der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern entsprechend anzuwenden.
(2)1Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.2Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.3Menschen mit Behinderungen,
- 1.
deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt, - 2.
deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
(3) Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 bis 5a sowie die Absätze 2 und 4a gelten bei den Einkunftsarten im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7 entsprechend.
(4)1Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.2Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.3Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.4Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft
- 1.
typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder - 2.
je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
(4a)1Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung sind nur nach Maßgabe der folgenden Sätze als Werbungskosten abziehbar.2Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen.3Diese beträgt
- 1.
28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, - 2.
jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet, - 3.
14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist; beginnt die auswärtige berufliche Tätigkeit an einem Kalendertag und endet am nachfolgenden Kalendertag ohne Übernachtung, werden 14 Euro für den Kalendertag gewährt, an dem der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil der insgesamt mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
(5)1§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b bis 8a, 10, 12 und Absatz 6 gilt sinngemäß.2Die §§ 4j, 4k, 6 Absatz 1 Nummer 1a und § 6e gelten entsprechend.
(6)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.2Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.3Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.4Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.5Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer im Zusammenhang mit
- 1.
dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder - 2.
dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen,
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet.
(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern.
(1)1Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nummer 2) sind
- 1.
Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.2Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden; dies gilt entsprechend für Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume.3Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden; - 2.
Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.2Ausgenommen sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs.3Bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden.4Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre; - 3.
Veräußerungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher erfolgt als der Erwerb.
- 1.
die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen, wenn die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts erfolgt, und - 2.
die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft.
(2) Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften der in Absatz 1 bezeichneten Art sind den Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören.
(3)1Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften nach Absatz 1 ist der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits.2In den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 1 tritt an die Stelle des Veräußerungspreises der für den Zeitpunkt der Einlage nach § 6 Absatz 1 Nummer 5 angesetzte Wert, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 2 der gemeine Wert.3In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 oder § 16 Absatz 3 angesetzte Wert.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 abgezogen worden sind.5Gewinne bleiben steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 600 Euro betragen hat.6In den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 1 sind Gewinne oder Verluste für das Kalenderjahr, in dem der Preis für die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen zugeflossen ist, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 2 für das Kalenderjahr der verdeckten Einlage anzusetzen.7Verluste dürfen nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden; sie dürfen nicht nach § 10d abgezogen werden.8Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Absatz 1 erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
I.
- 1
- 1. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F. Medienfonds 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) und der teilweise kreditfinanzierten Beteiligung an der F. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Der Zedent erwartete im März 2003 einen größeren Geldbetrag, den er gewinnbringend anlegen wollte. Deshalb stellten ihm Angestellte der Beklagten in mehreren persönlichen Gesprächen die Fonds V 3 und V 4 vor, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Zedent den Verkaufsprospekt für V 3 vor Zeichnung der Anlage erhalten hat. Gegenstand der beiden als "Garantiefonds" beworbenen Fonds war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung.
- 3
- Der Zedent, der wegen des Geschäfts auch seinen Steuerberater kontaktiert hatte, zeichnete am 5. Juni 2003 Anteile an V 3 im Gegenwert von 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €) und - nach erneuter Beratung durch die Beklagte - am 28. Juni 2004 Anteile an V 4 im Gegenwert von ebenfalls 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €), wobei die letztgenannte Beteiligung obligatorisch eine Kreditfinanzierung in Höhe von 45,5% des anzulegenden Betrages vorsah. Deswegen schloss er zugleich mit der B. AG einen Vertrag über ein endfälliges Darlehen in Höhe von 11.375 € ab, das - einschließlich der bis dahin aufgelaufenen und gestundeten Zinsen - am 30. November 2014 in Höhe von 19.811,68 € fällig wird.
- 4
- In dem Verkaufsprospekt zu V 3 heißt es auf Seite 40 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 0.2: "Eigenkapitalvermittlung 8,9%". Auf derselben Seite wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung in Höhe von 8,9% des Beteiligungskapitals beinhaltet eine gegebenenfalls anfallende Umsatzsteuer. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …" Auf derselben Seite wird das Agio wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
- 5
- Auf Seite 69 heißt es zu dem "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" zwischen der V. (V. AG) und der Fondsgesellschaft unter anderem : "Die V. AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, … ."
- 6
- Der Verkaufsprospekt zu V 4 enthält auf Seite 63 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 03: "Eigenkapitalvermittlung 4,9%". Auf Seite 64 wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung wird in Höhe von 4,9% des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …"
- 7
- Das Agio wird auf Seite 63 wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
- 8
- Ferner enthält die Übersicht auf Seite 63 unter Punkt 05 eine Platzierungsgarantiegebühr in Höhe von 2% und unter Punkt 07 eine Finanzvermittlungsgebühr (Darlehen/Schuldübernahme) in Höhe von ebenfalls 2%. Diese werden auf Seite 64 wie folgt erläutert: "Zu 05: Die V. AG wird eine Platzierungsgarantie in Höhe des prospektierten Kapitals von € 5 Mio. geben. Für die Garantie erhält sie eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals." "Zu 07: Die V. AG erhält für die Finanzierungsvermittlung eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals."
- 9
- Auf Seite 91 heißt es zum "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" mit der V. AG unter anderem: "Die V. AG … ist berechtigt, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen."
- 10
- Die V. AG leitete bei V 3 aus den vereinnahmten Provisionen 8,25% und bei V 4 zwischen 8,45 und 8,72% an die Beklagte weiter, ohne dass dies dem Zedenten offen gelegt wurde.
- 11
- Die Fondsinitiatoren, gegen die Ende 2006 Anklage wegen Steuerhinterziehung und Untreue erhoben wurde, sind rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
- 12
- 2. Das Berufungsgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt und zur Begründung unter anderem ausgeführt:
- 13
- Hinsichtlich beider Fonds (V 3 und V 4) sei der Beklagten auch insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, als sie den Zedenten nicht über die Provision, die sie von der V. AG bzw. Fondsgesellschaft erhalten habe, aufgeklärt habe. Bei diesen Vertriebsprovisionen handele es sich um Rückver- gütungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Aus den Prospekten gehe nicht wie geboten hervor, dass und in welcher Höhe gerade die Beklagte eine Provision erhalte. Einen mündlichen Hinweis habe die Beklagte dem Zedenten auch nicht erteilt.
- 14
- Die Nichtaufklärung über die erhaltene Vertriebsprovision sei auch kausal für die Zeichnung des Zedenten gewesen, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vermuten sei. Selbst wenn der Zedent möglicherweise angenommen habe, die Beklagte würde eine Provision von 1% des Zeichnungsbetrages erhalten, sei dies nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen , weil die Provision tatsächlich mehr als 8% betragen habe. Die hiergegen weiter vorgebrachten Einwendungen der Beklagten seien unsubstantiiert. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt; insbesondere könne sie sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen.
II.
- 15
- Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision gemäß § 552a ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
- 16
- 1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO "mit Blick auf die abweichenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt" (17 U 307[nicht 308]/08, WM 2010, 1313 und 17 U 98/09, BB 2009, 2334) zugelassen. In diesen Urteilen hat das Oberlandesgericht Frankfurt angenommen, der Angabe in den Prospekten, die V. AG sei berechtigt, ihre Rechte aus der Vertriebsvereinbarung über die Eigenkapitalvermittlung auf Dritte zu übertragen, habe der Anleger entnehmen können, dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsbeteiligung von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung erhalte. Dagegen hat das Berufungsgericht diese Angabe insoweit nicht als ausreichend angesehen. Auf diese unterschiedliche Beurteilung kommt es nicht an. Selbst wenn dem Oberlandesgericht Frankfurt zu folgen wäre, ergäbe sich daraus nichts für die - ebenfalls aufklärungsbedürftige (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24) - Höhe der an die Beklagte geflossenen Rückvergütung (ebenso OLG München, BKR 2010, 479 Rn. 27; das verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
- 17
- 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
- 18
- a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es rechtlich nicht zu beanstanden , dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen verschwiegener Rückvergütungen bejaht hat.
- 19
- aa) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass zwischen dem Zedenten und der Beklagten nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (BGHZ 123, 126, 128) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. auch Senatsurteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442; vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686; vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 10 und vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12) und nicht lediglich ein Auskunftsvertrag, da eine Bank regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11 mwN).
- 20
- bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte aus dem Beratungsvertrag verpflichtet war, den Zedenten über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senats- urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 = ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5).
- 21
- cc) Soweit die Revision geltend macht, bei den Provisionen, die die Beklagte unstreitig in Höhe von 8,25% des Kommanditkapitals bei V 3 und in Höhe von 8,45% bis zu 8,72% des Kommanditkapitals bei V 4 erhalten hat, handele es sich um nicht aufklärungspflichtige "Innenprovisionen", die keine Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung darstellten, kann sie damit nicht durchdringen. Die Revision verkennt die rechtliche Unterscheidung zwischen Innenprovisionen und Rückvergütungen.
- 22
- (1) Innenprovisionen sind nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (st. Rspr., u.a. BGH, Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können.
- 23
- (2) Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dagegen, wie der Senat zuletzt formuliert hat, nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31). Insoweit ist folgendes klarzustellen:
- 24
- Soweit als Quelle der Rückvergütungen "Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen" genannt werden, ist das - entgegen der Annahme der Revision - nicht abschließend, sondern - in Anknüpfung an das grundlegende Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 (BGHZ 170, 226) - nur beispielhaft gemeint. Damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass Rückvergütungen - anders als Innenprovisionen - nicht im Anlagebetrag enthalten (versteckt) sind, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann. Maßgebend für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ist hingegen, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt. Sie entsteht dagegen unabhängig davon, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt.
- 25
- Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind danach - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann.
- 26
- (3) Danach handelt es sich bei den hier an die Beklagte geflossenen Provisionen um aufklärungspflichtige Rückvergütungen. Sie waren nicht in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Fondsobjekts versteckt, sondern flossen aus den offen ausgewiesenen Vertriebskosten. Gemäß den nachstehenden Ausführungen war die Beklagte jedoch nicht als Empfänger der Provisionen angegeben. Vielmehr sind diese hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte geflossen, so dass die Klägerin das besondere Interesse der Beklagten an der Empfehlung gerade von V 3 und 4 nicht erkennen konnte.
- 27
- dd) Eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über die Rückvergütungen ist bei beiden Fonds nicht erfolgt, selbst wenn man unterstellt, auch der Prospekt bei V 3 sei dem Zedenten rechtzeitig übergeben worden. Den beiden Verkaufsprospekten ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen oder des Agios sein sollte. Empfängerin sollte vielmehr ausdrücklich die V. AG sein. Den Prospekten lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte von dieser einen Teil der Vertriebsprovisionen erhalten sollte. Das ergibt sich nach der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts auch nicht aus der Tatsache, dass die V. AG berechtigt sein sollte, Dritte einzuschalten. Selbst wenn daraus jedoch hervorgehen sollte, dass damit auch die Beklagte gemeint war, so ist dem Prospekt jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Höhe Rückvergütungen an die Beklagte geflossen sind. Insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung muss aber nach der Senatsrechtsprechung von der Bank ungefragt offen gelegt werden (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; dies verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
- 28
- ee) Soweit die Revision meint, es sei nicht einsichtig, dass eine Bank höhere Aufklärungspflichten träfen als einen freien Anlageberater, kann sie damit nicht durchdringen.
- 29
- Allerdings trifft nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bankungebundene freie Berater - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 31d WpHG - keine (ungefragte) Aufklärungspflicht, da der Anleger bei solchen Beratern - anders als bei Banken - von einer durch den Produktanbieter "eingepreisten" Vergütung ausgehen und er deshalb deren Höhe erfragen müsse, wenn sie ihn interessiere (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 13).
- 30
- Die Unterscheidung der Pflichten eines freien Anlageberaters zu den Pflichten eines Beraters im Bankensektor rechtfertigt sich daraus, dass der Bankkunde in der Regel bei "seiner" Bank eine Reihe von kostenpflichtigen Vertragsverhältnissen unterhält, insbesondere auf Dauer angelegte Vertragsverhältnisse wie einen Zahlungsdiensterahmenvertrag oder einen Depotvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12), bzw. Banken typischerweise solche Vertragsverhältnisse anstreben. Das ist bei einem freien Anlageberater typischerweise nicht der Fall.
- 31
- Diese typisierende Einordnung von Berufsgruppen zur Unterscheidung zwischen aufklärungspflichtigen Personen und nicht aufklärungspflichtigen Personen findet in Gesetz und Rechtsprechung Vorbilder. Sie wird insbesondere vom Gesetzgeber im Bereich des § 31d WpHG vorgegeben. Diese Vorschrift statuiert Aufklärungspflichten ausdrücklich nur für Wertpapierdienstleistungsunternehmen , nicht aber für sonstige Anlagevertreiber. Eine typisierende Einordnung wird auch seit langem bei der Abgrenzung der Pflichten eines Anlageberaters von denen eines Anlagevermittlers entsprechend der Regelung in § 1 Abs. 1a Nr. 1 und 1a KWG in der Rechtsprechung praktiziert. Während bei einem Kontakt des Anlegers mit einem Anlageberater ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils zustande kommt, kommt im Verhältnis zu einem Anlagevermittler lediglich ein Auskunftsvertrag mit einem geringeren Pflichtenumfang zustande (vgl. BGH, Urteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, WM 1993, 1238, 1239; vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, WM 2004, 631, 633, insofern in BGHZ 158, 110 nicht abgedruckt, und Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11).
- 32
- b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen bejaht.
- 33
- Steht - wie hier in Bezug auf Rückvergütungen - eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (vgl. Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, ZIP 2007, 518, 521 Rn. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22, auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6 mwN).
- 34
- Die Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161 und vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12). Davon kann bei verschwiegenen Rückvergütungen nicht schon wegen deren Geringfügigkeit im Verhältnis zur Anlagesumme ausgegangen werden (OLG Köln, WM 2003, 338, 340 f.). Es muss vielmehr aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls feststehen , dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zur Verfügung standen.
- 35
- Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts und die Widerlegung der Vermutung rechtsfehlerfrei verneint. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast für das Nichteingreifen der Vermutung nicht verkannt. Diese trifft - genauso wie für die Widerlegung der Vermutung - die Bank, deren Aufklärungspflichtverletzung feststeht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515 Rn. 11). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Verfahrensfehler rügt, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
- 36
- c) Ebenfalls rechts- und verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Ver- schulden der Beklagten und die Aktivlegitimation der Klägerin sowie auch eine Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie bejaht.
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt,
a. an den Kläger EUR 14.875,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu zahlen.
b. den Kläger von allen Verbindlichkeiten bezüglich des von dem Kläger bei der H. Bank AG aufgenommenen Darlehns über einen Nennbetrag in Höhe von EUR 11.375,00 bei einem nominal Zinssatz in Höhe von 7,475 % und einer Laufzeit bis zum 30.11.2014 – Rückzahlungsbetrag am 30.11.2014: EUR 19.811,68, Kontonummern bei der H. Bank – freizustellen.
c. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennbetrag von EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer resultieren.
Die Verurteilung zu Ziffer 1.a, 1.b und 1.c erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer sowie Abtretung sämtlicher Ansprüche und Übertragung aller Rechte aus dem Darlehensvertrag mit der H. Bank AG über einen Nennbetrag in Höhe von EUR 11.375,00, , auf bzw. an die Beklagte.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte des Klägers aus seiner Beteiligung aus der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 25.000,00 in Annahmeverzug befindet.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin des Klägers.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 14.11.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn (2 O 462/09) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit den von ihm und seinem am 19.10.2003 verstorbenen Vater im November 2001 und Dezember 2002 gezeichneten Beteiligungen an zwei sog. P-Fonds - der "Grundstücksgesellschaft H GbR" und der "Grundstücksgesellschaft N GbR" - geltend. Zweck der Grundstücksgesellschaften war im Wesentlichen der Erwerb von Grundbesitz und dessen Bebauung mit einem bzw. Umbau eines Geschäftshaus(es), das an die L AG (zurück)vermietet werden sollte.
4Mit den Hauptanträgen begehrt er die Rückabwicklung der Beteiligungen, die Feststellung, dass der Beklagten zu 1) keinerlei Ansprüche aus den zur Zwischenfinanzierung der Einlagen ausgereichten Darlehen mehr zustünden sowie die Freistellung von allen Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft gegenüber Dritten und von allen Verpflichtungen gegenüber Mitgesellschaftern dieser Gesellschaften, die Feststellung, dass sich die Beklagte zu 1) hinsichtlich der Rücknahme der Beteiligungen in Annahmeverzug befinde sowie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm allen weiteren Schaden im Zusammenhang mit den fraglichen Beteiligungen zu ersetzen. Darüber hinaus begehrt er die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Herausgabe näher bezeichneter vollstreckbarer Ausfertigungen notarieller Urkunden. Mit seinen Hilfsanträgen nimmt er die Beklagten zu 2) und 3) im Wesentlichen im Wege der actio pro socio als Geschäftsführer der Fondsgesellschaften und die Beklagte zu 4) als gesellschaftsvertraglich beauftragte Entwicklerin der Fonds auf Leistung von Schadensersatz an die jeweilige Gesellschaft in Anspruch. An einer weiteren - vom Kläger und vom Erblasser auf ein gleichartiges Angebot der Beklagten im Jahre 2001 gezeichneten - Beteiligung an der nach den gleichen Prinzipien wie die Q GbR und die N GbR funktionierenden "Grundstücksgesellschaft C GbR" hält der Kläger fest, weil dieses - an die T2 AG vermietete - Objekt nach Darstellung des Klägers (GA 12) gegenwärtig beanstandungsfrei läuft.
5Die Haftung der Beklagten bestehe, so die Auffassung des Klägers, nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 BGB) wegen schuldhafter Nichtaufklärung über regelwidrige Auffälligkeiten, die darin begründet seien, dass schon vor den jeweiligen Beitrittserklärungen zwischen den Beklagten einerseits und dem Vorstand der L AG und Vertretern einer Großaktionärin dieser AG andererseits für die Anleger nachteilige - und im weiteren Verlauf auch realisierte - Vereinbarungen getroffen worden seien. Die Haftung der Beklagten zu 1) als die Beteiligungen zwischenfinanzierende Bank ergebe sich aus ihrer Rolle als Mitinitiatorin bzw. "maßgeblicher Hintermann". Weder durch die schriftlichen - als Prospekt im Sinne der Prospekthaftungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu qualifizierenden - Unterlagen noch in mündlicher Form seien er und sein Vater darüber aufgeklärt worden, dass keine Prüfung stattgefunden habe, ob die Ertragskraft der L AG für die vereinbarten langfristigen Mietzahlungen auf Dauer ausreiche. Die wirtschaftliche Situation der L AG sei von der Beklagten zu 1) zu keinem Zeitpunkt mit der erforderlichen banküblichen Sorgfalt geprüft worden. Die Miete sei als reine, sog. "Investitionsmiete" weit, nämlich um jedenfalls 30% überhöht und nicht nachhaltig erzielbar gewesen; sie habe sich weder an der Ertragskraft dieses Unternehmens noch an der Marktsituation orientiert, sondern sei nur unter dem Gesichtspunkt ermittelt worden, dass die Fondsgesellschaft eine ausreichende Rendite erziele. Die dergestalt ermittelte Miete sei von den Vertretern der L AG ohne weitere Verhandlungen akzeptiert worden. Tatsächlich sei bereits zum Zeitpunkt der Zeichnung erkennbar gewesen, dass die L AG auf Dauer nicht wirtschaftlich erfolgreich sein könne und insolvenzgefährdet sei.
6Dies sei den Anlegern ebenso verschwiegen worden wie der Umstand, dass die vereinbarten überhöhten Mieten notwendig gewesen seien, um die Zahlungen auf die - ebenfalls deutlich überhöhten "weichen Kosten" der Beteiligung, denen zu einem großen Teil auch keinerlei reale Leistungen gegenübergestanden hätten - zu finanzieren. Die dargestellten Absprachen über die überhöhte Miete und die Zahlung nicht gerechtfertigter "weicher Kosten" hätten die Gefahr einer Interessenkollision begründet, die sich auch zu Lasten der Anleger habe auswirken können. Eine Interessenkollision ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 4) an die Konzernmutter der Mieterin, L AG, einen Betrag von 25 Millionen € für die "Begründung der Geschäftsbeziehungen und für die bisherige und zukünftige Zusammenarbeit" gezahlt habe; auch dies sei geeignet gewesen, sich zumindest mittelbar auf die Wirtschaftlichkeit des Fondsobjektes auszuwirken. Zwischen den Beteiligten auf Seiten der Beklagten einerseits und der L AG andererseits seien weitere, den Interessen der Anleger zuwiderlaufende, ihnen gegenüber jedoch verheimlichte Absprachen getroffen worden, mit denen der Gesamtaufwand unberechtigt erhöht worden sei. Darüber hinaus sei zwischen der "P-Gruppe" und der L AG vereinbart worden, bei den streitgegenständlichen Objekten etwa erzielte Baukostenersparnisse hinter dem Rücken der Anleger zu teilen. Auch über diese - eklatant gegen die §§ 3 und 4 Abs. 4 der jeweiligen Gesellschaftsverträge verstoßende - Abrede einer Kick-back-Zahlung an Initiatoren und Mieter sei nicht aufgeklärt worden.
7Die Beklagten sind den Behauptungen des Klägers entgegengetreten. Sie haben vorgetragen, dass es die Anleger benachteiligende Absprachen im Vorfeld der Zeichnung nicht gegeben habe; Überlegungen zu einer weitreichenden Zusammenarbeit zwischen der L AG und den Beklagten seien über das Stadium von Vorprüfungen nicht hinausgekommen und aus rechtlichen Erwägungen nicht weiterverfolgt worden. Die im Interesse der Anleger notwendigen Prüfungen der wirtschaftlichen Grundlagen der Fondsgesellschaften seien pflichtgemäß durchgeführt worden. Eine Verpflichtung, mit der L AG eine marktübliche Miete für die Warenhäuser, die in den Fondsobjekten betrieben werden sollten, auszuhandeln, habe allerdings nicht bestanden, da es eine solche marktübliche Miete im Hinblick auf die Besonderheiten des auf die L AG - bzw. deren jeweiliger Tochtergesellschaft - als Mieter zugeschnittenen Objektes nicht gegeben habe. Im Übrigen treffe die Behauptung, die Miete sei weit "überhöht" gewesen, nicht zu. Selbst wenn das der Fall gewesen sei, habe dies die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gesamtkonzerns in keiner Weise tangiert, weil die Mieten im Gesamtkostengefüge des Konzerns nur eine vollkommen untergeordnete Rolle gespielt hätten. Unrichtig sei auch die Behauptung des Klägers, bereits in den Jahren 2001 und 2002 sei absehbar gewesen, dass die L AG in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte. Was die "weichen Kosten" angehe, seien diese offen in dem Exposé ausgewiesen gewesen, das dem Kläger und dem Erblasser bzw. zumindest dem Zeugen L1 vor der Zeichnung zur Verfügung gestanden habe. Das Wissen und die dem Zeugen L1 vermittelten Informationen müsse sich der Kläger (und der Erblasser) im Übrigen in vollem Umfang zurechnen lassen. Letztlich habe sich mit der Insolvenz der L AG bzw. ihrer Rechtsnachfolger lediglich das Projekten der vorliegenden Art immanente Bauherrenrisiko verwirklicht.
8Das Landgericht, auf dessen Entscheidung wegen der tatsächlichen Feststellungen - insbesondere zum wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrund der beiden streitgegenständlichen Immobilienfonds, den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Klägers und des Erblassers, den rechtlichen Beziehungen der an der Realisierung der beiden Projekte sowie am Anteilserwerb des Klägers und seines Vaters Beteiligten - der dort gestellten Anträge und der Einzelheiten der rechtlichen Würdigung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger Schadensersatzansprüche auf Rückabwicklung der streitgegenständlichen Beteiligungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustünden. Das gelte nicht nur für eine Haftung aus - im vorliegenden Fall von vornherein nicht anwendbaren - spezialgesetzlichen Prospekthaftungsnormen, sondern auch aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung (im engeren wie im weiteren Sinne). Soweit eine solche Haftung voraussetze, dass die Anlageentscheidung auf der Grundlage eines Prospektes getroffen worden sei, fehle es schon an der Prospekteigenschaft der dem Kläger - bzw. dem für ihn handelnden Zeugen L1 - überlassenen, erkennbar lückenhaften Exposés nebst Investorenordner. Außerdem hätten sich die darin enthaltenen Informationen nicht an eine größere Anzahl unbestimmter Personen, sondern nur an einen "erlesenen Kreis" sehr wohlhabender Adressaten gerichtet.
9Eine Haftung im Sinne der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne scheide unabhängig davon aber auch deshalb aus, weil die maßgebliche Information des Klägers und seines Vaters nicht durch die schriftlichen Unterlagen - die Exposés nebst Investorenordner -, sondern über den Zeugen L1 mündlich erfolgt sei, dessen Wissen und Kenntnisse beiden Anlegern zuzurechnen seien. Der Zeuge L1 sei aber aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen in führenden Positionen im Bankensektor, in der Vermögensverwaltung und aufgrund eigener Anlegererfahrung hinsichtlich der vom Kläger nunmehr beanstandeten Risiken nicht aufklärungsbedürftig gewesen. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen, inwieweit eine mündliche Aufklärung des Zeugen L1 durch den Beklagten zu 2) tatsächlich nicht erfolgt sei. Selbst wenn man allerdings davon ausgehe, dass sich der Kläger das Wissen und die Kenntnisse des Zeugen L1 nicht zurechnen lassen müsse, fehle es - vor allem, wenn man berücksichtige, dass es sich sowohl beim Kläger wie bei dessen Vater um zum Anlagezeitpunkt erfahrene Geschäftsleute gehandelt habe - an einem relevanten Aufklärungsmangel. Beiden Anlegern seien die wesentlichen Umstände der Anlage und des Anlageobjektes einschließlich der Struktur der P-Gruppe und der Verflechtungen zwischen der Beklagten zu 1) und den Beklagten zu 2) - 4) bewusst gewesen.
10Auch den schriftlichen Unterlagen, die dem Kläger und seinem Vater über den Zeugen L1 vor der Zeichnung zugänglich gemacht worden seien, seien keine haftungsbegründenden Unrichtigkeiten zu entnehmen. Was die Prognose der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der L AG angehe, stützten die vom Kläger vorgetragenen Anhaltspunkte seine Behauptung, eine dauerhaft mangelnde Leistungsfähigkeit des Konzerns sei bereits zum Zeichnungszeitpunkt deutlich zu erkennen gewesen, nicht. Eine solche wirtschaftliche Schwäche sei weder den Konzernbilanzen aus den Jahren 1999-2002 noch dem vom Kläger vorgelegten Privat-Kurzgutachten zu entnehmen. Das gleiche gelte für die rückläufigen Flächenumsatzzahlen, die keine relevante Größe für die wirtschaftliche Lage des Gesamtkonzerns gewesen seien. Auch dem Umstand, dass - nach der Behauptung des Klägers - die Mieterin über den Mietpreis nicht verhandelt, sondern diesen ohne Einschränkungen akzeptiert habe, sei in diesem Zusammenhang kein taugliches Kriterium, weil es eine Fülle möglicher Motivationen für ein solches Verhalten gegeben haben könne, beispielsweise die, dass der verlangte Mietzins auch aus der Sicht der Mieterin wirtschaftlich angemessen sei und der eigenen Kalkulation entsprochen habe. Ohnehin könne nicht von einem überhöhten Mietzins ausgegangen werden, den der Kläger nicht substantiiert dargelegt habe. Die Möglichkeit, ortsübliche Vergleichsmieten zu bestimmen, bestehe bei Spezialimmobilien der vorliegenden Art, die nur für den vorgesehenen Mieter geplant und gebaut worden seien und denen ein vollkommen neues Geschäftskonzept zugrundeliege, nicht. Im Übrigen habe sich aus einer - unterstellten - Überhöhung der Mieten keine Gefahr für das Investment ergeben können.
11Soweit der Kläger rüge, dass er nicht über eine weitreichende Zusammenarbeit zwischen den Beklagten auf der einen Seite und der L AG auf der anderen Seite informiert worden sei, führe auch das zu keinem anderen Ergebnis. Eine etwaige Absicht zu einer umfassenden Zusammenarbeit sei nach dem Inhalt der vom Kläger vorgelegten Unterlagen über das Stadium von Vorüberlegungen, die nicht aufklärungspflichtig seien, nicht hinausgekommen. Ebenso wenig seien die Beklagten verpflichtet gewesen, über die in den schriftlichen Unterlagen bereits enthaltene Information hinaus über Zahlungen im Zusammenhang mit sogenannten "Weichkosten" - etwa für Mietervermittlung und die Übernahme einer Mietgarantie - zu informieren.
12Im Übrigen seien die gerügten Aufklärungsfehler schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers für die jeweilige Anlageentscheidung des Klägers und seines Vaters nicht kausal geworden. Die Anlageentscheidung sei, wie sich sowohl dem prozessualen Vortrag des Klägers wie auch seinen vorgerichtlichen Äußerungen (beispielsweise dem Schreiben an die Beklagte zu 1) vom 7.7.2009) entnehmen lasse, nicht in erster Linie durch Überlegungen zur Sicherheit und Rentabilität des Investments bestimmt gewesen, sondern habe primär der Pflege und Intensivierung der eigenen Geschäftsbeziehung mit der P-Gruppe dienen sollen. Deshalb könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger und der Erblasser bei Kenntnis der aus Klägersicht offenbarungspflichtigen Punkte von einer Zeichnung der Beteiligung Abstand genommen hätten.
13Deliktische Schadensersatzansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 264 a StGB) kämen schon deshalb nicht infrage, weil ein Prospekt begrifflich nicht vorliege und eine fehlerhafte Information durch die übersandten Unterlagen auch nicht - wie § 264 a Abs. 1 StGB erfordere - gegenüber einem größeren Kreis von Personen erfolgt sei.
14Auch eine Verurteilung der Beklagten auf der Grundlage der Hilfsanträge komme nicht in Betracht. Soweit es um den Vorwurf gehe, Mietverträge ohne Bonitätsprüfung abgeschlossen zu haben, sei darauf zu verweisen, dass die Verträge auf ausdrückliche und einstimmige Ermächtigung durch die jeweiligen Gesellschafterversammlungen mit Zustimmung auch des Klägers abgeschlossen worden seien. Im Übrigen habe zum damaligen Zeitpunkt auch keine andere Möglichkeit als die einer Vermietung an die vorgesehene Mieterin bestanden. Auch der Hilfsantrag zu Ziffer 2) sei nicht begründet. Ein Verstoß gegen die in § 10 des Gesellschaftsvertrages Q (bzw. § 9 des Gesellschaftsvertrages N) geregelte interne Verpflichtung wäre nur dann gegeben, wenn es durch die Unterzeichnung der Zweckerklärung zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung auch des Klägers und des Erblassers gekommen wäre. Das sei aber in Anbetracht der Tatsache, dass der Ausschluss des Rechtes zur Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB lediglich zur Anwendung der Verrechnungsvorschrift des § 366 Abs. 2 BGB führe, nicht der Fall. Soweit der Kläger schließlich verlange, die Zwangsvollstreckung aus den im Rahmen seiner Anträge näher bezeichneten notariellen Urkunden für unzulässig zu erklären, sei dies schon deshalb unbegründet, weil er nicht dargelegt habe, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche gegen ihn mehr zustünden.
15Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner zulässigen Berufung, mit der er - mit geringen Nuancierungen - seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und wirft dem Landgericht vor, seinen Sachvortrag in tatsächlicher Hinsicht unvollständig zur Kenntnis genommen und rechtlich falsch bewertet sowie eine erforderliche Sachaufklärung verfahrensfehlerhaft unterlassen zu haben. Schon auf der Grundlage seines erstinstanzlichen Vortrags - so seine Auffassung - hätte eine antragsgemäße Verurteilung der Beklagten erfolgen müssen. Inzwischen, nämlich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz, hätten sich zudem eine Reihe weiterer Erkenntnisse ergeben, die die Richtigkeit seines erstinstanzlichen Vorbringens bestätigten und die der Entscheidung im Berufungsverfahren ergänzend zugrunde zu legen seien.
16Bei richtiger Bewertung ergebe sich allerdings schon aus seinem erstinstanzlichen Vorbringen, dass es - für die Anleger nachteilige und aufklärungsbedürftige - vertragliche Verbindungen der Beklagten mit den Vertretern der L AG außerhalb der reinen Grundstückskauf- und Mietverträge gegeben habe. Bereits den im ersten Rechtszug vorgelegten Unterlagen könne man entnehmen, dass für die Beklagten allein der kalkulierte Gesamtaufwand für die konkrete Bemessung der - gegenüber der in Wirklichkeit ohne weiteres ermittelbaren Marktmiete überhöhten - Miete maßgeblich gewesen und damit die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit ihres Vertragspartners aus Gleichgültigkeit gefährdet worden sei. Bei der Bemessung der Miete hätten allein die Interessen der Beklagten an kurzfristiger Gewinnmaximierung unter Außerachtlassung der Frage, ob das Gesamtmodell auf Mieterseite nachhaltig wirtschaftlich tragfähig sei, eine Rolle gespielt. Die Existenz mietbeeinflussender Absprachen ergebe sich unzweifelhaft aus den vorgelegten Unterlagen, namentlich aus den Vereinbarungen vom 30.8.2001, wie der Beklagte zu 2) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Q GbR in einem Prozess vor dem Landgericht Bonn auch eingeräumt habe.
17Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz habe sich zudem als Ergebnis einer Befragung des Zeugen L1 ergeben, dass dieser keineswegs von der Existenz von Absprachen, die sich auf die Miethöhe ausgewirkt hätten, Kenntnis gehabt habe. Ebenfalls erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz seien dem Kläger zwei unterzeichnete Fassungen des bereits im landgerichtlichen Verfahren vorgelegten Dokuments mit dem handschriftlichen Vermerk "Kalkulationsunterlagen F" zugänglich gemacht worden, aus denen sich der zwingende Schluss ergebe, dass Zahlungen auf "weiche Kosten", die im Investitionsplan erwähnt seien, heimlich an Unternehmen des L Konzerns geflossen seien. In der mündlichen Verhandlung eines Rechtsstreits vor der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln zwischen Frau T und den Beklagten sei zudem die Existenz des von ihm bereits erstinstanzlich behaupteten "L-Immobilien-Grundkonsenses" zu Tage getreten. Weitere Erkenntnisse - insbesondere die, dass als Ausfluss der nach seiner Auffassung inzwischen nachgewiesenen Gesamteinigung vom 30.8.2001 zwischen den Beklagten zu 1) und 2) und dem Vorstand der L AG Investitionskosten an den L Konzern geflossen seien, die eine Angemessenheitsprüfung der vereinbarten Miete ausschlössen - ergäben sich aus dem "Görg-Organhaftungsprozess" (erstinstanzlich LG Essen; 2. Instanz OLG Hamm). Aus den angesprochenen Unterlagen, aber auch aus dem Inhalt weiterer gerichtlicher Verfahren, u.a. von Anlegerprozessen vor den Landgerichten Bonn und Frankfurt sowie dem gegen vier der früheren persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten zu 1) gerichteten Strafverfahren vor einer Großen Strafkammer des Landgerichts Köln ergebe sich zweifelsfrei das Bestehen des von ihm stets behaupteten "Gesamtvertragswerks" für alle "Oppenheim-F-Objekte". Im vorliegenden Fall gehe es allerdings nicht einmal darum, sondern ausschließlich um die konkreten und belegbaren mietbeeinflussenden Absprachen, Absprachen über Gewinnbeteiligungen und Rückkaufsoptionen und die weiteren den Anlegern gegenüber verheimlichten und sich zu ihrem Nachteil auswirkenden Zahlungsflüsse. Der den Beklagten gegenüber erhobene Vorwurf richte zum einen auf die Überhöhung der Grundstückskaufpreise und der vereinbarten, aber weder nachhaltig erzielbaren noch marktgerechten Mieten. Zum anderen gehe es um die den Anlegern verschwiegenen Zahlungen an den Konzern der Mieterin in Form von Mieterverschaffungsgebühren, Einstandsgebühren und Gewinnen aus Planungs- und Projektentwicklungsverträgen sowie einer Teilung eingesparter Bau- und Baunebenkosten. Den Anlegern sei damit das Modell einer seriös ermittelten, langfristig kalkulierten und marktgerechten Miete vorgegaukelt worden, die in Wahrheit aber in hohem Maße manipuliert gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei auch keineswegs entscheidend, ob sich dem vorgelegten Prospekt die Höhe der gesamten anfallenden "Weichkosten" entnehmen lasse oder nicht. Ausschlaggebend sei, dass der Umstand verheimlicht werde, dass die Zahlungen an Unternehmen geflossen sein, die im Konzernverbund der L AG stünden und dass diesen Zahlungen zu einem erheblichen Teil keine realen, eine Vergütung rechtfertigenden Leistungen zu Grunde lägen. Ein Anleger könne berechtigterweise annehmen, dass die Konzernmutter einer Mieterin ihre eigenen "Leistungen" - nämlich die Vermittlung einer Tochter als Mieterin und das Einstehen für deren Verpflichtungen - kostenlos erbringe. Im vorliegenden Fall seien stattdessen Zahlungen in Höhe eines Vielfachen der Jahresmieten an die Muttergesellschaft ohne Gegenleistung gezahlt worden, nur damit diese eine unterkapitalisierte Tochtergesellschaft als Mieterin vorschiebe.
18Da der Zeuge L1 trotz seiner beruflichen Erfahrung und seines Hintergrundwissens von diesen Absprachen aber keinerlei Kenntnis gehabt haben könne, habe das Landgericht seine Vernehmung verfahrensfehlerhaft unterlassen. Verfahrensfehlerhaft sei zudem, dem Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast auch für die Inhalte der vom Beklagten zu 2) geführten Gespräche, an denen der Kläger nicht teilgenommen habe, aufzuerlegen und den Vortrag des Klägers als auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet zu qualifizieren. Eine Befragung des Zeugen Y den mietbeeinflussenden Absprachen könne allenfalls deshalb unterbleiben, weil sich dem Vortrag der Beklagten bei zutreffender Bewertung ein Zugeständnis dieser Absprachen entnehmen lasse.
19Die rechtlichen Ausführungen des Landgerichts zur Prospekthaftung seien in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft bzw. überflüssig. Während Ansprüche aus spezialgesetzlichen Haftungsnormen und aus Prospekthaftung im engeren Sinne nicht geltend gemacht würden, verkenne das Landgericht die Grundsätze der - nur an die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens geknüpften und die Verwendung eines Prospekts im technischen Sinne nicht voraussetzenden - Prospekthaftung im weiteren Sinne. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien danach überhöhte Mieten ebenso aufklärungspflichtig wie mietbeeinflussende Absprachen. Im Übrigen sei das "Exposé mit Investorenordner" entgegen der Auffassung des Landgerichts durchaus als Prospekt im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung - insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidung des III. Zivilsenats des BGH vom 17.11.2011 (BGHZ 191, 310) - anzusehen.
20Die Haftung der Beklagten zu 1) folge daraus, dass sie sich nicht auf die Rolle einer finanzierenden Bank beschränkt habe, sondern offenkundig als Mitinitiatorin und als Mitgesellschafterin der Beklagten zu 3) und 4) und als Partnerin verschiedener Beratungsverträge auf die Gesamtprojekte wesentlichen Einfluss gehabt habe.
21Fehlerhaft seien auch die Ausführungen des Landgerichts zur Frage der Kausalität. Das gelte sowohl, soweit das Landgericht angenommen habe, dass der Kläger und der Erblasser im Hinblick darauf, dass ihnen die Vorkenntnisse des Zeugen Yzurechnen sein, schon gar nicht aufklärungsbedürftig gewesen seien als auch im Hinblick auf die nach der Interessenlage nicht gerechtfertigte Annahme, dass die Zeichnung der Beteiligungen - unter Außerachtlassung jeglicher Überlegungen zur Sicherheit und zur Rendite des Investments - ausschließlich deshalb erfolgt sei, um mit den Beklagten eine längerfristige geschäftliche Zusammenarbeit zu begründen.
22Was den 1. Hilfsantrag angehe, so sei die vom Landgericht für die Abweisung der Klage gegebene Begründung unzutreffend. Auf die Gesellschafterbeschlüsse vom 31.1. und vom 19.12.2003 könne die Klageabweisung nicht gestützt werden, weil die Mietverträge erst wesentlich später abgeschlossen worden seien. Es sei entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keinesfalls zwingend, dass es für die Vermietung an die Tochter der L AG keine Alternative mehr gegeben habe. Hinsichtlich der Zurückweisung des Hilfsantrags zu 3) (betreffend die mit der Sparkasse L2 getroffene vertragliche Regelung) sei die Auffassung des Landgerichts deshalb unrichtig, weil die disquotale Verrechnung von Verwertungserlösen nach § 366 Abs. 2 BGB zwar rechtlich etwas anderes sei als eine gesamtschuldnerische Haftung, im wirtschaftlichen Ergebnis jedoch genau darauf hinauslaufe.
23Mit der Berufung verfolgt der Kläger im Wesentlichen die erstinstanzlichen Klageanträge weiter, mit einer Modifizierung hinsichtlich des ursprünglich als Freistellungsantrag geltend gemachten Anspruchs gegen die Beklagte zu 1) (Ziffer 1 c) sowie insoweit, als bisher nicht berücksichtigt worden sei, dass sich die Kapitaleinlage für beide Gesellschaften in der Höhe, in der die Klage in der 1. Instanz teilweise zurückgenommen worden sei (189.770,230 €) - mit Konsequenzen im Rahmen der Bezeichnung/Bezifferung des Zug-um-Zug zu übertragenden Gesellschaftsanteils - gemindert habe.
24Der Kläger beantragt,
25die Beklagten in Abänderung der Entscheidung des Landgerichts
261.
27als Gesamtschuldner zu verurteilen,
28a)
29an ihn 15.880.169,55 € nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 17.135.853,66 € nominal nebst allen Rechten und Pflichten an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1.7.2011,
30b)
31an ihn 31.041.077,42 € nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 29.141.369,08 € nominal an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1.7.2011,
32c)
33festzustellen, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus dem zur Zwischenfinanzierung der von ihm und seinem Rechtsvorgänger gezeichneten Einlagen an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" und/oder an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" ausgereichten Darlehen mehr zustehen.
34d)
35ihn von allen Verbindlichkeiten der in lit c) näher bezeichneten Gesellschaften bürgerlichen Rechts gegenüber Dritten und von allen Verpflichtungen des Klägers gegenüber den Mitgesellschaftern dieser Gesellschaften bürgerlichen Rechts aus dem Gesellschaftsverhältnis freizustellen.
362.
37festzustellen, dass die Beklagte zu 1) ihm gegenüber in Verzug ist mit der Annahme seiner Angebote je vom 28.9.2011, je notariell unterschriftsbeglaubigt von Notar O1, CH #### A, am 28.9.2011,
38a)
39auf Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 17.135.853,66 € nominal an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1. Juli 2011 und über die Zahlung eines Übertragungsentgelts von 15.880.169,55 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab dem 1.7.2011, der Beklagten zu 1) zugestellt am 10.10.2011,
40b)
41auf Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 29.141.369,08 € nominal an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1.7.2011 und über die Zahlung eines Übertragungsentgelt von 31.041.077,42 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab dem 1.7.2011, der Beklagten zu 1) zugestellt am 10.10.2011.
423.
43festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren Schaden zu ersetzen, der diesem und/oder seinem Gesamtrechtsvorgänger X sen. aus der Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" und/oder aus der Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" etwa über das Klagebegehren gemäß dem Antrag zu 1) hinaus entstanden ist und/oder dem Kläger etwa künftig noch entsteht.
444.
45die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die vollstreckbaren Ausfertigungen der Urkunden des Notars I, F, vom 5.12.2002, UR-Nr. F#####/#### und UR-Nr. F#####/#### (Schuldanerkenntnisse des Klägers und des Gesamtrechtsvorgängers des Klägers X sen. gegenüber der Beklagten zu 1) über je 10.500.000 € zuzüglich Zinsen von 20 % jährlich seit 05.12.2002) an den Kläger herauszugeben.
46Hilfsweise zu 1), 2), und 3):
471.
48In Abänderung der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass die Beklagten zu 2), 3) und 4) als Gesamtschuldner verpflichtet sind,
49a)
50der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" allen Schaden zu ersetzen, der dieser bereits entstanden ist und/oder künftig noch entsteht, dass die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer und die Beklagte zu 4) als gesellschaftsvertraglich beauftragter Projektentwickler die der Grundstücksgesellschaft H GbR gehörende Immobilie Q, C-Straße an die B AG (früher L AG) langfristig vermieteten,
51aa)
52ohne zuvor ihrer gesellschaftsvertraglichen Pflicht nachzukommen, den Mietvertrag erst nach ausreichender branchenüblicher Bonitätsprüfung des Mieters abzuschließen,
53bb)
54ohne im Rahmen der dennoch vorgenommenen Vermietung von der Mieterin die Leistung einer angemessenen werthaltigen Miet-Sicherheit zu fordern,
55cc)
56ohne die Gesellschafter der Gesellschaft darüber rechtzeitig aufzuklären, dass die mit der Mieterin vereinbarten Mieten von dieser nicht erwirtschaftet werden können.
57b)
58der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" allen Schaden zu ersetzen, der dieser bereits entstanden ist und/oder künftig noch entsteht, dass die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer und die Beklagte zu 4) als gesellschaftsvertraglich beauftragter Projektentwickler die der "Grundstücksgesellschaft N GbR" gehörende Immobilie N, N an die B AG (früher L AG) langfristig vermieteten,
59aa)
60ohne zuvor ihrer gesellschaftsvertraglichen Pflicht nachzukommen, den Mietvertrag erst nach ausreichender branchenüblicher Bonitätsprüfung des Mieters abzuschließen,
61bb)
62ohne im Rahmen der dennoch vorgenommenen Vermietung von der Mieterin die Leistung einer angemessenen werthaltigen Miet-Sicherheit zu fordern,
63cc)
64ohne die Gesellschafter der Gesellschaft darüber rechtzeitig aufzuklären, dass die mit der Mieterin vereinbarten Mieten von dieser nicht erwirtschaftet werden können.
652.
66festzustellen, dass die Beklagten zu 2), 3) und 4) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem entsteht, wenn die Sparkasse Köln/Bonn
67a) gemäß Ziffer 1.4 der Zweckerklärungen
68aa)
69vom 21.11.2005 betreffend die zugunsten der Sparkasse Köln/Bonn in Abteilung III lfd. Nr. 1 und -(neu)- des Grundbuchs des Amtsgerichts Q von Q, Blätter ####, ##### und ####, eingetragenen Grundschulden über 62.888.901,39 € und 14.823.146,95 €,
70bb)
71vom 23.9.2006 betreffend die zugunsten der Sparkasse Köln/Bonn in Abteilung III lfd. Nr. 1 des Grundbuchs des Amtsgerichts N von N I Band #### eingetragene Grundschuld zu 86.550.000 €
72einen zur Befriedigung sämtlicher Forderungen nicht ausreichenden Erlös je aus der Verwertung dieser Grundschulden wegen Forderungen gegen mehrere Schuldner zunächst auf Forderungen verrechnet, die der Sparkasse Köln/Bonn geringere Sicherheit bieten,
73b)
74gemäß Ziffer 10.6 der Urkunde über die Abtretung von Außenständen (Globalabtretung) vom 21.11.2005 aus der Vermietung/Verpachtung der Objekte C-P-Straße - 52, E-Straße, H-Straße -22, K-Straße 12 - 14, I-Allee in ##### Q einen zur Befriedigung sämtlicher durch die Abtretung gesicherten Forderungen nicht ausreichenden Zessionserlös - soweit rechtlich zulässig - nach billigem Ermessen der Sparkasse verrechnet,
75und dem Kläger dadurch ein Schaden entsteht.
76Hilfsweise zu 4:
77die Zwangsvollstreckung aus den Urkunden des Notars I, F, vom 5.12.2002, UR-Nr. F#####/#### und UR-Nr. F#####/#### (Schuldanerkenntnisse des Klägers und des Gesamtrechtsvorgängers des Klägers X sen. gegenüber der Beklagten zu 1) über je 10.500.000 € zuzüglich Zinsen von 20 % jährlich seit 5.12.2002) für unzulässig zu erklären.
78Die Beklagten beantragen,
79die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
80Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
81Die Beklagte zu 1) verweist - wie schon im Rahmen ihres erstinstanzlichen Vorbringens - darauf, dass es nach ihrer Auffassung für die hier in Rede stehenden Warenhäuser keine marktübliche Miete gebe, so dass naturgemäß auch von einer überhöhten Miete keine Rede sein könne. Im Übrigen sei von den Beklagten zu keinem Zeitpunkt bestritten worden, dass der kalkulierte Gesamtaufwand die Ausgangsbasis für die von der Mieterin verlangte und mit ihr vereinbarte Mietzinshöhe gewesen sei. Unrichtig sei allerdings die Behauptung des Klägers, der Vorstand der L AG habe die Mieten ohne jegliche Verhandlungen und unter Außerachtlassung eigener Interessen akzeptiert. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Vorstand - insbesondere auch aus Gründen der notwendigen bilanziellen Klassifizierung - vor der Vereinbarung ein Gutachten eingeholt und sich mit der Miethöhe auch im Übrigen intensiv befasst habe. Für die Annahme eines überhöhten Mietzinses seien die vom Kläger angeführten Drohverlustrückstellungen ungeeignet. Die Annahme, dass die Miethöhe in irgendeiner Weise mit einem Insolvenzrisiko der L AG in Zusammenhang stehe, sei wegen der Größenordnung der Mietverpflichtung in Relation zur Höhe der Gesamtverbindlichkeiten des Konzerns nicht nachvollziehbar.
82Kollusive und zum Nachteil des Klägers wirkende Vereinbarungen zwischen der L AG, P-Gesellschaften und Frau T habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Sämtliche vom Kläger vorgelegten Unterlagen ließen einen solchen Schluss nicht zu. Es handele sich in allen Fällen lediglich um unverbindliche Überlegungen und Ideen, die aber zu einem frühen Zeitpunkt aus rechtlichen Gründen "zu den Akten gelegt" worden seien. Dies gelte nicht nur für eine Kooperation auf Aktionärsebene, sondern auch für Überlegungen zu einer weitergehenden Zusammenarbeit bei Immobilienprojekten. Es sei beschlossen worden, dass allenfalls eine Kooperation auf Einzelfallbasis in Betracht käme, wie sie dann bei den fünf bekannten Objekten auch realisiert worden sei. Nichts anderes ergebe sich bei richtiger Bewertung aus den vom Kläger sowohl in 1. wie in 2. Instanz vorgelegten Unterlagen. Sämtliche Vereinbarungen, die im Bereich der Mietverschaffungs- und Einstandsverträge und der Planungs- und Projektentwicklungsverträge mit Unternehmen des L Konzerns geschlossen worden seien, seien nicht zu beanstanden, sondern im Hinblick auf die erheblichen Vorleistungen, die bei der Planung und Realisierung der Objekte von Konzerngesellschaften bereits vor der Konstituierung der Immobilienfonds erbracht worden seien, wirtschaftlich vernünftig gewesen. Auch die Behauptung, dass den Vergütungen reale Leistungen nicht zu Grunde gelegen hätten, sei unrichtig.
83Mit seinem Vortrag dazu, was der Zeuge L1 vor der Zeichnung der Anlage durch den Kläger und den Erblasser nicht gewusst habe, sei der Kläger präkludiert. Im Übrigen werde mit Nichtwissen bestritten, was der Zeuge angeblich nach der mündlichen Verhandlung 1. Instanz zu dieser Frage erklärt habe. Sämtliche Ausführungen des Klägers in diesem Zusammenhang seien im Übrigen unerheblich, weil in Bezug auf die vom Kläger so bezeichneten mietbeeinflussenden Absprachen ebenso wenig eine Aufklärungspflicht bestanden habe wie hinsichtlich der Zahlung einer einmaligen (Eintritts)gebühr i.H.v. 25.000.000 € durch die Beklagte zu 4) an die L AG.
84Auch die Beklagten zu 2) - 4) treten den tatsächlichen Behauptungen und den Rechtsausführungen des Klägers in der Berufungsbegründung entgegen. Nach ihrer Auffassung sei das Rückabwicklungsbegehren des Klägers allein durch die zum Zeitpunkt der Zeichnung für keinen der Beteiligten vorhersehbare Insolvenz der L AG bzw. ihrer Rechtsnachfolger und durch die dadurch beeinträchtigte Renditeerwartung des Klägers motiviert. Bei richtiger Bewertung sei allein maßgeblich, dass der Kläger zunächst genau das bekommen habe, was er gewünscht habe und was - ohne Garantieübernahme von Seiten der Beklagten - als Ziel der Investitionen angekündigt worden sei. Die geplanten Immobilien seien zu den im Exposé genannten Kosten und innerhalb der dort genannten Zeit entsprechend den Angaben errichtet worden; die Kaufhäuser seien zu den prognostizierten Konditionen mit Zustimmung des Klägers vermietet worden. Für den wirtschaftlichen Zusammenbruch des L Konzerns seien die Beklagten aber in keiner Weise verantwortlich. Eine Insolvenz dieses Unternehmens sei zum Zeitpunkt der Zeichnung weder für den Kläger noch für die Beklagten zu 2) - 4) vorstellbar gewesen. Die Beklagten zu 2) - 4) hätten insoweit auch über kein dem Kläger und den anderen Investoren überlegenes Wissen verfügt. Insbesondere sei allen Beteiligten - auch dem Kläger und dem Erblasser - bewusst gewesen, dass der L Konzern zum Zeitpunkt der Zeichnung als Mieter bereits in Aussicht genommen worden war bzw. feststand.
85Von ausschlaggebender Bedeutung hinsichtlich der Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers sei, dass er bzw. der Erblasser die Zeichnung nach einem kurzen Gespräch mit dem Zeugen L1 und offenkundig im Vertrauen auf dessen Erfahrung und die eigenen wirtschaftlichen Kenntnisse ins Werk gesetzt habe. Ein für den Kläger und andere Investoren nachteiliger "Gesamtplan" oder eine rechtlich bindende Kooperationsvereinbarung zwischen den Beteiligten habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Was die Verträge mit L und "L Immobilien" angehe, seien diese sowohl in wirtschaftlicher wie in rechtlicher Hinsicht völlig unbedenklich und im Übrigen auch nicht aufklärungspflichtig gewesen. Falsch sei auch die Behauptung des Klägers, dass die mit L vereinbarten Mieten überhöht gewesen seien. Zum einen gebe es in der vorliegenden Sondersituation schon keinen für die Ermittlung eines marktangemessenen Preises erforderlichen Vergleichsmarkt. Zum anderen sei es aber auch nicht Sache der Initiatoren oder der Fondsgesellschaft, das an der Anmietung interessierte Unternehmen bzw. den dahinter stehenden Konzern am Abschluss eines für diese nachteiligen Vertrages zu hindern.
86Die Beklagten zu 2) - 4) verteidigen die Entscheidung des Landgerichts auch insoweit, als die Kammer eine Vernehmung des Zeugen L1 nicht für erforderlich gehalten, die Leistungen der Beklagten zu 4) an Gesellschaften des L Konzerns nicht als "kick-back" qualifiziert und den dem Kläger zugänglich gemachten Investorenordner nicht als Prospekt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Prospekthaftung angesehen hat. Ferner wiederholen sie ihre bereits erstinstanzlich geäußerte Einschätzung, dass die dem Kläger zugänglich gemachten schriftlichen Unterlagen keinerlei unzutreffende Informationen enthalten hätten und dass die Anlageentscheidung des Klägers und des Erblassers ohnehin nicht im Zusammenhang mit den nunmehr beanstandeten Informationen gestanden habe.
87Was die vom Kläger gestellten Hilfsanträge angehe, so seien diese bereits aus den vorstehend genannten Erwägungen, jedoch auch deshalb unbegründet, weil es an einem zurechenbaren Schaden fehle, denn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mietverträge sei im Hinblick auf den zu diesem Zeitpunkt erzielten Baufortschritt eine Vermietung an ein anderes Unternehmen wirtschaftlich nicht mehr möglich gewesen. Was den Antrag des Klägers auf Feststellung der Ersatzpflicht für Schäden betreffe, die ihm aus der angegebenen Art und Weise der Verrechnung etwaiger Erlöse aus einer Zwangsverwertung entstünden, sei eine Haftung der Beklagten zu 4) schon aus rechtlichen Gründen nicht gegeben, weil sie nicht Geschäftsführerin der Grundstücksgesellschaften sei. Im Übrigen beschränke sich das Gebot des Ausschlusses gesamtschuldnerischer Haftung auf die Begründung von Gesamtschulden und nicht auf die im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich dargestellte und erläuterte Auswirkung der gemeinsamen Nutzung des Grundstücks der Fondsgesellschaft.
88Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
89II.
90Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Rückabwicklung der streitgegenständlichen Beteiligung nicht zustehen, weil die Beklagten ihre sich aus den jeweiligen Rechtsverhältnissen zum Kläger ergebenden Pflichten nicht verletzt haben.
91- 92
1. Eine Beratungspflichtverletzung - einer - der Beklagten scheidet aus. Dass zwischen dem Kläger und den Beklagten ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, kann schon auf der Grundlage des Sachvortrags des Klägers nicht angenommen werden.
Was die Übersendung der schriftlichen, die Beteiligung betreffenden Unterlagen - Exposé nebst Investorenordner - an den Zeugen L1 angeht, könnte dies allenfalls die Grundlage für einen - konkludenten - Beratungsvertrag sein, soweit es um die Fondsgesellschaft N geht, denn nur die dieses Projekt betreffenden Unterlagen sind dem Kläger und dem Erblasser durch eine der beklagten Parteien - nämlich die Beklagte zu 4) - übersandt worden, während sie die Unterlagen bezüglich der Fondsgesellschaft Q von der am vorliegenden Verfahren nicht beteiligten F Vermögensverwaltungsgesellschaft erhalten haben. Allenfalls mit dieser Beklagten könnte demzufolge aufgrund der Übersendung der schriftlichen Unterlagen ein Beratungsvertrag zustande gekommen sein. Aus der bloßen Übersendung des - vom Landgericht zutreffend als erkennbar lückenhaft bewerteten - Exposés nebst Investorenordner mit Schreiben vom 28.11.2002 (Anlagen K 5 a, b) kann jedoch, nachdem dem Kläger und dem Erblasser zuvor von der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 16.10.2002 (Anlagen 4 a, b) ein Beteiligungsangebot - neben N für zwei weitere P-Fonds in M und L3 - zur Prüfung eines etwaigen Interesses unterbreitet worden war und beide ihr Interesse bekundet hatten, ein konkludenter Beratungsvertrag mit der Beklagten zu 4) nicht hergeleitet werden. Die - wie dargelegt lückenhaften - Unterlagen wurden vielmehr ersichtlich nur zur näheren - eigenständigen - Prüfung durch den Kläger und den Erblasser übersandt, ohne dass damit bereits eine anleger- und objektgerechte Beratungsleistung verbunden sein sollte.
94Auch die vorgetragenen mündlichen Erläuterungen der beiden Projekte rechtfertigen nicht die Annahme eines Beratungsvertrages: Der Kläger hat - wie der Erblasser - nach seinem eigenen Vortrag nähere Informationen über die Beteiligungsangebote nicht durch Vertreter der Beklagten zu 2) - 4) erhalten, sondern allein durch den von ihm benannten Zeugen L1, der aber nicht als Vertreter der Beklagten, sondern des Klägers bzw. seines Vaters selbst tätig geworden ist. Auch der - konkludente - Abschluss eines Beratungsvertrages zwischen dem - namens des Klägers und des Erblassers handelnden - Zeugen L1 und den Beklagten zu 2) - 4) scheidet aus: dem Vortrag des Klägers läßt sich nicht entnehmen, dass er selbst, sein Vater oder der für sie handelnde Zeuge L1 trotz ihrer bzw. dessen beruflichen Tätigkeit und Erfahrung, aufgrund derer sie nicht mit einem durchschnittlichen Anleger gleichgesetzt werden können - dennoch unter Inanspruchnahme der Sachkunde der Beklagten zu 2) - 4) eine auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers und des Erblassers zugeschnittene Beratung gewünscht haben.
95Schließlich reicht der Vortrag des Klägers auch nicht für die Annahme aus, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1) aufgrund der übersandten Beteiligungsangebote (Anlagen 4 a, b) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist.
962.
97Zwar kommt eine grundsätzliche Haftung der Beklagten für unrichtige bzw. pflichtwidrig unterlassene Angaben im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb des Klägers und des Erblassers aus anderen Gründen in Betracht:
98a.
99Bei den Beklagten zu 2) - 4) handelt es sich um Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaften Q und N. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH ZIP 1987, 912; ZIP 2006, 849; WM 2009, 400; ZIP 2011, 2299; NJW-RR 2012, 937 = WM 2012, 1184; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 311 BGB Rdn. 71, Nobbe, WM 2013, 193 ff, S. 202 ff), dass bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft, der sich durch Vertragsschluss mit den übrigen Gesellschaftern vollzieht, (vor-)vertragliche Beziehungen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem unmittelbar Beitretenden sowie mit dem über einen Treuhänder beitretenden Gesellschafter/Kommanditisten bestehen. Die Gründungsgesellschafter haften deshalb den Beitretenden gegenüber für im Zusammenhang mit der Beitrittsentscheidung gemachte unrichtige oder unvollständige Angaben unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens. In dieser Eigenschaft werden sie jeweils selbst Vertragspartner der neu eintretenden Gesellschafter und waren dementsprechend auch als künftige Vertragspartner aufgrund persönlich in Anspruch genommenen besonderen Vertrauens bei der Anbahnung der Vertragsverhandlungen über den Betritt zur gebotenen Aufklärung der geworbenen Anleger verpflichtet.
100Diese Haftungsgrundsätze gelten auch dann, wenn die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds unter Verwendung von Prospekten angebahnt wurde (bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne; zum zivilrechtlichen Prospektbegriff, vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 45 Rdn. 47 ff.). Anknüpfungspunkt dieser Haftung ist dementsprechend nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner.
101b.
102Auch hinsichtlich der Beklagten zu 1) kommt - unabhängig vom Fehlen eines Beratungsvertrages - nach der gegebenen Sachlage eine Haftung wegen Verletzung eigener Aufklärungspflichten in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 168, 1 ff; BGHZ 186, 96 ff; BKR 2013, 280; WM 2014, 124) kann eine - wie hier - kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zwar regelmäßig davon ausgehen, dass ihre Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Sie hat aber ausnahmsweise dann Aufklärungs- und Hinweispflichten, wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung gegenüber dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann oder ein schwerwiegender Interessenkonflikt besteht oder die Bank ihre Kreditgeberrolle überschritten hat, mithin im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Verkäufers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen, auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BGH WM 2003, 918; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 44 Rdn. 28 ff; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 280 BGB Rdn. 58 ff). Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen - was die Fondsgesellschaft N betrifft - im Hinblick auf das an den Kläger und den Erblasser übersandte Einladungsschreiben vom 16.10.2002 (Anlagen K 4 a, b) erfüllt, denn daraus ergibt sich eine maßgebliche, die Funktion als Kreditgeberin weit überschreitende Rolle der Beklagten zu 1) ("In jeweils bester Innenstadtlage der Städte L3, M und N investieren wir in den Umbau bzw. die Erweiterung etablierter Warenhausstandorte. … Dieses Grundstücksportfolio wird den Partnern der Bank, unserem Gesellschafterkreis und uns nahestehenden Kunden angeboten. Die vielfältigen Risiken, die mit einer Investition in Immobilien verbunden sind, haben wir, wie bei den bisher realisierten Projekten, versucht weitestgehend zu begrenzen."). Nichts anderes kann hinsichtlich der Rolle der Beklagten zu 1) im Rahmen des Fondsprojektes Q gelten, wie sich aus dem in den für die rechtliche Bewertung wesentlichen Passagen (sinngemäß) gleichlautenden Einladungsschreiben hinsichtlich dieses Fonds ergibt (Anlage K 91 zum Schriftsatz vom 14.10.2013; Bl. 125 des entsprechenden Anlagenheftes).
1033.
104Die Reichweite der sich daraus für die Beklagte zu 1) sowie die Beklagten zu 2) bis 4) ergebenden Aufklärungspflichten - auf der Grundlage ihrer oben dargestellten, jeweiligen Rolle - ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt: Danach oblag den Beklagten die Pflicht, die künftigen Anleger über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind, insbesondere über die Risiken der Beteiligung und über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren (BGH WM 2008, 2355; WM 2010, 1017; WM 2010, 1537; WM 2014, 118; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 311 BGB Rdn. 71). Dazu gehört insbesondere eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen den verschiedenen an der Initiierung und Realisierung des Projektes beteiligten Gesellschaften sowie ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat (BGH NJW-RR 2003, 1054; NJW-RR 2009, 329) und der den Gründungsgesellschaftern, Initiatoren und Hintermännern - nicht aber Vertragspartnern der Fondsgesellschaft, im vorliegenden Fall also der Mieterin (BGH, Urteil vom 3.12.2013 - IX ZR 295/12 = WM 2014, 71, 73) - gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (BGH WM 1985, 533; WM 1994, 2192; WM 2014, 71; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 311 BGB Rdn. 67 ff.). Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung von Anlageobjekten, so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für den Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen (BGH ZIP 2004, 1104; NJW-RR 2012, 937). Daher haften die Beklagten zu 2) bis 4) aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen - und die Beklagte zu 1) im Hinblick auf die Überschreitung ihrer Kreditgeberrolle - wenn und soweit sie in Kenntnis oder schuldhafter Unkenntnis der wahren Verhältnisse dem Anleger Unterlagen, die dieser erkennbar zur Grundlage seiner Beteiligungsentscheidung machen will, zur Verfügung gestellt haben, die in wesentlichen Punkten unrichtig, unvollständig oder irreführend waren oder ihre Erfüllungsgehilfen - bzw. die anderen Gründungsgesellschafter - bei Vertragsverhandlungen etwaige unzutreffende oder unzureichende Angaben in den dem Anleger überlassenen schriftlichen Unterlagen bei den Vertragsverhandlungen schuldhaft nicht richtiggestellt bzw. ergänzt haben (vgl. BGH WM 1985, 533, 534 - juris Tz. 12 ff.; NJW 1995, 130; NJW-RR 2003, 1054; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 45 Rdn. 51 ff.).
1054.
106Eine auf dieser Basis und in dem vorbezeichneten Umfang grundsätzlich mögliche Haftung der Beklagten scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus, weil auch auf der Grundlage des Sachvortrags des Klägers eine unzutreffende bzw. unvollständige Aufklärung über die Risiken der Beteiligung nicht festgestellt werden kann. Insbesondere der zentrale gegenüber den Beklagten erhobene Vorwurf des Klägers - die Vereinbarung einer überhöhten, nicht nachhaltig erzielbaren Miete - ist nicht begründet. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass ihm und seinem Vater gegenüber vertragliche Vereinbarungen der Projektverantwortlichen mit dem Konzern der Mieterin, in deren Folge offenbarungspflichtige Zahlungen an konzernangehörige Gesellschaften geflossen seien, verheimlicht worden sind. Die hinsichtlich des Objektes und der Fondsgesellschaft getroffenen Vereinbarungen sind dem Kläger, soweit dies rechtlich erforderlich ist, mit dem Exposé und dem Investorenordner zur Kenntnis gebracht worden. Weitergehende Aufklärungspflichten bestanden entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Auch beanstandungswürdige Zahlungen an Konzerngesellschaften ohne reale Gegenleistung lassen sich nicht feststellen. Damit fehlt es im Ergebnis auch an einem aufklärungspflichtigen Wissensvorsprung der Beklagten zu 1) als mögliche weitere Haftungsgrundlage. In Ergänzung der zutreffenden Ausführungen des Landgerichts - auf die im Übrigen zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug genommen wird - gilt insoweit im Einzelnen das Folgende:
107a.
108Der zentrale, vom Kläger gegenüber den Beklagten erhobene und namentlich im Berufungsverfahren in den Mittelpunkt seines Vorbringens gestellte Vorwurf geht dahin, dass von den Beklagten als Initiatoren des Fonds mit dem L Konzern Mieten vereinbart worden seien, die nicht - wie nach Auffassung des Klägers durch die jeweiligen Gesellschaftsverträge gefordert - "marktüblich" gewesen, sondern als "Investitionsmieten" mit dem Ziel einer bestimmten "Verzinsung" des Gesamtinvestitionsaufwandes zu Lasten der Anleger konzipiert und kalkuliert worden seien. Die Bereitschaft des L Konzerns zur Zahlung solch überhöhter Mieten sei durch verdeckte Zuwendungen an den Konzern ohne adäquate Gegenleistung in zweistelliger Millionenhöhe erreicht worden.
109Diese Grundannahme ist jedoch aus mehreren Gründen unzutreffend:
110aa.
111Zunächst ist der Senat - wie bereits das Landgericht im angefochtenen Urteil - der Auffassung, dass es für die beiden Warenhäuser, die im Eigentum der beiden Fondsgesellschaften standen, eine marktübliche Miete in dem vom Kläger unterstellten Sinn nicht gab, weil es sich um Spezialimmobilien gehandelt hat, die sich - im Hinblick auf ihre Lage, ihre Größe, die Vorverwendung, die speziell auf die vorgesehene Verwendung durch die L AG (bzw. einer Konzerngesellschaft) ausgerichteten, grundlegenden Umbauarbeiten sowie schließlich wegen des vor und nach dem Umbau präsentierten Warenangebots - nicht oder kaum für die Nutzung durch einen anderen als den - von Beginn an - vorgesehenen Mieter - eine Tochtergesellschaft der L AG - eignete und für die deshalb die Ermittlung einer Vergleichsmiete im üblichen Sinne nicht möglich war. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung in § 7 Abs. 4 a des vom Kläger als Anl. K 3 c vorgelegten Entwurfs des Gesellschaftsvertrages Q (die in gleicher Weise auch dem Gesellschaftsvertrag für das Objekt N zugrundeliegt und wie folgt lautet: "Mietverträge dürfen erst nach ausreichender branchenüblicher Bonitätsprüfung des Mieters zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen werden…. ") dahin zu verstehen, dass unter marktüblicher Miete die Miete verstanden werden muss, die mit der - in Kenntnis auch des Klägers und seines Vaters - von Anfang an vorgesehenen Mieterin vereinbart worden, von dieser also unter Berücksichtigung ihrer eigenen Einschätzung ihrer Renditemöglichkeiten akzeptiert worden ist. So verstanden, handelt es sich bei der dem Mietvertrag unstreitig zu Grunde gelegten "Investitionsmiete" und der marktüblichen Miete im Sinne des Gesellschaftsvertrages letztlich um die privatautonom ausgehandelte, sowohl von den Vertretern der Fondsgesellschaft wie auch von der Mieterin akzeptierte, nach der allseitigen Erwartung im Interesse aller Beteiligten liegende Vergütung für die Nutzung des in Planung und Ausführung individuell auf die künftige Mieterin zugeschnittenen Fondsobjektes. Dass die Ermittlung einer von diesem Verständnis abweichenden Miethöhe unter dem Gesichtspunkt der Üblichkeit und der Angemessenheit im Vergleich zu anderen Objekten möglich ist, erscheint dem Senat im Hinblick auf die angesprochene Singularität des Objektes ausgeschlossen. Insofern liegt der Streitfall anders als die Fallgestaltung, die der vom Kläger zitierten (S. 2 des Schriftsatzes vom 6.3.2014; GA 1163) Entscheidung des Senats vom 29.4.2009 (13 U 137/05) und weiteren Entscheidungen in einer Reihe von parallel gelagerten Fällen zu Grunde lag. Bei dem dort zu beurteilenden Objekt handelte es sich - anders als im Streitfall - nicht um ein singuläres Objekt im oben dargelegten Sinne, sondern um ein solches, das mit einer Reihe anderer - im Rahmen des auf die deutsche Wiedervereinigung folgenden Baubooms in den neuen Bundesländern - realisierter Objekte hinsichtlich Bausubstanz, Größe, Ausrichtung und Marktchancen vergleichbar und daher der sachverständigen Überprüfung hinsichtlich der Angemessenheit der im Generalmietvertrag vereinbarten Mietzinsen zugänglich war.
112Der Senat teilt in diesem Kontext auch nicht die - der postulierten Aufklärungspflicht der Beklagten zugrunde liegende - Auffassung des Klägers (S. 2 des Schriftsatzes vom 06.03.2014 - GA 1163), dass aus der Vereinbarung nicht marktüblicher Mieten ohne weiteres deren fehlende Nachhaltigkeit folge. Das trifft in dieser Pauschalität schon deshalb nicht zu, weil die Marktverhältnisse laufenden, bisweilen auch kurzfristigen Änderungen unterworfen sind. Eine im Zeitpunkt des Gesellschaftsbeitritts "marktübliche" Miete hat daher kaum eine Aussagekraft hinsichtlich ihrer nachhaltigen Erzielbarkeit. Der Begriff der Marktüblichkeit kann daher nur auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogen sein. Insofern waren die hier für die Objekte Q und N vereinbarten Mieten aber schon deshalb marktüblich, weil sie von der Mieterin über einen Zeitraum von mehr als vier (Q) bzw. drei (N) Jahren gezahlt wurden. Ob und ggfls. über welchen Zeitraum auch andere potentielle Mieter diese Mieten gezahlt hätten, ist aus Sicht des Senats nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführten BGH-Entscheidungen (II ZR 88/02 und II ZR 30/10) stützen seine Auffassung nicht, weil ihnen andere Sachverhalte zugrunde liegen:
113In dem Verfahren II ZR 30/10 hat der BGH einen aufklärungspflichtigen Umstand in dem Risiko gesehen, dass leerstandsbedingte Nebenkosten - soweit Mietflächen des Fondsobjekts nicht unter einen im dortigen Fall abgeschlossenen Generalmietvertrag fielen - dem Fonds zu Last fallen und nicht - wie bei den dem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen - vom Mieter zu tragen seien. Diese Konstellation ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar; Ausführungen dazu, ob die mit dem - dortigen - Generalmieter vereinbarte Miete marktüblich war oder nicht und welche Rechtsfolgen sich im letzteren Fall ergeben würden, sind der Entscheidung nicht zu entnehmen.
114In der Entscheidung II ZR 88/02 konnte die Pächterin zweier im Eigentum der Immobilien-Fondsgesellschaft stehender Seniorenresidenzen die vereinbarten Pachtzahlungen nicht erwirtschaften, weil die prospektierten Mieteinnahmen, mit denen die Pächterin ihre Pachtzahlungen erfüllen sollte, um bis zu 100% über den ortsüblichen Vergleichsmieten der Räumlichkeiten lag. Aus diesem Grunde konnte die überwiegende Zahl der Wohnungen gar nicht erst vermietet werden. Soweit der Kläger daraus folgert (GA 1163), dass der BGH "Mondmieten für Luftschlösser" nicht billige, verkennt er, dass es im Streitfall nach seinem eigenen Vorbringen nicht um eine Überschreitung der angeblich marktüblichen Miete um bis zu 100%, sondern nur um eine solche von 20% - 30% geht, diese - angeblich - überhöhte Miete für beide Objekte mehr als vier (Q) bzw. drei (N) Jahre lang gezahlt wurde und daher von einer nicht zu erwirtschaftenden "Mondmiete" keine Rede sein kann. Davon abgesehen ging es in der Entscheidung nicht um die Marktüblichkeit der von der Fondsgesellschaft mit der Pächterin vereinbarten Pacht, sondern um die Ortsüblichkeit der prospektierten Miete für Wohnungen einer Seniorenresidenz, für die Mieter - anders als hier - erst noch gefunden werden mussten.
115Aus diesem Grunde bedarf es im Streitfall - anders als in dem der Entscheidung des Senats im Verfahren 13 U 137/05 zugrunde liegenden Fall - auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung einer marktüblichen Miete. Ein solches Gutachten könnte sich nämlich - im Hinblick auf das Fehlen eines zu vergleichender Betrachtung heranzuziehenden Marktes - letztlich nur mit der Frage der Angemessenheit der Miete aus der Sicht der an der Mietvertragsvereinbarung beteiligten Parteien gerade für die beiden streitgegenständlichen Objekte befassen und liefe damit auf nichts anderes als auf eine wirtschaftliche Beurteilung der vereinbarten Miethöhe hinaus. Das wäre mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht vereinbar.
116Es kommt unabhängig davon hinzu, dass - darauf haben die Beklagten zu Recht hingewiesen - eine gegenüber einem etwaigen (unterstellten) Marktwert höhere Miete für die Grundstücksgesellschaften - und damit für die Anleger - keinesfalls nachteilig, sondern im Hinblick auf die bessere Einnahmesituation vorteilhaft (gewesen) und eine insoweit unterlassene Aufklärung deshalb grundsätzlich nicht zur Begründung von Schadensersatzansprüchen geeignet ist. Anders als der Kläger meint, konnten er und sein Vater auch nicht erwarten, dass die mit dem L Konzern für die beiden Fondsobjekte vereinbarte Miete auch nach einem etwaigen Mieterwechsel Bestand haben wird. Angesichts der vielfältigen denkbaren und nicht vorhersehbaren Markteinflüsse - wie etwa die im Jahre 2008 entstandene Finanzkrise - wäre eine solche Erwartung jedenfalls nicht geschützt.
117Der Kläger hält dem Gesichtspunkt der höheren Mieteinnahmen der Fondsgesellschaften letztlich auch nur entgegen, dass die von ihm als "Investitionsmiete" bezeichnete Vereinbarung über die Miethöhe deshalb für ihn - und andere Anleger - letztlich nachteilig sei, weil schon zum Zeitpunkt der Zeichnung die begründete Befürchtung (die sich durch die spätere Insolvenz des L Konzerns bestätigt habe) bestanden habe, dass die zum L Konzern gehörende Mieterin auf Dauer nicht in der Lage sei, die vereinbarte überhöhte Miete zu zahlen. Der damit vom Kläger postulierte Zusammenhang zwischen der Zahlung einer überhöhten Miete für die beiden Warenhäuser durch den L Konzern und dessen späterer Insolvenz besteht aber nicht. Es kann - wie das Landgericht bereits zutreffend angeführt hat - schon mit Rücksicht auf den vernachlässigenswert geringen Anteil, den eine (unterstellte) Mietpreisüberhöhung (nach dem Vortrag des Klägers - S. 13 des Schriftsatzes vom 12.07.2010 - GA 192 - handelt es sich dabei um eine Überhöhung von 30 % der für beide Häuser insgesamt jährlich zu zahlenden Miete von 12 Mio. € (= ca. 3,6 Mio. €), während die Überhöhung nach dem Vorbringen S. 57 des Schriftsatzes vom 14.10.2013 offenbar nur 20% betragen soll) für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gesamtkonzerns der L AG hatte - ausgeschlossen werden, dass ein solcher Zusammenhang zwischen der behaupteten Mietzinsüberhöhung und der späteren Insolvenz bestand.
118bb.
119Der auf einen Ursachenzusammenhang zwischen Miethöhe und späterer Insolvenz der L AG abzielende Vortrag des Klägers begegnet aber unabhängig davon weiteren Plausibilitätsbedenken: Wenn - wie der Kläger im Berufungsverfahren vorgetragen hat - die angeblich zu hohe Miete durch "verdeckte Subventionierungen" in erheblichem Umfang (nach dem Inhalt der Berufungsbegründung - Seite 119; GA 914 - "ein Vielfaches der Jahresmieten") in Gestalt von Zahlungen für die Mieterverschaffung bzw. -vermittlung sowie für die Mietgarantie ausgeglichen worden ist, würde es in der Konsequenz an einer für den L Konzern nachteiligen Überbelastung durch die vereinbarte Miete fehlen. Die Vereinbarung einer - von den Beklagten im Übrigen auch zu keinem Zeitpunkt bestrittenen - "Investitionsmiete" wäre dann für die Mieterin und den gesamten Konzern kostenneutral und könnte schon aus diesem Grunde die Insolvenz im Jahre 2009 nicht verursacht haben. Aus diesem Grund erweist sich der Vortrag des Klägers, auch soweit es um eine ursächliche Verbindung zwischen der oben näher dargestellten Vertragsgestaltung und der Bestimmung des Mietpreises geht, als nicht geeignet, eine Aufklärungspflichtverletzung zum Nachteil der Anleger zu begründen.
120b.
121Der Kläger rügt weiter, dass es zwischen den Beteiligten auf Seiten der Beklagten einerseits und auf Seiten der Konzerngesellschaft der Mieterin bzw. der beteiligten Untergesellschaften andererseits eine Absprache gegeben habe, nach der Baukostenersparnisse, also im Rahmen der Projektdurchführung gegenüber der ursprünglich veranschlagten Größenordnung erzielte Kostensenkungen, deren Realisierung vorausgesehen und angestrebt worden seien, zu Gunsten der genannten Beteiligten, aber zu Lasten der Anleger, mithin auch zu seinen Lasten, verabredet worden seien. Ob die dahingehende, vor allem im Rahmen der Berufungsbegründung und im Rahmen des Schriftsatzes des Klägers vom 14.10.2013 aufgestellte und näher spezifizierte Behauptung zutreffend ist, muss jedoch nicht entschieden werden. Die dem Vorbringen des Klägers in diesem Zusammenhang zugrunde liegende und für das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs konstitutive Annahme, dass etwaige Kostenersparnisse nach dem Inhalt der Gesellschaftsverträge für beide Objekte jeweils den Gesellschaftern zustünden und deshalb nicht den oben genannten Beteiligten gebührten, ist nämlich im Ergebnis unzutreffend.
122aa.
123Es ist zwar richtig, dass nach § 4 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages Q (bzw. der inhaltlich entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag N) etwaige Liquiditätsüberschüsse nicht den Initiatoren des Projektes oder der Mieterin zustehen, sondern entweder für eine Instandhaltungsrücklage zu verwenden oder an die Gesellschafter auszuschütten waren. Grundsätzlich sind interessierte Anleger demzufolge auch über die zwischen Initiatoren/Gründungsgesellschaftern und späteren Nutzern des Objekts getroffenen Abreden - und zwar auch unabhängig von ihrer (im vorliegenden Fall streitigen) Realisierung - aufzuklären, denn eine solche Aufklärung hat über alle Umstände zu erfolgen, die den vom Anleger mit seinem Beitritt verfolgten Zweck gefährden könnten. Zu einer solchen Gefährdung können grundsätzlich auch Absprachen führen, dass etwaige Kostenersparnisse entgegen einer Regelung im Gesellschaftsvertrag nicht den Gesellschaftern zugutekommen sollen.
124bb.
125Im vorliegenden Fall geht der gegenüber den Beklagten erhobene Vorwurf des Klägers allerdings aufgrund der gegebenen vertraglichen Situation ins Leere, weil etwaige Baukostenersparnisse nicht der genannten Regelung des Gesellschaftsvertrages unterfielen und deshalb nicht den Gesellschaftern zustanden bzw. zugestanden hätten. Das ergibt sich aus Folgendem: Mit der Errichtung bzw. dem Umbau der jeweiligen Fondsimmobilie war die F GmbH beauftragt. Grundlage ihrer Beauftragung war der jeweilige Generalübernehmervertrag, der - was die GbR Q angeht - entsprechend dem Angebot vom 17.09.2001 (Anl. K 3 a = Investorenordner Q) und - hinsichtlich der GbR N - entsprechend dem Angebot vom 05.11.2002 (Anl. K 5 c = Investorenordner N) geschlossen worden ist. Beide Verträge waren jedoch - entsprechend den jeweiligen Angeboten - als Global-Pauschalverträge (zum Begriff Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage 2013, Rdn. 1525 ff.) konzipiert, bei denen Mehr- oder Minderleistungen sowie Erschwernisse grundsätzlich nicht auszugleichen sind. Um einen Global-Pauschalvertrag handelt es sich, wenn die Vertragsparteien im Rahmen der Bestimmung des vertraglichen Leistungsumfanges das Leistungsziel in den Vordergrund ihrer vertraglichen Leistungen stellen oder den Leistungsumfang bewusst pauschalisieren (zielorientiertes Bausoll), was in der Regel durch eine vollständig funktionale Leistungsbeschreibung geschieht, die den Willen der Vertragsparteien verdeutlicht, das Risiko der Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung auf den Auftragnehmer abzuwälzen.
126cc.
127So liegen die Dinge im vorliegenden Fall: Der Generalübernehmervertrag für das Bauvorhaben Q (der - wie erwähnt - mangels gegenteiligen Sachvortrags auf der Grundlage und mit dem Inhalt des vorgelegten Angebots auf Abschluss dieses Vertrages zustande gekommen ist) nennt als "Vertragsgegenstand" (§ 1) die "schlüsselfertige, funktionsgerechte und betriebsfertige Erstellung eines Geschäftshauses nebst Außenanlagen". Nach § 3 Abs. 1 des Vertrages umfassen die Leistungen des Auftragnehmers "die uneingeschränkte schlüsselfertige Erstellung des Gebäudes" sowie - nach Abs. 2 dieser Bestimmung - "Lieferungen und Leistungen, die in den in § 2 aufgeführten Vertragsunterlagen aufgeführt sind, aber auch alle dort nicht erwähnten Lieferungen, Leistungen und Nebenleistungen, die unbedingt erforderlich sind, das Bauvorhaben funktionsfähig, bezugsfertig und mit den notwendigen Stellplätzen versehen zu erstellen, …". Änderungen der Planung oder der Baudurchführung oder zusätzliche Leistungen sollten möglich sein, jedoch nur bei Kostenübernahme durch den Auftraggeber (§ 5 des Vertrages).
128Eine inhaltlich gleiche (und im Wesentlichen auch wörtlich identische) Regelung enthält der Vertrag zwischen der Fondsgesellschaft und der F GmbH für das Objekt in N. Soweit der Vertrag für das Objekt N nicht ausdrücklich regelt, dass der Auftragnehmer auch alle nicht in den Vertragsunterlagen aufgeführten, aber zur schlüsselfertigen Herstellung erforderlichen Arbeiten auszuführen hat, erklärt sich das damit, dass dieser Vertrag - insoweit anders als der Vertrag für das Warenhaus in Q - schon von vornherein nicht auf eine Bau- und Leistungsbeschreibung verweist, so dass eine klarstellende Bestimmung wie in der erwähnten Regelung in § 3 Abs. 2 des Generalunternehmervertrages Q nicht erforderlich war, um den übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zum Ausdruck zu bringen, dass nicht (mehr) ein Leistungsverzeichnis, sondern allein die umfassend funktionale Leistungsbeschreibung Grundlage des Vertrages sein sollte.
129dd.
130Vor diesem Hintergrund stellen etwaige Baukostenersparnisse - unabhängig von deren späterem tatsächlichen Anfall und unabhängig von der Frage, ob es zu einer endgültigen Vereinbarung der vom Kläger behaupteten Art zwischen den Beteiligten überhaupt gekommen ist - jedenfalls keine Liquiditätsüberschüsse dar, die nach dem Gesellschaftsvertrag an die jeweilige Fondsgesellschaft auszukehren waren. Dem Interesse der Gesellschafter war durch die jegliche Baukostenerhöhungen ausschließende und ihnen aus den Investorenordnern bekannte Pauschalpreisabrede Genüge getan. Das gilt auch in Anbetracht der vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 6.3.2014 (GA 1162 ff) in den Mittelpunkt seiner Argumentation gestellten "Absicht der Beteiligten", über diese Zahlungen zum Nachteil der Anleger auf die Grundlagen der Mietpreisbildung einen verfälschenden Einfluss zu nehmen. Zum einen handelt es sich dabei um einen in dieser Form zu pauschalen und nicht überprüfungsfähigen Vortrag, zum anderen geht das berechtigte Aufklärungsinteresse der Anleger nicht so weit, Einzelheiten über die Verwendung von Baukostenersparnissen, auf die sie selbst keinen Anspruch haben, zu erfahren.
131ee.
132Was die Beklagte zu 1) angeht, kommt deren Haftung im Übrigen und unabhängig von den vorstehenden Erwägungen insoweit auch deshalb nicht in Betracht, weil sie an der vom Kläger behaupteten Absprache nach dessen eigenem Vortrag nicht beteiligt war und sie diese - mangels gegenteiligen konkreten Vortrags des Klägers - auch nicht kennen musste.
133ff.
134Über die - behauptete - Absprache der Teilung von Baukostenersparnissen und die danach - unterstellt - den Beklagten zu 2) - 4) zufließenden Erträge war auch nicht entsprechend den Grundsätzen der sog. "Kick-back-Rechtsprechung" des Bundesgerichtshofes (vgl. dazu BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; WM 09, 1274 Rn. 11 sowie 09, 2306 Rn. 31; WM 11, 925) aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht gilt für anlageberatende Banken und hat den Zweck, dem Anleger einen möglichen Interessenkonflikt offenzulegen, der sich daraus ergibt, dass die Bank für ihre allein im Kundeninteresse zu erbringende Beratungs-/Vermittlungsleistung vom Kapitalsuchenden eine umsatzabhängige Rückvergütung erhält. Damit ist die hier in Rede stehende Teilung von Baukostenersparnissen nicht vergleichbar. Abgesehen davon, dass es bereits an einem Beratungsvertrag zwischen dem Kläger/dem Erblasser und den Beklagten zu 2) - 4) fehlt, handelt es sich bei den der Mieterin und den Beklagten zu 2) - 4) aufgrund der behaupteten Absprache zugutekommenden Baukostenersparnissen nicht um umsatzabhängige, d.h. nach der Höhe der Einlage des Klägers und des Erblassers bemessene Erträge. Für eine Ausweitung der Kick-back-Rechtsprechung auf Fälle der vorliegenden Art sieht der Senat keinen Anlass.
135c.
136Auch soweit der Kläger den Beklagten vorwirft, er sei durch die hinter seinem Rücken abgeschlossenen Verträge über die Mietervermittlung-, Mieterverschaffung und Projektentwicklung über wesentliche Grundlagen für seine Beitrittsentscheidung getäuscht worden, fehlt es an der für eine Haftung der Beklagten erforderlichen Pflichtverletzung. Der Kläger und sein Vater sind durch die ihnen im Vorfeld der Zeichnung bekanntgegebenen jeweiligen Gesellschaftsverträge (Anlage K 3 c Fach 9 für Q; Anlage K 5 c Fach 2 für N) ausreichend und vollständig über die Umstände, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Fällen dieser Art dem Anleger gegenüber zu offenbaren sind, unterrichtet worden:
137aa.
138Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehören zu der von den Gründungsgesellschaftern, Initiatoren und Hintermännern des Fonds geschuldeten Aufklärung neben der bereits angesprochenen Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen den verschiedenen an der Initiierung und Realisierung des Projektes Beteiligten und der eventuellen Gewährung von Sondervorteilen auch hinreichend transparente Angaben über die Verwendung der Einlagemittel.
139bb.
140Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht die Abgrenzung der "weichen" von den "harten" Kosten sowie deren jeweilige Höhe und die Angabe der verschiedenen Kostenpositionen in den - in beiden Gesellschaftsverträgen enthaltenen - Investitionsplänen. Ausdrücklich nicht beanstandet wird auch die den Anlegern gegenüber im Investorenordner offengelegte Vergütung für die Mietervermittlung von der jeweiligen GbR - zu zahlen an die K GmbH - sowie der Ansatz von Projektentwicklungskosten (der - nach Auffassung des Klägers - im Gesellschaftsvertrag "minutiös" geregelt sei; S. 89 der Berufungsbegründung = GA 884), sondern - so der Vortrag des Klägers - die Verheimlichung der Zusage und entsprechenden Zahlung einer nach seiner Auffassung unüblichen Vergütung für die Verpflichtung des Grundstücksverkäufers zur Verschaffung eines Generalmieters sowie die - nach seiner Auffassung - wirtschaftlich wertlose und daher kostenlos zu erbringende Übernahme einer Einstandsgarantie für die Mietzahlungen durch die Konzernobergesellschaft. Schließlich rügt der Kläger, dass von der K GmbH ein - die Planungs-und Projektentwicklungsarbeiten betreffender - Unterauftrag nicht an ein unbeteiligtes Unternehmen, sondern an ein Konzernunternehmen der Mieterin vergeben worden sei, und zwar mit der Kalkulation eines unüblich hohen Gewinnes.
141cc.
142Auch diese Rügen erweisen sich als nicht durchgreifend. Bei richtiger Betrachtung sind die angesprochenen Verträge - auch unter den vom Kläger hervorgehobenen Gesichtspunkten - nicht zu beanstanden. Der Kläger ist über den Abschluss der Verträge, die jeweiligen Vertragspartner und die versprochenen Vergütungen in ausreichendem Maße aufgeklärt worden. Ein Anspruch auf weitergehende Aufklärung bestand nicht. Auch die Rüge, dass Zahlungen ohne eine reale Gegenleistung vereinbart worden seien, greift nicht durch:
143(1)
144Was zunächst den Mietervermittlungsvertrag für das Objekt Q angeht (Anlage K 3 c Fach 14), handelt es sich um einen zwischen der Beklagten zu 4) und der betreffenden GbR abgeschlossenen Vertrag über eine Leistung, die im Investitionsplan ausdrücklich vorgesehen war (dort Position "j") und für die die Beklagte zu 4) ausweislich des Vertrages exakt die im Investitionsplan vorgesehene Vergütung (8,2 Millionen DM) erhalten sollte. Durch den - ohne Kenntnis des Klägers - sodann erkennbar zur Erfüllung der der Beklagten zu 4) aus dem Mietervermittlungsvertrag obliegenden Verpflichtung geschlossenen Mietverschaffungsvertrag vom 4.12.2001 (Anlagenkonvolut 60; Anlage B 24) zwischen der Beklagten zu 4) und der L AG wurde die von der Beklagten zu 4) übernommene Verpflichtung auf die L AG übertragen. Eine für die Anleger - also auch für den Kläger - (potentiell) nachteilige Regelung liegt darin nicht. Für die Anleger ist vielmehr belanglos, in welcher Form die Beklagte zu 4) - ob unmittelbar durch eigene Tätigkeit oder durch Übertragung ihrer Verpflichtung auf eine andere Gesellschaft in der Art eines Subunternehmerverhältnisses - die geschuldete Mietervermittlung erbracht hat. Ihre Vermögensinteressen sind dadurch nicht tangiert. Damit liegt in der dargestellten Verfahrensweise kein aufklärungspflichtiger Umstand. Insbesondere kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht auf die Frage an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang durch die Mieterverschaffung für die L AG ein finanzieller oder ein sonstiger (Arbeits-) Aufwand entstanden ist. Entscheidend ist allein, dass die Anleger durch den Investitionsplan über die Entstehung von Kosten für die Vermittlung eines Mieters unterrichtet waren und Kosten in einer den dort angegebenen Betrag übersteigenden Höhe nicht angefallen sind.
145(2)
146Was die Einstandsverpflichtung für die Erfüllung der Pflichten der Mieterin aus dem abzuschließenden Mietvertrag angeht (§ 2 und - hinsichtlich der Vergütung - § 3 des soeben erwähnten Vertrages vom 4.12.2001; Anlagenkonvolut 60; Anlage B 24), handelt es sich bei dieser von der L AG übernommenen Leistung entgegen der Auffassung des Klägers schon deshalb um eine werthaltige und üblicherweise zu vergütende Leistung, weil in Anbetracht der Höhe des vereinbarten Mietzinses und der Laufzeit des Mietvertrages durch die Garantieerklärung ein - nicht nur betragsmäßig - erhebliches Risiko abgedeckt worden ist, dessen unentgeltliche Erbringung von den Anlegern bei vernünftiger Betrachtungsweise entgegen der Auffassung des Klägers nicht erwartet werden konnte. Die Beklagten haben mit Recht darauf hingewiesen, dass die Übernahme einer Einstandsverpflichtung auch aus der Sicht der Grundstücksgesellschaft im Hinblick einerseits auf das relativ geringe Eigenkapital der Mieterin (und den Umstand, dass diese auch das Drittvermietungsrisiko tragen sollte) sowie andererseits im Hinblick auf die Größenordnung der Gesamt-Mietzahlungsverpflichtungen der Mieterin - in Höhe von etwa 220 Millionen DM - sinnvoll und wünschenswert war. Die Auffassung des Klägers, dass die Einstandsverpflichtung unentgeltlich zu erbringen gewesen sei, lässt diese wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen außer Acht.
147(3)
148Soweit sich im Übrigen aus der näheren Beschreibung der Projektentwicklungskosten (die - mit einem Betrag von 28,7 Millionen DM - im Investitionsplan als gesonderte Position ausgewiesen waren) im Gesellschaftsvertrag ergibt, dass diese Kosten unter anderem auch die "Verhandlungsführung mit künftigen Erstmietern" sowie die "Vorbereitung der Erstvermietungsverträge nebst Anlagen" beinhalten, liegt darin schon deshalb keine Verschleierung der für den Komplex "Projektentwicklung und Mietervermittlung" insgesamt in Ansatz gebrachten Kosten, weil damit sämtliche - im Übrigen nicht von der Fondsgesellschaft, sondern von der Beklagten zu 4) aufzubringenden und aufgebrachten - Vergütungen angesprochen worden sind.
149(4)
150Auch eine nähere Aufschlüsselung der die Projektentwicklung betreffenden Kostenpositionen können die Anleger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (WM 2014, 118) nicht verlangen. Bereits mit der Gesamtbetragsangabe war für sie hinreichend deutlich, dass Beträge in dieser Größenordnung nicht in den Gegenwert an Immobilien investiert werden. Diese Information war zur Einschätzung der Anleger betreffend die Werthaltigkeit des Anlageobjekts ausreichend. Welchen Anteil an der Gesamtposition einzelne Unterpositionen ausmachten, war für sie und ihre Anlageentscheidung dagegen nicht von wesentlicher Bedeutung und daher nicht aufklärungspflichtig. War entgegen dieser typisierenden Betrachtungsweise dennoch die genaue Höhe einzelner Kostenblöcke von Interesse, so stand es dem Anleger frei, sich danach zu erkundigen. Ein entsprechendes, weitergehendes Interesse hat der Kläger jedoch nicht geltend gemacht.
151(5)
152Soweit die Vergütungen für die Mieterverschaffung und die übernommene Einstandspflicht nach dem Vertrag vom 4.12.2001 (8.000.000 DM + 10.000.000 DM) sowie für die Projektentwicklung nach dem Projektentwicklungsvertrag Q (Anlagenkonvolut K 60 B 45; 13,6 Mio. DM) mit demzufolge insgesamt 31,6 Millionen DM in der Summe den im Gesellschaftsvertrag Q für die Kosten der Projektentwicklung ausgewiesenen Betrag von 28,7 Millionen DM übersteigen, hat der Kläger nicht dargelegt, dass der Differenzbetrag - von der Beklagten zu 4), einer der übrigen beklagten Parteien oder in Kenntnis der Beklagten von einem anderen Beteiligten - zum Nachteil der Fondsgesellschaft bzw. der Anleger aus dem Gesellschaftsvermögen aufgewendet worden und dies schon vor dem Beitritt des Klägers und seines Vaters beabsichtigt oder vereinbart war. Der Vortrag des Klägers beschränkt sich in diesem Zusammenhang (S. 65 des Schriftsatzes vom 14.10.2013; GA 1082) auf die pauschale und in dieser Form in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen unsubstantiierte Behauptung, dass Zahlungen "an L-Unternehmen" im Zusammenhang mit den Mietverschaffungs-, Einstands- und Projektentwicklungsverträgen "zu Lasten des jeweiligen Fondsvermögens gegangen" seien.
153(6)
154Soweit der Kläger darüber hinaus vorgetragen hat (Seite 66 f. des vorgenannten Schriftsatzes), dass die Vergütung für die von der L AG übernommene Einstandsverpflichtung nicht in den Projektentwicklungskosten enthalten gewesen sei, handelt es sich - worauf der Senat entgegen der Darstellung des Klägers im Schriftsatz vom 06.03.2014 in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat (insoweit nicht protokolliert) - um neuen, von der Beklagten zu 1) bestrittenen und nach § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlichen Vortrag, nachdem der Kläger seinerseits die gegenteilige Behauptung der Beklagten zu 1) erstinstanzlich (vgl. Schriftsatz vom 4.9.2012) nicht bestritten, sondern im Schriftsatz vom 11.9.2012 (GA 599) lediglich in Abrede gestellt hat, dass die Kosten für die Mietervermittlung i.H.v. 8,2 Millionen DM in den Projektentwicklungskosten enthalten gewesen seien. Dieser Vortrag wiederum ist - unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Aufklärungspflichten - schon deshalb nicht erheblich, weil - wie ausgeführt - die Kosten für die Mietervermittlung im Investitionsplan in einer eigenständigen Position gesondert, also neben den Projektentwicklungskosten, ausgewiesen worden sind.
155d.
156Damit fehlt es - was die vom Kläger beanstandeten Verträge im Zusammenhang mit der Vermietung der Immobilie und der von der L AG übernommenen Garantie für die Erfüllung der Mietverpflichtungen angeht - insgesamt an der Verletzung einer gegenüber dem Kläger bestehenden Aufklärungspflicht. Das gilt nicht nur für die GbR Q, sondern - mit Rücksicht auf die vertraglich und wirtschaftlich identische Ausgangslage - in gleicher Weise auch für die Fondsgesellschaft N. Auf die vorstehenden Ausführungen unter c. (1) bis (6) nimmt der Senat daher insoweit Bezug.
157e.
158Auch die zwischen den Parteien unstreitige Zahlung einer "Eintrittsgebühr" i.H.v. 25.000.000 € nebst Steuern - durch die Beklagte zu 4), nicht etwa durch eine der Fondsgesellschaften - an die L AG vermag die Verletzung einer Aufklärungspflicht gegenüber den Anlegern nicht zu begründen, weil sie aus den vom Landgericht im angefochtenen Urteil im einzelnen angegebenen Gründen keinerlei Auswirkungen auf die streitgegenständlichen Anlagen und die Wirtschaftlichkeit der Projekte hatte. Der Kläger ist dem Vorbringen der Beklagten, dass es sich um ein im Geschäftsverkehr übliches "Eintrittsgeld" im Zusammenhang mit der Begründung einer längerfristigen Zusammenarbeit - hier zwischen dem L Konzern und der Beklagten zu 4) bzw. den vom Beklagten zu 2) beherrschten Gesellschaften - gehandelt hat, nicht plausibel entgegengetreten. Für die Richtigkeit dieser Bewertung durch die Beklagten spricht auch der Umstand, dass "umgekehrt" auch die X AG - deren maßgebliche Gesellschafter der Kläger und sein Vater waren und als deren Geschäftsführer der Kläger bis zum Jahre 1994 eingetragen war - der Beklagten zu 4) pauschal für "Mithilfe bei der Eigenkapitalbeschaffung" u.a. bei den hier streitgegenständlichen Immobilienfonds unter dem 12.12.2001 bzw. 18.12.2002 nicht näher aufgeschlüsselte Rechnungen über jeweils 2.500.000,00 € stellte (Anlagen A 10, 11), die von der Beklagten zu 4) auch bezahlt wurden (LGU 11, 13). Dies erlaubt die Schlussfolgerung, dass zum einen bei der Realisierung derartiger Projekte das Verlangen und die Zahlung von Millionenbeträgen für nicht konkret bezeichnete Leistungen durchaus üblich und dies zum anderen dem Kläger und dem Erblasser auch bewusst war. Es ist schließlich auch nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die beanstandete Zahlung zeige (so der Vortrag des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat), dass die Beklagten der Mieterin "näher stehen als den eigenen Gesellschaftern."
159f.
160Letztlich kommt es aber auch darauf nicht entscheidend an. Selbst wenn man - entgegen den vorstehenden Ausführungen - die an den L Konzern geleisteten Zahlungen (für die Mieterverschaffung, die Einstandspflicht für die Mieten, die Projektentwicklung und für den "Eintritt" in die Geschäftsbeziehung) als in Anbetracht der (nach Auffassung des Klägers zu vernachlässigenden) konzernseitigen Gegenleistungen als mehr oder minder unentgeltliche Leistungen ansehen würde, wären sie (lediglich) als Gewährung von Sondervorteilen aufzufassen, die nach der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 3.12.2013 - XI ZR 295/12; WM 2014, 71) gegenüber den Anlegern nur dann aufklärungspflichtig sind, wenn es sich um Zahlungen an die Gründungsgesellschafter, die Initiatoren oder die Hintermänner, also um Zuflüsse innerhalb des Kreises der Projektverantwortlichen handelt (sofern - wie hier - etwaige Sondervorteile nicht das Vermögen der Fondsgesellschaft betreffen, sondern aus dem eigenen Vermögen der angesprochenen Projektverantwortlichen fließen).
161g.
162Soweit der Kläger eine Aufklärungspflichtverletzung weiterhin darin sieht, dass hinter seinem Rücken zwischen den Projektverantwortlichen und dem L Konzern eine "Rückerwerbsoption" vereinbart, dem L Konzern mithin das Recht eingeräumt worden sei, nach Ablauf einer bestimmten Frist die Fondsimmobilien zurück zu erwerben, fehlt es seinem Vorbringen ebenfalls an Plausibilität. Es ist dem Vortrag des Klägers nämlich nicht zu entnehmen - und auch sonst nicht erkennbar - auf welchem rechtlichen Wege eine auf den Rückerwerb gerichtete Vereinbarung zwischen dem L Konzern und den Initiatoren der Fondsgesellschaften mit rechtlich bindender Wirkung für einen der Beteiligten getroffen werden könnte, nachdem Eigentümer der Fondsgrundstücke nicht die Beklagten oder eine der Gesellschaften der OEHG, sondern allein die jeweilige GbR werden sollte und geworden ist und deshalb auch diese allein rechtlich in der Lage war, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen.
163h.
164Was die Behauptung des Klägers angeht, zwischen den Beteiligten habe eine "Drittgeschäftsabrede" des Inhalts bestanden, dass die Konzerngesellschaften einerseits und die Gründungsgesellschafter und Initiatoren der Fondsgesellschaften andererseits sich über die für beide Seiten gewinnbringende "Vermittlung" anderer, mit den Grundstücksgesellschaften Q und N nicht in Zusammenhang stehender weiterer Geschäfte einig gewesen seien, lässt sich seinem Vortrag nicht entnehmen, inwieweit eine solche (unterstellte) Abrede für die Gesellschafter der beiden Grundstücksgesellschaften von Relevanz oder gar wirtschaftlich nachteilig gewesen sein - oder werden - und deshalb aufklärungspflichtig sein könnte.
165i.
166Soweit der Kläger - bereits mit der Klageschrift - ferner gerügt hat, dass seitens der Gründungsgesellschafter und Initiatoren der beiden Projekte pflichtwidrig keine Prüfung der für die langfristige Erfüllung der mietvertraglichen Verbindlichkeiten möglicherweise nicht ausreichenden Ertragskraft des L Konzerns stattgefunden habe, ergibt sich auch daraus keine schadensersatzbegründende Aufklärungspflichtverletzung. Es ist zwar zutreffend, dass die Beurteilung der wirtschaftlichen Aussichten des mit dem Gesellschaftsvertrag verfolgten Konzeptes und damit zusammenhängend auch die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines wesentlichen Vertragspartners (wie hier eines Generalmieters bzw. dessen Konzernobergesellschaft) zu den zentralen Aufgaben der Initiatoren eines Projektes der vorliegenden Art gehört. Der Senat schließt sich aber ungeachtet der dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen der Auffassung des Landgerichts an, dass auch auf der Grundlage des Vortrags des Klägers und der von ihm vorgelegten Unterlagen aus der maßgeblichen damaligen Sicht keine ausreichenden Anhaltspunkte für aktuelle oder in absehbarer Zukunft bevorstehende wirtschaftliche Schwierigkeiten einzelner L-Gesellschaften oder des Gesamtkonzerns bestanden, die einen Rückschluss darauf zugelassen hätten, dass eine Erfüllung der mietvertraglichen Verpflichtungen auf absehbare Zeit gefährdet gewesen sein könnte. Soweit sich aus dem erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen Hinweise auf finanzielle Probleme des L Konzerns ergeben könnten, waren diese jedenfalls neu und hatten mit der Situation zum Zeitpunkt der Projektierung und des Beitritts des Klägers und seines Vaters zur Fondsgesellschaft nichts zu tun.
167Letztlich ergibt sich, wie die Beklagten zutreffend angeführt haben, aus der Tatsache, dass die Mieten für beide Standorte bis zur Insolvenz der B AG im Jahre 2009 ohne jede Einschränkung gezahlt worden sind, ein unzweideutiges und vom Kläger auch nicht widerlegtes Anzeichen dafür, dass die ins Auge gefasste Generalmieterin aus der maßgeblichen Sicht zum Zeitpunkt der vertraglichen Erklärungen bzw. der Projektierung in vollem Umfang und auf eine nicht absehbare Dauer zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen in der Lage war. Soweit der Kläger bereits mit der Klageschrift durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis dafür angeboten hat, dass "der L Konzern sich in 2001 und 2002 in finanziellen Schwierigkeiten befand" und dass die langfristige Erwirtschaftbarkeit der an die streitgegenständlichen Immobilienfonds zu leistenden Mietzahlungen schon im Zeitpunkt des Abschlusses der entsprechenden Grundstücks-Kaufverträge nicht gesichert" war, war eine Sachaufklärung nicht geboten, weil sich dem Vortrag des Klägers (auch dem Vortrag im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens und im Berufungsrechtszug) keine ausreichend konkreten Anknüpfungstatsachen für die behauptete Schieflage des Konzerns entnehmen lassen. Dies hat bereits das Landgericht - auf dessen Ausführungen in diesem Zusammenhang zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug genommen wird - zutreffend angenommen und ebenso zutreffend darauf verwiesen, dass auch die mit der Klageschrift vorgelegte "Kurzanalyse der Geschäftsberichte" für den Zeitraum 1999 - 2002 zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung gibt. Das gleiche gilt für die Ausführungen des Landgerichts zur Aussagekraft und Bewertung der nach dem Vortrag des Klägers rückläufigen Flächenumsatzzahlen, zu dem Vortrag des Klägers, dass die Mieterin über die geforderte Jahresmiete nicht verhandelt habe und dies ein Zeichen für die angespannte wirtschaftliche Lage bereits im Jahr 2001 gewesen sei sowie für die Problematik der Drohverlustrückstellungen. Näher substantiierter Vortrag zu dem unzureichenden erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers ist im Zuge des Berufungsverfahrens nicht erfolgt.
168Es kann aus diesem Grunde dahinstehen, ob und inwieweit der Kläger und sein Vater aufgrund der von den Beklagten zu 2) - 4) bereits mit der Klageerwiderung (GA 129 ff.) vorgetragenen und auch auf der Grundlage der Information durch den Zeugen L1 beruhenden eigenen Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und künftigen Ertragsfähigkeit des L Konzerns überhaupt aufklärungsbedürftig waren.
1695.
170Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch entschieden, dass dem Kläger die mit den Klageanträgen zu 1 c und d sowie zu Ziffer 4 geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. Sowohl die Feststellung, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus den ihm und seinem Vater im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Beteiligungen ausgereichten Darlehen zustehen wie auch die begehrte Verpflichtung zur Freistellung von allen Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber den Mitgesellschaftern in beiden Grundstücksgesellschaften wie schließlich auch der weitere, auf die gesamtschuldnerische Ersatzpflicht der Beklagten für weitere im Zusammenhang mit den Beteiligungen möglicherweise entstehende Schäden gerichtete Antrag hängen von der Feststellung schuldhafter Pflichtverletzungen der Beklagten ab, die aber nach den vorstehenden Ausführungen nicht gegeben sind. Das Gleiche gilt für den auf die Herausgabe vollstreckbarer Ausfertigungen notarieller Urkunden gerichteten Antrag (sowie für den damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Hilfsantrag auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus den dort näher bezeichneten Urkunden).
1716.
172Damit scheiden gegen die Beklagten gerichtete vertragliche Schadensersatzansprüche schon mangels schlüssig vorgetragener Pflichtverletzungen aus. Es kommt damit nicht mehr auf die Frage an, ob etwaige Aufklärungsfehler für die Anlageentscheidung des Klägers und seines Vater bedeutungslos gewesen wären. Es kann daher offen bleiben, ob die rechtliche Auffassung des Landgerichts zur Frage der Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen für die Anlageentscheidung des Klägers und seines Vaters zutreffend ist:
173a.
174Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (z.B. BGHZ 193, 159 Rdn. 28 ff. m.w.N = NJW 2012, 2427; WM 2013, 609 = BGHZ 196, 233-243; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 280 BGB Rdn. 39).
175b.
176Ob die vom Landgericht angeführten Gründe für die Annahme, dass der Kläger und sein Vater auch zutreffende und vollständige Hinweise in den zum Gegenstand des Rechtsstreits gemachten Fragen unbeachtet gelassen und ohne Rücksicht auf die aus ihrer Sicht bei zutreffender Aufklärung bestehenden Risiken die Beteiligung gezeichnet hätten, zutreffend sind, kann dahinstehen. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob sich mit der für eine Widerlegung der Kausalitätsvermutung erforderlichen Sicherheit aus der vom Landgericht zitierten Passage der Klageschrift und aus dem Schreiben des Klägers an die Beklagte zu 1) vom 7.7.2009 (Anlage K 23 a) herleiten läßt, dass die vom Kläger gerügten Aufklärungspflichtverletzungen für die von ihm und seinem Vater getroffenen Anlageentscheidungen bedeutungslos gewesen wären. Allein die Aussicht auf eine für gewinnträchtig gehaltene längerfristige Zusammenarbeit mit dem L Konzern und der OEHG ausreichen zu lassen, begegnet aus Sicht des Senats Bedenken.
177Dagegen wäre der - von der Beklagten zu 1) bereits in der Klageerwiderung (S. 2, 58 - GA 72, 125) ausdrücklich hervorgehobene - Umstand, dass der Kläger an seiner - weil "beanstandungsfrei laufenden" - Beteiligung an dem P-Fonds Braunschweig festhält, ein durchgreifendes Indiz für die Widerlegung der Kausalitätsvermutung, soweit es um die Rüge mangelnder Aufklärung über die Vereinbarung einer überhöhten "Investitionsmiete" geht. Da der Kläger selbst vorträgt, dass es sich bei diesem Fonds um ein "gleichartiges Angebot" der P-Gruppe gehandelt habe und der Beklagte zu 2) seiner Kalkulation bei sämtlichen von ihm initiierten Immobilienfonds eine reine Investitionsmiete zugrunde gelegt habe (S. 12 der Klageschrift; nicht nachgelassene Schriftsätze vom 21.03. und 24.03.2014 - jeweils unter Berufung auf die Einlassung des Beklagten zu 2) in dem u.a. gegen ihn geführten Strafverfahren 116 KLs 2/12 LG Köln - GA 1193, 1196, 1200 ff.) läge es in der Konsequenz seiner Argumentation im vorliegenden Rechtstreit, auch die Rückabwicklung dieser Beteiligung zu verlangen. Dass der Kläger davon wegen des beanstandungsfreien Laufs der Beteiligung - die dortige Mieterin, die T2 AG, zahlt offenbar weiterhin die mit ihr vereinbarte (Investitions)Miete - absieht, ist ein ausschlaggebendes Indiz dafür, dass Kalkulation und Höhe der Miete für ihn ohne Bedeutung sind, solange nur der erwartete wirtschaftliche Erfolg eintritt.
1787.
179Auch ein Anspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB iVm der grundsätzlich auch für geschlossene Immobilienfonds geltenden Vorschrift des § 264 a StGB) scheidet aus den vorstehenden Gründen aus. Es mag sich - was offenbleiben kann - bei dem den Anlegern zugänglich gemachten Exposé und Investorenordner begrifflich insoweit um einen Prospekt handeln, als eine schriftliche Erklärung, die für die Beurteilung der angebotenen Anlage erhebliche Angaben enthält oder den Anschein eines solchen Inhalts erweckt (BGH NJW 2012, 758; Assmann in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 6 Rdn. 67; Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 45 Rdn. 47 - 50) vorliegt.
180Eine deliktische Haftung aus der angeführten Vorschrift scheidet aber in jedem Fall deshalb aus, weil die schriftlichen Unterlagen sich nicht an einen "größeren Personenkreis" im Sinne dieser Bestimmung wenden. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Adressatenkreis der angesprochenen Anleger so groß ist, dass deren Individualität gegenüber dem sie zu einem Kreis verbindenden potentiell gleichen Interesse an der Kapitalanlage zurücktritt (Schönke-Schröder, Kommentar zum StGB, 28. Auflage 2010, § 264 a StGB, Rdn. 9, 23, 33 m.w.N.). Das ist im Streitfall, in dem die Einwerbung möglicher Anleger nicht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - im Wege öffentlicher, potentiell alle Marktteilnehmer erreichender Werbeaktionen erfolgte oder sich auch nur an einen aufgrund allgemeiner Merkmale definierten Personenkreis richtete, nicht gegeben. Soweit der Kläger demgegenüber mit der Berufungsbegründung (S. 115 = GA 910) auf den Inhalt der u.a. an den Kläger und seinen Vater gerichteten Einwerbungsschreiben verweist, bestätigen diese - anders als der Kläger meint - die Rechtsauffassung des Landgerichts, weil sich aus ihnen ergibt, dass die Kunden, denen das Investment angeboten wurde, individuell ausgesucht und persönlich angeschrieben worden sind. So heißt es etwa im Schreiben an den Vater des Klägers vom 14.10.2003 (Anl. B 1 - 7 zum Schriftsatz der Beklagten zu 1) vom 26.3.2010; GA 71 ff.), dass mit dem Investment das Ziel verfolgt werde, "ihr Vermögen zu erhalten und einen langfristigen Wertzuwachs zu erreichen, …". Zum Adressatenkreis heißt es im gleichen Schreiben (ebenso sinngemäß in dem ebenfalls an den Vater des Klägers gerichteten - drei andere Immobilienfonds betreffenden - Schreiben vom 16.10.2002 (Anl. K 4 a zur Klage), dass die Beteiligung "dem Gesellschafterkreis und uns nahestehenden Kunden" angeboten werde. Daraus ergibt sich mit der für die entsprechende Beurteilung erforderlichen Deutlichkeit, dass der angesprochene Personenkreis nach individuellen Kriterien ausgewählt und keinesfalls nach allgemeinen, die jeweiligen persönlichen Verhältnissen nicht berücksichtigenden Kriterien angesprochen wurde.
1818.
182Auch die mit den Hilfsanträgen geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu:
183a.
184Soweit die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer der jeweiligen GbR und die Beklagte zu 4) als Projektentwicklerin auf Leistung von Schadensersatz an die jeweilige Gesellschaft in Anspruch genommen werden, lässt sich die Ablehnung eines Schadensersatzanspruches - insoweit entgegen der Auffassung des Landgerichts (LGU 59) - zwar nicht ohne weiteres mit dem Argument rechtfertigen, dass die Mietverträge, deren nicht ordnungsgemäßen Abschluss der Kläger den Beklagten zu 2) - 4) in diesem Zusammenhang vorwirft, mit ausdrücklicher Zustimmung der Gesellschafter und damit auch des Klägers geschlossen worden seien. Diese Überlegung trägt - wie der Kläger im Rahmen der Berufungsbegründung mit Recht anführt - deshalb nicht ohne weiteres, weil zwischen den zustimmenden Gesellschafterbeschlüssen (K 11 und K 19 b) und dem tatsächlichen Abschluss der Mietverträge jeweils ein erheblicher Zeitraum lag, in dem sich die Gegebenheiten durchaus in einer Weise ändern konnten, dass die Herbeiführung eines neuen, zeitnahen Gesellschafterbeschlusses erforderlich war.
185b.
186Das Landgericht hat allerdings zutreffend festgestellt, dass - aus den im angefochtenen Urteil im Einzelnen genannten Gründen, auf die der Senat zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug nimmt und denen die Berufungsbegründung Substantielles nicht entgegenzuhalten vermag - eine anderweitige Vermietung bei wirtschaftlich realistischer Einschätzung der Sachlage nicht möglich war. Was im Übrigen den Vorwurf einer nicht ordnungsgemäßen "branchenüblichen Bonitätsprüfung des Mieters" und dessen nachhaltiger Fähigkeit, die vereinbarten Mieten zu erwirtschaften, angeht, kann auf die Ausführungen zu der in ausreichender Weise erfolgten Prüfung der wirtschaftlichen Gegebenheiten bei dem L Konzern verwiesen werden. Auch der Vorwurf, der Mietvertrag sei pflichtwidrig nicht von der Leistung einer angemessenen werthaltigen Mietsicherheit abhängig gemacht worden, lässt sich nach den Ausführungen zu der von der L AG übernommenen Einstandspflicht nicht rechtfertigen.
187c.
188Schließlich ist auch der auf Schadensersatz im Hinblick auf die vom Kläger befürchtete Verrechnung etwaiger Zwangsvollstreckungserlöse durch die Sparkasse L2 gerichtete Hilfsantrag nicht begründet. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagten zu 2) bis 4) durch die Unterzeichnung der beiden Zweckerklärungen vom 21.11.2005 und 23.9.2006 nicht gegen ihre Pflichten aus den abgeschlossenen Gesellschaftsverträgen (§ 10 des Gesellschaftsvertrages Q; § 9 des Gesellschaftsvertrages N) verstoßen haben. Nach dem klaren und nicht missverständlichen Wortlaut der angeführten Vorschriften der Gesellschaftsverträge beschränkt sich die Verpflichtung der Geschäftsbesorger und Geschäftsführer darauf, eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auszuschließen. Dieser Verpflichtung sind die Beklagten zu 2) - 4) - wie das Landgericht festgestellt hat - in ausreichender Weise nachgekommen. Es hat zutreffend darauf verwiesen, dass sich der Inhalt der vom Kläger beanstandeten Klausel darin erschöpft, das Tilgungsbestimmungsrecht nach § 366 Abs. 1 BGB mit der Folge einer Anwendbarkeit des §§ 366 Abs. 2 BGB auszuschließen, dies aber - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter führt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Gefahr einer disquotalen Verrechnung etwaiger Verwertungserlöse, die lediglich wirtschaftlich negative Folgen nach sich ziehen, nicht aber zu der vom Kläger beanstandeten persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung führen könnte.
1899.
190Die - nicht nachgelassenen - Schriftsätze des Klägers vom 06.03., 21.03. und 24.03.2014 geben - auch soweit sie vorstehend nicht im Einzelnen angesprochen wurden - weder zu einer Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 149 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf das gegen den Beklagten zu 2) geführte Ermittlungsverfahren 115 Js 121/13 StA Köln noch zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO Anlass.
19110.
192Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
193Ein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) besteht nicht. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
194Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000.000 € festgesetzt.
Ist zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister streitig, ob der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß ausgeführt wurde, muss der Zahlungsdienstleister nachweisen, dass der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
- 2
- Der Kläger, ein seinerzeit im Ruhestand befindlicher Lehrer, war seit geraumer Zeit Kunde der Beklagten. Er erwarb im November 2003 für sich selbst Inhaberschuldverschreibungen und Investmentanteile zum Nennwert von 40.000 € und für seinen Sohn eine 2% J. Anleihe zum Nennwert von 10.000 €. Im Herbst 2004 kaufte er eine mit 8% verzinste, auf ungarische Forint lautende Anleihe der niederländischen R. Bank und im Jahre 2005 die sogenannte "Weihnachtszinsanleihe" der D. Bank.
- 3
- Im Dezember 2006 legte der Kläger aufgrund eines Beratungsgesprächs mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, aus einem frei gewordenen Anlagebetrag von insgesamt 40.000 € einen Teilbetrag von 10.000 € in 10 "ProtectExpress"-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zum Nominalwert von jeweils 1.000 € zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von 1% an. Die Zertifikate hatte die Beklagte zuvor von der Emittentin zu einem unter dem Nennwert liegenden Preis erworben und sodann aus dem Eigenbestand an den Kläger veräußert, wobei die Beklagte nicht platzierte Anleihen gegen Anrechnung eines Abschlags vom Einstandspreis an die Emittentin zurückgeben durfte.
- 4
- Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung des "Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket" - einem virtuellen Aktienkorb, in den die zehn dividendenstärksten Titel des DAX-30-Index Eingang fanden - erfolgen. Durch einen Vergleich des Kurses des Aktienkorbes am anfänglichen Bewertungsstichtag (21. Dezember 2006) mit dem Kurs an zwei nachfolgenden Feststellungstagen (23. Juni 2008, 21. Dezember 2009) bzw. dem Endfälligkeitsdatum (28. Juni 2012) ermittelten sich nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen Zeitpunkt und Höhe des Rückzahlbetrages. Dieser sollte - in Abhängigkeit von der Kursentwicklung an den Feststellungstagen bzw. dem Endfälligkeitsdatum - neben der Kapitalrückzahlung (ohne Ausgabeaufschlag ) gegebenenfalls einen Bonus von 10% bzw. 20% oder in Höhe der durchschnittlichen, an 22 vierteljährlichen Beobachtungstagen während der Gesamtlaufzeit gemessenen Wertentwicklung des Aktienkorbes enthalten.In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals ohne Ausgabeaufschlag und Bonus nach Ablauf der fünfeinhalbjährigen Gesamtlaufzeit vorgesehen.
- 5
- Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte (nachfolgend: Garantiegeberin ), insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, so dass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
- 6
- Der Kläger verlangt, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler der Beklagten, die Rückzahlung von 10.100 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 10 Lehman-Zertifikate, darüber hinaus die Feststellung, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befinde, und die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teil der Anwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
A.
- 7
- Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
- 8
- Entgegen der Revisionserwiderung ist das Rechtsmittel nicht mangels Zulassung bereits unzulässig, soweit mit ihm gerügt wird, das Berufungsgericht habe die vom Kläger geltend gemachten Pflichtverletzungen, nicht anlegergerecht beraten und insbesondere nicht hinreichend über die mit dem streitgegenständlichen Zertifikat verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein, übergangen. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält keinen Zusatz, der die dort zu Gunsten des Klägers zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f.). Aus diesen muss dann aber mit ausreichender Klarheit hervorgehen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines - tatsächlich und rechtlich selbständigen - abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Urteile vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt, und vom 17. Januar 2008 - IX ZR 172/06, WM 2008, 748 Rn. 8; jeweils mwN). Unter diesen Voraussetzungen kann die Revisionszulassung grundsätzlich auch auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragenen Pflichtverletzungen beschränkt werden (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 6).
- 9
- Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen zwar nur damit begründet , der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Fragen, ob eine Bank im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden einen Hinweis auf eine von ihr erzielte Gewinnmarge aus einem Eigengeschäft bzw. neben einem Hinweis auf ein bestehendes Emittentenrisiko auch noch Aufklärung über das Nichteingreifen eines Einlagensicherungssystems schulde, bislang höchstrichterlich nicht geklärt seien. Hiermit hat es indes lediglich den Anlass der Revisionszulassung mitgeteilt, ohne die im Tenor uneingeschränkt zugelassene revisionsrechtliche Nachprüfung entsprechend beschränken zu wollen.
B.
- 10
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 11
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 12
- Dem Kläger stehe wegen des Verkaufs der Zertifikate kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre Pflichten aus dem geschlossenen Beratungsvertrag nicht verletzt habe.
- 13
- Dass die Beklagte den Kläger unstreitig nicht über die von ihr bei dem Verkauf erzielte Gewinnmarge aufgeklärt habe, stelle keine Pflichtverletzung dar. Mit den der "kick back"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Konstellationen, an denen jeweils drei Personen beteiligt gewesen seien, sei der Streitfall nicht vergleichbar. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Sachverhalte der vorliegenden Art, in denen der Anleger das Produkt direkt von der beratenden Bank erwerbe, sei nicht sachgerecht. Die Annahme einer entsprechenden Aufklärungspflicht zwinge Banken, die von ihnen im Anlagegeschäft erzielten Gewinnspannen hinsichtlich sämtlicher empfohlenen Anlagen und damit praktisch ihre gesamte Ertragsstruktur offen zu legen. Dass jedes Kreditinstitut an der Geheimhaltung dieser Daten aus Wettbewerbsgründen ein ganz erhebliches und schutzwürdiges Interesse habe, liege auf der Hand. Demgegenüber bestehe kein schutzwürdiges Interesse des Anlegers an einer derartigen Aufklärung, da jedem Marktteilnehmer, auch dem Privatanleger , der die Beratungsleistung einer Bank in Anspruch nehme, ohne hierfür eine gesonderte Vergütung zu entrichten, klar sein müsse, dass das Unternehmen aus der Leistung einen Gewinn ziehe und daher in dem für das Anlageprodukt zu entrichtenden Preis ein Entgelt für die Bank enthalten sei.
- 14
- Das gelte nicht nur, wenn die Bank ein eigenes Produkt verkaufe, sondern auch dann, wenn - wie vorliegend - aus eigenem Bestand ein fremdes Produkt verkauft werde. Insofern könne auch offen bleiben, ob dem Kläger, wie von ihm bestritten, bekannt gewesen sei, dass die Beklagte den Verkauf als Eigengeschäft durchgeführt habe. Unstreitig seien objektiv weder Rückvergütungen noch Provisionszahlungen geflossen, sondern die Beklagte habe ihren Ertrag, abgesehen von dem in der Wertpapierabrechnung deutlich ausgewiesenen Ausgabeaufschlag von 1%, lediglich aus der Gewinnmarge als einem nicht offen zu legenden Preisbestandteil gezogen. Infolgedessen habe keine Offenbarungspflicht der Beklagten bestanden; die insoweit allein denkbare Aufklärung , dass man gerade keine verdeckten Rückflüsse erhalte oder zahle, wäre offensichtlich sinnlos gewesen.
- 15
- Selbst wenn man aber in Bezug auf die Gewinnmarge von einem den Anleger benachteiligenden Interessenkonflikt ausgehen und daraus grundsätzlich eine Offenbarungspflicht der Bank herleiten wolle, habe jedenfalls im vorliegenden Fall keine solche Pflicht bestanden. Denn der Verkauf der LehmanZertifikate sei für die Beklagte, auch mit Blick auf ihre Gewinnaufschläge beim Verkauf alternativer Anlagen, gerade nicht besonders gewinnträchtig gewesen.
- 16
- Gleichfalls stelle es keine Pflichtverletzung der Beklagten dar, dass im Beratungsgespräch kein ausdrücklicher Hinweis darauf erfolgt sei, dass die verkauften Zertifikate nicht der deutschen Einlagensicherung unterlagen. Ob die beratende Bank grundsätzlich einen solchen Hinweis schulde, könne dahin stehen. Jedenfalls gegenüber dem Kläger, der über das mit den erworbenen Lehman-Zertifikaten verbundene Emittentenrisiko aufgeklärt worden sei, sei eine solche Aufklärung nicht geschuldet gewesen. Ihr komme neben dem Hinweis auf das Emittentenrisiko keine eigenständige Bedeutung mehr zu, da sie einem Kunden, der schon bereit sei, das Insolvenzrisiko der Emittentin zu tra- gen, keine zusätzlichen, für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen liefere. Im Streitfall habe der Kläger schon nicht dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen, nicht gehörig über das Emittentenrisiko aufgeklärt worden zu sein. Weitergehende Risikohinweise, als sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Beratungsgespräch erfolgt seien, habe die Beklagte nicht geschuldet.
- 17
- Die Beratung sei vor dem Hintergrund, dass der Kläger schon vor Dezember 2006 wiederholt in durchaus risikoreiche Anlagen investiert habe, zudem anlegergerecht gewesen. Hierbei sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass auch im Jahre 2003 beim Erwerb der J. Anleihe, einem dem streitgegenständlichen LehmanZertifikat ganz ähnlich strukturierten Papier, ein Hinweis auf das vom Anleger zu tragende Emittentenrisiko erfolgt sei.
- 18
- Die Struktur der streitgegenständlichen Anlage habe ebenfalls keine weitergehenden Risikohinweise erfordert. Aufgrund des vollständigen Kapitalschutzes zum Laufzeitende habe sich das Zertifikat, die Bonität der Emittentin vorausgesetzt , aus damaliger Sicht nicht als spekulative Anlage dargestellt. Auf die Bonität der Muttergesellschaft der Emittentin und Garantin der Anleihe habe im Dezember 2006 ohne Weiteres vertraut werden können. Auch im Übrigen habe der Kläger eine nicht anleger- oder nicht anlagegerechte Beratung nicht dargelegt.
- 19
- Sofern man demgegenüber im Unterlassen der Aufdeckung der Handelsspanne und/oder in der unterbliebenen Aufklärung zur fehlenden Einlagensicherung eine Pflichtverletzung der Beklagten sehen wolle, habe sie einen solchen Pflichtenverstoß jedenfalls nicht zu vertreten. Für die Beklagte habe im Dezember 2006 keine Veranlassung bestanden, von diesbezüglichen Hinweis- pflichten auszugehen. Zumindest fehle es aber an der erforderlichen Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen für die Anlageentscheidung. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass er sich bei entsprechender Aufklärung gegen den Kauf der Lehman-Zertifikate entschieden hätte.
II.
- 20
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
- 21
- 1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen der Beklagten und dem Kläger ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
- 22
- 2. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag nicht verletzt hat.
- 23
- a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f., vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12), muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19).
- 24
- b) Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung nicht deshalb verletzt hat, weil sie den Kläger im Beratungsgespräch im Dezember 2006 nicht über ein konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin oder der Garantiegeberin aufgeklärt hat. Auch die Revision erhebt insoweit keine Rügen.
- 25
- Allerdings musste die Beklagte, die die in Rede stehenden Zertifikate in ihr eigenes Anlageprogramm aufgenommen und sie empfohlen hat, diese zuvor selbst mit banküblichem kritischen Sachverstand überprüfen (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 15). Das gilt auch hinsichtlich der Bonität der konkreten Emittentin bzw. Garantiegeberin, die für die Risikobeurteilung eines Zertifikats von maßgeblicher Bedeutung ist. Eine Haftung der Beklagten käme nach dem Schutzzweck der gegebenenfalls verletzten Prüf- und Offenbarungspflicht dann in Betracht, wenn bei dieser Prüfung auch ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Kläger hätte aufgeklärt werden müssen oder wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Kapitalanlage nicht anlegeroder objektgerecht ist (vgl. Senatsurteile vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 14 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 17). Jedenfalls daran fehlt es hier. Es sind keine Umstände festgestellt oder dargetan, aus denen sich ergibt, dass ein konkretes Insolvenzrisiko, sollte es bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs Ende Dezember 2006 bestanden haben, für die Beklagte bei einer ordnungsgemäßen Prüfung der empfohlenen Kapitalanlage erkennbar gewesen wäre. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Bonitätsbewertungen (Ratings ) der Garantiegeberin seinerzeit so positiv, dass Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit nicht aufkommen mussten. Gegenteiliges behauptet auch der Kläger nicht.
- 26
- c) Ebenso wenig lässt die Annahme des Berufungsgerichts, derKläger sei hinsichtlich der generellen Abhängigkeit der Rückzahlung von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) hinreichend aufgeklärt worden, einen Rechtsfehler erkennen.
- 27
- aa) Basketzertifikate wie die hier in Rede stehende "ProtectExpress"-Anleihe sind strukturierte Finanzprodukte in der Form einer Inhaberschuldverschreibung , die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand der zugrunde gelegten Basiswerte (sog. Underlyings) abhängt (Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 178; Kumpan in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 2 WpHG Rn. 29; zum allgemeineren Indexzertifikat vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 62 mwN). Da hier - anders als beispiels- weise bei Investmentfonds nach dem Investmentgesetz (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 InvG) - kein vom sonstigen Vermögen des Emittenten getrenntes Sondervermögen gebildet wird, trägt der Anleger nicht nur das Marktrisiko in Bezug auf den zugrunde gelegten Basiswert, sondern darüber hinaus auch das Bonitätsrisiko des Emittenten (Köndgen/Schmies in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 113 Rn. 56; Mülbert, WM 2007, 1149, 1151; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117; Veil, WM 2009, 1585; Witte/Mehrbrey, ZIP 2009, 744, 745). Selbst wenn sich der Basiswert, in den der Anleger mit Erwerb des Zertifikats investiert hat, für ihn günstig entwickelt, wird das Zertifikat zum Verlustgeschäft, wenn der Emittent am Ende der Laufzeit den nach den Anlagebedingungen fälligen Rückzahlungsbetrag nicht aufbringen kann. Zu einer vollständigen Risikodarstellung der Anlageform des Zertifikats gehört mithin auch, dass der Anleger erkennen kann, dass die Rückzahlung generell von der Bonität der jeweiligen Emittentin bzw. Garantiegeberin zum Zeitpunkt der Rückzahlbarkeit der Anleihe abhängt (ebenso Bausch, BB 2009, 1832, 1833; Knops, BB 2008, 2535, 2537; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 118; zu § 31 WpHG Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 179; Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 126; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442). Auch wenn bezogen auf die konkrete Emittentin zum Zeitpunkt der Beratung keine Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit bestehen, kann es für die Entscheidung des Anlegers dennoch von wesentlicher Bedeutung sein, dass er dieses Risiko - anders als bei anderen Anlageformen - bezogen auf die gesamte Laufzeit des Zertifikats übernimmt.
- 28
- Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass die beratende Bank davon ausgehen kann, dass das theoretisch immer bestehende Insolvenzrisiko eines Schuldners allgemein bekannt und daher in der Regel nicht aufklärungsbedürftig ist (so Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch , 3. Aufl., § 110 Rn. 38; Nobbe, WuB I G 1. - 11.10; für spekulative Anleger OLG Schleswig, WM 1996, 1487, 1488). Selbst wenn dem durchschnittlichen Anleger allgemein bewusst ist, dass Unternehmen - auch Banken - zahlungsunfähig werden können, so heißt dies nicht, dass er sich auch bewusst ist, dieses Risiko mangels Bildung eines Sondervermögens mit Erwerb eines Zertifikats in Bezug auf die jeweilige Emittentin und Garantiegeberin zu übernehmen. Letzteres kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Grundsätzlich ist damit im Rahmen eines Beratungsvertrages über die generelle Abhängigkeit der Rückzahlung des empfohlenen Zertifikats von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) aufzuklären. Der Anleger muss informiert sein, dass er im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bzw. Garantiegeberin das angelegte Kapital vollständig verliert.
- 29
- bb) Eine solche Aufklärung ist hier nach der für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger sei nach der Aussage der Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin P. , und seinen damit übereinstimmenden eigenen Angaben während des Beratungsgesprächs im Dezember 2006 über das allgemeine Emittentenrisiko unterrichtet worden, erfolgt.
- 30
- (1) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen die Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 38; BGH, Urteil vom 30. Oktober 2007 - VI ZR 132/06, NJW 2008, 571, Rn. 8 mwN). Derartige Rechtsfehler weist das angegriffene Urteil nicht auf. Vielmehr stellt das Berufungsgericht unangegriffen und rechtsfehlerfrei fest, der Kläger habe gewusst, dass es sich bei der Forderung um eine solche gegen eine US-amerikanische Investmentbank handelte. Er sei auf deren hervorragendes Rating hingewiesen worden. Die Zeugin P. habe geäußert, die Anlage falle dann aus, wenn "alles zusammenbreche". Wenn das Berufungsgericht dies - den eigenen Angaben des Klägers in seiner Anhörung entsprechend - als Hinweis auf die außergewöhnliche und zum damaligen Zeitpunkt von allen maßgeblichen Stimmen für gegeben erachtete Bonität der Emittentin verstanden hat, die nur gefährdet sei, wenn es infolge einer systemischen Krise der Finanzmärkte zu einem Zusammenbruch des Weltfinanzsystems komme, so erscheint diese Würdigung nicht nur nachvollziehbar, sondern auch naheliegend. Mit ihren hiergegen gerichteten Einwänden setzt die Revision lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.
- 31
- (2) Darüber hinaus war dem Kläger nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts das bei Zertifikaten für den Anleger bestehende allgemeine Emittentenrisiko auch aus seinem bisherigen Anlageverhalten geläufig, so dass er hierüber im Beratungsgespräch vom Dezember 2006 nicht erneut aufgeklärt werden musste.
- 32
- Nach den ebenfalls unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwarb der Kläger am 24. November 2003 für seinen Sohn für 10.000 € mit der J. Anleihe ein dem streitgegenständlichen Lehman-Zertifikat ähnlich strukturiertes Papier, wobei ihm während des damaligen Beratungsgesprächs die Broschüre "Basisinformationen zu Festverzinslichen Wertpapieren besonderer Art" ausgehändigt wurde, die einen ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis auf das allgemeine Emittentenrisiko enthält. Wenn der Kläger in der Folgezeit mit der im Herbst 2004 erworbenen Forint-Anleihe der R. Bank, mit der er nach eigenen Angaben Wechselkursschwankungen ausnutzen wollte, sowie der 2005 gekauften "Weihnachtszinsanleihe" der D. Bank erneut auf Anlageformen setzte, bei denen er bewusst das Insolvenzrisiko der jeweiligen Emittenten übernahm, ohne durch Einlagensicherungssysteme geschützt zu sein, war eine nochmalige Aufklärung über den Charakter einer Anleihe, die - wie er wusste - eine Forderung gegen eine US-amerikanische Investmentbank verbriefte, im Beratungsgespräch vom Dezember 2006 entbehrlich (vgl. für die anlegergerechte Beratung Senatsurteil vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311, 320).
- 33
- d) Das Berufungsgericht hat ebenfalls mit Recht angenommen, dass es keines zusätzlichen Hinweises auf das Nichteingreifen von Einlagensicherungssystemen bedarf, wenn die Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko erfolgt ist oder eine dahingehende Aufklärungspflicht deshalb entfällt, weil der konkrete Anleger das generelle Gegenparteirisiko bei Zertifikaten - beispielsweise aus seinem bisherigen Anlageverhalten - kennt oder er sich insoweit als erfahren geriert (dazu Senatsurteil vom 28. September 2004 - XI ZR 259/03, WM 2004, 2205, 2206 mwN).
- 34
- aa) Inhaberschuldverschreibungen unterfallen nicht dem Einlagen- und Anlegerschutzgesetz (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EAEG; Fischer in Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., § 23a Rn. 60). Generell gilt ferner, dass sie weder vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. (§ 6 Abs. 1a des Statuts; dazu Fischer in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 133 Rn. 62) noch vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken e.V. (§ 14 Nr. 3 Satz 1 der Satzung) umfasst werden. Die im Streitfall für die Beklagte maßgebliche Institutssicherung des Sparkassenstützungsfonds des Hanseatischen Sparkassen- und Giroverbandes greift nicht ein, weil Schuldner des durch die "ProtectExpress"Anleihe verbrieften Anspruchs nicht die Beklagte selbst ist (§ 2 Satz 3 der Satzung; vgl. Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117).
- 35
- bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass diesem Umstand dann keine eigenständige Bedeutung für die Anlageentscheidung mehr zukommt, wenn der Kunde bereits über das von ihm zu tragende Insolvenzrisiko der Emittentin aufgeklärt wurde. Denn für den Anleger ist es in einem solchen Falle unerheblich, ob er des eingezahlten Kapitals (nur) wegen einer - von ihm bewusst in Kauf genommenen - möglichen Zahlungsunfähigkeit des Emittenten verlustig geht, oder weil dieses Risiko nicht zusätzlich durch Einlagensicherungssysteme gedeckt ist. Weiß der Kunde um die Möglichkeit eines Totalverlustes , kann er nicht gleichzeitig auf das Eingreifen einer Einlagensicherung vertrauen (so auch OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357; OLG München, WM 2010, 2115, 2117; OLG Celle, Beschluss vom 17. September 2010 - 3 U 154/10, juris Rn. 26; OLG Frankfurt, WM 2010, 2111, 2115; OLG Düsseldorf, WM 2011, 399, 404; Bausch, BB 2009, 1832, 1833; ders. BKR 2010, 257, 259; aA Maier, VuR 2009, 369, 370).
- 36
- Dies gilt entgegen der Auffassung der Revision auch für die hier vorliegende Konstellation, dass der Anleger von einer der Einlagensicherung unterliegenden in die ungesicherte Anlageform des Zertifikats wechselt (aA LG Heidelberg , WM 2010, 505, 508: "jedenfalls für einen vergleichsweise unerfahrenen Anleger"; Bömcke/Weck, VuR 2009, 53, 56; Maier, VuR 2009, 369, 370; offen gelassen von OLG Dresden, WM 2010, 1403, 1405). Die Gegenauffassung zeigt ebenso wenig wie die Revision nachvollziehbar auf, worauf sich bei einem anlässlich der "Umschichtung" über das mit der Neuanlage verbundene Insolvenzrisiko belehrten Anleger dessen Vorstellung stützen soll, das ihm offengelegte Verlustrisiko werde gleichwohl durch ein Einlagensicherungssystem aufgefangen. Eine hiervon zu trennende andere Frage ist es, ob einem Anleger, der ausdrücklich eine "sichere" Geldanlage wünscht, eine Anlageform empfohlen werden darf, für die keine Einlagensicherung besteht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 50 f.). Auf diese - den Bereich der anlegergerechten Beratung betreffende - Fragestellung kommt es im Streitfall schon deshalb nicht an, weil die Revision selbst nicht geltend macht, das streitgegenständliche Zertifikat habe dem Kläger, der auch vor Dezember 2006 wiederholt in risikoreiche Anlagen investiert hatte, von vornherein nicht angedient werden dürfen.
- 37
- cc) Anders als die Revision ausführt, steht diesem Ergebnis nicht die für Kreditinstitute in § 23a Abs. 1 Satz 3 und 4 KWG normierte - aufsichtsrechtliche - Hinweispflicht entgegen. Denn mit der Aufklärung darüber, dass der Kunde beim Erwerb von Zertifikaten das Bonitätsrisiko des Emittenten übernimmt , ist zugleich - wie es das Kreditwesengesetz fordert - klargestellt, dass für den Fall der Realisierung dieses Risikos hinsichtlich der gewählten Anlage kein Einlagensicherungssystem eingreift.
- 38
- e) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht auch eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Gewinnmarge der von ihr an den Kläger verkauften Zertifikate verneint.
- 39
- aa) In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten , ob eine Bank eine Pflicht zur Offenlegung der Handelsspanne trifft. Ganz überwiegend wird dies verneint (OLG Celle, ZIP 2010, 876, 878; OLG Dresden, WM 2010, 1403, 1405; OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357 f.; OLG Düsseldorf, WM 2010, 1943, 1945 und WM 2011, 399, 405; OLG Frankfurt (9. Zivilsenat), WM 2010, 2111, 2112 f. und WM 2011, 880, 882; OLG Karlsruhe, WM 2011, 353, 355 f. und WM 2011, 883, 884 f.; OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653; Assmann, ZIP 2009, 2125, 2130; Spindler, WM 2009, 1821, 1824 ff.; Lang/Balzer, ZIP 2009, 456, 457; Harnos/ Rudzio, BKR 2010, 259, 260; Lang/Bausch, WM 2010, 2101, 2106 f.; Jooß, WM 2011, 1260, 1263; Arnold, WuB I G 1. - 11.09; Blankenheim WuB I G 1. - 13.09; Nobbe, WuB I G 1. - 5.10 und 11.10; Siol, WuB I G 1. - 9.09). Eine Mindermeinung hingegen bejaht dies (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2010, 2039, 2040 f. und ZIP 2011, 1462, 1463; Maier, VuR 2009, 369, 371; Zingel/Rieck, BKR 2009, 353, 354; Buck-Heeb, BKR 2010, 1 ff.; Geßner, BKR 2010, 89, 95; Märker, NJOZ 2010, 524, 528; wohl auch Koch, BKR 2010, 177, 184).
- 40
- bb) Die erstgenannte Auffassung trifft zu. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt; denn in einem solchen Fall ist es für den Kunden offensichtlich , dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (vgl. nur zuletzt Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38 mwN, für BGHZ bestimmt). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (vgl. zum Eigenhandel schon BGH, Urteil vom 18. März 1959 - IV ZR 155/58, WM 1959, 999, 1001).
- 41
- cc) Dem steht - anders als die Revision meint - weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen, noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen.
- 42
- (1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) muss unter bestimmten Umständen zwar über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisi- onen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Indes fallen die hier in Rede stehenden Einkaufsrabatte nicht unter diese Definition, so dass schon deshalb eine Aufklärungspflicht zu verneinen ist. Das Interesse der Anleger an dem Erwerb einer werthaltigen Anlage wird bereits durch die aus dem Beratungsvertrag fließende Pflicht zur objektgerechten Beratung geschützt. Zudem wird dadurch, dass die Bank beim Einkauf der Zertifikate einen geringeren Preis zahlt, als sie ihrerseits bei der Weiterveräußerung dem Anleger in Rechnung stellt, nicht der Wert des Papiers beeinträchtigt.
- 43
- (2) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Beratungsvertrag ferner verpflichtet, über ihr zufließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dann vor, wenn beispielsweise Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde an einen Dritten zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank - regelmäßig umsatzabhängig - zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade dieses Produkt zu empfehlen (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
- 44
- Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Sie setzt ein Dreipersonenverhältnis voraus (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 4), wie es etwa für ein Kommissionsgeschäft üblich ist. Dagegen besteht ein solches Verhältnis bei einem Festpreisgeschäft, wie es nach den insoweit bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hier im Wege des Eigengeschäfts abgeschlossen wurde, nicht. Darin, dass das Berufungsgericht festgestellt hat, der Verkauf der Zertifikate an den Kläger sei im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, und zugleich offen gelassen hat, ob dem Kläger dies bekannt war, liegt entgegen der Auffassung der Revision kein Widerspruch, da es für die Frage, wie die Beklagte die Annahme ihres Verkaufsangebots durch den Kläger verstehen konnte, maßgeblich auf ihren Empfängerhorizont ankommt.
- 45
- (3) Soweit die Revision unter Hinweis auf das Kommissionsgeschäft darauf abzielt, die Senatsrechtsprechung zu aufklärungspflichtigen Rückvergütungen auf den Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts zu übertragen, kann ihr nicht gefolgt werden.
- 46
- Bei der Abwicklung eines Wertpapierkaufs im Wege des Eigengeschäfts fehlt es an einem vergleichbaren - offen zu legenden - Interessenkonflikt der beratenden Bank, wie er nach den oben unter (2) dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen bei Rückvergütungen besteht. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwirtschaftete die Beklagte ihren Ertrag vorliegend nur aus dem offen ausgewiesenen und direkt an sie gezahlten Ausgabeaufschlag von 1% des Nominalwertes sowie aus der Differenz des Einkaufspreises von 96,20% zum Nennwert. Daneben gab es keine an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Klägers an die Beklagte zurückfließenden Posten. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung trifft die Bank als Verkäuferin der vom Anleger georderten Wertpapiere - anders als etwa den Kommissionär für den Anleger in Bezug auf die erhaltenen Provisionen - keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinn- oder Handelsspanne. Der Preis des Deckungsgeschäfts muss dem Kunden nicht offen- bart werden, im Gegenzug hat die Bank keine Provisions- oder Aufwendungsersatzansprüche.
- 47
- Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist auch im Rahmen des neben dem Kaufvertrag abgeschlossenen Beratungsvertrags zu beachten.Die Interessen des Anlegers werden, wie dargelegt, durch die Pflichten der Bank zu einer anleger- und objektgerechten Beratung hinreichend geschützt. In Bezug auf offensichtliche Umstände wie das dem Kaufvertrag immanente Gewinninteresse der Bank als Verkäuferin kommt hiernach eine unterschiedliche Behandlung beider Vertragsverhältnisse nicht in Betracht. Was für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (vgl. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 2/2011 Anm. 4).
- 48
- (4) Die Revision kann sich in diesem Zusammenhang ferner nicht mit Erfolg auf Bestimmungen des europäischen Rechts, insbesondere nicht auf die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) sowie die hierzu ergangene Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) berufen. Nach Art. 19 Abs. 1 der Finanzmarktrichtlinie "schreiben" die Mitgliedstaaten "vor, dass eine Wertpapierfirma bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder gegebenenfalls Nebendienstleistungen für ihre Kunden ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handelt" und insbesondere den in den nachfolgenden Absätzen dieser Bestimmung näher geregelten Grundsätzen genügt. Gemäß Art. 26 Abs. 1 der Durchführungsrichtlinie "sorgen" die Mitglied- staaten "dafür, dass Wertpapierfirmen nicht als ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse eines Kunden handelnd gelten, wenn sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen für den Kunden eine Gebühr oder Provision zahlen oder erhalten oder wenn sie eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung gewähren oder annehmen", es sei denn, einer der in dieser Vorschrift näher geregelten Ausnahmefälle greift ein. Entgegen der Auffassung der Revision ergeben sich hieraus im Streitfall keine unmittelbaren Rechtswirkungen zugunsten der Anleger.
- 49
- Zwar kann Bestimmungen einer Richtlinie auch dann, wenn sie, wie dies hier sowohl bei der Finanzmarktrichtlinie (Art. 73) als auch der Durchführungsrichtlinie (Art. 55) der Fall ist, die Mitgliedstaaten zu Normadressaten erklärt, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zukommen. Dies setzt jedoch - neben weiteren Anforderungen - voraus, dass die betreffenden Richtlinienbestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt sind (grundlegend EuGH, NJW 1982, 499, 500, dazu BVerfG NJW 1988, 1459, 1460 f.; vgl. auch EuGH NJW 2007, 2029, 2031; Marly in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl., Art. 22 Rn. 8 mwN). Unbedingt ist eine Richtlinienbestimmung , wenn sie nicht mit einer Bedingung oder einem anderen Vorbehalt versehen ist und ihrem Wesen nach keiner weiteren Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Die Bestimmung muss hierzu Voraussetzungen und Rechtsfolgen festlegen, also justiziabel sein. Eine unmittelbare Wirkung ist demnach ausgeschlossen, wenn der Eintritt einer gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Rechtsfolge von einer gestalterischen Entscheidung des Mitgliedstaates oder eines Gemeinschaftsorgans abhängt (vgl. Gellermann in Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 29; Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., Art. 288 AEUV Rn. 54; Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., Vorbem. Rn. 12).
- 50
- Danach ergeben sich - eindeutig - weder aus Art. 19 der Finanzmarktrichtlinie noch aus Art. 26 der Durchführungsrichtlinie unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen überlassen es ausdrücklich den Mitgliedstaaten, "vorzuschreiben" bzw. "dafür zu sorgen", dass Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden handeln. Für die Art und Weise der Umsetzung dieser Vorgabe geben sie keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht. Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl. Rn. 981; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl. Rn. 981). Schon aus diesem Grund lässt sich vorliegend aus den dargestellten Richtlinienbestimmungen für die Frage einer Aufklärungspflicht der Beklagten über ihre Gewinnmarge beim Eigenhandel nichts Entscheidendes herleiten.
- 51
- dd) Für den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist es ferner ohne Belang, ob ihm - wie er bestreitet - bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines Eigengeschäfts der Beklagten erfolgte. Die beratende Bank ist aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt. Die unterbliebene Aufklärung vermag daher keinen Schadensersatzanspruch des Anlegers zu begründen.
- 52
- Zwar ergab sich - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss des Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift - entgegen einzelnen instanzgerichtlichen Entscheidungen (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2011, 1462, 1463; vgl. auch OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653 f.) - nicht entnehmen.
- 53
- Für eine Pflicht der beratenden Bank sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Interessen des Anlegers. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe, wie vorliegend schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Exi-stenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen , bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
- 54
- ee) Die Revision bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als sie eine Aufklärungspflicht über die Höhe der Gewinnmarge dadurch zu begründen sucht, dem Kläger sei infolge der Pflicht zur Zahlung eines Ausgabeaufschlages von 1% des Nennwerts verdeckt geblieben, dass die Beklagte darüber hinaus noch weitere Erträge generieren werde (ähnlich Geßner, BKR 2010, 89, 95). Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht den Eindruck erweckt hat, der Ausgabeaufschlag sei der einzige Posten, der zu einem Gewinn führt (vgl. zu falschen Angaben von Gesamtprovisionen Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 23 ff.), besteht unabhängig von den oben unter e) cc) (1) und (2) genannten Fällen grundsätzlich keine Pflicht der beratenden Bank zur Aufklärung über Existenz, Höhe, Herkunft oder Zusammensetzung des mit einem empfohlenen Produkt erwirtschafteten Gewinns.
- 55
- ff) Auf die vom Berufungsgericht darüber hinaus getroffenen Feststellungen , der Interessenkonflikt auf Seiten der Beklagten entfalle auch deshalb, weil der Verkauf der streitgegenständlichen Zertifikate im Vergleich zu anderen Produkten nicht besonders gewinnträchtig gewesen sei, kommt es demnach nicht an.
- 56
- f) Auch der weitere Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe ihn über die Risiken des konkreten Produkts nicht hinreichend aufgeklärt und hierdurch ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt, trifft nicht zu.
- 57
- aa) Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es keines besonde- ren Hinweises auf den von ihr geltend gemachten „Wett- bzw.Optionscharakter“ des Zertifikats.Wie die Revision nicht in Abrede stellt, wurde dem Kläger die Funktionsweise der "ProtectExpress"-Anleihe erläutert und insbesondere auf die Abhängigkeit des Zeitpunkts und der Höhe der Auszahlung des eingesetzten Kapitals samt Boni von der Entwicklung des in Bezug genommenen Aktienkorbes zu den festgelegten Bewertungsstichtagen hingewiesen. Damit war das spekulative Element der Anlage für den Kläger erkennbar. Seine Chance auf den Erhalt eines Bonus - und spiegelbildlich hierzu das entsprechende Zahlungsrisiko der Emittentin - realisierte sich nur dann, wenn der Kurs des Aktienkorbs zu bestimmten Stichtagen mindestens so hoch war wie am Anfang der Laufzeit. Trat diese Kursentwicklung nicht ein, musste die Emittentin lediglich den Anlagebetrag zurückzahlen. Dass bei einem derart strukturierten Produkt die Erwartungen der Emittentin auf der einen und des Anlegers auf der anderen Seite gegenläufig sind, ist für jeden Anleger offensichtlich. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände wie z.B. einer bewusst zum Nachteil des Kun- den gestalteten Risikostruktur (vgl. Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38, für BGHZ vorgesehen), für die vorliegend indes keine Anhaltspunkte bestehen, wird hierdurch keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank ausgelöst.
- 58
- bb) Soweit die Revision schließlich rügt, die Beklagte hätte demKläger darstellen müssen, wie "hinreichend wahrscheinlich" bzw. "hinreichend sicher" ein auf oder über dem Niveau am anfänglichen Bewertungsstichtag (21. Dezember 2006) stehender Kurs des Aktienkorbes am ersten Feststellungstag (23. Juni 2008) war, handelt es sich dabei ersichtlich um eine von zahlreichen Unwägbarkeiten beeinflusste Prognose, die vom Berater in dem von der Revision für notwendig erachteten Maße nicht erbracht werden kann. Dass die Annahme eines entsprechenden Kursverlaufs ex ante betrachtet unvertretbar war (vgl. dazu Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19), behauptet der Kläger selbst nicht.
- 59
- 3. Auf die vom Berufungsgericht vorsorglich erörterten weiteren Fragen, ob etwaige Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten schuldhaft erfolgt und für die vom Kläger getroffene Anlageentscheidung auch kausal geworden wären , kommt es nach alledem nicht an.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 23.06.2009 - 310 O 4/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.04.2010 - 13 U 118/09 -
Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Empfehlung Auf des Beklagten zeichnete der Kläger am 28. Oktober 1999 über eine Summe von 150.000 DM zuzüglich 5 % Agio (7.500 DM) eine Beteiligung an der C. G. GmbH & Co. Vermietungs KG (Turmcenter F. ), einem geschlossenen Immobilienfonds. Die hierfür benötigten Mittel hatte der Kläger aus dem Verkauf eines von seinem Vater ererbten Hausgrundstücks gewonnen. Der Fonds wurde zum 31. Dezember 1999 nach Vollplatzierung geschlossen. Nach anfänglichen Ausschüttungen geriet der Fonds aufgrund deutlichen Rückgangs der Mieteinnahmen ab dem Jahre 2002 in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Versuch, die im Eigentum des Fonds stehende Büroturm-Immobilie - als wesentlichen Teil des Fondsvermögens - zu veräußern, blieb ohne Erfolg. Auf Antrag der finanzierenden Bank wurde am 4. August 2005 die Zwangsverwaltung des Objekts angeordnet. Die Hauptmieterin kündigte das Mietverhältnis außerordentlich zum 31. Dezember 2005. Am 17. Februar 2006 ordnete das Amtsgericht München die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Fondsgesellschaft an.
- 3
- Der Kläger hat seine Schadensersatzforderung unter Einberechnung der Kosten für die Beteiligung an dem Fonds und entgangener anderweitiger Anlagezinsen - nach Abzug ihm verbliebener Ausschüttungen - mit 102.879,46 € beziffert und geltend gemacht, der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt, da er ihm mit der Fondsbeteiligung eine Anlage empfohlen habe, die seinem erklärten Anlageziel einer sicheren Altersvorsorge widersprochen habe. Der Beklagte habe ihn nicht auf die spezifischen Risiken dieser Anlage, insbesondere nicht auf das Risiko eines Totalverlusts, hingewiesen , die gebotene Überprüfung der wirtschaftlichen Plausibilität, Seriosität und Tragfähigkeit des Beteiligungsangebots unterlassen und negative Pressestimmen nicht berücksichtigt. Als Fachmann habe der Beklagte erkennen müssen, dass das Beteiligungsangebot auf eine Täuschung der neu eintretenden Anleger abgezielt und von vornherein keine Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg gehabt habe.
- 4
- Der Beklagte ist diesen Vorwürfen entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
- 5
- Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist im Wesentlichen - bis auf einen geringfügigen Teil der erstinstanzlich zugesprochenen Zinsen - ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht (GWR 2010, 93) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 8
- Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Vertragspflichtverletzung des Beklagten zu. Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Die ihm hieraus erwachsenen Pflichten habe der Beklagte verletzt, da er keine anlegergerechte - das heißt dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe. Der Beklagte habe dem Kläger eine Kapitalanlage empfohlen, die für das Ziel einer Altersvorsorge erkennbar ungeeignet gewesen sei. Die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds berge das Risiko des Totalverlusts. Nach den zu Grunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts habe der Kläger eine Kapitalanlage gewünscht, die gerade auch dem Zweck der Altersversorgung habe dienen sollen. Durch den von ihm zu vertretenden Beratungsfehler habe der Beklagte einen Schaden in der mit der Klage geltend gemachten Höhe herbeigeführt. Ein anrechnungsfähiges Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, da er auf den Rat des Beklagten habe vertrauen dürfen. Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt. Es sei nicht feststellbar, dass der Kläger vor dem 1. Januar 2004 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen gehabt oder sich insoweit grob fahrlässig in Unkenntnis befunden habe. Für eine grob fahrlässige Unkenntnis genüge es nicht, dass er den ihm überlassenen Anlageprospekt nicht durchgelesen habe.
II.
- 9
- Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als begründet angesehen. Der Beklagte schuldet dem Kläger den geforderten Schadensersatz nach den Grundsätzen der Haftung wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
- 10
- 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei - über eine reine Anlagevermittlung hinausgehend - ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, der den Beklagten zu einer eingehenden anlegergerechten, an den konkreten Anlagezielen des Klägers orientierten Beratung verpflichtet habe, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
- 11
- 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , dass der Beklagte seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt habe, da er keine anlegergerechte - dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe.
- 12
- a) Nach den Feststellungen beider Vorinstanzen, die maßgeblich auf die Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen R. -H.. E. , des Sohnes des Klägers, gestützt worden sind, hatte der Kläger dem Beklagten im Beratungsgespräch erklärt, dass es ihm neben dem Aspekt der Steuerersparnis gerade auch darum gehe, dass das Kapital "sicher" sei und so angelegt werden solle, dass es für das Alter reiche; der Zweck der Alterssicherung und -vorsorge sei ausdrücklich mitgeteilt worden.
- 13
- Diese Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 14
- Soweit der Beklagte einwendet, dass es weitere Gespräche zwischen den Parteien gegeben habe, an denen der Zeuge E. nicht beteiligt gewesen sei, weist die Revisionserwiderung in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass der Beklagte nicht dargetan hat, dass der Kläger in diesen weiteren Gesprächen von dem bekundeten Anlageziel abgewichen wäre, insbesondere das Ziel einer "sicheren Altersvorsorge" aufgegeben hätte. Dass die Ziele einer einerseits steuersparenden und andererseits zur Altersvorsorge geeigneten, "sicheren" Kapitalanlage in einen Konflikt geraten können - jedoch nicht: geraten "müssen" -, steht der Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit der Beweiswürdigung nicht entgegen.
- 15
- Auch mit seiner Rüge, das Berufungsgericht habe - ebenso wie schon das Landgericht - fehlerhaft davon abgesehen, ihn selbst zum Inhalt der Beratungsgespräche als Partei zu vernehmen oder anzuhören, vermag der Beklagte nicht durchzudringen. Mangels Zustimmung des Klägers (§ 447 ZPO) kam hier allein eine Parteivernehmung des Beklagten nach § 448 ZPO in Betracht. Diese setzt freilich voraus, dass aufgrund einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die durch die Parteivernehmung zu beweisende Tatsache spricht ("Anbeweis"; s. etwa BGHZ 150, 334, 342; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - NJW-RR 2003, 1002, 1003 m.w.N.). Hiervon ist das Berufungsgericht nicht ausgegangen, ohne dass ihm dabei ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
- 16
- Allerdings kann im Fall der Beweisnot einer Partei eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO oder eine Anhörung der Partei nach § 141 ZPO aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit notwendig sein. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch - anders als die Gegenpartei - keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - NJW-RR 2007, 1690, 1691 Rn. 10 sowie Beschlüsse vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 - NJW 2003, 3636 und vom 30. September 2004 - III ZR 369/03 - BeckRS 2004, 09779; BGH, Urteile vom 9. Oktober 1997 - IX ZR 269/96 - NJW 1998, 306 f; vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363, 364; vom 19. Dezember 2002 aaO; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - NJW-RR 2006, 61, 63 und vom 23. April 2008 - XII ZR 195/06 - NJW-RR 2008, 1086, 1087 Rn. 13; BVerfG, NJW 2001, 2531 f; NJW 2008, 2170 f; EGMR, NJW 1995, 1413 f). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Bei dem vom Zeugen E. bekundeten Gespräch handelt es sich nicht um ein Vier-Augen-Gespräch. Der Zeuge E. hat bei dem Beratungsgespräch nicht anstelle des Klägers als dessen Vertreter gehandelt, sondern als weitere Person teilgenommen. Dass er dem Kläger als dessen Sohn nahe steht, rechtfertigt es nicht ohne weiteres, das Gespräch als ein zwischen den Parteien geführtes "Vier-Augen-Gespräch" einzuordnen (s. auch BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; für den Fall des Gesprächs zwischen einer Prozesspartei und einem "außenstehenden" bzw. "nicht ausschließlich im Lager" der gegnerischen Partei stehenden Zeugen s. BGHZ 150, 334, 341 ff und Senatsbeschluss vom 30. September 2004 aaO). Hinzu kommt, dass sich der Beklagte für seine gegenteilige Behauptung, dass es dem Kläger stets und allein um die Steuerersparnis - als "einzige Richtschnur" - gegangen sei, nicht aber (auch) um eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage, auf das Zeugnis der Steuerberaterin F. -F. berufen hat; diese Zeugin hat in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht freilich bekundet, an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen zu sein beziehungsweise sich hieran nicht mehr erinnern zu können. Bei dieser Lage einer - behaupteten - Gesprächsbeteiligung zweier weiterer als Zeugen vernommener Personen fordert der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nicht die Anhörung oder Vernehmung derjenigen Partei, zu deren Nachteil die Beweisaufnahme ausgegangen ist. Abgesehen davon ist den Belangen der in Beweisnot geratenen Partei zureichend Genüge getan, wenn diese bei oder nach der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung ) vor Gericht persönlich anwesend war und daher die Möglichkeit hatte, ihre Darstellung vom Verlauf des Gesprächs durch eine Wortmeldung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich vorzutragen oder den Zeugen zu befragen (Senatsbeschlüsse vom 25. September 2003 aaO und vom 30. September 2004 aaO; BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; BVerfG, NJW 2008, 2170, 2171). Der Beklagte war bei sämtlichen Verhandlungs- und Beweisterminen in beiden Vorinstanzen persönlich anwesend; zum Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht war zudem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden. Dafür, dass er daran gehindert gewesen wäre, in diesen Terminen seine Sicht der Gesprächsinhalte zu schildern, ist nichts vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- 17
- b) Ausgehend davon, dass der Kläger ausdrücklich - auch - eine "sichere" , zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage wünschte, hat das Berufungsgericht einen Beratungsfehler des Beklagten zu Recht schon darin gesehen, dass dieser dem Kläger die Anlage in dem hier streitgegenständlichen geschlossenen Immobilienfonds empfohlen hat.
- 18
- Eine solche Empfehlung verletzte die Pflicht zur "anlegergerechten", auf die persönlichen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden zugeschnittene Beratung. Soll gemäß dem Anlageziel des Kunden eine sichere Geldanlage getätigt werden, so kann, wie dies der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein (Senatsurteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 6 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 120 Rn. 21). Zwar ist bei der Beteiligung an einem Immobilienfonds das Risiko eines anteilmäßig hohen Kapitalverlusts meist gering zu veranschlagen; dies gilt insbesondere für das Risiko eines Totalverlusts, da dem Fonds in aller Regel der Sachwert des Immobilienvermögens verbleibt (vgl. dazu BGHZ 167, 239, 249 Rn. 26 sowie BGH, Urteile vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08 - NJW-RR 2010, 115, 116 Rn. 25 und - XI ZR 338/08 - BB 2010, 15, 16 Rn. 28). Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine "unternehmerische Beteiligung", die als solche das Risiko birgt, dass das eingesetzte Kapital zumindest zu einem Teil verloren gehen kann. Dieses Risiko hängt in seinem Ausmaß unter anderem von der Eigenkapital -/Fremdkapitalquote, der Entwicklung der Immobilienpreise und Mieteinkünfte und den zu Grunde gelegten Wertansätzen ab. Da die hier empfohlene Fondsanlage - worauf der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf entsprechende Angaben im Anlageprospekt hingewiesen haben will - sogar (im "Extremfall" ) ein "Totalverlustrisiko" aufwies, durfte diese Beteiligung nicht als praktisch (weitgehend) "risikofrei" und mithin "sichere", zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage eingeordnet werden. Gegenteiliges hat der Beklagte in den Vorinstanzen auch nicht geltend gemacht.
- 19
- Unter diesen Umständen hätte der Beklagte dem Kläger die hier eingegangene Beteiligung nicht empfehlen dürfen, sondern davon abraten müssen. Dafür, dass der Kläger, etwa unter dem Eindruck entsprechender deutlicher Hinweise des Beklagten, von seinem Anlageziel einer "sicheren", zur Altersvorsorge geeigneten Kapitalanlage abgerückt wäre und sich letztlich bewusst auf eine diesem Anlageziel widersprechende Fondsbeteiligung eingelassen hätte, hat der Beklagte keinen tragfähigen Anhaltspunkt vorgetragen, und ein solcher ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
- 20
- 3. Die Kausalität des Beratungsfehlers des Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers und den ihm daraus erwachsenen Schaden hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Diesen Punkt greift die Revision auch nicht an. Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Beratung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (s. etwa Senatsurteile vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 687 f Rn. 22 ff; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 8; vom 5. November 2009 aaO S. 351 Rn. 21 und vom 19. November 2009 aaO S. 121 Rn. 26 sowie Senatsbeschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08 - BeckRS 2009, 11192 Rn. 8 m.w.N.). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht zu entkräften vermocht.
- 21
- 4. Auch gegen den Umfang des zuerkannten Schadensersatzanspruchs und die Ablehnung eines anrechnungsfähigen Mitverschuldens des Klägers (§ 254 BGB) bringt die Revision nichts vor. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Mitverschulden des Anlageinteressenten im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung kommt, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf (s. dazu BGHZ 100, 117, 125; BGH, Urteile vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; vom 26. September 1997 - V ZR 65/96 - NJW-RR 1998, 16 und vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1870, jeweils m.w.N.).
- 22
- 5. Entgegen der Ansicht der Revision greift auch der Einwand der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) nicht durch. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verjährungsfrist habe nicht vor Ablauf des Jahres 2004 zu laufen begonnen und sei daher durch Zustellung des Mahnbescheids am 13. Februar 2007 gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB), lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
- 23
- a) Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung ist im Jahre 1999, nämlich mit dem vom Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstan- den (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlag mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F.
- 24
- Zwar ist der Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation genügt dafür grundsätzlich nicht (BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30; BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1499). Allerdings kann der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (BGHZ 162, 306, 309 f; BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90 - NJW-RR 1991, 1125, 1127; vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93 - NJW 1994, 1405, 1407; vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 - NJW 1998, 302, 304 und vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02 - NJW-RR 2004, 1407). So liegt es auch hier.
- 25
- b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn zusätzlich die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506 Rn. 8; Senatsurteil vom 19. November 2009 aaO S. 119 Rn. 13). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Beklagte als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast (BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 25).
- 26
- c) Die Würdigung des Berufungsgerichts, eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den Anspruchsvoraussetzungen ergebe sich nicht schon daraus, dass dieser es unterlassen hat, den ihm übergebenen Emissionsprospekt durchzulesen und hierbei auf durchgreifende Hinweise auf die fehlende Eignung der Kapitalanlage für seine Anlageziele zu stoßen, hält den Angriffen der Revision stand.
- 27
- aa) Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt , bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (st. Rspr.; s. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 Rn. 17 m.w.N. und vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215 Rn. 12 m.w.N.).
- 28
- Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (s. BGH, Urteile vom 23. September 2008 aaO Rn. 16 und vom 10. November 2009 aaO Rn. 13 m.w.N.; Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 108 unter anderem mit Hinweis auf BGHZ 10, 14, 16 und 89, 153, 161; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 199 Rn. 36; MünchKommBGB/ Grothe, 5. Aufl., § 199 Rn. 28; Henrich/Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 199 Rn. 19 f). Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO m.w.N.; Grothe aaO). Ihn trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (s. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; s. auch Grothe aaO).
- 29
- bb) Nach diesen Maßgaben ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, genüge für sich allein noch nicht, um die grob fahrlässige Unkenntnis von einem Beratungsfehler zu begründen, nicht zu beanstanden.
- 30
- Diese Frage wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte allerdings nicht einheitlich beantwortet. Eine Reihe von Oberlandesgerichten hält es für einen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigenden schweren Verstoß gegen die Gebote des eigenen Interesses des Anlageinteressenten, wenn er es im Zusammenhang mit einer bedeutsamen Investitionsentscheidung unterlässt, den ihm von einem Anlageberater oder einem Anlagevermittler zur Verfügung gestellten Anlageprospekt durchzulesen, und aus diesem Grunde nicht bemerkt , dass er falsch beraten oder ihm eine unrichtige Auskunft erteilt worden ist (so OLG Frankfurt am Main, OLGR 2008, 880, 881 f und Beschluss vom 20. September 2007 - 14 W 75/07 - juris Rn. 5; OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 18. April 2008 - I-16 U 275/06 - juris Rn. 58 ff; OLG Köln, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 13 U 10/08 - juris Rn. 7 f; Brandenburgisches OLG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 12 U 140/08 - juris Rn. 26 ff und vom 30. April 2009 - 12 U 225/08 - juris Rn. 24; OLG Celle, OLGR 2009, 121) Dabei wird teilweise grob fahrlässige Unkenntnis selbst für den Fall bejaht, dass der Prospekt erst bei oder sogar kurz nach der Zeichnung übergeben worden ist (OLG Köln aaO; Brandenburgisches OLG aaO), teilweise nur für den Fall, dass der Prospekt ausreichende Zeit vor dem abschließenden Beratungsgespräch vorgelegen hat (OLG Celle aaO). Die Gegenansicht verweist demgegenüber darauf, dass der Anlageinteressent regelmäßig auf die Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit der ihm erteilten Anlageberatung vertrauen und ihm eine unterbliebene "Kontrolle" dieser Beratung durch Lektüre des Prospekts deshalb nicht ohne weiteres als grobe Fahrlässigkeit vorgehalten werden dürfe (s. OLG München, Urteil vom 6. September 2006 - 20 U 2694/06 - juris Rn. 63; OLG Hamm, Urteile vom 20. November 2007 - 4 U 98/07 - juris Rn. 49 und vom 26. November 2009 - I-4 U 224/08 - juris Rn. 50).
- 31
- Der erkennende Senat hält die letzterwähnte Ansicht für zutreffend.
- 32
- Zwar kommt dem Anlageprospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten Genüge zu tun (s. etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJWRR 2007, 1692 Rn. 9; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 7; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen.
- 33
- Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Anlageentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Anlageberaters oder -vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis zurück und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar".
- 34
- Eine andere Betrachtungsweise stünde zum einen in einem Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des anspruchsmindernden Mitverschuldens (siehe oben 4.). Zum anderen würde sie den Anleger unangemessen benachteiligen und seinen Schadensersatzanspruch oftmals leer laufen lassen. Denn die Risiken und Nachteile einer Kapitalanlage wirken sich vielfach erst einige Jahre nach dem Erwerb finanziell spürbar aus (Reduzierung oder gar Wegfall von Ausschüttungen etc.). Fiele dem Anleger bereits die unterbliebene Lektüre des Anlageprospekts als grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Last, so wäre sein Schadensersatzanspruch häufig schon verjährt, bevor sich die Risiken oder Nachteile der Kapitalanlage für ihn "bemerkbar" machen und er sich daher veranlasst sieht, die Richtigkeit der ihm von einem Anlageberater oder -vermittler gegebenen Empfehlungen und Auskünfte zu hinterfragen.
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- cc) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, auch nach der Zeichnung der Anlage habe sich in der Zeit bis zum 1. Januar 2004 kein dringender , den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis rechtfertigender Anlass für die Lektüre des Emissionsprospekts ergeben, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.09.2008 - 29 O 102/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.08.2009 - 24 U 154/08 -
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 14.11.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn (2 O 462/09) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit den von ihm und seinem am 19.10.2003 verstorbenen Vater im November 2001 und Dezember 2002 gezeichneten Beteiligungen an zwei sog. P-Fonds - der "Grundstücksgesellschaft H GbR" und der "Grundstücksgesellschaft N GbR" - geltend. Zweck der Grundstücksgesellschaften war im Wesentlichen der Erwerb von Grundbesitz und dessen Bebauung mit einem bzw. Umbau eines Geschäftshaus(es), das an die L AG (zurück)vermietet werden sollte.
4Mit den Hauptanträgen begehrt er die Rückabwicklung der Beteiligungen, die Feststellung, dass der Beklagten zu 1) keinerlei Ansprüche aus den zur Zwischenfinanzierung der Einlagen ausgereichten Darlehen mehr zustünden sowie die Freistellung von allen Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft gegenüber Dritten und von allen Verpflichtungen gegenüber Mitgesellschaftern dieser Gesellschaften, die Feststellung, dass sich die Beklagte zu 1) hinsichtlich der Rücknahme der Beteiligungen in Annahmeverzug befinde sowie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm allen weiteren Schaden im Zusammenhang mit den fraglichen Beteiligungen zu ersetzen. Darüber hinaus begehrt er die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Herausgabe näher bezeichneter vollstreckbarer Ausfertigungen notarieller Urkunden. Mit seinen Hilfsanträgen nimmt er die Beklagten zu 2) und 3) im Wesentlichen im Wege der actio pro socio als Geschäftsführer der Fondsgesellschaften und die Beklagte zu 4) als gesellschaftsvertraglich beauftragte Entwicklerin der Fonds auf Leistung von Schadensersatz an die jeweilige Gesellschaft in Anspruch. An einer weiteren - vom Kläger und vom Erblasser auf ein gleichartiges Angebot der Beklagten im Jahre 2001 gezeichneten - Beteiligung an der nach den gleichen Prinzipien wie die Q GbR und die N GbR funktionierenden "Grundstücksgesellschaft C GbR" hält der Kläger fest, weil dieses - an die T2 AG vermietete - Objekt nach Darstellung des Klägers (GA 12) gegenwärtig beanstandungsfrei läuft.
5Die Haftung der Beklagten bestehe, so die Auffassung des Klägers, nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 BGB) wegen schuldhafter Nichtaufklärung über regelwidrige Auffälligkeiten, die darin begründet seien, dass schon vor den jeweiligen Beitrittserklärungen zwischen den Beklagten einerseits und dem Vorstand der L AG und Vertretern einer Großaktionärin dieser AG andererseits für die Anleger nachteilige - und im weiteren Verlauf auch realisierte - Vereinbarungen getroffen worden seien. Die Haftung der Beklagten zu 1) als die Beteiligungen zwischenfinanzierende Bank ergebe sich aus ihrer Rolle als Mitinitiatorin bzw. "maßgeblicher Hintermann". Weder durch die schriftlichen - als Prospekt im Sinne der Prospekthaftungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu qualifizierenden - Unterlagen noch in mündlicher Form seien er und sein Vater darüber aufgeklärt worden, dass keine Prüfung stattgefunden habe, ob die Ertragskraft der L AG für die vereinbarten langfristigen Mietzahlungen auf Dauer ausreiche. Die wirtschaftliche Situation der L AG sei von der Beklagten zu 1) zu keinem Zeitpunkt mit der erforderlichen banküblichen Sorgfalt geprüft worden. Die Miete sei als reine, sog. "Investitionsmiete" weit, nämlich um jedenfalls 30% überhöht und nicht nachhaltig erzielbar gewesen; sie habe sich weder an der Ertragskraft dieses Unternehmens noch an der Marktsituation orientiert, sondern sei nur unter dem Gesichtspunkt ermittelt worden, dass die Fondsgesellschaft eine ausreichende Rendite erziele. Die dergestalt ermittelte Miete sei von den Vertretern der L AG ohne weitere Verhandlungen akzeptiert worden. Tatsächlich sei bereits zum Zeitpunkt der Zeichnung erkennbar gewesen, dass die L AG auf Dauer nicht wirtschaftlich erfolgreich sein könne und insolvenzgefährdet sei.
6Dies sei den Anlegern ebenso verschwiegen worden wie der Umstand, dass die vereinbarten überhöhten Mieten notwendig gewesen seien, um die Zahlungen auf die - ebenfalls deutlich überhöhten "weichen Kosten" der Beteiligung, denen zu einem großen Teil auch keinerlei reale Leistungen gegenübergestanden hätten - zu finanzieren. Die dargestellten Absprachen über die überhöhte Miete und die Zahlung nicht gerechtfertigter "weicher Kosten" hätten die Gefahr einer Interessenkollision begründet, die sich auch zu Lasten der Anleger habe auswirken können. Eine Interessenkollision ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 4) an die Konzernmutter der Mieterin, L AG, einen Betrag von 25 Millionen € für die "Begründung der Geschäftsbeziehungen und für die bisherige und zukünftige Zusammenarbeit" gezahlt habe; auch dies sei geeignet gewesen, sich zumindest mittelbar auf die Wirtschaftlichkeit des Fondsobjektes auszuwirken. Zwischen den Beteiligten auf Seiten der Beklagten einerseits und der L AG andererseits seien weitere, den Interessen der Anleger zuwiderlaufende, ihnen gegenüber jedoch verheimlichte Absprachen getroffen worden, mit denen der Gesamtaufwand unberechtigt erhöht worden sei. Darüber hinaus sei zwischen der "P-Gruppe" und der L AG vereinbart worden, bei den streitgegenständlichen Objekten etwa erzielte Baukostenersparnisse hinter dem Rücken der Anleger zu teilen. Auch über diese - eklatant gegen die §§ 3 und 4 Abs. 4 der jeweiligen Gesellschaftsverträge verstoßende - Abrede einer Kick-back-Zahlung an Initiatoren und Mieter sei nicht aufgeklärt worden.
7Die Beklagten sind den Behauptungen des Klägers entgegengetreten. Sie haben vorgetragen, dass es die Anleger benachteiligende Absprachen im Vorfeld der Zeichnung nicht gegeben habe; Überlegungen zu einer weitreichenden Zusammenarbeit zwischen der L AG und den Beklagten seien über das Stadium von Vorprüfungen nicht hinausgekommen und aus rechtlichen Erwägungen nicht weiterverfolgt worden. Die im Interesse der Anleger notwendigen Prüfungen der wirtschaftlichen Grundlagen der Fondsgesellschaften seien pflichtgemäß durchgeführt worden. Eine Verpflichtung, mit der L AG eine marktübliche Miete für die Warenhäuser, die in den Fondsobjekten betrieben werden sollten, auszuhandeln, habe allerdings nicht bestanden, da es eine solche marktübliche Miete im Hinblick auf die Besonderheiten des auf die L AG - bzw. deren jeweiliger Tochtergesellschaft - als Mieter zugeschnittenen Objektes nicht gegeben habe. Im Übrigen treffe die Behauptung, die Miete sei weit "überhöht" gewesen, nicht zu. Selbst wenn das der Fall gewesen sei, habe dies die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gesamtkonzerns in keiner Weise tangiert, weil die Mieten im Gesamtkostengefüge des Konzerns nur eine vollkommen untergeordnete Rolle gespielt hätten. Unrichtig sei auch die Behauptung des Klägers, bereits in den Jahren 2001 und 2002 sei absehbar gewesen, dass die L AG in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte. Was die "weichen Kosten" angehe, seien diese offen in dem Exposé ausgewiesen gewesen, das dem Kläger und dem Erblasser bzw. zumindest dem Zeugen L1 vor der Zeichnung zur Verfügung gestanden habe. Das Wissen und die dem Zeugen L1 vermittelten Informationen müsse sich der Kläger (und der Erblasser) im Übrigen in vollem Umfang zurechnen lassen. Letztlich habe sich mit der Insolvenz der L AG bzw. ihrer Rechtsnachfolger lediglich das Projekten der vorliegenden Art immanente Bauherrenrisiko verwirklicht.
8Das Landgericht, auf dessen Entscheidung wegen der tatsächlichen Feststellungen - insbesondere zum wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrund der beiden streitgegenständlichen Immobilienfonds, den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Klägers und des Erblassers, den rechtlichen Beziehungen der an der Realisierung der beiden Projekte sowie am Anteilserwerb des Klägers und seines Vaters Beteiligten - der dort gestellten Anträge und der Einzelheiten der rechtlichen Würdigung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger Schadensersatzansprüche auf Rückabwicklung der streitgegenständlichen Beteiligungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustünden. Das gelte nicht nur für eine Haftung aus - im vorliegenden Fall von vornherein nicht anwendbaren - spezialgesetzlichen Prospekthaftungsnormen, sondern auch aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung (im engeren wie im weiteren Sinne). Soweit eine solche Haftung voraussetze, dass die Anlageentscheidung auf der Grundlage eines Prospektes getroffen worden sei, fehle es schon an der Prospekteigenschaft der dem Kläger - bzw. dem für ihn handelnden Zeugen L1 - überlassenen, erkennbar lückenhaften Exposés nebst Investorenordner. Außerdem hätten sich die darin enthaltenen Informationen nicht an eine größere Anzahl unbestimmter Personen, sondern nur an einen "erlesenen Kreis" sehr wohlhabender Adressaten gerichtet.
9Eine Haftung im Sinne der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne scheide unabhängig davon aber auch deshalb aus, weil die maßgebliche Information des Klägers und seines Vaters nicht durch die schriftlichen Unterlagen - die Exposés nebst Investorenordner -, sondern über den Zeugen L1 mündlich erfolgt sei, dessen Wissen und Kenntnisse beiden Anlegern zuzurechnen seien. Der Zeuge L1 sei aber aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen in führenden Positionen im Bankensektor, in der Vermögensverwaltung und aufgrund eigener Anlegererfahrung hinsichtlich der vom Kläger nunmehr beanstandeten Risiken nicht aufklärungsbedürftig gewesen. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen, inwieweit eine mündliche Aufklärung des Zeugen L1 durch den Beklagten zu 2) tatsächlich nicht erfolgt sei. Selbst wenn man allerdings davon ausgehe, dass sich der Kläger das Wissen und die Kenntnisse des Zeugen L1 nicht zurechnen lassen müsse, fehle es - vor allem, wenn man berücksichtige, dass es sich sowohl beim Kläger wie bei dessen Vater um zum Anlagezeitpunkt erfahrene Geschäftsleute gehandelt habe - an einem relevanten Aufklärungsmangel. Beiden Anlegern seien die wesentlichen Umstände der Anlage und des Anlageobjektes einschließlich der Struktur der P-Gruppe und der Verflechtungen zwischen der Beklagten zu 1) und den Beklagten zu 2) - 4) bewusst gewesen.
10Auch den schriftlichen Unterlagen, die dem Kläger und seinem Vater über den Zeugen L1 vor der Zeichnung zugänglich gemacht worden seien, seien keine haftungsbegründenden Unrichtigkeiten zu entnehmen. Was die Prognose der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der L AG angehe, stützten die vom Kläger vorgetragenen Anhaltspunkte seine Behauptung, eine dauerhaft mangelnde Leistungsfähigkeit des Konzerns sei bereits zum Zeichnungszeitpunkt deutlich zu erkennen gewesen, nicht. Eine solche wirtschaftliche Schwäche sei weder den Konzernbilanzen aus den Jahren 1999-2002 noch dem vom Kläger vorgelegten Privat-Kurzgutachten zu entnehmen. Das gleiche gelte für die rückläufigen Flächenumsatzzahlen, die keine relevante Größe für die wirtschaftliche Lage des Gesamtkonzerns gewesen seien. Auch dem Umstand, dass - nach der Behauptung des Klägers - die Mieterin über den Mietpreis nicht verhandelt, sondern diesen ohne Einschränkungen akzeptiert habe, sei in diesem Zusammenhang kein taugliches Kriterium, weil es eine Fülle möglicher Motivationen für ein solches Verhalten gegeben haben könne, beispielsweise die, dass der verlangte Mietzins auch aus der Sicht der Mieterin wirtschaftlich angemessen sei und der eigenen Kalkulation entsprochen habe. Ohnehin könne nicht von einem überhöhten Mietzins ausgegangen werden, den der Kläger nicht substantiiert dargelegt habe. Die Möglichkeit, ortsübliche Vergleichsmieten zu bestimmen, bestehe bei Spezialimmobilien der vorliegenden Art, die nur für den vorgesehenen Mieter geplant und gebaut worden seien und denen ein vollkommen neues Geschäftskonzept zugrundeliege, nicht. Im Übrigen habe sich aus einer - unterstellten - Überhöhung der Mieten keine Gefahr für das Investment ergeben können.
11Soweit der Kläger rüge, dass er nicht über eine weitreichende Zusammenarbeit zwischen den Beklagten auf der einen Seite und der L AG auf der anderen Seite informiert worden sei, führe auch das zu keinem anderen Ergebnis. Eine etwaige Absicht zu einer umfassenden Zusammenarbeit sei nach dem Inhalt der vom Kläger vorgelegten Unterlagen über das Stadium von Vorüberlegungen, die nicht aufklärungspflichtig seien, nicht hinausgekommen. Ebenso wenig seien die Beklagten verpflichtet gewesen, über die in den schriftlichen Unterlagen bereits enthaltene Information hinaus über Zahlungen im Zusammenhang mit sogenannten "Weichkosten" - etwa für Mietervermittlung und die Übernahme einer Mietgarantie - zu informieren.
12Im Übrigen seien die gerügten Aufklärungsfehler schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers für die jeweilige Anlageentscheidung des Klägers und seines Vaters nicht kausal geworden. Die Anlageentscheidung sei, wie sich sowohl dem prozessualen Vortrag des Klägers wie auch seinen vorgerichtlichen Äußerungen (beispielsweise dem Schreiben an die Beklagte zu 1) vom 7.7.2009) entnehmen lasse, nicht in erster Linie durch Überlegungen zur Sicherheit und Rentabilität des Investments bestimmt gewesen, sondern habe primär der Pflege und Intensivierung der eigenen Geschäftsbeziehung mit der P-Gruppe dienen sollen. Deshalb könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger und der Erblasser bei Kenntnis der aus Klägersicht offenbarungspflichtigen Punkte von einer Zeichnung der Beteiligung Abstand genommen hätten.
13Deliktische Schadensersatzansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 264 a StGB) kämen schon deshalb nicht infrage, weil ein Prospekt begrifflich nicht vorliege und eine fehlerhafte Information durch die übersandten Unterlagen auch nicht - wie § 264 a Abs. 1 StGB erfordere - gegenüber einem größeren Kreis von Personen erfolgt sei.
14Auch eine Verurteilung der Beklagten auf der Grundlage der Hilfsanträge komme nicht in Betracht. Soweit es um den Vorwurf gehe, Mietverträge ohne Bonitätsprüfung abgeschlossen zu haben, sei darauf zu verweisen, dass die Verträge auf ausdrückliche und einstimmige Ermächtigung durch die jeweiligen Gesellschafterversammlungen mit Zustimmung auch des Klägers abgeschlossen worden seien. Im Übrigen habe zum damaligen Zeitpunkt auch keine andere Möglichkeit als die einer Vermietung an die vorgesehene Mieterin bestanden. Auch der Hilfsantrag zu Ziffer 2) sei nicht begründet. Ein Verstoß gegen die in § 10 des Gesellschaftsvertrages Q (bzw. § 9 des Gesellschaftsvertrages N) geregelte interne Verpflichtung wäre nur dann gegeben, wenn es durch die Unterzeichnung der Zweckerklärung zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung auch des Klägers und des Erblassers gekommen wäre. Das sei aber in Anbetracht der Tatsache, dass der Ausschluss des Rechtes zur Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB lediglich zur Anwendung der Verrechnungsvorschrift des § 366 Abs. 2 BGB führe, nicht der Fall. Soweit der Kläger schließlich verlange, die Zwangsvollstreckung aus den im Rahmen seiner Anträge näher bezeichneten notariellen Urkunden für unzulässig zu erklären, sei dies schon deshalb unbegründet, weil er nicht dargelegt habe, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche gegen ihn mehr zustünden.
15Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner zulässigen Berufung, mit der er - mit geringen Nuancierungen - seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und wirft dem Landgericht vor, seinen Sachvortrag in tatsächlicher Hinsicht unvollständig zur Kenntnis genommen und rechtlich falsch bewertet sowie eine erforderliche Sachaufklärung verfahrensfehlerhaft unterlassen zu haben. Schon auf der Grundlage seines erstinstanzlichen Vortrags - so seine Auffassung - hätte eine antragsgemäße Verurteilung der Beklagten erfolgen müssen. Inzwischen, nämlich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz, hätten sich zudem eine Reihe weiterer Erkenntnisse ergeben, die die Richtigkeit seines erstinstanzlichen Vorbringens bestätigten und die der Entscheidung im Berufungsverfahren ergänzend zugrunde zu legen seien.
16Bei richtiger Bewertung ergebe sich allerdings schon aus seinem erstinstanzlichen Vorbringen, dass es - für die Anleger nachteilige und aufklärungsbedürftige - vertragliche Verbindungen der Beklagten mit den Vertretern der L AG außerhalb der reinen Grundstückskauf- und Mietverträge gegeben habe. Bereits den im ersten Rechtszug vorgelegten Unterlagen könne man entnehmen, dass für die Beklagten allein der kalkulierte Gesamtaufwand für die konkrete Bemessung der - gegenüber der in Wirklichkeit ohne weiteres ermittelbaren Marktmiete überhöhten - Miete maßgeblich gewesen und damit die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit ihres Vertragspartners aus Gleichgültigkeit gefährdet worden sei. Bei der Bemessung der Miete hätten allein die Interessen der Beklagten an kurzfristiger Gewinnmaximierung unter Außerachtlassung der Frage, ob das Gesamtmodell auf Mieterseite nachhaltig wirtschaftlich tragfähig sei, eine Rolle gespielt. Die Existenz mietbeeinflussender Absprachen ergebe sich unzweifelhaft aus den vorgelegten Unterlagen, namentlich aus den Vereinbarungen vom 30.8.2001, wie der Beklagte zu 2) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Q GbR in einem Prozess vor dem Landgericht Bonn auch eingeräumt habe.
17Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz habe sich zudem als Ergebnis einer Befragung des Zeugen L1 ergeben, dass dieser keineswegs von der Existenz von Absprachen, die sich auf die Miethöhe ausgewirkt hätten, Kenntnis gehabt habe. Ebenfalls erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz seien dem Kläger zwei unterzeichnete Fassungen des bereits im landgerichtlichen Verfahren vorgelegten Dokuments mit dem handschriftlichen Vermerk "Kalkulationsunterlagen F" zugänglich gemacht worden, aus denen sich der zwingende Schluss ergebe, dass Zahlungen auf "weiche Kosten", die im Investitionsplan erwähnt seien, heimlich an Unternehmen des L Konzerns geflossen seien. In der mündlichen Verhandlung eines Rechtsstreits vor der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln zwischen Frau T und den Beklagten sei zudem die Existenz des von ihm bereits erstinstanzlich behaupteten "L-Immobilien-Grundkonsenses" zu Tage getreten. Weitere Erkenntnisse - insbesondere die, dass als Ausfluss der nach seiner Auffassung inzwischen nachgewiesenen Gesamteinigung vom 30.8.2001 zwischen den Beklagten zu 1) und 2) und dem Vorstand der L AG Investitionskosten an den L Konzern geflossen seien, die eine Angemessenheitsprüfung der vereinbarten Miete ausschlössen - ergäben sich aus dem "Görg-Organhaftungsprozess" (erstinstanzlich LG Essen; 2. Instanz OLG Hamm). Aus den angesprochenen Unterlagen, aber auch aus dem Inhalt weiterer gerichtlicher Verfahren, u.a. von Anlegerprozessen vor den Landgerichten Bonn und Frankfurt sowie dem gegen vier der früheren persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten zu 1) gerichteten Strafverfahren vor einer Großen Strafkammer des Landgerichts Köln ergebe sich zweifelsfrei das Bestehen des von ihm stets behaupteten "Gesamtvertragswerks" für alle "Oppenheim-F-Objekte". Im vorliegenden Fall gehe es allerdings nicht einmal darum, sondern ausschließlich um die konkreten und belegbaren mietbeeinflussenden Absprachen, Absprachen über Gewinnbeteiligungen und Rückkaufsoptionen und die weiteren den Anlegern gegenüber verheimlichten und sich zu ihrem Nachteil auswirkenden Zahlungsflüsse. Der den Beklagten gegenüber erhobene Vorwurf richte zum einen auf die Überhöhung der Grundstückskaufpreise und der vereinbarten, aber weder nachhaltig erzielbaren noch marktgerechten Mieten. Zum anderen gehe es um die den Anlegern verschwiegenen Zahlungen an den Konzern der Mieterin in Form von Mieterverschaffungsgebühren, Einstandsgebühren und Gewinnen aus Planungs- und Projektentwicklungsverträgen sowie einer Teilung eingesparter Bau- und Baunebenkosten. Den Anlegern sei damit das Modell einer seriös ermittelten, langfristig kalkulierten und marktgerechten Miete vorgegaukelt worden, die in Wahrheit aber in hohem Maße manipuliert gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei auch keineswegs entscheidend, ob sich dem vorgelegten Prospekt die Höhe der gesamten anfallenden "Weichkosten" entnehmen lasse oder nicht. Ausschlaggebend sei, dass der Umstand verheimlicht werde, dass die Zahlungen an Unternehmen geflossen sein, die im Konzernverbund der L AG stünden und dass diesen Zahlungen zu einem erheblichen Teil keine realen, eine Vergütung rechtfertigenden Leistungen zu Grunde lägen. Ein Anleger könne berechtigterweise annehmen, dass die Konzernmutter einer Mieterin ihre eigenen "Leistungen" - nämlich die Vermittlung einer Tochter als Mieterin und das Einstehen für deren Verpflichtungen - kostenlos erbringe. Im vorliegenden Fall seien stattdessen Zahlungen in Höhe eines Vielfachen der Jahresmieten an die Muttergesellschaft ohne Gegenleistung gezahlt worden, nur damit diese eine unterkapitalisierte Tochtergesellschaft als Mieterin vorschiebe.
18Da der Zeuge L1 trotz seiner beruflichen Erfahrung und seines Hintergrundwissens von diesen Absprachen aber keinerlei Kenntnis gehabt haben könne, habe das Landgericht seine Vernehmung verfahrensfehlerhaft unterlassen. Verfahrensfehlerhaft sei zudem, dem Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast auch für die Inhalte der vom Beklagten zu 2) geführten Gespräche, an denen der Kläger nicht teilgenommen habe, aufzuerlegen und den Vortrag des Klägers als auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet zu qualifizieren. Eine Befragung des Zeugen Y den mietbeeinflussenden Absprachen könne allenfalls deshalb unterbleiben, weil sich dem Vortrag der Beklagten bei zutreffender Bewertung ein Zugeständnis dieser Absprachen entnehmen lasse.
19Die rechtlichen Ausführungen des Landgerichts zur Prospekthaftung seien in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft bzw. überflüssig. Während Ansprüche aus spezialgesetzlichen Haftungsnormen und aus Prospekthaftung im engeren Sinne nicht geltend gemacht würden, verkenne das Landgericht die Grundsätze der - nur an die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens geknüpften und die Verwendung eines Prospekts im technischen Sinne nicht voraussetzenden - Prospekthaftung im weiteren Sinne. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien danach überhöhte Mieten ebenso aufklärungspflichtig wie mietbeeinflussende Absprachen. Im Übrigen sei das "Exposé mit Investorenordner" entgegen der Auffassung des Landgerichts durchaus als Prospekt im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung - insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidung des III. Zivilsenats des BGH vom 17.11.2011 (BGHZ 191, 310) - anzusehen.
20Die Haftung der Beklagten zu 1) folge daraus, dass sie sich nicht auf die Rolle einer finanzierenden Bank beschränkt habe, sondern offenkundig als Mitinitiatorin und als Mitgesellschafterin der Beklagten zu 3) und 4) und als Partnerin verschiedener Beratungsverträge auf die Gesamtprojekte wesentlichen Einfluss gehabt habe.
21Fehlerhaft seien auch die Ausführungen des Landgerichts zur Frage der Kausalität. Das gelte sowohl, soweit das Landgericht angenommen habe, dass der Kläger und der Erblasser im Hinblick darauf, dass ihnen die Vorkenntnisse des Zeugen Yzurechnen sein, schon gar nicht aufklärungsbedürftig gewesen seien als auch im Hinblick auf die nach der Interessenlage nicht gerechtfertigte Annahme, dass die Zeichnung der Beteiligungen - unter Außerachtlassung jeglicher Überlegungen zur Sicherheit und zur Rendite des Investments - ausschließlich deshalb erfolgt sei, um mit den Beklagten eine längerfristige geschäftliche Zusammenarbeit zu begründen.
22Was den 1. Hilfsantrag angehe, so sei die vom Landgericht für die Abweisung der Klage gegebene Begründung unzutreffend. Auf die Gesellschafterbeschlüsse vom 31.1. und vom 19.12.2003 könne die Klageabweisung nicht gestützt werden, weil die Mietverträge erst wesentlich später abgeschlossen worden seien. Es sei entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keinesfalls zwingend, dass es für die Vermietung an die Tochter der L AG keine Alternative mehr gegeben habe. Hinsichtlich der Zurückweisung des Hilfsantrags zu 3) (betreffend die mit der Sparkasse L2 getroffene vertragliche Regelung) sei die Auffassung des Landgerichts deshalb unrichtig, weil die disquotale Verrechnung von Verwertungserlösen nach § 366 Abs. 2 BGB zwar rechtlich etwas anderes sei als eine gesamtschuldnerische Haftung, im wirtschaftlichen Ergebnis jedoch genau darauf hinauslaufe.
23Mit der Berufung verfolgt der Kläger im Wesentlichen die erstinstanzlichen Klageanträge weiter, mit einer Modifizierung hinsichtlich des ursprünglich als Freistellungsantrag geltend gemachten Anspruchs gegen die Beklagte zu 1) (Ziffer 1 c) sowie insoweit, als bisher nicht berücksichtigt worden sei, dass sich die Kapitaleinlage für beide Gesellschaften in der Höhe, in der die Klage in der 1. Instanz teilweise zurückgenommen worden sei (189.770,230 €) - mit Konsequenzen im Rahmen der Bezeichnung/Bezifferung des Zug-um-Zug zu übertragenden Gesellschaftsanteils - gemindert habe.
24Der Kläger beantragt,
25die Beklagten in Abänderung der Entscheidung des Landgerichts
261.
27als Gesamtschuldner zu verurteilen,
28a)
29an ihn 15.880.169,55 € nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 17.135.853,66 € nominal nebst allen Rechten und Pflichten an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1.7.2011,
30b)
31an ihn 31.041.077,42 € nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 29.141.369,08 € nominal an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1.7.2011,
32c)
33festzustellen, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus dem zur Zwischenfinanzierung der von ihm und seinem Rechtsvorgänger gezeichneten Einlagen an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" und/oder an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" ausgereichten Darlehen mehr zustehen.
34d)
35ihn von allen Verbindlichkeiten der in lit c) näher bezeichneten Gesellschaften bürgerlichen Rechts gegenüber Dritten und von allen Verpflichtungen des Klägers gegenüber den Mitgesellschaftern dieser Gesellschaften bürgerlichen Rechts aus dem Gesellschaftsverhältnis freizustellen.
362.
37festzustellen, dass die Beklagte zu 1) ihm gegenüber in Verzug ist mit der Annahme seiner Angebote je vom 28.9.2011, je notariell unterschriftsbeglaubigt von Notar O1, CH #### A, am 28.9.2011,
38a)
39auf Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 17.135.853,66 € nominal an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1. Juli 2011 und über die Zahlung eines Übertragungsentgelts von 15.880.169,55 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab dem 1.7.2011, der Beklagten zu 1) zugestellt am 10.10.2011,
40b)
41auf Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 29.141.369,08 € nominal an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1.7.2011 und über die Zahlung eines Übertragungsentgelt von 31.041.077,42 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab dem 1.7.2011, der Beklagten zu 1) zugestellt am 10.10.2011.
423.
43festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren Schaden zu ersetzen, der diesem und/oder seinem Gesamtrechtsvorgänger X sen. aus der Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" und/oder aus der Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" etwa über das Klagebegehren gemäß dem Antrag zu 1) hinaus entstanden ist und/oder dem Kläger etwa künftig noch entsteht.
444.
45die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die vollstreckbaren Ausfertigungen der Urkunden des Notars I, F, vom 5.12.2002, UR-Nr. F#####/#### und UR-Nr. F#####/#### (Schuldanerkenntnisse des Klägers und des Gesamtrechtsvorgängers des Klägers X sen. gegenüber der Beklagten zu 1) über je 10.500.000 € zuzüglich Zinsen von 20 % jährlich seit 05.12.2002) an den Kläger herauszugeben.
46Hilfsweise zu 1), 2), und 3):
471.
48In Abänderung der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass die Beklagten zu 2), 3) und 4) als Gesamtschuldner verpflichtet sind,
49a)
50der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" allen Schaden zu ersetzen, der dieser bereits entstanden ist und/oder künftig noch entsteht, dass die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer und die Beklagte zu 4) als gesellschaftsvertraglich beauftragter Projektentwickler die der Grundstücksgesellschaft H GbR gehörende Immobilie Q, C-Straße an die B AG (früher L AG) langfristig vermieteten,
51aa)
52ohne zuvor ihrer gesellschaftsvertraglichen Pflicht nachzukommen, den Mietvertrag erst nach ausreichender branchenüblicher Bonitätsprüfung des Mieters abzuschließen,
53bb)
54ohne im Rahmen der dennoch vorgenommenen Vermietung von der Mieterin die Leistung einer angemessenen werthaltigen Miet-Sicherheit zu fordern,
55cc)
56ohne die Gesellschafter der Gesellschaft darüber rechtzeitig aufzuklären, dass die mit der Mieterin vereinbarten Mieten von dieser nicht erwirtschaftet werden können.
57b)
58der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" allen Schaden zu ersetzen, der dieser bereits entstanden ist und/oder künftig noch entsteht, dass die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer und die Beklagte zu 4) als gesellschaftsvertraglich beauftragter Projektentwickler die der "Grundstücksgesellschaft N GbR" gehörende Immobilie N, N an die B AG (früher L AG) langfristig vermieteten,
59aa)
60ohne zuvor ihrer gesellschaftsvertraglichen Pflicht nachzukommen, den Mietvertrag erst nach ausreichender branchenüblicher Bonitätsprüfung des Mieters abzuschließen,
61bb)
62ohne im Rahmen der dennoch vorgenommenen Vermietung von der Mieterin die Leistung einer angemessenen werthaltigen Miet-Sicherheit zu fordern,
63cc)
64ohne die Gesellschafter der Gesellschaft darüber rechtzeitig aufzuklären, dass die mit der Mieterin vereinbarten Mieten von dieser nicht erwirtschaftet werden können.
652.
66festzustellen, dass die Beklagten zu 2), 3) und 4) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem entsteht, wenn die Sparkasse Köln/Bonn
67a) gemäß Ziffer 1.4 der Zweckerklärungen
68aa)
69vom 21.11.2005 betreffend die zugunsten der Sparkasse Köln/Bonn in Abteilung III lfd. Nr. 1 und -(neu)- des Grundbuchs des Amtsgerichts Q von Q, Blätter ####, ##### und ####, eingetragenen Grundschulden über 62.888.901,39 € und 14.823.146,95 €,
70bb)
71vom 23.9.2006 betreffend die zugunsten der Sparkasse Köln/Bonn in Abteilung III lfd. Nr. 1 des Grundbuchs des Amtsgerichts N von N I Band #### eingetragene Grundschuld zu 86.550.000 €
72einen zur Befriedigung sämtlicher Forderungen nicht ausreichenden Erlös je aus der Verwertung dieser Grundschulden wegen Forderungen gegen mehrere Schuldner zunächst auf Forderungen verrechnet, die der Sparkasse Köln/Bonn geringere Sicherheit bieten,
73b)
74gemäß Ziffer 10.6 der Urkunde über die Abtretung von Außenständen (Globalabtretung) vom 21.11.2005 aus der Vermietung/Verpachtung der Objekte C-P-Straße - 52, E-Straße, H-Straße -22, K-Straße 12 - 14, I-Allee in ##### Q einen zur Befriedigung sämtlicher durch die Abtretung gesicherten Forderungen nicht ausreichenden Zessionserlös - soweit rechtlich zulässig - nach billigem Ermessen der Sparkasse verrechnet,
75und dem Kläger dadurch ein Schaden entsteht.
76Hilfsweise zu 4:
77die Zwangsvollstreckung aus den Urkunden des Notars I, F, vom 5.12.2002, UR-Nr. F#####/#### und UR-Nr. F#####/#### (Schuldanerkenntnisse des Klägers und des Gesamtrechtsvorgängers des Klägers X sen. gegenüber der Beklagten zu 1) über je 10.500.000 € zuzüglich Zinsen von 20 % jährlich seit 5.12.2002) für unzulässig zu erklären.
78Die Beklagten beantragen,
79die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
80Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
81Die Beklagte zu 1) verweist - wie schon im Rahmen ihres erstinstanzlichen Vorbringens - darauf, dass es nach ihrer Auffassung für die hier in Rede stehenden Warenhäuser keine marktübliche Miete gebe, so dass naturgemäß auch von einer überhöhten Miete keine Rede sein könne. Im Übrigen sei von den Beklagten zu keinem Zeitpunkt bestritten worden, dass der kalkulierte Gesamtaufwand die Ausgangsbasis für die von der Mieterin verlangte und mit ihr vereinbarte Mietzinshöhe gewesen sei. Unrichtig sei allerdings die Behauptung des Klägers, der Vorstand der L AG habe die Mieten ohne jegliche Verhandlungen und unter Außerachtlassung eigener Interessen akzeptiert. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Vorstand - insbesondere auch aus Gründen der notwendigen bilanziellen Klassifizierung - vor der Vereinbarung ein Gutachten eingeholt und sich mit der Miethöhe auch im Übrigen intensiv befasst habe. Für die Annahme eines überhöhten Mietzinses seien die vom Kläger angeführten Drohverlustrückstellungen ungeeignet. Die Annahme, dass die Miethöhe in irgendeiner Weise mit einem Insolvenzrisiko der L AG in Zusammenhang stehe, sei wegen der Größenordnung der Mietverpflichtung in Relation zur Höhe der Gesamtverbindlichkeiten des Konzerns nicht nachvollziehbar.
82Kollusive und zum Nachteil des Klägers wirkende Vereinbarungen zwischen der L AG, P-Gesellschaften und Frau T habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Sämtliche vom Kläger vorgelegten Unterlagen ließen einen solchen Schluss nicht zu. Es handele sich in allen Fällen lediglich um unverbindliche Überlegungen und Ideen, die aber zu einem frühen Zeitpunkt aus rechtlichen Gründen "zu den Akten gelegt" worden seien. Dies gelte nicht nur für eine Kooperation auf Aktionärsebene, sondern auch für Überlegungen zu einer weitergehenden Zusammenarbeit bei Immobilienprojekten. Es sei beschlossen worden, dass allenfalls eine Kooperation auf Einzelfallbasis in Betracht käme, wie sie dann bei den fünf bekannten Objekten auch realisiert worden sei. Nichts anderes ergebe sich bei richtiger Bewertung aus den vom Kläger sowohl in 1. wie in 2. Instanz vorgelegten Unterlagen. Sämtliche Vereinbarungen, die im Bereich der Mietverschaffungs- und Einstandsverträge und der Planungs- und Projektentwicklungsverträge mit Unternehmen des L Konzerns geschlossen worden seien, seien nicht zu beanstanden, sondern im Hinblick auf die erheblichen Vorleistungen, die bei der Planung und Realisierung der Objekte von Konzerngesellschaften bereits vor der Konstituierung der Immobilienfonds erbracht worden seien, wirtschaftlich vernünftig gewesen. Auch die Behauptung, dass den Vergütungen reale Leistungen nicht zu Grunde gelegen hätten, sei unrichtig.
83Mit seinem Vortrag dazu, was der Zeuge L1 vor der Zeichnung der Anlage durch den Kläger und den Erblasser nicht gewusst habe, sei der Kläger präkludiert. Im Übrigen werde mit Nichtwissen bestritten, was der Zeuge angeblich nach der mündlichen Verhandlung 1. Instanz zu dieser Frage erklärt habe. Sämtliche Ausführungen des Klägers in diesem Zusammenhang seien im Übrigen unerheblich, weil in Bezug auf die vom Kläger so bezeichneten mietbeeinflussenden Absprachen ebenso wenig eine Aufklärungspflicht bestanden habe wie hinsichtlich der Zahlung einer einmaligen (Eintritts)gebühr i.H.v. 25.000.000 € durch die Beklagte zu 4) an die L AG.
84Auch die Beklagten zu 2) - 4) treten den tatsächlichen Behauptungen und den Rechtsausführungen des Klägers in der Berufungsbegründung entgegen. Nach ihrer Auffassung sei das Rückabwicklungsbegehren des Klägers allein durch die zum Zeitpunkt der Zeichnung für keinen der Beteiligten vorhersehbare Insolvenz der L AG bzw. ihrer Rechtsnachfolger und durch die dadurch beeinträchtigte Renditeerwartung des Klägers motiviert. Bei richtiger Bewertung sei allein maßgeblich, dass der Kläger zunächst genau das bekommen habe, was er gewünscht habe und was - ohne Garantieübernahme von Seiten der Beklagten - als Ziel der Investitionen angekündigt worden sei. Die geplanten Immobilien seien zu den im Exposé genannten Kosten und innerhalb der dort genannten Zeit entsprechend den Angaben errichtet worden; die Kaufhäuser seien zu den prognostizierten Konditionen mit Zustimmung des Klägers vermietet worden. Für den wirtschaftlichen Zusammenbruch des L Konzerns seien die Beklagten aber in keiner Weise verantwortlich. Eine Insolvenz dieses Unternehmens sei zum Zeitpunkt der Zeichnung weder für den Kläger noch für die Beklagten zu 2) - 4) vorstellbar gewesen. Die Beklagten zu 2) - 4) hätten insoweit auch über kein dem Kläger und den anderen Investoren überlegenes Wissen verfügt. Insbesondere sei allen Beteiligten - auch dem Kläger und dem Erblasser - bewusst gewesen, dass der L Konzern zum Zeitpunkt der Zeichnung als Mieter bereits in Aussicht genommen worden war bzw. feststand.
85Von ausschlaggebender Bedeutung hinsichtlich der Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers sei, dass er bzw. der Erblasser die Zeichnung nach einem kurzen Gespräch mit dem Zeugen L1 und offenkundig im Vertrauen auf dessen Erfahrung und die eigenen wirtschaftlichen Kenntnisse ins Werk gesetzt habe. Ein für den Kläger und andere Investoren nachteiliger "Gesamtplan" oder eine rechtlich bindende Kooperationsvereinbarung zwischen den Beteiligten habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Was die Verträge mit L und "L Immobilien" angehe, seien diese sowohl in wirtschaftlicher wie in rechtlicher Hinsicht völlig unbedenklich und im Übrigen auch nicht aufklärungspflichtig gewesen. Falsch sei auch die Behauptung des Klägers, dass die mit L vereinbarten Mieten überhöht gewesen seien. Zum einen gebe es in der vorliegenden Sondersituation schon keinen für die Ermittlung eines marktangemessenen Preises erforderlichen Vergleichsmarkt. Zum anderen sei es aber auch nicht Sache der Initiatoren oder der Fondsgesellschaft, das an der Anmietung interessierte Unternehmen bzw. den dahinter stehenden Konzern am Abschluss eines für diese nachteiligen Vertrages zu hindern.
86Die Beklagten zu 2) - 4) verteidigen die Entscheidung des Landgerichts auch insoweit, als die Kammer eine Vernehmung des Zeugen L1 nicht für erforderlich gehalten, die Leistungen der Beklagten zu 4) an Gesellschaften des L Konzerns nicht als "kick-back" qualifiziert und den dem Kläger zugänglich gemachten Investorenordner nicht als Prospekt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Prospekthaftung angesehen hat. Ferner wiederholen sie ihre bereits erstinstanzlich geäußerte Einschätzung, dass die dem Kläger zugänglich gemachten schriftlichen Unterlagen keinerlei unzutreffende Informationen enthalten hätten und dass die Anlageentscheidung des Klägers und des Erblassers ohnehin nicht im Zusammenhang mit den nunmehr beanstandeten Informationen gestanden habe.
87Was die vom Kläger gestellten Hilfsanträge angehe, so seien diese bereits aus den vorstehend genannten Erwägungen, jedoch auch deshalb unbegründet, weil es an einem zurechenbaren Schaden fehle, denn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mietverträge sei im Hinblick auf den zu diesem Zeitpunkt erzielten Baufortschritt eine Vermietung an ein anderes Unternehmen wirtschaftlich nicht mehr möglich gewesen. Was den Antrag des Klägers auf Feststellung der Ersatzpflicht für Schäden betreffe, die ihm aus der angegebenen Art und Weise der Verrechnung etwaiger Erlöse aus einer Zwangsverwertung entstünden, sei eine Haftung der Beklagten zu 4) schon aus rechtlichen Gründen nicht gegeben, weil sie nicht Geschäftsführerin der Grundstücksgesellschaften sei. Im Übrigen beschränke sich das Gebot des Ausschlusses gesamtschuldnerischer Haftung auf die Begründung von Gesamtschulden und nicht auf die im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich dargestellte und erläuterte Auswirkung der gemeinsamen Nutzung des Grundstücks der Fondsgesellschaft.
88Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
89II.
90Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Rückabwicklung der streitgegenständlichen Beteiligung nicht zustehen, weil die Beklagten ihre sich aus den jeweiligen Rechtsverhältnissen zum Kläger ergebenden Pflichten nicht verletzt haben.
91- 92
1. Eine Beratungspflichtverletzung - einer - der Beklagten scheidet aus. Dass zwischen dem Kläger und den Beklagten ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, kann schon auf der Grundlage des Sachvortrags des Klägers nicht angenommen werden.
Was die Übersendung der schriftlichen, die Beteiligung betreffenden Unterlagen - Exposé nebst Investorenordner - an den Zeugen L1 angeht, könnte dies allenfalls die Grundlage für einen - konkludenten - Beratungsvertrag sein, soweit es um die Fondsgesellschaft N geht, denn nur die dieses Projekt betreffenden Unterlagen sind dem Kläger und dem Erblasser durch eine der beklagten Parteien - nämlich die Beklagte zu 4) - übersandt worden, während sie die Unterlagen bezüglich der Fondsgesellschaft Q von der am vorliegenden Verfahren nicht beteiligten F Vermögensverwaltungsgesellschaft erhalten haben. Allenfalls mit dieser Beklagten könnte demzufolge aufgrund der Übersendung der schriftlichen Unterlagen ein Beratungsvertrag zustande gekommen sein. Aus der bloßen Übersendung des - vom Landgericht zutreffend als erkennbar lückenhaft bewerteten - Exposés nebst Investorenordner mit Schreiben vom 28.11.2002 (Anlagen K 5 a, b) kann jedoch, nachdem dem Kläger und dem Erblasser zuvor von der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 16.10.2002 (Anlagen 4 a, b) ein Beteiligungsangebot - neben N für zwei weitere P-Fonds in M und L3 - zur Prüfung eines etwaigen Interesses unterbreitet worden war und beide ihr Interesse bekundet hatten, ein konkludenter Beratungsvertrag mit der Beklagten zu 4) nicht hergeleitet werden. Die - wie dargelegt lückenhaften - Unterlagen wurden vielmehr ersichtlich nur zur näheren - eigenständigen - Prüfung durch den Kläger und den Erblasser übersandt, ohne dass damit bereits eine anleger- und objektgerechte Beratungsleistung verbunden sein sollte.
94Auch die vorgetragenen mündlichen Erläuterungen der beiden Projekte rechtfertigen nicht die Annahme eines Beratungsvertrages: Der Kläger hat - wie der Erblasser - nach seinem eigenen Vortrag nähere Informationen über die Beteiligungsangebote nicht durch Vertreter der Beklagten zu 2) - 4) erhalten, sondern allein durch den von ihm benannten Zeugen L1, der aber nicht als Vertreter der Beklagten, sondern des Klägers bzw. seines Vaters selbst tätig geworden ist. Auch der - konkludente - Abschluss eines Beratungsvertrages zwischen dem - namens des Klägers und des Erblassers handelnden - Zeugen L1 und den Beklagten zu 2) - 4) scheidet aus: dem Vortrag des Klägers läßt sich nicht entnehmen, dass er selbst, sein Vater oder der für sie handelnde Zeuge L1 trotz ihrer bzw. dessen beruflichen Tätigkeit und Erfahrung, aufgrund derer sie nicht mit einem durchschnittlichen Anleger gleichgesetzt werden können - dennoch unter Inanspruchnahme der Sachkunde der Beklagten zu 2) - 4) eine auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers und des Erblassers zugeschnittene Beratung gewünscht haben.
95Schließlich reicht der Vortrag des Klägers auch nicht für die Annahme aus, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1) aufgrund der übersandten Beteiligungsangebote (Anlagen 4 a, b) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist.
962.
97Zwar kommt eine grundsätzliche Haftung der Beklagten für unrichtige bzw. pflichtwidrig unterlassene Angaben im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb des Klägers und des Erblassers aus anderen Gründen in Betracht:
98a.
99Bei den Beklagten zu 2) - 4) handelt es sich um Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaften Q und N. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH ZIP 1987, 912; ZIP 2006, 849; WM 2009, 400; ZIP 2011, 2299; NJW-RR 2012, 937 = WM 2012, 1184; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 311 BGB Rdn. 71, Nobbe, WM 2013, 193 ff, S. 202 ff), dass bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft, der sich durch Vertragsschluss mit den übrigen Gesellschaftern vollzieht, (vor-)vertragliche Beziehungen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem unmittelbar Beitretenden sowie mit dem über einen Treuhänder beitretenden Gesellschafter/Kommanditisten bestehen. Die Gründungsgesellschafter haften deshalb den Beitretenden gegenüber für im Zusammenhang mit der Beitrittsentscheidung gemachte unrichtige oder unvollständige Angaben unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens. In dieser Eigenschaft werden sie jeweils selbst Vertragspartner der neu eintretenden Gesellschafter und waren dementsprechend auch als künftige Vertragspartner aufgrund persönlich in Anspruch genommenen besonderen Vertrauens bei der Anbahnung der Vertragsverhandlungen über den Betritt zur gebotenen Aufklärung der geworbenen Anleger verpflichtet.
100Diese Haftungsgrundsätze gelten auch dann, wenn die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds unter Verwendung von Prospekten angebahnt wurde (bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne; zum zivilrechtlichen Prospektbegriff, vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 45 Rdn. 47 ff.). Anknüpfungspunkt dieser Haftung ist dementsprechend nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner.
101b.
102Auch hinsichtlich der Beklagten zu 1) kommt - unabhängig vom Fehlen eines Beratungsvertrages - nach der gegebenen Sachlage eine Haftung wegen Verletzung eigener Aufklärungspflichten in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 168, 1 ff; BGHZ 186, 96 ff; BKR 2013, 280; WM 2014, 124) kann eine - wie hier - kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zwar regelmäßig davon ausgehen, dass ihre Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Sie hat aber ausnahmsweise dann Aufklärungs- und Hinweispflichten, wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung gegenüber dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann oder ein schwerwiegender Interessenkonflikt besteht oder die Bank ihre Kreditgeberrolle überschritten hat, mithin im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Verkäufers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen, auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BGH WM 2003, 918; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 44 Rdn. 28 ff; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 280 BGB Rdn. 58 ff). Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen - was die Fondsgesellschaft N betrifft - im Hinblick auf das an den Kläger und den Erblasser übersandte Einladungsschreiben vom 16.10.2002 (Anlagen K 4 a, b) erfüllt, denn daraus ergibt sich eine maßgebliche, die Funktion als Kreditgeberin weit überschreitende Rolle der Beklagten zu 1) ("In jeweils bester Innenstadtlage der Städte L3, M und N investieren wir in den Umbau bzw. die Erweiterung etablierter Warenhausstandorte. … Dieses Grundstücksportfolio wird den Partnern der Bank, unserem Gesellschafterkreis und uns nahestehenden Kunden angeboten. Die vielfältigen Risiken, die mit einer Investition in Immobilien verbunden sind, haben wir, wie bei den bisher realisierten Projekten, versucht weitestgehend zu begrenzen."). Nichts anderes kann hinsichtlich der Rolle der Beklagten zu 1) im Rahmen des Fondsprojektes Q gelten, wie sich aus dem in den für die rechtliche Bewertung wesentlichen Passagen (sinngemäß) gleichlautenden Einladungsschreiben hinsichtlich dieses Fonds ergibt (Anlage K 91 zum Schriftsatz vom 14.10.2013; Bl. 125 des entsprechenden Anlagenheftes).
1033.
104Die Reichweite der sich daraus für die Beklagte zu 1) sowie die Beklagten zu 2) bis 4) ergebenden Aufklärungspflichten - auf der Grundlage ihrer oben dargestellten, jeweiligen Rolle - ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt: Danach oblag den Beklagten die Pflicht, die künftigen Anleger über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind, insbesondere über die Risiken der Beteiligung und über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren (BGH WM 2008, 2355; WM 2010, 1017; WM 2010, 1537; WM 2014, 118; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 311 BGB Rdn. 71). Dazu gehört insbesondere eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen den verschiedenen an der Initiierung und Realisierung des Projektes beteiligten Gesellschaften sowie ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat (BGH NJW-RR 2003, 1054; NJW-RR 2009, 329) und der den Gründungsgesellschaftern, Initiatoren und Hintermännern - nicht aber Vertragspartnern der Fondsgesellschaft, im vorliegenden Fall also der Mieterin (BGH, Urteil vom 3.12.2013 - IX ZR 295/12 = WM 2014, 71, 73) - gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (BGH WM 1985, 533; WM 1994, 2192; WM 2014, 71; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 311 BGB Rdn. 67 ff.). Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung von Anlageobjekten, so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für den Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen (BGH ZIP 2004, 1104; NJW-RR 2012, 937). Daher haften die Beklagten zu 2) bis 4) aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen - und die Beklagte zu 1) im Hinblick auf die Überschreitung ihrer Kreditgeberrolle - wenn und soweit sie in Kenntnis oder schuldhafter Unkenntnis der wahren Verhältnisse dem Anleger Unterlagen, die dieser erkennbar zur Grundlage seiner Beteiligungsentscheidung machen will, zur Verfügung gestellt haben, die in wesentlichen Punkten unrichtig, unvollständig oder irreführend waren oder ihre Erfüllungsgehilfen - bzw. die anderen Gründungsgesellschafter - bei Vertragsverhandlungen etwaige unzutreffende oder unzureichende Angaben in den dem Anleger überlassenen schriftlichen Unterlagen bei den Vertragsverhandlungen schuldhaft nicht richtiggestellt bzw. ergänzt haben (vgl. BGH WM 1985, 533, 534 - juris Tz. 12 ff.; NJW 1995, 130; NJW-RR 2003, 1054; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 45 Rdn. 51 ff.).
1054.
106Eine auf dieser Basis und in dem vorbezeichneten Umfang grundsätzlich mögliche Haftung der Beklagten scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus, weil auch auf der Grundlage des Sachvortrags des Klägers eine unzutreffende bzw. unvollständige Aufklärung über die Risiken der Beteiligung nicht festgestellt werden kann. Insbesondere der zentrale gegenüber den Beklagten erhobene Vorwurf des Klägers - die Vereinbarung einer überhöhten, nicht nachhaltig erzielbaren Miete - ist nicht begründet. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass ihm und seinem Vater gegenüber vertragliche Vereinbarungen der Projektverantwortlichen mit dem Konzern der Mieterin, in deren Folge offenbarungspflichtige Zahlungen an konzernangehörige Gesellschaften geflossen seien, verheimlicht worden sind. Die hinsichtlich des Objektes und der Fondsgesellschaft getroffenen Vereinbarungen sind dem Kläger, soweit dies rechtlich erforderlich ist, mit dem Exposé und dem Investorenordner zur Kenntnis gebracht worden. Weitergehende Aufklärungspflichten bestanden entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Auch beanstandungswürdige Zahlungen an Konzerngesellschaften ohne reale Gegenleistung lassen sich nicht feststellen. Damit fehlt es im Ergebnis auch an einem aufklärungspflichtigen Wissensvorsprung der Beklagten zu 1) als mögliche weitere Haftungsgrundlage. In Ergänzung der zutreffenden Ausführungen des Landgerichts - auf die im Übrigen zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug genommen wird - gilt insoweit im Einzelnen das Folgende:
107a.
108Der zentrale, vom Kläger gegenüber den Beklagten erhobene und namentlich im Berufungsverfahren in den Mittelpunkt seines Vorbringens gestellte Vorwurf geht dahin, dass von den Beklagten als Initiatoren des Fonds mit dem L Konzern Mieten vereinbart worden seien, die nicht - wie nach Auffassung des Klägers durch die jeweiligen Gesellschaftsverträge gefordert - "marktüblich" gewesen, sondern als "Investitionsmieten" mit dem Ziel einer bestimmten "Verzinsung" des Gesamtinvestitionsaufwandes zu Lasten der Anleger konzipiert und kalkuliert worden seien. Die Bereitschaft des L Konzerns zur Zahlung solch überhöhter Mieten sei durch verdeckte Zuwendungen an den Konzern ohne adäquate Gegenleistung in zweistelliger Millionenhöhe erreicht worden.
109Diese Grundannahme ist jedoch aus mehreren Gründen unzutreffend:
110aa.
111Zunächst ist der Senat - wie bereits das Landgericht im angefochtenen Urteil - der Auffassung, dass es für die beiden Warenhäuser, die im Eigentum der beiden Fondsgesellschaften standen, eine marktübliche Miete in dem vom Kläger unterstellten Sinn nicht gab, weil es sich um Spezialimmobilien gehandelt hat, die sich - im Hinblick auf ihre Lage, ihre Größe, die Vorverwendung, die speziell auf die vorgesehene Verwendung durch die L AG (bzw. einer Konzerngesellschaft) ausgerichteten, grundlegenden Umbauarbeiten sowie schließlich wegen des vor und nach dem Umbau präsentierten Warenangebots - nicht oder kaum für die Nutzung durch einen anderen als den - von Beginn an - vorgesehenen Mieter - eine Tochtergesellschaft der L AG - eignete und für die deshalb die Ermittlung einer Vergleichsmiete im üblichen Sinne nicht möglich war. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung in § 7 Abs. 4 a des vom Kläger als Anl. K 3 c vorgelegten Entwurfs des Gesellschaftsvertrages Q (die in gleicher Weise auch dem Gesellschaftsvertrag für das Objekt N zugrundeliegt und wie folgt lautet: "Mietverträge dürfen erst nach ausreichender branchenüblicher Bonitätsprüfung des Mieters zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen werden…. ") dahin zu verstehen, dass unter marktüblicher Miete die Miete verstanden werden muss, die mit der - in Kenntnis auch des Klägers und seines Vaters - von Anfang an vorgesehenen Mieterin vereinbart worden, von dieser also unter Berücksichtigung ihrer eigenen Einschätzung ihrer Renditemöglichkeiten akzeptiert worden ist. So verstanden, handelt es sich bei der dem Mietvertrag unstreitig zu Grunde gelegten "Investitionsmiete" und der marktüblichen Miete im Sinne des Gesellschaftsvertrages letztlich um die privatautonom ausgehandelte, sowohl von den Vertretern der Fondsgesellschaft wie auch von der Mieterin akzeptierte, nach der allseitigen Erwartung im Interesse aller Beteiligten liegende Vergütung für die Nutzung des in Planung und Ausführung individuell auf die künftige Mieterin zugeschnittenen Fondsobjektes. Dass die Ermittlung einer von diesem Verständnis abweichenden Miethöhe unter dem Gesichtspunkt der Üblichkeit und der Angemessenheit im Vergleich zu anderen Objekten möglich ist, erscheint dem Senat im Hinblick auf die angesprochene Singularität des Objektes ausgeschlossen. Insofern liegt der Streitfall anders als die Fallgestaltung, die der vom Kläger zitierten (S. 2 des Schriftsatzes vom 6.3.2014; GA 1163) Entscheidung des Senats vom 29.4.2009 (13 U 137/05) und weiteren Entscheidungen in einer Reihe von parallel gelagerten Fällen zu Grunde lag. Bei dem dort zu beurteilenden Objekt handelte es sich - anders als im Streitfall - nicht um ein singuläres Objekt im oben dargelegten Sinne, sondern um ein solches, das mit einer Reihe anderer - im Rahmen des auf die deutsche Wiedervereinigung folgenden Baubooms in den neuen Bundesländern - realisierter Objekte hinsichtlich Bausubstanz, Größe, Ausrichtung und Marktchancen vergleichbar und daher der sachverständigen Überprüfung hinsichtlich der Angemessenheit der im Generalmietvertrag vereinbarten Mietzinsen zugänglich war.
112Der Senat teilt in diesem Kontext auch nicht die - der postulierten Aufklärungspflicht der Beklagten zugrunde liegende - Auffassung des Klägers (S. 2 des Schriftsatzes vom 06.03.2014 - GA 1163), dass aus der Vereinbarung nicht marktüblicher Mieten ohne weiteres deren fehlende Nachhaltigkeit folge. Das trifft in dieser Pauschalität schon deshalb nicht zu, weil die Marktverhältnisse laufenden, bisweilen auch kurzfristigen Änderungen unterworfen sind. Eine im Zeitpunkt des Gesellschaftsbeitritts "marktübliche" Miete hat daher kaum eine Aussagekraft hinsichtlich ihrer nachhaltigen Erzielbarkeit. Der Begriff der Marktüblichkeit kann daher nur auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogen sein. Insofern waren die hier für die Objekte Q und N vereinbarten Mieten aber schon deshalb marktüblich, weil sie von der Mieterin über einen Zeitraum von mehr als vier (Q) bzw. drei (N) Jahren gezahlt wurden. Ob und ggfls. über welchen Zeitraum auch andere potentielle Mieter diese Mieten gezahlt hätten, ist aus Sicht des Senats nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführten BGH-Entscheidungen (II ZR 88/02 und II ZR 30/10) stützen seine Auffassung nicht, weil ihnen andere Sachverhalte zugrunde liegen:
113In dem Verfahren II ZR 30/10 hat der BGH einen aufklärungspflichtigen Umstand in dem Risiko gesehen, dass leerstandsbedingte Nebenkosten - soweit Mietflächen des Fondsobjekts nicht unter einen im dortigen Fall abgeschlossenen Generalmietvertrag fielen - dem Fonds zu Last fallen und nicht - wie bei den dem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen - vom Mieter zu tragen seien. Diese Konstellation ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar; Ausführungen dazu, ob die mit dem - dortigen - Generalmieter vereinbarte Miete marktüblich war oder nicht und welche Rechtsfolgen sich im letzteren Fall ergeben würden, sind der Entscheidung nicht zu entnehmen.
114In der Entscheidung II ZR 88/02 konnte die Pächterin zweier im Eigentum der Immobilien-Fondsgesellschaft stehender Seniorenresidenzen die vereinbarten Pachtzahlungen nicht erwirtschaften, weil die prospektierten Mieteinnahmen, mit denen die Pächterin ihre Pachtzahlungen erfüllen sollte, um bis zu 100% über den ortsüblichen Vergleichsmieten der Räumlichkeiten lag. Aus diesem Grunde konnte die überwiegende Zahl der Wohnungen gar nicht erst vermietet werden. Soweit der Kläger daraus folgert (GA 1163), dass der BGH "Mondmieten für Luftschlösser" nicht billige, verkennt er, dass es im Streitfall nach seinem eigenen Vorbringen nicht um eine Überschreitung der angeblich marktüblichen Miete um bis zu 100%, sondern nur um eine solche von 20% - 30% geht, diese - angeblich - überhöhte Miete für beide Objekte mehr als vier (Q) bzw. drei (N) Jahre lang gezahlt wurde und daher von einer nicht zu erwirtschaftenden "Mondmiete" keine Rede sein kann. Davon abgesehen ging es in der Entscheidung nicht um die Marktüblichkeit der von der Fondsgesellschaft mit der Pächterin vereinbarten Pacht, sondern um die Ortsüblichkeit der prospektierten Miete für Wohnungen einer Seniorenresidenz, für die Mieter - anders als hier - erst noch gefunden werden mussten.
115Aus diesem Grunde bedarf es im Streitfall - anders als in dem der Entscheidung des Senats im Verfahren 13 U 137/05 zugrunde liegenden Fall - auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung einer marktüblichen Miete. Ein solches Gutachten könnte sich nämlich - im Hinblick auf das Fehlen eines zu vergleichender Betrachtung heranzuziehenden Marktes - letztlich nur mit der Frage der Angemessenheit der Miete aus der Sicht der an der Mietvertragsvereinbarung beteiligten Parteien gerade für die beiden streitgegenständlichen Objekte befassen und liefe damit auf nichts anderes als auf eine wirtschaftliche Beurteilung der vereinbarten Miethöhe hinaus. Das wäre mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht vereinbar.
116Es kommt unabhängig davon hinzu, dass - darauf haben die Beklagten zu Recht hingewiesen - eine gegenüber einem etwaigen (unterstellten) Marktwert höhere Miete für die Grundstücksgesellschaften - und damit für die Anleger - keinesfalls nachteilig, sondern im Hinblick auf die bessere Einnahmesituation vorteilhaft (gewesen) und eine insoweit unterlassene Aufklärung deshalb grundsätzlich nicht zur Begründung von Schadensersatzansprüchen geeignet ist. Anders als der Kläger meint, konnten er und sein Vater auch nicht erwarten, dass die mit dem L Konzern für die beiden Fondsobjekte vereinbarte Miete auch nach einem etwaigen Mieterwechsel Bestand haben wird. Angesichts der vielfältigen denkbaren und nicht vorhersehbaren Markteinflüsse - wie etwa die im Jahre 2008 entstandene Finanzkrise - wäre eine solche Erwartung jedenfalls nicht geschützt.
117Der Kläger hält dem Gesichtspunkt der höheren Mieteinnahmen der Fondsgesellschaften letztlich auch nur entgegen, dass die von ihm als "Investitionsmiete" bezeichnete Vereinbarung über die Miethöhe deshalb für ihn - und andere Anleger - letztlich nachteilig sei, weil schon zum Zeitpunkt der Zeichnung die begründete Befürchtung (die sich durch die spätere Insolvenz des L Konzerns bestätigt habe) bestanden habe, dass die zum L Konzern gehörende Mieterin auf Dauer nicht in der Lage sei, die vereinbarte überhöhte Miete zu zahlen. Der damit vom Kläger postulierte Zusammenhang zwischen der Zahlung einer überhöhten Miete für die beiden Warenhäuser durch den L Konzern und dessen späterer Insolvenz besteht aber nicht. Es kann - wie das Landgericht bereits zutreffend angeführt hat - schon mit Rücksicht auf den vernachlässigenswert geringen Anteil, den eine (unterstellte) Mietpreisüberhöhung (nach dem Vortrag des Klägers - S. 13 des Schriftsatzes vom 12.07.2010 - GA 192 - handelt es sich dabei um eine Überhöhung von 30 % der für beide Häuser insgesamt jährlich zu zahlenden Miete von 12 Mio. € (= ca. 3,6 Mio. €), während die Überhöhung nach dem Vorbringen S. 57 des Schriftsatzes vom 14.10.2013 offenbar nur 20% betragen soll) für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gesamtkonzerns der L AG hatte - ausgeschlossen werden, dass ein solcher Zusammenhang zwischen der behaupteten Mietzinsüberhöhung und der späteren Insolvenz bestand.
118bb.
119Der auf einen Ursachenzusammenhang zwischen Miethöhe und späterer Insolvenz der L AG abzielende Vortrag des Klägers begegnet aber unabhängig davon weiteren Plausibilitätsbedenken: Wenn - wie der Kläger im Berufungsverfahren vorgetragen hat - die angeblich zu hohe Miete durch "verdeckte Subventionierungen" in erheblichem Umfang (nach dem Inhalt der Berufungsbegründung - Seite 119; GA 914 - "ein Vielfaches der Jahresmieten") in Gestalt von Zahlungen für die Mieterverschaffung bzw. -vermittlung sowie für die Mietgarantie ausgeglichen worden ist, würde es in der Konsequenz an einer für den L Konzern nachteiligen Überbelastung durch die vereinbarte Miete fehlen. Die Vereinbarung einer - von den Beklagten im Übrigen auch zu keinem Zeitpunkt bestrittenen - "Investitionsmiete" wäre dann für die Mieterin und den gesamten Konzern kostenneutral und könnte schon aus diesem Grunde die Insolvenz im Jahre 2009 nicht verursacht haben. Aus diesem Grund erweist sich der Vortrag des Klägers, auch soweit es um eine ursächliche Verbindung zwischen der oben näher dargestellten Vertragsgestaltung und der Bestimmung des Mietpreises geht, als nicht geeignet, eine Aufklärungspflichtverletzung zum Nachteil der Anleger zu begründen.
120b.
121Der Kläger rügt weiter, dass es zwischen den Beteiligten auf Seiten der Beklagten einerseits und auf Seiten der Konzerngesellschaft der Mieterin bzw. der beteiligten Untergesellschaften andererseits eine Absprache gegeben habe, nach der Baukostenersparnisse, also im Rahmen der Projektdurchführung gegenüber der ursprünglich veranschlagten Größenordnung erzielte Kostensenkungen, deren Realisierung vorausgesehen und angestrebt worden seien, zu Gunsten der genannten Beteiligten, aber zu Lasten der Anleger, mithin auch zu seinen Lasten, verabredet worden seien. Ob die dahingehende, vor allem im Rahmen der Berufungsbegründung und im Rahmen des Schriftsatzes des Klägers vom 14.10.2013 aufgestellte und näher spezifizierte Behauptung zutreffend ist, muss jedoch nicht entschieden werden. Die dem Vorbringen des Klägers in diesem Zusammenhang zugrunde liegende und für das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs konstitutive Annahme, dass etwaige Kostenersparnisse nach dem Inhalt der Gesellschaftsverträge für beide Objekte jeweils den Gesellschaftern zustünden und deshalb nicht den oben genannten Beteiligten gebührten, ist nämlich im Ergebnis unzutreffend.
122aa.
123Es ist zwar richtig, dass nach § 4 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages Q (bzw. der inhaltlich entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag N) etwaige Liquiditätsüberschüsse nicht den Initiatoren des Projektes oder der Mieterin zustehen, sondern entweder für eine Instandhaltungsrücklage zu verwenden oder an die Gesellschafter auszuschütten waren. Grundsätzlich sind interessierte Anleger demzufolge auch über die zwischen Initiatoren/Gründungsgesellschaftern und späteren Nutzern des Objekts getroffenen Abreden - und zwar auch unabhängig von ihrer (im vorliegenden Fall streitigen) Realisierung - aufzuklären, denn eine solche Aufklärung hat über alle Umstände zu erfolgen, die den vom Anleger mit seinem Beitritt verfolgten Zweck gefährden könnten. Zu einer solchen Gefährdung können grundsätzlich auch Absprachen führen, dass etwaige Kostenersparnisse entgegen einer Regelung im Gesellschaftsvertrag nicht den Gesellschaftern zugutekommen sollen.
124bb.
125Im vorliegenden Fall geht der gegenüber den Beklagten erhobene Vorwurf des Klägers allerdings aufgrund der gegebenen vertraglichen Situation ins Leere, weil etwaige Baukostenersparnisse nicht der genannten Regelung des Gesellschaftsvertrages unterfielen und deshalb nicht den Gesellschaftern zustanden bzw. zugestanden hätten. Das ergibt sich aus Folgendem: Mit der Errichtung bzw. dem Umbau der jeweiligen Fondsimmobilie war die F GmbH beauftragt. Grundlage ihrer Beauftragung war der jeweilige Generalübernehmervertrag, der - was die GbR Q angeht - entsprechend dem Angebot vom 17.09.2001 (Anl. K 3 a = Investorenordner Q) und - hinsichtlich der GbR N - entsprechend dem Angebot vom 05.11.2002 (Anl. K 5 c = Investorenordner N) geschlossen worden ist. Beide Verträge waren jedoch - entsprechend den jeweiligen Angeboten - als Global-Pauschalverträge (zum Begriff Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage 2013, Rdn. 1525 ff.) konzipiert, bei denen Mehr- oder Minderleistungen sowie Erschwernisse grundsätzlich nicht auszugleichen sind. Um einen Global-Pauschalvertrag handelt es sich, wenn die Vertragsparteien im Rahmen der Bestimmung des vertraglichen Leistungsumfanges das Leistungsziel in den Vordergrund ihrer vertraglichen Leistungen stellen oder den Leistungsumfang bewusst pauschalisieren (zielorientiertes Bausoll), was in der Regel durch eine vollständig funktionale Leistungsbeschreibung geschieht, die den Willen der Vertragsparteien verdeutlicht, das Risiko der Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung auf den Auftragnehmer abzuwälzen.
126cc.
127So liegen die Dinge im vorliegenden Fall: Der Generalübernehmervertrag für das Bauvorhaben Q (der - wie erwähnt - mangels gegenteiligen Sachvortrags auf der Grundlage und mit dem Inhalt des vorgelegten Angebots auf Abschluss dieses Vertrages zustande gekommen ist) nennt als "Vertragsgegenstand" (§ 1) die "schlüsselfertige, funktionsgerechte und betriebsfertige Erstellung eines Geschäftshauses nebst Außenanlagen". Nach § 3 Abs. 1 des Vertrages umfassen die Leistungen des Auftragnehmers "die uneingeschränkte schlüsselfertige Erstellung des Gebäudes" sowie - nach Abs. 2 dieser Bestimmung - "Lieferungen und Leistungen, die in den in § 2 aufgeführten Vertragsunterlagen aufgeführt sind, aber auch alle dort nicht erwähnten Lieferungen, Leistungen und Nebenleistungen, die unbedingt erforderlich sind, das Bauvorhaben funktionsfähig, bezugsfertig und mit den notwendigen Stellplätzen versehen zu erstellen, …". Änderungen der Planung oder der Baudurchführung oder zusätzliche Leistungen sollten möglich sein, jedoch nur bei Kostenübernahme durch den Auftraggeber (§ 5 des Vertrages).
128Eine inhaltlich gleiche (und im Wesentlichen auch wörtlich identische) Regelung enthält der Vertrag zwischen der Fondsgesellschaft und der F GmbH für das Objekt in N. Soweit der Vertrag für das Objekt N nicht ausdrücklich regelt, dass der Auftragnehmer auch alle nicht in den Vertragsunterlagen aufgeführten, aber zur schlüsselfertigen Herstellung erforderlichen Arbeiten auszuführen hat, erklärt sich das damit, dass dieser Vertrag - insoweit anders als der Vertrag für das Warenhaus in Q - schon von vornherein nicht auf eine Bau- und Leistungsbeschreibung verweist, so dass eine klarstellende Bestimmung wie in der erwähnten Regelung in § 3 Abs. 2 des Generalunternehmervertrages Q nicht erforderlich war, um den übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zum Ausdruck zu bringen, dass nicht (mehr) ein Leistungsverzeichnis, sondern allein die umfassend funktionale Leistungsbeschreibung Grundlage des Vertrages sein sollte.
129dd.
130Vor diesem Hintergrund stellen etwaige Baukostenersparnisse - unabhängig von deren späterem tatsächlichen Anfall und unabhängig von der Frage, ob es zu einer endgültigen Vereinbarung der vom Kläger behaupteten Art zwischen den Beteiligten überhaupt gekommen ist - jedenfalls keine Liquiditätsüberschüsse dar, die nach dem Gesellschaftsvertrag an die jeweilige Fondsgesellschaft auszukehren waren. Dem Interesse der Gesellschafter war durch die jegliche Baukostenerhöhungen ausschließende und ihnen aus den Investorenordnern bekannte Pauschalpreisabrede Genüge getan. Das gilt auch in Anbetracht der vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 6.3.2014 (GA 1162 ff) in den Mittelpunkt seiner Argumentation gestellten "Absicht der Beteiligten", über diese Zahlungen zum Nachteil der Anleger auf die Grundlagen der Mietpreisbildung einen verfälschenden Einfluss zu nehmen. Zum einen handelt es sich dabei um einen in dieser Form zu pauschalen und nicht überprüfungsfähigen Vortrag, zum anderen geht das berechtigte Aufklärungsinteresse der Anleger nicht so weit, Einzelheiten über die Verwendung von Baukostenersparnissen, auf die sie selbst keinen Anspruch haben, zu erfahren.
131ee.
132Was die Beklagte zu 1) angeht, kommt deren Haftung im Übrigen und unabhängig von den vorstehenden Erwägungen insoweit auch deshalb nicht in Betracht, weil sie an der vom Kläger behaupteten Absprache nach dessen eigenem Vortrag nicht beteiligt war und sie diese - mangels gegenteiligen konkreten Vortrags des Klägers - auch nicht kennen musste.
133ff.
134Über die - behauptete - Absprache der Teilung von Baukostenersparnissen und die danach - unterstellt - den Beklagten zu 2) - 4) zufließenden Erträge war auch nicht entsprechend den Grundsätzen der sog. "Kick-back-Rechtsprechung" des Bundesgerichtshofes (vgl. dazu BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; WM 09, 1274 Rn. 11 sowie 09, 2306 Rn. 31; WM 11, 925) aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht gilt für anlageberatende Banken und hat den Zweck, dem Anleger einen möglichen Interessenkonflikt offenzulegen, der sich daraus ergibt, dass die Bank für ihre allein im Kundeninteresse zu erbringende Beratungs-/Vermittlungsleistung vom Kapitalsuchenden eine umsatzabhängige Rückvergütung erhält. Damit ist die hier in Rede stehende Teilung von Baukostenersparnissen nicht vergleichbar. Abgesehen davon, dass es bereits an einem Beratungsvertrag zwischen dem Kläger/dem Erblasser und den Beklagten zu 2) - 4) fehlt, handelt es sich bei den der Mieterin und den Beklagten zu 2) - 4) aufgrund der behaupteten Absprache zugutekommenden Baukostenersparnissen nicht um umsatzabhängige, d.h. nach der Höhe der Einlage des Klägers und des Erblassers bemessene Erträge. Für eine Ausweitung der Kick-back-Rechtsprechung auf Fälle der vorliegenden Art sieht der Senat keinen Anlass.
135c.
136Auch soweit der Kläger den Beklagten vorwirft, er sei durch die hinter seinem Rücken abgeschlossenen Verträge über die Mietervermittlung-, Mieterverschaffung und Projektentwicklung über wesentliche Grundlagen für seine Beitrittsentscheidung getäuscht worden, fehlt es an der für eine Haftung der Beklagten erforderlichen Pflichtverletzung. Der Kläger und sein Vater sind durch die ihnen im Vorfeld der Zeichnung bekanntgegebenen jeweiligen Gesellschaftsverträge (Anlage K 3 c Fach 9 für Q; Anlage K 5 c Fach 2 für N) ausreichend und vollständig über die Umstände, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Fällen dieser Art dem Anleger gegenüber zu offenbaren sind, unterrichtet worden:
137aa.
138Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehören zu der von den Gründungsgesellschaftern, Initiatoren und Hintermännern des Fonds geschuldeten Aufklärung neben der bereits angesprochenen Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen den verschiedenen an der Initiierung und Realisierung des Projektes Beteiligten und der eventuellen Gewährung von Sondervorteilen auch hinreichend transparente Angaben über die Verwendung der Einlagemittel.
139bb.
140Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht die Abgrenzung der "weichen" von den "harten" Kosten sowie deren jeweilige Höhe und die Angabe der verschiedenen Kostenpositionen in den - in beiden Gesellschaftsverträgen enthaltenen - Investitionsplänen. Ausdrücklich nicht beanstandet wird auch die den Anlegern gegenüber im Investorenordner offengelegte Vergütung für die Mietervermittlung von der jeweiligen GbR - zu zahlen an die K GmbH - sowie der Ansatz von Projektentwicklungskosten (der - nach Auffassung des Klägers - im Gesellschaftsvertrag "minutiös" geregelt sei; S. 89 der Berufungsbegründung = GA 884), sondern - so der Vortrag des Klägers - die Verheimlichung der Zusage und entsprechenden Zahlung einer nach seiner Auffassung unüblichen Vergütung für die Verpflichtung des Grundstücksverkäufers zur Verschaffung eines Generalmieters sowie die - nach seiner Auffassung - wirtschaftlich wertlose und daher kostenlos zu erbringende Übernahme einer Einstandsgarantie für die Mietzahlungen durch die Konzernobergesellschaft. Schließlich rügt der Kläger, dass von der K GmbH ein - die Planungs-und Projektentwicklungsarbeiten betreffender - Unterauftrag nicht an ein unbeteiligtes Unternehmen, sondern an ein Konzernunternehmen der Mieterin vergeben worden sei, und zwar mit der Kalkulation eines unüblich hohen Gewinnes.
141cc.
142Auch diese Rügen erweisen sich als nicht durchgreifend. Bei richtiger Betrachtung sind die angesprochenen Verträge - auch unter den vom Kläger hervorgehobenen Gesichtspunkten - nicht zu beanstanden. Der Kläger ist über den Abschluss der Verträge, die jeweiligen Vertragspartner und die versprochenen Vergütungen in ausreichendem Maße aufgeklärt worden. Ein Anspruch auf weitergehende Aufklärung bestand nicht. Auch die Rüge, dass Zahlungen ohne eine reale Gegenleistung vereinbart worden seien, greift nicht durch:
143(1)
144Was zunächst den Mietervermittlungsvertrag für das Objekt Q angeht (Anlage K 3 c Fach 14), handelt es sich um einen zwischen der Beklagten zu 4) und der betreffenden GbR abgeschlossenen Vertrag über eine Leistung, die im Investitionsplan ausdrücklich vorgesehen war (dort Position "j") und für die die Beklagte zu 4) ausweislich des Vertrages exakt die im Investitionsplan vorgesehene Vergütung (8,2 Millionen DM) erhalten sollte. Durch den - ohne Kenntnis des Klägers - sodann erkennbar zur Erfüllung der der Beklagten zu 4) aus dem Mietervermittlungsvertrag obliegenden Verpflichtung geschlossenen Mietverschaffungsvertrag vom 4.12.2001 (Anlagenkonvolut 60; Anlage B 24) zwischen der Beklagten zu 4) und der L AG wurde die von der Beklagten zu 4) übernommene Verpflichtung auf die L AG übertragen. Eine für die Anleger - also auch für den Kläger - (potentiell) nachteilige Regelung liegt darin nicht. Für die Anleger ist vielmehr belanglos, in welcher Form die Beklagte zu 4) - ob unmittelbar durch eigene Tätigkeit oder durch Übertragung ihrer Verpflichtung auf eine andere Gesellschaft in der Art eines Subunternehmerverhältnisses - die geschuldete Mietervermittlung erbracht hat. Ihre Vermögensinteressen sind dadurch nicht tangiert. Damit liegt in der dargestellten Verfahrensweise kein aufklärungspflichtiger Umstand. Insbesondere kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht auf die Frage an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang durch die Mieterverschaffung für die L AG ein finanzieller oder ein sonstiger (Arbeits-) Aufwand entstanden ist. Entscheidend ist allein, dass die Anleger durch den Investitionsplan über die Entstehung von Kosten für die Vermittlung eines Mieters unterrichtet waren und Kosten in einer den dort angegebenen Betrag übersteigenden Höhe nicht angefallen sind.
145(2)
146Was die Einstandsverpflichtung für die Erfüllung der Pflichten der Mieterin aus dem abzuschließenden Mietvertrag angeht (§ 2 und - hinsichtlich der Vergütung - § 3 des soeben erwähnten Vertrages vom 4.12.2001; Anlagenkonvolut 60; Anlage B 24), handelt es sich bei dieser von der L AG übernommenen Leistung entgegen der Auffassung des Klägers schon deshalb um eine werthaltige und üblicherweise zu vergütende Leistung, weil in Anbetracht der Höhe des vereinbarten Mietzinses und der Laufzeit des Mietvertrages durch die Garantieerklärung ein - nicht nur betragsmäßig - erhebliches Risiko abgedeckt worden ist, dessen unentgeltliche Erbringung von den Anlegern bei vernünftiger Betrachtungsweise entgegen der Auffassung des Klägers nicht erwartet werden konnte. Die Beklagten haben mit Recht darauf hingewiesen, dass die Übernahme einer Einstandsverpflichtung auch aus der Sicht der Grundstücksgesellschaft im Hinblick einerseits auf das relativ geringe Eigenkapital der Mieterin (und den Umstand, dass diese auch das Drittvermietungsrisiko tragen sollte) sowie andererseits im Hinblick auf die Größenordnung der Gesamt-Mietzahlungsverpflichtungen der Mieterin - in Höhe von etwa 220 Millionen DM - sinnvoll und wünschenswert war. Die Auffassung des Klägers, dass die Einstandsverpflichtung unentgeltlich zu erbringen gewesen sei, lässt diese wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen außer Acht.
147(3)
148Soweit sich im Übrigen aus der näheren Beschreibung der Projektentwicklungskosten (die - mit einem Betrag von 28,7 Millionen DM - im Investitionsplan als gesonderte Position ausgewiesen waren) im Gesellschaftsvertrag ergibt, dass diese Kosten unter anderem auch die "Verhandlungsführung mit künftigen Erstmietern" sowie die "Vorbereitung der Erstvermietungsverträge nebst Anlagen" beinhalten, liegt darin schon deshalb keine Verschleierung der für den Komplex "Projektentwicklung und Mietervermittlung" insgesamt in Ansatz gebrachten Kosten, weil damit sämtliche - im Übrigen nicht von der Fondsgesellschaft, sondern von der Beklagten zu 4) aufzubringenden und aufgebrachten - Vergütungen angesprochen worden sind.
149(4)
150Auch eine nähere Aufschlüsselung der die Projektentwicklung betreffenden Kostenpositionen können die Anleger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (WM 2014, 118) nicht verlangen. Bereits mit der Gesamtbetragsangabe war für sie hinreichend deutlich, dass Beträge in dieser Größenordnung nicht in den Gegenwert an Immobilien investiert werden. Diese Information war zur Einschätzung der Anleger betreffend die Werthaltigkeit des Anlageobjekts ausreichend. Welchen Anteil an der Gesamtposition einzelne Unterpositionen ausmachten, war für sie und ihre Anlageentscheidung dagegen nicht von wesentlicher Bedeutung und daher nicht aufklärungspflichtig. War entgegen dieser typisierenden Betrachtungsweise dennoch die genaue Höhe einzelner Kostenblöcke von Interesse, so stand es dem Anleger frei, sich danach zu erkundigen. Ein entsprechendes, weitergehendes Interesse hat der Kläger jedoch nicht geltend gemacht.
151(5)
152Soweit die Vergütungen für die Mieterverschaffung und die übernommene Einstandspflicht nach dem Vertrag vom 4.12.2001 (8.000.000 DM + 10.000.000 DM) sowie für die Projektentwicklung nach dem Projektentwicklungsvertrag Q (Anlagenkonvolut K 60 B 45; 13,6 Mio. DM) mit demzufolge insgesamt 31,6 Millionen DM in der Summe den im Gesellschaftsvertrag Q für die Kosten der Projektentwicklung ausgewiesenen Betrag von 28,7 Millionen DM übersteigen, hat der Kläger nicht dargelegt, dass der Differenzbetrag - von der Beklagten zu 4), einer der übrigen beklagten Parteien oder in Kenntnis der Beklagten von einem anderen Beteiligten - zum Nachteil der Fondsgesellschaft bzw. der Anleger aus dem Gesellschaftsvermögen aufgewendet worden und dies schon vor dem Beitritt des Klägers und seines Vaters beabsichtigt oder vereinbart war. Der Vortrag des Klägers beschränkt sich in diesem Zusammenhang (S. 65 des Schriftsatzes vom 14.10.2013; GA 1082) auf die pauschale und in dieser Form in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen unsubstantiierte Behauptung, dass Zahlungen "an L-Unternehmen" im Zusammenhang mit den Mietverschaffungs-, Einstands- und Projektentwicklungsverträgen "zu Lasten des jeweiligen Fondsvermögens gegangen" seien.
153(6)
154Soweit der Kläger darüber hinaus vorgetragen hat (Seite 66 f. des vorgenannten Schriftsatzes), dass die Vergütung für die von der L AG übernommene Einstandsverpflichtung nicht in den Projektentwicklungskosten enthalten gewesen sei, handelt es sich - worauf der Senat entgegen der Darstellung des Klägers im Schriftsatz vom 06.03.2014 in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat (insoweit nicht protokolliert) - um neuen, von der Beklagten zu 1) bestrittenen und nach § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlichen Vortrag, nachdem der Kläger seinerseits die gegenteilige Behauptung der Beklagten zu 1) erstinstanzlich (vgl. Schriftsatz vom 4.9.2012) nicht bestritten, sondern im Schriftsatz vom 11.9.2012 (GA 599) lediglich in Abrede gestellt hat, dass die Kosten für die Mietervermittlung i.H.v. 8,2 Millionen DM in den Projektentwicklungskosten enthalten gewesen seien. Dieser Vortrag wiederum ist - unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Aufklärungspflichten - schon deshalb nicht erheblich, weil - wie ausgeführt - die Kosten für die Mietervermittlung im Investitionsplan in einer eigenständigen Position gesondert, also neben den Projektentwicklungskosten, ausgewiesen worden sind.
155d.
156Damit fehlt es - was die vom Kläger beanstandeten Verträge im Zusammenhang mit der Vermietung der Immobilie und der von der L AG übernommenen Garantie für die Erfüllung der Mietverpflichtungen angeht - insgesamt an der Verletzung einer gegenüber dem Kläger bestehenden Aufklärungspflicht. Das gilt nicht nur für die GbR Q, sondern - mit Rücksicht auf die vertraglich und wirtschaftlich identische Ausgangslage - in gleicher Weise auch für die Fondsgesellschaft N. Auf die vorstehenden Ausführungen unter c. (1) bis (6) nimmt der Senat daher insoweit Bezug.
157e.
158Auch die zwischen den Parteien unstreitige Zahlung einer "Eintrittsgebühr" i.H.v. 25.000.000 € nebst Steuern - durch die Beklagte zu 4), nicht etwa durch eine der Fondsgesellschaften - an die L AG vermag die Verletzung einer Aufklärungspflicht gegenüber den Anlegern nicht zu begründen, weil sie aus den vom Landgericht im angefochtenen Urteil im einzelnen angegebenen Gründen keinerlei Auswirkungen auf die streitgegenständlichen Anlagen und die Wirtschaftlichkeit der Projekte hatte. Der Kläger ist dem Vorbringen der Beklagten, dass es sich um ein im Geschäftsverkehr übliches "Eintrittsgeld" im Zusammenhang mit der Begründung einer längerfristigen Zusammenarbeit - hier zwischen dem L Konzern und der Beklagten zu 4) bzw. den vom Beklagten zu 2) beherrschten Gesellschaften - gehandelt hat, nicht plausibel entgegengetreten. Für die Richtigkeit dieser Bewertung durch die Beklagten spricht auch der Umstand, dass "umgekehrt" auch die X AG - deren maßgebliche Gesellschafter der Kläger und sein Vater waren und als deren Geschäftsführer der Kläger bis zum Jahre 1994 eingetragen war - der Beklagten zu 4) pauschal für "Mithilfe bei der Eigenkapitalbeschaffung" u.a. bei den hier streitgegenständlichen Immobilienfonds unter dem 12.12.2001 bzw. 18.12.2002 nicht näher aufgeschlüsselte Rechnungen über jeweils 2.500.000,00 € stellte (Anlagen A 10, 11), die von der Beklagten zu 4) auch bezahlt wurden (LGU 11, 13). Dies erlaubt die Schlussfolgerung, dass zum einen bei der Realisierung derartiger Projekte das Verlangen und die Zahlung von Millionenbeträgen für nicht konkret bezeichnete Leistungen durchaus üblich und dies zum anderen dem Kläger und dem Erblasser auch bewusst war. Es ist schließlich auch nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die beanstandete Zahlung zeige (so der Vortrag des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat), dass die Beklagten der Mieterin "näher stehen als den eigenen Gesellschaftern."
159f.
160Letztlich kommt es aber auch darauf nicht entscheidend an. Selbst wenn man - entgegen den vorstehenden Ausführungen - die an den L Konzern geleisteten Zahlungen (für die Mieterverschaffung, die Einstandspflicht für die Mieten, die Projektentwicklung und für den "Eintritt" in die Geschäftsbeziehung) als in Anbetracht der (nach Auffassung des Klägers zu vernachlässigenden) konzernseitigen Gegenleistungen als mehr oder minder unentgeltliche Leistungen ansehen würde, wären sie (lediglich) als Gewährung von Sondervorteilen aufzufassen, die nach der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 3.12.2013 - XI ZR 295/12; WM 2014, 71) gegenüber den Anlegern nur dann aufklärungspflichtig sind, wenn es sich um Zahlungen an die Gründungsgesellschafter, die Initiatoren oder die Hintermänner, also um Zuflüsse innerhalb des Kreises der Projektverantwortlichen handelt (sofern - wie hier - etwaige Sondervorteile nicht das Vermögen der Fondsgesellschaft betreffen, sondern aus dem eigenen Vermögen der angesprochenen Projektverantwortlichen fließen).
161g.
162Soweit der Kläger eine Aufklärungspflichtverletzung weiterhin darin sieht, dass hinter seinem Rücken zwischen den Projektverantwortlichen und dem L Konzern eine "Rückerwerbsoption" vereinbart, dem L Konzern mithin das Recht eingeräumt worden sei, nach Ablauf einer bestimmten Frist die Fondsimmobilien zurück zu erwerben, fehlt es seinem Vorbringen ebenfalls an Plausibilität. Es ist dem Vortrag des Klägers nämlich nicht zu entnehmen - und auch sonst nicht erkennbar - auf welchem rechtlichen Wege eine auf den Rückerwerb gerichtete Vereinbarung zwischen dem L Konzern und den Initiatoren der Fondsgesellschaften mit rechtlich bindender Wirkung für einen der Beteiligten getroffen werden könnte, nachdem Eigentümer der Fondsgrundstücke nicht die Beklagten oder eine der Gesellschaften der OEHG, sondern allein die jeweilige GbR werden sollte und geworden ist und deshalb auch diese allein rechtlich in der Lage war, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen.
163h.
164Was die Behauptung des Klägers angeht, zwischen den Beteiligten habe eine "Drittgeschäftsabrede" des Inhalts bestanden, dass die Konzerngesellschaften einerseits und die Gründungsgesellschafter und Initiatoren der Fondsgesellschaften andererseits sich über die für beide Seiten gewinnbringende "Vermittlung" anderer, mit den Grundstücksgesellschaften Q und N nicht in Zusammenhang stehender weiterer Geschäfte einig gewesen seien, lässt sich seinem Vortrag nicht entnehmen, inwieweit eine solche (unterstellte) Abrede für die Gesellschafter der beiden Grundstücksgesellschaften von Relevanz oder gar wirtschaftlich nachteilig gewesen sein - oder werden - und deshalb aufklärungspflichtig sein könnte.
165i.
166Soweit der Kläger - bereits mit der Klageschrift - ferner gerügt hat, dass seitens der Gründungsgesellschafter und Initiatoren der beiden Projekte pflichtwidrig keine Prüfung der für die langfristige Erfüllung der mietvertraglichen Verbindlichkeiten möglicherweise nicht ausreichenden Ertragskraft des L Konzerns stattgefunden habe, ergibt sich auch daraus keine schadensersatzbegründende Aufklärungspflichtverletzung. Es ist zwar zutreffend, dass die Beurteilung der wirtschaftlichen Aussichten des mit dem Gesellschaftsvertrag verfolgten Konzeptes und damit zusammenhängend auch die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines wesentlichen Vertragspartners (wie hier eines Generalmieters bzw. dessen Konzernobergesellschaft) zu den zentralen Aufgaben der Initiatoren eines Projektes der vorliegenden Art gehört. Der Senat schließt sich aber ungeachtet der dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen der Auffassung des Landgerichts an, dass auch auf der Grundlage des Vortrags des Klägers und der von ihm vorgelegten Unterlagen aus der maßgeblichen damaligen Sicht keine ausreichenden Anhaltspunkte für aktuelle oder in absehbarer Zukunft bevorstehende wirtschaftliche Schwierigkeiten einzelner L-Gesellschaften oder des Gesamtkonzerns bestanden, die einen Rückschluss darauf zugelassen hätten, dass eine Erfüllung der mietvertraglichen Verpflichtungen auf absehbare Zeit gefährdet gewesen sein könnte. Soweit sich aus dem erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen Hinweise auf finanzielle Probleme des L Konzerns ergeben könnten, waren diese jedenfalls neu und hatten mit der Situation zum Zeitpunkt der Projektierung und des Beitritts des Klägers und seines Vaters zur Fondsgesellschaft nichts zu tun.
167Letztlich ergibt sich, wie die Beklagten zutreffend angeführt haben, aus der Tatsache, dass die Mieten für beide Standorte bis zur Insolvenz der B AG im Jahre 2009 ohne jede Einschränkung gezahlt worden sind, ein unzweideutiges und vom Kläger auch nicht widerlegtes Anzeichen dafür, dass die ins Auge gefasste Generalmieterin aus der maßgeblichen Sicht zum Zeitpunkt der vertraglichen Erklärungen bzw. der Projektierung in vollem Umfang und auf eine nicht absehbare Dauer zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen in der Lage war. Soweit der Kläger bereits mit der Klageschrift durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis dafür angeboten hat, dass "der L Konzern sich in 2001 und 2002 in finanziellen Schwierigkeiten befand" und dass die langfristige Erwirtschaftbarkeit der an die streitgegenständlichen Immobilienfonds zu leistenden Mietzahlungen schon im Zeitpunkt des Abschlusses der entsprechenden Grundstücks-Kaufverträge nicht gesichert" war, war eine Sachaufklärung nicht geboten, weil sich dem Vortrag des Klägers (auch dem Vortrag im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens und im Berufungsrechtszug) keine ausreichend konkreten Anknüpfungstatsachen für die behauptete Schieflage des Konzerns entnehmen lassen. Dies hat bereits das Landgericht - auf dessen Ausführungen in diesem Zusammenhang zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug genommen wird - zutreffend angenommen und ebenso zutreffend darauf verwiesen, dass auch die mit der Klageschrift vorgelegte "Kurzanalyse der Geschäftsberichte" für den Zeitraum 1999 - 2002 zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung gibt. Das gleiche gilt für die Ausführungen des Landgerichts zur Aussagekraft und Bewertung der nach dem Vortrag des Klägers rückläufigen Flächenumsatzzahlen, zu dem Vortrag des Klägers, dass die Mieterin über die geforderte Jahresmiete nicht verhandelt habe und dies ein Zeichen für die angespannte wirtschaftliche Lage bereits im Jahr 2001 gewesen sei sowie für die Problematik der Drohverlustrückstellungen. Näher substantiierter Vortrag zu dem unzureichenden erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers ist im Zuge des Berufungsverfahrens nicht erfolgt.
168Es kann aus diesem Grunde dahinstehen, ob und inwieweit der Kläger und sein Vater aufgrund der von den Beklagten zu 2) - 4) bereits mit der Klageerwiderung (GA 129 ff.) vorgetragenen und auch auf der Grundlage der Information durch den Zeugen L1 beruhenden eigenen Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und künftigen Ertragsfähigkeit des L Konzerns überhaupt aufklärungsbedürftig waren.
1695.
170Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch entschieden, dass dem Kläger die mit den Klageanträgen zu 1 c und d sowie zu Ziffer 4 geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. Sowohl die Feststellung, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus den ihm und seinem Vater im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Beteiligungen ausgereichten Darlehen zustehen wie auch die begehrte Verpflichtung zur Freistellung von allen Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber den Mitgesellschaftern in beiden Grundstücksgesellschaften wie schließlich auch der weitere, auf die gesamtschuldnerische Ersatzpflicht der Beklagten für weitere im Zusammenhang mit den Beteiligungen möglicherweise entstehende Schäden gerichtete Antrag hängen von der Feststellung schuldhafter Pflichtverletzungen der Beklagten ab, die aber nach den vorstehenden Ausführungen nicht gegeben sind. Das Gleiche gilt für den auf die Herausgabe vollstreckbarer Ausfertigungen notarieller Urkunden gerichteten Antrag (sowie für den damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Hilfsantrag auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus den dort näher bezeichneten Urkunden).
1716.
172Damit scheiden gegen die Beklagten gerichtete vertragliche Schadensersatzansprüche schon mangels schlüssig vorgetragener Pflichtverletzungen aus. Es kommt damit nicht mehr auf die Frage an, ob etwaige Aufklärungsfehler für die Anlageentscheidung des Klägers und seines Vater bedeutungslos gewesen wären. Es kann daher offen bleiben, ob die rechtliche Auffassung des Landgerichts zur Frage der Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen für die Anlageentscheidung des Klägers und seines Vaters zutreffend ist:
173a.
174Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (z.B. BGHZ 193, 159 Rdn. 28 ff. m.w.N = NJW 2012, 2427; WM 2013, 609 = BGHZ 196, 233-243; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 280 BGB Rdn. 39).
175b.
176Ob die vom Landgericht angeführten Gründe für die Annahme, dass der Kläger und sein Vater auch zutreffende und vollständige Hinweise in den zum Gegenstand des Rechtsstreits gemachten Fragen unbeachtet gelassen und ohne Rücksicht auf die aus ihrer Sicht bei zutreffender Aufklärung bestehenden Risiken die Beteiligung gezeichnet hätten, zutreffend sind, kann dahinstehen. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob sich mit der für eine Widerlegung der Kausalitätsvermutung erforderlichen Sicherheit aus der vom Landgericht zitierten Passage der Klageschrift und aus dem Schreiben des Klägers an die Beklagte zu 1) vom 7.7.2009 (Anlage K 23 a) herleiten läßt, dass die vom Kläger gerügten Aufklärungspflichtverletzungen für die von ihm und seinem Vater getroffenen Anlageentscheidungen bedeutungslos gewesen wären. Allein die Aussicht auf eine für gewinnträchtig gehaltene längerfristige Zusammenarbeit mit dem L Konzern und der OEHG ausreichen zu lassen, begegnet aus Sicht des Senats Bedenken.
177Dagegen wäre der - von der Beklagten zu 1) bereits in der Klageerwiderung (S. 2, 58 - GA 72, 125) ausdrücklich hervorgehobene - Umstand, dass der Kläger an seiner - weil "beanstandungsfrei laufenden" - Beteiligung an dem P-Fonds Braunschweig festhält, ein durchgreifendes Indiz für die Widerlegung der Kausalitätsvermutung, soweit es um die Rüge mangelnder Aufklärung über die Vereinbarung einer überhöhten "Investitionsmiete" geht. Da der Kläger selbst vorträgt, dass es sich bei diesem Fonds um ein "gleichartiges Angebot" der P-Gruppe gehandelt habe und der Beklagte zu 2) seiner Kalkulation bei sämtlichen von ihm initiierten Immobilienfonds eine reine Investitionsmiete zugrunde gelegt habe (S. 12 der Klageschrift; nicht nachgelassene Schriftsätze vom 21.03. und 24.03.2014 - jeweils unter Berufung auf die Einlassung des Beklagten zu 2) in dem u.a. gegen ihn geführten Strafverfahren 116 KLs 2/12 LG Köln - GA 1193, 1196, 1200 ff.) läge es in der Konsequenz seiner Argumentation im vorliegenden Rechtstreit, auch die Rückabwicklung dieser Beteiligung zu verlangen. Dass der Kläger davon wegen des beanstandungsfreien Laufs der Beteiligung - die dortige Mieterin, die T2 AG, zahlt offenbar weiterhin die mit ihr vereinbarte (Investitions)Miete - absieht, ist ein ausschlaggebendes Indiz dafür, dass Kalkulation und Höhe der Miete für ihn ohne Bedeutung sind, solange nur der erwartete wirtschaftliche Erfolg eintritt.
1787.
179Auch ein Anspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB iVm der grundsätzlich auch für geschlossene Immobilienfonds geltenden Vorschrift des § 264 a StGB) scheidet aus den vorstehenden Gründen aus. Es mag sich - was offenbleiben kann - bei dem den Anlegern zugänglich gemachten Exposé und Investorenordner begrifflich insoweit um einen Prospekt handeln, als eine schriftliche Erklärung, die für die Beurteilung der angebotenen Anlage erhebliche Angaben enthält oder den Anschein eines solchen Inhalts erweckt (BGH NJW 2012, 758; Assmann in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 6 Rdn. 67; Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 45 Rdn. 47 - 50) vorliegt.
180Eine deliktische Haftung aus der angeführten Vorschrift scheidet aber in jedem Fall deshalb aus, weil die schriftlichen Unterlagen sich nicht an einen "größeren Personenkreis" im Sinne dieser Bestimmung wenden. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Adressatenkreis der angesprochenen Anleger so groß ist, dass deren Individualität gegenüber dem sie zu einem Kreis verbindenden potentiell gleichen Interesse an der Kapitalanlage zurücktritt (Schönke-Schröder, Kommentar zum StGB, 28. Auflage 2010, § 264 a StGB, Rdn. 9, 23, 33 m.w.N.). Das ist im Streitfall, in dem die Einwerbung möglicher Anleger nicht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - im Wege öffentlicher, potentiell alle Marktteilnehmer erreichender Werbeaktionen erfolgte oder sich auch nur an einen aufgrund allgemeiner Merkmale definierten Personenkreis richtete, nicht gegeben. Soweit der Kläger demgegenüber mit der Berufungsbegründung (S. 115 = GA 910) auf den Inhalt der u.a. an den Kläger und seinen Vater gerichteten Einwerbungsschreiben verweist, bestätigen diese - anders als der Kläger meint - die Rechtsauffassung des Landgerichts, weil sich aus ihnen ergibt, dass die Kunden, denen das Investment angeboten wurde, individuell ausgesucht und persönlich angeschrieben worden sind. So heißt es etwa im Schreiben an den Vater des Klägers vom 14.10.2003 (Anl. B 1 - 7 zum Schriftsatz der Beklagten zu 1) vom 26.3.2010; GA 71 ff.), dass mit dem Investment das Ziel verfolgt werde, "ihr Vermögen zu erhalten und einen langfristigen Wertzuwachs zu erreichen, …". Zum Adressatenkreis heißt es im gleichen Schreiben (ebenso sinngemäß in dem ebenfalls an den Vater des Klägers gerichteten - drei andere Immobilienfonds betreffenden - Schreiben vom 16.10.2002 (Anl. K 4 a zur Klage), dass die Beteiligung "dem Gesellschafterkreis und uns nahestehenden Kunden" angeboten werde. Daraus ergibt sich mit der für die entsprechende Beurteilung erforderlichen Deutlichkeit, dass der angesprochene Personenkreis nach individuellen Kriterien ausgewählt und keinesfalls nach allgemeinen, die jeweiligen persönlichen Verhältnissen nicht berücksichtigenden Kriterien angesprochen wurde.
1818.
182Auch die mit den Hilfsanträgen geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu:
183a.
184Soweit die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer der jeweiligen GbR und die Beklagte zu 4) als Projektentwicklerin auf Leistung von Schadensersatz an die jeweilige Gesellschaft in Anspruch genommen werden, lässt sich die Ablehnung eines Schadensersatzanspruches - insoweit entgegen der Auffassung des Landgerichts (LGU 59) - zwar nicht ohne weiteres mit dem Argument rechtfertigen, dass die Mietverträge, deren nicht ordnungsgemäßen Abschluss der Kläger den Beklagten zu 2) - 4) in diesem Zusammenhang vorwirft, mit ausdrücklicher Zustimmung der Gesellschafter und damit auch des Klägers geschlossen worden seien. Diese Überlegung trägt - wie der Kläger im Rahmen der Berufungsbegründung mit Recht anführt - deshalb nicht ohne weiteres, weil zwischen den zustimmenden Gesellschafterbeschlüssen (K 11 und K 19 b) und dem tatsächlichen Abschluss der Mietverträge jeweils ein erheblicher Zeitraum lag, in dem sich die Gegebenheiten durchaus in einer Weise ändern konnten, dass die Herbeiführung eines neuen, zeitnahen Gesellschafterbeschlusses erforderlich war.
185b.
186Das Landgericht hat allerdings zutreffend festgestellt, dass - aus den im angefochtenen Urteil im Einzelnen genannten Gründen, auf die der Senat zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug nimmt und denen die Berufungsbegründung Substantielles nicht entgegenzuhalten vermag - eine anderweitige Vermietung bei wirtschaftlich realistischer Einschätzung der Sachlage nicht möglich war. Was im Übrigen den Vorwurf einer nicht ordnungsgemäßen "branchenüblichen Bonitätsprüfung des Mieters" und dessen nachhaltiger Fähigkeit, die vereinbarten Mieten zu erwirtschaften, angeht, kann auf die Ausführungen zu der in ausreichender Weise erfolgten Prüfung der wirtschaftlichen Gegebenheiten bei dem L Konzern verwiesen werden. Auch der Vorwurf, der Mietvertrag sei pflichtwidrig nicht von der Leistung einer angemessenen werthaltigen Mietsicherheit abhängig gemacht worden, lässt sich nach den Ausführungen zu der von der L AG übernommenen Einstandspflicht nicht rechtfertigen.
187c.
188Schließlich ist auch der auf Schadensersatz im Hinblick auf die vom Kläger befürchtete Verrechnung etwaiger Zwangsvollstreckungserlöse durch die Sparkasse L2 gerichtete Hilfsantrag nicht begründet. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagten zu 2) bis 4) durch die Unterzeichnung der beiden Zweckerklärungen vom 21.11.2005 und 23.9.2006 nicht gegen ihre Pflichten aus den abgeschlossenen Gesellschaftsverträgen (§ 10 des Gesellschaftsvertrages Q; § 9 des Gesellschaftsvertrages N) verstoßen haben. Nach dem klaren und nicht missverständlichen Wortlaut der angeführten Vorschriften der Gesellschaftsverträge beschränkt sich die Verpflichtung der Geschäftsbesorger und Geschäftsführer darauf, eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auszuschließen. Dieser Verpflichtung sind die Beklagten zu 2) - 4) - wie das Landgericht festgestellt hat - in ausreichender Weise nachgekommen. Es hat zutreffend darauf verwiesen, dass sich der Inhalt der vom Kläger beanstandeten Klausel darin erschöpft, das Tilgungsbestimmungsrecht nach § 366 Abs. 1 BGB mit der Folge einer Anwendbarkeit des §§ 366 Abs. 2 BGB auszuschließen, dies aber - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter führt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Gefahr einer disquotalen Verrechnung etwaiger Verwertungserlöse, die lediglich wirtschaftlich negative Folgen nach sich ziehen, nicht aber zu der vom Kläger beanstandeten persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung führen könnte.
1899.
190Die - nicht nachgelassenen - Schriftsätze des Klägers vom 06.03., 21.03. und 24.03.2014 geben - auch soweit sie vorstehend nicht im Einzelnen angesprochen wurden - weder zu einer Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 149 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf das gegen den Beklagten zu 2) geführte Ermittlungsverfahren 115 Js 121/13 StA Köln noch zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO Anlass.
19110.
192Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
193Ein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) besteht nicht. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
194Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000.000 € festgesetzt.
Tenor
1.
Die Angeklagten K, O, J und P sind der Untreue in zwei Fällen, der Angeklagte E des fahrlässigen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften schuldig.
2.
Es werden deshalb verurteilt:
Der Angeklagte J zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren und zehn Monaten,
die Angeklagten K und P jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren,
der Angeklagte O zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von einem Jahr und elf Monaten
und der Angeklagte E zu einer Geldstrafe von
90 Tagessätzen zu je 5.500,00 €.
3.
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen der Angeklagten K, O und P wird zur Bewährung ausgesetzt.
4.
Die Kosten des Verfahrens werden den Angeklagten auferlegt.
Angewandte Vorschriften:
Hinsichtlich des Angeklagten J §§ 266 Abs. 1 u. 2, 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 1. Alt., 25 Abs. 2, 52, 53, 54 StGB,
hinsichtlich der Angeklagten K, O und P §§ 266 Abs. 1 u. 2, 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 1. Alt., 25 Abs. 2, 52, 53, 54, 56 StGB,
hinsichtlich des Angeklagten E § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG a.F., § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
1
G r ü n d e :
2(Ein Inhaltsverzeichnis befindet sich am Schluss der Bearbeitung)
3TEIL 1: Feststellungen
4- A.
5
Persönliche Verhältnisse der Angeklagten
I. Angeklagter K
6Der Angeklagte wurde 1949 als zweiter Sohn seiner Eltern in F bei Trier geboren. Dorthin waren diese nach ihrer Flucht aus Westpreußen gezogen, wo die Familie des Angeklagten 700 Jahre lang in der Ortschaft K in der Nähe von Danzig ansässig gewesen war.
7Der Angeklagte machte 1969 Abitur in Trier. Danach war er zwei Jahre lang bei der Bundeswehr.
8An der Universität zu Köln studierte er in der Folge Betriebswirtschaftslehre. Das Studium schloss er als Diplomkaufmann ab. Hier lernte er seine heutige Ehefrau kennen, die er 1976 heiratete. Sie gehörte dem „Stamm Oa“ (auch: „Stamm S“) des Bankhauses O an. Mit ihr hat er vier heute erwachsene Kinder.
9Seine berufliche Laufbahn begann der Angeklagte 1976 bei der V13 Bank AG in Frankfurt. Dort betreute er im Firmenkundengeschäft Tochterunternehmen amerikanischer Konzerne in Deutschland. 1979 wechselte er in die Hauptverwaltung der Bank in New York. Hier war er für die Betreuung von Tochterunternehmen deutscher Konzerne in den USA zuständig.
101981 wechselte der Angeklagte zur V14 New York als stellvertretender Direktor für das Private Banking in Europa.
111984 war der „Stamm Oa“ bestrebt, seine Nachfolge im Bankhaus O zu sichern. Er einigte sich darauf, den Angeklagten als ihren Vertreter in das Bankhaus zu entsenden. Daraufhin trat er in diesem Jahr in das Bankhaus ein, zunächst als Prokurist in der Anlage- und Vermögensberatung in Köln.
121986 wurde der Angeklagte zum persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses ernannt. In dieser Funktion leitete er zunächst dessen Frankfurter Niederlassung. 1991 kehrte er an den Hauptsitz der Bank nach Köln zurück und übernahm die Leitung des Bereichs Privatkunden und der damit insbesondere verbundenen Immobilienaktivitäten.
131998 wurde der Angeklagte Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses. Nach Verlagerung der Konzernspitze des Bankhauses nach Luxemburg wurde er im Jahr 2007 auch Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter der dortigen Konzernobergesellschaft. Seit Januar 2005 war der Angeklagte zudem Vorsitzender des Vorstandes der X28-Bank AG (im Folgenden: X28-Bank) in Frankfurt, die in diesem Jahr durch das Bankhaus O übernommen worden war. Während seiner Zeit bei O nahm der Angeklagte zudem weitere bankgruppeninterne und -externe Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmandate wahr.
14Ende 2009 trat der Angeklagte von allen Ämtern zurück, nachdem das Bankhaus O durch die V11 übernommen worden war. Seither ist er nicht mehr berufstätig.
15Seinen Lebensunterhalt bestreitet der Angeklagte heute im Wesentlichen aus Zuflüssen aus von ihm gehaltenen Beteiligungen an O-E-Immobilienfonds. Unter Berücksichtigung hiermit im Zusammenhang stehender Darlehensrückzahlungsverpflichtungen erzielt er aus diesen Beteiligungen ein jährliches Netto-Einkommen von rund 100.000 €.
16Im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden aus dem Bankhaus O befindet sich der Angeklagte K in verschiedenen, teilweise bereits zivilgerichtlich anhängigen Rechtsstreitigkeiten. Er strebt eine einvernehmliche Gesamteinigung mit der Bank an. Zu einer solchen ist es bislang noch nicht gekommen.
17Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
II. Angeklagter O
18Der Angeklagte wurde 1965 in Köln geboren. Er hat zwei Schwestern. Seine Familie gehört dem „Stamm Ob“ des Bankhauses O an. Dieser wird auch – nach dem Standort des von dem Angeklagten bis heute bewohnten Hauses der Familie – als „Stamm L-Straße “ bezeichnet. Der Vater des Angeklagten, Oc, war bereits bei der Geburt des Angeklagten persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses. Aus diesem Grund kam der Angeklagte bereits frühzeitig mit dem Bankhaus unmittelbar in Berührung.
19Der Angeklagte machte 1984 in Köln Abitur. Danach war er zwei Jahre lang bei der Bundeswehr.
20Im Anschluss absolvierte er eine Banklehre bei der V12 Privatbank in Hamburg. Nach deren Abschluss besuchte er 1988 einen Managementkurs an der Graduate School of Business Administration (GSBA) in Zürich. Einen universitären Abschluss hat der Angeklagte nicht.
21Noch 1988 trat er erstmals beruflich in das Bankhaus O ein. Er arbeitete für eine kleinere, in New York ansässige Wertpapierhandelstochtergesellschaft als Analyst. Auch absolvierte er in dieser Zeit eine Brokerprüfung.
221990 trat er in die V14 New York ein. Dort machte er eine Ausbildung zum Financial Analyst. Danach arbeitete er dort bis 1993 in der Abteilung Internationales Private Banking.
231993 wechselte der Angeklagte zur O Niederlassung in Frankfurt am Main. In diesem Jahr endete auch die Tätigkeit seines Vaters als persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses. Dieser wurde nun Vorsitzender des Aktionärsausschusses und des Aufsichtsrats. Der Angeklagte begann als Prokurist im Geschäftsbereich Private Banking. Dieser wurde damals durch den Angeklagten K geleitet. Die Aufgabe des Angeklagten O bestand u.a. darin, das „O-E-Geschäft“ im Bankhaus zu begleiten. Im Jahr 1993 war O eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an diesem vom Angeklagten E initiierten Geschäft eingegangen. Die enge Zusammenarbeit des Bankhauses mit dem Angeklagten E ging wesentlich auf Oc, den Vater des Angeklagten O, zurück. Der Angeklagte wurde 1996 Direktor und 1997 Bereichsleiter im Bereich Private Banking.
24In den Jahren 1998 und 1999 arbeitete der Angeklagte für einige Monate als Wirtschaftsexperte in einem Planungsstab des Auswärtigen Amtes.
25Im Jahr 2000 wurde der Angeklagte persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses O. Zunächst verantwortete er den Bereich Private Banking gemeinsam mit dem persönlich haftenden Gesellschafter Z3. Nach dessen Ausscheiden Ende 2003 verantwortete der Angeklagte diesen Bereich alleine. Mit dem Ausscheiden des Zeugen C7 als persönlich haftender Gesellschafter ab dem Jahr 2007 übernahm der Angeklagte zudem den bis dahin von diesem verantworteten Bereich des Asset Managements. Damit war der gesamte Bereich Vermögensverwaltung des Bankhauses O dem Angeklagten zugewiesen. Diese Zuständigkeit übernahm er nach Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg auch als persönlich haftender Gesellschafter der neuen Konzernobergesellschaft.
26Nach Übernahme des Bankhauses durch die V11 schied der Angeklagte Anfang 2010 als persönlich haftender Gesellschafter aus. Bis 2012 war er auf der Grundlage eines Beratervertrages mit der V11 aus Köln heraus damit befasst, die Integration von O in die V11 mit zu begleiten. Außerdem übernahm der Angeklagte im Jahr 2010 den Vorsitz des Gesellschafterpools des Bankhauses. Diese Position hat er bis heute inne. Seine wesentliche Aufgabe bestand bzw. besteht in der Verhandlung und Abwicklung des Rahmenvertrages zwischen den Altgesellschaftern des Bankhauses und der V11.
27Berufstätig ist der Angeklagte derzeit nicht.
28Im Zuge seines Ausscheidens aus dem Bankhaus findet zwischen diesem und dem Angeklagten ein komplexes Verfahren zum Ausgleich offener Forderungen statt. In dessen Rahmen werden die vorhandenen Aktiva des Angeklagten vollständig eingesetzt. Abgeschlossen ist das Verfahren noch nicht. Die Kosten seiner laufenden Lebensführung bestreitet der Angeklagte derzeit aus vorhandenen Guthaben unter Einhaltung eines Finanzplans, den das Bankhaus überwacht. Regelmäßige monatliche Einkünfte hat der Angeklagte nicht. Aus Einkünften seiner Ehefrau stehen ihm und der Familie allerdings rund 500.000 € jährlich (netto) zur Verfügung.
29Der Angeklagte ist seit 19 Jahren verheiratet. Er hat zwei Söhne im Alter von 13 und 18 Jahren.
30Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
III. Angeklagter J
31Der Angeklagte J wurde 1944 als zweiter Sohn seiner Eltern in I3 (Schlesien) geboren. Dort hielt sich zu dieser Zeit die ansonsten in Berlin lebende Familie aufgrund der Tätigkeit des Vaters des Angeklagten als Berufssoldat auf. Dieser geriet in der Folge in Kriegsgefangenschaft. Die restliche Familie des Angeklagten zog daraufhin nach Krefeld, wo die Familie seines Vaters lebte.
32Der Angeklagte machte dort 1963 Abitur. Danach studierte er in Köln Betriebswirtschaftslehre. Das Studium schloss er 1967 als Diplom-Kaufmann ab.
33Der Angeklagte begann 1968 eine Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der X2 Treuhandgesellschaft, die später in der Q41 aufging. 1972 legte er das Steuerberater-, 1973 das Wirtschaftsprüferexamen ab.
34Zwischen 1974 und 1982 war der Angeklagte Partner einer Kölner Sozietät aus Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern. 1983 trat er in den Vorstand der Q41 in Köln ein. In dieser Funktion betreute er neben dem Auslandsgeschäft große Handelsunternehmen, darunter die Y17-Gruppe.
351990 wurde der Angeklagte unter Aufgabe seiner vorherigen Tätigkeiten in den Vorstand der Y17 Holding AG berufen. Zuständig war er dort für den Personal- und den Dienstleistungsbereich, zu dem auch die Betreuung der Konzernimmobilien gehörte. Diese Tätigkeit übte er bis 1994 aus.
36Danach wurde er wieder als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zugelassen. Im Herbst 1994 wurde er in die Führung der D5 Gruppe in Deutschland berufen. 1997 wurde er dort zum Leiter der europäischen Wirtschaftsprüferabteilung bestellt und in das Partnerboard der internationalen D5 Gruppe gewählt. Dort blieb er bis zur Fusion der deutschen D5 Gruppe mit D8 & D9 im Jahre 2002. In den Vorstand der fusionierten Gesellschaft trat er nicht ein. Stattdessen wurde er bis Juni 2007 Mitglied des Aufsichtsrates von D8 & D9.
37Ab dem Jahr 2002 wollte der Angeklagte mit Blick auf sein Alter eigentlich keiner aktiven beruflichen Tätigkeit mehr nachgehen. Durch einen damaligen persönlich haftenden Gesellschafter, den Zeugen N2, wurde ihm jedoch eine Anstellung beim Bankhaus O als Generalbevollmächtigter angetragen. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 nahm der Angeklagte dieses Angebot an. Diese Funktion beinhaltete die Befassung mit der Entwicklung von Konzepten, die dem Ziel dienten, der Bank weitere Kunden zu gewinnen. Hierzu gründete er eine Stabsabteilung, in der Vertreter verschiedener Bereiche der Bank zusammenarbeiteten.
38Im Herbst 2003 wurde dem Angeklagten der Eintritt als persönlich haftender Gesellschafter angeboten. Dieses Angebot nahm er mit Wirkung zum Jahresbeginn 2004 an. Zuständig war er im Wesentlichen für die Marktfolgebereiche Risk Management und Bankbetrieb. Diese Aufgaben übernahm er nach der Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg im Jahr 2007 auch als persönlich haftender Gesellschafter der dortigen Konzernobergesellschaft.
39Nach der Übernahme des Bankhauses durch die V11 schied der Angeklagte Anfang 2010 aus seinen Ämtern bei O aus. Seitdem ist er nicht mehr berufstätig.
40Seinen Lebensunterhalt – zu dem insbesondere auch Aufwendungen für verschiedene Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit bei O gehören – bestreitet der Angeklagte aus Altersversorgungsbezügen, die jährlich bei ca. 135.000,00 € liegen. Hinzu kommen Zuflüsse aus Vermögen, auch aus Vermietung und Verpachtung. Unter deren Einbeziehung beläuft sich das jährliche Einkommen des Angeklagten auf rund 300.000,00 €.
41Der Angeklagte ist seit vierzig Jahren verheiratet. Das Paar hat eine gemeinsame erwachsene Tochter.
42Vorbestraft ist der Angeklagte nicht.
IV. Angeklagter P
43Der Angeklagte wurde 1952 in I4 geboren.
44Er studierte in München Betriebswirtschaft. Das Studium schloss er 1979 als Diplom-Kaufmann ab.
45Im selben Jahr trat er in die V14 Deutschland ein. 1991 wurde er in die Geschäftsführung der V14 N.A., Filiale Frankfurt am Main, berufen. 1994 wurde er zum Mitglied des Vorstandes der V14 AG ernannt.
461996 wurde er auf einen Wechsel zum Bankhaus O angesprochen. Noch im gleichen Jahr wurde er dort persönlich haftender Gesellschafter. Zunächst leitete er den Bereich Financial Markets in Frankfurt am Main. Einige Jahre später verantwortete er dann die Gesamtleitung des neu formierten Bereichs Investment Banking in Frankfurt. Diese Zuständigkeit hatte er nach der Konzernverlagerung nach Luxemburg im Jahr 2007 auch als persönlich haftender Gesellschafter der dortigen Konzernobergesellschaft.
47Zeitweise, darunter im Jahr 2008, vertrat der Angeklagte die Privatbanken im Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Banken.
48Nach der Übernahme des Bankhauses durch die V11 schied der Angeklagte bei O Anfang 2010 aus. Seitdem arbeitet er als freiberuflicher Berater. Kern dieser Tätigkeit ist die Beratung von institutionellen Anlegern bei der Suche nach geeigneten Investitionsmöglichkeiten. Aus dieser Tätigkeit sowie aus Vermietungs- und Kapitaleinkünften erzielte der Angeklagte zuletzt ein jährliches Netto-Einkommen von rund 500.000,00 €.
49Der Angeklagte ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter.
50Er ist nicht vorbestraft.
V. Angeklagter E
51Der Angeklagte E wurde 1956 in T geboren. Er hat einen zwölf Jahre älteren Bruder, den Zeugen Eg. Seit 1989 ist er mit seiner Frau Ea verheiratet. Er hat keine Kinder.
52Nach Abschluss der Volksschule in Sieglar machte er von 1971 bis 1974 eine Lehre als Maurer in der familieneigenen, durch seinen Großvater gegründeten und nach dessen Tod durch seinen Vater fortgeführten Bauunternehmung, die heute als Eb Bauunternehmung für Hochbau, Beton- und Stahlbetonbau mbH firmiert. Hier sind noch heute der Bruder des Angeklagten und dessen Sohn, der Zeuge Ec, tätig. 1974 legte der Angeklagte die Gesellenprüfung ab. In diesem Jahr gründete der Angeklagte auch sein erstes eigenes Unternehmen, das auf dem Gebiet des schlüsselfertigen Bauens tätig war.
53Von 1974 bis 1979 war der Angeklagte Maurergeselle. Die Meisterprüfung im Maurerhandwerk legte er 1980 ab. Parallel zu seiner Maurergesellenzeit erarbeitete er sich im Selbststudium die kaufmännischen, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Grundkenntnisse, die er für seine Tätigkeit im Baubereich für erforderlich erachtete.
541981 gründete er die Firmen E Gesellschaft für schlüsselfertiges Bauen mbH (jetzt E Fonds-Projekt GmbH) und die Firma Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH. Diese entwickelten und realisierten Projekte im sogenannten Bauherrenmodell.
55Im Rahmen dieser Tätigkeiten machte er auf einem Zahnärztekongress Bekanntschaft mit dem damaligen Direktor der Abteilung Vermögensverwaltung des Bankhauses O. Der Kontakt zum Bankhaus intensivierte sich in der Folge. Nach anfänglich gemeinsam mit der Y12 – die damals noch zu O gehörte – durchgeführten Projekten bot Oc, der Vater des Angeklagten O, dem Angeklagten E Ende der 1980er Jahre eine intensivere Zusammenarbeit mit O bei der Auflage von Immobilieninvestments an. Zu dieser kam es in der Folge auch. Sie führte ab 1993 zu einer auch gesellschaftsrechtlichen Verflechtung des Bankhauses mit dem Angeklagten E bzw. dessen Familie. Diese mündete in einer jeweils hälftigen Beteiligung der Bank und der Familie E (der Angeklagte E, seine Ehefrau und sein Bruder) an der O-E Holding GbR, unter der die durch den Angeklagten E gegründeten und betriebenen Firmen sowie der elterliche Betrieb aufgehängt waren.
56In den Folgejahren realisierte der Angeklagte E mit dem Bankhaus zahlreiche Immobilienfonds für vermögende Privatkunden und Gesellschafter des Bankhauses. Nach der Übernahme des Bankhauses durch die V11 im Jahr 2009/2010 endete diese Zusammenarbeit.
57Heute ist der Angeklagte Geschäftsführer und mit seinem Bruder und seiner Ehefrau weiterhin 50%-iger Gesellschafter der O-E Holding GbR sowie Geschäftsführer von deren Tochtergesellschaften. Außerdem ist er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der 2011 gegründeten E Bau GmbH und alleiniger Kommanditist der E Bau GmbH & Co. KG sowie Gesellschafter und Mitgeschäftsführer der ebenfalls 2011 gegründeten Y13 Gesellschaft für Planen, Bauen, Wohnen GmbH und der Y13 Gesellschaft für Immobiliendienstleistungen GmbH. Schließlich ist er Gesellschafter und Geschäftsführer einer Vielzahl von Immobilienfonds bzw. Grundstücksgesellschaften.
58Der Angeklagte E erzielt aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalerträgen im Jahr 2015 voraussichtlich ein Netto-Einkommen in Höhe von 2.009.268,00 €.
59Seine Ehefrau bezieht im Jahr 2015 eine jährliche Rente in Höhe von 2.000,00 € sowie Kapitalerträge in gleichem Umfang. Sie hat demgegenüber – ganz überwiegend aus von ihr gezeichneten Immobilienbeteiligungen resultierende – negative Einkünfte in Höhe von 502.000,00 €.
60Vorbestraft ist der Angeklagte nicht.
61- B.
62
Überblick über die Feststellungen
Gegenstand des Urteils sind betreffend die Angeklagten K, O, J und P von ihnen in ihrer Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafter des Bankhauses O im Jahr 2008 getätigte Geschäfte. Dies sind zum einen eine Beteiligungsnahme und Kreditvergabe des Bankhauses an der bzw. an die X1 AG (D.). Zum anderen handelt es sich um die Übernahme von 94,9 % der Anteile an einer Grundstücksgesellschaft (Frankfurt B-Straße GbR) durch das Bankhaus (E.). Im Übrigen ist das Verfahren gegen sie nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
64Betreffend den Angeklagten E liegt dem Urteil unter Berücksichtigung erfolgter Verfahrensbeschränkungen bzw. -einstellungen nach §§ 154 Abs. 2, 154a Abs. 2 StPO die wiederholte Vergabe von Krediten durch eine GmbH (die E- Y14 Dienstleistungen GmbH, später firmierend als Y14 GmbH), deren Geschäftsführer er war, zu Grunde (F.). Soweit dem Angeklagten E mit der zugelassenen Anklage im Komplex B-Straße eine Beihilfe zur Untreue vorgeworfen worden war, ist das Verfahren nach § 153a Abs. 1 u. 2 StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages von insgesamt sechs Mio. € endgültig eingestellt worden.
65Zum Verständnis des Geschehensablaufes und der Taten, deren rechtlicher Bewertung sowie des Umfeldes, innerhalb dessen sie begangen wurden, ist vor dem eigentlichen Tatgeschehen zunächst die Verfasstheit des Bankhauses einschließlich der O-E Gruppe darzustellen (C.).
66- C.
67
Die Struktur des Bankhauses O
I. Die Struktur des Bankhauses vor Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg zum 1. Juli 2007
68Das Bankhaus O wurde 1789 gegründet. Es befand sich bis zum Verkauf der Anteile im Jahr 2010 an die V11 AG durchgängig in Familienbesitz. Im Jahr 1989 veräußerte das Bankhaus seine Beteiligung an der Y12-Versicherung. Aus dem Veräußerungserlös in Höhe von 4,2 Mrd. DM wurde eine Kapitalerhöhung der Bank in Höhe von 1 Mrd. DM vorgenommen, der Rest des Erlöses wurde in einem rechtlich von der Bank unabhängigen Konsortium verwaltet (s. hierzu unten (4)). Nach der Veräußerung der Beteiligung an der Y12-Versicherung wurde das Bankhaus seit 1990 in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien unter der Firma „O jr. & Cie. KGaA“ (im Folgenden: SOP oder KGaA) mit Sitz in Köln betrieben. Die KGaA fungierte zugleich als Konzernobergesellschaft. Das Unternehmen war nicht börsennotiert, die Aktien wurde von einem Gesellschafterkreis von ca. 40 Gesellschaftern gehalten (s. hierzu unten (2)).
69Die Satzung von SOP sah in ihrem § 2 als Gegenstand des Unternehmens die Erledigung von Bankgeschäften aller Art vor, insbesondere die Übernahme und Fortführung des zuvor in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft unter der Firma O jr. & Cie. betriebenen und seit 1789 bestehenden Bankgeschäfts (Abs. 1). Die Kerngeschäftsfelder der Privatbank waren seit den späten 1990er Jahren die Vermögensverwaltung für private und institutionelle Anleger sowie das Investmentbanking.
70§ 6 der Satzung sah als Organe der Gesellschaft die persönlich haftenden Gesellschafter, den Aktionärsausschuss, den Aufsichtsrat und die Hauptversammlung vor.
(1) Persönlich haftende Gesellschafter
71Seit Anfang 2004 waren persönlich haftende Gesellschafter von SOP die Angeklagten K (im Folgenden: K), O (im Folgenden: O), P und J sowie der gesondert verfolgte Zeuge C7. Die Angeklagten K und O gehörten verschiedenen Stämmen der das Bankhaus von jeher tragenden Familie an (dazu im Einzelnen unten (2)). Bei den übrigen persönlich haftenden Gesellschaftern war das nicht der Fall.
72Zu den persönlich haftenden Gesellschaftern traf die Satzung von SOP auszugsweise folgende Regelungen:
73„§ 7 Persönlich haftende Gesellschafter
74[…]
75(2): Die persönlich haftenden Gesellschafter erbringen keine Vermögenseinlage.
76§ 9 Geschäftsführung und Vertretung
77(1): Jeder persönlich haftende Gesellschafter ist gleichberechtigt neben den übrigen persönlich haftenden Gesellschaftern zur alleinigen und selbständigen Vertretung der Gesellschaft nach außen berechtigt.
78(2): Die persönlich haftenden Gesellschafter führen die Geschäfte der Gesellschaft gemeinsam. Sie geben sich einstimmig eine Geschäftsordnung, in der sie zugleich die Geschäftsverteilung festlegen.
79§10 Verhältnis zwischen persönlich haftenden Gesellschaftern und Gesellschaft
80(1): Die vertraglichen Beziehungen der persönlich haftenden Gesellschafter zur Gesellschaft einschließlich der Regelung der jedem persönlich haftenden Gesellschafter zustehenden Tätigkeitsvergütung sowie seiner Gewinnbeteiligung werden in einer zwischen dem persönlich haftenden Gesellschafter einerseits und dem Aktionärsausschuss andererseits zu treffenden Vereinbarung festgelegt. Die Gewinnbeteiligungen dürfen für alle persönlich haftenden Gesellschafter zusammen 30 % des Jahresüberschusses vor Abzug der Gewinnbeteiligungen nicht übersteigen.
81(2): Auch die Vereinbarungen über die Zusage von Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung werden zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und dem Aktionärsausschuß getroffen.
82(3): Alle Bezüge, welche die persönlich haftenden Gesellschafter für ihre Geschäftsführungstätigkeit erhalten, gelten – ungeachtet etwa abweichender steuerlicher Vorschriften – im Verhältnis zu den Kommanditaktionären als Aufwand der Gesellschaft.“
83Im Abschnitt über den Aktionärsausschuss hieß es weiter:
84„§ 12 Aufgaben des Aktionärsausschusses
85(…)
86(2): Der Aktionärsausschuß sowie sämtliche persönlich haftende Gesellschafter können gemeinsam festlegen, dass die persönlich haftenden Gesellschafter zu bestimmten Arten von Geschäften, die über den Rahmen des üblichen Bankgeschäfts hinausgehen, der Zustimmung des Aktionärsaussschusses bedürfen.“
87Die auf der Grundlage von § 10 der Satzung geschlossenen, jeweils inhaltlich gleichlautenden Teilhaberverträge der persönlich haftenden Gesellschafter mit SOP sahen in ihrem § 1 vor:
88„
89(1) Der Teilhaber ist gleichberechtigt neben den übrigen persönlich haftenden Gesellschaftern zur alleinigen und selbständigen Vertretung der Gesellschaft nach außen berechtigt.
90(2) Der Teilhaber führt die Geschäfte der Gesellschaft gemeinschaftlich mit den übrigen persönlich haftenden Gesellschaftern nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft sowie der Geschäftsordnung, in der die Geschäftsverteilung festgelegt ist.“
91§ 2 der Teilhaberverträge lautete:
92„§ 2 Interne Geschäftsführung
93(1) Die nachfolgenden Geschäfte bedürfen – unbeschadet der im Gesetz oder in der Satzung des Bankhauses vorgesehenen Zustimmung bzw. Mitwirkung anderer Organe des Bankhauses – der gemeinschaftlichen Beratung sowie der einstimmigen Beschlussfassung sämtlicher persönlich haftender Gesellschafter:
94a) die Verteilung der Aufgaben unter den persönlich haftenden Gesellschaftern sowie die Festlegung und Änderung der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung; sofern die persönlich haftenden Gesellschafter in einem der genannten Punkte innerhalb angemessener Frist keine Einigung erzielen, entscheidet der Aktionärsausschuss – gegebenenfalls der vom Aktionärsausschuss hierfür besonders ermächtigte Vorsitzende – mit verbindlicher Wirkung für alle Beteiligten;
95b) alle Geschäfte, durch die die Struktur, die Risiken und die Liquidität des Bankhauses nicht unerheblich berührt werden;
96c) alle Kreditgewährungen, die nach den Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG) in der jeweils gültigen Fassung der gemeinsamen Beschlussfassung sämtlicher Geschäftsleiter bedürfen (Großkredite, Organkredite)
97d) die Übernahme sowie die Niederlegung eines Aufsichtsrats- oder Beiratsmandates sowie wichtiger Ehrenämter.
98(2) Im Übrigen richten sich die Aufteilung der internen Zuständigkeiten und Verantwortungen sowie die wechselseitigen Mitwirkungs- und Informationsrechte und –pflichten der Teilhaber nach der im Rahmen des Pool-Vertrages sowie der Sonstigen Vereinbarungen einstimmig festzulegenden Geschäftsordnung (derzeit IBZED-Codes).“
99§ 3 Abs. 2 d) bestimmte:
100„Der Teilhaber darf ohne Zustimmung der übrigen persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses sowie des Aktionärsausschusses sowohl im Bereich seiner Tätigkeit für das Bankhaus als auch im persönlichen Bereich keine spekulativ betriebenen Geschäfte tätigen.“
101In ihrem § 4 sahen die Teilhaberverträge für die Tätigkeit der persönlich haftenden Gesellschafter ab dem Jahr 2004 eine rein gewinnabhängige Vergütung in Form des sog. Vorabgewinns vor. Bemessungsgrundlage für dessen Ermittlung war der Gewinn der Gesellschaft vor Körperschaftssteuerbelastung und nach Abzug eines Betrages von 5 % des in der Bilanz zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres vorhandenen Eigenkapitals. Der Vorabgewinn betrug – unter Beachtung der Obergrenze des § 10 Abs. 1 der Satzung – für alle persönlich haftenden Gesellschafter zusammen im Grundsatz 30 % dieser Bemessungsgrundlage. Jeder persönlich haftende Gesellschafter erhielt eine in zwölf gleichen Raten zum Anfang eines jeden Kalendermonats gutgeschriebene jährliche Vorauszahlung auf den Vorabgewinn. Diese wurde auf den auf den Teilhaber entfallenen Anteil an dem auf das abgelaufene Geschäftsjahr entfallenden Vorabgewinn angerechnet. In Verlustjahren musste die Vorauszahlung zurück erstattet werden.
102Die Geschäftsverteilung der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt:
103In den Jahren 2004 bis 2007 waren dem Angeklagten O und dem gesondert verfolgten Zeugen C7 der Bereich „Vermögensverwaltung“ zugewiesen. Dieser unterfiel im Sinne der bankaufsichtsrechtlichen Terminologie dem Marktbereich des Bankhauses. Er war unterteilt in den vom Zeugen C7 geleiteten Bereich „Asset Management“ und den dem Angeklagten O zugewiesenen Bereich „Private Banking“. Zu Letzterem gehörte insbesondere auch die Kredit- und Kundenbetreuung bei den sog. O-E-Investments (s. hierzu im Einzelnen unten III.).
104Den ebenfalls der Marktseite zuzurechnenden Bereich „Investment Banking“ verantwortete der Angeklagte P. Dieser wurde primär nicht von Köln, sondern von Frankfurt a.M. aus geleitet, so dass der Angeklagte P einen Großteil seiner Arbeitszeit dort verbrachte.
105Die der Marktfolgeseite zuzurechnenden Bereiche „Risk Management“, „Bankbetrieb“ und (jedenfalls ab 2006) „Beteiligungen“ verantwortete der Angeklagten J. Diesem Ressort unterfielen insbesondere die Kreditrisikoabteilung („CRM“), das Beteiligungscontrolling, der Bereich Finanzen, die Revision sowie die Abteilung Recht und Steuern. Zum Bereich „Bankbetrieb“ gehörte auch das „Facility Management“. Dieses betraf die allgemeine „hausmeisterliche“ Verwaltung der durch das Bankhaus selbst genutzten Liegenschaften, unabhängig davon, ob diese im Eigentum der Bank standen oder angemietet waren. Dem Ressort des Angeklagten J unterfiel auch das Meldewesen gegenüber der Bankenaufsicht.
106Der Angeklagte K war Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter. Ihm waren vor allem übergreifende Themengebiete zugewiesen. So oblag ihm die Kommunikation der Bank nach innen (insbesondere gegenüber den Kommanditaktionären, den Gremien und den Mitarbeitern) und nach außen (Presse, Öffentlichkeitsarbeit, PR). Er war darüber hinaus für einzelne „sonstige Tochtergesellschaften und Beteiligungsgesellschaften“, insbesondere die O-E Holding GbR und die O Immobilientreuhand GmbH zuständig. Zum Angeklagten E verband den Angeklagten K zudem ein freundschaftliches Verhältnis.
107Im Bankhaus wurden die – der traditionellen „Bankfamilie“ (s. hierzu im Einzelnen unten (2)) angehörigen – Angeklagten K und O als die für den „Bereich E“ primär zuständigen persönlich haftenden Gesellschafter angesehen. Sie sollten das Interesse des Bankhauses in diesem Bereich vor allem auch dadurch vertreten, dass sie Organstellungen innerhalb der O-E Gruppe – der Angeklagte K als Mitgeschäftsführer der O-E-Holding GbR, der Angeklagten O als Mitgeschäftsführer von deren Tochtergesellschaften (vgl. im Einzelnen unten III.) – innehatten. Über diese Organstellungen sollte maßgeblich die Kontrolle des gemeinsamen Geschäfts im Interesse des Bankhauses erfolgen. Mitarbeiter aus Fachabteilungen, die nicht den Ressorts der Angeklagten K und O unterfielen, empfanden die gesamte Verbindung des Bankhauses zum Bereich des Angeklagten E als Besonderheit. Er wurde als praktisch „autark“, gar als „Closed Shop“ der traditionellen Bankfamilie und maßgeblich der beiden dieser angehörenden persönlich haftenden Gesellschafter wahrgenommen. Informationen aus diesem Bereich flossen nur eingeschränkt in andere Fachabteilungen, gerade auch solche aus dem Zuständigkeitsbereich des Angeklagten J. So wurde etwa selbst der Internen Revision der Wunsch nach einer Prüfung dieses Geschäftsbereichs wiederholt verwehrt, zuletzt durch den Angeklagten J.
108Die Geschäftsordnung der persönlich haftenden Gesellschafter von SOP in der Fassung vom 10. Januar 2005 sah auszugsweise folgende Regelungen vor:
109„§ 1: Die persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses O jr. & Cie. KGaA führen die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, insbesondere des KWG, der Satzung der Gesellschaft, des Teilhabervertrages, des EZI-Codes über das Zusammenwirken mit dem Aktionärsausschußvorsitzenden sowie dieser Geschäftsordnung, in gemeinsamer partnerschaftlicher Verantwortung. Diese Geschäftsordnung verpflichtet die persönlich haftenden Gesellschafter (PHG) insbesondere, sich fortlaufend gegenseitig über alle wichtigen Geschäftsvorfälle zu unterrichten.
110§ 2 Geschäftsführung:
111-
112
1. Die PHG geben sich durch einstimmigen Beschluß einen Geschäftsverteilungsplan, der die Erst- und Vertretungszuständigkeiten der PHG regelt und der, insbesondere wo es gesetzliche Anforderungen nötig machen, auch die Vertretungsregellung auf die zweite Ebene überträgt.
-
113
2. Unbeschadet der Zuständigkeit und der Verantwortlichkeiten aufgrund des Geschäftsverteilungsplanes ist jeder PHG für die Führung des gesamten Geschäftes der Gesellschaft verantwortlich. Jeder PHG ist daher verpflichtet, bei schwerwiegenden Bedenken eine Beschlußfassung herbeizuführen, wenn seine Bedenken nicht durch eine Aussprache mit dem jeweils Erstverantwortlichen behoben werden konnten. Die PHG des Bankhauses O jr. & Cie. KGaA entscheiden einstimmig, d.h. bei einer Gegenstimme gilt der zu entscheidende Vorgang als abgelehnt.
-
114
3. Der PHG, der das Risikomanagement verantwortet, nimmt diese Funktion als Konzernrisikomanager für den gesamten Konzern wahr.
-
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4. Eine Entscheidung aller PHG ist erforderlich
a) bei Angelegenheiten, die aufgrund von Gesetzen, der Satzung, des Teilhabervertrages, der Geschäftsordnung oder eines Aktionärsausschußbeschlusses respektive Aufsichtsratsbeschlusses der Geschäftsleitung zugewiesen sind oder der Zustimmung des Aufsichtsrates, Aktionärsausschuß, oder der Hauptversammlung unterliegen;
117b) in grundsätzlichen Fragen der Unternehmensstruktur und Organisation sowie der Geschäftspolitik;
118c) in Angelegenheiten, die durch einen PHG zur Beschlußfassung vorgelegt werden;
119d) bei den in beigefügter Aufstellung mit E gekennzeichneten Geschäftsvorfällen.
120-
121
5. Die PHG führen gemeinschaftlich die in beigefügter Aufstellung mit „D“ gekennzeichneten Vorgänge durch.
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6. Von einem PHG entschiedene Vorgänge, die jedoch der Zustimmung aller PHG bedürfen, sind in beigefügter Aufstellung mit „Z“ gekennzeichnet.
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123
7. Der gemeinschaftlichen Beratung unterliegen die Geschäftsvorgänge, die in beigefügter Aufstellung mit „B“ gekennzeichnet sind.
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8. Informationspflichten des einzelnen PHG gegenüber den anderen PHG sind in beigefügter Aufstellung mit „I“ gekennzeichnet.
§ 3 Sprecher der Geschäftsleitung:
126Die PHG benennen einstimmig aus ihrer Mitte den „Sprecher der Geschäftsleitung“, der dem Aktionärsausschußvorsitzenden vorgeschlagen wird. Die Ernennung erfolgt durch den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses.
127Der Sprecher der Geschäftsleitung repräsentiert die PHG und die Gesellschaft gegenüber dem Aktionärsausschußvorsitzenden, Aufsichtsrat und der Öffentlichkeit. Er kann diese Aufgaben für bestimmte Arten von Angelegenheiten oder im Einzelfall auf einen anderen PHG übertragen. Der Sprecher der PHG koordiniert die Arbeit der PHG und beruft, soweit erforderlich, Sitzungen ein.
128§ 4 Beschlußfassung der Geschäftsleitung:
129-
130
1. Die PHG fassen ihre Beschlüsse grundsätzlich in Sitzungen. Diese finden in der Regel zweiwöchentlich in Präsenz an einem festgelegten Tag statt. Jeweils in der dazwischenliegenden Woche findet eine Telefonkonferenz statt. Einer besonderen Einberufung bedarf es nicht. Jeder PHG kann unter Mitteilung des Beratungsgegenstandes die Einberufung einer Sitzung verlangen. Über die Angelegenheit, die zur Zuständigkeit eines abwesenden PHG gehören, sollen (Anm.: gemeint offenbar „soll“) nur in dringenden Ausnahmefällen beraten und entschieden werden.
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131
2. Die Sitzungen werden vom Sprecher der PHG geleitet.
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3. Beschlüsse werden einstimmig gefaßt. Bei Abwesenheit eines PHG wird dieser telefonisch hinzugezogen.
-
133
4. Beschlüsse können auch schriftlich, telefonisch oder auf sonstigem Wege der Telekommunikation gefaßt werden, wenn kein PHG diesem Verfahren widerspricht.
-
134
5. Niederschriften sind anzufertigen. Diese müssen zumindest den Tag der Sitzung bzw. der Beschlußfassung, die Teilnehmer sowie den Inhalt der gefaßten Beschlüsse enthalten. Die Niederschrift ist sämtlichen PHG zuzuleiten, also auch denen, die nicht an der Beschlußfassung teilgenommen haben. Die Niederschrift gilt als genehmigt, wenn in der nächsten, dem Zugang der Niederschrift folgenden Sitzung kein PHG widerspricht.
§ 5 Kredit- und Beteiligungsgeschäft:
136Die PHG regeln durch einstimmig verabschiedete Richtlinien die Kompetenzen und Berichtspflichten im Kredit- und Beteiligungsgeschäft.
137§ 8 Entscheidungs-, Zustimmungs- und Informationsregeln gegenüber dem Aktionärsausschußvorsitzenden:
138Details hierzu sind in der jeweilig gültigen Fassung des EZI-Codes geregelt.“
139Zu § 2 der obigen Geschäftsordnung hatten die persönlich haftenden Gesellschafter eine Definition der „beratungs- (B)/zustimmungs- (Z)/informations- (I)/durchführungs- (D)/entscheidungspflichtigen (E) („IBZED“) Geschäftsvorgänge der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander“ beschlossen. Diese kennzeichnete unter Ziff. 2 („Strategische Entscheidungen“) „Standortentscheidungen“ (Ziff. 2.4) sowie den „Kauf oder Verkauf von Beteiligungen/Joint-venture/Grundstücken ab € 10 Mio.“ (Ziff. 2.5) mit einem „E“. Derartige Maßnahmen bedurften mithin einer gemeinsamen Entscheidung aller persönlich haftenden Gesellschafter.
140Zu § 8 der Geschäftsordnung hatten die persönlich haftenden Gesellschafter mit dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Aktionärsausschusses – allerdings ohne Einbeziehung von dessen übrigen Mitgliedern - einen sogenannten EZI-Code vereinbart. Dieser kennzeichnete zum Stand 1. März 2005 unter der Überschrift „Zusammenwirken der PHG gegenüber dem Aktionärsausschußvorsitzenden: Sachverhalte innerhalb SOP“ – und damit in Abgrenzung zu Sachverhalten innerhalb der zum 1. Januar 2005 durch die O Beteiligungs-AG, einer 100%igen Tochtergesellschaft der KGaA, erworbenen X28-Bank – unter Ziff. 2 („Strategische Entscheidungen“) „Standortentscheidungen“ (Ziff. 2.3) mit einem „I“ sowie den „Kauf oder Verkauf von Beteiligungen/Joint-venture/Grundstücken über € 25 Mio.“ (Ziff. 2.4) mit einem „Z“. Die in der Auflistung verwendeten Buchstaben waren wie folgt definiert:
141„E = Entscheidungseinholung
142Z = Zustimmung
143I = Information“
144Der EZI-Code für den „Teilbereich SOP“ zum Stand 13. Februar 2007 entsprach – soweit für das hiesige Verfahren relevant – den oben wiedergegebenen Bestimmungen zu Ziff. 2.
145Das für den Gesamtkonzern aufgestellte Kompetenztableau für Kreditentscheidungen sah zum Stand 1. März 2005 für Kreditvergaben durch SOP ab einer Größenordnung von 30 Mio. € bei Kreditnehmern mit guter Bonität („Investment Grade“ / „IG“) bzw. 15 Mio. € bei Kreditnehmern mit kritischer Bonität oder solchen, für die eine Bewertung bislang nicht vorlag („Non Investment Grade“ / „NIG“), eine Zustimmung aller persönlich haftenden Gesellschafter vor. Ab einem Kreditbetrag von 75 Mio. € (IG) bzw. 40 Mio. € (NIG) war zusätzlich die Information des Aktionärsausschussvorsitzenden vorgesehen. Dieser musste bei Krediten über 150 Mio. € (IG) bzw. 40 Mio. € (NIG) seine Genehmigung erteilten.
146Zum Stand 13. Februar 2007 legte das sogenannte Konzernkompetenztableau fest, dass für Kreditentscheidungen der KGaA zwischen 50 Mio. € und 100 Mio. € die Zustimmung der Partner für den Bereich Markt und Risikomanagement erforderlich war. Bei einer Größenordnung ab 100 Mio. € war zudem das Konzernbüro mit der Entscheidung zu befassen und die Zustimmung des Partnerkreditausschusses einzuholen. Bei dem Konzernbüro handelte es sich um eine Fachabteilung des Bereichs Risikomanagement, die die Kreditrisiken für den Gesamtkonzern, also mit Blick insbesondere auf die KGaA und die X28-Bank analysierte. Dem Partnerkreditausschuss gehörten alle persönlich haftenden Gesellschafter an. Beschlussfähig war er bereits, wenn die für das Risikomanagement, das Investment Banking und das Private Banking zuständigen persönlich haftenden Gesellschafter an der Entscheidung mitwirkten.
147Das Kompetenztableau bestimmte zum Stand 13. Februar 2007 ferner, dass ab einer Größenordnung von 75 Mio. € eine Information des Aktionärsausschussvorsitzenden stattzufinden und dieser stets ein „umfassendes Informations- und Auskunftsrecht auf Einzelengagementsebene“ hatte. Erforderliche Genehmigungen des Aktionärsausschussvorsitzenden waren nicht mehr vorgesehen.
(2) Kommanditaktionäre
(a) Gesellschafter-Pool
148Bis zur Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg wurde das in Stückaktien eingeteilte Grundkapital der KGaA vollständig vom in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verfassten Gesellschafter-Pool des Bankhauses O jr. & Cie. KGaA (im Folgenden: Gesellschafter-Pool) gehalten.
149Ausweislich der Präambel des Vertrages über die Bildung des Gesellschafter-Pools zum Stand 17. Dezember 2004 diente seine Errichtung der Bündelung der Interessen seiner Gesellschafter. Kein einzelner Gesellschafter sollte Gesellschaftsrechte isoliert gegenüber der Bank geltend machen können. Dies hatte vielmehr stets über den Pool zu erfolgen. Ziff. I. § 2 des Gesellschafter-Pool-Vertrages bestimmte, dass alle Aktien an der KGaA den Pool-Gesellschaftern zur gesamten Hand gehörten. Ein gesondertes Eigentum eines einzelnen Gesellschafters bestand danach nicht.
150Der Gesellschafterkreis setzte sich gem. I. § 6 des Gesellschafter-Pool-Vertrages aus vier Familienstämmen, die seit jeher das Bankhaus trugen, sowie weiteren Miteigentümern zusammen.
151Zum „Familienstamm Oa“ – der umgangssprachlich als „Stamm C12“ oder „Stamm S“ bezeichnet wurde - zählten u.a. der Angeklagte K, seine Ehefrau (die Zeugin Ka, im Folgenden: Ka), der Bruder seiner Ehefrau (der gesondert verfolgte Zeuge B.C12, im Folgenden: B.C12) sowie deren Mutter A.C12 (im Folgenden: A.C12).
152Dem „Familienstamm Dr. h.c. Ob“ – umgangssprachlich als „Stamm O“ oder „Stamm L-Straße “ bezeichnet – gehörten u.a. der Angeklagte O, sein Vater O (im Folgenden: Oc) sowie dessen Bruder, der Zeuge O (im Folgenden: Ob), an.
153Zum „Familienstamm Od“ zählte u.a. der Zeuge O (im Folgenden: Oe). Daneben bestand schließlich der „Familienstamm 1Q7“, dem 2Q7 und der Zeuge Q7 angehörten. Gem. I. § 6 Abs. 2 gehörten zu den Familienstämmen künftig auch die Ehegatten der genannten Personen, ihre Abkömmlinge sowie deren Ehegatten. I. § 6 Abs. 3 des Gesellschafter-Pool-Vertrages bestimmte, dass die Familienstämme durch jeweils einen Miteigentümer aus ihrer Mitte repräsentiert würden. Die zu einem Familienstamm gehörenden persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA waren in der Regel zugleich Repräsentant ihres Familienstammes innerhalb des Gesellschafter-Pools. II. § 1 des Gesellschafter-Pool-Vertrages sah vor, dass es die Gesellschafter „im Sinne der langjährigen Familientradition“ als „wünschenswert“ erachteten, wenn die vier Familienstämme „sämtlich in der Geschäftsführung des Bankhauses vertreten sind.“ Daneben sollte aber stets mindestens die Hälfte der persönlich haftenden Gesellschafter aus Persönlichkeiten bestehen, die nicht den Familienstämmen angehörten.
154Dem Pool gehörten neben den vier Familienstämmen zudem sog. Gruppen an. Diese gingen zum Großteil auf ehemalige, nicht aus den „Ursprungsfamilien“ kommenden persönlich haftende Gesellschafter des Bankhauses zurück. Ende 2004 handelte es sich im Einzelnen um die Gruppe „Dr. h.c. AB“ (später in der „AB u. AC Stiftung“ aufgegangen). Diese wurde von Mitgliedern des Stammes „Dr. h.c. Ob“ beherrscht. Weiter bestanden die Gruppe „„N4““, dessen Mitglied u.a. der Zeuge N4 war, die Gruppe „D4“, die Gruppe „Dr. D3“, dem u.a. die Zeugin N3 angehörte, sowie die Gruppe „Erben D7“. Der Gesellschaftsanteil der letztgenannten Gruppe wurde im Verhältnis zum Gesellschafter-Pool allein vom Zeugen Dr. Z7 (im Folgenden: Dr. Z7) im eigenen Namen gehalten. Die Mitglieder der Gruppe „D4“ schieden im Jahr 2006 aus dem Gesellschafter-Pool aus. Nach I. § 6 Abs. 5 gehörten zu den Gruppen zukünftig auch die Abkömmlinge der genannten Personen, bei Dr. h.c. AB seine Ehefrau sowie die „AB u. AC Stiftung“, bei D4 zudem ihr Ehemann.
155I. § 6 Abs. 7 des Gesellschafter-Pool-Vertrages bestimmte schließlich, dass persönlich haftende Gesellschafter der KGaA, die weder den Familienstämmen noch den Gruppen angehörten, durch Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit der insgesamt bestehenden Stimmen mit einer Beteiligung bis zu jeweils einem Prozent als Gesellschafter des Gesellschafter-Pools zugelassen würden. Die Dauer dieser Beteiligung war grundsätzlich auf die aktive Zeit als persönlich haftender Gesellschafter oder als Mitglied des Aktionärsausschusses von SOP beschränkt. Auf der Grundlage dieser Bestimmung waren die „familienfremden“ persönlich haftenden Gesellschafter, die Angeklagten J und P sowie der Zeuge C7, durch Erwerb von GbR-Anteilen zugleich Mitglieder des Gesellschafter-Pools geworden. §§ 11, 12 des Gesellschafter-Pool-Vertrages enthielten detaillierte und komplexe Regelungen zur Übertragung von Gesellschaftsanteilen zu Lebzeiten und durch Erbfolge.
156Im Einzelnen stellten sich die Beteiligungsverhältnisse am Gesellschafter-Pool in den Jahren 2005 bis 2007 wie folgt dar:
157 158 159 160Auf die Stämme „Oa“ und „Dr. h.c. Ob“ entfiel dabei jeweils eine Mehrheit von insgesamt mehr als 60 % der Anteile.
161Gem. I. § 8 Abs. 1 des Gesellschafter-Pool-Vertrages wurden Beschlüsse der Gesellschafter grundsätzlich in ordentlichen oder außerordentlichen Pool-Versammlungen gefasst. Nach Abs. 2 fand die ordentliche Pool-Versammlung jährlich vor der Hauptversammlung der KGaA statt, in der der Jahresabschluss der Gesellschaft festgestellt und über die Ergebnisverwendung Beschluss gefasst wurde. Außerordentliche Pool-Versammlungen fanden nach Abs. 3 in allen Fällen statt, in denen ein Beschluss der Pool-Versammlung notwendig war oder wenn sonstwie das Interesse des Gesellschafter-Pools die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung erforderte, insbesondere vor der Abhaltung einer außerordentlichen Hauptversammlung der KGaA. Nach Abs. 7 war die Pool-Versammlung beschlussfähig, wenn mehr als 75 % der Stimmen sämtlicher stimmberechtigter Gesellschafter anwesend oder vertreten waren. Gemäß Abs. 8 wurden Beschlüsse der Poolversammlung, soweit der Vertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vorsah, mit einfacher Mehrheit der insgesamt bestehenden Stimmen gefasst. Für besonders gewichtige Entscheidungen – etwa die Veräußerung von Aktien der KGaA, der Einbringung der Beteiligung an der KGaA in ein anderes Unternehmen oder in Fällen, in denen in der Hauptversammlung der KGaA aufgrund Gesetzes oder kraft Satzungsbestimmung eine Mehrheit von mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erforderlich ist – sah Abs. 9 eine erforderliche Mehrheit von 75 % der insgesamt bestehenden Stimmen vor. Solche Beschlüsse waren zudem nur rechtswirksam, wenn ihnen alle Familienstämme zustimmten.
162Gemäß I. § 9 Abs. 1 des Gesellschafter-Pool-Vertrages beschloss die Pool-Versammlung, in welcher Weise in der Hauptversammlung der KGaA das Stimmrecht ausgeübt wurde, das mit den im Gesamthandsvermögen des Gesellschafter-Pools befindlichen Aktien verbunden war. Nach Abs. 2 beschloss die Pool-Versammlung insbesondere in sämtlichen Fällen, in denen in der Hauptversammlung der KGaA kraft Gesetzes oder aufgrund Satzungsbestimmung Beschluss zu fassen war.
163Diese Bestimmungen wurden so umgesetzt, dass die Tagesordnung der Hauptversammlung der KGaA vor deren Stattfinden durch die Pool-Versammlung nach Entgegennahme von Geschäftsberichten der persönlich haftenden Gesellschafter vorbeschlossen wurde. Dem Aktionärsausschuss kam dabei eine Vorschlagsfunktion gegenüber dem Pool zu. Der Pool entsandte sodann über das Poolsekretariat (s. dazu sogleich) einen Vertreter in die Hauptversammlung, der angewiesen war, dort so, wie von der Poolversammlung beschlossen, abzustimmen.
164Die Verwaltung und Vertretung des Gesellschafter-Pools erfolgte durch das sog. Pool-Sekretariat. Der Gesellschafter-Pool-Vertrag enthielt hierzu unter I. auszugsweise folgende Bestimmungen:
165„§ 7 Verwaltung und Vertretung des Gesellschafter-Pools
166(1): Die interne Verwaltung und die Vertretung des Pools nach außen erfolgt durch das Pool-Sekretariat, das seine Tätigkeit ausschließlich auf der Grundlage der Bestimmungen dieses Vertrages und darüber hinaus nur in Ausführung der von den Gesellschaftern gefassten Beschlüsse ausüben darf.
167(2): Das Pool-Sekretariat besteht stets aus mindestens drei Mitgliedern, die von der Pool-Versammlung aus dem Kreise der Mitglieder des Gesellschafter-Pools gewählt werden. Die Pool-Versammlung bestimmt bei der Wahl zugleich den Vorsitzenden des Pool-Sekretariats und seinen Stellvertreter. Mitglieder des Pool-Sekretariats sollen grundsätzlich nicht zugleich persönlich haftende Gesellschafter der O jr. & Cie. KGaA sein.
168[…]
169(3): Das Pool-Sekretariat beruft die Pool-Versammlungen ein, nimmt Erklärungen seitens der Mitglieder des Gesellschafter-Pools sowie von Dritten entgegen und gibt diesen gegenüber mit Wirkung für und gegen den Gesellschafter-Pool bzw. seine Mitglieder Erklärungen ab.
170Dem Pool-Sekretariat obliegt insbesondere die Vertretung des Gesellschafter-Pools innerhalb der Hauptversammlung der O jr. & Cie. KGaA und die Verwaltung des sonstigen Vermögens der Gesellschaft.
171Entscheidungen innerhalb des Pool-Sekretariats werden grundsätzlich einstimmig gefasst. Soweit Einstimmigkeit nicht erreicht wird, entscheidet die Pool-Versammlung.
172(4): Der Pool wird durch jeweils zwei Mitglieder des Pool-Sekretariats wirksam vertreten, soweit in diesem Vertrag nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Vertretungsbefugnis des Pool-Sekretariats ist auf die Durchführung der Beschlüsse der Gesellschafter beschränkt. Sie ist außerdem in der Weise begrenzt, daß Verpflichtungen nur zu Lasten des Gesellschaftsvermögens begründet werden können.“
173Die Mitglieder des Pool-Sekretariats waren ab 2005 – seit dem Tod Ocs, dem Vater des Angeklagten O, am 5. Januar 2005 – die Zeugen Ob, B.C12 und N3.
174Der Gesellschafter-Pool-Vertrag enthielt unter II. § 2 („Ausschließlichkeit/Kreditaufnahme“) u.a. folgende Bestimmungen:
175„[…]
176(2): Die zum Gesellschafter-Pool gehörenden persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses dürfen ohne Zustimmung der übrigen persönlich haftenden Gesellschafter und des Aktionärsausschusses
177a)-c): […]
178d): sowohl im Bereich ihrer Tätigkeit für das Bankhaus als auch im persönlichen Bereich keine spekulativ betriebenen Geschäfte tätigen.
179[…]
180(5): Gesellschaftern des Pools soll grundsätzlich von der O jr. & Cie. KGaA ein Kredit nur in Ausnahmefällen und nur nach bankmäßigen Kriterien gewährt werden. Soweit, insbesondere zur Begleichung von Steuerverbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit der Beteiligung eines Gesellschafters am Bankhaus stehen, ein Kredit benötigt wird, beschließen die persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft auf Aktien über einen entsprechenden Antrag des betreffenden Gesellschafters. Die Gewährung eines Kredits, bei dem die Bestimmungen des Kreditwesengesetzes über Organkredite zu beachten sind, bedarf der vorherigen Zustimmung sämtlicher persönlich haftender Gesellschafter, gegebenenfalls jedoch mit Ausnahme des kreditnehmenden Gesellschafters.“
181Die Regelung in II. § 3 („Interne Geschäftsführung / Geschäftsordnung“) lautete:
182„(1): Die zum Gesellschafter-Pool gehörenden persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft auf Aktien verpflichten sich, bei der internen Geschäftsführung die in Abs. (2) niedergelegten Richtlinien zu beachten und – gegebenenfalls gemeinschaftlich mit den zum Gesellschafter-Pool gehörenden Mitgliedern des Aktionärsausschusses – im Falle der Bestellung weiterer persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses, die nicht zu den Mitgliedern des Gesellschafter-Pools zählen, dafür Sorge zu tragen, daß die in Abs. (2) niedergelegten Richtlinien auch für diese persönlich haftenden Gesellschafter maßgebend sind.
183(2):
184a): Die nachfolgenden Geschäfte bedürfen – unbeschadet der im Gesetz oder in der Satzung der Kommanditgesellschaft auf Aktien vorgesehenen Zustimmung bzw. Mitwirkung anderer Organe des Bankhauses – der gemeinschaftlichen Beratung sowie der einstimmigen Beschlußfassung sämtlicher persönlich haftenden Gesellschafter:
185aa): Die Verteilung der Aufgaben unter den persönlich haftenden Gesellschaftern sowie die Festlegung und Änderung der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung; sofern die persönlich haftenden Gesellschafter in einem der genannten Punkte innerhalb angemessener Frist keine Einigung erzielen, entscheidet der Aktionärsausschuß – gegebenenfalls der vom Aktionärsausschuß hierfür besonders ermächtigte Vorsitzende – mit verbindlicher Wirkung für alle Beteiligten;
186bb): alle Geschäfte, durch die die Struktur, die Risiken und die Liquidität des Bankhauses nicht unerheblich berührt werden;
187cc): alle Kreditgewährungen, die nach den Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG) in der jeweils gültigen Fassung der gemeinsamen Beschlußfassung sämtlicher Geschäftsleiter bedürfen (Großkredite, Organkredite);
188dd): die Übernahme sowie die Niederlegung eines Aufsichtsrats- oder Beiratsmandates sowie wichtiger Ehrenämter.
189b): Im übrigen richten sich die Aufteilung der internen Zuständigkeiten und Verantwortungen sowie die wechselseitigen Mitwirkungs- und Informationsrechte und -pflichten der Teilhaber nach der im Rahmen des Pool-Vertrages sowie der Sonstigen Vereinbarungen einstimmig festzulegenden Geschäftsordnung (derzeit die IBZED-Codes).“
(b) Hauptversammlung
190Für die Hauptversammlung traf die Satzung der KGaA auszugsweise die folgenden Bestimmungen:
191„§ 29 Teilnahmeberechtigung
192(1): Zur Teilnahme an der Hauptversammlung sind diejenigen Kommanditaktionäre berechtigt, die ihre Aktienurkunde spätestens vor dem Beginn der Versammlung bei der Gesellschaft hinterlegt haben und bis zum Ende der Hauptversammlung dort belassen.
193(2): Die Mitglieder des Aktionärsausschusses sind berechtigt, an der Hauptversammlung teilzunehmen.
194§ 30 Vorsitz in der Hauptversammlung
195(1): Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Aufsichtsratsvorsitzende oder dessen Stellvertreter.
196§ 31 Stimmrecht
197Jede Stückaktie gewährt eine Stimme.
198§ 32 Beschlußfassung
199(1): Die Beschlüsse der Hauptversammlung werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen und des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals gefaßt, soweit das Gesetz oder die Satzung nicht zwingend etwas anderes vorschreiben.
200(2): Beschlüsse der Hauptversammlung über Satzungsänderungen werden mit einer ¾ Mehrheit der abgegebenen Stimmen und des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals gefaßt, soweit nicht gesetzlich eine höhere Mehrheit zwingend erforderlich ist.
201(3): Wahlen erfolgen mit einfacher Stimmenmehrheit. Ist diese im ersten Wahlgang nicht erreicht, so findet ein zweiter unter denjenigen zur Wahl stehenden Personen statt, denen die beiden höchsten Stimmenzahlen zugefallen sind. Bei gleicher Stimmenzahl im zweiten Wahlgang entscheidet das Los.
202(4): Die gesetzlichen Bestimmungen über die Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter zu Beschlüssen der Hauptversammlung bleiben unberührt.
203§ 33 Satzungsänderungen
204(1): Jede von der Hauptversammlung beschlossene Änderung der Satzung bedarf zu ihrer Gültigkeit außerdem der Zustimmung einer Mehrheit von 75% der persönlich haftenden Gesellschafter.
205(2): Der Aufsichtsrat ist jederzeit, unbeschadet der erforderlichen Zustimmung einer Mehrheit von 75% der persönlich haftenden Gesellschafter, berechtigt, solche Änderungen in der Satzung vorzunehmen, die lediglich die Fassung betreffen.“
206Ferner war u.a. Folgendes bestimmt:
207„§ 34 Jahresabschluss
208(1): Sämtliche persönlich haftenden Gesellschafter stellen in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres den Jahresabschluß und den Lagebericht für das abgelaufene Geschäftsjahr auf und legen diese Unterlagen nach Prüfung durch den Abschlußprüfer zusammen mit dem Prüfungsbericht und ihrem Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns dem Aufsichtsrat zur Prüfung vor. Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses können die persönlich haftenden Gesellschafter mit Zustimmung des Aktionärsausschusses die Bildung einer Vorsorgereserve gemäß § 340 f HGB sowie die Einstellung eines Teils des Jahresüberschusses, höchstens die Hälfte, in andere Gewinnrücklagen vorsehen.
209§ 35 Feststellung des Jahresabschlusses
210Der ordentlichen Hauptversammlung, die innerhalb der ersten 8 Monate des Geschäftsjahres stattfindet, werden der Jahresabschluß, der Lagebericht, der Bericht des Aufsichtsrats sowie der Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns vorgelegt und erläutert. Die Hauptversammlung beschließt sodann über
211a) die Feststellung des Jahresabschlusses;
212b) die Verwendung des Bilanzgewinns;
213c) die Entlastung der persönlich haftenden Gesellschafter, der Mitglieder des Aufsichtsrats und des Aktionärsausschusses;
214d) die Wahl des Abschlußprüfers.
215Der Beschluß über die Feststellung des Jahresabschlusses bedarf der Zustimmung aller persönlich haftenden Gesellschafter.“
216In den Hauptversammlungen der KGaA wurde der Gesellschafter-Pool als alleinige Kommanditaktionärin in den Jahren 2005 bis zur Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg im Jahr 2007 vertreten durch die Zeugen Oe (ordentliche Hauptversammlungen 2005, 2006 und 2007) und Ob (außerordentliche Hauptversammlung 2005).
(c) Aktionärsausschuss
217Als besonderes, gesetzlich nicht vorgesehenes – in der Praxis des Bankhauses jedoch wichtigstes – Repräsentationsorgan der Kommanditaktionäre sah die Satzung von SOP den Aktionärsausschuss vor. Ihm wurden umfangreiche Kompetenzen eingeräumt und alle Aufgaben übertragen, die nicht gesetzlich zwingend dem Aufsichtsrat oder der Hauptversammlung zugewiesen waren. Er sollte gewährleisten, dass die Pool-Mitglieder an das geschäftliche Geschehen der Bank angebunden sein konnten. Die hierzu getroffenen Regelungen lauteten auszugsweise wie folgt:
218„§ 12 Aufgaben des Aktionärsausschusses
219(1): Der Aktionärsausschuß hat die Aufgabe, die ihm von der Hauptversammlung oder durch die Satzung übertragenen Angelegenheiten durchzuführen. Der Aktionärsausschuß vertritt – soweit nicht die Hauptversammlung oder der Aufsichtsrat zwingend zuständig sind – die Kommanditaktionäre und die Gesellschaft gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern.
220(2): s.o.
221(3): Das Widerspruchsrecht nach § 164 HGB ist ausgeschlossen.
222§ 13 Zusammensetzung
223(1): Der Aktionärsausschuß besteht aus mindestens vier Mitgliedern.
224(2): Die Wahl der Mitglieder des Aktionärsausschusses erfolgt auf Vorschlag aller persönlich haftenden Gesellschafter durch die Hauptversammlung. Mitglieder des Aktionärsausschusses können auch ohne Vorschlag der persönlich haftenden Gesellschafter gewählt werden, wenn die Wahl mit einer Mehrheit von ¾ der anwesenden bzw. vertretenen Aktionärsstimmen stattfindet. Als Mitglieder können Kommanditaktionäre, Gesellschafter von Kommanditaktionären und ehemalige Gesellschafter gewählt werden.
225§ 14 Amtsdauer
226Sofern in der Satzung oder bei der Wahl nichts anderes bestimmt wird, werden die Mitglieder des Aktionärsausschusses bis zur Beendigung der Hauptversammlung gewählt, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach ihrer Wahl beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Wahl erfolgt, wird nicht mitgerechnet.
227§ 15 Geschäftsordnung:
228Der Aktionärsausschuß gibt sich seine Geschäftsordnung nach Anhörung der persönlich haftenden Gesellschafter selbst.
229§ 16 Vorsitzender und Stellvertreter
230(1): Der Aktionärsausschuß wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter für die in § 14 bestimmte Amtsdauer. Der Stellvertreter hat die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, wenn dieser verhindert ist. Scheidet der Vorsitzende oder sein Stellvertreter vorzeitig aus dem Amt aus, so hat der Aktionärsausschuß seinen Nachfolger unverzüglich zu wählen.
231(2): Erklärungen des Aktionärsausschusses werden namens des Aktionärsausschusses von seinem Vorsitzenden abgegeben.
232§ 17 Einberufung und Leitung der Sitzungen
233(1): Der Vorsitzende des Aktionärsausschusses beruft die Sitzungen ein und leitet sie. Die Einberufung soll schriftlich unter Einhaltung einer Frist von 2 Wochen und Übersendung der Tagesordnung erfolgen.
234(2): Sitzungen des Aktionärsausschusses sollen zweimal im Kalenderhalbjahr stattfinden, sofern der Aktionärsausschuß nicht beschließt, daß eine Sitzung im Kalenderhalbjahr abzuhalten ist. Der Aktionärsausschuß ist außerdem einzuberufen, wenn eines der Mitglieder des Aktionärsausschusses oder einer der persönlich haftenden Gesellschafter dies schriftlich unter Angabe des Zwecks und des Grundes verlangt.
235(3): Persönlich haftende Gesellschafter sind berechtigt und verpflichtet, den Sitzungen des Aktionärsausschusses beizuwohnen. Sie sind zu den Sitzungen einzuladen und müssen vor jeder Beschlußfassung gehört werden.
236§ 18 Beschlüsse
237(1): Der Aktionärsausschuß ist beschlußfähig, wenn die Hälfte der Mitglieder – unter ihnen der Vorsitzende oder sein Stellvertreter – anwesend oder vertreten ist. Ein Mitglied kann sich durch ein anderes Mitglied aufgrund schriftlicher Vollmacht vertreten lassen.
238(2): Außerhalb von Sitzungen sind Beschlußfassungen durch schriftliche, tele ische, fernschriftliche oder fernkopierte Stimmabgaben zulässig, wenn kein Mitglied des Aktionärsausschusses diesem Verfahren widerspricht.
239(3): Der Aktionärsausschuß beschließt mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
240(4): […]
241(5): Über die Verhandlungen und Beschlüsse des Aktionärsausschusses ist eine Niederschrift anzufertigen, die von dem Sitzungsvorsitzenden und den anwesenden persönlich haftenden Gesellschaftern zu unterzeichnen ist. Über Beschlüsse, die auf schriftlichem, tele ischem, fernschriftlichem oder fernkopiertem Wege zustande kommen, nimmt der Vorsitzende des Aktionärsausschusses eine Niederschrift auf und unterzeichnet sie.“
242Die Hauptversammlung vom 5. April 2005 wählte die folgenden Personen zu Mitgliedern des Aktionärsausschusses bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das Geschäftsjahr 2009 beschließen würde:
243- Ob
244- N3
245- N4
246- Oe
247- Q7
248- B.C12
249- Dr. Z7
250- Ka
251Zudem wurde Z2 bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das Geschäftsjahr 2006 beschließen würde, in den Aktionärsausschuss gewählt. Er schied aus ihm zum 30. April 2007 aus.
252A.C12 gehörte dem Aktionärsausschuss außerdem als Ehrenvorsitzende an.
253Von 1993 bis zu seinem Tod am 5. Januar 2005 war Oc, der Vater des Angeklagten O und ein früherer (bis 1993), langjähriger persönlich haftender Gesellschafter von SOP, Vorsitzender des Aktionärsausschusses (und des Aufsichtsrats, s. dazu unten (3)). Er war auch in dieser Funktion eng in die operativen Abläufe bei SOP eingebunden. Seine Meinung hatte auf Grund seiner langjährigen Erfahrung und täglichen Präsenz im Bankhaus sowie seiner Persönlichkeit weiterhin hohes Gewicht. In seiner Sitzung vom 15. März 2005 wählte der Aktionärsausschuss den Bruder Ocs, den Zeugen Ob, zu seinem Vorsitzenden und den Zeugen B.C12 zu seinem stellvertretenden Vorsitzenden. Sie bekleideten diese Funktionen auch weiterhin nach der Neuwahl des Aktionärsausschusses im April 2005. Die faktische Rolle des Aktionärsausschussvorsitzenden wurde durch den Tod Ocs geschwächt. Der Zeuge Ob war deutlich weniger erfahren im Bankgeschäft als sein Vorgänger. Außerdem hatte er seinen Lebensmittelpunkt in England, was eine geringere Präsenz im Bankhaus bedingte. So war er im Schnitt ein bis zwei Mal in der Woche im Bankhaus, wobei es auch häufiger vorkam, dass er mehrere Wochen lang nicht vor Ort war, dann aber mehrere Tage am Stück blieb. Besonders eilige Vorgänge, in die er einzubinden war, wurden ihm teilweise auch per Fax nach England geschickt. Der Zeuge B.C12 war hingegen fast täglich im Bankhaus.
254Die in § 15 der Satzung angesprochene Geschäftsordnung des Aktionärsausschusses wurde nie erlassen.
255Die Regelungen des EZI-Codes (s.o.) waren den Mitgliedern des Aktionärsausschusses – mit Ausnahme des jeweiligen Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden, die ihn mit den persönlich haftenden Gesellschaftern vereinbart hatten – nicht bekannt. Sein Vorläufer ging auf eine Initiative des früheren Vorsitzenden des Aktionärsausschusses, Oc, zurück. Dieser wollte sich selbst im Zuge seines Ausscheidens als persönlich haftender Gesellschafter im Jahr 1993 durch die Mitwirkungsregelungen Einfluss auf das operative Geschäft des Bankhauses erhalten. Die nach dem EZI-Code erforderlichen Zustimmungen wurden im hier relevanten Zeitraum nicht durch das gesamte Gremium des Aktionärsausschusses – etwa im Wege von Beschlüssen – erteilt. Vielmehr wurden sie außerhalb der Gremiensitzungen allein durch den Aktionärsausschussvorsitzenden durch die Unterzeichnung von ihm zugeleiteten, in der Regel von den persönlich haftenden Gesellschaftern bereits abgezeichneten entsprechenden Vorlagen erklärt. Gewichtige Entscheidungen wurden mit dem Aktionärsausschussvorsitzenden und seinem Stellvertreter allerdings häufig bereits vor Zuleitung der Vorlage in Gesprächen erörtert. Diese fanden regelmäßig auf Grund der Zugehörigkeit zum selben Familienstamm zwischen dem Angeklagten K und dem Zeugen B.C12 bzw. dem Angeklagten O und dem Zeugen Ob statt.
256Die formale Zustimmung durch Abzeichnung der Vorlage erfolgte nach dem Amtsantritt des Zeugen Ob regelmäßig in Anwesenheit desjenigen Mitarbeiters der Fachabteilung, der die jeweilige Vorlage dem Aktionärsausschussvorsitzenden zur Unterschrift überbrachte und erforderlichenfalls erläuterte. Eine Unterrichtung an den Aktionärsausschuss als Gesamtgremium über einzelne von ihm nach dem EZI-Code erbetene oder bereits erteilte Zustimmungen erfolgte durch den Vorsitzenden nicht, weder in den Sitzungen des Ausschusses (etwa als ein gesonderter Tagesordnungspunkt) noch außerhalb. Mit Ausnahme des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden des Aktionärsausschusses hielten sich seine Mitglieder außerhalb der Sitzungen nur selten oder nie im Bankhaus auf. Jedenfalls diejenigen Mitglieder des Ausschusses, die nicht den beiden großen Familienstämmen angehörten, hatten daher – trotz etwa auf Familienfeiern teils stattfindender Gespräche, in denen auch Geschäftliches zur Sprache kam – keine konkrete Vorstellung darüber, dass der Ausschussvorsitzende zu bestimmten einzelnen Geschäftsvorgängen außerhalb der Gremiensitzungen seine formale Zustimmung erteilte oder jedenfalls für welche Geschäfte dies im Einzelnen der Fall war. Es bestand bei ihnen lediglich eine eher allgemeine Erwartung dahingehend, dass der Aktionärsausschussvorsitzende in gewichtige Entscheidungen durch die persönlich haftenden Gesellschafter eingebunden würde und über besonders wichtige Entscheidungen auch im Aktionärsausschuss berichtet würde. Das Gesamtgremium selbst wurde aber in der Praxis des Bankhauses im hier betroffenen Zeitraum nie in der Weise konsultiert, dass sich die persönlich haftenden Gesellschafter dort gleichsam vorab die Zustimmung zu von ihnen erst beabsichtigten einzelnen Geschäften von besonderer Bedeutung „abholten“.
257Die Regelungen des EZI-Codes wurden allgemein so gelebt, dass sich aus ihnen für die persönlich haftenden Gesellschafter Pflichten zur Einbindung allein des Aktionärsausschussvorsitzenden ergaben. Förmliche Beschlüsse durch den Ausschuss wurden nur selten gefasst, etwa zur Ausübung seines Vorschlagsrechts für die Tagesordnungspunkte der Hauptversammlung gegenüber dem Gesellschafter-Pool. Regelmäßiger Gegenstand der Sitzungen des Aktionärsausschusses, die typischerweise zwei bis drei Stunden dauerten, war vielmehr die Information seiner Mitglieder über die Gesamtlage der Bank und die Vorstellung wichtiger, in aller Regel bereits getroffener Einzelentscheidungen durch die persönlich haftenden Gesellschafter. Hierzu berichteten diese dem Ausschuss jeweils über ihren Zuständigkeitsbereich. Besonders gewichtige Einzelthemen wurden unter einem gesonderten Tagesordnungspunkt abgehandelt. Im Anschluss daran bestand für die Ausschussmitglieder Gelegenheit zur Diskussion und Befragung der persönlich haftenden Gesellschafter, die von ihnen bis zum Höhepunkt der wirtschaftlichen Krise des Bankhaus Mitte 2009 indes nur sehr eingeschränkt wahrgenommen wurde. Im Wesentlichen begnügten sie sich damit, die erhaltenen Informationen der persönlich haftenden Gesellschafter zur Kenntnis zu nehmen. Den Mitgliedern wurde üblicherweise der letzte Monatsbericht des Bankhauses mit umfangreichen wirtschaftlichen Kenndaten – aus denen etwa Veränderungen zum Vorjahr oder zum Plan oder besondere Risiken erkennbar waren – und teilweise eigens für bestimmte Tagesordnungspunkte der Sitzung erstellte Unterlagen vorab zugesandt. In der Sitzung selbst lag zudem regelmäßig eine Tischvorlage zu den Vorträgen der persönlich haftenden Gesellschafter aus, die von den Ausschussmitgliedern mitgenommen werden konnte. Außerdem wurde in der Regel – allerdings während der laufenden Sitzung des Aktionärsausschusses und damit unter erschwerten Kenntnisnahmebedingungen – an jedes Mitglied eine Liste mit Informationen zu einzelnen Krediten (bzw. Kreditäquivalenten) von zunächst über 75 Mio. €, später von über 100 Mio. € ausgeteilt. Diese Liste wurde typischerweise etwa 15 Minuten nach dem Austeilen wieder eingesammelt und durfte von den Mitgliedern des Aktionärsausschusses nicht mitgenommen werden. In den Sitzungen, die einer Poolversammlung vorausgingen, wurde auch der Entwurf des Jahresabschlusses oder jedenfalls die diesem zugrunde liegenden Daten vorgestellt, die die Mitglieder mitnehmen konnten. In solchen Sitzungen waren auch Vertreter des Abschlussprüfers anwesend, die etwaige Fragen beantworteten.
258Insgesamt stellte sich der Aktionärsausschuss als Gesamtgremium nach der gelebten Praxis des Bankhauses nicht als Entscheidungs- oder Zustimmungsgremium zu einzelnen Geschäftsvorgängen, sondern als Informations- und Kontrollgremium mit Blick auf die strategische Ausrichtung und die „großen Linien“ von SOP dar.
(3) Aufsichtsrat
259Zum Aufsichtsrat sah die Satzung der KGaA auszugsweise folgende Bestimmungen vor:
260„§ 20 Befugnisse, Geschäftsordnung und Ausschüsse
261(1): Der Aufsichtsrat nimmt die ihm durch Gesetz und Satzung zugewiesenen Aufgaben und Rechte wahr.
262(2): In Abweichung von § 287 Abs. 1 AktG führt der Aktionärsausschuß die Beschlüsse der Kommanditaktionäre aus.
263(3): Der Aufsichtsrat gibt sich eine Geschäftsordnung.
264(4): Der Aufsichtsrat kann die Ausübung einzelner ihm obliegender Aufgaben Ausschüssen oder einzelnen seiner Mitglieder übertragen, soweit das Gesetz dies zulässt.
265§ 21 Zusammensetzung und Amtsdauer
266(1): Der Aufsichtsrat besteht aus zwölf Mitgliedern, von denen sechs von der Hauptversammlung und sechs von den Arbeitnehmern gemäß den Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes 1976 gewählt werden.
267(2): Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung gewählt, die über ihre Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem sie ihr Amt antreten, wird nicht mitgerechnet. Die Hauptversammlung kann bei der Wahl eine kürzere Amtszeit beschließen.
268§ 22 Vorsitzender und Stellvertreter
269(1): Der Aufsichtsrat wählt im Anschluß an die Hauptversammlung, in der die Aufsichtsratsmitglieder der Kommanditaktionäre gewählt worden sind, in einer ohne besondere Einberufung stattfindenden Sitzung aus seiner Mitte den Vorsitzenden und zwei Stellvertreter. Die Wahl des Vorsitzenden und der Stellvertreter wird nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes und des Mitbestimmungsgesetzes 1976 durchgeführt und erfolgt für die Amtszeit des Gewählten als Mitglied des Aufsichtsrats, sofern bei der Wahl nicht etwas anderes bestimmt wird. Scheidet der Vorsitzende des Aufsichtsrats oder ein Stellvertreter vorzeitig aus dem Amt aus, so hat der Aufsichtsrat seinen Nachfolger unverzüglich zu wählen.
270(2): Der Stellvertreter nimmt im Falle der Verhinderung des Vorsitzenden dessen Aufgaben im Aufsichtsrat wahr. Ist auch der Stellvertreter verhindert, nimmt der zweite Stellvertreter die Aufgaben des Vorsitzenden im Aufsichtsrat wahr. Bei der Beschlussfassung des Aufsichtsrats steht den Stellvertretern jedoch die zweite Stimme des Vorsitzenden (§ 25 Abs. 2 Satz 3) nicht zu.
271§ 23 Vertretung des Aufsichtsrats:
272Erklärungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse werden namens des Aufsichtsrats von dem Vorsitzenden abgegeben.
273§ 24 Sitzungen und Beschlußfassung
274(1): Die Sitzungen des Aufsichtsrats werden durch den Vorsitzenden, im Falle seiner Verhinderung durch dessen Stellvertreter, mit einer Frist von zwei Wochen einberufen; […].
275(2): Außerhalb von Sitzungen sind Beschlußfassungen durch schriftliche, tele ische, fernschriftliche oder fernkopierte Stimmabgaben zulässig, wenn kein Mitglied des Aufsichtsrats diesem Verfahren wiederspricht.
276(3): Aufsichtsratssitzungen müssen zweimal im Kalenderhalbjahr stattfinden, sofern der Aufsichtsrat nicht beschließt, daß eine Sitzung im Kalenderhalbjahr abzuhalten ist. Der Aufsichtsrat ist außerdem einzuberufen, wenn eines der Aufsichtsratsmitglieder oder einer der persönlich haftenden Gesellschafter dies schriftlich unter Angabe des Zwecks und des Grundes verlangt.
277(4): Mit der Einladung sollen die Gegenstände der Tagesordnung mitgeteilt werden.
278(5): Persönlich haftende Gesellschafter sind berechtigt, an den Sitzungen des Aufsichtsrats teilzunehmen, falls nicht der Aufsichtsrat im Einzelfall etwas anderes beschließt. Sie sind zu den Sitzungen einzuladen und vor jeder Beschlußfassung zu hören.
279§ 25 Abstimmungen
280(1): Der Aufsichtsrat ist beschlußfähig, wenn alle Mitglieder ordnungsgemäß eingeladen sind und die Hälfte der Mitglieder, aus denen er insgesamt zu bestehen hat, an der Beschlußfassung teilnimmt. Aufsichtsratsmitglieder, die verhindert sind, persönlich an der Sitzung des Aufsichtsrats teilzunehmen, können ihre Stimme schriftlich durch ein anderes Aufsichtsratsmitglied abgeben lassen.
281(2): Der Aufsichtsrat faßt seine Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht gesetzlich etwas anderes vorgeschrieben ist. Bei Stimmengleichheit ist auf Antrag des Vorsitzenden oder eines anderen Aufsichtsratsmitglieds eine erneute Abstimmung über denselben Gegenstand durchzuführen; § 25 Abs. 1 Satz 2 ist auch auf die erneute Stimmabgabe anzuwenden. Ergibt auch die erneute Stimmabgabe Stimmengleichheit, so hat der Aufsichtsratsvorsitzende zwei Stimmen.
282§ 26 Niederschriften
283(1): Über die Sitzungen des Aufsichtsrats sind Niederschriften anzufertigen, die von dem Sitzungsvorsitzenden und den anwesenden persönlich haftenden Gesellschaftern zu unterzeichnen sind. In den Niederschriften sind der Ort und Tag der Sitzung, die Teilnehmer, die Gegenstände der Tagesordnung, der wesentliche Inhalt der Verhandlungen und die Beschlüsse des Aufsichtsrats niederzulegen.
284(2): Über Beschlüsse, die auf schriftlichem, tele ischem, fernmündlichem oder fernkopiertem Wege zustande kommen, nimmt der Vorsitzende des Aufsichtsrats eine Niederschrift auf und unterzeichnet sie.“
285Erst durch den Erwerb der X28-Bank im Jahr 2005 unterfiel der Aufsichtsrat der Mitbestimmung, so dass in ihm seit diesem Zeitpunkt auch Arbeitnehmervertreter saßen. Bis zu seinem Tod am 5. Januar 2005 war Oc Vorsitzender auch des Aufsichtsrats. Der Zeuge B.C12 war sein Stellvertreter. In seiner Sitzung vom 15. März 2005 wählte der Aufsichtsrat den Zeugen B.C12 zu seinem Vorsitzenden und den Zeugen Ob, der zum 14. Januar 2005 Mitglied des Aufsichtsrats geworden war, zu seinem Stellvertreter.
286Neben den Zeugen B.C12 und Ob – die auch in der Folge die Positionen des Vorsitzenden bzw. stellvertretenden Vorsitzenden bekleideten – wählte die Hauptversammlung vom 5. April 2005 die folgenden Anteilseignervertreter bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das Geschäftsjahr 2009 beschließen würde, in den Aufsichtsrat:
287- N4
288- Oe
289- Q7
290- Dr. Z7
291Der Arbeitnehmervertreter Z20 wurde am 15. Juli 2005 zum Zweiten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
292Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats vom 15. Juli 2005 enthielt u.a. folgende Bestimmung:
293„§ 1 Ordnung des Aufsichtsrats
294(3): Willenserklärungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse werden namens des Aufsichtsrats von dem jeweiligen Vorsitzenden abgegeben. Der Vorsitzende, nicht jedoch jedes Aufsichtsratsmitglied, ist befugt, Erklärungen für den Aufsichtsrat entgegenzunehmen.“
295Nach dem gelebten Verständnis des Bankhauses kam dem Aufsichtsrat gegenüber dem Aktionärsausschuss die weitaus geringere Bedeutung zu. Seine Existenz war allein dem Umstand geschuldet, dass das Gesetz für die KGaA zwingend einen Aufsichtsrat forderte. Dieser sollte daher allenfalls die Funktionen erfüllen, die er gesetzlich unabdingbar wahrzunehmen hatte. Der allgemeine Ablauf der Sitzungen des Aufsichtsrats glich im Wesentlichen demjenigen der Sitzungen des Aktionärsausschusses. Die Sitzung des Aufsichtsrats fand in aller Regel unmittelbar nach der Sitzung des Aktionärsausschusses statt. Die Sitzungen des Aufsichtsrats waren allerdings regelmäßig kürzer. Auch wurde die Großkreditnehmerliste im Aufsichtsrat nicht verteilt. Seine Mitglieder erhielten, anders als die Mitglieder des Aktionärsausschusses, vorab auch nicht den jeweiligen Monatsbericht.
296In Anwendung von § 20 Abs. 4 der Satzung hatte der Aufsichtsrat einen Kredit- und Prüfungsausschuss gebildet. Gemäß § 8 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats bestand der Ausschuss aus dem Aufsichtsratsvorsitzenden und je einem weiteren vom Gesamtaufsichtsrat aus seiner Mitte zu wählenden Aufsichtsratsmitglied der Anteilseigner und der Arbeitnehmer. In den Jahren 2005 und 2006 waren die Mitglieder des Ausschusses der Zeuge Ob als Vorsitzender, der Zeuge B.C12 als stellvertretender Vorsitzender und Z20. Letzterer wurde 2007 durch den Zeugen N4 ersetzt. Durch § 8 Abs. 2 der Geschäftsordnung wurde dem Ausschuss u.a. die Zuständigkeit für die Behandlung von Krediten, die nach Gesetz oder Satzung eines Aufsichtsratsbeschlusses bedürfen, insbesondere die Gewährung von Groß- und Organkrediten (§§ 13 und 15 KWG), übertragen. Auch fiel dem Ausschuss die Aufgabe zu, Abschlussprüfungsschwerpunkte festzulegen
(4) Stille Gesellschafterin (Konsortium)
297Am 17. Dezember 2004 schloss das Bankhaus mit dem Konsortium O GbR (im Folgenden: Konsortium) einen Teilgewinnabführungsvertrag im Sinne des § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Hierdurch wurde das Konsortium – im Zusammenhang mit der Finanzierung des Erwerbs der X28-Bank AG zum 1. Januar 2005 durch die O Beteiligungs-AG, einer 100%igen Tochtergesellschaft der KGaA – als typische stille Gesellschafterin mit einer Einlage von 200 Mio. € aufgenommen.
298Das Konsortium war aus der Veräußerung der Beteiligung an der Y12-Versicherung durch das Bankhaus hervorgegangen. Diese fand im Jahr 1989 statt und brachte mit 4,2 Mrd. DM einen Erlös, der ein Vielfaches des Kapitals der Bank betrug. Sie war Anlass für die Umwandlung des Bankhauses von einer KG in eine KGaA. Die aus der Veräußerung erzielten Vermögenswerte waren, soweit sie nicht in Höhe von einer Mrd. DM zur Stärkung des Eigenkapitals des Bankhauses verwendet wurden, zum Zwecke der weiterhin einheitlichen Bindung und Verwaltung durch die seinerzeitigen Gesellschafter von SOP in das neu gegründete Konsortium eingebracht worden. Die Mitglieder des Konsortiums entsprachen daher im Wesentlichen den Gesellschaftern von SOP im Jahr 1989 bzw. deren Rechtsnachfolgern. Maßgebliche Gesellschafter des Konsortiums waren somit die Familien B.C12, also der „Stamm S“, dem der Angeklagte K und der Aufsichtsratsvorsitzende B.C12 angehörten, und die Familie O, mithin der „Stamm L-Straße “, dem der Angeklagte O und der Aktionärsausschussvorsitzende Ob angehörten. Beide Stämme hielten jeweils ca. 30 % des Konsortialvermögens. Die Angeklagten J und P gehörten, da sie erst später in das Bankhaus eingetreten waren, nicht zum Konsortium. Die vertraglichen Vereinbarungen über die stille Gesellschaft sahen vor, dass die stille Einlage in das Vermögen der Bank überging und auf Dauer als haftendes Eigenkapital (Kernkapital) diente. Die Einlage wurde am 29. Dezember 2004 geleistet. Dem Konsortium stand eine Gewinnbeteiligung von 5,2 % pro Jahr auf den Einlagennennbetrag zu. Die Gewinnbeteiligung entfiel, falls und soweit die stille Einlage nach einer Herabsetzung des Buchwertes der stillen Einlage noch nicht wieder vollständig aufgefüllt wurde, falls und soweit für eine Zahlung kein ausreichender ausschüttungsfähiger Gewinn zur Verfügung stand oder falls und soweit die Zahlung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin) untersagt wurde. An einem Jahresfehlbetrag nahm der stille Gesellschafter im Verhältnis des Buchwerts der stillen Einlage zum Gesamtbuchwert des haftenden Eigenkapitals der Bank teil. Die Gesamtverlustbeteiligung des Konsortiums war auf seine Vermögenseinlage beschränkt.
II. Die Struktur des Bankhauses nach Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg zum 1. Juli 2007 bis zum Eintritt der V11 Ende 2009
299Zu Beginn des Jahres 2007 wurde – nach bereits seit einiger Zeit in diese Richtung entfalteten Überlegungen – beschlossen, die Konzernspitze des Bankhauses nach Luxemburg zu verlagern. Dies geschah nach der Begründung des Bankhauses im Interesse einer Internationalisierung und Ausweitung des Finanzgeschäftes. Aber auch steuerliche Interessen spielten hierbei eine Rolle. Zu diesem Zweck wurde im März 2007 die L8 S.A. (= SCA Societé anonyme), eine Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts, gegründet. Gemäß Beschluss der Gesellschafter-Pool-Versammlung vom 19. Juni 2007 wurden sämtliche Kommanditaktien der KGaA in die L8 S.A. eingebracht. Zum 1. Juli 2007 wurde die L8 S.A. mit der Bank O jr. & Cie. (Luxemburg) S.A., die ihrerseits zuvor mit der ehemaligen Beteiligungsholding O International S.A. zusammengeführt worden war, verschmolzen, in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien luxemburgischen Rechts umgewandelt und in O jr. & Cie. SCA (= SCA; im Folgenden: SCA) umfirmiert. Seit dem 1. Juli 2007 war die SCA somit Alleinkommanditaktionärin der KGaA. Die bisherigen Kommanditaktionäre der KGaA hielten im Gegenzug nunmehr – verbunden durch einen neu gegründeten sogenannten Aktionärs-Pool luxemburgischen Rechts (dazu im Einzelnen sogleich) – sämtliche Kommanditaktien an der SCA. Dieser kam fortan die Doppelfunktion einer operativ tätigen Bank in Luxemburg sowie einer Konzernholding zu. Die KGaA wurde in den Konzernabschluss der SCA einbezogen. Für die SCA. (und damit den Gesamtkonzern) war die Luxemburgische Bankenaufsicht, die Commission de Surveillance du Secteur Financier (im Folgenden: CSSF), zuständig. Daneben blieb die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFIN) für die KGaA zuständig.
300Zum 31. Dezember 2008 wurde die Beteiligung an der X28-Bank vollständig auf die SCA übertragen.
(1) SCA
301Die SCA wurde, soweit das luxemburgische Recht dies ermöglichte, gleichsam als „Pendant“ zur KGaA errichtet. Ihre Satzung entsprach strukturell daher derjenigen der KGaA.
302Als Organe der Gesellschaft benannte § 6 der Satzung die persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementäre), den Aktionärsausschuss, den Aufsichtsrat und die Generalversammlung der Aktionäre. Durch die Gründung der SCA entstand somit eine Verdoppelung der Strukturen.
(a) Persönlich haftende Gesellschafter
303Die Angeklagten K, O, J und P sowie der Zeuge C7 wurden auch persönlich haftende Gesellschafter der SCA. Letzterer schied zum 30. Juni 2008 aus der SCA aus.
304Gemäß § 7 Abs. 2 der Satzung hatten die persönlich haftenden Gesellschafter mindestens eine Aktie am Gesellschaftskapital zu halten.
305Gemäß § 9 der Satzung war jeder persönlich haftende Gesellschafter gleichberechtigt neben den übrigen persönlich haftenden Gesellschaftern zur alleinigen und selbständigen Vertretung der Gesellschaft nach außen berechtigt. Die Geschäftsführung oblag den persönlich haftenden Gesellschaftern gemeinsam, wobei die Geschäftsverteilung in einer einstimmig zu fassenden Geschäftsordnung festzulegen war. § 9 Abs. 3 der Satzung bestimmte, dass die persönlich haftenden Gesellschafter durch einstimmigen Beschluss die tägliche Geschäftsführung der Gesellschaft ganz oder teilweise sowie die dazu erforderliche Vertretung der Gesellschaft Dritten gegenüber an eine oder mehrere Personen übertragen konnten, die nicht Aktionär der Gesellschaft zu sein brauchten.
306Die satzungsmäßige Bestimmung über das Verhältnis zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und der Gesellschaft in § 10 entsprach inhaltlich derjenigen in § 10 der Satzung der KGaA.
307Auf der Grundlage von § 10 der Satzung wurden jeweils gleichlautende Teilhaberverträge zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und der SCA geschlossen. Deren § 2 entsprach inhaltlich der entsprechenden Bestimmung der KGaA-Teilhaberverträge. Sie bestimmten in ihrem § 3 Abs. 2 d) wiederum, dass der Teilhaber ohne Zustimmung der übrigen persönlich haftenden Gesellschafter der Bank sowie des Aktionärsausschusses sowohl im Bereich seiner Tätigkeit für die Bank als auch im persönlichen Bereich keine spekulativ betriebenen Geschäfte tätigen durfte. Die Teilhaberverträge sahen in ihrem § 4 für die Tätigkeit der persönlich haftenden Gesellschafter wiederum eine rein gewinnabhängige Vergütung in Form des sog. Vorabgewinns vor. Bemessungsgrundlage für dessen Ermittlung war der Gewinn der SCA vor Körperschaftssteuerbelastung – zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung des Ergebnisses der KGaA allerdings gemindert um im Geschäftsjahr durch die SCA vereinnahmte Dividenden der KGaA – und nach Abzug von 5 % des zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres vorhandenen maßgeblichen Eigenkapitals. Letzteres wurde – nach einem im Einzelnen geregelten komplexen System – aus den Netto-Bilanzvermögen der KGaA und der SCA unter Berücksichtigung der jeweiligen Geschäftsvolumina ermittelt. Der Vorabgewinn betrug – unter Beachtung der Obergrenze des § 10 Abs. 1 der Satzung – für alle persönlich haftenden Gesellschafter zusammen im Grundsatz 30 % dieser Bemessungsgrundlage. Vorauszahlungen auf den Vorabgewinn erfolgten auf der Ebene der SCA nicht.
308Im Abschnitt über den Aktionärsausschuss regelte § 12 Abs. 2 – entsprechend § 12 Abs. 2 der Satzung der KGaA –, dass der Aktionärsausschuss sowie sämtliche persönlich haftenden Gesellschafter gemeinsam festlegen konnten, dass die persönlich haftenden Gesellschafter zu bestimmten Arten von Geschäften, die über den Rahmen des üblichen Bankgeschäfts hinausgehen, der Zustimmung des Aktionärsausschusses bedurften.
309Die Geschäftsverteilung der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander entsprach auf der Ebene der SCA inhaltlich der Verteilung auf der Ebene der KGaA.
310Die Geschäftsordnung der Geschäftsführung des Bankhauses O jr. & Cie. SCA, der persönlich haftenden Gesellschafter und die Regelung über die Zuständigkeit und den Geschäftsverteilungsplan des Geschäftsführungsausschusses in der Fassung vom Juli 2007 sah u.a. folgende Regelungen vor:
311„Präambel: Die Geschäftsführung der O jr. & Cie. SCA besteht aus allen persönlich haftenden Gesellschaftern, sowie weiteren.
312Die persönlich haftenden Gesellschafter bilden „Die Partnergruppe“, welche die Gesellschaft vertritt, insbesondere gegenüber dem Aktionärsausschuss und den Aktionären. Daneben besteht ein Geschäftsführungsausschuss, dem zwei der PHG und die der Geschäftsführung angehören. Die Geschäftsführung der Gesellschaft gibt sich einen Geschäftsverteilungsplan, der auch die Zuständigkeit des Geschäftsführungsausschusses und die auf ihn delegierten Aufgaben (s. § 11) und Entscheidungskompetenzen beinhaltet:
313(A)„Die Partnergruppe“
314§ 1 Allgemeines:
315Die persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses O jr. & Cie. SCA führen die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft des Teilhabervertrages, des EZI-Codes über das Zusammenwirken mit dem Aktionärsausschuss, vertreten durch dessen Vorsitzenden sowie dieser Geschäftsordnung, in gemeinsamer partnerschaftlicher Verantwortung. Diese Geschäftsordnung verpflichtet die persönlich haftenden Gesellschafter (PHG) insbesondere, sich fortlaufend gegenseitig über alle wichtigen Geschäftsvorfälle zu unterrichten.
316§ 2 Geschäftsführung:
317-
318
1. Die PHG geben sich durch einstimmigen Beschluss einen Geschäftsverteilungsplan, der die Erst- und Vertretungszuständigkeit der PHG regelt.
-
319
2. Unbeschadet der Zuständigkeit und der Verantwortlichkeiten aufgrund des Geschäftsverteilungsplanes ist jeder PHG für die Führung des gesamten Geschäftes der Gesellschaft verantwortlich. Eine besondere Verantwortung besteht insbesondere für die PHG, aufgrund ihrer Haftungsverpflichtung. Jeder PHG ist daher verpflichtet, bei schwerwiegenden Bedenken eine Beschlussfassung herbeizuführen, wenn seine Bedenken nicht durch eine Aussprache mit dem jeweils Erstverantwortlichen behoben werden konnten.
-
320
3. Der PHG, der das Risikomanagement verantwortet, nimmt diese Funktion als Konzernrisikomanager für den gesamten Konzern wahr.
-
321
4. Eine Entscheidung „Der Partnergruppe“ ist erforderlich
a) bei Angelegenheiten, die aufgrund von Gesetzen, der Satzung, des Teilhabervertrages, der Geschäftsordnung oder eines Aktionärsausschussbeschlusses respektive Aufsichtsratsbeschlusses den PHG zugewiesen sind oder der Zustimmung des Aufsichtsrates, Aktionärsausschusses, oder der Generalversammlung unterliegen;
323b) in grundsätzlichen Fragen der Unternehmensstruktur und Organisation sowie der Geschäftspolitik;
324c) in Angelegenheiten, die durch einen PHG zur Beschlussfassung vorgelegt werden;
325d) bei den in beigefügter Aufstellung mit „E“ gekennzeichneten Geschäftsvorfällen.
326-
327
5. Die PHG führen gemeinschaftlich die in beigefügter Aufstellung mit „D“ gekennzeichneten Vorgänge durch.
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328
6. Von einem PHG entschiedene Vorgänge, die jedoch der Zustimmung aller PHG bedürfen, sind in beigefügter Aufstellung mit „Z“ gekennzeichnet.
-
329
7. Der gemeinschaftlichen Beratung unterliegen die Geschäftsvorgänge, die in beigefügter Aufstellung mit „B“ gekennzeichnet sind.
-
330
8. Informationspflichten des einzelnen PHG gegenüber den anderen PHG sind in beigefügter Aufstellung mit „I“ gekennzeichnet.
-
331
9. Alle Vorgänge die „Die Partnergruppe“ vorbereitet und für sich verabschiedet hat und die nicht das unmittelbare Vertragsverhältnis der PHG untereinander und gegenüber der Gesellschaft betreffen, leitet „Die Partnergruppe“ zur Beratung, Verabschiedung und Umsetzung dem Geschäftsführungsausschuss zu.
§ 3 Sprecher der Partnerschaft:
333Die PHG benennen einstimmig aus ihrer Mitte den „Sprecher der Partnerschaft“, der dem Aktionärsausschussvorsitzenden vorgeschlagen wird. Die Ernennung erfolgt durch den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses. Der Sprecher repräsentiert die PHG und die Gesellschaft gegenüber dem Aktionärsausschussvorsitzenden, Aufsichtsrat und der Öffentlichkeit. Er kann diese Aufgaben für bestimmte Arten von Angelegenheiten oder im Einzelfall auf einen anderen Geschäftsführer übertragen. Der Sprecher der PHG koordiniert die Arbeit der PHG und beruft, soweit erforderlich, Sitzungen ein.
334§ 4 Beschlussfassung der PHG:
335-
336
1. Die Beschlüsse werden grundsätzlich in Sitzungen gefasst. Diese finden in der Regel zweimal im Monat in Präsenz statt. Einer besonderen Einberufung bedarf es nicht. Jeder PHG kann unter Mitteilung des Beratungsgegenstandes die Einberufung einer Sitzung verlangen. Über die Angelegenheit, die zur Zuständigkeit eines abwesenden PHG gehören, sollen nur in dringenden Ausnahmefällen beraten und entschieden werden.
-
337
2. Die Sitzungen werden vom Sprecher der PHG geleitet.
-
338
3. Beschlüsse werden einstimmig gefasst.
-
339
4. Niederschriften sind anzufertigen. Diese müssen zumindest den Tag der Sitzung bzw. der Beschlußfassung, die Teilnehmer, sowie den Inhalt der gefassten Beschlüsse enthalten. Die Niederschrift ist sämtlichen PHG zuzuleiten, also auch denen, die nicht an der Beschlussfassung teilgenommen haben. Die Niederschrift gilt als genehmigt, wenn in der nächsten, dem Zugang der Niederschrift folgenden Sitzung kein PHG widerspricht.
§ 8 Entscheidungs-, Zustimmungs- und Informationsregeln gegenüber dem Aktionärsausschussvorsitzenden:
341Details hierzu sind in der jeweilig gültigen Fassung des EZI-Codes geregelt.“
342Ferner sah die Geschäftsordnung Regelungen zum Geschäftsführungsausschuss vor. Sein Zweck bestand darin, die SCA auch dann handlungsfähig zu halten, wenn nicht alle persönlich haftenden Gesellschafter in Luxemburg anwesend waren. Der Geschäftsführungsausschuss bestand aus dem Sprecher der Partner (im hier relevanten Zeitraum der Angeklagte K), dem für das Risikomanagement zuständigen Partner (im hier relevanten Zeitraum der Angeklagte J) sowie allen Geschäftsführern, die nicht persönlich haftende Gesellschafter der SCA waren. Deren Existenz war ein Novum gegenüber der bisherigen Struktur in der deutschen KGaA. Beschlussfähig war der Ausschuss bereits, wenn mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter und drei weitere Geschäftsführer an der Beschlussfassung teilnahmen. Beschlüsse wurden einstimmig gefasst. Dem Geschäftsführungsausschuss war auf der Grundlage von § 9 Abs. 3 der Satzung die tägliche Geschäftsführung übertragen.
343Der Geschäftsführungsausschuss hatte einen Kreditausschuss gebildet. Ihm gehörten grundsätzlich alle Mitglieder des Geschäftsführungsausschusses an. Der Kreditausschuss war beschlussfähig, wenn – erstens – mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter, – zweitens – entweder der für das Risikomanagement zuständige persönlich haftende Gesellschafter oder der Leiter des Credit Risk Management und – drittens – insgesamt mindestens die Hälfte der Mitglieder des Geschäftsführungsausschusses an der Entscheidung mitwirkten. Sofern an der entsprechenden Sitzung allerdings auch nicht dem Geschäftsführungsausschuss angehörige persönlich haftende Gesellschafter teilnahmen, waren auch diese stimmberechtigt.
344Zu § 2 der obigen Geschäftsordnung bestand eine Definition der beratungs- (B)/zustimmungs- (Z)/informations- (I)/durchführungs- (D)/entscheidungspflichtigen (E) Geschäftsvorgänge der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander. Diese differenzierte zwischen Geschäftsvorgängen innerhalb der SCA und solchen innerhalb von Tochtergesellschaften. Bei Letzteren handelte es sich im Wesentlichen um die KGaA und die X28-Bank. Hieraus ergab sich zunächst, dass jedenfalls die aufgezählten Geschäftsvorgänge innerhalb von Tochtergesellschaften zur Behandlung auch auf Konzernebene der SCA zuzuleiten waren. Im Einzelnen kennzeichnete – hier jeweils bezogen auf den Bereich von Tochtergesellschaften – Ziff. 2 („Strategische Entscheidungen“) „Standortentscheidungen“ (Ziff. 2.6) sowie den „Kauf oder Verkauf von Beteiligungen/Joint-venture/Grundstücken ab € 25 Mio.“ (Ziff. 2.7) mit einem „Z“. Für Beteiligungen ab € 1 Mio. bis € 10 Mio. war ein „Z“ vorgesehen, allerdings mit der Ergänzung: „Partner M/MF“. „M“ bedeutete dabei „Markt“, „MF“ bedeutete „Marktfolge“.
345Der – wie zuvor in der KGaA wiederum von den persönlich haftenden Gesellschaftern allein mit dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Aktionärsausschusses aufgestellte und dessen übrigen Mitgliedern unbekannte – EZI-Code zu § 8 der Geschäftsordnung kennzeichnete mit Stand vom 9. Juli 2007 sowie 14. Januar 2009 unter der Überschrift „Zusammenwirken der PHG der SCA gegenüber dem Aktionärsausschuss der SCA, vertreten durch dessen Vorsitzenden – Teilbereicht KGaA –“, mithin für Vorgänge in der KGaA, an denen die SCA in ihrer Holdingfunktion zu beteiligen war, unter Ziff. 2 („Strategische Entscheidungen“) „Standortentscheidungen“ (Ziff. 2.3) mit einem „I“ sowie den „Kauf oder Verkauf von Beteiligungen/Joint-venture/Grundstücken über € 25 Mio.“ (Ziff. 2.4) mit einem „Z“. Die in der Auflistung verwendeten Buchstaben waren wie folgt definiert:
346„E = Entscheidung zusätzlich zu einer Entscheidung der PHG
347Z = Zustimmung zu einer Entscheidung der PHG
348I = Information über eine Entscheidung der PHG“
349Die für den Gesamtkonzern geltende Kompetenzordnung der SCA im Kreditbereich vom 3. Juli 2007 stellte sich wie folgt dar:
350 351Die Anlage zu dieser Kompetenzordnung sah für von der KGaA vergebene Kreditäquivalente zwischen 50 und 100 Mio. € die Zustimmung lediglich der Partner für den Marktbereich und des Risikomanagements vor. Kredite an Kreditnehmer mit „Investment Grade“ wurden dabei mit 100 % ihres Betrages angesetzt, solche an Kreditnehmer mit „Non Investment Grade“ mit 200 %. Ab einem Kreditäquivalent von 100 Mio. € bedurfte es zusätzlich einer Empfehlung des Konzernbüros sowie der Zustimmung des Kreditausschusses der SCA. Ferner war bestimmt, dass bei Großkrediten i.S.d. § 13 KWG eine Genehmigung durch die Gesamtpartnerschaft der KGaA sowie bei Organkrediten i.S.d. § 15 KWG eine Genehmigung durch die Gesamtpartnerschaft und den Kreditausschuss des Aufsichtsrates der KGaA erforderlich war.
352Das sogenannte Kompetenztableau zu den Ständen 9. Juli 2007 und 14. Januar 2009 entsprach diesen Bestimmungen. Auch hier war bestimmt, dass bei Groß- und Organkrediten alle Geschäftsleiter an der Entscheidung mitzuwirken hatten. Ferner war festgelegt, dass bei Engagements von mehr als 100 Mio. € eine Information des Aktionärsausschussvorsitzenden zu erfolgen hatte.
353Bei dem Konzernbüro handelte es sich wiederum um eine – nunmehr in der SCA angesiedelte – Fachabteilung des Bereichs Risikomanagement, die die Kreditrisiken für den Gesamtkonzern analysierte. Entsprechendes gab es in Form des sogenannten Beteiligungssekretariats auch für Beteiligungsentscheidungen.
354Kredite für O-E-Investments (s. unten III.) wurden als nicht zum – in die Kompetenz des Kreditausschusses fallenden – Tagesgeschäft gehörend angesehen. Für deren Genehmigung auf Konzernebene war somit nicht der Kreditausschuss, sondern allein die persönlich haftenden Gesellschafter zuständig. Diese zeichneten derartige Kredite häufig in denjenigen – in der Regel einmal monatlich stattfindenden – Sitzungen des Kreditausschusses ab, an denen sämtliche persönlich haftenden Gesellschafter teilnahmen. In diesen Fällen waren die übrigen Geschäftsführer zwar anwesend, hatten aber kein Stimmrecht. Auch für die Genehmigung von der SCA zuzuleitenden Beteiligungsentscheidungen oder Grundstückserwerben war in aller Regel nicht der Geschäftsführungsausschuss, sondern allein die persönlich haftenden Gesellschafter zuständig.
(b) Kommanditaktionäre
(aa) Aktionärs-Pool
355Das gesamte in Namensaktien ohne Nennwert eingeteilte Gesellschaftskapital der SCA wurde von den Unterzeichnern des am 19. Juni 2007 geschlossenen Vertrages über die Bildung des Aktionärs-Pools der Bank O jr. & Cie. SCA (im Folgenden: Aktionärs-Pool) gehalten. Die Mitglieder des Aktionärs-Pools entsprachen denjenigen des Gesellschafter-Pools. Der Aktionärs-Pool unterlag luxemburgischem Recht. War der Gesellschafter-Pool ein gesellschaftsrechtliches Konstrukt nach deutschem Recht (GbR), handelte es sich bei dem selbst nicht rechtsfähigen Aktionärs-Pool zunächst um eine Gesamthandsvereinbarung (indivision). So bestimmte Ziffer I. § 1 Abs. 2 des Aktionärs-Pool-Vertrags, dass der Gegenstand der Vereinbarung in der gemeinsamen Verwaltung der Beteiligung an der SCA sowie in der Verwaltung von sonstigem eigenen Vermögen liege. I. § 2 legte fest, dass alle von den Aktionären bei der Gründung der SCA und im Rahmen von Kapitalerhöhungen übernommenen Aktien den Aktionären zur gesamten Hand gehörten. Ein gesondertes Eigentum eines einzelnen Aktionärs bestand nicht. Die Aktionäre hatten kein Eigentum nach Bruchteilen, sondern einen ungeteilten Miteigentumsanteil (part indivise) am gesamten Pool-Vermögen. I. § 4 regelte, dass sich die Beteiligung am Aktionärs-Pool für alle das Miteigentumsverhältnis betreffenden Rechtsbeziehungen, insbesondere hinsichtlich des Stimmrechts, der Beteiligung am Pool-Vermögen sowie an einem eventuellen Liquidationsüberschuss nach der Quote bestimmte, mit der die Miteigentümer – unbeschadet des bestehenden Gesamthandseigentums (propriété indivise) – wirtschaftlich am Grundkapital der SCA beteiligt waren.
356I. § 6 des Aktionärs-Pool-Vertrages legte fest, dass sich der Miteigentümerkreis aus den vier Familienstämmen Oa, Dr. h.c. Ob, Od und 1Q7, den Gruppen „N4“, Dr. D3 und Erben D7, der AB u. AC Stiftung, den persönlich haftenden Gesellschaftern sowie weiteren Miteigentümern zusammensetze. Die Zusammensetzung der Stämme und Gruppen entsprach derjenigen im Gesellschafter-Pool. Auch die übrigen Regeln des I. § 6 entsprachen im Kern denjenigen des I. § 6 des Gesellschafter-Pool-Vertrages.
357Im Einzelnen stellten sich die Beteiligungsverhältnisse am Aktionärs-Pool, die im Wesentlichen den Verhältnissen des Gesellschafter-Pools entsprachen, in den Jahren 2007 bis 2009 wie folgt dar:
358 359 360 361Gem. I. § 8 Abs. 1 des Aktionärs-Pool-Vertrages wurden Beschlüsse der Miteigentümer grundsätzlich in ordentlichen oder außerordentlichen Pool-Versammlungen gefasst. Nach Abs. 2 fand die ordentliche Pool-Versammlung jährlich vor der Generalversammlung der SCA statt, in der der Jahresabschluss der Gesellschaft festgestellt und über die Ergebnisverwendung Beschluss gefasst wurde. Außerordentliche Pool-Versammlungen fanden nach Abs. 3 in allen Fällen statt, in denen ein Beschluss der Pool-Versammlung notwendig war oder wenn sonstwie das Interesse des Aktionärs-Pools die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung erforderte, insbesondere vor der Abhaltung einer außerordentlichen Generalversammlung der SCA. Nach Abs. 7 war die Pool-Versammlung beschlussfähig, wenn mehr als 75 % der Stimmen sämtlicher stimmberechtigter Miteigentümer anwesend oder vertreten waren. Gemäß Abs. 8 wurden Beschlüsse der Pool-Versammlung, soweit der Vertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vorsah, mit einfacher Mehrheit der insgesamt bestehenden Stimmen gefasst. Für besonders gewichtige Entscheidungen – etwa die Veräußerung von Aktien der SCA, die Einbringung der Beteiligung an der SCA in ein anderes Unternehmen oder in Fällen, in denen in der Generalversammlung der SCA aufgrund Gesetzes oder kraft Satzungsbestimmung eine Mehrheit von mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erforderlich ist – sah Abs. 9 eine erforderliche Mehrheit von 75 % der insgesamt bestehenden Stimmen vor. Solche Beschlüsse waren zudem nur rechtswirksam, wenn ihnen alle Familienstämme zustimmten.
362Gemäß I. § 9 Abs. 1 („Ausübung des Stimmrechts in den Organen und Gremien der O Gesellschaften“) des Aktionärs-Pool-Vertrages beschloss die Pool-Versammlung, in welcher Weise in der Generalversammlung der SCA das Stimmrecht ausgeübt wurde, das mit den im Gesamthandsvermögen des Aktionärs-Pools befindlichen Aktien verbunden war. Nach Abs. 2 beschloss die Pool-Versammlung insbesondere in sämtlichen Fällen, in denen in der Generalversammlung der SCA kraft Gesetzes oder aufgrund Satzungsbestimmung Beschluss zu fassen war.
363Diese Bestimmungen führten dazu, dass die Tagesordnung der Generalversammlung der SCA vor deren Stattfinden durch die Aktionärs-Pool-Versammlung – entsprechend der früheren Praxis im Gesellschafter-Pool hinsichtlich der KGaA – vorbeschlossen wurde.
364I. § 9 Abs. 3 bestimmte ferner, dass die §§ 8 und 9 entsprechend für sämtliche Aktionärsrechte, welche die SCA an der KGaA ausübte, galten. Weiter war dort geregelt, dass sich die Miteigentümer, die Mitglieder in einem Organ oder Gremium der KGaA waren oder welche die SCA bei der Tagung eines solchen Organs oder Gremiums vertraten, verpflichteten, soweit gesetzlich zulässig, die von der Pool-Versammlung gefassten Beschlüsse betreffend dieses Bankhauses in den dortigen Organen und Gremien umzusetzen.
365Praktisch führte dies dazu, dass auch die Tagesordnung der Hauptversammlung der KGaA vor deren Stattfinden durch die Aktionärs-Pool-Versammlung – entsprechend der früheren Praxis im Gesellschafter-Pool auf Vorschlag des Aktionärsausschusses – vorbeschlossen wurde. Der Aktionärs-Pool entsandte sodann wiederum über das Pool-Sekretariat (dazu sogleich) einen Vertreter der SCA in die Hauptversammlung der KGaA, der dort gemäß den Beschlüssen des Aktionärs-Pool die Stimme abzugeben hatte.
366Die Verwaltung und Vertretung des Aktionärs-Pools erfolgte durch das – wiederum so benannte – Pool-Sekretariat. Die dieses betreffenden Regelungen in I. § 7 des Aktionärs-Pool-Vertrages entsprachen inhaltlich I. § 7 des Gesellschafter-Pool-Vertrages (s.oben I., (2), (a)), nunmehr allerdings bezogen auf die SCA.
367Die Mitglieder des Aktionärs-Pool-Sekretariats waren wiederum die Zeugen Ob, B.C12 und N3.
368Die Regelungen in II. § 2 Abs. 2 d), Abs. 4 des Aktionärs-Pool-Vertrages entsprachen inhaltlich denjenigen des Gesellschafter-Pool-Vertrages (s. oben I., (2), (a)), allerdings bezogen auf die SCA. Auch die Regelung in II. § 2 Abs. 5 des Gesellschafter-Pool-Vertrages (s. oben I., (2), (a)) fand sich an entsprechender Stelle im Aktionärs-Pool-Vertrag, dort allerdings bezogen auf den gesamten „O-Konzern“ als Kreditgeber.
369Auch II. § 3 des Aktionärs-Poolvertrages entsprach inhaltlich der entsprechenden Bestimmung des Gesellschafter-Pool-Vertrages.
370Im Übrigen enthielt der Abschnitt II. des Aktionärs-Pool-Vertrages – entsprechend dem Aufbau des Gesellschafter-Pool-Vertrages – insbesondere Regelungen zum Eintritt persönlich haftender Gesellschafter in die SCA (§ 1), zur Vergütung der persönlich haftenden Gesellschafter der SCA (§ 4), zu deren Pflichten im Falle ihres Ausscheidens (§ 5) und zur Amtsdauer der Mitglieder des Aktionärsausschusses und des Aufsichtsrates (§ 9). II. § 10 („Bestimmungen die Beteiligung am Bankhaus O jr. & Cie. KGaA, Köln, betreffend“) bestimmte sodann:
371„Solange die O jr. & Cie. SCA die Mehrheit der Kommanditaktien an der deutschen O jr. & Cie. KGaA hält, gelten die Sonstigen Vereinbarungen im vorstehenden Abschn. II mit Ausnahme der §§ 7 und 8 (Anmerkung: diese betreffen Kapitalerhöhungen und Nießbrauchsregelungen sowie Unterbeteiligungsvereinbarungen) auch für diese Gesellschaft entsprechend mit folgender Maßgabe:
372(1) Die Bestimmungen in § 4 umfassen die den persönlich haftenden Gesellschaftern bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien und der O jr. & Cie. KGaA insgesamt vorzusehenden Bezüge.
373(2) […]
374(3) Sofern bei der O jr. & Cie. KGaA an die Stelle des Aktionärsausschusses ein anderes Gremium tritt (z.B. ein Beirat), gelten die auf den Aktionärsausschuss bezogenen Bestimmungen für dieses andere Gremium entsprechend.
375(4) § 9 Abs. (3) der Gesamthandsvereinbarung (Abschnitt I) gilt für die Umsetzung der in diesem Abschnitt II. niedergelegten Grundsätze entsprechend.“
376Durch ein sog. Addendum zum Aktionärs-Pool-Vertrag vom 13. Dezember 2008 wurde die rechtliche Konstruktion des Aktionärs-Pools verändert. Hintergrund hierfür war eine Änderung des deutschen Erbschaftssteuerrechts zum 1. Januar 2009, mit der unentgeltliche Übertragungen von Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt wurden. Voraussetzung für diese Begünstigung war aber die Unmittelbarkeit des Eigentums des Erblassers oder Schenkers an den betroffenen Unternehmensteilen. Dieses Unmittelbarkeitserfordernis sahen die Aktionärs-Pool-Mitglieder durch die bis dahin bestehende Gesamthandsstruktur als nicht hinreichend sicher erfüllt an. Aus diesem Grund wurde das Aktionärs-Pool-Vermögen aus der gesamthänderischen Bindung herausgelöst und in individuelles Eigentum – entsprechend der früheren wirtschaftlichen Beteiligung an der Gesamthand – überführt. Das weiter bestehende Ziel einer Interessenbündelung wurde durch eine den bisherigen Regeln inhaltlich entsprechende, jedoch rein schuldrechtliche Poolungs-Vereinbarung erreicht.
(bb) Generalversammlung
377Für die Generalversammlung der Aktionäre traf die Satzung der SCA auszugsweise die folgenden Bestimmungen:
378„§ 29 Teilnahmeberechtigung
379(1): Zur Teilnahme an der Generalversammlung der Aktionäre sind alle Aktionäre berechtigt.
380(2): Die Mitglieder des Aktionärsausschusses sind berechtigt, an der Generalversammlung der Aktionäre teilzunehmen.
381§ 30 Vorsitz in der Generalversammlung der Aktionäre
382(1): Den Vorsitz in der Generalversammlung der Aktionäre führt der Aufsichtsratsvorsitzende oder dessen Stellvertreter.
383§ 31 Stimmrecht und Vertretung
384Jede Aktie gewährt eine Stimme. […]
385§ 32 Beschlußfassung
386(1): Die Beschlüsse der Generalversammlung der Aktionäre werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen und des bei der Beschlussfassung vertretenen Gesellschaftskapitals gefasst, soweit das Gesetz vom 10. August 1915 betreffend Handelsgesellschaften, wie abgeändert, oder die Satzung nicht zwingend etwas anderes vorschreiben.
387(2): Wahlen zu den Organen der Gesellschaft erfolgen mit einfacher Stimmenmehrheit. Ist diese im ersten Wahlgang nicht erreicht, so findet ein zweiter unter denjenigen zur Wahl stehenden Personen statt, denen die beiden höchsten Stimmenzahlen zugefallen sind.
388§ 33 Satzungsänderungen
389(1): Beschlüsse der Generalversammlung der Aktionäre über Satzungsänderungen bedürfen der Vertretung von mindestens der Hälfte des Gesellschaftskapitals und werden mit einer Dreiviertel- (3/4) Mehrheit der abgegebenen Stimmen und des bei der Beschlussfassung vertretenen Gesellschaftskapitals gefasst, soweit nicht gesetzlich eine höhere Mehrheit zwingend erforderlich ist.
390(2): Jede von der Generalversammlung der Aktionäre beschlossene Abänderung der Satzung bedarf zu ihrer Gültigkeit außerdem der Zustimmung einer Mehrheit von fünfundsiebzig Prozent (75 % ) der persönlich haftenden Gesellschafter.“
391In § 5 der Satzung hieß es:
392„§ 5 Höhe und Einteilung des Gesellschaftskapitals
393(3): Die Gesellschaft erkennt nur einen Eigentümer pro Aktie an; sollte das Eigentum an Aktien in mehreren Händen liegen oder aufgeteilt sein, müssen diejenigen, die ein Recht an diesen Aktien geltend machen, einen gemeinsamen Treuhänder oder Bevollmächtigten ernennen, um die aus den Aktien resultierenden Rechte gegenüber der Gesellschaft zu vertreten. Die Gesellschaft kann die Ausübung aller Rechte bezüglich solcher Aktien aussetzen, solange nicht eine einzige Person zum Eigentümer, Treuhänder oder Bevollmächtigten in Bezug auf die Aktien und im Verhältnis zur Gesellschaft benannt worden ist. Der Treuhänder gilt gegenüber der Gesellschaft als rechtlicher Eigentümer der Aktien.“
394Ferner war Folgendes bestimmt:
395„§ 35 Feststellung des Jahresabschlusses:
396Der ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre, die innerhalb der ersten sechs (6) Monate des Geschäftsjahres stattfindet, werden der Jahresabschluss, der Lagebericht, der Bericht des Aufsichtsrats sowie der Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns vorgelegt und erläutert. Die Generalversammlung der Aktionäre beschließt sodann über:
397a) die Feststellung des Jahresabschlusses;
398b) die Verwendung des Bilanzgewinns;
399c) die Entlastung der persönlich haftenden Gesellschafter, der Mitglieder des Aufsichtsrats und des Aktionärsausschusses;
400Der Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses bedarf der Zustimmung aller persönlich haftenden Gesellschafter.“
(cc) Aktionärsausschuss
401Auch die Satzung der SCA sah als besonderes Repräsentationsorgan der Kommanditaktionäre einen Aktionärsausschuss vor. Die hierzu getroffenen Regelungen lauteten auszugsweise wie folgt:
402„§ 12 Aufgaben des Aktionärsausschusses
403(1): Der Aktionärsausschuss hat die Aufgabe, die ihm von der Generalversammlung der Aktionäre oder durch die Satzung übertragenen Angelegenheiten durchzuführen. Er vertritt – soweit nicht die Generalversammlung der Aktionäre oder der Aufsichtsrat gemäß den Bestimmungen des Gesetzes vom 10. August 1915 betreffend die Handelsgesellschaften, wie abgeändert, zwingend zuständig sind – die Kommanditaktionäre gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern.
404(2): s.o.
405(3): Die Mitglieder des Aktionärsausschuss greifen nicht in die Geschäftsführung der Gesellschaft ein und haften Dritten gegenüber nicht für deren Verbindlichkeiten.
406(4): Der Aktionärsausschuss berichtet mindestens einmal im Jahr über seine Tätigkeit an die Generalversammlung der Aktionäre.
407§ 13 Zusammensetzung
408(1): Der Aktionärsausschuss besteht aus mindestens vier Mitgliedern.
409(2): Die Wahl der Mitglieder des Aktionärsausschusses erfolgt auf Vorschlag aller persönlich haftenden Gesellschafter durch die Generalversammlung der Aktionäre. Mitglieder des Aktionärsausschusses können auch ohne Vorschlag der persönlich haftenden Gesellschafter gewählt werden, wenn die Wahl mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel (¾) der anwesenden bzw. vertretenen Aktionärsstimmen stattfindet. Als Mitglieder können nur Kommanditaktionäre, Gesellschafter von Kommanditaktionären oder frühere oder zukünftige Kommanditaktionäre oder Gesellschafter von Kommanditaktionären gewählt werden.
410§ 14 Amtsdauer:
411Sofern in der Satzung oder bei der Wahl nichts anderes bestimmt wird, werden die Mitglieder des Aktionärsausschusses bis zur Beendigung der Generalversammlung der Aktionäre gewählt, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach ihrer Wahl beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Wahl erfolgt, wird nicht mitgerechnet.
412§ 15 Geschäftsordnung:
413Der Aktionärsausschuss gibt sich seine Geschäftsordnung nach Anhörung der persönlich haftenden Gesellschafter selbst.
414§ 16 Vorsitzender und Stellvertreter
415(1): Der Aktionärsausschuss wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter für die in § 14 bestimmte Amtsdauer. Der Stellvertreter hat die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, wenn dieser verhindert ist. Scheidet der Vorsitzende oder sein Stellvertreter vorzeitig aus dem Amt aus, so hat der Aktionärsausschuss seinen Nachfolger unverzüglich zu wählen.
416(2): Erklärungen des Aktionärsausschusses werden namens des Aktionärsausschusses von seinem Vorsitzenden abgegeben.
417§ 17 Einberufung und Leitung der Sitzungen
418(1): Der Vorsitzende des Aktionärsausschusses beruft die Sitzungen ein und leitet sie. Die Einberufung soll schriftlich unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen und Übersendung der Tagesordnung erfolgen; […]
419(2): Sitzungen des Aktionärsausschusses sollen einmal im Kalenderhalbjahr stattfinden. Der Aktionärsausschuss ist außerdem einzuberufen, wenn eines der Mitglieder des Aktionärsausschusses oder einer der persönlich haftenden Gesellschafter dies schriftlich unter Angabe des Zwecks und des Grundes verlangt.
420(3): Persönlich haftende Gesellschafter sind berechtigt und verpflichtet, den Sitzungen des Aktionärsausschusses beizuwohnen. Sie sind zu den Sitzungen einzuladen und müssen vor jeder Beschlussfassung gehört werden.
421§ 18 Beschlüsse
422(1): Der Aktionärsausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder – unter ihnen der Vorsitzende oder sein Stellvertreter – anwesend oder vertreten ist. Ein Mitglied kann sich nur durch ein anderes Mitglied aufgrund schriftlicher Vollmacht vertreten lassen. Ein Mitglied kann ein oder mehrere andere Mitglieder vertreten.
423(2): Außerhalb von Sitzungen sind Beschlussfassungen durch schriftliche, tele ische, fernschriftliche oder fernkopierte Stimmabgaben zulässig, wenn kein Mitglied des Aktionärsausschusses diesem Verfahren widerspricht.
424(3): Der Aktionärsausschuss beschliesst mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
425(4): Für Beschlüsse, deren Gegenstand die Kündigung gegenüber einem persönlich haftenden Gesellschafter ist, ist eine Mehrheit von drei Viertel (¾) der abgegebenen Stimmen erforderlich. Ein solcher Beschluss kann nur in einer Sitzung gefasst werden, zu der schriftlich mit einer Frist von mindestens drei (3) Wochen eingeladen worden ist, wobei in der Einladung darauf hingewiesen werden muss, dass über die Kündigung gegenüber einem persönlich haftenden Gesellschafter Beschluss gefasst werden soll. Der Aktionärsausschuss ist in diesem Fall nur beschlussfähig, wenn mindestens zwei Drittel (2/3) der Mitglieder anwesend oder vertreten sind.
426(5): Über die Verhandlungen und Beschlüsse des Aktionärsausschusses ist eine Niederschrift anzufertigen, die von dem Sitzungsvorsitzenden und den anwesenden persönlich haftenden Gesellschaftern zu unterzeichnen ist. Über Beschlüsse, die auf schriftlichem, tele ischem, fernschriftlichem oder fernkopiertem Wege zustande kommen, nimmt der Vorsitzende des Aktionärsausschusses eine Niederschrift auf und unterzeichnet sie.“
427Die Besetzung des Aktionärsausschusses der SCA entsprach ab Juli 2007 bis zum Eintritt der V11 derjenigen des Aktionärsausschusses der KGaA im zweiten Halbjahr 2007:
428- Ob (Vorsitzender)
429- B.C12 (stellvertretender Vorsitzender)
430- A.C12 (Ehrenvorsitzende)
431- Ka
432- N3
433- N4
434- Oe
435- Q7
436- Dr. Z7
437A.C12 verstarb am 1. Juni 2009.
438Die in § 15 der Satzung angesprochene Geschäftsordnung wurde nie erlassen.
439Die Rolle des Aktionärsausschusses und dessen Vorsitzenden sowie der Ablauf der Sitzungen entsprachen dem zur KGaA Beschriebenen. Insbesondere kam es auch auf der Ebene der SCA im Aktionärsausschuss nicht zur Einholung von Entscheidungen oder Zustimmungen zu einzelnen Geschäften durch die persönlich haftenden Gesellschafter. Die darauf angelegten Regelungen des EZI-Codes waren den einfachen Gremienmitgliedern auch hier unbekannt. Sie kamen allein gegenüber dem Aktionärsausschussvorsitzenden zur Anwendung.
(c) Aufsichtsrat
440Zum – nach luxemburgischen Recht nicht mitbestimmten – Aufsichtsrat sah die Satzung der SCA auszugsweise folgende Bestimmungen vor:
441„§ 20 Befugnisse, Geschäftsordnung und Ausschüsse
442(1): Die Geschäfte sowie die finanzielle Situation der Gesellschaft, insbesondere ihre Bilanzen und Konten, unterliegen der Überwachung des Aufsichtsrats, der aus mindestens drei Mitgliedern besteht, welche nicht Aktionäre der Gesellschaft sein müssen. Der Aufsichtsrat nimmt die ihm durch das Gesetz vom 10. August 1915 über die Handelsgesellschaften, wie abgeändert, und der Satzung der Gesellschaft zugewiesenen Aufgaben und Rechte wahr.
443(2): Der Aufsichtsrat gibt sich seine Geschäftsordnung selbst.
444(3): Der Aufsichtsrat kann die Ausübung einzelner ihm obliegender Aufgaben Ausschüssen oder einzelnen seiner Mitglieder übertragen, soweit das Gesetz vom 10. August 1915 über die Handelsgesellschaften, wie abgeändert, dies zulässt.
445§ 21 Zusammensetzung und Amtsdauer
446(1): Der Aufsichtsrat besteht aus sechs (6) Mitgliedern, welche von der Generalversammlung der Aktionäre gewählt werden.
447(2): Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden für die Zeit bis zur Beendigung der Generalversammlung der Aktionäre gewählt, die über ihre Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem sie ihr Amt antreten, wird nicht mitgerechnet. Die Generalversammlung der Aktionäre kann bei der Wahl eine kürzere Amtszeit beschließen.
448Die übrigen satzungsmäßigen Bestimmungen zum Aufsichtsrat der SCA entsprachen inhaltlich – mit Ausnahme kleinerer Abweichungen (etwa hinsichtlich der Mindestzahl der jährlichen Sitzungen) – den zum Aufsichtsrat der KGaA (s.o. I., (3)) wiedergegebenen Regelungen.
449Der Aufsichtsrat war bis zum Eintritt der V11 wie folgt besetzt:
450- B.C12 (Vorsitzender)
451- Ob (stellvertretender Vorsitzender)
452- Oe
453- Q7
454- D1
455- D2
456Die Rolle des Aufsichtsrats und der Ablauf der Sitzungen entsprachen dem zur KGaA Beschriebenen.
457Der Aufsichtsrat hatte einen Prüfungsausschuss gebildet, dem nach § 20 Abs. 3 der Satzung insbesondere die Überwachung der Konzernrevision, der Revision des Bankbetriebs Luxemburg sowie der Compliance-Funktionen übertragen war. Ihm fiel zudem die Aufgabe zu, innerhalb des Aufsichtsrats die Behandlung komplexer Sachverhalte zu übernehmen und Abschlussprüfungsschwerpunkte festzulegen. Dem Prüfungsausschuss gehörten bis zum Eintritt der V11 der Zeuge Ob als Vorsitzender, der Zeuge B.C12 und D1 an.
(2) KGaA
458Die Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg hatte auf die Verfassung der KGaA keine Auswirkungen. Insbesondere blieb die Satzung, soweit oben wiedergegeben, unverändert.
459Zu den Gesellschaftsorganen kann im Einzelnen Folgendes festgestellt werden:
(a) Persönlich haftende Gesellschafter
460Zum Oktober 2007 schied der Zeuge C7 als persönlich haftender Gesellschafter der KGaA aus. Der Angeklagte O übernahm daraufhin den bis dahin vom Zeugen C7 geleiteten Bereich „Asset Management“ und leitete damit den gesamten Bereich „Vermögensverwaltung“.
461Frühestens zur zweiten Jahreshälfte 2007, spätestens jedoch ab Mitte 2008 wechselte die Zuständigkeit für das „Facility Management“ vom Ressort des Angeklagten J zum „Bereich des Sprechers“ des Angeklagten K. Im Gegenzug erhielt der Angeklagte J die zuvor dem „Bereich des Sprechers“ zugeschlagene Zuständigkeit für den Bereich „Personal“.
462Im Übrigen verblieb es inhaltlich bei den Ressortzuschnitten.
463Die O-E Holding GbR war ab Ende 2007 als Beteiligung der Bank von der Geschäftsverteilung der KGaA nicht mehr erfasst. Denn sie war ab diesem Zeitpunkt keine unmittelbare Tochter der KGaA mehr (s. dazu im Einzelnen unten III., (2)). Dies änderte nichts daran, dass der gesamte „Bereich E“ wie zuvor – nunmehr allerdings auf Ebene der KGaA wie der SCA – maßgeblich den Angeklagten K und O überantwortet war.
464Trotz im Zuge der Konzernverlagerung nach Luxemburg angestellter Modifikationsüberlegungen blieben die Geschäftsordnung der persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA, die bestehenden Regelungen zu § 2 dieser Geschäftsordnung (also zum Verhältnis der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander) sowie die Regelungen zu deren § 8 (also der EZI-Code zum Zusammenwirken der persönlich haftenden Gesellschafter gegenüber dem Aktionärsausschussvorsitzenden) auf Ebene der KGaA letztlich unverändert. Dies führte dazu, dass der Aktionärsausschussvorsitzende bei Vorgängen, die zum einen dem KGaA-EZI-Code unterfielen, zum anderen aber auch der SCA zuzuleiten waren und ebenfalls dem dortigen EZI-Code zum Zusammenwirken mit dem Aktionärsausschussvorsitzenden unterfielen, sowohl auf der Ebene der KGaA wie auch auf derjenigen der SCA beteiligt wurde.
(b) Kommanditaktionäre
(aa) Hauptversammlung
465In den Hauptversammlungen der KGaA wurde die SCA als alleinige Kommanditaktionärin in Jahren 2007 bis 2009 vertreten durch den Zeugen C7 (außerordentliche Hauptversammlung 2007), den Zeugen Ob (ordentliche Hauptversammlung 2008), den Zeugen N4 (außerordentliche Hauptversammlung vom 16. Dezember 2008, ordentliche Hauptversammlung 2009 und außerordentliche Hauptversammlung 2009) und den Angeklagten K (außerordentliche Hauptversammlung vom 19.Dezember 2008).
(bb) Aktionärsausschuss
466Der Aktionärsausschuss wurde auf der Ebene der KGaA trotz der Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg, Einbringung aller KGaA-Aktien in die SCA und Errichtung eines Aktionärsausschusses auf Ebene der SCA nicht aufgelöst, sondern bestand auch in der KGaA weiter fort. Die Satzung der KGaA blieb insoweit unverändert. Die ihm durch die Satzung zugewiesenen Funktionen übte der Aktionärsausschuss somit weiterhin aus. Insbesondere galt auch § 12 Abs. 1 der Satzung gleichlautend fort. Separate Sitzungen nur des Aktionärsausschusses der KGaA fanden allerdings nicht mehr statt. Aufgrund der Personenidentität wurden die – nun in der Regel in Luxemburg stattfindenden – Sitzungen des Aktionärsausschusses der SCA vielmehr zugleich als solche des Aktionärsausschusses der KGaA behandelt. Trotz der Veränderung der Konzernstruktur beschränkte sich der unmittelbare Einfluss der Mitglieder des Aktionärs-Pools daher nicht allein auf die Ebene der SCA. Vielmehr blieben sie bzw. ihre Vertreter nicht nur durch das Vorbeschließen der Tagesordnung (auch) der Hauptversammlung der KGaA (s. oben (1), (b), (aa)), sondern zusätzlich über den gemeinsamen KGaA- und SCA-Aktionärsausschuss weiterhin der Souverän des Aktionärswillens gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern auch unmittelbar innerhalb der KGaA. Der Aktionärsausschuss repräsentierte dort durch die gleichen Mitglieder wie zuvor nun nicht mehr den Gesellschafter-Pool, sondern die SCA als Alleinkommanditaktionärin gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern. Dies sicherzustellen war auch der Zweck der Regelung I. § 9 Abs. 3 des Aktionärs-Pool-Vertrages.
467Geschäftsvorgänge, die nach den o.g. EZI-Regeln der Zustimmung des Aktionärsausschussvorsitzenden bedurften, wurden von diesem entsprechend zweifach unterzeichnet: Einmal auf der Kölner Vorlage als Vorsitzender des Aktionärsausschusses der KGaA und einmal auf der Konzernvorlage als Vorsitzender des Aktionärsausschusses der SCA.
(c) Aufsichtsrat
468Der Arbeitnehmervertreter Z20 schied zum 12. Juli 2007 aus dem Aufsichtsrat aus. Er wurde – auch als Zweiter stellvertretender Vorsitzender – durch Gerd-Axel Schuster ersetzt.
469Zum 9. April 2008 ersetzte der Zeuge C7 den Zeugen Q7 als Anteilseignervertreter.
470Durch Beschluss der Hauptversammlung vom 28. April 2009 wurde der Zeuge N4 als Anteilseignervertreter durch D1 ersetzt. Dieser ersetzte ihn auch im Kredit- und Prüfungsausschuss.
471Durch Beschluss der Hauptversammlung vom 25. November 2009 wurde die Satzung der KGaA an die Bestimmungen des Drittelbeteiligungsgesetzes angepasst. Insbesondere wurde § 21 Abs. 1 dahingehend geändert, dass der Aufsichtsrat nur noch aus neun Mitgliedern bestand, von denen sechs von der Hauptversammlung und drei von den Arbeitnehmern gemäß den Bestimmungen des Drittelbeteiligungsgesetzes gewählt wurden.
III. Die O-E Gruppe
(1) Struktur vor Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg
472Seit den 1980er Jahren arbeitete das Bankhaus, zunächst über die Y12-Versicherung, später – maßgeblich auf Initiative Ocs hin – unmittelbar mit dem Angeklagten E bei der Durchführung von geschlossenen Immobilienfonds für vermögende Privatpersonen zusammen. Hintergrund war, dass sich das Bankhaus – nach Veräußerung der Beteiligung an der Y12 zunehmend – auf die Verwaltung umfangreicher und komplexer Vermögen von Privatkunden spezialisierte. Bei diesen gab es seinerzeit eine große Nachfrage auch nach Immobilienfonds. Der Erfolg der Kooperation mit dem Angeklagten E mündete ab 1993 auch in eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung der Bank mit Firmen des Angeklagten E. Diese gestaltete sich, soweit hier von Belang, in den betroffenen Jahren bis zur Konzernverlagerung nach Luxemburg wie folgt:
473Die KGaA hielt 50 % der Anteile an der O-E Holding GbR (im Folgenden: OEH). Die übrigen Anteile wurden von dem Angeklagten E (46,5 %), seiner Ehefrau, der ursprünglichen Verfallsbeteiligten und Zeugin Ea, (1 %) und seinem Bruder, dem Zeugen Eg, (2,5 %) gehalten. Die OEH war aus der von dem Angeklagten E, seiner Ehefrau, seinem Bruder Eg sowie seiner Mutter Ef gegründeten E Familien-Holding GbR hervorgegangen. Deren alleiniger Geschäftsführer war der Angeklagte E gewesen. Jedenfalls ab dem Jahr 2005 wurde die OEH von den Angeklagten E und K sowie Z4 als alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführer vertreten. Nach § 3 des Gesellschaftsvertrages gehörte zu den Aufgaben der Geschäftsführer insbesondere die einheitliche unternehmerische Leitung der zum Vermögen der Gesellschaft zählenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Darüber hinaus nahmen die Geschäftsführer die Gesellschafterrechte bei den zum Vermögen der OEH zählenden abhängigen Unternehmen wahr. Für folgende Gesellschaftermaßnahmen auf der Ebene der beteiligten Gesellschaften mit beschränkter Haftung bedurften die Geschäftsführer in ihrer Eigenschaft als Vertreter der OEH im Innenverhältnis eines vorherigen Gesellschafterbeschlusses: Feststellung sowie Änderung des Jahresabschlusses, Verwendung des Jahresergebnisses; Entlastung der Geschäftsführung; Abschluss/Änderung von Geschäftsführerverträgen; Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern; Erteilung und Widerruf von Prokuren und Handlungsvollmachten; Satzungsänderungen (einschließlich Kapitalerhöhung); Liquidation; Bestimmung eines Abschlussprüfers. Die Mitglieder der Familie E konnten ihr Stimmrecht in der OEH nach dem Gesellschaftsvertrag nur einheitlich ausüben.
474Die OEH hielt 100 % der Anteile u.a. folgender – sämtlich in T ansässiger – Gesellschaften (sog. Funktionsträgergesellschaften): der E Fonds-Projekt GmbH (im Folgenden: JEFP), der Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH (im Folgenden: GEWG), der Eb Bauunternehmung Gesellschaft für Hochbau, Beton- und Stahlbetonbau mbH (im Folgenden: CEBU), der E Finanzierungsvermittlungsgesellschaft mbH (JEFV) sowie der E Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (JEVV).
475Die Angeklagten E und O sowie jedenfalls ab 2006 Z4 waren alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführer der obigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Eg war weiterer Geschäftsführer der GEWG und der CEBU.
476Eine weitere Gesellschaft der O-E Gruppe, die O Immobilientreuhand GmbH (im Folgenden: OIT), wurde zu 50 % von der KGaA und zu 50 % vom Angeklagten E gehalten. Ihre Geschäftsführer waren der Angeklagte E, der Angeklagte O sowie Z4.
477Dabei waren die Organfunktionen des Angeklagten O und des Angeklagten K in allen genannten Firmen im Wesentlichen nicht mit tatsächlicher operativer Tätigkeit verbunden, sondern die Auswahl der Fondsobjekte, die Kalkulation, die Projektierung und Durchführung lagen maßgeblich beim Angeklagten E bzw. dessen Mitarbeitern.
478Für die Jahre 2004 bis 2006 kam es zu jährlichen Gewinnentnahmen der KGaA aus der OEH in Höhe von 11 Mio. € (2004, 2005) bzw. 12 Mio. € (2006).
(2) Struktur nach Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg
479Im Zuge der Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg veränderte sich auch die gesellschaftsrechtliche Struktur der O-E Gruppe. Insbesondere wurden Ende 2007 die Beteiligungsverhältnisse an der OEH modifiziert. Die Anteile an dieser wurden zwar unverändert zu 50 % von den Mitgliedern der E-Familie gehalten. Die übrigen 50 % der Anteile hielt fortan indes nicht mehr die KGaA, sondern eine neu gegründete Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts, die O-OEH S.A., Luxemburg. An deren Grundkapital wiederum waren die SCA zu 9,99 % und die Mitglieder des Aktionärs-Pools zu 90,01 % beteiligt, allerdings bei umgekehrter Gewinnverteilung. Die genauen Hintergründe für diese „Umhängung“ der OEH-Beteiligung ist in der Hauptverhandlung nicht im Einzelnen aufgeklärt worden. Jedenfalls spielten hierbei auch von der Bankenaufsicht geäußerte Bedenken an der mit der unmittelbaren GbR-Gesellschafterstellung der KGaA in der OEH verbundenen unbeschränkten Haftung eine Rolle.
480Die Beteiligungsverhältnisse an der O Immobilientreuhand GmbH blieben unverändert.
481Für die Jahre 2007 und 2008 kam es zu Gewinnentnahmen der O-OEH S.A. aus der OEH in Höhe von 12 Mio. € (2007) bzw. 11 Mio. € (2008).
(3) Funktionsweise der „O-E-Fonds“
482Bei den „O-E-Fonds“ handelte es sich um geschlossene Immobilienfonds, die in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben wurden. Dabei wurde für jedes Objekt eine eigene GbR errichtet. Gegenstand dieser Fonds war in der Regel der Erwerb von Grundstücken und die Errichtung von geschäftlich genutzten Immobilien zur langfristigen Vermietung und Verwaltung. Innerhalb der Vertragskonstruktionen stellte die steuerliche Komponente einen wichtigen Aspekt dar. Dabei war das grundsätzliche Ziel, die Geltendmachung möglichst hoher Werbungskosten bis zur Fertigstellung des Objektes zu erreichen. Dies wurde in der Regel durch die Abspaltung einer Vielzahl von durch Dritte – meist Gesellschaften der O-E Gruppe – wahrgenommenen entgeltlichen Dienstleistungen im Rahmen der Planung, Entwicklung, Durchführung und Fertigstellung des Objektes ermöglicht. Die Gesamtrentabilität der Fonds hing maßgeblich von der auskömmlichen Vermietung des errichteten Objekts ab. Die Fondsplanungen gingen dabei in der Regel von einer erforderlichen Jahresmiete in Höhe von 4 bis 6 % der Investitionskosten aus.
483Die Projektentwicklung und Mietervermittlung erfolgte in der Regel durch die JEFP. Zur Projektrealisierung kam es typischerweise nur dann, wenn im Vorfeld ein Mietinteressent (oder mehrere Mietinteressenten) gefunden war, der bereit war, die von den Fondsinitiatoren als erforderlich erachtete Miete für das – oft nach den individuellen Wünschen dieses potentiellen Mieters – zu errichtende Objekt zu bezahlen. Zum Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft und des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages lag allerdings – zur Erhaltung der beabsichtigten steuerlichen Wirkungen – weder ein Mietvertrag noch ein Mietvorvertrag für die noch zu errichtende Immobilie, für die eine Baugenehmigung gleichfalls noch nicht erteilt war, vor. Die Ansprache von möglichen Fondszeichnern auf der Grundlage von erstellten Projektbeschreibungen und Finanzplänen erfolgte durch die – im hiesigen Zeitraum dem Ressort des Angeklagten O unterfallende – Abteilung Private Banking – Strategische Kunden – der KGaA, die Privatkunden mit einem großen und komplexen Vermögen betreute.
484Als GbR-Gründungsgesellschafter traten in der Regel die JEFP, die OIT sowie der Angeklagte E mit geringen Einlagen auf. Nach Vollplatzierung der Fonds bei Kunden oder Anteilseignern des Bankhauses, die sich bei ihrem Beitritt zur Gesellschaft verpflichteten, den von den Einlagen der Gründungsgesellschafter nicht gedeckten – überwiegenden – Teil des mit dem Projekt verbundenen kalkulierten Gesamtaufwandes durch entsprechende weitere Einlagen aufzubringen, verblieb den Gründungsgesellschaftern üblicherweise ein auf Dauer gehaltener Anteil von jeweils unter 1 % am Gesellschaftskapital. In Ausnahmefällen zeichneten auch die KGaA selbst oder andere Tochtergesellschaften bzw. konzerneigene Dachfonds Fondsanteile bzw. nahmen solche von Kunden zurück. Geschäftsführer der Fondsgesellschaften war in der Regel der Angeklagte E.
485Die GbR-Verträge sahen im Innenverhältnis eine teilschuldnerische Haftung der Gesellschafter für die GbR-Verpflichtungen gemäß ihrer Beteiligungsquote vor. Ferner bestand eine Nachschusspflicht der Gesellschafter für den Fall der Überschreitung des zur Projektrealisierung ursprünglich kalkulierten Aufwandes im Verhältnis ihrer Beteiligungen.
486Die Finanzierung der Fondsgesellschaften erfolgte meist vollständig durch Gesellschaftereinlagen. Die Gesellschaften selbst nahmen keine Kredite auf. Die Gesellschafter finanzierten ihre Einlagen üblicherweise zu ca. 70 % über eine Fremdfinanzierung und zu ca. 30 % aus Eigenmitteln. Regelmäßig erfolgte dabei eine Vorfinanzierung der Eigenmittel, die in der Regel nach Abschluss der Bauphase zurückzuführen war. Die Gesellschafter verpflichteten sich insoweit, die aus der Beteiligung resultierenden Einkommensteuerminderungen zur Tilgung einzusetzen. Als Kreditgeber für die Vorfinanzierung der Eigenmittel sowie für die Zwischenfinanzierung des Fremdkapitals trat SOP auf. Bei der Kreditentscheidung wurde ausschließlich auf die Kundenbonität auf Basis der wirtschaftlichen Verhältnisse und insbesondere nicht auf wirtschaftlich positive Effekte aus der zu finanzierenden Immobilieninvestition abgestellt. Ein Verkehrswertgutachten betreffend die Immobilie wurde durch SOP bis zu deren Fertigstellung zu Finanzierungszwecken daher typischerweise nicht eingeholt. Gleichwohl erfolgte auch schon aus Gründen der Endfinanzierung des Fremdkapitalanteils für diesen die Eintragung von grundpfandrechtlichen Globalgrundschulden auf dem finanzierten Objekt sowie grundsätzlich die persönliche Haftungsunterwerfung in quotaler Höhe entsprechend dem GbR-Anteil. Die in der Regel nach Objektfertigstellung in Anspruch genommenen Endfinanzierungen erfolgten anfangs grundsätzlich nicht durch die KGaA, sondern durch andere Banken. Als Vermittlerin der Endfinanzierungen trat dabei regelmäßig die JEFV auf. Erst in den letzten Jahren vor 2009 kam es vermehrt auch zu Endfinanzierungen durch die KGaA.
487Im Vorfeld des Grundstückserwerbs und der Errichtung des Bauwerks schloss die GbR – in aller Regel mit der JEFP – Verträge zur Projektentwicklung und Mietervermittlung, Projektsteuerung, Planprüfung und Bauüberwachung. Außerdem wurde – typischerweise mit der GEWG – ein Generalübernehmervertrag geschlossen, der die Errichtung der schlüsselfertigen Gebäude zum Gegenstand hatte. Für die einzelnen Bauleistungen bediente sich die GEWG durch Abschluss entsprechender Unterverträge wiederum anderer Firmen, etwa der CEBU.
488Der Grundstückskaufvertrag wurde durch die GbR grundsätzlich erst nach der Vollplatzierung abgeschlossen. Die Beitrittsvereinbarungen mit den Zielkunden standen dabei unter der aufschiebenden Bedingung der Vollplatzierung. Sie enthielten die Höhe der Gesellschaftereinlage, die zugleich den Nominalbetrag des vom Anleger gehaltenen Gesellschaftsanteils bezeichnete.
489Nach der Baufertigstellung und Vermietung des Objektes wurden die Zwischenfinanzierungen durch langfristige Finanzierungen abgelöst. Die Verwaltung der Objekte erfolgte auf der Grundlage entsprechender Verträge.
490Bis zum verfahrensgegenständlichen Projekt B-Straße wurden insgesamt rund 70 „O-E-Fonds“ aufgelegt. In vielen Fällen beteiligten sich an ihnen nicht nur Kunden, sondern auch persönlich haftende Gesellschafter der KGaA und Mitglieder der das Bankhaus tragenden Familien, hier in besonders großem Umfang bis zu ihrem Tod Oc und A.C12. Dies geschah nicht zuletzt auch, um gegenüber potentiellen Fondszeichnern aus dem Kundenkreis eine besondere Vertrauenswürdigkeit der Investitionen zu unterstreichen. Auch der Angeklagte E und seine Ehefrau waren – über die Funktion als Gründungsgesellschafter hinaus – an zahlreichen Fonds persönlich beteiligt. Die Angeklagten K, O und P waren ebenfalls in unterschiedlicher Größenordnung an verschiedenen Fonds beteiligt. Der Angeklagte J hatte zu keinem Zeitpunkt in derartige Fonds investiert.
491Im Rahmen von O-E-Fonds gelangte eine Reihe von Großprojekten, hauptsächlich im Kölner Raum, zur Realisierung, wie zum Beispiel die „KölnArena“, der Umbau des Kölner Messegeländes und das „X6“ in x. Dabei beteiligte sich jeweils ein relativ kleiner Investorenkreis mit hohen, zumeist im Millionenbereich liegenden Beträgen. Durch die Kombination hoher steuerwirksamer Verlustzuweisungen und einer errechnet hohen Rendite durch langfristige Mietverträge mit einem an der jeweiligen Immobilie interessierten Mieter erschienen die O-E-Fonds für den Investorenkreis sehr interessant.
492- D.
493
Komplex X1
I. Einführung
494Im Tatkomplex „X1“ sind die Angeklagten K, O, J und P der Untreue schuldig, weil sie als persönlich haftende Gesellschafter des Bankhauses O KGaA (SOP) die ihnen aufgrund dieser Stellung obliegenden Treuepflichten zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Bank dadurch verletzt haben, dass sie Ende September 2008 in Kenntnis der äußerst insolvenzgefährdeten finanziellen Lage der X1 AG sowohl eine Kapitalerhöhung für dieses Unternehmen im Betrag von 59.853.435,20 € durch den Ankauf von 23.020.552 Aktien zum Stückpreis von 2,60 € (damals aktueller Börsenkurs: 1,91 € pro Aktie) gezeichnet als auch eine Kreditgewährung für X1 über 50 Millionen €, die allerdings nur im Betrag von 20 Millionen € in Anspruch genommen wurde, gemeinsam bewilligt und am 3. November 2008 unbesichert haben auszahlen lassen, obwohl sie es angesichts des sich aufdrängenden Ausfallrisikos und der Warnungen aus dem eigenen Mitarbeiterkreis für möglich hielten und dennoch billigend in Kauf nahmen, dass zum einen der ausgereichte Kredit von 20 Millionen € nicht zurückgeführt werden würde sowie zum anderen die mit den Aktien übernommene Beteiligung an der X1 AG erheblich weniger wert war als die dafür gezahlten knapp 60 Millionen € und die Aktien in der Folgezeit einen beträchtlichen Kursverfall erleiden würden, was einige Monate später auch mit der Folge eintrat, dass SOP durch den Kursverfall der Aktie (beim Verkauf der Aktien durch SOP 0,83 € pro Stück) und den Ausfall der Kreditrückzahlung ein Gesamtschaden in Höhe von 60.746.377,04 € entstand.
495Soweit SOP im gleichen Zeitraum von der Zeugin T3 bzw. deren Firmen weitere Aktien der X1 AG erworben hat, ist dieser Vorgang nicht Gegenstand der Anklage.
496Im Komplex „X1“ ist der Angeklagte E nicht angeklagt.
II. Vorgeschichte
497Die Beziehungen des Bankhauses zur Zeugin T3 und mit ihr verbundenen Unternehmen
(1) Unmittelbare Beziehungen des Bankhauses SOP zum X1-Konzern
498Bis zu den dem Urteil zugrunde liegenden beiden Investitionen aus dem Herbst 2008 unterhielt SOP nur eine einzige unmittelbare Geschäftsbeziehung zur X1 AG bzw. dem X1-Konzern. Die X1 AG firmierte bis Juli 2007 unter KQ AG. Die Bezeichnung X1 bzw. X1 AG wird im Folgenden auch für die Zeiträume verwendet, in denen das Unternehmen noch unter der Firmierung KQ bzw. KQ AG am Markt auftrat. Bereits Anfang der 2000er Jahre hatte die Bank der X1 AG eine Barkreditlinie über 25 Millionen € eingeräumt, die 2006 – nach mehrfacher Verlängerung der Rückzahlungstermine – vollständig zurückgeführt worden war. Daneben bestand im Jahr 2008 eine an die Stelle eines ursprünglich gewährten Avalkredits getretene Barkreditlinie über 25 Millionen € zugunsten des Reiseanbieters „H4“, an welchem die X1 AG 52,8% hielt (zur Konzernstruktur der X1 AG siehe unten (13)).
(2) Die Ratingklassen für Kredite bei SOP
499SOP hatte für Kredite Ratingklassen von AAA bis D definiert. Die Kredite der Ratingklassen AAA bis BBB wiesen danach keine erkennbaren Risiken auf (Risikoklasse I). Kredite in den Ratingklassen BBB- bis BB- hatten erhöht latente Risiken (Risikoklasse II). Bei Krediten mit Ratings von B+ bis D bestanden erhöhte Ausfallrisiken (Risikoklasse II bzw. III).
(3) „Strategische Überlegungen“
500Bereits zu Beginn der 2000er Jahre entwickelten die miteinander befreundeten Angeklagten K und E „strategische Überlegungen“ hinsichtlich des schon zu dieser Zeit wirtschaftlich angeschlagenen Konzerns um die X1 AG, deren Hauptaktionärin die Zeugin T3 war.
501Diese in den Jahren 2001 bzw. 2002 noch oberflächlichen und nicht näher konkretisierten Überlegungen der beiden Angeklagten hatten zwei Kernbereiche zum Gegenstand. Zum einen sollten drei Gesellschaften bürgerlichen Rechts über mehrere Jahre gestaffelt zwischen knapp 15 und 30 % der Aktien der X1 AG mit einem dafür aufzubringenden Gesamtinvestitionsvolumen zwischen 500 und 750 Millionen € erwerben. Hieran sollten Kunden aus dem Bereich „Gesamtvermögensverwaltung“ der OEH beteiligt werden. Für die Investitionen sollten ein oder mehrere „Garantiegeber“ gefunden werden, dessen bzw. deren Garantieübernahmen durch Zinsen auf den garantierten Betrag vergütet werden sollten. Nach dem erhofften Anstieg des Aktienkurses sollten die Aktien der X1 AG wieder verkauft werden. Die aus den dabei erhofften Kurssteigerungen zu erzielenden Erlöse sollten zwischen den Aktienkäufern und dem „Garantiegeber“ in der Weise verteilt werden, dass der bzw. die „Garantiegeber“ den mehrheitlichen Anteil am Erlös erhalten sollte bzw. sollten.
502Die andere Überlegung betraf den umfangreichen Immobilienbestand des Konzerns, der im Jahr 2001 in mehr als 200 Objektgesellschaften ausgegliedert und über die 100-%ige Tochter der X1 AG, die K- Immobilien AG & Co. KG, gesteuert wurde. Bis zum Jahr 2010 sollte X1 gemeinsam mit Gesellschaften der OEH die bestehenden Warenhäuser umfassend sanieren sowie neue Immobilien errichten. Von diesem Immobilienbesitz sollten über einen Zeitraum von 20 bis 25 Jahren zwischen 60 bis 70 % zur Eigennutzung des Konzerns verbleiben, während die restlichen 30 bis 40 % an Dritte verkauft werden sollten. Das Investitionsvolumen schätzten beide Angeklagte auf rund 7 Milliarden € ein. Hiervon sollte der X1-Konzern gut 3 Milliarden € aufbringen, während der Rest durch Gesellschaften der OEH zur Verfügung gestellt werden sollte. Diese Objektgesellschaften sollten zu einem Drittel „aus dem Umfeld des Bankhauses“ und zu den verbleibenden zwei Dritteln wiederum aus dem Kreis der Gesamtvermögensverwaltungskunden der OEH bestehen. Die X1 AG sollte für die Immobilien „langfristige, marktübliche Mietverträge mit bonitätsstarken Mietern“ verschaffen. Die Erträge aus den Immobiliengeschäften sollten jeweils hälftig zwischen der X1 AG und den beteiligten Gesellschaften der OEH aufgeteilt werden.
503Dabei erschien ihnen die Beteiligung der Hauptaktionärin der X1 AG, der Zeugin T3, unverzichtbar. Diese hielt 2001 selbst bzw. über Firmen (insbesondere die T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG) bereits knapp 26 % der Anteile an der X1 AG. Dieser deutliche Anteil sowie eine im Jahr 2001 absehbare und mit Wirkung zum 1. Januar 2002 in Kraft tretende Änderung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) ließ die Zeugin T3 als „ideale Erwerberin“ des mehrheitlichen Aktienbestands an der X1 AG erscheinen. Nach der Änderung des WpÜG zum 1. Januar 2002 musste ein Bieter, der durch den Ankauf die Kontrolle von 30 % der Stimmrechte an einer börsennotierten Gesellschaft erlangte, gegenüber allen anderen Anteilseignern ein Übernahmeangebot unterbreiten. Der Erwerb von mindestens 30 % der Aktien der X1 AG schon im Jahr 2001 löste bei der Zeugin T3 auch bei späteren Ankäufen dagegen kein Pflichtangebot aus.
504Bereits im Februar 2001 stimmten die Angeklagten K und E ihre Überlegungen mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der X1 AG, Z21, sowie dem Zeugen J6 über die Aktienankäufe und die Konzernimmobilien ab. Der Zeuge J6 war nicht nur Mitglied des Aufsichtsrats der X1 AG, sondern auch der Ehemann der Zeugin T3 und von ihr mit einer Generalvollmacht ausgestattet.
505Angesichts der engen Einbeziehung der Zeugin T3 in die strategischen Überlegungen, die sich auch und gerade auf die Kunden der Gesamtvermögensverwaltung der OEH erstreckten, schlugen die Angeklagten E und von K vor, dass auch die Zeugin T3 einen Gesamtvermögensverwaltungsvertrag zugunsten einer der Gesellschaften der OEH abschließen sollte. Außerdem konnte sie im Jahr 2002 dazu gewonnen werden, in zwei größere O-E-Fonds („X7“ und „KölnMesse“) zu investieren. Die Zeugen T3 und J6 unterzeichneten einen Vertrag, nach dem sie der E Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (JEVV) mit Wirkung vom 1. Dezember 2003 die Vermögensverwaltung für das privates Vermögen der Zeugin T3 sowie für dasjenige ihrer Firmen übertragen sollte, die in der zugehörigen Vertragsurkunde mit
506A. T3 GmbH & Co. KG, Nürnberg
507T3-Holding AG & Co. KG, Fürth
508T3 Beteiligungs GmbH, Fürth
509T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG, Fürth
510A. und B. T3 Stiftung, Fürth
511T3 Grundstücks GmbH & Co. KG, Fürth,
512T3 Gesellschaft mbH, Fürth
513und der in der Schweiz ansässigen I6 AG aufgeführt waren.
514Ob der Vermögensverwaltungsvertrag auch vom Angeklagten E unterzeichnet und ob der Vertrag tatsächlich rechtlich wirksam wurde, hat in der Hauptverhandlung nicht geklärt werden können. Jedenfalls erfolgten aber die Kontakte des Bankhauses zur Zeugin T3 regelmäßig nicht direkt mit der Zeugin, sondern über den Angeklagten E.
(4) Das I6-I-Darlehen („I5“-Darlehen)
515Im Jahr 2001 erwarb die Zeugin T3 über eine Treuhänderin von der V22 Bank für rund 180 Millionen € ein Aktienpaket an der X1 AG (damals noch: KQ AG). Dieser Ankauf ermöglichte es der Zeugin vor der oben beschriebenen Gesetzesänderung, ihren Anteil auf über 30 % zu steigern. Das Aktienpaket wurde treuhänderisch für sie von der von ihr beherrschten in der Schweiz ansässigen I6 AG erworben. Während 60 Millionen € der Anschaffungssumme aus eigenen Mitteln aufgebracht wurden, wurde der restliche Kaufpreis über 120 Millionen mit einem Kredit der SOP finanziert. Der entsprechende Kreditvertrag vom 28. Juni 2001 wurde nicht mit der Zeugin T3 persönlich, sondern zwischen ihrer Treuhänderin (der I6 AG) und dem Bankhaus geschlossen. Unter den Beteiligten erhielt der Kredit die Bezeichnung „I5“-Darlehen.
516Als Sicherheiten sah der Kreditvertrag vom 28. Juni 2001 in Ziffer 7 die Verpfändung sämtlicher von der I6 AG erworbener bzw. zu erwerbender Aktien der X1 AG sowie die Verpfändung weiterer 7,2 Millionen Aktien an der KQ AG durch die T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG vor.
517Hinsichtlich einer Verstärkung der gegebenen Sicherheiten enthielt der Vertrag folgende Regelung:
518„Sollte der XETRA-Schlusskurs der Aktie der X1 AG auf € 15,00 oder darunter sinken … sind wir berechtigt, Sicherheitenverstärkung bzw. Kreditrückführung durch Nachschüsse in Bar oder andere Vermögensgegenstände zu verlangen. Nachschüsse können durch die von der I6 und/oder die T3 [Vermögensverwaltungs GmbH & Co.] KG erbracht werden.“
519Mit Nachtrag vom 29. November 2002 zu diesem Kreditvertrag wurde in Bezug auf die Sicherheiten abweichend hiervon vereinbart, dass eine Unterschreitung des Schlusskurses von 10,00 € (statt ursprünglich 15,00 €) das Nachbesicherungsrecht auslösen sollte.
520Der Kredit sollte ursprünglich eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2005 haben. Er bestand jedoch nach mehrfachen Verlängerungen auch im Tatzeitraum im September 2008 fort.
(5) Die Begleitung des „I5“-Darlehens in der Bank
521Bis 2004 wurde das „I5“-Darlehen in der Bank von dem Zeugen W4 aus dem Bereich „Firmenkundengeschäft/Investment-Banking“ begleitet, der dem Angeklagten P unterstellt war. Für das Credit-Risk-Management erfolgte die Begleitung durch den Zeugen N8. Das bereits erwähnte – im Jahr 2006 zurückgeführte – unmittelbare Engagement der Bank mit der X1 AG wurde ebenfalls vom Bereich Firmenkundengeschäft betreut, zu dem – auf Analystenseite – der Zeuge C9 gehörte. Nicht nur wegen des unmittelbar bestehenden Engagements mit der X1 AG, sondern auch angesichts der Absicherung der Kreditforderung aus dem „I5“-Darlehen gegenüber der I6 AG ausschließlich mit den Aktien der X1 AG, beschränkte sich das Bankhaus nicht nur auf die Beobachtung des Börsenkurses und allgemein zugänglicher Informationen. Vielmehr hielt es unmittelbaren Kontakt zu den Fachabteilungen der X1 AG und der zum Konzern gehörenden Unternehmensteile.
522Am 1. Oktober 2002 berichtete der Zeuge N8 den Zeugen W4 und N2 (letzter war zu dieser Zeit noch persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses) sowie dem Angeklagten O vom „rapiden Kursverfall“ der Aktien der X1 AG. Diese lagen mit 15,30 € noch knapp über der im „I5“-Darlehen zu dieser Zeit noch vereinbarten Mindestschwelle von 15,00 €. Der Zeuge N8 regte dabei ein Gespräch mit der Zeugin T3 an, in dem geklärt werden solle, wann und aus welchen Mitteln ein „Exit“ aus dem Kredit erfolgen solle und ob die Zeugin T3 zu einer Sicherheitenverstärkung durch liquide Mittel bzw. der Übernahme einer persönlichen Haftung in der Lage und bereit sei.
523In einer Notiz vom 30. August 2004 wurde im Zusammenhang mit einer Bewertung der X1 AG das Rating der I6 AG auf „BB+“ (Non-Investment Grade, spekulative Anlage) herabgesetzt. Zugleich wurde die Übernahme des Kreditengagements – zusammen mit der der X1 AG eingeräumten Kreditlinie – in die Intensivbetreuung empfohlen. Letzteres wurde in Abstimmung mit und zwischen den Angeklagten J und P auch vollzogen.
524Zugleich wurde in der Notiz der Umstand hervorgehoben, dass das „I5“-Darlehen allein durch die an das Bankhaus verpfändeten Aktien der X1 AG abgesichert war. Angesichts des Volumens der Aktien stelle X1 „ein beachtliches Klumpenrisiko“ dar. Vor diesem Hintergrund wurde angeregt, das Risiko „zu reduzieren“ und zu prüfen, ob die Zeugin T3 für die Verbindlichkeiten der I6 AG eine persönliche Haftung übernehmen könne. Mit Blick auf die bei X1 vorbereiteten Sanierungs- und Restrukturierungsbemühungen, die mit Finanzierungsanfragen bei den bisherigen Kreditgebern der X1 verbunden waren, wurde vorgeschlagen, „die derzeitige abwartende Position der Gläubiger zu nutzen, um eine Verbesserung unserer Sicherheitenposition (Bürgschaften Fr. T3) zu erlangen.“
(6) Der „T3-Kredit“ über 170 Millionen € und seine Besprechung in der Partnerschaft
525Im Oktober 2004 plante die Zeugin T3, einen weiteren Kredit über 170 Millionen € bei SOP in Anspruch zu nehmen, um weitere X1-Aktien im Zuge einer Kapitalerhöhung zu erwerben. Zu diesem Zeitpunkt war der Aktienkurs allerdings bereits unter den Betrag von 10,00 € gefallen. Das berechtigte die Bank, für den schon eingeräumten Kredit neben den bereits absichernden Aktien zusätzliche Sicherheiten einzufordern.
526Trotz des Umstands, dass das „I5-Darlehen“ allein mit X1-Aktien abgesichert und der Aktienkurs unter den Schwellenwert von 10,00 € abgesunken war, erklärte die Zeugin T3 im Oktober 2004, sie sei nicht bereit, für den „I5“-Kredit die persönliche Haftung zu übernehmen.
527Dieser Umstand war Gegenstand einer Partnersitzung vom 29. Oktober 2004. In der Sitzung erläuterte der Angeklagte K, für den beabsichtigten neuen Kredit über 170 Millionen € sei geplant, dass die Zeugin T3 diesen persönlich in Anspruch nehme und – neben den damit zu erwerbenden Aktien – als Sicherheit zusätzlich ein Festgeld von 90 Millionen € an SOP verpfände. Außerdem solle sie sich damit einverstanden erklären, dass dieses Festgeld nicht nur für die Verbindlichkeiten aus dem jetzt persönlich in Anspruch zu nehmenden Kredit, sondern auch für die Verbindlichkeiten der I6 AG aus dem „I5“-Darlehen des Jahres 2001 hafte.
528Mit Vertrag vom 4./12. November 2004 gewährte SOP der Zeugin T3 einen Kredit über 170 Millionen € mit dem Verwendungszweck „Zeichnung der Kapitalerhöhung der KQ AG“ und einer Laufzeit bis zum 31. Oktober 2005.
529Die im Vertrag beschriebenen Sicherheiten in Form der Verpfändung ihres Festgeldguthabens über 90 Millionen € und von X1-Aktien der Zeugin T3, der T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co KG sowie der aus der Kapitalerhöhung resultierenden neuen Aktien, deren Finanzierung durch die Kreditmittel erfolgte, räumte die Zeugin T3 dem Bankhaus am 12. November 2004 ein.
530In einer Anlage zur Verpfändungserklärung zwischen der Zeugin T3 und SOP war festgelegt, dass die Verpfändung des Festgeldguthabens auch zur Sicherung der Ansprüche des Bankhauses gegen die I6 AG erfolgen sollte. Diese Verpfändung des Festgelds über 90 Millionen € auch zu Gunsten des „I5“-Darlehens veranlasste das Bankhaus, gegenüber der I6 AG zu erklären, dass etwaig notwendig werdende Nachbesicherungen in Form von Aktien der X1 bis zu einem Aktienkurs von 5,00 € akzeptiert würden. Unterhalb dieses Aktienkurses mussten SOP also andere Sicherheiten angeboten werden. Außerdem erklärte SOP, dass diejenigen – zugunsten des „I5“-Darlehens verpfändeten – Aktien der T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG, die aufgrund des Festgelds zur Besicherung nicht mehr benötigt würden, auf das so genannte Nachschussdepot der T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG zurückgebucht würden.
531Auch dieser Kredit bestand über die ursprünglich vorgesehene Laufzeit von Oktober 2005 hinaus noch im September 2008 fort.
532Die Kreditengagements T3 und I6 AG waren am 9.November 2004 erneut Gegenstand der Besprechung der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter in ihrer Partnersitzung. Einerseits kamen sie trotz des fallenden Aktienkurses der X1 AG darin überein, angesichts der Verpfändung von Festgeld die I6 AG nicht – was von Seiten der Kreditabteilung bereits angeregt worden war – zu einer weiteren Verstärkung der Sicherheiten aufzufordern. Außerdem erörterten sie das nach ihrer Einschätzung bestehende „Nettovermögen“ der Zeugin T3 mit insgesamt 350 Millionen €. Schließlich beschlossen die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter, das Kreditengagement der I6 AG zukünftig in die Zuständigkeit des Private Banking zu überführen. Hintergrund hierfür war, dass die I6 AG „zum unmittelbaren Einflussbereich“ der Zeugin T3 gehörte und von der Bank zu führende Gespräche mit der Zeugin und „ihrer“ I6 AG einheitlich aus dem Bereich des Private Banking heraus geführt werden sollten.
(7) Das Gespräch in X19
533Im März 2005 fand ein Gespräch zwischen dem Zeugen Dr. N9 und den Zeugen T3, J6 und Dr. C11 (dem Sohn der Zeugin T3), den Angeklagten K und E sowie den Zeugen B.C12 im Anwesen der Zeugin T3 im schweizerischen X19 statt.
534In diesem Gespräch erörterten die Beteiligten ein sog. „De-Listing“ der X1 AG. Nach der Einschätzung der Angeklagten K und E und des Zeugen Dr. N9 spiegelte der Börsenkurswert der X1 AG das im Unternehmen vorhandene Wertpotenzial nicht zutreffend wider. Um den „tatsächlichen“ Wert des Unternehmens zu heben, sollten über eine Investorengemeinschaft weitere knapp 21 bis 30 % Aktien der X1 AG aufgekauft werden. Nach Erlangung der Aktienmehrheit durch eine Gemeinschaft zwischen der Zeugin T3 und den Investoren sollte die X1 AG von der Börse genommen werden. Unrentable Unternehmensteile sollten verkauft, der wesentliche Immobilienbestand auf O-E-Gesellschaften übertragen und zurückvermietet werden. Nach einer erfolgreichen „Verschlankung“ und Restrukturierung sollte das Unternehmen wieder an die Börse gebracht und die Aktien dann zu einem deutlich gestiegenen Kurs verkauft werden. Hieraus erhofften sich die Beteiligten einen Gewinn von mehreren Milliarden €, von denen knapp eine Milliarde € der Zeugin T3 zufallen sollte. Als weitere Investoren für das Projekt „De-Listing“ waren die Investment-Bank Y13 unter der Führung des Zeugen Dr. F3, Mitglieder der „Bankfamilie“ und Kunden der OEH-Gesamtvermögensverwaltung angedacht.
(8) I6 II - der „kleine I6-Kredit“ (50 Millionen €):
535Unter dem 15. April 2005 gewährte SOP der I6 AG einen weiteren Kredit zum Erwerb von Aktien der KQ AG über 50 Millionen € wiederum treuhänderisch für die Zeugin T3. Als Sicherheit dieses Kredits an die I6 AG dienten erneut die mit dem Kredit zu erwerbenden Aktien der X1 AG.
536In dem von allen Partnern und dem Vorsitzenden des Aktionärsausschusses jeweils am 4. April 2005 abgezeichneten Kreditprotokoll – das neben dem Kredit an die I6 AG auch die Erhöhung der Zeugin T3 gewährter Kredite für ihre Beteiligung am O-E-Projekt KölnMesse betraf – warnte der Zeuge G2 vor der „Verklumpung“ der aus dem Aktienbestand der X1 AG resultierenden Risiken. Er führte in seinem Votum aus:
537„Die Bank nimmt mit dieser erneuten Engagementerhöhung ein Risiko in die Bücher, das dem Grundsatz der Portfolio-Diversifikation und Risikostreuung nicht entspricht. Bei einer dennoch positiven Entscheidung für diesen Kredit berücksichtigen die Entscheidungsträger der Bank die strategische Geschäftsbeziehung ‚T3‘, die das erhöhte Risiko rechtfertigt.“
538Hinsichtlich der Aktienbeteiligungen der Zeugin T3 und ihrer Firmen sowohl vor als auch nach der Kapitalerhöhung Ende 2004 und der Vermögenslage der Zeugin T3 enthielt das Kreditprotokoll folgenden Ausführungen:
539(9) Der „Y14-Kredit“ über 380 Millionen €
540Bis Mitte April 2005 war es den Angeklagten K und E nicht gelungen, weitere Investoren aus dem Kundenbereich der OEH-Gesamtvermögensverwaltung zur Beteiligung am Ankauf weiterer Aktien der X1 AG zu gewinnen.
541Der Angeklagte P und der Zeuge C7, der zu dieser Zeit noch persönlich haftender Gesellschafter bei SOP war, lehnten es im Beisein der Angeklagten J und O angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung des X1-Konzerns ab, weitere Kredite an die Zeugin T3 bzw. ihre Firmen zum Erwerb weiterer Aktien der X1 AG auszureichen. Hierauf reagierte der Angeklagte K mit den Worten: „Dann machen wir das eben selbst.“
542Dabei war angedacht, dass die Kreditgewährung zwar durch die Bank erfolgen, das wirtschaftliche Risiko hierfür aber – endgültig – nicht bei SOP, sondern – wie es zwischen den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern und dem Angeklagten E abgestimmt war – bei den Angeklagten K, O und E, dem Zeugen B.C12 sowie der Ehefrauen des Angeklagten K und des Zeugen B.C12 als den noch darzustellenden Bürgen verbleiben sollte. Eine unmittelbare – selbst durch Bürgschaften abgesicherte – Kreditvergabe der SOP an die Zeugin T3 oder ihre Firmen hatte aber (ungeachtet der grundsätzlich ablehnenden Haltung der Partner P und C7) vor allem zwei gravierende Nachteile:
543Eine Ausweitung der Gesamtsumme der an die Zeugin T3 und ihre Firmen ausgereichten Kredite auf knapp 700 Millionen € hätte zum Überschreiten der Großkreditgrenze nach § 13a KWG (Erreichen von mindestens 10 % des haftenden Eigenkapitals der Bank) und damit zu einer Verpflichtung der Bekanntgabe des Engagements gegenüber der Deutschen Bundesbank geführt. Weiter hätte der die Großkreditgrenze übersteigende Betrag zu 100 % mit Eigenkapital der Bank unterlegt werden müssen. Das auf diese Weise „verbrauchte“ Eigenkapital hätte der Bank zur Unterlegung anderer Risikopositionen nicht mehr zur Verfügung gestanden.
544Um diese Wirkungen einer Überschreitung der Großkreditgrenze nicht eintreten zu lassen, wurde – was allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern bei der noch darzustellenden von ihnen erteilten Genehmigung des Kredits bekannt war – ein „Vehikel“ gesucht und gefunden, das es ermöglichte, mit einem Volumen von 380 Millionen € weitere Aktien der X1 AG zu erwerben: der „Y14“-Kredit.
545Mit Schreiben der im Oktober 2005 in „Y14 Dienstleistungen GmbH“ (Y14) umfirmierten E- Y14 Dienstleistung GmbH vom 12. April 2005 trat der Angeklagte E an das Bankhaus mit der Bitte um eine Kreditgewährung in Höhe von 380 Millionen € heran. Das Schreiben hatte folgenden Wortlaut:
546 547Obwohl in diesem Schreiben als Verwendungszweck lediglich angegeben worden war, „.. T3 … mit Kreditmitteln in Höhe von 380 Mio. € für Investitionen behilflich zu sein“, wussten die Angeklagten K, O, J und P, dass die Gewährung eines Kredits über 380 Millionen € durch SOP an die Y14 zu dem Zweck erfolgte, die Kreditvaluta unmittelbar an die Zeugin T3 zum Erwerb weiterer Aktien der X1 AG weiterzureichen.
548Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der im Jahr 1993 gegründeten und mit einem Stammkapital von 50.000 DM ausgestatteten Y14 war der Angeklagte E.
549Ein entsprechendes Kreditprotokoll wurde am 22. April 2005 von allen persönlich haftenden Gesellschaftern abgezeichnet. In dem Protokoll war zu dem angefragten – und genehmigten – Kredit an die Y14 unter „Transaktionsbeschreibung“ lediglich die „Bereitstellung von Liquidität“ angeführt.
550Die im Schreiben vom 12. April 2005 angesprochenen „Bürgschaften vermögender Privatpersonen“ für den mit 380 Millionen € angefragten Kredit waren im Protokoll wie folgt wiedergegeben, summierten sich jedoch nur auf 330 Millionen €. Außerdem sollten sich nicht nur „Privatpersonen“, sondern auch zwei OEH-Gesellschaften, die E Fonds-Projekt GmbH (JEFP) und die Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH (GEWG), in Höhe von jeweils 25 Millionen € verbürgen:
551 552Die Bürgen sollten – was allerdings erst in einem späteren (zweiten) Nachtrag aus dem Jahr 2006 (siehe unten (12)) der Höhe nach näher konkretisiert und schriftlich niedergelegt wurde – als Gegenleistung für ihre Bürgschaften Anteile an einem aus einem späteren Aktienverkauf erwarteten Gewinn erhalten.
553Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Y14 wies das Kreditprotokoll folgenden Inhalt auf:
554 555In dem vom Zeugen L2 verfassten Votum (Markt) wurde festgehalten: „Im Hinblick auf die Bonität der Bürgen ist die Einräumung der Kreditlinie vertretbar“.
556Der Zeuge G2 votierte: „Die Kreditgewährung ist vollständig auf die Bürgen und den bekannten Gesellschafterhintergrund abzustellen.“
557Mit Vertrag vom 21. April 2005, den der Angeklagte E für die Y14 am 22. April und die benannten Bürgen (sowie der Angeklagte E als Geschäftsführer der bürgenden Gesellschaften) jeweils am 23. April 2005 unterzeichneten, gewährte SOP der Y14 einen Kredit über 380 Millionen zum Zweck der „Bereitstellung von Liquidität“ unter einer Befristung bis zum 14. Oktober 2005 – also für ca. sechs Monate. Der Kredit war zunächst mit 2,75 % zu verzinsen.
558Insgesamt enthielt der Vertrag zwischen SOP und der Y14 folgende Bestimmungen:
559 560 561 562 563 564Die benannten Bürgen räumten SOP in Höhe der vorstehend bereits benannten Absicherungsbeträge jeweils selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaften ein. Zur Sicherung der bis dahin „ungesicherten“ 50 Millionen € erhöhten im Oktober 2005 die Angeklagten K und O sowie der Zeuge B.C12 ihre Bürgschaften um jeweils 17 Millionen auf 87 Millionen € (K und B.C12) bzw. auf 52 Millionen € (O).
565Am 25. April 2005 schloss die Y14 mit der Zeugin T3 einen Darlehensvertrag über 380 Millionen € „ausschließlich zur Finanzierung ... des Aktienzukaufs“ von Aktien der X1 AG. Die Kreditsumme war bis zum 10. Oktober 2005 – also vier Tage vor Fälligkeit der Kreditsumme im Verhältnis SOP und Y14 – zzgl. Zinsen in Höhe von 0,65 % p.a. über Euribor sowie 0,75 % p.a. Bereitstellungszinsen zurückzuzahlen. Die von der Zeugin T3 zu erwerbenden Aktien sollten und wurden zur Sicherheit an die Y14 verpfändet und in ein Wertpapierdepot bei SOP eingelegt.
566Obwohl allen Angeklagten von Anfang an der Zweck des Kreditvertrags zwischen SOP und der Y14, nämlich die Weiterleitung der Kreditsumme an die Zeugin T3 zum Erwerb weiterer Aktien der X1 AG, bekannt war, wurde im Protokoll der nur drei Tage nach dem Abschluss des Vertrags zwischen SOP und der Y14 und am Tag nach dem Abschluss des Vertrags zwischen der Y14 und der Zeugin T3 stattfindenden Partnersitzung vom 26. April 2005 festgehalten
567„Der Kredit an die Y14 GmbH, der im wesentlichen abgestellt ist auf persönliche Bürgschaften von Organen der Bank, wurde zwischen den Partnern eingehend besprochen. Mit Blick auf die Jahrzehnte währende Kenntnis der handelnden Personen in der Y14 GmbH wurde der Kredite, auch ohne exakte Kenntnis des Verwendungszwecks genehmigt. Die Partner gehen hierbei davon aus, dass von Herrn E, auch über die Gesellschaft Y14 GmbH nur Verpflichtungen eingegangen werden, die auch vereinbarungsgemäß zurückgeführt werden können.“
568Gut zwei Monate nach dem Abschluss des Kreditvertrags zwischen der SOP und der Y14 einerseits sowie der Y14 und der Zeugin T3 andererseits veräußerte der Angeklagte E mit notariellem Kaufvertrag vom 21. Juni 2005 seine 100-prozentigen Anteile an der Y14 für 1,00 € an die H9 AG, eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts. Die Anteile an der H9 AG hatten die Angeklagten K, O, E sowie der Zeuge B.C12 am 25. April 2005 (dem Tag des Darlehensvertrags zwischen der Y14 und der Zeugin T3) zu jeweils 25 % erworben.
569Geschäftsführer der Y14 blieb der Angeklagte E. Geschäftsführer der zu jeweils 25 % von den Angeklagten K, O und E sowie dem Zeugen B.C12 gehaltenen H9 AG war der schweizer Staatsbürger Z1, ein führender Mitarbeiter der SOP in Zürich.
570In dem zur „Auflösung einer Kreditnehmereinheit gemäß § 19,2 KWG“ erstellten Kreditprotokoll der Bank ist festgehalten, dass die Aktien der H9 AG von „keinem Aktionär zu mehr als 25 % gehalten“ werden. Ferner ist ausgeführt: „Einzelheiten über die Aktionärsstruktur sind uns nicht bekannt.“ Dieses Protokoll zeichneten alle persönlich haftenden Gesellschafter am 29. Juni 2005 ab.
571Tatsächlich wusste von den Angeklagten lediglich der Angeklagte P bis ins Jahr 2009 nicht, dass die Angeklagten K und O zusammen mit dem Angeklagten E und dem Zeugen B.C12 jeweils 25 % der Anteile an der H9 hielten. Die Angeklagten K und O waren selbst Gesellschafter der H9 AG und kannten daher die Aktionärsstruktur. Dem Angeklagten J erläuterte der Angeklagte K zeitnah im Zusammenhang mit der „Veränderung“ der Y14-Struktur die Zusammensetzung der hinter der Y14 stehenden H9 AG, ihre Aktionäre und deren Anteile an der Gesellschaft.
(10) Die Nachfragen der Aufsichtsbehörden
572Einen Monat nach dem Abschluss des Kreditvertrags zwischen der Y14 und der Zeugin T3 richtete die Deutsche Bundesbank mit Schreiben vom 25. Mai 2005 eine (erste) Nachfrage nach Kreditvergaben an die Zeugin T3 zum Erwerb von Aktien der X1 AG an SOP. In dem an alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter weitergeleiteten Schreiben hieß es, nach Presseberichten habe die Bank Mitgliedern der Familie T3 Kredite zur Finanzierung von Aktienkäufen der X1 AG in Höhe von mindestens 750 Millionen € gewährt. Aufgrund der Größenordnung der Kreditvergabe wurde die Auskunft über die Entwicklung und den Stand der Engagements gefordert. Die Bank wurde zur Einschätzung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer aufgefordert. Hierbei seien insbesondere die dem Bankhaus zur Verfügung stehenden Sicherheiten sowie deren Werthaltigkeit von Interesse. Ferner forderte die Bundesbank einen Bericht über Kreditvergaben an den X1-Konzern an, da die Abschlussprüfer der Bank in diesem Engagement stark erhöht latente Risiken gesehen hätten. Schließlich wurde um Aufklärung dazu gebeten, ob wirtschaftliche Schwierigkeiten des X1-Konzerns sich auf die Buchwerte der vom Bankhaus gehaltenen und an die X1 AG vermieteten Immobilienbeteiligungen auswirken würden.
573Dieses Schreiben leitete die Deutsche Bundesbank auch der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (fortan: BaFin) weiter. Diese richtete mit Schreiben vom 2. Juni 2005 ihrerseits eine Anfrage an SOP. In dem ebenfalls allen angeklagten Partnern zugeleiteten Schreiben hieß es, das Handelsblatt habe in seiner Ausgabe vom 23. Mai 2005 in dem Artikel „der unheimliche Bau-Herr“ über die besonderen Beziehungen von SOP zum Angeklagten E berichtet. In dem Artikel sei auf gemeinsame Sitzungen der Partner und des Angeklagten E sowie eine stille Teilhaberschaft Es an der Bank eingegangen worden. Mit Blick hierauf wurde die Bank um Stellungnahme zu diesen Aussagen aufgefordert und die detaillierte Offenlegung aller wirtschaftlichen Verbindungen der Bank zum Angeklagten E eingefordert. Darüber hinaus verlangte die BaFin angesichts kritischer Berichterstattungen zu den O-E-Fonds die Erläuterung der Fondstrukturen sowie der Finanzierung der Fonds und möglicher Anteilsfinanzierungen von Zeichnern. Schließlich forderte die BaFin unter Bezugnahme auf das Schreiben der Deutschen Bundesbank ergänzend zu den Angaben betreffend Kreditvergaben an die Familie T3 einen aktuellen Sachstandsbericht betreffend das Engagement der Bank mit dem Zeugen Dr. N9.
574In dem vom Angeklagten J unterzeichneten Antwort-Schreiben des Bankhauses an die Deutsche Bundesbank vom 6. Juli 2005 wurde der Umfang der an die Zeugin T3 und die I6 AG ausgereichten Kredite mit 400 Millionen € beziffert. Mit Blick darauf, dass der „Stimmrechtspool T3“ seine Anteile an der X1 AG inzwischen auf über 50 % ausgeweitet habe, führe SOP die bestehenden Kreditengagements der X1-Gruppe und der „T3 Gruppe“ als „eine Kreditnehmereinheit“. Das Gesamtengagement der ausdrücklich nur als Kreditnehmereinheit T3/I6 AG/X1 AG bezeichneten Gruppe wurde unter Abzug des verpfändeten Festgelds von 90 Millionen € auf rund 338 Millionen € beziffert. Den „Y14-Kredit“ erwähnte der Angeklagte J in dem Schreiben nicht.
575In einem am selben Tag an die BaFin gerichteten Antwortschreiben verwies der Angeklagte J wegen der Kreditengagements der „Familie T3“ auf das Schreiben an die Deutsche Bundesbank. Ferner fasste er die Geschäftsbeziehung von SOP zum Angeklagten E zusammen. Dabei stellte er die die Anfrage der Aufsicht veranlassende Berichterstattung in den Zusammenhang der großen Bedeutung und öffentlichen Beachtung der vom Bankhaus und E gemeinsam durchgeführten und finanzierten lokalen Großbauprojekte wie etwa die KölnArena. Schließlich fasste J kurz die Kreditbeziehungen zum Zeugen Dr. N9 und dessen Ehefrau zusammen:
(11) Die Frage nach der Kreditnehmereinheit (das sog. „ M6-Gutachten“)
576Noch bevor Anfang Juli 2005 die Anfragen der Deutschen Bundesbank und der BaFin beantwortet wurden, bat der Angeklagte J den damaligen Leiter der Abteilung Recht und Steuern bei SOP, den Zeugen Dr. T12, um Prüfung, ob die beschriebene „Y14-Konstellation“ zu einer Kreditnehmereinheit zwischen der Gruppe um die Zeugin T3, I6 und die X1 AG einerseits und der Y14 andererseits führe und unter dem Gesichtspunkt „Kreditnehmereinheit / Großkredit“ zu behandeln sei. Die Gesellschafterstruktur der H9 AG wurde dem Zeugen Dr. T12 nicht mitgeteilt. Der Zeuge Dr. T12 verwies darauf, dass sich zu der diesbezüglichen Rechtsfrage aus seiner Sicht nur wenig Kommentarliteratur finde und es vielmehr um die Verwaltungspraxis der BaFin gehe. Er regte ein externes Gutachten an. Der Angeklagte J stimmte zu, legte dabei jedoch großen Wert darauf, keine Anwaltskanzlei zu betrauen, die für das Umfeld der X1 AG beratend tätig war und beauftragte mit der Begutachtung den mit ihm befreundeten Rechtsanwalt Dr. M6. Der zu begutachtende Sachverhalt wurde dem Zeugen Dr. M6 nach Abstimmung mit dem Angeklagten J anonymisiert vorgestellt. Danach wurden unter der Überschrift „Kreditbereich A“ die an die Zeugin T3 (Privatperson), an die I6 AG und an die X1 AG ausgereichten Kredite beschrieben. Unter dem „Kreditbereich B“ wurde – anonymisiert – der von SOP an die Y14 ausgereichte Kredit sowie die Weiterreichung der von SOP erhaltenen Kreditmittel durch die Y14 an die Zeugin T3 dargestellt. Auf dieser Grundlage wurde der Zeuge Dr. M6 um eine Stellungnahme dazu gebeten, ob die von der Zeugin T3 bei der Y14 in Anspruch genommenen Kreditmittel der „Gesamtkreditposition“ der Gruppe um die Zeugin T3, die I6 AG und die X1 AG hinzuzurechnen seien „(‚Risikoeinheit‘). Dabei wurden dem Zeugen Dr. M6 zwar (anonym) die Bürgschaften auch zweier persönlich haftender Gesellschafter der SOP offenbart, nicht aber die Tatsache, dass die Y14 von einer Gesellschaft beherrscht wurde, die zu 75 % von Organen der SOP (zu 50 % sogar von persönlich haftenden Gesellschaftern der Bank) gehalten wurde. Der gesamte anonymisierte Sachverhalt wurde als „hypothetisch“ bezeichnet.
577Sein „Kurzgutachten zur Erfassung verschiedener Kreditvergaben als Kredit nach § 13a Abs. 1 KWG“ legte der Zeuge Dr. M6 unter dem 17. Juni 2005 vor. Das von ihm erstellte Kurzgutachten sah zwar die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 KWG als „naheliegend“ an, meinte aber, die Kommentarliteratur sei nicht abschließend. Dogmatische Erwägungen zum rechtspolitischen Kern der Vorschrift rechtfertigten die Annahme, dass eine Kreditnehmereinheit nicht vorliege. Denn das Kreditrisiko der Bank in Bezug auf den Y14-Kredit sei durch die Bürgschaften vollständig abgesichert. Es bestehe daher kein Risiko, welches im Falle eines Ausfalls entweder der „End-Kreditnehmerin“ (der Zeugin T3) oder aber der Y14 die Bank treffe.
578Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, die beiden Kreditbereiche seien nicht als eine Risikoeinheit im Sinne eines Großkredites zu sehen. Maßgeblich hierfür sei, dass es sich bei der Y14 um eine selbständige, weder durch die Bank noch durch die End-Kreditnehmerin beherrschte Gesellschaft handele. Ersteres galt dabei jedenfalls nach der Umhängung der Y14 auf die H9 AG nicht mehr.
579Ein – was noch darzustellen sein wird (siehe unten IV., (28)) – später von der BaFin eingeholtes Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft H8 vom 23. Oktober 2009 kam demgegenüber mit deutlichen Worten zu einem gegenteiligen Ergebnis („eindeutig Strohmannkredit“). Danach hätten „die Verantwortlichen der Bank versucht, über rechtliche Gestaltungen das KWG zu umgehen.“
580Ab dem 18. Juni 2009 fasste SOP die Y14 sowie die Zeugin T3 und die mit ihr „verbundenen Unternehmen“ – zu dieser Zeit allerdings auf Drängen der luxemburgischen Bankenaufsicht, der Commission de Surveillance du Secteur Financier (fortan. CSSF) – (siehe unten IV., (23)) zu einer Kreditnehmereinheit zusammen.
(12) Veränderungen im Kreditverhältnis Y14/T3
581In einem undatierten, jedoch auf den Stand per 21. September 2005 verweisenden „1. Nachtrag“ zum Kreditvertrag zwischen der Y14 und der Zeugin T3 wurde vereinbart, dass das Darlehen auch zur Bedienung der jeweils zum Ende der Zinsbindungsfrist fälligen Zinsen in Anspruch genommen werde. Darüber hinaus wurde die Laufzeit des Darlehens auf den 30. November 2006 verlängert.
582In einem undatierten „2. Nachtrag“ wurde ausdrücklich festgehalten, dass SOP im April 2005 „wegen der Insolvenzgefährdung“ der X1 AG „und dem damit verbundenen Investitionsrisiko“ zur Gewährung eines Darlehens zum Ankauf von Aktien der X1 AG „nur gegen zusätzliche Sicherheiten bereit“ gewesen sei. Solche Sicherheiten habe die Zeugin T3 selbst nicht stellen können. Daher hätten „auf Vermittlung von Y14 und im Einvernehmen mit T3 (T3) „verschiedene solvente Personen Bürgschaften in der Gesamthöhe des Kreditbetrages“ übernommen. „Im Hinblick auf das damit verbundene Ausfallrisiko“ fixierten die Y14 und die Zeugin T3 – ausdrücklich „zugleich mit Wirkung für die Bürgen“ – eine Erlösverteilungsabrede. Danach sollten im Fall bis zum 31. Dezember 2016 zu erzielender Erlöse aus „Aktienverkauf und/oder Dividenden“ die Bürgen und die Y14 einen ihren Bürgschaften entsprechenden Anteil von 70 % des um die Darlehensverbindlichkeiten und einen „Vorabanteil“ der Zeugin T3 bereinigten Gewinns erhalten.
583Mit Datum vom 15. Dezember 2006 schlossen die Zeugin T3 und die Y14 einen weiteren – jetzt dritten – Nachtrag zum Darlehensvertrag vom 25. April 2005. Dieser Nachtrag enthielt eine Regelung über die Verzinsung des Darlehens. Die Zeugin T3 erkannte gegenüber der Y14 Bereitstellungszinsen bis zum 30. November 2006 in Höhe von knapp 16,4 Millionen € an. Ferner wurde die Laufzeit des Darlehens bis zum 30. November 2007 verlängert.
584Mit undatiertem „4. Nachtrag zum Darlehensvertrag vom 25.04.2005“ trafen die Y14 und die Zeugin T3 weitere ergänzende Abreden. Die Ergänzungen betrafen die Verzinsung der Kreditforderung. Außerdem erkannte die Zeugin T3 in der Vereinbarung das Bestehen von Zinsen sowie Bereitstellungszinsen zum 30. November 2007 in Höhe von insgesamt 40.157.761,88 € an. Die Laufzeit des Vertrags wurde bis zum 31. Dezember 2008 verlängert.
585Die wirtschaftliche Entwicklung des X1-Konzerns und dessen Begleitung im Bankhaus
(13) Die Struktur des X1-Konzerns
586Die Struktur des X1-Konzerns (bis 2007: KQ [KQ]) stellte sich zum 30. September 2008 wie folgt dar: Der Konzern bestand aus drei Sparten: den Bereichen Touristik („H4“), Warenhaus („K-“) und Versandhandel (Q- / H5).
587Die X1 AG mit Sitz in Essen war als Holding-Gesellschaft des Konzerns eingerichtet und tätig. Sie regelte und steuerte als Konzernobergesellschaft und Vertragspartnerin für die Konzerngesellschaften die für die Fortführung des operativen Geschäftsbereichs in den Konzern-Beteiligungen erforderlichen grundlegenden Leistungen. Das umfasste im Wesentlichen die zentrale Kreditmittelbeschaffung und Finanzierung des Konzerns, die Beschaffung und Steuerung von IT-Dienstleistungen, die Erbringung von Stabsleistungen für die Konzerngesellschaften in den Bereichen Steuern, Recht, Personalwirtschaft für die Führungskräfte des Konzerns, den strategischen Einkauf und die zentrale Steuerung von Restrukturierungsmaßnahmen.
588Die Touristikaktivitäten des Konzerns waren unter der im Vereinigten Königreich ansässigen H4 Group plc. (H4) zusammengefasst. Die H4 war aus der am 19. Juni 2007 erfolgten Fusion der in V23 ansässigen H4 AG mit dem ebenfalls im Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmen H4a Group plc. hervorgegangen. Nachdem die X1 AG bis ins Jahr 2006 zunächst die Hälfte der Anteile an der H4 AG gehalten hatte, hatte sie mit Wirkung vom 31. Dezember 2006 die restlichen 50 % der Anteile von der Q35 AG erworben. An der H4 Group plc. hielt die X1 AG insgesamt 52,8 %, wobei sie 26,4 % unmittelbar selbst und weitere 26,4 % über ihre 100-%ige Tochtergesellschaft, die KQ Freizeit GmbH, hielt. Die weiteren 47,2 % der Anteile hielten die ehemaligen Aktionäre der H4a Group plc. Die Anteile an der H4 AG wurden zu 100 % von der H4 gehalten.
589Das Warenhausgeschäft des Konzerns war unter der K- GmbH als 100 %-iger Tochter der X1 AG angesiedelt. Es teilte sich in die Bereiche Warenhäuser, K- Sports und Premium auf.
590Die Versandhandelsaktivitäten waren in der H5 GmbH gebündelt, deren Anteile ebenfalls zu 100 % von der X1 AG gehalten wurden. Zum Versandhandel gehörten neben dem Universalversender Q- auch die Geschäftsbereiche Spezialversand und neue Medien wie Teleshopping und E-Commerce.
591Unter Berücksichtigung des 52,8 %-igen Anteils an der H4 sowie des jeweils 100%-igen Anteils an der K- GmbH und der H5 GmbH stellte sich die operative Gliederung des X1-Konzerns wie folgt dar:
592 593Die wesentlichen verbundenen Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen des Konzerns waren zum 30. September 2008 die Folgenden:
594Sparte Touristik („H4“)
595zu jeweils 52,8 %:
596die H4 Group plc. und
597die H4 AG
598Sparte Versandhandel („H5“):
599zu jeweils 100 %:
600H5 GmbH
601H5 Group GmbH
602Q- GmbH
603Q- Aktiengesellschaft (Österreich)
604Versandhaus H6 GmbH, H7, 3A
6053B A/S (Dänemark)
6063C GmbH Technischer Kundendienst
6073E GmbH
6083F Handelsgesellschaft mbH & Co. KG
6093G GmbH
6103H GmbH logistische Dienstleistungen
611Q- Versand AG (Schweiz)
612KQ Information Services GmbH
6133J Holding GmbH (HSE)
614SAO „3K“ (Russland)
615sowie zu 99,49 %:
6163L S.A. (Frankreich)
617und zu 51 %:
6183M GmbH & Co. KG
619Sparte Warenhaus („K-“):
620zu jeweils 100 %:
621K- GmbH
622K- Warenhaus GmbH
6233N-Gastronomie und Dienstleistungs-GmbH
624sowie zu 74,9 % die K- Feinkost GmbH & Co. KG,
625zudem die Dienstleistungsgesellschaften
626zu jeweils 100 %
627die KQ Service GmbH
628die KQ Kunden-Service GmbH und
629die KQ Business Services GmbH
630und zu 50 %
631die KQ Finanz Service GmbH.
632Im Jahr 2001 wurden die der KQ AG gehörenden Immobilien sämtlich in einzelne Objektgesellschaften ausgegliedert, die überwiegend als eigenständige K- Immobilien GmbH & Co.KG‘s mit dem jeweiligen Objektnamen (bspw. K- Immobilien GmbH & Co. Objekt 3P KG) firmierten. Diese Objektgesellschaften wurden sämtlich durch die zu 100 % von der X1 AG gehaltene, eigens dazu neu gegründete K- Immobilien AG & Co. KG mit Sitz in Essen gesteuert.
633Eine Besonderheit stellte die Beziehung zwischen der H4 Group (H4) und den übrigen Konzernsegmenten dar. Die H4 einerseits sowie die X1 AG und ihre übrigen Konzerngesellschaften andererseits verfügten über voneinander separierte Finanzierungskreise. Dies hatte zur Folge, dass sich die X1 AG weder aus den Kreditlinien der H4 finanzieren konnte noch die H4 aus denen der X1 AG. Auch konnte keine der jeweiligen Segmentgesellschaften unter den Linien des „Cashpools“ des jeweils anderen Konzernteils interne Kredite für sich bzw. die eigene Finanzierung aufnehmen.
(14) K--Warenhäuser als Immobilienfonds
634In den Jahren 2002 und 2003 erwarben insgesamt fünf in der Rechtsform einer GbR gegründete O-E-Fonds von den durch die K- Immobilien AG & Co. KG gesteuerten Objektgesellschaften fünf K--Warenhäuser mit Standorten in Wiesbaden, Leipzig, Karlsruhe, Potsdam und München. Die Objekte mietete die X1 AG von den O-E-Fondsgesellschaften zur Weiternutzung wieder zurück und vermietete sie sodann an die K- Warenhaus GmbH zu denselben Konditionen unter. Die hierfür aufzubringenden jährlichen Mietverpflichtungen der X1 AG betrugen 42,6 Millionen €. An diesen fünf Immobilienprojekten war das Bankhaus in erheblichem Umfang beteiligt. Bis zu den beiden Investitionen im Herbst 2008 hielt das Bankhaus an den benannten Grundstücksgesellschaften direkt oder indirekt Beteiligungen im Umfang von 183,1 Millionen €. Die Beteiligungen der Bank, die knapp 24 % des Investitionsvolumens ausmachten, entfielen im Wesentlichen auf die Objekte in Wiesbaden und Leipzig (mit Anteilen der SOP an den Fonds von 59,7 % bzw. 33,2 %). Außerdem hatte SOP zur Eigenkapitalvorfinanzierung der Fondszeichner weitere 109,9 Millionen € investiert. Bei diesen Finanzierungen hatte SOP – wie bei OEH-Fonds üblich (siehe oben C., III., (3)) – allein auf die Bonität der Darlehensnehmer und nicht auf die Sicherheitenlage abgestellt. Die Fremdkapitalanteile der Fondszeichner hatte SOP mit weiteren 171,7 Millionen € kreditiert.
635Neben der Bank hielten die Gesellschafter von SOP weitere insgesamt knapp 22,3 % Anteile an den fünf Fonds. Die Angeklagten K, O und P hatten zum Erwerb ihrer Fondsanteile Kredite des Bankhauses aufgenommen. Diese valutierten zum 31. März 2009 noch in folgender Höhe:
636- Angeklagter K: 11,329 Millionen €
637- Angeklagter O: 14,337 Millionen €
638- und Angeklagter P: 2,007 Millionen €.
(15) Die Bewertungen der Fachabteilungen für 2002 und 2003
639Der Erwerb von K--Warenhäusern, die Gründung entsprechender O-E-Fonds und die Rückvermietung der Objekte an die X1 AG wurde im Bankhaus teilweise kritisch begleitet. In Vorbereitung einer Partnersitzung Ende September 2002 wurde ein Papier in Umlauf gegeben, nach dem in großem Umfang K--Immobilien erworben, renoviert und als O-E-Fonds platziert werden sollten. Der Zeuge N2, der von Januar 1996 bis zu seinem Ausscheiden kurz nach der Partnersitzung persönlich haftender Gesellschafter war und – als Vorgänger des Angeklagten J – das Risikomanagement verwaltete, lehnte den vorgeschlagenen Ankauf der Immobilien und ihre Rückvermietung an die X1 AG ab. Er erklärte in der Partnersitzung, die X1 AG sei kein erfolgreiches Unternehmen. Das Unternehmen sei hoch verschuldet, habe kein überzeugendes Management und eine Geschäftsstrategie, die nicht wettbewerbsfähig sei. Die K--Warenhäuser hätten keine Antworten auf „Kik“ auf der einen und „Zara“ auf der anderen Seite. Vor dem Hintergrund des bereits bestehenden Kreditengagements in Form des „I5“-Kredits halte er es für keine gute Idee, auch noch Kunden der Bank in von der Bonität der X1 AG abhängige Anmietungen investieren zu lassen. So würde eine größere Abhängigkeit von X1 bzw. ihren Warenhäusern entstehen, die er für „Verlierer im Wettbewerb“ hielt. Auch das zur Vorbereitung der Entscheidung der persönlich haftenden Gesellschafter vorgelegte und vom Angeklagten E erstellte Papier, auf dem im Wesentlichen lediglich die Planung zusammengefasst war, die Immobilien zu erwerben und der X1 AG gegenüber Finanzierungszusagen zu erteilen, hielt er für eine unzureichende Informationsgrundlage und für nicht genehmigungsfähig.
640Da der Erwerb der Immobilien von den persönlich haftenden Gesellschaftern einstimmig beschlossen werden musste, wurde ein Beschluss über den Ankauf der Immobilien in dieser Sitzung nicht gefasst. Unmittelbar nach der Partnersitzung teilte der Zeuge N2 dem damaligen Vorsitzenden des Aktionärsausschusses, Oc, schriftlich mit, er sei nicht grundsätzlich gegen O-E-Fonds. Er sorge sich aber um die X1 AG als Mieterin der Warenhausimmobilien. Er verlangte nach einer due dilligence-Prüfung vor einer endgültigen Abstimmung der Partnerschaft. Daraufhin legte Oc dem Zeugen N2 das Ausscheiden aus der Bank nahe. Tatsächlich schied der Zeuge N2 zum 24. Oktober 2002 aus dem Bankhaus aus.
641Am 1. Oktober 2002 machte der Zeuge N8 die Zeugen W4 und N2 (damals noch persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses) sowie den Angeklagten O auf den „rapiden Kursverfall“ der X1-Aktien aufmerksam. Deren Kurs lag bei knapp 15,30 €. Der Verfall spiegelte nach Ansicht des Zeugen N8 nicht nur die gravierende Marktschwäche, sondern auch die schwache wirtschaftliche Entwicklung der X1 AG wider. Die Entwicklung bewertete er als deutlich negativ.
642Bereits am nächsten Tag ließ sich der Zeuge W4 in Essen unter anderem vom Finanzvorstand der X1 AG von der Finanzierungstrategie des Konzerns unterrichten. Angesichts der negativen Entwicklung nicht nur des Aktienkurses, sondern auch des gestiegenen Bonitätsrisikos wurde das Rating der X1 AG von 2,9 (BBB+) auf 3,1 (BBB) herabgesetzt.
643Der zum 31. Dezember 2003 aufgestellte Jahresabschluss der X1 AG wies zwar einen positiven Wert aus. Dies beruhte allerdings nicht auf Erträgen aus dem operativen Geschäft, sondern auf dem Verkauf von Immobilienvermögen, also außerordentlichen Erträgen. Der Zeuge C9, der als für X1 zuständiger Kreditanalyst und Votierer bei SOP das Unternehmen beobachtete, hielt dazu am 30. Juni 2004 zum Jahresabschluss 2003 im Wesentlichen fest:
644„Jahresabschluss per 31.12.2003
645Infolge der nach wie vor unverändert anhaltenden Konsumzurückhaltung in Deutschland ist der Umsatz der KQ Gruppe im Geschäftsjahr 2003 erneut um 3,4 % zurückgegangen und beläuft sich auf € 15,3 Mrd. (Vj. € 15,8 Mrd.). Im einzelnen ging dabei der Umsatz der Warenhäuser um 5 % und des Versandhandels um 2,5 % zurück. Beim Versandhandel muss dabei aber auch berücksichtigt werden, dass im Jahr 2002 im Rahmen des Jubiläumsverkaufs deutliche Umsatzzuwächse erzielt wurden, bei denen man davon ausgehen konnte, dass sie in der Form nicht gehalten werden können.
646Das ordentliche Betriebsergebnis vor Zinsen und Beteiligungen konnte dabei sogar leicht von € 289 Mio. auf € 327 Million verbessert werden. Bedingt vor allem durch den hohen anteiligen Verlust bei der H4 AG (€ 77 Mio.) wurde ein negatives Beteiligungsergebnis von -€ 85 Mio. (Vj. -€ 10 Mio.) erzielt. Als ordentliches Vorsteuerergebnis werden rund € 2 Mio. (Vj. -€ Mio.) ausgewiesen. Durch ein a.o. Ergebnis von +€138 Mio. (Vj. +€ 205 Mio. ) – im wesentlichen aus der Realisierung von Stillen Reserven im Immobilienvermögen (im Vorjahr Übertragung von Immobilien an ein Treuhandvermögen zur Deckung der Pensionsrückstellungen) – kommt ein Jahresüberschuss von €113 Mio. (Vj. €169 Mio.) zum Ausweis.
647Die bilanziellen Verhältnisse zeigen sich ggü. dem Vorjahr nahezu unverändert. Das bereinigte EM (abzgl. Firmenwerte und aktivierte latente Steuern) kommt mit € 1,35 Mrd. (€ 1,38 Mrd.) zum Ausweis, was einer EK-Quote von 15,2 % (Vj. 13,9 %) entspricht. Die Nettofinanzverschuldung bei Jahresende ist nach Abschluss des Weihnachtsgeschäftes mit ca. € 3,5 Mrd. ebenfalls unverändert hoch. Die Struktur der Verbindlichkeiten hat sich allerdings durch die Erhöhung der langfristigen Finanzverbindlichkeiten um ca. € 0,8 Mrd. leicht verbessert.“
(16) Die wirtschaftliche Anspannung im Frühjahr 2004
648Die Lage der X1 AG und des Gesamtkonzerns spannte sich im Jahr 2004 massiv an. Das operative Ergebnis hatte sich in diesem Zeitraum negativ entwickelt. Die Nettofinanzverbindlichkeiten waren Anfang 2004 um rund eine halbe Milliarde € angestiegen. Unter der Voraussetzung zusätzlicher Einsparungen und der Zuführung weiterer Mittel wurde ausreichende Liquidität nur noch bis zum Jahresende gesehen.
649In einem „Memorandum“ aus März 2004 führte der Direktor der X1 AG, Dr. ZZ1, an den damaligen Vorstandsvorsitzenden Z21 im Wesentlichen aus:
650„Die Analyse der Kapitalrendite (ROIC) zeigt, dass der KQ-Konzern in den vergangenen Jahren nicht die Kapitalkosten verdient hat.… Betrachtet man die Ebene der Teilkonzerne und ausgewählter Einzelgesellschaften, so wird deutlich, dass derzeit lediglich der Spezialversand mit einem ROIC nach Steuern von ca. 9,0 % über den Kapitalkosten liegt. Alle anderen Geschäftsbereiche vernichten zurzeit deutlich Wert, so dass marginale Verbesserungen keine Wende einleiten können.
651Die operative Ergebnisschwäche des KQ-Konzerns sowie getätigte Akquisitionen haben dazu geführt, dass der Free Cash Flow seit dem Jahr 2000 negativ war. Er hat sich von -52 Mio. EUR im Jahr 2000 auf -576 Mio. EUR im Jahr 2002 verringert. Für das Jahr 2003 wird ein Free Cash Flow von -262 Mio. EUR erwartet (Stand Anfang Januar 2004). Die negative Entwicklung des Free Cash Flow hat unmittelbar zu einem Anstieg der Netto-Finanzverbindlichkeiten geführt. Diese stiegen von 2.460 Mio. EUR im Jahr 2000 um 1.200 Mio. EUR auf voraussichtlich 3..460 Mio. EUR im Jahr 2003. Entsprechend den Regeln der Ratingagenturen müssen neben den Netto-Finanzverbindlichkeiten noch zusätzlich die Pensionsrückstellungen und die Barwerte der eingegangenen Mietverpflichtungen bei der Kalkulation der Netto-Finanzverschuldung berücksichtigt werden. Somit ergibt sich für den KQ-Konzern eine angepasste Nettoverschuldung in Höhe von ca. 6 Mrd. EUR.
652Diese hohe Verschuldung in Verbindung mit dem niedrigen operativen Ergebnis hat zur Folge, dass auf Basis von Finanzkennziffern der KQ-Konzern nur als Non-Investmentgrade („Junk-Bond“) eingestuft werden könnte. Eine Verbesserung der Situation ist nach Stand der Planung (Dezember 2003) nicht absehbar. Der Zugang zu weiterem Fremdkapital ist damit schwierig; bestehende Fremdkapitalgeber könnten zusätzliche Forderungen stellen (Zinshöhe, Covenants). Dadurch wird der finanzielle Spielraum von KQ erheblich eingeschränkt.
653Die Planung für das Jahr 2004 sieht vor, dass ein positiver Free Cash Flow von 260 Mio. EUR erzielt wird. Darin sind jedoch potenzielle Risiken in Höhe von 900 Mio. EUR noch nicht berücksichtigt, so dass im ungünstigen Fall wieder ein negativer Cashflow i.H.v. -640 Mio. EUR anfällt. Eine solche Entwicklung könnte die Existenz des Konzerns in der heutigen Form infrage stellen.“
(17) Der Eintritt des Zeugen Dr. N9 bei der X1 AG
654Die massive Anspannung des X1-Konzerns veranlasste den Angeklagten E, den Zeugen Dr. N9 darauf anzusprechen, sich bei X1 persönlich einzubringen. Der Zeuge Dr. N9 war bereits seit Längerem Kunde der Gesamtvermögensverwaltung des Angeklagten E. Entsprechend der Bitte des Angeklagten E und nach Abstimmung mit den Zeugen T3 und J6 wurde der Zeuge Dr. N9 ab Mai 2004 zunächst Mitglied des Aufsichtsrats der X1 AG und Ende Juni 2004 zu dessen Vorsitzenden gewählt. Auch der Zeuge Dr. N9 schätzte die Lage im Konzern als höchst dramatisch ein. In einem Interview gegenüber dem „Spiegel“ (Ausgabe 40/2004) hob er hervor: „Es geht ums Überleben!“.
655Zum 1. Juni 2004 trat der bisherige Vorstandsvorsitzende der X1 AG, Z21, zurück. Auf ihn folgte Z22, der zuvor den Versandhandel geleitet hatte.
656Die personelle Veränderung im Vorstand und im Aufsichtsrat der X1 AG fand auch in den seit dem Jahr 2001 fortgesetzten „strategischen Überlegungen“ des Bankhauses Niederschlag. In einer – allein vom Angeklagten K am 24. Mai 2004 abgezeichneten – „Ergänzung zur Vereinbarung vom 17.10.2002“ zwischen dem Zeugen J6 als „notariell(er) Generalbevollmächtigter für Frau T3“ und den Angeklagten K als „Sprecher des Bankhauses“ und E als Geschäftsführer der OEH wurde in diesem Zusammenhang unter anderem vermerkt:
657„Herr Dr. N9 wird den Aufsichtsratsvorsitz zum 30.06.2004 übernehmen und wird, wenn erforderlich, das Unternehmen gemeinsam mit Herrn Achenbach führen.
658Sollten die in Herrn Z22 gesetzten Erwartungen nicht erfüllt werden, so wird sich Herr Dr. N9 als Doppelspitze zur Verfügung stellen und seine Aufgaben als Aufsichtsratsvorsitzender vollumfänglich und die Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden teilweise so lange wahrnehmen, bis er einen international erfahrenen Nachfolger als Vorstandsvorsitzenden und Finanzvorstand ausgesucht hat. Hierfür hat Herr Dr. N9 einen Zeitraum von 12 bis 24 Monaten veranschlagt.“
659Ende März 2005 hatten die Angeklagten K und E den Zeugen Dr. N9 gebeten, Vorsitzender des Vorstands der X1 AG zu werden, um die gemeinsamen Überlegungen nunmehr noch intensiver umsetzen können. Dieses Amt übernahm der Zeuge Dr. N9 schließlich mit Wirkung vom 12. Mai 2005.
(18) Die Einschätzung der X1 AG durch SOP
660Auch das Bankhaus reagierte auf die sich zuspitzende Lage bei X1. Der Zeuge C9 hielt im August 2004 eine „deutliche Verschlechterung der Lage durch kontinuierliche Umsatzeinbußen“ fest. Die Nettoverschuldung bezifferte er auf 4,2 Milliarden €. Für 2004 erwartete er ein negatives Ergebnis. Angesichts einer möglichen Restrukturierung, stiller Reserven im Immobilienbestand und noch ausreichender Kredite hielt er eine Kündigung bzw. das Ausfristen des Kredits jedoch nicht für angezeigt.
661Noch Ende August 2004 wurde das Rating der X1 AG von BBB- auf BB+ (Non-Investment Grade, spekulative Anlage) gesenkt. Zugleich wurde die Übernahme des Kreditengagements in die Intensivbetreuung empfohlen und – in Abstimmung zwischen den Angeklagten J und P – auch vollzogen.
(19) Das Restrukturierungskonzept 2004
662Unter der Leitung des Vorstandsvorsitzenden Achenbach erarbeitete die X1 AG ein „Restrukturierungskonzept“, das Mitte September 2004 vorgestellt wurde.
663Das Konzept sah zum einen eine Kapitalerhöhung im Umfang von 500 Millionen € zur Sicherung der Liquidität und Eigenkapitalausstattung (EK-Ausstattung) sowie die Emission einer Wandelanleihe über 200 Millionen € vor.
664Zudem war die „Refokussierung“ auf die Geschäftsbereiche Warenhaus, Versandhandel und ausgesuchte Dienstleistungen wie H4 geplant. Im Zuge weiterer „Desinvestitionen“ sollten verschiedene Konzerngesellschaften wie etwa die Einzelhandelsgesellschaften X15 und X16, X17 sowie mehrere Logistikunternehmen verkauft werden. Hierfür wurden Einnahmen in den Jahren 2004 und 2005 von jeweils 500 Millionen € veranschlagt. Im Bereich Warenhaus sollte das Unternehmen auf die Firmen K- und K- Sport konzentriert werden. Es sollten nur noch 88 Warenhäuser in großen und mittleren Städten behalten werden, 76 „kleinere“ Filialen dagegen „abgegeben“ werden. Als „Endziel“ war die vollständige Abgabe der Häuser an einen Dritten oder gegebenenfalls ihre Einbringung in eine Partnerschaft vorgesehen. Für die Jahre 2005 bis 2008 wurden in der Sparte Warenhaus Kosteneinsparungen von insgesamt 832 Millionen € eingeplant. Das „Working Capital“ sollte durch den geplanten Bestandsabbau um durchschnittlich 250 Millionen € pro Jahr reduziert werden. Im Bereich Versandhandel sah das Konzept der X1 AG eine stärkere Spezialisierung und eine Fokussierung auf bestimmte Zielkunden vor.
665Für 2004 rechnete X1 mit einem Rückgang des Konzernumsatzes von 4,8 % auf 14,5 Milliarden EUR. Als „Ergebnis (EBTA) vor Restrukturierung“ wurde ein Betrag von -195 Millionen € (bei im Vorjahr +225 Millionen €) eingeplant. Nach der Restrukturierung wurde ein Ergebnis von -1,305 Milliarden € erwartet. Die Eigenkapitalquote würde dadurch um 4,3 % sinken, sollte durch Kapitalmaßnahmen aber auf über 10 % steigen. Durch den Liquiditätszufluss aus den geplanten Desinvestitionen wurde mit einem „Free-Cash-Flow“ für 2004 von 544 Millionen € gerechnet. Als Folge der Restrukturierung sah der Konzern den Anstieg des „Spitzenfinanzierungsbedarfs“ in den Jahren 2005 und 2006 auf knapp 3,1 Milliarden € voraus, der in den Jahren 2007 und 2008 auf 2,9 bzw. 2,6 Milliarden EUR zurückgehen sollte.
666Um diesen Bedarf abdecken zu können, sollten sämtliche bis dahin aktiven Kreditgeber der X1 AG – zu denen auch SOP mit seiner fast vollständig abgerufenen und auf den 30. November 2004 befristeten Barkreditlinie über 25 Millionen € zählte – ihre zu dieser Zeit mit 1,268 Milliarden € bestehenden Bankenlinien in voller Höhe für die Dauer von mindestens anderthalb bis drei Jahren aufrecht erhalten. Hierzu sollte zunächst bis Ende September 2004 eine „grundsätzliche Bereitschaftserklärung“ der Banken abgegeben werden, das vorgestellte Konzept zu begleiten und dazu zunächst die Aufrechterhaltung der Linie bis zum Jahresende 2004 zuzusagen. Anschließend sollte eine verbindliche Zusage über das Jahresende hinaus ab Oktober 2004 erfolgen.
667Die kreditgebenden Banken unterhielten zu dieser Zeit lediglich „bilaterale“ Beziehungen zu der X1 AG. Aus Sicht der X1 AG war bei der Vorstellung des Konzepts Mitte September 2004 (noch) nicht geplant, einem Bankenpool oder einem Konsortium gegenüberzutreten, das „geschlossen“ mit ihr verhandelte. Die Vorstellung fand jedoch nicht die Zustimmung aller Kreditgeber. Vielmehr sollten – was auch das Bankhaus SOP befürwortete – die Zusagen nur gelten, wenn alle Kreditgeber das Konzept begleiteten und die Kreditzusagen zunächst bis zum Jahresende 2004 und dann später auch in dem erörterten Zeitraum von anderthalb bis drei Jahren erteilten. So erteilte auch SOP seine grundsätzliche Bereitschaft zur Verlängerung der Kreditlinie von 25 Millionen € bis zum 31. Dezember 2004 nur unter dem „strengen Konsortialvorbehalt.“
668Anfang Oktober 2004 lagen der X1 AG bereits grundsätzliche Zusagen der beteiligten Banken vor. Lediglich die V16 und die V19 lehnten es ab, ihre Kreditlinien über die Laufzeiten zum 20. Oktober bzw. 31. Oktober 2004 hinaus zu verlängern. Mit Blick hierauf bat die X1 AG die übrigen Kreditinstitute Anfang Oktober 2004 darum, auf den Konsortialvorbehalt in Bezug auf diese beiden Banken zu verzichten. Nach der Absage beabsichtigte die X1 AG, unter der Führung der 4A Landesbank einen Konsortialkreditvertrag zu erarbeiten, in den sämtliche der bereits engagierten Kreditinstitute einbezogen werden sollten. Die Laufzeit des geplanten Kredits zwischen der X1 AG und den dann als Konsorten auftretenden, bisher lediglich bilateral engagierten Banken sollte drei Jahre betragen. Voraussetzung für entsprechende Verhandlungen war aber die Zusage der Banken, ihre Linien zunächst bis zum Jahresende aufrechtzuerhalten.
669Der Zeuge W4 hielt hierzu in seiner E-Mail vom 6. Oktober 2004 fest, auch ohne die Zusage der V16 und der V19 sei die Liquidität bei X1 bis zum Jahresende – wenn auch nur knapp – gesichert. Die Kreditverhandlungen der X1 AG hinsichtlich des geplanten Konsortialkredits sollten nicht gefährdet werden. Die „Nicht-Zustimmung“ zur kurzfristigen Verlängerung um einen Monat bis zum 31. Dezember 2004 sei „keine Option“, da sie eine „Kettenreaktion“ provozieren könne. Nach internen Abstimmungen der Angeklagten J, K, O und P sowie des damaligen Partners C7 am 7. Oktober 2004 wurde der Verzicht auf den Konsortialvorbehalt erklärt. Auch die übrigen der bislang engagierten Banken erklärten den Verzicht auf den Vorbehalt.
(20) Der „erste“ Konsortialkredit aus dem Jahr 2004
670Nach den danach ermöglichten Verhandlungen mit den bisher engagierten Banken unter der Führung der mit 275 Millionen € betraglich am stärksten beteiligten 4A Landesbank sollten die bisher bestehenden (bilateralen) Kreditlinien der Banken (mit Ausnahme der V19 und der V16) in einen auf drei Jahre bis Dezember 2007 befristeten Konsortialkredit übergeleitet und um eine weitere Kreditzusage der V17 von 174 Millionen auf 1,75 Milliarden € erhöht werden. Auch die zugunsten der X1 AG von SOP eingeräumte Kreditlinie von 25 Millionen € sollte in den Konsortialkredit umgeschuldet werden.
671Als Sicherheit für die Kreditverbindlichkeiten räumte die X1 AG den Konsorten die Pfandrechte am Anteilsbesitz an ihren operativen Gesellschaften sowie Grundpfandrechte an den unter der K- Immobilien AG & Co. KG gesteuerten Immobilien des Konzerns ein.
672In dem von sämtlichen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern der SOP am 9. November 2004 genehmigten Kreditprotokoll zur „Umschuldung aller Bankenlinien durch einen Konsortialkredit“ wurden die Planungen der X1 AG und die bisher erzielten wirtschaftlichen Ergebnisse des Geschäftsjahres 2004 dargestellt. Dabei wurde ausgeführt, in Umsetzung des Restrukturierungskonzepts der X1-Gruppe sei inzwischen eine Vereinbarung mit den Arbeitnehmern geschlossen worden, die nach den Planungen zu Gesamteinsparungen von 770 Millionen € führen werde. Hinsichtlich der noch für 2004 geplanten Desinvestitionen, für welche die X1 AG Liquiditätszuflüsse von 500 Millionen € veranschlagt habe, sei hingegen bislang noch kein Abschluss erzielt worden.
673Das Protokoll enthielt zudem eine Übersicht der Planzahlen für die Jahre 2005 bis 2008 mit folgendem Inhalt:
674 6752005 wurde als „das schwierigste (Jahr) des Planungszeitraums“ hervorgehoben, weil in diesem Jahr der Liquiditätsspielraum insbesondere durch Aufwendungen für Personalanpassungen im dritten Quartal bei einem „Polster“ von lediglich rund 100 Millionen € „sehr knapp“ sei. Zudem wurde festgehalten, die von X1 vorgelegten Planzahlen für die Jahre 2005 bis 2008 ließen „wenig Puffer“ für Planabweichungen. Nur geringfügig geringere Umsätze würden zu Verlusten führen, da die Kostenbasis nicht entsprechend angepasst werden könne. Das führe unmittelbar zu der Frage nach dem Geschäftsmodell Warenhaus und Versandhandel, und ob es dem Vorstand gelinge, dieses Modell erfolgreich umzustrukturieren. Zweifel daran seien angebracht, zumal die handelnden Personen bis auf den Finanzvorstand unverändert geblieben seien. Die Konzernimmobilien wurden als „wichtiges Asset der Gesellschaft“ betont.
676Der Zeuge W4 votierte in der Anlage zu dem erwähnten Kreditprotokoll:
677„Wenngleich der vorgelegte Restrukturierungsplan zur operativen Gesundung der Gruppe sehr ambitioniert ist und somit die beantragte Prolongation einem signifikanten Risiko unterliegt, besteht zu einer Prolongation unserer bestehenden Zusage im Gleichschritt mit anderen Konsortialbanken praktisch keine Alternative.
678Mit Blick auf den vorhandenen Substanzwert – insbesondere im freien Immobilienvermögen – stehen für die Besicherung des Konsortialkredits allerdings umfangreiche Assets zur Verfügung.“
679Der Zeuge C9 sprach sich angesichts der negativen Geschäftsentwicklung bei X1 gegen eine Teilnahme am Konsortialkredit aus. Er befürwortete vielmehr den Ausstieg aus dem Engagement, wie er auch von der V19 und der V16 beschlossen worden war. Er führte im Kreditprotokoll aus:
680„Die Geschäftsentwicklung bei KQ ist weiterhin schwach, da hinsichtlich einer substantiellen Veränderung des Geschäftsmodells, um KQ wieder zu einem erfolgreichen Unternehmen zu machen, nichts bekannt ist und auch das bisherige Management weitgehend identisch ist mit dem Alten, ist ein turn around aus unserer Sicht mehr als fraglich. Alleine aus Blickwinkel des KQ Engagements wäre unsere Positionierung richtigerweise in der Nähe der V16 anzusiedeln (Verweigerung einer Prolongation).
681Eine Bereitschaft zur Teilnahme an diesem dreijährigen Konsortialkredit ist u. E. ausschließlich auf die Hoffnung einer erfolgreichen Vermarktung des umfangreichen Immobilienportfolios – zu dem in der Kreditabteilung bislang kein entsprechendes Gutachten vorliegt – gestützt und der Flankierung der interessanten Geschäftsbeziehung zu dem Hauptgesellschafter (über dessen Vermögenshintergrund im Geschäftsbereich PB umfangreiche Kenntnisse vorliegen) begründet und abgestellt.“
682Nachdem die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter die Überleitung der Kreditlinie in den Konsortialkredit am 9. November 2004 genehmigt hatten, wurde zwischen der X1 AG und den vorstehend dargestellten Kreditinstituten (mit Ausnahme der V19 und der V16) am 9. Dezember 2004 ein Konsortialkredit über 1,75 Milliarden € mit einer dreijährigen Laufzeit bis Dezember 2007 geschlossen.
(21) Weiterer Finanzierungsbedarf des X1-Konzerns
683Trotz des erst im Dezember 2004 abgeschlossenen Konsortialkredits über 1,75 Milliarden € sah der Vorstand der X1 AG den Finanzierungsbedarf über die Kreditlaufzeit bis Dezember 2007 nicht ausreichend gesichert. Er verhandelte deshalb mit zwei weiteren Banken über eine weitere Kreditlinie („second lien“) im Umfang zwischen 400 und 500 Millionen € unter der Führung von GoldmanSachs als „Arrangeur“.
684Bereits Ende Februar 2005 lag der Umsatz des Gesamtkonzerns mit 1,88 Milliarden € 142 Millionen € (7 %) unter Plan und 182 Millionen € (8,8 %) unter dem des Vorjahres. Der „operative Cashflow“ lag bei knapp -82 Millionen € und der Nettocashflow unter Berücksichtigung der bis dahin bereits umgesetzten Desinvestitionen (wie dem Verkauf der K- Kompakt Warenhäuser), der Restrukturierung und Finanzierung bei rund -136 Millionen €. Über diese Entwicklung berichteten die Zeugen C9 und P2 den Angeklagten K, P und J zum 1. April 2005.
685Trotz der Restrukturierungsbemühungen und des Konsortialkredits verbesserte sich die Leistungsfähigkeit des X1-Konzerns auch nach Februar 2005 nicht. Im Juli 2005 wurde ein „drastischer Ergebniseinbruch“ im Versandhandel (mit einem Minus von knapp 200 Millionen €) und ein Rückgang des Gesamtumsatzes im Vergleich zum Vorjahr von 5 % berichtet. Der Verkauf von knapp 75 kleinen Warenhäusern (K- Kompakt) stand vor dem Abschluss. Über die „second lien“-Finanzierung wurde im Sommer noch verhandelt.
686Vor allem lagen die Bruttofinanzverbindlichkeiten des Konzern deutlich über den Planungen. Statt der erwarteten rund 4,7 Milliarden € betrugen sie mit knapp 5,5 Milliarden € Ende Juli 2005 knapp 800 Millionen € mehr als geplant. Für den Dezember 2005 erwartete die X1 AG eine freie Barlinie – allerdings bereits unter Berücksichtigung des weiterhin verhandelten „second lien“-Kredits – von nur noch 126 Millionen €. Das entsprach etwa drei Tagesumsätzen. Über diese Entwicklung berichteten die Zeugen C9 und P2 den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern im September 2005. Die bisherigen „Cash-Flows“ seien allein aus Desinvestitionserlösen generiert worden. Nach dem gegenwärtigen Stand sei die Gewährung einer „second lien“ zwingende Voraussetzung zur Vermeidung der Illiquidität.
687Bis November 2005 waren die Umsätze des stationären Einzel- sowie die des Versandhandels deutlich zurückgegangen. Sie befanden sich knapp 5 % (Einzelhandel) bzw. 7,5 % (Versandhandel) unter den Planungen. Die Bruttoverschuldung des Konzerns lag mit 5,5 Milliarden € unverändert deutlich über den Planungen. Die Desinvestitions- und Restrukturierungsprogramme waren bereits fast vollständig abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund kommentierte der Zeuge C9 die Verwirklichung der Restrukturierungen bei der X1 AG mit den Worten: „Das ist fast nur heiße Luft.“
(22) Die Veräußerungen des Immobilienbestands (HIGH STREET I)
688Angesichts der angespannten finanziellen Lage entschloss sich der Vorstand der X1 AG Anfang Dezember 2005 zu einem drastischen Schritt. Er beschloss, den umfangreichen Immobilienbestand des Konzerns zu verkaufen, der unter der K- Immobilien AG & Co. KG in einzelnen selbständigen Objektsgesellschaften zusammengefasst war. Der Verkauf von insgesamt 174 Immobilienobjekten erfolgte mit Wirkung zum 3. Juli 2006 an ein unter dem Namen „High Street“ geführtes Joint Venture, an dem zu 51 % der von Y13 unter der Führung des Zeugen Dr. F3 aufgelegte Fonds „ZZ2“ und zu 49 % die X1 AG selbst beteiligt waren. Der Kaufpreis betrug 3,7 Milliarden €. Angesichts ihrer eigenen Beteiligung von 49 % erhielt die X1 AG hiervon 1,813 Milliarden €. Diesen Geldmittelzufluss nutzte die X1 AG, um ihre Verbindlichkeiten aus dem Ende 2004 aufgenommenen Konsortialkredit nach entsprechender Ankündigung im Mai vorzeitig zum 3. Juli 2006 zurückzuführen. Dazu gehörte auch der bei SOP aufgenommene Kredit über 25 Millionen €.
689Trotz der fast vollständigen Umsetzung der geplanten Desinvestitionen und Restrukturierungsmaßnahmen gelang es dem Konzern auch nach dem (anteiligen) Verkauf der Konzernimmobilien und der Rückführung des Konsortialkredits nicht, eine positive Geschäftsentwicklung herbeizuführen. Im Gegenteil: Ende Juni 2006 berichteten die Zeugen P2 und C9 den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern vom Rückgang des Konzernumsatzes um knapp 4 % auf 3,27 Milliarden €. Damit lag der Umsatz knapp 200 Millionen € unter den Planungen der X1 AG. Das Hauptproblem des Konzerns blieb weiterhin der Versandhandel, bei dem ein Umsatzrückgang von knapp 8 % zu verzeichnen war und der die Planvorgaben um mehr als 7,6 % unterschritt. Die vom Vorstandsvorsitzenden der X1 AG, dem Zeugen Dr. N9, für 2007 angekündigte „ordentliche Dividende“ bezeichneten die Zeugen bei dieser Gelegenheit angesichts der bestehenden „operativen Probleme“ als „ambitioniert“.
690Im Zusammenhang mit der Rückführung des von SOP an die X1 AG ausgereichten Kredits über 25 Millionen € schrieb der Zeuge C9 dem Zeugen P2 daher Ende Juni 2006: „Wir sollten beten, dass wir jetzt nicht auf bilaterale Betriebsmittelkredite für KQ angesprochen werden.“ Diese Einschätzung teilten seine Kollegen aus der Fachabteilung.
691Der Verkauf ihres Immobilienbestands war mit erheblichen zusätzlichen Belastungen für die X1 AG verbunden. Denn vor allem K- benötigte – ebenso wie der Versandhandel um H5 (Q-) – für seinen „stationären Einzelhandel“ die verkauften Objekte unverändert weiter. Daher mietete die X1 AG – neben den bereits bestehenden fünf O-E-Fonds-Objekten - fast sämtliche der verkauften Objekte (insgesamt 164) wieder an und vermietete sie – zu denselben Konditionen – an die ihr zu jeweils 100 % gehörenden Unternehmen K- bzw. Q- weiter. Hierdurch entstanden von der X1 AG aufzubringende Mietbelastungen in Höhe von jährlich 280 Millionen €, die in Höhe von 49 % aufgrund der bestehenden Beteiligung an „High Street“ wieder an die X1 AG zurückflossen. Für die von den O-E-Gesellschaften angemieteten fünf Immobilienobjekte hatte die X1 AG jährlich weitere 42,8 Millionen € aufzubringen. Insgesamt betrugen die nach dem Verkauf aufzubringenden jährlichen Mietlasten mithin fast 323 Millionen €.
692Die sinkenden Umsätze und die nachteilige Entwicklung der operativen Geschäfte im Konzern führten dazu, dass die X1 AG fast zeitgleich mit der Rückführung des Konsortialkredits noch Mitte 2006 eine saisonale Kreditlinie über 400 Millionen € zur Finanzierung saisonaler Finanzbedarfs-Spitzen (sog. „Working Capital Facility“) in Anspruch nahm. Diese Kreditlinie wurde zusammen mit einem ebenfalls noch darzustellenden weiteren Kredit bereits im Sommer 2007 durch einen erneuten Konsortialkredit ersetzt, an dem SOP nicht beteiligt war.
693Bis zum Jahresende 2006 besserte sich die Lage im X1-Konzern nicht. Zwar konnte das Jahresergebnis um rund 660 Millionen € auf 345 Millionen € verbessert werden. Dies beruhte jedoch ausschließlich aus der Veräußerung der Immobilien. Die Rohertragsquote hatte sich hingegen von knapp 47 auf 40 % verschlechtert. Bei den Warenhäusern war der Umsatz um knapp 4 % zurückgegangen. Der „cash flow“ aus der laufenden Geschäftstätigkeit hatte sich mit knapp 100 Millionen € deutlich verschlechtert. Unter Auswertung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2006 hielt der Zeuge C9 im Mai 2007 zur Kreditwürdigkeit der X1 AG fest, die Bonität der Gesellschaft reiche unverändert nicht aus, um Kredite ohne werthaltige Besicherung zu erhalten. Dabei hob der Zeuge C9 insbesondere die Zweifel an nachhaltigen Effekten der Restrukturierung sowie insbesondere die Belastung der X1 AG mit den durch den Verkauf der Immobilien und ihrer Rückanmietung verbundenen „außerbilanziellen“ Mietverpflichtungen hervor.
(23) Der Zukauf der weiteren 50 % Anteile an der H4 AG durch die X1 AG
694Mit Wirkung vom 31. Dezember 2006 erwarb die X1 AG über ihre zu dieser Zeit gehaltene 50 %-ige Beteiligung an der H4 AG hinaus die restlichen 50 % Aktienanteile an der H4 AG. Im Juni 2007 fusionierten die H4 AG und die H4a Group plc. zur H4. Die H4 hielt die Anteile an der H4 AG zu 100 %. An der H4 hielt die X1 AG 52,8 %, wobei sie 26,4 % unmittelbar und die weiteren 26,4 % über ihre 100-%ige Tochtergesellschaft, die KQ Freizeit GmbH, hielt.
695Der Kaufpreis zum Erwerb der hälftigen Anteile an der H4 AG von knapp 800 Millionen € war bis August 2007 fällig. Da er aus den operativen Geschäften heraus nicht erwirtschaftet werden konnte, entschloss sich die X1 AG, ihre 49 %-ige Beteiligung an „High Street“ – und damit ihre letzten Anteile an ihrem umfangreichen Immobilienvermögen – zu verkaufen. Zur Zwischenfinanzierung des Kaufpreises an den von der Q35 erworbenen Anteilen der H4 AG nahm die X1 AG im Februar 2007 einen Kredit über 900 Millionen € mit einer Laufzeit bis August 2007 in Anspruch, der mit 600 Millionen € abgerufen wurde. Als Sicherheit wurden die Aktien an der neu entstandenen H4 in Höhe der Kreditforderung verpfändet. Auch dieser Kredit wurde – was noch darzustellen sein wird – ebenso wie der bereits beschriebene saisonale Kredit über 400 Millionen € - im Juli 2007 durch einen weiteren Konsortialkredit – ohne Beteiligung von SOP – abgelöst.
(24) Wesentliche Veränderungen bei der X1 AG
696Im Mai 2007 beschloss die Hauptversammlung der KQ AG ihre Umbenennung in X1 AG mit Wirkung ab dem 1. Juli 2007. Zudem beschloss sie, den Abschlussstichtag ihres Geschäftsjahres vom 31. Dezember auf den 30. September umzustellen.
(25) Der Konsortialkredit aus dem Jahr 2007
697Zur Ablösung der beiden Kredite über 400 und 600 Millionen € sowie zum Erhalt weiterer Liquidität über 500 Millionen € schlossen die X1 AG und die K- Warenhaus GmbH auf der einen Seite mit den nachfolgend benannten Banken auf der anderen Seite am 12. Juni 2007 einen neuerlichen Konsortialkredit mit einer Kreditsumme von 1,5 Milliarden €. Konsorten waren die V18, die V22 Bank, V22 -K, die britische V20 plc. (X10) sowie die niederländische X25 Bank N. V., die im Herbst 2007 unter anderem von der X10 übernommen wurde. Dieser Kredit wurde in fünf verschiedenen Tranchen mit folgenden Laufzeiten gewährt:
698 699Zur Sicherheit verpfändeten die X1 AG sowie ihre 100 %-ige Tochter, die KQ Freizeit GmbH, dem Konsortium ihre sämtlichen 52,8 %-igen Anteile (jeweils 26,4 %) an der H4. Die V18 übernahm die verpfändeten Aktien als Treuhänderin für das Konsortium.
(26) Verkauf der restlichen Anteile an der HIGH STREET-Beteiligung (HIGH STREET II) und von X8.de
700Im Dezember 2007 veräußerte die X1 AG ihren 49 %-igen Anteil an der Immobiliengesellschaft „High Street“ an ein Bankenkonsortium, das aus der DB REEF (einer Tochter der V11), der P- RE und der B- Group bestand. Nachdem der Vorstand der X1 AG von einem zu erzielenden Kaufpreis von knapp 800 Millionen € ausgegangen war, konnten mit dem Konsortium jedoch lediglich ein Kaufpreis von 530 Millionen € vereinbart und – nach Stundungen sowie dem Abfluss von Gebühren – über das Jahr 2008 gestreckt sogar nur insgesamt 330 Millionen € vereinnahmt werden. Umgekehrt flossen jetzt sämtliche von der X1 AG gegenüber „High Street“ zu erbringenden Mietzahlungen vollständig – ohne einen Rückfluss über die Beteiligung von 49 % - aus dem Unternehmen ab.
701Ebenfalls im Dezember 2007 verkaufte die X1 AG ihren 51 %-igen Anteil an dem Unternehmen X8.de an das kalifornisches Unternehmen S-Capital. Statt eines dafür erwarteten Zahlungszuflusses von knapp 200 Millionen € gelang es der X1 AG bei den Verkaufsverhandlungen aber lediglich, von künftigen Investitionen und negativen Ergebnissen entlastet zu werden.
702Nach dem Verkauf der „High Street“-Anteile und von X8 stellte der Zeuge Dr. N9 weitere strategische Überlegungen zum X1-Konzern und seiner Struktur an. Diese bestanden im Verkauf weiterer Unternehmensteile sowie einem „Delisting“, also darin, die X1 AG oder einzelne Unternehmen „von der Börse“ zu nehmen. Unter dem Projekt „V9“ erwog Dr. N9 drei verschiedene Stränge. So war unter dem internen Projektnahmen „Big“ eine Fusion von K- mit dem Mitbewerber Y17 angedacht, wobei hierzu Vorgespräche mit dem spanischen Konzern EC geführt wurden. Ein weiterer Strang wurde unter dem Projektnahmen „Pineapple“ angedacht. Diese sah einen Verkauf der unter der H5 geführten Versandhandelsteile an das zur französischen P-Gruppe gehörende Unternehmen Rc vor. Unter dem Projektnamen „V8“ wurde das Delisting der X1 AG bzw. der H4 erwogen.
703Zwar beauftragte der Zeuge Dr. N9 mehrere Unternehmensberatungsgesellschaften wie Z35 und die Q41 mit der Bewertung dieser Überlegungen. Eine erste Darstellung von Z35 erfolgte – was noch dargestellt werden wird – Ende Oktober 2008 zu den Überlegungen zum Projekt „V8“.
704Bis zur Insolvenz der X1 AG gingen sämtliche „Projekte“ über bloße Planungen bzw. Überlegungen nicht hinaus. Insbesondere verdichteten sie sich zu keiner Zeit zu konkreteren Verkaufsgesprächen.
(27) Die Erhöhung des Konsortialkredits / „Tranche F“
705Da die X1 AG aus dem weiterhin rückläufigen operativen Geschäft unverändert keine Liquidität genieren, Erlöse aus dem Verkauf der 49 %-igen „High Street“-Anteile – wie dargestellt – nicht wie geplant vereinnahmen konnte und der Zeuge Dr. F3 es für Y13 abgelehnt hatte, ihr einen Kredit („secon lien“) einzuräumen, war die X1 AG bereits im März 2008 erneut gezwungen, bei den Konsortialbanken um einen weiteren Kredit nachzusuchen. Mit Wirkung vom 30. April 2008 räumten die Konsorten der X1 AG eine Kreditlinie über 150 Millionen €, die sogenannte „Tranche F“, ein. Diese war zunächst nur kurzfristig bis Juli 2008 befristet und wurde in der Folge – wie noch näher darzustellen sein wird – bis zum 30. September 2008 verlängert.
(28) Die Begleitung durch die Q41 AG
706Kurz nach der Einräumung der Tranche F zog die X1 AG ab Mai 2008 auf Forderung der Konsorten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Q41 AG zur Begleitung der Planungen der X1 AG hinzu. Aufgabe der Q41 war es nicht, eigene Pläne für die Geschäftsbereiche des Konzerns zu entwickeln oder die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit der X1 AG und ihrer Konzernunternehmen zu begutachten. Die Aufgabe der Q41 bestand allein darin, die von X1 selbst ermittelten Zahlen und Bedarfsmittel für die Finanzplanung der nächsten Jahre zu plausibilisieren. Die Forderung nach einer Begleitung der Planungen durch die Q41 hatte nicht nur für die Konsortialbanken, sondern auch für die sog. Warenkreditversicherer, allen voran die X27 Kreditversicherungs AG mit Sitz in Hamburg (fortan: X27), erhebliche Bedeutung. Die Warenkreditversicherer hatten zwar keine unmittelbaren geschäftlichen Beziehungen zur X1 AG. Für die Kunden der X1 AG bzw. ihrer Töchter versicherten sie aber die Kaufpreisforderungen für die an die X1 AG verkauften Waren und Leistungen. Die X1 AG und ihre Töchter stellten damit für die Warenkreditversicherer das „zu versichernde Risiko“ dar. Vor diesem Hintergrund hatten diese ein Interesse daran, über die Entwicklung und Planungen der X1 AG unterrichtet zu sein. Umgekehrt war die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes der Warenkreditversicherer für die Geschäftsbeziehungen der X1 AG zu ihren Kunden von erheblicher Wichtigkeit. Aus diesem Grund erklärte sich die X1 AG damit einverstanden, dass nicht nur die Konsortialbanken, sondern auch die Warenkreditversicherer von den Planungen der X1 AG und deren Begleitung durch die Q41 unterrichtet wurden.
707Ihren ersten Bericht über die Liquiditätsplanungen der X1 AG (den sog. „Reforecast“) erstattete die Q41 den Konsorten und Warenkreditversicherern am 16. Juni 2008. SOP nahm an der Präsentation – mangels Beteiligung am Konsortialkredit – nicht teil. In der Präsentation verwies die Q41 darauf, dass sich die erwarteten bzw. vorausgesehenen Zahlen und Planungen der X1 AG nicht bestätigten, sondern verfehlt werden würden.
708Daraufhin überarbeitete die X1 AG ihr „Budget“ und entwickelte Effizienzprogramme, die wiederum von der Q41 geprüft werden sollten. Letzteres geschah mit dem Auftrag zu dem sogenannten „Amendment to Reforecast and Budgeting“, einem „überarbeiteten Ausblick“ auf die Budgetplanung der X1 AG. Auch dabei ging es nicht darum, dass die Mitarbeiter der Q41 beratend und steuernd auf die X1 AG Einfluss nehmen, eigene Pläne für die Geschäftsbereiche des Konzerns entwickeln oder die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit der X1 AG und ihrer Konzernunternehmen begutachten sollten. Die Präsentation durch die Q41 wurde für September 2008 erwartet.
(29) Bewertungen im Bankhaus
709Fast zeitgleich – am 13. bzw. 16. Juni 2008 – kam es auch bei SOP zu einer Bewertung der X1 AG. Für die H4 fragte die X1 AG bei SOP wegen der Einräumung einer Barkreditlinie über 25 Millionen € an. Das Kreditprotokoll zeichneten nur die Angeklagten P (Markt) und J (Marktfolge) jeweils am 16. Juni 2008 ab.
710Der Zeuge W4 hielt in seinem für den „Markt“ verfassten Votum fest, H4 habe sich „sehr gut stabilisiert.“ Zwar sei nach der Übernahme der Q35-Anteile durch X1 „eine deutliche Einflussnahme durch den Gesellschafter“ zu spüren. Der Konsortialkredit enthalte allerdings sehr weitreichende Auflagen, die darauf abzielten, dass X1 keine Möglichkeiten habe, direkt oder indirekt die gute Liquidität von H4 für sich zu erschließen. Insgesamt erscheine die Einräumung einer Kreditlinie an die H4 „durchaus vertretbar“.
711Der Zeuge C9 wies in seinem Votum für die „Marktfolge“ auf die gute Liquiditätsausstattung der H4 bei einer Nettofinanzverschuldung von rund 700 Millionen € hin. Die Ertragslage der X1 AG bezeichnete der Zeuge C9 demgegenüber als „unverändert unzureichend“. Lediglich H4 weise einen positiven EBIT-Betrag aus, welcher der X1 AG allerdings nur in Höhe ihres Anteils von 52,8 % zuzurechnen sei. Der Umsatz der X1 AG beruhe zu fast 60 % auf der Touristik-Sparte. Durch die Umstellung des Abschlussstichtags auf den 30. September 2007 sei die Aussagekraft des so geänderten Jahresabschlusses stark eingeschränkt. Die Bereiche Warenhaus und Versandhandel seien unverändert defizitär. Das „schwach positive“ Jahresergebnis von 16 Millionen € habe nur mit Einnahmen aus dem Verkauf des Immobilienportfolios erzielt werden können. Unter seiner Herausrechnung hätte die X1 AG einen Verlust von 900 Millionen € ausweisen müssen. Das Rating der X1 wurde aufgrund der wirtschaftlichen Lage und der mangelnden Aussagefähigkeit der Abschlussunterlagen von „BB“ auf „B+ (Non-Investment Grade/hochspekulative Anlage)“ abgesenkt. Die Einräumung der Kreditlinie für die H4 sei, sofern allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der H4 abgestellt werde, „zwar anspruchsvoll, aber vertretbar.“ Aus der Mehrheitsbeteiligung der X1 AG an der H4 und ihrer Einflussnahme auf diese bestünden jedoch „nicht quantifizierbare Risiken“, welche die Krediteinräumung an H4 „für weitgehend“ erscheinen ließen.
712Die sich zuspitzende Lage bei der X1 AG führte schon Ende Juni 2008 zu einer Nachfrage des Zeugen J6 beim Angeklagten E. Er erkundigte sich am 24. Juni danach, was SOP beabsichtige, wenn der Kurs der X1-Aktie weiter falle. Der Angeklagte E vermerkte dazu unter dem Briefkopf der JEVV wörtlich:
713„Telefonische Anfrage von Herrn J6 am 24.06.2008, die Frau T3 beantwortet haben möchte:
714-
715
1. Sollte der Kurs auf 7,00 € fallen, wie ist die Entscheidung der Bank, da sie zur Zeit keine Zusatzsicherheiten stellen kann?
-
717
2. Wenn keine Zusatzsicherheiten durch die Bank gefordert würden, bis zu welchem Kurs kann die Bank ohne Zusatzsicherheiten den Kredit aufrecht erhalten?
-
719
3. Wie erfolgt die Abwicklung durch die Bank für den Fall, dass der Kredit mangels ausreichender Sicherheiten gekündigt würde?
E wird mit K am 25.06.2008 die vorgenannten 3 Punkte erörtern.“
721In einer an die Angeklagten K, O und J gerichteten Notiz vom 30. Juni 2008 stellte der SOP-Mitarbeiter G5 zunächst die an die Zeugin T3 bzw. die I6 AG ausgereichten Kredite wie folgt dar:
722
Kunde |
Vormerkung |
Inanspruchnahme |
Verwendungszweck |
T3 |
T€ 166.422 |
T€ 166.422 |
Kapitalerhöhung X1 |
I6 AG |
T€ 120.000 T€ 58.000 |
T€ 119.999 T€ 56.186 |
X1 |
Summe |
T€ 344.422 |
T€ 342.627 |
Sodann berichtete er von dem massiven Kursverfall der Aktien der X1 AG in den letzten Monaten und verwies darauf, dass der Kurs der Aktien innerhalb des letzten Jahres von 25,50 € auf 7,21 € gefallen sei. Die Aktien hätten im vergangenen Monat rund 35 % ihres Wertes eingebüßt. Allein der Tagesverlust habe am 26. Juni 2008 10,25 % betragen. Für den Fall, dass der Schlusskurs der Aktie auf 5,00 € oder darunter sinke, sei die Bank berechtigt, eine Sicherheitenverstärkung bzw. die Kreditrückführung durch Nachschüsse in bar oder in Form anderer Vermögensgegenstände zu verlangen.
724Der Angeklagte K wies die Kreditabteilung jedoch durch einen entsprechenden handschriftlichen Vermerk auf dieser Notiz an, die Zeugin T3 nicht anzusprechen. Eine solche Ansprache behielt er sich vielmehr ausdrücklich selbst vor („Ansprache nur durch mich“).
725Die Zeugin F5 regte mit E-Mail vom 11. Juli 2008 gegenüber dem Angeklagten K gleichwohl die Geltendmachung von Nachbesicherungsrechten an. Diese Mail wurde in Kopie an die Angeklagten O und J versandt.:
726Eine Reaktion der Angeklagten K, O und J gegenüber der Zeugin F5 erfolgte nicht. Eine Ansprache der Zeugin T3 erfolgte ebenfalls nicht.
(30) Die Entwicklungen bei X1 im Sommer 2008
727Bereits Anfang Juli 2008 musste der Vorstand der X1 AG bei den Konsortialbanken darum nachsuchen, die erst im April 2008 in Anspruch genommene „Tranche F“ nicht nur zu verlängern, sondern sogar zu erhöhen. Eine am 7. Juli erfolgte zweite Präsentation der Q41 gegenüber den Konsortialbanken nahm der Finanzvorstand der X1 AG, der Zeuge Dr. F4, zum Anlass, die Bankenvertreter auf die Verlängerung sowie die Erhöhung der Tranche F anzusprechen. Die Bankenvertreter zeigten sich jedoch skeptisch. In einer E-Mail vom selben Tag an den Zeugen Dr. N9 schrieb der Zeuge Dr. F4 dazu:
728„Lieber Thomas,
729wir waren heute zur zweiten Präsentation der Q41 mit den Banken zusammen. Im Anschluss daran haben wir natürlich auch die notwendige Verlängerung und Erhöhung!! (+150 Mio.) der Tranche F zur Sprache gebracht. Die Reaktion war sehr negativ mit dem Tenor: ‚… So, ohne weitere Maßnahmen, wird das scheitern…‘
730Da Tranche F Ende Juli ausläuft, müssen wir extrem zügig (bis Ende der Woche) erneut mit einem Konzept bei den Banken antreten, welches die nötigen Initiativen aufzeigt (selbst wenn wir bis dahin die Entscheidungen bezüglich der [K- Warenhaus]-Führung noch nicht kommunizieren können).“
731Für die weitere Begleitung der X1 AG forderten die Konsorten einen finanziellen Beitrag der Zeugin T3 ein. Diesem Ansinnen erteilte der Angeklagte E Ende Juli eine klare Absage.
732Am 11. August 2008 informierte der Vorstand der X1 AG den Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats über die Lage des Konzerns. Die auffälligen operativen Planabweichungen machten Anpassungen der Bankenfinanzierung erforderlich. Eine mittelfristige Refinanzierung sei nicht gesichert. Eine freie Barlinie des Unternehmens werde ab Ende August 2008 nur noch marginal vorhanden sein. Ohne Verlängerung und Erhöhung der Tranche F werde der Cash Flow in den dreistelligen Millionenbereich negativ werden. Die in dem Vertrag zur Bedingung gemachten Kennzahlen würden ab September 2008 wohl nicht mehr eingehalten werden können. Im Wesentlichen hatte die Präsentation folgenden Inhalt zum Gegenstand:
733 734 735 736Die bei den bereits vorgenommenen Desinvestitionen entstandenen Planverfehlungen stellte die X1 AG mit einer Summe zwischen 1,077 und 1,027 Milliarden € wie folgt dar:
737 738Mit Blick hierauf erwartete der Vorstand der X1 AG, dass die Tranche F – deren Fälligkeit inzwischen bereits bis Ende August 2008 hinausgeschoben worden war – nicht nur erneut verlängert, sondern zumindest bis Ende März 2009 sogar erheblich ausgeweitet werden müsse. Zu einer (einstimmigen) Entscheidung hierüber sahen sich die Konsorten jedoch erst nach dem Bericht der Q41 in der Lage, der für September 2008 angekündigt war. Um der X1 AG inzwischen den für das Weihnachtsgeschäft dringend benötigten kurzfristigen Liquiditätsspielraum zu ermöglichen, verlängerten die Konsorten ab Ende August 2008 die Kreditlinie der Tranche F insgesamt bis zum 30. September 2008; dabei erhöhten sie die ursprünglich über 150 Millionen € gewährte Fazilität zunächst bis zum 8. September 2008 auf 200 Millionen € und – diesen Betrag sodann um 25 Millionen € absenkend – bis zum 30. September 2008 auf 175 Millionen €.
(31) Weiteres Anregen von Nachbesicherungen durch die Kreditabteilung von SOP
739Unterdessen erfolgte am 21. August 2008 eine weitere Anfrage der Zeugin F5 wegen einer Nachbesicherung an den Angeklagten K mit dem Hinweis, dass der Kurs der Aktie erneut deutlich gefallen sei und inzwischen mit 5,99 € nur noch knapp oberhalb des vereinbarten Schwellenwerts von 5,00 € liege. Diese Mail wurde in Kopie an die Angeklagten O und P versandt. Die Zeugin F5 beendete die Mail mit der Frage, ob der Angeklagte K mit einer Ansprache der Kundin bzw. des Gesamtvermögensverwalters hinsichtlich der Sicherheitenausweitung einverstanden sei.
740Eine Reaktion der Angeklagten K, O und P gegenüber der Zeugin F5 erfolgte nicht. Eine Ansprache der Zeugin T3 erfolgte ebenfalls nicht.
741Schon am Folgetag verfasste die Zeugin F5 daraufhin ein Schreiben an das Konzernbüro der SCA, in dem sie eine Entscheidung „der Partnerschaft“ über die Aufnahme von Nachbesicherungsverhandlungen dringend anregte. Darin stellte sie zunächst die Kreditbeziehungen von SOP zur Zeugin T3 und der I6 AG mit einem Gesamtumfang von 344,422 Millionen € dar, von denen 342,627 Millionen € tatsächlich abgerufen worden seien. Sie verwies darauf, die X1-Aktien hätten in den letzten Tagen bei erhöhten Umsätzen erneut deutlich an Wert verloren. Mit ihrer Mail vom Vortag habe sie die Partnerschaft über diese Entwicklung und die Notwendigkeit einer Nachbesicherung bei einem weiteren Absinken unter 5,88 € bzw. 5,00 € informiert. Am Vortag habe die Aktie bei einem Schlusskurs von 5,41 € gestanden. Der Tagesumsatz habe mit knapp 3,7 Millionen Aktien dem Dreifachen des durchschnittlichen Volumens der letzten Wochen entsprochen. Um 15:00 Uhr diesen Tages seien bereits 2,8 Millionen Aktien gehandelt worden. Mit Blick auf den alsbald 5,00 € erreichenden Kurswert müsse eine Entscheidung der Partnerschaft jetzt „kurzfristig“ getroffen werden.
742Eine Antwort hierauf erhielt die Zeugin F5 am 2. September 2008. Per E-Mail teilte ihr der Zeuge N8 mit:
743„Ihre Notiz vom 22.08.2008 wurde durch die Geschäftsführung der O jr. & Cie. SCA zur Kenntnis genommen.
744Die bestehende Konstellation wird akzeptiert, es sollen keine Maßnahmen mit dem Ziel einer Sicherheitenverstärkung oder einer Haftungserweiterung bestehender Sicherheiten etc. eingeleitet werden.“
745Dabei blieb es in der Folge zunächst. Selbst als der Kurs der X1-Aktie bereits auf 4,86 € und damit unter 5,00 € gefallen war, sah die Kreditabteilung der SOP „weisungsgemäß“ davon ab, „Maßnahmen im Rahmen unseres vertraglichen Nachbesicherungsrechtes“ einzuleiten, wie die Zeugin F5 in ihrer Mail vom 9. September 2008 an den Angeklagten J ausdrücklich betonte:
746 747Die Mail wurde in Kopie an die Angeklagten K, O und P versandt.
(32) Der Fortgang der Finanzierungsverhandlungen mit den Konsortialbanken und Warenkreditversicherern
748Am 22. August 2008 berichtete der Zeuge Dr. F4 dem Warenkreditversicherer X27 über die aktuellen Verhandlungen mit den Konsortialbanken. Anwesend war für den Warenkreditversicherer der Zeuge Q25. Der Zeuge Dr. F4 erläuterte die aktuellen Verhandlungen mit den Konsortialbanken und präsentierte den voraussichtlichen Liquiditätsbedarf. Ohne die Überbrückung des erwarteten Liquiditätsengpasses drohe die Insolvenz X1s. Daraufhin erklärte der Zeuge Q25, dass X27 angesichts dieser Situation Lieferungen nicht mehr versichern könne.
749Bereits am 27. August 2008 fand ein weiteres Treffen zwischen der X1 AG, den Konsortialbanken und den Warenkreditversicherern statt. Dabei sagten die Konsorten der X1 AG jedenfalls die – bereits erwähnte – kurzfristige Ausweitung der Kreditlinie aus der Tranche F von 150 auf zunächst 200 Millionen € zu. Eine endgültige Finanzierungslösung fanden sie dabei nicht. Mit Wirkung ab dem 1. September 2008 reduzierte X27 mit Blick auf die Planverfehlungen bei der X1 den Versicherungsschutz auf die bestehenden Außenstände und informierte einen Teil seiner Versicherungskunden darüber. Für den 10. September 2008 sollte eine neue Besprechung mit den Konsorten und Warenkreditversicherern stattfinden. Im Nachgang der Erörterungen vom 27. August 2008 hielt der Zeuge Q25 fest:
750„Da dem Vorstand klar wurde, dass der Verkauf der Verlustbringer kurzfristig nicht realistisch ist, konzentriert er sich jetzt – jedoch zu spät – auf die zusätzlichen Restrukturierungsmaßnahmen für K- und H5 sowie auf die Sicherstellung der Finanzierung.
751Wir glauben nicht mehr, dass X1 den richtigen Vorstand hat, um nachhaltige Geschäftsmodelle für H5 und X1 zu implementieren. Seit 2004 haben sie den Kauf und Verkauf von Wirtschaftsgütern („Asset Deals“) praktiziert, um die Finanzierung sicherzustellen. Ihr Restrukturierungsplan ist sehr professionell, was Prozesse, Kosten und Strukturen betrifft. Im Vergleich zu den Erklärungen anderer Einzelhandelsunternehmen scheinen sie jedoch keine Vorstellung von Mitbewerbern, Preisen, Kundengruppen, der eigenen Positionierung usw. zu haben, selbst wenn sie dazu befragt werden.“
752Am 30. August 2008 war die am 10. September 2008 bevorstehende Präsentation der Finanzierungsplanungen der X1 AG durch die Q41 Gegenstand des E-Mail-Verkehrs zwischen den Zeugen M5, Dr. F4 und Dr. N9. Der Zeuge M5 wies dabei auf seine Bedenken wegen der anstehenden Besprechung mit den Banken und Warenkreditversicherern hin.
753Er befürchtete einen nachhaltigen Vertrauensverlust der X1 AG bei den Banken und Warenkreditversicherern, nachdem es in der Vergangenheit durchgängig zu erheblichen „Plan-Ist-Abweichungen“ gekommen sei. Er fürchtete, die von X1 präsentierten Erwartungen könnten als nicht ausreichend belastbar verworfen werden. Er empfahl daher, ein formales Sanierungsgutachten für die X1 AG in Auftrag zu geben. Wörtlich schrieb der Zeuge M5 unter anderem in seiner Mail:
754„Ich fürchte, dass insgesamt die Gefahr besteht, dass ein misstrauischer/uns gegenüber negativ eingestellter Banker/Versicherer nach Durchsicht der Unterlagen, die wir vorlegen werden, zu dem Schluss kommen könnte, dass das Programm zu wenig substantiiert ist und im Resultat (dauerhafter cash-Effekt) -von uns in der Summe deutlich zu vorteilhaft eingeschätzt wird. Ich fürchte, dass das Risiko für uns vor allem darin besteht, dass die Glaubwürdigkeit des Top-Managements zu stark leidet - und das ist etwas was wir auf jeden Fall und um jeden Preis vermeiden müssen, denn alleine mit den nackten Zahlen, die wir vorlegen werden, werden die Banken und WKVs ihre Gremien m.E. kaum überzeugen können, uns die Stange zu halten. X1 hat, wie ich fürchte, schon einen Großteil des Vertrauensvorschusses aufgebraucht, insb. durch die Plan-Ist-Abweichungen bei den großen Take-out-Projekten und wie wir diese im Zeitablauf kommuniziert haben, als auch der Tatsache, dass wir die Entwicklungen insb. bei K- so lange zugelassen und toleriert haben.“
755Er schloss mit dem Fazit:
756„Für den 10. September brauchen wir ein strategisches Zielfoto für K- und H5 auf dessen Basis sich Sanierungswürdigkeit und -fähigkeit bejahen lässt . Die vorgelegten Disposals unterstützen kurzfristig, reichen aber allenfalls dann aus, wenn alle zeitnah vollumfänglich gelingen . Bei den Disposals müssen wir sehr realistisch sein - übergroßen Optimismus werden uns die Banken und WKVs sowieso nicht mehr abkaufen. Mit der Gestaltung der Zukunft von H4 sollten wir uns m.E. ab sofort im Dialog mit den Banken beschäftigen“
757Ein Sanierungsgutachten oder -konzept gab die X1 AG jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht in Auftrag.
(33) Die Präsentation des sog. „Amendment“ am 10. September 2008
758Am Vormittag des 10. September 2008 stellten der Zeuge Dr. N9 als Vorstandsvorsitzender der X1 AG sowie der verantwortliche Partner der Q41, der Zeuge Dr. B3, die finanzielle Lage des Unternehmens und den Stand der verschiedenen Restrukturierungsmaßnahmen dar. Dabei stellte der Zeuge Dr. B3 das sogenannte „Amendment“ der Q41 vor, das er mit den Zeugen Y8 und C1 bis kurz vor der Präsentation zusammengestellt hatte. Der Zeuge Dr. B3 „plausibilisierte“, „analysierte“ und „kommentierte“ die von der X1 AG bzw. den Geschäftsleitern ihrer Töchter selbst ermittelten und der Q41 überlassenen Zahlen anhand einer Power-Point-Präsentation, aus der die Finanzplanung der X1 AG für die nächsten drei Geschäftsjahre bis 2010/2011 abgeleitet wurde. Dabei wurden die von der X1 AG gelieferten „Basiszahlen“ durch die Q41 „sensitiviert“. Das bedeutete, dass die Q41 dem Eintritt der von der X1 AG zugrunde gelegten Ereignisse – wie etwa angestrebten Verkäufen – sowohl in zeitlicher als auch betraglicher Hinsicht jeweils eine bestimmte Eintrittswahrscheinlichkeit zuordnete, die sich in – als solche allerdings in ihrer Herleitung nicht näher erläuterten – prozentualen Abschlägen ausdrückten und zu anderen –den „sensitivierten“ – Zahlen“ führten.
759Demnach wurde für den sogenannten „Sensitivity Case“ bis Ende September 2011 mit einem durch neue Kredite auszugleichenden Defizit von 1,651 Mrd. € geplant. Im „Normal/Basis Fall“ sollten sich in den kommenden Jahren Defizite von 1,313 Mrd. € ergeben. Durch geplante Verkaufserlöse könnten sich diese Defizite zwar vermindern, allerdings verbliebe auch dann ein Defizit bis September 2009 von mindestens 827 Mio. €. Nach der Berechnung der Q41 könnte im Geschäftsjahr 2009/2010 erstmals ein positiver operativer Cash Flow und im Folgejahr 2010/2011 zusätzlich erstmals eine Schuldendienstfähigkeit erreicht werden. Voraussetzung dafür wäre aber, dass sich geplante Verkäufe von Unternehmensteilen wie von X1 geplant in zeitlicher und preislicher Hinsicht realisieren ließen.
760Zur Deckung des Liquiditätsbedarfs sollten die Konsorten die bis zum 30. September 2008 befristete Tranche F (über 175 Millionen €) nicht nur verlängern, sondern auch um 325 Millionen € auf 500 Millionen € ausweiten. Die Warenkreditversicherer sollten ihre Deckungszusage wieder aufnehmen.
761Der Zeuge Dr. N9 berichtete ferner von „fundamentalen strategischen Alternativen“: Nachdem es nicht gelungen sei, einen Mitbewerber (Y17 AG) zu übernehmen und zu konsolidieren, sollten mindestens 51 % der Anteile an der K- Warenhaus GmbH verkauft werden. Danach sollte die H4 von der X1 AG entweder im Zuge des Ankaufs der 47,2 %-igen Restanteile von H4 vollständig übernommen und in den „X1-Cashpool“ integriert werden, was zu einer deutlichen Verbesserung der Kreditfähigkeit bzw. Liquiditätslage bei X1 führen sollte, oder aber die 52,8 %-ige Beteiligung der X1 AG an H4 solle verkauft werden. Konkret fortgeschritten waren diese Bemühungen jedoch nicht.
762Als Sicherheiten für die Ausweitung der Tranche F sollten die Konsortialbanken die nachrangige Verpfändung der ihnen bereits erstrangig verpfändeten H4-Aktien sowie die Verpfändung einzelner Beteiligungen erhalten. Falls die Planungen der X1 AG – wie der Verkauf der K- Warenhaus GmbH bis Ende des Jahres 2008 – nicht eingehalten würden, sollte dies ein Kündigungsrecht der Banken mit sofortiger Verwertung der bereits zuvor (erstrangig) verpfändeten H4-Aktien auslösen, welche die 4A LB treuhänderisch hielt. Zur Absicherung dieser Zusage erteilte die X1 AG den Konsorten einen unwiderruflichen Verkaufsauftrag zum Verkauf der H4-Aktien.
763Nachdem X27 für den Fall einer Kreditzusage eine Insolvenz der X1 AG nicht vor März 2009 besorgte und zudem die Möglichkeit hatte, sein Risiko durch eine Erhöhung der Selbstbeteiligung ihrer Kunden abzumildern, nahm X27 den Versicherungsschutz in eingeschränktem Umfang wieder auf. Daraufhin sagten auch sämtliche Konsorten zunächst ihre grundsätzliche Bereitschaft für die verlangte Kreditverlängerung und Kreditausweitung um 325 Millionen € zu. Dabei gingen sie insbesondere davon aus, ihre Kreditforderungen insgesamt aus der Verwertung der bereits an sie verpfändeten H4-Aktien zurückerhalten zu können. Eine verbindliche Entscheidung der Banken über die Finanzierung stand jedoch noch aus.
764Noch bevor die Konsortialbanken der X1 AG eine verbindliche Finanzierungszusage erteilten, kam es am 15. September 2008 zum Zusammenbruch der US-amerikanischen Investmentbank Lehmann. Dieser Zusammenbruch beeinflusste die weltweiten Finanzmärkte massiv. Es kam zu gravierenden Einbrüchen des Kreditgeschäfts.
765Am 16. September 2008 erklärte die X10 – für den Vorstand der X1 AG sowie die anderen Konsortialbanken überraschend – sie werde den ihr zugedachten Anteil an dem vor wenigen Tagen vorgestellten Finanzierungskonzept nicht tragen. Das stellte das angedachte Finanzierungskonzept grundlegend in Frage. Denn die anderen Konsorten waren nicht bereit, die weitere Finanzierung der X1 AG ohne die X10 oder dritte Geldgeber, die den der X10 zugedachten weiteren Finanzierungsanteil übernehmen würden, durchzuführen.
766Hintergrund hierfür war – neben den prinzipiellen Erwägungen, bei einem Konsortialkredit im Rahmen von Restrukturierungen das Ausscheren eines Konsorten nur gegen den Eintritt eines neuen Geldgebers zuzulassen – der Umstand, dass die Konsorten ihr Engagement auf die ihnen eingeräumten Sicherheiten – maßgeblich an den H4-Anteilen – abgestellt hatten. Sie waren der (sich nach der späteren Insolvenz der X1 AG als zutreffend herausstellenden) Auffassung, die Verwertung der an sie als Sicherheit verpfändeten H4-Anteile in einem geordneten Verfahren werde genügend Erlöse erbringen, um die bestehenden sowie die von ihnen bereits in Aussicht gestellten Kredite zurückzuführen. Die H4-Anteile als das maßgebliche Sicherungsgut waren den Konsorten einschließlich der X10 aber bereits vollständig verpfändet. Die V18 und die V22 Bank hielten es daher für kreditmateriell unvertretbar, ohne zusätzliche Sicherheiten ihr Kreditrisiko in Bezug auf die X1 AG auszuweiten und dabei zusätzlich die weiteren der X10 zugedachten Finanzierungsanteile zu übernehmen. An das Geschäftsmodell der X1 AG glaubten sie nicht mehr. Die Planzahlen des Konzerns waren in der Vergangenheit wiederholt signifikant verfehlt worden. Die X1 AG befand sich bei der V18 und der V22 Bank bereits in der Intensiv- bzw. der Restrukturierungsbetreuung.
767Diese Haltung der V18 und der V22 Bank drängte die X1 AG zu neuen Überlegungen dazu, wie sie die dringend benötigte Liquidität generieren konnte. Wie bereits im Jahr 2006 im Zusammenhang mit dem Verkauf ihrer Immobilien konkretisierte sich bei der X1 AG die Überlegung, die bereits bestehenden Konsortialverbindlichkeiten durch den Verkauf eines wesentlichen Bestandteils des X1-Konzerns komplett zurückzuführen, um den sich anschließend noch ergebenden weiteren Liquiditätsbedarf mit einem neuen Kredit zu decken. Das bedeutete den Verkauf der Anteile an der H4.
768Die Verbindlichkeiten der X1 AG gegenüber den Konsortialbanken beliefen sich Mitte September 2008 auf rund 895 Millionen €. Für ihre Jahresplanung bis Ende September des Folgejahres (2009) plante die X1 AG insgesamt mit einem zusätzlichen Liquiditätsbedarf von 400 Millionen €. Daher entschloss sich der Vorstand der X1 AG, die den Konsorten zur Sicherheit verpfändeten Anteile an der H4 (insgesamt 52,8 %) kurzfristig zu verkaufen. Die Anteile waren allerdings nur in einem Umfang von 44 % für einen sofortigen Verkauf verfügbar. Der sofort verfügbare Anteil von 44 % an der H4 umfasste 388 Millionen Aktien.
769Unter Berücksichtigung eines zu erzielenden Börsenkurses von umgerechnet2,60 € erwartete die X1 AG aus dem kurzfristigen Verkauf der 388 Millionen H4-Aktien einen Erlös von 1,01 Milliarden €. Abzüglich der damit zurückzuführenden Konsortialkreditverbindlichkeiten von 895 Millionen € hätte sich die X1 AG nach ihrer Vorstellung durch den Verkauf der H4-Anteile also freie Liquidität von 115 Millionen € verschaffen können. Die – bis zum Verkauf der restlichen H4-Anteile – noch fehlenden 285 Millionen € sollten zu insgesamt 155 Millionen € durch die V18 und die V22 Bank sowie zu weiteren 130 Millionen € von der X10/X25, die nach wie vor nicht bereit war, das Konzept zu tragen, aufgebracht werden.
770Zur Ablösung der Konsortialkreditsumme von 895 Millionen € war ein Verkauf zu einem Kurs von knapp 2,30 € - umgerechnet 1,85 Britischen Pfund – erforderlich. In der Nacht vom 17. September auf den 18. September 2008 erteilte die X1 AG Y13 den Auftrag, 44 % der Anteile an H4 zu verkaufen.
771Die Bemühungen der X1 AG, die H4-Anteile zu angemessenen Preisen zu verkaufen, um die Konsortialkredite vollständig zurückzuführen, ließen sich indes nicht umsetzen. Am 22. September 2008 berichtete die FAZ über den erteilten Verkaufsauftrag für die H4-Aktien. Der Kurs der H4-Aktien begann daraufhin rapide zu fallen. Damit war das Finanzierungskonzept der X1 AG nachhaltig bedroht.
772Ebenfalls am 22. September 2008 beauftragte der Vorstand der X1 AG auf Forderung der Konsorten, die Planungen und Zahlen der X1 AG nicht mehr – wie bisher – lediglich zu „plausibilisieren“, sondern – mit den Worten des Zeugen C1 (Q41) – die „harten Kriterien eines Sanierungsgutachtens“ im Sinne des damals noch im Entwurf befindlichen, für Wirtschaftsprüfer üblichen Standards IDW ES 6 anzuwenden. Diese Prüfung und Untersuchungen der Q41 dauerten allerdings mehrere Monate. Ihre Ergebnisse stellte die Q41 – erstmals – am 16. Dezember 2008 mit dem sog. „Independent Business Review“ vor.
773Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Finanzierungslücke kontaktierte der Zeuge Dr. N9 den damaligen Leiter der Investmentbank Y13 Deutschland, den Zeugen Dr. F3. Er fragte an, ob Y13 zu Finanzierungsbeiträgen bereit sei. Der Zeuge Dr. F3 beantwortete diese Frage mit einem klaren Nein. Er begründete dies damit, dass Y13 durch die Schwächung von X1 im Rahmen der Immobilienfinanzierung / Mieteinkünfte der HIGH STREET-Beteiligung Verluste erleide und ihre Risikokapazität ein weiteres Engagement nicht vorsehe. Er machte klar, dass es keinen Sinn habe, einen internen Genehmigungsprozess zu starten, da dieser im Ergebnis negativ verlaufen werde. Da der Zeuge Dr. F3 wusste, dass SOP der Hauptaktionärin der X1 AG, der Zeugin T3, Kredite gewährt hatte und K--Immobilienfonds aufgelegt hatte, riet er dem Zeugen Dr. N9 es „mal bei SOP zu versuchen“.
III. Das Tatgeschehen
(1) Das Angebot von SOP an die Zeugin T3 zur Finanzierung weiterer 45 Millionen €
774Am 23. September richtete das Bankhaus ein vom Angeklagten K unterzeichnetes Schreiben an den Angeklagten E, in dem der Zeugin T3 angeboten wurde, zur „Regulierung von Zinszahlungen und zum Ankauf weiterer Aktien der X1 AG“ einen Kredit über 45 Millionen € zur Verfügung zu stellen, sofern die Zeugin hierfür persönlich hafte und dingliche Sicherheiten mit einem Beleihungswert von 45 Millionen € stelle. Die näheren Umstände dieses Schreibens haben sich in der Hauptverhandlung nicht aufklären lassen.
775Hierzu kam es jedoch nicht. Der Angeklagte E teilte gegenüber dem Angeklagten K die Ablehnung des Angebots mit der Begründung mit: „Die kann keinen Kredit mehr vertragen.“
(2) Nachfrage der luxemburgischen Bankenaufsicht CSSF
776Am selben Tag meldete sich die luxemburgische Bankenaufsicht CSSF telefonisch bei der SCA. Sie forderte bis zum Mittag Aufklärung über die an die X1 AG gewährten sowie die durch die X1 AG bzw. mit Aktien der X1 AG besicherten Kredite. Außerdem sollte sich die SCA dazu erklären, wie sie mit ihren Nachsicherungsrechten umgehe und wie die Nachbesicherung erfolge.
777Das Antwortschreiben der SCA an die CSSF vom 23. September 2008 stimmten die Angeklagten J und K miteinander ab. Der Angeklagte J war unter den persönlich haftenden Gesellschafter für das Meldewesen zuständig und damit der Hauptansprechpartner der Aufsichtsbehörden in Deutschland und Luxemburg. Der Y14-Kredit blieb darin – wie schon 2005 gegenüber der Deutschen Bundesbank – unerwähnt. Das Kreditvolumen gegenüber der X1 AG wurde mit „0“ € beziffert. Ausgereichte Kredite an die Zeugin T3 und die I6 AG wurden mit rund 227 Millionen € bzw. mit 178 Millionen € angegeben. Hinsichtlich des Kredits an die Zeugin T3 wurde ausgeführt, dieser betreffe mit einem Betrag von 60,8 Millionen € Immobilienfinanzierungen, die zum Teil grundpfandrechtlich gesichert seien. Für die weiteren Kredite an die Zeugin T3 und die I6 AG stünden der Bank Pfandrechte an Festgeldguthaben und an Aktien an der X1 AG zur Verfügung. Sicherheitengeber seien die Zeugin T3, die T3 Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG und die I6 AG. Aktuell bestehe dabei eine Unterdeckung von rund 8 Millionen €. Wörtlich wurde in dem zwischen den Angeklagten J und K abgestimmten Schreiben vom 23. September 2008 weiter festgehalten:
778„Aus diesem Grund befinden wir uns mit der Kundin zurzeit in Gesprächen über die Stellung weiterer Sicherheiten. Aus den uns vorliegenden Unterlagen ist weiteres Immobilien-und sonstiges Vermögen ersichtlich, über den Verlauf der weiteren Gespräche werden wir sie zeitnah informiert halten.“
779Tatsächlich hatten Gespräche über Sicherheiten mit der Zeugin T3 am 23. September 2008 noch nicht stattgefunden. Jedoch kamen die Angeklagten K, O und J zeitnah nach der Aufforderung der CSSF dahin überein, die Zeugin T3 zur Einräumung weiterer Sicherheiten aufzufordern. Dies war – wie bereits ausgeführt – von Mitarbeitern des Bankhauses bereits mehrfach angemahnt worden, bis zu diesem Zeitpunkt aber nicht geschehen.
(3) Die Mahnung des Zeugen G2 zur Offenlegung des Y14-Kredits
780Im Anschluss an die Nachfrage der CSSF wandte sich der Zeuge G2 am Morgen des 24. September 2008 per Mail an den Angeklagten J mit der „dringenden Empfehlung“, der Aufsicht den Y14-Kredit zu offenbaren. Die Mail sandte er den Angeklagten K und O in Kopie ebenfalls zu. Darin führte der Zeuge G2 aus, der Brief an die CSSF sei gestern, wie zwischen ihm (J) und dem Angeklagten K abgestimmt, versandt worden. Das Kreditengagement an die Y14 sei „wie bereits gestern besprochen… nicht mit includiert.“ Der Zeuge G2 verwies darauf, für dieses Engagement dienten der Bank zwar keine X1-Aktien als Sicherheiten. Seit seiner Begründung werde vielmehr allein auf die Bürgschaften verschiedener Privatpersonen abgestellt. Ungeachtet dessen sei aber die Größenordnung des Kredits dazu geeignet, dass „die Luxemburgische Aufsicht vor dem Lichte der sehr vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Bankhaus und der Familie O unter Umständen davon ausgehen darf, dass die persönlich haftenden Gesellschafter mit Herrn Z6 pro activ das Engagement besprechen.“ Bei dem vom Zeugen G2 angesprochenen „Herrn Z6“ handelte es sich um den ZeugenZ6, den damaligen Generaldirektor der CSSF. Der Zeuge G2 führte weiter aus:
781„Der Gedanke, dass bei einer späteren, durchaus vorstellbaren Prüfung durch die CSSF das Engagement Y14 geprüft wird und die Aufsicht sich zwar unserer formalen Betrachtung, dass der Y14-Kredit nicht durch X1 AG gesichert ist, anschließen muss, gleichwohl aber einen Zusammenhang zu X1/Frau S besteht und spätestens im Rahmen der gestrigen Anfrage eine Information erwartet hätte, ist nicht von der Hand zu weisen.
782Meine dringende Empfehlung ist, dass wir das Thema gegenüber der CSSF pro activ angehen sollten um das Vertrauen das in O gesetzt wird nachhaltig zu stützen.“
783Umgesetzt wurde die Empfehlung des Zeugen G2 nicht.
(4) Das Gespräch zwischen den Angeklagten K und E sowie dem Zeugen Dr. N9 am 24. September 2008
784Ebenfalls am 24. September 2008 begab sich der Zeuge Dr. N9 zunächst nach T zum Angeklagten E als dem Vermögensverwalter der Zeugin T3. Diesem berichtete er über die aktuelle Entwicklung bei der X1 AG und davon, dass und warum der Verkauf der H4-Anteile erforderlich geworden war. Auch offenbarte er seine Sorge um einen Verkauf der Anteile „unter Wert“. Mit den Konsorten sei eine Finanzierungslösung nicht erreicht worden. Es sei weder gelungen, die X10 zum „Einlenken“ noch die anderen Konsorten dazu zu bewegen, den Finanzierungsanteil der X10 zu übernehmen. Mit dem Angeklagten E – und später dem Angeklagten K – sollten mögliche weitere „Handlungsoptionen“ besprochen werden. Der Angeklagte E stellte klar, dass die Zeugin T3 keine Finanzierungsbeiträge leisten könne.
785Im Anschluss fuhren der Angeklagte E und der Zeuge Dr. N9 nach Köln ins Bankhaus und besprachen sich mit dem Angeklagten K. Bei einem gemeinsamen Mittagessen berichtete der Zeuge Dr. N9 nunmehr auch dem Angeklagten K den Stand der laufenden Verhandlungen betreffend die X1 AG und der Notwendigkeit, die Anteile der profitablen H4 zu verkaufen. Die Situation der X1 AG habe sich dramatisch verschärft und die Dringlichkeit, die Liquiditätslücke zu schließen, weiter zugenommen. Die Verhandlungen mit den Konsorten gestalteten sich schwierig und stockten. Angesichts der öffentlich gewordenen Verkaufsabsicht bezüglich der H4-Aktien drohe ein Verkauf „unter Wert“. Die Zeugin T3 sei – was der Angeklagte K bereits vom Angeklagten E wusste – zu eigenen Finanzierungsbeiträgen zugunsten der X1 AG nicht in der Lage.
786Der Zeuge Dr. N9 fragte, ob es weitere Handlungs- und FinanzierungSOPtionen gebe, die er in die Verhandlungen mit den Konsorten einfließen lassen könnte und ob er hierfür auf die Unterstützung von SOP bauen könne. Nach einem konkreten Finanzierungsbeitrag von SOP fragte er nicht. Der Angeklagte K erklärte hierauf, Vorschläge und Anfragen der X1 AG „konstruktiv zu prüfen“. Damit könne sich der Angeklagte J befassen.
787Nachdem der Zeuge Dr. N9 – ohne konkretes Ergebnis – die Bank verlassen hatte, sprach der Angeklagte K den Angeklagten E „unter vier Augen“ auf die Anfrage der luxemburgischen Bankenaufsicht vom Vortag an. Er bat den Angeklagte E, die Zeugin T3 mit Blick hierauf nachdrücklich zu einer zusätzlichen Besicherung der gegenüber dem Bankhaus bestehenden Kredite anzuhalten. Der Angeklagte E sagte sein sofortiges Handeln mit den Worten, „jetzt muss sie liefern!“, zu.
(5) Die Vorgänge am Donnerstag, den 25. September 2008
(a) Das Gespräch zwischen dem Angeklagten K und dem Zeugen M12
788Die sich durch den zunehmenden Kursverfall der H4-Aktien verschärfende Lage bei X1 nahm der Zeuge M12 am selben Tag zum Anlass, seinen langjährigen Freund, den Angeklagten K, anzusprechen. Der Zeuge M12 war als Vertreter der V22 Bank – einem der führenden Konsorten – in die Finanzierungsverhandlungen mit der X1 AG eingebunden. Außerdem war ihm aus früheren Gesprächen mit dem Angeklagten K bekannt, dass SOP seit Jahren als „Hausbank“ der Zeugin T3 fungierte und SOP sie beim Ankauf von Aktien der X1 AG in großem Umfang kreditiert hatte. Der Zeuge M12 eröffnete dem Angeklagten K, dass die Lage bei X1 „äußerst brenzlig“ sei. Die Konsorten stellten sich angesichts der aktuellen Entwicklung auf eine Insolvenz der X1 AG und ihrer Töchter ein.
789Tatsächlich hatten sich die Konsortialbanken auf einen Insolvenzantrag der X1 AG am Montag, den 29. September 2008, eingestellt. Auch vor diesem Hintergrund hielten sie eine Ausweitung ihres Kreditengagements für kreditmateriell nicht vertretbar. Einen eventuell entstehenden Reputationsschaden nahmen sie insoweit in Kauf.
790Der Zeuge M12 legte gegenüber dem Angeklagten K auch dar, dass die Konsorten ein für den Insolvenzfall zu erwägendes Verlustrisiko angesichts der ihnen als Sicherheit verpfändeten Aktien an der H4 als gering einschätzten. Der Kurs der H4-Aktien sei zwar nach dem bekannt gewordenen Verkaufsmandat rapide gefallen. Er werde sich aber nach Einschätzung der Konsorten rasch wieder erholen und dann einen Verkauf der Aktien zur völligen Tilgung der Konsortialkredite ermöglichen. Ausdrücklich berichtete der Zeuge M12 dem Angeklagten K, dass keine der Konsortialbanken bereit sei, für die X10 „in die Bresche“ zu springen, also die auf sie entfallenden, von der X1 AG angeforderten weiteren Finanzierungsbeiträge zu übernehmen. Bei seinen Äußerungen ging der Zeuge M12 – zutreffend – davon aus, der Angeklagte K werde die Mitteilungen zum Anlass nehmen, sich für Finanzierungsbeiträge der SOP zugunsten der X1 AG im eigenen Haus einzusetzen.
(b) Das Treffen im Hause T3 / die Zusage der Nachbesicherung
791Wie er es dem Angeklagten K am Vortag zugesagt hatte, flog der Angeklagte E am Morgen des 25. September 2008 mit einem Mitarbeiter, dem Zeugen H2, nach Faa zur Zeugin T3. Die Zeugen J6 und Dr. C11, der Sohn der Zeugin, hielten sich ebenfalls dort auf. Der Zeuge Dr. N9, der sein Erscheinen ursprünglich ebenfalls angekündigt hatte, hatte sein Kommen kurzfristig wegen der sich weiter zuspitzenden Lage um den Kursverfall der H4-Aktien absagen müssen.
792Im Haus der Zeugin berichtete der Angeklagte E den Zeugen zunächst vom schwierigen Stand der Finanzierungsverhandlungen um die X1 AG. Die Lage bei X1 beschrieb der Angeklagte E als „sehr ernst“.
793Nachdem er über die Lage abschließend berichtet hatte, wandte sich der Angeklagte E der Zeugin T3 mit dem Hinweis zu, er müsse mit ihr dringend noch ein anderes Thema besprechen. So berichtete er den Zeugen T3, J6 und Dr. C11, SOP habe „die Aufsicht im Haus“. Angesichts der rapide gesunken Aktienkurse der X1 AG verlange die Aufsicht von SOP, die bestehenden Kredite zusätzlich zu besichern, anderenfalls sei die Bank gehalten, die Kredite zu kündigen und fällig zu stellen. Das war für die Zeugin T3 und ihren Mann ein Schock. Die ihnen in Aussicht gestellte Kündigung der Kredite wollte die Zeugin T3 in jedem Fall verhindern. Sie erklärte sich damit einverstanden, der Forderung der Aufsicht nachzukommen und zusätzliche Sicherheiten zu leisten.
794Nach dem Rückflug von Faa rief der Angeklagte E den Angeklagten K an und berichtete ihm davon, dass die Zeugin T3 bereit sei, die Forderungen der Bank nachzubesichern.
(c) Die Erörterungen im Privathaus des Angeklagten K
795Noch am selben Tag (25. September 2008) bat der Angeklagte K den Angeklagten E, gegen Abend in sein Privathaus zu kommen. Der Angeklagte J war dort bereits anwesend, als der Angeklagte E etwa gegen 18:00 Uhr erschien. Die Angeklagten K und J fragten den Angeklagten E, ob die Zeugin T3 bereit sei, einen Teil ihrer X1-Aktien an das Bankhaus im Wege der Verrechnung gegen ihre Darlehensschulden zu übertragen. Hintergrund dafür war, dass der von SOP erwogene Kredit an X1 der Kreditnehmereinheit „T3 / I6 / X1“ zugerechnet werden würde. Um ein Überschreiten der Großkreditgrenze mit den damit verbundenen Nachteilen für das Bankhaus zu verhindern, musste das bereits bestehende Engagement entsprechend heruntergefahren werden. Dies war aus Sicht der Angeklagten J und K am schnellsten und am einfachsten dadurch zu erreichen, dass das bereits verpfändete Festgeldkonto der Zeugin zugunsten der Bank aufgelöst und ein Teil der Darlehensschulden der Zeugin gegen die Übertragung der dem Bankhaus bereits verpfändeten Aktien verrechnet würden.
796Der Aktienerwerb im Wege einer entsprechenden Verrechnung hatte zudem den Vorteil, dass die entsprechenden Kredite gegenüber den Aufsichten als bereits zurückgeführt dargestellt werden konnten. Nachteil für die Bank bei der Rückführung der Kredite im Wege des Erwerbs der an die Bank schon verpfändet gewesen Aktien war jedoch, dass SOP damit mehr als zuvor vom Kurs der X1-Aktien abhängig war. Denn anstelle der Aktien (als Sicherungsmitteln) und den Kreditforderungen hätte SOP jetzt nur noch die Aktien, wenn auch nicht mehr als Sicherungsnehmer, sondern als Eigentümer.
797Die Geschehnisse um den Erwerb dieser Aktien an der X1 AG sind nicht Gegenstand der Anklage.
798Nachdem der Angeklagte K den Angeklagten E von den Überlegungen zum Aktienankauf informiert hatte, rief der Angeklagte E vom Privathaus des Angeklagten K bei der Zeugin T3 an. Die Angeklagten K und J verfolgten das über Lautsprecher für sie hörbar gemachte Telefonat mit der Zeugin. Die Zeugin T3 und ihr Ehemann, der Zeuge M13, erklärten darin ihr grundsätzliches Einverständnis, SOP einen Teil der X1-Aktien der Zeugin T3 bzw. ihrer Unternehmen zu verkaufen. Die Einzelheiten dazu sollten der Angeklagte E und der Zeuge H2 mit der Bank abstimmen. Das beinhaltete auch Verhandlungen mit der Bank darüber, ob die Zeugin T3 im Fall eines späteren Verkaufs der Aktien durch SOP anteilig an einer Wertsteigerung der Aktien beteiligt werden könnte.
799Kurz nach diesem Telefonat verließ der Angeklagte J das Haus. Der Angeklagte K rief den Angeklagten O an, der an diesem Tag Geburtstag hatte, und bat ihn zu sich. Nach etwa einer Viertelstunde erschien der Angeklagte O. Es schloss sich ein mehrstündiges Gespräch an, in dem der Angeklagte K den Angeklagten O über die aktuelle Situation bei X1, den Stand der Finanzierungsverhandlungen mit den Konsorten und die Überlegungen in Bezug auf die Zeugin T3 informierte. Die Dramatik der vergangenen Tage und Stunden fasste er in dem Ausruf zusammen: „Bei X1 brennt die Hütte!“ In Bezug auf die eigenen Bürgschaften für den Y14-Kredit der Bank eröffnete der Angeklagte K dem Angeklagten O, diese würden im Fall der möglicherweise kurz bevorstehenden Insolvenz der X1 AG „wohl gezogen“.
(6) Der weitere Verlauf am Freitag, den 26. September 2008
(a) Die Gespräche des Zeugen J6 mit dem Angeklagten E und dem Zeugen Dr. N9
800Am nächsten Tag (Freitag, den 26. September 2008) flog der Angeklagte E nach Nürnberg und holte dort den Zeugen J6 mit dem Flugzeug ab. Gemeinsam flogen sie nach Düsseldorf. Auf dem Hinflug besprach der Angeklagte E mit dem Zeugen J6 die Einzelheiten sowohl der am Morgen des Vortages grundsätzlich schon zugesagten Nachbesicherung sowie des am Vorabend erstmals erörterten X1-Aktienankaufs durch die Bank.
801Von Düsseldorf aus fuhr der Zeuge J6 – ohne den Angeklagten E – nach Essen in die Zentrale der X1 AG und traf sich mit dem Zeugen Dr. N9. Der Zeuge Dr. N9 berichtete ihm über den aktuellen Stand der Finanzierungsgespräche und davon, dass sich die X1 AG aus strategischen Gründen von ihrem Anteil an der H4 trenne müsse. Allerdings sei der Kurs der H4-Aktien bereits rapide gefallen, nachdem die Verkaufsabsicht „öffentlich geworden“ sei. Der Zeuge J6 sprach sich gegen einen Verkauf der H4-Anteile aus. Er bat den Zeugen Dr. N9 um Prüfung, ob der Verkauf der H4-Anteile nicht verhindert werden könne. Angesichts der guten Finanzausstattung der H4 könne – so der Zeuge J6 – doch die H4 der X1 AG einen „Konzernkredit“ gewähren. Diesem Vorschlag erteilte der Zeuge Dr. N9 mit Blick auf die unterschiedlichen Finanzkreisläufe der Unternehmen (siehe oben II., (13)) eine klare Absage. Eine Kreditgewährung von der H4 an die X1 AG sei ausgeschlossen.
802Die Möglichkeit, dass SOP – die „Hausbank“ der Zeugin T3 – der X1 AG einen Kredit gewähren oder sich in einer sonstigen Weise an Finanzierungsbeiträgen zugunsten der X1 AG beteiligen könne, erörterten die Zeugen J6 und Dr. N9 in dem Gespräch nicht.
803Nach diesem Treffen, an dem der Angeklagte E nicht teilgenommen hatte, flogen der Zeuge J6 und der Angeklagte E zusammen nach Nürnberg zurück. Hier erörterten sie erneut den geplanten Ankauf der X1-Aktien durch SOP. Spätestens jetzt stand sicher fest, dass die Zeugin T3 einen großen Teil ihrer Aktien an der X1 AG an SOP verkaufen werde. Hierüber informierte der Angeklagte E den Angeklagten K kurz darauf seinerseits telefonisch.
(b) Die Erörterungen im Bankhaus
804Am Vormittag des 26. September 2008 kam es etwa gegen 10:30 Uhr zu einer Vorbesprechung im Bankhaus, an der jedenfalls die Angeklagten J und K teilnahmen. Sie überlegten, die X1 AG mit einem Kredit über 50 Millionen € zu unterstützen. Das sollte in einer größeren Runde besprochen werden, zumal mit Blick auf den bereits mit der Zeugin T3 abgestimmten Ankauf erheblicher Anteile ihrer Aktien an der X1 AG auch (aktien-)rechtliche und ggf. steuerliche Gesichtspunkte zu beachten waren. Daher rief der Angeklagte J die Zeugen Dr. M6 und Dr. T4 an und bat sie als „externe Experten“, kurzfristig ins Bankhaus zu kommen. Auch rief der Angeklagte J den sich in Luxemburg befindenden Zeugen G2 an und bat ihn, nach Köln zu kommen. Den damaligen Leiter der eigenen Rechtsabteilung des Bankhauses, den Zeugen Dr. T12, zog der Angeklagte J nicht hinzu. Der Zeuge Dr. T12 plante, ab dem Abend des Donnerstag bis einschließlich Freitag in München an einer Sitzung des Arbeitskreises Wertpapiergeschäfte teilzunehmen, anschließend hatte er einen einwöchigen Urlaub geplant. Da der Zeuge um die sich zuspitzende Situation bei X1 wusste und auch erfahren hatte, dass diesbezüglich Verhandlungen im Bankhaus geführt werden sollten, bot er dem Angeklagten J an, seine Teilnahme am Arbeitskreis abzusagen und an den Verhandlungen teilzunehmen und auch seinen Urlaub abzusagen. Der Angeklagte J erwiderte, eine Teilnahme des Zeugen Dr. T12 an den Verhandlungen sei nicht erforderlich; er solle auch ruhig in den Urlaub fahren.
805Etwa ab 14:30 Uhr kam es im Partnerzimmer der Bank zu einer „großen Gesprächsrunde“. In dieser Runde waren neben den Angeklagten K, O und J auch die Zeugen B.C12, Dr. T4, Dr. M6, und G2 anwesend, wobei der genaue Zeitpunkt des Erscheinens G2‘ nicht aufzuklären war. Der Angeklagte P fehlte hingegen. Er hielt sich privat in Portugal auf. Trotz der sich bei X1 inzwischen dramatisch zuspitzenden Lage informierten seine Partner ihn nicht von den Vorgängen im Bankhaus. Sie baten ihn auch nicht, seinen Urlaub abzubrechen und nach Köln zu kommen.
806Der Angeklagte J eröffnete die Besprechung mit der Einleitung, dass die bisherigen Finanzierungsverhandlungen der X1 AG mit ihren kreditgebenden Banken „gescheitert“ seien. Die X10 schere aus und weigere sich, zusammen mit den anderen Konsortialbanken die von der X1 AG dringend benötigte Liquidität durch eine Erweiterung des bisherigen Engagements bereit zu stellen. Angesichts dieser Weigerung der X10 müsse die X1 AG eine Kreditlücke von 50 Millionen € schließen. Andernfalls würde – so klärte der Angeklagte J die Anwesenden auf – alsbald die Zahlungsunfähigkeit der X1 AG eintreten. Eine Insolvenz der X1 AG stehe „unmittelbar bevor“. Der Angeklagte J zitierte den Zeugen Dr. N9 damit, dieser fühle sich zum Insolvenzantrag verpflichtet, wenn die Lücke nicht geschlossen werde. Die Konsortialbanken würden sich auf eine Insolvenz der X1 AG bereits einrichten. Eine Lösung müsse noch vor Öffnung der „Märkte“ gefunden werden. SOP solle der X1 AG daher mit einem eigenen finanziellen Beitrag helfen. Dieser könne in einem Kredit an die X1 AG über 50 Millionen € bestehen. Dabei sollte SOP durch die X1 AG „erstrangige Sicherheiten“, wie sie auch zugunsten der Konsortialbanken bestanden, eingeräumt werden.
807Auch der Erwerb von X1-Aktien von der Zeugin T3 unter Verrechnung mit Ansprüchen aus Krediten wurde angesprochen. Hierzu führte der Angeklagte J aus, dass man hierüber Einwirkungsmöglichkeiten auf den X1-Konzern erzielen wolle. Der Zeuge G2 äußerte insoweit Bedenken und erklärte, bislang seien die Kredite an die Privatperson T3 lediglich mit Aktien besichert gewesen. Werde die Bank jetzt von einer Dritte finanzierenden Bank zu einer Gesellschafterin der Kreditnehmerin, sei dies eine völlig veränderte Situation. Eine Beteiligung an einem Unternehmen stelle etwas ganz anderes dar als ein Kredit an eine wohlhabende Privatperson und führe auch zu anderen Pflichten als Gesellschafter. Er, der Zeuge G2, würde hiervon abraten.
808Die Atmosphäre unter den Anwesenden war höchst angespannt. Die heraufziehende Insolvenz der X1 AG belastete sie stark. Zwar hatte das Bankhaus keine unmittelbaren Kreditbeziehungen zur X1 AG. Die Bank bzw. Gesellschaften der OEH hatten jedoch eine Vielzahl vermögender Fondszeichner im Umfang von knapp 600 Millionen € für Fonds eingeworben, deren Immobilien an die X1 AG langfristig vermietet waren. Zu den Fondszeichnern gehörten auch die Angeklagten K, O und P. Für die Fondsbeteiligungen hatten die Kunden – wie auch die benannten Angeklagten – Kredite bei der Bank aufgenommen (siehe oben II., (14)). Auch wenn die Kreditforderungen angesichts der großen Vermögen dieser Kunden – wovon die Angeklagten J, K und O ausgingen – nicht gefährdet schienen, fürchteten die anwesenden Angeklagten doch zumindest erhebliche Reputations- und Vertrauenseinbrüche der Bank gegenüber diesen und noch einzuwerbenden Bankkunden. Gerade vor dem Hintergrund des Höhepunkts der Finanzkrise nach dem „Lehmann-Zusammenbruch“ wollten die Angeklagten die Insolvenz der X1 AG verhindern.
809Vor allem aber standen den anwesenden Angeklagten J, K und O auch die Beziehungen des Bankhauses zur Zeugin T3 und der I6 sowie die bewusste „Umgehung“ einer unmittelbaren Kreditgewährung an die Zeugin T3 durch die Zwischenschaltung der Y14 als „Vehikel“ mit einer Gesamtkreditsumme von 720 Millionen € klar vor Augen. Die genannten Angeklagten fürchteten, diese Konstruktion im Fall einer Insolvenz der X1 AG sowohl gegenüber den Gremien und Gesellschaftern des Bankhauses als auch gegenüber den Bankenaufsichten in Deutschland und in Luxemburg offen legen zu müssen, was bis dahin nicht geschehen war. Letzteres traf vor allem auf den Angeklagten J zu, in dessen Ressort das Meldewesen gegenüber der Bankenaufsicht fiel.
810Die Angeklagten K und O verfolgten – ebenso wie der Zeuge B.C12 – zudem ihr persönliches wirtschaftliches Interesse daran zu verhindern, wegen einer Insolvenz der X1 AG aus den für den Y14-Kredit gewährten Bürgschaften in Höhe von 87 bzw. 52 Millionen € in Anspruch genommen zu werden. Ihnen war bewusst, dass diese im Fall einer Insolvenz der X1 unmittelbar zu leisten gewesen wären. In Bezug auf den am Vortag überlegten und von der Zeugin T3 bereits angekündigten Verkauf eines großen Anteils ihrer X1-Aktien machten sich die Angeklagten J, K und O bewusst, dass sich nach der Einlösung dieses Pfands zwar die Kreditforderungen entsprechend reduzieren würden, SOP aber sogar noch „schärfer“ als bisher vom Kurs der X1-Aktien abhängen würde.
811Unter den anwesenden persönlich haftenden Gesellschaftern herrschte mit Blick auf diese Interessenlage innerhalb kürzester Zeit Einigkeit darüber, dass das Bankhaus dringend auch durch eigene Unterstützungsbeiträge an einer Abwendung der Insolvenz der X1 AG mitwirken sollte. Dazu sollte es den erwogenen Kredit über 50 Millionen € an die X1 AG gewähren. Eine Abstimmung oder ein Abwägen der für und gegen diese Maßnahme sprechenden Gesichtspunkte fand nicht statt. Die Gesprächsrunde wurde in erster Linie vom Angeklagten J geleitet. Die Zeugen Dr. M6 und Dr. T4 leisteten keine Wortbeiträge. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates und stellvertretende Vorsitzende des Aktionärsausschusses, der Zeuge B.C12, leistete ebenfalls keinen Gesprächsbeitrag, sondern beklagte lediglich die „schreckliche“ und ihn überfordernde Entwicklung. Ein „Sanierungskonzept“ oder gar Sanierungsgutachten bezüglich der X1 AG lag keinem der Beteiligten – und auch der X1 AG selbst nicht – vor. Den Gesprächsteilnehmern lagen auch keinerlei Unterlagen zur X1 AG oder ihren Töchtern wie Monatsabschlüsse, Quartalsberichte, Jahresabschlüsse, Konzepte oder Ähnliches vor. Solche Unterlagen wurden auch nicht angefordert. Auch die Mitarbeiter der eigenen Fachabteilungen wurden nicht zu Rate gezogen. Konkrete Überlegungen, in welcher Form man durch die Stellung als Gesellschafter in Folge des Aktienankaufs gewonnene Einwirkungsmöglichkeiten geltend machen wollte, bestanden nicht und wurden nicht kommuniziert.
812Die Angeklagten J, K und O wussten von der Nachricht des Angeklagten E, wonach die Zeugin T3 ihm gegenüber bereits zugesagt hatte, die von ihr geforderten zusätzlichen Sicherheiten („Nachbesicherung“) zu stellen. Dabei gingen sie von einem „freien“, also nicht von Werten der X1 AG betroffenen Vermögen der Zeugin T3 von 300 bis 400 Millionen € aus. Die Frage einer Sicherheitenverstärkung und die vom Angeklagten E bereits übermittelte Nachbesicherungszusage der Zeugin T3 wurden in der „großen Runde“ nicht erörtert.
(c) Der Entwurf der schriftlichen Erklärung der Zeugin T3
813Um 17:34 Uhr ging am 26. September 2008 über das Telefaxgerät im Sekretariat des Angeklagten K ein vom Büro des Angeklagten E versandtes, nicht unterzeichnetes Schreiben mit dem Briefkopf der Zeugin T3 ein. Das Schreiben hatte der Angeklagte E entworfen, um mit dem Angeklagten K Inhalte der von der Zeugin T3 bereits am Morgen des 25. September 2008 mündlich erteilten Zusage zur Nachbesicherung abzustimmen.
814Es hatte folgenden Inhalt:
815 816Die Angeklagten J, K und O sahen nach dem Erhalt dieses als Entwurf gefaxten Schreibens die Mitteilungen des Angeklagten E vom Vortag sowie vom Vormittag dieses Freitags nach seinen Gesprächen mit den Zeugen T3 und J6 bestätigt, wonach die Zeugin T3 die von ihr geforderten zusätzlichen Sicherheiten tatsächlich stellen würde. Die „Nachbesicherung“ war damit aus Sicht dieser Angeklagten spätestens zu diesem Zeitpunkt fest zugesagt bzw. – in den Worten des Angeklagten K – „in die Scheuer gefahren“, auch wenn die tatsächliche Umsetzung der Sicherheitenbestellung – was die genannten Angeklagten wussten – noch weiterer konkreter Rechtsakte bedurfte. Für die Angeklagten J, K und O spielte die „Nachbesicherung“ bei ihren in der Folge getroffenen Entscheidungen zur Finanzierung der X1 AG daher keine Rolle mehr. Sie wurde bis April 2009 in Gremiensitzungen des Bankhauses gar nicht und auch in späteren Gremiensitzungen nicht als kausal mit der Kreditgewährung/Beteiligungsnahme an X1 verknüpft erwähnt.
817Die in dem Entwurf erwähnte „Vermögensaufstellung vom 31.12.2007“ der Zeugin T3 lag SOP seit dem 29. August 2008 vor. Die von der Zeugin F5 dazu verfasste Auswertung vom 29. August 2008 bezifferte das Gesamtvermögen der Zeugin T3 und ihrer Firmen zum Stand 31. Dezember 2007 insgesamt auf rund 1,905 Milliarden €. Der Wert der X1-Beteiligungen in Aktien, die die Zeugin selbst bzw. über die T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG und die I6 AG hielt und die zum weit überwiegenden Teil an SOP verpfändet waren, belief sich nach dieser Auswertung auf insgesamt knapp 1,4 Milliarden €. Diesem Vermögen standen Verbindlichkeiten von insgesamt rund 796 Millionen € gegenüber.
(d) Die Schreiben des Bankhauses vom 26. September 2008
818Am frühen Abend des 26. September 2008 wurden im Sekretariat des Angeklagten K zur Umsetzung der zwischen den Angeklagten J, K und O abgestimmten Kreditgewährung an die X1 AG sowie des Ankaufs der Aktien der Zeugin T3 zwei Schreiben verfasst. Wer diese konkret formuliert hat, konnte nicht aufgeklärt werden.
819Das eine Schreiben von SOP richtete sich an die X1 AG. Darin wurde ihr die Gewährung eines Kredits über 50 Millionen € für die Dauer von zwölf Monaten angeboten. Dafür sollte die X1 AG dem Bankhaus die gleichen Besicherungsrechte wie den anderen Kreditgebern einräumen. Wörtlich hieß es im Schreiben:
820 821Das andere Schreiben richtete sich an die Zeugin T3. Darin hieß es:
822 823Die Schreiben sollten – wie es zwar möglich, aber auch bei vergleichbaren Sachverhalten nicht üblich war – nicht von einem der anwesenden Partner, sondern von zeichnungsberechtigten Mitarbeitern der nachrangigen Ebenen unterzeichnet werden. Der Zeuge G2, der die Zeugin F5 bereits per Mail gebeten hatte, an diesem Tag länger im Bankhaus zu bleiben, rief gegen 18.30 Uhr die Zeugin F5 an. Er bat sie, ins Büro des Angeklagten K zu kommen. Außerdem fragte er sie, ob noch eine weitere zeichnungsbefugte Person anwesend sei. Die Zeugin F5 bestätigte das und verwies auf die Zeugin Y5. Als die Zeuginnen F5 und Y5 im Vorzimmer des Büros des Angeklagten K erschienen, legte der Zeuge G2 ihnen die beiden genannten Schreiben vor. Er bat die Zeuginnen, die Schreiben zu unterzeichnen. Die näheren Hintergründe der Schreiben erläuterte der Zeuge G2 ihnen nicht. Seine Bitte, die Schreiben „sofort“ zu unterschreiben, empfanden die Zeuginnen als höchst merkwürdig und befremdlich. Ein ungutes Gefühl beschlich sie. Sie fühlten sich bedrängt. Der Zeugin F5 stand noch plastisch vor Augen, dem Angeklagten K noch bis vor Kurzem aufgrund des rapiden Kursverfalls der X1-Aktien mit ihrer Bitte „hinterher gelaufen“ zu sein, die Zeugin T3 zu einer Nachbesicherung aufzufordern. Jetzt sollte – bei offenkundig noch schlechterer Lage der X1 AG – das Risiko noch zusätzlich ausgeweitet werden und sie mit ihrer Unterschrift nicht nur der X1 AG einen eigenen Kredit, sondern der Zeugin T3 auch noch den Abkauf der dem Bankhaus bereits als Sicherheit verpfändeten, rapide weiter im Kurs gefallenen X1-Aktien anbieten, um damit Darlehensverbindlichkeiten zurückzuführen.
824Eine ausreichende Vorprüfung – insbesondere durch die Kreditabteilung – der in den Schreiben angebotenen Kreditgewährung schlossen die Zeuginnen aus. Die Zeugin Y5 bat den Zeugen G2 deswegen, die Schreiben doch selbst zu unterschreiben. Diese Bitte wies der Zeuge G2 zurück. Er erklärte den Zeuginnen, dass er als Mitarbeiter der SCA für die KGaA nicht zeichnungsberechtigt sei. Der Zeuge G2 betonte, die Partner hätten die Maßnahmen gerade beschlossen. Die Zeuginnen sollten und könnten ruhig unterschreiben. Die Zeugin Y5 erklärte nach Durchsicht der Schreiben, ihr seien keine Beschlüsse im Hause bekannt, auf deren Grundlage sie die Schreiben unterzeichnen könne und fragte, wie dies einzuordnen sei. Der Zeuge G2 entgegnete, sie sollten jetzt bitte unterschreiben, das sei alles „ im Interesse der Bank“. Da die Zeuginnen gesehen hatten, dass sich die Angeklagten K, O und J im Partnerzimmer aufhielten, gingen sie davon aus, die Partner hätten – wenn auch ohne den ansonsten üblichen Weg ihrer Befassung und Entscheidung durch ein entsprechendes förmliches Protokoll – die Entscheidung, so wie vom Zeugen G2 erläutert, abgestimmt und getroffen. Sie fühlten sich daher als Mitarbeiterinnen der Bank zur Unterschrift verpflichtet. Beide Zeuginnen unterzeichneten die Schreiben. Sie fühlten sich aber durch das Vorgehen des Zeugen G2 „überrumpelt“. Zu ihrer eigenen Absicherung bat die Zeugin F5 den Zeugen G2, ihr eine Kopie der von ihr unterschriebenen Schreiben zu übergeben und diese von jedenfalls einem der Partner abzeichnen zu lassen. Daraufhin kopierte der Zeuge G2 die Schreiben und ließ die Kopien vom Angeklagten J paraphieren. Anschließend übergab er der Zeugin F5 die vom Angeklagten J paraphierten Kopien.
825Die beiden Schreiben an die X1 AG sowie die Zeugin T3 ließ der Angeklagte K dem Angeklagten E – auf welchem Wege, konnte in der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden – zukommen, der sie der Zeugin T3 am nächsten Tag vorlegen und von ihr unterschreiben lassen sollte.
826Nach den Besprechungen reiste der Angeklagte O nach London zu einem bereits seit längerem geplanten Auslandsgeschäftstermin des Bankhauses. Eine kurzfristige Absage seiner Teilnahme hätte gerade in der von der „Lehmann-Pleite“ überschatteten Zeit – aus seiner Sicht – möglicherweise den Argwohn anderer Banken oder von Kunden der Bank geweckt. Die Angeklagten K und O überließen es dem Angeklagten J, jetzt in die konkreten Verhandlungen mit der X1 AG über den zwischen ihnen vorbesprochenen Kredit einzutreten.
827Der Angeklagte P erfuhr von alldem in seinem Urlaub nichts.
(e) Der Abbruch des Verkaufs der H4-Anteile und seine Folgen
828Der Kurs der H4-Aktien fiel auch im Verlauf des 26. September 2008 unverändert weiter. Damit zeichnete sich ab, dass der Konsortialkredit nicht – wie von X1 beabsichtigt gewesen war – noch vor Montag (29. September 2008) vollständig zurückgeführt werden könnte. Erst Recht schmolz die Möglichkeit dahin, mit einem das Kreditvolumen übersteigenden Erlös sogar zusätzliche Liquidität zu generieren.
829Am Nachmittag dieses Freitags erklärte der Zeuge J4 gegenüber dem Zeugen Dr. N9 mit Blick auf die anstehenden Zahlungsverpflichtungen: „Entweder der Verkauf klappt oder wir müssen am Montag zum Insolvenzrichter.“ Dieser besonderen Situation wegen veranlassten die Zeugen Dr. N9 und J4, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats der X1 AG für Sonntag zu einer außerordentlichen Sitzung eingeladen wurden. Diese sollte – um ein Bekanntwerden in den Medien zu verhindern – nicht in der Essener Konzernzentrale, sondern in den Düsseldorfer Büroräumen der Q41 stattfinden.
830Im Verlauf des Freitags sagten die Konzern-Betriebsräte dem Zeugen Dr. N9 die Unterstützung der Mitarbeiter für die notwendige Finanzierung zu. Ihr Finanzierungsbeitrag sollte in einem teilweisen Lohnverzicht der Mitarbeiter für die nächsten drei Jahre in Höhe von 115 Millionen € pro Jahr bestehen.
831Nachdem sich der Kurs der H4-Aktien bis zum Abend nicht erholt hatte, sondern noch weiter gefallen war, konnte der mit dem Verkaufsmandat für Y13 befasste Zeuge Dr. F3 Verkaufsangebote nur noch über knapp 1,50 BP = 1,86 € je Aktie präsentieren. Ein Verkauf zu diesem Kurs hätte allerdings zu einem Erlös von nur noch knapp 722 Millionen € statt der ursprünglich erwarteten 1,01 Milliarden € geführt. Der Erlös von 722 Millionen € hätte vor allem die noch offenen Konsortialkredite um knapp 170 Millionen € unterschritten. Daraufhin stoppte der Zeuge Dr. N9 bzw. der Vorstand der X1 AG am Abend des 26. September 2008 den Verkauf der H4-Aktien.
(7) Die weiteren Entwicklungen am Wochenende
(a) Der Anruf des Angeklagten E beim Zeugen Dr. N9 und das neue Finanzierungskonzept der X1 AG
832Ohne dass in der Hauptverhandlung geklärt werden konnte, ob und gegebenenfalls welcher der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter ihn möglicherweise hierum gebeten hatte, rief der Angeklagte E am frühen Samstagmorgen gegen 6.30 Uhr den Zeugen Dr. N9 an und teilte ihm mit: „Du hast die Unterstützung des Bankhauses. Wir stehen hinter Dir!“ Die X1 AG entwickelte hierauf ein neues, grundlegend geändertes Finanzierungskonzept. Etwa gegen 10:00 Uhr vormittags rief der Zeuge Dr. N9 die Zeugen Y3 und N6 mit der Nachricht an, dass jetzt eine alternative Finanzierung in Betracht komme. Er stellte ihnen ein neues Finanzierungskonzept vor, das sie zum einen durch einen Lohnverzicht der Mitarbeiter in dreistelliger Millionenhöhe, vor allem zum anderen aber durch den Beitrag eines „neuen Investor(s)“ überraschte.
833So sollte die Tranche F bis zu einem späteren Verkauf der H4-Aktien „in Ruhe“ und nicht mehr „unter Wert“ von allen Konsorten (einschließlich der X10/X25) bis längstens Ende September 2009 verlängert werden. Darüber hinaus sollten die Konsortialbanken die auf die Darlehen bereits aufgelaufenen Zinsen von 90 Millionen € für ein Jahr bis Ende September 2009 stunden (sog. „PIK-Note“). Ferner sollten 60 Millionen € durch einen neuen Investor als „nachrangiges Darlehen“ zur Verfügung gestellt werden. Die Mitarbeiter des X1-Konzerns sollten mit einem dreijährigen Lohnverzicht über 115 Millionen € pro Jahr ihren Beitrag zur Finanzierung leisten. Ferner war angedacht, den Vermieter der X1-Immobilien, das „High Street“-Konsortium, zu Zugeständnissen zu bewegen. Diese sollten in einem Mietverzicht in Höhe von 20 Millionen € und in der Stundung der von X1 übernommenen Grunderwerbsteuer bestehen. Die V18 und die V22 Bank sollten der X1 AG – unverändert – einen zusätzlichen Kredit über insgesamt 75 Millionen € bis Ende September 2009 sowie eine weiteren (saisonalen) Kredit über insgesamt 80 Millionen € bis Ende Februar 2009 gewähren. :
(b) Die Gespräche des Angeklagten E mit der Zeugin T3
834Ebenfalls am Samstagvormittag flog der Angeklagte E nach X18. Dort legte er der Zeugin T3 die von SOP am Vortrag verfassten und von den Zeuginnen F5 und Y5 unterschriebenen Schreiben an die Zeugin T3 sowie die X1 AG vor. Beide Schreiben zeichnete die Zeugin mit dem handschriftlichen Zusatz „zur Kenntnis genommen und einverstanden“ ab.
835Zeitgleich unterschrieb die Zeugin T3 mindestens drei Exemplare der bereits am Donnerstag von ihr zugesagten und am Vortag vom Angeklagten E mit dem Bankhaus abgestimmten Erklärung zur Nachbesicherung. Diese hatten folgenden Inhalt:
836 837Bis auf das Fehlen des Passus‘ „Herrn E bzw.“ waren die von ihr unterzeichneten Schreiben wortgleich mit dem am Freitagnachmittag vom Angeklagten E ins Bankhaus gefaxten Entwurf.
838Nach der Unterzeichnung der Schreiben durch die Zeugin T3 flog der Angeklagte E nach Köln und übergab jeweils ein Originalschreiben an den Angeklagten K.
(c) Die Vorbereitung des Aktienankaufs im Bankhaus
839Unterdessen bereiteten ab Samstagmorgen der Zeuge Dr. M6 und seine Kanzlei die Vereinbarung zwischen SOP und der Zeugin T3 sowie ihrer Unternehmen vor, mit welcher der Verkauf der verpfändeten Aktien an SOP geregelt werden sollte. Dazu mussten dem Zeugen Dr. M6 Unterlagen und Angaben wie Depotnummern und die genauen Stückzahlen der Aktien beschafft bzw. mitgeteilt werden. Deshalb rief der Angeklagte J die Zeugin F5 am Samstagmorgen zu Hause an. Er bat sie, an diesem Tag ins Bankhaus zu kommen, die erforderlichen Unterlagen und Informationen herauszusuchen und dem Zeugen Dr. M6 und seiner Kanzlei zu übermitteln. Die Zeugin F5 begab sich daraufhin ins Bankhaus und begann mit ihrer Arbeit.
840Dieser Aktienankauf ist – wie bereits dargestellt – nicht Gegenstand der Anklage.
(d) Die Kapitalerhöhung als Finanzierungsmittel
841Am Nachmittag dieses Samstags (27. September 2008) telefonierten der Angeklagte J und der Zeuge Dr. N9 erstmals miteinander. Der Angeklagte J wollte die näheren Einzelheiten des von ihm am Vortag mit den Angeklagten K und O abgestimmten Kredits an die X1 AG mit dem Zeugen Dr. N9 besprechen. Dabei wies der Zeuge Dr. N9 den Angeklagten J zunächst darauf hin, dass die X1 AG einen Kredit des Bankhauses nicht nur in Höhe von 50, sondern über 60 Millionen € benötigte. Der Angeklagte J stellte heraus, dass SOP grundsätzlich bereit sei, der X1 AG einen Kredit auch über 60 Millionen € zu gewähren. Bedingung hierfür sei aber, dass SOP hierfür von der X1 AG erstrangige Sicherheiten erhalte. Der Zeuge Dr. N9 schlug vor, der Angeklagte J solle wegen der Frage von Sicherheiten später noch einmal mit dem Zeugen J4 telefonieren. Der Angeklagte J bat den Zeugen Dr. N9 darauf, ihm zunächst eine Liste mit denjenigen Vermögensgegenständen zu übermitteln, an denen die X1 AG dem Bankhaus erstrangige Sicherheiten einräumen könne. Diese Liste wolle er, der Angeklagte J, prüfen und sich danach zeitnah bei dem Zeugen Dr. N9 bzw. dem Zeugen J4 zurückmelden.
842Anstelle der angeforderten Liste ließ der Zeuge Dr. N9 dem Angeklagten J kurz vor 18:00 Uhr von seiner Sekretärin „Bezug nehmend auf das soeben geführte Telefonat“ allerdings lediglich das von der X1 AG an diesem Tag entworfene neue Finanzierungskonzept nach Hause zufaxen. Dieses sah zunächst folgende „Ecksteine“ und eine „mögliche Lösung“ für den Liquiditätsbedarf vor (dabei betraf der erste Punkt „vorläufige Marktabfrage …“ den Verkauf der H4-Aktien):
843 844Zudem enthielt die „mögliche Lösung“ für die Zeit bis März 2009 folgende Planzahlen, und zwar einerseits unter Zugrundelegung des „Basisfalls“, der auf den von der X1 AG selbst ermittelten Zahlen beruhte, und andererseits unter Zugrundelegung des in seiner Herleitung bereits beschriebenen „Sensitivitätsfall(s) laut Q41“:
845 846 847Die vom Angeklagten J erbetene Liste mit möglichen Sicherheiten, welche die X1 AG SOP für den Kredit einräumen könnte, enthielt das Fax nicht. Es wies in den „Ecksteinen“ sogar ausdrücklich darauf hin, dass der neue Investor ein gegenüber den Kreditgebern nachrangiges Darlehen von 60 Millionen € gewähren sollte.
848Diese dem Angeklagten J zugefaxte Übersicht blieb die einzige schriftliche Unterlage, die der Angeklagte J erhielt, um die Chancen und Risiken einer finanziellen Unterstützung der X1 AG durch SOP gegeneinander abzuwägen. Auch die Angeklagten K, O und P verfügten – wie der Angeklagte J – bis zu den von ihnen tatsächlich getroffenen Finanzierungsentscheidungen über keine anderen Unterlagen oder Auskünfte.
849Weder der Angeklagte J noch die übrigen angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter forderten zudem die Unterstützung der Fachabteilungen der Bank ein. Keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter tauschte sich mit einem Vertreter der Konsortialbanken oder der Warenkreditversicherer über den Zustand der X1 AG und die Frage ihrer Sanierungsfähigkeit oder -würdigkeit aus. Keiner von ihnen forderte bei oder erhielt von ihnen entsprechende Unterlagen.
850Über die zuvor erwähnte Übersicht hinaus lagen den genannten Angeklagten auch ansonsten keine Unterlagen vor, die ein Sanierungskonzept oder gar Sanierungsgutachten der insolvenzbedrohten X1 AG zum Gegenstand hatten. Ein Sanierungskonzept oder erst Recht ein Sanierungsgutachten lag selbst der X1 AG zu dieser Zeit nicht vor.
851Nach Durchsicht dieses Telefaxes rief der Angeklagte J den Zeugen Dr. N9 an und fragte nach, welche Sicherheiten SOP von der X1 AG denn nun eingeräumt werden könnten. Daraufhin gab der Zeuge Dr. N9 das Gespräch an den Zeugen J4 weiter. Der Angeklagte J fragte nunmehr den Zeugen J4nach verfügbaren erstrangigen Sicherheiten, die – so der Angeklagte J – SOP „im Gleichklang“ mit den Konsorten gewährt werden sollten.
852Der Zeuge J4 eröffnete dem Angeklagten J, dass die X1 AG SOP keine erstrangigen oder „im Gleichklang“ mit den Konsortialbanken stehenden Sicherheiten einräumen könne. Das Unternehmen verfüge über keine zusätzlichen Sicherheiten mehr. Die Konsorten seien auch nicht bereit, Zugeständnisse bei ihren Sicherheiten, die in erster Linie aus den verpfändeten H4-Aktien bestanden, zu machen oder gar auf Sicherheiten zu verzichten. Als der Angeklagte J das Thema Sicherheiten gleichwohl zu vertiefen versuchte, erwiderte der Zeuge J4 knapp: „Dann können wir das Gespräch jetzt hier beenden.“
853Der Zeuge J4 wusste allerdings von dem zu dieser Zeit im Bankhaus bereits vorbereiteten Ankauf der im Besitz der Zeugin T3 bzw. ihrer Firmen befindlichen X1-Aktien durch SOP. Mit Blick hierauf erklärte er dem Angeklagten J, dass ein Kredit des Bankhauses zugunsten der X1 AG angesichts der bevorstehenden Aktionärsstellung von SOP „doch eh eigenkapitalersetzend“ wäre. Der Zeuge J4 wusste, dass die Satzung der X1 AG es dem Vorstand ermöglichte, das Kapital des Unternehmens um bis zu 100 Millionen € gegen Bareinlage zu erhöhen. Auf den Einwand des Angeklagten J, „ich brauche aber etwas“, schlug der Zeugen J4 dem Angeklagten J daher vor, den Finanzierungsbeitrag der SOP zugunsten der X1 AG nicht etwa durch ein Darlehen, sondern durch eine Kapitalerhöhung umzusetzen. Der Zeuge J4 erläuterte dem Angeklagten J, die X1 AG könne eine Kapitalerhöhung über die von SOP benötigten 60 Millionen € noch am nächsten Tag (Sonntag, den 28. September 2008) formalisieren. Diese Kapitalerhöhung solle SOP dann zeichnen und der X1 AG so den benötigten Betrag von 60 Millionen € zur Verfügung stellen. Der Angeklagte J nahm den Vorschlag auf und erwiderte, diese Möglichkeit zu überlegen und sich anschließend wieder zu melden.
854In diesem Gespräch sprachen die Zeugen J4 und Dr. N9 mit dem Angeklagten J zu keiner Zeit einen neben die gerade erstmals überlegte Kapitalerhöhung hinzutretenden zusätzlichen Kredit des Bankhauses an. Im Gegenteil: Finanzierungsstand war nunmehr vielmehr, dass der von SOP ursprünglich überlegte Kredit über 50 Millionen € gegen erstrangige Sicherheiten durch eine vom Bankhaus zu finanzierende Kapitalerhöhung über 60 Millionen € ersetzt würde.
855Diese Entwicklung und die vorgeschlagene Kapitalerhöhung über rund 60 Millionen € besprach der Angeklagte J am Abend mit dem Angeklagten K in dessen Privathaus. Der Angeklagte J berichtete davon, dass die X1 AG dem Bankhaus – anders als zunächst erwartet – keine Sicherheiten stellen könne. Die Unterstützung der X1 AG erschien den Angeklagten J und K als solche aber zwingend bzw. – mit den Worten des Angeklagten K – „alternativlos“.
856Mit Blick auf den Umfang der zu übernehmenden Aktien der X1 AG einerseits im Rahmen der Kapitalerhöhung sowie andererseits durch den Erwerb von der Zeugin T3 bzw. ihrer Firmen sollte SOP maßgebenden Einfluss auf die X1 AG nehmen. Dazu sollten der Angeklagte J und der Zeuge Dr. M6 Aufsichtsratsmandate bei der X1 AG übernehmen. Pläne, mit welchen Inhalten und mit welcher Zielrichtung durch die Übernahme der Aufsichtsratsmandate Einfluss auf die X1 AG ausgeübt werden sollte, hatten die Angeklagten J und K nicht. Die Angeklagten kamen darin überein, den Vorschlag des Zeugen J4 aufzugreifen und die Kapitalerhöhung bei der X1 AG „mitzugehen“. Der Angeklagte J sollte die Kapitalerhöhung – unterstützt durch den Zeugen Dr. M6 – für SOP „koordinieren“.
857Im Beisein des Angeklagten K rief der Angeklagte J am späten Samstagabend erstmals an diesem Wochenende den Angeklagten P in Portugal an. Der Angeklagte J fragte diesen dabei lediglich nach den Kontaktdaten der Chefin der X10 in Deutschland, die P kannte. Der Angeklagte P teilte dem Angeklagten J die Kontaktdaten mit. Der Angeklagte J erwähnte in diesem sehr kurzen Telefonat nicht, dass das Bankhaus eine finanzielle Unterstützung der X1 AG erwäge. Er wies ihn weder darauf hin, dass am Freitag Gespräche im Bankhaus darüber stattgefunden hatten, der X1 AG einen – besicherten – Kredit über 50 Millionen € zu gewähren, noch darauf, dass statt dessen nunmehr geplant sei, eine Kapitalerhöhung bei der X1 AG über jetzt 60 Millionen € „mitzugehen“. Auch erläuterte der Angeklagte J dem Angeklagten P weder die Zusage der Zeugin T3, ihre Kredite zusätzlich zu besichern, noch den bereits vom Zeugen Dr. M6 und dessen Kanzlei vorbereiteten Aktienankauf von der Zeugin T3 bzw. deren Firmen.
858Der Angeklagte J benachrichtigte allerdings den Zeugen G2 von der geplanten Kapitalerhöhung und ihrer Finanzierung durch SOP. Er bat ihn, den Angeklagten O anzurufen und zu bitten, am nächsten Tag ins Bankhaus zurückzukehren. Außerdem sollte sich der Zeuge G2 wegen der Beteiligungsübernahme – einerseits in Gestalt des Aktienankaufs von der Zeugin T3 bzw. ihrer Firmen sowie andererseits im Wege der Kapitalerhöhung – mit der CSSF in Verbindung setzen. Denn für eine Beteiligungsnahme in der in Aussicht genommenen Größenordnung war die Zustimmung der CSSF erforderlich.
859Darauf rief der Zeuge G2 noch am Abend den sich in London aufhaltenden Angeklagten O an und bat ihn, am nächsten Tag (Sonntag, den 28. September 2008) nach Köln zu kommen. Während der Angeklagte O noch von einer Kreditgewährung an die X1 AG ausging, erläuterte ihm der Zeuge G2 nunmehr, für die Bank stehe jetzt die Zeichnung einer Kapitalerhöhung bei der X1 AG an. Er, der Angeklagte O, solle „dabei sein, wenn das passiere.“
(e) Der Ankauf der Aktien durch SOP von der Zeugin T3 und ihren Firmen
860Am Sonntagmorgen (28. September 2008) ließ der Angeklagte E die Zeugen T3 und J6 nach Köln einfliegen. Hier unterschrieben die Zeugen den vom Zeugen Dr. M6 seit Samstag entworfenen Aktienkaufvertrag zwischen dem Bankhaus, der Zeugin T3 sowie ihren beiden Firmen, der T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG sowie der I6 AG. Angesichts der bevorstehenden Kapitalerhöhung und des damit verbundenen Erwerbs („junger“) Aktien war der Anteil der von der Zeugin T3 bzw. ihrer Firmen abzukaufenden Aktien entgegen den ursprünglichen Überlegungen von 29 % auf 19,5 % herabgesetzt worden. Dadurch sollte verhindert werden, dass die Bank durch die Vereinbarung mit der Zeugin T3 bzw. deren Firmen und die Kapitalerhöhung insgesamt mehr als 30 % stimmberechtigte Aktien erwerben würde, was ein Pflichtangebot der SOP gegenüber allen Aktionären ausgelöst hätte.
861Für sich unterzeichnete die Zeugin T3 die schriftliche Vereinbarung selbst. Für die T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG und die I6 AG unterschrieb sie der Zeuge M13. In der Präambel der Vereinbarung war festgehalten, dass die Zeugin T3 bei SOP Kredite einschließlich Zinsen in Höhe von knapp 169 Millionen €, die I6 AG solche in Höhe von knapp 179 Million € in Anspruch genommen habe.
862Durch die Vereinbarung übertrug die I6 AG dem Bankhaus insgesamt 16.427.627 X1-Aktien zum Stückpreis von 1,91 €. Dieser entsprach dem Kurswert der Aktie der X1 AG am Börsenschluss des Freitags, des 26. September 2008. Die T3 Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG übertrug SOP weitere 32.950.273 Aktien zum Preis von 1,91 € je Aktie. Sämtliche Aktien waren dem Bankhaus zuvor bereits als Sicherheiten verpfändet. Der Kaufpreis für die Aktien der I6 AG betrug somit 31.376.767,57 €, derjenige betreffend die Aktien der T3 Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG 62.935.021,43 €.
863In Höhe der sich daraus errechnenden Gesamtsumme von 94.311.789,00 € wurde der Ankaufspreis mit den in der Präambel genannten Kreditforderungen der SOP gegenüber der I6 AG verrechnet. Insoweit wich die Vereinbarung von der Bedingung im Schreiben der Bank vom 26. September 2008 ab, wonach durch den Ankauf ein Teil des an die Zeugin T3 „persönlich herausgelegten Kredits zurückgeführt“ werden sollte. Hintergrund hierfür war, dass die „I6-Kredite“ – aus Sicht der Bank – die am schwächsten besicherten Kredite waren. Darüber hinaus wurde das von der Zeugin T3 im Bankhaus unterhalte Festgeld von knapp 97 Millionen € zur vollständigen Rückführung der Kreditforderungen gegenüber des I6 AG eingezogen. Gegenüber der I6 AG bestand auf der Grundlage dieser Vereinbarung mithin keine Kreditforderung des Bankhauses mehr.
864Das nach der vollständigen Rückführung der Kredite der I6 AG noch verbliebene Festgeld von gut 12 Millionen € wurde „mit den Kreditkonten der T3“ beim Bankhaus verrechnet. Aus dem für den Aktienankauf im Zuge der Kapitalerhöhung im Jahre 2004 geschlossenen Kreditvertrag zwischen der Zeugin T3 und dem Bankhaus stand damit noch eine Restschuld von rund 157 Millionen € offen.
865In den Ziffern 4 und 5 der Vereinbarung vom 28. September 2008 trafen die Beteiligten eine Regelung für den Fall, dass die Aktien von SOP später zu einem höheren als dem vereinbarten Übernahmepreis von 1,91 € verkauft werden könnten. Danach sollten etwaige Mehrerlöse zur weiteren Tilgung von Darlehensforderungen des Bankhauses zunächst gegenüber der I6 AG und danach gegenüber der Zeugin T3 verrechnet werden. Sollte hiernach noch immer ein Mehrerlös verbleiben, sollte dieser der Y14 zur Rückführung des Y14-Darlehens zur Verfügung gestellt werden. Ein danach etwaig immer noch vorhandener Restbetrag sollte schließlich zwischen SOP und der Zeugin T3 im Verhältnis 60% (SOP) und 40 % (Zeugin T3) aufgeteilt werden.
866Die Vereinbarung wurde am nächsten Tag lediglich hinsichtlich der genauen Depotkontennummern modifiziert und erneut unterschrieben.
(f) Die telefonische Benachrichtigung der CSSF am Sonntagmorgen
867Am Morgen des Sonntag, den 28. September 2008, rief der Zeuge G2 den Zeugen Q3, ein Mitglied der erweiterten Geschäftsführung der SCA, an und bat ihn, sich umgehend mit der CSSF in Verbindung zu setzen. Er berichtete ihm von der bevorstehenden Übernahme der Aktien der X1 AG einerseits durch den Aktienankauf bei der Zeugin T3 bzw. ihren Gesellschaften sowie andererseits im Wege der von SOP zu zeichnen geplanten Kapitalerhöhung bei der X1 AG.
868Entsprechend dieser Bitte rief der Zeuge Q3 ebenfalls noch am Sonntagmorgen den Zeugen G3, einen Mitarbeiter der CSSF-Abteilung „Bankenaufsicht“, zu Hause an. Der Zeuge Q3 teilte ihm mit, SOP werde „über das Wochenende“ eine direkte Beteiligung von 28,59 % an der X1 AG nehmen. Dabei nannte der Zeuge Q3 dem Zeugen G3 am Telefon einen Kaufpreis von 155 Millionen €. Dieser entsprach der geplanten Kapitalerhöhung von 60 Millionen € und dem Aktienankauf bei der Zeugin T3 bzw. ihrer Firmen in Höhe weiterer knapp 95 Millionen €.
869Der Zeuge Q3 erläuterte gegenüber dem Zeugen G3, dass ein vorheriger formeller Antrag der SCA auf Zustimmung der CSSF zur Beteiligungsnahme an der X1 AG nicht möglich sein werde. Die Entscheidung der Bank müsse noch vor Öffnung der Märkte am Montag (29. September 2008) getroffen werden.
870Der Zeuge G3 nahm den Anruf und die Mitteilung des Zeugen Q3 lediglich zur Kenntnis und wies diesen darauf hin, die CSSF werde „so keine Entscheidung treffen“. Die SCA solle sich ab Montag schriftlich an die Aufsicht wenden.
(g) Die Einzelheiten der Kapitalerhöhung
871Am Sonntag, den 28. September 2008, erreichte den Angeklagten J am frühen Mittag im Bankhaus ein Telefax des Zeugen Dr. N9. Darin wurden ihm die möglichen Einzelheiten der am Vorabend erstmals angesprochenen Kapitalerhöhung mitgeteilt, mit denen SOP „den Cash-Beitrag … in Höhe von 60 Mio“ an die X1 AG leisten könne. Die erforderlichen Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats der X1 AG könnten noch am selben Tag gefasst werden, sofern sich der Angeklagte J für SOP mit dem geplanten Vorgehen einverstanden erkläre. Dabei müsse noch geklärt werden, „wie mit dem verbleibenden Betrag von € 1.067.386,88 umgegangen“ werde, der sich aus der Differenz zwischen dem „Cash-Beitrag“ von 60 Millionen € und dem Ausgabebetrag der Aktien von 58.932.615,32 € ergebe. Wörtlich hieß es in dem Schreiben:
872 873 874Die bereits vorgerückten Verhandlungen zwischen SOP und der X1 AG gaben dem Zeugen Dr. N9 die Gelegenheit, den Konsorten am 28. September 2008 (Sonntag) ein erneut verändertes Finanzierungskonzept für den erforderlichen Liquiditätsbedarf von 400 Millionen € vorzustellen.
875Anstelle eines „Darlehens vom neuen Investor“ war jetzt eine „Kapitalerhöhung vom neuen Investor“ als Finanzierungsbeitrag geplant, wobei die übrigen Inhalte des Konzepts bestehen bleiben sollten.
876Am Sonntag kam es – erstmals seit Freitag – zu weiteren Besprechungen zwischen dem Angeklagten J und den Angeklagten K und O im Bankhaus. Anwesend im Bankhaus waren zeitweilig auch der Zeuge B.C12 und der Angeklagte E. Die näheren Abläufe dieser Gespräche konnten im Einzelnen nicht aufgeklärt werden. Jedenfalls kamen der Angeklagte K nach einem vom Bankhaus gesponserten Pferderennen in Köln und der Angeklagte O nach seiner Rückkehr aus London spätestens am Nachmittag ins Bankhaus.
877Während der Angeklagte K aus den Gesprächen mit dem Angeklagten J vom Samstagabend den Austausch der ursprünglich angedachten Kreditgewährung von 50 Millionen € gegen eine Kapitalerhöhung von 60 Millionen € erfahren und dem Vorgehen – ohne Erörterung oder Abwägung des neuen Finanzierungsweges – schon zugestimmt hatte, erläuterte der Angeklagte J nunmehr auch dem Angeklagten O den Verlauf seiner Gespräch mit den Zeugen Dr. N9 und J4. Der Angeklagte J erläuterte, dass eine Lösung noch vor dem nächsten Tag (Montag, den 29. September 2008) gefunden werden müsse. Sicherheiten der X1 AG werde es nicht geben. SOP könne jedoch eine Kapitalerhöhung zeichnen. Diese sei bereits in Vorbereitung. Sie müsse bis Sonntag, 16:00 Uhr „stehen“. Auf Seiten der Bank werde sie von dem Angeklagten J und dem Zeugen Dr. M6 „koordiniert“. Beide sollten ein Aufsichtsratsmandat bei der X1 AG übernehmen. Der Angeklagte O verzichtete darauf, das im Vergleich zum Freitag grundlegend veränderte „Investment“ der Bank bei der X1 AG zu hinterfragen und Rückfragen zu stellen. Der Angeklagte O erklärte dem Angeklagten J, er sei mit der Zeichnung der Kapitalerhöhung von 60 Millionen € bei der X1 AG einverstanden.
878Der Angeklagte J telefonierte mit dem Zeugen J4 und erklärte für SOP die grundsätzliche Bereitschaft, die in Aussicht gestellte Kapitalerhöhung der X1 AG zu zeichnen.
879Daraufhin erhielt der Angeklagte J am Mittag im Bankhaus ein weiteres Fax des Zeugen Dr. N9. In diesem wurden jetzt die konkreten Einzelheiten des Aktienerwerbs im Zuge der Kapitalerhöhung der X1 AG erläutert. Darin wurde auch das Agio von 0,04 € je Aktie beziffert, so dass SOP die 23.020.522 neu herauszugebenden Aktien zu einem Stückpreis von insgesamt 2,60 € erwerben sollte. Den Gesamtkaufpreis von 59.853.435,20 € sollte SOP umgehend auf das Geschäftskonto der X1 AG bei der V18 einzahlen. Der Angeklagte J sollte dem Zeugen Dr. N9 als Zeichen seines Einverständnisses eine von ihm gegengezeichnete Kopie des Schreibens zusenden.
880Insgesamt hieß es in dem Telefax-Schreiben:
881 882Der Angeklagte J war allerdings nicht damit einverstanden, das ihm vom Zeugen Dr. N9 zugesandte Schreiben in dieser Fassung gegenzuzeichnen. Er wollte klarstellen, dass SOP die Kapitalerhöhung bei der X1 AG im Umfang von knapp 60 Millionen € nur dann zeichne, wenn die Konsorten ihrerseits die auf sie entfallenden Finanzierungszusagen verbindlich erklärten. Das umfasste die Zinsstundung sowie die neuen Kredite über 75 und 80 Millionen €. Einen „Alleingang“ von SOP in dem Sinne, dass die Verpflichtung des Bankhauses losgelöst von den Zusagen der Konsorten erfolgen sollte, wollte er vermeiden.
883Daraufhin wurde das Schreiben der X1 AG überarbeitet. Ein neues Schreiben der X1 AG wurde dem Angeklagten J, der inzwischen die Bank verlassen und sich nach Hause begeben hatte, um kurz nach 15:00 Uhr an seinen privaten Faxanschluss gesendet. Darin wurde der ursprüngliche Text des Schreibens der X1 AG um folgenden Vorbehalt des Bankhauses ergänzt:
884„Diese Zusage des Bankhauses O steht unter dem Vorbehalt, dass die den neuen Kredit (bestehend aus einem Betrag in Höhe von € 75 Mio. über 12 Monate, einer saisonalen Linie über € 80 Mio. bis längstens 28.02.2009 und der Zinsstundung auf die bestehenden Kredite in Höhe von ca. € 770 Mio. für 12 Monate) gemäß dem noch abzuschließenden Kreditvertrag finanzierenden Banken bestätigen, dass die nach diesem Kreditvertrag vorgesehenen aufschiebenden Bedingungen – auch durch Verzicht seitens der Banken – erfüllt sind.“
885Ebenfalls von seinem privaten Anschluss aus faxte der Angeklagte J das Schreiben mit dem Zusatz „Einverstanden“ von ihm gegengezeichnet an die X1 AG zurück.
886Nach dem vom Angeklagten J für das Bankhaus erklärten Einverständnis fassten der Vorstand der X1 AG sowie deren Aufsichtsrat am Nachmittag des 28. September 2008 (Sonntag) die im Schreiben des Zeugen Dr. N9 angekündigten Beschlüsse zur Durchführung der mit dem Bankhaus besprochenen Kapitalerhöhung. Dabei hielt der Aufsichtsrat seine außerordentliche Sitzung nicht am Sitz der X1 AG in Essen, sondern in den Düsseldorfer Räumen der Q41 ab, um einer öffentlichen Aufmerksamkeit gerade in der Presse zu entgehen.
(h) Das Telefonat zwischen den Angeklagten J und P am Sonntagabend
887Am Sonntagnachmittag kehrte der Angeklagte P vorzeitig aus seinem Portugal-Urlaub nach Deutschland zurück. Anlass hierfür war nicht das „X1-Engagement“ der Bank. Vielmehr sollte der Angeklagte P – was die Angeklagten J, K und O wussten – als Vertreter der Privatbanken an den Verhandlungen über dringend erforderlich gewordene staatliche „Rettungsmaßnahmen“ zugunsten der vor dem Zusammenbruch stehenden Hypo-Real-Estate (HRE) mitwirken. Diese Verhandlungen fanden bis in die frühen Morgenstunden der Nacht von Sonntag auf Montag (vom 28. auf den 29. September 2008) statt.
888Etwa gegen 18:00 Uhr rief der Angeklagte J den Angeklagten P auf seinem Handy an. Er erreichte ihn in Frankfurt. Weil er für den Fall eines „Kollapses“ der HRE kurz nach der „Lehmann-Pleite“ weitere Zerwürfnisse auf dem Finanzmarkt befürchtete, fragte der Angeklagte J den Angeklagten P zunächst nach seiner Einschätzung, ob die HRE voraussichtlich „gerettet“ werde. Das bejahte der Angeklagte P.
889In dem knapp einstündigen Telefonat berichtete der Angeklagte J dem Angeklagten P davon, dass die X1 AG vor der Insolvenz stehe und eine Finanzierungslücke von rund 60 Millionen € geschlossen werden müsse. Das beruhe maßgeblich auf der Haltung der X10, die sich weigere, der X1 AG durch Aufstockung des bisherigen Konsortialkredits weitere Gelder zur Verfügung zu stellen. In Verhandlungen ab Freitag habe SOP aber bereits eine Lösung für das Problem gefunden. Diese sei bereits zwischen ihm, dem Angeklagten J, und den Angeklagten K und O abgestimmt. So sei beabsichtigt, dass SOP der X1 AG im Zuge einer Kapitalerhöhung 60 Millionen € als Finanzierungsbeitrag zur Verfügung stelle. Dies sei bereits in der Vorbereitung. Sicherheiten habe die X1 AG nicht einräumen können. Aber: Die Zeugin T3 bzw. ihre Firmen hätten der Bank bereits an die Bank verpfändete Aktien an der X1 AG übertragen, die 19,5 % der Anteile an der X1 AG ausmachten. Außerdem sei ihr Festgeld eingezogen worden. Damit hätten die Kredite der I6 AG und teilweise der von der Zeugin T3 persönlich aufgenommene Kredit zurückgeführt werden können. Außerdem habe die Zeugin T3 zugesagt, ihren Kredit nachzubesichern. Sie werde ihren Kredit jetzt schrittweise zurückführen. Zusammen mit den Aktien aus der Kapitalerhöhung werde SOP knapp 29 % der Aktien der X1 AG halten. Er, der Angeklagte J, und der Zeuge Dr. M6 übernähmen Aufsichtsratsmandate bei der X1 AG.
890Der Angeklagte P war zwar überrascht und irritiert darüber, nicht bereits früher am Freitag oder wenigstens am Samstag – etwa bei der kurzen telefonische Nachfrage des Angeklagten J nach den Kontaktdaten der X10-Chefin in Deutschland – in diese Vorgänge einbezogen worden zu sein. Nach auch mit seiner Person in Verbindung gebrachten, erheblichen Verlusten des Bankhauses in dem von ihm verantworteten Bereich des Investment Bankings glaubte der Angeklagte P aber eine gewisse Distanziertheit seiner Partner zu ihm wahrgenommen zu haben. Diese fand er in seiner Einbeziehung in die Geschehnisse um die X1-Finanzierung und die damit verbundenen Entscheidungsvorgänge erst zu einem Zeitpunkt, als nach Mitteilung des Angeklagten J schon eine Lösung gefunden war, bestätigt. Angaben zu einem – tatsächlich nicht vorliegenden – nachhaltigen Sanierungskonzept (und nicht lediglich einem Finanzierungsplan) für die X1 AG oder sonstigen konkreten Aussichten für eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation bzw. ihrer Ertragskraft machte der Angeklagte J in dem Telefonat mit dem Angeklagten P nicht. Davon hatte der Angeklagte P auch ansonsten keine Kenntnis. Er fragte auch nicht nach, auf welcher Informationsgrundlage die anderen Partner ihren Entschluss zur Zeichnung der Kapitalerhöhung getroffen hatten. Ebenso hinterfragte er seine späte Einbeziehung in die Vorgänge um die X1-Finanzierung nicht. Stattdessen stimmte er der vom Angeklagten J dargestellten „Lösung“ zu, die Kapitalerhöhung bei der X1 AG über 60 Millionen € zu zeichnen.
891Der Angeklagte P ging dabei davon aus, dass die Zeugin T3 über ein „freies“, also nicht von Aktienkursen der X1 AG abhängiges Vermögen von rund 400 Millionen € verfüge und ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Bank aus diesem erfüllen könne. Auch erwartete er, dass die Bürgen der Y14 deren Verpflichtungen gegenüber der Bank aus dem im April 2005 geschlossenen Kreditvertrag erfüllen könnten und würden, wenn es „knallen sollte“. Dem Angeklagten P war zwar bewusst, dass zahlreiche Kunden des Bankhauses für Fonds eingeworben worden waren, deren Mieterin die X1 AG war. Er selbst hatte sich mit knapp 2 Millionen € an solchen Fonds beteiligt. Er wusste auch darum, dass die Kunden zur Finanzierung ihrer Beteiligung Kredite beim Bankhaus aufgenommen hatten. Eine Insolvenz der X1 AG hielt er aber auch insofern für „nicht dramatisch“ für das Bankhaus. Er ging davon aus, dass Mieter für die Fondsgebäude sicher gefunden werden, die Fonds ohne nennenswerten Verluste fortgeführt und die – ohnehin vermögenden – Kunden ihre Kredite auch bei einer Insolvenz der X1 AG zurückführen könnten.
892Nach der Zustimmung des Angeklagten P gingen nunmehr alle angeklagten Partner des Bankhauses zunächst davon aus, mit der von ihnen einstimmig beschlossenen und verantworteten Finanzierung der Kapitalerhöhung der X1 AG von rund 60 Millionen €, die vom Angeklagten J noch durch ihre Zeichnung für SOP umzusetzen war, einen ausreichenden Beitrag zur Schließung der Finanzierungslücke bei der X1 AG geleistet zu haben.
(i) Die Umwälzungen in der Nacht auf Montag, 29. September
893Jedoch erfuhren die Zeugen Dr. N9 und J4 in der Nacht von Sonntag, den 28. September 2008, auf Montag, den 29. September 2008 nach Erörterungen mit den Verhandlungsführern des „High Street“-Konsortiums, dass es ein Zugeständnis von „High Street“ über 60 Millionen € nicht geben würde.“ Die Verhandlungen waren damit in der Nacht gescheitert.
894Daraufhin musste dringend – vor dem Öffnen der „Märkte“ am Montagmorgen – eine alternative Finanzierung der X1 AG nicht nur überlegt werden, sondern „stehen“. Unverändert musste die X1 AG den eingeplanten Liquiditätsbedarf von 400 Millionen € decken. Die Zeugen Dr. N9, J4 und M5 planten daraufhin noch in der Nacht ein neues – jetzt finales – Finanzierungskonzept. Danach sollten die Mitarbeiter weiterhin mit Lohnsenkungen 115 Millionen € jährlich beitragen. Die V18 und die V22 Bank sollten gemeinsam wie bisher 75 Millionen € bis Ende September 2009 und weitere 80 Millionen € bis Ende Februar 2009 als Kredit zur Verfügung stellen. Daneben sollte SOP die am Vortrag zugesagte Kapitalerhöhung über knapp 60 Millionen € zeichnen. Darüber hinaus sollte nunmehr die X11 Bank (vormals K- Bank) der X1 AG ein Darlehen über 30 Millionen € mit einer Laufzeit von einem Jahr gewähren. Zusätzlich sollte aber auch SOP der X1 AG nunmehr ein – neben die Kapitalerhöhung hinzutretendes –
895Darlehen über insgesamt 50 Millionen € gewähren. Dieses sollte in Höhe von 30 Millionen € eine Laufzeit bis Ende September 2009 und in Höhe der weiteren 20 Millionen € eine Laufzeit bis März 2009 haben. :
896Die X1 AG räumte den Konsorten V18 und V22 Bank für die „neuen Fazilitäten“ weitere Sicherheiten ein. Neben dem bereits bestehenden Beteiligungspfandrecht an den H4-Aktien erhielten die Konsorten weitere Beteiligungspfandrechte. So erhielten sie ein Pfandrecht an der Beteiligung des über die H5 GmbH mit dem Konzern verbundenen Teleshopping-Senders X12 und an den Tochtergesellschaften von Q- „in den profitablen Wachstumsmärkten CEE-Länder und Russland“.
897Die Kreditgewährungen der X11-Bank (vormals: K- Bank) und der SOP sollten hingegen unbesichert erfolgen.
898Die Zeugen Dr. N9 und J4 beabsichtigten, den Angeklagten J noch in der Nacht von Sonntag auf Montag (vom 28. auf den 29. September 2008) zu einer Zusage der SOP dafür zu gewinnen, auch die jetzt neu aufklaffende Finanzierungslücke zu schließen. Gegen Mitternacht hatte der Angeklagte P dem Angeklagten J telefonisch mitgeteilt, dass die HRE tatsächlich „gerettet“ sei und die Finanzmärkte „nicht aus dieser Richtung“ neue Verwerfungen erfahren würden.
899Etwa gegen 3:30 Uhr morgens riefen die Zeugen Dr. N9 und J4 den Angeklagten J zu Hause an und holten ihn damit aus dem Bett. Sie berichteten, dass die bereits sicher geglaubte Finanzierung der X1 AG noch auf den letzten Metern ins Stocken geraten sei. Das „High Street“-Konsortium falle mit seinem ihm zugedachten Beitrag aus. Ein Teil des Ausfalls werde zwar von der X11 Bank übernommen. SOP müsse aber eine Finanzierungslücke von 50 Millionen € schließen. Dabei sei eine Kreditsumme über 20 Millionen € erforderlich, die bis Ende März 2009 befristet sein solle. Der weitergehende Kreditbetrag von 30 Millionen € mit einer Frist bis September 2009 sei den Konsorten „geschuldet“ und müsse nur „pro forma“ zugesagt werden. Er, der Zeuge Dr. N9, versprach dem Angeklagten J, diese Kreditsumme von 30 Millionen € tatsächlich nicht abzurufen. Zwar könne die X1 AG keine Sicherheiten für einen Kredit einräumen. Allerdings habe die V10 der X1 AG – was ebenfalls in der Nacht vorbesprochen, aber noch nicht ausverhandelt war – zugesagt, aus der Geschäftsbeziehung mit der X13 GmbH im Oktober 2008 einen Betrag von mindestens 30 Millionen € als Sanierungsbeitrag zur Verfügung zu stellen. Diese Forderung könne SOP zur Auszahlung durch die X13 GmbH abgetreten werden. Die Zusage von SOP eile und sei nicht weiter aufzuschieben. Eine Lösung müsse noch vor Öffnung der Märkte gefunden, entsprechende Zusagen erteilt bzw. veröffentlicht werden.
900Bevor er die vom Zeugen Dr. N9 eingeforderte Zusage erteilte, der X1 AG über die Kapitalerhöhung hinaus auch einen Kredit über 50 Millionen € zu gewähren, sprach der Angeklagte J mit dem Angeklagten K. Auf welchem Weg der Kontakt stattfand – telefonisch oder persönlich – hat sich nicht aufklären lassen. J teilte K mit, dass sich völlig unerwartet bei der X1 AG eine weitere Kreditlücke von 50 Millionen € aufgetan habe. Dabei gab er dem Angeklagten K den Inhalt des zuvor mit dem Zeugen Dr. N9 geführten Gesprächs wieder. Die Angeklagten J und K einigten sich darauf, dass der Angeklagte J dem Zeugen Dr. N9 die Zusage – wie von diesem erbeten – erteilen sollte. Außerdem sollten am Morgen der mit dem Zeugen Dr. M6 abgestimmte Zeichnungsschein für die Kapitalerhöhung unterzeichnet und die Beteiligung von SOP an der X1 AG über die Presse öffentlich mitgeteilt werden.
901Die Angeklagten O und P erfuhren hiervon in der Nacht noch nichts.
902Wie mit dem Angeklagten K abgestimmt, rief der Angeklagte J den Zeugen Dr. N9 in den frühen Morgenstunden an und sagte ihm zu, SOP werde der X1 AG auch den Kredit über 50 Millionen € gewähren. Obwohl sich der Finanzierungsbedarf für das Bankhaus damit fast verdoppelt hatte, bestand als Sicherheit nur eine vage Aussicht auf Abtretung einer Forderung (Post World Net) sowie die Zusage des Zeugen Dr. N9, den Kredit in Höhe von 30 Millionen € nicht einzufordern.
(8) Der weitere Verlauf am Montag, den 29. September 2008
(a) Pressemitteilungen
903Wie zwischen den Angeklagten J und K vorbesprochen, veröffentlichte SOP noch vor Initiierung der internen formalen Genehmigungsvorgänge am Morgen des 29. September 2008 eine Presseerklärung und teilte darin die Übernahme der Beteiligung an der X1 AG im Wege der Kapitalerhöhung mit:
904 905Auch die X1 AG brachte am Montagmorgen (29. September 2008) um 8:37 Uhr eine ad-hoc-Mitteilung heraus, nach der „der Aufsichtsrat der X1 AG in einer außerordentlichen Sitzung einer Kapitalerhöhung unter Ausnutzung des Genehmigten Kapitals I beschlossen“ habe. Dies war auch tatsächlich geschehen. Wörtlich hieß es in der Mitteilung außerdem: „Damit wird die Eigenkapitalbasis des Konzerns gestärkt. Darüber hinaus genehmigte der Aufsichtsrat das Refinanzierungskonzept des Vorstandes, das nun zeitnah umgesetzt wird. Der Vorstand hatte angekündigt, im Rahmen dieses Konzepts seine Holding-Struktur zu überprüfen und hat nun entschieden, keinen Verkauf von Aktien der H4 Group plc vorzunehmen. Eine Entscheidung zur K- GmbH wurde nicht getroffen.“
(b) Die Übergabe des Zeichnungsscheins an die X1 AG
906Am Montag, den 29. September 2008 – die exakte Uhrzeit konnte nicht aufgeklärt werden – unterschrieb der Angeklagte J den Zeichnungsschein zur Kapitalerhöhung der X1 AG. Anders als das Fax vom Vortag enthielt dieser nun keine Bedingungen mehr. Den Zeichnungsschein unterschrieb der Angeklagte J – entsprechend einem Hinweis des Zeugen Dr. M6 allein wegen der Aufrundung auf volle Euro-Beträge – nach der dazu erforderlichen Korrektur am 2. Oktober 2008 noch ein weiteres Mal. Der Zeichnungsschein hatte folgenden Inhalt:
907 908 909Im Verlauf des Montags – die exakte Uhrzeit konnte nicht aufgeklärt werden – erschien der Zeuge J4 im Bankhaus. Er überbrachte die Beschlüsse des Vorstandes sowie des Aufsichtsrats der X1 AG zur Kapitalerhöhung. Im Gegenzug nahm er den vom Angeklagten J unterschriebenen Zeichnungsschein entgegen und brachte ihn nach Essen in die Zentrale der X1 AG.
910Nach den erforderlichen formalen Umsetzungen erwarb SOP am 23. Oktober 2008 die Stimmrechtsanteile an den im Rahmen der Kapitalerhöhung gezeichneten rund 23 Millionen Aktien.
(c) Die Einbeziehung der Angeklagten O und P in das zugesagte Darlehen aus der Nacht
911Ebenfalls am Montag, den 29. September 2008, informierten der Angeklagte K den Angeklagten O persönlich in der Bank und der Angeklagte J den Angeklagten P telefonisch in Frankfurt über die in der Nacht erfolgte Zusage eines Kredits über insgesamt 50 Millionen € an die X1 AG. Die Angeklagten K und J berichteten ihnen jeweils die Inhalte der nächtlichen Gespräche und davon, dass der Zeuge Dr. N9 angekündigt habe, vom Gesamtkredit über 50 Millionen € lediglich einen Betrag von 20 Millionen € abzurufen. Außerdem wolle sich Dr. N9 darum bemühen, dass die V10 eine Forderung gegen die X13 GmbH über 30 Millionen € zur Sicherheit an SOP abtrete. Darüber werde schon verhandelt.
912Die exakte Uhrzeit dieser Benachrichtigungen konnte nicht aufgeklärt werden. Die Angeklagten O und P waren von dieser Entwicklung aus der Nacht überrascht. Gegenüber dem Angeklagten J erklärte der Angeklagte P am Telefon, die „Salamitaktik“ der X1 AG gefalle ihm „ganz und gar nicht“. Gleichwohl wollten beide nicht, dass die Finanzierung der X1 AG jetzt an diesem letzten Kredit scheiterte. Ohne weitere Nachfragen stimmten sie der von den Angeklagten J und K bereits getroffenen Kreditzusage zu.
(9) Die Gegenwerte der von SOP zugunsten der X1 AG eingesetzten Finanzierungsmittel
913Bereits am Nachmittag dieses Montags (29. September 2008) wurde der von SOP aufgebrachte Geldbetrag für die Kapitalerhöhung von 59.853.435,20 € dem Geschäftskonto der X1 AG bei der V18 gutgeschrieben. Der maximale tatsächliche wirtschaftliche Gegenwert der im Zuge dieser Kapitalerhöhung erworbenen 23.020.552 „neuen“ Aktien der X1 AG betrug an diesem Stichtag 19.107.058,16 €.
914Der Wert der Forderungen aus dem an diesem Tag bereits zugesagten und – was noch darzustellen sein wird – am 3. November 2008 sodann schriftlich über 20 Millionen € abgeschlossenen und vollvalutierten Kreditvertrag betrug am 29. September 2008 – und auch in der Folgezeit bis zum 3. November 2008 – 0,00 €.
(10) Der Vorsatz der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter betreffend die Kapitalerhöhung
915Die Angeklagten K, O, J und P wussten um ihre Funktion als persönlich haftende Gesellschafter von SOP und die damit verbundene Vermögensbetreuungspflicht. Ihnen war bewusst, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit nicht nur die eigenen bzw. die Interessen der großen Familienstämme zu wahren hatten, sondern dem Bankhaus als juristischer Person keinen Schaden zufügen durften. Die Beteiligungsverhältnisse und gesellschaftsrechtlichen Strukturen des Bankhauses waren ihnen zu jeder Zeit bekannt und bewusst.
916Zum Zeitpunkt ihrer jeweiligen auf die Übernahme von 23.020.522 „neuen“ Aktien der X1 AG im Zuge der Kapitalerhöhung gerichteten Handlungen zwischen Samstag, dem 27. September, und Montag, dem 29. September 2008, war allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern bewusst, dass ihre Entscheidung hierüber auf einer evident unzureichenden Informationsgrundlage beruhte. Sie wussten, dass sie über keine Unterlagen oder Auskünfte verfügten, die es ihnen ermöglichten, entsprechend der ihnen gegenüber SOP obliegenden Sorgfalt die mit der Investition einhergehenden Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen. Insbesondere wussten sie oder nahmen es jedenfalls billigend in Kauf, dass ihnen, der X1 AG oder einem Dritten keine Unterlagen vorlagen, welche die Sanierungsfähigkeit oder Sanierungswürdigkeit der X1 AG auf der Grundlage bereits näher konkretisierter Planungen und Konzepte bestätigten. Ihnen war bewusst, dass ihr Kenntnisstand über die X1 AG bis zu ihrer Entscheidung über die Kapitalerhöhung nahezu ausschließlich auf Informationen und Auskünften beruhte, die ihnen die X1 AG als das um Finanzierung nachsuchende Unternehmen erteilte. Dabei erkannten alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter, dass sie sich allein auf Auskünfte und Informationen nur des Kreditnehmers zur Einhaltung der ihnen gegenüber SOP obliegenden Sorgfalt auch dann nicht beschränken durften, wenn ihre Entscheidung kurzfristig getroffen werden musste. Allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern war bewusst, dass eine Verbreiterung ihrer Informationsgrundlage betreffend die X1 AG auch unter Berücksichtigung der kurzfristig zu treffenden Entscheidung möglich und geboten gewesen wäre, etwa durch die Hinzuziehung der seit Jahren im Bankhaus mit der X1 AG befassten Fachabteilungen und die Anforderung von den Konsortialbanken in diesem Zusammenhang vorliegenden Unterlagen. Die Angeklagten J und P erkannten dabei, dass die Entscheidung der Angeklagten K und O über die Kapitalerhöhung mit Blick auf deren Y14-Bürgschaften auch von unmittelbar wirtschaftlich eigennützigen Motiven beeinflusst war.
917Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter wussten ferner, dass ein „Überleben“ der X1 AG und ihrer Töchter keineswegs dauerhaft gesichert war, sondern dass die X1 AG spätestens 2009 erneut auf die Einräumung neuer Kredite oder die Verlängerung auslaufender Tranchen angewiesen sein würde. Sie hielten es ernsthaft für möglich, dass sich das operative Geschäft der X1 AG nicht verbessern würde, die nach dem von der X1 AG vorgelegten langfristigen (bis zum Ablauf des Geschäftsjahres 2010/2011) Finanzierungsplan erforderlichen Geldmittel nicht oder nicht rechtzeitig beschafft und in Zukunft Kreditgeber nicht mehr bereit sein würden, fällige Zahlungen erneut aufzuschieben. Eine Insolvenz der X1 AG hielten sie auch innerhalb eines Zeitraums von bis zu zwölf Monaten ernsthaft für möglich. Ferner wussten sie, dass die X1 AG in absehbarer Zeit keine Dividenden ausschütten würde. Die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter rechneten vor diesem Hintergrund ernsthaft damit, dass der durch die erworbenen „jungen“ Aktien vermittelte tatsächliche Unternehmenswert der X1 AG 0,00 € betrug und das Bankhaus diese Aktien zukünftig auch nicht zu dem Preis verwerten könnte, zu dem sie angeschafft worden waren, sondern allenfalls zu einem deutlich geringeren, im Insolvenzfall noch erzielbaren Wert. Dabei hatten die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter die Vorstellung, die Beteiligung an der X1 AG nicht kurzfristig weiterzuveräußern, sondern diese jedenfalls bis zum Ende des von X1 vorgelegten Finanzierungsplans (Ende des X1-Geschäftsjahres 2010/2011) zu halten, sofern es nicht bereits vorher zu einer Insolvenz der X1 AG kommen würde.
918Den Eintritt von durch die gezeichnete Kapitalerhöhung verursachten Vermögensnachteilen für das Bankhaus nahmen alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter billigend in Kauf. Zwar war ihnen ein solcher Vermögensnachteil an sich unerwünscht und sie hofften auf sein Ausbleiben sowie insbesondere darauf, dass der X1 AG ein „Umbruch“ doch noch gelingen würde. Gleichwohl fand sich jeder der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter mit dem Eintritt eines Vermögensnachteils durch die Kapitalerhöhung zugunsten der X1 AG ab.
919Allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern war zudem bewusst, dass die Gremien von SOP bzw. deren Mitglieder, insbesondere der Aktionärsausschuss, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung, sowie die Poolversammlung mit der gezeichneten Kapitalerhöhung im Vorfeld in keiner Weise befasst worden waren. Sie nahmen jedenfalls billigend in Kauf, dass nicht einmal der Aktionärsausschussvorsitzende im Vorfeld der gezeichneten Kapitalerhöhung sein Einverständnis hierzu erteilt hatte. Keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter hatte die Vorstellung, allein der Vorsitzende des Aktionärsausschusses oder sie selbst als Organe der SCA könnten mit pflichtverletzungsausschließender Wirkung ein sie gegenüber SOP entlastendes Einverständnis in an sich pflichtwidrige Handlungen erklären, die sie als persönlich haftende Gesellschafter von SOP vornahmen.
(11) Die Kreditvereinbarung zwischen der X1 AG und den Konsortialbanken vom 29. September 2008
920Unter dem 29. September 2008 schlossen die X1 AG, die K- Warenhaus GmbH und die H5 GmbH auf der einen Seite und die V18, die V22 -K sowie die V22 Bank AG auf der anderen Seite eine Vereinbarung über Akkreditiv- und revolvierende Kreditfazilitäten im Volumen von 155 Millionen €. Das ursprünglich in englischer Sprache von der Kanzlei Norton Rose verfasste Vertragswerk enthielt als Anhang 2 aufschiebende Bedingungen für die Kreditgewährung. Dabei waren die Ziffern 8 und 9 des Anhangs 2 von wesentlicher Bedeutung. Sie bestimmten:
921(12) Erfüllung der aufschiebenden Bedingungen aus dem Kreditvertrag
922Entsprechend dem erforderlichen Nachweis erteilte der Angeklagte J gegenüber dem Zeugen N6 von der V18 – sowie auch gegenüber dem Zeugen M14 für den an der Vereinbarung nicht unmittelbar beteiligten Warenkreditversicherer X27 – am 29. September 2008 die in Ziffer 9 e) und j) benannten unwiderruflichen Finanzierungsbestätigungen zugunsten der X1 AG.
923Die X1 AG übersandte den Banken entsprechend der aufschiebenden Bindung in Ziffer 8 des Anhangs 2 ein in englischer Sprache verfasstes Schreiben der Q41 vom 29. September 2008, in dem diese sich wie folgt zur „vorläufigen Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens X1, den Geschäftsbetrieb fortzuführen“, äußerte (dabei sind die erwähnten „GET-Regeln“ die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Q41). Darin hieß es im Wesentlichen:
924„ ... ausgehend von unserer Mandatierung und deren Aktualisierung per 28. September 2008 haben wir gemäß GET-Regeln vorläufig die für die mandatierten federführenden Arrangeure (MLAs) bestimmte nachstehend bezeichnet Präsentation von X1 geprüft: ‚Liquiditätsprognose – Essen, 28. September 2008’.
925Der ‚Basisfall’ und der ‚Sensitivitätsfall’ basieren auf der von uns am 10. September 2008 vorgetragenen Präsentation. Die Kalkulation, die vom Verkauf der H4-Aktien ab März 2009 ausgeht, wird auf den Seiten 5 und 6 dargestellt: Eingeplant sind Erlöse aus der H4-Veräußerung in Höhe von 975 Millionen €.
926Zu erwähnen ist, dass alle Kalkulationen von Erlösen ausgehen, die aus weiteren Veräußerungen zufließen, da laut Planung des Vorstands im Lauf des gesamten Jahres Verkäufe stattfinden sollen.
927Die übrigen Zeilen der Tabellen (zusätzliche aus dem Unternehmen stammende Liquidität, Private Equitiy) beziehen sich auf Effekte aus der Veräußerung von H4 (H4-Dividenden und H4-Kaufoptionen) sowie auf Ergebnisse der Verhandlungen mit Interessengruppen (Grunderwerbsteuer, Lohnverzicht); zusätzliche Akkreditive und Zinsen wurden geprüft und wirken sich in einer entsprechenden Berichtigung der Liquidität aus.
928Unter der Annahme, dass die bestehenden Kreditlinien verfügbar bleiben (Tranchen A, E und F) und die dargestellten Liquiditätsdefizite (restliches Defizit) durch Kreditlinien in einer Größenordnung gemäß Beurteilung des planungsimmanenten Risikos durch den Vorstand und die MLAs gedeckt werden, zeigt die Kalkulation, dass der Konzern in der Lage sein dürfte, seinen Geschäftsbetrieb in den kommenden zwölf Monaten fortzuführen. Mindestens dieser Zeitraum sollte durch Kreditlinien gedeckt werden, die X1 zur Verfügung gestellt werden (zusätzliche Fazilität von 75 Millionen €; saisonale Fazilität von 80 Millionen € von September 2008 bis Februar 2009; Überbrückungsfazilität von 20 Millionen € von September 2008 bis November 2008).
929Weiterhin zeigt die Entwicklung für die im September 2009, 2010 und 2011 endenden Geschäftsjahre unter den gegebenen Annahmen des ‚Sensibilitätfalls’ auf Seite 6 keinen weiteren Liquiditätsbedarf des X1 Konzerns in diesen Jahren (September 2009: 169 Millionen €; September 2010: 84 Millionen €; September 2011: 252 €)
930Zugleich sind Sicherheiten in Form der Aktien der X12 und der neu zu gründenden Gesellschaft („NewCo“) verfügbar, welche laut Plan als Holding für die osteuropäischen Aktivitäten der H5 GmbH dienen soll. Diese Umstände unterstützen die Annahme – basierend auf den Informationen und der Bewertung dieser Gesellschaften, die wir vom Vorstand erhalten haben –, dass die Fortführung des Geschäftsbetriebs angemessen finanziert werden kann.
931Damit soll nicht gesagt werden, dass die Kalkulationen in der Präsentation notwendigerweise vollständig sind, und die Prüfung hat basierend auf den vom Vorstand zur Verfügung gestellten Informationen vorläufigen Charakter. Diese Erklärung deckt nicht die zu Grunde liegenden Annahmen des ‚Basisfalls’ und des ‚Sensivitätsfalls’ in einem weiteren Umfang ab als am 10. September 2008 präsentiert.
932Wir möchten darauf hinweisen, dass sich unsere Arbeit ausschließlich auf eine vorläufige Prüfung der vorstehend genannten Präsentation beschränkte. In dieser Hinsicht unterscheidet sich unsere Arbeit, was ihren Umfang und ihre Ziele betrifft, von der, die im Zusammenhang mit einer Jahresabschlussprüfung oder einer ähnlichen Mandatierung unternommen wird.
933Dementsprechend erteilen wir weder eine Bestätigungsvermerk noch irgend eine andere Form von Bestätigung oder Gewähr."
934Dieses Schreiben lag dem Angeklagten J weder bis zum Eintritt der Insolvenz bei der X1 AG im Juni 2009 vor, noch hatte er Kenntnis von seinem Inhalt. Auch kein anderer der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter hatte in dieser Zeit Kenntnis von diesem Schreiben oder gar dessen Inhalt.
935Nachdem ihnen der Angeklagte J für SOP die geforderte unwiderrufliche Finanzierungsbestätigung hatte zukommen lassen und ihnen das vorstehend wiedergegebene Schreiben der Q41 durch die X1 AG zugeleitet worden war, hielten die Konsortialbanken am 29. bzw. 30. September 2008 einschließlich der X10/ABN ihre Zusagen zur Finanzierung der X1 AG aufrecht und prolongierten – wie gefordert – die Tranche F, während die Warenkreditversicherer ihre Deckungszusagen wieder vollständig aufnahmen.
936Die V22 Bank und die V18 gewährten der X1 AG – wie es bereits von ihren Vorständen vor dem Wochenende vom 27. September beschlossen war – die erwähnten Kredite im Volumen von insgesamt 155 Millionen €, von denen 80 Millionen € als Überbrückungskredit bis zum 28. Februar 2009 und die weiteren 75 Millionen € zum 30. September 2009 zurückzuzahlen waren.
(13) Die Vorgaben über den Prozess von Beteiligungsnahmen durch SOP
937Der Prozess von Beteiligungsnahmen durch SOP war auf der Arbeitsebene durch das „Handbuch Strategische Beteiligungen, Alternative Investments, Beteiligungscontrolling“ geregelt. Es enthielt „Grundsätze für Investitionen und Desinvestitionen, Überwachung und Berichterstattung im Zusammenhang mit Beteiligungen und sonstigen Investments“. Zum Stand 20. August 2008 bestimmte das Handbuch, dass die Zustimmung zum Erwerb von Beteiligungen durch Beteiligungsvorlagen eingeholt werde. Unter Beteiligungen (Strategische Beteiligungen [SB] sowie Alternative Investments [AI]) wurden dabei grundsätzlich nur solche Engagements verstanden, die dem Geschäftsbetrieb dauerhaft dienen sollten, die also dem Anlagevermögen, dort den Bilanzposten Beteiligungen und Anteile an verbundenen Unternehmen zugeordnet wurden. Im Handbuch wurde ausdrücklich hervorgehoben, dass Beteiligungen des Bankhauses unter den in § 19 Abs. 1 KWG definierten Kredit- und Kreditnehmerbegriff fielen. Die in § 18 KWG geregelten Bestimmungen zur Vorlage von Unterlagen zur Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse fänden – ab einer Quote von 25 % - daher Anwendung.
938Die Bewertung (zukünftiger) Beteiligungen sollte von den Fachabteilungen der Bank entweder eigenständig nach praxisüblichen Verfahren wie dem Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF-Bewertung), der Ertragsbewertung oder ähnlichen Verfahren oder durch die Einschaltung externer Sachverständiger erfolgen.
(14) Der Anruf des Zeugen G2 beim Zeugen C6
939Am Montagmorgen (29. September 2008) rief der Zeuge G2 den Zeugen C6 aus der Abteilung „Strategische Beteiligungen“ der KGaA an. Diese Marktfolgeabteilung, die in das Ressort des Angeklagten J fiel, hatte die Aufgabe, sämtliche Daten über Beteiligungen des Bankhauses zu bündeln, um – etwa zur Erstellung des Jahresabschlusses – Informationen zentral abrufen zu können. Außerdem koordinierte sie die Erstellung von Beteiligungsvorlagen und verfasste bei marktseitig initiierten Beteiligungsnahmen ein Zweitvotum, das sogenannte Marktfolgevotum. In großer Hektik bat der Zeuge G2 den Zeugen C6, noch innerhalb dieses Tages die – noch darzustellende (siehe unten (17)) – formale Vorlage für die Beteiligung der SOP an der X1 AG zu erstellen. Der entsprechende Beschluss der Partner sei bereits gefasst worden. Weitere Auskunft könne dem Zeugen C6 die Kreditabteilung in den Personen der Zeuginnen Y5 und F5 erteilten. Außerdem müsse die SCA bei der CSSF noch die Genehmigung der Beteiligungsnahme einholen. Er bat den Zeugen C6, sich dazu mit der SCA in Verbindung zu setzen.
940Dass die Abteilung des Zeugen C6 Vorlagen zu einer bereits beschlossenen Beteiligung erstellen sollte, war in der Vergangenheit nicht vorgekommen.
(15) Die Anfragen der Aufsichten vom 29. September 2008
941Bereits am Montag, den 29. September 2008, gingen sowohl bei SOP als auch bei der SCA Anfragen der Deutschen Bundesbank – betreffend SOP – und der CSSF – betreffend die SCA – ein. Die Deutsche Bundesbank fragte – wie bereits im Jahr 2005 – nach Kreditvergaben „an die T3 Gruppe, Fürth, und an andere in Verbindung mit dem X1-Konzern stehende Kreditnehmer“. In dem Schreiben der Deutschen Bundesbank hieß es:
942„Nach den uns vorliegenden Informationen dienen die Kreditvergabe an die T3-Gruppe i.W. der Finanzierung von Aktienkäufen der X1 AG. Angesichts des dramatischen Kursverfalls der X1-Aktien bitten wir Sie unter Hinweis auf § 44 Abs. 1 Satz 1 KWG, uns über den derzeitigen Stand der Kreditinanspruchnahmen der o.g. Kreditnehmereinheit zu informieren. Hierbei sind insbesondere die Ihnen zur Verfügung stehenden Sicherheiten sowie deren Werthaltigkeit von Interesse. Darüber hinaus bitten wir Sie darzulegen, wie Sie die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer und das Ausfallrisiko des Engagements aktuell einschätzen.“
943Diese Anfrage beantwortete SOP – wie noch darzustellen sein wird (siehe unten (28)) – mit Schreiben vom 15. und 29. Oktober 2008. In beiden Schreiben wurde der Y14-Kredit nicht erwähnt.
944Der Zeuge T15, ein Mitarbeiter der CSSF, rief am Morgen desselben Tages bei der SCA an und erreichte die Zeugin Y7 (damals: Y7) am Telefon. Der Zeuge T15 hatte aus der Zeitung von der Beteiligung der SOP an der X1 AG erfahren und fragte – hörbar verstimmt – nach, ob die SCA nicht eine Genehmigung der CSSF einholen wolle. Die Zeugin Y7 antwortete, sie sei – was stimmte – gerade damit befasst. Bereits zuvor hatte der Zeuge C6 die Zeugin Y7 angerufen und ihr mitgeteilt, dass wegen einer am Wochenende erfolgten Beteiligung, für die jetzt in Köln und Luxemburg sofort entsprechende Vorlagen erstellt werden müssten, auch die Zustimmung der CSSF beantragt werden müsse. Die notwendigen Auskünfte darüber sollten im Lauf der nächsten Stunden aus Köln kommen. Für den der X1 AG zugesagten Kredit war eine Zustimmung der CSSF nicht erforderlich.
(16) Der Anruf des Zeugen G2 bei der CSSF am 29. September 2008
945Ebenfalls am Montagmorgen rief der Zeuge G2 den Zeugen T15 an. Er teilte dem Zeugen T15 mit, SOP habe über das Wochenende einen „Rettungsplan“ für die „angeschlagene“ X1 AG vornehmen müssen. Die X1 AG weise – so der Zeuge G2 gegenüber dem Zeugen T15 – eine Verschuldung von knapp 1 Milliarde € auf. Ohne den Beitrag von SOP vom Wochenende hätte die X1 AG mit Sicherheit Insolvenz anmelden müssen. Diese Insolvenz hätte – so der Zeuge G2 im Telefonat – auch direkte Konsequenzen für SOP gehabt. Ein von SOP an die I6 AG vergebener Kredit über 178 Millionen € sei nämlich in Höhe von knapp 90 Millionen € durch Aktien der X1 AG gesichert gewesen. Der X1 AG habe gedroht, dass ihre Beteiligung an der H4 „unter Wert“ verkauft werde. Den Y14-Kredit erwähnte der Zeuge G2 nicht.
946Gegenüber dem Zeugen T15 gab der Zeuge G2 im Telefonat als „Rettungsplan“ der X1 AG die beiden Kreditzusagen über 20 Millionen € bis März 2009 sowie über weitere 30 Millionen € an. Der letztgenannte Kredit solle durch eine „Cash-Sicherheit“ der Deutschen Post über 30 Millionen € „garantiert“ werden. Diese habe als Zustellunternehmen ein erhebliches Interesse daran, dass der Versandhandel des X1-Konzerns (Q-) überlebe. Die „Cash-Sicherheit“ befinde sich allerdings noch nicht „in den Büchern“ der SOP.
947Darüber hinaus habe SOP – so der Zeuge G2 im Telefonat – rund 19,5 % der Anteile an der X1 AG zu einem Kurswert der Aktien von 1,91 € übernommen. „Als Gegenleistung“ sei es zu einer Reduzierung des an die I6 AG ausgereichten Kredits in Höhe von knapp 90 Millionen € gekommen. Die restlichen 88 Millionen € seien durch ein Festgeldguthaben besichert.
948Gegenüber der Kreditnehmerin T3 bestehe eine Kreditforderung von rund 230 Millionen €. Hiervon seien rund 61 Millionen € grundpfandrechtlich gesichert. Die verbleibenden 169 Millionen € sollten ebenfalls grundpfandrechtlich gesichert werden. Dazu erklärte der Zeuge G2, die Zeugin T3 verfüge über Vermögenswerte von knapp 250 bis 300 Millionen €, von denen sich rund 80 % in Deutschland, der Schweiz und in Spanien befänden. Die Zeugin T3 habe „in diesem Zusammenhang“ bereits eine globale Erklärung abgegeben. An der Grundbucheintragung werde aktuell gearbeitet.
949Der Zeuge G2 betonte gegenüber dem Zeugen T15, es habe sich bei den getroffenen Maßnahmen um einen „Notfall“ gehandelt. Die H4-Anteile sollten zwar weiterhin, dann aber zu einem angemessenen Preis verkauft werden. Sollte der Verkauf wie geplant stattfinden, würde sich die Verschuldung der X1 AG von derzeit 1 Milliarde € auf knapp 60 Millionen € verringern. Die von SOP gewährten 20 Millionen EUR wären dann „auf jeden Fall“ getilgt. Eine schriftliche Information der CSSF über diese Vorgänge werde kurzfristig erfolgen.
950In den Unterlagen der CSSF hielt der Zeuge T15 im Nachgang des Telefonats mit dem Zeugen G2 fest:
951„Was möglichst geklärt werden muss:
952- Wie ist es möglich, dass die Bank ein Risiko von 90. Mio. in Bezug auf X1 eingeht, obwohl offenkundig ist, dass X1 so gut wie insolvent ist
953- Welches Risiko besteht (vorher und nachher) in Bezug auf X1.“
(17) Die Vorlagen für die X1-Beteiligungen im Bankhaus
(a) Bei der KGaA
954Nach dem Anruf des Zeugen G2 begann der Zeuge C6 sofort damit, eine „Beteiligungsvorlage über 25 Mio. €“ für die KGaA zu erstellen. Allerdings wusste er nicht, was er in die Vorlage eintragen sollte. Mit der X1 AG und ihren Aktien war der Zeuge C6 bis dahin überhaupt nicht befasst gewesen. Daher rief er bei den Zeuginnen F5 und Y5 an und fragte nach näheren Einzelheiten des Aktienerwerbs. Da aber auch die Zeuginnen F5 und Y5 nichts Näheres wussten, erschöpfte sich ihre Auskunft in reinen Zahlen über die erworbenen Aktien der X1 AG.
955Als Beteiligungszweck gab der Zeuge C6 in der Vorlage schließlich den „Erwerb von 28,59 % der Anteile der X1 AG („X1“) zu einem Gesamtkaufpreis von insgesamt EUR 154.165.226,20“ an. Dabei wurde die vom Bankhaus gezeichnete Kapitalerhöhung mit dem Ankauf der Aktien von der T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG sowie von der I6 AG in derselben Vorlage zusammengefasst. Als Beteiligungsdauer wurde in der Vorlage „unbefristet“ angegeben. Ferner wurden die „Beteiligungsmodalitäten“ und die „Transaktionsbeschreibung“ in der Vorlage wie folgt dargestellt:
956 957 958Entgegen jeder sonstigen Übung enthielt die Beteiligungsvorlage der KGaA kein Votum der Fachbereiche „Markt“ und „Marktfolge“. Dies war im Bankhaus ein einmaliger Vorgang. Ein Votum des Bereichs „Markt“ war nicht erstellt worden. Auf ein Votum des Bereichs „Marktfolge“ verzichtete der Zeuge C6 bewusst. Der Erwerb der Beteiligung war bereits durch die Partner entschieden. Auch verfügte der Zeuge über keine Unterlagen, Angaben oder Informationen. Dies war aus seiner Sicht aber zwingend erforderlich, um eine gedankliche Basis für eine Votierung zu schaffen, erst Recht, um ein Votum zu verfassen. Eine – ansonsten übliche – due diligence-Prüfung erfolgte nicht.
959Die vom Zeugen C6 vorbereitete Vorlage der KGaA wies noch eine weitere Besonderheit auf. Nach Ziff. 2.4 des EZI-Codes zu § 8 der Geschäftsordnung der persönlich haftenden Gesellschafter von SOP (siehe oben C., I., (1)) war eigentlich die Zustimmung des Zeugen Ob zu einer Beteiligungsnahme dieser Größenordnung als Vorsitzender des Aktionärsausschusses vorgesehen. Ein Unterschriftsfeld für eine solche Zustimmung fehlte bei dieser Beteiligungsvorlage der KGaA aber. Die konkreten Hintergründe dieses dem Regelwerk des Bankhauses und auch seiner praktischen Handhabung widersprechenden Fehlens konnten nicht aufgeklärt werden.
960Die Beteiligungsvorlage der KGaA zeichneten die Angeklagten O für den Bereich „Markt“ und J für das „Risikomanagement (Marktfolge)“ jeweils am 2. Oktober 2008 ab. Für die „Gesamtpartnerschaft“ zeichneten die Angeklagten K am 2. Oktober und P am 7. Oktober 2008 die Vorlage ab.
(b) Bei der SCA
961Zeitgleich zur Erstellung der Beteiligungsvorlage der KGaA in Köln befasste sich mit Blick auf § 2 Nr. 6 der Geschäftsordnung der Geschäftsführung der SCA, der persönlich haftenden Gesellschafter und der Regelung über die Zuständigkeit und den Geschäftsverteilungsplan des Geschäftsführungsausschusses in Verbindung mit Ziffer 2.7 der diesen konkretisierenden „IBZED“-Aufstellung die Zeugin T2 (vormals: C4) mit der Erstellung der „Beteiligungsvorlage über 25 Mio. € für eine Beteiligung der Tochtergesellschaft O jr. & Cie. KGaA“ für die SCA (siehe oben C., II., (1), (a) und (2), (a)). Die zeitgleiche Erstellung einer Beteiligungsvorlage für die KGaA in Köln und für die SCA in Luxemburg entsprach nicht der Regel. Typischerweise wurden Beteiligungsvorlagen erst dann von Köln nach Luxemburg übermittelt, wenn auf der Kölner Beteiligungsvorlage jedenfalls bereits die persönlich haftenden Gesellschafter unterschrieben hatten. Im Falle der Vorlage für die Beteiligung an der X1 AG wurde die Kölner Beteiligungsvorlage hingegen noch ohne Unterschriften der persönlich haftenden Gesellschafter (sowie des – in diesem Ausnahmefall in der Kölner Vorlage gar nicht zur Unterschrift bestimmten – Aktionärsausschussvorsitzenden) nach Luxemburg gesandt. Ein solches Vorgehen wurde lediglich in Ausnahmefällen und nur dann vollzogen, wenn der Beteiligungsvorlagenprozess besonders dringlich abzuschließen war. In diesem Fall geschah das mit Blick auf die vom Zeugen G2 vorgegebene besondere Eile. Ihretwegen vergaß die Zeugin T2 sogar, das Datum der Erstellung der Vorlage vollständig einzutragen („Luxemburg, den . 09.2008“).
962Typischerweise wurde auf Ebene der SCA der SOP-Beteiligungsvorlage lediglich ein SCA-Deckblatt vorangestellt. Die Unterlagen wurden dann den zur Abzeichnung vorgesehenen Personen vorgelegt. Das geschah auch in diesem Fall. Der auf dem Deckblatt angeführte „Beteiligungszweck“ hatte denselben Wortlaut wie in der Kölner Beteiligungsvorlage. Außerdem war als Vorlagegrund ausgeführt:
963„Mit beigefügter Investitionsvorlage der O jr. & Cie. KGaA (KGaA) soll dem Erwerb der Aktien an der X1 AG zu einem Gesamtkaufpreis von EUR 154,165,226.20 zugestimmt werden.
964Vorbehaltlich der Genehmigung der Investitionsvorlage durch die Partnerschaft der KGaA, bitten wir um Genehmigung auf Konzernebene.“
965Die SCA-Vorlage zeichneten die Angeklagten O für den Bereich „Markt“ und J für das „Risikomanagement (Marktfolge)“ sowie die Angeklagten K und P für die „Gesamtpartnerschaft“ jeweils ohne Hinzufügung eines Datums ab. Zudem zeichnete sie der Zeuge Ob mit dem Datum des 18. Oktober 2008 über dem Zusatz „Vorsitzender Aktionärsausschuss (zur Kenntnis)“ ab. Bei dem Zusatz „zur Kenntnis“ handelte es sich allerdings um ein Versehen der Zeugin T2. Nach Ziffer 2.4 des EZI-Codes zu § 8 der der Geschäftsordnung der Geschäftsführung der SCA, der persönlich haftenden Gesellschafter und der Regelung über die Zuständigkeit und den Geschäftsverteilungsplan des Geschäftsführungsausschusses war vielmehr die „Zustimmung“ – und nicht nur die Information („zur Kenntnis“) – des Aktionärsausschussvorsitzenden (der SCA) vorgesehen (siehe oben C., II., (1), (a)). Die genauen Umstände, unter denen der Zeuge Ob die Vorlage abzeichnete, konnten in der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden.
(c) Die Genehmigungsvorlage für die CSSF
966Wie bereits ausgeführt, hatte der Zeuge C6 der Zeugin Y7 am Montagmorgen (29. September 2008) angekündigt, wegen der am Wochenende bereits erfolgten X1-Beteiligung der SOP müsse eine Genehmigung der CSSF beantragt werden. Um die Förmlichkeiten zur Einholung der Genehmigung der CSSF kümmerte sich auf Seiten der SCA die Zeugin Y7 zusammen mit der Zeugin T2. Letztere war zu dieser Zeit schon mit Erstellung der Beteiligungsvorlage für die SCA befasst.
967Zur Einholung der Genehmigung der CSSF hatte die SCA eine standardisierte Dokumentenvorlage entwickelt, die mit der CSSF abgestimmt war. Die für die Beantragung erforderlichen Auskünfte erhielten Mitarbeiter der SCA üblicherweise von der Tochtergesellschaft, die die Beteiligung unmittelbar eingehen sollte, hier der KGaA (SOP). Deren Mitarbeiter setzten die notwendigen Angaben üblicherweise selbst in die ihr von der SCA dafür überlassene Dokumentenvorlage ein und schickten diese nach Eintragung der Angaben zur abschließenden Prüfung, Unterzeichnung und zur Einreichung des Antrags bei der CSSF an die SCA.
968Auch das Formular zur Beantragung der CSSF-Genehmigung für die X1 AG wurde auf diese Weise in Köln erstellt. Dabei konnte nicht aufgeklärt werden, welcher Mitarbeiter der KGaA die Vorlage ausfüllte. Insbesondere konnte nicht geklärt werden, wer die in dem Genehmigungsantrag enthaltene „von der Bank eingeschätzte Risikoanalyse“ verfasst hat. Die bereits beschriebenen Beteiligungsvorlagen der KGaA und der SCA waren – wie dargestellt – gerade ohne entsprechende Voten bzw. „Risikoanalysen“ vom Zeuge C6 (Abteilung Beteiligungen) nach Rückfragen bei den Zeuginnen F5 und Y5 (Kreditabteilung) erstellt worden.
969Das mit dem Datum des 1. Oktober 2008 und der Überschrift „Beteiligungsquote: ab 10 % qualifizierte Beteiligung“ erstellte Dokument unterschrieben die Zeugin T2 sowie die SCA-Mitarbeiterin Nicole Hunecke als „Linksunterzeichnerin“. In dem noch am 1. Oktober 2008 an die CSSF gesendeten Dokument wurde ausgeführt, die KGaA habe „zunächst“ für 59,8 Millionen € ca. 23 Millionen Aktien aus einer Kapitalerhöhung von X1 erworben und beteilige sich damit mit 9,09 % am Grundkapital des Unternehmens. „In einem zweiten Schritt soll die KGaA“ von der „MS VV KG“ sowie „der I6“ weitere X1-Aktien gegen Zahlung eines Gesamtkaufpreises von 94.311.789 € erwerben und ihre Beteiligungsquote dadurch auf 28,59 % erhöhen. Die „beabsichtigte Haltedauer“ der Beteiligung wurde mit „unbefristet“ angegeben. Als „durch Übernahme verfolgte Strategie“ wurde der „Aufbau einer strategischen Partnerschaft verbunden mit dem Ziel einer Wertsteigerung des Investments“ bezeichnet. Die Beteiligung stelle „dabei eine unternehmerische Entscheidung“ dar.
970In der „von der Bank eingeschätzte(n) Risikoanalyse“ hieß es:
971„Nach Einschätzung von Finanzanalysten hat das Vertrauen der Investoren in den Vorstand von X1 in den letzten Monaten gelitten. Hinzu kommt die angespannte finanzielle Lage des Unternehmens, die sich in den wochenlangen Refinanzierungsverhandlungen mit dem Bankenkonsortium und einer Kapitalerhöhung trotz des gesunkenen Aktienkurses widerspiegelt. Die jüngste Kapitalerhöhung wird dagegen positiv bewertet, da sich dadurch der finanzielle Spielraum verbessert. Auch die Aussage, dass ein Verkauf von H4 nicht mehr geplant sei, wird positiv gewertet.
972Allerdings hat die H4-Beteiligung derzeitig einen Marktwert von mehr als EUR 1,2 Mrd., während die ganze X1-Gruppe nur noch mit gut EUR 400 Mio. bewertet wird. Vor diesem Hintergrund werden die X1-Aktien von Analysten teilweise mit „kaufen“ und teilweise mit „halten“ eingestuft und Kursziele auf Basis der Branchenbewertung zwischen 2,20 EUR bis 6,00 EUR genannt.
973Grundsätzlich besteht vor dem Hintergrund der Börsennotierung und der derzeitig sehr volatilen und von Unsicherheit geprägten Kapitalmärkte und andauernden Finanzmarktkrise ein Kursrisiko. Die derzeitige Börsenbewertung des Unternehmens wird jedoch seitens KGaA als unterbewertet eingeschätzt und bietet somit für KGaA die Möglichkeit zur Etablierung einer strategischen Partnerschaft mit einem traditionsreichen Unternehmen und zudem entsprechendes Wertsteigerungspotenzial. Vor dem Hintergrund, dass die H4-Beteiligung derzeitig einen Marktwert von mehr als EUR 1,2 Mrd. besitzt, während die gesamte X1-Gruppe nur noch mit gut EUR 400 Mio. bewertet wird, erscheint das Risikopotenzial begrenzt.“
974Die nachgesuchte Genehmigung versagte die CSSF der SCA in der Folge.
(18) Die Vorlagen für den Kredit an die X1 AG
(a) Das Kreditprotokoll für die KGaA
975Wiederum am Montagmorgen (29. September 2008) rief die Zeugin Y5 aus der Kölner Kreditabteilung den ebenfalls dort tätigen Zeugen C9 an. Sie berichtete ihm, dass am Wochenende ein Rettungspaket der Bank für die X1 AG geschnürt worden sei. Die Bank habe von der Zeugin T3 Aktien der X1 AG erworben und eine Kapitalerhöhung gezeichnet. Außerdem habe SOP der X1 AG außerhalb des zur Verlängerung anstehenden Konsortialkredits einen eigenen Kredit über 50 Millionen € zugesagt. Der Kredit sei in zwei verschiedene Beträge unterteilt: einmal in 20 Millionen € bis März 2009 und in Höhe der restlichen 30 Millionen € bis September 2009. Die Zusage für diesen Kredit habe der Angeklagte J bereits erteilt.
976Die Zeugin Y5 bat den Zeugen C9 darum, den Antrag für den Kredit der SOP an die X1 AG zu schreiben. Der Zeuge C9 sagte zu, das zu erledigen, fügte aber sofort hinzu: „Ich habe in meinem Leben noch nie ein negatives Votum geschrieben. Aber diesen Antrag werde ich selbstverständlich negativ votieren.“ Dem Zeugen C9 erschloss sich nicht, wie sich das Unternehmen aus der Krise befreien sollte. Aus seiner Sicht sollte der „einzig werthaltige Wert“, die Beteiligung an H4, auf Druck der Konsorten verkauft werden, „sprich: der einzige Ertragsbringer soll verkauft werden, nicht um X1 zu gesunden, sondern damit die Banken ihre Kredite zurückerhalten – und wir gehen hin und stellen 50 Millionen zur Verfügung.“ Die Zeugin Y5 stimmte ihm zu. Auch sie hatte – unter dem Eindruck der sie befremdenden Geschehnisse vom Freitagabend – mit absolutem Unverständnis den jetzt sogar ohne Sicherheiten an die X1 AG auszureichenden Kredit zur Kenntnis genommen und hielt ihn für völlig wertlos. Sie meinte für sich, „das Geld hätten wir auch gleich zum Fenster rausschmeißen können.“
977Noch am 29. September 2008 begann der Zeuge C9 mit der Umsetzung des als „Neuantrag vom 29.09.2008 X1 AG Konzern“ überschriebenen Kreditprotokolls. Seine Arbeiten zogen sich bis zum 7. Oktober 2008 hin. Der Kredit war als „Organkredit“ und „Großkredit“ gekennzeichnet. Als Vorlagegrund wurde die Einräumung „eines Barkredites i.H.v. € 20 Mio. befristet bis 06/2009 (extern 03/2009) und eines Barkredites i.H.v. € 30. Mio. befristet bis 09/2009 für die X1 AG“ angeführt.
978Zu den vom „Neuantrag“ umfassten Krediten zugunsten der X1 AG führte der Zeuge C9 in der Transaktionsbeschreibung aus:
979„€ 20 Mio. zur Sicherung der Liquidität für das laufende operative Geschäft vorsorglich befristet bis 30.6.2009 (extern befristet bis 31.3.2009); ohne Besicherung daher im strukturellen Nachrang zu den übrigen Finanzierungen der Kreditnehmerin, die angabegemäß über ein Pfandrecht an den Anteilen der H4 Group plc. verfügen. Sonstige Bedingungen sind aktuell noch offen und mit der Kreditnehmerin abzustimmen.
980€ 30 Mio. zur Finanzierung der im Zusammenhang mit der Veräußerung des Highstreet-Portfolios anfallenden und von der X1-Gruppe zu tragenden Grunderwerbsteuer befristet bis 30.09.2009. Zinsen werden für diesen Kredit nicht in Rechnung gestellt. Als Deckung wurde zugesagt, ein Guthaben in entsprechender Höhe bei der Bank zu unterhalten. Inwieweit diese Einlage zur Bedienung der Finanzierung herangezogen werden kann, ist allerdings zweifelhaft und muss daher offen bleiben.
981Bezüglich dieses Betrages von € 30 Mio. ist uns aus den zu erfüllenden Auszahlungsvoraussetzungen für die übrigen Finanzierungen bekannt, dass für diesen Betrag eine Zusage der X11 Bank AG vorliegt, diesen Betrag zur Verfügung zu stellen. Dies soll entweder über einen zinslosen Kredit mit einer Mindestlaufzeit von 12 Monaten oder durch eine Reduzierung des Reservekontos für den Selbstbehalt aus der Forfaitierung von Versandhandelsforderungen dargestellt werden.“
982Sicherheiten waren für den Kredit über 20 Millionen € also ausdrücklich nicht vorgesehen.
983Dem Zeugen C9 lagen bei der sich vom 29. September bis zum 7. Oktober 2008 erstreckenden Abfassung des Antrags die bereits dargestellten „Auszahlungsbedingungen“ aus dem Anhang 2 zum Vertrag über die Kreditfazilität über 155 Millionen €, nicht aber der gesamte Vertrag vor. Er führte im Zuge der Transaktionsbeschreibung hierzu aus:
984„Uns ist aus vorliegenden Unterlagen (Auszahlungsvoraussetzungen) folgendes bekannt:
985- X1 hat sich gegenüber den finanzierenden Banken verpflichtet, die Anteile an der H4 Group plc. zu verkaufen. Details (z.B. Fristen, Verkaufspreise) sind nicht bekannt
986- X1 hat der V22 Bank AG und der 4A Landesbank ein unwiderrufliches Beratungsmandat zum Verkauf der Anteile an der H4 Group plc. erteilt. Details sind nicht bekannt.
987- X1 hat den Banken seinen aktuellen Geschäftsplan: einen detaillierten Liquiditätsplan bis zum 19.10.2008, einen Liquiditäts- und vorläufigen Geschäftsplan für eine Frist von 2 Jahren ab 10/2008, der den Verkauf der H4 Group plc.-Anteile und die Dekonsolidierung von H4 berücksichtigt, zur Verfügung gestellt. Diese Unterlagen sind uns sämtlich nicht bekannt.
988- X1 hat als Sicherheit für die Finanzierungen sämtliche Anteile an Tochtergesellschaften incl. der Anteile an H4 als Sicherheit verpfändet. Die wesentlichen Tochtergesellschaften haften darüber hinaus als Gesamtschuldner. Weiterhin wurden sämtliche Konten verpfändet und die bestehenden Markenrechte abgetreten.
989- Die Q41 hat auf Basis einer Kapitalerhöhung und der Kreditzusage von SOP für den X1-Konzern eine vorläufige positive Fortführungsprognose gestellt. Dieses Gutachten ist uns nicht bekannt.
990- X1 hat ein Sanierungsgutachten hinsichtlich der aktuellen Restrukturierung in Auftrag gegeben. Die Anforderungen an dieses Gutachten und der Mandatierte Gutachter sind uns nicht bekannt.“
991In dem von ihm verfassten „Votum (CRM)“ verwies der Zeuge C9 zunächst darauf, dass eine aussagekräftige Bewertung des Konzernabschlusses 2007 der X1 AG „schwierig“ sei, da diese zum einen den Bilanzstichtag auf ein „9-monatiges Rumpfgeschäftsjahr umgestellt“ habe. Außerdem sei im Abschlussjahr erstmals die vollständige Konsolidierung der H4 erfolgt. Dabei sei die H4 als größter Umsatz-(59 %) und Ergebnisträger (einziges Segment mit positivem EBIT) mit zwölf Monaten in den Konzernabschluss eingeflossen, während die „defizitären Segmente Warenhaus und Versandhandel“ nur mit neun Monaten berücksichtigt würden. Die Ertragslage der X1 AG sei „unverändert unzureichend“. Einzig H4 leiste einen positiven EBIT-Beitrag, welcher der X1 AG allerdings nur zu 52 % zuzurechnen sei. Das „Jahresergebnis nach Minderheiten“ sei „ausschließlich aufgrund Erträgen aus dem Verkauf des Immobilienportfolios (€ 911 Mio.) schwach positiv (€ 16 Mio.)“. „Konsolidierungsbedingt“ sei die Nettoverschuldung um 1,3 Mrd. € auf 2,5 Mrd. € angestiegen. Das Leverage sei „mit 4,8xEBITDA geschönt durch den EBITDA-Anteil H4, der letztlich nur in Anteilshöhe (52 %) zur Verfügung steht“. Es bestehe „weiterhin deutlich Non-Investment-Grade-Niveau“ sowie zudem eine „hohe außerbilanzielle Verschuldung“ von 6,7 Mrd. € bei im Vorjahr noch 3,9 Mrd. €. Auch im ersten Halbjahr sei die Ertragslage der Segmente Versandhandel und Warenhäuser (letztere mit einem enttäuschenden 4. Kalenderquartal / Weihnachtsgeschäft) unzureichend; lediglich die H4 zeige eine verbesserte Ergebnisentwicklung. Über die zukünftige Umsatz- und Ergebnisplanung der „problematischen Segmente Warenhaus und Versandhandel“ lägen keinerlei Informationen vor.
992Die X1 AG befinde sich aufgrund der mangelhaften Ergebnisse der Segmente Warenhaus und Versandhandel in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Diese sei auch vom mangelnden Vertrauen in die zukünftige Entwicklung geprägt. Das finde sich auch in den Bedingungen und Auflagen für die Aufrechterhaltung der bestehenden Finanzierungen wieder. Diese Auflagen und Bedingungen benannte der Zeuge C9 im Votum mit „Kapitalerhöhung, zusätzliche Kreditmittel, Verpfändung und Verpflichtung zum Verkauf der H4-Anteile; Erteilung eines unwiderruflichen Verkaufsmandates für diese Anteile“. Dabei wies er ausdrücklich darauf hin, dass SOP „detaillierte Informationen über diese Finanzierungen“ nicht vorlägen. Im Votum hielt er fest: „Uns sind weder Höhe noch detaillierte Bedingungen (Laufzeit, Rückzahlungsbedingungen, Sicherheiten, Financial Covenants u.a.) bekannt. Auch die den Banken zur Verfügung gestellten Unterlagen wie Geschäfts- und Liquiditätspläne (aktuell und unter Berücksichtigung des Verkaufs und Dekonsolidierung von H4) und die positive Fortführungsprognose der Q41 sind uns unbekannt.“
993Ferner wies er im Votum „ausdrücklich darauf hin, dass aufgrund der Gesellschafterstellung O nicht auszuschließen ist, dass die Finanzierungen ‚in der Krise‘ der Kreditnehmerin zu kapitalersetzenden Darlehen werden. Dies hat zur Folge, dass sie nachrangig zu allen übrigen Verbindlichkeiten werden und dass auf erhaltene Sicherheiten nicht zurückgegriffen werden kann.“
994Das Rating setzte er im Votum auf die unterste Kategorie der Bewertung als Non-Investment Grade/hochspekulative Anlage herab. Dazu führte der Zeuge C9 im Votum aus:
995„Das Rating für die X1 AG senken wir aufgrund der wirtschaftlichen Lage der Gruppe, des mangelnden Informationsstandes und auch im Hinblick auf den möglichen kapitalersetzenden Charakter der Kredite sowie des strukturellen Nachrangs auf B-„
996Das Votum schloss der Zeuge C9 mit folgendem „Fazit“:
997„Die Kreditvergabe in Höhe von € 50 Mio. zusätzlich zu der erworbenen Beteiligung kann aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation von Warenhaus und Versandhandel und den begründeten Zweifeln an einer zukünftig positiven Entwicklung, des unzureichenden Informationsstandes sowie der durch die Verpfändung und Verpflichtung zum Verkauf der Anteile an der H4 Group eingeschränkten Handlungsfähigkeit hinsichtlich dieser Beteiligung (aktuell aus unserer Sicht der einzige Vermögenswert der X1 AG von materiellem Wert) nur mit der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes der Gruppe gerechtfertigt werden. Hierbei handelt es sich jedoch um eine geschäftspolitische Entscheidung im Vertrauen in die Kreditnehmerin und in die für sie handelnden Personen, die aus Risikosicht nicht vertretbar erscheint.“
998Dabei hatte der Zeuge C9 ebenso wie die Zeuginnen Y5 und F5 die Vorstellung, dass bei den persönlich haftenden Gesellschaftern ein übergeordnetes oder jedenfalls ein Wissen, das den Fachabteilungen nicht bekannt war und die Kreditierung rechtfertigte, vorlag. Dies war jedoch nicht der Fall.
999Bei dem Wortlaut der ablehenden Formulierung der Fachabteilung im Kreditprotokoll handelte es sich – wie der Kammer durch die Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 vermittelt worden ist – um die schärfste der bankenüblichen Formulierungen zu ablehnenden Voten.
1000Diese Vorlage enthielt nur das vom Zeugen C9 verfasste Votum des Kreditrisikomanagements „CRM“, also der Marktfolge. Ein regelrechtes Votum für den „Markt“ enthielt die Vorlage hingegen nicht. Anstelle eines Votums sah das Protokoll – wie es der Zeuge C9 mit dem Zeugen W4 aus der Abteilung Investment-Banking für den „Markt“ abgesprochen hatte - lediglich die Feststellung vor: „Kreditantrag wird befürwortet.“ Dieses „Votum“ unterzeichnete – was völlig untypisch war – der Angeklagte P selbst. In seiner Abteilung gab es keine Bereitschaft, das Marktvotum zu unterzeichnen.
1001Den „Neuantrag“ vom 29.09.2008 druckte der Zeuge C9 am 7. Oktober 2008 aus und brachte ihn in den „Abzeichnungsumlauf“. Für den Bereich „Markt“ zeichnete den Antrag der Angeklagte P zu einem nicht aufklärbaren (unleserlichen) Datum ab, für „RM (Marktfolge)“ der Angeklagte J am 15. Oktober 2008. Die Angeklagten K und O zeichneten es am 15. bzw. 16. Oktober 2008 ab.
1002Im Unterschriftsfeld für den „Kreditausschuss SCA“ vermerkte die Zeugin F5 die am 14. Oktober 2008 dort erfolgte Genehmigung. Für den „Aufsichtsrat/Kreditausschuss KGaA“ wurde das Protokoll gezeichnet durch den Zeugen B.C12 am 27. Oktober 2008 und die Zeugen Ob und N4 jeweils am 12. November 2008. Am 13. November 2008 gelangte das Protokoll mit diesen Unterschriften wieder zur Kreditabteilung der KGaA zurück.
(b) Die Konzernvorlage
1003Unter dem Datum des 7. Oktober 2008 erstellte der Zeuge N8 in Luxemburg eine „Konzernvorlage: X1 AG Konzern“ für die SCA. Als Vorlagegrund führte er an: „Einräumung von Barkrediten iHv. insg. 50 Mio. € für X1 AG“. Zur „Risikoeinschätzung Konzernbüro“ vermerkte er: „DISKUSSIONSWÜRDIG“.
1004Der Kredit über 50 Millionen € war auch nach der Konzernvorlage in Beträge von 20 und 30 Millionen € unterteilt. Der Kredit über 30 Millionen € sollte ausdrücklich unverzinslich gewährt werden. Die 20 Millionen € sollten bis März 2009, allerdings „intern vorsorglich … bis 06/2009“ befristet, die weiteren 30 Millionen € bis September 2009 gewährt werden.
1005Im Rahmen der „Transaktionsbeschreibung“ hielt der Zeuge N8 in der „Konzernvorlage“ fest:
1006„Aus den O teilweise vorliegenden Unterlagen zu einer Konsortialfinanzierung der X1 AG ergibt sich, dass X1 ihre Anteile an H4, d.h. ihr mit Abstand wichtigstes Asset, als Kreditsicherheit verpfändet und sich darüber hinaus zum Verkauf dieser Anteile verpflichtet hat. V22 Bank und V18 wurde ein unwiderrufliches Beratungsmandat für den Verkauf erteilt. Als zusätzliche Sicherheiten für die Konsortialfinanzierung dienen verpfändete Konten, gesamtschuldnerische Mithaftungen wesentlicher Konzerngesellschaften sowie die Abtretung von Markenrechten.
1007Darüber hinaus für einen umfassenden Einblick in die aktuelle wirtschaftliche Situation der X1 Gruppe wichtige Unterlagen, die den Konsortialbanken zum Teil vorliegen, liegen O nicht vor. Es fehlen insbesondere aktuelle Geschäfts-und Liquiditätspläne, eine Übersicht über Volumen und Bedingungen der verfügbaren Kreditmittel sowie ein Gutachten der Q41 mit angabegemäß vorläufig positiver Fortführungsprognose für X1.“
1008Unter „Konzernbüro: Kommentar/Empfehlung“ führte der Zeuge N8 aus:
1009„Die Geschäftsfelder Warenhaus und Versandhandel der X1 AG Opel befinden sich seit längeren in einem schwierigen Marktumfeld und zeigen eine schwache wirtschaftliche Entwicklung mit hohen Verlusten. Die Perspektiven für das traditionell ausschlaggebende Weihnachtsgeschäft werden im laufenden Jahr durch die Krise der Finanzmärkte zusätzlich belastet.
1010Profitabel zeigt sich lediglich H4, an der X1 jedoch nur einen Anteil von (noch) 52 % hält. Zudem dürfte sich auch das Touristikgeschäft unter der aktuellen Konjunkturentwicklung abschwächen.
1011Ein verlässlicher Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation der X1 Gruppe wird durch Sonderfaktoren, insbesondere die Änderung des Geschäftsjahres in Verbindung mit ausgeprägter Saisonalität der Geschäftsfelder sowie Konsolidierungseffekte, erheblich beeinträchtigt. Eine belastbare Einschätzung der Perspektiven der Gruppe können wir auf Basis der uns zugänglichen Informationen nicht treffen. Das fehlende Vertrauen des Marktes in die Zukunftsperspektiven der X1 Gruppe kommt in der Entwicklung des Aktienkurses zum Ausdruck.
1012Bei der Beurteilung des Kreditrisikos ist zu berücksichtigen, dass die wesentlichen Assets der Gruppe den Kreditgebern der Konsortialfinanzierung als Sicherheit verpfändet wurden. Die aktuell beantragten ungesicherten Kredite sind daher zumindest strukturell nachrangig, unter Umständen aufgrund der Gesellschafterstellung von O Kapital ersetzend.
1013Soweit der Verkauf der H4 Beteiligung entsprechend der von X1 gegenüber dem Kreditgeberkonsortium eingegangenen Verpflichtung erfolgt, wäre hieraus eine (Teil-)Rückführung der besicherten Kredite vorzunehmen. Ob sich im aktuellen Marktumfeld ein ausreichender Verkaufserlös erzielen lässt, um hiernach noch Spielräume zur Tilgung der ungesicherten Kredite oder für Investitionszwecke zu haben, erscheint fraglich. X1 verlöre durch den Verkauf in jedem Fall ihre derzeit einzige Ertragssäule.
1014Insgesamt bilden die uns zugänglichen Informationen keine ausreichende Grundlage für eine positive Bonitätseinschätzung. Der Hintergrund für den Bedarf einer zusätzlichen Finanzierungszusage iHv. 30 Mio. € für die Grunderwerbsteuerzahlungen ist für uns zudem nicht transparent.
1015Eine Krediteinräumung wären allenfalls als geschäftspolitische Entscheidung mit der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs zu begründen, wobei wir den gesamten Finanzierungsbedarf der Gruppe nicht einschätzen können.“
1016Das Rating der X1 AG wurde in der Konzernvorlage von „B+“ auf „B-„ herabgesenkt (non-investment-Grade / hochspekulative Anlage)
1017Die Konzernvorlage zeichneten die Angeklagten K und O jeweils am 13. Oktober 2008, J und P jeweils am 14. Oktober 2008 ab. Eine bestimmte „Funktion“ wie „Markt“ oder „Marktfolge“ war den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern in der Konzernvorlage nicht zugeschrieben.
(19) Die Stimmrechtsmitteilungen vom 1. Oktober und 16. Dezember 2008
1018Am 1. Oktober 2008 teilte die SCA der X1 AG und der BaFin nach § 21 Abs.1 WpHG mit, dass der Stimmrechtsanteil der KGaA an der X1 AG am 30. September 2008 die Schwellen von 3 %, 5 %, 10 % und 15 % überschritten habe und zu diesem Tag 15,95 % (36.716.900 Stimmrechte) betrage. Diese Stimmrechte würden der SCA über die KGaA nach § 22 Abs. 1 Satz 1 KWG zugerechnet. Eine weitere Mitteilung der SCA erfolgte am 16. Dezember 2008. Darin wurde eine entsprechende Erhöhung der Stimmrechtsanteile zum 17. Oktober 2008 auf 21,45 % und schließlich zum 23. Oktober 2008 auf insgesamt 28,59 % (72.398.452 Stimmrechte) mitgeteilt.
(20) Verhandlungen der X1 AG über die Besicherung des 50-Millionen-€-Kredits
1019Nachdem für den in Beträge von 20 und 30 Millionen € aufgeteilten und vom Angeklagten J gegenüber der X1 AG in der Nacht zum 29. September 2008 entsprechend zugesagten Kredit eine Sicherheit lediglich vage in Aussicht gestellt waren, verhandelten die Zeugen J4 und M5 mit der X ab dem 2. Oktober 2008 über die SOP in Aussicht gestellte Sicherheit weiter. Dabei besprachen sie auch die Möglichkeit einer Barhinterlegung bzw. einer Garantieerklärung seitens der Deutsche Post AG zugunsten SOP. Innerhalb der SOP bat der Angeklagte K den in der Rechtsabteilung tätigen Mitarbeiter Dr. M15 um Prüfung, inwieweit die Verpfändung eines etwaig bei O einzuzahlenden Guthabens insolvenzrechtlich anfechtbar sein könnte.
1020Die X1 AG begann bereits, auf die Auszahlung des von ihr dringend benötigten Kreditbetrags von 20 Millionen € zu drängen.
(21) Die Geschäftsführungssitzung der SCA am 14. Oktober 2008 – der Eklat um den Zeugen Dr. T12
1021Am 14. Oktober 2008 fand in Luxemburg die Sitzung der erweiterten Geschäftsführung der SCA statt. Als der Angeklagte J dabei die Rettungsmaßnahmen der SOP zugunsten der X1 AG ansprach, kam es zum Eklat. Der Zeuge Dr. T12 – der Leiter der Rechtsabteilung und Mitglied der erweiterten Geschäftsführung der SCA – verweigerte der Entscheidung der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter die Zustimmung. Er erklärte, die „Rettungsmaßnahmen“ der SOP hätte es nicht geben dürfen. Es wäre Sache der Bürgen gewesen, den Y14-Kredit zurückzuführen oder Sicherheiten zu leisten, um die Bank von diesem Risiko zu entlasten und nicht der Bank weitere Risiken aufzubürden. Die vermeintliche „Rettung“ der X1 AG diene ausschließlich dem Vorteil der Bürgen des Y14-Kredits. Mit der Bank habe das nichts zu tun. Die Bürgen hätten ja gerade die Verpflichtung übernommen, die Bank „rauszuhauen“, wenn sich das Risiko X1 verwirkliche. Eine Insolvenz von X1 hätte sich auf die Bank nicht ausgewirkt. Die Reaktion in der Runde auf die Ausführungen des Zeugen Dr. T12 war „fassungsloses Schweigen“.
1022Dem Zeugen Dr. T12 folgend leistete auch kein anderes Mitglied der Geschäftsführung der SCA – abgesehen von den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern – die Unterschrift auf der Konzernvorlage. Hierzu gehörte auch der Zeuge G2. Dieser verwies bei der Verweigerung seiner Unterschrift darauf, dass er schon in der Besprechungsrunde an dem Freitag Ende September 2008 in Köln gesagt habe, dass er eine Beteiligungsnahme nicht verstehe und von einer solchen abrate.
1023Das Vorgehen der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter belastete den Zeugen Dr. T12. In seinen Augen war ihre für SOP getroffene Entscheidung, die X1 AG in großem Umfang und mit massivem Ausfallrisiko zu unterstützen, unverantwortlich. In einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Angeklagten J erklärte der Zeuge Dr. T12, dass eine weitere Zusammenarbeit vor dem Hintergrund, dass man bei einem so wichtigen Thema wie der Kreditgewährung an X1 so weit auseinander liege, schwierig sei. Obwohl er der Bank bereits jahrzehntelang angehört hatte und – so der Zeuge Dr. T12 – mit und in ihr groß geworden war, bot er dem Angeklagten J an, aus der Bank auszuscheiden. Der Angeklagte J akzeptierte, dass der Zeuge Dr. T12 als Mitglied der erweiterten Geschäftsführung der SCA in Luxemburg ausscheiden wollte. Da der Angeklagte J den Zeugen Dr. T12 fachlich und persönlich sehr schätzte, bat er ihn, sein komplettes Ausscheiden aus der Bank noch einmal zu überdenken. Der Zeuge Dr. T12 legte daraufhin am 9. Dezember 2008 sein Amt als Mitglied der erweiterten Geschäftsführung in Luxemburg nieder, blieb jedoch Leiter der Rechtsabteilung der KGaA (SOP) in Köln.
(22) Der teilweise Austausch der Bürgschaften für den Y14-Kredit
1024Am 14. bzw. 16. Oktober 2008 beschlossen die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter, die bestehenden Sicherheiten für den von SOP an die Y14 ausgereichten Kredit über 380 Millionen €, der zu dieser Zeit mit knapp 361,5 Millionen € valutierte, teilweise zu ändern. Hintergrund hierfür war, dass bei der SCA in das Meldewesen eingebundene Mitarbeiter gegenüber den Angeklagten J und K zum Ausdruck gebracht hatten, die luxemburgische Bankenaufsicht CSSF würde bei detailliertem Bekanntwerden der Y14-Bürgschaften diesen kritisch gegenüberstehen. Bürgschaften persönlich haftender Gesellschafter in dieser Größenordnung seien in Luxemburg unüblich und entsprächen nach Ansicht der CSSF nicht dem Bankenstandard. Man könne nicht persönlich haftender Gesellschafter eines Bankhauses sein und sich zugleich für Kredite verbürgen.
1025Nach dem getroffenen Beschluss sollte der Angeklagte O statt der bestehenden Bürgschaft über 52 Millionen € der SOP Festgeld in gleicher Höhe verpfänden. Die Bürgschaft des Angeklagten K über 87 Millionen € sollte ebenfalls gegen die Verpfändung von Festgeld ausgetauscht werden. Der Festgeldbetrag sollte gegenüber der Bürgschaft allerdings um 50 Millionen € auf 37 Millionen € herabgesenkt werden. Zum Ausgleich sollte die Bürgschaft der GEWG von ursprünglich 25 Millionen € um 50 Millionen € auf 75 Millionen € erhöht werden.
1026Dem entspricht folgende Darstellung:
1027 1028Diese Änderungen wurden in der Folge auch umgesetzt. Bei der JEFP und die GEWG handelte es sich um OEH-Töchter, an denen SOP jeweils mit 50 % beteiligt war. Damit bürgte die Bank jedenfalls mittelbar zu 50 % selbst.
(23) Die Vereinbarungen der Y14 mit den Bürgen
1029Mit Unterschriften vom 15. und 16. Oktober 2008 schloss die Y14 mit den Bürgen für den ihr von SOP gewährten Kredit eine schriftliche „Vereinbarung“. Hintergrund war, dass der Angeklagte J die Angeklagten O und K bereits am Freitag, den 26. September bzw. Sonntag, den 28. September 2008, gefragt hatte, ob sie sich an ihrem Wort „Bank vor Bürgen“ festhalten ließen und in diesem Zusammenhang ausgeführt hatte, dies müsse geregelt werden. Dies wurde nun umgesetzt. Mit der Vereinbarung verpflichteten sich die Bürgen, unter Verzicht auf jegliche Einreden oder Einwendungen auf das erste Anfordern der Y14 bei Fälligkeit der Forderung der Bank den Bürgschaftsbetrag zu zahlen. Gegenüber der Y14 verzichteten die Sicherungsgeber auf „ihre Ansprüche aus § 775 BGB oder … ihre etwa bestehenden vergleichbaren Ansprüche, z. B. Ansprüche auf Freistellung“ sowie auf „ihre Rückgriffsansprüche gegen die Y14“.
1030Die Y14 verpflichtete sich in der Vereinbarung gegenüber den Sicherungsgebern, „alle ihre Vermögenswerte auf Verlangen der Sicherungsgeber zu veräußern und den Erlös an die Bürgen im Verhältnis von deren Zahlungen an die Bank zueinander auszuschütten, soweit dieser die sonstigen Verbindlichkeiten der Y14 Dritten gegenüber übersteigt (freier Erlös).“
(24) Die Umsetzung der Nachbesicherung
1031Ende September 2008 begab sich der Zeuge Q11, ein Mitarbeiter der T3 Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG, nach T in das Büro das Angeklagten E. Dabei legte er dem Angeklagten E zahlreiche Unterlagen vor, aus denen sich die näheren Einzelheiten des Vermögens der Zeugin T3 und ihrer Firmen – insbesondere die Grundbuchbezeichnungen der einzelnen Immobilien und die Zusammensetzung ihrer Immobilienbeteiligungen – ersehen ließen. Diese Unterlagen benötigten der Angeklagte E und der Zeuge H2, um die konkrete Umsetzung der von der Zeugin T3 zugesagten Sicherheiten im Wege notariell zu beurkundender Vereinbarungen vorzubereiten. Da nicht alle Unterlagen vollständig waren, begab er sich eine Woche später erneut nach T .
1032Am 16. Oktober 2008 begab sich der Zeuge Q11 nach Köln in das Notariat des Zeugen Dr. C5. Dort wurden ihm zur Unterschrift die Vereinbarungen vorgelegt, welche die Zeugin T3 am nächsten Tag einerseits mit dem Bankhaus und andererseits mit der Y14 verbindlich treffen und unterzeichnen bzw. genehmigen sollte. Zwei notariell errichtete Urkunden, nämlich die Bestellung einer (Gesamt-)Grundschuld zugunsten SOP sowie ein Schuldanerkenntnis der Zeugin T3 gegenüber der Y14 mit der Erklärung, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen, unterschrieb der Zeuge Q11 – zusammen mit dem Zeugen H2 – als Vertreter ohne Vertretungsmacht der Zeugin T3 bzw. der in den Urkunden genannten Firmen. Diese für sie bzw. ihre Firmen vollmachtlos geschlossenen Geschäfte sollten am nächsten Tag durch die Zeugin T3 und den Zeugen J6 genehmigt werden.
1033Am Morgen des 17. Oktober 2008 ließ der Angeklagte E die Zeugen T3 und J6 nach Köln einfliegen. Die Zeugen verließen das auf dem Privatflugbereich des Kölner Flughafens abgestellte Flugzeug nicht. Stattdessen kamen der Angeklagte E und der Zeuge Dr. C5, ein Kölner Notar, zu ihnen in die Maschine. Der Zeuge Dr. C5 legte den Zeugen die am Vortag mit dem Zeugen Q11 in T abgestimmten – und teilweise von ihm und dem Zeuge H2 als vollmachtlose Vertreter unterschriebenen – Dokumente vor. Diese unterschrieben die Zeugen T3 und J6.
1034Die Zeugen T3 und J6 genehmigten die am Vortag von den Zeugen Q11 und H2 abgegebene und vom Zeugen Dr. C5 notariell beurkundete Erklärung, wonach die Zeugin T3 und die T3 Grundstücks GmbH & Co. KG sowie die T3 Beteiligungs GmbH zugunsten von SOP die Eintragung einer (Gesamt-)Grundschuld über 215 Millionen € an mehreren Grundstücken bewilligten und beantragten. Die Grundschuld sollte ab dem Tag der Unterzeichnung der Urkunde mit 15 % jährlich zu verzinsen sein. Außerdem war in der Urkunde die Erklärung der Zeugin T3 enthalten, „für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des Grundschuldbetrages, der vereinbarten Grundschuldzinsen und der Nebenleistungen die persönliche Haftung“ zu übernehmen. Schließlich war darin erklärt, dass der „Schuldner … sich wegen dieser Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen“ unterwirft.
1035Eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Erklärung erteilte der Zeuge Dr. C5 dem Bankhaus am 21. Oktober 2008.
1036Außerdem verpflichtete sich die Zeugin T3 gegenüber SOP, über ihre Beteiligungen an Gesellschaften, die ihrerseits Grundstücke im Vermögen hatten, ohne vorherige Zustimmung der Bank nicht zu verfügen und diese auch nicht zu belasten (sog „Negativerklärung). Ferner trat sie SOP ihre „abtretbaren Vermögensrechte“ aus diesen Beteiligungen ab. Die T3 Grundstücks GmbH & Co. KG trat SOP eine an einem Nürnberger Grundstück eingetragene Briefgrundschuld ab. Schließlich erteilte die Zeugin T3 den Zeugen Q11 und H2 Vollmachten dazu, die erforderlichen Rechtshandlungen zur Bestellung von Grundpfandrechten an mehreren Grundstücken in der Schweiz und in Spanien vorzunehmen. Die Eintragungen entsprechender „Maximal-Grundpfandverschreibungen“ in der Schweiz erfolgten gut ein halbes Jahr später im April 2009. Aus der Verwertung dieser Grundstücke wurde im Dezember 2009 ein Erlös von 30,1 Millionen € erzielt und an SOP überwiesen.
(25) Die Vereinbarungen der Zeugin T3 mit der Y14
1037Aber auch in Bezug auf die Y14 gab die Zeugin T3 im Flugzeug Erklärungen ab.
1038So genehmigte die Zeugin T3 die von den Zeugen Q11 und H2 als ihre vollmachtlosen Vertreter am Vortag abgegebene Erklärung, mit der sie anerkannte, der Y14 einem Betrag von 380 Millionen zzgl. 10 % Zinsen pro Jahr ab dem heutigen Tag zu schulden und sich wegen dieser Schuld der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Die Unterschrift leistete die Zeugin T3 im Beisein des Zeugen Dr. C5, der ihre Unterschrift beglaubigte.
1039Ferner traf die Zeugin T3 mit der Y14 – diese vertreten durch den Angeklagten E – im Flugzeug eine Vereinbarung, die der „Negativerklärung“ der Zeugin gegenüber SOP inhaltlich voll entsprach. Die Verpflichtungen und Abtretungen sollten „zur Absicherung sämtlicher gegenwärtiger und künftiger Ansprüche von Y14 … aus der Geschäftsverbindung, insbesondere aus dem Darlehensvertrag vom 25.04.2005 in der Fassung der dazu geschlossenen Nachträge“ dienen.
1040Allerdings sollten die im gleichen Umfang wie gegenüber der SOP auch an die Y14 erfolgenden Abtretungen im Nachrang gegenüber den Rechten der SOP stehen. Dazu enthielt die Vereinbarung die Regelung, wonach der Y14 bekannt sei, „dass diese Ansprüche vorrangig bereits an das Bankhaus O jr. & Cie. KGaA abgetreten wurden.“
1041Schließlich vereinbarten die Zeugin T3 und der Angeklagte E als Vertreter der Y14 den „5. Nachtrag zum Darlehensvertrag vom 25.04.2005“. Darin wurde der Y14 ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt, sofern die Zeugin T3 „gegen eine Verpflichtung aus der sog. Negativerklärung (Vereinbarung vom 17.10.2008) verstößt“.
(26) Die Besprechung mit der CSSF am 16. Oktober 2008
1042Am 16. Oktober 2008 fand in Luxemburg ein Gespräch zwischen der SCA und der CSSF statt. Für die SCA verhandelten der Angeklagte J und der Zeuge Q3, für die CSSF die ZeugenZ6, G3 und T15.
1043Dabei erläuterte der Angeklagte J zunächst, SOP habe insgesamt knapp 29 % der Aktien der X1 AG erworben. Hierfür habe die Bank rund 155 Millionen € investiert. Ferner unterstütze SOP das Unternehmen mit einem Kredit von 50 Millionen €. Dieser solle „teils durch eine Festgeldeinlage von 30 Millionen €“ sowie teils „durch eine Bareinlage von 20 Millionen €“ besichert werden. Letzteres sei „wahrscheinlich, aber noch nicht definitiv“.
1044SOP habe wegen des drohenden unterwertigen Verkaufs der H4-Anteile sofort handeln müssen. SOP habe die Entscheidung „bewusst“ mit dem „Erwarten, aber nicht der Sicherheit“ getroffen, dass „es gut“ gehe. SOP habe dabei auch an seine eigene Reputation gedacht. Etliche Familienunternehmen würden auf das Engagement der SOP vertrauen. Aus Sicht der Bank sei die Aktie deutlich mehr wert als ihr aktueller Kurs. Die Investition könne sich „rentieren“. Immerhin habe die Bank die Aktien zu einem sehr niedrigen Kurs erworben, der – so die Berechnung des Angeklagten J – durchschnittlich 2,13 € betragen habe. Noch ein Jahr zuvor habe der Kurs – so der Angeklagte J – bei gut 21,00 € gelegen. Was die zukünftige Ausrichtung der X1 AG betreffe, müsse diese – so der Angeklagte J – „streng geführt“ werden. Dazu werde er, der Angeklagte J, im Oktober in den Aufsichtsrat der X1 AG eintreten. Dann werde auch über die Zukunft des Zeugen Dr. N9 als Vorstandsvorsitzender der X1 AG entschieden werden. Er, der Angeklagte J, beabsichtige, das Unternehmen durch umfassende Restrukturierungsmaßnahmen wieder auf die Beine zu bringen.
1045Die Y14 und der an diese vom Bankhaus ausgereichte Kredit über knapp 380 Millionen € wurde auch in dieser Besprechung vom Angeklagten J nicht erwähnt.
1046Die Erläuterungen des Angeklagten J hielten die Mitarbeiter der CSSF für „nicht unbedingt stichhaltig“. So habe der Angeklagte J – wie der Zeuge G3 es in internen Unterlagen der CSSF vermerkte – überhaupt „keine Absicherung“ für seine Einschätzung, dass sich die Investition bei X1 „rentieren“ werde. Im Gegenteil: Es handele sich – so der Vermerk des Zeugen G3 – um ein „hoch spekulatives Investment“.
1047Die am 1. Oktober 2008 von der SCA beantragte Genehmigung der Beteiligungsnahme erteilte die CSSF nicht. Die Beteiligung sei „sehr riskant“. Das „Konzept der Warenhäuser funktioniere nicht“ mehr.
(27) Die Erörterungen in den Gremien der Bank
1048Die Mitglieder des Aktionärsausschusses N3, N4, Dr. Z7 und Oe erfuhren von der Beteiligungsnahme an X1 aus der Presse. Die Zeugin N3 war empört, hiervon aus der Zeitung zu erfahren. Sie rief den Zeugen Dr. Z7 an. Dieser hatte ebenfalls in der Zeitung über die Beteiligung gelesen und war sehr skeptisch. Diese Skepsis teilten auch die Zeugen N4 und Oe. Die Zeugin N3 wurde nach ihrem Telefonat mit dem Zeugen Dr. Z7 von ihrer Schwester, der Gesellschafterin M16, angerufen. Auch diese war verärgert und sagte, sie wolle „keine Beteiligung an einem Kaufhaus, und an X1 schon überhaupt nicht!“ Die Zeugin N3 rief daraufhin den Zeugen Ob an und beschwerte sich. Der Zeuge Ob versuchte, die Zeugin N3 zu beruhigen und erklärte, das Thema würde sicher in der nächsten Sitzung des Aktionärsausschusses in drei Wochen besprochen.
1049Am 17. Oktober 2008 trat erstmals nach dem „X1-Engagement“ der Aktionärsausschuss zusammen. Der Angeklagte J wies dabei auf das „risikoreiche“ Geschäft hin. Bis zur Intervention der SOP habe ein Verkauf der H4-Anteile unter dem Marktwert gedroht. Deswegen habe SOP die Kapitalerhöhung bei der X1 AG gezeichnet und weitere 19,5 % Anteile an der X1 AG von der Zeugin T3 erworben. Das Bankhaus habe der X1 AG zudem zwei Kredittranchen über 20 und 30 Millionen € zusagt. Das operative Geschäft der X1 AG müsse – so der Angeklagte J – auf eine „solide Basis“ gestellt und die Gesellschaft saniert werden. Der Angeklagte J werde daher den Vorsitz im Aufsichtsrat der X1 AG übernehmen. Die Beteiligung an der X1 AG solle für etwa drei bis fünf Jahre gehalten werden. Auf kritische Nachfrage des Zeugen Dr. Z7 wurde das T3-Engagement der Bank mit 120 Millionen € angegeben. Die Kreditbeziehungen zur Y14 wurden nicht benannt.
1050Ein Beschluss des Aktionärsausschusses zu den Maßnahmen wurde nicht gefasst, sondern die Äußerungen von den Mitgliedern lediglich zur Kenntnis genommen.
1051Diese Aussagen wiederholte der Angeklagte J auch in der sich anschließenden Sitzung des Aufsichtsrats der SCA.
1052Bereits am 16. Oktober 2008 war das X1-Engagement Gegenstand der Sitzung des Aufsichtsrats der KGaA. Der Angeklagte K erläuterte dabei, der Wert der X1 AG werde durch den aktuellen Börsenkurs nicht widergespiegelt. Bei der Beteiligungsnahme habe es sich um eine „bewusste unternehmerische Entscheidung“ gehandelt, die in der weiteren Entwicklung der Gesellschaft größere Chancen als Risiken sehe.
(28) Die Schreiben des Bankhauses an die Deutsche Bundesbank
1053Mit Schreiben vom 15. Oktober 2008 gaben die Zeuginnen F5 und Y5 eine erste Antwort auf die Anfrage der Deutschen Bundesbank vom 29. September 2008 nach Krediten an die „T3 Gruppe“ und an „andere in Verbindung mit dem X1-Konzern stehende Kreditnehmer“. Darin fassten sie unter der „T3-Gruppe“ die Zeugin T3 und die I6 AG zusammen. Die Y14 blieb in diesem Schreiben unerwähnt. Die noch bestehende Kreditforderung gegenüber der Zeugin T3 gaben die Zeuginnen mit 222,246 Millionen €, diejenige gegenüber der I6 AG mit 16,173 Millionen € an. Betreffend die an die Zeugin T3 ausgereichten Kredite entfielen 60,8 Millionen € auf Immobilienfinanzierungen, die mit 34,4 Millionen € grundpfandrechtlich besichert seien. Wegen der weitergehenden Kreditforderungen gegenüber der Zeugin T3 und der I6 AG stünden SOP Pfandrechte an Aktien der X1 AG zur Verfügung. Der Kredit an die I6 AG werde vollständig zurückgeführt, sobald die kartellbehördliche Genehmigung „im Rahmen der Veräußerungen weiterer Aktien der X1 AG vorliege“. Zudem führten die Zeuginnen gegenüber der Deutschen Bundesbank aus:
1054„Bei der Ausreichung der Kredite haben wir uns zunächst auf die Verpfändung von Aktien der X1 AG gestützt, haben jedoch auch die umfangreichen übrigen Vermögensgegenstände von Frau T3 gewürdigt. Hierzu liegt uns eine Vermögensaufstellung per 31.12.2007 vor, die nach angabegemäß vorsichtiger Bewertung ein außerhalb X1 liegendes Vermögen in Höhe von rd. EUR 445 Mio. ausweist.“
1055Ferner führten die Zeuginnen zur Verstärkung der bereits bestehenden Sicherheiten aus:
1056„Vor dem Hintergrund der aufgetretenen Liquiditätsproblematik der X1 AG haben wir mit unserer Kreditnehmerin Gespräche aufgenommen, um unser Kreditengagement durch Stellung anderweitiger Sicherheiten von der weiteren Entwicklung der X1 AG abzukoppeln. Frau T3 hat in diesem Zusammenhang das immer bestehende Grundverständnis, dass sie die volle persönliche Haftung für das bei uns bestehende Engagement trägt, unterstrichen und zunächst eine globale Erklärung, dass sie uns Sicherheiten auf dem übrigen Vermögen bereitstellt, abgegeben.“
1057Mit Blick auf den „hohen Diversifizierungsgrad“ des Vermögens dauere die konkrete Bestellung von Grundpfandrechten noch einige Zeit an. Es werde zunächst eine Globalgrundschuld auf mehreren Objekten eingetragen.
1058Mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 ergänzten die Zeuginnen F5 und Y5 die Antwort auf die Anfrage der Deutschen Bundesbank vom 29. September 2008. Darin stellten sie die an die I6 AG ausgereichten Kredite als zurückgeführt dar. Die Kreditlinien der Zeugin T3 bezifferten die Zeuginnen einschließlich der Finanzierung der O-E-Fonds Köln-Messe und Rheinhallen in dem Schreiben mit 221,327 Millionen €, von denen 212,350 Millionen € in Anspruch genommen worden seien. Die X1 AG verfüge über eine Kreditlinie von 50 Millionen €, die noch nicht in Anspruch genommen sei. Ferner fügten die Zeuginnen aus, die dafür „vorgesehenen Sicherheiten“ seien „bislang noch nicht umgesetzt“. Der vorgesehene Sicherheitengeber gehöre „nicht zum X1-Konzern.“ Darüber hinaus stellten die Zeuginnen die Kredite des Zeugen Dr. N9 und seiner Ehefrau dar.
1059Der an die Y14 ausgereichte Kredit des Bankhauses über rund 380 Millionen blieb im Schreiben vom 29. Oktober 2008 unerwähnt.
(29) Die Roland-Berger-Präsentation zum Projekt „V8“
1060Zum 30. Oktober 2008 legte die Unternehmensberatung Z35 der X1 AG einen Arbeitsentwurf zum sog. Projekt „V8“ vor. Dieses befasste sich vor allem mit dem „Heben“ von Unternehmenswerten durch Delistingmaßnahmen. Dieser Entwurf maß der H4 ein „zusätzliches Wertpotential“ von 10,2 Milliarden € sowie der X1 AG selbst ein solches von bis zu 3,1 Milliarden € zu.
(30) Das Drängen der X1 AG auf Auszahlung des Kredits über 20 Millionen €
1061Trotz der bereits Ende September 2008 durch den Angeklagten J erteilten Zusage und der Zustimmung der Angeklagten K, O und P war bis Ende Oktober 2008 weder ein Kreditvertrag mit der X1 AG geschlossen noch eine Kreditsumme ausgezahlt worden. Die Mitarbeiter der X1 AG drängten aber auf Auszahlung. Am 28. Oktober 2008 rief der Zeuge M5 bei der Zeugin Y5 an und teilte mit, bis Ende des Monats werde der Kredit dringend benötigt. Hinsichtlich der nach dem Kreditprotokoll nicht vorgesehenen, aber zwischen SOP und der X1 AG erörterten Sicherheit teilte der Zeuge M5 der Zeugin Y5 am Telefon mit, die „Garantie“ sei in den letzten Zügen, zögere sich aber etwas hinaus. Der Zeugin Y5 lagen zu dieser Zeit jedoch die Unterschriften der Zeugen Ob und N4 nicht vor. Sie wollte daher weder einen Kreditvertrag abschließen noch die Kreditsumme auszahlen. Der Zeuge M5 erwiderte, mit dem Angeklagten J sei bereits besprochen, den Kredit noch vor Stellung von Sicherheiten auszuzahlen. Das war der Zeugin Y5 nicht bekannt. Sie fragte deshalb beim Zeugen G2 nach, wie sie sich verhalten und ob sie den Angeklagten J hierauf ansprechen solle. Der Zeuge G2 antworte ihr darauf, er werde sich darum kümmern.
1062Noch vor einer Rückmeldung des Zeugen G2 rief am 29. Oktober 2008 der Mitarbeiter der Finanzabteilung der X1 AG D6 beim Zeugen C9 an und bat erneut dringend darum, den Kredit von 20 Millionen € auszuzahlen. Der Zeuge C9 verwies darauf, dass der Zeuge G2 noch „Abstimmungsbedarf“ mit dem Zeugen M5 habe. SOP werde sich kurzfristig zurückmelden. Anschließend wandte sich der Zeuge C9 per Mail an die Zeugin Y5 und berichtete von dem erneuten Wunsch der X1 AG nach Auszahlung, wobei er (C9) auf noch offenen Abstimmungsbedarf verwiesen habe. Die Zeugin Y5 wandte sich darauf ihrerseits an den Zeugen G2 und bat ihn um schnelle Rückmeldung.
1063Am Abend dieses Tages meldete sich der Zeuge G2 per E-Mail bei der Zeugin Y5 und teilte als Ergebnis seiner Rücksprache mit dem Angeklagten J mit:
1064 1065Daraufhin leitete die Zeugin Y5 den Mailverkehr an den Zeugen C9 mit der Bitte weiter, den Vertrag vorzubereiten.
1066Bereits am nächsten Morgen, den 30. Oktober 2008, rief der X1-Mitarbeiter D6 erneut bei SOP, diesmal den Zeugen C9, an. Er forderte erneut die Auszahlung des Kreditbetrags von 20 Millionen € und erklärte, er habe die Information, dass die „Freigabe“ im Bankhaus schon am gestrigen Abend erfolgt sei. Der Zeuge C9 antwortete hierauf, eine Kreditzusage werde im Laufe des Tages erfolgen, der Betrag nach Gegenzeichnung angewiesen.
1067Mit dieser Information wandte sich der Zeuge C9 an die Zeugin Y5. Er teilte ihr mit, seine „Terminvorstellung“ sei „morgen oder Montag“, der 3. November 2008.
1068Gegen 22:30 Uhr desselben Tages leitete Zeuge T11 dem Angeklagten J eine E-Mail des Zeugen M5 weiter, der er das „Amendment“ der Q41 vom 10. September 2008 beifügte. Dieses hatte der E-Mail des Zeugen M5 vom selben Tag angehangen. Der Zeuge T11 fasste in seiner E-Mail die Eckpunkte des „Amendment“ zusammen. Er führte aus, in der Präsentation werde der Sensitivitätsfall auf Basis der Restrukturierungsmaßnahmen für die verschiedenen Geschäftsbereiche (K- und Q-) und der von Q41 dazu prognostizierten Umsetzungswahrscheinlichkeiten abgeleitet. Danach würde sich für X1 ein zusätzlicher „Cash-Bedarf“ bis 2010/11 von kumuliert knapp 470 Millionen € ergeben. Die Schuldendienstfähigkeit würde erst ab 2010/11 gegeben sein. Die Analyse der Veräußerungsmöglichkeiten von X1-Tochtergesellschaften und Vermögensgegenstände ergebe ein Liquiditätspotential von circa 230 Millionen € im Geschäftsjahr 2008/09 und von etwa 120 Millionen € im Geschäftsjahr 2009/10.
(31) Der Kreditvertrag zwischen SOP und der X1 AG am 3. November 2008
1069Tatsächlich schloss SOP darauf am Montag, den 3. November 2008, mit der X1 AG einen Kreditvertrag über 20 Millionen €. Diesen unterzeichneten für SOP die Zeuginnen F5 und Y5. Die H5 GmbH sowie die K- Warenhaus GmbH übernahmen für die Kreditforderung neben der X1 AG die gesamtschuldnerische Mithaftung. Der mit dem Verwendungszweck „allgemeine Betriebsmittelfinanzierung“ gewährte Kredit hatte eine Laufzeit bis zum 31. März 2009. Die Kreditgewährung erfolgte ausdrücklich „ohne Stellung besonderer Sicherheiten“. Der Zinssatz sollte jeweils zwei Bankarbeitstage vor der Inanspruchsnahme bzw. dem Ende einer Zinsperiode auf Basis des Ein-, Zwei- oder Drei-Monats-EURIBOR zuzüglich der Marge von 6 % pro Jahr festgesetzt werden. Der Kreditbetrag war am Ende der Laufzeit in einer Summe zur Rückzahlung fällig.
1070Der Kreditbetrag wurde noch am 3. November 2008 in voller Höhe an die X1 AG ausgezahlt. Die Forderungen des Bankhauses gegen die X1 AG und die mithaftenden Gesellschaften aus diesem Kreditvertrag waren zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Auszahlung der Kreditvaluta von 20 Millionen € wirtschaftlich völlig wertlos.
(32) Der Vorsatz der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter betreffend den Kreditvertrag
1071Zum Zeitpunkt ihrer jeweiligen auf den Abschluss des Kreditvertrags mit der X1 AG über 20 Millionen € gerichteten Handlungen zwischen dem 29. September 2008 und dem 3. November 2008 war allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter bewusst, dass ihre Entscheidung hierüber – wie diejenige über die gezeichnete Kapitalerhöhung (siehe oben (10)) – auf einer evident unzureichenden Informationsgrundlage beruhte. Sie erkannten, dass auch bis zum letztlichen Abschluss des Kreditvertrags gegenüber dem Stand des Wochenendes vom 27./28. September 2008 keine zusätzlichen Informationen über den Zustand der X1 AG vorlagen, auf deren Grundlage die Kreditentscheidung sorgfaltsgemäß hätte getroffen werden können. Im Gegenteil wussten sie, dass nunmehr sogar ein Votum einer Fachabteilung vorlag, welches gerade auf die unzureichende Informationsgrundlage hinwies und den Kredit als „aus Risikosicht unvertretbar“ bezeichnete. Die Angeklagten J und P erkannten, dass die Entscheidung der Angeklagten K und O auch hinsichtlich des Kreditvertrags mit Blick auf deren Y14-Bürgschaften von unmittelbar wirtschaftlich eigennützigen Motiven mitbeeinflusst war.
1072Mit Blick auf die von ihnen erkannten, bereits im Rahmen der Vorsatzfeststellungen betreffend die Kapitalerhöhung ausgeführten (siehe oben (10)) Umstände zur Lage bei der X1 AG rechneten die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter mit der ernsthaften Möglichkeit, dass die X1 AG bzw. deren mithaftende Töchter zu einer Rückzahlung des Kreditbetrags nicht in der Lage sein würde und die Kreditforderung daher wirtschaftlich wertlos war. Einen endgültigen Ausfall der Kreditforderung nahmen sie in Kauf und fanden sich damit ab. Keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter vertraute darauf, dass die Kreditforderung durch eine von der X1 AG lediglich in Aussicht gestellte Sicherheit eines Dritten (V10) besichert werden würde. Vielmehr nahmen sie es jedenfalls billigend in Kauf, dass der Kreditvertrag – entsprechend dem von ihnen abgezeichneten Kreditprotokoll und wie später tatsächlich geschehen – auch ohne die Gewährung einer derartigen Sicherheit zustande kommen würde. Mit dem Eintritt eines durch die Kreditausreichung entstehenden – ihnen an sich unerwünschten – Vermögensnachteils für das Bankhaus fanden sich alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter ab.
1073Allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern war zudem bewusst, dass die Gremien von SOP bzw. deren Mitglieder, insbesondere der Aktionärsausschuss, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung, sowie die Poolversammlung der Kreditausreichung an die X1 AG im Vorfeld des Abschlusses des Kreditvertrags nicht zugestimmt hatten. Sie nahmen jedenfalls billigend in Kauf, dass nicht einmal der Aktionärsausschussvorsitzende vor dem Abschluss des Kreditvertrags sein Einverständnis hierzu erteilt hatte. Keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter hatte insoweit die Fehlvorstellung, dass ein Einverständnis des Aktionärsausschussvorsitzenden die Pflichtwidrigkeit ihres Handelns entfallen lassen würde.
IV. Das Nachtatgeschehen
(1) Der Führungswechsel bei der X1 AG
1074Bereits Ende Oktober 2008 teilte der Zeuge Dr. N9 dem Angeklagten J mit, er habe den Eindruck, er (Dr. N9) sei nach den Finanzierungsverhandlungen bei einigen Banken „verbrannt“. Er schlug daher vor, aus der X1 AG auszuscheiden. Als möglichen Nachfolger präsentierte er dem Angeklagten J den bereits für X1 tätigen 5C. Der Angeklagte J lehnte das Ausscheiden Dr. N9s jedoch zunächst ab.
1075Nachdem der Angeklagte J unter dem 13. November 2008 Vorsitzender des Aufsichtsrates der X1 AG geworden war, teilte er dem Zeugen Dr. N9 Mitte November 2008 mit, er halte es doch für besser, wenn er (Dr. N9) die X1 AG verlasse. Sein Nachfolger als Vorstandsvorsitzender solle aber nicht der vom Zeugen Dr. N9 vorgeschlagene 5C, sondern ein „Externer“ werden. Tatsächlich schied der Zeuge Dr. N9 mit Wirkung zum 28. Februar 2009 aus dem Unternehmen aus. Zum 1. März 2009 übernahm der Zeuge Dr. G1 das Amt des Vorstandsvorsitzenden bei der X1 AG. Er war vom Angeklagten J dafür ausgewählt und im Oktober/November 2008 darauf angesprochen worden, den Vorstandsvorsitz bei X1 zu übernehmen.
(2) Korrespondenz und Gespräche der CSSF mit dem Bankhaus bis Januar 2009
1076Am 13. und 20. November 2008 prüfte die CSSF – was im Zuge der Feststellungen zum Komplex „B-Straße“ näher dargestellt werden wird (siehe unten E., XXVIII.) – Großkredite bei der SCA. Dabei geriet der Y14-Kredit angesichts seiner Höhe von 380 Millionen € und der Tatsache, dass der Aufsicht die Y14 als Gesellschaft unbekannt war, in den Fokus der CSSF.
1077Noch vor Ort wurden die Zeugen G2 und N8 zur Auskunft über das Kreditengagement der Bank mit der Y14 aufgefordert. Die Zeugen G2 und N8 erklärten darauf, bei der Y14 handele es sich um einen Finanzdienstleister. Gesellschafterin der Y14 sei die H9 AG. Über deren Gesellschafterstruktur gaben die Zeugen G2 und N8 keine Auskunft. Diese war ihnen auch nicht bekannt. Als Zweck der Y14 gaben die Zeugen G2 und N8 die Vornahme von Immobilientransaktionen sowie die Vermittlung von Bankkrediten an. Die Forderungen der Y14 gegenüber Dritten würden bei SOP refinanziert. Das Risiko der SOP sei dabei komplett auf Sicherheiten abgestellt. Bei diesen Sicherheiten handele es sich um Bürgschaften aus dem Umfeld (wörtlich: „Dunstkreis“) der Familie O und der GEWG. Trotz Nachfrage gaben die Zeugen G2 und N8 keine Auskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bürgen.
1078Die Zeugen G2 und N8 wiesen bei den Befragungen durch die CSSF nicht darauf hin, dass der vom Bankhaus an die Y14 ausgereichte Kredit über 380 Millionen € im Zusammenhang mit der Zeugin T3 stand, geschweige denn, dass der Kreditbetrag von der Y14 unmittelbar an die Zeugin T3 weitergereicht wurde.
1079Betreffend die Beteiligungsnahmen bei X1 hielt die CSSF mit Schreiben vom 20. November 2008 gegenüber der SCA fest, dass das Bankhaus „diese Beteiligungsnahme ohne die vorherige Genehmigung durch die CSSF geschlossen“ habe und letztere „somit gewissermaßen vor vollendete Tatsachen gestellt“ worden sei. Weiter hieß es in dem Schreiben:
1080„Unabhängig davon sehen wir insbesondere die Zukunft des vom X1-Konzern betriebenen herkömmlichen Warenhaus-Konzepts als sehr kritisch und kommen daher zur Einschätzung, dass die Beteiligungsnahme an der X1 AG für Ihre Bank mit erheblichen Risiken verbunden ist. So ermessen wir das Verlustrisiko, des von Ihrer Bank im Zusammenhang mit dieser Transaktion eingesetzten Kapitals, – nicht zuletzt im Hinblick auf die hohe Verschuldung des X1-Konzerns –, als beträchtlich.
1081Des Weiteren gehen wir von der Einschätzung aus, dass das nach schwierigen Verhandlungen mit einem Bankenkonsortium zu Stande gekommene Refinanzierungskonzept für den X1-Konzern nur unter der Bedingung ermöglicht wurde, dass letzterer Aktien der Touristiktochter H4 an die entsprechenden Banken verpfändet hat. Sollte dies zutreffen, ist es für uns schwer ersichtlich mit welchen Mitteln die O gegebenenfalls die Realisierung dieses Pfandrechts durch das Bankenkonsortium, und damit die Veräußerung der einzigen gewinnbringenden Sparte innerhalb des X1-Konzerns, verhindern will.
1082…
1083Bezüglich der Kreditvergabe an Frau T3, geht aus Ihrem Schreiben vom 23. September 2008 an die CSSF hervor, dass Ihre Bank sich um die Stellung weiterer Sicherheiten bemüht. Da außerdem X1-Aktien aus dem Besitz der oben erwähnten Kreditnehmerin veräußert wurden, möchten wir Sie bitten uns eine aktuelle Auflistung sowohl der Kredite wie der detaillierten Sicherheiten betreffend das Engagement ‚T3-Gruppe‘ zukommen zu lassen.
1084Abschließend möchten wir Sie ebenfalls bitten uns mitzuteilen ob gegebenenfalls andere durch Ihre Bank vergebene Kredite maßgeblich durch X1-Aktien gesichert sind.“
1085Am 26. November 2008 riefen die Zeugen G2 und Q3 den CSSF-Mitarbeiter G3 an. Sie wollten klarstellen, dass die Angabe im Schreiben der CSSF vom 20. November 2008 nicht zutreffe, wonach die CSSF in Bezug auf die Beteiligungsnahme bei X1 „vor vollendete Tatsachen“ gestellt worden sei. Der Zeuge Q3 habe doch noch am Sonntag, den 28. September 2008, ihn, den Zeugen G3 angerufen und ihm mitgeteilt, SOP werde sich an X1 AG beteiligen, sei aber angesichts der Eile nicht mehr in der Lage, die vorherige Zustimmung der CSSF förmlich zu beantragen.
1086Der Zeuge G3 erwiderte darauf, diese Tatsache sei zutreffend und von ihm auch niemals in Abrede gestellt worden. Es sei aber doch offensichtlich, dass die gegebene telefonische Information des Zeugen Q3, die sich auf eine Beteiligung von immerhin 150 Millionen € bezogen habe, nicht mit einem Antrag auf vorherige Zustimmung gleichgesetzt werde könne. Unabhängig davon habe die CSSF die Genehmigung der Beteiligungsname nicht etwa deshalb verweigert, weil SOP diese nicht rechtzeitig vor Eingehung der Beteiligung beantragt habe. Der Grund für die Ablehnung bestehe vielmehr ausschließlich darin, dass die CSSF in der Sache eine völlig andere Einschätzung zum Investment habe als SOP. Die CSSF sei „in keiner Weise davon überzeugt, dass die Bank dieses Investment zu einem guten Ende führen könnte.“
1087Mit Schreiben vom 8. Dezember 2008 nahm der Angeklagte J für die SCA gegenüber der CSSF zu deren Schreiben vom 20. November 2008 Stellung. Die kritische Einschätzung der CSSF zum X1-Konzern, insbesondere zum Warenhausbereich, teile er zwar. Allerdings bestehe aus Sicht der Bank „eine erhebliche Chance, durch das Einleiten beherzter Maßnahmen aus den beiden anderen Bereichen H4 und H5 ein tragfähiges und lukratives Geschäftsmodell weiterzuentwickeln.“ Weiter hieß es: „Durch die ebenfalls in Verhandlung befindlichen Fusionsüberlegungen hinsichtlich von Warenhausgruppen in Deutschland und gegebenenfalls in Europa, gehen wir davon aus, dass dieser Bereich sich auf bescheidenem Niveau stabilisieren lässt.“
1088Obwohl im Kreditvertrag zwischen den Konsorten und der X1 AG ein unwiderrufliches Verkaufsmandat für die H4-Anteile zur aufschiebenden Bedingung gemacht und entsprechend auch erteilt worden war, führte der Angeklagte J weiter aus:
1089„Ihre Annahme, dass das Bankenkonsortium sich die Aktien der Touristiktochter H4 hat verpfänden lassen, können wir bestätigen, jedoch mit der aufschiebenden Bedingung, dass der Aufsichtsrat zustimmt. Dies ist nicht erfolgt und wird, soweit wir das einschätzen können, auch bis auf weiteres nicht erfolgen. Die bestehende Beteiligung an H4 ist Bestandteil einer längerfristigen Strategie, die Synergien zwischen H4 und H5 ergeben wird.“
1090Darüber hinaus bestätigte der Angeklagte J, „dass das Kreditengagement I6 AG inzwischen seine Erledigung gefunden“ habe.
1091Dem Schreiben fügte der Angeklagte J eine „detaillierte Aufstellung“ zu dem Engagement der Zeugin T3 bei. Dabei wies er darauf hin, die Bank befinde sich „hinsichtlich der zu erstellenden Wertermittlung für die einzelnen mit dem Grundpfandrecht belegten Sicherheiten derzeit noch in der finalen Erstellung.“ Weiter hieß es: „Wir können aufgrund der bisher vorgenommenen Einsichtnahmen und Objektinaugenscheinnahmen davon ausgehen, dass der bankmäßig anzustellende Sicherheitenwert derzeit das bestehende Kreditengagement deutlich übersteigt.“
1092Schließlich führte der Angeklagte J aus:
1093„Das Bankhaus hat keine weiteren Kredite vergeben die maßgeblich durch X1 Aktien besichert wurden. Gleichwohl wurde einer Objektgesellschaft, die ihrerseits Frau T3 mit Finanzmitteln zur Verfügung steht, Kredit gewährt (Y14). Dieser Kredit ist gegenüber der Bank jedoch nicht durch Y14 Aktien“ (Anmerkung: gemeint waren ersichtlich Aktien der X1 AG) „gesichert, sondern stützt sich auf andere bankübliche Sicherheiten.“
1094In einem – hinsichtlich des exakten Datums nicht näher feststellbaren – Telefonat teilten die Zeugen G2 und Q3 der CSSF mit, das Bankhaus habe die Y14 „als Vehikel“ benutzt, um „indirekt“ Kredite an die „T3-Gruppe“ zu vergeben. Auf die Nachfrage, warum diese Tatsache erst jetzt mitgeteilt werde, erklärte der Zeuge G2, diese Information habe „einen sehr vertraulichen Charakter“. Außerdem habe er, der Zeuge G2, es dem Angeklagten J überlassen wollen, der CSSF diese vertrauliche Tatsache bekannt zu geben. Bis zu den Nachfragen während der Großkreditprüfung sei er, der Zeuge G2, davon ausgegangen, dass der Zeuge J diese Tatsache bereits eröffnet habe.
1095Am 12. Dezember 2008 rief der Zeuge T15 von der CSSF den Zeugen N8 bei der SCA an. Darin wies der Zeuge T15 den Zeugen N8 darauf hin, dass nach Ansicht der CSSF der Y14-Kredit und die Kredite an die „T3-Gruppe“ zusammengefasst werden müssten. Entweder bringe die SCA „diese Situation in Ordnung“ oder sie liefere überzeugende Argumente für ihre bisherige Praxis, die Y14 und die „T3-Gruppe“ nicht als Kreditnehmer zusammenzuführen.
1096Mit ihrem Schreiben vom 29. Januar 2009 forderte die CSSF die Klärung aus ihrer Sicht offener Tatsachen ein. Dazu gehörte unter anderem Aufklärung darüber, wer die Teilhaber der Y14 seien und wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bürgen aus dem „Dunstkreis“ der Familie O und der GEWG darstellten.
(3) Das Prüfungstestat der BDO vom 5. Dezember 2008
1097Unter dem 5. Dezember 2008 erteilte die BDO Deutsche Warentreuhand AG als Abschlussprüfer der X1 AG den Bestätigungsvermerk zum Jahresabschluss für das zum 30. September 2008 endende Geschäftsjahr 2007/2008. Darin hieß es:
1098„Unsere Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt. (... ) Ohne diese Beurteilung einzuschränken, weisen wir auf die Ausführungen im Konzernlagebericht hin. Dort ist im Abschnitt ‚Risikobericht’ ausgeführt, dass der Fortbestand des X1-Konzerns insbesondere von der Aufrechterhaltung und Verlängerung der im Geschäftsjahr 2008/2009 auslaufenden Kreditlinien und Kredite abhängt.“
1099Bevor sie den Vermerk erteilt hatten, hatten die Prüfer der BDO Kontakt zur Q41 aufgenommen. Diese war gerade dabei, ihren – letztlich am 16. Dezember 2008 vorgestellten – „Independent Business Review“ zu erstellen. Die BDO bat dabei die Q41, eine verbindliche Aussage abzugeben, dass sie „keine Änderungen“ an ihren bisherigen „Aussagen“ machen werde. Eine verbindliche Zusage wollte der Zeuge Dr. B3 jedoch nicht erteilen. Er teilte aber mit, dass sein Haus „keinen Anlass sehe, unsere Aussagen zu ändern.“
(4) Die Vorstellung des „Independent Business Review“ am 16. Dezember 2008
1100Entsprechend dem dazu am 22. September 2008 erteilten Auftrag stellte die Q41 am 16. Dezember 2008 ihren „Independent Business Review“ vor. Darin wurden in Anlehnung an den Standard IDW ES 6 nähere Ausführungen zur Fortführung des Unternehmens gemacht. Ihre Prüfung stellte der Zeuge Dr. B3 für die Q41 mit dem Ergebnis vor, dass eine Restrukturierung nach dem Konzept der X1 AG grundsätzlich möglich sei. Notwendig sei jedoch die zusätzliche Deckung des neu entstehenden Liquiditätsbedarfs. Ohne Verlängerung der im Juni 2009 auslaufenden Kredite drohe der X1 AG ein Liquiditätsdefizit von 600 Millionen €.
(5) Die Z35-Präsentation zum Projekt „V9“ am 20. Januar 2009
1101Am 20. Januar 2009 stellte die Unternehmensberatung Z35 der X1 AG weitere Planungen für die Umsetzung des Strategiekonzepts „V9“ vor. Darin maß Z35 der gesamten X1-Gruppe ein Wertpotential von 6,4 Milliarden € zu.
(6) Die Nichtrückzahlung der 80-Millionen-€-Tranche bis Ende Februar 2009
1102Die ihr von der V18 und der V22 Bank Ende September 2008 bis zum 28. Februar 2009 eingeräumte saisonale Kredittranche über 80 Millionen € konnte die X1 AG nur in Höhe von 20 Millionen € zurückzahlen. Gründe hierfür waren zeitlich und betragsmäßig verschobene Disposals, operative Abweichungen bei Q- und im Spezialversand sowie gegenüber dem Plan deutlich vorgezogene Personalausgaben im Bereich Warenhaus. Die V18 und die V22 Bank verlängerten den Rückzahlungstermin für den Restbetrag dieser Tranche von 60 Millionen € bis zum 31. Mai 2009. Sie akzeptierten die Verlängerung „nolens volens“, auch um dem neuen Vorstand eine Chance zu geben. Mit Blick auf die ihnen eingeräumten Sicherheiten erwarteten sie keine Verschlechterung der bestehenden Ausgangslage.
(7) Die Ausgliederung der X1-Aktien in eine „Familienholding“
1103Am 19. Februar 2009 gab SOP eine Presseerklärung heraus. Darin teilte SOP mit, ihre Eigentümer hätten beschlossen, ihre Industriebeteiligungen an der 5E sowie vor allem an der X1 AG in eine neue und eigenständige, von der Bank unabhängige Holding auszugliedern. Die Finanzierung werde vollständig von den Familienaktionären übernommen. Die Eigentümerstruktur der Holding entspreche derjenigen des Aktionärspools der SCA.
1104Zur Stärkung des Bankhauses hatten die Aktionäre bereits in einer außerordentlichen Versammlung des Aktionärspools am 13. Dezember 2008 eine Erhöhung des Kapitals der KGaA um 200 Millionen € beschlossen. Die Mittel hierzu sollten aus dem Konsortium bzw. durch eine Fremdfinanzierung aufgebracht werden. Die Hintergründe und Einzelheiten dieser Vorgänge werden im Komplex B-Straße dargestellt (siehe unten E., IV., (2)).
(8) Das weitere Vorgehen der CSSF
1105Bereits einen Tag vor der Pressemitteilung hatte der Zeuge Q3 am 18. Februar 2009 bei der CSSF angerufen. Er berichtete davon, dass SOP beabsichtige, die Beteiligung an der X1 AG in eine Familienholding auszulagern Grund hierfür sei das Anliegen der Verantwortlichen der Bank, sich zukünftig voll auf das eigentliche Bankgeschäft konzentrieren zu können.
1106Mit Schreiben vom 16. Februar 2009 forderte die CSSF von der SCA weitere Auskünfte ein, um die Frage der Kreditnehmereinheit zwischen der Y14 und der „T3-Gruppe“ prüfen zu können. Das Gutachten des Zeugen Dr. M6 aus dem Jahr 2005 hatte sie zu dieser Zeit von der SCA bereits erhalten. Aus diesem Gutachte, das einen anonymisierten Sachverhalt zum Gegenstand hatte (siehe oben II., (11)), ging die Identität der Bürgen jedoch nicht hervor. Die CSSF verlangte die Auskunft, wer die Bürgen seien, welche Gründe sie zu einer Bürgschaft veranlasst hätten, ob sie Kunden der Bank seien und ob ihr Guthaben an die Bank verpfändet sei oder welchen Zugang die Bank ansonsten zu den Vermögenswerten der Zeugin T3 habe.
1107Mit von den Zeugen G2 und N8 unterzeichnetem Schreiben vom 25. Februar 2009 teilte die SCA der CSSF mit, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse und bestehenden Kreditverpflichtungen der Aktionäre sowie diesen nahe stehenden Personen „im Hause generell mit größter Vertraulichkeit und Sensibilität behandelt“ würden. Die mit Schreiben vom 29. Januar 2009 von der CSSF erbetenen Informationen sollten daher im Rahmen eines für den 6. März 2009 bereits vereinbarten persönlichen Gesprächs erteilt werden.
1108Tatsächlich fanden entsprechende Erörterungen zwischen dem Angeklagten J und dem Zeugen Q3 mit der CSSF am 6. März 2009 statt. Ob die um die Y14 kreisende Thematik in diesem Treffen angesprochen wurde, konnte in der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden. Jedenfalls mahnte die CSSF die Aufklärung der mit ihren Schreiben von Januar und Februar 2009 zur Y14 gestellten Fragen mit Schreiben vom 3. April 2009 an.
1109Gegenstand des Gesprächs vom 6. März 2009 war aber die geplante Ausgliederung der SOP-Beteiligung an der 5E und der X1 AG. Der Angeklagte J berichtete hierzu, dass – was sich in der Zwischenzeit herausgestellt hatte – rund 200 Millionen € der insgesamt für die „Umhänge-Transaktionen“ aufzubringenden 500 bis 550 Millionen € durch SOP finanziert werden sollten. Die CSSF erwiderte hierauf, dass dies der Ankündigung aus der Pressemitteilung entgegenstehe. Kredite von SOP an die Aktionäre müssten zwingend mit erstrangigen Sicherheiten unterlegt werden.
1110Diese Forderung unterstrich die CSSF gegenüber der SCA mit einem weiteren Schreiben an die SCA vom 6. April 2009.
(9) Die Desinvestitionsvorlage vom 17. März 2009
1111Am 17. März 2009 erstellte der Zeuge C6 gemeinsam mit einem Kollegen eine Desinvestitionsvorlage für den Verkauf von 24,9 % der Aktien an der X1 AG (insgesamt 63.053.293 Stück) von SOP an die „Familienholding“ (Solidas 3 S.A.), deren Eigentümerstruktur mit derjenigen des Aktionärspools der SCA identisch war. Der Verkauf solle in Höhe „des anteiligen Buchwertes / Anschaffungskosten“ in Höhe von rund 134,3 Millionen € erfolgen.
1112Die Vorlage unterzeichnete der Angeklagte O am 18. Februar 2009 für den „Markt“, der Angeklagte K am 19. Februar 2009 für das „Risikomanagement (Marktfolge)“ sowie der Angeklagte P am 17. Februar 2009 für die Gesamtpartnerschaft. Der Angeklagte J, dessen Unterschrift ebenfalls der Gesamtpartnerschaft zugewiesen war, enthielt sich „aufgrund potenzieller Interessenkonflikte i.V.m. dem AR-Mandat“.
(10) Das Schreiben der CSSF an die SCA vom 7. April 2009 - der „Kredit-Stopp“ gegenüber der X1 AG
1113Mit ihrem Schreiben vom 7. April 2009 an die SCA führte die CSSF aus, sie habe zur Kenntnis genommen, dass das X1-Risiko der SOP Bank durch die Umhängung dieser Beteiligung auf eine Familienholding reduziert werden solle, deren Eigentümerstruktur derjenigen der SCA entspreche. Dieses Schreiben schloss die CSSF mit ihrer Forderung, „keine neuen Kredite mehr an den X1-Konzern zu vergeben oder neue Risiken jeglicher Art auf diesen Konzern einzugehen ohne vorherige Genehmigung der CSSF.“ Hintergrund hierfür war die sich abzeichnende Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der X1 AG und das damit einhergehende Risiko einer Insolvenz.
(11) Die konkrete Übertragung der X1-Beteiligung auf die Familienholding
1114Anfang April 2009 wurden die Mitglieder des Aktionärsausschusses zu Gesprächen ins Bankhaus eingeladen. Diese nahmen sie teils allein und teils zu zweit wahr. Dabei sollten die geplante Ausgliederung der X1-Beteiligung in die Familienholding im Vorfeld einer am 8. April 2009 stattfindenden Informationsveranstaltung des Aktionärsausschusses vorbesprochen werden.
1115Die Zeugen Dr. Z7 und N3 begaben sich gemeinsam zur Bank. Ihnen gegenüber beschrieben die Angeklagten J und O die Umstände und Gründe der geplanten Ausgliederung. Der Zeuge Dr. Z7 nutzte das Treffen, um die Angeklagten J und O auf eine ihm gegenüber gemachte Andeutung des Angeklagten P anzusprechen, die ihn beschäftigte. Der Zeuge Dr. Z7 hatte bereits im März 2009 mit dem Angeklagten P in Frankfurt gesprochen. Thema dieses Gesprächs waren die Verluste im Bereich des Investment Banking. Der Zeuge Dr. Z7 hatte sich ein Bild von den Problemen des von P verantworteten Bereichs machen wollen. Im Lauf des Gesprächs hatte der Angeklagte P erklärt, er sähe die Probleme der Bank weniger bei sich. Dr. Z7 müsse wissen, dass einige Gesellschafter private Interessen im Zusammenhang mit X1 bzw. T3 hätten. Bei dieser Erklärung war es bei dem Treffen in Frankfurt geblieben. Näheres hatte der Angeklagte P nicht mehr offenbart.
1116Während des Gesprächs in der Bank im April 2009 fragte Dr. Z7 daher im Beisein der Zeugin N3 nach, was es mit der vom Angeklagten P angedeuteten Beziehung einzelner Gesellschafter zu X1 und der Zeugin T3 auf sich habe. Er erhielt darauf die Antwort, es gebe Kreditengagements im Bereich X1, die unter anderem durch von Gesellschaftern der Bank übernommene Bürgschaften abgesichert seien. Einzelheiten dazu benannten J und O nicht.
1117Am 8. April 2009 fand die erwähnte Informationsveranstaltung des Aktionärsausschusses statt. Darin wurde das Vorhaben erörtert, die X1-Beteiligung in eine Familienholding zu übertragen. Diese sollte dieselbe Eigentümerstruktur wie der Aktionärspool der SCA haben. Die Aktien an der X1 AG sollten zum Buchwert auf die Holding übertragen werden. Damit sollten mit Blick auf die erhebliche wirtschaftliche Anspannung der Bank die ohnehin belasteten Bücher der KGaA entlastet werden. Die Ausgliederung der Beteiligung aus der Sphäre der KGaA in die Sphäre einer neuen Holding ändere am Risiko der SCA-Aktionäre nichts. Die Bank werde im Ergebnis entlastet, während der Vorgang für die Eigentümer letztlich neutral sei.
1118Der Angeklagte J führte aus, man müsse Fehler bei X1 eingestehen und habe Maßnahmen zu beklagen, die man besser gelassen hätte. Allerdings sei das mit der Zeugin T3 bestehende Kreditengagement zusätzlich abgesichert worden, so dass hier ein weniger ernstes Risiko bestehe. Eine irgendwie geartet Verflechtung der X1-Investitionen mit den angesprochenen zusätzlichen Absicherungen stellte J dabei nicht dar. Er erklärte, schon im Herbst 2008 sei die Ausgliederung von „Industriebeteiligungen“ Gegenstand von Planungen der Bankführung gewesen. Darin seien auch die Abschlussprüfer eingebunden gewesen. Diese konzeptionelle Planung habe dazu geführt, dass – mit Einverständnis des Abschlussprüfers – im Abschluss für das Jahr 2008 am Buchwert der Beteiligungen festgehalten werden konnte. Tatsächlich war die Idee der Ausgliederung der Beteiligung an der X1 AG aber nicht vor Anfang 2009 aufgekommen.
1119Durch den Zeugen Dr. Z7 nach einer „Exit-Strategie“ für die Beteiligung gefragt, gab der Angeklagte J an, es bestehe keine dauerhafte Halteabsicht. Die Aktien sollten sukzessive verkauft werden, sofern die Kursentwicklungen es zuließen. Allerdings habe er, der Angeklagte J, für vier Jahre eine Stelle im Aufsichtsrat der X1 AG angetreten. Insgesamt sei es das Ziel, die Engagements 5E und X1 AG mit einem Zeithorizont von fünf Jahren in Geld umzusetzen.
1120Ein Hinweis auf die Y14 und die dazu erfolgten Bürgschaften erfolgte in der Sitzung nicht.
1121Mit Vertrag vom 16. April 2009 wurden die knapp 63,1 Millionen Aktien an der X1 AG (entsprechend 24,9 % der Anteile an der X1 AG) tatsächlich zum Buchwert von 136.315.972,42 € auf die Luxemburgische Solidas 3 S.A. übertragen. Diese Gesellschaft („Familienholding“) gehörte wirtschaftlich den Mitgliedern des Aktionärspools der SCA im selben Verhältnis, mit dem sie am Aktionärspool beteiligt waren. Der Ankauf der X1-Aktien sowie weiterer Industriebeteiligungen durch die Solidas 3 S. A. wurde – wie im Zuge des Komplexes „B-Straße“ noch näher ausgeführt werden wird (siehe unten E., LXII.) – nicht aus Eigenkapital der Mitglieder des Aktionärspools der SCA, sondern vollständig – teilweise (in Höhe von 200 Millionen €) auch durch SOP – fremdfinanziert.
(12) Die weitere Korrespondenz des Bankhauses mit der CSSF
1122Ungeachtet dessen machte die SCA gegenüber der CSSF mit Schreiben vom 7. April 2009 geltend, trotz der Fremdfinanzierungen verbleibe das Risiko der übernommenen Beteiligung wirtschaftlich bei den Familienaktionären.
1123Mit Schreiben vom 28. April 2009 offenbarte die SCA der CSSF die Gesellschafter-Struktur der Y14 bzw. der hinter ihr stehenden H9 AG und die Namen der Bürgen. Diese Angaben ergänzte der Zeuge N8 telefonisch am 4. Mai 2009 dahingehend, dass SOP die Bürgen „nicht um eine Rechtfertigung für ihre Bürgschaft gebeten“ habe und diese „keine weiteren Guthaben rechtsgültig an SOP verpfändet“ hätten.
1124Mit Schreiben vom 19. Mai 2009 forderte die CSSF die SCA unter anderem dazu auf, eine Einschätzung hinsichtlich der möglichen direkten und indirekten finanziellen Konsequenzen einer Insolvenz der X1 AG auf das Bankhaus abzugeben.
(13) Die Abschreibung der Kreditforderung
1125Angesichts der unverändert negativen wirtschaftlichen Entwicklung bei der X1 AG wurde der ihr gewährte Kredit über 20 Millionen € bereits im April 2009 bei SOP in voller Höhe abgeschrieben. Tilgungszahlungen auf die Kreditforderung waren bis dahin nicht erfolgt und gingen auch in der Folge zu keiner Zeit bei SOP ein.
1126Für bis März 2009 eingegangene Zinszahlungen über 798.000 € bildete das Bankhaus bei Aufstellung des Jahresabschlusses für 2009 im Jahr 2010 wegen der Möglichkeit einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter eine Rückstellung. Im Jahr 2012 zahlte das Bankhaus die erhaltenen Zinsen zuzüglich Verzugszinsen an den Insolvenzverwalter der X1 AG zurück.
(14) Die Auskunft des Angeklagten J vom 26. Mai 2009
1127In einem Gespräch vom 26. Mai 2009 teilte der Angeklagte J der CSSF mit, dass die „inzwischen zu Gunsten der Bank eingetragenen Grundschulden“ ausreichten, um die an die Zeugin T3 und die Y14 gewährten Kredite abzusichern. Die Zukunft des X1-Konzerns werde maßgeblich Anfang Juni 2009 bestimmt. Dann müssten zwei Kredite in Höhe von insgesamt 650 Mio. € refinanziert werden. Die X1 AG habe einen Antrag auf Staatsbürgschaft in dieser Höhe gestellt.
(15) Das Bemühen der X1 AG um eine Bürgschaft des Bundes
1128Tatsächlich hatte sich der Vorstand der X1 AG wegen der auslaufenden Kredite entschlossen, beim Bundeswirtschaftsminister um eine Staatsbürgschaft nachzusuchen. Damit sollten die bis Ende September 2009 fällig werdenden Kredite über 920 Millionen € abgelöst werden. Außerdem sollte die X1 AG einen Betriebsmittelkredit über 800 Millionen € erhalten. Zur Vorbereitung der Sitzungen erstellte die Q41 unter dem 20. Mai 2009 ein Sanierungskonzept für die X1 AG. Dieses wurde der auf Bundesseite tätigen Prüfungsgesellschaft X20 (im Folgenden: X20) am 26. Mai 2009 zugesandt und von ihr in einer Stellungnahme vom selben Tag besprochen. Für X20 war der verantwortliche Partner für die Betreuung des Bundes, der Zeuge Q1, in den Vorgang eingebunden. Dieser erstellte mit weiteren Mitarbeitern von X20 einen Bericht für das Bundeswirtschaftsministerium. Hierin wurde der Antrag kritisch, ein Engagement als mit relativ hohen Risiken behaftet, die Sanierungsansätze indes für „nachvollziehbar“ angesehen. X20 bewertete allerdings die geplante Finanzierungsstruktur als schwierig für die Bürgen, da die Sanierung mit 800 Millionen fast ausschließlich vom Staat erbracht werden sollte.
1129Dies war auch Thema bei den sich anschließenden Besprechungen vor dem Bürgschaftsausschuss. Angemahnt wurde die „Unausgewogenheit“, die darin gesehen wurde, dass die öffentliche Hand 90 %, die Banken aber nur 10 % der Risiken übernehmen sollten. Der Ausschuss verlangte zusätzlichen Einstand der Eigentümer in Form einer Gesellschafterbürgschaft. Vom Land Berlin gab es zudem Bedenken, dass mit einer Bürgschaft in den Markt eingegriffen würde. Die Sitzung schloss mit dem Zwischenfazit, dass der Bürgschaftsausschuss sich nur weiter mit dem Antrag beschäftigen werde, wenn Änderungen an der Finanzierungsstruktur erfolgen würden. Dies wurde von X20 an die X1 AG und die Banken weitergegeben. Zu einem stärkeren Gesellschafterengagement sahen sich SOP und die Zeugin T3 nicht in der Lage. Die Konsortialbanken sahen angesichts ihrer bereits eingegangenen Verbindlichkeiten keinen Anlass, ihr Engagement noch zu verstärken. Am 9. Juni 2009 wurde der Antrag durch den Ausschuss daraufhin abgelehnt.
(16) Die Insolvenz der X1 AG im Juni 2009
1130Nach dem Scheitern der Bemühungen um eine Bundesbürgschaft stellte der Vorstand der X1 AG noch am selben Tag, den 9. Juni 2009, Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X1 AG. Es folgten Insolvenzanträge für ihre wesentlichen operativen Töchter, die K- GmbH, die H5 GmbH sowie ferner die Q- GmbH.
(17) Die Kündigung des Y14-Kredits durch SOP am 9. Juni 2009
1131Der Angeklagte J erklärte für SOP noch am 9. Juni 2009 gegenüber der Y14 die „außerordentliche Kündigung“ des mit der Y14 geschlossenen Kreditvertrags. Hierin hieß es unter anderem:
1132 1133Mit Schreiben vom selben Tag forderte SOP die Zeugin T3 auf, zusätzliche Sicherheiten für ihre beim Bankhaus aufgenommenen Kredite zu stellen.
(18) Die Kündigung des Kredits durch die Y14 gegenüber der Zeugin T3
1134Die Kündigung des Y14-Kredits durch SOP am 9. Juni 2009 nahm die Y14 ihrerseits zum Anlass, gegenüber der Zeugin T3 den Kreditvertrag außerordentlich mit Schreiben vom 15. Juni 2009 zu kündigen.
(19) Das Schreiben des Angeklagten J an die BaFin vom 9. Juni 2009
1135Mit Schreiben vom 9.Juni 2009 führte der Angeklagte J aus, der Abschlussprüfer der Bank habe mitgeteilt, dass die BaFin mit ihm die Fragestellung erörtert habe, ob das bestehende Kreditengagement Y14 ebenfalls in die Risikoeinheit X1 mit einzubeziehen sei. Dieser Kredit an Y14 gehe auf das Jahr 2005 zurück. Wörtlich führte der Angeklagte J dazu aus:
1136„Die Y14 … ist in diesem Jahr auf das Bankhaus zugekommen um einen Kredit aufzunehmen, mit dem die Gesellschaft Frau T3 in ihrem KQ-Engagement begleiten wollte. Die Einzelheiten aus der vertraglichen Regelung zwischen der Y14 und Frau T3 sind dem Bankhaus nicht bekannt.“
1137Die „Eigenbonität“ der Y14 habe eine Kreditgewährung nicht zugelassen. Die Y14 habe der Bank darauf „verschiedene Sicherheiten“ angeboten. Der Kredit sei der Y14 „ohne Zweckbindung“ zur Verfügung gestellt worden. Die Rückzahlung des Darlehens sei zu keinem Zeitpunkt von der Forderung der Y14 gegenüber der Zeugin T3 abhängig gemacht worden. Trotz der Insolvenz der X1 AG gehe SOP unverändert von der vollen Deckung des Kredits aus.
(20) Der Verkauf der restlichen Aktien der X1 AG durch SOP
1138Bereits unmittelbar nach der Stellung des Insolvenzeröffnungsantrags der X1 AG verkaufte SOP die restlichen von ihr gehaltenen X1-Aktien (3,69 %) am 10. Juni 2009 zu einem Kurs von 0,83 € je Aktie. Bis Oktober 2009 verkaufte die Solidas 3 S.A. ihre 24,9%-igen Aktienanteile mit Kursen bis zu 0,40 € je Aktie.
(21) Keine Verluste der Konsorten
1139Nach zwischenzeitlicher Erholung der verpfändeten H4-Aktien wurden diese von den Konsortialbanken verwertet. Infolge des Verkaufs der H4-Aktien erlitt kein einziger der Konsorten Verluste.
(22) Die Sitzung des Aktionärsausschusses am 11. Juni 2009
1140Am 11. Juni 2009 fand – angesichts der Insolvenz der X1 AG – eine außerordentliche Sitzung des Aktionärsausschusses statt. Der Zeuge Oe fragte nach den bestehenden Risiken. Der Angeklagte J erläuterte dazu, der an die X1 AG ausgereichte Kredit und die bei SOP noch bestehende Beteiligung seien mit Buchwerten von 20 € bzw. 13 Millionen € veranschlagt. Das mit K--Immobilien-Fonds verbundene Risiko bezifferte er mit 46 Millionen €. Zusammen mit dem Risiko aus Krediten an den Zeugen Dr. N9 von 40 Millionen € bestehe ein der Aufsicht mitgeteiltes Gesamtrisiko in Höhe von knapp 120 Millionen €.
1141Als Grund für das Vorgehen der Bank im Herbst 2008 erklärte der Angeklagte J, Ende September 2008 habe die Insolvenz der X1 AG unmittelbar gedroht. Diese hätte einen erheblichen Wertberichtigungsbedarf ausgelöst. Davon wären Kredite gegenüber der Zeugin T3 im Gesamtvolumen von 220 Millionen € betroffen gewesen, von denen sich 60 Millionen € auf die Finanzierung von Immobilienfonds erstreckt hätten. Außerdem hätte der – bei dieser Gelegenheit auch hinsichtlich der Bürgschaften erstmals näher erläuterte – über 380 Millionen € gewährte Y14-Kredit erheblichen Wertberichtigungsbedarf ausgelöst. Die Partner hätten „nach intensiver Beratung und auf die gemeinsame Einschätzung gestützt, dass die Chancen deutlich größer sind als die Risiken“, mit dem neuen Engagement der Bank den „Konkurs abgewendet“.
1142Diese Ausführungen brachten die Ausschussmitglieder auf. Der Y14-Kredit und die Beteiligung von Partnern und Gesellschaftern als Bürgen ließ die bisher durchweg sachliche Stimmung in den Gremiumsitzungen in Fassungslosigkeit und Vorwürfe umschlagen. Der Zeuge Dr. Z7 hielt dem Angeklagten J vor, er, der Zeuge Dr. Z7, habe in der Sitzung des Aktionärsausschusses Mitte Oktober 2008 nach den X1-Risiken gefragt und von J einen Betrag von 120 Millionen € zur Antwort erhalten. Jetzt erfahre er ganz andere Summe. Die Zeugin N3 stimmte zu und erklärte, nicht fassen zu können, dass ein solches Risiko von nahezu 700 Millionen € eingegangen worden sei. Der Zeuge Dr. Z7 bezeichnete das „Y14-Geschäft“ als „unzulässig“. Damit hätten „an der Bank“ vorbei Geschäfte gemacht werden sollen. Der Schaden lande jetzt aber schließlich bei den Gesellschaftern.
1143Der Zeuge Oe verwies darauf, dass die Gesellschafter das Kapital erhöht und über die Familienholding Risiken aus der Bank genommen hätten. Damit hätten sie das Haftungsrisiko der persönlich haftenden Gesellschafter um mehr als 700 Millionen € verringert und sich selbst aufgeladen. Er forderte eine schriftliche Erklärung der persönlich haftenden Gesellschafter ein, dass zunächst diese und erst nachrangig die Aktionäre hafteten. Der Zeuge Dr. Z7 ergänzte, nicht nur die Partner, sondern auch die Gesellschafter der Y14 müssten vorrangig für Verluste einstehen. Er hätte sein privates Vermögen aus dem Konsortium zur Finanzierung der Bank nicht eingesetzt, wenn er um den Y14-Kredit gewusst hätte. Dem stimmte der Zeuge Oe zu. Dieser betonte, er sei davon ausgegangen, durch die Belastung des eigenen Privatvermögens für die Kapitalerhöhung bei der Bank etwas „Historisches“ für die Familie getan zu haben. Seine Entscheidung für die Kapitalerhöhung wäre in Kenntnis der Hintergründe des Y14-Kredits anders ausgefallen.
1144Der Angeklagte K verwies darauf, dass es für die Bürgen schwierig werden könnte, ihre Verpflichtungen aus dem Y14-Kredit zu erfüllen. Als die Frage aufkam, ob bei den bürgenden O-E-Firmen mit Ausfällen zu rechnen sei, wurde auf bevorstehende Gespräche mit dem Angeklagten E verwiesen. Die Angeklagten J und P beriefen sich insofern darauf, für den „Bereich E“ nicht verantwortlich zu sein. „E-Themen“ seien in der Gesampartnerschaft nicht Gegenstand vertiefter Erörterungen gewesen.
1145Auf die Frage des Zeugen Oe, wie es überhaupt zum Y14-Kredit gekommen sei, erklärte der Angeklagte K, das Engagement sei als „privater Hedge-Fonds“ für die Zeugin T3 eingerichtet gewesen. Bei einem Kurs von ungefähr 9,00 € pro Aktie seien damals sehr gute Chancen auf eine Wertsteigerung gesehen worden. Tatsächlich habe sich der Kurs zeitweilig auf fast 30,00 € entwickelt. Allerdings sei der Zeitpunkt zur Auflösung des Engagements verpasst worden. Dadurch sei die Bank in die jetzt zu beklagende Situation geraten.
(23) Schreiben der CSSF vom 16. Juni 2009
1146Mit Schreiben vom 16. Juni 2009 forderte die CSSF die SCA auf, die Kreditengagements Y14 und der „T3-Gruppe“ fortan als „Gesamtrisikoposition“ in der konsolidierten Großkreditmeldung auszuweisen. Ihre Auskunftsersuchen aus dem Schreiben vom 16. Februar 2009 waren aus ihrer Sicht noch immer nicht zufriedenstellend beantwortet worden. Daraufhin fasste SOP die Y14 zusammen mit den Risikopositionen der Zeugin T3 ab dem 18. Juni 2009 zu einer Kreditnehmereinheit zusammen.
(24) Das Schreiben der SCA vom 22. Juni 2009 an die CSSF
1147Mit Schreiben der SCA vom 22. Juni 2009 erteilte die SCA nähere Informationen zu den Hintergründen des „Y14-Kredits“. Sie kündigte der luxemburgischen Aufsicht an, die Y14 und die „T3-Gruppe“ fortan auch in den konsolidierten Großkreditmeldungen als Kreditnehmereinheit zusammenzufassen. Durch das Abstellen allein auf die Bonität der Bürgen sei aber ihrer Ansicht nach eine Kreditnehmereinheit tatsächlich nicht gegeben. Sie erwarte, dass der Kredit trotz der inzwischen erfolgten Insolvenz der X1 AG zurückgeführt werden könne.
(25) Der Austausch über die „Umstrukturierung“ des Y14-Kredits zwischen der SCA und der CSSF vom 15. September 2009
1148Mit Schreiben vom 15. September 2009 kündigte die SCA gegenüber der CSSF an, „zur Vereinfachung“ strebe SOP eine Ablösung des Y14-Kredits durch die Bürgen an. Da die Bürgen aber derzeit nicht über ausreichende liquide Mittel für die Bürgschaftszahlungen verfügten, seien in diesem Zusammenhang Kredite der Bank an die Bürgen zur Refinanzierung erforderlich. Eine Woche später erklärte der Zeuge Q3 gegenüber der CSSF telefonisch, SOP habe mit der Fälligstellung des Y14-Kredits verhindern wollen, dass die Geschäftsführung der Y14 „unkontrolliert“ gegen die Zeugin T3 vorgehe. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2009 wies die CSSF die SCA darauf hin, mit Blick auf eine bis dahin erteilte Vorgabe, die Gesellschafterkredite zu reduzieren (s. hierzu im Einzelnen unten E.), der geplanten Restrukturierung des Y14-Kredits durch Vergabe von Krediten aus prinzipiellen Gründen nicht zuzustimmen. Etwas anders gelte nur, wenn die Kredite durch werthaltige Sicherheiten unterlegt würden.
(26) Die Kündigung der Kredite des Bankhauses gegenüber der Zeugin T3
1149Mit Schreiben vom 3. September 2008 kündigte SOP sämtliche Kredite gegenüber der Zeugin T3 ebenfalls außerordentlich aus wichtigem Grund. Dazu führte die Bank im Kündigungsschreiben aus:
1150 1151Wegen der Kündigung beauftragte die Zeugin T3 eine Kölner Anwaltskanzlei. Diese erklärte gegenüber der Y14 die Anfechtung sämtlicher von der Zeugin T3 gegenüber der Y14 abgegebener Erklärungen.
(27) Die Gläubigervereinbarung vom 1. Februar 2010
1152Am 1. Februar 2010 schlossen sämtliche Bürgen des Y14-Kredits mit SOP und der Y14 eine „Gläubigervereinbarung und Vereinbarung zur Zahlung auf Höchstbetragsbürgschaften, zum Innenausgleich unter den Sicherungsgebern und zum Verzicht der Sicherheitengeber für Rückgriffsansprüche gegen die Y14 gegen Abtretung von Forderungen der Y14 gegen T3“.
1153Darin wurden unter den Beteiligten schriftlich Regelungen getroffen, die sicherstellen sollten, dass die Verwertung des Vermögens der Zeugin T3 zuerst SOP und erst nach deren vollständiger Befriedigung der Y14 zustehen sollte. Dazu hieß es in der „Vorbemerkung“ zu der Vereinbarung:
1154 1155Ferner trat die Y14 den dies annehmenden Bürgen in § 8 Abs. 2 der Vereinbarung „ihre sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen und Rechte gegen T3 aus und im Zusammenhang mit der Y14-Kreditlinie – gleich aus welchem Rechtsgrund, seien sie bekannt oder unbekannt – sowie dem Y14-Schuldanerkenntnis jeweils einschließlich Zins- und etwaigen Nebenforderungen ab“.
(28) Sonderprüfung durch die BaFin
1156Den Insolvenzantrag der X1 AG vom 9. Juni 2009 nahm die BaFin zum Anlass, am 12. Juni 2009 eine Sonderprüfung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG bei SOP anzuordnen. Mit der Durchführung beauftragte sie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft H8 GmbH (im Folgenden: H8). Der Auftrag hatte vor allem zum Gegenstand, sämtliche direkt und indirekt mit dem X1-Konzern in Verbindung stehenden Risikopositionen zu prüfen. Die Prüfung begann am 16. Juni 2009 und wurde am 23. Oktober 2009 beendet. Hierzu waren rund 20 Personen von H8 in den Räumen von SOP beschäftigt.
1157In dem Bericht führte H8 zur Einhaltung der Anforderungen an die ordnungsgemäße Aufbau- und Ablauforganisationen des Kreditgeschäfts durch SOP unter anderem aus:
1158„Die Kreditvergabe an die T3 Gruppe und die Y14 sind nach unseren Feststellungen nicht in Einklang mit der Kreditrisikostrategie der Bank und dem Grundsatz der Risikodiversifikation (Klumpenrisiko).
1159Eine Risikovorsorge für den gesamten T3 /N9 / X1 Komplex wäre bereits zum 31. Dezember 2008 angemessen gewesen, da die dramatische Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation von X1 mit den zwischenzeitlich eingetretenen Folgen nach unserer Einschätzung bereits erkennbar war. Dies gilt insbesondere, da die Bank als wesentlicher Gesellschafter über die wirkliche wirtschaftliche Lage hätte informiert sein müssen.“
1160In Bezug auf die Bildung von Kreditnehmereinheiten gemäß § 19 Abs. 2 KWG hielt H8 unter anderem fest:
1161„Bezogen auf die in der Prüfungsanordnung vom 12. Juni 2009 genannten Engagements haben wir insbesondere für das Kreditengagement Y14 / H9 geprüft, ob die Anforderungen an die Bildung von Kreditnehmereinheiten gemäß § 19 Abs. 2 KWG erfüllt worden sind.
1162Nach unserer Kreditprüfung handelt es sich bei der Kreditgewährung an die Y14 u. E. eindeutig um einen Strohmannkredit. Die Kreditherauslage an die Y14 hatte von Anfang an den Zweck, Frau T3 mit Kreditmitteln für ihr Engagement bei X1 zu versorgen. Dies war der Geschäftsleitung der Bank auch aufgrund ihrer Gesellschafterstellung bei der Y14 bekannt. Mit der Kreditvergabe an die Y14 haben die Verantwortlichen der Bank versucht, über rechtliche Gestaltungen die Vorschriften des KWG zu umgehen. Das Klumpenrisiko ‚X1‘ wird hierdurch scheinbar vermindert. Gerade aber derartige Risikokonzentrationen sollen durch die Vorschriften des § 19 Abs. 2 KWG offengelegt werden. Durch die fehlende Offenlegung des Gesellschafterhintergrunds der Y14 haben Geschäftsleiter der Bank zudem bewirkt, dass im Rahmen der Kreditgewährung nicht entsprechend den Vorschriften des § 15 KWG der Kredit als Organkredit genehmigt wurde.
1163Die Frage nach der Zusammenfassung von Kreditnehmereinheiten nach § 19 Abs. 2 KWG stellt sich u. E. auch für gewisse Gesellschaftergruppen der Bank. Insbesondere für die Gesellschafter B.C12, Ka, Nachlass A.C12 sowie K gibt es zum Prüfungszeitpunkt Hinweise auf eine Risikogemeinschaft.“
1164Hinsichtlich des Kredits an die Y14 berichtete H8 schließlich gegenüber der BaFin:
1165„Die Bank hat der Y14 einen Kredit über ursprünglich EUR Mio. 372,0 zur Refinanzierung eines Darlehens an Frau T3 gewährt. Dieses diente Frau T3 zur Finanzierung des Erwerbs von Anteilen an der X1. Das Darlehen der Bank wurde durch Verrechnung mit als Sicherheit dienenden Festgeldern bis zum Stichtag 15. Juni 2009 um EUR Mio. 100,0 auf den Saldo von EUR Mio. 272,2 zurückgeführt.
1166Nach dem 15. Juli 2009 ist die Inanspruchnahme durch Leistungen der Bürgen E Fonds-Projekt GmbH (EUR Mio. 16,6) und Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH (EUR Mio. 75,0) zurückgeführt worden. Die aktuelle Inanspruchnahme ohne auflaufenden Zins beträgt ca. EUR Mio. 180,6. Bis zum Ende unserer Prüfung sind keine weiteren Zahlungen auf die fällige Restforderung eingegangen.
1167Das Bankhaus stellt bei dem Kreditengagement Y14 auf die Sicherheiten ab. Bei den Sicherheiten handelt es sich nach obigen Leistungen nunmehr im Wesentlichen noch um selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaften von Gesellschaftern des Bankhauses.
1168Die Bank befindet sich mit den verbliebenen Bürgen B.C12, Corinna B.C12, dem Nachlass A.C12 und Ka in Verhandlungen über eine Rückführung des Engagements. Eine Lösung konnte bisher nicht erreicht werden. Nach dem Ergebnis unserer Prüfung ist die Liquiditätslage aller Bürgen stark angespannt. Bei zwei Bürgen sind weder ausreichende liquide Mittel noch ausreichende Vermögenswerte zur Bedienung der Bürgschaft vorhanden. Beide Bürgen weisen nach den aktuellen Bonitätsauswertungen unter Berücksichtigung der Bürgschaftsverpflichtungen gegenüber der SOP deutlich negative Vermögen auf. Ein weiterer Vermögensverfall kann nicht ausgeschlossen werden. Wir halten daher aktuell eine Risikovorsorge von EUR Mio. 100,0 für erforderlich.“
1169Erst durch diesen Bericht erfuhr die BaFin, dass es einen Zusammenhang zwischen der Y14 und der Zeugin T3 bzw. der X1 AG gegeben hatte. Die BaFin bewertete dieses Engagement als Umgehung von Großkredit- und jedenfalls Organkreditvorschriften. Im Zuge des Berichts sei – aus Sicht der BaFin – nämlich der Umstand aufgedeckt worden, dass hier ein Zusammenhang mit den Gesellschaftern bestanden hat.
1170In einem bilateralen Jahrestreffen zwischen der deutschen und der luxemburgischen Aufsicht (BaFin und CSSF) am 30. Juni 2009 kamen beide Aufsichtsbehörden zu dem Ergebnis, die Beteiligungsnahme der SOP an der X1 AG sei eine „strategische Fehlentscheidung“ der Bank gewesen.
1171Die Zeugin N7 (BaFin) zeigte allen persönlich haftenden Gesellschaftern nach Klärung der Tatsachenlage auf, dass diese nach ihrer Auffassung als Geschäftsleiter einer Bank fachlich nicht geeignet und nicht zuverlässig seien. Hierbei handele es sich auch um die Kriterien für eine Abberufung. Die Zeugin N7 gab den Angeklagten K, O, J und P Gelegenheit, hierauf zu reagieren.
1172- E.
1173
Komplex B-Straße
I. Einführung
1174Im Tatkomplex „B-Straße“ hält die Kammer für erwiesen, dass die Angeklagten K, O, J und P als persönlich haftende Gesellschafter von SOP unter Verletzung der sich aus dieser Stellung für sie ergebenden Treuepflichten, die Vermögensinteressen der Bank wahrzunehmen, den Erwerb eines 94,9 %-igen Anteils an der Grundstücksgesellschaft „Frankfurt B-Straße“ für die Bank unter Übernahme einer finanziellen Belastung in Höhe von jedenfalls 117.987.034,70 € gemeinschaftlich beschlossen und durchgeführt haben, obwohl sie weder selbst belastbare Anhaltspunkte für den realen Verkehrswert dieses Objekts hatten noch sich trotz Warnungen eigener Mitarbeiter zur gebotenen Einholung einer Wertexpertise bewegen ließen, wobei sie es für möglich hielten und in Kauf nahmen, dass der tatsächliche Wert der Anteile, der maximal bei 94.389.438,00 € lag und damit einen Vermögensnachteil für die Bank von mindestens 23.597.596,70 € begründete, erheblich im Sinne der genannten Differenz von der übernommenen Belastung abweichen könnte.
II. Die zum Verständnis des Tatgeschehens darzustellende Vorgeschichte
(1) Das Geschehen bis zur Einigung über den Kaufpreis für die Liegenschaft mit der H33 / X22
1175Im Jahr 2006 befand sich SOP bereits seit mehreren Jahren in einem starken Wachstumsprozess. Dieser war mit einem signifikanten Anstieg der Mitarbeiterzahlen einhergegangen. Hiervon war auch der Standort Frankfurt a.M. betroffen. Der Standort Frankfurt a.M. wurde vor allem durch den Bereich des Investment Bankings dominiert, der von dort aus durch den Angeklagten P geleitet wurde. 2006 arbeiteten rund 350 Mitarbeiter des Investment Bankings in Frankfurt. Daneben waren etwa 65 Mitarbeiter insbesondere aus den Bereichen Risk Management, Private Banking und Personal in Frankfurt tätig. Diese Mitarbeiter hatten ihren Arbeitsplatz in einem Bürohaus in der Untermainanlage 1, wo insgesamt rund 320 Arbeitsplätze eingerichtet waren. Den Großteil der hierfür erforderlichen Flächen hatte SOP durch einen Mietvertrag aus Juni 2003 und einen Nachtrag hierzu aus März 2004 vom Bankhaus B. L12 seel. Sohn & Co. KGaA (im Folgenden: Bankhaus L12) angemietet. Die hiervon erfassten Büroflächen befanden sich im Erdgeschoss und in den ersten drei Obergeschossen des Gebäudes. Im Erdgeschoss befand sich ein Handelsraum für das Investment Banking. Das Mietverhältnis beinhaltete auch Lagerflächen im Untergeschoss. Nach den vertraglichen Bestimmungen begann es am Tag der Übergabe des Mietobjektes an den Mieter – die spätestens zum 31. Januar 2004 erfolgt war – und endete zehn Jahre nach seinem Beginn, also spätestens am 31. Januar 2014. Weitere Büroflächen im vierten Obergeschoss sowie Lagerflächen im Untergeschoss hatte SOP durch einen Untermietvertrag mit den Rechtsanwälten 5D, die hinsichtlich dieser und weiterer Flächen Hauptmieter des Bankhauses L12 waren, angemietet.
1176Weitere rund 130 Mitarbeiter von SOP in Frankfurt, insbesondere aus dem IT-Bereich, konnten in den in der Untermainanlage angemieteten Flächen nicht mehr untergebracht werden. Deren Arbeitsplätze befanden sich an einem ausgelagerten Standort in der Frankfurter Z-Straße.
1177Diese Standortsituation empfanden die Verantwortlichen bei SOP, insbesondere auch die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter, als langfristig unbefriedigend. Es bestand der Wunsch, die verschiedenen Abteilungen der Bank in einer Liegenschaft zusammen zu führen. Da im Jahr 2006 bei SOP von einer Fortsetzung des Expansionsprozesses ausgegangen wurde, sollte eine solche Liegenschaft nach Möglichkeit auch Platz für zusätzliche Mitarbeiter bieten. Hinzu kam, dass man auf dem insoweit als unberechenbar eingeschätzten Frankfurter Markt langfristig nicht von Drittvermietern abhängig sein wollte. Es gab somit das Bestreben, in Frankfurt – wie auch an anderen Standorten der Bank – in eigenen Gebäuden zu residieren.
1178In dieser Ausgangslage erfuhr der Leiter des Bereichs Facility Management bei SOP, der Zeuge L1, Mitte des Jahres 2006 von seinem Pendant bei der X21 AG (im Folgenden: H33), dem Zeugen C10, dass die H33 konkret bestrebt war, eine zu diesem Zeitpunkt überwiegend von ihr genutzte Immobilie in der Frankfurter B-Straße zu veräußern. Von dieser wollte sich die H33 im Zusammenhang mit einem Sanierungsprozess trennen.
1179Die Liegenschaft bestand aus drei Flurstücken. Auf dem Flurstück xxx mit einer Grundstücksgröße von 1.561 m2 befand sich ein Bürogebäude, dem die Adresse B-Straße 23 zugeordnet war. Dieses Gebäude wurde auch als „H11“ bezeichnet. Es war 1998 errichtet worden. Es bestand aus einem Untergeschoss, das im Wesentlichen als Tiefgarage diente, einem Sockelgeschoss mit Technik-, Lager- und Büroräumen sowie einem Erdgeschoss und sieben Obergeschossen, in denen im Wesentlichen Büroräume untergebracht waren. Auf den daneben liegenden Flurstücken xxx und xxx mit einer Grundstücksgröße von insgesamt 3.617 m2 befand sich zur B-Straße hin – mit der Adresse B-Straße 25 – eine denkmalgeschützte Altbau-Bürovilla aus dem 19. Jahrhundert. Nach hinten schloss sich an die Villa zum K-Straße hin – mit der Adresse K-Straße 22, 22a – ein Bürogebäude aus den 1980er Jahren an. Dieses stand auf zwei Untergeschossen, die überwiegend als Tiefgarage dienten.
1180Die H33 war nicht selbst Eigentümerin der Liegenschaft B-Straße. Eigentümerin war die X22 Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. 1. Immobilien-Verwaltungs KG (im Folgenden: X22), die eine Tochtergesellschaft der H33 war und als Objektgesellschaft fungierte. Die H33 hatte von der X22 die Gebäude B-Straße 25 und K-Straße 22, 22a vollständig angemietet. Im Gebäude B-Straße 23 hatte die H33 alle oberirdischen Etagen bis zum vierten Obergeschoss einschließlich von der X22 angemietet. Das fünfte Obergeschoss war an das Unternehmen H12 SA Paris (im Folgenden: H12), das sechste Obergeschoss an die Firma H13 & Co. GmbH (im Folgenden: H13) und das siebte Obergeschoss an das H14 – jeweils befristet mit VerlängerungSOPtion – fremdvermietet. Die Lagerflächen und die Tiefgaragenstellplätze waren zwischen den verschiedenen Nutzern aufgeteilt. Lediglich die Firma H13 hatte auf den vereinbarten Mietzins zusätzlich die gesetzliche Umsatzsteuer zu entrichten.
1181Die Liegenschaft in der B-Straße weckte das Interesse des Zeugen L1. Aus seiner Sicht sprach viel dafür, näher zu prüfen, ob hier der Frankfurter SOP-Standort künftig zentriert werden könnte. Die Lage erschien ihm geradezu ideal: SOP hatte in der Vergangenheit schon einmal ein Gebäude in der B-Straße genutzt, die Liegenschaft befand sich im an das Bankenviertel angrenzenden Stadtteil Westend und direkt gegenüber einem durch die X28-Bank – einer SOP-Tochter – genutzten Gebäude.
1182In der Partnersitzung vom 27. Juni 2006, an der alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teilnahmen, berichtete der Zeuge L1 über die Liegenschaft in der B-Straße als möglichen neuen SOP-Standort in Frankfurt. In der Sitzung baten die persönlich haftenden Gesellschafter den Angeklagten J, der zu diesem Zeitpunkt der für das Facility Management zuständige Partner war, die weitere Verhandlungsführung zu übernehmen.
1183In der Folge erbat der Zeuge L1 vom Zeugen C10 genauere Informationen zu der Liegenschaft. Mit einer E-Mail vom 30. Juni 2006 übersandte der Zeuge C10 dem Zeugen L1 daraufhin Datenblätter. In der E-Mail selbst wies er darauf hin, dass die H33 in beiden Häusern 392 Arbeitsplätze eingerichtet habe, wobei die B-Straße 23 zu 35 % fremdvermietet sei. Die hierauf entfallenden Arbeitsplätze seien also noch hinzuzurechnen. Die angehängten Datenblätter füllten jeweils eine – nicht eng bedruckte – Seite und enthielten Grunddaten zu den beiden Teilen der Liegenschaft. Zum Objekt B-Straße 23 war dabei neben dem Baujahr, der Gebäudeart, der Grundstücksgröße und Angaben zur aktuellen Vermietungssituation aufgeführt:
1184„Bruttogrundfläche: 6.424,42 m2 (incl. 592,62 m2 TG-Stellplätze)“
1185In den unmittelbar nachfolgenden Zeilen hieß es:
1186„vermietbare Gesamtfläche: 3.786,54 qm
1187vermietete Fläche: 3.786,54 qm“
1188Am Seitenende war unter „Mieteinnahmen 2005“ eine Jahresnettomiete von € 1.632.351,00 für Büro- und Lagerfläche und € 33.256,00 für Stellplätze aufgeführt.
1189Auf dem Datenblatt für das Objekt B-Straße 25, K-Straße 22 waren an den entsprechenden Stellen folgende Informationen genannt:
1190„Bruttogrundfläche (lt. Aufmessung 2005): 14.041,75 m2
1191vermietbare Gesamtfläche: 7.362,00 qm
1192vermietete Fläche: 7.362,00 qm“
1193Zu den „Mieteinnahmen 2005“ war eine Jahresnettomiete von € 2.476.824,00 für Büro- und Lagerfläche, € 101.016,00 für das Betriebsrestaurant und € 193.440,00 für Stellplätze angegeben.
1194In der Folge veranlasste der Zeuge L1 zwei seiner Mitarbeiter, die Zeugen G4 und Y6, die Liegenschaft in Frankfurt zu besichtigen und näher zu prüfen, ob sie für die Zwecke von SOP geeignet war. Dabei sollte vor allem geklärt werden, ob in dem hinter der Altbauvilla liegenden Gebäude ein – zu diesem Zeitpunkt als notwendig erachteter – Handelsraum für das Investment Banking mit Platz für etwa 100 Mitarbeiter, wie er bislang auch in dem gemieteten Objekt an der Untermainanlage vorhanden war, nebst hierfür erforderlicher Infrastruktur untergebracht werden könnte. Schon kurz nach der Besichtigung kam die Abteilung Facility Management zu dem Schluss, dass dies nicht möglich sei. Insbesondere der „blitzförmige“ Grundriss des Bestandsgebäudes und die damit einhergehende verschachtelte Innenaufteilung standen dem entgegen. Auch empfanden die Mitarbeiter des Facility Managements die allgemeine Flächeneffizienz des hinter der Altbauvilla liegenden Gebäudes als unbefriedigend. Zudem befand sich das Gebäude in einem sanierungsbedürftigen Zustand.
1195Vor diesem Hintergrund kam in der Abteilung Facility Management die Idee auf, das als ungeeignet befundene Bestandsgebäude hinter der Villa nach einem Erwerb der Gesamtliegenschaft von der X22 abzureißen und dort einen maßgeblich auf die Bedürfnisse von SOP zugeschnittenen Neubau zu errichten. Mit der Erstellung eines ersten Entwurfs für einen solchen Neubau, anhand dessen geprüft werden sollte, ob diese Option weiter verfolgt würde, wurde der Zeuge T13 beauftragt, ein Kölner Architekt, mit dem SOP in der Vergangenheit bereits bei anderen Projekten zusammengearbeitet hatte. Diesem wurde durch die Abteilung Facility Management die Vorgabe erteilt, den Neubau so zu planen, dass insgesamt – also mit den anderen Gebäudeteilen der Liegenschaft – etwa 600 Arbeitsplätze entstehen würden. Damit wäre eine Gesamtkapazität geschaffen worden, die Raum für ein weiteres Wachstum der SOP-Mitarbeiterzahlen in Frankfurt geschaffen hätte.
1196Der bis September 2006 erstellte erste Entwurf des Zeugen T13 sah hinter der Villa die Errichtung eines 6-geschossigen Bürogebäudes – bestehend aus einem Längsriegel und einem Kopfbau zum K-Straße hin – vor. Es sollte auf den unter dem abzureißenden Bestandsgebäude bestehen bleibenden zwei Untergeschossen errichtet werden. Im Erdgeschoss war – sich höhenmäßig über zwei Geschosse erstreckend – ein großer Handelsraum für das Investment Banking vorgesehen. Außerdem sah die Planung eine Kantine vor. Bereits am 7. September 2006 führte der Zeuge T13 gemeinsam mit dem Zeugen C10 auf der Basis seines ersten Entwurfs Gespräche mit dem Bauamt der Stadt Frankfurt a.M., um auszuloten, ob für seine Planung eine Baugenehmigung erteilt werden könnte. Das Bauamt brachte dabei eine grundsätzlich positive Haltung zum Ausdruck.
1197Die Entwurfsüberlegungen des Zeugen T13 erreichten auch die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter und fanden bei diesen ein positives Echo. In der Partnersitzung vom 19. September 2006, an der die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter mit Ausnahme des Angeklagten P teilnahmen, war die Standortsituation in Frankfurt erneut Gesprächsgegenstand. Der damalige persönlich haftende Gesellschafter C7 gab dabei zu bedenken, dass auf das Projekt B-Straße verzichtet werden könne, um Umzugskosten und Kostenrisiken hinsichtlich eines Um- bzw. Neubaus zu vermeiden. Stattdessen könne vom Bankhaus L12 die zu diesem Zeitpunkt von SOP genutzte Liegenschaft in der Untermainanlage 1 erworben werden, um auch so in eigenen Gebäuden zu residieren. Der Angeklagte K sollte hierzu Gespräche mit dem Bankhaus L12 führen. Der Angeklagte J bat den Zeugen L1 daraufhin, den Angeklagten P über diese Überlegung ins Bild zu setzen. Mit E-Mail vom 25. September 2006 fragte der Zeuge L1 mit Blick auf ein bevorstehendes Gespräch mit der H33 beim Angeklagten P unter ausdrücklicher Erwähnung der Kostenbedenken des Partners C7 nach der Präferenz des Angeklagten P. Dieser sprach sich per E-Mail vom selben Tag „klar fuer die Bs“ aus. Die Kantine außerhalb der Untermainanlage 1 werde „immer ein Problem sein“. Auch die übrigen Partner zogen eine Weiterverfolgung des Projekts B-Straße vor.
1198Parallel zu diesen Vorgängen führte der Zeuge L1 mit dem Leiter der Abteilung Facility Management der H33, dem Zeugen C10, erste Gespräche über die Kaufpreisvorstellungen der H33 in Bezug auf die Liegenschaft in der B-Straße. Der Zeuge C10 erklärte dem Zeugen L1, die H33 benötige einen Kaufpreis von insgesamt rund 50 Mio. €, um verlustfrei verkaufen zu können. Diese Kaufpreisvorstellung basierte auf zwei der H33 vorliegenden Verkehrswertgutachten zu den beiden Liegenschaftsteilen, von denen eines einen Wert von insgesamt etwas über 50 Mio. € auswies, das andere – aktuellere – einen Wert von insgesamt etwas unter 50 Mio. €. Diese Gutachten waren bei SOP nicht bekannt und wurden auch weder vorgelegt noch angefordert. Ein eigenes Gutachten wurde nicht in Auftrag gegeben. Der Zeuge L1 kam jedoch auf der Grundlage seiner Erfahrung und einer „Pi-mal-Daumen“-Bewertung zu der Einschätzung, dass es sich bei der vom Zeugen C10 in den Raum gestellten Größenordnung um einen guten Preis handele.
1199Auf dieser Grundlage erachteten es die Angeklagten J und K für sinnvoll, in konkrete Kaufverhandlungen mit der H33 auf Vorstandsebene einzutreten. Die Angeklagten O und P waren in diesen Verhandlungsprozess nicht eingebunden.
1200Am 26. September 2006 fand bei SOP ein Gespräch statt, an dem für SOP die Angeklagten J und K, für die H33 zwei ihrer Vorstände – die Zeugen Dr. W3 und T16 – sowie ein Vertreter des Finanzinvestors, der die H33 übernommen hatte, teilnahmen. Zur Vorbereitung auf diesen Termin übersandte der Zeuge L1 den Angeklagten J und K am 25. September 2006 per E-Mail die ihm vom Zeugen C10 am 30. Juni 2006 übersandten Datenblätter zur Liegenschaft B-Straße (s.o.).
1201In dem ca. anderthalbstündigen Gespräch einigten sich die Beteiligten auf einen Kaufpreis für die Gesamtliegenschaft in Höhe von 51,25 Mio. €. Als Käufer sollte entweder SOP selbst oder eine andere von SOP benannte Rechtsperson auftreten. Dabei dachten die Angeklagten J und K bereits an die Möglichkeit, die Liegenschaft anstelle eines Eigenerwerbs durch SOP in einen vom Angeklagten E aufzulegenden Immobilienfonds, der die Gebäude an SOP vermieten würde, einzubringen. Der Name des Angeklagten E fiel in dem Gespräch gegenüber den H33-Vertretern indes nicht. Die Angeklagten J und K machten in dem Gespräch deutlich, dass der Kauf mit der baurechtlichen Realisierbarkeit der Pläne des Architekten T13 für den Neubau hinter der Villa „stehen und fallen“ sollte. Auf Grund des seitens der H33-Vertreter bestehenden Interesses, die Liegenschaft mit Blick auf die Sanierungsbestrebungen zeitnah zu veräußern, der Tatsache, dass sie den mit SOP vereinbarten Kaufpreis als günstig erachteten und kein anderer Käufer in Sicht war, der einen ähnlichen Preis geboten hätte, sowie der Einschätzung, dass eine Baugenehmigung für die Neubaupläne realistischerweise erteilt werden würde, akzeptierte die H33 diesen Punkt.
1202Noch am 26. September 2006 bat der Angeklagte J den Zeugen L1 per E-Mail u.a., das dem Zeugen L1 mitgeteilte Besprechungsergebnis „kurzfristig mit Herrn H2/Herrn E zu besprechen um sicherzustellen, dass hier keine zusätzlichen Bedingungen eingebracht werden müssen“. Bei dem Zeugen H2 handelte es sich um einen Mitarbeiter des Angeklagten E.
1203Gleichfalls am 26. September 2006 übersandt der Zeuge T13 dem Angeklagten E Planungsunterlagen für das Projekt.
1204Bereits am 16. Oktober 2006 übermittelte die Leiterin der Rechtsabteilung der H33 dem Zeugen L1 einen ersten Kaufvertragsentwurf im Sinne der erzielten Einigung.
(2) Die Entscheidung für die Einbringung der Liegenschaft in eine GbR-Fondskonstruktion
1205Hinsichtlich der gegenüber der H33 bis dahin noch ausdrücklich offen gelassenen Frage der als Käufer auftretenden Rechtspersönlichkeit konkretisierten sich bei SOP in dieser Zeit die Überlegungen, die Liegenschaft nicht selbst zu erwerben, sondern einen vom Angeklagten E konzipierten Immobilienfonds als Käufer fungieren zu lassen, der die Gebäude nach Realisierung der geplanten Baumaßnahmen langfristig an SOP vermieten sollte. Die Gründe hierfür lagen nicht in einem besonderen Vorteil einer solchen Konstruktion für die Bank. Maßgeblich waren vielmehr die Interessen derjenigen Personen aus dem Gesellschafterkreis der Bank, die als Zeichner eines solchen Fonds in Betracht kamen. Dabei standen Renditeinteressen und steuerliche Gesichtspunkte im Vordergrund. Letzteres traf vor allem auf A.C12, die Schwiegermutter des Angeklagten K, zu. Mit Blick auf ihr bereits fortgeschrittenes Alter sowie ihre hohe und zu diesem Zeitpunkt äußerst werthaltige Bankbeteiligung hatte sie bzw. hatten ihre potentiellen Erben ein Interesse daran, über den fremdfinanzierten Erwerb von Immobilien bzw. Immobilienbeteiligungen ein bei der Erbschaftssteuer nach damaliger Rechtslage anzusetzendes Negativvermögen aufzubauen. Dieses Interesse, das bereits in der Vergangenheit zu erheblichen Beteiligungen der A.C12 an O-E-Fonds geführt hatte, war allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern bekannt.
1206In der Sitzung vom 19. Oktober 2006 wurde erstmals im – in der Regel vierteljährlich tagenden – Aktionärsausschuss von SOP über die Liegenschaft in der B-Straße berichtet. Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter waren in dieser Sitzung anwesend. Im Zuge von Erläuterungen des Angeklagten K über die steigende Mitarbeiterzahl des Bankhauses wurde er von einem Mitglied des Aktionärsausschusses danach gefragt, wo diese Mitarbeiter untergebracht werden sollten. Darauf erklärte der Angeklagte K, es werde nach der Möglichkeit gesucht, ein neues Gebäude mit erheblich mehr Raumkapazität zu beziehen. Vor kurzem habe sich die Möglichkeit ergeben, das Gebäude der H33 auf der B-Straße, welches gegenüber der X28-Bank liege, zu übernehmen. Zur Zeit werde im Einzelnen geprüft, nach welchem Finanzierungsmodell das Gebäude erworben werden könne. Anders als viele andere Banken, die häufig Gebäude, die sie selbst bezogen hätten, verkaufen und vom Käufer anmieten würden, sei SOP bestrebt, Eigentümerin der wichtigsten von ihr genutzten Gebäude zu sein. So könnten jährliche Mietzahlungen in Millionenhöhe eingespart werden. Die – bereits angedachte und den geschilderten Eigentums-Bestrebungen von SOP entgegenstehende – Option einer Einbringung der Liegenschaft B-Straße in einen vom Angeklagten E aufzulegenden Immobilienfonds erwähnte der Angeklagte K nicht. Es fand auch keine Diskussion oder gar Beschlussfassung über das Für und Wider eines eigenen Eigentumserwerbs durch SOP statt. Die Ausführungen des Angeklagten K wurden vielmehr von den Mitgliedern des Aktionärsausschusses lediglich zur Kenntnis genommen.
1207Anfang November 2006 begann der Angeklagte E konkret mit der Konzeption einer Fonds-GbR, die die Liegenschaft B-Straße kaufen, die Baumaßnahmen realisieren und die Gesamtliegenschaft schließlich langfristig an SOP vermieten sollte. Über welche Entscheidungswege im Einzelnen dieser Konstruktion letztlich der Vorzug vor einem – noch in der Aktionärsausschusssitzung vom 19. Oktober 2006 durch den Angeklagten K als erstrebenswert bezeichneten – eigenen Eigentumserwerb durch SOP gegeben wurde, konnte in der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden. Den Angeklagten O und P teilte jedenfalls der Angeklagte K mit, dass das Projekt über eine Fonds-GbR realisiert werden solle. Eine formelle Beschlussfassung der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter nach gemeinsamer Diskussion aller Partner gab es hierzu nicht. Keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter widersetzte sich aber dieser Konstruktion. Dies gilt auch für den Angeklagten P, der der Meinung war, dass wesentliche Bankgebäude eigentlich in den Eigenbestand von SOP gehörten. Die Fondslösung wurde in der Folge auch umgesetzt. Der von den Angeklagten K und J mit der H33 ausgehandelte Kaufpreis von 51,25 Mio. € wurde durch den Angeklagten E als feststehend übernommen und in der Folge allen seinen Fondskalkulationen zugrunde gelegt.
1208SOP hatte bereits in der Vergangenheit ein Projekt, das ein selbstgenutztes Gebäude an der Kölner E-Straße 2 betraf, über eine durch den Angeklagten E konzipierte Fonds-GbR realisiert. An dieser GbR, die ein Erbbaurecht an dem genannten Grundstück erworben hatte, hatten sich als Fondszeichner Gesellschafter von SOP, die Eheleute E sowie Kunden von SOP beteiligt. Die Immobilie war mit einem Mietvertrag aus dem Jahr 1997 für 30 Jahre an SOP vermietet worden. Im November 2007 kam es zu einer Übertragung des Erbbaurechts von der GbR auf SOP selbst. Hierdurch endete dieser Mietvertrag. Der Kaufpreis für das Erbbaurecht betrug 34 Mio. € und beruhte auf dem Ergebnis eines eingeholten Verkehrswertgutachtens. Der hierin in Höhe des Kaufpreises ermittelte Ertragswert des Erbbaurechts basierte maßgeblich (in Höhe von 19,2 Mio. €) auf dem Barwert des gegenüber nachhaltig erzielbaren Erträgen bestehenden Mehrerlöses aus dem gerade mit dem Bankhaus SOP geschlossenen Mietvertrag.
(3) Die Fondskonzeption
1209In die Ausarbeitung des Kaufvertrages über die Liegenschaft wurde ab diesem Zeitpunkt der Notar M17 aus Siegburg eingebunden, der fortan als alleiniger Ansprechpartner der mit der Kaufvertragsausgestaltung betrauten H33-Mitarbeiter fungierte. Mit ihm hatte der Angeklagte E bereits in der Vergangenheit bei Immobilienprojekten zusammengearbeitet. Ein erster Kaufvertragsentwurf des Notariats M17 wurde im Dezember 2006 an die Rechtsabteilung der H33 versandt. Dieser gegenüber wurde die als Käufer auftretende Rechtspersönlichkeit weiterhin nicht näher bezeichnet. Der Name E wurde zunächst nicht erwähnt. In den Folgemonaten wurden mehrere Kaufvertragsentwürfe – noch bis zum Frühjahr 2007 mit jeweils nicht benanntem Käufer – zwischen der Rechtsabteilung der H33 und dem Notariat M17 ausgetauscht. Dabei stand die genaue rechtliche Umsetzung der grundsätzlichen Einigung, dass der Kauf nur im Falle der baurechtlichen Realisierungsmöglichkeit der von SOP gewünschten Baumaßnahmen zu Stande kommen solle, im Mittelpunkt. Fachabteilungen von SOP – etwa die Rechtsabteilung oder die Abteilung Facility Management – waren in diese den Kaufvertrag betreffenden Vorgänge nicht eingebunden.
1210In der Partnersitzung vom 21. November 2006, an der alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter von SOP teilnahmen, stellte der Zeuge L1 den aktuellen Stand der Planungen des Architekten T13 anhand einer Präsentation und eines Gebäudemodells vor. Er erläuterte hierzu, dass in dem geplanten neuen Gebäude 424 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen würden, gegenüber 320 in der Liegenschaft Untermainanlage. Hinzu kämen bereits im Frühjahr 2007 bezugsfertige 22 Arbeitsplätze im Frontgebäude zur B-Straße (also der Altbau-Bürovilla) sowie ca. 130 Arbeitsplätze in der B-Straße 23.
1211Bis Ende Januar 2007 erhielten der Angeklagte E bzw. seine Mitarbeiter zur Erstellung einer Fondskalkulation weitere Informationen zu der Liegenschaft in der B-Straße. Ihnen wurden die bestehenden Mietverträge betreffend das „H11“-Gebäude zur Verfügung gestellt. Außerdem erhielten sie vom Architekturbüro T13 verschiedene Aufstellungen mit detaillierten Angaben zu den in den Bestandsgebäuden B-Straße 23 („H11“) und 25 (Altbau-Villa) vorhandenen bzw. in dem Neubau K-Straße 22, 22a geplanten Flächen. Dabei kam es dem Angeklagten E insbesondere darauf an, die auf der Gesamtliegenschaft vorhandene bzw. geplante sog. Bruttogrundfläche (BGF) zu erfahren. Hintergrund dieses Umstands war, dass der Angeklagte E bei von ihm konzipierten O-E-Immobilienfonds in aller Regel die BGF als Bezugsgröße – insbesondere hinsichtlich der anfallenden Baukosten sowie der zu vermietenden Fläche – verwendete.
1212Die BGF ist in der DIN 277 definiert. In der Praxis wird sie fälschlicherweise häufig auch als Bruttogeschossfläche bezeichnet. Die BGF ist die Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks. Sie umfasst zum einen die Nettogrundfläche (NGF). Diese ist ihrerseits in Nutzfläche (Flächen für Wohnen und Aufenthalt, Büroarbeit, Lager etc.), technische Funktionsfläche (Flächen für betriebstechnische Anlagen wie Wasseraufbereitung, Stromversorgung, Fernmeldetechnik, Aufzüge) und Verkehrsfläche (Flure, Hallen, Treppen) unterteilt. Zum anderen umfasst die BGF aber auch die Konstruktionsgrundfläche (KGF). Diese bezeichnet die Summe der Grundflächen der aufgehenden Bauteile aller Grundrissebenen (Wände, Stützen, Pfeiler, Schornsteine, Installationsschächte etc.). Die BGF ist damit eine größere Flächeneinheit als die typischerweise und auch in Frankfurt marktüblich in gewerblichen Mietverträgen zugrunde gelegte. Marktüblich wird dort etwa auf die insbesondere technische Funktionsflächen ganz und Konstruktionsgrundflächen im Wesentlichen ausschließende Mietfläche nach der Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für gewerblichen Raum [MF-G] der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. [gif] oder die Nutz- und anteilige Verkehrsfläche abgestellt.
1213Das Vorgehen des Angeklagten E bei der Fondskonzipierung und –kalkulation entsprach auch im Übrigen den Grundsätzen, die er seit jeher in Abstimmung mit SOP für die O-E-Fonds angewendet hatte. Ausgangspunkt war, dass die Gesellschafter einer solchen Fonds-GbR über die Mieteinnahmen eine jährliche Rendite in Höhe von 6 % des Gesamtinvestitionsaufwandes (inkl. Finanzierungskosten für die Gesellschafter) erzielen sollten. Bei nach den Vorgaben eines bestimmten in Aussicht genommenen Nutzers zu erstellenden gewerblichen Immobilien bedeutete dies, dass dieser bereit sein musste, einen entsprechenden Mietzins im Sinne einer „Soll-Miete“ langfristig zu bezahlen. Diese „Soll-Miete“ wurde durch die Höhe des auch durch den prospektiven Nutzer ausgelösten Investitionsaufwandes und nicht durch einen Vergleich mit für die fertiggestellte Immobilie marktüblichen Mieten bestimmt. Außerdem entsprach es der ständigen Übung bei der Konzeption von O-E-Fonds, einen ausreichenden Ertrag der in die Fondsrealisierung eingebundenen Funktionsträgergesellschaften der OEH – an der zu diesem Zeitpunkt das Bankhaus sowie die Familie E jeweils zur Hälfte beteiligt waren – dadurch sicherzustellen, dass auf den kalkulierten Gesamtaufwand der GbR (also ohne die Finanzierungskosten für die einzelnen Gesellschafter) eine Marge von 15 % für Bürokosten, Steuerverpflichtungen, Gewährleistungsaufwand und Gewinn der O-E-Gesellschaften sowie eine weitere Marge für Unvorhergesehenes einkalkuliert wurde.
1214Vor diesem Hintergrund erstellte der Angeklagte E bis Anfang Februar 2007 eine Fondskalkulation, die Basis für die Beitrittsentscheidung von Fondszeichnern sein sollte.
1215Dabei ging der Angeklagte E zu diesem Zeitpunkt noch davon aus, dass neben der Errichtung eines Neubaus im K-Straße 22, 22a auch sowohl die Altbau-Villa (B-Straße 25) als auch das „H11“-Gebäude (B-Straße 23) renoviert werden sollten. Der Architekt T13 hatte bis zu diesem Zeitpunkt grundplanerisch allerdings lediglich vorgesehen, die Villa nach den Neubauarbeiten – die mit Einwirkungen auch auf die angeschlossene Villa einhergehen würden – wieder in einen ursprünglicheren Zustand bei Rückbau einzelner Räume zu versetzen. Das „H11“-Gebäude war, mit Ausnahme der Realisierung einer Verbindungsbrücke vom Neubau aus, gar nicht Gegenstand seiner Planungen. Das vom Angeklagten E am 1. Februar 2007 erstellte „Eckdatenblatt“ hatte folgenden Wortlaut:
1216 1217 1218 1219 1220Die BGF-Angaben hatte der Angeklagte E gerundet den zeitlich letzten Flächenaufstellungen entnommen, die er vom Zeugen T13 erhalten hatte. Anhand dieser Aufstellungen, die diesen Punkt offen auswiesen, erkannte der Angeklagte E, dass die von ihm in das Eckdatenblatt übernommenen BGF-Zahlen sowohl hinsichtlich der Altbau-Villa als auch hinsichtlich des geplanten Neubaus auch die vorhandenen und nach damaligem Planungsstand bestehen bleibenden Untergeschosse mit umfassten. Hierauf entfielen hinsichtlich des Neubaus 3.855,39 m2, hinsichtlich der Altbau-Villa 454,61 m2.
1221Den kalkulatorischen Gesamtaufwand hatte der Angeklagte E zu diesem Zeitpunkt wie folgt ermittelt:
1222 1223Dabei ging der Angeklagte E von reinen Herstellungskosten in Höhe von 23.784.700,00 € aus, die die – von ihm von Anfang an als zu beauftragende Projektentwicklerin und Generalübernehmerin vorgesehene – Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH (GEWG) an Drittfirmen zu zahlen hätte.
1224Auf Anregung seines Steuerberaters erhöhte der Angeklagte E am 2. Februar 2007 den für den Generalübernehmer in Ansatz gebrachten Betrag um 2,95 Mio. € auf nunmehr 48 Mio. €, während er die Position Nebenkosten um den gleichen Betrag auf nunmehr 2,55 Mio. € reduzierte.
1225Zeitgleich hierzu wurden bei SOP Überlegungen angestellt, wem der geplante Immobilienfonds zur Mitzeichnung angeboten werden sollte. Hiermit befasst war insbesondere der Angeklagte O und die seinem Ressort unterfallende, vom Zeugen L2 geleitete Abteilung, die für die marktseitige Betreuung der O-E-Investoren, die marktseitige Bearbeitung hierauf bezogener Kreditanträge sowie die generelle Verwaltung der O-E-Fonds im Bankhaus zuständig war. In diesem Zusammenhang gelangte auch das vom Angeklagten E erstellte „Eckdatenblatt“ in die vom Zeugen L2 geleitete Abteilung. Es wurde auch jedenfalls von den Angeklagten O und K zur Kenntnis genommen.
1226Bis Anfang Februar 2007 bestanden Überlegungen, den Fonds nicht nur persönlich haftenden Gesellschaftern bzw. Kommanditaktionären von SOP, sondern – wie typischerweise bei O-E-Fonds – auch Kunden des Bankhauses anzubieten. Letztlich verwarfen die beiden Angeklagten diese Option aber.
1227Daraufhin übermittelte der Angeklagte O am 7. Februar 2007 dem Angeklagten E einen – zuvor mit den Betroffenen abgestimmten – Platzierungsvorschlag für die zu gründende GbR. Danach sollten er selbst und der Angeklagte K jeweils 8,3 %, der Zeuge B.C12 (der Schwager des Angeklagten K, Aufsichtsratsvorsitzende und stellvertretende Aktionärsausschussvorsitzende) weitere 8,3 %, A.C12 (die Mutter B.C12s, Schwiegermutter des Angeklagten K und Ehrenvorsitzende des Aktionärsausschusses) 50 % sowie die Eheleute E insgesamt 25,1 % der GbR-Anteile übernehmen.
1228Der Angeklagte E war Vermögensverwalter und Inhaber einer Generalvollmacht über den Tod hinaus des Angeklagten K, des Zeugen B.C12 sowie der A.C12. Die vorgesehene hohe Beteiligung der A.C12 war auf die geschilderte erbschaftsteuerliche Interessenlage zurückzuführen. Eine vom Angeklagten E konzipierte Immobilienfonds-GbR, an der lediglich Gesellschafter des Bankhauses sowie die Familie E – also keine sonstigen Bankkunden – beteiligt waren, hatte es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben. Auch mit Blick auf die sich abzeichnende hohe Beteiligung des „Stammes S“ hielt es der Angeklagte O für wichtig, auch selbst – gleichsam als Vertreter des „Stammes L-Straße “ – an der GbR Frankfurt B-Straße beteiligt zu sein. Diskussionen über die Fondszusammensetzung oder Einladungen zur Mitzeichnung hatte es in keiner Sitzung eines Bankgremiums – insbesondere nicht im Aktionärsausschuss oder Aufsichtsrat – gegeben.
1229Die Angeklagten J und P waren an dem Entscheidungsprozess hinsichtlich der konkreten GbR-Zusammensetzung nicht beteiligt. Sie wurden auch nicht aktiv auf eine eigene Mitzeichnung angesprochen.
1230Der Angeklagte E stimmte dem Platzierungsvorschlag des Angeklagten O zu. Eine von allen künftigen GbR-Gesellschaftern „zur Kenntnis genommene“ und durch Unterschrift „genehmigte“ Entscheidungsvorlage des Angeklagten E vom 12. Februar 2007 sah – wie zuvor auch das „Eckdatenblatt“ – einen kalkulierten Gesamtaufwand für das Projekt in Höhe von 110 Mio. € vor. Schon hier wurde allerdings darauf hingewiesen, dass sich dieser wegen „mieterspezifischer Wünsche oder Mehrflächen“ um bis zu 20 Mio. € erhöhen könne. Die Gesamtmietfläche von 19.866 m2 wurde ausdrücklich auf BGF bezogen.
1231Der in der Entscheidungsvorlage verwendete Begriff „mieterspezifische Wünsche“ (häufig auch: „mieterspezifische Sonderwünsche“) entsprach der üblichen Terminologie bei vom Angeklagten E aufgelegten O-E-Fonds. Hierbei legte der Angeklagte E seiner Grundkalkulation regelmäßig die Erstellung bezugsfertiger Gebäude „mittlerer Art und Güte“ zugrunde. Die Einzelheiten dieses „Grundmodells“ waren in einer vom Angeklagten E als Standard entwickelten Bau-, Qualitäts- und Ausstattungsbeschreibung (BQA) niedergelegt. Veranlasste der in Aussicht genommene Nutzer des zu erstellenden Gebäudes gegenüber dem Grundmodell mehrkostenverursachende Abweichungen, erfasste der Angeklagte E diese in seiner Fondskalkulation ausdrücklich als „mieterspezifische Sonderwünsche“. Sie wurden dann entsprechend der zugrunde gelegten Renditeerwartung (etwa 6 %) auf den kalkulierten Jahresmietansatz aufgeschlagen. Den in der Entscheidungsvorlage vom 12. Februar 2007 enthaltenen Vorbehalt eines um 20 Mio. € höheren Gesamtaufwandes nahm der Angeklagte E auf, weil er mit derartigen „mieterspezifischen Sonderwünschen“ von SOP rechnete.
(4) Die Erstellung der Kreditprotokolle für die Fondsfinanzierung
1232Nach der in der Entscheidungsvorlage vom 12. Februar 2007 erfolgten Festlegung der wesentlichen Grunddaten der Fondskonstruktion wurde der Zeuge L2 gebeten, den bankinternen Prozess zur Ausreichung von Krediten an die (künftigen) GbR-Gesellschafter für die Zwischen- bzw. Vorfinanzierung des Projekts zu initiieren. Dies war eine typische Aufgabe der von ihm geleiteten Abteilung. Üblicherweise stand der Abteilung des Zeugen L2 dabei aber – schon zum Zwecke der Kundenansprache – ein sogenannter Investorenordner zur Verfügung, in dem nicht nur „Eckdatenblätter“, sondern ein umfangreicheres Exposé zu dem betroffenen Projekt mit Finanz- und Investitionsplänen sowie etwaig schon geschlossene (Vor-)Verträge enthalten waren. Dies war hier nicht der Fall.
1233Anhand des ihm an schriftlichen Unterlagen allein vorliegenden „Eckdatenblatts“ sowie eines Kaufvertragsentwurfs und auf der Grundlage einer Rücksprache mit Mitarbeitern des Angeklagten E – deren Inhalt im Einzelnen die Kammer nicht feststellen konnte – verfasste der Zeuge L2 am 27. Februar 2007 folgende Notiz:
1234 1235Die Formulierung „ca. 19.900 qm moderner Bürofläche“ – statt der im „Eckdatenblatt“ des Angeklagten E noch enthaltenen Bezeichnung dieser Fläche (19.866 m2) als BGF – war darauf zurückzuführen, dass der Zeuge L2 auf Grund seiner regelmäßigen Befassung mit O-E-Fonds um die Praxis des Angeklagten E wusste, in derartigen Fondsprojekten die Vermietung grundsätzlich bezogen auf die BGF vorzunehmen. Dies führte dazu, dass in diesem Zusammenhang für den Zeugen L2 BGF und „Bürofläche“ letztlich „das Gleiche“ waren. Eine Verschleierungsabsicht des Zeugen L2 oder eine konkrete Einflussnahme Dritter auf ihn, in seiner Notiz zu Verschleierungszwecken die Bezeichnung BGF in „Bürofläche“ abzuändern, konnte die Kammer nicht feststellen. Dem Zeugen L2 war dabei bewusst, dass die von ihm (gerundet) aus dem „Eckdatenblatt“ übernommene Flächenangabe (19.900 m2) sich auf die BGF bezog und damit auf eine größere als die typischerweise und auch in Frankfurt marktüblich in gewerblichen Mietverträgen zugrunde gelegte Flächeneinheit (s. oben (3)).
1236Dem trug der Zeuge L2 bei der Überprüfung der Marktüblichkeit des – sich aus der Kalkulation des „Eckdatenblattes“, also noch ohne Ansatz mieterspezifischer Sonderwünsche gerundet ergebenden (6.600.000,00 € Jahresmiete geteilt durch 19.866 m2 geteilt durch 12 = 27,69 € Monatsmiete pro m2) – Mietzinses von 27,00 € pro Quadratmeter Rechnung. Hierzu nahm er Einblick in Marktberichte von Investmenthäusern und Maklern zu Vergleichsmieten in der betroffenen Umgebung. Diesen entnahm er monatliche Mieten von bis zu 35 € pro Quadratmeter. Weil ihm bewusst war, dass sich diese Angaben auf die typischerweise zugrunde gelegten geringeren Mietflächen – also nicht die BGF – bezog, nahm er auf die überprüften 27,00 € einen „BGF-Zuschlag“ von 10 bis 20 % vor. Diesen Richtwert legte der Zeuge L2 regelmäßig pauschal zugrunde, um BGF-Werte in die marktübliche Mietfläche umzurechnen. Da der sich aus dem „Eckdatenblatt“ ergebende Mietzins selbst mit einem solchen Zuschlag noch unter 35 € blieb, befand der Zeuge L2 ihn für marktüblich. Dass die aus dem „Eckdatenblatt“ entnommene Fläche dabei auch unterirdische BGF umfasste, war dem Zeugen L2 nicht bewusst. Unterlagen, die eine konkret auf die betroffene Liegenschaft bezogene Ermittlung der marktüblich vermietbaren Mietfläche und deren Qualität ermöglicht hätten, lagen ihm nicht vor. Sie wurden von ihm auch nicht angefordert. Ihm ging es nämlich – vor dem Hintergrund, dass bei den anstehenden Kreditgewährungen wie üblich bei O-E-Fonds für die Vor- bzw. Zwischenfinanzierung ganz vorrangig auf die Bonität der Kreditnehmer abgestellt wurde – lediglich darum, eine ungefähre Vorstellung davon zu bekommen, ob der kalkulierte Mietansatz im marktüblichen Bereich lag.
1237Zur Vorbereitung eines Kreditprotokolls leitete der Zeuge L2 seine Notiz nebst einem Grundstückskaufvertragsentwurf an die für Privatkundenkredite zuständige Mitarbeiterin der Marktfolgekreditabteilung, die Zeugin F5, weiter. Dieser lagen selbst keine weiteren Unterlagen zu dem zu kreditierenden Projekt vor. Dies empfand die Zeugin als unzureichend. Bei typischen, d.h. auch Kunden des Bankhauses angebotenen O-E-Fonds wurden der Kreditabteilung schon zur Votierungsvorbereitung regelmäßig weitere Unterlagen – wie etwaig schon abgeschlossene Verträge oder ein Exposé mit einem Finanz- und Investitionsplan – zur Verfügung gestellt. Auf Rückfrage beim Zeugen L2 erklärte dieser lediglich, dass „weitere Unterlagen nachträglich angefordert werden“ könnten und der zu erwartende Mietertrag „ wohl auskömmlich für den Kapitaldienst sein“ werde. Auch diese pauschalen Informationen hielt die Zeugin F5 für unzureichend, was sie in einer E-Mail an den Zeugen G2 vom 27. Februar 2007 thematisierte. Hierin legte sie ausdrücklich dar, dass nach ihrer „grob überschlägigen Rechnung die Kapitaldienste nicht erwirtschaftet“ würden. Vor diesem Hintergrund könne man sich in den Voten nur auf die positive Bonität der Kreditnehmer stützen, wobei deren Ratings „zum großen Teil nach wie vor nicht aktuell“ seien.
1238Vor diesem Hintergrund verfasste die Zeugin F5 am 27. Februar 2007 die folgende Notiz, die auch das – zeitgleich vom Zeugen L2 an die Kreditabteilung kommunizierte und vergleichbar strukturierte – Fondsprojekt Köln A-Straße, das Gegenstand eines in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Tatvorwurfs war, behandelte:
1239 1240 1241 1242Die bei SOP durch entsprechende Ratings dokumentierte positive Bonitätseinschätzung beruhte hinsichtlich der persönlich haftenden Gesellschafter bzw. der Kommanditaktionäre dabei wesentlich auf dem Wert, der dem Bankhaus beigemessen wurde.
1243Die Notizen der Zeugen L2 und F5 vom 27. Februar 2007 wurden den daraufhin erstellten, sich auf den in der Notiz der Zeugin F5 dargestellten jeweiligen Kreditrahmen für die Projekte B-Straße und A-Straße beziehenden Kreditprotokollen als Anlage beigefügt. Das Protokoll selbst enthielt jeweils ein vom Zeugen L2 unterzeichnetes Marktvotum mit folgendem Wortlaut:
1244„Aufgrund der hervorragenden Bonität des Investors sind die Zwischenfinanzierungen, die zunächst für die Kaufpreiszahlungen der Altsubstanz benötigt werden, gut vertretbar. Vollständige Beleihungsunterlagen, die für die auf die Immobilie abgestützten langfristigen Finanzierungen erforderlich sind, werden uns sukzessive nachgereicht sobald vorliegend. Die Anmietung der Flächen durch das Bankhaus erfolgt nach unserer Einschätzung zu marktüblichen Mietzinsen.“
1245Das unmittelbar darunter abgedruckte, von den Zeuginnen F5 und Q13 unterzeichnete Votum der Kreditabteilung lautete wie folgt:
1246„Die Einräumung der Zwischenfinanzierungen sind zum aktuellen Zeitpunkt ausschließlich vor dem Hintergrund der positiven Bonität des Kreditnehmers sowie der vorgesehenen Mietvereinbarungen mit dem Bankhaus O zu sehen, die den Kapitaldienst für die langfristigen Fremdkapitalfinanzierungen angabegemäß tragen werden.
1247Nähere Unterlagen zu den Objekten sowie Einzelheiten zur Planung, die eine Einschätzung zur Werthaltigkeit und Kapitaldienstfähigkeit ermöglichen würden, liegen uns zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht vor, sind uns aber avisiert.“
1248Die Kreditprotokolle wurden Anfang März 2007 von allen damaligen persönlich haftenden Gesellschaftern – dem Angeklagten K für den Marktbereich, dem Angeklagten J für den Marktfolgebereich sowie ohne besondere Zuständigkeitskennzeichnung von dem damaligen persönlich haftenden Gesellschafter C7, dem Angeklagten O und dem Angeklagten P – sowie den Mitgliedern des Kredit- und Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats – den Zeugen Ob und B.C12 sowie Z20 – durch Paraphierung abgezeichnet. Der Paraphierung des Zeugen Ob ging ein persönliches Gespräch mit der Leiterin der Kreditabteilung, der Zeugin Y7, voraus. Die Inhalte dieses Gesprächs konnte die Kammer nicht feststellen.
(5) Die Gründung der GbR
1249Mit Urkunde des Notars M17 vom 1. März 2007 gründete der Angeklagte E – handelnd im eigenen Namen und als Vertreter ohne Vertretungsmacht für alle übrigen genannten Gesellschafter – die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR.
1250§ 2 des Gesellschaftsvertrages bestimmte, dass der Zweck der Gesellschaft der Erwerb der Flurstücke xxx, xxx und xxx, der teilweise Abriss der auf dem Grundbesitz vorhandenen Bausubstanz, dessen Neubebauung mit einem Bürohaus sowie die langfristige Vermietung und Verwaltung des Immobilienvermögens der Gesellschaft sei. Die Gesellschaftversammlung beschließe endgültig über die Einzelheiten der Bebauung, die abzuschließenden Verträge, die Vertragsinhalte und die Vertragspartner. Ein Hinweis auf eine beabsichtigte Vermietung an SOP fand sich in dem Vertrag nicht. Weiter bestimmte § 2, dass beim Erwerb bzw. der Herstellung der Vermögensgegenstände sowie der Vermietung und Verwaltung des Vermögens der Gesellschaft die Erzielung eines möglichst hohen und zugleich nachhaltigen Ertrages im Vordergrund stehe. Dabei übe die Gesellschaft nur private Vermögensverwaltung aus und sei nicht gewerblich tätig.
1251§ 3 legte die Beteiligungsquoten der Gesellschafter am Vermögen und Ertrag der Gesellschaft sowie an einem etwaigen Liquidationserlös wie in der Notiz der Zeugin F5 vom 27. Februar 2007 fest (A.C12: 50,0 %; B.C12: 8,3 %; O: 8,3 %; K: 8,3 %; Ea: 5,1 %; E: 20,0 %). Weiter verpflichtete § 3 die Gesellschafter dazu, im Verhältnis ihrer Beteiligungsquoten Beiträge zunächst in der Höhe zu leisten, wie dies erforderlich sei, damit die Gesellschaft ihre Verpflichtung aus dem beabsichtigten Grundstücksankaufsvertrag zuzüglich Erwerbsnebenkosten erfüllen könne. Der Grundstückskaufpreis werde voraussichtlich 51,25 Mio. € betragen. Bei Gesellschafterbeschlussfassungen, die zu einem weiteren – auch unvorhergesehenen – und durch das liquide Gesellschaftsvermögen nicht gedeckten Aufwand der Gesellschaft führten, seien die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligungsquoten verpflichtet, diesen Aufwand durch zusätzliche Beiträge zu decken. Eine konkrete „Zeichnungssumme“ enthielt der Gesellschaftsvertrag nicht. Weiter war bestimmt, dass das erforderliche Gesellschaftskapital in voller Höhe durch Gesellschaftereinlagen erbracht werde. Die Gesellschaft selbst nehme keine Darlehen in Anspruch.
1252§ 4 bestimmte den Angeklagten E zum Geschäftsführer der Gesellschaft. Für seine Tätigkeit erhalte er eine angemessene, als Ergebnisvorab zu behandelnde Vergütung, die durch die Gesellschafterversammlung noch festzulegen sei.
1253§ 6 des Gesellschaftsvertrages traf Bestimmungen zur Gesellschafterversammlung. In dieser oder im schriftlichen Umlaufverfahren erfolge die Willensbildung der Gesellschaft. Beschlüsse würden – soweit im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich anders bestimmt – mit der einfachen Mehrheit der abgegeben Stimmen gefasst. Einer Mehrheit von zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen bedurften nach § 6 Beschlüsse über die Bestellung eines neuen Geschäftsführers, die Liquidation der Gesellschaft sowie den Abschluss, wesentliche Änderungen oder vorzeitige Beendigung eines Mietverhältnisses, das sich auf mehr als 25 % der gesamten Mietfläche des Immobilienobjektes der Gesellschaft bezieht. Der Einstimmigkeit unter Zustimmung aller Gesellschafter bedurften Beschlüsse, deren Umsetzung zu einem weiteren durch Rücklagen nicht gedeckten Finanzbedarf der Gesellschaft führen und die demzufolge gemäß § 3 Nachschusspflichten der Gesellschafter auslösen würde – insbesondere der Grundstücksankauf über das in § 2 bezeichnete Grundbesitzobjekt, der Abschluss von Verträgen zur Vorbereitung und Durchführung von Baumaßnahmen auf dem Immobiliengrundbesitz der Gesellschaft bzw. Änderung solcher Verträge sowie der Zukauf weiteren Grundbesitzes. Der Einstimmigkeit unterlagen ferner Beschlüsse über Änderungen des Gesellschaftsvertrages und über die Belastung des Gesellschaftsvermögens mit Grundpfandrechten über den Betrag von 80 % der Summe der von den Gesellschaftern geschuldeten bzw. erbrachten Einlagen hinaus.
1254§ 7 des Gesellschaftsvertrages regelte den Wechsel im Gesellschafterbestand. Es war bestimmt, dass jeder Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil und damit sämtliche Rechte und Pflichten jederzeit ganz oder teilweise auf einen Dritten übertragen könne. Die Übertragung bedürfe der notariellen Beurkundung.
1255§ 8 des Gesellschaftsvertrages traf Bestimmungen zu den Folgen des Ausscheidens eines Gesellschafters. Dieser erhalte eine Abfindung auf der Basis des Verkehrswertes des Vermögens der Gesellschaft. Dieses sei durch einen unabhängigen vereidigten Grundstückssachverständigen zu ermitteln.
1256Die für die übrigen GbR-Gesellschafter als Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebenen Erklärungen des Angeklagten E wurden in der Folge von diesen genehmigt.
(6) Der erste Gesellschafterbeschluss aus März 2007
1257Noch im März 2007 beauftragten die GbR-Gesellschafter durch Unterzeichnung eines entsprechenden Beschlusses den Angeklagten E als Geschäftsführer der GbR u.a. zum Abschluss des Grundstückskaufvertrages zu einem Kaufpreis von 51,25 Mio. € und zum Abschluss eines Vertrages mit der Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH (GEWG) „über den Abriss und den Neubau eines Bürogebäudes mit ca. 8.300,00 m2 Bürofläche auf der vorhandenen Tiefgarage und Renovierung des historischen Gebäudes“. Alternativ solle „auch der Abriss der vorhandenen Tiefgarage und der Neubau einer bis zu viergeschossigen Tiefgarage geplant werden“. Die Aufnahme einer Alternativplanung des Abrisses der vorhandenen (2-geschossigen) Tiefgarage bei Neubau einer bis zu viergeschossigen Tiefgarage ging darauf zurück, dass zwischenzeitlich Bedenken aufgetreten waren, ob man den vom Zeugen T13 geplanten Neubau in statischer Hinsicht überhaupt oder jedenfalls – mit Blick auf etwaig erforderliche Stützmaßnahmen – sinnvoll auf die bestehende Tiefgarage aufsetzen könnte. Die Überlegung, im Falle eines Neubaus gegenüber dem bisherigen Zustand zwei zusätzliche Untergeschosse – also insgesamt vier – zu errichten, hatte den Hintergrund, dass die Stadt Frankfurt Bedenken hinsichtlich der in der Planung für die Obergeschosse vorgesehenen Technikräume angemeldet hatte. Diese hätte man in den zusätzlichen Untergeschossen unterbringen können.
(7) Der Abschluss der Kreditverträge für die Fondsfinanzierung
1258Derweil wurden bei SOP die genehmigten Kreditprotokolle hinsichtlich der Einlagenfinanzierung für die GbR B-Straße vertraglich umgesetzt. Zwischen dem 17. und 22. März 2007 kam es zwischen SOP und den GbR-Gesellschaftern zum Abschluss von Kreditverträgen zur Vorfinanzierung der Eigenkapitaleinlage sowie zur Zwischenfinanzierung des Fremdkapitalanteils. Entsprechend dem Kreditprotokoll betrug das Gesamtkreditvolumen 130 Mio. €. Betragsmäßig teilten sich die Kreditbeträge wie folgt auf:
1259
GbR-Anteil |
Gesamtfinanzierung |
Eigenkapitalanteil (25 %) |
Fremdkapitalanteil (75 %) |
|
A.C12 |
50 % |
65.000.000,00 € |
16.250.000,00 € |
48.750.000,00 € |
v. K |
8,3 % |
10.790.000,00 € |
2.697.500,00 € |
8.092.500,00 € |
O |
8,3 % |
10.790.000,00 € |
2.697.500,00 € |
8.092.500,00 € |
B.C12 |
8,3 % |
10.790.000,00 € |
2.697.500,00 € |
8.092.500,00 € |
E |
20 % |
26.000.000,00 € |
6.500.000,00 € |
19.500.000,00 € |
Ea |
5,1 % |
6.630.000,00 € |
1.657.500,00 € |
4.972.500,00 € |
Gesamt |
100 % |
130.000.000,00 € |
32.500.000,00 € |
97.500.000,00 € |
Die Laufzeit der Kreditverträge war jeweils bis zum 31. Dezember 2010 festgelegt.
1261Am 17. März 2007 bat die Zeugin F5 den Zeugen L2 per E-Mail darum, ihr – wie im Rahmen der Kreditprotokollerstellung vom Zeugen L2 avisiert – Unterlagen u.a. zum Objekt B-Straße – „z.B. GbR-Verträge, Kaufverträge, Grundbuchauszüge, Kalkulationen(?), Miet(vor)verträge, Objektunterlagen“ – zur Verfügung zu stellen. Auch wenn die Finanzierungen in der Zwischenfinanzierungsphase in erster Linie auf die Bonitäten abgestellt seien, benötige ihre Abteilung solche Unterlagen zur Dokumentation. In der Folge gingen in der Kreditabteilung keine derartigen Unterlagen ein.
(8) Die Folgen der GbR-Struktur für die Einbindung der Abteilung Facility Management in das Projekt
1262Derweil schritten auch die baulichen Planungen weiter voran. Die Information, dass das Projekt B-Straße nicht unmittelbar durch SOP, sondern durch eine Fonds-GbR realisiert werden sollte, machte für die Intensität der Einbindung der Mitarbeiter der Abteilung Facility Management in die Planungen keinen wesentlichen Unterschied. Der Leiter der Abteilung, der Zeuge L1, empfand den aufgelegten Fonds – ungeachtet der Beteiligung des Ehepaars E – als Projekt der „Bankfamilie“, die er letztlich als „Synonym“ für die Bank wahrnahm. Formal bedeutete die gewählte Konstruktion aber, dass die Bank selbst keine unmittelbaren Weisungsrechte gegenüber den an der Projektrealisierung beteiligten Personen und Firmen hatte, sondern Wünsche von SOP stets nur über die GbR einer Realisierung zugeführt werden konnten. Praktisch wurde die Konstruktion so gelebt, dass die Mitarbeiter der Abteilung Facility Management die beim Neubau zu berücksichtigenden Bedürfnisse des Bankhauses hinsichtlich der Gebäudekonzeption und -ausstattung gegenüber dem Architekten T13 – der fortan eine Vertragsbeziehung mit der GEWG unterhielt – oder dem „Hause E in T “ kommunizierten. Mit letzterem Begriff bezeichneten die Mitarbeiter der Abteilung Facility Management die von ihnen faktisch als Einheit wahrgenommenen unterschiedlichen Firmen der OEH in T . Auf Seiten des „Hauses E“ trat dabei in der täglichen Arbeit gegenüber den Mitarbeitern des Facility Managements insbesondere Z4 auf. Hinsichtlich bautechnischer Fragen waren auch Eg, der Bruder des Angeklagten E, sowie Ec, sein Neffe, eingebunden. Die GEWG hatte außerdem die Firma D8 & D9 als Projektsteuerin eingeschaltet. Diese Aufgabe wurde auch gegenüber den Mitarbeitern von SOP durch den für D8 & D9 tätigen Zeugen Prof. Y4 wahrgenommen. Zahlreiche Gespräche insbesondere innerhalb dieses Personenkreises hatten zum Ziel, eine bauantragsfähige Planung und eine BQA für den Neubau zu erstellen, die die Bedürfnisse und Wünsche von SOP als in Aussicht genommener Nutzerin berücksichtigten. Dabei hatten die Mitarbeiter der Abteilung Facility Management bei SOP allerdings keinen genauen Einblick in die Höhe der – ggf. auch durch ihre eigenen Wünsche verursachten – Planungs- und Baukosten. Die konkreten Kosten- und Vertragsentscheidungen waren aus Sicht der Mitarbeiter des Facility Managements der GbR bzw. der Ebene der persönlich haftenden Gesellschafter sowie dem Angeklagten E vorbehalten.
(9) Der Steuerberatungsvertrag
1263Am 7. März 2007 schloss die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR – vertreten durch ihren Geschäftsführer, den Angeklagten E – mit den Steuerberatern Z25&Z26 einen Steuerberatungsvertrag für die Investitionsphase. Für die laufende objektbezogene steuerliche Beratung und Betreuung der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter bezogen auf die Umsatz-, Einkommen-, Grunderwerb- und Grundsteuer für den Zeitraum der Investitionsphase sowie die Mitwirkung bei der Festellung des Einheitswerts des Grundbesitzes der Gesellschaft und Erstellung der Einheitswerterklärung war darin eine pauschale Vergütung in Höhe von 750.000,00 € netto zzgl. Umsatzsteuer vereinbart. 50 % hiervon waren bei Vertragsschluss fällig, 30 % bei Baubeginn und 20 % bei Bezugsfertigstellung, spätestens bei behördlicher Schlussabnahme. Die steuerliche Beratung in der Mietphase gehörte ausdrücklich nicht zum Leistungsumfang.
(10) Der nicht zu Stande gekommene frühe Mietvertrag für die Gesamtliegenschaft
1264Am 26. März 2007 erstellten drei Mitarbeiter des Angeklagten E – Z4 sowie die Zeugen H2 undY1 – eine „Entscheidungsvorlage Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR – Eckdaten Mietvertrag“. Diese sah als Vermieter die GbR, als Mieter SOP vor. Als Mietobjekt war die Gesamtliegenschaft Frankfurt B-Straße 23 und 25 sowie K-Straße 22, 22a angegeben. Die Laufzeit des Mietvertrages sollte 30 Jahre, beginnend mit dem Monatsersten nach Übergabe, betragen. Als Jahresmiete war eine Gesamtmiete in Höhe von 7.854.000,00 € angegeben. Die angegebene Gesamtmiete entsprach 6 % von 130.900.000,00 €. Mit diesem Betrag kalkulierte der Angeklagte E zu dieser Zeit – weiterhin unter der Prämisse eines Erhalts der bestehenden Tiefgarage unter dem Neubau – als Gesamtaufwand. Hierin eingerechnet waren bereits – ohne dass sich dies aus der Entscheidungsvorlage selbst ergab – vom Angeklagten E erwartete aber ihm noch nicht konkret bekannte, schon in der Entscheidungsvorlage vom 12. Februar 2007 angedeutete „mieterspezifische Sonderwünsche“ in Höhe von rund 20 Mio. €. Als Mietzinszahlungsbeginn war die Übergabe des noch zu errichtenden Neubaus vorgesehen. Unter dem Punkt „Umbaumaßnahmen/Neubau“ war ausgeführt: „Bei Investitionskosten von 20 Mio. € inklusive Nebenkosten erhöht sich der jährliche Mietzins um 1,2 Mio. €, bei geringeren oder höheren Investitionskosten verändert sich der jährliche Mietzins in gleichem Verhältnis.“ Eine nähere Erläuterung dieses Punktes – insbesondere eine Klarstellung, auf welche Investitionskosten sich die in der Entscheidungsvorlage genannte Miete bereits bezog – erfolgte nicht. Die Angeklagten K und E unterschrieben diese Entscheidungsvorlage unter der Überschrift „genehmigt“. Eine ausdrückliche Kennzeichnung, in welcher Funktion sie insoweit handelten, erfolgte dabei nicht.
1265Mit Schreiben vom 27. März 2007 übersandte der Angeklagte E unter dem Briefkopf der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR dem Angeklagten K in das Bankhaus (mit dem Zusatz „persönlich/vertraulich“) einen inhaltlich den Eckdaten der Entscheidungsvorlage entsprechenden ausformulierten Mietvertrag zwischen der Grundstücksgesellschaft und SOP mit der Bitte, ihn „unterschrieben zurückzureichen“. Zu einer Unterschrift dieses Vertrages kam es auf Seiten von SOP in der Folge nicht. Die Hintergründe hierfür konnte die Kammer in der Hauptverhandlung nicht aufklären. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte K den ihm zur Unterschrift übersandten Mietvertrag mit anderen Personen im Bankhaus – persönlich haftenden Gesellschaftern oder Mitarbeitern – besprach.
1266Ebenfalls unter dem 27. März 2007 übersandte der Angeklagte E dem Angeklagten K einen Mietvertrag für das – gleichfalls für eine Selbstnutzung durch SOP vorgesehene und durch einen vom Angeklagten E konzipierten Fonds, an der lediglich Bankfamilienmitglieder sowie die Eheleute E beteiligt waren, realisierte – Objekt in der Kölner A-Straße. Zur Unterzeichnung eines solchen Vertrages kam es allerdings – anders als hinsichtlich der Gesamtliegenschaft in der B-Straße – in der Folge auch, nämlich im Juni 2007.
(11) Der Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag
1267Gleichfalls am 27. März 2007 schloss die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR als Auftraggeber (AG), vertreten durch den Angeklagten E, mit der GEWG als Auftragnehmer (AN), vertreten durch Z4, einen „Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag“.
1268§ 1 legte als Vertragsgegenstand die „schlüsselfertige, funktionsgerechte und betriebsfertige Erstellung eines Bürogebäudes auf einer vorhandenen Tiefgarage (rückwärtig vom historischen Gebäude B-Straße gelegen) nebst Außenanlage auf dem Grundstück des AG in Frankfurt Flur 8 Flurstücke xxx, xxx, xxx“ fest. Das auf der zweigeschossigen Tiefgarage befindliche Bürogebäude solle abgetragen werden. Weiter hieß es: „Der AG beabsichtigt nach ersten Planungsüberlegungen folgende Baumaßnahmen auf dem Baugrundstück: Abbruch von etwa 7.200 m2 BGF vorhandener Bürofläche bis Oberkante Decke über Tiefgarage, Errichtung eines Bürohauses mit ca. 8.387 m2 BGF auf der Fläche oberhalb der vorhandenen zweigeschossigen Tiefgarage. BGF im Sinne dieses Vertrages ist die Bruttogrundfläche nach DIN 277, Teil 1, Ausgabe 1987, Bereich „a“ von Ziff. 3.1.1 der Norm. Die Büroflächen sind im Wesentlichen für eine Verwaltung zu errichten. Als Grundlage dafür soll hinsichtlich Gestaltung und Ausstattung eine Bau-, Qualitäts- und Ausstattungsbeschreibung für Bau- und technische Gebäudeausstattung dienen. Verlangt der AG, einen höheren Standard zu errichten, ist der AN verpflichtet, diesen höheren Standard gegen zusätzliche Vergütung auszuführen. Der AN wird die gestalterischen Merkmale des Objektes in seine Planung und Projektentwicklung einfließen lassen, soweit dies die Beschaffenheit der Baugrundstückes und des dafür bestehenden Baurechts erlauben oder sinnvoll erscheinen lassen.“
1269§ 2 erklärte zum Vertragsbestandteil u.a. die als Anlage beigefügte BQA.
1270§ 3 des Vertrages legte die einzelnen Leistungen des Auftragnehmers näher fest. Darin hieß es u.a., dass der Auftragnehmer von folgenden „Eckwerten“ ausgehe, wobei die Flächenangaben ausdrücklich auf BGF bezogen wurden:
1271„ -Ca. 8.387 m2 Bürofläche Neubau
1272-Ca. 4.000 m2 Tiefgarage Ertüchtigung und Wiederinbetriebnahme“
1273§ 4 legte zur Vergütung u.a. Folgendes fest:
1274„Der AN erhält für die nach vorstehenden Paragraphen zu erbringenden Leistungen (Abbruch Bürogebäude, Errichtung eines Bürogebäudes BGF 8.387 + 4.500 = 12.884 m2, Nachbarrechtsregelung, Außenanlagen) eine Vergütung zum Pauschalfestpreis von
1275Nettosumme 48.000.000,00 €
1276zzgl. 19 % USt. 9.120.000,00 €
1277Bruttosumme 57.120.000,00 €“
1278Eine Erklärung für die gegenüber den „Eckwerten“ aus § 3 – die außerdem nur eine „Ertüchtigung und Wiederinbetriebnahme“ der Tiefgarage, nicht aber eine „Errichtung“ vorsahen –, um 500 m2 höhere Flächenangabe fand sich nicht. Auch die fehlerhafte Addition („8.387 + 4.500 = 12.884“) blieb unaufgeklärt.
1279Weiter hieß es in § 4: „Der vereinbarte Werklohn ist ein Festpreis. Zur Klarstellung wird vermerkt, dass der Festpreis nicht den Abbruch der vorhandenen Tiefgarage und die Errichtung der zu planenden viergeschossigen Tiefgarage umfasst. Die Erhöhung der kalkulierten Lohnkosten oder Materialpreise rechtfertigt in keinem Fall eine Erhöhung des Festpreises.“
1280§ 5 des Vertrages („Leistungsänderung und zusätzliche Leistungen“) bestimmte, dass die GbR Änderungen der Planung oder der Baudurchführung oder zusätzliche Leistungen verlangen könne, sofern sie hierfür die Kosten übernehme. Bloße Planänderungen dürften dabei nach der HOAI abgerechnet werden. Über Änderungen der Bauausführung habe der AG zunächst durch schriftliche Aufforderung ein schriftliches Angebot des AN einzuholen, dass die Angabe enthalten müsse, ob und gegebenenfalls um wie viele Tage sich die Fertigstellung des Bauvorhabens durch den Änderungswunsch verzögert und ob und inwieweit die Verzögerung Einfluss auf den Festpreis für die Vertragsleistung hat. Über Art, Umfang, Vergütung und Auswirkungen auf den Fertigstellungstermin der zusätzlichen Leistung werde eine ergänzende vertragliche Regelung vereinbart.
1281Zur Zahlung statuierte § 11 den Anspruch der GEWG auf eine Vorauszahlung in Höhe von 65 % des Werklohnes ohne Sicherheitsleistung und regelmäßige Abschlagszahlung nach Maßgabe des Leistungsstandes. Die Abschlagszahlungen seien innerhalb von 10 Werktagen ab Eingang der vertragsgerechten Zwischenrechnung beim AN eingehend zu zahlen. Für die Fälligkeit der Schlussrechnung gelte die VOB/B. Der AN sei erst nach Abnahme seiner Leistung zur Schlussrechnungslegung berechtigt.
1282Derartige Vorauszahlungen ohne besondere Sicherheiten waren bei OE-Fondsprojekten häufig vorgesehen.
1283§ 12 bestimmte, dass der Vertrag nur aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden könne.
1284Maßnahmen in den Bestandsbauten („H11“ und Altbauvilla) waren von dem Vertrag nicht umfasst.
1285Die dem Vertrag als Anlage beigefügten BQA waren von Mitarbeitern der SOP-Abteilung Facility Management in einem eigens dafür anberaumten Termin in T freigegeben worden. Sie legten die bauliche Konzeption (Teil I) und die technische Gebäudeausrüstung (Teil II) im Einzelnen fest. Der zu errichtende Neubau war dabei in vielerlei Hinsicht als eine Art „Maßanzug“ für SOP konzipiert. Dies betraf insbesondere die besonderen baulichen und infrastrukturellen (Technik, Raumluft etc.) Anforderungen an den vorgesehenen Handelsraum und die Kantine. Eine Klimaanlage für die Büroräume war nicht vorgesehen, sondern lediglich ein weniger leistungsstarkes Deckenkühlungssystem. Trotz des Zuschnitts des Neubaus auf die Bedürfnisse von SOP war dieser in der Wahrnehmung der an der Planung Beteiligten bewusst so konzipiert, dass bei vertretbarem Um- oder Nachrüstungsaufwand – etwa zur Herstellung eines eigenen Haupteingangs für den Neubau, der in der von einem Zugang über die Villa ausgehenden Planung nicht vorgesehen war – eine gegebenenfalls auch kleinteilige Vermietung an andere Mieter möglich wäre.
1286Gleichfalls am 27. März 2007 schloss die GEWG als Auftraggeber mit der E Fonds-Projekt GmbH (JEFP) als Auftragnehmer einen „Projektentwicklungsvertrag zum Bauvorhaben Frankfurt B-Straße“. Darin beauftragte die GEWG die JEFP mit der Projektentwicklung für das Bauvorhaben, das entsprechend den Ausführungen im „Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag“ zwischen der GEWG und der GbR Frankfurt B-Straße beschrieben wurde. Grundsätzlich war auch hier die Beibehaltung und Ertüchtigung der vorhandenen Tiefgarage vorgesehen. Alternativ sollte jedoch auch der Abriss der vorhandenen zweigeschossigen Tiefgarage und Planung einer bis zu viergeschossigen Tiefgarage geprüft werden. Als Leistungen des Auftragnehmers waren sämtliche von der GEWG gegenüber der GbR übernommenen Projektentwicklungsverpflichtungen – also mit Ausnahme der eigentlichen Abbruch- und Bauarbeiten – vorgesehen. Grundsätzlich schuldete die JEFP dabei eine „fachgerechte Planung nach seiner Wahl von mittlerer Art und Güte“. Als Pauschalvergütung wurde ein Betrag von 8.700.000,00 € zuzüglich Umsatzsteuer als Festpreis vereinbart. Hierzu war ein Anspruch des Auftragnehmers auf eine „angemessene Vorauszahlung“ ohne Sicherheitsleistung und „regelmäßige Abschlagszahlungen für die Planungsleistungen nach Maßgabe des Leistungsstandes“ vorgesehen.
(12) Die Anmietung erster Flächen in der „H11“ durch SOP
1287Bereits zum 1. Juni 2007 mietete SOP erste Flächen in der B-Straße Nr. 23 an. Mit auf Seiten von SOP durch die Zeugen L1 und G4 unterzeichnetem Vertrag vom 31. Mai / 5. Juni 2007 vermietete die X22 an SOP mittlerweile von der H33 freigemachte Büroflächen im Sockel- und Erdgeschoss sowie im zweiten bis vierten Obergeschoss. Die Mietfläche war mit 2.195,99 m2 angegeben und auf „Bürofläche incl. anteilige allgemeine Verkehrsfläche“ – also jedenfalls nicht auf BGF – bezogen. Der monatliche Mietzins hierfür betrug 29,25 € pro m2. Außerdem mietete SOP acht (ab September 2007: neun) PKW-Garagenstellplätze für je 150,00 € im Monat an. Die Gesamtmonatsmiete betrug somit 65.432,71 €, was einer Jahresmiete von 785.192,52 € entsprach.
1288Im Vertrag war eine automatische Beendigung des Vertrages bei Übergang der Nutzen und Lasten „an den Käufer Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR“ – der der H33 mittlerweile benannt worden war –, „spätestens jedoch am 31. Dezember 2008“ vereinbart. Hierin kam zum Ausdruck, dass der Vertrag – mit Blick auf von SOP sofort benötigten Büroraum – zu diesem Zeitpunkt von den Handelnden als Übergangslösung bis zur späteren Anmietung der Gesamtliegenschaft von der GbR aufgefasst wurde. Die von der X22 angemieteten Flächen wurden in der Folge insbesondere von Mitarbeitern des Private Banking bezogen, die in der Untermainanlage 1 keinen Platz mehr fanden. Nach Anmietung der Gesamtliegenschaft sollte das Private Banking jedoch im Wesentlichen in die besonders repräsentative Altbauvilla umziehen.
(13) Die Entscheidung gegen die Beibehaltung der vorhandenen Tiefgarage unter dem Neubau
1289Bis zum 12. Juni 2007 wurde dem Angeklagten E mitgeteilt, dass die unmittelbar an der Gebäudeplanung befassten Beteiligten nunmehr entschieden hatten, den Neubau aus statischen Gründen nicht auf die bestehende zweigeschossige Tiefgarage aufzusetzen, sondern diese abzureißen und stattdessen eine viergeschossige Tiefgarage neu zu errichten. Außerdem waren ihm weitere Wünsche der Bank betreffend die Technik, den Ausbau und die Fassadengestaltung kommuniziert worden, die ebenfalls vom abgeschlossenen Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag nebst BQA nicht erfasst waren. Dies nahm der Angeklagte E am 13. Juni 2007 zum Anlass, noch vor dem – unmittelbar bevorstehenden – Beurkundungstermin für den Kaufvertrag über die Liegenschaft zwischen der GbR und der X22 einen „1. Nachtrag zur Entscheidungsvorlage vom 26. März 2007“ betreffend die Eckdaten des Mietvertrages aufzustellen. Dieser hatte folgenden Wortlaut:
1290„Durch die Mehrkosten für Abbruch Tiefgarage, Neuerrichtung von 4 Untergeschossen und einem erheblichen technischen Mehraufwand und mieterspezifischer Sonderwünsche, die uns bis zum 12. Juni 2007 zur Kenntnis gebracht wurden, kann sich ein zusätzlicher Mietaufwand um bis zu 1,5 Mio. € netto p.a. ergeben, welcher im gleichen Verhältnis, wie in der Vereinbarung vom 26. März 2007 zum Tragen käme.
1291K, F.-C. J, L1 genehmigen den Mehraufwand zu gleichen Bedingungen, wie in der Vereinbarung vom 26. März 2007 und geben den Beurkundungstermin für den 14. Juni 2007 frei nebst Grundschuldbestellung in Höhe von 150 Mio. €.“
1292Der Nachtrag wurde durch Unterschrift (lediglich) der Angeklagten K und E „zur Kenntnis genommen und genehmigt“.
(14) Der Grundstückskaufvertrag und hiermit im Zusammenhang stehende Vereinbarungen
1293Am Folgetag, dem 14. Juni 2007, schlossen die X22, vertreten durch den Geschäftsführer ihrer Komplementärin, und die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR, vertreten durch Z4 als Vertreter ohne Vertretungsmacht, den Kaufvertrag mit Auflassung über die Flurstücke xxx, xxx und xxx vor dem Notar M17 aus Siegburg.
1294Im Frühjahr war der H33 mitgeteilt worden, dass die GbR Käuferin des Grundstücks sein sollte. Dies wurde von der H33 akzeptiert. Mit Blick auf den Gesellschafterkreis gingen die Verantwortlichen der H33 ohne gesonderte Überprüfung von einer hinreichenden Bonität auch der GbR aus. Bis zum Juni war eine Einigung über die genaue Ausgestaltung des Wunsches von SOP (bzw. nunmehr der GbR), den Kauf nur durchführen zu wollen, wenn die geplanten Baumaßnahmen realisierbar sein würden, gefunden worden.
1295Der Kaufpreis betrug – wie seit dem Gespräch vom 26. September 2006 nicht mehr in Frage gestellt – 51.250.000,00 €.
1296Abschnitt III., Ziffer 2. des Vertrages regelte die Fälligkeitsvoraussetzungen wie folgt:
1297„Der Kaufpreis ist fällig 4 Wochen nach Eintritt folgender Voraussetzungen:
1298a) Zugang einer schriftlichen Mitteilung des Notars beim Käufer, dass
1299aa) alle für die Rechtswirksamkeit und für den Vollzug des Vertrages erforderlichen Genehmigungen vorliegen,
1300bb) die zuständige Gemeinde bestätigt hat, dass ein gesetzliches Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch nicht besteht oder nicht ausgeübt wird,
1301cc) zur Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Eigentumsübertragung eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist und zwar in Abteilung II und III mit Rang ausschließlich nach den derzeit eingetragenen oben angegebenen Belastungen bzw. mit Rang nur nach solchen Belastungen, die unter Mitwirkung des Käufers zur Eintragung beantragt wurden,
1302dd) die Löschungs- bzw. Freigabeunterlagen über die nicht übernommenen, mit Rang vor der Auflassungsvormerkung eingetragenen Belastungen in ordnungsgemäßer Form vorliegen unter Auflagen, die aus dem vereinbarten Kaufpreis erfüllbar sind.
1303b) Der Verkäufer hat das auf dem Kaufgrundbesitz aufstehende Gebäude B-Straße 25 vollständig geräumt.
1304c) Der Käufer ist nicht mehr zum Rücktritt gemäß Abschnitt VI. dieses Kaufvertrages berechtigt.“
1305Abschnitt VI. des Vertrages lautete u.a. wie folgt:
1306„[...]
13072.
1308Der Käufer ist zum Rücktritt von diesem Vertrag berechtigt,
1309- wenn die vertragsgemäß beantragte Baugenehmigung oder die ebenfalls vertragsgemäß beantragte Abrissgenehmigung nicht bis zum 31.12.2008 erteilt ist oder bis zu diesem Datum wieder aufgehoben wurde
1310oder
1311- die beantragte Baugenehmigung und/oder die Abrissgenehmigung zwar bis zum 31.12.2008 erteilt, aber mit Auflagen oder Bedingungen versehen ist, die die Durchführung des Bauvorhabens in wirtschaftlicher Hinsicht mehr als nur unwesentliche beeinträchtigen (10 % der baulichen Aufwendungen)
1312oder
1313- die bis zum 31.12.2008 erteilte Baugenehmigung in Folge von Nachbarwidersprüchen (in Verbindung mit behördlichen oder gerichtlichen Entscheidungen) bis zum 31.12.2008 nicht vollziehbar ist,
1314oder
1315- ein Nachbar gegen die bis zum 31.12.2008 erteilte Baugenehmigung Widerspruch eingelegt hat, dem der Käufer Erfolgsaussicht beimisst und die angefochtene Genehmigung mit Rücksicht darauf bis zum 31.12.2008 nicht bestandskräftig geworden ist.
1316[…]
13174.
1318[…]
1319Die Kaufpreiszahlung gilt als Verzicht des Käufers auf sein Rücktrittsrecht.“
1320Der Kaufvertrag präzisierte, dass der Grundbesitz nebst aufstehenden Gebäuden und allem Zubehör verkauft werde (Abschnitt II.). Er enthielt eine Beleihungsvollmacht für die Käuferin (Abschnitt IV.).
1321Im Kaufvertrag war die Übernahme durch die Käuferin der „derzeit über das Objekt B-Straße 23 bestehenden Mietverhältnisse hinsichtlich der obersten drei Etagen“ (mithin die Verträge mit den externen Mietern H12, H13 und H14) sowie das „zwischenzeitlich abgeschlossene Mietverhältnis zwischen dem Verkäufer und dem Bankhaus O jr. & Cie. KGaA in Köln über weitere Flächen des Hauses B-Straße 23“ vereinbart. Sonstige Mietverhältnisse (also die noch mit der H33 bestehenden) wurden von der Käuferin ausdrücklich nicht übernommen (Abschnitt V., Ziffer 3).
1322Ferner fand sich in Abschnitt V., Ziffer 4 folgende Bestimmung zur Umsatzsteuer: „Dem Käufer ist bekannt, dass im Zuge der Einbringung des Kaufobjektes in die jetzige Verkäufergesellschaft im Jahre 2002 teilweise – hinsichtlich Teilflächen des Gebäudes B-Straße 23 – zur Umsatzsteuer optiert wurde. Infolgedessen begann am 01.01.2003 ein neuer zehnjähriger umsatzsteuerlicher Berichtigungszeitraum. Da im Hinblick auf § 1 Ziffer 1 a) UStG im vorliegenden Kaufvorgang eine Option zur Umsatzsteuer ausscheidet, tritt der Erwerber kraft Gesetzes in diesen Berichtigungszeitraum ein. Dies vorausgeschickt vereinbaren die Beteiligten, dass der Verkäufer den Käufer von Forderungen des Finanzamtes wegen einer etwaigen Vorsteuerberichtigung freistellt. Sofern und soweit umsatzsteuerpflichtige Mietverhältnisse, welche vom Käufer übernommen werden, vor Ablauf des oben genannten Berichtigungszeitraums enden, wird sich der Käufer um eine umsatzsteuerlich optionsfähige Anschlussvermietung bemühen und zur Umsatzsteuer optieren; für den Erfolg dieser Bemühungen steht der Käufer nicht ein.“ Abschnitt V., Ziffer 6 bestimmte, dass die mit der Urkunde und ihrer Durchführung verbundenen Notar- und Gerichtskosten sowie die Grunderwerbsteuer von der Käuferin zu tragen waren.
1323Am 29. Juni 2007 genehmigte der Angeklagte E als Geschäftsführer der GbR die von Z4 für diese abgegebenen Erklärungen.
1324Gleichfalls am 14. Juni 2007 erfolgte vor dem Notar M17 durch Z4, handelnd als Vertreter ohne Vertretungsmacht für die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR, diese handelnd im eigenen Namen und als (durch den Kaufvertrag) Bevollmächtigte für die X22, die Bewilligung und Beantragung einer Grundschuld ohne Brief über 150 Mio. € für SOP nebst Zinsen in Höhe von 15 % und einer einmalig fälligen Nebenleistung in Höhe von 5 % an erster Rangstelle in Abteilung III, soweit nicht sofort erreichbar an nächst offener Rangstelle. Außerdem unterwarf sich die X22 der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise, dass diese gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig sei.
1325Die Erklärungen Z4s für die GbR wurden in der Folge genehmigt und die Grundschuld am 1. August 2007 an Nr. 11 der Abteilung III eingetragen. Die Eintragung der Eigentumsübertragungsvormerkung für die GbR erfolgte am selben Tag.
1326Am 30. Juli 2007 schlossen die GbR, vertreten durch den Angeklagten E, und SOP eine Sicherungsvereinbarung für die Grundschuld. Diese diente danach der Sicherung der Ansprüche von SOP aus den Kreditverträgen mit den GbR-Gesellschaftern betreffend die Zwischenfinanzierung des Fremdkapitalanteils, und zwar auch dann, wenn deren Laufzeit verlängert oder der Kreditbetrag erhöht würde.
1327Der Beleihungswert des Grundstücks war – wie es der üblichen Vorgehensweise bei der Finanzierung von O-E-Fondszeichnern durch SOP in der Zwischenfinanzierungsphase entsprach – bis zu diesem Zeitpunkt nicht ermittelt worden. Der Grundschuld wurde daher durch SOP für die betroffenen Kredite auch keine risikoentlastende Wirkung zugeschrieben. Diese blieben risikomäßig vollständig auf die Bonität der Kreditnehmer abgestellt. Auch aufsichtsrechtlich entfaltete diese Grundschuld keine in Ansatz zu bringende risikomindernde Wirkung.
(15) Die aktualisierten Flächen- und Mietansätze des Angeklagten E nach der Entscheidung für den Abriss und einen viergeschossigen Neubau der Tiefgarage
1328Am 15. Juni 2007, dem Tag nach der Kaufvertragsbeurkundung, befasste sich der Angeklagte E erneut und näher mit den auf Grund der Planungsänderungen insbesondere hinsichtlich der Untergeschosse (Abriss der bestehenden zwei Untergeschosse und Neubau von vier Untergeschossen) nach seiner Einschätzung verursachten Mehrkosten für das Projekt. Auf der Grundlage von ihm durch Z4 überlassenen, von ihm überarbeiteten Mehrkostenkalkulationen errechnete der Angeklagte E einen neuen Nettogesamtaufwand für das Projekt von 139.942.000,00 €. Entsprechend seines üblichen Mietansatzes von 6 % des kalkulierten Gesamtaufwandes pro Jahr ergab sich hieraus eine vom Bankhaus aufzubringende jährliche Soll-Miete von netto 8.396.520,00 €. Der geplante Neubau von vier Untergeschossen führte auch zu einer Veränderung der BGF. Der Angeklagte E ging nunmehr von neu zu errichtenden 9.000 m2 unterirdischer BGF aus. Da die BGF-Zahlen für die übrigen Teile der Liegenschaft unverändert blieben, ergab sich daraus eine neue Gesamtliegenschafts-BGF von 25.444 m2 (B-Straße Nr. 25 [Altbauvilla]: 2.952 m2; B-Straße Nr. 23 [„H11“]: 5.105 m2; Neubau oberirdisch K-Straße 22, 22a: 8.387 m2; Neubau unterirdisch K-Straße 22, 22a: 9.000 m2). Bezogen auf diese Gesamt-BGF ergab sich hieraus ein – für sämtliche Flächen einheitlicher – monatlicher Mietzins von 27,50 € pro m2 (8.396.520,00 € / 25.444 / 12).
1329Diese mit den Planungsänderungen verbundene Mietentwicklung wollte der Angeklagte E dem Bankhaus zur Kenntnis bringen. Hierzu teilte er seine Berechnungen dem Angeklagten K mit. Dieser stimmte der Methode des Mietansatzes (einheitlicher Mietzins für sämtliche Flächen inklusive Untergeschosse) zu und verwies den Angeklagten E im Übrigen auf den Leiter der Abteilung Facility Management, den Zeugen L1.
1330Der Angeklagte E rief den Zeugen L1 daraufhin am 16. Juni 2007 – einem Samstag – an. Dieser befand sich zu diesem Zeitpunkt im Auto auf dem Parkplatz eines Baumarktes. Der Angeklagte E schilderte dem Zeugen L1 die von ihm ermittelten neuen Eckdaten. Er wollte wissen, ob der Zeuge damit leben könne. Aus Sicht des Zeugen L1 ging es dabei nicht um eine (Vor-)Festlegung eines konkreten Mietzinses gegenüber der GbR, sondern nur um einen „Austausch von Eckdaten“, die eine „Grundlage zur Kalkulation des gesamten Bauvorhabens“ für den Angeklagten E darstellten. Der Zeuge L1, der weder einen Taschenrechner, noch gar konkrete Unterlagen aus seiner Abteilung im Auto zur Verfügung hatte, ging hinsichtlich der mit diesen Eckdaten verbundenen Belastungen für SOP als künftiger Mieterin von folgender grober Überlegung aus: Er legte zugrunde, dass der von SOP für die Untermainanlage 1 an das Bankhaus L12 gezahlte Mietzins marktüblich war. Diesen erinnerte er mit rund 3,2 Mio. € pro Jahr. Außerdem ging er aus der Erinnerung von einer vertraglich vereinbarten Mietfläche für die Untermainanlage 1 von ca. 7.000 m2 aus. Er war der Auffassung, dass wenn ein entsprechendes Verhältnis bei den ihm vom Angeklagten E mitgeteilten Zahlen (8.396.520,00 € und 25.444 m2) nicht überschritten würde, „es irgendwie hin“ haue, so dass SOP nicht „schlechter dastehen“ würde als zu den Bedingungen in der Untermainanlage 1. In dieser Vergleichsbetrachtung sah der Zeuge L1 aber in keiner Weise eine „Mietverhandlung“, da aus seiner Sicht „kein Mensch für eine Tiefgarage genauso viel zahlen würde wie für Büros („Kein Mensch würde das machen! Ich hätte einen solchen Mietvertrag nicht geschlossen“).“
1331Auf der Grundlage seiner überschlägigen Berechnung teilte der Zeuge L1 dem Angeklagten E mit, mit den von diesem mitgeteilten Zahlen grundsätzlich leben zu können. Dabei war dem Zeugen L1 bewusst, dass es sich bei den vom Angeklagten E genannten Flächenangaben um die BGF handelte. Dieser vermietete nach seinem Verständnis stets ein „Stück Immobilie mit allem, was dazu gehört“. Auch Stellplätze waren nach dem Verständnis des Zeugen in derartigen Flächenangaben des Angeklagten E enthalten. Die genaue Definition von BGF – insbesondere die Einbeziehung auch der Konstruktionsgrundfläche – kannte der Zeuge, der mit solchen technischen Fragen in seiner Tätigkeit nicht regelmäßig befasst war, dabei allerdings nicht. Auf welche Flächenart sich die – von ihm zugrunde gelegten – 7.000 m2 in der Untermainanlage 1 im Einzelnen bezogen, stand dem Zeugen L1 gleichfalls nicht vor Augen.
1332Im Anschluss an das Gespräch verfasste der Angeklagte E eine Notiz mit folgendem Wortlaut:
1333„Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR
1334Flächen und Mietansätze auf BGF Stand 15.06.2007
1335- 1. B-Straße 25
ca. 2.952,00 m2
1337- 2. B-Straße 23
ca. 5.105,00 m2
1339- 3. K-Straße 22
Neubau oberirdisch ca. 8.387,00 m2
1341Gesamt oberirdisch ca. 16.444,00 m2
1342-
1343
I. UG ca. 2.250,00 m2
-
1345
II. UG ca. 2.250,00 m2
-
1347
III. UG ca. 2.250,00 m2
-
1349
IV. UG ca. 2.250,00 m2
Gesamt unterirdisch ca. 9.000,00 m2
1351Gesamtmietfläche ca. 25.444,00 m2
1352Gesamtmiete netto zzgl. USt. 25.444,00 m2 à 27,50 €/m2 x 12 =
13538.396.520,00 €
1354Umsatzsteuer 19,00 % 1.595.338,80 €
13559.991.858,80 €
1356Gesamtmiete netto zzgl. USt. 8.396.520,00 €
1357Umsatzsteuer anteilig ca. 977.550,00 €
13589.374.070,00 €
1359Telefonat vom 16.06.2007, 11.35 Uhr, zwischen Herrn L1 und dem Unterzeichner.
1360Herr L1 und der Unterzeichner erörtern den aktuellen Planungsstand des Projektes, dabei insbesondere des K-Straßees 22. Nunmehr soll die Bestandsgarage ebenfalls abgerissen und durch einen vier Untergeschosse umfassenden Neubau ersetzt werden, in dem nicht nur Stellplätze, sondern auch Technikräume, Läger, Serverräume u.ä. untergebracht werden sollen. Des Weiteren wurden die außergewöhnlichen technischen Vorgaben, bedingt insbesondere durch den Händlerraum und die Vorstellungen des Bankhauses hinsichtlich des Ausbaustandards, soweit bis jetzt bekannt, besprochen.
1361Herr L1 erklärte dem Unterzeichner, wenn bezogen auf die Gesamtfläche
1362Oberirdische BGF ca. 16.644,00 m2
1363Unterirdische BGF ca. 9.000,00 m2
1364Gesamtfläche ca. 25.444,00 m2
1365wie oben aufgeführt die Nettomiete pro m2 mit 27,50 € nicht überschritten wird, kann er mit den Vorgaben und Vorstellungen des Bankhauses bezogen auf die mieterspezifischen Sonderwünsche leben.
1366In der weiteren Bearbeitung des Projektes sollen Möglichkeiten zur Beeinflussung der Kostenhöhe ausgelotet werden. Herr L1 und der Unterzeichner haben sich darauf verständigt, dass Herr L1 und Herr Z4 diesen Prozess gestalten werden. In einem gemeinsamen Termin zwischen Beiden soll zunächst die Vorgehensweise abgestimmt werden. Sobald Kostensicherheit über alle Leistungen besteht, soll die Miethöhe überprüft werden.
1367Aufgestellt: T , den 16.06.2007
1368E“
(16) Die Erwähnung der Liegenschaft in der Poolversammlung
1369Obwohl der Angeklagte K noch in der Aktionärsausschusssitzung im Juni 2006 deutlich hervorgehoben hatte, dass das Bankhaus SOP – anders als andere Kreditinstitute – bestrebt sei, grundsätzlich selber Eigentümer von ihm genutzter Immobilien zu sein und zwischenzeitlich nicht dies, sondern eine – dem entgegenstehende – Fondslösung im Hinblick auf die B-Straße sogar schon realisiert worden war, fand dieser Aspekt im Rahmen der Ausführungen des Angeklagten K in einer gemeinsamen außerordentlichen Gesellschafter- und Aktionärs-Poolversammlung vom 19. Juni 2007, an der alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teilnahmen, keine Erwähnung. Gleichzeitig betonte der Angeklagte K hier jedoch, dass die Niederlassung in Frankfurt in die ehemalige Hauptverwaltung der H33 in der B-Straße umziehen werde, wo unter anderem ein hochmoderner Handelsraum entstehen würde.
(17) Das Gespräch zwischen dem Zeugen L1 und dem Angeklagten J über die Bauantragspläne und die Mietentwicklung
1370Am 27. Juni 2007 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Zeugen L1 und dem – zu diesem Zeitpunkt noch für das Facility Mangement zuständigen – Angeklagten J in dessen Büro. Hierbei stellte der Zeuge ihm zum einen die – inzwischen auf der Grundlage der aktuellen Planungslage fertiggestellten – Bauantragspläne für den Neubau vor. Mit diesen erklärte sich der Angeklagte J durch Paraphierung einer Planseite einverstanden. Zum anderen war das Telefonat des Zeugen L1 mit dem Angeklagten E vom 16. Juni 2007 und die ihm darin mitgeteilte Mietentwicklung Gegenstand des Gesprächs. Der Zeuge erläuterte ihm dabei seine oben ausgeführten Vergleichsüberlegungen, wobei er zwischenzeitlich die exakten Zahlen zur Untermainanlage 1 von Mitarbeitern seiner Abteilung erhalten hatte.
1371Dem Angeklagten J lag die obige Notiz des Angeklagten E vom 16. Juni 2007 in dem Gespräch mit dem Zeugen L1 vor. Im Zusammenhang mit diesem Gespräch paraphierte er diese am 27. Juni 2007 mit dem Zusatz „Einverstanden“. Dies teilte der Zeuge L1 noch am selben Tag Z4 mit.
1372Das Besprochene fasste der Zeuge L1 am 28. Juni 2007 in einer Notiz an den Angeklagten J im Nachgang wie folgt zusammen:
1373„Nachdem nunmehr die Planung des zukünftigen Standortes Frankfurt bis zum Bauantrag vorangeschritten ist, möchte ich Ihnen kurz einige Informationen zu der zu erwartenden Mietbelastung für die KGaA geben.
1374Wir haben heute von L12 Grundbesitz GmbH in der Untermainanlage 1 eine Fläche von 6.924 qm zu einem reinen Mietpreis von 2,56 Mio. € p.a. angemietet. Diese Summe ist über alles gerechnet und beinhaltet keine unterschiedliche Bewertung von Lagerräumen und beinhaltet insbesondere keine Einstellplätze, weil das Parkhaus in der Untermainanlage von der Parkhaus Betriebsgesellschaft in Frankfurt als öffentliches Parkhaus betrieben wird.
1375Wenn man die neue Fläche mit rund 25.000 qm über alles gerechnet im Verhältnis zur bisherigen Fläche setzt, ergibt sich ein Faktor von 3,62. Diesen multipliziert mit 2,56 Mio. € p.a. derzeitiger Miete ergibt einen Betrag von 9,28 Mio. € ´vergleichbare Jahresmiete´ für das zukünftige gesamte Objekt, bestehend aus B-Straße 23, 25 und dem Neubau K-Straße.
1376Beide Objekte sind, respektive waren Erstbezug und sind von daher vergleichbar. Was nicht vergleichbar ist, ist die technische Ausstattung unseres zukünftigen Gebäudes, die insbesondere auch erneuerbare Energien berücksichtigen wird und damit die Betriebskosten zukünftig senken werden. Nicht berücksichtigt in dieser Rechnung ist auch, dass die Besitzgesellschaft über die Fremdvermietung derzeit drei externe Parteien in der B-Straße 25 sowie über die Vermietung der Parkplätze an unsere Mitarbeiter Rückflüsse zu erwarten hat, weshalb sich die jährliche Gesamtbelastung der KGaA unter der o.a. Zahl bewegen wird. Damit ist aus meiner Sicht unser Ziel erreicht, das relativ günstige Mietniveau der Jahre 2000/2001 in Frankfurt langfristig festgeschrieben zu haben, sofern der noch vorzulegende Mietvertrag von der o.a. Gesamtsumme nicht wesentlich abweicht.“
1377Die Fläche von 6.924 m2 war die Gesamtsumme aller in den Mietverträgen von SOP mit dem Bankhaus L12 und 5D in der Untermainanlage 1 ausgewiesenen Mietflächen. Diese waren in den Verträgen hinsichtlich des Mietzinses in Büroflächen (einschließlich anteiliger Allgemeinflächen) und Lagerflächen aufgeteilt (Büroflächen: 28,70 €/m2 im Ausgangsvertrag mit L12 über 5.238 m2, 34,00 €/m2 im Nachtrag zum Vertrag mit L12 über weitere 741 m2, 28 €/m2 im Untermietvertrag mit 5D über 740 m2; Lagerflächen: 10,22 €/m2 in den Verträgen mit L12 über 186 m2 und im Vertrag mit 5D über 19,28 m2). PKW-Stellplätze hatte SOP in der Untermainanlage nicht angemietet. Lediglich die Lagerflächen befanden sich im Untergeschoss. Die Berechnung der Mietflächen erfolgte in diesen Verträgen nach der einschlägigen gif-Richtlinie. Der Betrag von 2,56 Mio. € war die Summe des gesamten nach den Mietverträgen zu diesem Zeitpunkt geschuldeten jährlichen Mietzinses.
1378Die die Untermainanlage 1 betreffenden Verträge lagen dem Zeugen L1 selbst bis zur Abfassung seiner schriftlichen Notiz allerdings nicht vor. Er hatte die Zahlen von seinen Mitarbeitern bekommen mit dem Hinweis, dass es sich bei der Fläche von 6.924 m2 um die gesamte dort angemietete Fläche – also Büro-, Lager- und anteilige Allgemeinflächen – handelte. Der Zeuge hatte nicht die Beurteilung einer konkret angemessenen Miete für die Liegenschaft in der B-Straße im Auge, sondern wollte ausloten, welche Mietbelastungen für SOP im Verhältnis zum status quo bei einer Vergleichsbetrachtung „erträglich“ wären.
(18) Der erste Bauantrag
1379Ebenfalls am 27. Juni 2007 stellte Z4 dem Angeklagten P in Frankfurt zusammen mit dem Zeugen T13 die Bauantragspläne für den Neubau im K-Straße vor. Der Angeklagte P erklärte sein Einverständnis mit der Planung durch Paraphierung von Planseiten.
1380Am 29. Juni 2007 wurde sodann der Abriss- und Bauantrag entsprechend dem aktuellen Planungsstand – insbesondere: Errichtung einer neuen viergeschossigen Tiefgarage, eines großen Handelsraums und einer Kantine – bei der Bauaufsicht der Stadt Frankfurt eingereicht. Zu dieser Zeit ging der Zeuge T13 für die Altbauvilla von 19, für den Neubau von 407 bis – bei maximaler Ausnutzung – 550 unterzubringenden Arbeitsplätzen aus.
(19) Der 1. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübenehmervertrag und die ersten Einlagenleistungen
1381Bereits am 22. Juni 2007 hatten die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR, vertreten durch den Angeklagten E, und die GEWG, vertreten durch Z4, einen 1. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag vom 27. März 2007 geschlossen. Er hatte lediglich die Vergütung zum Inhalt und regelte dazu Folgendes:
1382„Die Vertragschließenden haben am 27.03.2007 einen Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag abgeschlossen und einen Pauschalfestpreis für die dort genannten Leistungen in Höhe von 48.000.000,00 € netto zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer vereinbart. Von dieser Vergütung entfallen 10.000.000,00 € auf die Leistungen der Projektentwicklung einschl. Behördenkosten, Nachbarschaftsregelungen usw. Der AG verpflichtet sich zur sofortigen Zahlung für die vorgenannten Leistungen in Höhe von 10.000.000,00 € zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer gegen Rechnungsstellung.“
1383Mit Schreiben vom 28. Juni 2007 forderte daraufhin der Angeklagte E für die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR den Zeugen L2 auf, aus dem Eigenkapital der Gesellschafter einen Betrag von 12 Mio. € für die „1. Abschlagszahlung an den Generalübernehmer“ auf das GbR-Konto zu übertragen. Dies geschah entsprechend den Beteiligungsquoten am 29. Juni 2007. Am 2. Juli 2007 überwies die GbR sodann den Bruttobetrag von 11.900.000,00 € an die GEWG.
1384Bis Ende August 2007 erfolgten in gleicher Weise weitere den jeweiligen Beteiligungsquoten entsprechende Einlagen aus den Eigenkapitalvorfinanzierungskreditkonten der Gesellschafter auf das Konto der GbR in einer Gesamthöhe von 2,5 Mio. €. Die Einlagen wurden im Wesentlichen zur Begleichung von Notargebühren im Zusammenhang mit dem GbR- und Grundstückskaufvertrag (184.829,15 € brutto), Steuerberatergebühren (446.250,00 € brutto), Grundbuchkosten für die Eintragung der Grundschuld und der Auflassungsvormerkung (39.083,00 €) sowie der Grunderwerbssteuer (1.793.750,00 €) verwendet.
(20) Die Abrissgenehmigung
1385Am 21. Dezember 2007 erteilte die Stadt Frankfurt die Genehmigung zum Abriss des sich an die Altbaubürovilla anschließenden Gebäudes im K-Straße 22, 22a.
(21) Die Anmietung weiterer Flächen in der „H11“ durch SOP
1386Bis Ende 2007 räumte die H33 die gesamte Liegenschaft. Der das 6. Obergeschoss des „H11“-Gebäudes betreffende Mietvertrag mit H13 lief am 31. Oktober 2007 aus und wurde nicht verlängert.
1387Mit einem 1. Nachtrag vom 30. Januar / 11. Februar 2008 zum Mietvertrag vom 31. Mai / 5. Juni 2007 mietete SOP, vertreten durch die Zeugen L1 und G4, von der X22 zum 1. Februar 2008 weitere – zwischenzeitlich von der H33 und H13 freigemachte – Flächen im 1. und 6. Obergeschoss (890,13 m2 „Bürofläche incl. anteilige allgemeine Verkehrsflächen“) der B-Straße Nr. 23 sowie 10 PKW-Stellplätze in der dortigen Tiefgarage an. Dies erfolgte zu den gleichen Konditionen wie im Ausgangsmietvertrag (29,25 €/m2 Bürofläche incl. allgemeiner Verkehrsfläche; 150,00 € pro Stellplatz).
1388Mit einem 2. Nachtrag vom 28. Februar / 2. März 2008 mietete SOP, vertreten durch den Zeugen G4 und einen weiteren Mitarbeiter der Abteilung Facility Management (A. Lukas) darüber hinaus von der X22 zum 1. Februar 2008 51,68 m2 Lagerfläche im Sockelgeschoss der B-Straße Nr. 23 an. Als Mietzins wurden hierfür 10,50 € pro m2 vereinbart.
(22) Die Planungsänderungen betreffend den Neubau einer nur zweigeschossigen Tiefgarage und den Entfall des Handelsraums
1389Die Planungen für den Neubau waren trotz der Einreichung des Bauantrages derweil weiter im Fluss. Seit der Entscheidung für den Abriss der bestehenden zweigeschossigen Tiefgarage stand dabei – auch mit Blick auf die durch den Angeklagten E vorgezeichnete Mietentwicklung – zunächst insbesondere die Frage der Wirtschaftlichkeit des Neubaus einer größeren, nämlich viergeschossigen Tiefgarage im Fokus. Kostenvergleichsrechnungen führten aus Sicht der an der Planung Beteiligten letztlich zu dem Ergebnis, dass die Mehrkosten für die Neuerrichtung von vier Untergeschossen gegenüber der Neuerstellung von lediglich zwei Untergeschossen außer Verhältnis zum dadurch gewonnenen Mehrwert standen. Ein Bodengutachten hatte ergeben, dass die Errichtung zweier zusätzlicher Untergeschosse technisch sehr aufwändig werden würde. Der Architekt T13 wurde daraufhin Ende Januar 2008 damit beauftragt, eine Planung mit nur zwei neuen Untergeschossen zu erstellen.
1390In dieser Zeit kamen auch erstmals Überlegungen bei den Angeklagten K und J auf, auf den Handelsraum im Neubau zu verzichten. In einem Gespräch mit dem Zeugen L1 baten sie ihn darum, den Neubau einmal als „ganz normale Büroimmobilie“ ohne Handelsraum zu planen. Sie teilten ihm mit, dass hierdurch die Baukosten reduziert werden sollten. Außerdem könne es sein, dass SOP, wenn der Neubau fertig sei, nicht mehr aus Frankfurt, sondern eher aus Zürich heraus handeln werde. Die Angeklagten J und K baten den Zeugen L1 darum, diese mögliche Planänderung zunächst auch innerhalb von SOP vertraulich zu behandeln.
1391Tatsächlich bestanden zu dieser Zeit in Teilen der Partnerschaft im Rahmen von Grundsatzerwägungen für die künftige Ausrichtung des Investment Bankings ganz vage Überlegungen, den Schwerpunkt des Handels von Frankfurt nach Zürich zu verlagern. Vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzkrise, die im Jahr 2007 eingesetzt hatte und die insbesondere bereits Auswirkungen auf den Handelsbereich des Investment Bankings hatte, hatten die Angeklagten aber vor allem aber bereits eine mögliche Redimensionierung dieses Bereichs im Blick. Durch eine Verringerung des Zuschnitts des Neubaus gerade auf den Handel sollten jedenfalls eine etwaig notwendig werdende flexiblere Nutzung – sei es durch andere Abteilungen von SOP, sei es durch Dritte – ermöglicht und zugleich Baukosten gesenkt werden. Mit dem ressortzuständigen Partner, dem Angeklagten P, wurden diese Überlegungen nicht besprochen. Ihm wurde auch der Verzicht auf den Handelsraum nicht mitgeteilt.
1392Der Zeuge L1 bat daraufhin Z4, den Architekten T13 damit zu beauftragen, Alternativplanungen für einen Neubau ohne (den sich höhenmäßig über zwei Geschosse erstreckenden) Handelsraum und stattdessen mit zwei zusätzlichen Bürogeschossen anzugehen. Seine Mitarbeiter aus der Abteilung Facility Management unterrichtete er – im Sinne der Bitte der Angeklagten K und J nach Vertraulichkeit – hiervon zunächst nicht. Anlässlich eines Gesprächs in T , das der andauernden Abstimmung zu den BQA diente, erfuhren die daran teilnehmenden Mitarbeiter des Facility Managements von SOP, darunter der Zeuge M3, durch dabei zufällig wahrgenommene Planungsunterlagen von diesen Überlegungen. Auf Nachfrage zu den Gründen hierfür erhielt der Zeuge M3 vom Zeugen L1 eine ausweichende Antwort.
1393In einer Vergleichsbetrachtung vom 25. Februar 2008 ermittelte der Zeuge T13 für den Neubau (also ohne Altbauvilla) 402 bis – bei maximaler Ausnutzung – 577 einzurichtende Arbeitsplätze bei einer Realisierung mit Handelsraum und 422 bis – bei maximaler Ausnutzung – 671 einzurichtende Arbeitsplätze bei einer Realisierung ohne Handelsraum. Die BGF erhöhte sich bei einem Verzicht auf den Handelsraum dabei um ca. 530 m2.
(23) Die Eintrübung der wirtschaftlichen Situation bei SOP
1394Im Laufe der ersten Hälfte des Jahres 2008 verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation bei SOP. Insbesondere weitere durch die Finanzkrise verursachte Bewertungsverluste im Teilbereich Financial Markets des Investment Bankings hatten in den ersten drei Monaten des Jahres bei SOP zu einem insgesamt negativen Ergebnis geführt. Bis Ende Februar 2008 betrug es – 10,3 Mio. €. Der Bereich Financial Markets trug mit einem negativen Ergebnis von 10,2 Mio. € (19,7 Mio. € unter Plan) am stärksten hierzu bei. Im Monat März hatte es bei SOP insgesamt allein mehr Abwertungen gegeben als in den Monaten Juli 2007 bis Februar 2008 zusammen. In der Sitzung des Aufsichtsrates von SOP am 9. April 2008 führte der Angeklagte J vor diesem Hintergrund aus, dass versucht werde, bis zur Jahresmitte ein ausgeglichenes Ergebnis auszuweisen. Hierzu solle auch eine Unterbrechung des Expansionsprozesses beitragen.
1395Der Angeklagte J wirkte in einer E-Mail an den Angeklagten K vom 18. April 2008 darauf hin, die X28-Bank daran zu hindern, ihr positives Quartalsergebnis öffentlich bekannt zu geben. Die E-Mail hatte folgenden Wortlaut:
1396„K,
1397ich höre, dass Herr N1 vorschlägt, in der Pressekonferenz am kommenden Dienstag das Quartalsergebnis der X28 zu nennen.
1398Das darf auf keinen Fall geschehen, da die Offenlegung des positiven Ergebnisses der X28-Seite automatisch den bei der O-Seite entstandenen Verlust auch öffentlich machen würde.
1399Das können wir nicht dulden. Wir haben mit Mühe ein leicht positives Konzernergebnis. Detailergebnisse dürfen also nicht genannt werden.
1400Lass mich bitte wissen, ob Du mit N1 darüber sprechen willst, oder ob ich das tun soll.“
1401Ergebnisforecasts des Bereichs Controlling wurden bereits ab April 2008 auf das Gesamtjahr bezogen, da erkennbar war, dass 2008 ein schwieriges Jahr für den Gesamtkonzern werden würde. Kosteneinsparungsmaßnahmen rückten ins Blickfeld. In der Sitzung der Geschäftsführung der SCA vom 7. Mai 2008, an der alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teilnahmen, berichtete der Leiter des Bereichs Controlling, der Zeuge T7, dass mögliche Kostenreduktionen von 66 Mio. € bis zum Jahresende nicht ausreichen würden, um den zu dieser Zeit auf Konzernebene erwarteten Ertragsrückgang von 163 Mio. € zu kompensieren. Eine in den Sommermonaten durchgeführte interne Analyse auf Konzernebene ergab, dass die guten Ergebnisse des Bankhauses in den Vorjahren – im Jahr 2007 war bei SOP nach HGB ein Rekordjahresüberschuss nach Steuern von rund 502 Mio. € entstanden und der um einen Gewinnvortrag erhöhte Bilanzgewinn von rund 619 Mio. € war durch Beschluss der Hauptversammlung vom 9. April 2008 in voller Höhe ausgeschüttet worden – stark von nicht wiederholbaren Einmaleffekten (wie etwa realisierten Beteiligungsgewinnen) geprägt waren. Auch die Expansion der vergangenen Jahre hatte zu einer gegenüber der operativen Ertragslage, die nun auf Grund der Finanzkrise besonders angespannt war, zu hohen Kostenbasis geführt, die zurückgefahren werden sollte. Daneben bestand das Ziel, auch mit Blick auf die regulatorische Eigenkapitalausnutzung Risikoaktiva abzubauen.
(24) Die erste Baugenehmigung
1402Am 4. Juni 2008 erteilte die Stadt Frankfurt a.M. der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR die Baugenehmigung für das Neubauvorhaben. Sie erging noch auf der Grundlage des am 29. Juni 2007 eingereichten Bauantrags und genehmigte daher insbesondere den Neubau einer viergeschossigen Tiefgarage mit 106 Einstellplätzen. Trotz der zwischenzeitlich erfolgten Planungsänderungen war ein modifizierter Bauantrag bis dahin nicht gestellt worden.
1403Gegen die Baugenehmigung legten die Eigentümer des Nachbargrundstücks K-Straße 18 als auch – mit Blick auf eine in der Baugenehmigung enthaltene Nebenbestimmung – die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR selbst Widerspruch ein. Mit diesen Nachbarn, aber auch mit weiteren trat die GbR daraufhin in Verhandlungen über eine Nachbarschaftsvereinbarung ein.
(25) Die Entscheidung für den Entfall des Handelsraums und weitere die Liegenschaft betreffende Überlegungen
1404Die Angeklagten J und K stellten derweil mit Blick auf die sich verfestigende schwierige wirtschaftliche Situation des Jahres 2008 weitere Überlegungen zu möglichen Kostenreduzierungen und Nutzungsänderungen bei dem Projekt B-Straße an. Am 15. Juli 2008 besichtigten sie die Liegenschaft. Der bereits seit längerem in Erwägung gezogene Verzicht auf den Handelsraum, der ein wesentlicher Grund für den geplanten – bis zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht begonnenen – Abriss des Bestandsgebäudes im K-Straße 22, 22a zu Gunsten eines Neubaus war, führte bei ihnen zu der Überlegung, auf diese Maßnahmen im Ganzen zu verzichten und stattdessen den Bestandsbau zu ertüchtigen. Für den Fall des Festhaltens an dem Neubauvorhaben wurde nochmals die grundsätzliche Frage der Notwendigkeit einer neu zu errichtenden Tiefgarage in den Blick genommen. Von einem Umzug der in der Untermainanlage untergebrachten Abteilungen des Investment Bankings, jedenfalls der Handelsabteilungen, in die neue Liegenschaft gingen die beiden Angeklagten ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus. Am 30. Juli 2008 sendete der Angeklagte J vor diesem Hintergrund an den Zeugen L1 und in Kopie (cc.) an den Angeklagten K eine E-Mail folgenden Wortlauts:
1405„Ich darf Sie bitten, Folgendes in die Wege zu leiten.
1406Unverändert beschäftigen wir uns mit der Frage, ob wir bei dem Gebäude B-Straße eine Minimallösung oder einen Abbruch und einen Neubau anstreben.
1407Für beide brauchen wir belastbare Aussagen. Diese müssten von Ihnen in die Wege geleitet werden, wobei ich zu beiden folgende Anmerkungen habe.
1408Zu 1. Minimallösung
1409Unter Minimallösung verstehen wir ein funktionierendes Bürogebäude in der derzeitigen Substanz. Das, was gemacht werden muss, muss gemacht werden, aber wirklich nur das.
1410Dass es nachher ein helles und sauberes Gebäude sein muss, versteht sich von selbst.
14112. Unter Abbruch und Neubau ist vorgesehen, die Tiefgarage nicht zu verändern und auch keinen Handelsraum zu bauen. Neubau heißt in diesem Fall normale Ausstattung. Klimaanlage kann mitgeplant werden, aber die Kosten hierfür sollten gesondert erfasst werden, um auch die Option zu haben, ohne Klimaanlage zu bauen.
1412Dieses Konzept geht davon aus, dass die Investment Bank einschließlich Risiko-Controlling in der Unter Mainanlage bleiben wird.
1413K und ich würden uns freuen, wenn wir in der letzten Augustwoche hierüber mit Ihnen und den Fachleuten reden könnten.“
1414Diese E-Mail wurde durch den Zeugen L1 auch an Z4 weitergeleitet.
1415Der Verlauf der weiteren Entwicklung der Diskussion über die in der E-Mail aufgeworfenen Fragen bis Ende August 2008 konnte in der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden. Dass die Angeklagten P und O an dieser in diesem Zeitraum überhaupt beteiligt waren, konnte die Kammer nicht feststellen. Letztlich wurde aber keine der in der E-Mail vom 30. Juli 2008 genannten Varianten (gänzlicher Verzicht auf den Neubau oder Neubau auf der bestehenden Tiefgarage) verwirklicht. Vielmehr wurde bei einer Besprechung der Angeklagten E, K und J am 27. August 2008 eine Entscheidung für den Neubau ohne Handelsraum getroffen. Dieser sollte nicht auf die bestehende Tiefgarage aufgesetzt, sondern es sollten zwei Tiefgaragengeschosse neu gebaut werden. Der in Aussicht genommene Mietzins für SOP sollte bezogen auf die neue Gesamtfläche nunmehr 30,00 € pro m2 nicht überschreiten.
1416Der Angeklagte E fasste die Ergebnisse dieses Gesprächs in einer unter dem 27. August 2008 in T aufgestellten Entscheidungsvorlage im Einzelnen wie folgt zusammen:
1417„Entscheidungsvorlage
1418aus der Besprechung vom 27.08.2008 zwischen
1419K
1420J
1421E
1422Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR
1423Nach Erläuterung sämtlicher Möglichkeiten wird Folgendes festgelegt:
1424-
1425
1. Herr Z4 wird für einen schnellstmöglichen Baubeginn sorgen (u.a. die Nachbareinsprüche regeln, Bestandskraft Baugenehmigung erreichen, Zahlung des Kaufpreises etc.).
-
1427
2. Es wurde beschlossen, dass ein Neubau mit
ca. 8.387 m2 BGF zzgl. weiterer
1429ca. 500 m2 – 700 m2 BGF, da kein Handelsraum erstellt wird und
1430ca. 4.500 m2 Neubau von 2 Tiefgaragengeschossen
1431erstellt wird.
1432-
1433
3. Unter Bezugnahme auf die Entscheidungsvorlagen vom 26.03.2007 und 13.06.2007 soll der Mietzins 30,00 €/m2 netto zzgl. MwSt. bezogen auf die Gesamtfläche nicht überschreiten.
B-Straße 25 ca. 2.952 m2
1435B-Straße 23 ca. 5.105 m2
1436K-Straße 22, Neubau oberirdisch ca. 8.387 m2
1437K-Straße 22, Neubau oberirdisch ca. 500 m2 – 700 m2
1438K-Straße 22, 2 Tiefgaragengeschossen ca. 4.500 m2
1439Gesamtfläche ca. 21.644 m2“
1440Diese Entscheidungsvorlage wurde unter der Überschrift „Aufgestellt“ vom Angeklagten E sowie unter der Überschrift „Zur Kenntnis genommen und genehmigt“ (lediglich) durch den Angeklagten K ausdrücklich für das „Bankhaus O jr. & Cie. KGaA“ unterzeichnet. Eine Unterschrift des Angeklagten J war auf der Vorlage nicht vorgesehen und erfolgte auch nicht. Der Angeklagte J nahm die Entscheidungsvorlage und deren Inhalt in der Folge aber zur Kenntnis.
1441Bis zum 24. September 2008 wurde der Entfall des Handelsraums auch dem Zeugen T13 als nunmehr beschlossen mitgeteilt. Er sollte dementsprechend eine Baubeschreibung mit einer zusätzlichen Etage erstellen.
(26) Die Verschärfung der wirtschaftlichen Krise bei SOP
1442Ab September 2008, insbesondere durch den Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehmann am 15. September 2008, verschärfte sich die internationale Finanzkrise und auch die wirtschaftliche Lage – hier insbesondere im Handel – des Bankhauses SOP weiter. In der Sitzung des Aufsichtsrates von SOP am 16. Oktober 2008, an der die Angeklagten K und P teilnahmen, erklärte der Angeklagte K, die „schlimmsten Befürchtungen“ seien vor Kurzem eingetroffen. Der Kredit- und Interbankenmarkt sei fast gänzlich ausgetrocknet. Auch für SOP seien mit dieser Entwicklung hohe Risiken verbunden. SOP müsse sich „aus eigener Kraft aus der Krise befreien“. „Anpassungsmaßnahmen in großem Stil“ seien „unausweichlich“. Zu diesem Zweck wurde für den 25. November 2008 eine Strategie- und Budgetsitzung anberaumt, um die notwendigen Schritte zu identifizieren und zu koordinieren. Der Angeklagte K wies aber bereits in der Sitzung des Aufsichtsrats vom 16. Oktober 2008 darauf hin, „dass dies nicht ohne personelle Konsequenzen möglich sein“ werde. Die gesamte Gruppe müsse einer umfassenden Untersuchung zwecks Anpassung und Neuausrichtung unterzogen werden.
1443In der Aktionärsausschussitzung vom 17. Oktober 2008, an der alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teilnahmen, berichtete der Angeklagte J von einem Konzernergebnis zum 31. August 2008 nach IFRS in Höhe von 27,1 Mio. €. Für den Monat September sei aber – vor Berücksichtigung von positiven Bewertungseffekten im Zusammenhang mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz in Höhe von etwa 50 Mio. € – ein Verlust von 26,4 Mio. € prognostiziert. Im Investment Banking werde zum 30. September 2008 ein Jahresverlust von 61,8 Mio. € erwartet.
1444Folge dieser Entwicklung war es, dass sich verschiedene Risikokennziffern, insbesondere zur Liquiditätssituation und zur Eigenkapitalaustattung bei SOP selbst und auch auf Gesamtkonzernebene verschlechterten. Die bankaufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen wurden jedoch insoweit durch SOP im Jahr 2008 stets eingehalten, sank auch die Liquiditätskennzahl, die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Liquiditätsverordnung (LiqV) mindestens „1“ betragen muss, während des Monats Oktober bis auf 1,01 herab. Seitens der Geschäftsführung und der Wirtschaftsprüfer wurden verstärkte Maßnahmen zum Abbau von Risikoaktiva, zur Kostensenkung und zur Stärkung der Eigenkapitalsituation für erforderlich erachtet. Letztere hielt insbesondere auch die für die SCA (und damit den Gesamtkonzern) zuständige Luxemburgische Bankenaufsicht, die CSSF, für erforderlich.
1445In der Aktionärsausschusssitzung vom 17. Oktober 2008 erklärte der Angeklagte K, SOP stehe „im Verhältnis zu anderen Häusern“ zwar „noch relativ stabil da“. Dennoch habe die jüngste Entwicklung „vor allem im Lichte drohender Zwangsmaßnahmen des Staates“ dazu geführt, dass eine von den Aktionären zu stemmende Kapitalstärkung „unabwendbar“ sei. Wichtig sei, dass die Bank zeige, dass „die Familie in der gegenwärtigen Situation geschlossen hinter ihr“ stehe. Der Angeklagte J erläuterte auf derselben Sitzung in diesem Zusammenhang, dass die ins Auge gefasste Kapitalerhöhung einen Umfang von 200 Mio. € haben solle. Nachdem die Bewertungsverluste im Beteiligungsportfolio das Eigenkapital im Laufe des Jahres etwa in dieser Größenordnung reduziert hätten, solle die Maßnahme dazu dienen, es bis zum Ende dieses Jahres wieder auf dem Niveau zu Jahresbeginn zu halten. Damit werde ein klares Zeichen gesetzt, das im Markt als Stärke gewertet würde. Dies sei eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Geschäftsverlauf im kommenden Jahr. Der Beschluss der Kapitalerhöhung werde in einer außerordentlichen Poolversammlung und einer außerordentlichen Generalversammlung im Dezember dieses Jahres gefasst. Außerdem solle als Ausgleich der operativen Verluste in der Gewinn- und Verlustrechnung der Verkauf des X23-Geschäftes der X28-Bank noch in diesem Jahr zur Hälfte realisiert werden. So könnten zum Jahresende 200 Mio. € vor Steuern in die Gewinn- und Verlustrechnung fließen. Es seien mehrere Käufer am Erwerb des X23-Geschäftes der X28-Bank interessiert, auf Grund der Verschärfung der Finanzmarktkrise sei es aber bislang noch nicht zu einem Abschluss gekommen. Soweit eine Veräußerung „zu einem fairen Preis“ in diesem Jahr nicht mehr stattfinden könne, werde nach der Ausgliederung des X23-Geschäfts durch die X28-Bank in eine ihr gehörende GmbH angestrebt, 50 % der GmbH-Anteile für 200 Mio. € an den Gesellschafterpool zu verkaufen. Im neuen Jahr werde dieser Anteil dann zusammen mit den restlichen Anteilen an einen dritten Erwerber verkauft. Nach Erörterung fassten die Mitglieder des Aktionärsausschusses in der Sitzung den Beschluss, die persönlich haftenden Gesellschafter mit der erforderlichen Vorbereitung der beschriebenen Stützungsmaßnahmen zu beauftragen. In der Zwischenzeit würden Gespräche mit allen Kommanditaktionären geführt, um ihnen die Schritte zu erläutern und sie von der Notwendigkeit der geplanten Maßnahmen zu überzeugen.
1446In der Aktionärsausschusssitzung vom 17. Oktober 2008 kam auch das Bauvorhaben B-Straße erstmals wieder zur Sprache. Der Angeklagte K berichtete hierzu am Ende der Sitzung lediglich, dass dieses „über eine Fondslösung abgewickelt“ werde. Das Projekt solle „so, wie bereits erläutert, verwirklicht werden“. Details über die Zusammensetzung des Fonds oder den aktuellen Planungsstand wurden dem Aktionärsausschuss nicht mitgeteilt. Rückfragen oder Diskussionen folgten auf die Mitteilung des Angeklagten K nicht.
III. Das eigentliche Tatgeschehen
(1) Das aufkommende Thema der Höhe der Gesellschafterkredite
1447Ein Teil der risikoreduzierenden Maßnahmen, die im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung von SOP im Laufe des Jahres 2008 angegangen und nach dem 15. September 2008 verstärkt wurden, war die Zurückführung von Kreditrisiken. Hierbei gerieten auch solche Kredite in den Blick, die SOP an Gesellschafter des Bankhauses – persönlich haftende Gesellschafter oder Kommanditaktionäre (der SCA) – ausgereicht bzw. diesen zugesagt hatte. Solche Kreditengagements bestanden in ganz erheblichem Umfang. So gab es noch zum 31. März 2009 Kreditzusagen an die Kreditnehmer(einheiten) A.C12, O, Ka, B.C12, K, J und P in Höhe von insgesamt 726.166.000,00 € bei einer Gesamtinanspruchnahme von 668.214.000,00 €. Das – nicht durch anrechenbare Sicherheiten abgedeckte – Blankoexposure betrug dabei 652.763.000,00 €. Zum 15. Juni 2009 bestanden Kreditzusagen an diese Kreditnehmer(einheiten) in Höhe von 743.480.000,00 € bei einer Gesamtinanspruchnahme von 670.411.000,00 €. Für sämtliche Mitglieder des Aktionärs-Pools betrugen die Kreditzusagen zu diesem Stichtag 826.685.000,00 €, die Gesamtinanspruchnahme 743.779.000,00 €. Die an Mitglieder des Aktionärs-Pools vergebenen Kredite machten zu diesem Zeitpunkt 25,5 % des Privatkundenkreditvolumens vor Risikovorsorge zum 30. Juni 2009 aus. Die Kredite dienten vor allem der Finanzierung von O-E-Fonds.
1448Die Bank hatte für Kredite Ratingklassen von AAA bis D definiert (s. bereits oben D., II., (2)). Die Kredite der Ratingklassen AAA bis BBB wiesen danach keine erkennbaren Risiken auf (Risikoklasse I), Kredite in den Ratingklassen BBB- bis BB- hatten erhöht latente Risiken (Risikoklasse II). Bei Krediten mit Ratings von B+ bis D bestanden erhöhte Ausfallrisiken (Risikoklasse II bzw. III).
1449Betreffend die an der GbR B-Straße beteiligten Gesellschafter von SOP bestanden im Sommer bzw. Herbst 2008 die folgenden Kreditengagements (jeweils inklusive Eventualverbindlichkeiten):
1450Dem Angeklagten K waren zum 22. August 2008 bei einem internen Rating von A+ Kreditlinien in Höhe von 185.204.000,00 € bewilligt worden. Unter Berücksichtigung von risikoentlastenden Sicherheiten in Höhe von 11.050.000,00 € betrug das Blankorisiko 174.154.000,00 €. Die Kreditinanspruchnahme des Angeklagten K belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 72.819.000,00 €.
1451Dem Angeklagten O waren zum 26. August 2008 bei einem internen Rating von AA Kreditlinien in Höhe von 181.298.000,00 € bewilligt worden. Unter Berücksichtigung von risikoentlastenden Sicherheiten in Höhe von 9.660.000,00 € betrug das Blankorisiko (ohne Settlement i.H.v. 5.000.000,00 €) 166.638.000,00 €. Die Kreditinanspruchnahme des Angeklagten O belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 91.577.000 €.
1452Dem Zeugen B.C12 waren zum 26. August 2008 bei einem internen Rating von AA- Kreditlinien in Höhe von 174.631.000,00 € bewilligt worden. Unter Berücksichtigung von risikoentlastenden Sicherheiten in Höhe von 7.998.000,00 € betrug das Blankorisiko 166.633.000,00 €. Die Kreditinanspruchnahme durch B.C12 belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 68.868.000,00 €.
1453A.C12 schließlich waren zum 26. August 2008 bei einem internen Rating von AA- Kreditlinien in Höhe von 419.019.000,00 € bewilligt worden. Unter Berücksichtigung von risikoentlastenden Sicherheiten in Höhe von 38.771.000,00 € betrug das Blankorisiko 380.248.000,00 €. Die Kreditinanspruchnahme durch A.C12 belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 282.362.000,00 €.
1454Die Engagements gegenüber Gesellschaftern der Bank wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 Gegenstand kritischerer Betrachtung. Dies war zum einen durch die Fachabteilungen von SOP bzw. der SCA mit Blick auf die steigende Risikoauslastung des Bankhauses im Kontext des Abbaus von Risikoaktiva der Fall. Zum anderen hatte der in der SCA in das Meldewesen eingebundene Zeuge Q3, der auch Mitglied der erweiterten Geschäftsführung der SCA war, sowie D2, ein in diesem Zusammenhang in Luxemburg für die SCA tätiger Rechtsanwalt, der auch Aufsichtsratmitglied der SCA war, auf Grund ihres laufenden, häufig auch informellen Umgangs mit Mitarbeitern der CSSF den Eindruck gewonnen, dass diese das Thema der Gesellschafterengagements mit Blick auch auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Bankhauses und die hierdurch erforderlich gewordene, durch die Gesellschafter zu stemmende Kapitalerhöhung stärker in den Blick nehmen und möglicherweise auf deren Reduzierung dringen würde.
1455Die Kontrolle der CSSF war im Zuge der Finanzkrise seit Mitte 2008 hinsichtlich aller Banken im Allgemeinen und betreffend SOP im Besonderen nach deren Beteiligungsnahme an X1 intensiver geworden. Die CSSF stellte sich intern nun tatsächlich bereits die Frage, ob die Gesellschafter des Bankhauses und insbesondere die persönlich haftenden Gesellschafter noch über genügend Mittel verfügten, um die bereits konkret ins Auge gefassten und weitere, möglicherweise erforderlich werdende Eigenkapitalstützungsmaßnahmen umsetzen zu können. Formale Rückführungsaufforderungen der CSSF hinsichtlich der Gesellschafterkredite gab es zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht.
1456Im Oktober 2008 vermittelten die für die SCA in das Meldewesen eingebundenen Personen ihre Befürchtungen betreffend die Gesellschafterengagements den Angeklagten K und J. Sie brachten dabei ihre Sorge zum Ausdruck, dass die CSSF vor allem den Y14-Bürgschaften bei deren detailliertem Bekanntwerden kritisch gegenüberstehen würde. Diesbezüglich wiesen sie darauf hin, dass insbesondere Bürgschaften persönlich haftender Gesellschafter in dieser Größenordnung in Luxemburg unüblich seien und nach Ansicht der CSSF nicht dem Bankstandard entsprächen. Man könne nicht gleichzeitig persönlich haftender Gesellschafter sein und sich dann noch für Kredite verbürgen.
1457Im Nachgang hierzu gab es Vorgespräche der Angeklagten K und J mit den Angeklagten O und E. Dabei wurde diesen die absehbar kritische Haltung der CSSF zu den Y14-Bürgschaften vermittelt. Jedenfalls dem Angeklagten O wurde in diesem Zusammenhang auch die Befürchtung einer CSSF-Beanstandung der Höhe der Gesellschafterkredite im Allgemeinen zur Kenntnis gebracht. Den Angeklagten K, J und O stand vor Augen, dass die Aufrechterhaltung der Y14-Bürgschaften auch aufsichtsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnten.
1458Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter beschlossen schließlich am 14. bzw. 16. Oktober 2008 zum einen, die vom Angeklagten O für den Y14-Kredit übernommene Bürgschaft in Höhe von 52 Mio. € vollständig durch die Verpfändung von Festgeld zu ersetzen. Zum anderen sah der Beschluss vor, dass die vom Angeklagten K übernommene Bürgschaft von 87 Mio. € in Höhe von 37 Mio. € durch die Verpfändung von Festgeld und im Übrigen (50 Mio. €) durch eine weitergehende Bürgschaft der GEWG ersetzt würde.
1459Der Sicherheitenaustausch wurde in der Folge auch umgesetzt. Die Verpfändung des Festgeldes in Höhe von 37 Mio. € zur Ablösung der Bürgschaft des Angeklagten K erfolgte allerdings, da sich dieser zu diesem Zeitpunkt hierzu aus seinem eigenen Vermögen nicht in der Lage sah, aus dem Vermögen der A.C12. Hierzu bzw. zur Erhöhung der Bürgschaft der GEWG hatten sich A.C12 bzw. der Angeklagte E bereit erklärt, um dem Angeklagten K dabei zu helfen, mögliche aufsichtsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Der Angeklagte O nahm zur Hinterlegung des der Ablösung seiner Bürgschaft dienenden Festgeldes einen neuen – im Kreditprotokoll vom 14. Oktober 2008 als „Rahmenlinie für private Dispositionen“ bezeichneten – Kredit bei SOP in Höhe von 37 Mio. € auf, der später auf 38 Mio. € erhöht wurde. Für diesen Kredit waren indes – bis hierhin bei Privatkrediten an persönlich haftende Gesellschafter von SOP unüblich – risikomindernde Immobiliarsicherheiten vorgesehen.
1460Dass auch dem Angeklagten P bewusst war, dass der von ihm mitbeschlossene Sicherheitenaustausch mit Blick auf die CSSF erfolgte, konnte die Kammer nicht feststellen.
1461In dieser Zeit, nämlich zum 30. September 2008, hatte die SCA der CSSF auch erstmals eine konsolidierte Großkreditmeldung nach dem in Luxemburg vorgesehenen Muster zur Verfügung gestellt. Nach ihren Angaben gegenüber der Aufsicht hatte die SCA zuvor nicht über das hierfür erforderliche System verfügt. Betreffend die Gesellschafterkredite waren auf dieser Großkreditmeldung aufgeführt die Engagements der Angeklagten O, K und P sowie von A.C12, der Zeugin Ka und dem Zeugen B.C12. Weder diese Meldung noch die zuvor auf anderem Wege – insbesondere durch übergebene, nicht dem luxemburger Muster entsprechende Auflistungen sowie den Prüfbericht zum SOP-Jahresabschluss 2007 – von der SCA erhaltenen Informationen zu den Gesellschafterkrediten ließen aus Sicht der CSSF eine genaue Einschätzung hinsichtlich deren Besicherung zu. Aufsichtsrechtlich anrechenbare dingliche Sicherheiten in nennenswertem Umfang wiesen diese Unterlagen für die genannten Gesellschafterkredite jedenfalls nicht aus. Die CSSF entschloss sich daher dazu, im November 2008 – und zwar am 13. und 20. November – bei der SCA eine Großkreditprüfung vorzunehmen, die alle Großkredite der Bank inklusive der Kreditvergaben an die Aktionäre umfasste. Dabei bestätigte sich für die CSSF, dass SOP in erheblichem Umfang Kredite an Mitglieder des Aktionärs-Pools vergeben hatte. Die stichprobenartige Prüfung der Kreditakte A.C12 ergab für die CSSF, dass die Bank zu diesem Zeitpunkt ein Blankoexposure, mithin einen Teil des Kreditengagements, der nicht durch dingliche Sicherheiten abgedeckt war, von rund 378 Mio. € aufwies. Dieser Befund führte dazu, dass die CSSF in der Folgezeit bestrebt war, sich hinsichtlich der konkreten Risiken, denen SOP im Zusamenhang mit Gesellschafterkrediten ausgesetzt war, einen genaueren Überblick zu verschaffen.
1462Die hohe Risikoauslastung, das in dieser Zeit aufkommende Thema des stärkeren Blicks der CSSF auf Verbindlichkeiten von Bankgesellschaftern – insbesondere auch der persönlich haftenden Gesellschafter – gegenüber SOP und die Überlegung, dass im Lichte des in dieser Zeit in der Bank bestehenden allgemeinen Bestrebens, Kreditlinien zurückzuführen, eine Ausnahme hiervon gerade für Gesellschafterkredite auch gegenüber den eigenen Mitarbeitern schwer zu vermitteln gewesen wäre, führten im Bankhaus zu der Überlegung, derartige Verbindlichkeiten nicht weiter ansteigen zu lassen, sondern nach Möglichkeit zu reduzieren. Innerhalb der Partnerschaft war dies zunächst bei den Angeklagten K und J der Fall. Letzterer hatte im Zuge der Krise des Bankhauses und im Nachgang zu den Maßnahmen der X1-Unterstützung Ende September 2008 an operativer Handlungsmacht innerhalb der persönlich haftenden Gesellschafter gewonnen und faktisch eine Führungsrolle übernommen. Dabei stand den Angeklagten auch vor Augen, dass sich die Ratings der Bankgesellschafter mit Blick auf die wirtschaftliche Krise der Bank – deren Wert das Bonitätsurteil maßgeblich prägte – und die durch diese Krise erforderlich werdenden, gerade auch seitens der CSSF für geboten erachteten und bereits konkret geplanten Stützungsmaßnahmen des Gesellschafterkreises (Kapitalerhöhung, Ausgliederung X23-Geschäft) verschlechtern würden. Dies galt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der maßgeblich mit Mitteln des Konsortiums im Jahr 2005 erfolgte Erwerb der X28-Bank zu einer Reduzierung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Bankgesellschafter vom Bankhaus geführt hatte. Dies ließ ihnen nachteilige Auswirkungen auf die Risikoauslastung und eine zunehmend kritischere Haltung der CSSF naheliegend erscheinen. Konflikte mit der CSSF sollten auch deshalb unbedingt vermieden werden, weil diese bereits auf Grund der kurz zuvor ohne vorherige Genehmigung der CSSF erfolgten Beteiligungsnahme von SOP an der X1 AG – die zusammen mit der erfolgten Kreditvergabe zu einer weiteren Anspannung der Risikolimite geführt hatte – verstimmt war.
(2) Die ersten Überlegungen der Angeklagten K und J zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus
1463In diesem Zusammenhang geriet auch das Projekt B-Straße in den Blick. Es entstand bei den Angeklagten K und J die Überlegung, dieses – erst angelaufene und noch keine Erträge abwerfende Projekt – nicht mehr als Fondsmodell, sondern durch die Bank selbst und damit ohne weitere Kreditauskehrungen an die an der GbR B-Straße beteiligten Bankgesellschafter zu realisieren. Solche weiteren – vertraglich bereits zugesagten (s.o. II., (7)) – Kreditinanspruchnahmen standen mit Blick auf die nahende Kaufpreisfälligkeit für das Grundstück (vgl. den Grundstückskaufvertrag, o. II., (14)) zeitnah bevor:
1464Bereits im Juli 2008 hatte die H33 – nunmehr firmierend unter Q34 Bank AG (im Folgenden: Q34) – bei Z4 mit Blick auf den Vollzug des Kaufvertrages um Unterrichtung zum Stand der Prüfung der Baugenehmigung gebeten. Am 15. Juli 2008 hatte dieser darauf geantwortet, dass die Grundstücksgesellschaft gegen eine Auflage der Genehmigung „Widerspruch einlegen musste[n]“ und auch die Nachbarn des K-Straße 18 „Einspruch“ gegen die Genehmigung eingelegt hätten. Die Baugenehmigung sei daher noch nicht bestandskräftig. Er hoffe aber, die hindernden Umstände zeitnah beseitigen zu können, um sich im Anschluss zur terminlichen Vereinbarung der Übergabe der Immobilie und der Kaufpreisfälligkeit mit der Verkäuferin in Verbindung zu setzen. Bis Ende September war es dazu nicht gekommen. Unter dem 1. Oktober 2008 schrieb die Q34 daraufhin die Angeklagten K und J an. Sie bat darin „eindringlich“ darum, ihr die Hinderungsgründe mitzuteilen, die dazu führten, dass der Kaufvertrag nicht vollzogen werde.
1465Die mit der Kaufpreisfälligkeit für das Grundstück einhergehende weitere erhebliche Kreditinanspruchnahme durch die GbR-Gesellschafter und hiermit möglicherweise verbundene mögliche aufsichtsrechtliche Schwierigkeiten in Luxemburg wollten die Angeklagten K und J vermeiden.
1466Hinzu kam, dass ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Spätjahr 2006 (Az. 1 BvL 10/02) die Verfassungswidrigkeit der Ungleichbehandlung gerade auch von Immobilien- zu sonstigem Vermögen bei der Erbschaftssteuer festgestellt und dem Gesetzgeber aufgegeben hatte, bis zum 31. Dezember 2008 eine Neuregelung zu finden. Das alte Recht galt bis zu einer solchen gesetzlichen Neuregelung noch fort. Diese war im Oktober 2008 noch nicht erfolgt. Sie stand nun aber unmittelbar bevor. Das erbschaftssteuerliche Motiv A.C12s bzw. ihrer Erben, auf das die ursprüngliche Wahl der GbR-Konstruktion maßgeblich zurückzuführen war, drohte infolgedessen – aber auch auf Grund des einsetzenden Wertverlusts ihrer zu vererbenden Bankanteile infolge der wirtschaftlichen Krise von SOP – in Wegfall zu geraten oder jedenfalls abgeschwächt zu werden. Mit Blick auf die für das Jahr 2008 zu erwartenden Verluste des Bankhauses bestand auch für die übrigen GbR-Gesellschafter ein persönlicher steuerlicher Anreiz für ein Festhalten an ihren Engagements nicht mehr.
1467Außerdem bestand bei den Angeklagten K und J die – zu diesem Zeitpunkt allerdings noch sehr vage – Vorstellung, die Liegenschaft in der B-Straße nach deren Übernahme durch das Bankhaus möglicherweise in der Zukunft in einen zur Stärkung der Eigenkapitalsituation vorzunehmenden „Sale-and-Lease-Back-Paketverkauf“ von SOP-eigenen bzw. im Eigentum anderer Konzerngesellschaften stehenden Immobilien einbeziehen zu können. Sie gingen davon aus, dass das Bankhaus durch eine Übernahme der Immobilie die Kontrolle über diese mit entsprechend größerer Gestaltungsfreiheit erlangen könne.
(3) Die Einbindung des Angeklagten O in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus
1468Die Überlegung zu einer Übernahme des Projektes B-Straße in die Bank selbst teilte erstmals entweder der Angeklagte J oder der Angeklagte K im Oktober oder Anfang November 2008 dem Angeklagten O mit. Inwieweit ihm dabei die Hintergründe dieser Überlegung im Einzelnen erläutert worden sind, konnte die Kammer nicht feststellen. Es wurde ihm aber jedenfalls gesagt, dass die anderen GbR-Gesellschafter mit der Übertragung einverstanden seien. In der Tat hatte der Angeklagte K zu diesem Zeitpunkt bereits die Zustimmung der GbR-Gesellschafter seines Familienstammes zu einer Übertragung des Projektes auf das Bankhaus unter Hinweis auf die kritische Haltung der CSSF zur Höhe der Gesellschafterkredite eingeholt. Eine Diskussion über das Für und Wider dieser Maßnahme fand in dem Gespräch und auch später mit dem Angeklagten O nicht statt. Der Angeklagte O war mit der Maßnahme einverstanden. Er hielt den damit – für ihn erkanntermaßen – verbundenen Effekt der nicht weiter ansteigenden Kreditausreichungen an Bankgesellschafter – auch an ihn selbst – in der aktuellen Situation des Bankhauses, gerade auch mit Blick auf die Bankenaufsicht, für sinnvoll. Auch hatte er die – allgemein gehaltene – Vorstellung, durch eine Übernahme des Projektes B-Straße durch die Bank selbst deren Einfluss auf den Fortgang des Projekts gerade auch gegenüber dem Angeklagten E, der neben seiner eigenen GbR-Beteiligung insbesondere auch über eine Generalvollmacht über den Tod hinaus für die mit 50 % beteiligte und zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich bereits angeschlagene A.C12 verfügte, zu erhöhen. Mit Blick auf die sich abzeichnende Redimensionierung der Bank und sich ändernde Nutzungsabsichten – der Angeklagte O wusste vom Wegfall des Handelsraums und vom hiermit einhergehenden Verzicht des Umzugs jedenfalls der Handelsabteilungen des Investment Bankings in die neue Liegenschaft – hatte der Angeklagte O ein Interesse daran, dass die Bank möglichst flexibel mit der Immobilie umgehen könnte. Konkrete Planungsänderungsabsichten hatte er allerdings nicht. Zudem hatte er auch die vage Vorstellung, die Liegenschaft an der B-Straße in zu diesem Zeitpunkt im Bankhaus aufgekommene Überlegungen zum Verkauf eines „Pakets“ von Bankimmobilien zur Hebung von Reserven zum Zwecke der Ergebnisverbesserung und damit der Eigenkapitalsituation einbeziehen zu können.
1469Eine gänzliche Aufgabe des Projektes B-Straße – die bereits durch eine Abstandnahme von der Anmietabsicht des Bankhauses zu erzielen gewesen wäre – schlossen die Angeklagten J, K und O trotz des sich durch die wirtschaftliche Entwicklung und den damit erforderlich gewordenen Redimensionierungs- und Kosteneinsparungsmaßnahmen für sie abzeichnenden geringeren Raumbedarfs für SOP gerade im Bereich Investment Banking aus. Hierfür war die Befürchtung maßgeblich, dass eine solche Aufgabe des – in der Öffentlichkeit als SOP-Projekt bereits bekannt gemachten – Vorhabens in der Hochphase der Finanzkrise nachteilige Folgen für die Marktstellung des Bankhauses gehabt hätte. Durch eine nach außen hin unveränderte Fortführung des Projekts – ungeachtet eines inneren Vorbehalts, die Liegenschaft künftig zumindest teilweise an Dritte (unter) zu vermieten oder weiterzuveräußern – sollte nach ihrer Vorstellung Stärke, Stabilität und Normalität signalisiert werden. Außerdem sollte hiermit ein Bekenntnis zum Standort Frankfurt verbunden sein, an dem die Angeklagten grundsätzlich festhalten wollten.
1470Dem Angeklagten P wurden die Überlegungen zu einer Übertragung des Projektes in die Bank selbst zunächst nicht mitgeteilt. Er war in dieser Zeit innerhalb der Partnerschaft zunehmend isoliert. Er wurde von den anderen persönlich haftenden Gesellschaftern maßgeblich für die ergebnisbelastenden Verluste des Investment Bankings verantwortlich gemacht. Es bestanden bereits konkrete Überlegungen, den Angeklagten P als persönlich haftenden Gesellschafter abzulösen. Dieser selbst bot im hiesigen Zeitraum sogar seinen Ausstieg aus der Partnerschaft an. Die übrigen Partner erachteten ein sofortiges Ausscheiden des Angeklagten P mit Blick auf eine befürchtete negative Außenwirkung gerade in einem schwierigen Umfeld aber als ungünstig.
(4) Die Einbindung des Angeklagten E in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus
1471Dem Angeklagten E teilten bis spätestens Anfang November 2008 die Angeklagten J und K den Wunsch zur Abstandnahme von dem Projekt in seiner bisherigen Fondsstruktur mit. Dabei konkretisierten sich die Überlegungen auf eine Übernahme nicht des Grundstückseigentums, sondern der GbR-Anteile durch die Bank. Der Angeklagte E wurde durch die Angeklagten K und J aufgefordert, auch seine GbR-Anteile und die seiner Ehefrau auf SOP zu übertragen. Alle anderen GbR-Gesellschafter – so wurde ihm mitgeteilt – hätten der Übertragung bereits zugestimmt. Als Grund für die gewünschte Anteilsübertragung wurde dem Angeklagten E dabei eine von der Bankenaufsicht beanstandete Höhe der Gesellschafterkredite mitgeteilt. Nähere Einzelheiten wurden ihm nicht dargelegt. Dem Angeklagten E war bewusst, dass eine Anteilsübertragung auf das Bankhaus zu einer Reduzierung der den Bankgesellschaftern gewährten bzw. zugesagten Kredite führen würde. Ihm wurde in diesem Zeitraum auch bekannt, dass die Bankenaufsicht auf eine Eigenkapitalstärkung des Bankhauses drang. Das Ansinnen der Anteilsübertragung stieß beim Angeklagten E zunächst auf Widerstand. Er beurteilte das Projekt gerade mit Blick auf den in Aussicht genommenen langfristigen Mietvertrag mit SOP als für sich rentierlich. Letztlich widersetzte er sich einer Übertragung seiner Anteile und derjenigen seiner Ehefrau auf das Bankhaus aber zum Erhalt der guten Beziehungen zu SOP nicht. Hierfür stellte er allerdings zwei Bedingungen. Zum einen müsse die Grundstücksgesellschaft vorher einer durch mehrfache Umplanungen bedingten Erhöhung der Generalübernehmervergütung auf 58,85 Mio. € netto zustimmen und die Bank als künftige GbR-Gesellschafterin diese Erhöhung mittragen. Zum anderen dürfe die Anteilsübertragung für ihn und seine Ehefrau nicht zu einem Verlust führen, vielmehr müsse das Bankhaus ihn und seine Ehefrau „zu Null“ aus dem Engagement entlassen. Diesen Forderungen wurde in der Folge entsprochen.
1472Der Angeklagte E berichtete in der Folge Z4 von dem Ansinnen der Bank. Dieser bemerkte, dass bei einer Übertragung von 100 % der GbR-Anteile Grunderwerbsteuer anfalle (§ 1 Abs. 2a Grunderwerbsteuergesetz). Dies könne bei einem Erwerb von lediglich 94,9 % der Anteile durch das Bankhaus vermieden werden. Diese Anregung wurde in der Folge aufgegriffen und umgesetzt.
(5) Der Beschluss zwischen den Angeklagten K, J und E zur Übernahme von 94,9 % der GbR-Anteile durch das Bankhaus
1473In dem Bestreben, die angestrebten Gesellschafterkreditreduzierungen möglichst zeitnah umzusetzen, begann die Kreditabteilung bei SOP bereits am 30. Oktober 2008, also noch vor der Initiierung des förmlichen Beteiligungsvorlagenprozesses (s. unten (9)), auf entsprechende Aufforderung hin – durch wen konkret, konnte in der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden – mit der Erstellung von ersten Entwürfen für Schreiben, durch die die Kreditzusagen für die Gesellschafter der GbR Frankfurt B-Straße zunächst auf die Höhen der aktuellen Inanspruchnahmen zurückgeführt werden sollten.
1474Am 3. November 2008 kamen die Angeklagten K, J und E überein, dass SOP von den bisherigen Gesellschaftern der GbR Frankfurt B-Straße 94,9 % der Gesellschaftsanteile erwerben solle. Dies fügte der Angeklagte E in eine von ihm am 4. November 2008 erstellte Entscheidungsvorlage folgenden Wortlauts ein:
1475„Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR
1476Beschluss vom 03.11.2008 zwischen K, J, E
1477-
1478
1. Das Bankhaus O jr. & Cie. KGaA erwirbt von den Gesellschaftern der o.g. GbR insgesamt 94,9 % der Gesellschaftsanteile. Alle bisherigen Gesellschafter verbleiben in der GbR; ihre Gesellschaftsanteile werden anteilig reduziert.
-
1480
2. Entsprechend der Entscheidungsvorlage vom 27.08.2008 darf der maximale Mietzins 30,00 €/m2 netto betragen. Die Baubeschreibung muss auf diese Vorgaben angepasst werden. Die Bank möchte die Möglichkeit offen halten, das Objekt selbst zu nutzen oder zu veräußern.
-
1482
3. Kalkulatorischer Gesamtaufwand, gerechnet 24 Monate ab Baubeginn (Abbruch):
Bestand BGF
1484B-Straße 25 ca. 2.952,00 m2
1485B-Straße 23 ca. 5.105,00 m2
1486ca. 8.057,00 m2
1487Abbruch und Neubau
1488K-Straße 22 oberirdisch ca. 8.387,00 m2
1489K-Straße 22 unterirdisch 2 Geschosse ca. 4.500,00 m2
1490Gesamt – BGF ca. 20.944,00 m2
1491Mietansatz netto
1492ca. 20.944,00 m2 x 30,00 €/m2 x 12= 7.539.840,00 €
1493Gesamtaufwand netto 125.644.000,00 €
1494Kalkulatorischer Gesamtaufwand netto 126.000.000,00 €
1495./. Grundstück und Aufbauten 51.250.000,00 €
1496./. Generalübernehmer 58.850.000,00 €
1497./. Geschäftsführung 850.000,00 €
1498./. Steuerberatung 750.000,00 €
1499./. Nebenkosten 3.150.000,00 €
1500./. Zinsen 11.150.000,00 €
1501-
1502
1. Der Geschäftsführer bereitet die Übertragung der Gesellschaftsanteile vor.
-
1504
2. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile soll bis Ende November 2008 durch Herrn Z4 und Herrn H2 in Zusammenarbeit mit Herrn Notar Dr. M17 und Herrn Steuerberater Z25 erfolgen.
-
1506
3. Der am 22.06.2007 abgeschlossene Generalübernehmervertrag soll angepasst werden:
3.1 Die Baubeschreibung wird gem. o.a. Ziff. 2. angepasst.
15083.2 Die Vergütung der Projektentwicklung einschließlich sämtlicher Kosten (Behördenkosten, Projektsteuerung u.ä.) bis zur Erteilung der Baugenehmigung in Höhe von 10.000.000,00 € ist am 02.07.2007 in Rechnung gestellt und anschließend gezahlt worden.
15093.3 Die Vergütung für die weiteren Leistungen in Höhe von 48.850.000,00 € erfolgt im Rahmen eines Zahlungsplanes in 24 gleichen Monatsraten in Höhe von 2.035.416,67 € ab Baubeginn.
1510T , 04.11.2008“
1511Diese Entscheidungsvorlage wurde unter der Überschrift „Aufgestellt“ vom Angeklagten E unterzeichnet. Auch der Angeklagte K unterzeichnete die Vorlage unter der Überschrift „Zur Kenntnis genommen und genehmigt“ für das „Bankhaus O jr. & Cie. KGaA“. Eine Unterschrift des Angeklagten J war nicht vorgesehen und erfolgte auch nicht. Ein nicht unterschriebenes Exemplar dieser Entscheidungsvorlage wurde aber auch ihm übermittelt. Er nahm von diesem spätestens am 5. November 2008 Kenntnis, was er durch handschriftliche Aufbringung dieses Datums nebst einer Ablageanweisung auf dem Schriftstück dokumentierte.
1512Der Angeklagte E ging – aus Gründen die in der Hauptverhandlung nicht näher aufgeklärt werden konnten – zu diesem Zeitpunkt nicht davon aus, dass der Wegfall des Handelsraums, wie noch in der Entscheidungsvorlage vom 27. August 2008 vorgesehen (und in der Folge auch vertraglich vereinbart – dazu sogleich), zu zusätzlichen 500 bis 700 m2 BGF führen würde.
1513Eine Einbindung von Fachabteilungen des Bankhauses in diese Entscheidungsvorgänge erfolgte nicht.
(6) Die ersten Reduzierungen der Kreditlinien für die Fondsfinanzierung
1514Bereits unter dem 6. November 2008 versandte SOP von den Zeugen L2 und F5 unterzeichnete Schreiben an die bisherigen GbR-Gesellschafter, wonach die jeweilige Kreditlinie zur Eigenkapitalvorfinanzierung zunächst auf die Höhe der aktuellen Inanspruchnahme, diejenige zur Fremdkapitalzwischenfinanzierung auf den der nach der 94,9 %-igen Anteilsübertragung sich ergebenden Betrag reduziert würde.
1515Das Einverständnis zu diesen Schreiben erklärten durch Unterschrift der Angeklagte K am 9. November 2008, der Angeklagte O und der Zeuge B.C12 am 11. November 2008, die ursprüngliche Verfallsbeteiligte Ea am 17. November 2008, der Angeklagte E am 19. November 2008 und A.C12 am 2. Dezember 2008.
(7) Das Projekt „V7“
1516Derweil hatte sich die wirtschaftliche Lage des Bankhauses weiter zugespitzt und die ins Auge gefassten Gegenmaßnahmen nahmen konkretere Formen an. In der Geschäftsführungssitzung der SCA in Luxemburg vom 28. Oktober 2008, an der alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teilnahmen, prognostizierte der Angeklagte J für das Jahr 2008 einen Verlust von 50 Mio. €. Er berichtete von einer Betriebsversammlung in Köln am Vortag. Dort habe er bereits klar gemacht, dass die Planung 2009 auf Grund des Marktumfeldes „keine Tabus“ kennen könne und mit „drastischen Maßnahmen“ zu rechnen sei. Der Zeuge T7, Leiter der Abteilung Controlling, erläuterte in der Sitzung, dass im Monat Oktober bisher ein Verlust von 88 Mio. € erzielt worden sei. Auf das Jahr bezogen betrage das Resultat der O-Gruppe ohne die X28-Bank ca. – 70 Mio. €. Wesentliche VerlustQ-n seien im Monat Oktober das Equity Trading und die Nostro-Bestände gewesen. Der Zeuge T7 erläuterte außerdem den Stand der Planungen für 2009. Unter Zugrundelegung eines von der Geschäftsführung als realistisch betrachteten Szenarios (Basis Dax auf 3.500 zum Jahresende 2009) ermittelte er dabei für O ohne die X28-Bank ein negatives Ergebnis in Höhe von 80 Mio. €. Der Zeuge T7 stellte außerdem gemeinsam mit einem weiteren Mitarbeiter und Mitglied der Geschäftsführung der SCA, Z27, den Entwurf einer Präsentation mit dem Namen „Projekt V7“ vor. Dieses war als Ergebnis der im Sommer durchgeführten Analyse der wirtschaftlichen Lage des Bankhauses ins Leben gerufen worden. Die Ersteller der Präsentation legten dar, dass die guten Resultate der Bank in den letzten Jahren im Wesentlichen aus kurzfristig nicht wiederholbaren Ergebniseffekten, insbesondere realisierten Beteiligungsgewinnen, stammten und im operativen Geschäft nur unzureichende Ergebnisse erzielt worden seien. Die Geschäftsführung beauftragte sie noch in der Sitzung damit, ein entsprechendes Projektteam zu bilden, das in den nächsten 14 Tagen eine genauere Analyse sämtlicher Geschäftseinheiten im Konzern erstellen und Vorschläge für erforderliche geschäftspolitische Maßnahmen erarbeiten solle. Diese sollten in der Geschäftsführungssitzung am 11. November 2008 vorgestellt werden. Ziel sei es, in vier Wochen zur Strategie- und Budgetplanungstagung am 25. November 2008 die definitiven Maßnahmen verabschiedet zu haben und bereits kommunizieren zu können.
1517In der Geschäftsführungssitzung der SCA in Luxemburg am 11. November 2008, an der wiederum alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teilnahmen, wurde die in der vorherigen Sitzung eingeforderte und von den Herren T7 und Z27 erstellte Präsentation zum „Projekt V7“ vorgestellt. Die zusammenfassenden Feststellungen lauteten wie folgt:
1518„1) Nach den jüngsten Finanzmarktturbulenzen führte die Planung 2009 zu einem nicht akzeptablen Plan-Ergebnis im Teilkonzern SOP v. -81 Mio. € (Szenario „Volatile Märkte, DAX 4.750 auf 3.500“)
15192) Die vorliegende quantitative Analyse bestätigt die Hypothese, dass die operative Ertragskraft ohne Einmaleffekte in der O Gruppe ohne X28-Bank („Teilkonzern SOP“) nahe Null liegt
15203) Das in der Bankbilanz getragene, risikobehaftete Geschäftsvolumen erweist sich vor dem Hintergrund der jüngsten Marktverwerfungen als insgesamt deutlich zu hoch
15214) Klares Bekenntnis der Eigentümer von O zu einem konservativen, risikoarmen Geschäftsmodell der „integrierten Vermögensverwaltungs- und Investmentbank“
15225) Die Eigentümer der Bank erwarten ein nachhaltiges Konzernergebnis von mind. 150 Mio. € resp. 10% p.a. v. St.; für 2009 sollte trotz Restrukturierungsaufwendungen ein Verlust vermieden werden
15236) Zur Erreichung des strategischen Zielbilds muss ein Kostenüberhang von etwa 100 Mio. € im Teilkonzern abgebaut werden, der nicht ohne gravierende Personalmaßnahmen erreichbar ist
15247) Die Anpassungsmaßnahmen lösen kurzfristig Restrukturierungsaufwendungen von überschlägig 75 Mio. € aus; der Anpassungsprozess muss transparent, fair und doch kompromisslos erfolgen“
1525Eine in der Präsentation dargestellte Aufschlüsselung des Kostenüberhangs im Teilkonzern O ergab, dass von dem Betrag von 100 Mio. € allein 45 Mio. € auf das Investment Banking entfielen. Die für erforderlich erachteten geschäftspolitischen Maßnahmen wurden in die Blöcke Risikoabbau, Strukturanpassungen, Kostenreduktionen und Optimierung der Entscheidungs- und Führungsstrukturen unterteilt. Dem Risikoabbau sollten dienen eine „sofortige signifikante Zurückführung bilanzwirksamer Geschäfte auf ein für die Gruppe tragfähiges Niveau“, eine „Begrenzung des weiteren Verlustpotenzials“, der sofortige Verzicht auf weitere „neue Nostroinvestments oder Finanzbeteiligungen“, ein „gezielter ´Work-Out´ bilanzieller Altlasten“ sowie die „Erstellung eines Notfall-Stufenplans zur Liquiditätssicherung“. Als Strukturanpassung war u.a. die „Fortführung nur von nachhaltig operativ ertragsstarken Geschäftsaktivitäten, die auch zum strategischen Zielbild der Bank passen“ vorgesehen. Hierunter wurde ein „insgesamt stark risikoadaptiertes Kapitalmarktgeschäft im Bereich Financial Markets“ und die Aufgabe des Bereichs Structured Finance gefasst. An Kostenreduktionen war vorgesehen eine konzernweite, massive Verringerung der Personal- und Sachkosten.
1526Dabei sollte die Vorgabe der Gesamtkostenreduktion auf Konzernebene durch die Geschäftsführung erfolgen, die verantwortliche Identifikation und Umsetzung sodann durch die jeweils zuständigen operativen Einheiten. Die Umsetzungskontrolle sollte durch das Projektteam gewährleistet werden. Außerdem wurde in der Präsentation die sofortige Einführung eines zentralen Kostenmanagements vorgeschlagen. Dieses sollte eine Meldepflicht der Bereichsleiter für jede Verpflichtung ihres Bereichs ab 5.000 € „heutigem Gegenwert“ mit einem Genehmigungsvorbehalt der Geschäftsführung beinhalten.
1527Hinsichtlich des Abbaus der Personalkosten wurde für den Bereich Investment Banking das Ziel vorgegeben, die Anzahl der Mitarbeiter-Vollzeitäquivalente im Teilkonzern von aktuell 414 auf 323 – und damit noch unter den Stand von 2007 (365) – zu reduzieren. Im Bereich Vermögensverwaltung – für den ein Kostenüberhang von 30 Mio. € diagnostiziert worden war – sollte die Anzahl der Mitarbeiter-Vollzeitäquivalente von aktuell 1.065 auf 959 (2007: 981) heruntergefahren werden. Unter der Überschrift „Ersteinschätzung zu den Auswirkungen der Maßnahmen“ war zur „Innen- und Außenwirkung“ u.a. aufgeführt: „größere Verunsicherung bei der gesamten Belegschaft (Arbeitsplatzsicherheit)“. Es wurde mit – im Jahr 2009 ergebniswirksamen – Restrukturierungskosten in Höhe von ca. 75 Mio. € gerechnet. Nach der Darstellung des Maßnahmenkatalogs auf der Strategie- und Budgetplanungstagung am 25. November 2008 sollte die Finalisierung der Maßnahmenpakete auf operativer Ebene und die Beschlussfassungen im Januar 2009 erfolgen.
1528Noch in der Geschäftsführungssitzung am 11. November 2008 wurde beschlossen, dass sich die persönlich haftenden Gesellschafter verpflichteten, die von ihnen beeinflussbaren Kosteneinsparungen für ihren jeweiligen Geschäftsbereich durchzusetzen. Die Planung 2009, die Anfang Dezember verabschiedet werden solle, werde diese Einsparungsmöglichkeiten enthalten. Weiter wurde beschlossen, die für die Kostenreduzierungen notwendigen Personalmaßnahmen ab Januar 2009 umzusetzen. Bis dahin würden die betroffenen Stellen identifiziert. Schließlich wurde auch das in der Präsentation vorgeschlagene zentrale Kostenmanagement mit unmittelbarer Wirkung eingerichtet. Der Schwellenwert wurde zunächst noch offen gelassen, später aber auf die vorgeschlagenen 5.000 € festgelegt.
1529Auf der Geschäftsführungssitzung der SCA vom 25. November 2008, an der alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teilnahmen, erklärte der Zeuge T7, dass im Teilkonzern O (ohne X28-Bank) bis Ende Oktober ein Defizit von 152 Mio. € entstanden sei. Für November würden Verluste von 24 Mio. €, für Dezember von 10 Mio. € erwartet. Unter Berücksichtigung positiver Ergebnisse insbesondere der X28-Bank und der OEH sowie – entgegengesetzt – stiller Lasten und Rückstellungen für garantierte Boni rechne man zum Jahresende mit einem Gesamtdefizit von ca. 250 Mio. €. Dagegen werde aus der Ausgliederung des X23-Geschäfts der X28-Bank und hälftigen Veräußerung an den Gesellschafterkreis ein Ertrag von 200 Mio. € stehen. Um zum Jahresende zu einem ausgeglichenen Ergebnis zu gelangen, müssten noch Bewertungsmaßnahmen und eventuell der Verkauf von Immobilienbesitz erwogen werden. Über einen Ankauf der Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße wurde nicht gesprochen.
1530Das „Projekt V7“ wurde ebenfalls am 25. November 2008 auf der Strategie- und Budgetplanungstagung den Führungskräften der Bank durch alle vier angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter vorgestellt.
1531In der Folge machten sich die einzelnen operativen Einheiten in Teilprojekten daran, die vom Konzern vorgegebenen („top down“) Gesamtziele in konkrete Maßnahmen umzusetzen. In diesem Zusammenhang schrieb der Angeklagte P an die Führungskräfte seines Bereichs am 26. November 2008 eine E-Mail folgenden Wortlauts, die die übrigen angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter in Kopie (cc.) ebenfalls erhielten:
1532„Liebe Kollegen,
1533wie in meiner gestrigen Präsentation ausgeführt, ist das Ziel im Investmentbanking klar formuliert:
1534Wir wollen auf einem tragfähigen Geschäftsmodell den erreichten positiven Marktauftritt sichern, kalkulierbare Risiken weiterhin eingehen bei entsprechender Rendite respektive einem ausreichenden Ertragspotential.
1535Die von mir aufgezeigten Strukturanpassungsmaßnahmen sind ein erster wichtiger Schritt zum Erreichen unserer Ziele. Jeder Bereichsleiter ist jedoch auf Grundlage der ihm übertragenen Verantwortung in der Pflicht, auch sein Geschäftsmodell einer weitergehenden Prüfung hinsichtlich Effizienz und Risikotragfähigkeit zu überprüfen.
1536Sie sollten vermeiden, daß Sie im Laufe des Jahres 2009 weitere, für die Außen- und Innenwirkung belastende Maßnahmen ergriffen werden müssen. Somit bitte ich Sie, im Rahmen der bevorstehenden konzernweiten Anpassungsmaßnahmen um Überprüfung, ob Sie die mir bekannten Personalabbaupläne für Ihren Bereich als ausreichend erachten oder ob Sie weitergehende Entscheidungen in diese Richtung treffen wollen.
1537Bitte geben Sie mir bis zum 05. Dezember 2008 Ihre Rückmeldung zu den bereits geplanten Maßnahmen in Ihrem Bereich mit dem Vermerk, ob diese noch um weitere Punkte ergänzt werden müssen.
1538Ich bin überzeugt, daß wir mit einer verschlankten, professionell aufgestellten Mannschaft die Krise gestärkt und mit entsprechenden Marktanteilsgewinnen gemeinsam meistern werden.“
(8) Die Entscheidungsvorlage zur Zahlung des Grundstückskaufpreises
1539Mit Schreiben vom 18. November 2008 teilte der Notar M17 Z4 mit, dass die von ihm – dem Notar – zu überwachenden Voraussetzungen gemäß Abschnitt III Ziff. 2 a) des Grundstückskaufvertrages vom 14. Juni 2007 zur Zahlung des Kaufpreises nunmehr vorlägen.
1540Eine am Folgetag, dem 19. November 2008, unter „Aufgestellt“ von Z4 und unter „Zustimmung erteilt“ vom Angeklagten E unterzeichnete Entscheidungsvorlage hatte folgenden Wortlaut:
1541„Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR
1542Zahlung des Grundstückskaufpreises
1543-
1544
1. Der Grundstückskaufvertrag wurde am 14. Juni 2007 beurkundet. Der Kaufpreis beträgt 51.250.000,00 EUR. Gemäß Abschnitt III. Ziff. 2 ist die Zahlung des Kaufpreises an die üblichen Voraussetzungen, die inzwischen alle eingetreten sind, geknüpft. Weitere Voraussetzung zur Zahlung des Kaufpreises ist, dass der Käufer bis zum 31.12.2008 eine rechtsbeständige Baugenehmigung erhält. Zwar liegt eine Baugenehmigung vor, die allerdings unter der Bedingung der Eintragung einer Vereinigungsbaulast mit dem Grundstück K-Straße 18 steht.
-
1546
2. Mit den Nachbareigentümern K-Straße 18 ist inzwischen eine Nachbarschaftsvereinbarung schlussverhandelt worden, die unter anderem die Eintragung der Vereinigungsbaulast und die Zustimmung zum Bauvorhaben der Grundstücksgesellschaft gegen Zahlung einer einmaligen Entschädigung in Höhe von 500.000,00 EUR zum Gegenstand hat.
-
1548
3. Gemäß Entscheidungsvorlage vom 04.11.2008 wird das Bankhaus O jr. & Cie. KGaA von den Gesellschaftern der GbR insgesamt 94,9 % der Gesellschaftsanteile bis Ende November 2008 erwerben. Außerdem wurde entschieden, dass auf den Handelsraum und das 3. und 4. UG verzichtet wird. Die Planung muss entsprechend überarbeitet und auf der Basis eine neue Baugenehmigung beantragt werden. Zweifel an deren Erteilung bestehen nicht.
-
1550
4. Es soll alsbald mit den Abrissarbeiten, die sechs bis acht Monate beanspruchen, begonnen werden, um das Bauvorhaben möglichst bis Ende 2010 fertig zu stellen. Dazu muss vorher der Grundstückskaufpreis gezahlt werden.
-
1552
5. Gemäß Abschnitt VI. Ziff. 4, S. 3 gilt die Kaufpreiszahlung als Verzicht auf das Rücktrittsrecht.
- 6. Entscheidung:
6.1 Es soll schnellstmöglich mit dem Abbruch des Gebäudes K-Straße 22 einschließlich der beiden Untergeschosse begonnen werden.
15556.2 Parallel dazu wird ein neuer Bauantrag mit dem veränderten Raumprogramm gestellt.
15566.3 Der Grundstückskaufpreis wird kurzfristig nach Abschluss der Nachbarschaftsvereinbarung mit den Eigentümern des K-Straße 18 und Übernahme der Gesellschaftsanteile von insgesamt 94,9 % durch das Bankhaus O jr. & Cie. KGaA gezahlt.
1557T , 19.11.2008“
1558Der Nebensatz „um das Bauvorhaben möglichst bis Ende 2010 fertig zu stellen“ in Ziffer 4 der Entscheidungsvorlage wurde durchgestrichen.
1559Am 15. Dezember 2008 unterzeichneten die Nachbarn des K-Straße 18 letztlich die Nachbarschaftsvereinbarung mit der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR. Darin stimmten sie dem Bauvorhaben der GbR auf der Basis der Abrissgenehmigung vom 21. Dezember 2007 und der Baugenehmigung vom 4. Juni 2008 unwiderruflich zu. Auch stimmten sie allen Änderungen dieses Bauvorhabens zu, sofern diese von der Stadt Frankfurt genehmigt, durch sie die Außenmaße der zu errichtenden Gebäude und die zum Nachbargrundstück einzuhaltenden Abstandsflächen nicht oder nur unwesentliche verändert und sie die Interessen der Nachbarn nicht zusätzlich beeinträchtigen würden. Außerdem erklärten die Nachbarn, eingelegte Rechtsbehelfe gegen die Baugenehmigung nicht aufrechtzuerhalten und Rechtsbehelfe gegen mögliche künftige Baugenehmigungen bei Änderungen des Bauvorhabens, die sich im Rahmen der Zustimmungspflicht halten, nicht einzulegen. Im Gegenzug sah die Vereinbarung die Zahlung einer einmaligen Entschädigung an die Nachbarn durch die GbR in Höhe von 500.000,00 € vor. Für die GbR wurde diese Nachbarschaftsvereinbarung am 22. Dezember 2008 durch Z4 unterzeichnet.
1560Vergleichbare Vereinbarungen mit vier weiteren Nachbarn, die keine Widersprüche gegen die erteilte Baugenehmigung eingelegt hatten, waren bereits im Laufe des Jahres 2008 durch die Grundstücksgesellschaft abgeschlossen worden oder wurden in der ersten Hälfte des Jahres 2009 abgeschlossen. Hieraus resultierten für die Grundstücksgesellschaft weitere Entschädigungszahlungsverpflichtungen in Höhe von insgesamt 79.000,00 €.
(9) Die Initiierung des SOP-Beteiligungsvorlagenprozesses durch die Abteilung des Zeugen L2
1561Noch am 19. November 2008 übersandte der Angeklagte E als Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR dem Zeugen L2 eine Kopie eines – zwischenzeitlich erstellten – Vertragsentwurfes zur Übertragung der GbR-Anteile „mit der höflichen Bitte um Kenntnisnahme, Prüfung und anschließende Freigabe“ im Falle seines Einverständnisses. Die in dem Schreiben angesprochene Prüfung und Freigabe des Vertrages bezog sich in der Wahrnehmung des Zeugen L2 nur darauf, ob die Anteilsveränderungen und deren Konsequenzen rechnerisch richtig waren. Eine inhaltliche Prüfung, insbesondere eine Einschätzung, ob der Anteilsankauf in der in dem Vertragsentwurf niedergelegten Form für SOP sinnvoll oder vorteilhaft war, verstand der Zeuge nicht als seinen Auftrag.
1562In diesem Zeitraum wurde der Zeuge L2 auch darum gebeten, dass seine Abteilung für den intern bei SOP vorgeschriebenen Beteiligungsvorlagenprozess eine Transaktionsbeschreibung sowie ein Votum der Marktseite verfassen möge.
1563Von wem konkret die Bitte zur Einleitung des Beteiligungsvorlagenprozesses an den Zeugen L2 herangetragen wurde, konnte die Kammer nicht feststellen. Ohne dass dem Zeugen L2 die Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 gezeigt worden wäre, hatte er den Eindruck, dass die 94,9 %-ige Anteilsübernahme durch SOP auf Partnerebene mit dem Angeklagten E bereits beschlossen worden sei („Für mich stand fest, dass das beschlossene Sache war, die Immobilie anzukaufen.“). Es entsprach seiner Erfahrung, dass bei Überlassung von Vertragsentwürfen oder anderen Unterlagen „aus T “ an ihn es zuvor derartige Beschlussfassungen gegeben haben musste. Die Rolle seiner Abteilung bei der Erstellung der Transaktionsbeschreibung und des Marktvotums sah der Zeuge L2 infolgedessen nicht in der kritischen Prüfung der Sinnhaftigkeit des Vorhabens, sondern in der formalen Umsetzung eines auf höherer Ebene bereits gefassten Beschlusses. Die Gründe für die Anteilsübernahme durch das Bankhaus wurden dem Zeugen L2 nicht mitgeteilt. Ihm wurde vermittelt, dass die Anteilsübertragung auf jeden Fall aber noch im Jahr 2008 erfolgen solle.
1564Der Zeuge L2 beauftragte mit der Ausarbeitung der Transaktionsbeschreibung und des Votums einen Mitarbeiter, den Zeugen O1. In der Abteilung des Zeugen L2 lagen über die bereits für die Vorbereitung der Kreditprotokolle im Jahr 2007 vorhandenen Unterlagen hinaus lediglich der GbR-Vertrag, der Grundstückskaufvertrag sowie der durch den Angeklagten E hereingereichte Entwurf des Anteilsübertragungsvertrages vor. Die wesentlichen Eckdaten des Projekts, die sich aus diesen Unterlagen ergaben, waren durch Mitarbeiter der Abteilung des Zeugen L2 in eine in der Abteilung so genannte „Mastertabelle“ eingetragen worden. Diese sollte eine schnelle Übersicht über die verschiedenen O-E-Fonds vermitteln. Zur Liegenschaft B-Straße war hier eine „Bürofläche“ von 19.866 m2 – diese Zahl stammt aus dem Eckdatenblatt des Angeklagten E aus Februar 2007 – eingetragen worden. Entsprechend dem Verständnis des Zeugen L2 zur Funktion der Transaktionsbeschreibung und des Votums forderten die Zeugen weitere Unterlagen nicht an. So wurden weder vom „Haus E“ in T noch von der SOP-Abteilung Facility Management Unterlagen erbeten, aus denen sich der aktuelle Planungsstand ergeben hätte und die eine nähere Beurteilung der Werthaltigkeit der geplanten Liegenschaft erlaubt hätten (Baupläne, Flächenberechnungen, Baugenehmigung o.ä.). Informationen zur zwischenzeitlichen Erhöhung des Mietansatzes auf 30,00 € pro Quadratmeter lagen in der Abteilung nicht vor. Eine erneute Überprüfung der Marktüblichkeit des sich (gerundet) noch aus dem Eckdatenblatt des Angeklagten E aus Februar 2007 ergebenden kalkulierten Mietzinses von 27,50 € pro m2 fand nicht statt. Der Zeuge O1 übernahm vielmehr die Einschätzung des Zeugen L2 aus dessen Notiz zur Vorbereitung der Kreditprotokolle im Februar 2007. Die Einholung eines Verkehrswertgutachtens zur Liegenschaft wurde in der Abteilung des Zeugen L2 nicht in Betracht gezogen. Der Zeuge O1 legte beim Verfassen der Transaktionsbeschreibung und des Votums zugrunde, dass SOP die Liegenschaft – wie es seinem Verständnis von der Ursprungsplanung entsprach – selbst nutzen würde. Offizielle anderslautende Informationen hatte die Abteilung bis dahin nicht erhalten.
1565Auf dieser Grundlage versandte der Zeuge O1 am 1. Dezember 2008 per E-Mail eine Transaktionsbeschreibung und ein Votum an die Zeugin T1, eine Mitarbeiterin des Marktfolgebereichs Strategische Beteiligungen, mit der Bitte, eine entsprechende Beteiligungsvorlage vorzubereiten. Sie hatten den folgenden Wortlaut:
1566„Transaktionsbeschreibung:
1567Die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR beabsichtigt, auf einem 5.200 qm großen Grundstück in unmittelbarer Nähe der Alten Oper mit einem Gesamtaufwand einschließlich mieterspezifischer Sonderwünsche in Höhe von insgesamt rd. € 130 Mio die bestehenden Gebäude zu erwerben und umzubauen. Geplant ist die Renovierung des historischen Gebäudes (rd. 3.000 qm BGF) und die Errichtung ein angrenzenden Neubaus mit Tiefgarage nach Abriss der Altsubstanz sowie die Renovierung des Nachbargebäudes. Insgesamt sollen rd. 20.000 qm moderne Büroflächen entstehen.
1568Das Bankhaus O beabsichtigt, von den Gesellschaftern der Grundstücksgesellschaft 94,9 % der Gesellschaftsanteile zu einem Kaufpreis in Höhe von € 123,4 Mio. zu erwerben. Die Gesellschaftsverhältnisse der Grundstücksgesellschaft stellen sich wie folgt dar:
1569Gesellschafter vor Übertragung nach Übertragung
1570A.C12 50,0 % 2,55%
1571B.C12 8,3 % 0,43 %
1572K 8,3 % 0,44 %
1573O 8,3 % 0,43 %
1574Ea 5,1 % 0,25 %
1575E 20,0 % 1,00 %
1576Bankhaus O -- 94,90 %
1577Aus dem kalkulierten Gesamtaufwand der Gesellschaft sind bereits rd. € 14,5 Mio. valutiert worden. Sobald die Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, ist darüber hinaus in Kürze mit der Zahlung des Kaufpreises in Höhe von € 51,3 Mio. zu rechnen, so daß das Bankhaus O im Rahmen der Übertragung neben den kurzfristig abzulösenden Verbindlichkeiten der Altgesellschafter mit anteilig rd. € 13 Mio. aus dem Kaufpreis weitere Liquidität in Höhe von rd. € 48,6 Mio. vorzuhalten sind. Weitere Einlagen werden ab dem Jahr 2009 sukzessive im Rahmen des Umbaumaßnahmen erforderlich.
1578Votum:
1579Auf Basis eines für den ausgezeichneten Standort des Objektes marktüblichen Mietzinses in Höhe von € 27,50 / qm Bürofläche errechnet sich bei ursprünglich kalkulierten Mieteinnahmen in Höhe von € 6,6 Mio. eine Bruttomietrendite für die Altgesellschafter in Höhe von 6,0 % (vor Berücksichtigung von mieterspezifischen Sonderwünschen). Es ist vorgesehen, daß das Bankhaus O die entstehenden Büroflächen künftig nutzt. Um Genehmigung wird gebeten.“
(10) Die Erstellung der SOP-Beteiligungsvorlage durch die Abteilung Strategische Beteiligungen
1580Die Marktfolgeabteilung Strategische Beteiligungen, die in das Ressort des Angeklagten J fiel, hatte nach dem „Handbuch Strategische Beteiligungen, Alternative Investments, Beteiligungscontrolling“ und der Praxis des Bankhauses die Aufgabe, sämtliche Daten über Beteiligungen des Bankhauses zu bündeln, um – etwa zur Erstellung des Jahresabschlusses – Informationen zentral abrufen zu können. Außerdem koordinierte sie die Erstellung von Beteiligungsvorlagen und verfasste bei marktseitig initiierten Beteiligungsnahmen ein Zweitvotum, das sogenannte Marktfolgevotum.
1581Die Abteilung Strategische Beteiligungen war bis dahin mit dem Projekt B-Straße nicht befasst gewesen. Ihr wurden die Gründe für den Anteilsankauf durch SOP ebenfalls nicht mitgeteilt. Die Zeugin T1 zeigte sich mit Blick auf die Kosten- und Personaleinsparmaßnahmen aus dem „Projekt V7“ von der zu votierenden Transaktion überrascht. Ihr erschloss sich vor dem Hintergrund des ihr bekannten „Projekts V7“ und der wirtschaftlichen Situation der Bank der Sinn eines Ankaufs einer Immobilie bzw. von Anteilen an einem Immobilienfonds in dieser Größenordnung nicht.
1582Nach Erhalt der E-Mail des Zeugen O1 ging es der Zeugin T1 daher zunächst darum, weitere Informationen zu der GbR Frankfurt B-Straße zu erhalten. Gleichfalls noch am 1. Dezember 2008 bat sie den Zeugen O1 per E-Mail u.a. darum, ihr den Grundstückskaufvertrag und den Gesellschaftsvertrag zu überlassen. Sie fragte nach, wann die Kaufpreiszahlung erfolgen solle. Außerdem kündigte sie an, in der Beteiligungsvorlage zum Punkt „Due Diligence“ einzufügen: „Entsprechende Dokumentation liegt dem Marktbereich vor“. Hiervon ging die Zeugin aus. Sie verstand hierunter Unterlagen, die Aufschluss über den Wert der Liegenschaft nach Fertigstellung der Baumaßnahmen gaben, idealerweise ein Verkehrswertgutachten eines Sachverständigen. Typischerweise wurden im Vorfeld von klassischen Beteiligungsnahmen auf Veranlassung der Marktseite erstellte Due Diligence-Unterlagen allerdings auch der Marktfolgeabteilung Beteiligungen zugänglich gemacht. In ihrer E-Mail an den Zeugen O1 wies die Zeugin T1 zudem zutreffend darauf hin, dass – da es sich um einen Ankauf von mehr als 10 % der Gesellschaftsanteile handele – eine vorzeitige Genehmigung der CSSF zu beantragen und ein entsprechender Antrag auszufüllen sei.
1583Der Zeuge O1 antwortete auf die E-Mail der Zeugin T1 kurze Zeit später gleichfalls per E-Mail, dass „Unterlagen zur Due Diligence“ sowohl seiner Abteilung „als auch dem Bereich Facility Management“ vorlägen. Auch die Abteilung Facility Management war allerdings mit einer Due Diligence – im Sinne einer Werthaltigkeitsprüfung hinsichtlich der Liegenschaft – nicht beauftragt worden. Die – in seiner E-Mail an die Zeugin T1 von ihm nunmehr als „Unterlagen zur Due Diligence“ bezeichnete – Informationsgrundlage, auf welcher der Zeuge O1 die Transaktionsbeschreibung und das Votum gefertigt hatte, ist bereits festgestellt worden, auch, dass eine „Due Diligence“ in seiner Abteilung gleichfalls nicht durchgeführt wurde. Mit seiner E-Mail an die Zeugin T1 überließ der Zeuge O1 ihr den Grundstückskaufvertrag und den GbR-Vertrag zu ihrer „vertraulichen Kenntnisnahme“.
1584Die Zeugin T1 hatte zur Vorbereitung der Beteiligungsvorlage und des Marktfolgevotums weitere Nachfragen. Wiederum per E-Mail fragte sie – noch am 1. Dezember 2008 – beim Zeugen O1 unter anderem zu der geplanten Beteiligungsdauer nach. Sie würde derzeit von „mittel- bis langfristig“ und „Exit offen“ ausgehen. Außerdem schrieb sie in ihrer E-Mail: „Ferner ist die Frage, ob wir ´guten Gewissens´ zum Fair Value bewerten können (was wir eigentlich müßten), sprich ob wir entsprechende Wertgutachten (aktuell, das ich dann auch noch für unsere Unterlagen benötige) und auch zukünftig erstellen lassen werden.“
1585Diese Fragen beantwortete der Zeuge O1 kurze Zeit später per E-Mail wie folgt: „Die Beteiligungsdauer würde ich auch eher mittel- bis langfristig sehen“. Und: „Ein Wertgutachten liegt uns nicht vor und wird u.U. analog vergleichbarer Fälle auch nicht während der Bauphase erstellt. M.E. müsste die Bewertung während der Bauphase zu Anschaffungskosten erfolgen.“ Ob der Zeuge O1 mit der Wendung „u.U. analog vergleichbarer Fälle“ lediglich das typische Vorgehen seiner Abteilung beschreiben wollte, zum Zwecke der Eigenkapitalvor- bzw. Fremdkapitalzwischenfinanzierung von O-E-Fonds-Kunden während der Bauphase keine Verkehrswertgutachten einzuholen, oder ob er sich (auch) auf Fälle bezog, in denen SOP sebst in der Vergangenheit Fondsanteile zeichnete bzw. übernahm, konnte die Kammer nicht feststellen.
1586In einer weiteren E-Mail vom 1. Dezember 2008 fragte die Zeugin T1 beim Zeugen O1 danach, ob „aus den Ihnen vorliegenden DD-Unterlagen“ die Kaufpreiskalkulation für das Grundstück sowie die Kalkulation für die zukünftigen Renovierungsmaßnahmen hervorgingen. Sie bat darum, ihr die Due Diligence-Unterlagen zu „treuen vertraulichen Händen“ zur Verfügung zu stellen. Die Zeugin T1 hatte dabei die Hoffnung zu erfahren, wie hoch der Wert der Liegenschaft nach dem Umbau sein würde. Sie hätte hierzu „eigentlich konkrete oder aktuelle Wertgutachten eines Sachverständigen erwartet“. Sie selbst hatte „keine Einblicke über die Markt- und Preislage und den qm-Preis“ und hätte „das nicht so kritisch gesehen, wenn das alles plausibler und vor allem durch einen unabhängigen Dritten, einen Wertgutachter, dargestellt worden wäre“.
1587Weder die Zeugin T1 noch ihre Abteilung erhielten in der Folge jedoch weitere Unterlagen.
1588Die Zeugin T1, die hierüber „genervt“ war, wandte sich daraufhin an den Zeugen G2 in der Hoffnung, dort weitere Informationen zu erhalten. Dieser war bis zur Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg der Leiter der Marktfolgekreditabteilung von SOP gewesen, seitdem verantwortete er in der SCA u.a. das (ebenfalls der Marktfolge zuzurechnende) Konzernbeteiligungscontrolling. Auf sein Anraten hin wandte sie sich außerdem an den Zeugen L1. Das Ergebnis dieser Bemühungen fasste die Zeugin T1 in einer E-Mail vom 2. Dezember 2008 an die Zeugin F5 (Marktfolgekreditabteilung), die mit Blick auf die mit der Anteilsübertragung einhergehenden Auswirkungen auf die Kreditverträge zur Finanzierung der GbR Frankfurt B-Straße ebenfalls in den Prozess eingebunden war, wie folgt zusammen:
1589„Meine Suche nach Dokumenten, die die Werthaltigkeit des Grundstücks, Gebäudes oder die Kalkulation für die Investition bzw. geplanten Baumaßnahmen belegen GIBT ES NICHT. Herr G2 wusste noch weniger als wir…sprich er wusste noch nicht, dass die GbR mittlerweile gegründet ist… ich solle mich an Herrn L1 wenden… der hat auch nihchts schriftliches mir aber den aktuellen Stand mitgeteilt:
1590Er hatte gestern noch mit Herrn Z4 gesprochen. Der Bauantrag musste geändert werden ist nun aber genehmigungsfähig, insgesamt wird aufgrund der Änderunge mit geringeren Baukosten gerechnet, die damals veranschlagten Kosten basierten auf einer Schätzung bzw. Vergleichsbetrachtung eines vergleichbaren Neubaus und den Kosten pro qm. Die Kalkulation wurde von Herrn E gemacht, der sich ´erfahrungsgemäß nicht verschätzt´.
1591Also, dass auch nur für Deine Augen und Ohren : - )) ich schau jetzt mal was ich mit dem Votum mache….“
1592Die Einschätzung des Zeugen L1 zu den geringeren Baukosten infolge der Planungsänderungen bezog sich insbesondere auf den – ihm von den Angeklagten J und K seinerzeit auch als Kosteneinsparmaßnahme vermittelten – Wegfall des Handelsraums.
1593Die Zeugin T1 besprach die Situation mit dem Leiter ihrer Abteilung, dem Zeugen C6. Auch dieser war der Auffassung, dass grundsätzlich ein Verkehrswertgutachten über die Liegenschaft erforderlich sei, um prüfen zu können, ob der Preis, der für die Beteiliung an der Grundstücksgesellschaft gezahlt würde, ihrem Wert entsprach. Der Zeuge C6 erklärte, ihm sei das Problem, von der Abteilung des Zeugen L2 an Unterlagen zu kommen, bekannt. Wenn dies nun so sei, bleibe nichts anderes übrig, als das Votum auf der vorhandenen, äußerst unzureichenden Informationsgrundlage zu schreiben. Die eigene Einholung eines Verkehrswertgutachtens zogen die Zeugen T1 und C6 nicht in Betracht. Dies entsprach nicht dem Selbstverständnis ihrer Abteilung, wonach die Due Diligence bei Beteiligungsnahmen idealtypisch durch den Marktbereich durchgeführt und durch die Abteilung Strategische Beteiligungen im Sinne eines „zweiten Paars Augen“ lediglich überprüft werden sollte. Zudem war auch den Zeugen T1 und C6 kommuniziert worden, dass die Anteilsübernahme noch im Jahr 2008 umgesetzt werden sollte.
1594Vor diesem Hintergrund erstellten die Zeugen T1 und C6 bis zum 3. Dezember 2008 eine Beteiligungsvorlage. In ihrem Votum brachten sie zum Ausdruck, dass eine positive Entscheidung über die Anteilsübernahme gegen ihren Rat erfolgen würde. Im Einzelnen hatte die Beteiligungsvorlage folgenden Wortlaut:
1595 15961597
Das Votum Beteiligungen wurde am 3. Dezember 2008 (auf einer gleichlautenden anderen als der oben eingefügten Seite) von den Zeugen C6 und T1 unterzeichnet und ein gleichlautendes Exemplar der Beteiligungsvorlage der Abteilung des Zeugen L2 zur Unterschrift des – von der Abteilung Strategische Beteiligungen in die Vorlage bereits eingepflegten – Marktvotums zugeleitet. Das Marktvotum wurde spätestens am 4. Dezember 2008 von den Zeugen L2 und O1 unterzeichnet und die gleichlautenden, die jeweiligen Voten-Unterschriften enthaltenden Seiten zusammengeheheftet.
1598Die Beteiligungsvorlage sah – mit Blick auf § 2 Nr. 4 d) der Geschäftsordnung der persönlich haftenden Gesellschafter von SOP in Verbindung mit Ziffer 2.5 der diesen konkretisierenden „IBZED“-Aufstellung – die Unterschrift aller persönlich haftender Gesellschafter vor, und zwar für den „Markt“ die des Angeklagten O, für das „Risikomanagement (Marktfolge)“ die des Angeklagten J und für die „Gesamtpartnerschaft“ die der Angeklagten K und P. Vor dem Hintergrund von Ziff. 2.4 des EZI-Codes zu § 8 dieser Geschäftsordnung war außerdem die Unterschrift des Zeugen Ob unter der Überschrift „Vorsitzender des Aktionärsausschusses (Genehmigung)“ vorgesehen.
1599Eine Beteiligung auch des Aufsichtsrates von SOP an der Entscheidung – mit Blick auf § 278 Abs. 3 i.V.m. § 112 S. 1 AktG – war nicht vorgesehen. Eine Einbindung des Aufsichtsrates bei Rechtsgeschäften zwischen SOP auf der einen, persönlich haftenden Gesellschaftern von SOP auf der anderen Seite war – mit Ausnahme von Organkrediten – im Bankhaus nie praktiziert worden . Ein dahingehendes Erfordernis war den Mitgliedern des Aufsichtsrates und den persönlich haftenden Gesellschaftern nicht bekannt. Die Rechtsabteilung wurde mit dem Beteiligungsvorlagenprozess und der Prüfung derartiger Rechtsgeschäfte, insbesondere soweit diese den „Bereich E“ betrafen, nicht standardmäßig, sondern in aller Regel gar nicht befasst. Auch die Vorbereitung und spätere Umsetzung der Beteiligungsnahme betreffend die GbR Frankfurt B-Straße gelangte nicht in die Rechtsabteilung.
1600Die Abteilung Strategische Beteiligungen gab die fertige Beteiligungsvorlage an das Partnersekretariat ab. Dieses koordinierte die Einholung der vorgesehenen Unterschriften auf der SOP-Ebene.
(11) Die SCA-Beteiligungsvorlage
1601Zeitgleich wurde mit Blick auf § 2 Nr. 6 der Geschäftsordnung der Geschäftsführung der SCA, der persönlich haftenden Gesellschafter und der Regelung über die Zuständigkeit und den Geschäftsverteilungsplan des Geschäftsführungsausschusses in Verbindung mit Ziffer 2.7 der diesen konkretisierenden „IBZED“-Aufstellung auch bereits der Beteiligungsvorlagenprozess auf Ebene der Konzernmutter, der SCA, initiiert. Dies entsprach nicht der Regel. Typischerweise wurden Beteiligungsvorlagen erst dann von Köln nach Luxemburg übermittelt, wenn auf der Kölner Beteiligungsvorlage jedenfalls bereits die persönlich haftenden Gesellschafter unterschrieben hatten. Im Falle der GbR Frankfurt B-Straße wurde die Kölner Beteiligungsvorlage hingegen noch ohne Unterschriften der persönlich haftenden Gesellschafter und des Aktionärsausschussvorsitzenden nach Luxemburg gesandt. Ein solches Vorgehen wurde in der Regel nur dann praktiziert, wenn der Abschluss des Beteiligungsvorlagenprozess besonders dringlich war. Hier geschah es mit Blick auf die Vorgabe, die Übernahme der Anteile in jedem Fall noch im Jahr 2008 zu realisieren. Typischerweise wurde auf Ebene der SCA der SOP-Beteiligungsvorlage lediglich ein SCA-Deckblatt vorangestellt und die Unterlagen zusammen den vorgesehenen Abzeichnungen auf dem SCA-Deckblatt zugeführt. Dies geschah auch in diesem Fall. Das Deckblatt, das durch die in der vom Zeugen G2 geleiteten Abteilung Corporate Investments & Controlling tätigen Zeugin T2, geb. T2a, am 5. Dezember 2008 erstellt wurde, hatte folgenden Wortlaut:
1602„Beteiligungszweck: Ankauf von 94,9 % der Gesellschaftsanteile an der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR von den derzeitigen Gesellschaftern zu einem Kaufpreis in Höhe von EUR 123,4 Mio.
1603Mit beigefügter Investitionsvorlage der KGaA vom 3. Dezember 2008 soll dem Erwerb von 94,9 % der Gesellschaftsanteile an der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR von den derzeitigen Gesellschaftern zu einem Kaufpreis in Höhe von EUR 123,4 Mio. zugestimmt werden.
1604Vorbehaltlich der Genehmigung der Investitionsvorlage durch die Partnerschaft der KGaA, bitten wir um Genehmigung auf Konzernebene.“
1605Das SCA-Deckblatt sah die Unterschriften sämtlicher persönlich haftender Gesellschafter vor, und zwar wiederum die des Angeklagten O für den „Markt“, die des Angeklagten J für das „Risikomanagement (Marktfolge)“ und die der Angeklagten K und P für die „Gesamtpartnerschaft“. Außerdem war die Unterschrift des Zeugen Ob als Vorsitzenden des Aktionärsausschusses – nunmehr für die Ebene der SCA – vorgesehen, mit dem Zusatz „zur Kenntnis“. Bei diesem Zusatz handelte es sich allerdings um ein Versehen der Zeugin T2, geb. T2a. Denn gemäß Ziffer 2.4 des EZI-Codes zu § 8 der oben genannten Geschäftsordnung war tatsächlich dessen Zustimmung – und nicht nur Information – vorgeschrieben. Die SCA-Beteiligungsvorlage wurde durch die Abteilung Abteilung Corporate Investments & Controlling sodann den Luxemburger Sekretariaten der persönlich haftenden Gesellschafter zur Herbeiführung von deren Unterschriften zugeleitet.
(12) Das Formular für die CSSF-Genehmigung
1606Am 4. Dezember 2008 übersandten die Zeugen L2 und O1 der SCA-Abteilung der Zeugin T2, geb. T2a, ein ausgefülltes Formular, das die geplante Transaktion zum Zwecke der Genehmigungseinholung von der CSSF beschrieb. Es enthielt die Punkte, über die die CSSF nach den gesetzlichen Bestimmungen bei Beteiligungsnahmen informiert werden musste. Es entsprach dem typischen Ablauf, dass in der Tochtergesellschaft, die die Beteiligung unmittelbar eingehen sollte, das Formular ausgefüllt und zunächst an die SCA weitergeleitet wurde. Dort wurde es geprüft und die endgültige Vorlage für die CSSF im Namen der SCA – und auch nur mit Unterschriften von SCA-Mitarbeitern – gefertigt. Das durch die Zeugen L2 und O1 an die SCA übersandte Formular enthielt zum Punkt „Grund des Verkaufs der Aktionäre“ die Angabe „Private Motivation der Gesellschafter“. Diese Formulierung resultierte aus dem Umstand, dass den Fachabteilungen ein Grund nicht genannt worden war. Da dieser Punkt aber für die CSSF-Vorlage vorgesehen war, behalfen sich die Zeugen L2 und O1 mit dieser Formulierung. Jedenfalls der Zeuge L2 hatte dabei die Vermutung, dass die Anteilsübertragung auch mit einem Bestreben zusammenhing, die Gesellschafterkredite nicht weiter ansteigen zu lassen bzw. nach Möglichkeit zu reduzieren.
1607Das Marktvotum aus der SOP-Beteiligungsvorlage übernahmen die Zeugen L2 und O1 wörtlich in das Formular für die CSSF. Allerdings fügten sie folgende Sätze hinzu: „Nennenswerte Risiken sind u.E. nicht erkennbar. Sofern sich mit Fertigstellung der Baumaßnahme der Bedarf an Büroflächen für das Bankhaus O vermindert, würden die nicht benötigten Flächen dem Vermietungsmarkt zugeführt werden.“ Dieser Zusatz ging darauf zurück, dass die Zeugen L2 und O1 die im Marktfolgevotum der SOP-Beteiligungsvorlage hierzu geäußerten Zweifel aufgreifen wollten. Neue Erkundigungen zu dieser Frage – etwa von den persönlich haftenden Gesellschaftern oder der Abteilung Facility Management – holten die Zeugen aber vor dem Ausfüllen des Formulars nicht ein.
1608Das Formular wurde nicht unverändert an die CSSF weitergeleitet. Die Überarbeitung durch die zuständigen Mitarbeiter der SCA führte insbesondere zum Wegfall der Angabe „Private Motivation der Gesellschafter“ zum Grund des Verkaufs der GbR-Anteile. Dieser wurde nunmehr schlicht gar nicht benannt. Insgesamt hatte das noch unter dem 4. Dezember 2008 an die CSSF weitergeleitete Formular folgenden Wortlaut:
1609 1610(13) Der 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag
1611Parallel zu diesen bankseitigen Vorgängen wurden – vor dem Hintergrund der bevorstehenden Anteilsübernahme durch SOP – auch die Vertragsverhältnisse der GbR Frankfurt B-Straße an den aktuellen Planungsstand angepasst. Die Planänderungen hinsichtlich der Tiefgarage (Abriss und 2-geschossiger Neubau statt Errichtung des neuen Gebäudes auf der bestehenden Tiefgarage) und der Wegfall des Handelsraums waren bis dahin vertraglich noch nicht umgesetzt worden. Zu diesem Zweck fassten die Gesellschafter der GbR im Dezember 2008 – das genaue Datum konnte die Kammer in der Hauptverhandlung nicht feststellen – „unter Verzicht auf alle durch den Gesellschaftsvertrag vorgeschriebenen Formen und Fristen“ die folgenden Beschlüsse:
1612„Die Gesellschafter haben im März 2007 den Geschäftsführer u.a. zum Abschluss eines Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrages über den Abriss und den Neubau beauftragt. Der Geschäftsführer hat am 27.03.2007 einen Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag und am 22.06.2007 einen 1. Nachtrag dazu abgeschlossen, mit dem eine Vorauszahlung auf die Vergütung für die Projektentwicklungskosten geregelt wurde.
1613Nunmehr beauftragen und bevollmächtigen die Gesellschafter den Geschäftsführer im Namen der GbR:
1614-
1615
1. zum Abschluss eines 2. Nachtrages zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag mit der Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH über den Abriss des vorhandenen Bürogebäudes einschließlich Tiefgarage und der Errichtung eines neuen Bürogebäudes mit einer zweigeschossigen Tiefgarage zu einer Vergütung in Höhe von 58.850.000,00 € zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer.
Die bereits genehmigte Planung von ca. 8.387,00 m2 BGF Bürofläche wird um ca. 500,00 m2 bzw. 700,00 m2 erweitert unter Verzicht auf den Handelsraum. Die zweigeschossige Tiefgarage wird ca. 4.500,00 m2 BGF umfassen. Ein entsprechender Bauantrag ist dazu noch zu fertigen und zu stellen.
1617Für Projektentwicklungsleistungen sind bereits 10.000.000,00 € gezahlt. Die Vergütung für die weiteren Leistungen in Höhe von 48.850.000,00 € wird in Höhe von 32.500.000,00 € als Vorauszahlung ohne Sicherheitsleistung gezahlt. Die restliche Vergütung wird in 24 gleichen Monatsraten ab Januar 2009 gezahlt.
1618-
1619
2. § 4 des Gesellschaftsvertrages sieht vor, dass der Geschäftsführer der Gesellschaft für seine Tätigkeit eine angemessene Vergütung erhält, die durch die Gesellschafterversammlung im Einzelnen festzulegen ist.
Die Gesellschafter beschließen, dem Geschäftsführer für seine Tätigkeit in der Wirtschaftlichkeitsphase (Vermietungsphase) eine Geschäftsführervergütung in Höhe von 1,75 % p.a. der gem. Mietvertrag mit dem Mieter vereinbarten Jahresnettokaltmiete (ohne Nebenkosten und Umsatzsteuer) zu zahlen. Die Vergütung ist am 01.07. eines jedes Jahres zzgl. der jeweils geltenden gesetzlichen Umsatzsteuer zur Zahlung fällig.
1621Bei unterjährigem Beginn (Wirtschaftsjahr ist das Kalenderjahr) besteht der Vergütungsanspruch zeitanteilig.
1622-
1623
3. alle zweckdienlichen Maßnahmen vorzunehmen, damit das Bauvorhaben realisiert wird.“
Diese Vorlage des Angeklagten E wurde – ohne genaues Datum, sondern einheitlich unter „T , im Dezember 2008“ – unterzeichnet durch den Zeugen B.C12, die Angeklagten O und E, die ehemalige Verfallsbeteiligte Ea und den Angeklagten K. Dieser unterschrieb auch „i.V.“ für die zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich angeschlagene A.C12. Außerdem unterzeichnete der Angeklagte K den Beschluss für das „Bankhaus O jr. & Cie. KGaA“. Ob diese Unterschrift und damit eine Beteiligung von SOP an dem Beschluss im Vorgriff auf die – formell erst noch umzusetzende – Anteilsübernahme erfolgte oder ob der Beschluss tatsächlich erst nach dem Wirksamwerden dieser Anteilsübernahme gefasst wurde, konnte die Kammer nicht aufklären.
1625Ziffer 1 des obigen Beschlusses wurde in einem 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag vom 27. März 2007 zwischen der GbR Frankfurt B-Straße und der GEWG vertraglich bindend umgesetzt. Diesen Nachtrag unterzeichneten für die GEWG am 2. Dezember 2008 Z4 und für die GbR am 4. Dezember 2008 der Angeklagte E. Sein § 1 lautete wie folgt:
1626„Der AG hat den AN mit Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag vom 27.03.2007 in der Fassung des Nachtrages zu diesem Vertrag vom 22.06.2007 beauftragt, auf dem Grundstück des AG in Frankfurt Flur 8 Flurstücke xxx, xxx, xxx das hinter dem historischen Gebäude befindliche Bürogebäude bis auf die zweigeschossige Tiefgarage abzutragen und auf der vorhandenen Tiefgarage ein neues Bürogebäude zu errichten.
1627In Erweiterung dieses Auftrages beauftragt der AG den AN, die zweigeschossige Tiefgarage abzutragen und durch einen Neubau von zwei Tiefgaragengeschossen mit zusammen ca. 4.500,00 m2 BGF zu ersetzen.
1628Die bereits mit Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag beauftragte Errichtung von 8.387,00 m2 BGF wird um ca. 500 bis 700 m2 Bürofläche unter Verzicht auf den Handelsraum erweitert.
1629Die dem Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag gemäß § 2 Ziff. 3 beigefügte Bau-, Qualitäts- und Ausstattungsbeschreibung für Bau- und technische Gebäudeausstattung entfällt.
1630Der AG hat mit dem Bankhaus O jr. & Cie. KGaA am 27.08.2008 und am 04.11.2008 Entscheidungen (Anlage 1 und 2) zu dem Bauvorhaben getroffen. Auf dieser Grundlage ist die Bauantragsplanung zu überarbeiten und eine neue Baugenehmigung herbeizuführen. Die Bau-, Qualitäts- und Ausstattungsbeschreibung für Bau- und technische Gebäudeausstattung ist schriftlich neu zu erstellen und diesem Vertrag später beizufügen.“
1631Die unterschriebenen Entscheidungsvorlagen vom 27. August und 4. November 2008 (s.o. II., (25) und III., (5)) waren dem Vertrag als Anlagen beigefügt.
1632§ 2 des Nachtrages setzte die bislang vereinbarte Vergütung herauf und hatte folgenden Wortlaut:
1633„1.
1634Der AN erhält für die nach dem Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag vom 27.03.2007 in der Fassung des 1. Nachtrages zu erbringenden Leistungen (Abbruch eines Bürogebäudes einschl. zweigeschossiger Tiefgarage, Wasserhaltung und Spundung, Errichtung eines Bürogebäudes mit zweigeschossiger Tiefgarage BGF 12.884 m2, Nachbarrechtsregelungen, Außenanlagen), eine Vergütung wie folgt:
1635Nettosumme 58.850.000,00 €
1636zzgl. 19 % USt. 11.181.500,00 €
1637Bruttosumme 70.031.500,00 €
1638(in Worten: siebzigmillioneneinunddreißigtausendfünfhundert Euro)
16392.
1640Die vereinbarte Vergütung ist in Höhe von 10.000.000,00 € netto zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer gemäß 1. Nachtrag vom 22.06.2007 bereits bezahlt. Die verbleibende Vergütung in Höhe von 48.850.000,00 € netto zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer wird wie folgt fällig und zahlbar:
1641a) 32.500.000,00 € innerhalb von zehn Tagen nach Abschluss dieses Vertrages ohne Sicherheitsleistung als Vorauszahlung,
1642b) die restliche Vergütung wird in 24 gleichen Monatsraten ab Januar 2009 gezahlt und zwar zehn Tage nach Vorlage der entsprechenden Abschlagsrechnung.
16433.
1644Die Vergütung enthält keine vom AG ggfs. gewünschten Leistungsänderungen und zusätzliche Leistungen.“
1645Die in § 2 Ziff. 1 verwendete Flächenzahl „BGF 12.884 m2“ war ohne Modifikation aus § 4 des ursprünglichen Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrages übernommen worden (s.o. II., (11)).
1646Maßnahmen in der Altbaubürovilla (B-Straße 25) oder der B-Straße 23 waren von dem Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag weiterhin nicht erfasst.
1647Gleichfalls am 2. (Unterschrift Z4 für die JEFP) bzw. 4. Dezember 2008 (Unterschrift des Angeklagten E für die GEWG) kam es zu einem 2. Nachtrag zum „Projektentwicklungsvertrag zum Bauvorhaben Frankfurt B-Straße“ vom 27. März 2007 zwischen der GEWG und der JEFP. Darin wurde der Vertragsgegenstand entsprechend den Ausführungen im 2. Nachtrag des Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrages zwischen der GEWG und der GbR Frankfurt B-Straße angepasst. Die Vergütung der JEFP wurde auf nunmehr 10.500.000,00 € zuzüglich Umsatzsteuer angehoben. Die unter Abzug bereits als „A-Konto-Zahlung“ geleisteter 7.500.000,00 € verbleibenden 3.000.000,00 € (netto) sollten „nach Leistungserbringung innerhalb von sieben Tagen nach Vorlage der entsprechenden Schlussrechnung fällig und zahlbar“ sein.
(14) Der Anteilsübertragungsvertrag
1648Ebenfalls bereits am 4. Dezember 2008 wurde der Vertrag zur Übertragung von 94,9 % der Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße auf SOP vor dem Notar M17 beurkundet. Hierbei handelte Z4 als Vertreter ohne Vertretungsmacht für alle an diesem Vertrag Beteiligten. Der beurkundete Vertrag nebst Anlage hatte folgenden Wortlaut:
1649 1650 1651 1652 1653 1654 1655 1656 1657 1658(15) Die Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen
1659Die Angeklagten O (für den „Markt“) und K (für die „Gesamtpartnerschaft“) zeichneten am 4. Dezember 2008 dasselbe Exemplar der SOP-Beteiligungsvorlage ab. Jeweils ein anderes – inhaltlich gleichlautendes – Exemplar dieser Vorlage zeichneten die Angeklagten J (für das „Risikomanagement (Marktfolge)“) und P (für die „Gesamtpartnerschaft“) am 5. Dezember 2008 ab. Der Zeuge Ob zeichnete als Vorsitzender des Aktionärsausschusses das von den Angeklagten O und K abgezeichnete Exemplar der Vorlage am 9. Dezember 2008 ab.
1660Die SCA-Beteiligungsvorlage zeichneten entsprechend die Angeklagten O, J, K und P auf demselben Exemplar jeweils am 8. Dezember 2008 ab. Dasselbe Exemplar zeichnete am 12. Dezember 2008 auch der Zeuge Ob ab.
1661Dem Angeklagten P wurden die Pläne zur Anteilsübertragung auf das Bankhaus erstmals mit dem postalischen Erhalt der SOP-Beteiligungsvorlage bekannt. Gespräche hierüber mit den anderen persönlich haftenden Gesellschaftern oder Mitarbeitern des Bankhauses führte er vor seiner Abzeichnung der beiden Beteiligungsvorlagen oder im Nachgang hierzu nicht. Auch stellte er keine Nachfragen oder ließ sich den Vorgang erklären. Er hatte die Überlegung, dass das Motiv für die Übertragung ein aus dem Wertverfall der Bankanteile infolge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten resultierender Wegfall des erbschaftssteuerlichen Interesses bei A.C12 bzw. ihrer Erben an der Generierung hoher Immobilienschulden sei. Er begrüßte grundsätzlich eine Übertragung des Projekts auf die Bank, da er auch bereits ursprünglich der Meinung gewesen war, dass wichtige Bankimmobilien durch die Bank selbst gehalten werden sollten. Der Aspekt der Reduzierung der Gesellschafterkredite spielte in den Überlegungen des Angeklagten P keine Rolle. Die Kammer konnte nicht feststellen, dass diese Thematik – gerade auch der Bezug zur CSSF – bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt zum Angeklagten P durchgedrungen war.
1662Dem Abzeichnen der Beteiligungsvorlagen gingen keine konkret auf diese bezogenen persönlichen Gespräche, Beratungen oder Diskussionen der persönlich haftenden Gesellschafter voraus. Gegenstand von SOP-Partnersitzungen, SCA-Geschäftsführungssitzungen oder sonstigen Gesprächen unter gleichzeitiger Teilnahme aller persönlich haftenden Gesellschafter war die Anteilsübertragung zu keinem Zeitpunkt. Dabei fand die letzte SOP-Partnersitzung vor den Abzeichnungen am 10. September 2008 statt, die nächste kurz nach den Abzeichnungen am 16. Dezember 2008. Die letzte SCA-Geschäftsführungssitzung vor den Abzeichnungen fand am 25. November 2008 statt. Die darauf folgende Sitzung fand statt am 8. Dezember 2008, dem Tag der Abzeichnung der SCA-Beteiligungsvorlage durch die persönlich haftenden Gesellschafter. Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter waren bei all diesen Sitzungen anwesend. Auch in diesen Sitzungen wurde die Beteiligungsnahme an der GbR Frankfurt B-Straße nicht erwähnt.
(16) Die Nichterörterung des Anteilsankaufs in den Gremien des Bankhauses
1663Ob der Abzeichnung der Vorlagen durch den Zeugen Ob persönliche Gespräche hierüber – etwa mit Mitarbeitern von Fachabteilungen der Bank, persönlich haftenden Gesellschaftern oder Gesellschaftern der GbR Frankfurt B-Straße – vorausgegangen waren und, falls ja, welchen Inhalts solche etwaigen Gespräche waren, konnte die Kammer nicht feststellen. In Sitzungen des Aktionärsausschusses war die Übernahme der GbR-Anteile durch SOP aber jedenfalls weder zuvor thematisiert worden noch geschah dies in der Folge. Dies war insbesondere auch nicht in der Aktionärsausschusssitzung in Luxemburg am 12. Dezember 2008, dem Tag der Abzeichnung der SCA-Vorlage durch den Zeugen Ob, der Fall. Die Erwähnung des Projekts B-Straße in der vorangegangen Sitzung vom 17. Oktober 2008 – freilich ohne jeden Hinweis auf eine bevorstehende Anteilsübertragung – ist bereits oben (II., (26)) festgestellt worden. An beiden Sitzungen nahmen alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter sowie der Vorsitzende (Ob) und stellvertretende Vorsitzende des Aktionärsausschusses (B.C12) – der zugleich GbR-Gesellschafter war – teil. Auch hatte der Zeuge Ob vor dem Abzeichnen der Beteiligungsvorlagen außerhalb offizieller Gremiensitzungen jedenfalls keinerlei Rücksprache mit den Zeugen N3, N4, Dr. Z7 und Oe gehalten – also solchen Mitgliedern des Aktionärsausschusses, die nicht selbst an der GbR beteiligt (A.C12, B.C12) bzw. mit GbR-Gesellschaftern verheiratet waren (Ka). Er informierte diese Mitglieder auch im Nachgang hierüber nicht.
1664Gleiches gilt auch für den Aufsichtsrat von SOP und den Aufsichtsrat der SCA. Dort wurde die Anteilsübernahme des Bankhauses an der GbR B-Straße ebenfalls nicht thematisiert, insbesondere auch nicht in den Aufsichtsratssitzungen vom 16. Oktober 2008 (SOP), 17. Oktober 2008 (SCA), 9. Dezember 2008 (SOP) und 12. Dezember 2008 (SCA), an denen jeweils auch mindestens zwei persönlich haftende Gesellschafter teilnahmen. Der – selbst an der GbR beteiligte – Vorsitzende beider Aufsichtsräte, der Zeuge B.C12, informierte jedenfalls die Zeugen N4, Dr. Z7 und Oe auch außerhalb von Sitzungen nicht über die bevorstehende bzw. dann vollzogene Anteilsübernahme durch das Bankhaus.
1665Auch in der Hauptversammlung von SOP und in Sitzungen der Poolversammlungen wurde die Anteilsübernahme durch SOP zu keinem Zeitpunkt erörtert, insbesondere auch nicht in der außerordentlichen Versammlung des Aktionärs-Pools vom 13. Dezember 2008 und den außerordentlichen Hauptversammlungen von SOP vom 16. und 19. Dezember 2008. An diesen Sitzungen nahmen alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teil.
(17) Die Genehmigungen der auf den Anteilsübertragungsvertrag gerichteten Willenserklärungen
1666Den Anteilsübertragungsvertrag vom 4. Dezember 2008 übersandte das Notariat M17 am 5. Dezember 2008 dem Zeugen O1 per E-Mail mit der Bitte, die erforderlichen Genehmigungserklärungen herbeizuführen. Dieser leitete den Vertrag umgehend per E-Mail an die Zeugin F5 weiter mit der Frage, wer sich um die Genehmigungserklärungen kümmern solle. Diese antwortete kurz darauf, dass sie die Zuständigkeit hierfür in der Abteilung des Zeugen O1 sehe. Sie wies darauf hin, dass mit den Genehmigungserklärungen gewartet werden müsse, „bis die notwendigen Genehmigungen im Haus und CSSF erfolgt“ seien.
1667Die erforderliche und durch die SCA beantragte Genehmigung der CSSF zur Anteilsübernahme erfolgte nicht umgehend. Sie lag bis zum 10. Dezember 2008 weder schriftlich noch mündlich vor. Der Angeklagte J wollte die Anteilsübernahme jedoch so schnell wie möglich umsetzen. Er wusste, dass eine Genehmigung der CSSF noch nicht erteilt worden war. Gleichwohl genehmigte der Angeklagte J bereits am 8. Dezember 2008 – und damit, was er jedenfalls in Kauf nahm, auch noch vor dem Abzeichnen der SOP- und SCA-Beteiligungsvorlagen durch den Zeugen Ob – vor dem Notar Dr. C5 die von Z4 als Vertreter ohne Vertretungsmacht für SOP abgegebene, auf den Abschluss des Anteilsübertragungsvertrages gerichtete Erklärung.
1668Im Rahmen der Beglaubigung der Unterschrift des Angeklagten J bescheinigte der Zeuge Dr. C5 dabei „aufgrund heutiger Einsichtnahme in das Handelsregister des Amtsgerichts Köln – HRB 20121 –, dass Herr J als persönlich haftender Gesellschafter allein zur Vertretung der Kommanditgesellschaft auf Aktien unter der Firma O jr. & Cie. Kommanditgesellschaft auf Aktien mit dem Sitz in Köln berechtigt“ sei. Eine Prüfung oder Erörterung, ob der Angeklagte J mit Blick auf § 112 AktG auch für die Genehmigung der konkret in Rede stehenden Willenserklärung befugt war, fand dabei nicht statt. Der Zeuge Dr. C5 nahm aus Anlass der Beglaubigung der Unterschrift des Angeklagten J keine Einsicht in den Anteilsübertragungsvertrag, auf den sich die zu genehmigende Willenserklärung bezog. Die Vertragsparteien waren dem Zeugen Dr. C5 daher nicht bekannt. Diese Vorgehensweise entsprach seiner üblichen Praxis, wenn er – was häufiger der Fall war – auf Genehmigungserklärungen für SOP gerichtete Unterschriftsbeglaubigungen vornahm.
1669Der Angeklagte O genehmigte die von Z4 als Vertreter ohne Vertretungsmacht für ihn abgegebenen Erklärungen ebenfalls am 8. Dezember 2008 vor dem Zeugen Dr. C5. Der Angeklagte K, der Zeuge B.C12 und A.C12 genehmigten die für sie durch Z4 abgegebenen Erklärungen jeweils am 9. Dezember 2008 vor dem Zeugen Dr. C5. Der Angeklagte E und die ehemalige Verfallsbeteiligte Ea genehmigten die für sie durch Z4 abgegebenen Erklärungen vor dem Notar M17 jeweils am 10. Dezember 2008.
(18) Der zu erwartende Verkehrswert der Gesamtliegenschaft im Zustand der Fertigstellung
1670Der zu diesem Zeitpunkt zu erwartende Verkehrswert der Gesamtliegenschaft Frankfurt B-Straße 23, 25 / K-Straße 22, 22a im Zustand der Fertigstellung der vertraglich zwischen der GbR Frankfurt B-Straße und der GEWG vereinbarten baulichen Maßnahmen betrug höchstens 99.462.000 €. Zu diesem Zeitpunkt bestanden – neben dem (bis spätestens 31. Dezember 2008 befristeten) Mietvertrag, den SOP selbst mit der X22 geschlossen hatte – nur noch Mietverträge mit H12 (5. Obergeschoss und Tiefgarageneinstellplätze, befristet bis zum 30. Juni 2009) und dem H14 (6. Obergeschoss, Lagerfläche und Tiefgarageneinstellplätze, befristet bis zum 31. Oktober 2010) über Räume in der B-Straße 23. Der mit H12 vereinbarte monatliche Mietzins betrug dabei 38,00 € pro Quadratmeter Bürofläche (362,68 m2), 26,30 € pro Quadratmeter anteiliger allgemeiner Verkehrsfläche (32,14 m2) und 156,00 € pro Tiefgarageneinstellplatz (4 Stück). Die Vereinbarungen mit dem H14 sahen einen monatlichen Mietzins für Büroflächen (211,00 m2) von 36,56 €, für anteilige Flächen der Eingangshalle (5,00 m2) in Höhe von 25,56 €, für Lagerflächen (22,20 m2) in Höhe von 10,22 € und für Tiefgarageneinstellplätze (5 Stück) in Höhe von 153,39 € vor.
(19) Die CSSF-Genehmigung
1671Am 10. Dezember 2008 rief der zuständige Sachbearbeiter der CSSF bei der Zeugin T2, geb. T2a, an. Er teilte ihr mit, die Genehmigung in Sachen B-Straße sei „on hold“. Die CSSF wolle dieses Thema bei einem bereits anberaumten Gespräch mit dem Angeklagten J am 19. Dezember 2008 ansprechen. Die Zeugin T2 gab diese Information an die Zeugin T1 weiter, die sie wiederum an den Zeugen C6 weiterleitete. Dieser schrieb – ebenfalls noch am 10. Dezember 2008 – daraufhin eine E-Mail an den Zeugen G2 mit folgendem Inhalt:
1672„Zur info
1673Morgen Vormittag koennte es zu Komplikationen kommen. Die CSSF hat die Genehmigung zur B-Straße on hold gesetzt und will wohl ein Gespraech diesbezgl. mit FCJ am 19.12. fuehren. K will aber wohl die Transaktion unbedingt morgen vormittag bis 11:30 uhr durchfuehren. Da gibt es dann eine Ueberschneidung.“
1674In Unkenntnis der Tatsache, dass der Anteilsübertragungsvertrag zu diesem Zeitpunkt bereits beurkundet und auch bereits sämtliche Genehmigungen der Erklärungen Z4s als Vertreter ohne Vertretungsmacht vorlagen, leitete der Zeuge G2 am Abend (19:49 Uhr) des 10. Dezember 2008 die E-Mail des Zeugen C6 per E-Mail u.a. an alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter von SOP mit folgendem Text weiter:
1675„Beigefuegte e mail zu ihrer dringenden Information.
1676Ich versuche morgen frueh gleich um 8 uhr mit der CSSF noch zu sprechen,
1677ob wir nicht doch eine genehmigung erhalten.
1678Da man dort wegen des kaufs von X1 ohne vorherige Zustimmung aber immer noch sehr zurueckhaltend ist und man bereits auf den Termin von H J verwiesen hat, denke ich, dass wir nur was erreichen wenn ein Partner anruft.
1679Von einer Umsetzung ohne Zustimmung rate ich dringend ab.“
1680Am frühen Morgen des 11. Dezember 2008 rief der Angeklagte J die Zeugin F5 an. Er bat sie darum, mit den bereits angelaufenen Vorbereitungen für die Umsetzung der 94,9%-igen Anteilsübertragung auf SOP fortzufahren und „alles laufen“ zu lassen. Er werde sich um die CSSF-Genehmigung kümmern und sie informiert halten. Dies teilte die Zeugin F5 umgehend per E-Mail den an diesem Prozess ebenfalls beteiligten Mitarbeitern von SOP mit.
1681In einem durch den Angeklagten J veranlassten Gespräch des Zeugen Q3 mit dem Zeugen C8, einem CSSF-Mitarbeiter, in dem der Zeuge Q3 dem Zeugen C8 bestätigte, dass das Bankhaus tatsächlich neue Büroflächen in Frankfurt benötigte, stimmte der Zeuge C8 der Anteilsübernahme durch SOP schließlich am 11. Dezember 2008 zu. Die Zustimmung der CSSF teilte der Zeuge Q3 per E-Mail den Angeklagten K und J sowie den Zeugen G2, F5 und T2 mit.
1682Gleichfalls unter dem 11. Dezember 2008 erklärte die CSSF durch die Zeugen T15 und C8 auch nochmals schriftlich ihre Zustimmung zur Beteiligungsnahme gegenüber der SCA.
(20) Die ersten Umsetzungsmaßnahmen der Anteilsübertragung
1683Bereits unmittelbar nach der telefonischen Zustimmung der CSSF wurde der Anteilsübertragungsvertrag vollzogen. Dies war wegen der bereits zuvor auf Veranlassung der Angeklagten K und J eingeleiteten Vorbereitungsmaßnahmen in den Fachabteilungen von SOP möglich. Bereits unter dem 9. Dezember 2008 hatte der Angeklagte E für die GEWG der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR die – im 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag vom 2. / 4. Dezember 2008 vereinbarte – „2. á-Konto Zahlung“ in Höhe von brutto 38.675.000,00 € (netto 32.500.00,00 €) in Rechnung gestellt. Diese Rechnung unterschrieb der Angeklagte K ausdrücklich für SOP unter der Überschrift „Zur Kenntnis genommen und genehmigt“ ohne Datum. Unter dem 10. Dezember 2008 hatte der Angeklagte E sodann – nunmehr für die GbR Frankfurt B-Straße – den Zeugen L2 schriftlich darum gebeten, aus dem Kapital der Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft auf deren Konto bei SOP einen Betrag in Höhe von 91 Mio. € zu übertragen. Hiervon werde der Kaufpreis und die 2. Rate an den Generalübernehmer entrichtet. In diesen die Summe aus 51.250.000,00 € (Kaufpreis) und 38.675.000,00 € (2. Rate GEWG) übersteigenden Betrag hatte der Angeklagte E eine Sicherheit in Höhe von 1.075.000,00 € einbezogen. Auch dieses Schreiben unterzeichnete der Angeklagte K ausdrücklich für SOP und wiederum ohne Datum unter der Überschrift „Zur Kenntnis genommen und genehmigt“.
1684Nach Erhalt der (telefonischen) CSSF-Genehmigung – allerdings noch vor Abzeichnung der SCA-Beteiligungsvorlage durch den Zeugen Ob – wurden sodann am 11. Dezember 2008 zunächst die bereits belasteten Kreditkonten der Altgesellschafter der GbR bei SOP auf die ihrer neuen Beteiligungsquote entsprechenden Beträge reduziert. Die bis dahin vollständig auf die Eigenkapitalvorfinanzierungskreditkonten entfallende Gesamtinanspruchnahme aller Gesellschafter betrug 14.500.000 €. Sie wurde durch Überweisungen von SOP mit dem Verwendungszweck „Freistellung gem. Vertrag vom 4.12.2008“ auf nunmehr insgesamt 739.500 € (= 5,1 % von 14.500.000 €) reduziert.
1685Im Einzelnen kam es zu folgenden Veränderungen:
1686
Gesellschafter |
Kreditinanspruchnahme alt |
„Freistellung“ von der Inanspruchnahme |
Kreditinanspruchnahme neu |
A.C12 |
7.250.000,00 € |
6.878.800,00 € |
371.200,00 € |
B.C12 |
1.203.500,00 € |
1.142.600,00 € |
60.900,00 € |
Angeklagter O |
1.203.500,00 € |
1.142.600,00 € |
60.900,00 € |
Angeklagter K |
1.203.500,00 € |
1.142.600,00 € |
60.900,00 € |
Ea |
739.500,00 € |
701.800,00 € |
37.700,00 € |
Angeklagter E |
2.900.000,00 € |
2.752.100,00 € |
147.900,00 € |
Gesamt |
14.500.000,00 € |
13.760.500,00 € |
739.500,00 € |
Entsprechend den neuen Beteiligungsquoten wurden auch die Kreditzusagen für die Eigenkapitalvorfinanzierung reduziert.
1688Außerdem überwies SOP ebenfalls noch am 11. Dezember 2008 einen Betrag in Höhe von 86.359.000,00 € (= 94,9 % von 91 Mio. €) auf das Konto der GbR Frankfurt B-Straße bei SOP. Der entsprechende Überweisungsträger wurde, da es sich insoweit nunmehr um Zahlungen in eine eigene Beteiligungsgesellschaft von SOP handelte, von den Zeugen C6 und T1 unterschrieben. Die Überweisung war zuvor aber von der Abteilung des Zeugen L2 freigegeben worden. Der Rest der durch den Angeklagten E für die Grundstücksgesellschaft angeforderten Einlagen wurde dem Konto der GbR aus den Kreditkonten der Altgesellschafter zur Verfügung gestellt. Im Einzelnen kam es zu folgenden Überweisungen:
1689
Gesellschafter |
Überweisung aus Eigenkapitalvorfinanzierungskreditkonto |
Überweisung aus Fremdkapitalzwischenfinanzierungskreditkonto (als Geldmarktkredit) |
Gesamt |
A.C12 |
460.800,00 € |
1.868.800,00 € |
2.329.600,00 € |
B.C12 |
75.600,00 € |
306.600,00 € |
382.200,00 € |
Angeklagter O |
75.600,00 € |
306.600,00 € |
382.200,00 € |
Angeklagter K |
75.600,00 € |
306.600,00 € |
382.200,00 € |
Ea |
46.800,00 € |
189.800,00 € |
236.600,00 € |
Angeklagter E |
183.600,00 € |
744.600,00 € |
928.200,00 € |
Gesamt |
918.000,00 € |
3.723.000,00 € |
4.641.000,00 € |
(21) Die Zahlung des Grundstückskaufpreises
1690Auf der Grundlage eines am 18. Dezember 2008 durch den Angeklagten E unterschriebenen Überweisungsträgers wurde am 19. Dezember 2008 der Grundstückskaufpreis in Höhe von 51.250.000,00 € durch die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR an die X22 gezahlt.
(22) Die Übergabe der Liegenschaft an die GbR und deren Eintragung im Grundbuch
1691Am 22. Dezember 2008 wurde die Liegenschaft an die GbR übergeben.
1692In der Folge wurde diese als Eigentümerin der Liegenschaft im Grundbuch eingetragen. Hierfür stellte die Stadt Frankfurt der Grundstücksgesellschaft im Februar 2009 einen Betrag von 34.964,20 € in Rechnung. Die vor der Grundschuld zu Gunsten von SOP in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Belastungen wurden gelöscht.
(23) Der Vorsatz der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter
1693Zum Zeitpunkt ihrer jeweiligen, auf die Zustimmung zur Anteilsübernahme durch das Bankhaus und deren Vollziehung gerichteten Handlungen seit dem 4. Dezember 2008 war allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern bewusst, dass ihre Entscheidung hierüber auf einer evident unzureichenden Informationsgrundlage erfolgte. Sie erkannten zum einen, dass eine Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft im Zustand der Fertigstellung der zu diesem Zeitpunkt vertraglich vereinbarten Maßnahmen nicht stattgefunden hatte und sie auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen zu einer eigenen Verkehrswertermittlung nicht in der Lage waren.
1694Alle Angeklagten erkannten zum anderen, dass die Verwendungsmöglichkeiten der Liegenschaft für das Bankhaus nicht hinreichend aufbereitet waren und insbesondere auch, dass eine vollständige oder nahezu vollständige Eigennutzung der Gesamtliegenschaft durch SOP oder andere Konzerngesellschaften jedenfalls für die überblickbare Zukunft nicht konkret absehbar war. Allerdings stellte keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter die dem GbR-Projekt von Anfang an zugrunde gelegte Absicht einer Gesamtanmietung der Liegenschaft durch das Bankhaus zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich in Frage. Sie erkannten dabei, dass dies bei fehlender Gesamtnutzung die Notwendigkeit einer Untervermietung nach sich ziehen würde. Konkrete potentielle Untermieter hatten sie dabei nicht vor Augen. Von einer bereits bestehenden rechtlichen Verpflichtung des Bankhauses, einen Mietvertrag über die Gesamtliegenschaft – insbesondere zu bestimmten Mietkonditionen – mit der GbR abzuschließen bzw. bei einer Nichtanmietung der GbR Schadensersatz leisten zu müssen, ging keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter aus. Allen Angeklagten war bewusst, dass eine ihren Sorgfaltspflichten gegenüber SOP genügende Abwägung der Chancen und Risiken der beschlossenen Anteilsübernahme – insbesondere eine Bewertung der Angemessenheit der hierdurch übernommenen finanziellen Verpflichtungen im Verhältnis zum Wert der entstehenden Liegenschaft und damit der GbR-Anteile – auf dieser Informationsgrundlage nicht möglich war. Hiermit fanden sie sich, ohne auf eine Verbreiterung der Informationsgrundlage hinzuwirken, ab.
1695Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter – K, O, J und P – erkannten die Möglichkeit, dass der anteilige (94,9 %) Verkehrswert der alsbald in das Eigentum der GbR übergehenden Liegenschaft im Zustand der Fertigstellung der zu diesem Zeitpunkt bereits vertraglich vereinbarten Maßnahmen – auch deutlich, und zwar jedenfalls im Umfang des der Verurteilung zugrunde gelegten Nachteils in Höhe von über 23 Mio. € – unter den von SOP mit der Anteilsübernahme übernommenen Verpflichtungen liegen könnte und nahmen diese Möglichkeit ernst. Hiermit fanden sie sich ab. Dabei war allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern bewusst, dass die GbR bereits durch Verträge – insbesondere den Kauf- (s.o. II., (14)) und den Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag (s.o. II., (11) und (19), III., (13)) – gebunden war und jedwede Änderung der vertraglichen Vereinbarungen nur mit Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners möglich war. Ihnen war klar, dass auch der Angeklagte E trotz seiner gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit zu SOP eine solche Zustimmung jedenfalls dann nicht ohne weiteres erteilen würde, wenn die Änderung mit einer finanziellen Schlechterstellung der GEWG – insbesondere einer geringeren Vergütung – verbunden wäre. Keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter vertraute darauf, dass ein Vermögensnachteil für SOP ausbleiben würde. Dabei vertraute auch keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter darauf, dass der anteilige Verkehrswert der Liegenschaft jedenfalls in der Zukunft die anteiligen Anschaffungskosten übersteigen würde. Zwar war ihnen ein Vermögensnachteil für das Bankhaus an sich unerwünscht und hofften sie auf sein Ausbleiben. Jeder von ihnen fand sich gleichwohl mit einem Vermögensnachteil ab.
1696Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter nahmen zum Zeitpunkt ihrer Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen jedenfalls in Kauf, dass diese jeweils noch nicht durch den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses, den Zeugen Ob, abgezeichnet worden waren. Sie alle wussten, dass der Aktionärsausschuss als Gesamtgremium, der auch in ihrer Vorstellung nach der Konzernverlagerung nach Luxemburg auf SOP-Ebene weiterhin das wesentliche Vertretungsorgan der Gesellschaft und der Kommanditaktionärin gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern war, mit der Anteilsübertragung in keiner Weise befasst worden war und seine Zustimmung hierzu – auch bis zur Genehmigung des Anteilsübertragungsvertrages für SOP und den darauf folgenden Umsetzungsmaßnahmen – nicht erteilt hatte. Ihnen war auch bewusst und gleichgültig, dass eine derartige Befassung oder gar Zustimmung auch in anderen Gremien der Bank (Aufsichtsrat, Hauptversammlung) oder Poolversammlungen nicht erfolgt war. Die Vorstellung, dass sämtliche Mitglieder dieser Gremien und insbesondere des Aktionärsausschusses mit dem Anteilsankauf außerhalb förmlicher Sitzungen befasst worden sein und diese ihm jedenfalls mehrheitlich zugestimmt haben könnten, hatte keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter. Keiner der persönlich haftenden Gesellschafter hatte die Vorstellung, allein der Vorsitzende des Aktionärsausschusses oder sie selbst als Organe der SCA könnten mit pflichtverletzungsausschließender Wirkung ein sie gegenüber SOP entlastendes Einverständnis in an sich pflichtwidrige Handlungen erklären, die sie als persönlich haftende Gesellschafter von SOP vornahmen.
1697Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter gingen davon aus, dass die Anteilsübertragung auch ohne Beteiligung des Aufsichtsrats wirksam sein und bei Vorliegen des genehmigten notariellen Vertrages auch erfüllt werden würde.
IV. Das Nachtatgeschehen
(1) Die Besprechung bei der CSSF vom 19. Dezember 2008
1698Am 19. Dezember 2008 kam es zu einem Gespräch des Angeklagten J und des Zeugen Q3 für die SCA mit Vertretern der CSSF in deren Räumen. Auf der Tagesordnung standen verschiedene Punkte. Auch die Beteiligungsnahme des Bankhauses an der GbR B-Straße GbR wurde erörtert. Das CSSF-Besprechungsprotokoll vom 22. Dezember 2008 enthält hierzu folgenden Passus:
1699„Bezüglich der indirekten Beteiligung der O von rund 95 % an der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR bestätigt Herr J, dass die Bank diese Immobilie ursprünglich für den Eigengebrauch gekauft hatte. In dem entsprechenden Gebäude sollten 700-800 Mitarbeiter der O beschäftigt werden. Dieser Plan wurde aber inzwischen von der Bank aufgegeben. Das Gebäude soll nun verkauft werden. Interessent soll angabegemäß ein Ärzte-Fonds sein.“
1700Dass zu diesem Zeitpunkt tatsächlich bereits konkrete Kaufinteressenten für die Liegenschaft vorhanden waren, konnte die Kammer nicht feststellen.
1701Weiter heißt es in dem Protokoll zur Lage der Bank u.a.:
1702„Herr J bemerkt dann, dass auch die O mit gewissen Liquiditätsengpässen konfrontiert war. Diese Situation soll sich aber inzwischen, nicht zuletzt durch ein sehr aktives Liquiditätsmanagement der Bank, verbessert haben. Herr J stellt jedoch unmissverständlich klar, dass der derzeitige Zustand keineswegs als entspannt bezeichnet werden kann, sondern dass die Bank weiterhin aufpassen muss. So gebe es Signale aus dem Markt, dass die Finanzkrise noch nicht vorbei sei.
1703[…]
1704Herr J erwähnt des Weiteren die Entscheidung der Bank sich von 400 Mitarbeitern zu trennen. Dies mache rund 10% des gesamten Personals der O aus. Während unter anderem in der Schweiz rund 30 Mitarbeiter entlassen würden, wäre Luxemburg angabegemäß von derartigen Maßnahmen nicht betroffen. Herr J bemerkt, dass die Bank inzwischen ein Kosteneinsparungsprogramm von rund Eur 100 mio aufgelegt hätte.“
(2) Die von der schwierigen Lage des Bankhauses geprägten Gremiensitzungen Ende 2008
1705Der Dezember 2008 war bei O geprägt von Gremiensitzungen, die die wirtschaftlich schwierige Lage des Bankhauses und Maßnahmen zu deren Bewältigung zum Gegenstand hatten.
1706In der Geschäftsführungssitzung der SCA vom 8. Dezember 2008 – dem Tag der Abzeichnung der SCA-Beteiligungsvorlage für die GbR Frankfurt B-Straße durch die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter – wurde der Verkauf von bis zu 50 % des mittlerweile aus der X28-Bank ausgegliederten X23-Geschäfts an eine vom Gesellschafter-Pool des Bankhauses gehaltene Gesellschaft (SODALIS Beteiligungs-GmbH) beschlossen. Der Zeuge T7 erläuterte, dass der Konzern für den Monat November 2008 mit einem operativen Defizit von 24,1 Mio. € abschließe, wovon 13,5 Mio. € auf SOP entfielen. Der Geschäftsbereich Investment Banking von SOP habe einen Verlust von 16,8 Mio. € erlitten, der Unterbereich Financial Markets gar einen Verlust von 17,6 Mio. €, wovon allein 16 Mio. € auf den Bereich Equity Trading entfielen. Bezogen auf das Jahresergebnis seien bis Ende November 2008 („Year-to-Date“) im Konzern operative Verluste von 74,7 Mio. € angelaufen. Bei SOP sei ein Verlust von 93,9 Mio. € angefallen. Zur Prognose zum Jahresende erklärte der Zeuge T7, es werde im Teilkonzern O – ohne X28-Bank – ein operatives Ergebnis von -121,6 Mio. € erwartet. Vor dem Hintergrund von erwarteten Gewinnen in der X28-Bank (6,1 Mio. €), einem negativen Ergebnis bei den Nostro-Beständen (-236,1 Mio. €), Accounting-Effekten (162,4 Mio. €) sowie Sondereffekten (170,4 Mio. €, darin enthalten 200 Mio. € aus dem 50%-igen Verkauf des ausgegliederten X23-Geschäfts) sei auf Konzernebene zum Jahresende mit einem Defizit von ca. 20 Mio. € zu rechnen. Auf Grund einer Reihe von Unsicherheiten solle aber eher von einem Verlustkorridor zwischen 20 Mio. und 60 Mio. € ausgegangen werden. Zum Projekt „V7“ erläuterte der Zeuge, dass sich die Kostenreduktionen, insbesondere beim Personalabbau, in ersten Zügen konkretisiert hätten. Acht Teilprojekte seien mittlerweise eingerichtet, darunter die Teilprojekte Investmentbank und Personalmaßnahmen. Es wurde ein Zeitplan verabschiedet, wonach bis zum 16. Januar 2009 die detaillierten Maßnahmenpakete in den Teilprojekten erarbeitet und an die Projektsteuerung geliefert werden sollten. Am 27. Januar 2009 erfolge dann die Beschlussfassung über das finale Gesamtmaßnahmenpaket und das Vorgehen zu dessen weiterer Umsetzung.
1707In der Sitzung des Aufsichtsrates von SOP am 9. Dezember 2008 führte der Angeklagte K aus, dass sich die Finanzkrise im letzten Quartal des Jahres noch einmal drastisch – insbesondere durch den Zusammenbruch der Bank Lehmann – zugespitzt habe. Obwohl das Bankhaus keine Direktengagements in den krisenverursachenden Bereichen eingegangen sei, sei sein Geschäft mit einem Rückgang von 30 bis 35 % bei gleichbleibenden Kosten erfasst worden. Insgesamt handele es sich bei der schwierigen Situation des Hauses um eine „Mischung aus unbeeinflussbaren Wirkungen von außen und hausinternen Problemen“, denen soweit wie möglich entgegengesteuert worden sei. Im Ergebnis führe dies dazu, dass tiefgreifende Anpassungen des weiteren Geschäftsablaufes unabwendbar seien. Dies betreffe vor allem den Risikoabbau, Strukturanpassungen, Kostenreduktionen und die Optimierung von Entscheidungs- und Führungsstrukturen. Insbesondere die Kostenreduktionen würden nur helfen, die Krise zu überstehen, wenn sie quer durch die ganze Gruppe inklusive Ausland und mit einem Personalabbau von 200 bis 300 Mitarbeitern realisiert würden. Ziel sei es, pro Jahr 100 Mio. € an Kosten abzubauen. Dieser Anpassungsprozess sei alternativlos. Auch der Aktionär werde mit einer Kapitalerhöhung von 200 Mio. €, die am kommenden Samstag beschlossen werde, die Bank stärken. Davon würden 50 Mio. € noch vor Jahresende gezahlt. Dem Aufsichtsrat wurde sodann durch die persönlich haftenden Gesellschafter die gegenwärtige Geschäftslage zahlenmäßig dargelegt. Der Angeklagte J führte dabei u.a. aus, zum 31. Oktober 2008 sei im Teilkonzern O – inkl. X28-Bank – ein Jahresverlust von 109,4 Mio. € (nach IFRS) erwirtschaftet worden. Hiervon seien
1708-133 Mio. € auf SOP und 29,1 Mio. € auf die X28-Bank entfallen. Bis auf Corporate Finance und Sonstiges hätten bei SOP sämtliche Bereiche Verluste hinnehmen müssen. Der Geschäftsbereich Investment Banking von SOP liege mit einem Ergebnis von -142,1 Mio. € um 231 Mio. € unter den Erwartungen.
1709Auch in der Sitzung des Aktionärsausschusses vom 12. Dezember 2008 wurde die Geschäftslage des Bankhauses mit entsprechenden Einschätzungen zahlenmäßig dargestellt. Zum Stichtag 31. Oktober 2008 habe sich im Konzern insgesamt ein Verlust von 100,9 Mio. € nach IFRS gebildet. Allein im Investment Banking seien es fast – 150 Mio. € gewesen, davon bei Financial Markets etwa – 200 Mio. €. Der Angeklagte P führte weiter aus, dass bis zum Jahresende eine Erhöhung der Verluste der Investmentbank auf bis etwa 163 Mio. € erwartet würde. Insgesamt sollten im Investment Banking 80 Mitarbeiter abgebaut werden, wobei noch Ungewissheit bestehe, ob dies ausreiche, um der weiteren Entwicklung der Finanzmärkte im nächsten Jahr hinreichend Rechnung tragen zu können.
1710Das Zahlenwerk wurde auch in der Sitzung des Aufsichtsrates der SCA vom selben Tag vorgestellt. In den einleitenden Bemerkungen führte der Angeklagten K dort aus, dass die Risiken- und Kostenminimierungsmaßnahmen, die auch vor Einschnitten im Personalbestand nicht haltmachen würden, auf Grund der erheblichen Einschnitte bei Geschäftsvolumen und Ertrag unumgänglich seien. Dennoch sähen die persönlich haftenden Gesellschafter aber – auch durch die Unterstützung von Seiten der Aktionäre – gute Chancen, an einem Aufschwung der Märkte frühzeitig zu partizipieren. Hiermit werde allerdings erst im Jahre 2010 gerechnet. Weitere Anpassungsmaßnahmen bis dahin seien jedoch im Falle einer weiteren Verschärfung der Lage keineswegs ausgeschlossen.
1711Auf einer außerordentlichen Versammlung des Aktionärs-Pools vom 13. Dezember 2008 wurde schließlich beschlossen, das Aktienkapital der SCA durch den Aktionärs-Pool von 700 Mio. € um 200 Mio. € auf 900 Mio. € zu erhöhen. Dabei sollten auf die Kapitalerhöhung 50 Mio. €, die im Wesentlichen zunächst durch das Konsortium bereit gestellt würden, zum 18. Dezember 2008 zur Zahlung fällig sein und die Fälligkeit des restlichen Betrages durch die persönlich haftenden Gesellschafter bestimmt werden. Die Einzahlung der 50 Mio. € erfolgte dem Beschluss entsprechend noch im Dezember 2008. Die – gegen Verpfändung von 25 % der Aktien der SCA – durch die BSI # (BSI) und die Banque ## (BGL) fremdfinanzierten restlichen 150 Mio. € wurden erst im ersten Halbjahr 2009 geleistet. Die Fremdfinanzierung erfolgte dabei über eine von den Mitgliedern des Aktionärs-Pools gegründete Gesellschaft (Solidas 1 S.A.). An dieser waren sie wirtschaftlich im gleichen Verhältnis wie am Aktionärs-Pool beteiligt.
1712In seinen Ausführungen im Rahmen der Beschlussfassung erklärte der Angeklagte K, statt der erhofften Erholung habe sich die Finanzkrise durch den Zusammenbruch der Lehmann Bank ganz erheblich verschärft. SOP leide erheblich an den Folgen für die Märkte. Das Geschäft sei um ein Drittel geschrumpft, so dass die Kosten entsprechend anzupassen seien. Geschäftsfelder seien einzustellen oder einzuschränken mit der Folge einschneidender Personalmaßnahmen. Die beginnende Rezession werde weitere Erschwernisse bringen. Man werde sich auf eine weitere Abschwächung der Marktverfassung einstellen müssen. Dies alles bedeute, dass für 2008 weder mit einer Dividende bei der Bank noch mit Ausschüttungen aus Gewinnen des Konsortiums gerechnet werden könne. Die vorgeschlagenen Maßnahmen seien nötig, damit die Bank das kommende Jahr überstehe. Der Angeklagte J erläuterte, dass für das Jahr 2008 ein Konzernverlust zwischen 20 und 50 Mio. € zu erwarten sei, ein Verlust in der Größenordnung von 100 Mio. € aber auch nicht ausgeschlossen werden könne. Die Verlustsituation sei nicht nur Ausfluss der Krise und der Situation bei Financial Markets, sondern auch auf selbst verursachte Fehlentwicklungen zurückzuführen.
1713In einer unmittelbar an die Versammlung des Aktionärs-Pools anschließenden außerordentlichen Versammlung des Gesellschafter-Pools wurde der Verkauf des ausgegliederten X23-Geschäfts der X28-Bank beschlossen. Ein ursprünglich angedachter Verkauf an Dritte im Jahr 2008 war gescheitert. Nun sollten zwischen 49 % und 50 % der Anteile an der Gesellschaft, in die das X23-Geschäft ausgegliedert worden war (X28 GmbH, im Folgenden: BAS), durch die SODALIS Beteiligungs-GmbH (im Folgenden: SODALIS) zu einem Kaufpreis von 200 Mio. € erworben werden. Deren Anteile hielt der Gesellschafter-Pool zu 100 %. Die Finanzausstattung der SODALIS sollte dabei in Höhe von 150 Mio. € zunächst durch Mittel des Konsortiums erfolgen, in Höhe der restlichen 50 Mio. € durch ein Darlehen der GEWG. Letztlich kam es zu einem Erwerb durch die SODALIS von 49 % der Stimmrechte und 94,9 % der Kapitalanteile an derX28für einen Kaufpreis von rund 332 Mio. €. Die Finanzierung dieses Kaufpreises erfolgte – neben dem Darlehensbeitrag der GEWG in Höhe von 50 Mio. € – in Höhe von rund 117 Mio. € durch Eigen- und Fremdmittel des Gesellschafterpools, in Höhe von rund 132 Mio. € durch Kredite von SOP und in Höhe von rund 33 Mio. € durch Eigen- und Fremdmittel einer anderen Gesellschaft.
1714Auch der vom Angeklagten K an alle Mitarbeiter des Bankhauses am 18. Dezember 2008 versandte Weihnachtsbrief stand im Zeichen der schwierigen wirtschaftlichen Lage und den Erwartungen für die Zukunft. Hier führte er unter anderem aus:
1715„Zwar haben wir als Bank in den ursächlichen Subprimemärkten nicht investiert, auch nicht bei Lehmann oder den isländischen Instituten, aber trotzdem konnten wir uns wie alle anderen Banken auch den negativen Marktbedingungen nicht entziehen. So mussten wir Wertminderungen unserer Nostrobestände und unserer Beteiligungen verbuchen. Eine Ursache unerwarteter Verluste entstand durch die gestiegene Volatilität von Wertpapierpositionen, die als Gegenposition zu unseren Emissionen komplexer derivativer Wertpapiere gehalten wurden. Neben diesen außergewöhnlichen Belastungen sanken auch die operativen Erträge ab und werden in Zukunft nur auf solch niedrigem Niveau erzielt werden können.
1716Ein lukratives Umfeld wie in den vergangenen Jahren wird es auf absehbare Zeit nicht mehr geben. Im Hinblick darauf muss sich unsere Bank wie auch die ganze Finanzbranche an eine ´neue Normalität´ in der Zeit nach der Krise gewöhnen. Insgesamt wird mit einem Rückgang des Geschäftsvolumens und auch des Ertragsvolumens um über ein Drittel gerechnet.
1717Auf diese veränderten Marktbedingungen wird sich auch die O Gruppe einstellen, und wir haben beschlossen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen:
1718- Wir werden alle Risiken deutlich reduzieren: Markt-, Nostro-, Beteiligungs- und Kreditrisiken
1719- Den wegfallenden Erträgen begegnen wir im kommenden Jahr mit einem Abbau unserer Kosten in Höhe von ca. 100 Millionen Euro.
1720Im Rahmen der geplanten Kosteneinsparungen und Umstrukturierungen sind auch Personalmaßnahmen notwendig. Hier führen wir zurzeit konstruktive Gespräche mit den betroffenen Einheiten, die wir in alle Überlegungen eingebunden haben und weiter einbinden werden. Der skizzierte Veränderungsprozess ist schmerzhaft, aber nur so werden wir das weiterhin anspruchsvolle Marktumfeld bei einer mittelfristig wieder eintretenden Normalisierung meistern und die dann sich bietenden Chancen nutzen können.
1721[…]“
(3) Der Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2008
1722Der Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2008 wies – trotz der Transaktion das X28-Bank-X23-Geschäft betreffend und trotz Inanspruchnahme weiterer zulässiger jahresabschlusspolitischer Maßnahmen, die zusammen einen Einfluss von rund 400 Mio. € hatten – einen Jahresfehlbetrag nach Steuern von 126 Mio. € aus. Im Vorjahr war noch ein Jahresüberschuss nach Steuern von 502 Mio. € erwirtschaftet worden. Die Bilanzsumme betrug Ende 2008 18.147.296.000,00 €. 2007 hatte sie noch 22.338.288.000,00 € betragen. Sie war somit um 18,76 % zurückgegangen. Das bilanzielle Eigenkapital von SOP reduzierte sich von 2.443.700.000,00 € Ende des Jahres 2007 auf 1.647.010.000,00 € zum 31. Dezember 2008. Dies entspricht einem Rückgang von 32,6 %. Die aufsichtsrechtlich anrechenbaren Eigenmittel von SOP sanken – unter Heranziehung der von SOP selbst im Jahresabschluss ermittelten Zahlen – von 1.867.089.000,00 € zum 31. Dezember 2007 um 12,89 % auf 1.626.469.000,00 € zum Ende des Jahres 2008. Zum 31. Dezember 2008 wurde ein Teilbetrag der offenen Rücklagen (125.870.000,00 €) sowie der Fonds für allgemeine Bankrisiken (52.127.000,00 €) und die Vorsorgereserven nach § 340f HGB (62.067.000,00 €) vollständig aufgelöst. Nur hierdurch konnte letztlich ein ausgeglichener Bilanzgewinn ausgewiesen werden. Die Eigenkapitalrentabilität des Bankhauses nach Steuern (= das Verhältnis des erzielten Jahresüberschusses bzw. Jahresfehlbetrages nach Steuern zu dem im betreffenden Jahr eingesetzten durchschnittlichen bilanziellen Eigenkapital) sank von 22,49 % im Jahr 2007 auf -8,7 % im Jahr 2008.
1723Die Beteiligung an der GbR Frankfurt B-Straße wurde im Einzeljahresabschluss von SOP im Anlagevermögen unter dem Posten „Anteile an verbundenen Unternehmen“ mit 100.119.500,00 € bilanziert. Dies entsprach den bis zu diesem Zeitpunkt von SOP geleisteten Anschaffungskosten (13.760.500,00 € Freistellung der Altgesellschafter + 86.359.000,00 € anteiliger Kaufpreis und 2. Rate Generalübernehmer). Dieser Ansatz wurde durch den Abschlussprüfer nicht beanstandet.
(4) Die weitere Konkretisierung der Kosteneinsparmaßnahmen im Bereich Investment Banking
1724In einer Präsentation am 7. Januar 2009 in Luxemburg stellten die hierfür verantwortlichen Mitarbeiter des Bankhauses, die Zeugen F1 und H1, den bis dahin in enger Abstimmung auch mit dem Angeklagten P erarbeiteten Planungsstand des Teilprojektes Investment Banking im Rahmen des Projektes „V7“ vor. Zur Umsetzung der Kosteneinsparvorgaben erachtete das Teilprojektteam im Geschäftsbereich Investment Banking gegenüber dem Plan für 2009, der eine Zahl von 441 Mitarbeiter-Vollzeitäquivalenten vorsah, den Abbau von ca. 115 Vollzeitäquivalenten auf dann 326 für erforderlich. Diese Zahl bezog sich auf alle vom Projekt „V7“ erfassten Konzernteile, also insbesondere auch das Investment Banking in Banktöchtern von SOP in der Schweiz und in Österreich. Auf SOP selbst sollten hiervon ca. 81 Stellen entfallen. Der Großteil der vorgeschlagenen Stellenreduktionen betraf dabei den Standort Frankfurt.
1725In der Geschäftsführungssitzung der SCA vom 27. Januar 2009 wurden die zusammengetragenen „finalen Maßnahmenpakete“ des Projektes „V7“ durch den Mitarbeiter Z27 vorgestellt. Für den Geschäftsbereich Investment Banking wurde ein Abbau von insgesamt 107 Mitarbeitervollzeitäquivalenten gegenüber dem Stand 2008 (also nicht – wie die Zahlen vom 7. Januar 2009 – gegenüber dem Plan für 2009) vorgeschlagen.
1726Die geplanten Personalmaßnahmen wurden in dieser Zeit auch mit dem Frankfurter Betriebsrat von SOP erörtert. In der Folge wurde mit der Umsetzung der beschlossenen Personalmaßnahmen begonnen. Bis Juli 2009 wurden rund 100 freiwillige Auflösungsvereinbarungen den Gesamtstandort Frankfurt betreffend unterzeichnet.
(5) Die weitere Umsetzung des Planungsstandes aus dem Dezember 2008 durch Erstellung neuer BQA und Einreichung eines neuen Bauantrages
1727Den Fachabteilungen von SOP, insbesondere auch der Abteilung Facility Management, gaben die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter in der auf die Anteilsübernahme folgenden Zeit keine neuen Informationen zum Umfang der etwaigen künftigen Selbstnutzung bzw. -anmietung der Liegenschaft B-Straße 23, 25 / K-Straße 22, 22a durch SOP. Geänderte Planungsvorgaben erfolgten nicht. Die Art und der Umfang der Einbindung der Mitarbeiter des Facility Managements in die baulichen Fragestellungen blieben unverändert. Mangels anderslautender Vorgaben waren die Mitarbeiter bestrebt, an der konkreten Umsetzung des Planungsstandes aus Dezember 2008 unter weiterer Einbringung der Erfordernisse von SOP mitzuwirken. Dies betraf etwa die Erarbeitung einer insbesondere an den Wegfall des Handelsraums angepassten neuen BQA, die dem 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag vom 2. / 4. Dezember 2008 noch beizufügen war. Sie wurde letztlich am 8. (BQA Teil I – Bau) bzw. 21. April 2009 (BQA Teil II – Technische Gebäudeausrüstung) durch die Zeugen M3 und G4 im Wege der Paraphierung freigegeben.
1728Die Angeklagten K, O, J und P entfalteten auch gegenüber der GbR Frankfurt B-Straße keine Tätigkeiten, die auf eine weitere Abänderung der geplanten und vertraglich vereinbarten Baumaßnahmen oder eine Kostenreduzierung für die GbR abzielten. Vielmehr war die erste Hälfte des Jahres 2009 davon geprägt, dass sich alle Beteiligten – wie die Angeklagten wussten – nunmehr an die konkrete Umsetzung des Planungsstandes aus Dezember 2008 machten. Bis Anfang März 2009 wurde ein diesem entsprechender neuer Bauantrag bei der Stadt Frankfurt gestellt. Im Februar 2009 begannen die Abrissarbeiten hinsichtlich des Gebäudes K-Straße 22, 22a.
(6) Der zunächst fehlende Mietvertrag zwischen der GbR und SOP hinsichtlich der in der „H11“ genutzten Flächen nach dem Besitzübergang
1729Mit Schreiben vom 21. Januar 2009 setzte Z4 SOP für die GbR Frankfurt B-Straße über den Besitzübergang in Kenntnis. Er erklärte darin, dass infolgedessen die Mietzahlungen ab Januar 2009 der GbR zustünden und bat um Überweisung auf deren Konto. Hierauf antworteten der Zeuge G4 und ein weiterer Mitarbeiter seiner Abteilung (A. Lukas) am 27. Januar 2009 für SOP, dass der GbR „selbstverständlich“ für die von SOP in der B-Straße 23 genutzten Flächen (zu diesem Zeitpunkt noch Flächen vom Untergeschoss bis zum 4. Obergeschoss) ab dem Monat Januar 2009 die Mietzahlungen zustünden. Allerdings wiesen sie darauf hin, dass der seinerzeit mit der X22 geschlossene Mietvertrag auf das Jahresende 2008 bzw. bis zu einem Eigentümerwechsel befristet gewesen sei. Da aus diesem Grunde derzeit eine Rechtsgrundlage für eine Mietzahlung fehle, baten sie darum, dass sich die GbR zum Abschluss eines neuen Mietvertrages mit ihnen in Verbindung setzen möge. Anders als für die Vereinbarung eines langfristigen Mietvertrages über die Gesamtliegenschaft mit dem Fonds, die der Ebene der persönlich haftenden Gesellschafter vorbehalten war, sah die Abteilung Facility Management eine eigene Zuständigkeit für die vorübergehende mietvertragliche Regelung hinsichtlich der von SOP im „H11“-Gebäude genutzten Flächen bis zur Fertigstellung der Gesamtliegenschaft.
1730Dem Angeklagten E schwebte mit Blick auf die unterzeichnete Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008, die eine Anmietung der Gesamtliegenschaft durch SOP zu einer Netto-Miete von 30,00 € pro m2 BGF vorsah, indes vor, in einem ersten Schritt (bis zur Nutzungsmöglichkeit auch der B-Straße 25, K-Straße 22, 22a) diese Konditionen im Rahmen eines 30-jährigen Mietvertrages bereits auf die – gesamte – B-Straße 23 anzuwenden. Bei der durch den Angeklagten E zugrunde gelegten BGF für die B-Straße 23 von 5.105 m2 hätte dies zu einer Netto-Jahresmiete für SOP in Höhe von 1.837.800,00 € geführt. Ein Mietvertragsentwurf wurde SOP jedoch zunächst nicht vorgelegt. Die von ihr bezogenen Flächen in der B-Straße 23 nutzte SOP aber weiter.
(7) Die weiteren Einlagen von SOP in die GbR bis Ende 2009
1731Mit Schreiben vom 21. Januar 2009 bat der Angeklagte E für die GbR Frankfurt B-Straße den Zeugen L2 darum, aus dem Kapital der GbR-Gesellschafter einen Betrag in Höhe von 300.000,00 € auf das Konto der GbR zu übertragen. Hiervon werde die 3. Rate an den Generalübernehmer entrichtet.
1732Mit Schreiben vom 26. Januar 2009 bat der Angeklagte E für die GbR den Zeugen L2 darum, aus dem Kapital der GbR-Gesellschafter einen Betrag in Höhe von 800.000,00 € auf das Konto der GbR zu übertragen. Hiervon werde die 4. Rate an den Generalübernehmer entrichtet.
1733Die angeforderten Einlagen wurden kurz darauf auf Veranlassung der Abteilung des Zeugen L2 geleistet. Für SOP wurden dabei am 22. Januar 2009 284.700,00 € und am 2. Februar 2009 759.200,00 € – insgesamt somit 1.043.900,00 € (= 94,9 % von [300.000,00 € + 800.000,00 €]) – auf das GbR-Konto eingezahlt. Die Kontrolle der Abteilung des Zeugen L2 beschränkte sich dabei – wie auch in der Folgezeit – auf eine rein betragsmäßige Überprüfung. Die Wirksamkeit des Anteilserwerbs durch SOP stellte sie zu keinem Zeitpunkt in Frage.
1734In der Folge kam es bis Ende des Jahres 2009 zu folgenden weiteren Einlagenanforderungen des Angeklagten E für die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR an den Zeugen L2, woraufhin jeweils auch der auf SOP entfallende Anteil auf das GbR-Konto eingezahlt wurde:
1735
Datum der Einlagenanforderung |
Verwendungszweck der Einlage |
Gesamtbetrag |
Anteil SOP (= 94,9 % des Gesamtbetrages) |
Datum der Zahlung durch SOP |
27. Februar 2009 |
5. Rate GÜ |
800.000,00 € |
759.200,00 € |
2. März 2009 |
27. März 2009 |
6. Rate GÜ |
600.000,00 € |
569.400,00 € |
1. April 2009 |
28. April 2009 |
7. Rate GÜ |
800.000,00 € |
759.200,00 € |
4. Mai 2009 |
28. Mai 2009 |
8. Rate GÜ |
810.000,00 € |
768.690,00 € |
2. Juni 2009 |
4. Juni 2009 |
2. Rate Steuerberater |
270.000,00 € |
256.230,00 € |
9. Juni 2009 |
29. Juni 2009 |
9. Rate GÜ |
900.000,00 € |
854.100,00 € |
1. Juli 2009 |
29. Juli 2009 |
10. Rate GÜ |
850.000,00 € |
806.650,00 € |
3. August 2009 |
28. August 2009 |
11. Rate GÜ |
850.000,00 € |
806.650,00 € |
1. September 2009 |
29. September 2009 |
12. Rate GÜ |
840.000,00 € |
797.160,00 € |
1. Oktober 2009 |
29. Oktober 2009 |
13. Rate GÜ |
800.000,00 € |
759.200,00 € |
3. November 2009 |
27. November 2009 |
14. Rate GÜ |
850.000,00 € |
806.650,00 € |
1. Dezember 2009 |
Insgesamt wandte SOP somit bis zum Ende des Jahres 2009 (unter Berücksichtigung auch der Zahlungsflüsse aus dem Dezember 2008) einen Betrag von 109.106.530,00 € für die GbR Frankfurt B-Straße auf.
1737Währenddessen schritten die baulichen Maßnahmen hinsichtlich des Neubaus im K-Straße entsprechend den planerischen Grundentscheidungen aus dem Dezember 2008 ungebremst foran. Nach dem Abriss des Bestandsgebäudes wurden die beiden neuen Untergeschosse bis zum November 2009 fertig gestellt.
(8) Die Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA zu den Gesellschafterkrediten bis April 2009
1738Vor dem Hintergrund der – aus Sicht der CSSF – zum Teil sehr hohen Kredite an die Aktionäre bzw. persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses und der für die CSSF unklaren Besicherungslage richtete diese am 29. Januar 2009 unter Bezugnahme auf die im November 2008 durchgeführte Vorortprüfung bezüglich der Großkredite ein Schreiben an die SCA. Die CSSF war bezüglich des Themas der Kredite an die Bankgesellschafter und deren Bonität zwischenzeitlich zusätzlich besorgt, nachdem sie erfahren hatte, dass die Gesellschafter von der beschlossenen Kapitalerhöhung um 200 Mio. € bis Ende 2008 erst 50 Mio. € eingezahlt hatten. In dem Schreiben hieß es unter anderem zu Ziffer 5:
1739„Abschließend möchten wir Sie bitten uns eine aktuelle Aufstellung jener Kredite zu übermitteln, welche Ihre Bank an Personen aus dem ´Dunstkreis´ der Familie O vergeben hat; darunter fallen insbesondere die Aktionäre und Vorstände der Bank. Dabei interessieren uns weniger die Namen der einzelnen Kreditnehmer, sondern vielmehr die Beträge und der Zweck der Kredite sowie die realen Sicherheiten (z. Bsp.: eingetragene Grundschulden zugunsten der Bank, verpfändete Wertpapierportfolios oder Geldeinlagen) auf die Ihre Bank gegebenenfalls Zugriff hat.“
1740In ihrem Antwortschreiben hierauf vom 25. Februar 2009 führten die Zeugen G2 und N8 für die SCA zu diesem Punkt aus:
1741„Die wirtschaftlichen Verhältnisse und bestehenden Kreditverpflichtungen unserer Aktionäre sowie diesen nahe stehender Personen werden im Hause generell mit größter Vertraulichkeit und Sensibilität behandelt und sind daher nur einem ausgewählten Personenkreis bekannt. Zu Ihren Fragen 4. und 5. möchten wir Ihnen daher die erbetenen Informationen gern im Rahmen des für den 6. März 2009 in Ihrem Hause vereinbarten persönlichen Gesprächs geben.“
1742Dieses Gespräch fand dann auch statt. Hier erklärte der Angeklagte J hinsichtlich der Kreditvergaben der Bank an die Aktionäre bzw. persönlich haftenden Gesellschafter, dass diese jeweils zu einem Großteil mit dinglichen Sicherheiten, wie eingetragenen Grundschulden und Festgelddepots, garantiert seien. Diese Auskunft konnten die Vertreter der CSSF nicht mit den ihnen bis dahin übermittelten Unterlagen in Einklang bringen, auf denen eine nennenswerte aufsichtsrechtlich relevante Absicherung dieser Kredite gerade nicht ausgewiesen war. Die CSSF entschloss sich daher dazu, diese Frage nunmehr detailliert aufzuklären.
1743Am 25. März 2009 richtete sie hierzu ein Schreiben an die SCA. In diesem führte sie aus, dass sie sich einen genauen Überblick verschaffen wolle über die konkreten Risiken, die das Bankhaus bezüglich Kreditvergaben an die Aktionäre bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter trage. Sie gab der SCA auf, deren Wirtschaftsprüfer damit zu beauftragen, eine Sonderprüfung der an die Aktionäre bzw. persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses vergebenen Kredite, die auf der Großkreditmeldung zum 31. Dezember 2008 aufgelistet waren, vorzunehmen. Die Schlussfolgerungen dieser Prüfung sollten in einem detaillierten Bericht festgehalten werden. Dabei solle die Analyse Aufschluss geben über die Beträge und Zwecke der jeweiligen Kredite und die hierfür bestellten Sicherheiten. Der Wirtschaftsprüfer solle außerdem eine individuelle Risikoeinschätzung für die Kredite vornehmen. Die CSSF bat darum, ihr den Bericht bis spätestens zum 30. April zukommen zu lassen.
1744Da die betroffenen Kredite ausschließlich von SOP ausgereicht worden waren, beauftragte die SCA mit der Erstellung des von der CSSF geforderten Berichtes nicht ihren Abschlussprüfer (die luxemburgische Q41 Audit S.à.r.l.), sondern den Abschlussprüfer von SOP, die deutsche Q41 AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: Q41). Mit der Verantwortung für den Bericht wurden konkret zwei ihrer Mitarbeiter, die Zeugen V1 und C4, betraut. Diese zeichneten auch für den Prüfbericht betreffend den Jahresabschluss von SOP für 2008 verantwortlich.
1745In einem weiteren Schreiben vom 3. April 2009 an die SCA führte die CSSF unter Punkt 4 außerdem Folgendes aus:
1746„Was die Kreditvergaben Ihrer Bank an die Aktionäre bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter betrifft, geht aus einem, uns während der Besprechung vom 6. März 2009 übermittelten Dokument hervor, dass jene Kredite zu einem überwiegenden Teil mit realen Sicherheiten (eingetragene Grundschulden zugunsten Ihrer Bank, Festgelddepots) abgedeckt sind. Da jedoch auf der von Ihrer Bank übermittelten Großkreditmeldung zum 30. September 2008 jene Sicherheiten nicht ausgewiesen sind, möchten wir Sie bitten uns eine überarbeitete Version dieser Meldung zukommen zu lassen.“
1747Hierauf antwortete die SCA in einem Schreiben vom 28. April 2009:
1748„Die Festgelder und Depots, die bei der KGaA unterhalten werden, haften im Rahmen des AGB-Pfandrechts. Für die vorhandenen Grundschulden liegen, wie auch an anderer Stelle bereits genannt, die für eine Reduzierung nach der Großkreditverordnung notwendigen Wertermittlungen nicht vor. Eine Überarbeitung unserer Großkreditmeldung können wir Ihnen aus unserer Sicht daher leider nicht zur Verfügung stellen.“
(9) Die Pläne zur Veräußerung von Bankimmobilien
1749In dieser Zeit konkretisierten sich innerhalb der Partnerschaft die bereits Ende 2008 vage vorhandenen Überlegungen zu einer außerordentliche Erträge generierenden und damit eigenkapitalstärkenden Veräußerung von Immobilien, die sich im Einflussbereich von SOP befanden. Die Konzeption dieser Maßnahmen sollte durch den Angeklagten E erfolgen. Am 26. März 2009 genehmigten die Angeklagten K und J verschiedene Immobilien – darunter auch die Immobilie in der B-Straße – betreffende, vom Angeklagten E aufgestellte und unterzeichnete Entscheidungsvorlagen durch Unterschrift. Diese sahen jeweils die Ermächtigung der JEFP vor, einen Käufer für diese Immobilien zu vermitteln und Kaufvertragsverhandlungen zu führen. Die JEFP sollte hierfür eine Netto-Vergütung in Höhe von jeweils rund 3 % des Verkaufspreises erhalten. Grundlage der Veräußerungen war nach den Entscheidungsvorlagen jeweils die Erklärung des Bankhauses, „in der Eigenschaft als Mieter einen Mietvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren AAA bzw. einen entsprechenden Nachtrag mit dem Käufer abzuschließen und eine Rückkauferklärung zu dem Kaufpreis abzugeben, den der Käufer für die Immobilie bezahlt hat“. Der Angeklagte E hatte unter Zugrundelegung im Einzelnen bezeichneter Miethöhen (für die Liegenschaft B-Straße 7,54 Mio. € „p.a. netto“) zu erwartende Verkaufserlöse berechnet.
1750Zu einer Umsetzung dieser Pläne kam es in der Folge nicht.
(10) Die Folgen des Insolvenzantrags der X1 AG
1751Auf Grund des am 9. Juni 2009 gestellten Insolvenzantrags der X1 AG (vgl. o. D., IV., (16)) und der erheblichen Risikopositionen bei SOP, die mit der X1 AG im Zusammenhang standen, verschärfte sich die wirtschaftliche Lage des Bankhauses, die sich zwischenzeitlich etwas erholt hatte, erneut.
1752Neben der Anordnung der Sonderprüfung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG bei SOP, mit der H8 beauftragt wurde, drängte die BaFin daraufhin gegenüber SOP auf den Einschuss von zusätzlichem Eigenkapital. Die Möglichkeiten des Aktionärs- oder Gesellschafter-Pools hierzu waren ebenso wie diejenigen des Konsortiums allerdings ausgeschöpft. Dies war gerade auch mit Blick auf die im Dezember 2008 beschlossenen und in der Folge umgesetzten Stärkungsmaßnahmen der Fall. Zu ihnen trat als weitere Unterstützungsmaßnahme noch die im April 2009 erfolgte Ausgliederung wesentlicher Teile u.a. der Beteiligungen von SOP an X1 und der 5E Immobilien AG (im Folgenden: 5E) auf die Solidas 3 S.A., Luxemburg zu Buchwerten hinzu. Diese Familienholding gehörte wirtschaftlich den Mitgliedern des Aktionärs-Pools im gleichen Verhältnis, mit dem sie an diesem beteiligt waren. Die Maßnahme wurde durch zwei Darlehen der BSI in Höhe von insgesamt 325 Mio. € fremdfinanziert. Hieraus resultierte eine Verpfändung von – unter Berücksichtigung auch der zur bereits Ende 2008 beschlossenen Finanzierung der Kapitalerhöhung bei der SCA verpfändeten Anteile – insgesamt 91,67 % der Anteile an der SCA zu Gunsten der BSI und der BGL. Weiterhin wurde zur Finanzierung der Ausgliederung der genannten Industriebeteiligungen auf die Familienholding ein Darlehen von SOP in Höhe von 200 Mio. € in Anspruch genommen. Dieses wurde in Höhe von insgesamt 125 Mio. € durch harte Patronatserklärungen der Angeklagten J, K, O und P, der Zeugen Q7, Ob und B.C12 sowie A.C12 unterlegt.
1753Die SOP-Verantwortlichen waren somit zur Stützung des Bankhauses auf externe Geldgeber angewiesen. Hierüber begannen in der Folge Gespräche u.a. mit der V11. Diese mündeten am 24. Juli 2009 in einem unverbindlichen Angebot der V11, schrittweise bis zu 100 % der Anteile am Bankhaus zu übernehmen. Darin wurde bereits darauf hingewiesen, dass die V11 kein Interesse an einer Fortsetzung des Investment Banking Geschäfts von SOP habe. Dieses solle verkauft oder abgewickelt werden. Auf außerordentlichen Versammlungen des Gesellschafter- und Aktionärs-Pools vom 5. August 2009 wurde beschlossen, auf das Angebot der V11 einzugehen und alle notwendigen Schritte einzuleiten, die der Umsetzung von deren Übernahmeprojekt dienten. Daraufhin nahm die V11 eine umfassende Due Diligence-Prüfung im Bankhaus auf.
(11) Der Q41-Bericht über die Gesellschafterkredite und die Reaktion der CSSF hierauf
1754Nachdem die CSSF mit Schreiben vom 15. Juni 2009 an die SCA die Erstellung des – ursprünglich bis zum 30. April 2009 avisierten – Sonderberichts zu den Gesellschafterkrediten bis spätestens zum 19. Juni 2009 angemahnt hatte, da dessen Schlussfolgerungen „von zentralem Interesse für die CSSF“ seien, legte die Q41 diesen schließlich am 26. Juni 2009 vor. Die Prüfung war vom 2. bis 26. Juni 2009 in den Räumen von SOP durchgeführt worden.
1755In dem Bericht führten die Zeugen C4 und V1 aus, der im Aufforderungsschreiben der CSSF vom 25. März 2009 in Bezug genommenen Großkreditmeldung zum 31. Dezember 2008 folgende Kreditnehmereinheiten entnommen zu haben, die den Gesellschafterkreis des Bankhauses betrafen:
1756- A.C12 Gruppe
1757- O Gruppe
1758- Ka Gruppe
1759- B.C12 Gruppe
1760- K Gruppe
1761- J Gruppe
1762- P Gruppe
1763Für diese Kreditnehmereinheiten beurteilte die Q41 die Kreditvergaben zum Stichtag 31. März 2009 mit Blick auf die aktuellen Vermögens- und Liquiditätsverhältnisse. Grundlage der Beurteilung waren von SOP zur Verfügung gestellte Unterlagen, die durch die Q41 plausibilisiert worden waren. Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer war ihr dabei von der Bank für jeden untersuchten Kreditnehmer eine Selbstauskunft zum 30. Mai 2009 bzw. zum 31. Dezember 2008 zur Verfügung gestellt worden. Den rechtlichen Bestand und die Vollständigkeit der Verbindlichkeiten hatte die Q41 nicht geprüft. Zur Beurteilung der Liquiditätslage waren ihr von SOP Unterlagen hinsichtlich der Liquiditätsbelastungen aus den O-E-Investments sowie Aussagen einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für jeden Kreditnehmer zur Liquiditätsentwicklung zur Verfügung gestellt worden.
1764In dem Bericht wiesen die Zeugen V1 und C4 darauf hin, dass sich die Vermögens- und Liquiditätsverhältnisse der untersuchten Kreditnehmer in den letzten sechs Monaten auf Grund verschiedener Transaktionen und Ereignisse signifikant verändert hätten. Hierzu wurden genannt:
1765- die Ausgliederung des X23-Geschäfts der X28-Bank in die X28 GmbH (X28) und dessen Veräußerung an die SODALIS;
1766- die Kapitalerhöhung bei der SCA;
1767- die Gründung der Familienholding zur Übernahme verschiedener Industriebeteiligungen (insb. X1 und 5E) vom Bankhaus;
1768- die Insolvenz von X1;
1769- Inanspruchnahmen aus den noch bestehenden Bürgschaften für den von SOP an die Y14 ausgereichten und nach dem Insolvenzantrag X1s fällig gestellten Kredit (wobei die Q41 zum Zwecke der Beurteilung der Kapitaldienstfähigkeit der Kreditnehmer unterstellte, dass eine Inanspruchnahme der Bürgen durch die Bank bis zum Ende der Betrachtungsperiode am 31. März 2011 nicht erfolgen werde);
1770- die im Dezember 2008 durch die Mitglieder des Aktionärs-Pools erfolgte Garantie der Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen der X1 gegenüber zwei ihrer Vorstände (G1 und Z28), sowie
1771- operative Verluste des O Konzerns gemäß der Hochrechnung für das Geschäftsjahr 2009.
1772Dennoch und trotz einer – nach eigenem Bekunden – Verwendung konservativer Annahmen ermittelte der Bericht bei allen Kreditnehmern jeweils noch ein positives Nettovermögen.
1773Die Q41 AG ordnete die geprüften Kreditengagements in folgende Risikoklassen ein:
1774„I: ohne erkennbares Risiko
1775II: erkennbares Risiko, ohne dass eine Wertberichtigung nötig wäre
1776III: erkennbares Risiko, das zwingend eine Wertberichtigung erfordert“
1777Zusammenfassend stellte der Bericht hierzu fest:
1778„Im Ergebnis unserer Prüfung ordnen wir die von uns geprüften Kredite mit Ausnahme der Engagements J, K und P auf Grund der voraussichtlichen finanziellen Belastungen (Liquidität) in den Jahren nach 2009 der Risikokategorie II (erkennbares Risiko, ohne dass eine Wertberichtigung nötig wäre) zu. Die Kreditvergabe an J ist auf Grund der derzeit nicht in Anspruch genommenen Kreditlinie als Risikokategorie I (ohne erkennbares Risiko) einzustufen. Die Engagements K und P stufen wir auf Grund des positiven Nettovermögens und der gegebenen Kapitaldienstfähigkeit ebenfalls als Risikokategorie I ein.“
1779Im Einzelnen stellten sich die geprüften Kreditengagements wie folgt dar:
1780
Kreditnehmereinheit |
Risikoklasse |
Zusage |
Inanspruchnahme |
Sicherheiten |
Blanko-exposure |
TEUR |
TEUR |
TEUR |
TEUR |
||
A.C12 Gruppe |
II |
||||
Immobilienfinanzierungen (davon X1 Objekte) Sonstige Finanzierungen II.Übrige Beteiligungen und sonstige Gesellschaften Gesamt |
306.838 279.512 (43.219) 27.326 282 307.120 |
283.357 259.470 (43.219) 23.887 282 283.639 |
32.201 32.201 (10.284) 0 0 32.201 |
274.637 247.311 (32.935) 27.326 282 274.919 |
|
O Gruppe |
II |
||||
I.O Immobilienfinanzierungen (davon X1 Objekte) Sonstige Finanzierungen II.Übrige Beteiligungen und sonstige Gesellschaften Gesamt |
137.143 70.876 (14.337) 66.267 1.862 139.005 |
127.513 68.003 (14.337) 59.510 1.862 129.375 |
8.533 8.533 (2.969) 0 0 8.533 |
128.610 62.343 (11.368) 66.267 1.862 130.472 |
|
Ka Gruppe |
II |
||||
Ka Immobilienfinanzierungen (davon X1 Objekte) Sonstige Finanzierungen II.Übrige Beteiligungen und sonstige Gesellschaften Gesamt |
112.657 105.849 (17.919) 6.808 117 112.774 |
109.791 103.001 (17.919) 6.790 117 109.908 |
17.650 17.650 (4.241) 0 0 17.650 |
95.007 88.199 (13.678) 6.808 117 95.124 |
|
B.C12 Gruppe |
II |
||||
I.B.C12 Immobilienfinanzierungen (davon X1 Objekte) Sonstige Finanzierungen II.Übrige Beteiligungen und sonstige Gesellschaften Gesamt |
74.800 62.072 (15.343) 12.728 111 74.911 |
70.005 58.915 (15.343) 11.090 111 70.116 |
6.688 6.688 (3.568) 0 0 6.688 |
68.112 55.384 (11.775) 12.728 111 68.223 |
|
K Gruppe |
I |
||||
I. K Immobilienfinanzierungen (davon X1 Objekte) Sonstige Finanzierungen II.Übrige Beteiligungen und sonstige Gesellschaften Gesamt |
76.189 57.194 (11.329) 18.995 404 76.593 |
65.842 53.819 (11.329) 12.023 394 66.236 |
8.331 8.331 (3.227) 0 0 8.331 |
67.858 48.863 (8.102) 18.995 404 68.262 |
|
J Gruppe |
I |
||||
I.J Sonstige Finanzierungen Gesamt |
3.800 3.800 3.800 |
0 0 0 |
0 0 0 |
3.800 3.800 3.800 |
|
P Gruppe |
I |
||||
I.P Immobilienfinanzierungen (davon X1 Objekte) Sonstige Finanzierungen II.Übrige Beteiligungen und sonstige Gesellschaften Gesamt |
11.924 4.540 (2.007) 7.384 39 11.963 |
8.901 4.540 (2.007) 4.361 39 8.940 |
0 0 (0) 0 0 0 |
11.924 4.540 (2.007) 7.384 39 11.963 |
|
Gesamtsumme (davon Immobilienfinanzierungen) (davon X1 Objekte) |
726.166 (580.043) (104.154) |
668.214 (547.748) (104.154) |
73.403 (73.403) (24.289) |
652.763 (506.640) (79.865) |
Der Q41-Bericht führte bei der CSSF nicht zu einer Beruhigung mit Blick auf das Thema der Gesellschafterkredite. Ihre Reaktion hierauf sah mit einem Schreiben vom 8. Juli 2009 an die SCA vielmehr u.a. wie folgt aus:
1782„Nach eingehender Analyse des Sonderberichtes möchten wir folgende wesentliche Punkte festhalten:
1783- Lediglich 10 % des von Q41 ermittelten Bruttoexposures in Höhe von rund Eur 726 mio sind mit Sicherheiten unterlegt. Da wir davon ausgehen, dass die Kreditvergaben an die Gesellschaften Sodalis bzw. Solidas in diesem Bruttoexposure nicht berücksichtigt wurden, ermessen wir die, an die Aktionäre vergebenen Kredite, als eindeutig zu hoch.
1784- Bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse verschiedener Aktionäre kommen wir zum Ergebnis, dass die angegebenen Vermögenswerte auf der Grundlage einer konservativen Einschätzung – d.h. bei Nicht-Berücksichtigung der SCA-Anteile der jeweiligen Aktionäre – deutlich unzureichend sind um die Verbindlichkeiten abzudecken.
1785- Aus dem Bericht geht außerdem hervor, dass die Aktionäre aufgrund der für 2009 zu erwartenden Konzernverluste weder mit Ausschüttungen, noch mit Liquiditätszuflüssen aus der Verzinsung der Stillen Einlage der KGaA rechnen können. Somit bestünde laut Q41 für verschiedene Aktionäre das Risiko, dass der ermittelte Liquiditätsbedarf für das Jahr 2010 nicht mehr aus den liquiden Vermögenswerten gedeckt werden könnte.
1786Auf Basis der oben aufgeführten Punkte kommen wir zur Schlussfolgerung, dass diese überzogenen Kreditvergaben der KGaA an die Aktionäre nicht mit den Prinzipien eines ordentlichen Geschäftsgebahrens für ein Kreditinstitut zu vereinbaren sind. Diese Kreditvergaben sowie insbesondere deren Gestaltung sind folglich für die CSSF inakzeptabel. Wir erachten es daher als eine Selbstverständlichkeit, dass Ihre Bank den Aktionären zukünftig keine weiteren Kredite mehr in irgendeiner Form zur Verfügung stellt. Diese Aufforderung gilt für alle Gesellschaften des O-Konzerns.
1787Abschließend möchten wir Sie bitten zeitnah dafür Sorge zu tragen, dass, einerseits, die entsprechenden Kredite soweit wie möglich durch werthaltige Garantien besichert werden und, andererseits, das Bruttoexposure Ihrer Bank durch die strikte Kontrolle eines konkreten Rückführungsprogramms in einem angemessenen Zeitfenster entscheidend reduziert wird. Bezüglich dieser Anforderungen möchten wir Sie bitten uns monatlich Bericht zu erstatten.“
(12) Der letztlich abgeschlossene Mietvertrag zwischen der GbR und SOP hinsichtlich der in der „H11“ genutzten Flächen
1788Im Juli 2009 kam es zu Gesprächen der Abteilung Facility Managent bei SOP mit Vertretern der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR über die Ausgestaltung des Mietvertrages betreffend die von SOP bereits in der B-Straße Nr. 23 genutzten Flächen. Am 7. Juli 2009 fand hierzu ein Gespräch im Bankhaus statt, an dem für dieses u.a. die Zeugen L1 und G4 sowie für die GbR u.a. Z4 und der ZeugeY1 teilnahmen. Dem Zeugen L1 war die schwierige Lage des Bankhauses – insbesondere nach dem X1-Insolvenzantrag – bekannt. Er wusste auch um die Suche nach externen Geldgebern. In dieser Lage bestand in seiner Abteilung die Vorgabe, nur noch marktübliche Mietverträge abzuschließen, um Kosten zu sparen und die Bank „heiratsfähig“ zu machen. Betreffend den in Rede stehenden Mietvertrag über die B-Straße Nr. 23 teilten die Zeugen L1 und G4 in dem Gespräch am 7. Juli 2009 mit, dass ein nur bis zum 31. Dezember 2011 befristetes Mietverhältnis geschlossen werden solle, in dem die Mietfläche nicht auf BGF, sondern auf NGF bezogen sei. Die Miete solle statt 30,00 € / m2 BGF nur 29,25 € / m2 NGF betragen.
1789In der Folge kam es zum Abschluss eines Mietvertrages zwischen der GbR und SOP. Den Vertrag unterzeichneten für die Grundstücksgesellschaft der Angeklagte E am 23. September 2009, für SOP der Angeklagte K am 19. September 2009. Zuvor, am 16. September 2009, hatte auch der Angeklagte J den Abschluss des Mietvertrages freigegeben. Der Angeklagte J war eng in die Vertragsverhandlungen mit der V11 eingebunden und hatte abgeklärt, dass der Vertragsschluss kein Hindernis für deren Einstieg bei SOP darstellte.
1790Der Vetrag sah rückwirkend zum 1. Januar 2009 eine Anmietung der „H11“-Geschosse zwischen dem Sockelgeschoss und dem 4. Obergeschoss (einschließlich) mit Lagerräumen und 20 PKW-Stellplätzen, ab dem 1. Juli 2009 zusätzlich des 7. Obergeschosses von der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR bis zum 31. Dezember 2011 vor. Die Mietflächen waren dabei nicht auf die BGF bezogen, sondern an der NGF orientiert. Die monatliche Gesamtmiete sollte bis zum 30. Juni 2009 82.404,15 €, ab dem 1. Juli 2009 88.751,40 € betragen. Während die Mietflächen im ursprünglichen, von SOP erstellten Vertragsentwurf noch offen ausgewiesen und in einer als Anlage beigefügten Flächenaufstellung näher präzisiert worden waren, waren im letztlich abgeschlossenen Mietvertrag die Angaben zu den Flächen herausgestrichen worden. Größenangaben zu den Flächen enthielt der Vertrag nicht mehr. Hierauf hatte der Angeklagte E erfolgreich hingewirkt.
1791Die Fremdvermietungssituation im „H11“-Gebäude stellte sich zu diesem Zeitpunkt wie folgt dar: Das 5. Obergeschoss war weiterhin an H12 vermietet. Die – ursprünglich zum 30. Juni 2009 endende – Vertragslaufzeit war zwischenzeitlich (am 20. / 24. März 2009) durch eine Vereinbarung mit der GbR Frankfurt B-Straße bis zum 30. Juni 2011 verlängert worden. Der dabei vereinbarte monatliche Mietzins betrug 40,00 € pro Quadratmeter Bürofläche (362,68 m2), 26,30 € pro Quadratmeter anteilige allgemeine Verkehrsfläche (32,14 m2) und 156,00 € pro PKW-Stellplatz (4 Stück). Durch einen Mietvertrag vom 11. März 2009 mit der GbR war seit dem 1. Juni 2009 außerdem nicht mehr das 7., sondern das – von SOP nicht mehr genutzte – 6. Obergeschoss (sowie Lagerräume und Tiefgaragenstellplätze im Untergeschoss) bis zum 31. Mai 2014 an das H14 vermietet worden. Der vereinbarte monatliche Mietzins betrug dabei (ohne Berücksichtigung der Nebenkostenvorauszahlung) 35,00 € pro Quadratmeter Bürofläche (363,00 m2), 7,00 € pro Quadratmeter Lagerfläche (37,00 m2) und 160,00 € pro PKW-Stellplatz (5 Stück).
(13) Die ersten Verkehrswertermittlungen für die Liegenschaft im zweiten Halbjahr 2009
1792Im Rahmen der Sonderprüfung durch H8 (s.o. (10)) stellten deren Wirtschaftsprüfer im August 2009 auch Fragen zum Objekt B-Straße. Sie wollten u.a. die Werthaltigkeit des Buchwertes nachvollziehen. Eine Wertermittlung für die Liegenschaft war bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin nicht vorgenommen worden.
1793Gegenüber dem in die Kommunikation mit H8 eingebundenen Zeugen C6 aus der Abteilung „Strategische Beteiligungen“ von SOP erläuterte der Zeuge L2 auf Nachfrage per E-Mail vom 13. August 2009 zunächst, dass sich die Immobilie im Bau befinde. Die „übliche Vorgehensweise im Kreditbereich“ sei es, dass „erst nach Fertigstellung und gegebenenfalls ausstehender Ausplatzierung unserer Finanzierung ein Beleihungswertgutachten in Auftrag gegeben“ werde.
1794Nachdem dem Zeugen L2 Ende August 2009 durch den Zeugen C6 per E-Mail mitgeteilt worden war, dass der Teil des H8-Berichts zur B-Straße auch wegen fehlender Unterlagen zur Untermauerung der Werthaltigkeit kritisch ausfallen werde – wobei der Zeuge C6 darauf hinwies, dass seiner Abteilung „keinerlei weitere Infos/Unterlagen/Daten etc.“ vorlägen, die diese „zur Untermauerung des Projekts beitragen“ könnte – beschloss der Zeuge L2, einen Mitarbeiter seiner Abteilung, den ZeugenP1, damit zu beauftragen, eine interne Wertermittlung der entstehenden Gesamtliegenschaft nach dem Ertragswertverfahren durchzuführen. Diese Wertermittlung erstellte der ZeugeP1, ein Immobilienökonom, der in der Vergangenheit bereits mehrfach derartige Kurzbewertungen im Wege des sogenannten „Desktop-Research“ für die Abteilung des Zeugen L2 erstellt hatte, binnen eines Tages am 24. September 2009. Im Ergebnis kam er unter Anwendung der Wertermittlungsverordnung zu einem Verkehrswert nach § 194 des Baugesetzbuchs der Gesamtliegenschaft B-Straße 23, 25 / K-Straße 22, 22a im Zustand der fiktiven Fertigstellung von 100.700.000,00 €. Allerdings hatte der Zeuge hierbei fälschlicherweise eine BGF-Fläche von 19.866 m2 als vermietbare Nutzfläche zugrunde gelegt.
1795Auch die V11 nahm die Liegenschaft B-Straße im Rahmen ihrer Due Diligence Prüfung in den Blick. Deren Wertermittlung, die anhand einer Sichtung der im Bankhaus vorliegenden sowie weiterer in T angeforderter Unterlagen durchgeführt wurde, erbrachte einen Verkehrswert der fertiggestellten Gesamtliegenschaft in Höhe von nur rund 50 Mio. €. Dieses Ergebnis wurde in einem Meeting Ende September 2009 u.a. dem Zeugen L2 präsentiert. Dieser zeigte sich von der Abweichung zu dem vom ZeugenP1 ermittelten Verkehrswert überrascht. Er beschloss daher im Oktober 2009, auch mit Blick auf eine Bewertungsnotwendigkeit für den nahenden Jahresabschluss, einen weiteren Mitarbeiter seiner Abteilung, den Zeugen Dr. Q9, mit einer erneuten Bewertung der Liegenschaft zu beauftragen. Dieser war Immobiliensachverständiger und erst im Mai 2009 von einer Tochtergesellschaft von SOP, in der er regelmäßig mit Immobilienbewertungen befasst war, in die Abteilung des Zeugen L2 gewechselt, um diese gerade hierbei zu unterstützen. Der Zeuge Dr. Q9 nahm anhand ihm vom Zeugen L2 überlassener Unterlagen eine indikative Verkehrswertermittlung vor. Unter Anwendung des Ertragswertverfahrens ermittelte er so einen Wert nach § 194 Baugesetzbuch nach Fertigstellung und unterstellter Vollvermietung im Jahr 2012 von 70 bis 80 Mio. €. Dieses Ergebnis teilte er dem Zeugen L2 mit. Beide beschlossen angesichts dieses Ergebnisses, nunmehr einen externen Grundstückssachverständigen mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens zu beauftragen.
1796Dieser Auftrag wurde im November 2009 an den dem Zeugen Dr. Q9 bekannten sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1, einen Grundstückssachverständigen, vergeben. Innerhalb von nur zwei Wochen stellte er sein Gutachten nach Besichtigung der Liegenschaft fertig. Er ging darin der Fragestellung nach, welchen Preis ein potentieller Käufer am 31. Dezember 2011 – also nach Fertigstellung der in Aussicht genommenen Baumaßnahmen – zahlen würde, wenn die Kaufpreisbestimmung am 15. November 2009 erfolgen würde. Den so verstandenen Verkehrswert der Gesamtliegenschaft im Sinne des § 194 Baugesetzbuch bezifferte er unter Ableitung aus dem Ertragswert mit 76,6 Mio. €. Dabei legte der sachverständige Zeuge Prof. Dr. M1 eine instandgesetzte Altbauvilla zugrunde.
(14) Der H8-Bericht
1797In der Zwischenzeit, nämlich am 23. Oktober 2009, war der Bericht zur Prüfung des Geschäftsbetriebes nach § 44 KWG durch H8 fertig gestellt worden. In dessen Teil 2 wurden unter dem Prüfungsschwerpunkt „Risiken aus Großprojekten und Geschäftsbeziehungen“ auch die geschäftlichen Verbindungen des Bankhauses zum Angeklagten E in den Blick genommen. In den zusammenfassenden Prüfungsfeststellungen hieß es hierzu allgemein u.a.:
1798„Zur Analyse der weiteren Geschäftsbeziehungen sind wir von den gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen der Bank zur O-E Gruppe und Herrn E ausgegangen, die nach unseren Erkenntnissen ausgesprochen eng sind. Der Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses, K, ist neben Herrn E und Herrn Z4, Geschäftsführer bei der O-E Holding GbR. Darüber hinaus hat der persönlich haftende Gesellschafter O Geschäftsführertätigkeiten bei den O-E Gesellschaften übernommen. Damit ergibt sich bis auf die Geschäftsführungsebene eine Verbindung dieser Gesellschaften mit dem Bankhaus. Die von der Bank bzw. den O-E-Gesellschaften in der Vermarktungs- und Investitionsphase der Immobiliengroßprojekte jeweils übernommenen Tätigkeiten sind durch diese enge Verflechtung kaum voneinander trennbar. Da in diesen Phasen der wesentliche Teil des Projekterfolges, an dem die Bank nicht beteiligt ist, vereinnahmt wird, bestehen Interessenkonflikte zwischen der Bank und dem (im Wesentlichen über die SOP SCA) am Projekterfolg partizipierenden Aktionärspool. Hierbei erzielte Erfolge fließen dabei nicht der Bank, sondern anteilig mittelbar (insbesondere über die SOP SCA) bzw. unmittelbar dem Aktionärspool sowie den Eheleuten E und Herrn Eg zu. Hierin sehen wir einen potentiellen Interessenkonflikt zwischen den Investoren, der kreditgebenden Bank und den Initiatoren der Immobiliengroßprojekte.“
1799Auch das Projekt B-Straße wurde in diesem Zusammenhang besprochen. Hierzu hieß es:
1800„Nach den uns von der Bank zur Verfügung gestellten Unterlagen zu dem noch in der Bauphase befindlichen Objekt zu 1) hat die Bank von den ursprünglichen Gesellschaftern der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR 94,9 % der Gesellschaftsanteile im Dezember 2008 erworben. Die ursprünglichen Gesellschafter waren A.C12 (50,0 %), B.C12, K, O (jeweils 8,3 %) sowie Frau Ea (5,1 %) und Herr E (20,0 %). Diese Gesellschafter halten nunmehr die restlichen Gesellschaftsanteile von 5,1 %.
1801Bei der Immobilie handelt es sich um das mit Kaufvertrag vom 14. Juni 2007 für EUR Mio. 51,3 erworbene ehemalige Bürogebäude der Q34bank AG, Frankfurt am Main, das umgebaut, saniert und nach Fertigstellung vom Bankhaus selbst genutzt werden soll. In der Beteiligungsvorlage vom 3. Dezember 2008 wurde der Beteiligungserwerb vom Bereich Beteiligungen ablehnend votiert. Zum einen wurde darauf verwiesen, dass hinsichtlich der zu erwartenden Mietrendite keine Informationen zu deren Bewertung vorlagen. Ferner wurde die alleinige Nutzung des Objektes durch die Bank mit Blick auf eine geplante Redimensionierung der Bank als nicht mehr wahrscheinlich eingestuft. Eine echte Drittverwendungsfähigkeit der Flächen wurde daher als unabdingbar eingestuft.
1802Eine Investitionskalkulation zum Objekt wurde uns nicht vorgelegt. Ein separates Controlling der Bautenstandsentwicklung hält die Bank für entbehrlich. Auf Nachfrage wurde uns erläutert, dass bei der Baumaßnahme ein Gebäudekomplex zwischenzeitlich abgerissen wurde und vollständig neu errichtet wird. Wir weisen auf einen durch den Abriss bedingten möglichen Abwertungsbedarf des Objektes hin, dessen Umfang wir jedoch mangels aktueller Bautenstandsberichte nicht abschätzen können.
1803Darüber hinaus zeigt das Objekt B-Straße eine enge Verflechtung mit Firmen der O-E Gruppe auf. Die Geschäftsführung der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR (Herr E) wurde von den Gesellschaftern beauftragt, mit der Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH, T , einen Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag über die Abrissarbeiten und Errichtung eines neuen Bürogebäudes zu einer Vergütung von EUR 58,5 Mio. zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer abzuschließen. Im Dezember 2008 waren davon bereits EUR Mio. 10,0 gezahlt. Weitere EUR Mio. 32,5 sollten nach diesem Auftrag an die Geschäftsführung der Grundstücksgesellschaft als Vorauszahlung ohne Sicherheitsleistung gezahlt werden. Wir merken an, dass die Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH, T , aus der Bürgschaft zur Sicherung eines Bankdarlehens an die Y14 EUR Mio. 75,0 gezahlt hat.“
1804In den zusammenfassenden Prüfungsfeststellungen war hierzu ausgeführt:
1805„Hinsichtlich der Risiken aus Beteiligungen an Immobiliengesellschaften ist ferner auf die hohen Vorauszahlungen an die Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH, T , von EUR Mio. 42,5 ohne Sicherheitsleistungen für die Baumaßnahme an der B-Straße in Frankfurt hinzuweisen. In zeitlicher Nähe hierzu hat die Gesellschaft EUR Mio. 75,0 zur Reduzierung bzw. Begleichung ihrer Bürgschaftsverpflichtung an die Bank gezahlt. Da uns für dieses Objekt keine Gesamtinvestitionsplanung vorgelegt wurde, können wir die Werthaltigkeit der Beteiligung an der GbR B-Straße nicht abschließend beurteilen.“
(15) Die weitere Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA zu den Gesellschafterkrediten bis Oktober 2009
1806Das Thema der Gesellschafterkredite war derweil – im Nachgang des Q41-Sonderberichts hierzu (s.o. (11)) – auch gegenüber der CSSF Kommunikationsgegenstand geblieben. Mit einem Schreiben vom 4. August 2009 hatten die Angeklagten O und J für die SCA nach einem Treffen zu diesem Thema am 23. Juli 2009 auf das Schreiben der CSSF vom 8. Juli 2009 geantwortet. Dem Schreiben war eine Übersicht zur Besicherung der Finanzierungen von Immobilienbeteiligungen der Angeklagten O und K sowie des Zeugen B.C12, der Zeugin Ka sowie des Nachlasses A.C12s beigefügt. Zur Erläuterung wurde in dem Schreiben ausgeführt:
1807„Neben den bereits im Bericht der Q41 dargestellten Sicherheiten, bei denen es sich lediglich um die nach den formalen Vorgaben der Solvabilitätsverordnung (SolvV) zur Eigenkapitalentlastung ansetzbaren Grundschuldteile handelt, haben wir eine wirtschaftliche Betrachtung durchgeführt. Hierzu haben wir die anteiligen Verkehrs- und Beleihungswerte dargestellt, die bei den langfristig finanzierten Immobilienbeteiligungen durchgängig von externen Sachverständigen ermittelt wurden. Für die Objekte mit dem Generalmieter X1 AG wurden Wertabschläge berücksichtigt, die auf unserer Einschätzung zu aktuell erzielbaren Marktmieten beruhen.
1808Darüber hinaus befinden sich zum aktuellen Zeitpunkt Verkehrs-/Beleihungswertgutachten für wesentliche, noch in der Zwischenfinanzierung befindliche Objekte in Erstellung. Vor dem Hintergrund, dass diese Objekte weitgehend fertiggestellt sind und Übergaben an die Mieter bereits erfolgt sind, bzw. kurzfristig erfolgen sowie langfristige Mietverträge vorliegen, gehen wir von einem Wert mindestens in Höhe der Fremdkapitalfinanzierungen aus. Entsprechend haben wir diesen Wert in Ansatz gebracht (höchstens in Höhe der eingetragenen Grundpfandrechte).
1809Die Aufstellung belegt, dass wesentlichen Teilen der von uns herausgelegten Finanzierungen für die Immobilioenbeteiligungen Verkehrswerte entgegenstehen, sodass sich gegenüber der Darstellung der Q41 in Bezug auf die Risikoentlastung gemäß SolvV eine deutliche Relativierung ergibt.“
1810In dem Antwortschreiben der CSSF hierauf vom 21. August 2009 hieß es:
1811„Auf Basis Ihres oben erwähnten Schreibens haben wir Kenntnis genommen von Ihrem Standpunkt, wonach die der KGaA, zur Abdeckung der an die Aktionäre vergebenen Kredite hinsichtlich der langfristig finanzierten Immobilienbeteiligungen zur Verfügung stehenden Sicherheiten, auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtung höher einzuschätzen sind als die von der Q41 in Bezug auf die Risikoentlastung gemäß Solvabilitätsverordnung vorgenommene Darstellung.
1812Doch auch wenn diese wirtschaftliche Betrachtung der zugunsten Ihrer Bank bestehenden Garantien zu einer höheren Einschätzung des Sicherheitenwerts führt, sind laut unseren Berechnungen die von der KGaA im Zusammenhang mit den Immobilienfinanzierungen vergebenen Kredite an die Aktionäre immer noch stark unterdeckt. Außerdem geht aus dem oben erwähnten Bericht hervor, dass Ihrer Bank bezüglich der sogenannten „Sonstigen Finanzierungen“ überhaupt keine Sicherheiten zur Verfügung stehen.
1813Da wir der Auffassung sind, dass in diesem Zusammenhang weiterhin erhebliche Kreditrisiken für Ihre Bank bestehen, bitten wir Sie Ihr Bemühen um weitere Sicherheiten zur Abdeckung der entsprechenden Kredite zu intensifizieren. Außerdem sollte das Bruttoexposure Ihrer Bank auf Basis eines konkreten Rückführungsprogramms in einem angemessenen Zeitfenster entscheidend reduziert werden.“
1814Mit Schreiben vom 15. September 2009 des Angeklagten J und des Zeugen Q3 für die SCA teilten diese der CSSF mit, dass bezüglich der an die Y14 ausgereichten Kredite das Bankhaus „zur Vereinfachung“ deren Ablösung durch die Bürgen anstrebe. Diese sollten hierzu Zahlungen auf ihre Bürgschaftsverpflichtungen leisten. Die Y14 werde hierdurch aus ihrer Zahlungspflicht gegenüber der Bank frei und im Gegenzug ihre Forderungen gegen T3 an die Bürgen abtreten. Da die Bürgen derzeit allerdings nicht über ausreichende liquide Mittel für die Bürgschaftszahlungen verfügten, seien in diesem Zusammenhang seitens der Bank entsprechende Kredite an die Bürgen zur Refinanzierung dieser Zahlungen erforderlich. Die Kreditnehmer und Bürgen würden wiederum ihre Forderungen gegen T3 an die Bank zedieren. Die Forderungsabtretungen seien bankseitig zwar nicht als werthaltige Sicherheit einzustufen. Da das Engagement für Y14 auch bislang aber bereits ausschließlich auf die Bürgschaften abgestellt worden sei, komme es durch die Übertragung der Kredite auf die Bürgen „in Summe“ jedoch nicht zu einer Risikoausweitung für die Bank. Im Gegenteil werde durch das „Herauslösen“ der Y14 die Struktur vereinfacht und ein koordiniertes Vorgehen im Sinne aller Parteien erleichert, was auch die Aussichten für die Rückführung der an die Zeugin T3 ausgereichten Kredite spürbar verbessere. Die SCA bat die CSSF in diesem Schreiben um Zustimmung zu diesem Vorgehen.
1815Mit Schreiben vom 5. Oktober 2009 antwortete die CSSF der Geschäftsleitung der SCA hierauf wie folgt:
1816„Auf Basis Ihres oben erwähnten Schreibens haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Bürgen derzeit nicht über die nötigen liquiden Mittel verfügen um die bestehenden Bürgschaftsverpflichtungen zu erfüllen. Diese Zahlungen sollen nun refinanziert werden durch, von Ihrer Bank an die jeweiligen Bürgen, zu vergebene Kredite.
1817Wir haben ebenfalls Kenntnis genommen von Ihrem Standpunkt, wonach es durch die Übertragung der Kredite auf die Bürgen insgesamt nicht zu einer Risikoausweitung für Ihre Bank kommt, da letztere das Y14-Kreditengagement auch bisher bereits ausschließlich auf die Bürgen abgestellt hat. Des Weiteren haben wir zur Kenntnis genommen, dass Sie sich durch die oben erwähnte Umstrukturierung insbesondere eine spürbare Verbesserung der Aussichten für die Rückführung der direkt an Frau T3 ausgegebenen Kredite, erhoffen. In diesem Zusammenhang bitten Sie um unsere Zustimmung, den Bürgen, welche gleichzeitig auch Aktionäre der O jr. & Cie SCA sind, die im Hinblick auf die oben beschriebene Umstrukturierung notwendigen Kredite, zu gewähren.
1818Wir möchten Sie noch einmal darauf hinweisen, dass wir Sie bezüglich der Kreditvergaben der O jr. & Cie KGaA an die Aktionäre, in unseren Schreiben vom 8. Juli 2009 […] bzw. vom 21. August 2009 […] aufgefordert haben, einerseits, Ihr Bemühen um weitere Sicherheiten zur Abdeckung der entsprechenden Kredite zu verstärken und, andererseits, dafür Sorge zu tragen, dass das Bruttoexposure Ihrer Bank auf Basis eines konkreten Rückführungsprogramms in einem angemessenen Zeitfenster entscheidend reduziert wird. Wir werden Ihnen daher aus prinzipiellen Gründen keine Zustimmung hinsichtlich der geplanten Restrukturierung erteilen.
1819Die Ablösung der entsprechenden Bürgschaftsverpflichtungen durch zusätzliche Kredite an die Aktionäre kann nur unter der Bedingung erfolgen, dass diese Kredite vollständig durch werthaltige Sicherheiten abgedeckt werden. Außerdem müssen diese Kreditvergaben im Einklang mit dem „at arm´s length“-Prinzip stehen.
1820Abschließend möchten wir Sie bitten uns vor der Bereitstellung von eventuellen zusätzlichen Krediten an die Aktionäre konkret darzulegen, wie die oben erwähnten Bedingungen erfüllt sind.“
(16) Die zweite Baugenehmigung
1821Am 22. Oktober 2009 wurde der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR durch die Stadt Frankfurt a.M. die neue Baugenehmigung entsprechend dem Bauantrag aus März 2009 erteilt.
1822Am 25. November 2009 meldete die Stadt Frankfurt a.M., dass die ursprüngliche Baugenehmigung vom 4. Juni 2008 mangels Ausführung des dort genehmigten Bauvorhabens verfallen sei.
(17) Der 3. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag
1823Am 10. November 2009 schlossen der Angeklagte E für die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR und Z4 für die GEWG einen 3. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag vom 27. März 2007. In diesem wurde lediglich präzisierend die Anwendung einer näher bezeichneten DIN-Norm in der Fassung von Dezember 1999 und nicht in der aktuelleren Fassung von September 2008 auf die Planungs- und Bauleistungen vereinbart. Im Übrigen blieb der Vertrag unangetastet.
(18) Das Ausscheiden der Angeklagten J und P aus dem Aktionärs- und Gesellschafterpool und die Übernahme des Bankhauses durch die V11
1824In einer außerordentlichen Sitzung des Aktionärsausschusses vom 4. August 2009, an der alle Mitglieder des Aktionärsausschusses und alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teilnahmen, wurde unter Tagesordnungspunkt 1 über die aktuelle Situation berichtet. Dabei erläuterte der Angeklagte K den Ablauf und die Umstände, die zu einem unverbindlichen Übernahmeangebot der V11 vom 24. Juli 2009 geführt hätten. Der Angeklagte J erläuterte Stand, Hintergrund und im Einzelnen geplante Finanzierungsschritte der geplanten Transaktion anhand der Tischvorlage im Einzelnen. Unter Tagesordnungspunkt 3 erklärte der Angeklagte O – für die Mitglieder des Aktionärsausschusses völlig überraschend –, dass die Angeklagten J und P, die die Verhandlungen mit der V11 federführend führten, noch vor Abschluss der Transaktion mit der V11 sowohl aus dem Gesellschafter-Pool als auch aus dem Aktionärs-Pool ausscheiden wollten. Für diesen Fall war in § 17 des Gesellschafter-Pool-Vertrages vorgesehen, dass ausscheidende persönlich haftende Gesellschafter von den übernehmenden Gesellschaftern eine Abfindung erhielten, der die zu einem vorangegangenen Feststellungszeitpunkt, hier dem 31. Dezember 2008, gegebenen Wertverhältnisse (Bilanzvermögen) zugrunde gelegt wurden. Nach den Ausführungen des Angeklagten O sollte die am nächsten Tag stattfindende Pool-Versammlung darüber beschließen, den persönlich haftenden Gesellschaftern J und P das Ausscheiden aus dem Gesellschafter-Pool und dem Aktionärs-Pool nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen zum 1. Januar 2009 aufgrund der Wertverhältnisse zum 31. Dezember 2008 zu ermöglichen. Die Treuhand-V4 habe auf dieser Grundlage die Abfindungsguthaben berechnet. Die Stellung der Angeklagten J und P als persönlich haftende Gesellschafter sollte bis zum Abschluss der Verkaufsverhandlungen mit der V11 unberührt bleiben.
1825Diese Ankündigung quittierten die Mitglieder des Aktionärsausschusses mit Unverständnis und Verärgerung. Der Vorsitzende des Aktionärsausschusses, der Zeuge Ob, erklärte, dass er „überrascht“ sei, dass die „Kapitäne vorzeitig von Bord gingen“. Über das beabsichtigte Ausscheiden wurde sodann in Abwesenheit der Angeklagten J und P gesprochen. Hier verwies der Angeklagte K auf Vorgespräche vom Vortag und erklärte, dass die persönlich haftenden Gesellschafter sich auf das Ausscheiden geeinigt und die Modalitäten des Ausscheidens einstimmig gut geheißen hätten. Auch der Angeklagte O bat den Aktionärsausschuss um Zustimmung. Die Mitglieder des Aktionärsausschusses äußerten sich im Rahmen der Diskussion kritisch und brachten ihre Enttäuschung zum Ausdruck. Die Angeklagten K und O rieten jedoch dringend, der Forderung Js und Ps zu entsprechen. Diese hätten als Gesellschafter nämlich den Hebel in der Hand, mit einer verweigerten Zustimmung den beabsichtigen Verkauf an die V11 zu Fall zu bringen. Dies hatten die Angeklagten J und P gegenüber den Angeklagten K und O auch deutlich gemacht. Außerdem sollten die Angeklagten J und P, deren Kenntnisse und Wissen für den Erfolg der Verhandlungen mit der V11 aus Sicht der Angeklagten K und O unbedingt notwendig waren, die Verhandlungen mit der V11 verantwortlich weiterführen. Mit Blick auf die wichtige Rolle der Angeklagten J und P bei der Umsetzung des Konzepts und den Vereinbarungen mit der V11 stimmte der Aktionärsausschuss einstimmig für die Empfehlung an die Mitgliederversammlung.
1826In der am 5. August 2009 stattfindenden außerordentlichen Gesellschafterversammlung des Aktionärs-Pools und des Gesellschafter-Pools berichtete der Zeuge Ob unter Tagesordnungspunkt 2 erneut über die aktuelle Situation einschließlich der Stärkung der Bank. Er führte u.a. aus, dass er „den Frust und die Beerdigungsstimmung bei den Mitgliedern des Pools nachfühlen könne“. Er sehe seine Rolle jetzt darin, dafür zu sorgen, dass der Vorschlag der V11 bestmöglich umgesetzt werde. Allerdings müsse festgestellt werden, dass vor dem Hintergrund des zeitlichen Drucks von außen dieses Angebot der einzige Ausweg sei und gegenüber den bisherigen Erwartungen als Erleichterung angesehen werden könne. Unter Tagesordnungspunkt 3 wurde das Ausscheiden der Angeklagten J und P diskutiert, wobei wesentliche Teile des Gesellschafterkreises verärgert waren. Nach erneuter Hervorhebung der besonderen Rolle Js und Ps für die Verhandlungen mit der V11 wurde der Beschluss betreffend das Ausscheiden der beiden Angeklagten von allen Anwesenden unterzeichnet. Das Abfindungsguthaben, das an die Angeklagten J und P ausgezahlt wurde, betrug knapp 13 Millionen € (betreffend den Angeklagten J) und knapp 14 Millionen € (betreffend den Angeklagten P).
1827In der Folgezeit kamen die Verhandlungen mit der V11 über einen Eintritt in das Bankhaus zu einem Abschluss: Am 28. Oktober 2009 schlossen die bisherigen Gesellschafter des Bankhauses mit der V11 eine Rahmenvereinbarung, die den Erwerb sämtlicher Anteile der Bank durch die V11 zum Gegenstand hatte.
1828Die Übernahme erfolgte dabei auf der Ebene der SCA. Ab dem 15. März 2010 hielt die V11 in Erfüllung dieser Rahmenvereinbarung sämtliche Kommanditaktien an der SCA. Im Januar 2010 schieden die Angeklagten J und P, im März 2010 die Angeklagten K und O als persönlich haftende Gesellschafter der SCA aus. Neue persönlich haftende Gesellschafterin der SCA wurde zum 15. Januar 2010 die der V11 zuzurechnende O jr. & Cie. Verwaltungsgesellschaft S.A. (später firmierend als O jr. & Cie. Komplementär S.A.). Der Vorsitzende von deren Verwaltungsrat war Z29.
1829Im Lichte der Rahmenvereinbarung kam es auch zu Umstrukturierungen bei SOP. Bereits durch Beschluss der Hauptversammlung vom 22. Dezember 2009 wurde die O jr. & Cie. Verwaltungs AG (zuvor firmierend als V3 19. VV AG, später firmierend als O jr. & Cie. Komplementär AG) zunächst weitere persönlich haftende Gesellschafterin. Nach dem Ausscheiden der bisherigen persönlich haftenden Gesellschafter – die Angeklagten J und P durch Beschluss der Hauptversammlung im Februar 2010, die Angeklagten K und O durch Beschluss der Hauptversammlung im März 2010 – wurde sie sodann alleinige persönlich haftende Gesellschafterin. Ab dem 31. März 2010 firmierte SOP daraufhin als O jr. & Cie. AG & Co. KGaA. Die O jr. & Cie. Verwaltungs AG war eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von SOP. Deren Vorstände waren zum 22. Dezember 2009 Z29, Z32 und der Zeuge Q3, mit Wirkung zum 12. März 2010 außerdem Z31 und Z30. Diese Herren wurden zu den neuen Geschäftsleitern von SOP bestellt. Alleinkommanditaktionärin blieb die SCA.
1830Bereits nach Abschluss der Rahmenvereinbarung übte die V11 faktisch maßgeblichen Einfluss auf die Geschäfte von SOP aus. Entscheidungen von einiger Tragweite konnten – auch im Bereich des Facility Managements – seit diesem Zeitpunkt nicht mehr ohne Abstimmung mit Vertretern der V11 getroffen werden. Bereits zum 1. Dezember 2009 wurde Z29 zum Generalbevollmächtigten von SOP ernannt.
1831Der Kaufpreis für die Übernahme des Bankhauses durch die V11 wurde durch ein sog. „Earn-Out“-System bestimmt. Danach hing der letztlich zu zahlende Kaufpreis auch von künftigen Entwicklungen ab. Im Grundsatz galt dabei: Eine spätere Verwertung von Vermögensgegenständen, die gegenüber dem betroffenen Buchwert einen Mehrerlös brachte, wirkte kaufpreiserhöhend, ein Mindererlös kaufpreismindernd. Von dieser Regelung waren auch die Anteile des Bankhauses an der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR erfasst.
1832Im Zuge der Übernahme des Bankhauses durch die V11 und der von dieser getroffenen Entscheidung, den Bereich des Investment Bankings durch SOP nicht fortzuführen, wurden noch im Jahr 2009 wesentliche Teile dieses Geschäftsbereichs an die australische Macquarie Group veräußert. Auch hatte die V11 noch vor der Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung deutlich gemacht, dass die OEH aus der Gruppe herausgelöst werden sollte, was in der Folgezeit auch umgesetzt wurde.
(19) Die Diskussionen über den Vollzug der Entscheidungsvorlagen zur Veräußerung von Bankimmobilien und das Bestehen von Abreden über eine Anmietung der Gesamtliegenschaft durch SOP
1833Ab November 2009 kam es zu Diskussionen zwischen dem Angeklagten E und SOP über den Vollzug der Entscheidungsvorlagen vom 26. März 2009, die einen Verkauf verschiedener Immobilien auf provisionspflichtige Vermittlung der JEFP zum Gegenstand hatten (s.o. (9)). Die Angeklagten K und J waren der Auffassung, dass die vom Angeklagten E in Bezug genommenen Entscheidungsvorlagen mittlerweile gegenstandslos geworden seien. Denn es sei allenfalls ein Paketverkauf sämtlicher von diesen Entscheidungsvorlagen erfasster Immobilien bis spätestens zum 30. September 2009 angedacht gewesen. Hierzu sei es nicht gekommen. Außerdem hätten die Entscheidungsvorlagen ohnehin allein der bankinternen Entscheidungsfindung gedient und keine rechtlichen Ansprüche begründet. Diese Auffassung ließen die Angeklagten J und K dem Angeklagten E über die Rechtsabteilung des Bankhauses mitteilen.
1834Ab Dezember 2009 kam es zwischen dem Angeklagten E und SOP zudem zu Diskussionen über das Bestehen mietvertraglicher Abreden über die Gesamtliegenschaft. Anlass hierfür war, dass im Dezember 2009 über ein Maklerunternehmen ein Mietinteressent für die Gebäude B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a an SOP herangetragen wurde. Mit Blick auf die Tatsache, dass die zu vermietenden Gebäude nicht im Eigentum der Bank, sondern der Grundstücksgesellschaft standen, setzten die Zeugen O1 und Dr. Q9 den Angeklagten E als deren Geschäftsführer per E-Mail vom 23. Dezember 2009 über das Mietervermittlungsangebot in Kenntnis und baten ihn um Zustimmung. Hierauf antwortete der Angeklagte E mit Schreiben vom 6. Januar 2010, dass „zwischen der Grundstücksgesellschaft und dem Bankhaus O jr. & Cie. KGaA mietvertragliche Abreden [...] über eine langfristige Anmietung der Gesamtliegenschaft“ bestünden. Die Beauftragung eines Maklerunternehmens zur Eingehung eines Untermietverhältnisses bedürfe nicht der Zustimmung der Grundstücksgesellschaft.
1835Im Bankhaus sorgte dieses Schreiben mit Blick auf den gerade fehlenden Mietvertrag für die Gesamtliegenschaft für Verwunderung. Dies führte letztlich dazu, dass SOP dem Angeklagten E als Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft in einem von den Zeugen Dr. C3 und L1 unterzeichneten Schreiben vom 4. Februar 2010 sowie erneut in einem durch die Zeugen Dr. C3 und L2 unterzeichneten Schreiben vom 13. April 2010 mitteilte, dass dem Bankhaus „keine mietvertraglichen Abreden zwischen der O jr. & Cie. KGaA oder einer anderen Gesellschaft des O-Konzerns und der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR über eine langfristige Anmietung der Gesamtliegenschaft bekannt“ seien. Der abgeschlossene Mietvertrag beziehe sich allein auf Flächen im „H11“-Gebäude und sei bis zum 31. Dezember 2011 befristet.
1836Zum Abschluss eines Mietvertrages über die Gesamtliegenschaft kam es auch in der Folge nicht. Zur Verfolgung von Ausgleichsansprüchen der Grundstücksgesellschaft bzw. einzelner Gesellschafter führte dies zu keinem Zeitpunkt.
1837Zu einer Anmietung der Gebäude B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a durch den an das Bankhaus herangetragenen Mietinteressenten kam es in der Folge schon deshalb nicht, weil dieser sich letztlich für andere Räumlichkeiten entschied.
(20) Die Abschreibung auf die Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2009
1838Das Ergebnis des Wertgutachtens des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1 führte Ende des Jahres 2009 bei SOP zu einer Überprüfung des bilanziellen Wertansatzes der Beteiligung an der GbR Frankfurt B-Straße für den Jahresabschluss 2009. Man entschied sich dafür, diesen am durch den sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1 ermittelten Verkehrswert der Gesamtliegenschaft nach Fertigstellung zum 31. Dezember 2011 (= 76.600.000,00 €) abzüglich der bis dahin noch zu zahlenden Kosten zu orientieren. Dabei ging man von einem in der Abteilung Strategische Beteiligungen allein bekannten und auch in der Beteiligungsvorlage aus Dezember 2008 zugrunde gelegten kalkulierten Gesamtaufwand in Höhe von 130 Millionen € aus, von dem 123.370.000,00 € (= 94,9 %) auf SOP entfielen. Dies hatte durchgerechnet auf die Beteiligung des Bankhauses an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2009 eine Abschreibung auf diese – weiterhin unter der Bilanzposition „Anteile an verbundenen Unternehmen“ ausgewiesene – Beteiligung in Höhe von 50.439.634,09 € zur Folge. Unter Berücksichtigung der Zugänge durch die weiteren Einlagenleistungen bis zum 31. Dezember 2009 führte dies zu einem Nettobuchwert von nunmehr 58.666.895,91 € (Nettobuchwert zum 1. Januar 2009: 100.119.500,00 € zuzüglich Zugängen durch die weiteren Einlagen in Höhe von 8.987.030,00 € abzüglich Abschreibung in Höhe von 50.439.634,09 €).
1839Dieser Ansatz wurde durch die Q41 als Abschlussprüfer nicht beanstandet. Im Allgemeinen Teil des Prüfberichts der Q41 vom 31. März 2010 zum Jahresabschluss zum 31. Dezember 2009 und Lagebericht von SOP hieß es:
1840„Durch das ehemalige Management wurden nach Auffassung der neuen Unternehmensführung unvorteilhafte Verträge für das Bankhaus abgeschlossen. Dies betrifft die Beteiligung des Bankhauses an der Grundstücksgesellschaft B-Straße GbR, die eine im Bau befindliche Immobilie besitzt. Im Berichtsjahr wurde die Immobilie erstmalig bewertet. Zu diesem Zweck wurde ein Bewertungsgutachten durch einen externen Sachverständigen angefertigt. Demnach ermittelt sich für die Immobilie ein Verkehrswert von EUR 76,6 Mio, bei geplanten Anschaffungs- und Herstellungskosten von EUR 130,0 Mio. Durchgerechnet auf die Beteiligung des Bankhauses an der Grundstücksgesellschaft war daher zum Bilanzstichtag eine Abschreibung in Höhe von EUR 50,4 Mio auf den Beteiligungsbuchwert vorzunehmen.“
(21) Die ersten Überlegungen zum weiteren Umgang mit der Liegenschaft nach der Übernahme des Bankhauses durch die V11
1841Nach der formalen Übernahme des Bankhauses durch die V11 setzte diese im Frühjahr des Jahres 2010 ein Projektteam ein, das sich mit dem weiteren Vorgehen betreffend die Liegenschaft in der B-Straße befassen sollte. Es wurde in technischer Hinsicht durch den Zeugen Prof. Dr. J2, in kaufmännischer Hinsicht durch den Zeugen Dr. B2 geleitet.
1842Eine mögliche Unwirksamkeit des Erwerbs der Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße durch SOP wegen Verstoßes gegen § 112 AktG wurde auch durch dieses Team oder andere mit dem Projekt befasste Mitarbeiter des Bankhauses bzw. der V11 nicht als Thema aufgebracht.
1843Zunächst befasste sich das Team mit der Frage, ob hinsichtlich des entstehenden Neubaus (inkl. Altbauvilla) ein eigener Raumbedarf für SOP oder die V11 bestand. Dies wurde nach wenigen Wochen – spätestens bis zum 26. April 2010 – verneint. Daraufhin wurde beschlossen, den Liegenschaftsteil B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a nach Fertigstellung des Neubaus zu veräußern.
1844Nach dieser Grundentscheidung ging das Projektteam daran, den vertraglich zwischen der Grundstücksgesellschaft und der GEWG vereinbarten und sich weiterhin in kontinuierlicher Umsetzung befindlichen Planungsstand mit Blick auf eine Vermarktungsfähigkeit des entstehenden Gebäudes zu analysieren. Erste Vorklärungen hatten ergeben, dass der Standort potentiell für eine Vermarktung bzw. Vermietung an Anwaltskanzleien geeignet wäre, sich hieraus aber möglicherweise baulicher Umplanungsbedarf ergebe. Dies teilte der Zeuge Prof. Dr. J2 in einem Gespräch am 26. April 2010 u.a. Z4 mit. Der Bitte des Zeugen Prof. Dr. J2, den Bauprozess bis zur Klarheit über notwendige Umplanungen zu verlangsamen, begegnete Z4 mit der Aussage, dass die GEWG so lange im Rahmen der bisherigen Zeitpläne weiterbauen werde, bis die GbR als Bauherr formal eine andere Entscheidung treffe und die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Konsequenzen tragen werde.
1845Bis Juni 2010 – der Rohbau befand sich zu dieser Zeit im 2. Obergeschoss – hatte sich ein von der V11 eingesetztes Projektteam erste Klarheit über die aus seiner Sicht für eine Drittvermarktung vorzunehmenden Umplanungen verschafft. Dabei wurde insbesondere das Raumklimakonzept der Büroflächen mit einer Bauteilaktivierung ohne mechanische Be-/Entlüftung bzw. Zusatzkühlung für den Sommerbetrieb als nicht ausreichend, das Haustechnikkonzept als nicht hinreichend flexibel für Nutzersonderanforderungen, die Möglichkeit einer autarken – nicht über die Altbauvilla erfolgenden – Zugänglichkeit zum entstehenden Neubau als erforderlich und die Innenausstattung der Altbauvilla als im aktuellen Zustand für eine hochwertige Vermarktung ungeeignet erachtet. Mit Blick auf die voraussichtliche Nutzung des Gebäudes durch mehrere Nutzer sollte zudem die Realisierung der Kantine und Küche im 5. und 6. Obergeschoss zu Gunsten einer flexiblen Sondernutzung aufgegeben werden.
1846Diese ersten Ergebnisse teilte die V11 Z4 mit und wies darauf hin, dass eine tiefergehende Betrachtung der angesprochenen Themen notwendig sei. Sie bat mit Blick auf die Vermeidung kostenintensiver Rückbaumaßnahmen um einen Baustopp betreffend die Kältetechnik, die Lüftungstechnik und die Außenanlagen.
1847Auf Veranlassung von SOP kam es daraufhin letztlich zu einem Beschluss der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße, dem bis zum 6. Juli 2010 sämtliche Gesellschafter der GbR im schriftlichen Umlaufverfahren zustimmten. Der Beschluss hatte folgenden Wortlaut:
1848„
1849-
1850
1. Der Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR, Herr E, wird nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages angewiesen, die folgenden Rechtsgeschäfte vorzunehmen:
Bestellung von Herrn Prof. J2, Frankfurt am Main, als Vertreter der Grundstückstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR mit der Maßgabe, dass Herr Prof. J2 folgende Aufgaben erledigt (wobei Herr Prof. J2 der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR seine Tätigkeit nicht in Rechnung stellen wird):
1852a) Aufnahme von Verhandlungen mit der Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH, T , über eine Änderung des ´Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrages vom 22.06.2007´ (nachfolgend ´GÜ-Vertrag´) über die Bebauung des Grundbesitzes in Frankfurt am Main Flur xxx Flurstücke xxx, xxx, xxx unter Einbeziehung der Möglichkeiten des § 5 des GÜ-Vertrages (´Leistungsänderung´) mit dem Ziel der Erreichung eines Baustopps und der Neuplanung der Bebauung mit dem Ziel der Verbesserung und Steigerung der flexiblen Nutzungsfähigkeit. Grundlage der Untersuchungen ist insbesondere, aber nicht abschließend, ein Review der aktuellen Planung. Im Rahmen der Planungsüberprüfung sind wesentliche Parameter, wie z.B. Flexibilität, Ausbaugrenzen (z.B. Trennwandsysteme, Beleuchtung, Küche/Kantine), geplanter haustechnischer Gebäudestandard und Möglichkeiten zum ´Upgrade´der Raumklimatisierung kritisch zu hinterfragen. Auf Basis einer technischen Auswertung der Ergebnisse und Erstellung einer Entscheidungsvorlage sind die notwendigen Maßnahmen zu definieren und die Ausführung der betroffenen Bauleistungen bzw. Einzelgewerke anzupassen, ggf. nach Bedarf zu stoppen und neu zu definieren.
1853b) Verhandlungen mit Dritten über die Übernahme eventueller Mehrkosten, so dass den Gesellschaftern der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR keine durch Nachschusspflicht zu deckenden Kosten entstehen (§ 6 Abs. 6 C) aa. des Gesellschaftsvertrages).
1854-
1855
2. Weisung an den Geschäftsführer, Herrn E, die Konditionen, Vertragsgestaltungen und sonstigen Umstände der ausgehandelten Regelungsvorschläge in einer künftigen Gesellschafterversammlung oder in einem weiteren schriftlichen Umlaufverfahren durch Herrn Prof. J2 präsentieren zu lassen, so dass eine Beschlussfassung der Gesellschafter über den Abschluss des Ergänzungsvertrages zu dem Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag vom 22.06.2007 mit der Gebr. Ec Wohnbaugesellschaft mbH, T , erfolgen kann.“
(22) Die weiteren Einlagen von SOP in die GbR bis Oktober 2010 und die Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 30. Juni 2010
1856Derweil war es zu folgenden weiteren Einlagenanforderungen des Angeklagten E für die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR an den Zeugen L2 zum Zwecke der Begleichung der 15. bis 20. Raten an den Generalübernehmer gekommen, woraufhin jeweils auch der auf SOP entfallende Anteil auf das GbR-Konto eingezahlt wurde:
1857
Datum der Einlagenanforderung |
Verwendungszweck der Einlage |
Gesamtbetrag alle Gesellschafter |
Anteil SOP (= 94,9 % des Gesamtbetrages) |
Datum der Zahlung durch SOP |
28. Dezember 2009 |
15. Rate GÜ |
850.000,00 € |
806.650,00 € |
4. Januar 2010 |
27. Januar 2010 |
16. Rate GÜ |
780.000,00 € |
740.220,00 € |
1. Februar 2010 |
24. Februar 2010 |
17. Rate GÜ |
800.000,00 € |
759.200,00 € |
1. März 2010 |
29. März 2010 |
18. Rate GÜ |
810.000,00 € |
768.690,00 € |
1. April 2010 |
28. April 2010 |
19. Rate GÜ |
810.000,00 € |
768.690,00 € |
3. Mai 2010 |
27. Mai 2010 |
20. Rate GÜ |
810.000,00 € |
768.690,00 € |
1. Juni 2010 |
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte SOP somit insgesamt einen Betrag in Höhe von 113.718.670,00 € für die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR aufgewandt.
1859Im Einzeljahresabschluss von SOP für das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2010 erfolgte eine weitere Abschreibung auf die – weiterhin als Anteil an verbundenen Unternehmen bilanzierte – Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR in Höhe von 26.730.365,91 €. Unter Berücksichtigung der Zugänge durch die weiteren Einlagenleistungen bis zum 30. Juni 2010 führte dies zu einem Nettobuchwert von nunmehr 36.548.670,00 € (Nettobuchwert zum 1. Januar 2010: 58.666.895,91 € zuzüglich Zugängen in Höhe von 4.612.140,00 € abzüglich Abschreibung in Höhe von 26.730.365,91 €).
1860Bis Oktober 2010 kam es zu drei weiteren Einlagenanforderungen des Angeklagten E für die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR an den Zeugen L2 für die Begleichung der 21. bis 23. Raten an den Generalübernehmer, woraufhin jeweils auch der auf SOP entfallende Anteil auf das GbR-Konto eingezahlt wurde:
1861
Datum der Einlagenanforderung |
Verwendungszweck der Einlage |
Gesamtbetrag alle Gesellschafter |
Anteil SOP (= 94,9 % des Gesamtbetrages) |
Datum der Zahlung durch SOP |
28. Juni 2010 |
21. Rate GÜ |
830.000,00 € |
787.670,00 € |
1. Juli 2010 |
28. Juli 2010 |
22. Rate GÜ |
810.000,00 € |
768.690,00 € |
2. August 2010 |
27. August 2010 |
23. Rate GÜ |
810.000,00 € |
768.690,00 € |
1. September 2010 |
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte SOP somit insgesamt einen Betrag in Höhe von 116.043.720,00 € für die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR aufgewandt.
(23) Die Konkretisierung der Umplanungen für die Liegenschaft
1863Bis Oktober 2010 verschaffte sich das Bankhaus ein präziseres Bild von den aus seiner Sicht zur Herstellung der Vermarktungsfähigkeit erforderlichen Umplanungen und den hierfür anfallenden Kosten. In der Sitzung des Vorstandes der O jr. & Cie. Komplementär AG und der erweiterten Geschäftsleitung von SOP vom 14. Oktober 2010 wurde dargestellt, dass für SOP zu diesem Zeitpunkt (auf der Grundlage eines kalkulierten Gesamtaufwandes von 130 Mio. € und eines auf SOP entfallenden Anteils hieran von 94,9 % = 123.370.000,00 €) noch eine Resteinzahlungsverpflichtung von rund 7,3 Mio. € bestehe. Gemäß einer Stellungnahme des Zeugen Prof. Dr. J2 müssten aber zusätzlich hierzu unter Heranziehung der mit den Baumaßnahmen bis hierhin befassten Personen und Unternehmen insgesamt ca. 9,4 Mio. € (brutto) in den Liegenschaftsteil B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a investiert werden, um die Liegenschaft (durch die GbR) an einen Endnutzer vermarkten zu können. Hiervon entfielen ca. 5,4 Mio. € auf einen – insbesondere die Klimatechnik betreffenden – „Upgrade“ des Neubaus und ca. 4 Mio. € auf Maßnahmen in der Altbauvilla, die von dem durch die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR eingegangen Vertragswerk bislang gar nicht erfasst war. In der Sitzung beschloss der Vorstand die Freigabe dieser zusätzlichen Investitionen und stimmte einer Mandatsvergabe durch die GbR, eine Sondierung von Vermarktungsmöglichkeiten im vollständig ausgebauten oder aktuellen Zustand der Liegenschaft zu veranlassen, zu.
(24) Die Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2010
1864Im Einzeljahresabschluss von SOP für das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2010 erfolgte eine weitere Abschreibung auf die – weiterhin als Anteil an verbundenen Unternehmen bilanzierte – Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR in Höhe von 2.266.200,00 €. Unter Berücksichtigung der Zugänge durch die weiteren Einlagenleistungen seit dem 1. Juli 2010 bis zum 31. Dezember 2010 führte dies zu einem Nettobuchwert von nunmehr 36.607.520,00 € (Nettobuchwert zum 1. Juli 2010: 36.548.670,00 € zuzüglich Zugängen in Höhe von 2.325.050,00 € abzüglich Abschreibung in Höhe von 2.266.200,00 €).
(25) Die letztlich durchgeführten Umplanungen und die Vermarktung der B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a
1865Zur näheren Analyse der Vermarktungsmöglichkeiten der Liegenschaft wurden Maklerunternehmen eingeschaltet. Diese ermittelten aus ihrer Sicht erzielbare Kaufpreise für unterschiedliche Vermarktungsszenarien. Hinsichtlich des Liegenschaftsteils B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a konkretisierten sich die Überlegungen im Laufe des ersten Halbjahres 2011 auf drei Szenarien: einen Verkauf mit 100 % Leerstand, einen Verkauf mit einem Mietstand von etwa 50 % (verteilt auf ein bis zwei Mieter) oder einen Verkauf mit einem Mietstand von etwa 75 % (verteilt auf drei bis fünf Mieter). Zu diesen Möglichkeiten wurden umfangreiche Vergleichsbetrachtungen angestellt. Letztlich entschied sich SOP aber für die Strategie eines Verkaufs in unvermietetem Zustand. Ausschlaggebend hierfür war die Überlegung, dass eine – durch die Makler auch angesichts des Marktumfeldes als schwierig eingeschätzte – Vermietung vor der Veräußerung erhebliche Investitionen der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR bzw. durch SOP notwendig gemacht hätte. Dies betraf zum einen die erforderlichen Maßnahmen in der Altbauvilla. Zum anderen hätte aber auch der Neubau vor der Vermietung weitgehend benutzfertig eingerichtet werden müssen (Trennwände, Teppiche, Farben etc.). Bei einer Veräußerung in unvermietetem Zustand konnten diese Maßnahmen dem Käufer vorbehalten bleiben und also die Villa in unsaniertem Zustand, der Neubau als „veredelter Rohbau“ veräußert werden. Auch würden so für SOP keine Kosten und Risiken für eine Mieterbeschaffung entstehen. Auf der Grundlage der Daten der Maklerunternehmen schätzte SOP den Vorteil dieser Kostenersparnisse gegenüber den Einbußen am erzielbaren Kaufpreis als höher ein. Die Makler prognostizierten einen erzielbaren Kaufpreis bei einem Verkauf mit 100 % Leerstand in Höhe von rund 40 Mio. €. Außerdem bot die Veräußerung in unvermietetem Zustand den Vorteil, zur Umsatzsteuer optieren zu können und so die gesamte gezahlte Vorsteuer auf die auf den Neubau entfallenden Kosten en bloc erstattet zu bekommen. Soweit eine Vermietung an ein selbst nicht umsatzsteuerpflichtiges Unternehmen, etwa eine Bank, stattgefunden hätte – was angesichts der Lage der Liegenschaft als naheliegend eingeschätzt wurde – hätte diese Möglichkeit nicht bestanden.
1866Mit Blick auf diese Vermarktungsstrategie wurde entschieden, auf bauliche Maßnahmen in der Altbauvilla komplett zu verzichten. Im Neubau K-Straße 22, 22a kam es insbesondere zu einer Verstärkung der klimatechnischen Anlagen, die seitens SOP auch für eine Veräußerung ohne Vermietung als unabdingbar angesehen wurde. Die insbesondere hierfür entstehenden Mehrkosten wurden allerdings teilweise dadurch kompensiert, dass auf andere, vom Leistungsumfang der GEWG bereits umfasste Baumaßnahmen verzichtet wurde. Dies betraf zum einen den Wegfall der Kantine, zum anderen den Verzicht auf bestimmte in den BQA vorgesehene Maßnahmen des Innenausbaus.
1867Letztlich kam es so im Vertragsverhältnis der GEWG zur Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR bis zur Schlussrechnung im November 2012 zu einer Einigung über zu vergütende Mehrleistungen gegenüber dem Leistungsumfang des Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrages in Höhe von netto 4.958.232,02 € und in Ansatz gebrachte Minderleistungen in Höhe von netto 2.359.822,03 €. Unter Berücksichtigung einer Vereinbarung über einen Abzug für Mängel aus Mai 2012 in Höhe von netto 378,15 € führte dies zu einer Gesamtvergütung der GEWG von letztlich netto 61.448.031,84 € (Vergütung gem. 2. Nachtrag aus Dezember 2008: 58.850.000,00 € zuzüglich Mehrleistungen in Höhe von 4.958.232,02 € abzüglich Minderleistungen in Höhe von 2.359.822,03 € abzüglich Mangelvereinbarung in Höhe von 378,15 €). Hieraus ergab sich ein Bruttobetrag in Höhe von 73.123.157,89 €.
1868Bis einschließlich der 23. Rate im September 2010 hatte die GEWG von der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR insgesamt bereits einen Nettobetrag in Höhe von 56.806.250,00 € und somit einen Bruttobetrag von 67.599.437,50 € erhalten. In der Grundstücksgesellschaft hatte man im Januar 2011 beschlossen, dass SOP sämtliche auf die von ihr gewünschten Upgrade-Maßnahmen zurückgehenden Kosten wirtschaftlich zu 100 % (und nicht nur zu 94,9 %) übernehmen würde. Technisch umgesetzt wurde dies dadurch, dass SOP aus solchen Maßnahmen resultierende Forderungen der betroffenen Unternehmen gegenüber der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR – die formal jeweils deren Vertragspartnerin war – zum Nennbetrag von diesen ankaufte und sich abtreten ließ. Gegenüber der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR erklärte SOP den Verzicht auf die Geltendmachung der so erworbenen Forderungen, sofern nicht nach Rückführung der Einlagen der Gesellschafter Liquidität in der Gesellschaft verbleiben würde. Auf diese Weise übernahm SOP von dem nach der 23. Rate noch am Gesamtschlussbetrag in Höhe von brutto 73.123.157,89 € fehlenden Teil (= brutto 5.523.720,39 €) gegenüber der GEWG einen Betrag von insgesamt brutto 4.602.098,57 €. Der übrige Teil (brutto 921.621.82,00 €) wurde als nicht auf durch SOP veranlasste Upgrade-Maßnahmen, sondern auf der Resterfüllung des Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrages in seiner vor Eintritt der V11 vereinbarten Form beruhend nicht durch das Bankhaus, sondern durch die GbR Frankfurt B-Straße an die GEWG gezahlt. Dies geschah aus in der Grundstücksgesellschaft vorhandener Liquidität. Zu einer weiteren Einlagenanforderung an SOP kam es in diesem Zusammenhang nicht.
1869Außer den genannten Beträgen an die GEWG übernahm SOP im Wege des Forderungskaufs vollständig weitere mit den gewünschten Upgrade-Maßnahmen im Zusammenhang stehende Kosten gegenüber anderen von der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR beauftragen Unternehmen in einer Gesamthöhe von brutto 666.891,00 €. Die von SOP für die Upgrade-Maßnahmen vollständig übernommenen Kosten beliefen sich somit auf insgesamt brutto 5.268.989,57 € (4.602.098,57 € an GEWG zuzüglich 666.891,00 € an andere Unternehmen).
1870Insgesamt wandte SOP somit auf die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR in der Erwerbs- und Errichtungsphase einen Betrag in Höhe von (brutto) 121.312.709,50 € auf (Aufwendungen bis September 2010 in Höhe von 116.043.720,00 € zuzüglich Kosten für Upgrade-Maßnahmen in Höhe von 5.268.989,57 €).
1871Im Frühjahr / Sommer 2011 gingen auf eine entsprechende Exposéversendung durch das letztlich mit der Vermarktung beauftragte Maklerunternehmen (V6) hin elf indikative Angebote für den Erwerb des Liegenschaftsteils B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a ein. Die gebotenen Kaufpreise bewegten sich zwischen 35 und 45 Mio. €. Daraufhin wurden denjenigen Bietern, die SOP als besonders zuverlässig einschätzte, präzisere Informationen zu der Liegenschaft, insbesondere auch (mit Blick auf in einem Kaufvertrag abzutretende Gewährleistungsansprüche) der Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag mit der GEWG sowie nähere Unterlagen zum Zustand der Villa zugänglich gemacht. Hierzu gehörten auch Informationen zu Schadstoffbelastungen in der Villa, die ein Gutachten mittlerweile ausgemacht hatte. Hierauf gingen noch fünf verifizierte Angebote ein, deren Kaufpreise jeweils um ca. 3 Mio. € niedriger lagen als zuvor. SOP entschied sich für den Immobilieninvestor DWI Grundbesitz mbH (im Folgenden: DWI) als zuverlässigsten Anbieter.
1872Im August 2011 wurde der Neubau entsprechend den Abreden fertiggestellt und von der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR abgenommen. Im September 2011 nahm die DWI die Due Diligence hinsichtlich des Grundstückskaufs auf. Am 23. November 2011 schlossen die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR – vertreten durch den Zeugen Prof. Dr. J2 - mit der DWI einen Kaufvertrag mit Auflassung über die Grundstücke in der B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a (Flurstücke xxx und xxx). Der Kaufpreis betrug netto 39 Mio. €. Es war bestimmt, dass hiervon 4.350.000,00 € auf die Villa (nur Gebäudeanteil), 13.590.000,00 € auf den Neubau (nur Gebäudeanteil), 6.730.000,00 € auf den der Villa zuzuordnenden Grund und Boden und 14.330.000,00 € auf den dem Neubau zuzuordnenden Grund und Boden entfielen.
1873In dem Kaufvertrag erklärte die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR für den Neubau (nicht auch für die Villa) einschließlich des dazu gehörigen Grund und Bodens gem. § 9 UStG den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9a UStG und optierte insoweit hinsichtlich der Umsätze, die unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen, zur Umsatzsteuer.
1874Im Vorfeld des Kaufvertrages hatten sich die Parteien vom zuständigen Finanzamt eine verbindliche Auskunft dahingehend erteilen lassen, dass es sich nicht um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1a UStG handelte. So führte die gewählte Konstruktion dazu, dass die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR zeitnah im Wege einer Einmalzahlung die auf die Errichtung des Neubaus entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 11.854.052,00 € vom Finanzamt zurückerstattet bekam.
1875Dem Abschluss des Kaufvertrages war ein Beschluss der Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR vorausgegangen, durch den der Zeuge Prof. Dr. J2 zum Vertragsschluss bevollmächtigt worden war. Hierbei hatte es eine Zustimmung von 96,6 % gegeben. Ein Stimmanteil von 0,42 % hatte gegen den Verkauf votiert. Im Übrigen hatte es Enthaltungen gegeben. Die genaue Stimmverteilung konnte in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden.
1876Da die Beteiligung von SOP an der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR Bestandteil der Earn-Out-Konstruktion hinsichtlich des Kaufpreises, den die V11 für die Übernahme des Bankhauses letztlich zu zahlen hatte, war, war der Verkauf eines Teils der Liegenschaft an die DWI auch Gegenstand von Gesprächen im sogenannten „Earn-Out-Ausschuss“. Diesem, im Rahmenvertrag vorgesehenen Ausschuss gehörten betreffend die B-Straße als Vertreter der V11 der Zeuge Dr. B2, als Vertreter der früheren Bankhausgesellschafter der Zeuge Dr. Z7 sowie ein neutrales Mitglied an. Der Zeuge Dr. Z7 war – nach Abstimmung mit den von ihm vertretenen Personen – zwar grundsätzlich mit einem Verkauf des Liegenschaftsteils B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a einverstanden. Die gewählte konkrete Art und Weise fand er jedoch nicht in Ordnung. Er war der Auffassung, dass man für den Liegenschaftsteil einen höheren Ertrag hätte generieren können, wenn man auf den sofortigen Verkauf mit Leerstand zu Gunsten einer späteren Veräußerung nach erfolgter Vermietung verzichtet hätte. Er hatte den Eindruck, dass die V11 primär an einem möglichst schnellen Verkauf zum Zwecke der Eigenkapitalentlastung interessiert gewesen sei. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den ehemaligen Bankgesellschaftern und der V11 führten letztlich dazu, dass das neutrale Ausschussmitglied verbindlich entschied, dass der Veräußerungserlös für die Zwecke des Earn-Outs zu Gunsten der Verkäuferseite (also der ehemaligen Bankgesellschafter) nicht mit nur rund 51 Mio. € (39 Mio. € Kaufpreis zuzüglich ca. 12 Mio. € Umsatzsteuererstattung), sondern mit rund 59 Mio. € anzusetzen war.
(26) Die Bewertung der „H11“ durch H10 im August 2012
1877Im August 2012 beauftragte SOP das Unternehmen H10 GmbH (im Folgenden: JLL) damit, eine Bewertung des (nicht an DWI veräußerten) Liegenschaftsteils B-Straße 23 (Flurstück xxx) für interne Entscheidungs- und Bilanzierungszwecke nach IFRS vorzunehmen. Daraufhin ermittelte JLL am 3. September 2012 einen beizulegenden Zeitwert (Fair Value) dieses Liegenschaftsteils zum Wertermittlungsstichtag 30. September 2012 in Höhe von 16 Mio. €. Als Definition für den Begriff „beizulegenden Zeitwert (Fair Value)“ gab JLL unter Bezugnahme auf den International Accounting Standards Board (IASB) an:
1878„Der Betrag, zu dem ein Vermögensgegenstand verkauft oder eine Verbindlichkeit beglichen werden könnte, in einer Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zum Wertermittlungsstichtag.“
1879Zur Bewertung hatte JLL die „Discounted Cash Flow“-Methode angewandt. Zum Wertermittlungsstichtag waren das (ursprünglich an H12 vermietete) 5. und das (ursprünglich an SOP vermietete) 7. Obergeschoss nicht mehr vermietet. Die von SOP noch genutzten Flächen waren im Rahmen eines unbefristeten Mietvertrages, der monatlich kündbar war, angemietet. JLL ging insoweit nicht von einem kurzfristigen Auszug aus und legte eine Restlaufzeit von 2 Jahre zugrunde. Den Leerstandsanteil der Liegenschaft gab JLL mit 15,9 % an.
(27) Der Widerruf von Willenserklärungen durch den Angeklagten K
1880Mit Schreiben vom 28. Juni 2013 an den Aufsichtsrat von SOP und den Vorstand der O jr. & Cie. Komplementär-AG erklärte der Angeklagte K – erstmals – den Widerruf aller von ihm seit dem Beginn seines Amtes als persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien in seinen eigenen Angelegenheiten und im eigenen Namen gegenüber dem Bankhaus ausdrücklich oder stillschweigend abgegebenen Willenserklärungen. Von diesem Widerruf nahm er bestimmte, in den Schreiben ausdrücklich bezeichnete Willenserklärungen aus. Zur Begründung führte der Angeklagte K aus, „in den letzten Tagen“ erfahren zu haben, dass während seiner Amtszeit als persönlich haftender Gesellschafter von SOP Rechtsgeschäfte zwischen dem Bankhaus und ihm abgeschlossen worden seien, bei denen das Bankhaus entgegen §§ 278 Abs. 3, 112 AktG nicht durch den Aufsichtsrat, sondern durch persönlich haftende Gesellschafter oder Prokuristen, denen die persönlich haftenden Gesellschafter Prokura erteilt hätten, vertreten worden sei. Er fügte klarstellend hinzu, dass er nicht beurteilen könne, ob derartige Rechtsgeschäfte, bei denen das Bankhaus nicht durch seinen Aufsichtsrat vertreten wurde, wegen des „dem Bankhaus unterlaufenden Verstoßes gegen §§ 278 Abs. 3, 112 AktG“ von Anfang an nichtig oder lediglich schwebend unwirksam seien. Im Interesse der Gleichbehandlung seiner Gläubiger sehe er sich veranlasst, alle ihm nur irgend möglichen rechtlichen Schritte zu unternehmen, die geeignet seien, ihn von dem Vorwurf zu entlasten, durch die Unterlassung gebotener Maßnahmen eine Benachteiligung der Gläubiger herbeigeführt zu haben.
1881Als insbesondere von seinem Widerruf erfasst bezeichnete der Angeklagte K ausdrücklich u.a. seine Genehmigungserklärung vom 9. Dezember 2008 zum Anteilsübetragungsvertrag betreffend die GbR Frankfurt B-Straße vom 4. Dezember 2008. Ausdrücklich von seinem Widerruf aus nahm der Angeklagte K hingegen seine Willenserklärungen zur Vereinbarung der Kreditverträge zur anteiligen Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierung der Grundstücksgeselschaft Frankfurt B-Straße GbR.
1882Der Vorsitzende des Aufsichtsrats von SOP, Z33, antwortete dem Angeklagten K mit Schreiben vom 8. August 2013. Hierin führte er u.a. aus:
1883„Das Bankhaus hat – wie Sie auch – diese Verträge in der Vergangenheit als wirksam betrachtet und als wirksam behandelt. Wir sind auch weiterhin der Auffassung, dass diese Verträge wirksam geschlossen wurden.“
1884Soweit der Angeklagte K auch seine Willenserklärungen gerichtet auf die Vereinbarung von Kreditverträgen – unter ausdrücklicher Ausnahme allerdings derjenigen für das Projekt B-Straße – widerrufen hatte, führte der Aufsichtsratsvorsitzende aus:
1885„Der wirksame Abschluss der Kreditverträge einschließlich der in die Verträge einbezogenen Geschäftsbedingungen ergibt sich bereits aus der Ihnen in Ihrer Funktion als langjähriger verantwortlicher Geschäftsleiter des Bankhauses bekannten Einbindung des Kredit- und Prüfungsausschusses, der zulässigerweise für den Aufsichtsrat zu jeder einzelnen Kreditvergabe seine Einwilligung gab. Im Übrigen weisen wir darauf hin, dass die Bearbeitung von Kontosalden, Abhebungen und Einzahlungen, Verrechnungen im Kontokorrent und ähnliche Maßnahmen, die zur Abwicklung der Kontobeziehungen zwischen dem Bankhaus und Ihnen vorgenommen worden sind, als bloße Durchführungshandlungen nur typische und zwangsläufige Folgen der mit dem Bankhaus abgeschlossenen Grundverträge sind und in diesem Zusammenhang schon deshalb eine Zustimmungspflicht des Aufsichtsrates ausscheidet.“
1886Er erklärte in seinem Schreiben weiter, dass SOP, um die vom Angeklagten K aufgebrachten Zweifel über eine Wirksamkeit dieser Verträge auszuräumen, nicht beabsichtige, sich von diesen Verträgen auf Grund der behaupteten mangelhaften Vertretung des Bankhauses bei deren Abschluss zu lösen und die in Rede stehenden Verträge „höchst vorsorglich“ genehmige. In einer Anlage zu diesem Schreiben waren als von dieser Genehmigung ausdrücklich erfasst u.a. die folgenden Verträge bzw. Erklärungen aufgeführt:
1887- Anteilsübertragungsvertrag betreffend die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR vom 04. Dezember 2008
1888- Genehmigungserklärung des Angeklagten J für SOP vom 8. Dezember 2008 hinsichtlich des vorgenannten Anteilsübertragungsvertrages
1889- Kreditverträge zur Vorfinanzierung der Eigen- und Fremkapitalanteile der Angeklagten K und O betreffend die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR vom 6./20. bzw. 22. März 2007
(28) Die Vermarktung der „H11“
1890Mit notariellem Vertrag vom 1. Oktober 2014 veräußerte die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR das Grundstück B-Straße 23 (Flurstück xxx) an die Universal-Investment-Gesellschaft mbH. Die Gesellschafter der GbR hatten dieser Veräußerung zuvor mehrheitlich zugestimmt. Der Kaufpreis betrug 23.750.000,00 €. Dabei gingen die Parteien von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG aus. Der Kaufpreis verstand sich daher ohne Umsatzsteuer. Die Käuferin übernahm die bestehenden Mietverträge. Die aus diesen Mietverträgen geschuldeten Mieten (Nettomieten ohne Umsatzsteuer und ohne Betriebs- und Nebenkosten sowie Vorauszahlungen hierauf) betrugen am Tag der Beurkundung des Kaufvertrages 1.041.424,92 € pro Jahr. Vollständig vermietet war das Bürogebäude zu diesem Zeitpunkt nicht.
1891- F.
1892
KWG-Verstoß
Der Angeklagte E war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der E- Y14 Dienstleistungen GmbH, seit 2005 firmierend als Y14 Dienstleistungen GmbH (im Folgenden stets: Y14; vgl. zu den Gesellschafterverhältnissen oben D., II., (9)). Diese hatte ihren Sitz in T . Weder die Y14 noch der Angeklagte E verfügten über eine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften nach § 32 Kreditwesengesetz (KWG) a.F.. Im Gesellschaftsvertrag der Y14 war in § 2 der Gegenstand des Unternehmens wie folgt beschrieben:
1894„Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Finanzdienstleistungen aller Art, insbesondere Vermittlung von Darlehen.
1895Im Zusammenhang mit Immobilienfonds-Kapitalanlagen und ähnlichen Anlageformen beschränkt sich der Gegenstand des Unternehmens auf die Vermittlung von Eigenkapital-Vorfinanzierungen sowie Zwischenfinanzierungen (Bauzeitfinanzierung) der einzelnen Kapitalanleger, während die Vermittlung von Endfinanzierungen bei solchen Anlageformen nicht zum Unternehmensgegenstand zählt.
1896Tätigkeiten, die nach dem Kreditwesengesetz (KWG) einer Erlaubnis oder Genehmigung bedürfen, zählen nicht zum Unternehmensgegenstand.“
1897Die Y14 vermittelte Vor- bzw. Zwischenfinanzierungen für Zeichner von durch den Angeklagten E konzipierten Immobilienfonds. Weiter erbrachte sie verschiedene andere Dienstleistungen an Kunden des Angeklagten E bzw. Kunden anderer von ihm geführten Gesellschaften. Zwischen 1999 und 2005 trat die Y14 in mehreren Fällen auch selbst als Darlehensgeberin für im Inland ansässige Darlehensnehmer auf. Die jeweiligen Darlehensverträge wurden dabei stets durch den Angeklagten E als Geschäftsführer der Y14 abgeschlossen. Neben der bereits oben (D., II., (9)) beschriebenen Darlehensvergabe an die Zeugin T3 aus dem Jahr 2005 kam es im Einzelnen zu folgenden Gelddarlehensverträgen, deren Summen ausgezahlt wurden:
1898
Nr. |
Darlehensnehmer |
Datum |
Darlehenssumme |
Zinssatz |
Ursprüngliche Laufzeit |
1 |
A10 |
25. November 1999 |
70.000 DM |
5 % p.a. |
31. Dezember 2005 |
2 |
Z5 |
25. Mai / 5. November 1999 |
120.000 DM |
5 % p.a. |
31. Dezember 2010 |
3 |
A11 |
25. Mai 1999 |
100.000 DM |
5 % p.a. |
31. Dezember 2005 |
4 |
A12 |
25. Mai 1999 |
50.000 DM |
5 % p.a. |
31. Dezember 2005 |
5 |
A13 |
25. Mai 1999 |
100.000 DM |
5 % p.a. |
31. Dezember 2005 |
6 |
Familie R2 |
31. Januar / 5. Februar 2000 |
850.000 DM |
5 % p.a. |
31. Dezember 2019 |
7 |
N9 |
8. Mai 2001 |
62.500 DM |
5 % p.a. |
bis Anfall einer Erbschaft eines der Darlehensnehmer |
8 |
N9 |
8. Mai 2001 |
70.000 DM |
5 % p.a. |
wie Nr. 7 |
9 |
N9 |
8. Mai 2001 |
170.000 DM |
5 % p.a. |
wie Nr. 7 |
10 |
I1 |
19. / 21. Februar 2003 |
100.000 € |
5 % p.a. |
31. Dezember 2003 |
11 |
R3 Vermögensver-waltung GmbH |
21. Mai 2003 |
150.000 € |
5 % p.a. |
bis zum Wegfall des Erfordernisses einer gegebenen Rangrücktrittserklärung zur Beseitigung einer Überschuldung |
12 |
R1 GmbH |
10. / 20. Juni 2003 |
150.000 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
13 |
R1 GmbH |
24. / 26. Juni 2003 |
197.000 € |
5 % p.a. |
wie Nr.11 |
14 |
R1 GmbH |
25. Juli 2003 |
151.500 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
15 |
R1 GmbH |
12. August 2003 |
229.600 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
16 |
R1 GmbH |
15. / 23. September 2003 |
170.100 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
17 |
R1 GmbH |
15. Oktober 2003 |
112.700 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
18 |
R1 GmbH |
14. November 2003 |
140.300 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
19 |
R1 GmbH |
15. Dezember 2003 |
72.900 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
20 |
R1 GmbH |
23. / 29. Januar 2004 |
171.500 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
21 |
R1 GmbH |
10. Februar 2004 |
127.800 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
22 |
R1 GmbH |
29. / 31. März 2004 |
118.900 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
23 |
R1 GmbH |
26. / 28. Mai 2004 |
165.100 € |
5 % p.a. |
wie Nr. 11 |
Das Darlehen Nr. 6 stand im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Hausgrundstücks der Familie R2 durch die Eheleute E und sollte den Umzug der Darlehensnehmer, die ursprünglich das erworbene Haus bewohnt hatten, in ein neues Objekt sicherstellen.
1900Die übrigen Darlehen erfolgten im Kontext der Betreuung von Kunden anderer vom Angeklagten E geleiteter Firmen. So wurden die Darlehen Nr. 1 bis 5 auf Bitten des Kunden der E Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (JEVV) A14 gewährt. Die Darlehen Nr. 7 bis 9 und 11 bis 23 erfolgten auf Bitten des Zeugen Dr. N9, der gleichfalls Kunde der JEVV war. I1 (Nr. 10) war ein Geschäftsfreund der (O-)E-Unternehmensgruppe.
1901Die Bedeutung der Erträge aus eigenen Darlehensvergaben für das wirtschaftliche Ergebnis der Y14 nahm mit der Zeit zu. Denn die Zahl von durch den Angeklagten E neu konzipierten und vermarkteten Immobilienfonds ging zurück. Damit einher ging ein Rückgang des Geschäfts der Vermittlung von Vor- bzw. Zwischenfinanzierungen an die Zeichner derartiger Immobilienfonds. Bereits zum 31. Dezember 2003 stellten die Forderungen aus Darlehensgewährungen die wesentliche Vermögensposition der Gesellschaft dar. In den Jahren 2005 und 2006 erwirtschaftete die Y14 keinerlei Erträge aus Finanzierungsvermittlungstätigkeiten betreffend Immobilienfonds mehr.
1902Die Y14 selbst hatte keine Mitarbeiter. Sie griff für ihre Tätigkeiten – soweit erforderlich – gegen Zahlung einer Umlage auf Mitarbeiter anderer durch den Angeklagten E geleiteter Firmen zurück.
1903Die durch den Angeklagten E für die Y14 vorgenommenen Darlehensvergaben erfolgten durchgängig mit Gewinnerzielungsabsicht. Der Angeklagte E hatte bei jeder Darlehensvergabe den Willen, auch zukünftig – soweit dies insbesondere zur Kundenbindung oder „Kundenpflege“ im Rahmen der Tätigkeiten anderer von ihm geleiteter Firmen opportun erschien – Darlehen durch die Y14 zu vergeben. Ihm war bewusst, dass weder er noch die Y14 über eine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften nach § 32 Kreditwesengesetz (KWG) a.F. verfügten. Er erkannte aber die Möglichkeit nicht, dass es für die Gewährung von Darlehen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang gewährt werden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, einer derartigen Erlaubnis bedurfte. Bei Anwendung der nach den Umständen gebotenen und ihm auch persönlich abzuverlangenden Sorgfalt hätte er dies sowie den Umstand, dass das durch die Y14 betriebene Kreditgeschäft dieser Erlaubnispflicht auch unterfiel, aber erkennen können.
1904TEIL 2: Beweiswürdigung
1905Dem Urteil ist keine Verständigung vorausgegangen (§ 257c StPO).
1906Die Kammer hatte den Beteiligten angesichts des Umfangs des Prozessstoffes und der durchgeführten Beweisaufnahme im Jahr 2014 – auch auf Anregungen der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft – in Aussicht gestellt, nach Maßgabe des § 257b StPO den Stand des Verfahrens zu erörtern.
1907An diesem Vorgehen hat sich die Kammer allerdings gehindert gesehen, nachdem die Staatsanwaltschaft in der Sitzung vom 29. Oktober 2014 ihre vorläufige tatsächliche und rechtliche Bewertung der bis dahin verhandelten Vorwürfe vorgetragen und mitgeteilt hatte, innerhalb welcher engeren Strafrahmen sich „die zu verhängenden Strafen bzw. Gesamtstrafen“ nach ihrer vorläufigen Wertung zu bewegen hätten. In der Sitzung vom 4. November 2014 hat die Kammer daraufhin die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen, dass sich angesichts der Ausführungen der Staatsanwaltschaft und der von ihr in Aussicht gestellten Strafen jede Erklärung der Kammer, die sich auf eine Erörterung des Verfahrensstandes beziehe, an den Vorschriften über eine Verständigung im Strafverfahren nach § 257c StPO ausrichten müsse. Die Vorsitzende hat daher die Angeklagten und ihre Verteidiger ausdrücklich gefragt, ob diese auch angesichts dieser rechtlichen Wertung der Kammer weiterhin Interesse an einer vorläufigen Bewertung der Sach- und Rechtslage hätten. Das haben sämtliche Angeklagte und ihre Verteidiger bestätigt. Die Verteidiger der Angeklagten K, O und P haben darüber hinaus für ihre Mandanten um einen Verständigungsvorschlag der Kammer gebeten. Die Verteidiger der Angeklagten J und E haben für ihre Mandanten erklärt, zwar an Ausführungen der Kammer zur vorläufigen Bewertung der Sach- und Rechtslage, nicht aber an einem Verständigungsvorschlag interessiert zu sein
1908Die Kammer hat daraufhin in der Hauptverhandlung vom 29. Januar 2015 nach Maßgabe des Sitzungsprotokolls eine vorläufige Bewertung der Sach- und Rechtslage vorgenommen. In Bezug auf die Angeklagten K, O und P hat sie vorgeschlagen, für den Fall eines Geständnisses bestimmte Strafunter- und –obergrenzen nicht zu unter- bzw. zu überschreiten. Die weitere Sachaufklärung solle auf die Untreuetaten in den Komplexen X1 und B-Straße beschränkt werden. Eine Verständigung ist nicht zustande gekommen.
1909Gegenüber dem Angeklagten E hat die Kammer auf der Grundlage ihrer Ausführungen zur Sache und Rechtslage angeregt, das Verfahren im Komplex B-Straße gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen. Einen Verständigungsvorschlag hat sie ihm gegenüber nicht gemacht.
1910Die Feststellungen beruhen – wie nachstehend bzw. bereits in den Feststellungen im Einzelnen ausgeführt – in weitem Umfang auf in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden. An der Authentizität dieser Urkunden sind – auch soweit es sich in der Regel um den Verfahrensakten entnommene Fotokopien handelte – von keiner Seite Zweifel geäußert worden. Es haben sich nach der Einschätzung der Kammer im Laufe der Hauptverhandlung auch zu keinem Zeitpunkt Zweifel an ihrer Echtheit oder der Übereinstimmung zwischen Kopie und Original ergeben. Zahlreiche Urkunden hat die Kammer Zeugen im Rahmen ihrer Vernehmungen gezeigt. Kein einziger Zeuge hat dabei Zweifel an der Echtheit eines Dokuments geäußert. Vielmehr sind die Urkunden – soweit sie mit ihnen befasst waren – von den Zeugen wiedererkannt und häufig mit ihnen erörtert worden. Gleiches gilt für die Angeklagten K, O und P, die für Fragen der Kammer und damit auch für Erörterungen zu ihnen gezeigten Urkunden zur Verfügung standen. Alle Angeklagten haben zudem in ihren Erklärungen umfangreich selbst auf in die Hauptverhandlung eingeführte Urkunden Bezug genommen, ohne dabei jemals Zweifel an ihrer Authentizität zu äußern. Soweit in Einzelfällen Zweifel an der korrekten Wiedergabe von Inhalten in Urkunden – etwa in vom Angeklagten E verfassten Entscheidungsvorlagen –geäußert worden sind, erfolgt die Auseinandersetzung mit diesem – von der Authentizität der Urkunde zu unterscheidenden – Gesichtspunkt im Rahmen der Beweiswürdigung im jeweiligen Zusammenhang.
1911Die Feststellungen zu den Inhalten der Sitzungen von Bankgremien (einschließlich der Poolversammlungen) beruhen in weiten Teilen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Protokollen zu diesen Sitzungen. Die Kammer hat im Laufe der Hauptverhandlung die sichere Überzeugung gewonnen, dass die Protokolle diese Inhalte durchgängig (jedenfalls sinngemäß) zutreffend und vollständig abbilden. Alle hierzu befragten Teilnehmer derartiger Sitzungen – Zeugen wie Angeklagte – haben ihr Erleben einer gewissenhaften Protokollierung geschildert. Sie haben dabei teils auch auf den – sich auch aus den Protokollen ergebenden – Umstand hingewiesen, dass diese in aller Regel in der Folgesitzung ohne Änderungswünsche genehmigt wurden. Die Kammer hat auch die regelmäßigen Verfasser der Protokolle – die Zeugen Dr. W1 und Dr. T4 – zu deren Erstellung befragt und dadurch den Eindruck einer stets gewissenhaften und vollständigen Protokollierung uneingeschränkt bestätigt gefunden. Zu keinem Zeitpunkt haben sich für die Kammer Anhaltspunkte dafür ergeben, dass gerade in den eingeführten Protokollen, die für das hiesige Verfahren von Bedeutung waren, Unrichtiges oder Unvollständiges niedergelegt worden wäre.
1912- A.
1913
Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten
Die Feststellungen zu den Personen beruhen auf den Angaben der Angeklagten K, O, J, P und E sowie einer in der Hauptverhandlung verlesenen Erklärung der Verteidigung des Angeklagten O zu dessen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden aus dem Selbstlesepaket 14 zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Angeklagten.
1915Die Feststellungen zu den (fehlenden) Vorstrafen der Angeklagten beruhen auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Auszügen aus dem Bundeszentralregister.
1916- B.
1917
Feststellungen zur Struktur des Bankhauses
Die Feststellungen zur Struktur des Bankhauses sowie zur O-E-Gruppe beruhen auf den Angaben der Angeklagten, den hierzu in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden – insbesondere den im Wege des Selbstleseverfahrens und teils auch nach Maßgabe des Sitzungsprotokolls durch Inaugenscheinnahme in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden aus dem Selbstlesepaket 1 sowie weiteren bis zum 18. Hauptverhandlungstag verlesenen Urkunden –, sowie den Angaben insbesondere der Zeugen Dr. T12, N4, Dr. Z7, N3, Oe, Q7, Dr. T4, G2, V2, Dr. W1, T8, N2, Y5, L3 und Q2..
1919Die erhobenen Beweise zur Struktur des Bankhauses, der die Kammer den ersten Teil der Hauptverhandlung (bis zum 18. Hauptverhandlungstag) vollständig gewidmet hat, ergänzen sich mosaikartig nahezu ausnahmslos widerspruchsfrei und lückenlos im Sinne der Feststellungen und fügen sich auch in die Angaben der Angeklagten weitestgehend nahtlos ein.
1920Vor diesem Hintergrund bedürfen lediglich die folgenden Aspekte einer näheren Erörterung, zu denen teilweise auch die Angaben der Angeklagten nicht vollständig übereinstimmend waren:
I. Zuständigkeit für den Geschäftsbereich O-E
1921Die Primärzuständigkeit der Angeklagten K und O für den Geschäftsbereich O-E haben insbesondere die Angeklagten J und P beschrieben. Die Angeklagten O und K haben diesen Umstand, der auch den in die Hauptverhandlung eingeführten Geschäftsverteilungs-Organigrammen aus den Prüfungsberichten der Q41 zu den Jahresabschlüssen von SOP entspricht, bestätigt. So hat der Angeklagte O erläutert, dass seine Zuständigkeit für die „O-E-Investments“ die Kredit- und Kundenbetreuung insbesondere für die O-E-Fonds umfasste und er zwar nicht in das operative Tagesgeschäft, wohl aber – gemeinsam mit den Angeklagten K und E – in die Weiterentwicklung der O-E-Gruppe und ihrer Produkte einbezogen war. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass in Fällen, in denen eine in einen O-E-Fonds eingebrachte Immobilie durch SOP selbst genutzt wurde, die Zuständigkeit seines Bereichs nicht auch Fragen der „Umsetzung am Bauwerk“ oder des „Raumnutzungsprogramms“ umfasst habe. Dies sei Aufgabe des Facility Managements gewesen. Der Angeklagte K hat die Darstellung der Ressortverteilung des Angeklagten P – und damit auch dessen Schilderung, dass die „Organisation und Koordinierung von sog. ´E-Projekten´ den Vertretern der großen Stämme vorbehalten“ gewesen sei – als zutreffend bezeichnet. Er – der Angeklagte K – habe sich „in einem besonders nahen Verhältnis zu dem Bereich O-E-Fonds“ befunden. Hierzu passend hat auch der Angeklagte E erläutert, dass die gelebte Geschäftsbeziehung der E-Gruppe zum Bankhaus über die Angeklagten K und O erfolgt sei, mithin über diejenigen persönlich haftenden Gesellschafter, die auch Organfunktionen in der OEH bzw. den Funktionsträgergesellschaften innehatten. Auch haben sämtliche hierzu in der Hauptverhandlung als Zeugen befragte Mitarbeiter oder Gremienmitglieder des Bankhauses die Zuständigkeit der Angeklagten K und O für den Bereich O-E bestätigt. Prägnant hat etwa die Zeugin N3 (Mitglied im Aktionärsausschuss) erklärt: „Es war klar, dass K und O E machen, das war klar.“ Auch der Zeuge N2, bis zum Jahr 2002 persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses, hat diese Zuständigkeit bereits zu seiner Zeit klar bei den Angeklagten K und O verortet.
1922Die Feststellungen zur Wahrnehmung des Bereichs O-E als Besonderheit innerhalb des Bankhauses werden zunächst vor allem durch die Erklärungen des Angeklagten J getragen. Dieser hat erläutert, dass die durch die Angeklagten K und O übernommenen Organstellungen innerhalb der OEH bzw. ihrer Tochtergesellschaften nicht dem operativen Management – das auch nach den Angaben der Angeklagten K, O und E ganz maßgeblich durch Letzteren wahrgenommen wurde –, sondern der Aufsicht und Kontrolle des gemeinsamen Geschäfts im Interesse der Bank gedient hätten. Deshalb – so der Angeklagte J – habe es „insoweit keiner zusätzlichen Einrichtung aus der Bank heraus bedurft“. Auch ein Ende 2006 im Auftrag der BaFin gem. § 44 KWG erstellte Prüfbericht des Unternehmens H8 über die Geschäftstätigkeiten der in der O-E-Gruppe zusammengefassten Unternehmen sei zu dem Ergebnis gekommen, dass „das Risikomanagement und -controlling bezüglich der O-E-Gruppe bankseitig derzeit noch überwiegend auf Ebene der persönlich haftenden Gesellschafter im Rahmen der Mandatstätigkeit“ erfolgt sei. Obwohl der Angeklagte J diesem Aspekt große Teile seiner ganz zu Beginn des Verfahrens abgegebenen Erklärung gewidmet hat, sind die übrigen angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter dieser Darstellung in ihren nachfolgenden Erklärungen zu keinem Zeitpunkt entgegengetreten.
1923Die hierzu passenden festgestellten Auswirkungen dieser Konstruktion auf die Fachebenen der Bank beruhen auf den glaubhaften Aussagen von Mitarbeitern nicht dem Bereich O-E zugeordneter Fachabteilungen. Den Begriff des „Closed Shop“ hat dabei der Zeuge Dr. T12 – bis zum 1. Juli 2007 Leiter der Abteilung Recht und Steuern bei SOP, danach Leiter derselben Abteilung in der SCA und bis Ende 2008 Mitglied des dortigen Geschäftsführungsausschusses – in die Hauptverhandlung eingeführt. Er hat plastisch beschrieben, dass es im Bankhaus generell einen guten Informationsaustausch und eine gute Kommunikationskultur gegeben habe, „mit einer Ausnahme: O-E.“ Dieser Bereich habe seine rechtlichen und steuerlichen Themen autark bearbeitet. Man habe sich stets gefragt, „warum man die Experten des Hauses, die die anderen großen Bereiche gut meisterten, nicht auch mal in diesen Bereich gucken“ lasse. Das sei aber traditionell – gerade auch zu Lebzeiten Os – so gewesen. Die OEH sei „zwar an der Bank aufgehängt, aber letztlich eine Sache, ein Sonderthema der Familie“ gewesen, „das – sofern aufsichtsrechtlich nicht unbedingt anders erforderlich – auch durch diese gemanaged wurde.“ Der Begriff des „Closed Shop“ beziehe sich dabei auch nur auf die „Familien-phGs“. Der Zeuge V2 – bis zur Konzernverlagerung nach Luxemburg Leiter der Abteilung Finanzen bei SOP, danach in ähnlicher Funktion bei der SCA und zugleich Mitglied des dortigen Geschäftsführungsausschusses – hat ebenfalls seine Wahrnehmungen im Sinne der Feststellungen geschildert. Die ihm zur OEH etwa für die Zwecke des Jahresabschlusses zugänglich gemachten Informationen hätten sich auf das rechtlich erforderliche Mindestmaß beschränkt. Auch im Geschäftsführungsausschuss in Luxemburg seien „E-Themen“ – insb. im Kreditbereich – weitgehend nicht erörtert worden: „Der Bereich E war im Grunde den zuständigen phG zugeordnet. Also K und O. Wir hatten nur Zugang zum Mindestmaß.“ Auch die Zeugin T1 hat von dem in ihrer Abteilung bekannten „Problem“ berichtet, von der für die O-E-Investments zuständigen Abteilung des Zeugen L2 „an Unterlagen zu kommen.“ Die Feststellungen dazu, dass selbst der Abteilung Interne Revision eine nähere Prüfung des Geschäftsbereichs O-E verwehrt wurde, beruhen auf den Angaben des Zeugen Q12, der Gruppenleiter in dieser Abteilung war. Dieser hat den wiederholt geäußerten Wunsch seiner Abteilung nach einer entsprechenden Prüfung geschildert und glaubhaft bekundet, dass dieser Wunsch zuletzt durch den Angeklagten J mit den Worten „Dort ist nichts zu prüfen!“ kommentiert worden sei.
1924Soweit der Angeklagte E in diesem Zusammenhang erklärt hat, den Eindruck des O-E-Bereichs als ein „Closed Shop“ nicht bestätigen zu können, steht dies den getroffenen Feststellungen hierzu nicht entgegen. Denn in die näheren Abläufe zwischen den Fachabteilungen von SOP hatte er – wie er selbst erklärt hat – keinen direkten Einblick.
II. Zuständigkeit für den Bereich Facility Management
1925Den genauen Zeitpunkt des Wechsels der Zuständigkeit für das Facility Management vom Angeklagten J auf den Angeklagten K vermochte die Kammer nicht präziser als in den Feststellungen geschehen aufzuklären.
1926Der Angeklagte J hat sich dahin eingelassen, dass dieser Wechsel im Jahre 2007 erfolgt sei, wobei er sich an den genauen Zeitpunkt nicht mehr erinnere. Der Angeklagte K hat erklärt, dass er zwar zu einem – von ihm nicht näher angegebenen – Zeitpunkt die geschäftsplanmäßige Zuständigkeit für das Facility Management übernommen habe, er aber nicht erinnere, dass dieser Wechsel auch tatsächlich „umgesetzt“ worden sei. Nach seiner Wahrnehmung habe seine Zuständigkeitsübernahme insoweit im Wesentlichen allein die Verantwortung für „geschmackliche Dinge“ betroffen. Dass es entgegen dieser Einlassung tatsächlich zu einem auch strukturell umgesetzten Zuständigkeitswechsel auf den Angeklagten K kam, steht zur Überzeugung der Kammer allerdings vor allem auf Grund der die Einlassung des Angeklagten J insoweit bestätigenden Aussagen der Zeugen L1, M3 und G4 fest. Der Zeuge L1 war in dieser Zeit Leiter der Abteilung Facility Management. Er hat glaubhaft bekundet, dass anfangs der Angeklagte J für das Facility Management zuständig gewesen sei, später dann der Angeklagte K. Mit diesem habe er dann etwa auch sein Jahresgespräch geführt. Der Zeuge hat lediglich darauf verwiesen, dass die Zuständigkeitsgrenzen „in so einem Familienunternehmen immer so ein bisschen fließend“ seien, und er auch nach dem Zuständigkeitswechsel „immer, wenn es um Geld ging“ auch weiterhin mit dem Angeklagten J als „Finanz-phG“ gesprochen habe. Auch die Zeugen M3 und G4 – beide Mitarbeiter des Zeugen L1 – haben einen Zuständigkeitswechsel vom Angeklagten J auf den Angeklagten K glaubhaft bestätigt. Dieser Wechsel wird weiter dadurch bestätigt, dass das in die Hauptverhandlung eingeführte Protokoll der SCA-Geschäftsführungssitzung vom 22. Juli 2008 im Zusammenhang mit der Erörterung eines Bauvorhabens in Luxemburg die Formulierung enthält: „ K weist darauf hin, daß er die Verantwortung für Facility Management übernommen hat und über das Projekt zeitnah informiert werden möchte. Sein Focus wird dabei auf Kostenbewußtsein und angemessene Bauweise gerichtet sein.“
1927Von einem Zuständigkeitswechsel bereits im Jahr 2007 vermochte sich die Kammer indes nicht sicher zu überzeugen. Der Zeuge L1 hat den Zeitpunkt auf 2007 oder 2008 datiert, wobei er 2008 auf wiederholte Nachfrage – allerdings ohne Festlegung – für wahrscheinlicher hielt. Der Zeuge M3 hat zwar erklärt, er meine, dass die Zuständigkeit im Jahr 2007 auf den Angeklagten K übergegangen sei. Auf Nachfrage hat er indes eingeräumt, dass es auch anders gewesen sein könne. Der Zeuge G4 hat eine zeitliche Einordnung gar nicht vornehmen können. Gegen einen Zuständigkeitswechsel bereits im Jahr 2007 spricht dabei, dass ein im Wege des Selbstleseverfahrens und durch Inaugenscheinnahme in die Hauptverhandlung eingeführtes Organigramm, das durch die Q41 als Anlage zu ihrem Prüfungsbericht zum Jahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2007 abgedruckt wurde, die Zuständigkeit für das Facility Management noch beim Angeklagten J verortet. Ein in gleicher Weise in die Hauptverhandlung eingeführtes weiteres im Bankhaus erstelltes Organigramm bestätigt dies sogar noch für den Zeitpunkt 1. April 2008. Erst das wiederum in gleicher Weise in die Hauptverhandlung eingeführte Organigramm, das die Q41 als Anlage zu ihrem Prüfbericht für den Jahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2008 abdruckte, weist den Bereich Facility Management dem Angeklagten K zu.
1928Vor diesem Hintergrund vermochte die Kammer lediglich den frühest- und spätestmöglichen Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels sicher festzustellen. Insoweit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass jedenfalls am 28. Juni 2007 noch der Angeklagte J der für das Facility Management zuständige Partner war. Denn in einem in die Hauptverhandlung eingeführten Brief des Zeugen L1 an den Zeugen T13 vom 28. Juni 2007 spricht ersterer betreffend den Bauantrag für die Liegenschaft in der B-Straße vom nun vorliegenden „Einverständnis von den zuständigen Partnern Facility Management und Investment Banking“. Hierbei nimmt der Zeuge erkennbar Bezug auf die – vom Angeklagten P und durch einen in die Hauptverhandlung eingeführten Vermerk von Z4 vom 27. Juni 2007 bestätigte – Tatsache, dass die Angeklagten J und P kurz zuvor die Bauantragspläne abgezeichnet hatten. Mit dem „zuständigen Partner Facility Management“ kann folglich nur der Angeklagte J gemeint sein.
1929Der spätestmögliche Zeitpunkt für den Zuständigkeitswechsel ist der 22. Juli 2008. Denn an diesem Tag berichtete der Angeklagte K selbst – wie oben erläutert – in der Geschäftsführungssitzung über die von ihm übernommene Verantwortung für das Facility Management.
III. Der EZI-Code zu § 8 der Geschäftsordnung der persönlich haftenden Gesellschafter
1930Die Feststellungen zur Vereinbarung der in die Hauptverhandlung eingeführten EZI-Codes zu § 8 der Geschäftsordnungen der persönlich haftenden Gesellschafter allein zwischen diesen und dem Vorsitzenden sowie (was die Kammer zu Gunsten der Angeklagten zugrunde gelegt hat) dem stellvertretenden Vorsitzenden des Aktionärsausschusses – also jedenfalls ohne Einbeziehung von dessen übrigen Mitgliedern –, beruhen zunächst auf den Angaben des Angeklagten O. Dieser hat erklärt, dass allen Partnern bewusst gewesen sei, dass der EZI-Code beachtet und eingehalten werden musste. Er hat hierzu erläutert, dass der EZI-Code von der Gesamtpartnerschaft (sogar) allein mit dem Vorsitzenden des Aktionärsausschusses beschlossen bzw. auf einer „Unterschriftenseite“ abgezeichnet worden sei. Dem seien Erörterungen mit dem Aktionärsausschussvorsitzenden vorausgegangen.
1931Die übrigen Angeklagten haben sich zu den Verabschiedungsmodalitäten der EZI-Codes nicht ausdrücklich erklärt. Sie haben jedoch die Verbindlichkeit der – in der Hauptverhandlung vielfach erörterten – festgestellten Regelungen der EZI-Codes (wie auch der in die Hauptverhandlung eingeführten Geschäftsordnungen der persönlich haftenden Gesellschafter nebst „IBZED“-Anlagen zu deren § 2) zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, sondern teils selbst auf diese Bezug genommen. Eine Beteiligung des Aktionärsausschusses als Gesamtgremium bei der Verabschiedung der EZI-Codes hat keiner von ihnen behauptet. Die Erklärungen der Angeklagten J, P und auch K weisen vielmehr wiederholt auf die herausgehobene Stellung gerade des Aktionärsausschussvorsitzenden bzw. auch seines Stellvertreters im Gesamtgefüge des Bankhauses hin.
1932Bestätigt werden die Angaben des Angeklagten O im Sinne der Feststellungen insbesondere durch die Aussagen derjenigen Zeugen, die im relevanten Zeitraum Mitglied des Aktionärsausschusses waren. Denn diese haben, soweit sie in der Hauptverhandlung ausgesagt haben – die Zeugen Ob (Aktionärsausschussvorsitzender und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender), B.C12 (Aufsichtsratsvorsitzender und stellvertretender Aktionärsausschussvorsitzender ) und Ka haben von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO Gebrauch gemacht – übereinstimmend und glaubhaft bekundet, dass ihnen der EZI-Code bzw. dessen Regelungen nicht einmal bekannt gewesen seien. Der Zeuge N4 – bereits seit dem Jahr 2000 Mitglied des Aktionärsausschusses – hat etwa erklärt, dass ihm der Begriff EZI-Code nichts sage. Auch sei ihm nicht bekannt gewesen, dass eine Zustimmungspflicht des Aktionärsausschusses oder seines Vorsitzenden für bestimmte Einzelgeschäfte bestanden habe. Der Zeuge Dr. Z7 – bereits seit 1993 Mitglied im Aktionärsausschuss – hat hierzu erklärt: „EZI-Code sagt mir gar nichts. Weiß auch nicht, wer den erstellt hat. Damit haben wir absolut nicht gearbeitet.“ Es sei von den Mitgliedern des Ausschusses lediglich allgemein darauf vertraut worden, dass „besonders gewichtige Geschäfte für die Bank offen gelegt worden wären, ohne dass dies genau definiert gewesen wäre.“ Auch die Zeugin N3 – seit dem Jahr 2000 Mitglied des Aktionärsausschusses – hat auf Vorhalt des Begriffs EZI-Code in der Hauptverhandlung erklärt, diesen „gerade zum ersten Mal“ zu hören. Sie hat sich davon überrascht gezeigt, dass es nach diesem Code Geschäfte gab, über die der Aktionärsausschussvorsitzende informiert werden musste. Als Gremium seien sie hiermit nie befasst worden. Der Zeuge Oe – seit dem Jahr 1997 Mitglied des Aktionärsausschusses – hat hiermit übereinstimmend bekundet, erst etwa im Jahr 2011 – jedenfalls nach seiner Tätigkeit in den Gremien – den Begriff EZI-Code zum ersten Mal gehört zu haben. Vorgelegen habe ein solcher Code dem Aktionärsausschuss nie. Ihm sei bis zum Jahr 2009 auch nicht unabhängig von diesem Begriff bekannt gewesen, dass der Aktionärsausschussvorsitzende bei Überschreiten gewisser Schwellenwerte Geschäften zustimmen musste. Lediglich der Zeuge Q7 – seit dem Jahr 2000 Mitglied des Aktionärsausschusses – hat bekundet, dass ihm der Begriff EZI-Code „etwas sage“. Dessen Inhalt konnte er indes nicht beschreiben. So hat er bekundet zu glauben, dass dieser „irgendwas mit Krediten zu tun“ habe. Auf Nachfrage hat er sodann erklärt, nicht in Erinnerung zu haben, ob es abstrakte Regeln gab, wann der Aktionärsausschuss bzw. dessen Vorsitzender bestimmten Geschäften zustimmen musste. Dies belegt für die Kammer, dass auch dem Zeugen Q7 jedenfalls der Regelungsgehalt des EZI-Codes nicht bekannt war und er also auch nicht an dessen Verabschiedung aktiv beteiligt worden ist.
1933In dieses übereinstimmende Bild fügen sich auch die Aussagen insbesondere der Zeugen Dr. W1, G2, Dr. T4, T8 und N2 ein.
1934Der Zeuge Dr. W1, der seit 1998 bis zum Jahr 2009 als Leiter des Partnersekretariats in der Regel das Protokoll der Aktionärsausschusssitzungen führte, hat – in Übereinstimmung mit den Angaben der Gremienmitglieder selbst – bekundet, sich nicht daran zu erinnern, dass der Begriff EZI-Code oder derjenige seines Vorläufers einmal in einer Sitzung des Aktionärsausschusses gefallen sei. Er hat darauf hingewiesen, dass der Code ursprünglich auf Betreiben von Oc aufgestellt worden sei.
1935Der Zeuge G2 war maßgeblich mit der Erarbeitung der in den Feststellungen genannten Fassungen des EZI-Codes betraut. Er hat bekundet, nicht zu wissen, wer das entsprechende – vor seinem im Jahr 2000 erfolgten Eintritt in das Bankhaus erstellte – ursprüngliche Regelungswerk verabschiedet habe. Der „Überlieferung nach“ habe dieses im Zusammenhang mit dem Ausscheiden Ocs aus dem Kreis der persönlich haftenden Gesellschafter und dessen Übernahme des Vorsitzes im Aktionärsausschuss und im Aufsichtsrat gestanden. Den ursprünglichen Zuschnitt gerade auf die Person Ocs hat der Zeuge G2 dahingehend umschrieben, dass es darum gegangen sei, bestimmte Verantwortlichkeiten aufzuteilen zwischen dem Organ des Aktionärsausschusses – „in persona letztendlich Ocs“ – und den persönlich haftenden Gesellschaftern. Die von ihm – dem Zeugen G2 – überarbeiteten späteren – und für den Tatzeitraum maßgeblichen – EZI-Code-Versionen seien dergestalt verabschiedet worden, dass ein entsprechendes Dokument durch die persönlich haftenden Gesellschafter und den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses unterzeichnet worden sei. Auf optischen Vorhalt eines Dokuments aus dem Jahr 2009, auf dem sich die Unterschriften der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter sowie diejenigen der Zeugen Ob und B.C12 befanden, hat der Zeuge G2 erklärt, dass es sich dabei um eine derartige Unterschriftenseite handele. Über Rückkopplungen der Zeugen Ob und B.C12 mit den übrigen Mitgliedern des Aktionärsausschusses hat der Zeuge keine Auskunft geben können. Dies sei nicht Bestandteil der Diskussionen gewesen, an denen er zugegegen gewesen sei. Es sei immer der Vorsitzende gewesen, der gehandelt habe und der „unser Ansprechpartner und Adressat von Dokumenten“ gewesen sei.
1936Auch der Zeuge Dr. T4, der als Mitglied der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Treuhand V4 seit Jahrzehnten eng in die gesellschaftsrechtliche Beratung des Bankhauses bzw. seiner Gesellschafter involviert war, hat darauf hingewiesen, dass der EZI-Code allein das Verhältnis der persönlich haftenden Gesellschafter zum Aktionärsausschussvorsitzenden im Blick gehabt habe. In welchem Maße sich dieser seinerseits mit dem Ausschuss abgestimmt habe, vermöge er nicht zu sagen. In Gremiensitzungen – an denen der Zeuge teilweise teilnahm - sei dies jedenfalls nicht geschehen. Er – der Zeuge Dr. T4 - könne daher auch nicht mit Sicherheit sagen, ob die Mitglieder des Aktionärsausschusses den EZI-Code kannten.
1937Der Zeuge T8, als Mitarbeiter der Treuhand V4 gleichfalls intensiv mit gesellschaftsrechtlichen Fragen des Bankhauses befasst, hat den Befund, dass die EZI-Codes allein das Verhältnis zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und der Person des Aktionärsausschussvorsitzen regelten, anschaulich wie folgt beschrieben: „Mein Verständnis ist, dass er diese Zustimmungen abgegeben hat qua dieser Codes und nicht in seiner Eigenschaft als Gremienvorsitzender des Aktionärsausschusses.“
1938Der Zeuge N2 hat ebenfalls geschildert, dass – auch bereits zu seiner Zeit als persönlich haftender Gesellschafter (bis 2002) – der EZI-Code (bzw. sein Vorläufer) durch die persönlich haftenden Gesellschafter beschlossen und sodann der Zustimmung durch den Aktionärsausschuss- und Aufsichtsratsvorsitzenden (zur Amtszeit des Zeugen in Personalunion Oc) zugeführt worden sei. Über dessen Rückkopplungen mit den übrigen Gremienmitgliedern hat der Zeuge keine Auskunft geben können. Dies sei „nicht Angelegenheit der persönlich haftenden Gesellschafter“ gewesen. Aus deren Sicht habe der Code allein Einbindungsverpflichtungen gegenüber dem Aktionärsausschussvorsitzenden begründet. Der Zeuge hat zwar erklärt zu glauben, dass die Gesellschafter insoweit die Entscheidungskompetenz an den Vorsitzenden „delegiert“ hätten. Konkrete, den Angaben der Gremienmitglieder zu ihrer Nichtkenntnis des EZI-Codes entgegenstehende Wahrnehmungen zu den Umständen einer solchen „Delegation“ durch das gesamte Gremium hat er allerdings nicht geschildert.
1939Auch der Urkundsbefund steht der festgestellten fehlenden Einbindung der „einfachen“ Mitglieder des Aktionärsausschusses in die Verabschiedung des EZI-Codes nicht entgegen. Die in die Hauptverhandlung eingeführte Ursprungsvereinbarung zu zustimmungspflichtigen Geschäften datiert vom 18. Mai 1993. Ausweislich der Angaben des Zeugen Dr. T4 ist dies der Tag, an dem Oc seine Funktion als persönlich haftender Gesellschafter niederlegte und Vorsitzender des Aktionärsausschusses sowie des Aufsichtsrats wurde. Dies passt zu der durch den Zeugen G2 geschilderten „Überlieferung“, wonach die ursprüngliche Installierung von Zustimmungspflichten gerade im Zusammenhang mit der Person Ocs stand. So hat auch der Zeuge Dr. T4 auf Vorhalt dieser Vereinbarung bekundet: „Seine [Ocs] Vorstellungen haben sicher damit zu tun, dass es dieses Papier gibt.“ Die Vereinbarung ist auch nicht etwa durch alle Aktionärsausschussmitglieder, sondern – neben den seinerzeitigen persönlich haftenden Gesellschaftern – allein durch den damaligen Aktionärsausschussvorsitzenden (wenn auch hier bezeichnet als „Vertreter“ des Aktionärsausschusses) unterzeichnet worden. Auf einen hierzu ergangenen Beschluss des Aktionärsausschusses als Gremium wird hier und auch in sonstigen Urkunden an keiner Stelle Bezug genommen.
IV. Der Ablauf der Gremiensitzungen und die sonstige Einbindung der Gremienmitglieder in das Bankgeschäft
1940Die Feststellungen zum typischen Ablauf der Sitzungen des Aktionärsausschusses sowie der Aufsichtsräte der KGaA und der SCA beruhen vor allem auf den zahlreich in die Hauptverhandlung eingeführten Gremienprotokollen, den im Kern übereinstimmenden Angaben der vernommenen Gremienmitglieder sowie weiterer Personen, die häufig oder jedenfalls manchmal an derartigen Sitzungen teilnahmen, insbesondere der Zeugen Dr. W1, Dr. T4, T8 und (bis 2002) N2.
1941Alle Zeugen haben übereinstimmend geschildert, dass es im Aktionärsausschuss nur äußerst selten zu förmlichen Beschlussfassungen gekommen sei, die Sitzungen vielmehr im Wesentlichen der Information seiner Mitglieder durch die persönlich haftenden Gesellschafter gedient hätten. Insbesondere waren nach den Angaben aller Zeugen – wie festgestellt – einzelne Zustimmungen nach dem EZI-Code oder Berichte über solche Zustimmungen zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Sitzungen. Dies wird durch die eingeführten Protokolle bestätigt.
1942Auch die Beschreibungen insbesondere der Sitzungen des Aktionärsausschusses durch die Angeklagten J und O – die übrigen Angeklagten haben sich hierzu nicht ausdrücklich erklärt – entsprechen dem festgestellten Bild.
1943Der Angeklagte J hat sich allerdings dahin eingelassen, dass die enge Abstimmung von Entscheidungen mit dem Aktionärsausschussvorsitzenden „zugleich“ bedeutet habe, „dass alle Familienstämme mit sämtlichen Aktionären einbezogen waren.“ Dies hat sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Eigene konkrete Wahrnehmungen hierzu hat der Angeklagte J – der für Rückfragen nicht zur Verfügung stand – auch nicht geschildert. Die Beweisaufnahme hat vielmehr erbracht, dass jedenfalls diejenigen Aktionäre, die nicht den beiden größten Familienstämmen angehörten, ihre Informationen nahezu ausschließlich aus den – wie festgestellt abgelaufenen – Gremiensitzungen bezogen und außerhalb dieser Sitzungen keineswegs eng in das operative Bankgeschäft oder Einzelentscheidungen einbezogen wurden. Die – nicht den größten Familienstämmen angehörenden – Zeugen N4, Dr. Z7, N3, Oe und Q7 haben übereinstimmend und glaubhaft erklärt, außerhalb von Sitzungen etwa durch den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses oder persönlich haftende Gesellschafter nicht aktiv in konkrete Bankfragen oder gar Zustimmungserteilungen eingebunden worden zu sein. So hat etwa der Zeuge N4 prägnant bekundet: „Der Informationsfluss fand während der Sitzungen statt. Ansonsten gab es keine zusätzlichen Treffen oder Organisationen oder zusätzlichen Absprachen. Ich selbst bezog mein Wissen nur aus den Sitzungen, insbesondere des Aktionärsausschusses. Ich habe so gut wie nie mit den persönlich haftenden Gesellschaftern gesprochen außerhalb der Sitzungen. Es gab eine Weihnachtsfeier. Dort wurden natürlich auch Bankthemen angesprochen. Wir sollten ja eine große Bankfamilie sein. Es gab da aber keine Tagesordnung. Das waren nur individuelle Gespräche. Ich weiß nicht, ob andere Gremienmitglieder engeren Austausch hatten, ich gehe aber davon aus, die waren ja eine Familie. Die persönlich haftenden Gesellschafter sahen sich regelmäßig, die Mitglieder der einzelnen Familienstämme trafen sich wohl auch regelmäßig. Wäre auch traurig, wenn das nicht so gewesen wäre. Von diesem Informationsfluss waren aber die anderen Aktionäre ausgeschlossen.“ Die Sonderstellung der beiden großen Familienstämme in diesem Zusammenhang hat auch die Zeugin N3 anschaulich beschrieben: „Es war nie so, dass uns der Aktionärsausschussvorsitzende mal angesprochen hätte, die persönlich haftenden Gesellschafter wollen was machen, stimmen wir da zu? So wäre das auch nie gelaufen. Es war immer schon alles mit den zwei großen – also L-Straße und S – abgesprochen.“ Hierzu passend hat auch der Zeuge N2 bekundet: „Die Willensbildung passierte in den beiden Hauptstämmen.“ Und der Zeuge Oe hat zum Informationsfluss bekundet: „Oc war, als er als persönlich haftender Gesellschafter ausgeschieden ist, in Doppelfunktion Vorsitzender des Aktionärsausschusses und des Aufsichtsrats. Er hat die wesentlichen Entscheidungen über seinen Tisch laufen lassen. Aber die anderen wurden davon eigentlich kaum unterrichtet, und schon gar nicht in die Entscheidung involviert. Es war schon viel, wenn man Informationen bekam. In die Entscheidungsfindung waren wir nicht involviert.“ Hieran habe sich nach dem Tod Ocs und der Neubesetzung der Vorsitzendenposten durch die Zeugen Ob und B.C12 „nichts Wesentliches“ geändert.
V. Die Rolle des Aktionärs-Pools für die Hauptversammlung der KGaA
1944Die Feststellungen dazu, dass nach der Konzernverlagerung nach Luxemburg und Gründung des Aktionärs-Pools die Aktionärs-Pool-Versammlung auch die Tagesordnung der Hauptversammlung der KGaA vor deren Stattfinden vorbeschloss, beruhen zunächst auf den Angaben des Angeklagten J, der dies ausdrücklich erklärt hat. Auch der Zeuge Dr. T4 hat dieses Vorgehen beschrieben. Es wird zudem etwa bestätigt durch das auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführte Protokoll der Poolversammlung vom 27. April 2009, in dem Beschlussfassungen betreffend das Abstimmungsverhalten der SCA in der anstehenden ordentlichen Hauptversammlung der KGaA verzeichnet sind. Aus dem ebenfalls auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Protokoll der Sitzung des Aktionärsausschusses vom 20. April 2009 ergibt sich zudem, dass die Beschlüsse der Poolversammlung auf entsprechende Vorschläge des Aktionärsausschusses zurückgehen.
VI. Der Fortbestand des Aktionärsausschusses der KGaA nach der Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg
1945Die Feststellungen zum Fortbestand des Aktionärsausschusses innerhalb der KGaA auch nach der Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg beruhen auf Folgendem:
1946Die in die Hauptverhandlung eingeführten Fassungen der Satzung der KGaA vom 17. Oktober 2007 und vom 25. November 2009 – mithin Zeitpunkten nach der Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg und vor dem gesellschaftsrechtlichen Eintritt der V11 – belegen zunächst, dass die Regelungen zum Aktionärsausschuss unverändert blieben. Dieser wurde also nicht etwa „abgeschafft“. Die Tatsache, dass diese Satzungsfassungen an anderen (für das hiesige Verfahren nicht näher relevanten) Stellen Änderungen enthielten, belegt zugleich, dass es sich bei der Beibehaltung des Aktionärsausschusses als Organ der KGaA um eine bewusste Entscheidung handelte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Situation der Existenz eines Aktionärsausschusses (mit mindestens vier Mitgliedern, § 13 Abs. 1 der Satzung) trotz formaljuristischen Vorhandenseins nur einer Kommanditaktionärin auch bereits vor der Verlagerung nach Luxemburg bestand, für die Struktur des Bankhauses also nicht ungewöhnlich war. Denn ausweislich in die Hauptverhandlung eingeführter Hauptversammlungsprotokolle der KGaA aus der Zeit vor Juli 2007 wurde auch bereits der in der Rechtsform der GbR verfasste Gesellschafterpool als Alleinkommanditaktionärin behandelt, in „deren Vermögen sich sämtliche Namensaktien“ befanden. So heißt es jeweils zu Beginn dieser Protokolle, dass der Versammlungsleiter bzw. der Vorsitzende des Aufsichtsrats „bestätigte, daß die Aktienurkunden der Alleinaktionärin bei der Gesellschaft fristgerecht hinterlegt wurden.“
1947Bestätigt wird der Fortbestand des Aktionärsausschusses der KGaA über den 1. Juli 2007 hinaus auch maßgeblich dadurch, dass in den Hauptversammlungen der KGaA vom 9. April 2008 (für das Geschäftsjahr 2007) sowie vom 28. April 2009 (für das Geschäftsjahr 2008) – deren Protokolle in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind – auch die Entlastung des Aktionärsausschusses der KGaA beschlossen wurde.
1948Bestand der Aktionärsausschuss somit auch über den 1. Juli 2007 hinaus in der KGaA satzungsmäßig fort, impliziert dies zugleich, dass er auch weiterhin die ihm durch die Satzung zugewiesenen Aufgaben (s. insb. §§ 10, 11, 20, 34) wahrnehmen musste. Soweit er dabei – im Sinne der Generalklausel des § 12 Abs. 1 der Satzung – auch „die Kommanditaktionäre“ gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern vertrat, war hiermit fortan lediglich nicht mehr der Gesellschafterpool, sondern die SCA als neue Alleinkommanditaktionärin in Bezug genommen. Diese gesellschaftsrechtliche Einordnung haben insbesondere auch die Zeugen Dr. T4 und T8 ausdrücklich bestätigt. Insbesondere Letzterer hat erläutert, dass die Beibehaltung des Aktionärsausschusses der KGaA „ganz bewusst“ erfolgt sei. Denn es sei aus seiner Sicht rechtlich erforderlich gewesen, dass insbesondere die vertraglichen Beziehungen zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern der KGaA und der KGaA weiterhin durch ein Organ festgelegt würden, das Teil der KGaA war, und nicht durch ein „Drittorgan“, wie es der Aktionärsausschuss der SCA gewesen wäre. Den diesbezüglichen Angaben der beiden Zeugen misst die Kammer auf Grund der Tatsache, dass sie nach allgemeiner – und gerade auch durch die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter hervorgehobener – Auffassung im Bankhaus als die primären Ansprechpartner und Berater in gesellschaftsrechtlichen Fragen des Bankhauses angesehen wurden, besonders hohes Gewicht bei.
1949Der Befund, dass dieser satzungsmäßige Fortbestand des Aktionärsausschusses auch tatsächlich – und zwar in Form fortan stets gemeinschaftlicher Sitzungen der personenidentischen Aktionärsausschüsse der SCA und der KGaA – umgesetzt wurde, ergibt sich zunächst aus den Angaben der Angeklagten J und O.
1950Der Angeklagte J hat in seiner zu Beginn des Verfahrens verlesenen Erklärung ausdrücklich erläutert: „Der bisherige Aktionärsausschuss wurde ab dem 1. Juli 2007 personenidentisch zugleich der Aktionärsausschuss der SCA“. Auch der Angeklagte O hat im Rahmen seiner Befragung zur Struktur der Bank in diesem Zusammenhang erklärt: „Es gab einen Aktionärsausschuss auf Ebene der SCA. Den Aktionärsausschuss auf Ebene der KGaA gab es auch noch. Die Ausschüsse müssen personenidentisch gewesen sein.“ Der Angeklagte O war sich lediglich unsicher, ob es noch separate Sitzungen des Aktionärsausschusses der KGaA gegeben habe. Die Angeklagten P und K haben sich zur Frage des Fortbestandes des Aktionärsausschusses der KGaA nicht ausdrücklich erklärt. Einen – jedenfalls faktischen – Wegfall des Aktionärsausschusses der KGaA haben sie aber zu keinem Zeitpunkt behauptet. Die Verteidigung des Angeklagten P hat vielmehr am 112. Hauptverhandlungstag im Rahmen eines Beweisantrages ein von ihr eingeholtes, von einem Universitätsprofessor verfasstes „Rechtsgutachten“ verlesen. Im Rahmen der Darstellung der „gesellschaftsrechtlichen Struktur und personellen Zusammensetzung der Organe des Bankhauses O jr. & Cie. KGaA im Jahr 2008“ wird darin ausdrücklich auch der Aktionärsausschuss benannt. Auf Nachfrage hat die Verteidigung des Angeklagten P erklärt, dass der im Gutachten geschilderte Sachverhalt derjenige sei, den sie dem Gutachter zur Verfügung gestellt habe. Die Verteidigung mache sich die Überlegungen des Gutachters zu eigen.
1951Eine rein faktische Abschaffung oder Aussetzung eines in der Satzung weiterhin vorgesehenen Gesellschaftsorgans ohne jedweden ausdrücklichen Beschluss hierzu ist für die Kammer auch bereits für sich genommen lebensfremd und kaum vorstellbar.
1952Dass jede Sitzung des Aktionärsausschusses der SCA zugleich eine solche auch des – fortbestehenden – Aktionärsausschusses der KGaA war, haben der Kammer insbesondere wiederum die dies klar bestätigenden Aussagen der Zeugen Dr. T4 und T8 vermittelt. Der Zeuge Dr. T4 hat dies in den von ihm erstellten Protokollen der Aktionärsausschusssitzungen ab Juni 2009 – die auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind – auch dadurch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er diese jeweils wie folgt überschrieben hat (wobei die folgenden Auslassungen lediglich die Bezeichnung als ordentliche oder außerordentliche Sitzung sowie das Datum und den Ort der Sitzung betrifft): „Protokoll über die […] Sitzung des Aktionärsausschusses der Bank O jr. & Cie. SCA am [….] (zugleich Sitzung des Aktionärsausschusses des Bankhauses O jr. & Cie. KGaA)“.
1953Dass diese ausdrückliche Kennzeichnung in in die Hauptverhandlung eingeführten Protokollen zu Sitzungen zwischen Juli 2007 und Juni 2009 nicht vorgenommen wurde – hier wurden die Sitzungen lediglich als solche „des Aktionärsausschusses der Bank O jr. & Cie. SCA“ bezeichnet – steht der Annahme auch deren Doppelcharakters nicht entgegen. Denn diese Protokolle wurden durch den Zeugen Dr. W1 gefertigt. Diesem aber fehlte für diese Frage das Problembewusstsein. Im in die Hauptverhandlung eingeführten Protokoll zur Sitzung des Aktionärsausschusses vom 10. April 2008 etwa vermerkte er (zu einem Punkt betreffend die Besprechung und Verabschiedung der Tagesordnung für die Poolversammlung) ausdrücklich: „Auch hier werden durch den Aktionärsausschuss der KGaA, der mit dem der SCA personenidentisch ist, keine Einwände erhoben, so daß F.C. O feststellt, daß sämtlichen Vorschlägen einstimmig zugestimmt wurde.“ Obwohl es in dieser Sitzung mithin sogar ausdrücklich zu einem Tätigwerden des Ausschusses gerade in seiner Funktion als Aktionärsausschuss der KGaA kam, war das Protokoll gleichwohl lediglich in der geschilderten, allein auf den Ausschuss der SCA Bezug nehmenden Weise überschrieben. In dieses Bild fügt sich ein, dass der Zeuge Dr. W1 in seiner Vernehmung vor der Kammer zu dieser Frage große Unsicherheiten offenbart hat. Zunächst hat er auf Befragen angegeben, dass ab Juli 2007 „der Aktionärsausschuss in gleicher Besetzung und in gleicher Form, nur jetzt nach Luxemburg verlegt, weiter statt“ gefunden habe. Was mit dem Aktionärsausschuss der KGaA geschah und ob es ihn überhaupt noch gab, wisse er nicht mehr. Auf Vorhalt des geschilderten Protokolls zur Sitzung vom 10. April 2008 hat er dann erklärt: „Dann wird es beide Aktionärsausschüsse gegeben haben. Wenn das da so stand, dann gab es beide Aktionärsausschüsse noch, die personenidentisch waren. Es handelte sich also um dieselbe Zusammensetzung. Den Aktionärsausschuss der KGaA gab es also offenbar noch.“ Er habe aus seiner Sicht nur „praktisch keine Rolle mehr“ gespielt. In seiner Gegenwart sei jedenfalls zu keinem Zeitpunkt thematisiert worden, ob man, wenn man in Luxemburg tagte, zugleich auch als Aktionärsausschuss der KGaA tagte.
1954Die hierzu vernommenen Zeugen Dr. T12 und V2, die zunächst ihre Erinnerung dahingehend geschildert haben, dass der Aktionärsausschuss auf Ebene der KGaA weggefallen sei, vermochten sich in dieser Frage letztlich nicht sicher festzulegen. Betreffend den Zeugen Dr. T12 ist diese Unsicherheit ohne weiteres dadurch erklärbar, dass er selbst darauf verwiesen hat, dass alles, „was sich oberhalb der Partner abspielte, also was insbesondere den Aktionärsausschuss, den Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung“ betroffen habe, grundsätzlich nicht über die – von ihm geleitete – Rechtsabteilung gelaufen sei. In diesem Bereich waren vielmehr insbesondere die Treuhand V4 und damit vor allem die Zeugen Dr. T4 und T8 – die wie festgestellt bekundet haben – tätig. Auch der Zeuge V2, der Mitglied des Aufsichtsrats der KGaA war, hatte nach seinen eigenen Bekundungen keine näheren Berührungspunkte mit den Aktionärsausschuss betreffenden Fragestellungen. Der Zeuge G2, der durch seine Befassung mit dem EZI-Code jedenfalls eng in Fragen der Einbindung des Aktionärsausschussvorsitzenden eingebunden war, hat demgegenüber – im Sinne der Feststellungen – bekundet, dass es in seiner Wahrnehmung den Aktionärsausschuss der KGaA auch über den 1. Juli 2007 hinaus weiter gegeben habe.
1955Der festgestellte Doppelcharakter der Sitzungen des Aktionärsausschusses wird für die Kammer auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass deren in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommene Mitglieder ebenfalls Unsicherheiten bei der Einordnung ihres Status offenbart haben. Denn keiner dieser Zeugen hat sich im Verlauf ihrer Vernehmung dahingehend festgelegt, dass es den Aktionärsausschuss der KGaA (entgegen der Satzung) nicht mehr gegeben habe. Auf entsprechendes Befragen haben sie vielmehr die Möglichkeit eingeräumt, dass die Sitzungen des Aktionärsausschusses nach dem 1. Juli 2007 formal gleichzeitig solche des Ausschusses der SCA wie auch der KGaA gewesen sein könnten. Lediglich der Zeuge Q7 hat erklärt, es hätten sogar noch eigenständige Sitzungen des fortbestehenden Aktionärsausschusses der KGaA in Köln stattgefunden. Da Derartiges aber von keinem anderen Zeugen oder Angeklagten geschildert worden ist und auch die Dokumentenlage in keiner Weise auf solch eigenständige Sitzungen hindeutet, geht die Kammer davon aus, dass der Zeuge den Aktionärsausschuss hier mit den Aufsichtsräten der KGaA und der SCA verwechselt hat, deren Mitglied er gleichfalls war. Der Zeuge hat auch selbst eingeräumt, Probleme dabei zu haben, die verschiedenen Gremien auseinanderzuhalten.
1956Es ist in den Vernehmungen der Aktionärsausschussmitglieder insgesamt deutlich geworden, dass diese Zeugen gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen wie der Doppelrolle des Aktionärsausschusses keine besondere Bedeutung beimaßen. Prägnant hat etwa der Zeuge N4 formuliert: „Es ist möglich, dass die Sitzungen des Aktionärsausschusses der SCA zugleich die Sitzungen des Aktionärsausschusses der KGaA sein sollten. Formell kann es so gewesen sein. Für mich war das aber ein- und dasselbe.“ Der Zeuge Dr. Z7 hat hierzu passend erklärt: „Es wurde immer generell erwartet, dass die persönlich haftenden Gesellschafter die Interessen der Aktionäre wahrten, unabhängig davon, unter welchem juristischen Asset das nun geschah. Zwischen SCA und KGaA hat insoweit keiner so genau differenziert.“ Die von den Zeugen geschilderte Wahrnehmung des Ausschusses vor allem als SCA-Organ ist dabei zwanglos (neben der Tatsache, dass es sich bei der SCA nunmehr um die neue Konzernspitze handelte) durch den rein tatsächlichen Umstand zu erklären, dass die Sitzungen ab Juli 2007 (bis zu den „Krisensitzungen“ in Köln ab Juni 2009) nun in Luxemburg stattfanden.
VII. Die Doppelrolle des Aktionärsausschussvorsitzenden nach der Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg
1957Die Feststellungen dazu, dass nach der Konzernverlagerung nach Luxemburg Geschäftsvorfälle, für die nach beiden EZI-Codes ein Zustimmungserfordernis bestand, durch den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses typischerweise auf beiden Ebenen (KGaA und SCA) abgezeichnet wurden, beruhen auf den Angaben der Zeugen Y7, G2, T2 und Y5 (vormals: Weis). Diese waren persönlich in die Prozesse derartiger Zustimmungseinholungen eingebunden und haben übereinstimmend wie festgestellt bekundet. Bestätigt wird diese Praxis auch durch die Abläufe im konkreten Fall der Beteiligungsnahme an der GbR B-Straße.
1958Die Zeugen G2, Y5 und Y7 haben der Kammer auch die festgestellten regelmäßigen Abläufe vermittelt, die der Unterzeichnung entsprechender Vorlagen durch den Zeugen Ob vorausgingen.
VIII. Die Struktur der O-E-Gruppe und die Funktionsweise der O-E-Fonds
1959Die Feststellungen zur Struktur der O-E-Gruppe beruhen auf den Angaben der Angeklagten, die ergänzt und bestätigt werden durch die hierzu in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden aus dem Selbstlesepaket 1, die teils auch in Augenschein genommen worden sind. Ergänzende Angaben im Sinne der Feststellungen haben auch die Zeugen Dr. T4 und Dr. T12 gemacht. Diese haben insbesondere auch beide auf aufsichtsrechtliche Hintergründe für die „Umhängung“ der OEH-Beteiligung hingewiesen, wobei der Zeuge Dr. T12 auf die festgestellten Bedenken an der unbeschränkten Haftung der KGaA hingewiesen hat.
1960Die Feststellungen zur Funktionsweise der O-E-Fonds beruhen maßgeblich auf den Angaben des Angeklagten E. Ergänzend haben insbesondere die in die Hauptverhandlung eingeführten Darlegungen des H8-Prüfberichts nach § 44 KWG über die Geschäftstätigkeiten der O-E-Gruppe aus dem Jahr 2006, des Berichts der Q41 aus dem Jahr 2009 über die Kreditvergaben des Bankhauses an deren Gesellschafter sowie die Aussagen der Zeugen L2 und N2 – die jeweils detailreiche Angaben hierzu gemacht haben - der Kammer den grundsätzlichen Ablauf der O-E-Immobilienprojekte vermittelt.
1961- C.
1962
Feststellungen zum Komplex X1
Soweit die Kammer die Angaben des Angeklagten E zu den Geschehnissen im Kompex X1 berücksichtigt hat, hat sich die Kammer zum einen bewusst gemacht, dass der Angeklagte E im Komplex X1 nicht angeklagt ist, er als (Mit-)Angeklagter aber gleichwohl das Recht hatte, jegliche Angabe zur Sache zu verweigern. Andererseits hat sie nicht aus dem Blick verloren, dass seine Einlassung zum Komplex X1 im Zusammenhang mit den Lebenssachverhalten um den Y14-Kredit stand. In Bezug auf die letztgenannten musste sich der Angeklagte E jedenfalls gegen den Vorwurf verteidigen, gegen das KWG verstoßen zu haben.
I. Einlassungen der Angeklagten
(1) Das Einlassungsverhalten
1964Die Angeklagten haben in unterschiedlichem Umfang zu den Tatvorwürfen jeweils schriftlich vorbereitete Erklärungen verlesen bzw. in ihrem Namen durch ihre Verteidiger verlesen lassen. Ferner haben sie sich – mit Ausnahme des Angeklagten J – umfassend zu den Vorwürfen persönlich befragen lassen. Dabei hat sich der Angeklagte P durch sämtliche Verfahrensbeteiligte unmittelbar befragen lassen. Die Angeklagten K und O hatten zwar erklärt, sich allein durch die Kammer und die Staatsanwaltschaft persönlich befragen zu lassen. Sie haben aber – da die Vorsitzende die von den Verteidigern angeregten Fragen nahezu ausnahmslos übernommen und gestellt hat – auch die Fragen anderer Verfahrensbeteiligter im Ergebnis persönlich beantwortet.
1965Der Angeklagte J hat es abgelehnt, ergänzende Fragen zu beantworten und zwar unabhängig davon, ob sie von der Kammer oder anderen Verfahrensbeteiligten gestellt werden sollten. Er hat lediglich am 6. Mai 2015 auf Vorhalt von Einträgen in seinem Outlook-Kalender kurze Angaben zu seinen Terminen am Donnerstag und Freitag, den 25. und 26. September 2008, gemacht. Außerdem hat er sich im Rahmen der Beweisaufnahme zu dem am Sonntag, den 28. September 2008, geführten Telefax-Verkehr zwischen ihm und dem Zeugen Dr. N9 zu seinem privaten Faxanschluss geäußert.
1966Die Angeklagten haben sich nach diesen Maßgaben zu den Geschehnissen insgesamt wie folgt eingelassen:
(2) Angeklagter K
1967Der Angeklagte K hat die Tatvorwürfe vollumfänglich eingeräumt.
1968Er hat sich dahin eingelassen, die Beziehung der Bank zur Zeugin T3 reiche bis zu Beginn der 2000er Jahre zurück. Der Angeklagte E sei gegenüber der Bank als Bevollmächtigter der Zeugin aufgetreten. Sie habe dem Angeklagten E ihre Gesamtvermögensverwaltung übertragen.
1969Der Y14-Kredit habe dem Erwerb weiterer X1-Aktien durch die Zeugin T3 gedient. Das sei allen Partnern bekannt gewesen. Sämtliche Partner hätten auch von den Bürgschaften gewusst. Mit Ausnahme des Angeklagten P hätten auch alle Partner von Anfang an nicht nur von der Gesellschafterstruktur der Y14, sondern auch von derjenigen der H9 AG gewusst. Ob und wann der Angeklagte P gewusst habe, wer die Eigentümer der H9 AG gewesen seien, wisse er nicht sicher.
1970Tatsächlich sei das Y14-Engagement gegenüber den Aufsichten „nicht offen kommuniziert“ worden. Es habe aber ein Rechtsgutachten vorgelegen, das besondere Meldepflichten verneint habe.
1971Das Bankhaus habe den Kursverlauf der X1-Aktien in der Zeit nach 2005 durchgehend beobachtet, weil die Aktien als Sicherheit für die Kreditengagements der Zeugin T3 und ihrer Firmen gedient hätten. Der erhebliche Kursverfall ab 2007 sei verschiedentlich Gegenstand von Besprechungen in der Partnerschaft gewesen. Über den Angeklagten E habe er vom Zeugen Dr. N9 im Juli 2008 eine Bestätigung erhalten, wonach der X1-Konzern ein adjustiertes, operatives EBITDA in Höhe von rund 830 Millionen € für das Geschäftsjahr 2007/2008 ausweisen sollte. Daraus habe er den Schluss gezogen, der Konzern sei jedenfalls im Kern nicht gefährdet.
1972Ende August bzw. Anfang September 2008 habe es Gespräche mit dem Angeklagten E und dem Zeugen Dr. N9 über die wirtschaftliche Situation der X1 AG gegeben. Darin sei ihm der Eindruck vermittelt worden, der Aktienkurs spiegele den tatsächlichen Wert und die Chancen des Unternehmens auf eine positive Entwicklung nicht wider. Das sei auch durch öffentlich zugängliche Analystenreports bestätigt worden. Er, der Angeklagte K, sei zu dieser Zeit von einem nur kurzfristigen Kursverlust der Aktien der X1 AG ausgegangen. Andererseits sei offensichtlich gewesen, dass sich der Konzern in einer Krise befunden habe, die weitreichende Sanierungsmaßnahmen erfordert hätten. Das Ausmaß der Krise habe der Angeklagte K zu dieser Zeit aber noch nicht für existenzbedrohend gehalten. Ihm sei von verschiedenen möglichen Maßnahmen („Einwerbung von EC als Investor und industrieller Partner und anderes mehr“) sowie davon berichtet worden, dass der Angeklagte E bereits Verhandlungen darüber führe. Nähere Informationen oder Nachweise über den Planungsstand und die exakten Aussichten dieser strategischen Überlegungen habe er nicht erhalten oder gekannt. Seine einzigen Erkenntnisquellen seien die Gespräche mit dem Angeklagten E und dem Zeugen Dr. N9 gewesen.
1973Durch die „Lehmann-Pleite“ Mitte September 2008 habe die Bankwelt unter Schock gestanden. Das Weltfinanzsystem habe auf dem Spiel gestanden, ohne dass auf Erfahrungswerte zur Bewältigung dieser Krise hätte zurückgegriffen werden können. Das Verhalten anderer Banken sei für SOP nur schwer und bisweilen gar nicht vorhersehbar gewesen.
1974Wenige Tage nach der „Lehmann-Pleite“ habe es Gespräche in wechselnder Besetzung mit dem Zeugen Dr. N9 sowie den Angeklagten J, O und E gegeben. Gegenstand der Gespräche sei eine bedrohliche Finanzierungslücke bei der X1 AG in der Größenordnung von rund 45 Millionen € gewesen. Der Zeuge Dr. N9 habe berichtet, die X10 weigere sich, an der notwendigen Erhöhung des Konsortialkredits mitzuwirken. Als Ergebnis der Gespräche sei der Zeuge L2 am 23. September 2008 oder kurz zuvor beauftragt worden, die grundsätzliche Bereitschaft von SOP zu erklären, der Zeugin T3 einen persönlichen Kredit über 45 Millionen € einzuräumen. Dafür habe die Zeugin T3 persönlich haften und bankübliche Sicherheiten stellen sollen. Das Schreiben müsse der Zeuge L2 mit dem Angeklagten J abgestimmt haben. Für das Schreiben habe der Zeuge L2 nämlich das „Ok“ des Risiko-Managers, des Angeklagten J, benötigt.
1975Am 24. September 2008 habe eine Besprechung zwischen den Angeklagten K und E mit dem Zeugen Dr. N9 im Bankhaus stattgefunden. Dabei habe der Zeuge Dr. N9 von einer dramatischen Verschärfung der Lage bei X1 berichtet. Die Notwendigkeit, die Kreditlücke zu schließen, sei dringlicher geworden. Es sei unsicher gewesen, ob die Konsorten weiterhin zur Verfügung stehen würden. Grund dafür sei nach den Angaben Dr. N9s die ablehnende Haltung der X10 gewesen. Der Angeklagte E habe erklärt, die Zeugin T3 könne keine weiteren Kreditmittel mehr aufnehmen, um die Finanzierungslücke bei X1 zu schließen. Wörtlich habe E gesagt: „Die kann keinen Kredit mehr vertragen.“
1976Der Zeuge Dr. N9 habe weiter berichtet, die Q41 habe die „Überlebensfähigkeit“ des Unternehmens bestätigt. Auch Z35 habe eine positive Zukunftsprognose gestellt. Ähnlich habe sich auch der mit K langjährig befreundete Zeuge M12 in verschiedenen Gesprächen geäußert. Bei einem Treffen in Frankfurt habe der Zeuge M12 am 25. September 2008 erklärt, die Konsorten würden den Kreditanteil der X10 in keinem Fall übernehmen und bereiteten sich bereits auf eine Insolvenz der X1 AG vor. Sie, die Konsorten, seien ausreichend besichert und würden eine Pleite der X1 schadlos überstehen. Diese Aussage M12s habe ihn sehr beunruhigt. Der Zeuge M12 habe sich ihm gegenüber auch „nicht sehr positiv“ über den Zeugen Dr. N9 und das Einhalten von Plänen durch diesen und X1 geäußert. Es könne sein, dass M12 ihm bei dieser Gelegenheit gesagt habe: „Ihr habt so viel im Feuer! Ihr müsst einspringen!“
1977Am Abend des 25. September 2008, dem Geburtstag des Angeklagten O, habe ein mehrstündiges Gespräch im Privathaus des Angeklagten K stattgefunden. An diesem hätten der Angeklagte O und der Angeklagte J teilgenommen. Ob der Angeklagte E persönlich anwesend gewesen sei, wisse er nicht mehr. In einer späteren Befragung hat er angegeben, der Angeklagte E habe mit ihm an diesem Tag telefoniert und ihn vom Ergebnis eines Gesprächs mit der Zeugin T3 über das Nachbesicherungsverlangen der Bank unterrichtet.
1978Dreh- und Angelpunkt der Besprechung mit O und J seien die drohende Insolvenz der X1 AG und ihre Auswirkungen auf die Bank gewesen. Die Kredite an die Zeugin T3 wären bei der Insolvenz der X1 AG und dem Kursverfall der X1-Aktien fast völlig ungesichert gewesen. Der Zeugin T3 selbst würde möglicherweise der Vermögensverfall drohen. Bereits früher sei in der Partnerschaft die Frage aufgekommen, wie reich die Zeugin T3 wirklich sei. 60 bis 70 der besten Bankkunden seien mit knapp 600 Millionen € für Immobilien-Fonds eingeworben worden, deren Mieterin die X1 AG gewesen sei. Außerdem seien die Y14-Bürgschaften angesprochen worden. Dem Angeklagten O habe K gesagt, die Bürgschaften würden bei der Insolvenz wohl gezogen werden müssen. Nach seiner Erinnerung habe er auch mit dem Angeklagten O über mögliche drohende aufsichtsrechtliche Konsequenzen gesprochen.
1979Am folgenden 26. September 2008 sei im Bankhaus darüber diskutiert worden, wie die Bank die bestehende Finanzierungslücke der X1 schließen könne. An diesen Gesprächen hätten wiederum in wechselnder Besetzung zusammen mit ihm die Angeklagten J, O und E sowie zeitweilig die Zeugen Dr. T4 und G2 teilgenommen. An die Anwesenheit des Zeugen Dr. M6 erinnere er sich nicht mehr. Zeitweilig sei auch der Zeuge B.C12 anwesend gewesen. Daran habe er zwar keine nähere Erinnerung mehr. Von B.C12 sei aber der Aufsichtsratsvorsitzende gewesen. Die Gespräche habe der Angeklagte J als „Herr der Zahlen“ geleitet. Alle Teilnehmer seien „elektrisiert“ gewesen. Jeder habe gewusst, was auf dem Spiel stehe. So seien die Immobilien-Fonds von knapp 700 Millionen € mit der X1 AG als Mieterin, der Y14-Kredit über 350 Millionen € und die Kredite an die Zeugin T3 mit knapp 300 Millionen € berücksichtigt worden. Das seien die größten und wichtigsten Engagements der Bank gewesen. Es sei sehr schnell nur noch um die Frage gegangen: „Wie kriegen wir die Kuh vom Eis? Wie verhindern wir den Untergang von X1?“ Es habe keine kontroversen Diskussionen gegeben. Es sei überhaupt keine Frage gewesen, ob SOP die X1 AG unterstützen werde. Das sei „alternativlos“ gewesen. Es sei nur noch um das Wie gegangen. Die X1 AG habe für den Kredit über 50 Millionen € bankenübliche Sicherheiten stellen sollen. Die Zeugin T3 bzw. ihre Firmen hätten die SOP bereits verpfändeten 19,6 % der Aktien an der X1 AG auf das Bankhaus übertragen sollen. Der Verrechnungserlös habe sofort zur Tilgung der an die Zeugin T3 ausgereichten Kredite eingesetzt werden sollen. Dadurch habe die Position der Bank bei der X1 AG verbessert werden sollen. SOP habe zusammen mit dem bei der Zeugin T3 verbleibenden Aktienanteil eine Beteiligung erlangen sollen, aus der SOP zwei Aufsichtsratsmandate erhalten und so gewichtigen Einfluss auf notwendige Restrukturierungsmaßnahmen nehmen könnte.
1980Dieser Entschluss sei der Zeugin T3 mit den Schreiben vom 26. September 2008 mitgeteilt worden. Die Umstände der Unterzeichnung der Schreiben durch die Zeuginnen F5 und Y5 erinnere er nicht mehr.
1981Im Verlauf des weiteren Wochenendes habe sich jedoch gezeigt, dass die X1 AG Sicherheiten für den an sie auszureichenden Kredit nicht selbst habe stellen können. Der Konzern habe daher versucht, Drittsicherheiten zur Verfügung zu stellen. Vor allem aber habe sich herausgestellt, dass der Kredit allein zur Finanzierung der X1 AG doch nicht ausreichen würde, sondern dass zusätzlich noch eine Kapitalerhöhung notwendig sei, an der sich das Bankhaus beteiligen sollte. Der zusätzliche Finanzbedarf habe knapp 50 Millionen € betragen.
1982Er wisse nicht mehr, wann er hiervon erfahren habe. Er erinnere sich aber noch an ein langes, spät abends geführtes Gespräch mit dem Angeklagten J in seinem (Ks) Privathaus. Das habe möglicherweise am Samstag, den 27. September 2008, spät abends stattgefunden. Der Angeklagte J habe ihm hierbei vom Stand der Verhandlungen berichtet. Ohne die Beteiligung von SOP an der Kapitalerhöhung würde die X1 AG schon am Montag Insolvenzantrag stellen müssen und auch stellen. Das könne nur durch die Zeichnung der Kapitalerhöhung, die Gewährung des Kredits an die X1 AG und die Veröffentlichung der Maßnahmen vor Börsenbeginn am Montag verhindert werden. Der Angeklagte J habe sich bereit erklärt, nach Übernahme der Aktien der Zeugin T3 als Aufsichtsratsvorsitzender der X1 AG zur Verfügung zu stehen und persönlich Einfluss auf die Restrukturierung und Neuausrichtung des Konzerns zu nehmen. Gemeinsam hätten er und J auch mit dem Zeugen Dr. N9 gesprochen. Das sei bereits nach Mitternacht gewesen. Die Verdoppelung des bei ihnen nachgesuchten Finanzbedarfs innerhalb kürzester Zeit habe bei ihm (K) und J zwar ein Störgefühl hervorgerufen. Die dünne Unterlagenlage hätten sie aber gleichwohl nicht zu verbessern versucht. Zusammen mit J habe er sich entschlossen, Kredit und Kapitalerhöhung zu gewähren. Das sei alternativlos gewesen. J habe die Lage bei X1 als kritisch, aber nicht hoffnungslos bezeichnet.
1983Ohne sich noch konkret erinnern zu können, glaube er, am Sonntag, den 28. September 2008, nach einem Pferderennen ins Bankhaus gefahren zu sein. Der Umfang des Aktienerwerbs aus Kapitalerhöhung und Aktienankauf von T3 habe noch aufeinander abgestimmt werden müssen. Wie der gemeinsame Beschluss der persönlich haftenden Gesellschafter für die Zeichnung der Kapitalerhöhung gefasst worden sei, wisse er nicht mehr genau. Vielleicht habe er am Sonntag mit dem Angeklagten O gesprochen, während der Angeklagte J sich mit dem Angeklagten P abgestimmt habe. Möglicherweise habe auch der Angeklagte J mit O gesprochen. In jedem Fall hätte der Angeklagte J den Zeichnungsschein niemals ohne die Zustimmung der anderen unterschrieben. Möglicherweise habe er, K, den Zeugen B.C12 als Vorsitzenden des Aufsichtsrats von den Maßnahmen telefonisch informiert. Den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses, Ob, habe er nicht angesprochen. Das habe möglicherweise dessen Neffe, der Angeklagte O, übernommen. Er wisse nicht, ob das geschehen sei.
1984Der Angeklagte K hat eingeräumt, die schließlich getroffene Entscheidung zu Gunsten der Kreditgewährung über 50 Millionen €, von denen jedoch nur 20 Millionen € abgerufen worden seien, sowie über die Beteiligung an der Kapitalerhöhung ausschließlich auf der Grundlage der Informationen über den Zustand der X1 AG getroffen zu haben, die SOP über die Zeugen Dr. N9 und M12 sowie den Angeklagten E erhalten habe. Außerdem seien lediglich Informationen aus der Presse und frei verfügbare Analysteninformationen hinzugekommen. Der Angeklagten K hat wörtlich erklärt: „Sonstige Unterlagen oder Präsentationen, die bei Entscheidungen über Sanierungskredite üblicherweise zwingend vorliegen mussten (Sanierungsgutachten etc.), lagen mir nicht vor und, soweit ich weiß, auch anderen nicht.“ Es treffe zu, dass die Informationsgrundlage für die Entscheidung zu dünn gewesen sei. Es wäre „ein Leichtes“ gewesen, die Informationsgrundlage dadurch erheblich zu verbreitern und zu vertiefen, dass SOP von der X1 AG und den Konsortialbanken diejenigen Unterlagen und Gutachten verlangt hätte, die diesen für ihre Prolongationsentscheidungen vorlagen. Das sei nicht geschehen. Am Freitag habe niemand in der Gesprächsrunde nach Liquiditätsplänen, Monatsberichten oder gar nach einem Sanierungsgutachten gefragt. Ebenso wäre es möglich und geboten gewesen, die Kreditabteilung stärker einzubinden und um eine Einschätzung zu bitten. Stattdessen sei darauf – durch die Unterschrift des Angeklagten P auf der späteren Kreditvorlage besiegelt – verzichtet worden. Das sei nicht in Ordnung gewesen und auch nicht mit dem Zeitdruck des Wochenendes zu erklären. Die Unterlagen wären in kurzer Zeit und noch während des letzten Septemberwochenendes beschaffbar gewesen.
1985Er, K, habe spätestens am 26. September 2008 realisiert, dass der Bestand der X1 AG akut gefährdet gewesen sei und zwar aus Gründen, die im Unternehmen gelegen hätten. Er habe die ernsthafte Gefahr gesehen, dass die Sanierung der X1 AG nicht gelingen würde. Die jüngere Geschichte des Konzerns sei davon geprägt gewesen, dass die reale Entwicklung weit von den Ankündigungen und Plänen entfernt verlaufen sei. Zwar sei das Scheitern der Sanierung aus seiner Sicht keineswegs zwingend oder auch nur annähernd sicher gewesen. Die Möglichkeit des Scheiterns habe er aufgrund seiner Kenntnis der jüngeren Entwicklung aber als durchaus real bewertet. Hinzu getreten seien die durch die Finanzkrise eingetretenen Unsicherheiten auf Bankenseite. Diese seien im sperrigen Verhalten der X10 sichtbar geworden. All das habe es aus seiner Sicht zweifelhaft werden lassen, ob der X1 AG im Rahmen der Sanierungsphase die zusätzlich benötigten Mittel noch zufließen würden. Die Beteuerungen des Zeugen Dr. N9 zu einer Durchfinanzierung der X1 AG seien schon aus seiner damaligen Sicht zu viel vom „Prinzip Hoffnung“ geprägt gewesen. Er habe bezweifelt, dass das „Feuerwerk guter Pläne und Nachrichten“ des Zeugen Dr. N9 belastbar sei und tatsächlich hätte umgesetzt werden können.
1986Den Verlust der für die X1 AG aufgewendeten Mittel habe er ernsthaft für möglich gehalten, sich aber trotzdem für die Maßnahmen entschieden und sich mit einem Vermögensnachteil für das Bankhaus abgefunden. Die Androhung eines Insolvenzantrags habe enormen Druck auf ihn ausgeübt. Ihm sei klar gewesen, dass eine Insolvenz der X1 AG in der damaligen Situation gravierende Folgen für das Bankhaus haben könnte. Er habe Überreaktionen der Märkte gegenüber dem Bankhaus befürchtet. Für die mit X1-Aktien besicherten T3-Kredite hätte aus seiner Sicht die Insolvenz den fast völligen Verlust der Kreditsicherheiten bedeutet. Ferner habe er negative Auswirkungen auf die X1-Immobilien-Fonds besorgt, wenn die X1 AG als Mieterin wegbrechen sollte. Mittelbar hätten dadurch wirtschaftliche Interessen der wichtigsten Kunden des Bankhauses auf dem Spiel gestanden. Diese seien vom Bankhaus für die Fonds eingeworben worden und hätten ihre Anteilsankäufe beim Bankhaus finanziert. Es hätte daher – aus seiner damaligen Sicht – einen enormen Reputationsschaden begründet, wenn im Kundenkreis bekannt geworden wäre, dass die Bank die X1 AG bzw. die Zeugin T3 in der Not nicht unterstütze.
1987Andererseits habe er aber auch seine eigenen wirtschaftlichen Interessen bzw. die seiner Familie in seine Entscheidung einfließen lassen. Er selbst und andere Familienmitglieder hätten sich für den Y14-Kredit in erheblicher Höhe verbürgt. Die Insolvenz der X1 AG habe daher ein hohes Bedrohungspotenzial für das Vermögen aller Bürgen besessen. Die Zeugin T3 hätte beim Wertverlust ihrer Aktien den Kredit an die Y14 möglicherweise nicht mehr zurückführen können. Dann wären die Bürgen in Anspruch genommen worden. Er selbst hätte die Bürgschaften damals wohl nicht bedienen können, wie das bei anderen Bürgen gewesen sei, wisse er nicht. Die Y14-Bürgschaften seien für die Bürgen das „allerwichtigste“ Thema gewesen. Der Y14-Kredit lasse offensichtlich werde, welche Fehler er und andere gemacht hätten. Der Y14-Kredit habe die persönlichen Interessen einzelner Bankgesellschafter mit denen der Bank verflochten. Das sei ein „Riesenfehler“ gewesen. Der Angeklagte K hat in diesem Zusammenhang eingeräumt, eine klare Trennung zwischen den Interessen des Bankhauses und seinen eigenen bzw. den Interessen seiner Familie bei seiner Entscheidung nicht vorgenommen zu haben.
1988Die geschilderte Tragweite einer Insolvenz der X1 AG sowohl für das Bankhaus als auch für die persönlichen Interessen der Bürgen sei nach seinem Eindruck allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern am Wochenende des 26. bis 28. September 2008 bewusst gewesen und habe ihnen vor Augen gestanden.
1989Der Angeklagte K hat eine objektive oder subjektive Verknüpfung der vom Bankhaus zu Gunsten der X1 AG aufgewendeten Mittel mit den von der Zeugin T3 zugesagten und ab Mitte Oktober 2008 näher konkretisierten zusätzlichen Kreditsicherheiten nachdrücklich verneint. Die Nachbesicherung durch die Zeugin T3 sei weder Bedingung für die zu Gunsten der X1 AG getroffenen Entscheidungen gewesen noch deren Bestandteil. Im Verhältnis zur Zeugin T3 sei die einzige Voraussetzung für die Gewährung der Finanzierungsmittel an die X1 AG lediglich ihre Zusage gewesen, von ihr bzw. ihren Firmen gehaltene Aktien an der X1 AG an das Bankhaus zu übertragen. Das ergebe sich auch und gerade aus den an die Zeugin T3 gerichteten Schreiben vom 26. September 2008. Diese hätten als Bedingung für eine Kreditgewährung an X1 ausschließlich den Aktienverkauf, nicht aber die Gewährung zusätzlicher Sicherheiten benannt. Darüber hinaus habe sich der Umfang der später gewährten Finanzierungsmittel an die X1 AG überhaupt erst zu einem Zeitpunkt herausgestellt, als die Zeugin T3 die Nachbesicherung ihrer Kredite bereits (schriftlich) zugesagt habe. Die Nachbesicherung sei bereits „in die Scheuer“ gefahren gewesen, als sich das Engagement der Bank für die X1 AG noch entwickelt und in einem unabgeschlossenen Entscheidungsprozess befunden habe.
1990Die näheren Abläufe hierzu hat der Angeklagte K damit beschrieben, nach seiner Erinnerung habe der Kurs der X1-Aktien bereits im Spätsommer 2008 den vereinbarten Wert unterschritten, unterhalb dessen SOP berechtigt gewesen sei, von der Zeugin T3 zusätzliche Sicherheiten einzufordern. Der Zeuge J6 habe sich beim Angeklagten E bereits Mitte 2008 danach erkundigt, was passiere, wenn der Kurs weiter falle. Das Recht zur Nachbesicherung habe er, der Angeklagte K, trotz entsprechender Mahnungen der Kreditabteilung nicht umsetzen lassen. Um „unkontrollierte Vorstöße“ der Kreditabteilung zu vermeiden, habe er vielmehr angeordnet, dass eine Ansprache der Zeugin T3 nur durch ihn selbst erfolgen dürfe. Dem Angeklagten J, der jederzeit „den Stecker“ hätte ziehen und die Fälligstellung der Kredite herbeiführen können, habe er sinngemäß gesagt „lass mich das mal machen, ich habe über Josef den engsten Kontakt zu T3“. Der Angeklagte J habe ihm darauf sinngemäß gesagt: „Ja, dann mach mal!“ und nicht etwa gesagt, so gehe es nicht. Schon Ende August oder Anfang September 2008 habe er den Angeklagten E darauf angesprochen, dass die Bank eine Nachbesicherung benötige, wenn sich der Aktienkurs nicht alsbald wieder erhole. Als sich der Kurs in der Folge nicht erholt habe, hätten die Zeugin T3, ihr Mann (der Zeuge M13) und der Angeklagte E befürchtet, SOP werde die Kredite wegen der drastischen Untersicherung fällig stellen. Während der Angeklagte E der Bank zusätzliche Sicherheiten der Zeugin T3 bis dahin verwehrt und er, der Angeklagte K, diese bis dahin auch nicht ernsthaft eingefordert habe, habe sich das angesichts der sich zunehmend verschlechternden Lage der X1 AG geändert. Ende September 2008 sei schließlich die luxemburgische Aufsicht CSSF immer „nervöser“ geworden. Das Schreiben der CSSF vom 23. September 2008 sei mit den Partnern besprochen worden. Der Angeklagte J sei „im Thema“ gewesen. Das T3-Engagement auch um die Y14 sei immerhin das größte Engagement der Bank gewesen. Die von der CSSF aufgeworfene Frage der Nachbesicherung sei zudem die „vornehmste und erste Aufgabe“ des Risikomanagers gewesen. Als es mit der Aufsicht „kribbelig“ geworden sei, habe der Angeklagte E auf die Zeugin T3 einwirken sollen, dass diese zusätzliche Sicherheiten stelle. Das habe er, K, dem Angeklagten E in Abstimmung mit dem Angeklagten J vorgegeben. Er, K, habe sich dabei eher als „Bote der Kreditabteilung“ verstanden und zu E gesagt, die Bank brauche jetzt Sicherheiten, um die Fälligstellung der Kredite abzuwenden. E habe gesagt, jetzt gehe es nicht mehr anders. Jetzt müsse T3 „liefern“. Das sei mit dem Schreiben der Zeugin T3 vom 26. September 2008 als Ergebnis und Schlusspunkt der Bemühungen Es schließlich auch geschehen. Mit dem Schreiben sei das Thema dann abgeschlossen gewesen. Wie es in die Bank gekommen sei, wisse er nicht mehr. Vielleicht habe E es per Boten in die Bank bringen lassen. Der Bote sei für gewöhnlich gegen 11.00 Uhr in die Bank gekommen. Die zeitliche Schaltung wisse er nicht mehr genau. Auf Vorhalt entsprechender Aussagen der Zeugen T3 und J6 sowie der Angaben des Angeklagten E hat der Angeklagte K erklärt, er wisse nicht, ob der Angeklagte E die Zeugin T3 am 25. September 2008 aufgesucht habe. Er halte das aber für sehr wahrscheinlich. Auch meine er, dass E ihm am 25. September 2008 im Zusammenhang mit dem Gespräch in seinem (Ks) Privathaus telefonisch vom Ergebnis eines Gesprächs mit der Zeugin T3 über die Nachbesicherung berichtet habe.
(3) Angeklagter O
1991Auch der Angeklagte O hat letztlich – nach anfänglich die Tatvorwürfe bestreitenden Einlassungen – eingeräumt, SOP vorsätzlich pflichtwidrig geschädigt zu haben.
1992Der Angeklagte O hat sich dahin eingelassen, er sei früh nach dem Tod seines Vaters Anfang 2005 damit konfrontiert worden, welch große Bedeutung die Begleitung der mannigfachen Überlegungen der Familie T3 für das Bankhaus gehabt habe. Beim Angeklagten E habe es zu X1 viele Überlegungen gegeben. Diese hätten die Hebung und den späteren Kauf bzw. Verkauf der Immobilien des Konzerns betroffen, das Gewinnen der Zeugin T3 als Kundin der Vermögensverwaltung, die Platzierung von Aktien der X1 AG bei Investoren des Bankhauses und die Unterstützung der Zeugin T3 dabei, Mehrheitsaktionärin bei der X1 AG zu werden. Die Zuständigkeit dafür habe – was in der Partnerschaft anerkannt gewesen sei – bei den Angeklagten K und E gelegen.
1993Mit dem Y14-Kredit im Jahr 2005 hätten die Angeklagten K und E die Zeugin T3 mit Geld zur Erlangung der Aktienmehrheit bei X1 ausstatten wollen. Eine direkte Kreditvergabe an die Zeugin sei wegen der Überschreitung der Großkreditgrenzen nicht möglich gewesen. Er (O) habe eine Bürgschaft stellen sollen. Als Grund für dieses Engagement hätten die Angeklagten K und E ihm mitgeteilt, die Zeugin T3 sei als Kundin der Gesamtvermögensverwaltung der OEH sehr wichtig. Sie solle nicht an andere Bankhäuser verloren gehen. K und E hätten ferner angeführt, es habe schon feste Zusagen gegenüber der Zeugin T3 gegeben, wonach ihr das Bankhaus bei der Erlangung der Aktienmehrheit helfen werde. Der Bank würde bei einer Ablehnung Schadensersatz drohen. Der Y14-Kredit sei notwendig, um ein Sanierungskonzept bei X1 mit einer breiten Unterstützung durch die Zeugin T3 „zum Laufen“ zu bringen.
1994Er, O, habe sich von den Angeklagten K und E enorm unter Druck gesetzt gefühlt. Seine Ablehnung wäre als „Dolchstoß" betrachtet worden. Er hätte damit das Zeichen gesetzt, die Bank nehme nach dem Tod seines Vaters von den in dessen Ära geschaffenen Projekten um die Familie T3 und die O-E-Projekte Abstand. Ihm sei damals das Gesamtvolumen der an die X1 AG vermieteten O-E-Fonds mit knapp 760 Millionen € ebenso bekannt gewesen wie die Tatsache, dass es sich bei der Zeugin T3 um eine „Premium-Kundin“ mit strategischem Potential gehandelt habe. Seine Ablehnung wäre nach innen und nach außen als negatives Signal verstanden worden, das zu Unruhe geführt hätte. Die Entscheidung für den Kredit und die Bürgschaft habe er als familien- und bankpolitische Entscheidung von großer Bedeutung erlebt. Vor dem Hintergrund von Auseinandersetzungen um seinen Stand als Partner und als Vertreter seines Gesellschafterstammes, dem nach dem Tod seines Vaters eine Entmachtung gedroht habe, habe er in dieser Situation nicht „austesten“ wollen, wie weit er sich mit einem Widerstand durchsetzen könne. Vor seiner Entscheidung habe er nach einer Umgehung von Kreditvorschriften in Form eines „Strohmannkredits“, nach einer „Kreditnehmereinheit“ und einem „Eigengeschäft“ gefragt. Dazu habe er den Angeklagten J im Beisein des Angeklagten K nach einem Rechtsgutachten gefragt, das angeblich bereits in Auftrag gegeben worden sei. Der Angeklagte J habe darauf mehrfach bestätigt, diese Themen seien rechtlich unproblematisch. Auch habe der Angeklagte K ihm bestätigt, es handele sich nicht um ein „Strohmanngeschäft“. Erst 2010 habe er, O, erfahren, dass das Gutachten M6 erst nach den bereits getroffenen Entscheidungen zur Kreditvergabe und Bürgschaftseinräumung in Auftrag gegeben worden sei. Aus deren damaligen Vermögensunterlagen habe er entnommen, dass die Zeugin T3 über ein sehr großes Vermögen insbesondere in Form werthaltiger Immobilien und Beteiligungen an Immobilien verfügt habe, das für die Rückzahlung des Kredits ausreichen würde. Daraufhin habe er der Kreditvergabe an die Y14 zur Weiterleitung an die Zeugin T3 und der Einräumung einer Bürgschaft zugestimmt. Etwa zeitgleich damit habe er eine 25 %-ige Beteiligung an der H9 AG übernommen, die kurz darauf die Y14-Anteile erworben habe. Die Einzelheiten dazu wisse er nicht mehr. Die Motive anderer Gesellschafter seien ihm unbekannt. Er selbst habe vermittels seiner H9-Beteiligung Kontrolle über die Y14 als Kreditnehmerin der Bank erlangen wollen. Der Präsident des Verwaltungsrats der H9 AG sei der leitende Direktor von SOP in der Schweiz gewesen. Die Y14 sei also nicht etwa in völlig fremde Hände gegangen. Er habe einerseits die Forderung der Y14 gegen T3 sichern, andererseits auch sicherstellen wollen, dass keine Geschäfte an der Bank vorbei geführt würden. Ihm selbst sei es niemals um eine Beteiligung an möglichen Kurs- oder Aktiengewinnen gegangen. Er habe seine Beteiligung an der H9 AG niemals verschwiegen. Unabhängig davon sei allen Partnern und im Bankhaus bekannt gewesen, dass die Y14 das Geld an die Zeugin T3 zum Aktienerwerb als Darlehen weiterreiche. Ebenso sei klar gewesen, dass das wirtschaftliche Risiko von den Bürgen getragen werde.
1995Bis Herbst 2008 habe er keine weitere Berührung mit dem Y14-Thema mehr gehabt. Von einer „Gewinnverteilungsabrede“ zwischen der Y14, der Zeugin T3 und den Bürgen habe er selbst erst im Juni 2009 erfahren. Die sog. „Y14-Gläubigervereinbarung“ aus dem Jahr 2010 hat der Angeklagte O wie festgestellt beschrieben.
1996Im August 2008 habe er vom enttäuschend verlaufenen Verkauf von X8 durch die X1 AG in der Presse erfahren. Daraufhin habe er den Angeklagten K gefragt, wie es um X1 stehe. Nach einem Gespräch mit dem Zeugen Dr. N9 habe ihm der Angeklagte K berichtet, bei X1 laufe alles planmäßig. Die geringeren Erträge aus dem X8-Verkauf brächten keine wesentlichen Belastungen für X1 mit sich. Er, der Angeklagte O, habe damals nicht gewusst, dass darüber hinaus nur ein Teil des Kaufpreises aus dem Verkauf der Minderheitenanteile an „High Street“ an X1 geflossen sei. Er habe vielmehr an eine weitestgehende Entschuldung von X1 geglaubt. Der Aktienkurs sei zwar gesunken. Er habe aber erwartet, ein in der Umstrukturierung und teilweise in der Sanierung befindliches Unternehmen müsse die „Täler eines schlechten Aktienkurses“ durchlaufen. Die spätere Entwicklung im September 2008 habe ihn daher überrascht.
1997Am 24. September 2008 habe ihm K unvermittelt mitgeteilt: „Bei X1 brennt die Hütte!“. Zuvor habe K beim Mittagessen mit dem Angeklagten E und dem Zeugen Dr. N9 erfahren, dass es Probleme bei der Finanzierung der in wenigen Tagen auslaufenden Kreditlinien des Bankenkonsortiums gebe. Das habe ihn, den Angeklagten O, zwar beunruhigt. Er habe aber nichts unternommen, weil die Drähte zu X1 und der Zeugin T3 über die Angeklagten K und E gelaufen seien.
1998Das Schreiben der Bank an T3 vom 23. September 2008 kenne er nicht. Die Anfrage der CSSF vom 23. September 2008 habe er nicht in Erinnerung und könne sich auch an Gespräche hierüber nicht erinnern. Es könne aber durchaus sein, dass solche stattgefunden hätten.
1999Am 25. September 2008, seinem Geburtstag, sei er vom Angeklagten K am späten Nachmittag zu einer dringenden Besprechung in dessen Privathaus gebeten worden. Die Stimmung des Angeklagten K sei „alarmiert“ gewesen. Das sei nur selten vorgekommen. Er meine, der Angeklagte E sei ebenfalls anwesend gewesen. Der Angeklagte J sei entweder telefonisch zugeschaltet gewesen oder später persönlich hinzugekommen. Es sei durchaus üblich gewesen, dass in solchen Fällen die Telefonate über Lautsprecher geführt worden seien, damit jeder mithören und sich beteiligen könne. Thema der Besprechung seien bestehende Liquiditätsschwierigkeiten erheblichen Ausmaßes bei X1 gewesen, die umgehend behoben werden müssten. Vor Ort sei vielfach mit dem Zeugen Dr. N9 telefoniert worden. Dabei habe sich das bedrohliche Bild und die Alarmstimmung bei X1 bestätigt. Im Haus des Angeklagten K sei besprochen worden, was diese Situation für das Bankhaus und seine Kunden bedeute. Auch sei die Beziehung zur Zeugin T3 besprochen worden. Über persönliche Verpflichtungen von Gesellschaftern des Bankhauses (etwa über Bürgschaften, Festgelder oder Investitionen in Fonds mit X1-Immobilien) sei nicht gesprochen worden. Es sei aber nach seinem Gefühl allen Beteiligten klar gewesen, dass sehr viel schief gehen könne, wenn X1 falle. Ihm sei bewusst gewesen, dass eine Insolvenz der X1 AG auch sein Privatvermögen berühren würde. Das Ausmaß und die Folgen seien ihm aber nicht bewusst gewesen. Schon am 25. September 2008 sei klar gewesen, dass es eine Rettungsaktion für X1 geben müsse. In welcher Größenordnung sofortiger Liquiditätsbedarf bestanden habe, habe jedoch noch nicht festgestanden. Ein konkretes Konzept habe es nicht gegeben. Das habe sich erst in den nächsten Tagen entwickelt.
2000Am Freitag, den 26. September 2008, habe mittags etwa ab 15:30 Uhr eine mehrstündige Sitzung im Partnerzimmer der Bank stattgefunden. Anwesend seien die Angeklagten K und J sowie die Zeugen B.C12, Dr. T4 und G2 gewesen. Wann der Zeuge G2 hinzugekommen sei, wisse er nicht, zur Nachbesicherung der an die Zeugin T3 bzw. die I6 AG herausgegebenen Kredite habe er – der Angeklagte O – zu dieser Zeit aber „etwas gewusst“. Das Recht, Nachbesicherung zu verlangen, sei durch den Kursverfall der X1-Aktie bereits ausgelöst gewesen. Schon Wochen zuvor habe es die Überlegung gegeben, etwas wegen der Nachbesicherung zu unternehmen. Die Kreditabteilung habe das schon zum Thema gemacht. Der Angeklagte K habe erklärt, er würde das Thema mit dem Angeklagten E besprechen.
2001Der Angeklagte J habe zunächst über Einzelheiten zu X1 informiert. Seine Informationen habe J offenbar vom Zeugen Dr. N9 oder anderen Vorstandsmitgliedern des Konzerns bezogen. Nach Js Ausführungen sei die X10 die Ursache der Liquiditätsproblematik gewesen. Die anderen Konsortialbanken stünden ansonsten zu ihren Zusagen bzw. Kreditvereinbarungen. Er habe davon gewusst, dass es diverse Sanierungs- und Restrukturierungsprogramme gegeben habe, die von der Q41 mit großem Aufwand entwickelt, geprüft und begleitet worden seien. Diese seien seit einiger Zeit in der Umsetzung gewesen. Aus Sicht des Angeklagten O habe es nicht an der mangelnden Effizienz der Programme und Planungen, sondern vielmehr am sperrigen Verhalten der X10 gelegen, dass die Finanzierung von X1 plötzlich gefährdet gewesen sei. Die X1-Insolvenz habe er aber klar vor Augen gesehen. Es sei nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden, was im Fall einer X1-Insolvenz passieren würde. Die fünf „X1-Fonds“ hätten schon eine Rolle gespielt. Eine Insolvenz der X1 AG als Mieterin hätte „eine Riesendiskussion“ befördert. Dort seien 100 bis 150 Privatpersonen engagiert gewesen, teilweise die besten Kunden der Bank mit großen liquiden Vermögen, Depotvermögen und Einlagen. Man sei aber nicht etwa Kundenlisten durchgegangen um zu sehen, ob durch einen Ausfall materieller Schaden entstehen würde. Der Zeuge G2 habe über das Engagement T3 gesprochen. Ihm, dem Angeklagten O, sei aber klar gewesen, dass die Zeugin T3 auch über anderes Vermögen als nur X1-Aktien verfügt habe. Ob eine Rückführung der Kredite von T3 gegen den Ankauf ihrer Aktien thematisiert worden sei, wisse er nicht mehr.
2002An vorbereitete Unterlagen könne er sich nicht erinnern. Es sei eine ziemliche ad hoc-Sitzung gewesen. Er sehe aber „visuell irgendwelche Unterlagen“ im Sinne von Kreditunterlagen, „vielleicht eine Übersicht über Fonds im Eigenbestand“ oder einen „Vorabdruck irgendeines Sanierungsgutachtens“. Der Angeklagte hat dazu wörtlich ausgeführt: „Irgendeiner wusste schon zu berichten, dass irgendwie die Sanierung bei X1 Fortschritte macht“. Er meine, es habe auch Broker-Reports über die X1 AG, ihre Geschäftsbereiche und ihre Herausforderungen gegeben. Ob am Wochenende das „Amendment“ der Q41 vorgelegen habe, wisse er nicht. Wörtlich hat der Angeklagte O in diesem Zusammenhang erklärt: „Aber irgendeiner hatte irgendwas.“
2003Später hat der Angeklagte dann ausdrücklich eingeräumt, seine Entscheidung auf einer unzureichenden Informationsgrundlage getroffen zu haben. Über das Unternehmen X1 hätten weder am Freitag noch später Unterlagen vorgelegen. Die Risiken bei X1 habe er nicht bewertet noch beanstandet. Er selbst habe auch nicht veranlasst, dass die Risiken im Bankhaus analysiert würden. Das sei auch sonst nicht geschehen. Dies habe er so hingenommen. Er habe sich zwar nicht gedacht, „Augen zu und durch“, habe aber auch keine andere Alternative gesehen.
2004Es sei keine grundsätzliche Fragestellung „angesagt“ gewesen, sondern eine „akute Finanzierung“. Es sei ihm schon bewusst gewesen, dass eine Sanierung der X1, die „Verbesserung des Warenhauses“, ein längerfristiger Prozess sei. Eine konkrete Strategie habe es weder am Freitag noch später an dem Wochenende gegeben. SOP habe sich erst noch darüber orientieren müssen, wo eigentlich die „verschiedenen ‚Stakeholder’ im Warenhaus“ seien, „die ‚Stakeholder’ Personal und Banken.“ Ein Teil der Strategie sei später, noch nicht am Wochenende, gewesen, dass man auch am Management der X1 AG etwas ändern müsse. Eine Strategie von SOP sei gewesen, sich an X1 zu beteiligen, das Kreditexposure der Zeugin T3 herunter zu fahren, neue, nicht von X1 abhängige Sicherheiten zu erlangen und die Bank im Ergebnis „wetterfester“ zu machen. Es sei keine Idee gewesen, den Kurs der X1 AG zu verfolgen und dann – etwa bei 8 € – die Aktien zu verkaufen. Es sei schon beabsichtigt gewesen, die eingeschlagenen Strategien des Vorstands der X1 AG mitzutragen. Die Idee einer Fusion von K- und Y17 habe es ja auch noch gegeben. Er könne sich nicht daran erinnern, dass ihm aufgezeigt worden sei, wie der Kapitalbedarf der X1 AG in der kommenden Zeit aussehen würde oder dass die weitere Finanzierung der X1 AG an dem Wochenende überhaupt besprochen worden sei. Es sei aber klar gewesen, dass es eine Mischung aus „Verdienen“ und „Desinvestitionen“ gewesen sei.
2005Es sei schnell klar geworden, dass SOP für X1 einspringen werde. Der an die X1 zu leistende Betrag sei schon relativ fest gewesen, über ihn sei nicht weiter gesprochen worden. Der Betrag habe sich eben in der Größenordnung konkretisiert, die dann später in der Kapitalerhöhung gezeichnet worden sei. Es sei zunächst ein von X1 besicherter Kredit angedacht gewesen. SOP habe so behandelt werden wollen wie die anderen Banken. Mit dieser Lösung habe er am Freitag die Bank verlassen, um einen Auslandstermin in England wahrzunehmen. Die Angeklagten K und J hätten sich weiter um die Finanzierungshilfe für X1 kümmern sollen.
2006Am Samstag habe ihn der Zeuge G2 angerufen und gebeten, am Sonntag nach Köln ins Bankhaus zurückzukehren. Es stünden wichtige Entscheidungen an, an denen er teilnehmen solle. Dabei habe der Zeuge G2 „durchblicken“ lassen, das Bankhaus denke inzwischen über eine Beteiligung an X1 im Rahmen einer Kapitalerhöhung nach.
2007Am Sonntagmittag (28. September 2008) sei er ins Bankhaus gekommen. Er sei auf die Angeklagten J und K sowie die Zeugen G2, Dr. M6 und H2 getroffen. Mit dem Angeklagten E sei telefoniert worden. Eine richtige Sitzung habe da nicht mehr stattgefunden.
2008Die Kapitalerhöhung sei im Vergleich zum Diskussionsstand vom Freitag eine veränderte Situation gewesen. Das Bankenkonsortium – insbesondere die X10 – sei offenbar nicht bereit gewesen, SOP bankenübliche Sicherheiten für einen Kredit an X1 zur Verfügung zu stellen. Statt einer Kreditfinanzierung habe jetzt eine Kapitalerhöhung erfolgen sollen. Das habe als Signal an die Banken und den Markt gesendet werden sollen. Woher diese Idee gekommen sei, wisse er nicht. Das Investment habe er nicht noch einmal hinterfragt. Bei seinem Eintreffen am Sonntag sei es nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“ der Kapitalerhöhung gegangen. Die Beteiligten hätten unter großem Zeitdruck gestanden. Es habe keine andere Möglichkeit mehr gegeben, als den Weg der Kapitalerhöhung mitzugehen. Dem habe er gegenüber dem Angeklagten J zugestimmt.
2009Zu dem Konzept der Kapitalerhöhung hätten auch zwei Sitze für SOP im Aufsichtsrat der X1 AG gehört. Er habe angenommen, über den so gewonnenen Einfluss von SOP auf X1 und die Hauptaktionärin die angestrebten Veränderungen noch stringenter und vielleicht sogar effektiver und zeitnäher umsetzen zu können. Die Mandate hätten der Angeklagte J und der Zeuge Dr. M6 übernehmen sollen. Am Sonntagabend habe er die Bank in dem Glauben verlassen, mit der Kapitalerhöhung sei es „jetzt getan“.
2010Am Montag habe er dann überraschend erfahren, dass der Zeuge Dr. N9 in der Nacht von Sonntag auf Montag den Angeklagten K angerufen und mitgeteilt habe, X1 brauche zusätzlich zur Kapitalerhöhung noch eine neue Kreditlinie. Die Deutsche Post wolle den Kredit an X1 absichern. Später habe er erfahren, dass sogar noch ein weiterer Kredit von 30 Millionen € angefragt worden sei, der ebenfalls durch die Deutsche Post habe abgesichert werden sollen. Als ihm klar geworden sei, dass die Absicherung nicht mehr erfolgen werde, habe es sich nicht mehr ändern lassen. An die Details der Vorgänge um die Kreditentscheidung habe er keine konkrete Erinnerung mehr, möglicherweise auch deshalb, weil in den Tagen um den 28. September 2008 klar entschieden worden sei, dass SOP der X1 AG zur Seite springe. Wörtlich hat der Angeklagte O dazu erklärt: „Wir wollten X1 retten. Das war die geschäftspolitische Maxime.“ Er habe das auch für den Kredit mitgetragen.
2011Der Angeklagte O hat ursprünglich erklärt, aus seiner heutigen Sicht habe seine Entscheidung zum Thema X1 nicht uneingeschränkt dem Wohl des Bankhauses gedient. Seine Sicht auf die Vorgänge sei damals zu undifferenziert, sein Risikobewusstsein nicht mehr ausgeprägt genug gewesen. Dem sei es aus seiner Sicht auch zuzuschreiben, dass er die Dynamik des T3- und des X1-Engagements für das Bankhaus nicht oder anders erfasst habe. Er hätte sich – rückblickend betrachtend – 2005 gegen die Bürgschaft für den Y14-Kredit wehren und gegen die Partner und den nach Dominanz strebenden Stamm S stellen sollen. Dann hätte er – so der Angeklagte O – entweder das ausreichende Risikobewusstsein entwickelt, die Kapitalerhöhung und die Kreditvergabe an X1 in Zweifel zu ziehen oder es gar nicht so weit kommen zu lassen, dass die Bank in diese alternativlose Entscheidungssituation ausgerechnet im Jahr 2008 geraten sei.
2012Später hat er nicht nur ausdrücklich – wie schon dargelegt – eingeräumt, seine Entscheidung auf einer unzureichenden Informationsgrundlage getroffen zu haben. Er hat – abweichend zu seiner ursprünglichen Darstellung – ausgeführt, die Dynamik um die Verflechtung der Bank mit X1 erst ab dem Freitag mit all seiner „Geballtheit“ erfasst zu haben. Es sei ein Fehler gewesen, das nicht früher zu korrigieren, auch die Bürgschaften neu zu ordnen. Er habe zwar Chancen für eine Sanierung bei X1 gesehen. Die Risiken habe er mangels Informationen gar nicht absehen können. Ihm sei bewusst gewesen, dass eine Sanierung des Konzerns scheitern könne. Bereits die aufgekommene Finanzkrise habe die Finanzierung weiter gefährdet, was sich auch am Beispiel der X10 zeige. Er habe darauf gehofft, dass SOP keinen Schaden erleide. Die Nachteile habe er aber gesehen und das hingenommen. Das Risiko habe er gesehen und es darauf ankommen lassen. Er habe befürchtet, ohne die Finanzierung werde es in jedem Fall zu Abschreibungen im Kreditportfolio kommen. Während der Angeklagte anfangs noch versucht hat, die Bedeutung seiner Bürgschaft für den Y14-Kredit bei den Finanzierungsentscheidungen zugunsten X1 herunter zu spielen, hat er deren Einfluss mit Fortgang der Hauptverhandlung mehr und mehr bestätigt. So hat der Angeklagte O anfangs zwar eingeräumt, seine Bürgschaft habe ihm bei den Entscheidungen „vor Augen“ gestanden. Sie sei aber für ihn nicht handlungsleitend bzw. keine „Präferenz“ gewesen. Ihm sei aber klar gewesen, dass eine Insolvenz der X1 auch sein „Privatvermögen berühre“. Seine Bürgschaft hätte dann „bankenmäßig erfasst“ werden müssen, wie das im weiteren Verlauf ja auch geschehen sei. Später hat O dazu näher eingeräumt, seine Bürgschaft habe doch einen „großen Raum“ bei seinen Überlegungen eingenommen. Die Bedeutung seiner Bürgschaft bei den Finanzierungsentscheidungen lasse sich nicht „kleinreden“. Außerdem sei er auch an den X1-Immobilien-Fonds beteiligt gewesen, die er teilweise von seinem Vater geerbt habe.
2013In Bezug auf die Nachbesicherung der an die Zeugin T3 bzw. die I6 AG herausgereichten Kredite ist die Einlassung des Angeklagten O nicht konstant geblieben. Ursprünglich hat sich O dahin eingelassen, der Angeklagte J habe bereits zu Beginn der Besprechung am Freitag im Bankhaus vorgeschlagen, man müsse die Bereitschaft, X1 einen Kredit zu gewähren, mit der Stellung von weiteren Sicherheiten durch die Zeugin T3 verbinden. Das sei jedoch „ambitioniert“ gewesen. Denn wenn die Zeugin T3 „nein“ sagen würde, wäre die X1 AG am Montag „pleite“. Dann hätte die Bank auch ein Problem mit dem Kreditengagement der Zeugin T3 gehabt. Zur Umsetzung dieses Vorhabens seien die beiden Schreiben der Bank an X1 und T3 verfasst worden. Der Angeklagte E habe mit der Zeugin T3 sprechen sollen, während die Angeklagten K und J den Zeugen Dr. N9 wegen der Finanzierung kontaktieren sollten. Ob zu dieser Zeit auch schon der Aktienankauf von T3 Thema gewesen sei, erinnere er nicht. Bei seiner späteren Befragung hat O angegeben, er habe „schon die Vorstellung“ gehabt, dass ein „Gesamtpaket X1/T3“ geschnürt werde. Das Engegament T3 sei „neu strukturiert“ worden. Zum einen hätten die „Exposures“ heruntergefahren werden sollen über die „Teiltilgung Festgeld“ und andererseits hätten die Sicherheiten über Aktien hinaus verstärkt werden sollen. Das sei SOP auch an dem Wochenende zugesagt worden. Es sei „kritisch, zeitkritisch“ gewesen, dass „diese Zusage, um überhaupt bei X1 weiter ins Commitment zu gehen, dass das zeitlich ineinander“ greife. Auf die Frage, ob es neben dem zeitlichen Gleichklang auch einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Finanzeinsatz bei X1 und der Nachbesicherungszusage der Zeugin T3 gegeben habe, hat der Angeklagte O ausgesagt: „Ich glaube, das waren dann Einzelteile in der Diskussion. Wie es dann zu diesem gesamten Maßnahmenplan kam, das war ein ‚moving target‘. Wir waren ja zuerst davon ausgegangen, dass wir vielleicht in die gesamte Besicherung der Bankengruppe mit aufgenommen werden würden.“ Ob der Zeugin T3 gesagt worden sei, es gebe Hilfe für X1 nur im Gegenzug für eine Nachbesicherung, wisse er nicht. Die Frage, ob besprochen worden sei, mit einer Unterstützung der X1 AG bekomme SOP leichter oder überhaupt nur weitere Sicherheiten von der Zeugin T3, hat der Angeklagte O damit beantwortet, das sei „alles sehr dynamisch“ gewesen. Es habe viele unterschiedliche Interessenlagen gegeben. Es habe „viele gute Ideen“ gegeben, wie das „in einen vernünftigen Zusammenhang zu bringen“ sei, aber nach ein paar Stunden sei das schon alles gar nicht mehr aktuell gewesen.
2014Wiederum später hat er sich dahin eingelassen, in der Besprechung vom Freitag sei besprochen worden, von T3 zusätzliche Sicherheiten einzufordern. Das habe er als „gemeinsame Sicht der Dinge“ in Erinnerung, wobei der Angeklagte J „eine wichtige Rolle“ gespielt habe. Nach der Diskussion sei mit dem Angeklagten E telefoniert worden. Dieser habe vor allem wissen wollen, unter welchen Bedingungen die Bank bereit sei, X1 zu unterstützen. E habe dabei geäußert, dass die Bank von der Zeugin T3 niemals eine Nachbesicherung erhalten werde, wenn sie diese jetzt nicht im Zusammenhang mit einer Unterstützung für X1 einfordere. Über diesen „bislang streitigen Punkt“ habe der Angeklagte E die Bank wohl locken wollen, ein positives Signal für die Unterstützung der X1 AG zu geben. Der Angeklagte J habe darauf am Telefon zu E gesagt, T3 müsse mit allen verbleibenden Teilen ihres Vermögens nachbesichern. Das sei eine Bedingung für die Unterstützung bei X1. E habe darauf erwidert, er werde mit der Zeugin sprechen, brauche dafür aber ein Papier als Gesprächsgrundlage. Dafür habe der Angeklagte E die Schreiben der Bank vom 26. September 2008 erhalten, in dem der Zeugin T3 mitgeteilt wurde, unter welchen von der Zeugin selbst zu erfüllenden Bedingungen der X1 AG ein Kredit über 50 Millionen € gewährt werden könne. Allerdings enthielt das Schreiben – wozu der Angeklagte O keine Erklärung angeboten hat – gar keinen Hinweis auf die Forderung nach zusätzlichen Sicherheiten, sondern hatte lediglich den Ankauf ihrer Aktien als ausdrücklich beschriebene Bedingung zum Inhalt. Es sei bei SOP „banküblich“ gewesen, Kredite auch ohne feste Sicherheiten zu vergeben. Die Bank habe nur geringe Ausfallraten gehabt und ein sehr gutes Kreditbuch besessen. Vor dem Herbst 2008 sei SOP es nicht gewohnt gewesen, über Sicherheiten zu reden. Die Bank habe auch keine besondere Expertise in der Verwertung von Sicherheiten gehabt. Noch nie habe SOP ihre Kunden „so hart angefasst“ wie die Zeugin T3 im Herbst 2008.
2015In seiner knapp einen Monat später erfolgten Befragung hat der Angeklagte O angegeben, im Telefonat mit E am Freitag habe J darauf gedrängt, zusätzliche Sicherheiten von der Zeugin T3 zu erhalten. Er (O) habe den Eindruck gehabt, der Angeklagte E stehe dazu bereits im Dialog mit der Zeugin T3. Konkret wisse er das nicht. Es könne auch sein, dass der Angeklagte K angegeben habe, der Angeklagte E stehe schon im Dialog mit der Zeugin T3 und müsse benachrichtigt werden. Das Thema der Nachbesicherung sei aber – was der Angeklagte abweichend von seinen früheren Einlassungen auch auf intensive, mehrfache Nachfrage bestätigt und im Einzelnen erläutert hat – keine Bedingung für die Finanzierung der X1 gewesen. SOP habe „lediglich beenden wollen, was „wir fälschlicherweise bis dahin nicht vollendet hatten“. Die Bank habe in dieser Situation erstmals „richtig“ die Chance gesehen, von T3 Sicherheiten zu bekommen. Im Zuge des Gesprächs habe der Angeklagte E gesagt: „Wenn X1 am Montag gerettet ist, kriegt Ihr keine Sicherheiten mehr!“ Das habe er, O, so verstanden, dass jetzt „die Chance“ zur Nachbesicherung sei. Die Bank habe die kritische Situation „ausnutzen“ wollen, um Sicherheiten einzufordern. Die Möglichkeit, der X1 AG eine Finanzierung zu gewähren, sei davon unabhängig („separat“) gewesen. Daher sei die Nachbesicherung im Schreiben an die Zeugin T3 vom 26. September 2008 auch nicht mit der Kreditgewährung an X1 verknüpft worden. Die Bank habe am besagten letzten Septemberwochenende 2008 auch gar nicht gewusst, ob und gegebenenfalls welche Belastungen auf den Immobilien und Immobilienbeteiligungen der Zeugin T3 lägen. Die Nachbesicherung durch die Zeugin T3 sowie die Finanzierung der X1 AG seien lediglich „zeitlich parallel“ verlaufen, nicht aber inhaltlich miteinander verknüpft gewesen. Es habe keine Bedingung an die Zeugin T3 oder den Zeugen Dr. N9 dergestalt gegeben, die X1 AG erhalte nur dann Finanzmittel des Bankhauses, wenn die Zeugin T3 zusätzliche Sicherheiten stelle.
(4) Angeklagter J
2016Der Angeklagte J hat zunächst im Wesentlichen anhand der Anklageschrift beziehungsweise der Aktenlage die Struktur der X1 AG, den Stand der Konsortialfinanzierung im August 2008 und die im Zusammenhang mit dem letzten Septemberwochenende 2008 getroffenen Maßnahmen und Vereinbarungen – entsprechend den Feststellungen – referiert und mitgeteilt, am 13. November 2008 den Vorsitz des Aufsichtsrats der X1 AG übernommen zu haben.
2017Die Zeugin T3 habe „ein Bündel weiterer Zugeständnisse“ gemacht und zu einer „Verbesserung der Sicherheiten“ beigetragen. Diese hätten in der „Vereinbarung vom 28. September 2008“ über den Aktienankauf von der Zeugin T3 bzw. ihrer Firmen sowie der Zusage aus ihrem Schreiben vom 26. September 2008 bestanden. „Diese Zugeständnisse“ seien schon zu Beginn der Verhandlungen mit der X1 AG festgelegt worden und Voraussetzung der Mitwirkung von SOP „am Rettungspaket“ gewesen . Ob der Angeklagte J hierzu lediglich die Aktenlage wiedergeben oder bestimmte Tatsachen – insbesondere zu konkreten Absprachen und vor allem zu seinen eigenen subjektiven Vorstellungen - behaupten wollte, ist seiner Einlassung für die Kammer nicht sicher zu entnehmen. Für Rückfragen stand er – wie dargelegt – persönlich nicht zur Verfügung.
2018In der Folge hat der Angeklagte J auf der Grundlage einer – nicht in die Hauptverhandlung eingeführten – Ausarbeitung der Wirtschaftsreferentin der Staatsanwaltschaft einzelne Geschehnisse und Umstände insbesondere zu den Beziehungen des Bankhauses zur Zeugin T3 und der X1 AG und deren Entwicklung referiert. Dem lassen sich folgende Tatsachenbehauptungen des Angeklagten J als seine Einlassung entnehmen: Er, der Angeklagte J, sei kein „Insider“ im Verhältnis zur Zeugin T3, ihrem Ehemann J6 oder dem Angeklagten E gewesen. Letzterer habe als bevollmächtigter Vermögensverwalter der Zeugin T3 gehandelt. Mit der Zeugin T3 habe der Angeklagte J kein einziges Gespräch selbst geführt. Er habe damals nichts von Absichten oder Absprachen gewusst, wonach die Bürgen des Y14-Kredits ihre Bürgschaften nur in der Hoffnung auf Erfolg versprechend erscheinende Geschäfte mit den X1-Immobilien gewährt hätten.
2019Er habe vielmehr die „im Falle Y14 bewiesene Bereitschaft der Exponenten der großen Familienstämme sowie des Herrn E als des engsten Vertrauten beider Seiten, sich zu engagieren, für den Ausdruck eines gewachsenen Vertrauens auch auf die Restrukturierung des Konzerns und die bei X1 vorhandenen hohen Immobilien-Substanzwerte“ gehalten. Der Angeklagte J hat weiter wörtlich ausgeführt: „Diese Substanzwerte haben wirtschaftlich den Wert der KQ-Aktien gestärkt, die als Sicherheit an O gegeben waren und wurden.“ Alles habe dafür gesprochen, dass es für die Kreditgewährung im Jahr 2005 gute sachliche Gründe gegeben habe und dass die mit ihr ermöglichte Stärkung der Stellung der Hauptaktionärin T3 der X1 AG die weiter erforderlichen strukturellen Maßnahmen erleichtern würde. Das hätten die Bürgen im Interesse von O gefördert. Die Bürgschaften seien „ein über die Finanzierung hinausreichender Beitrag der Bürgen zu dem Engagement von O bei X1“ gewesen, das auf die Zukunft des Konzerns im Konsumssektor gesetzt habe.
2020Bei der X1 AG habe sich nach dem „Lehmann-Zusammenbruch“ am 15. September 2008 zwar eine „überlebensentscheidende Phase“ entwickelt. Hierbei sei es im Kern aber nicht um operative Probleme, sondern um Schwierigkeiten im Bereich der Finanzierung gegangen. Die Kreditinstitute seien „seit Lehmann“, was niemand vorausgesehen habe, von heute auf morgen nicht mehr bereit gewesen, längerfristige Finanzierungsmittel zur Verfügung zu stellen. Davon seien auch die Banken betroffen gewesen, mit denen die X1 AG zusammengearbeitet habe. Er habe keinen Zweifel daran gehabt, dass mit der Überwindung der Finanzkrise die von der Bank als Sicherungsnehmerin gehaltenen Aktien der Zeugin T3 an der X1 AG ebenso wie die neu erworbene eigene Beteiligung eine deutliche Erholung erfahren würde. Das habe er auch im Dezember 2008 gegenüber der Bankenaufsicht kommuniziert. Er habe erwartet, dass die Aufsicht auf den Aspekt der unternehmerischen Entscheidung mit Verständnis reagieren würde.
2021Unter der Überschrift „Was ich im September 2008 nicht wusste und was deshalb die Entscheidung nicht beeinflusst hat“ hat der Angeklagte J sodann vor allem auf der Grundlage der Darstellungen in der Anklageschrift wiederum den Inhalt der Akte referiert. Soweit er in diesem Kapitel eigene Angaben zur Sache gemacht hat, hat sich der Angeklagte J dahin eingelassen, er sei nicht in Vorgänge einbezogen gewesen, wonach sich ab 2001 eine „mögliche Gruppierung“ mit dem Ziel herausgebildet haben solle, an Wertsteigerungen der „T3-Aktien“ auch außerhalb der Bank zu partizipieren. Seine eigene Entscheidung zugunsten der „Rettungsmaßnahmen“ habe er daher auch nur aufgrund einer Abwägung des Unternehmensinteresses von SOP treffen können. Es sei „mit keinem einzigen Wort deutlich geworden“, dass die Angeklagten K oder O „andere Prioritäten“ gehabt haben könnten. Die Besprechungen am letzten Septemberwochenende 2008 seien „auf allen Seiten von großem Verantwortungsbewusstsein getragen“ gewesen.
2022Schon bald nach seinem Antritt als persönlich haftender Gesellschafter am 1. Januar 2004 sei er mit dem X1-Konzern befasst worden. Damals sei es um ein seit Jahren etabliertes und für ihn „unauffälliges“ Engagement gegangen. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass es Pläne und Abreden anderer Personen mit der Zeugin T3 gegeben haben könnte. Er sei daran jedenfalls nicht beteiligt gewesen.
2023Sodann hat der Angeklagte J wiederum lediglich unter Bezugnahme auf den Akteninhalt die Kreditbeziehungen von SOP mit der Zeugin T3 und ihren Firmen referiert und dazu allein geltend gemacht, diese seien bereits begründet worden, bevor er Partner der Bank geworden sei. Später seien die Engagements ausgeweitet worden.
2024Im Kapitel „Die Finanzkrise als der maßgebende Rahmensachverhalt“ hat der Angeklagte J unter Bezug auf veröffentlichte Stellungnahmen und Berichte das Geschehen um die Finanzkrise und ihren Höhepunkt nach der „Lehmann-Pleite“ am 15. September 2008 einschließlich der am letzten Septemberwochenende 2008 erfolgten Bemühungen vor allem der Bundesregierung zur Rettung der HRE skizziert. In diesem Zusammenhang hat er angegeben, eine Insolvenz der X1 AG am Montag, den 29. September 2008, wäre ein „verheerendes Krisensignal“ gewesen. Dieses hätte SOP „in den Strudel der auf ihrem Höhepunkt befindlichen Finanzkrise gerissen“ und neue Probleme ausgelöst. Dieses Signal wäre SOP von der Öffentlichkeit als „Ausdruck eines kapitalistischen Egoismus“ vorgeworfen worden. Die Öffentlichkeit hätte nicht nur die Zeugin T3 verantwortlich gemacht, sondern auch SOP als „Unternehmen ohne Moral“ kritisiert, was die Reputation der Bank in Frage gestellt hätte. SOP habe sich daher „unter Einsatz großer Anstrengungen für die Rettung der X1 AG einsetzen“ müssen, deren Hauptaktionärin T3 die Bank bei der kontinuierlichen Ausweitung ihrer Stellung unmittelbar und mittelbar begleitet habe. Wörtlich hat der Angeklagte J dazu erklärt: „Angesichts der drohenden Schäden an Goodwill, Ruf und Wirkungskraft von O, auch im Hinblick auf die die Bank immer auszeichnende Tradition gesellschaftlicher Rücksichtnahme, war unsere Entscheidung, gemessen an den Anforderungen des Unternehmensrisikos, ohne Alternative.“ Trotz der hektischen äußeren Bedingungen habe er aber darauf geachtet, im Rahmen des Möglichen zu einer Gesamtlösung zu gelangen, deren einzelne Bestandteile für SOP unmittelbar vorteilhaft gewesen seien.
2025Das Schreiben der Bank an die Zeugin T3 vom 23. September 2008 habe er damals nicht gekannt. Er kenne es jetzt nur aus den Akten. Am 25. September 2008 habe er einen großen Teil des Tages bei der SCA in Luxemburg verbracht und sei etwa gegen 18:00 Uhr nach Köln zurückgekehrt. Er sei daher „ohne Vorlauf mit der Sache konfrontiert“ worden, als ihn der Angeklagte K am 26. September 2008 zu der Besprechung in die Bank gerufen habe. Kurz vor Schluss der Beweisaufnahme hat der Angeklagte J zu dem von den Angeklagten K, O und E geschilderten Gespräch vom 25. September 2008 im Privathaus K angebenen, sich an eine solche Zusammenkunft nicht zu erinnern. Er halte sie aber für „sehr unwahrscheinlich“.
2026Er selbst sei erst am Freitag, den 26. September 2008 im Bankhaus auf die bei X1 eingetretenen Turbulenzen „aufmerksam gemacht“ worden. Die dazu geführte Besprechung habe gegen Mittag stattgefunden. Der Angeklagte E sei bereits anwesend gewesen, als er und der Angeklagte O auf Zuruf des Angeklagten K erschienen seien. Die Angeklagten K und E hätten berichtet, der Zeuge Dr. N9 habe angekündigt, am Montag, den 29. September 2008, einen Insolvenzantrag für die X1 AG zu stellen, falls eine bestehende Finanzierungslücke nicht geschlossen werden könne. Der notwendige Finanzierungsbeitrag habe – was der Angeklagte K mitgeteilt habe – nicht von der Zeugin T3 kommen können. Bis zu diesem Zeitpunkt sei ihm (J) die Liquiditätslage der X1 AG nicht bekannt gewesen. Außerhalb der „routinemäßigen Überwachung“ des T3-Kredits durch die Kreditabteilung habe es für ihn mit der X1 AG bis zu jenem Freitag „keine Befassung“ gegeben. Erstmals am 29. bzw. 30. September 2008 habe er Kontakt zu Vertretern des Bankenkonsortiums und von X27 gehabt. In die früheren Entwicklungen und Gespräche der X1 AG mit den Konsorten und Warenkreditversicherern zur Finanzierung sei er nicht eingebunden gewesen. Er habe diese erst der Akte entnommen. Zur X1 AG in den Personen der Zeugen Dr. N9 und J4 habe er erst am Wochenende um den 26. September 2008 erstmals Kontakt gehabt. Die von Dr. N9 angekündigte Insolvenz hätte knapp 40.000 Arbeitsplätze in Deutschlandernsthaft gefährdet und in weitem Umfang sogar zerstört. Ihm (J) habe auch vor Augen gestanden, dass SOP der Großaktionärin T3 die Ausweitung ihres Engagements ermöglicht und folglich mittelbar in einer Verantwortung für die Folgen einer X1-Insolvenz gestanden habe. Es habe aus seiner Sicht daher „jede Anstrengung unternommen“ werden müssen, um nicht „von der außerordentlichen Krise verschlungen“ zu werden und „die Stabilisierung der Großwetterlage abwarten“ zu können.
2027In Unkenntnis der Verhältnisse bei der X1 AG habe er noch zu Beginn des Treffens irrtümlich angenommen, SOP könne mit einem von der X1 AG besicherten Kredit „einspringen“. Das habe sich aber sehr schnell als unrealistisch herausgestellt, weshalb die insoweit „parallel getroffenen Vorbereitungen“ alsbald gegenstandslos geworden seien. Auf der Grundlage der Mitteilungen an ihn habe er sehr schnell für sachkundigen externen Rat gesorgt. Noch in den frühen Mittagsstunden des 26. September 2008 habe er den Zeugen Dr. M6 angerufen und gebeten, in die Bank zu kommen. Dieser habe die Bank „wegen seiner Kenntnisse der O-E-Verbindung“, seiner Vertrautheit mit SOP und seiner großen juristischen Erfahrung hervorragend beraten können. Der Zeuge Dr. M6 sei etwa gegen 14:30 Uhr in der Bank erschienen. Ferner seien der Zeuge Dr. T4 sowie der Zeuge G2 aus Luxemburg hinzugerufen worden. Die Einbeziehung des Angeklagten E in die Erörterungen habe auf dessen Aufgabenbereich innerhalb der OEH beruht. Sowohl die Zeugin T3 als auch der Zeuge Dr. N9 seien in erheblichem Umfang an O-E-Fonds beteiligt gewesen. Außerdem seien viele besonders wichtige wohlhabende Kunden der Bank als Anleger in Immobilien-Fonds engagiert gewesen, deren Mieterin die X1 AG gewesen sei.
2028Auf Vorhalt seines Outlook-Terminkalenders hat der Angeklagte J bestätigt, dass im Kalender für den 26. September 2008 (Freitag) der Zeitraum von 10:30 bis 19:00 Uhr „ausgeblockt“ gewesen sei. Außerdem sei dort schon ab 10:30 Uhr „ M6“ eingetragen gewesen. Dazu hat er erklärt, sein Terminkalender sei „kein Grundbuch“. Es könne aber sein, dass er sich geirrt habe und schon morgens in der Bank gewesen sei. Ferner sei es möglich, dass er den Zeugen Dr. M6 schon morgens um diese Uhrzeit angerufen und in die Bank gebeten habe.
2029Es falle ihm nach fünf Jahren schwer, die Abläufe der Besprechungen am Freitag „Schritt für Schritt“ zu rekonstruieren. Er finde aber das – mit den Liquiditätsplänen entsprechend festgestellte – „unternehmensbezogene Lagebild“, an dem er sich „ausgerichtet“ habe, in der Akte wieder. Die interne Präsentation der X1 AG für ihren Aufsichtsrat vom 28. September 2008, das dieses Lagebild wiedergebe, habe damals weder ihm noch einem anderen Partner vorgelegen. Ohne entsprechende „Informationen“ konkret zu bezeichnen oder auch nur oberflächlich näher zu konturieren, hat der Angeklagte J angegeben, er habe „die vorliegenden und eingehenden Informationen aus der Interessenlage von O verarbeitet.“
2030Anfangs habe er erwartet, ein ausreichender Beitrag von SOP für die X1 AG könne in der Gewährung eines Kredits von 50 Millionen € gegen Einräumung der gleichen Besicherungsrechte bestehen, wie sie den Konsorten zugestanden hätten. Dem entspreche auch das Schreiben vom 26. September 2008 an die X1 AG bzw. den Zeugen Dr. N9. Daneben sei „als Gesamtkonzept“ erwogen worden, die Aktien der Zeugin T3 zu erwerben und eine Tilgung der an sie ausgereichten Kredite herbeizuführen. Das ergebe sich aus dem Schreiben an die Zeugin T3 ebenfalls vom 26. September 2008. Er gehe davon aus, dass die Schreiben auch versendet worden seien. „Dieses Gesamtkonzept“ sei aber alsbald überholt gewesen. So habe sich SOP „anderen Lösungen zuwenden müssen, mit denen die verschiedenen Interessenlagen in ein Gleichgewicht gebracht“ worden seien. Dies habe zu einer Kombination einer Kapitalerhöhung der X1 AG zum Nennwert mit dem Ankauf von Aktien der Zeugin T3 zum letzten Börsenkurs geführt. Mit letzterem seien „Kreditforderungen“ verrechnet worden. Diese Lösung hätte „in Zugeständnisse des Bankenkonsortiums eingebettet sein“ sollen, die „eine Stabilisierung der X1 AG gewährleisteten.“ Das Ergebnis komme in dem – in den Feststellungen wiedergegebenen – Telefax-Schreiben des Zeugen Dr. N9 vom 28. September 2008 über die Zeichnung der Kapitalerhöhung zum Ausdruck. Dieses habe er, der Angeklagte J, „in Absprache mit den persönlich haftenden Gesellschaftern“ gegengezeichnet, nachdem er sich bei dem Angeklagten P vergewissert habe, die HRE sei „gerettet“ und eine „allgemeine Schließung der Banken“ drohe nicht. Zwar habe die Umsetzung der Kapitalerhöhung in der Zuständigkeit der Rechtsabteilung der X1 AG gelegen. Es habe aber „zwischen allen Beteiligten“ festgestanden, dass es zwischen „den einzelnen Bestandteilen der Lösung ein Junktim“ gegeben habe, „weshalb das Konzept erst endgültig wirksam werden konnte, wenn die Vereinbarungen mit dem Bankenkonsortium … ihren positiven Abschluss gefunden haben würden.“
2031Darüber hinaus hat der Angeklagte J ausgeführt: „Zu den Grundlagen unserer Entscheidung gehörte auch die Zusage von Frau T3, die ich bereits erwähnt habe und für deren Umsetzung Herr E als deren Vertreter Gewähr bot.“ In der Folge hat der Angeklagte J dann (lediglich) den Aktienkauf- und Übertragungsvertrag beschrieben, der sich bereits ab dem 27. September 2008 „in Vorbereitung“ befunden habe. Die Absprachen mit der Zeugin T3 über die ab Oktober 2008 dinglich bestellten zusätzlichen Sicherheiten hat der Angeklagte J dabei nicht erwähnt. Unter der Überschrift „weitere Einzelheiten“ der Lösung hat der Angeklagte J auf der Grundlage der in der Akte befindlichen Auskünfte von Konsortialbanken und Warenkreditversichern deren einzelnen Finanzierungsbeiträge und Maßnahmen wiedergegeben.
2032Zu der Kreditzusage von SOP zugunsten der X1 AG hat sich der Angeklagte J dahin eingelassen, frühestens am späten Sonntag sei „die Notwendigkeit hinzugekommen, dass O einen ‚Finanzierungsbeitrag‘ über 50 Mio. € leisten werde.“ Das Konsortium sei mit dem Versuch gescheitert, den insoweit fehlenden Anteil durch andere Banken schließen zu lassen. Es sei um eine „Maßnahme in letzter Minute“ gegangen. Was ihm, dem Angeklagten J, in den dazu geführten Gesprächen wegen einer „Absicherung“ gesagt und angekündigt worden sei, lasse sich dem (späteren) Schreiben des Zeugen Dr. N9 vom 30. September 2008 entnehmen. Eine „förmliche Kreditzusage“ habe es erst am 3. November 2008 gegeben. Der Angeklagte J hat auf der Grundlage der Akten die Korrespondenz zwischen den Zeugen G2 und Y5 auf Seiten von SOP und J4 und M5 für die Arandor AG zu einer „in den letzten Zügen“ befindlichen Garantiezusage der Post wiedergegeben und dazu ausgeführt: „Keiner von uns hatte nach der Ende Oktober eingegangenen Mitteilung des Herrn M5 über die ‚letzten Züge‘ irgendeinen Zweifel daran, dass die Sache in trockenen Tüchern sei.“ Der Kredit von 20 Millionen € habe dringend ausgereicht werden müssen. Erst später – am 12. November 2008 – habe die X1 AG mitgeteilt, die Garantie werde es nicht geben. Er sei sich bewusst gewesen, dass der zinslos zur Verfügung gestellte Betrag von 20 Millionen € auch ohne Sicherheiten gewährt werde. Das habe auch der Ankündigung entsprochen, die er in der Nacht auf den 29. September 2008 habe „herausgehen“ lassen. Der Kredit habe – was ihm bewusst gewesen sei – die Kosten der Kapitalerhöhung entsprechend erhöht. Angesichts des „unter Schock“ stehenden „Finanzsektors“ hätten es die Partner „nicht darauf ankommen“ lassen wollen, das erzielte Ergebnis scheitern zu lassen. Zum „wirtschaftlichen Konzept“ habe es gehört, dass SOP die X1 AG als „starker Faktor auf der Aktionärsseite“ entsprechend „begleiten“ werde. Dazu habe er am 13. November 2008 den Vorsitz im Aufsichtsrat der X1 AG übernommen. Der Zeuge Dr. M6 sei ebenfalls Mitglied geworden. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise sei er zuversichtlich gewesen, dass sich der Aktienkurs infolge des „Rettungspakets“ verbessern würde. Die am Septemberwochenende 2008 gehegte Erwartung habe sich aber „leider nur bis zum Juni 2009 bestätigt.“
2033Im Folgenden hat der Angeklagte J unter Verweis auf den Akteninhalt die Vorgänge um die Beteiligungsnahme und die Kreditgewährung betreffenden „Vorlagen“ referiert. Soweit der Zeuge C9 in seinem Votum zur Kreditvergabe ausgeführt habe, der Kredit könne „nur mit der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes der Gruppe gerechtfertigt werden“, bleibe die Betrachtung des Zeugen „der Oberfläche verhaftet“. Der Zeuge C9 habe an den Beratungen der Partner nicht teilgenommen. Der Angeklagte J hat hierzu wörtlich ausgeführt: „Da ihm die übergreifenden Gründe für die Maßnahme und das Beteiligungskonzept, mit dem O der stärkste Aktionär von X1 worden ist, unbekannt waren, hat er den Vorgang als ‚aus Risikosicht nicht vertretbar‘ beurteilt. Er hat auch nicht in die Abwägung einbezogen, dass O fortan zusammen mit Frau T3 einen wesentlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung der X1 AG ausüben konnte.“ Ohnehin seien die „auf der Ebene der Sachbearbeiter entstandenen Texte“ hinter den Erwägungen der Partner zurück geblieben: „Der Arbeitsebene von O waren die getroffenen unternehmerischen Entscheidungen, soweit sie nicht an den Besprechungen des September-Wochenendes teilgenommen haben, unvertraut.“ Konkrete Angaben dazu, welche konkreten Informationen ihm – dem Angeklagten J – über das Wissen der Fachabteilungen hinaus vorgelegen haben, hat der Angeklagte J nicht gemacht. Er hat ausgeführt, der „Lehmann-Zusammenbruch“ habe die Grenzen des Vorstellbaren gesprengt. Aus diesem Grunde hätten sich die Sachbearbeiter dazu entschieden, ihre kritische Haltung in aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Die Partner hätten dagegen weder interveniert noch die Entscheidungen kommentiert. Die Abwendung des hohen Reputationsschadens sei mit der Arbeitsebene nicht diskutiert worden.
2034Wiederum auf der Grundlage der Akte hat der Angeklagte J sodann die im Nachgang des letzten Septemberwochenendes erfolgte Korrespondenz der SCA mit der CSSF referiert.
2035Im nächsten Kapitel seiner Einlassung „die (weiteren) von Frau T3 zugesagten und umgesetzten Leistungen bzw. Sicherheiten“ hat der Angeklagte J ausgeführt, die der Anklage zugrunde gelegte Annahme, der ausgereichte Kredit sowie die Kapitalerhöhung seien „ohne Sicherheiten“ gewährt worden, treffe nicht zu. Dazu hat er – lediglich pauschal – angeführt: „Die Bank hat im Gegenzug für ihr X1-Engagement – und keineswegs nur allein unter dem Gesichtspunkt der Nachbesicherung alter Verbindlichkeiten – erhebliche neue Sicherheiten von Frau T3 erhalten und zugleich deren Kreditengagement deutlich zurückgeführt. Diese Leistungen waren der Arbeitsebene der Bank, wie sich im Rückblick aus deren Voten erkennen lässt, seinerzeit (offenbar) nicht gegenwärtig und sind deshalb auch in die Würdigung nicht hinreichend einbezogen worden.“ Wegen der unmittelbaren Beteiligung von SOP „als Aktionär“ und der damit verbundenen Qualifikation als Eigenkapital habe die X1 AG der Bank gar keine Sicherheiten stellen können. Daher sei es wichtig gewesen, von der Zeugin T3 weitere Sicherheiten „außerhalb von X1“ zu erhalten. Mit ihrem Schreiben vom 26. September 2008 habe die Zeugin T3 SOP „weitere Sicherheiten“ zugesagt, die sich auf ihre gesamten Vermögenswerte aus ihrer Aufstellung vom 31. Dezember 2007 bezogen hätten. Der Angeklagte hat hierzu wörtlich ausgeführt: „Diese Zusage vom 26. September 2008 war eine Grundvoraussetzung für die getroffenen Maßnahmen des Bankhauses zur Stützung der X1 AG, und u.a. Grundlage für die nachfolgende Gewährung dinglicher Sicherheiten“ durch die Zeugin T3. Nachfolgend hat der Angeklagte J wiederum auf der Grundlage der Akte die nähere Einräumung der Sicherheiten ab Oktober 2008 im Sinne der Feststellungen beschrieben.
2036Die im Januar 2010 schriftlich getroffene sog. „Nachrangvereinbarung“, mit welcher SOP der Vorrang gegenüber der Y14 in Bezug auf das „T3-Vermögen“ eingeräumt worden sei, sei erst im Herbst 2008 „anlässlich des X1-Engagements“ und nicht bereits im Jahr 2005 getroffen worden. Erst durch die Ausweitung der Sicherheiten der Zeugin T3 auf ihre sämtlichen Vermögenswerte sei es zwischen SOP und der Y14 zu einem Konkurrenzverhältnis gekommen.
2037In einem weiteren Unterabschnitt seiner Einlassung („Verknüpfung der Kredittilgung und Gewährung von Sicherheiten mit dem X1-Engagement“) hat der Angeklagte J ausgeführt, sowohl die Zustimmung zur Veräußerung der Aktien sowie der Festgeldverwertung jeweils zur Kredittilgung als auch „die Gewährung weiterer Sicherheiten“ durch die Zeugin T3 sei „erkennbar im Gegenzug für das Engagement des Bankhauses bei der X1 AG“ erfolgt. Das ergebe sich aus dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang, werde aber auch „aus den getroffenen Vereinbarungen klar ersichtlich.“ So ergebe sich die entsprechende Bedingung –aus den beiden Schreiben der Bank vom 23. September 2008 und vom 26. September 2008 an die Zeugin T3. Unerwähnt hat J dabei jedoch gelassen, dass im Schreiben vom 26. September 2008 die Bestellung zusätzlicher Sicherheiten durch T3 nicht erwähnt wurde. Die „Verknüpfung von Kredittilgung und Beteiligung des Bankhauses“ (die zusätzlichen Sicherheiten hat der Angeklagte J in diesem Zusammenhang selbst gar nicht mehr angesprochen) lasse sich auch dem Schreiben der Bank an die Deutsche Bundesbank vom 15. Oktober 2008 entnehmen. Ferner habe die Zeugin T3 – so die Wertung des Angeklagten J – ohne das neue Engagement von SOP bei einer dann folgenden Insolvenz der X1 AG auch gar kein Interesse daran gehabt, der Bank weitere Sicherheiten zu leisten.
2038Erst unmittelbar vor Schluss der Beweisaufnahme hat der Angeklagte J eine weitere schriftliche Erklärung verlesen. Darin hat er sich dahin eingelassen, Gegenstand der Diskussionen am 26. September 2008 im Bankhaus und während des weiteren Wochenendes seien die Lage bei X1 und die mit dieser Situation „in Verbindung stehenden Fragestellungen“ gewesen. Zu diesen Fragestellungen hätten neben den dem Bankhaus auch mittelbar drohenden Schäden an erster Stelle die Auswirkungen auf das Kreditengagement der Zeugin T3 gehört. Es sei daher seiner Meinung nach eine „völlig lebensfremde und künstliche Wertung, diese unmittelbar zeitlich und sachlich verbundenen Komplexe in zwei voneinander unabhängige Handlungsstränge zerlegen zu wollen.“ Es sei „dabei gerade um die zusammenhängende Auswirkung dieser Gesamtsituation auf die Bank gegangen.“ Im Laufe des Freitags und des Wochenendes seien die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten der Bank erörtert worden. Dabei sei es zunächst weder um die Reihenfolge noch die Beurteilung einzelner Handlungsmöglichkeiten gegangen. Es gehöre zum Ablauf solcher Sitzungen, dass verschiedene Lösungsansätze im Detail nebeneinander erörtert würden, ohne dass der eine oder der andere schon vorab beschlossen werden könne. Aus seiner Sicht habe es sich bei den Abläufen vom 26. bis 29. September um einen dynamischen Prozess gehandelt, was eine zeitliche Zuordnung der einzelnen Abschnitte erschwere. Die Möglichkeit der Stützung der X1 AG durch eine Kreditgewährung an diese auf Basis erstrangiger Sicherheiten habe sich (erst) nach der Mitteilung des Zeugen J4 als unmöglich herausgestellt. Von Anfang an seien auch Möglichkeiten zur Verbesserung der Lage der Bank im Verhältnis zur Zeugin T3 besprochen worden. Die Verringerung des Anteils der von der Zeugin T3 zu erwerbenden Aktien in den Überlegungen von Freitag bis Sonntag sei der erst nach dem Freitag mit der X1 AG erörterten Kapitalerhöhung geschuldet gewesen. Die Bank habe insgesamt Anteile nur unterhalb von 30 % erwerben wollen. Es entspreche „nicht seiner Wahrnehmung, dass die Maßnahmen zur Stützung der X1 AG und die Verbesserungen im Bereich des Kreditengagements der Zeugin T3 zwei separate Handlungsstränge“ gewesen seien. Am 26. September 2008 habe er auch keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Zeugin T3 die Stellung zusätzlicher Sicherheiten bereits fest zugesagt gehabt habe. Dazu hat er wörtlich angegeben: „Wie O mehrfach und eindeutig beschrieben hat, habe ich am Freitag, den 26. September, wegen der Unterstützungsbedürftigkeit von X1 die konkrete Möglichkeit für die Bank gesehen, Zugriff auf das private Immobilienvermögen von Frau T3 zu erhalten. O hat in diesem Zusammenhang an Äußerungen des Herrn E erinnert, nur in der Zeit vor der Zusage von Unterstützungsleistungen für X1 bestehe für die Bank eine Chance, weitere Sicherheiten von Frau T3 zu erhalten. Aus der Sicht von O hat Herr E die Bank so locken wollen, X1 zu unterstützen. Seine Schilderung entspricht meinem damaligen Grundverständnis vom Zusammenhang dieser Maßnahmen. Für mich war danach auch klar, dass Herr E dies – entsprechend seiner eigenen Äußerungen hierzu – gegenüber Frau T3 auch so deutlich vermitteln würde.… Als wir am Sonntag über eine Kapitalerhöhung zu entscheiden hatten … war uns dann die Bereitschaft der Frau T3 bekannt, ihr Privatvermögen umfassend als Sicherheit zur Verfügung zu stellen.“
2039Rückfragen hat der Angeklagte J – wie bereits zuvor – auch an diesem Tag weder seitens der Kammer noch anderer Verfahrensbeteiligter zugelassen.
2040Erneut auf der Grundlage der Akte bzw. veröffentlichter Berichte hat der Angeklagte J „die weitere Entwicklung und die spätere Beurteilung durch die Fachleute“ referiert. Dabei hat er seine eigenen Angaben gegenüber den Gremien der Bank ab Dezember 2008 – auf der Grundlage der aktenkundigen Gremienprotokolle – wiedergegeben. In tatsächlicher Hinsicht hat er lediglich behauptet, dass er sich als Aufsichtsratsvorsitzender der X1 AG „vordringlich darum bemüht habe, die Führungsebene zu stärken“, nachdem der Zeuge Dr. N9 als Vorstandsvorsitzender im Verhältnis zu den Banken „nicht mehr zu halten“ gewesen sei. An dessen Stelle habe er den Zeugen Dr. G1 für den Vorsitz des X1-Vorstands gewonnen. „Zum Schluss“ (so der Titel des letzten Kapitels seiner verlesenen Erklärung) hat der Angeklagte J geltend gemacht, mit der im Juni 2009 verweigerten Staatshilfe habe die Bundesregierung den Konsortialbanken einen „willkommenen Grund“ geliefert, die Verlängerung der X1-Kredite abzulehnen. Das habe zur Insolvenz der X1 AG geführt.
(5) Angeklagter P
2041Der Angeklagte P hat sich dahin eingelassen, die Kredite an die Zeugin T3 und die I6 AG seien ihm natürlich bekannt gewesen. Auch habe er um ihre Besicherung durch Verpfändung von X1-Aktien gewusst. Daher habe er – wie andere im Hause auch – die Entwicklung bei X1 im Jahr 2008 aufmerksam verfolgt. Den Y14-Kredit und seinen Zweck habe er ebenfalls gekannt. Er habe auch die Bürgschaften der beiden Angeklagten K und O sowie des Zeugen B.C12 und der E-Firmen gekannt.
2042Der Angeklagte P hat zunächst angegeben, die Idee seiner Kollegen, der Zeugin T3 bzw. der I6 mit Krediten zur Seite zu stehen und „über Fondslösungen“ in den Erwerb von Kaufhäusern der X1 zu investieren, sei durchaus „anspruchsvoll“ gewesen. Er selbst habe sich nur auf zwei kleinere Investments in X1-Immobilien bei O-E-Fonds beschränkt. Das habe er „vor allem aus Marketinggesichtspunkten“ getan, um mit den übrigen Partnern ein klares „Bekenntnis“ zu den O-E-Fonds abzugeben. In seiner späteren persönlichen Befragung hat er dann jedoch angegeben, der ursprünglich geplanten Ausweitung der unmittelbar an die Zeugin T3 gewährten Kredite um 380 Millionen € zum Aktienankauf im Jahr 2005 deshalb widersprochen zu haben, weil er „dem unternehmerischen Konzept der X1 nicht mehr vertraut“ habe. Darauf habe der Angeklagte K jedoch erklärt: „Dann machen wir das eben selbst!“ Das habe dann zur Kreditgewährung über die Y14-Konstruktion geführt. Wegen der Besicherung durch die Bürgen sei das für ihn „etwas anderes“ gewesen. Er habe zwar ein „Klumpenrisiko“ gesehen und befürchtet, die Großkreditgrenzen könnten überschritten werden. Den Zeugen G2 habe er darauf angesprochen, ob der Kredit „KWG-rechtlich in Ordnung“ sei. Das sei bestätigt worden. Von J habe er wohl auch das Ergebnis des sog. „ M6-Gutachtens“ erfahren. Die „Zusammensetzung“ der H9 AG habe er bis 2009 nicht gekannt. Er habe 2005 bei dem Geschäftsführer der H9, der vor allem Geschäftsleiter von SOP in der Schweiz gewesen sei, angerufen und gefragt, wer die Aktionäre der H9 seien. Die Antwort habe ihm dieser unter Berufung auf das Schweizer Bankgeheimnis allerdings verweigert, jedoch bestätigt, dass die Aktionäre „zuverlässige Personen“ seien. Der Angeklagte P hat erklärt, damit aus seiner Sicht das ihm Mögliche zur Aufklärung der Gesellschafterstruktur der H9 getan zu haben. Im Partnerkreis habe er das nicht angesprochen. Bei den anderen Partnern habe er auch deshalb nicht nach der Struktur der H9 nachgefragt, weil er „vielleicht dort nicht die Chance gesehen“ habe, „die Antwort zu bekommen.“ Die Bürgen hätten die Bürgschaften deshalb übernommen, weil diese „Chancen“ bei X1 gesehen hätten, die sie hätten nutzen wollen, auch bezüglich des Aktienkurses der X1 AG. Das zeige sich in der Gewinnverteilungsabrede mit den Bürgen. Er, der Angeklagte P, habe diese Chancen nicht gesehen. Die Gewinnverteilungsabrede sei ihm damals noch nicht bekannt gewesen.
2043Im Herbst 2008 sei die Entwicklung bei X1 „zunehmend schwieriger“ geworden. Von Donnerstag (25. September 2008) bis Sonntag (28. September 2008) habe er sich privat in Portugal aufgehalten. Aufgrund der „Lehmann-Pleite“ sei es zu einer „gewaltigen Kreditklemme“ gekommen. Die Banken hätten sich untereinander kein Geld mehr geliehen. Er sei als Vertreter der Privatbanken Mitglied des Vorstandes des Bundesverbandes Deutscher Banken gewesen. Aus den Gesprächen mit der Bundesbank und der Bundesregierung habe er die extrem hohe Gefahr eines Zusammenbruchs des Finanzsystems entnommen. SOP sei hingegen nicht „verletzlich“ gewesen. Die Liquidität bei SOP sei „ausreichend“, die Kennzahlen der Bank „gut“ und die sich abzeichnenden Verluste im Investmentbanking „beherrschbar“ gewesen. SOP würde – so seine damalige Einschätzung – anders als andere Banken „achtbar durch die Krise“ kommen.
2044Er selbst habe sich 2008 – vor allem im vierten Quartal – in der Bank zunehmend isoliert gefühlt. Das Investmentbanking habe substantielle Verluste erlitten. Das habe zu einer Distanzierung seiner Partner von ihm geführt. Seine Erfolge aus der Vergangenheit hätten in der Finanzkrise nicht mehr gezählt. Das sei eine Gelegenheit gewesen, ihn „auf die Seite zu stellen“. In der Bank sei bereits nach einem Nachfolger für ihn gesucht worden.
2045Am Samstag, den 27. September 2008, sei er erstmals von den Angeklagten J und K auf seinem Handy in Portugal angerufen worden. Sie hätten von Gesprächen berichtet, in denen es darum gegangen sei, die komplizierte Lage der X1 zu stabilisieren. Die X10 wolle die notwendige Verlängerung von Krediten nur gegen zusätzliche Sicherheiten erteilten. Dabei sei ihm aber nicht mitgeteilt worden, dass SOP selbst erwäge, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Er habe in diesem Telefonat auf Nachfrage lediglich den Kontakt zur Chefin der deutschen Niederlassung der X10 in Frankfurt vermittelt.
2046Erst nach seiner Rückkehr nach Frankfurt habe ihn am Sonntagnachmittag der Angeklagte J ein zweites Mal auf seinem Handy angerufen. Der Angeklagte J habe ihn um seine Einschätzung gebeten, ob mit einer Rettung der HRE zu rechnen sei. Falls die HRE nicht gerettet werde, würde es zu einer Verwerfung der Finanzmärkte kommen und X1 wäre dann nicht mehr zu retten. Er, der Angeklagte P, habe darauf mitgeteilt, er erwarte, dass die HRE nicht fallen gelassen werde. J habe „ausführlicher vom Fortgang der Gespräche“ berichtet. X1 sei kurz vor dem Gang zum Insolvenzrichter. „Man“ habe aber eine „recht gute Lösung“ entwickelt, die einen eigenen Beitrag des Bankhauses vorsah. Das ihm im Telefonat vom Angeklagten J skizzierte Konzept sei „anspruchsvoll und mutig zugleich“ gewesen. SOP habe mit dem Erwerb von mehr als 25 % der Aktien an X1 eine relevante Stellung in der Gesellschaft übernehmen sollen. SOP habe zugleich große Geldbeträge zur Fortführung des Geschäftsbetriebs in ein „krisengeschütteltes Unternehmen“ einfließen lassen sollen. Hätte sich SOP dem verweigert, wäre die X1 insolvent geworden. Er habe damals aber auch gewusst, dass X1 Gespräche mit Wettbewerbern führte wie Inditex und EC in Spanien, H49 im Vereinigten Königreich und H50 in Frankreich. Außerdem habe er gewusst, dass Z35 und die Q41 an konkreten Konzepten für eine Restrukturierung gearbeitet hätten, in denen eine Fortführung für möglich gehalten worden sei.
2047Auf die Frage, ob in dem Telefonat erörtert worden sei, auf der Grundlage welcher Unterlagen die anderen Partner über die Finanzierungsmaßnahmen bei X1 entschieden hätten und wie eine „Wende zum Besseren“ herbeigeführt werden könne, hat der Angeklagte P wörtlich erklärt: „Es ist schon über Punkte gesprochen worden, was gemacht werden soll. Das fing an beim Einkauf, wie der besser organisiert werden sollte und so weiter. Also über solche… wir sind dort nicht ins Detail gegangen.“ Auf die Frage, wie Verbesserungen umgesetzt werden sollten, hat der Angeklagte P geantwortet: „Es wurde nur zunächst mal über das Thema Personalie gesprochen. Ich meine, Herr J fragte mich nach meiner Meinung zu N9 und sein Standing im Kapitalmarkt. Solche Themen wurden diskutiert, aber nicht, ich sag’ jetzt mal, über das Produkt K-, wenn ich das so sagen darf.“ Nachfragen habe er an J nicht gestellt. Er müsse einräumen, an diesem Tag mit Blick auf die HRE-Rettung nicht viel Zeit gehabt zu haben. Er habe dem Konzept dann am Telefon zugestimmt.
2048SOP habe Verantwortung übernommen und der X1 AG gemeinsam mit anderen Banken die Chance eröffnet, sich zu reorganisieren. Mit dem Austausch des CEO bei X1 und der Übernahme von Aufsichtsratsmandaten habe SOP die Neuausrichtung später maßgebend mit begleitet und im Ergebnis doch alles unternommen, was in der Krise eines Unternehmens von der Öffentlichkeit sonst erwartet werde. Das Scheitern von X1 parallel zur Finanzkrise sei für ihn „keine ernsthafte Option“ gewesen. Der Einbruch der X1-Aktie sei durch den Einbruch der gesamten Wirtschaft in dieser Zeit beeinflusst gewesen.
2049Der Angeklagte P hat zunächst geltend gemacht, damals davon „überzeugt“ gewesen zu sein, dass X1 „nur Zeit und frisches Geld“ gebraucht habe, um „eine Chance“ zu haben, sich neu aufzustellen. Deshalb habe er dem Angeklagten J seine Zustimmung erteilt. Dabei habe er gewusst, dass X1 auf Jahre keine Dividenden ausschütten werde. Später hat er – allerdings in ganz unterschiedlichem Ausmaß – der Nachbesicherung durch die Zeugin T3 einen besonderen Stellenwert für seine Entscheidung beigemessen.
2050Der Angeklagte P hat mit Blick auf die mögliche Insolvenz der X1 und deren Auswirkungen zunächst erklärt, wegen der „X1-Immobilienfonds“ habe er sich keine Sorge gemacht. Wörtlich hat der Angeklagte P dazu erklärt: „Einen Mieter findet man immer.“ Die Fondszeichner wären auch ohne X1 in der Lage geblieben, die Kredite zurückzuzahlen. Die Bürgen der Y14 – fast alle aus dem Kreis der Bankfamilie – hätten für den notleidenden Kredit gegenüber SOP einstehen müssen. Er sei allerdings davon ausgegangen, dass die Vermögen der Bürgen zur Abdeckung der Bürgschaften ausreichen würden. Aber er habe ja noch das große Risiko bei der Zeugin T3 gesehen. Die an die Bank verpfändeten X1-Aktien wären dann fast wertlos gewesen. Da sei alles mit X1-Aktien gesichert gewesen. Die Aktien wären „Richtung 10 Cent“ gefallen. Deshalb sei es ihm „lieber gewesen, dass wir uns über die Nachbesicherung absichern“. Der Angeklagte J habe ihm versichert, dass die Nachbesicherung die Bank substantiell besser stellen werde. Im Verhältnis zur Kundin T3 sei ihm das Konzept, „durch einen kurzfristigen Beitrag von 20 Millionen € Cash und 58 Millionen € für Aktien“ X1 zu stützen vernünftig geschienen, weil „wir X1 eine Fortführung ermöglichten und unsere Sicherheitenlage hinsichtlich der Kredite von Frau T3 deutlich verbesserten.“ Es sei ihm darum gegangen, das Risiko des Gelingens einer Fortführung von X1 und die Verbesserung der Sicherheitenlage bei der Kundin T3 um etwa 400 Millionen € verbunden mit einem zeitnahen Kapitaleinsatz von 80 Millionen € durch SOP gegenüber einer kurzfristig zu erwartenden Insolvenz der X1 abzuwägen. Aus früheren Gesprächen mit den Zeugen G2 und F5 habe er gewusst, dass T3 über ein freies Vermögen von gut 400 Millionen € verfüge. Die Kreditvergabe an X1 hätte deshalb eine Verbesserung der Sicherheitenlage zur Folge gehabt, weil die Bank Zugang zu „werthaltigen Assets der Zeugin T3“ erlangt und diese ihr Kreditengagement parallel dazu schrittweise zurückgeführt habe.
2051Später hat der Angeklagte P zunächst klargestellt, bei seinem Gespräch mit J am Sonntag sei es nur um die Kapitalerhöhung von rund 60 Millionen € gegangen. Vor allem aber hat er die Bedeutung der Nachbesicherung für seine Entscheidung in seiner späteren Einlassung zunächst erheblich verstärkt. Er hat sich dahin erklärt, die Nachbesicherung mit dem „freien“ Vermögen von T3 von 400 Millionen € sei für ihn bei seiner Entscheidung am Sonntag zur Kapitalerhöhung „der Punkt“ gewesen. Er habe zu J am Telefon gesagt: „Wir brauchen die Nachbesicherung. Sonst können wir das nicht machen.“ Das sei für ihn ein „Junktim“ gewesen. Der Ankauf der bereits verpfändeten Aktien von T3 habe die Sicherheitenlage der Bank nicht verändert. Daher sei die Nachbesicherung so wichtig gewesen. Er habe zu J daher gesagt, ohne die Nachbesicherung könne er die Kapitalerhöhung nicht mittragen. Der Angeklagte J habe ihm, P, am Telefon nicht gesagt, es sei wegen der Nachbesicherung schon etwas geschehen. J habe auch nichts von Schreiben an bzw. einer Zusage von T3 gesagt. Von den Schreiben vom 26. September 2008 habe er erst einige Tage später erfahren.
2052In seiner späteren Befragung hat er erklärt, er wisse nicht mehr, ob die Nachbesicherung schon vor dem Wochenende ein Thema gewesen sei. An die ihm vorgehaltenen E-Mails aus August bzw. September 2008, die in Kopie auch an ihn gerichtet waren, erinnere er sich ebenfalls nicht. Damals sei „im Markt“ viel los gewesen. Auf die Frage, ob es neben einem zeitlichen auch einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Kreditgewährung bzw. Beteiligungsnahme bei X1 und der Nachbesicherung durch die Zeugin T3 gegeben und welche Erkenntnisse er dazu gehabt habe, hat der Angeklagte P mit den Worten geantwortet: „Das kann ich Ihnen nicht… Die hatte ich nicht. Mir wurde in dem Gespräch Sonntag nur gesagt, das ist die Lösung, so soll die Lösung aussehen. Aber es wurde nicht gesagt, wir haben Frau T3 die Pistole auf die Brust gesetzt, es geht nur so.“ Ob die Zeugin T3 die Nachbesicherung auch zusagt hätte, wenn sich SOP nicht für X1 eingesetzt hätte, wisse er nicht. Er sei in das Engagement nicht eingebunden gewesen und habe auch keine Verhandlungen dazu mitverfolgt. Auf die damit verbundene Nachfrage, ob es denn überhaupt Anlass für eine Nachbesicherung gegeben habe, also die Forderungen der Bank gegen die Zeugin T3 deshalb gefährdet erschienen, weil deren Vermögen bei einer X1-Insolvenz nicht ausreichen würde und andere Gläubiger Befriedigung verlangen würden, hat der Angeklagte P erneut betont, er sei davon ausgegangen, die Zeugin T3 habe über ein „freies“ Vermögen von rund 400 Millionen € verfügt. Eben weil es „frei“ gewesen sei, sei es nicht von X1 abhängig gewesen. Es sei auch nicht durch andere Schulden oder andere Gläubiger bedroht gewesen. So habe er es auch aus dem Telefonat mit J „mitgenommen“. Andere Forderungen und Gläubiger habe er – so P wörtlich – bei seiner Entscheidung „nicht auf dem Radar gehabt“. Ihm sei weder bekannt gewesen noch sei es mit ihm diskutiert worden, welche anderen Gläubiger auf das „freie“ Vermögen Zugriff gehabt hätten. Ein „Wettlauf“ mit der Y14 oder ihren Bürgen sei nicht mit bzw. von dem Angeklagten J thematisiert worden.
2053Am Montag sei dann das Thema des 20-Millionen-Kredits zur Sprache gekommen. Das habe ihn „entsetzt“. Er habe eine solche „Salamitaktik“ nicht gut gefunden. Es wäre seriöser gewesen, wenn alle Fakten am Sonntag oder schon am Freitag auf dem Tisch gelegen hätten. Man habe jedoch gesagt: „Das müssen wir tun.“ Der Kredit habe zunächst nur für sechs Monate gewährt werden sollen. Es habe versucht werden sollen, andere Kreditgeber – etwa von der Lieferantenseite – zu gewinnen. Eine vernünftige Alternative habe es nicht gegeben.
2054Lediglich pauschal und ohne Mitteilung tatsächlicher Hintergründe etwa zu Nachfragen an den Angeklagten J hat der Angeklagte P weiter erklärt, er sei „davon ausgegangen“, dass die Vorsitzenden der Gremien von SOP durch den Sprecher der Partnerschaft „eingebunden“ gewesen seien.
2055Aus „Gründen der Vertraulichkeit“ seien die Beteiligungsnahme und der Kredit auch nicht mit den nachrangigen Ebenen aus den Bereichen Beteiligung und Kredit besprochen worden. Daher könnten die dazu vernommenen Zeugen auch keine bessere Auskunft geben. Das sei „schlicht nicht ihre Ebene“ gewesen. Die tragenden Erwägungen hätten sie gar nicht gekannt. Das Votum „Markt“ auf der Kreditvorlage habe er einerseits wegen der „Dringlichkeit der Situation“ sowie andererseits wegen der fehlenden Einbindung der sonst zuständigen Mitarbeiter selbst unterschrieben. Das wäre den Mitarbeitern gegenüber auch nicht korrekt gewesen. Dabei sei er im Übrigen auch gar nicht der zuständige Partner für den „Markt“ gewesen. Weshalb nicht der Angeklagte O bzw. seine Abteilung unterschrieben habe, könne er nicht erklären. Auf eine Begründung seines „Votums“ habe er verzichtet, weil aus seiner damaligen Sicht die Entscheidung nach den ihm vorliegenden Informationen und bei Abwägung aller dafür und dagegen sprechenden Umstände mit Blick auf SOP vertretbar und zur Vermeidung der X1-Insolvenz mitten in der Krise Europas wichtig und richtig gewesen sei.
2056Der Angeklagte P hat gegen Ende der Beweisaufnahme erklärt, nach weit über 100 Verhandlungstagen sei er sich bewusst, dass die getroffenen Entscheidungen zugunsten der Kapitalerhöhung und der Kreditgewährung an X1 „auch kritisch“ gesehen werden könnten. Der Entscheidungsdruck sei sehr hoch gewesen. Er sei sich des Risikos „durchaus bewusst“ gewesen, dass das Vorgehen der Bank nicht zwingend zum Erfolg führen müsse. Er habe nicht derjenige sein wollen, den die Verantwortung dafür treffe, dass die X1 am 29. September oder noch Mitte Oktober 2008 keine Hilfe bekomme. In der damaligen Situation habe man „keinen Konzern vom Zuschnitt der X1 AG wegen eines Betrags von 60 Millionen € für junge Aktien und 20 Millionen € für eine Zwischenfinanzierung ins Chaos“ stürzen dürfen, „solange es noch eine vernünftige Aussicht auf Rettung“ gebe. Er habe ein Misslingen der Restrukturierung von X1 nicht völlig ausschließen können. Er habe aber auf Basis seiner „Informationen und der Erwartungen an die Rationalität des Handelns“ des Angeklagten J „darauf vertraut, dass die Entscheidung mit Übernahme der jungen Aktien zur Stützung der Gesellschaft die richtige“ gewesen sei. Einen Schaden bei der Vergabe eines Kredits könne man nie völlig ausschließen.
2057Er habe kein Verständnis dafür, von seinen Partnern nicht spätestens am Freitag über die Entwicklung bei X1 informiert worden zu sein. Er vermute heute, das sei nicht zufällig geschehen. Vermutlich hätten die Familienpartner die Sorge gehabt, er werde der Finanzierung von X1 nicht sicher zustimmen. Er (P) hätte bei seiner frühzeitigeren Einbindung sicher versucht, die beste Lösung für die Bank zu finden. Das hätte für die Familienpartner aber möglicherweise bedeutet, der Ausreichung des Kredits an die X1 AG und des Erwerbs einer Beteiligung nicht zuzustimmen. Immerhin habe er (P) bereits 2005 eine unmittelbare Kreditgewährung an die Zeugin T3 mit seiner Ablehnung verhindert. Vermutlich hätte er – aus Sicht „der Familien“ – die internen Diskussionen in Köln gestört und mit kritischen Fragen begleitet, wenn er früher eingebunden worden wäre. Möglicherweise hätte er damals anders entschieden, wenn er bereits am Freitag in die näheren Diskussionen eingebunden worden wäre. Im Herbst 2008 hätten sich seine Partner bereits so weit gedanklich von ihm entfernt, dass er nur noch über Gespräche mit dem Angeklagten J Zugang zu den wichtigen Informationen aus der Bank erhalten habe. Wörtlich erklärte der Angeklagte P: „Der familienfremde P wurde Schritt für Schritt aus allen Themen herausgehalten, bei denen er möglicherweise stören könnte“.
II. Feststellungen zu den unmittelbaren Beziehungen des Bankhauses SOP zum X1-Konzern (Teil 1, D., II., (1))
2058Bei den Ausführungen zu den unmittelbaren Beziehungen des Bankhauses zum X1-Konzern handelt es sich lediglich um einführende Erläuterungen, die den weiteren Feststellungen zur Übersicht und zum besseren Verständnis vorangestellt worden sind. Die Herleitung der dort festgestellten Inhalte wird im Zuge der jeweils betroffenen Geschäftsvorfälle begründet und gewürdigt.
III. Feststellungen zu den Ratingklassen für Kredite bei SOP (Teil 1, D. II., (2))
2059Die Feststellungen zu den Ratingklassen beruhen auf dem eingeführten Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft H8 GmbH vom 23. Oktober 2009 gegenüber der BaFin. Zu dem Bericht sind der Zeuge Prof. Dr. M2 von H8 sowie die Zeugin N7 vernommen worden. Die Zeugin N7 war im Tatzeitraum Leiterin der Abteilung Bankenaufsicht bei der BaFin.
IV. Feststellungen zu den „strategischen Überlegungen“ (Teil 1, D., II., (3))
2060In einer eingeführten, als „Kooperationsvereinbarung“ überschriebenen Unterlagesind zwischen Z21 (dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der X1 AG), dem Zeugen J6 als „Generalbevollmächtigter“ der Zeugin T3 und den Angeklagten K und E strategische Überlegungen festgehalten, die sich zum einen mit einem Ankauf von Aktien der X1 AG in einem Volumen von 500 bis 750 Millionen € sowie zum anderen mit der Umsetzung zu erstellender oder umfassend zu sanierender Warenhäuser befassten, für welche die X1 AG langfristige Mietverträge mit bonitätsstarken Mietern „verschaffen“ solle. Die Aktien sollten von Gesellschaften gekauft werden, deren Gesellschafter „aus dem Umfeld“ von SOP und aus Kunden der Vermögensverwaltung der OEH-Gesellschaften bestehen sollten. Die Verzinsung des Aktienkaufpreises mit 4 bis 5 % sollte den Gesellschaften durch nicht genannte Sicherungsgeber garantiert werden. Bei der Veräußerung der Aktien sollten die erzielten Gewinne zu 35 bis 45 % den Gesellschaften und zu 55 bis 65 % den Garantiegebern zukommen. Hinsichtlich des dort näher beschriebenen Ankaufs der Warenhäuser und ihrer Vermietung war ebenfalls ein Erwerb durch Gesellschaften der OEH vorgesehen, deren Gesellschafter wiederum „aus dem Umfeld“ von SOP und aus Kunden der Vermögensverwaltung bestehen sollten. Die Zeugin T3 sollte zur „Realisierung“ dieser Pläne mit einer noch zu bestimmenden OEH-Gesellschaft einen „Gesamtvermögensverwaltungsvertrag“ abschließen.
2061Diese Planungen sind in einem weiteren in die Hauptverhandlung eingeführten, mit „Unternehmerische Ziele im ENTWURF“ bezeichneten Schriftstück wiedergegeb, das den Inhalt einer weiteren „Besprechung vom 17.10.2002“ zwischen dem Zeugen J6 und den Angeklagten K und E wiedergeben soll. Danach wurden die Inhalte der Überlegungen der genannten Gesprächsteilnehmer sowie des damaligen X1-Vorstandsvorsitzenden Z21 „in der Zeit vom 19.02.2001 bis heute“ erörtert, die den vorstehend skizzierten Planungen entsprachen und lediglich hinsichtlich Beträgen und Zeiten näher konkretisierten. Als Ergebnis der „Besprechung vom 17.02.2002“ wurde in dem Dokument als „Vereinbarung vom 17.02.2002“ unter anderem festgehalten, es sollten „3 GbR’s“ gegründet werden, die jeweils 4,9 % Aktien an der X1 AG mit einem Gesamtwert von ca. 750 Millionen € erwerben sollten. Außerdem sollte X1 innerhalb von sechs bis acht Jahren ein Immobilienvolumen mit einer Startmiete von „ca. 155,39 – 184,07 Mio. € p.a“ mit OEH-Gesellschaften verwirklichen. Außerdem sollten X1 und die OEH-Gesellschaften versuchen, ein „Gesamtinvestitionsvolumen von ca. 7,67 Mrd. € (Startmiete ca. 442,27 Mio. € p. a.) zu realisieren.“ Auch in dieser „Vereinbarung“ wurde der Abschluss eines Gesamtvermögensverwaltungsvertrags zwischen der Zeugin T3 und einer Gesellschaft der OEH vereinbart. Zur Führungsstruktur der X1 AG enthielt der „ENTWURF“ die Erwartung, dass „die einvernehmliche partnerschaftliche Durchführung der vorgenannten Punkte … unter Sicherstellung“ erfolge, „dass die Führungsspitze, Vorstand und AR-Struktur mindestens fünf Jahre und länger erhalten bleiben, um den angestrebten Erfolg zu ermöglichen.“
2062Beide vorgenannten schriftlichen Unterlagen sind zwar nicht unterschrieben worden. Die Kammer ist jedoch ungeachtet der fehlenden Unterschriften davon überzeugt, dass sie die festgestellten Planungen abbilden. So haben jedenfalls die Zeugen Schickdanz und J6 den in den beiden Schriftstücken erwähnten – seinerseits eingeführten – Gesamtvermögensverwaltungsvertrag für die Zeugin T3 und ihre Unternehmen mit Beginn zum 1. Dezember 2003 und einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2016 unterzeichnet. Beide Zeugen haben den Abschluss des Vertrags in ihren Vernehmungen auch beschrieben. Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter haben angegeben, der Angeklagte E sei der Bank gegenüber als Vermögensverwalter der Zeugin T3 aufgetreten. Wie festgestellt – und von ihm insofern bestätigt – hat er auch gerade im September 2008 die maßgeblichen Gespräche zwischen SOP und der Zeugin T3 geführt. Mit Blick darauf, dass E dabei – wie festgestellt – keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen ausdrücklich mit Wirkung für die Zeugin T3 bzw. ihrer Gesellschaften abgab, sondern lediglich die Verhandlungen mit ihr führte, musste die Kammer nicht abschließend entscheiden, ob der vom Angeklagten E selbst nicht unterschriebene Vermögungsverwaltungsvertrag als solcher rechtliche Wirksamkeit erlangt hatte.
2063Darüber hinaus hat die Kammer eine auf den 24. Mai 2004 datierte „Ergänzung der Vereinbarung vom 17.10.2002“ eingeführt, die sich auf die der niedergelegten Erwartung einer über mehrere Jahre unveränderten Firmenspitze bei X1 bezieht und auf den inzwischen aber eingetretenen Vorstandswechsel von Z21 auf Z22 und dessen mögliche Auswechselung durch den Zeugen Dr. N9 reagierte. Dieses Dokument, das über die „Vereinbarung vom 17.10.2002“ auch die Brücke zu der für den 19. Februar 2001 beschriebenen „Kooperationsvereinbarung“ schlägt, hat jedenfalls der Angeklagte K unterzeichnet.
2064Darüber hinaus sind zahlreiche Bestandteile der genannten Planungen – wie festgestellt – in der Folgezeit umgesetzt bzw. umzusetzen versucht worden. So sind nicht nur von Gesellschaften der OEH fünf Warenhausimmobilien von X1 erworben und an diese zurückvermietet worden. Vielmehr sind auch die Planungen eines weiteren umfangreichen Erwerbs von knapp 60 X1-Immobilien im Herbst 2002 zunächst am Widerspruch des Zeugen N2 gescheitert, der in der Folge auf Betreiben des damaligen SOP-Aktionärsausschussvorsitzenden Oc die Bank verließ (s. oben Teil 1, D. II, (15)). Aktien der X1 AG sind in den Jahren 2001 bis 2005 tatsächlich – entsprechend den Planungen – mit Finanzmitteln von mehr als 700 Millionen € von der Zeugin T3 bzw. ihren Firmen erworben worden.
2065Dass die Zeugin T3 mit Blick auf den beabsichtigten Zukauf erheblicher weiterer X1-Aktien zur Vermeidung von Pflichtangeboten nach dem WpÜG ihren Stimmrechtsanteil schon 2001 auf 30 % steigern wollte, haben nicht nur die Zeugen T3 und J6, sondern auch der Zeuge Dr. T12 berichtet. Ebenso haben die Zeugen T3 und J6 den Erwerb der Fondsanteile an der KölnMesse und „X7“ beschrieben, dessen Finanzierung in den eingeführten Kreditprotokollen zu den weiteren Kreditengagements für die Aktienankäufe niedergelegt ist. Die dem Zeugen J6 von seiner Frau eingeräumte Generalvollmacht ist eingeführt worden.
2066Die Feststellungen zu den „strategischen Überlegungen“ sind zudem ohne weiteres mit den Einlassungen der Angeklagten in Einklang zu bringen. Der Angeklagte K hat berichtet, die Beziehung der Bank zur Zeugin T3 reiche bis zu Beginn der 2000er Jahre zurück. Der Angeklagte O hat die Wichtigkeit der schon in der Ära seines Vaters gewachsenen strategischen Beziehung der Bank zur Zeugin T3 betont. Beim Angeklagten E habe es zu X1 viele Überlegungen gegeben. Diese hätten sowohl die Hebung und den späteren Kauf bzw. Verkauf der Konzernimmobilien als auch den Erwerb von X1-Aktien durch die Zeugin T3 betroffen. Der Angeklagte J hat – ohne den getroffenen Feststellungen zu widersprechen – lediglich angegeben, bis zur Übernahme seiner Stellung als persönlich haftender Gesellschafter nicht in die beschriebenen Vorgänge einbezogen gewesen zu sein. Er habe nicht gewusst, welche Pläne andere Familienmitglieder damit verfolgt hätten. Der Angeklagte P hat sich lediglich dahin erklärt, die Kredite an die Zeugin T3 und die I6 AG seien ihm natürlich bekannt gewesen. Der Zeuge W4 hat ausgesagt, schon Anfang 2000 sei im Bankhaus die Idee aufgekommen, dass X1 mehr wert sei als der Aktienkurs es darstelle und man sich mehr beteiligen solle. In der Folge habe T3 ab 2001 Aktien der X1 erworben.
V. Feststellungen zum I6-I-Darlehen („I5“-Darlehen; Teil 1, D., II., (4))
2067Die Feststellungen zu dem mit den Angaben der Angeklagten übereinstimmenden Aktienerwerb im Jahr 2001 sowie zum Abschluss, den näheren Inhalten und Einzelheiten sowie Umständen des „I5“-Darlehens aus dem Jahr 2001 beruhen auf den eingeführten Vertragsurkunden und den ergänzenden Aussagen der Zeugen T3 und J6. Der Zeuge J6 hat den im Verwendungszweck des Darlehensvertrages beschriebenen Aktienerwerb näher dargestellt und ausgesagt, er selbst habe die I6 AG für seine Frau gegründet. Die I6 AG habe die Aktien treuhänderisch für seine Frau gehalten. Letzteres ergibt sich zudem aus dem Darlehensvertrag zwischen SOP und der I6 AG selbst. Anfangs sei, weil das schweizer Recht das vorgesehen habe, ein Schweizer deren Präsident gewesen, später habe er diese Funktion ausgeübt. Der Zeuge J6 hat – insofern bestätigt durch den Zeugen Dr. T12 – ausgesagt, der Aktienerwerb sei mit Blick auf die zum 1. Januar 2002 in Kraft tretende Änderung des WpÜG noch im Jahr 2001 erfolgt. Die festgestellten Inhalte des Nachtrags vom 29. November 2002 beruhen auf der eingeführten bankinternen Notiz des Zeugen G2 hierzu vom 19. August 2004.
VI. Feststellungen zur Begleitung des „I5“-Darlehens in der Bank (Teil 1, D., II., (5))
2068Die Feststellungen zur Begleitung des „I5“-Darlehens bei SOP beruhen auf den Aussagen der dazu vernommenen Zeugen W4, N8 und C9. Der Inhalt des Berichts vom 1. Oktober 2002 beruht auf der eingeführten schriftlichen „Notiz“ des Zeugen N8 vom selben Tag. Die Feststellungen zum Inhalt der Notiz vom 30. August 2004 sowie zur Herabsetzung des Ratings der I6 AG und zur Übernahme in die Intensivbetreuung beruhen auf der eingeführten entsprechenden schriftlichen Notiz des SOP-Mitarbeiters Z36 sowie den Bekundungen der Zeugen C9 und G2. In der Notiz ist unter Hinweis auf „Gespräche auf Partnerebene“ zwischen den Angeklagten P und J die Entscheidung für die Überleitung des Engagements in die Intensivbetreuung festgehalten worden. Die Zeugen C9 und G2 haben ausgesagt, nach der Übernahme in die Intensivbetreuung sei der Aktienkurs nicht nur durch die Zeugin F5 – was diese bestätigt hat – beobachtet worden. Vielmehr sei der X1-Konzern unverändert vom Zeugen C9 „gemonitored“ und „ge-covered“ worden.
VII. Feststellungen zum „T3“-Kredit und seiner Besprechung in der Partnerschaft (Teil 1, D. II., (6))
2069Die Feststellungen zur Weigerung der Zeugin T3, für den „I5“-Kredit nach dem Sinken des Aktienkurses die persönliche Haftung zu übernehmen, und zu den Planungen für den erwogenen Kredit über 170 Millionen € beruhen auf dem eingeführten Protokoll der Partnersitzung vom 29. Oktober 2004 und den ergänzenden Angaben des Zeugen G2, der das Protokoll am 8. November 2004 verfasste.
2070Die Feststellungen zum Abschluss, den Inhalten und den Einzelheiten des Kreditvertrags über 170 Millionen € zur Zeichnung der Kapitalerhöhung bei X1, den dafür eingeräumtem Sicherheiten und der Möglichkeit, bis zu einem Kurs von 5,00 € auch X1-Aktien als Sicherheit anbieten zu können, beruhen auf dem eingeführten schriftlichen Darlehensvertrag vom 4. bzw. 12. November 2004 nebst Verpfändungserklärungen und Anlagen sowie dem gleichfalls eingeführten Vertrag über die Erbringung von Langfristeinlagen vom 14. November 2004.
2071Die Feststellungen zu den Inhalten der Besprechung vom 9. November 2004 innerhalb der Partnerschaft und den dabei gefassten Entscheidungen beruhen auf dem eingeführten, vom Zeugen G2 unterzeichneten Protokoll der Partnersitzung dieses Tages. Die Überführung des Engagements in den Bereich Private Banking hat der Angeklagte P in seiner Einlassung zusätzlich hervorgehoben. Die bereits erfolgte Anregung einer Nachbesicherung infolge des gesunkenen Aktienkurses ergibt sich ferner aus der eingeführten E-Mail des Zeugen G2 an die Angeklagten J und P vom 20. Oktober 2004, die in Kopie auch an die Angeklagten K und O gesendet wurde.
VIII. Feststellungen zum Gespräch in X19 (Teil 1, D., II., (7))
2072Die Feststellungen zum X19-Gespräch beruhen auf den glaubhaften Aussagen der Zeugen J6 und T3, die durch die entsprechenden Bekundungen des Zeugen Dr. N9 bestätigt worden sind. Die dabei besprochenen, in den Feststellungen dargestellten Planungen waren bereits in großen Teilen in einer Besprechung vom 26. Juni 2004 zwischen dem Angeklagten E und den Zeugen T3, J6 und Dr. N9 erörtert worden. Der Inhalt dieser Besprechung aus Juni 2004 wurde protokolliert und vom Zeugen J6 sowie den Angeklagten K und E mit dem Zusatz "Zustimmend zur Kenntnis genommen und genehmigt – 28. Juni 2004“ unterschrieben. Das Protokoll jener Besprechung vom 26. Juni 2004 ist eingeführt worden. Der Zeuge Dr. F3 hat entsprechende Gespräche mit dem Zeugen Dr. N9 über ein „De-Listing“ der X1 AG bestätigt.
IX. Feststellungen zum I6 II-Kredit (Teil 1, D., II., (8))
2073Der Abschluss des mit den Einlassungen der Angeklagten korrespondierenden I6 II-Kredits am 15. April 2005 ist durch das Angebot der Bank vom 4. April 2005, das nur auszugsweise vorlag und entsprechend eingeführt worden ist, sowie das Schreiben der JEVV vom 15. April 2005 belegt, mit welchem der I6 „das Original der vom Bankhaus [...] gegengezeichneten Kreditvereinbarung über 50.000.000,00 €“ übersandt worden ist. Der Kredit ist zudem von den Zeugen T3 und J6 sowie unter anderem den Zeugen G2 und F5 als gewährt bestätigt worden.
2074Die Inhalte des Kreditprotokolls vom 4. April 2005 hat die Kammer aufgrund des entsprechend eingeführten Kreditprotokolls sowie der ergänzenden Angaben des Zeugen G2 festgestellt.
X. Feststellungen zum Y14-Kredit (Teil 1, D., II., (9))
2075Die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter haben sämtlich bestätigt, dass der Y14-Kredit – wie festgestellt – dazu diente, der Zeugin T3 durch Weiterleitung der Kreditvaluta von der Y14 den Ankauf weiterer X1-Aktien zu ermöglichen. Der Angeklagte P, dessen Erklärung insofern durch einen eingeführten Gedächtnisvermerk des ehemaligen persönlich haftenden Gesellschafters C7 und vom Angeklagten K bestätigt worden ist, hat sich dahin eingelassen, einer unmittelbaren Kreditgewährung an die Zeugin T3 widersprochen zu haben. Die Zeugen G2 und Dr. T12 haben beide glaubhaft bekundet, ein Kredit in dieser Höhe hätte – was die Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 bestätigt haben – zum Überschreiten der Großkreditgrenze mit den beschriebenen Folgerungen geführt. Das Schreiben der Y14 vom 12. April 2005 ist ebenso eingeführt worden wie der Gesellschaftsvertrag der Y14 in der Fassung seiner Änderung am 5. Oktober 2005 und das Kreditprotokoll vom 22. April 2005. Die Kreditverträge zwischen SOP und der Y14 vom 21. April 2005 und der Kreditvertrag zwischen der Y14 und der Zeugin T3 vom 25. April 2005 sind jeweils in die Hauptverhandlung eingeführt geworden. Ebenso ist die Gewinnverteilungsabrede, die im 2. Nachtrag zum Kreditvertrag zwischen der Y14 und T3 enthalten ist, in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Die von den Bürgen bzw. vom Angeklagten E für die benannten Firmen unterzeichneten Bürgschaftsvereinbarungen sowohl aus April als auch aus Oktober 2005 sind ihrerseits in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
2076Ergänzend hat sich der Zeuge G2 zum Inhalt des Kreditprotokolls und zu seinem dortigen Votum geäußert. Der Zeuge L2 hatte trotz Vorhalts der Urkunde keine nähere Erinnerung mehr an den Gegenstand seiner damaligen Befassung im Zuge der Erstellung des eingeführten Kreditprotokolls.
2077Während die Zeugin T3 sich an eine Vielzahl von Einzelheiten des Kreditvertrags nicht erinnerte, hat der Zeuge J6 – ohne Vorhalt der späteren Nachträge – von sich heraus angegeben, dass eine Gewinnverteilungsabrede zwischen seiner Frau und der Y14 bzw. den Bürgen getroffen worden sei.
2078Soweit der Angeklagte O angegeben hat, er habe aus der Bürgschaft keine Gewinne erzielen wollen, ist seine Einlassung zur Überzeugung der Kammer widerlegt. Die Einlassung des Angeklagten O war, wie an anderer Stelle näher dargetan werden wird, von der Tendenz zur Beschönigung bzw. Abschwächung eigener Fehler und Handlungen geprägt. Dass er die Übernahme der Bürgschaft mit einem Haftungsrisiko von 52 Millionen € ohne die Aussicht auf einen eigenen Vorteil zur Sicherheit dafür eingeräumt haben will, dass nicht „an der Bank vorbei Geschäfte gemacht werden“, hält die Kammer für unglaubhaft. Mag dies zunächst bei Übernahme der Bürgschaft so gewesen sein, ergibt sich aus einer in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail des Zeugen Dr. T12 vom 9. Juni 2009, dass über die Verteilung der Gewinne aus der Transaktion erst gesprochen werden sollte, wenn „das Fell des Bären“ erlegt war. Da die Beteiligten entweder miteinander verwandt oder aus langjährigen Geschäftsbeziehungen vertraut waren, benötigte „niemand eine schriftliche Niederlegung der Vereinbarung“. In dieser an den Anklagten O gerichteten E-Mail, die in Kopie an den Angeklagten J ging, hat der Zeuge Dr. T12 ein mit dem Angeklagten O betreffend den Sachverhalt Y14 geführtes Gespräch zusammengefasst. Die Verteilung des „Fell des Bären“ gibt also einen Gesprächsinhalt wieder. Dem Zeugen Dr. T12 ist die E-Mail im Rahmen seiner Vernehmung vorgehalten worden. Er konnte sich sehr präzise an den Hintergrund und Ablauf des Gesprächs mit dem Angeklagten O erinnern. Er habe den Gesprächsinhalt dann zusammengefasst, weil er sicher gehen wollte, alles richtig verstanden zu haben. Dabei habe er den Duktus des Gesprächs so gelassen, wie es stattgefunden habe. Der Angeklagte O habe dieser Gesprächszusammenfassung auch nicht widersprochen.
2079Vom Inhalt der Gespräche in der Partnersitzung vom 26. April 2005 konnte sich die Kammer bereits anhand des eingeführten Sitzungsprotokolls überzeugen. Soweit dort vom dazu vernommenen Zeugen G2 als Protokollführer festgehalten worden ist, der Kredit werde auch ohne exakte Kenntnis des Verwendungszwecks gewährt, haben alle angeklagten Partner bestätigt, von der Weiterleitung des Kredits an die Zeugin T3 gewusst zu haben. Sie kannten auch den Vertrag zwischen der Y14 und SOP. Für die Kammer lässt die Formulierung im Partnerprotokoll, ebenso wie diejenige im nichtssagenden Verwendungszweck des Kreditprotokolls („Bereitstellung von Liquidität“) daher nur den Schluss zu, dass die tatsächliche Verwendung des Kredits nach außen – vor allem gegenüber den Abschlussprüfern und der Aufsicht – verschleiert werden sollte.
2080Der Vertrag über den Verkauf der Y14-Geschäftsanteile des angeklagten ursprünglichen Alleingesellschafters E an die H9 AG vom 21. Juni 2005 ist eingeführt worden. Die Feststellungen zum diesbetreffenden Kreditprotokoll beruhen auf dessen Einführung.
2081Die Kammer ist davon überzeugt, dass nicht nur die am Übertragungsvertrag beteiligten Angeklagten K und O, sondern auch der Angeklagte J von der festgestellten Zusammensetzung der H9 AG wussten. Der Angeklagte K hat insofern glaubhaft erklärt, den Angeklagten J im Zusammenhang mit dieser – in den Worten Ks – „Umhängung " benachrichtigt zu haben. Hierzu hat der Angeklagte K anschaulich und freimütig ausgeführt, der Gesellschafterkreis habe „ja so gestaltet werden müssen, dass er keinem mehrheitlich zugeordnet werden könne und damit vielleicht als Organkredit qualifiziert werden könnte“. Darüber habe er – natürlich - mit dem Angeklagten J, den er mehrfach plastisch als „Risikominister“ bezeichnet hat, gesprochen. Dann „habe M6 – Freund von J – auch ein Gutachten gemacht, was im Kern ja sagt, dass durch die Konstruktion besondere Meldepflichten nicht bestehen. Sehr verkürzt jetzt“. Die Kammer hat keinen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Angeklagten K. Dieser hat auch, wenn er sich an Gespräche betreffend die H9 nicht mehr genau erinnern konnte, dies offen eingeräumt. So hat er deutlich gemacht, sich nicht mehr zu erinnern, ob er auch mit dem Angeklagten P über die Gesellschafterstruktur der H9 gesprochen hat. Dies lag tatsächlich auch tatsächlich nicht so nahe wie ein Gespräch mit dem für das Kreditressort zuständigen Angeklagten J.
2082Der Angeklagte O hat ebenfalls berichtet, mit dem Angeklagten J über die Zusammensetzung der H9 gesprochen zu haben. Er konnte allerdings den Zeitpunkt des Gesprächs nicht näher zuordnen. Die Zeugen Dr. T12 und G2 haben beide übereinstimmend und überzeugend im Zusammenhang mit dem so genannten „ M6-Gutachten“ (s. oben Teil 1, D., II., (11)) bekundet, mit dem Angeklagten J darüber gesprochen zu haben, ob eine Kreditnehmereinheit mit T3 / I6 / X1 vorliege. Auch wenn sie dabei keine Angaben über die Zusammensetzung der H9 erfuhren, hält es die Kammer für ausgeschlossen, dass der für das Risikomanagement zuständige Angeklagte J, der diese Frage auf Empfehlung des Zeugen Dr. T12 schließlich durch den mit ihm befreundeten Zeugen Dr. M6 anwaltlich aufbereiten ließ, die Zusammensetzung der H9 nicht kannte. Insofern ist seine bestreitende Einlassung in der Gesamtwürdigung mit den Angaben der Angeklagten K und O als bloße Schutzbehauptung widerlegt.
2083Hinsichtlich des Angeklagten P hat sich die Kammer hingegen nicht mit letzter Sicherheit davon überzeugen können, dass auch er die personelle Zusammensetzung der H9-Gesellschafter kannte. Zwar erscheint die Einlassung Ps insofern insgesamt höchst befremdlich. So hat er angeben, seine Partner zu keiner Zeit nach näheren Informationen gefragt zu haben. Den Geschäftsführer der H9, der zugleich Direktor des SOP-Bankhauses in der Schweiz war, habe er zwar angerufen. Dieser habe ihm jedoch die Auskunft mit Blick auf das schweizerische Bankgeheimnis verweigert. Weitere Nachforschungen habe er nicht mehr angestellt. Er habe mit diesen Versuchen aus seiner Sicht „alles Gebotene“ unternommen, um die gewünschte Information zu bekommen. Aus welchem Grund der Angeklagte P, wenn er denn tatsächlich an dem Gesellschafterkreis der H9 interessiert war, nicht einfach seine Partnerkollegen gefragt hat, erschließt sich der Kammer nicht. Der Angeklagte hat sich zwar dahin eingelassen, dass er „da vielleicht keine Antwort bekommen hätte“. Dies schließt allerdings eine Frage nicht aus, zumal der Angeklagte P im Jahr 2005 sehr gut in die Partnerschaft eingebunden war und das Investment Banking große Gewinne machte.
2084Die Angeklagten K und O konnten aber nicht sicher bestätigen, den Angeklagten P schon seinerzeit über die Zusammensetzung der H9 AG aufgeklärt zu haben. Das Bestreiten des Angeklagten P konnte die Kammer daher nicht sicher widerlegen. In diesem Zusammenhang schließt die Kammer aber aus, dass die Angeklagten K und O in diesem Punkt den Angeklagten J zu Unrecht belastet oder umgekehrt den Angeklagten P zu Unrecht entlastet haben. Anhaltspunkte hierfür haben sich nicht ergeben. Das gilt umso mehr, als sie beide im Jahr 2009 über die Umstände des Ausscheidens der Angeklagten J und P gleichermaßen erstaunt und verärgert waren. Auch das zeigt die Zuverlässigkeit und Belastbarkeit ihrer differenzierten Angaben an.
XI. Feststellungen zu den Nachfragen der Aufsicht (Teil 1, D., II., (10))
2085Die Feststellungen zu den Nachfragen der Aufsicht und deren Beantwortung beruhen auf den eingeführten Schreiben der Deutschen Bundesbank und der BaFin sowie den gleichfalls eingeführten jeweiligen Antwortschreiben des Bankhauses. Ferner hat die Kammer dazu die der internen Abstimmung der Partner dienenden Entwürfe der Antwortschreiben zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht.
XII. Feststellungen zum sog. „ M6-Gutachten“ (Teil 1, D., II., (11))
2086Das sog. „ M6-Gutachten“ vom 17. Juni 2005 hat die Kammer eingeführt. Der Zeuge Dr. M6 hat insofern zulässigerweise keine Fragen beantwortet. Die Zeugen Dr. T12 und G2 haben beide ausgeführt, mit dem Angeklagten J die Problematik der Kreditnehmereinheit bzw. Großkreditgrenze erörtert zu haben. Der Zeuge Dr. T12 hat dazu – wie festgestellt – ausgesagt. Die Feststellungen werden zudem durch die Angaben der Angeklagten K, O und J bestätigt, die sämtlich angegeben haben, der Angeklagte J habe ein Gutachten beim Zeugen Dr. M6 in Auftrag gegeben.
2087Die weitergehenden Feststellungen zum H8-Bericht (s. oben Teil 1, D. IV., 28) werden an anderer Stelle in ihrer Herleitung gewürdigt. Dass SOP die Y14 und T3 seit dem 18. Juni 2009 als Kreditnehmereinheit führte, hat H8 im entsprechend eingeführten Bericht festgehalten. Dass dies auf Drängen der CSSF erfolgte, hat die Kammer an anderer Stelle näher festgestellt und wird dort entsprechend hergeleitet (s. oben Teil 1, D. IV., 23).
XIII. Feststellungen zu den Veränderungen im Kreditverhältnis Y14/T3 (Teil 1., D., II., (12))
2088Die dem Vertrag zwischen der Y14 und der Zeugin T3 nachfolgenden vier Ergänzungen (1. bis 4. Nachtrag) hat die Kammer durch die entsprechenden Urkunden zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht.
XIV. Feststellungen zur Struktur des X1-Konzern (Teil 1, D. II., (13))
2089Die Feststellungen zur Stuktur des X1-Konzerns beruhen auf dem eingeführten 1. Bericht des Insolvenzverwalters der X1 AG zum 9. November 2009 und den Darstellungen in der ebenfalls zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten, von X20 erstellten Vorlage für den Bürgschaftsausschuss des Bundes, zu welcher der Zeuge Q1 ergänzend vernommen worden ist. Einen ergänzenden Überblick über die Struktur des Konzerns haben auch der Angeklagte J in seiner Einlassung sowie die Zeugen Dr. N9 und Dr. F4 vermittelt. Der Zeuge Dr. N9 hat ebenfalls – wie festgestellt – die voneinander streng abgegrenzten Finanzierungskreise von H4 und den sonstigen X1-Segmenten erläutert. Die Separierung des Finanzkreislaufs der H4 gegenüber X1 ist zudem im eingeführten Kreditprotokoll der Bank vom 13. Juni 2008 hervorgehoben (s. oben Teil 1., D., II., 29). Weitere Einzelheiten zur H4 sind überdies im Zuge des Ankaufs der Anteile der H4 AG von der Q35 AG und der Zusammenführung mit der H4a Group plc. festgestellt und dort besonders gewürdigt (s. oben Teil 1., D., II., 23).
XV. Feststellungen zu den K--Warenhäusern als Immobilienfonds (Teil 1, D., II., (14))
2090Die getroffenen Feststellungen zu den K--Warenhäusern als Immobilienfonds beruhen auf dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters der X1 AG sowie der Darstellung in der von X20 erstellten Vorlage für den Bürgschaftsausschuss sowie den ebenfalls zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Berichten der Q41 vom 26. Juni 2009 und von H8 vom 23. Oktober 2009 für die BaFin. Die Angeklagten K, O und P haben zudem bestätigt, an Fonds beteiligt gewesen zu sein, deren Mieterin die X1 AG war. Der Angeklagte O hat diese Beteiligungen teilweise im Erbgang von seinem Vater erworben.
XVI. Feststellungen zu den Bewertungen der Fachabteilungen für 2002 und 2003 (Teil 1, D., II., (15))
2091Zu den zu seinem späteren Ausscheiden führenden Umständen im Zusammenhang mit der Partnersitzung Ende September 2002 hat der Zeuge N2 wie festgestellt bekundet. Von der Richtigkeit seiner Angaben ist die Kammer überzeugt. Der Zeuge N2 hat den Sachverhalt trotz des Zeitablaufs aus einer lebendig gebliebenen Erinnerung heraus detailliert und anschaulich geschildert. Mit Blick auf die einschneidenden Wirkungen der Geschehnisse vor allem für sein berufliches Leben ist die über so lange Zeit aufrecht erhalten gebliebene Erinnerung gut verständlich. Der Zeuge N2 hat dazu authentisch geschildert, er habe sich bis zu diesem Vorfall in der Bank höchst wohl gefühlt. Wenn man ihn zwei Tage vor der Sitzung gefragt hätte, wo er sich für den Rest seines Berufslebens sehe, dann hätte er geantwortet: „Bei O“. Die Eskalation im Zusammenhang mit der Partnersitzung sei für ihn plötzlich und völlig unerwartet gekommen. Nach seinen kritischen Äußerungen sei er zur „Unperson“ geworden. Der damalige Aufsichtsrats- und Aktionärsausschussvorsitzende Oc habe seine Forderung nach weiteren Informationen und einer due dilligence-Prüfung mit dem Satz erwidert: „Ich nehme Ihre Kündigung entgegen.“ Seine Angaben werden durch sein zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachtes Schreiben an Oc vom 10. Oktober 2002 unterlegt. In diesem hat er ausgeführt, er habe keinesfalls eine Kündigung erklärt. Vielmehr habe er in einem Telefonat mit dem Angeklagten K am 3. Oktober 2002, in dem es um eine unwiderrufliche Bereitstellung einer Off-Balance-Sheet-Finanzierung von 6 Milliarden D-Mark für geschlossene Immobilienfonds für die X1 AG gegangen sei, lediglich erklärt, dass hierfür ein Beschluss aller Partner erforderlich sei. Außerdem seien die Vorschriften des KWG einzuhalten. Das erfordere eine ausreichende Dokumentation und Kreditwürdigkeitsprüfung. Er werde lediglich ein solches Geschäft nicht mittragen.
2092Einen besonderen Belastungseifer hat die Kammer bei dem Zeugen N2 und seinen Schilderungen nicht erkannt. Das gilt umso mehr, als sich seine Äußerungen im Kern nicht gegen die Angeklagten, sondern gegen den längst verstorbenen ehemaligen Aufsichtsrats- und Aktionärsausschussvorsitzenden Oc richteten. Nach inzwischen mehr als 13 Jahren seit diesen Geschehnissen hat der Zeuge seine Angaben mit einigem persönlichen Abstand und differenziert vorgebracht.
2093Der Inhalt des Berichts vom 1. Oktober 2002 beruht auf der eingeführten schriftlichen „Notiz“ des Zeugen N8 hierzu vom selben Tag. Die Feststellungen zum Gespräch des Zeugen W4 in Essen und der Herabsenkung des X1-Ratings beruhen auf der „Besuchsnotiz“ dieses Zeugen vom 4. Oktober 2002, die Gegenstand der Hauptverhandlung war.
2094Die Feststellungen zum wiedergegebenen Inhalt sowie zur bankinternen Auswertung des X1-Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2003 am 30. Juni 2004 beruhen auf der eingeführten entsprechenden „Notiz der Kreditabteilung“ sowie den ergänzenden Angaben ihres Verfassers, dem Zeugen C9.
XVII. Feststellungen zur wirtschaftlichen Anspannung im Frühjahr 2004 (Teil 1, D., II.,(16))
2095Das dazu eingeführte „Memorandum“ zum „Sofortprogramm Finanzen und Portfolio“ des damaligen Vorstandsvorsitzenden der X1 AG Z21 aus März 2004 gibt die Lage der X1 AG und des Gesamtkonzerns wie festgestellt wieder.
XVIII. Feststellungen zum Eintritt des Zeugen Dr. N9 bei X1 (Teil 1, D., II., (17))
2096Die Feststellungen zu den Wechseln innerhalb der Führungsriege bei X1 und dem Eintritt des Zeugen Dr. N9 beruhen auf den Bekundungen des Zeugen Dr. N9 sowie ergänzend dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters. Die Zeugin T3 hat – insofern bestätigt durch ihren Ehemann, den Zeugen M13, und im Einklang mit den Schilderungen des Zeugen Dr. N9 – erklärt, der Angeklagte E habe sie bei Fortdauern der X1-Krise damit angesprochen: „Dann bringe ich Dir den N9!“
2097Die Feststellungen zum Inhalt der „Ergänzungen zur Vereinbarung vom 17.10.2002“ beruhen auf der eingeführten schriftlichen Unterlage, die bereits umfassend gewürdigt worden ist (s. oben Teil 2, C., III, 3).
XIX. Feststellungen zur Einschätzung der X1 AG durch SOP (Teil 1, D., II., (18))
2098Die Feststellungen zu der Einschätzung des Zeugen C9 im August 2004 beruhen auf den Bekundungen des Zeugen, der den Inhalt seiner ihm vorgehalten Notiz entsprechend bestätigt hat.
2099Die Feststellungen zur Herabsetzung des Ratings der X1 AG und zur Übernahme des Engagements in die Intensivbetreuung beruhen auf der eingeführten entsprechenden schriftlichen Notiz des SOP-Mitarbeiters Z36 vom 30. August 2004 sowie den Bekundungen der Zeugen C9 und G2. In der Notiz ist unter Hinweis auf „Gespräche auf Partnerebene“ zwischen den Angeklagten P und J die Entscheidung für die Überleitung des Engagements in die Intensivbetreuung festgehalten worden.
XX. Feststellungen zum Restrukturierungskonzept 2004 (Teil 1, D., II., (19))
2100Die Feststellungen zum Restrukturierungskonzept 2004 und den damit verbundenen Planungen einschließlich der Einbeziehung von SOP und der sonstigen kreditgebenden Banken beruhen auf den dazu eingeführten umfangreichen schriftlichen Unterlagen, nämlich dem Kreditprotokoll vom 17. September 2004, der Notiz des Zeugen W4 ebenfalls vom 17. September 2004, der Notiz vom 6. Oktober 2004 der Zeugen G2 und C9 mit dem „Thema KQ AG; ... Bitte um Verzicht auf strengen Konsortialvorbehalt“ mit der Übersicht der bilateralen Kreditlinien unter Konsortialvorbehalt, sowie der E-Mail des Zeugen W4 vom 6. Oktober 2004 („Öffnung Konsortialvorbehalt“). Auf der Notiz der Zeugen G2 und C9 vom 7. Oktober 2004 wurde von den damaligen Partnern der Verzicht genehmigt. Ergänzend zu diesen Urkunden haben die Zeugen G2 und C9 unter Vorhalt der Unterlagen zum Zwecke der Gedächtnisstützung im Sinne der Feststellungen bekundet.
XXI. Feststellungen zum „ersten“ Konsortialkredit aus 2004 (Teil 1, D., II., (20))
2101Die Feststellungen zum „ersten“ Konsortialkredit aus dem Jahr 2004 und seiner Begleitung im und durch das Bankhaus werden durch Inhalt und Darstellung im Kreditprotokoll zur „Umschuldung aller Bankenlinien durch einen Konsortialkredit“ vom 8. November 2004 sowie die Darstellungen der X1 AG vom 24. Januar 2005 mit der Überschrift „Restrukturierung KQ-Konzern, Zwischenfinanzierung Banken“ belegt, welche die Kammer zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht hat. Den Zeugen C9 und W4 sind die Unterlagen zur Gedächtnisstütze vorgehalten worden. Sie haben ihre Inhalte bestätigt. Der Zeuge W4 hat erläutert, der Kredit habe im Bankhaus „sehr unter Beobachtung“ gestanden.
XXII. Feststellungen zum weiteren Finanzierungsbedarf des X1-Konzerns (Teil 1, D., II., (21))
2102Die Feststellungen zum weiteren Finanzierungsbedarf des X1-Konzerns beruhen auf den eingeführten Darstellungen der X1 AG vom 24. Januar 2005 mit der Überschrift „Restrukturierung KQ-Konzern, Zwischenfinanzierung Banken“ sowie den Aussagen der Zeugen P2 und C9, denen zur Auffrischung ihres Gedächtnisses die von ihnen verfassten und wiedererkannten „Notizen“, „Reportings“ und „Halbjahresberichte“ aus der Zeit von April bis November 2005 vorgehalten und von ihnen – den Feststellungen entsprechend – näher erläutert worden sind. Der Zeuge C9 hat seine ihm vorgehaltene handschriftlich verfasste und an den Zeugen G2 gerichtete Notiz wiedererkannt, mit denen er die Darstellungen und Pläne der X1 AG nach den tatsächlich deutlichen Abweichungen mit der Bemerkung „das ist fast nur heiße Luft“ abgewertet hat. Dazu hat er anschaulich und unter näherer Darstellung der von ihm stammenden Analysen bekundet, X1 habe durchweg die sich selbst gesetzten Ziele unterschritten. X1 sei es nicht gelungen, seinen Cash Flow aus den operativen Geschäften zu generieren, sondern allein aus Desinvestitionserlösen. Pläne seien ständig unterschritten worden, das Geschäftsmodell habe einfach nicht funktioniert. Der Zeuge C9, der das Kreditengagement X1 als Analyst und Votierer der Kreditabteilung über Jahre begleitet hat, hat sich an die Vorgänge um die X1 AG sehr präzise erinnert und diese und plastisch beschrieben. Hiermit übereinstimmend hat der Zeuge P2 ausgesagt, die Ziele der X1 AG seien aus Sicht der Kreditabteilung sehr ambitioniert gewesen und nie eingehalten worden. Die Risikoqualität habe sich über die Jahre zunehmend verschlechtert. Der Zeuge C9 hat berichtet, er habe große Zweifel am Geschäftsmodell der X1 gehegt und diese auch gegenüber dem Zeugen G2 und den Partnern geäußert. Als große Teile der Planungen schon umgesetzt gewesen seien, habe sich weiter offenbart, dass die Konzepte ihre Wirkungen und Ergebnisse nahezu völlig verfehlt hätten.
XXIII. Feststellungen zur Veräußerung des Immobilienbestandes (Teil 1, D., II., (22))
2103Die Feststellungen zur Veräußerung des Immobilienbestandes und der zeitnahen weiteren wirtschaftlichen Entwicklung bei der X1 AG beruhen auf dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters der X1 AG, der Darstellung in der von X20 erstellten Vorlage für den Bürgschaftsausschuss, der X1-Präsentation „Wertmaximierungsstrategien“ vom 26. März 2006, der Rothschild-Präsentation „Projekt High Street“ vom 26. März 2009 sowie der Präsentation für den Aufsichtsrat der X1 AG am 25. April 2006, die sämtlich in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.
2104Darüber hinaus haben die Zeugen Dr. N9 und Dr. F3 den Feststellungen entsprechend ausgesagt. Dr. F3 hat „High Street“ als Befreiungsschlag für X1 bezeichnet, der aber rasch gescheitert sei. Der „Cashabfluss“ aus dem Unternehmen sei nicht zu stoppen gewesen. Schon kurze Zeit später sei dann der Verkauf der Anteile an der Immobilienbeteiligung („High Street II“) initiiert worden. Das hat auch vor allem der Zeuge C9 unter Bezug auf die festgestellte Geschäftsentwicklung betont. Als der bis dahin bestehende Kredit über 25 Millionen € im Sommer 2006 mithilfe des Immobilienverkaufs von X1 zurückgeführt worden sei, habe sich – so die Zeugen W4, C9 und P2 übereinstimmend – in der Kreditabteilung „große Erleichterung“ breit gemacht. Der Zeuge C9 konnte sich nach Vorhalt seiner E-Mail wieder daran erinnern, seinem Kollegen P2 geschrieben zu haben, „wir sollten beten, dass wir jetzt nicht auf bilaterale Betriebsmittelkredite angesprochen werden.“
2105Die festgestellten Belastungen aus dem Immobilienverkauf sind durch die Darstellung in der von X20 erstellten Vorlage für den Bürgschaftsausschuss belegt. Der Zeuge C9 hat sie nach Verweis auf seine ihm vorgehaltene Auswertung des X1-Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2006 aus Mai 2007 bestätigt und hervorgehoben. Die Bonität der X1 AG habe – was er deutlich zum Ausdruck gebracht habe – nicht ausgereicht, einen ungesicherten Kredit zu erhalten. Die Feststellungen zur saisonalen „Working Capital Facility“ beruhen auf dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters.
XXIV. Feststellungen zum Zukauf der weiteren 50 % der Anteile an der H4 AG (Teil 1, D., II., (23))
2106Die Feststellungen zum Ankauf der weiteren 50 % der Anteile an der H4 AG durch die X1 AG und der Zusammenlegung mit der H4a Group plc. zur H4 beruhen auf dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters, dem Geschäftsbericht des X1-Konzerns 2007 und den Darstellungen in der von X20 erstellten Vorlage für den Bürgschaftsausschuss. Diese Unterlagen hat die Kammer in die Hauptverhandlung eingeführt.
XXV. Feststellungen zu den wesentlichen Veränderungen bei X1 (Teil 1, D., II., 24)
2107Die festgestellten wesentlichen Veränderungen bei der X1 AG sind durch den 1. Bericht des Insolvenzverwalters sowie durch die ergänzenden Angaben des Zeugen Dr. F4 belegt. Die Zeugen C9 und Y5 haben ausgesagt, durch die Änderung des Abschlussstichtages habe sich die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse bei ihren Analysen deutlich erschwert.
XXVI. Feststellungen zum Konsortialkredit aus dem Jahr 2007 (Teil 1, D., II., (25))
2108Die Feststellungen zum Konsortialkredit und den eingeräumten Sicherheiten beruhen auf den Darstellungen der X1 AG vom 11. August 2008 mit der Überschrift "Prüfungsausschuss: Konzern-Liquiditätsvorschau" sowie der X20-Vorlage für den Bürgschaftsausschuss, dem Geschäftsbericht des X1-Konzerns 2007, dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters sowie den Aussagen der Zeugen N6, N5 und M12 und den eingeführten Kreditprotokollen der Bayern LB und der V22 Bank.
XXVII. Feststellungen zum Verkauf der restlichen Immobilienbeteiligung und von X8 (Teil 1, D., II., (26))
2109Die Feststellungen zum Verkauf der restlichen Anteile an der „High Street“-Beteiligung sowie von X8 beruhen auf dem Geschäftsbericht des X1-Konzerns 2007, der von X20 erstellten Vorlage für den Bürgschaftsausschuss, dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters sowie den ergänzenden Angaben des Zeugen Dr. F3. Dr. F3 hat beschrieben, dass die X1 AG im Zuge der Veräußerung der restlichen Beteiligung – um den Wert ihrer zu verkaufenden Beteiligung zu erhöhen und damit kurzfristig höhere Liquidität zu beziehen – sogar höhere Mieten zu zahlen übernahm. Der Zeuge, der bei Y13 mit den Veräußerungen „High Street“ federführend betraut war, hatte eine präzise und gute Erinnerung an die abgewickelten Projekte und die Lage der X1 AG.
2110Die Feststellungen zum Verkauf der Anteile an X8.de und die dabei verfehlten Gewinnerwartungen beruhen auf dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters, dem Geschäftsbericht des X1-Konzerns 2007, der Darstellung der X1 AG vom 11. August 2008 mit der Überschrift "Prüfungsausschuss: Konzern-Liquiditätsvorschau" sowie den Bekundungen des Zeugen Dr. F4. Auch der Zeuge Dr. F4 hat angegeben, es habe bei der X1 AG immer wieder negative Planabweichungen gegeben, Pläne seien sehr häufig verfehlt worden. Er habe als Finanzvorstand aber nicht das operative Geschäft und den Inhalt der Planungen bestimmen können.
2111Der Angeklagte O hat angegeben, damals vom entsprechenden Verkauf der Beteiligung unter Wert aus der Zeitung erfahren und dies zum Anlass genommen zu haben, sich beim Angeklagten K nach dem aktuellen Stand bei X1 zu erkundigen.
2112Die Zeugen Dr. N9 und J4 haben die strategischen Planungen mit den Projektnamen „V9“, „Big“, „Pineapple“ und „V8“ wie festgestellt beschrieben. Die Kammer hat dazu entsprechende Präsentationen der Q41 und des Beratungsunternehmens Z35 – teilweise nach Übersetzung – in die Hauptverhandlung eingeführt.
2113Der Zeuge Dr. N9 hat hierzu angegeben, die Projekte seien teilweise schon recht fortgeschritten, fast schon unterschriftsreif gewesen. Diese Angaben des Zeugen glaubt ihm die Kammer indes nicht. Sie ist vielmehr widerlegt. Sie ist Teil der viel zu optimistischen und inhaltlich nicht belastbaren Darstellungen des Zeugen Dr. N9 zur tatsächlichen wirtschaftlichen Aufstellung der X1 AG und ihrer Töchter, die der Angeklagte K – zutreffend – als „Feuerwerk guter Pläne und Nachrichten“ gekennzeichnet hat. Diese tatsächlich nicht belastbaren, viel zu positiven Einschätzungen haben nicht nur die vernommenen Zeugen N6, N5 und M12 sowie der Zeuge M14 beschrieben, sondern auch der Zeuge Dr. F3 und sogar der X1-Finanzvorstand Dr. F4 sowie der damalige Leiter der X1-Konzernfinanzen, der Zeuge M5. Alle haben das deutliche Verfehlen der angekündigten Pläne betont. Der Zeuge M5 hat diesen Umstand und die aus seiner Sicht verheerende Wirkung bei den Konsortialbanken und Warenkreditversicherern in seiner E-Mail an den Zeugen Dr. N9 hervorgehoben (s. oben Teil 1, D., II., 32). Der Zeuge Dr. B3 hat im Rahmen seiner Befragung zum „Independent Business Review“ aus Dezember 2008 das vom Zeugen Dr. N9 betonte Fortschreiten von Verhandlungen bis fast zur Verhandlungsreife verneint. Darin fügt sich auch ein, dass die Pläne auch im Jahr 2009 noch nicht abgeschlossen oder zumindest ausverhandelt waren, als der Zeuge Dr. G1 im März den Zeugen Dr. N9 als Vorstandsvorsitzenden ablöste.
XXVIII. Feststellungen zur Erhöhung des Konsortialkredits und zur Begleitung durch die Q41 (Teil 1, D., II., (27) und (28))
2114Die Feststellungen zur Einräumung der „Tranche F“ beruhen auf den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Protokollen bzw. Kreditberichten der V21 und der V18 aus den Jahren 2008 und 2009, die teilweise erst nach ihrer Übersetzung eingeführt worden sind, sowie den Feststellungen entsprechenden Bekundungen der Zeugen N6, N5, Y3 (V21), M12 sowie Dr. F4 und M5.
2115Die Feststellungen zur Begleitung der Planungen durch die Q41, zum Ergebnis des ersten Berichts vom 16. Juni 2008, der neuen Budgetplanung bei X1 und der Begleitung durch die Q41 im Rahmen des sog. „Amendment“ beruhen auf den Aussagen der Zeugen Dr. F4, N6, N5, Y3, M14 und Q25 (beide X27), der als Zeugen vernommenen Q41-Mitarbeiter Dr. B3, Y8 und C1 sowie den eingeführten Protokollen, Kreditberichten und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009.
2116Entsprechend den Aussagen der Zeugen Dr. F4, Dr. B3, C1 und Y8 waren knapp 30 Mitarbeiter der Q41 teilweise vor Ort in Essen, um anhand der von X1 vorgelegten Budgetplanung („Reforecast“) die Zahlen des Konzerns zu analysieren, zu kommentieren und zu „sensitivieren“. Nach den Aussagen der Zeugen ging es dabei allein darum, ob die Planung von X1 plausibel war. Es sei nur um eine Validierung der vom Konzern selbst stammenden Zahlen gegangen. Die Prüfung der Q41 habe sich aber ausdrücklich nicht darauf erstreckt, ob eine Sanierung des Konzerns oder aber einzelner Teilbereiche möglich sei. Im Zuge der sog. „Sensitivierung“ seien Risikoabschläge eingerechnet worden, was nach den insofern übereinstimmenden Aussagen der Zeugen im Rahmen von Finanzierungsgesprächen „völlig normal“ sei. Unter Zugrundelegung dieser Sensitivität werde jeweils ein konkreter Finanzierungsbedarf ermittelt und ausgedrückt und nicht etwa ein „positives“ oder „negatives Ergebnis“ vorgelegt. Diese Aussagen decken sich im Übrigen mit den einleitenden Ausführungen der Q41 im „Amendment“, das die Kammer in deutscher Übersetzung als „Änderung der aktualisierten Prognose und Budgetierung – Ergebnispräsentation“ zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht hat. Unter „Mandatierung und Mandatserfüllung“ wies die Q41 ausdrücklich darauf hin, dass sich die von Q41 durchgeführte Analyse auf die Unterstützung des Umstrukturierungsprozesses beschränke. Daher unterscheide sich ihre Arbeit sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch ihrer Ziele von gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungs- oder vergleichbaren Aktivitäten. Dementsprechend werde Q41 keinen Bestätigungsvermerk oder irgendeine andere Bescheinigung oder Bestätigung im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss oder den internen Kontrollsystemen der X1 AG ausstellen.
XXIX. Feststellungen zu den Bewertungen im Bankhaus (Teil 1, D., II., (29))
2117Die Feststellungen zu den Bewertungen im Bankhaus und den damit verbundenen Vorgängen beruhen auf dem eingeführten Protokoll vom 13. Juni 2008. Zu den darin enthaltenen Voten mit den festgestellten Inhalten haben die Zeugen C9 und W4 ergänzende, mit den Feststellungen übereinstimmende Angaben gemacht.
2118Der Angeklagte K hat die festgestellte Nachfrage des Zeugen J6 beim Angeklagten E in seiner Einlassung geschildert. Der von der JEVV am 25. Juni 2008 dazu erstellte Vermerk über ein solches Telefonat mit dem Zeugen J6 vom Vortag ist Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen.
2119Ebenso sind die Notiz des SOP-Mitarbeiters G5 vom 30. Juni 2008 mit dem festgestellten Inhalt und der – vom Angeklagten K als von ihm stammend bestätigten – handschriftlichen Aufschrift eingeführt worden. K hat eingeräumt, sich eine Ansprache der Zeugin T3 selbst vorbehalten zu haben. Die E-Mail der Zeugin F5 vom 11. Juli 2008 war Gegenstand der Verhandlung. Die Zeugin F5 hat ergänzend im Sinne der Feststellungen bekundet.
XXX. Feststellungen zu den Entwicklungen bei X1 im Sommer 2008 (Teil 1, D., II., (30))
2120Die Feststellungen zur weiteren Präsentation der Q41 vom 7. Juli 2008 und dem Gespräch des Finanzvorstands Dr. F4 mit den Bankenvertretern beruhen auf der eingeführten E-Mail des Zeugen Dr. F4 an Dr. N9 vom selben Tag sowie den mit ihr übereinstimmenden Bekundungen des Zeugen Dr. F4.
2121Die erfolglose Forderung der Konsorten nach einem finanziellen Beitrag der Zeugin T3 im Juli 2008 hat der Zeuge Dr. F4 beschrieben. Diese Angabe wird bestätigt durch den eingeführten Vermerk über Gespräche zwischen dem Angeklagten E mit den Zeugen Dr. N9 und J6 vom 29. bzw. 31. Juli 2008.
2122Die festgestellten Inhalte der Unterrichtung des Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats der X1 AG über die Lage des Konzerns am 11. August 2008 beruhen auf den Bekundungen des Zeugen Dr. F4 sowie der eingeführten Präsentation vom 11. August 2008 mit der Überschrift "Prüfungsausschuss: Konzern-Liquiditätsvorschau".
2123Die Feststellungen zu den weiteren Verhandlungen über die Verlängerung der Laufzeit und Erhöhung der Tranche F bis Ende September 2008 beruhen auf den Bekundungen des Zeugen Dr. F4 sowie dem eingeführten internen E-Mailverkehr unter anderem der Zeugen Dr. F4, Dr. N9 und J4 vom 29. und 30. August 2008 und den – teilweise noch erst übersetzten – Protokollen, Kreditberichten und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009.
XXXI. Feststellungen zum weiteren Anregen von Nachbesicherungen (Teil 1, D., II., (31))
2124Die festgestellten Anfragen und Anregungen der Zeugin F5 sind anhand der eingeführten E-Mails der Zeugin vom 26. August und 9. September 2008 sowie ihren ergänzenden Angaben in der Hauptverhandlung dazu bewiesen. Die Angeklagten K, O und P haben bestätigt, dass die Kreditabteilung das Thema der Nachbesicherung in die Partnerschaft hineingetragen hatte.
XXXII. Feststellungen zum Fortgang der Finanzierungsverhandlungen (Teil 1, D., II, 32)
2125Die Feststellungen zu den Finanzierungsverhandlungen am 22. und 27. August 2008 beruhen auf den insofern übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Dr. F4 und Q25 sowie auf dem Inhalt der dazu eingeführten Protokolle, Kreditberichte und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009 sowie des X1-internen E-Mailverkehrs vom 29. August und 30. August 2008. Während sich der Zeuge M14 an die Inhalte der Gespräche nicht mehr erinnern konnte, konnte sein Kollege Q25 noch sehr präzise Angaben machen, die sich mit den damals von ihm notierten Vermerken deckten.
2126Die Feststellungen zu den vom Zeugen M5 geäußerten Bedenken mit Blick auf die für den 10. September 2008 bevorstehende neue Q41-Präsentation beruhen auf dem Inhalt seiner eingeführten E-Mail vom 30. August 2008 sowie seinen ergänzenden Bekundungen in der Hauptverhandlung. Der Zeuge Dr. F4 hat die erheblichen Planabweichungen seinerseits bestätigt.
2127Die Tatsache, dass erst deutlich später das vom Zeugen M5 in dessen E-Mail angeregte Sanierungskonzept in Auftrag gegeben wurde, haben die Zeugen M5 und Dr. F4 übereinstimmend bekundet. Dies entspricht auch den Angaben der Zeugen Dr. B3, Y8 und C1. Ferner ist im eingeführten „Independent Business Review“ als Datum der dafür erfolgten Auftragserteilung der 22. September 2008 angeführt.
XXXIII. Feststellungen zur Präsentation des „Amendment“ am 10. September 2008 (Teil 1, D., II., (33))
2128Zum Inhalt des von der Q41 am 10. September 2008 präsentierten „Amendment“ haben die Zeugen Dr. B3, Y8 und C1 wie festgestellt bekundet. Ihre Angaben werden durch die Aussagen der Zeugen N6 und N5 sowie das in deutscher Sprache als „Änderung der aktualisierten Prognose und Budgetierung – Ergebnispräsentation“ eingeführte „Amendment“ sowie die Inhalte der Protokolle, Kreditberichte und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009 bestätigt. Letztere präzisieren auch die Aussagen der Zeugen N6, N5 und Q25 zu den festgestellten Planungen und Zusagen zum Verkauf der H4-Anteile und der K- Warenhaus GmbH und die Reaktionen der Konsortialbanken und des Warenkreditversicherers X27 hierauf. Der Zeuge N5 hat insofern in Übereinstimmung mit dem Zeugen N6 ausgesagt, bereits Mitte September hätten die V18 und die V22 Bank intern, also ohne bindende Erklärungen nach außen gegenüber der X1 AG bereits beschlossen, die von ihnen angeforderten insgesamt 155 Millionen € zusätzlich zur Verlängerung der Tranche F zu gewähren. Bei den später tatsächlich zugesagten und ausgezahlten 155 Millionen € habe es sich um eben die Kreditsumme gehandelt, die noch vor dem 15. September 2008 intern für auszahlbar bestimmt wurde.
2129Die Zeugen N5, N6 und Y3 haben in diesem Zusammenhang sämtlich übereinstimmend bekundet, sie und ihre Vorstände hätten erwartet, aus einem (geordneten) Verkauf der H4-Anteile nicht nur die bereits ausgereichten Kreditmittel, sondern auch die weitere Kredittranche von insgesamt angefragten 325 Millionen € zurück zu erhalten. Allein das sei der Grund gewesen, einer entsprechenden Erhöhung des Konsortialkredits zuzustimmen. An das Konzept der X1 hätten sie als solches nicht mehr geglaubt. Die H4-Anteile hätten sie jedoch ausreichend besichert. Das ergibt sich auch aus den dazu eingeführten Protokollen, Kreditberichten und Risikoeinschätzungen ihrer Banken aus den Jahren 2008 und 2009. Die Planzahlen des Konzerns seien in den vergangenen Jahren ständig und massiv verfehlt worden. X1 war bei der V18 und der V22 Bank – wie es die Zeugen ausgesagt haben – seit Jahren in der Intensiv- bzw. Restrukturierungsbetreuung. Vertrauen zum Vorstand der X1 hatten weder die Konsortialbanken noch X27.
2130Entsprechend den Feststellungen haben die Zeugen N6, N5 und Y3 ferner – von den Protokollen ihrer Banken bestätigt – ausgesagt, es habe zwar die grundsätzliche Bereitschaft bestanden und die interne Beschlusslage ihrer Banken erlaubt, den Konsortialkredit – wie besprochen – mit Blick auf die H4-Anteile nicht nur – wie später geschehen – um 155 Millionen €, sondern um die zu dieser Zeit im Raum stehenden 325 Millionen € zu erhöhen. Das hätte aber die Mitwirkung der X10/X25 als weiterer Konsortin erfordert. Denn ihnen allen hätten die schon vollständig an das Konsortium verpfändeten H4-Anteile zugestanden. Es sei daher „kreditmateriell unvertretbar“ gewesen, wenn angesichts dieser Sicherheitenlage nur die V18 und die V22 Bank ihr Risiko um insgesamt 325 Millionen € erhöhen würden, während die Sicherheiten – die sich nicht vermehrten – quotal wie zuvor bei der X10 verblieben. Daher hätten sie sich geweigert, den der X10 zufallenden Finanzierungsanteil zu übernehmen, als die X10 – was alle Angeklagten in Übereinstimmung mit den Zeugen geltend gemacht haben – ihre Zusage für eine Erhöhung ihres Kreditanteils nach dem – allgemein bekannten – Zusammenbruch von Lehmann am 15. September 2008 und den damit verbundenen – ebenfalls allgemeinkundigen – Verwerfungen in der Finanzwelt zunächst herauszögerte.
2131Die festgestellten Pläne zur alternativen Finanzierung ab dem 16. September 2008 im Wege des kurzfristigen Verkaufs der H4-Anteile und einer zusätzlichen Finanzierung durch die V18, die V22 Bank und – zu dieser Zeit noch – die X10/X25 beruhen auf den Bekundungen der Zeugen Dr. N9, Dr. F4, sowie N6, N5 und Y3, den in die Hauptverhandlung eingeführten Inhalten der Protokolle, Kreditberichte und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009, der E-Mail des Zeugen Dr. F4 an Dr. N9 vom 20. September 2008 (22:19 Uhr) sowie den Darstellungen im in deutscher Übersetzung eingeführten „Refinanzierungskonzept von X1, Informationstreffen mit den Kreditversicherern & MLA-Banken, 29. September 2008“.
2132Zu der Veröffentlichung des Verkaufsauftrages der H4-Anteile durch die FAZ und den Folgen hat zusätzlich der Zeuge Dr. F3 bekundet und angegeben, aus seiner Sicht sei dies eine bewusste Indiskretion gewesen.
2133Die Feststellungen zum der Q41 am 22. September 2008 erteilten Auftrag zur Erstellung eines Sanierungsgutachtens beruhen auf den beschriebenen Angaben der Zeugen Dr. B3 und C1. Das Auftragsdatum ist zudem im in deutscher Übersetzung eingeführten „Independent Business Review“ vom 16. Dezember 2008 benannt.
2134Der Zeuge Dr. F3 hat sich überzeugend zum Inhalt des mit dem Zeugen Dr. N9 geführten Gesprächs über die Kreditanfrage der X1 – wie festgestellt – geäußert. Er hat aufgrund lebendig gebliebener Erinnerung anschaulich geschildert, dass er gegenüber dem Zeugen Dr. N9 ein mögliches Engagement von Y13 klar ausgeschlossen habe. Er habe dann vor dem Hintergrund seiner Überlegung „wer hat hier eigentlich was, wo und wie zu verlieren“ dem Zeugen Dr. N9 geraten, es „mal bei O zu probieren“. Soweit der Zeuge Dr. N9 demgegenüber bekundet hat, Ende September 2008 sei Y13 auch noch eine Option für einen zu valutierenden Kredit gewesen, entspricht das dem – bereits gewürdigten sowie vom Angeklagten K und den Zeugen aus den Reihen der Konsorten und Warenkreditversicherer entsprechend beschriebenen – Hang zu stark geschönten und nicht belastbaren Darstellungen bei Verhandlungen.
XXXIV. Feststellungen zum Angebot an die Zeugin T3 zur Finanzierung von 45 Millionen € (Teil 1, D., III., (1))
2135Die Feststellungen zu dem Schreiben des Bankhauses an den Angeklagten E vom 23. September 2008 beruhen auf dessen eingeführtem Inhalt. Der Angeklagte K hat zwar das Schreiben benannt und – ebenso anschaulich wie originell – angegeben, E habe darauf erwidert: "Die kann keinen Kredit mehr vertragen." Die Umstände zur Entstehung dieses Schreibens konnte der Angeklagte K demgegenüber nicht benennen. Die anderen angeklagten Partner haben bestritten, es vor dem Verfahren gekannt zu haben. Der Zeuge L2 hatte trotz Vorhalts des angeblich von ihm verfassten Schreibens keine Erinnerung an den Vorgang.
XXXV. Feststellungen zur Nachfrage der luxemburgischen CSSF (Teil 1, D., III., (2))
2136Die Feststellungen zur Nachfrage der luxemburgischen Bankenaufsicht vom 23. September 2008 beruhen auf der Einlassung des Angeklagten K, der Aussage des Zeugen G2 und der eingeführten, im Rechtshilfeverfahren eingeholten Behördenauskunft der CSSF. Trotz von der CSSF beschriebenen internen Nachfragen konnte diese – und damit auch die Kammer – nicht mehr klären, was der konkrete Anlass dieser Nachfrage war.
2137Die Aussage des Zeugen G2 wird untermauert durch seine in die Verhandlung eingeführte E-Mail vom 23. September 2008 an die Angeklagten J, K und O. Die vom Angeklagten J bestrittene, aber bewiesene Abstimmung des Antwortschreibens zwischen dem Angeklagten J und dem Angeklagten K ergibt sich aus der Aussage des Zeugen G2, die zudem durch seine eingeführte E-Mail an die benannten Angeklagten vom 24. September 2008 Bestätigung findet (s. oben Teil 1, D., III., (3)). Der Angeklagte K hat sie zusätzlich bestätigt. Das Antwortschreiben an die CSSF ist mit den festgestellten Inhalten eingeführt worden. Die im Schreiben behaupteten Verhandlungen mit der Zeugin T3 hatten zu dieser Zeit – was der Angeklagte K glaubhaft bestätigt hat – tatsächlich noch nicht stattgefunden.
XXXVI. Feststellungen zur Mahnung des Zeugen G2 (Teil 1, D., III., (3))
2138Die festgestellte Mahnung des Zeugen G2 zur Offenlegung des Y14-Kredits ergibt sich aus den Inhalt seiner eingeführten E-Mail vom 24. September 2008 und seinen ergänzenden Bekundungen. Der Zeuge hat auf Vorhalt der E-Mail sich an diese erinnert und bekundet, er habe auch ungefragt klar machen wollen, dass er dringend zu einer Offenbarung des Y14 Kredites rate. Er habe auch schon hier auf mögliche Probleme, die sich daraus ergeben könnten, dass die CSSF die Aufdeckung eines solchen Engagements auch ungefragt erwartet haben könnte, hinweisen wollen.
XXXVII. Feststellungen zum Gespräch zwischen K, Dr. N9 und E am 24. September 2008 und zum Gespräch zwischen E und der Familie T3 (Teil 1, D., III., (4) und (5b))
2139Der Inhalt der Gespräche zwischen den Angeklagten K und E sowie dem Zeugen Dr. N9 vom 24. September 2008 beruhen auf der glaubhaften Einlassung des Angeklagten K, die durch die Angaben Es und Dr. N9s bestätigt worden sind. Soweit der Zeuge Dr. N9 in seiner Vernehmung darum bemüht war, die Dramatik der Finanzierungsnot bei X1 herunterzuspielen, handelt es sich um den Ausdruck seiner Beschönigungstendenz. Der Angeklagte K hat sich dahin eingelassen und dies auch auf Nachfrage glaubhaft bestätigt, dass der Zeuge Dr. N9 in dem Gespräch am 24. September 2008 über eine dramatische Verschärfung der Lage der X1 AG berichtet habe. Nur so lassen sich auch die folgenden Gespräche im Privathaus des Angeklagten K und im Bankhaus erklären. Wäre es lediglich – wie vom Zeugen Dr. N9 dargestellt – um eine Auslotung verschiedener Optionen gegangen, ließen sich diese nicht erklären.
2140Das im Nachgang dazu geführte Vier-Augen-Gespräch zwischen den Angeklagten K und E hat mit dem festgestellten Inhalt stattgefunden. Davon ist die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt.
2141Der Angeklagte K hat das Gespräch und vor allem die originelle Antwort des Angeklagten E („jetzt muss sie liefern") authentisch geschildert. Das findet im zeitnahen Fortgang entsprechenden Beleg. Denn entsprechend den Angaben des Angeklagten E und den insofern übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen T3, J6 und Dr. C11 ist der Angeklagte E bereits am frühen nächsten Morgen nach Nürnberg geflogen und hat mit ihnen über das Problem zusätzlicher Sicherheiten für die bestehenden Kredite und die – zu dieser Zeit bereits (allerdings aus Luxemburg) ergangene – Nachfrage der Bankenaufsicht gesprochen. Die näheren Inhalte des Gesprächs in Nürnberg werden der besseren Verständlichkeit und zu einer Gesamtwürdigung an späterer Stelle gewürdigt (siehe unten XLIX). Das wird im Folgenden auch für weitere Umstände gelten, die sich auf die Nachbesicherung beziehen.
XXXVIII. Feststellungen zum Gespräch zwischen K und M12 am 25. September 2008 (Teil 1, D., III., (5), (a))
2142Das zwischen ihnen in Frankfurt geführte Gespräch vom 25. September 2008 haben die Angeklagten K und der Zeuge M12 mit dem festgestellten Inhalt übereinstimmend geschildert. Der Angeklagte K hat anschaulich berichtet, wie sehr ihn die Nachricht seines Freundes M12 beunruhigt habe.
2143Hinsichtlich der vom Zeugen M12 beschriebenen Erwägungen der Konsorten haben die Zeugen M12, N5, Y3 und N6 übereinstimmend ausgesagt, sich auf einen Insolvenzantrag der X1 AG für Montag bereits eingestellt gehabt zu haben. Auch vor diesem Hintergrund hätten sie – ohne die X10 bzw. einen neuen Investor – keinen Anlass und keine kreditmaterielle Vertretbarkeit dafür gesehen, ihr Kreditengagement ohne weitere Sicherheiten (ggf. durch Übertragung von der X10) auszuweiten. Sie hätten sich an diesem Tag mit dem Gedanken ins Wochenende begeben, dass die X1 AG zum Wochenbeginn Insolvenz beantragen werde.
2144Die möglichen Beeinträchtigungen des Rufs ihrer Häuser durch die Versagung eines Kredits gegenüber einem Konzern mit knapp 50.000 Mitarbeitern hätten sie trotz der bereits bestehenden Engagements hingenommen. Der Zeuge M12 hat dazu anschaulich und authentisch berichtet, es sei zwar „kein schöner Anblick, wenn die Verkäuferinnen vor Weihnachten vor der Bank demonstrierten“. Über Reputation könne man aber nur nachdenken, wenn das Kreditengagement kreditmateriell erlaubt sei. Dies haben übereinstimmend auch die Zeugen N5, N6 und Y3 bestätigt.
2145Die Zeugen haben – wie bereits dargetan – übereinstimmend angegeben, sich angesichts der ihnen zur Absicherung verpfändeten H4-Anteile, die nicht von einer Insolvenz der X1 bedroht waren, ausreichend gesichert gesehen zu haben. Der Kurs der Aktie habe sich lediglich wieder erholen müssen, was zu erwarten gewesen – und später auch tatsächlich geschehen – sei.
XXXIX. Feststellungen zu den Gesprächen des Zeugen J6 mit dem Angeklagten E und dem Zeugen Dr. N9 (Teil 1, D., III., (6a))
2146Die Feststellungen zum gemeinsamen Flug des Angeklagten E und des Zeugen J6 zum Zeugen Dr. N9 und die Inhalte der Gespräche beruhen auf den Angaben des Angeklagten E sowie der Zeugen Dr. N9 und J6.
2147Zum Gespräch zwischen J6 und Dr. N9 haben beide Zeugen übereinstimmend im Sinne der Feststellungen bekundet. Danach haben sie sich über die angespannte Lage der X1 auseinander gesetzt. Dr. N9 verneinte die Möglichkeit einer Finanzierung des Konzerns durch die H4.
2148Eine Finanzierung der X1 AG durch das Bankhaus war nicht Gegenstand des Gesprächs. Der Zeuge J6 hat im Zuge seiner Vernehmung an keiner Stelle erwähnt, gegenüber dem Zeugen Dr. N9 die Frage besprochen zu haben, ob SOP als Kreditgeber oder sonst mit Geldmitteln in Betracht komme. Der Zeuge Dr. N9 hat das mit sicherem Wissen verneint. Die Kammer ist von der Richtigkeit seiner Aussage überzeugt. Der Zeuge Dr. N9 hat insofern – durch die weitere Beweisaufnahme bestätigt – angegeben, erst am nächsten Tag (Samstag) gegen 6:30 Ughr vom Angeklagte E angerufen und darauf hingewiesen worden zu sein, dass SOP X1 unterstützen werde („Jung, wir machen das!). Ebenfalls erst am späten Samstag habe er mit dem Angeklagten J telefoniert. Von daher habe für ihn weder Anlass noch Grund bestand, beim Gespräch am Freitag eine Beteiligung von SOP gegenüber dem Zeugen J6 im Sinne einer irgendwie gearteten Finanzierungsankündigung zu besprechen.
XL. Feststellungen zu den Erörterungen im Bankhaus am Freitag, 26. September 2008 (Teil 1, D., III., (6), (b), (d))
2149Die Feststellungen zu den Inhalten und Abläufen der Besprechungen im Bankhaus am Freitag beruhen – soweit sie nicht die gesondert gewürdigte Nachbesicherung betreffen – auf den insofern im Kern übereinstimmenden Einlassungen der Angeklagten K, O und J sowie den Angaben der Zeugen Dr. T4 und G2. Angeklagte P hielt sich – wie die anderen Angeklagten bestätigt haben – zu dieser Zeit in Portugal auf.
2150Die Zeugen Dr. M6 und B.C12 haben eine Aussage jeweils zulässigerweise verweigert. Soweit der Zeuge Dr. T4 ausgeführt hat, er sei erst am Nachmittag ins Bankhaus gekommen, folgt ihm die Kammer nicht. Denn er konnte – insofern die Angaben der Angeklagten K und O bestätigend – konkret beschreiben, dass der Angeklagte J die Besprechung – wie auch zum Inhalt seiner Ausführungen festgestellt – eröffnet und geleitet hat. Er hat ferner das spätere Eintreffen des aus Luxemburg anreisenden Zeugen G2 berichtet.
2151Die Angeklagten K, O und J haben die enorme Anspannung im Gespräch am Freitag beschrieben. Dem haben die Zeugen Dr. T4 und G2 zugestimmt. Der Zeuge G2 hat bildreich und gut nachvollziehbar die Lage bei seinem Eintreffen am Nachmittag beschrieben. Alle hierzu Auskunft gebenden Beteiligten haben übereinstimmend beschrieben, dass angesichts der hohen Kreditengagements des unter den Beteiligten bekannten Kreditverbundes aus T3/I6/X1/Y14 innerhalb kürzester Zeit bereits fest entschieden war, einen „Rettungsversuch“ bei X1 zu unternehmen. Während der Angeklagte J sich dazu in pauschalen Ausführungen erschöpft hat, haben jedenfalls die Angeklagten K und – zuletzt auch eindeutig – der Angeklagte O eingeräumt, weder in dieser Sitzung noch im späteren Verlauf des Wochenendes über Unterlagen verfügt zu haben, die es ihnen ermöglicht hätten, die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls der bei X1 eingesetzten Mittel zu bestimmen und das Für und Wider einer solchen Entscheidung gegeneinander abzuwägen. Das hat in den Aussagen der Zeugen Dr. T4 und G2 – sowie später im Rahmen der Votierung der Fachabteilungen – ebenfalls seine Bestätigung gefunden.
2152Dass im Zuge dieser Besprechung die konkrete Überlegung besprochen und am Abend in Form der beiden Schreiben des Bankhauses auch eingeleitet worden ist, Aktien der Zeugin T3 anzukaufen, haben – mit Ausnahme des Zeugen G2 – alle Auskunft gebenden Teilnehmer der Gesprächsrunde beschrieben.
2153Nicht zuletzt wegen des erwogenen Aktienankaufs von der Zeugin T3 waren der Zeuge Dr. M6 und der Zeuge Dr. T4 zur Besprechung ins Bankhaus hinzugebeten worden. Dies hat der Angeklagte J angegeben und ist vom Zeugen Dr. T4 für seine Person bestätigt worden.
2154Soweit der Zeuge G2 unter Verweis auf seine – als solche tatsächlich in der Runde vorgebrachten – Bedenken zur Übernahme von Aktien der X1 AG ausgesagt hat, bereits am Freitag sei über die später gezeichnete Kapitalerhöhung gesprochen worden, trifft dieser Teil seiner Aussage nicht zu. Der Zeuge G2 hat sich insofern geirrt. Seine Erinnerung ist infolge des zwischenzeitlichen Zeitablaufs ersichtlich verblasst und von G2 (unbewusst) durch eine unzutreffende Schlussfolgerung ersetzt worden. Kein anderer der Angeklagten und kein anderer sonstiger Zeuge hat ausgesagt, dass eine Kapitalerhöhung bei X1 schon am Freitag im Raum gestanden habe und insbesondere von SOP gezeichnet werden sollte. Insbesondere die Zeugen Dr. N9 und J4 haben diese Möglichkeit auf Nachfrage sicher verneint. Der Zeuge Dr. T4 hat insofern authentisch geschildert, überhaupt erst am Montag aus der Zeitung von der Kapitalerhöhung erfahren zu haben. Der Zeuge G2 hat sich sicher – und durch die Angaben anderer Teilnehmer bestätigt zutreffend – daran erinnert, Bedenken gegen eine Beteiligung an X1 vorgebracht zu haben. Dabei hat er angesichts der später tatsächlich erfolgten Kapitalerhöhung diese als den Grund einer Beteiligung der Bank an X1 verwechselt und nicht berücksichtigt, dass sich die Beteiligung in gleicher Weise auch – und in Wirklichkeit – bereits aus dem Aktienankauf von der Zeugin T3 ergab. Dieser Ankauf ist durch die eingeführten Schreiben der Bank vom 26. September 2008 auch konkretisiert und bereits ab Sonntag vornehmlich durch die Zeugen Dr. M6 und F5 vertragsmäßig vorbereitet worden.
2155Die Schreiben des Bankhauses an die X1 AG und die Zeugin T3 jeweils vom 26. September 2008 sind in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Während mangels entsprechender Erinnerung von Angeklagten und Zeugen die Erstellung der Schreiben in der Bank nicht mehr geklärt werden konnte, haben die Zeuginnen F5 und Y5 die Umstände ihrer Unterschriften zur Überzeugung der Kammer wie festgestellt geschildert.
2156Dass die Zeuginnen vom Zeugen G2 ins Büro des Angeklagten K gebeten worden sind, hat G2 bestätigt und fügt sich auch in seine eingeführte E-Mail von diesem Tag an die Zeugin F5 ein. Die Zeuginnen haben aus einer angesichts der für sie damals belastenden Umstände nachvollziehbar bis in die Hauptverhandlung lebendig gebliebenen Erinnerung heraus die festgestellten Einzelheiten ihrer Unterschriftsleistungen und ihres Dialogs mit dem Zeugen G2 beschrieben. Sie haben – trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufs – noch immer mit erkennbarer emotionaler Beteiligung aufgezeigt, wie sehr sie sich vom Zeugen G2 und seiner für sie höchst befremdlichen Aufforderung, die Schreiben völlig ungeprüft zu unterzeichnen, unter Druck gesetzt fühlten. Dabei haben sie beide – was gegen eine unzutreffende Bezichtigung des Zeugen G2 spricht – geschildert, bis zu dessen Weggang nach Luxemburg stets sehr gerne mit dem freundlichen und als Vorgesetzten höchst angenehmen Zeugen G2 zusammengearbeitet zu haben. Die Aussage der Zeugin F5, sie sei damals gerade auch deshalb von der bei ihr eingeforderten Unterschrift irritiert gewesen, weil sie dem Angeklagten K bis dahin bereits monatelang wegen der Nachbesicherung „nachgelaufen“ sei, jetzt aber unter diesen Umständen sogar die Risiken der Bank gegenüber T3 bzw. X1 deutlich ausweiten und nunmehr sogar X1 selbst einen Kredit zusagen sollte, belegt anschaulich, dass und warum sie auch heute noch ein sehr plastische Vorstellung des Geschehens vor Augen hatte. Diese Einbettung früherer Umstände, Erlebnisse und Gefühle in die beschriebene spätere Situation unterstreicht, dass die Zeugin mit ihrer Aussage real Erlebtes wiedergegeben hat.
2157Soweit sich der Angeklagte P dahin eingelassen hat, er sei erstmals am Samstag ohne nähere Einbeziehung in das Geschehen und schließlich am Sonntag mit näherer Einbeziehung angerufen worden, hat die Kammer diese Einlassungen nicht widerlegen können. Zwar hat der Zeuge G2 beschrieben, der Angeklagte J habe am Freitagnachmittag mehrfach den Besprechungsraum verlassen, um zu telefonieren und nach seiner Rückkehr als Ergebnis seiner Gespräche mitgeteilt: „Der P ist dabei!“ Dabei ist, was der Zeuge G2 zu berichten wusste und sich durch eine vom Angeklagten P stammende, entsprechend formulierte und eingeführte E-Mail aus September 2003 ergiebt, „P“ der Spitzname des Angeklagten P. Inhalte eines solchen Gesprächs konnte der Zeuge G2 jedoch nicht berichten. Auch keiner der Angeklagten hat eine früherzeitigere Einbeziehung des Angeklagten P geschildert. Über die nur vage gebliebenen Angaben des Zeugen G2 hat die Kammer keine ausreichend belastbaren Anhaltspunkte für der Einlassung des Angeklagten P widersprechende Tatsachen gefunden.
XLI. Feststellungen zum Abbruch des Verkaufs der H4-Anteile (Teil 1, D., III., (6), (e))
2158Die Feststellungen zum Abbruch des Verkaufs der H4-Anteile und dessen Folgen beruhen auf den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Dr. N9, J4 und Dr. F3. Ihre Angaben werden zudem durch die Darstellungen im eingeführten Dokument „a.o. Sitzung des Aufsichtsrats der X1 AG – Düsseldorf, 28. September 2008“ sowie in den Protokollen, Kreditberichten und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009 und weiter untermauert.
XLII. Feststellungen zum Anruf des Angeklagten E bei Dr. N9 und dem neuen Finanzierungskonzept (Teil 1, D., III., (7), (a))
2159Zum Anruf des Angeklagten E hat sich der Zeuge Dr. N9 wie festgestellt geäußert. Der Zeuge Dr. N9 hatte an den Anruf des Angeklagten E – auch aufgrund des Zeitpunktes am Samstagmorgen gegen 6:30 Uhr – eine sehr genaue Erinnerung an den Anruf. Er hat angegeben, der Angeklagte E habe ihm gesagt, er – Dr. N9 – habe für X1 die Unterstützung des Bankhauses. In der für ihn typischen Art habe E gesagt: „Jung, wir stehen hinter dir!“. Diese plastisch beschriebene Zusage hat der Zeuge Dr. N9 – wie die Zeugen Y3 und N6 bekundet haben – zum Anlass für einen Anruf gegen 10:00 Uhr morgens bei ihnen mit der Vorstellung eines neuen Finanzierungskonzepts genommen. Dies überraschte die Zeugen Y3 und N6, die nach ihren überzeugenden Aussagen in der Erwartung einer Insolvenz der X1 AG in das Wochenende gegangen waren.
2160Die Inhalte des neuen Finanzierungskonzepts beruhen auf den Bekundungen der Zeugen Dr. N9 und J4, N6 und Y3 sowie den Darstellungen im eingeführten Dokument "a.o. Sitzung des Aufsichtsrats der X1 AG – Düsseldorf, 28. September 2008“, den Protokollen, Kreditberichten und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009 sowie dem in Übersetzung eingeführten Papier „Zusätzliche Finanzierung – Neuer Vorschlag von X1, 27. September 2008“.
XLIII. Feststellungen zu den Gesprächen des Angeklagten E mit der Zeugin T3 (Teil 1, D., III., (6), (c), (7), (b))
2161Die Feststellungen , dass der Angeklagte E am Samstag nach Nürnberg flog und sich von der Zeugin T3 die beiden Schreiben unterschreiben ließ, beruht auf den insofern übereinstimmenden Angaben des Angeklagten E und der Zeugen T3 und J6. Der Zeuge J6 wusste noch anschaulich zu berichten, den Angeklagten E vom Flughafen abgeholt zu haben. Zu Hause habe seine Frau die beiden ihr vorgelegten – eingeführten – Schreiben unterschrieben. Dann sei E wieder abgereist.
2162Dass der Angeklagte E die von der Zeugin unterschriebenen Schreiben am Samstag in die Bank gebracht hat, beruht auf seinen glaubhaften Angaben, die selbst durch die Einlassung auch des Angeklagten J nicht in Zweifel gezogen werden. Die Originale der Schreiben wurden in Augenschein genommen.
XLIV. Feststellungen zur Vorbereitung des Aktienankaufs (Teil 1, D., III., (7), (c))
2163Die Zeugin F5 hat sich hinsichtlich der Vorbereitung des Aktienankaufs im Bankhaus entsprechend den Feststellungen überzeugend geäußert. Sie hatte insbesondere eine gute Erinnerung an den Anruf des Angeklagten J am Samstag mit der Bitte in die Bank zu kommen. Sie habe sonst mit dem Angeklagten J eher selten telefonischen Kontakt gehabt, dass er sie Samstags angerufen habe, sei ein einmaliger Vorgang gewesen. Sie sei dann in die Bank gegangen und habe an dem Vertragsentwurf gearbeitet, dieser sei mit Leben und Daten gefüllt worden. Die Aussage der Zeugin F5 wird nicht nur durch die Angaben der Angeklagten, sondern auch durch die eingeführte E-Mailkorrespondenz jenes Wochenendes mit der Kanzlei des Zeugen Dr. M6 bestätigt.
XLV. Feststellungen zur Kapitalerhöhung als Finanzierungsmittel (Teil 1, D., III., (7), (d))
2164Der Zeuge Dr. N9 hat zu den Gesprächen mit dem Angeklagten J im Sinne der Feststellungen ausgesagt. Der Angeklagte J hat sich dahin eingelassen, tatsächlich erstmals im Verlauf des Wochenendes mit dem Zeugen Dr. N9 bzw. dem Zeugen J4 gesprochen zu haben. Dabei sei er über seine Fehlvorstellung aufgeklärt worden, der X1 mit einem Kredit gegen Sicherheiten helfen zu können.
2165Das an den Angeklagten J gerichtete Telefax mit seinen wiedergegebenen Inhalt ist eingeführt worden. Die Zeugen Dr. N9 und J4 haben unabhängig voneinander, aber übereinstimmend und zur Überzeugung der Kammer ausgesagt, der Angeklagte J habe erst aus dem im Nachgang dieses Telefaxes zunächst mit Dr. N9 und dann dem Zeugen J4 geführten Telefonat erfahren, dass es – wie festgestellt – von X1 keine Sicherheiten geben werde, die Bank aber eine Kapitalerhöhung zeichnen könne. An das Gespräch mit dem Angeklagten J hatte insbesondere der Zeuge J4 noch eine gute und lebendige Erinnerung. So hat er zwar offen eingeräumt, sich nicht mehr genau zu erinnern, an welchem Tag das Telefonat mit dem Angeklagten J stattgefunden habe. Die Inhalte des Telefonates hatte der Zeuge jedoch noch plastisch vor Augen, insbesondere den genauen Ablauf des Telefonats, die ursprüngliche Forderung des Angeklagten J nach Sicherheiten, die er – der Zeuge J4 – habe abschlägig bescheiden müssen und anschließend nach einem Insistieren des Angeklagten J vorgeschlagen habe, das Telefonat zu beenden. Der Zeuge hat anschaulich geschildert, wie er dem Angeklagten J dann eine Kaitalerhöhung vorgeschlagen und Einzelheiten hierzu unterbreitet hat.
2166Für die Kammer steht sicher fest, dass der Angeklagte K – seinen Angaben entsprechend – am Samstagabend mit dem Angeklagten J die festgestellten Inhalte des Gesprächs besprochen und die Zeichnung der Kapitalerhöhung zusammen beschlossen hat. Dies wird dadurch untermauert, dass der Angeklagte J den Zeugen G2 gebeten hat, den Angeklagten O – wie von diesem angegeben – für den nächsten Tag nach Köln zurückzubitten sowie die CSSF zu benachrichtigen. Der Angeklagte J hat sich dazu nicht näher erklärt.
XLVI. Feststellungen zum Ankauf der Aktien von T3 und ihrer Firmen (Teil 1, D., II., (7), €)
2167Die Feststellungen zum Ankauf der Aktien von T3 und ihren Firmen beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Aktienkaufvertrag sowie den Bekundungen der Zeugen T3 und J6. Die Reduzierung des Umfangs der von T3 erworbenen Aktien von 29 auf 19,5 % ergibt sich aus dem Vergleich der Angaben in der Ankaufsvereinbarung zu den im Schreiben der Bank vom 26. September 2008 genannten Werten. Die Änderungen hinsichtlich der Depotkontennummern und die Neuunterzeichnung am nächsten Tag ist durch die E-Mail der Kanzlei Dr. M6 vom 29. September 2008 sowie die Bekundungen der Zeugin F5, T3 und J6 bewiesen.
XLVII. Feststellungen zur telefonischen Benachrichtigung der CSSF am Sonntagmorgen (Teil 1, D., III., (7), (f))
2168Die Feststellungen zur Benachrichtigung der CSSF beruhen auf den Bekundungen der Zeugen G2, Q3 und G3. Die Kammer hat sich dabei – hier wie generell bei allen im Rechtshilfewege vernommenen Zeugen – bewusst gemacht, dass sie sich keinen unmittelbaren Eindruck von den im Rechtshilfeweg in Luxemburg vernommenen Zeugen Q3 und G3 machen konnte. Deren Aussagen konnte sie lediglich durch die Vernehmungsniederschriften einführen. Sie hat aber keinen Zweifel daran, dass die von den Zeugen gemachten Angaben, die denen des Zeugen G2 entsprechen, zutreffen. Der Inhalt ihres Telefonats ist zeitnah Gegenstand näherer – auch schriftlicher – Erörterungen zwischen der SCA und der CSSF geworden, die ihrerseits Eingang in die Hauptverhandlung gefunden haben.
XLVIII. Feststellungen zu den Einzelheiten der Kapitalerhöhung (Teil 1, D., III., (7), (g))
2169Das ins Bankhaus gesendete Fax des Zeugen Dr. N9 ist eingeführt worden. Das im Zuge der Konsortenverhandlungen veränderte Finanzierungskonzept ist durch die Aussagen der Zeugen Dr. N9 und J4 sowie die Darstellungen im eingeführten Dokument "a.o. Sitzung des Aufsichtsrats der X1 AG – Düsseldorf, 28. September 2008“, sowie die Protokolle, Kreditberichte und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009 bewiesen.
2170Zu den weiteren Gesprächen im Bankhaus haben sich die Angeklagten K und O im festgestellten Sinn erklärt. Der Angeklagte J hat dazu keine weitergehenden Angaben gemacht, aber ausgeführt, seine Erklärungen mit den Partnern abgestimmt zu haben.
2171Die weiteren Telefax-Schreiben sind in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Der Angeklagte J hat dazu erklärt, das ihn um kurz nach 15:00 Uhr erreichende Telefax sei – was sich aus der Faxnummer ergebe – an ihn nach Hause geschickt worden. Seine Zusage habe er von diesem privaten Anschluss aus nach Essen zurück gefaxt. Das ergebe sich aus der Absenderkennung "Vatter" seines privaten Faxes, die seine Tochter eingerichtet habe.
2172Die Feststellungen zur abendlichen Aufsichtsratssitzung ergeben sich aus den Bekundungen der Zeugen Dr. N9 und Dr. F4 sowie den Darstellungen im eingeführten Dokument "a.o. Sitzung des Aufsichtsrats der X1 AG – Düsseldorf, 28. September 2008“.
XLIX. Feststellungen zum Telefonat zwischen J und P am Sonntagabend (Teil 1, D., III., (7), (h))
2173Die Feststellungen zum Telefonat zwischen den Angeklagten J und P beruhen – soweit sie nicht die Nachbesicherung zum Gegenstand haben – auf der Einlassung des Angeklagten Pfund, die hinsichtlich der Nachfrage nach dem Stand der Verhandlungen über die HRE von J bestätigt worden sind.
L. Feststellungen zu den Geschehnissen am Montag (Teil 1, D., III., (7), (i) bis (8), (c))
2174Die Feststellungen zu den Umwälzungen in der Nacht auf Montag beruhen auf den Angaben der Zeugen Dr. N9 und J4, N6 und Y3 sowie den Protokollen, Kreditberichten und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009. Den Inhalt ihres Telefonats in den frühen Morgenstunden des 29. September 2008 hat der Angeklagte J in Übereinstimmung mit dem Zeugen Dr. N9 beschrieben. Der Zeuge J4 hat – in Übereinstimmung mit dem Zeugen Dr. N9 – bekundet, die angesprochene und an SOP möglicherweise abzutretende Forderung sei zu dieser Zeit noch überhaupt nicht ausverhandelt gewesen. Vielmehr hätten sich entsprechende Bemühungen des Vorstands der X1 AG 5C ebenfalls erst in der Nacht ergeben.
2175Für die Kammer steht sicher fest, dass die Angeklagten J und K über den Inhalt dieser Gespräche noch vor Erteilung einer Zusage durch den Angeklagten J – wie festgestellt – gesprochen haben. Der Angeklagte J hat hierüber keine näheren Angaben gemacht. Er hat lediglich beschrieben, „wir haben" die Zusagen erteilt. Näher konkretisiert hat er die Mehrzahl nicht.
2176Der Angeklagte K hat demgegenüber durchgehend, konsistent und auf Nachfragen dies bestätigend berichtet, für ihn sei klar gewesen, neben der Kapitalerhöhung auch einen Kredit gewähren zu müssen. Er wisse heute nicht mehr, wann er von der Kapitalerhöhung und dem Kredit erfahren habe. Er hat – was den objektiven Umständen entgegensteht – ausgeführt, nach seiner Erinnerung habe die Bank zunächst den Kredit und später die Kapitalerhöhung zugesagt bzw. beschlossen. Trotz der fortgeschrittenen Beweisaufnahme und der dabei gewonnenen Erkenntnisse hat er seine Einlassung so vorgetragen und nicht etwa versucht, seine erst späte Einlassung den Erkenntnissen aus der Beweisaufnahme anzupassen. Bereits das zeigt sein Bemühen, den Sachverhalt so darzustellen, wie er ihn erinnert und nicht etwa wie er durch den jeweiligen Stand der Beweisaufnahme vorgezeichnet scheint. Schon dies spricht gegen eine rein taktische Ausrichtung seiner Einlassung außerhalb einer eigenen Erinnerung. Der Angeklagte K war auch in diesem Punkt ersichtlich um die zuverlässige Wiedergabe der bei ihm vorhandenen Erinnerung bemüht.
2177Der Angeklagte K hat angegeben, er sei sich sicher, mit dem Angeklagten J über eine gemeinsame Entscheidung zu Gunsten einer Kapitalerhöhung und eines Kredits gesprochen und beide Maßnahmen mit ihm zusammen entschieden zu haben. Außerdem habe er mit dem Zeugen Dr. N9 gesprochen. Dieses zusammen mit dem Angeklagten J geführte Gespräch sei deutlich nach Mitternacht geführt worden. In diese Einlassung fügt sich ein, dass der Angeklagte O angegeben hat, am Montagmontag durch den Angeklagten K vom nächtlichen Finanzierungsbegehren des Zeugen Dr. N9 aus einem Telefonat in der Nacht erfahren zu haben. Ferner musste die Pressemitteilung der Bank auch mit K als dem Sprecher der Partnerschaft abgestimmt werden. Das legt eine Hinzuziehung des Angeklagten K durch den Angeklagten J bereits zu früher Uhrzeit nahe.
2178Die vom Angeklagten J beschriebenen Pressemitteilungen einerseits des Bankhauses und andererseits der X1 AG sind als im Internet abrufbare Dokumente allgemeinkundig. Darüber hinaus ist die Pressemitteilung von SOP der Zeugin T1 vorgehalten, mit ihr besprochen und von ihr wiedererkannt worden.
2179Den eingeführten Zeichnungsschein hat der Angeklagte J am 29. September und – zum Zwecke der Aufrundung von Beträgen – nach Korrektur am 2. Oktober 2008 ein weiteres Mal unterschrieben. Die exakte Uhrzeit hierfür hat sich nicht mehr klären lassen. Den Zeichnungsschein hat der Zeuge J4 – wie von ihm bekundet – noch im Verlauf des Montags im Bankhaus abgeholt und im Gegenzug die Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats der X1 AG in die Bank gebracht, ohne dass auch insofern die Uhrzeit näher aufgeklärt werden konnte. Der Zeuge J4 konnte sich lediglich sicher erinnern, dass er den Zeichnungsschein im Bankhaus persönlich abgeholt habe und dies am Montag, den 29. September 2008, geschehen sei. An eine exakte Uhrzeit oder auch nur ungefähre Uhrzeit hat sich der Zeuge nicht zu erinnern vermocht. Weitere Zeugen, die in die Übergabe des Zeichnungsscheins einbezogen waren, standen nicht zur Verfügung. Der Angeklagte J hat sich zu den näheren Umständen des Abholens des Zeichnungsscheins nicht geäußert.
2180Die Feststellungen zur formalen Umsetzung der Kapitalerhöhung und zum Erwerb der Stimmrechtsanteile an den neu ausgegebenen Aktien beruhen auf den Stimmrechtsmitteilungen der Bank, welche die Kammer zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht hat (s. oben Teil 1, D., IV, 19).
2181Die Feststellungen zur Einbeziehung der Angeklagten O und Pfund in das zugesagte Darlehen aus der Nacht beruhen auf ihren Einlassungen.
LI. Feststellungen zum Geschehen um die Nachbesicherung (Teil 1., D., III., (5), (c), (6), (a) bis (c), (7), (b))
2182Die Kammer ist davon überzeugt, dass die von der Zeugin T3 nach ihren Zusagen Ende September ab Mitte Oktober 2008 tatsächlich in die nähere Umsetzung gelangte Nachbesicherung und die vom Bankhaus geleisteten Finanzierungsbeiträge zugunsten der X1 AG weder objektiv noch nach der Vorstellung auch nur eines der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter miteinander verknüpft bzw. verbunden waren. Insbesondere lag eine unmittelbare Verflechtung zwischen der Sicherheitenverstärkung der Zeugin bzw. ihrer Firmen und dem Finanzeinsatz der Bank zugunsten der X1 AG nicht vor. Es verhielt sich – auch nach der Vorstellung der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter – also nicht etwa dergestalt, dass die Finanzierungsbeiträge von SOP wenigstens auch deshalb geleistet wurden, weil von ihnen die Zusage für oder die Einräumung von Sicherheiten abhing. Einen inneren Bezug zueinander oder gar eine Bindung miteinander hatten diese Vorgänge – auch nach dem damaligen Bewusstsein aller Angeklagten – nicht.
2183Der Angeklagte K hat sich hierzu dahin eingelassen, die sog. „Nachbesicherung“ habe für ihn bei der Entscheidung über die Finanzierungsbeiträge keine Rolle gespielt. Es habe sich vielmehr um „zwei selbstständige“ Stränge gehandelt. Die Nachbesicherung durch die Zeugin T3 sei weder Bedingung für die zugunsten der X1 AG getroffenen Entscheidungen noch deren Bestandteil gewesen. Die Nachbesicherung sei – aus seiner Sicht – bereits abgeschlossen („in die Scheuer gefahren“) gewesen, noch bevor überhaupt näher konturiert worden sei, welche Finanzierungsbeiträge die X1 AG konkret benötigte.
2184Das gilt auch für den Angeklagten O. Auch er hat die Nachbesicherung einerseits und die Finanzierungsbeiträge zugunsten der X1 AG andererseits zuletzt als selbstständige Vorgänge ohne inneren Zusammenhang beschrieben. Die beiden Vorgänge hätten sich lediglich zeitlich teilweise überlagert. Zu keiner Zeit (etwa am Freitag in der „großen Runde“ oder zu einem anderen Zeitpunkt) sei das Thema Nachbesicherung zur Bedingung für die X1-Beiträge gemacht worden.
2185Diese Einlassungen der Angeklagten K und O werden durch das Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt.
2186Schon die Dokumentenlage gibt eine Verknüpfung zwischen den Finanzierungsbeiträgen der Bank und der Nachbesicherung der Zeugin T3 nicht her. In den Schreiben der Bank vom 26. September 2008 wurden als Voraussetzung für die ursprünglich angedacht gewesene Gewährung eines Kredites an X1 über 50 Millionen € (und zwar zu dieser Zeit nach der Vorstellung Js noch gegen bankenübliche Sicherheiten der X1 AG selbst) in Bezug auf die Zeugin T3 lediglich und allein der Ankauf von Aktien durch die Bank sowie die Verwertung des verwendeten Festgeldes von 90 Millionen € benannt. Ein irgendwie gearteter Hinweis auf die Bestellung zusätzlicher Sicherheiten für die bestehenden Engagements als Voraussetzung für die X1-Finanzierung findet sich demgegenüber nicht.
2187Auch in der abgegebenen Erklärung der Zeugin T3 mit dem Datum des 26. September 2008 findet sich kein Hinweis auf eine Verknüpfung. Die dortige Formulierung,
2188„In Anbetracht der aktuellen Situation sichere ich Ihnen zu, dass meine sämtlichen Vermögenswerte aus der Vermögensaufstellung vom 31. Dezember 2007 zur Absicherung der gewährten Darlehn zur Verfügung stehen. … Dabei gehe ich davon aus, dass aufgrund dieser Erklärung die Fälligstellung der Darlehen abgewendet wird“,
2189fügt sich vielmehr gut in die Einlassung des Angeklagten K und die Angaben des Angeklagten E ein, wonach die Nachbesicherung als selbstständiger und zur Abwendung einer von der Zeugin besorgten Kündigung bzw. Fälligstellung ihres Kreditengagements dienender Umstand war. Sie passt ferner ins Bild der CSSF-Anfrage vom 23. September 2008 und der – gerade vom Angeklagten J – an jenem Tag gegebenen Antwort, die Bank stehe schon in Verhandlungen über zusätzliche Sicherheiten.
2190Die Zeugen G2 und Dr. T4 haben eine Verknüpfung der Nachbesicherung mit den X1-Beiträgen ebenfalls und insgesamt überzeugend verneint. Über das bereits im Vorfeld immer wieder aufgekommene Thema der Nachbesicherung sei auch am Freitag gesprochen worden. Es sei aber nicht in eine Beziehung zur Finanzstärkung bei X1 gesetzt worden. Das T3-Engagement sei vielmehr für ausreichend werthaltig angesehen worden. Eine Gefährdung für die Kreditrückzahlung im Fall einer Insolvenz der X1 sei in den von den Zeugen – vor allem von Dr. T4 – mitverfolgten Gesprächen am Freitag weder gesehen noch erörtert worden. Zu einer Verknüpfung von Nachbesicherung und den Finanzierungsbeiträgen hat der Zeuge G2 auf ausdrückliche Nachfrage ausgesagt: „Es gab keinen kausalen Zusammenhang in dem Sinn: Frau T3 gibt die Sicherheiten, wenn wir X1 retten. Unsere Nachbesicherungswünsche bestanden von Seiten der Kreditabteilung unabhängig davon. Es gab auch keine Bindung, das eine gegen das andere.“
2191Der Zeuge Dr. T4 hat bekundet, die Risiken aus der Kreditherausgabe an die Zeugin T3 seien in den Überlegungen über eine Kapitalstärkung bei X1 am Freitag nicht diskutiert worden. Die Beteiligten seien – so die Schilderung des Zeugen – davon ausgegangen, dass auch ihre Vermögenspositionen außerhalb der X1-Werte die Kreditforderungen der Bank vollständig abdeckten. Die Bonität der Schuldnerin T3 sei für gut gehalten worden. Dabei blieb er beharrlich auch auf sehr eindringliche Nachfragen. So erklärte Dr. T4, er habe „ganz sicher nichts verwechselt“.
2192Beide Zeugen haben den Verlauf und die Inhalte des Gesprächs am Freitag detailreich und anschaulich geschildert. Dass sie an die Vorgänge noch eine lebendige Erinnerung hatten, ergibt sich schon daraus, dass beide sehr spontan – der Zeuge G2 sogar aus Luxemburg – zu der Besprechung hinzu gerufen wurden. Es handelte es sich zudem nicht um eine bloß normale Besprechung, sondern eine Krisensitzung, deren Stimmung und Dramatik beiden Zeugen im Gedächtnis geblieben ist. Auch wenn der Zeuge G2 – wie bereits ausgeführt – nachvollziehbar den Aktienankauf und die Kapitalerhöhung verwechselt hat, konnte er doch sicher und auf Nachfrage ausschließen, dass die Finanzierungshilfe für X1 und die Nachbesicherung in einem kausalen Zusammenhang standen. Dies hat auch der Zeuge Dr. T4 eindrucksvoll bestätigt. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass der Zeuge Dr. T4 auch für Teile der übrigen ehemaligen Aktionäre des Bankhauses tätig ist und tätig war. Der Zeuge Dr. T4 hat keinerlei Belastungstendenz gezeigt und an zahlreichen Stellen seiner Vernehmung offen eingeräumt, wenn er sich an Vorgänge nicht erinnern konnte.
2193Der in diesem Komplex nicht Angeklagte E hat angegeben, die Zeugin T3 habe ihm schon bei dem Gespräch am 25. September erklärt, zur Nachbesicherung bereit zu sein. Das sieht die Kammer durch die Aussagen der Zeugen T3, J6 und Dr. C11 bestätigt. Die Zeugin T3 selbst sei – so ihre und auch die Angaben der Zeugen J6 und Dr. C11 – zur Abwendung der von ihr befürchteten Fälligstellung in jedem Fall bereit gewesen, alles zun tun, was von ihr gefordert werde. Sie sei auch gar nicht in der Lage gewesen, einer solchen Forderung etwas entgegen zu setzen. Darin fügt sich ein, dass der Zeuge J6 schon am 24. Juni 2008 beim Angeklagten E nachgefragt hatte, was SOP bei einem weiteren Kursverfall unternehmen werde. Aus der Diktion der vom Angeklagten E vermerkten Nachfrage ergibt sich eine eher ängstliche Anfrage, nicht etwa Anhaltshaltspunkte für Bedingungen oder Druck auf das Bankhaus. Die Zeugen J6 und T3 haben in ihren Vernehmungen auch persönlich nicht den Eindruck vermittelt, das Bankhaus bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter bedrängen zu wollen oder zu können. Vielmehr haben sie eindrucksvoll die Panik der Zeugin T3 vor einer Fälligstellung der Kredite beschrieben. Soweit der Zeuge J6 ausgesagt hat, „irgendwie“ habe das schon miteinander zusammen gehangen, war diese Angabe – wie seine Befragung gezeigt hat – auf die unübersehbare zeitliche Nähe zwischen dem Nachbesicherungsdrängen der Bank und einer Finanzierung der X1 bezogen. Eine konkrete inhaltliche Verknüpfung der beiden Vorgänge hat auch der Zeuge J6 demgegenüber zu keiner Zeit beschrieben.
2194Vor allem aber hat der Zeuge Dr. C11 sehr anschaulich berichtet, das Thema Nachbesicherung und die Unterstützungsmaßnahmen von SOP zugunsten der X1 AG seien nicht miteinander verknüpft gewesen. Vielmehr habe E im Gespräch am Donnerstag das Thema der offenen Finanzierung bei X1 und der Sicherheitenlage bei den Kreditengagements der Mutter klar voneinander abgetrennt behandelt. Dabei hat der Zeuge, der bei den Gesprächen am Donnerstag anwesend war, eine Verknüpfung der beiden Vorgänge anschaulich verneint. Die Vorgänge seien thematisch und zeitlich im Gespräch voneinander getrennt behandelt worden.
2195Soweit der Zeuge Dr. C11 auch angegeben hat, nach seinem Verständnis sei es dabei nur darum gegangen, eine neue „Vermögensbilanz“ zu erstellen, um diese bei der BaFin vorzulegen und so die Fälligstellung abzuwenden, folgt dem die Kammer nicht. Denn es ist nicht erklärlich, weshalb sich die BaFin oder die CSSF mit einer neuen Vermögensbilanz zufrieden gebe sollte, wenn die Aufsichtsbehörden – wie es E nach dem Bericht der Zeugen als sehr kritisch betont habe – im Bankhaus erheblichen Druck entfalteten. Zum anderen haben aber auch seine Mutter und der Zeuge J6 den Angeklagten E schon in diesem Gespräch dahin verstanden, dass feste Sicherheiten bestellt werden sollten, auch wenn er betont habe, dass der Sicherungsfall doch nicht eintreten würde, weil Dr. N9 X1 wieder „auf Spur“ bringe.
2196Soweit für den Angeklagten E als von der Zeugin T3 Beklagtem in einem Zivilverfahren von seinen Anwälten vorgetragen worden ist, die Zeugin T3 hätte eine Nachbesicherung ohne Finanzbeiträge der Bank für X1 nicht gewährt, handelt es sich um eine Angabe, die nach den Bekundungen der sonst dazu vernommenen Zeugen – einschließlich der Zeugin T3, ihres Ehemanns J6 und ihres Sohnes Dr. C11 in der Hauptverhandlung – sowie in Wahrnehmungen der Zeugen G2 und Dr. T4 keine Stütze findet und die der Angeklagte E in seiner Einlassung gegenüber der Kammer gerade nicht aufrecht erhalten hat.
2197An der Nachbesicherungszusage der Zeugin T3 vom Donnerstag bestanden in der Folge im Bankhaus auch keine Zweifel. Denn ansonsten wäre nicht erklärbar, weshalb das Thema Nachbesicherung, wie insbesondere die Zeugen G2 und Dr. T4 übereinstimmend und überzeugend bekundet haben, auch im Bankhaus nicht in Beziehung zu den ab Freitag näher erörterten X1-Beiträgen gebracht wurde.
2198Dem steht die eingeführte E-Mail aus der Kreditabteilung vom Abend des 25. September 2008 von 18:13 Uhr nicht entgegen. In dieser wurde darauf hingewiesen, „wunschgemäß“ seien noch keine Maßnahmen in Bezug auf das vertraglich vereinbarte Nachbesicherungsrecht vorgenommen worden. Diese von den Angeklagten selbst nicht erinnerte E-Mail fügt sich ohne weiteres in die bereits vor Monaten erteilte Anweisung des Angeklagten K ein, mit welcher er sich die Ansprache der Zeugin T3 zu diesem Thema persönlich vorbehielt. Dass die Zeugin T3 an diesem Tag vom Angeklagten E auf eine Nachbesicherung angesprochen wurde, ohne dass die Kreditabteilung hierüber benachrichtigt wurde, liegt nicht zuletzt anhand der dynamischen Entwicklungen um die X1-Finanzierung nicht fern.
2199Nichts anderes gilt für die E-Mail des Zeugen G2 an die Zeugin F5 am Freitag kurz vor 18:00 Uhr. In dieser wurde die Zeugin F5 gebeten, sie solle damit beginnen, ein Schreiben an die Zeugin T3 zu entwerfen, in dem diese zur Nachbesicherung aufgefordert werde. Es eile aber nicht. Wenn überhaupt, solle das Schreiben erst am Montag oder Dienstag „rausgehen“. Der Zeuge G2 hat sich hieran nicht erinnern können. Mit dem Angeklagten K geht die Kammer davon aus, dass der Zeuge G2 damit lediglich die formale Umsetzung der Nachbesicherung einleiten wollte, die dem Grunde nach schon von der Zeugin T3 zugesagt war.
2200Der Angeklagte J hat sich demgegenüber auf eine Verknüpfung der Nachbesicherungen mit den zugunsten X1 eingesetzten Geldern berufen. So hat er sich zunächst dahin eingelassen, überhaupt erst am 26. September (also dem Freitag) in das X1-Geschehen eingebunden worden zu sein. Dabei hat er sich ferner – allerdings nur oberflächlich – dahin eingelassen, die Bank habe „im Gegenzug“ für ihr Handeln erhebliche neue Sicherheiten von der Zeugin T3 erhalten und zugleich ihr Kreditengagement deutlich zurückgeführt. Das sei der Arbeitsebene der Bank seinerzeit offenbar nicht gegenwärtig gewesen. Sie habe es nicht gewürdigt. Die im Schreiben vom 26. September 2008 erfolgte „Zusage“ der Zeugin sei „Grundvoraussetzung“ für die getroffenen Maßnahmen gewesen und habe „am Beginn der Verhandlungen“ gestanden.
2201Der Angeklagte J hat einerseits jedoch schon nicht näher beschrieben, wie eine solche Vereinbarung, die sich gerade nicht in der Dokumentenlage und in den Gesprächen mit der Zeugin T3 oder den Beratungen im Bankhaus wiederfindet, geschlossen worden sein sollte. Andererseits zwingt seine Einlassung, die Zusage der Zeugin T3 sei „Grundvoraussetzung“ für die getroffenen Maßnahmen gewesen, nicht zur Annahme einer Verknüpfung bzw. Bedingung. Denn mag – nach dieser Darstellung – das Bankhaus ohne die Zusage der Zeugin T3 Beiträge für X1 auf keinen Fall in Betracht gezogen haben, ist doch noch nichts darüber gesagt, ob es sie nach der Zusage zwingend gewähren musste. Fühlte sich das Bankhaus trotz der Zusage der Zeugin T3 nicht gebunden, X1 mit Geld zu unterstützen, sondern blieb es trotz der „Nachbesicherungszusage“ darin frei, kann von einer erheblichen Verknüpfung bzw. Bedingung zwischen der Nachbesicherung und den X1-Beiträgen nicht gesprochen werden. In diesem Verständnis hätte die Einlassung des Angeklagten J keinen anderen Wesensgehalt als diejenige des Angeklagten K, nach der die Nachbesicherung zu Beginn der Verhandlungen schon „in die Scheuer gefahren“ war.
2202Der Angeklagte J hat geltend macht, die subjektive Annahme einer Verknüpfung liege auch darin, dass er davon ausgegangen sei, die Zeugin T3 habe ohne die Rettungsmaßnahmen kein Interesse gehabt, Sicherheiten zu bestellen. Außerdem ergebe sich die Verknüpfung aus Schilderungen des Angeklagten O in dessen Einlassung. So habe O nicht nur geschildert, J habe am Freitag zu Beginn der Erörterungen in „der großen Runde“ erklärt, man müsse die Bereitschaft zur Gewährung eines Kredits an X1 von der Zusage zusätzlicher Sicherungen durch T3 abhängig machen. Weiter habe O erklärt, es habe ein Telefonat zwischen dem Angeklagten J und dem Angeklagten E am Freitag gegeben, in dem J auf dessen Nachfrage, unter welchen Bedingungen die Bank zu einer finanziellen Unterstützung der X1 bereit sei, erklärt habe, T3 müsse nachbesichern.
2203Beide Äußerungen, also sowohl die angebliche Erklärung in der „großen Runde“ als auch die vermeintliche Äußerung gegenüber dem Angeklagten E, hat der Angeklagte J in seiner persönlichen Einlassung selbst nicht beschrieben. Für Nachfragen der Kammer stand er nicht zur Verfügung.
2204Die Kammer hält es nach der umfassend durchgeführten Beweisaufnahme für widerlegt, dass für den Angeklagten J und aus seiner subjektiven Sicht die Nachbesicherung mit den X1-Beiträgen verbunden war. Für die Feststellung seiner inneren Haltung und Vorstellungen ist sie allerdings auf die Auswertung insbesondere von Indizien angewiesen, die sie in die Lage versetzen, entsprechende Rückschlüsse zu ziehen.
2205Dabei hat sich die Kammer zunächst davon überzeugt, dass der Angeklagte J bereits vor dem besagten Freitag (26. September 2008) um die Entwicklung bei X1 und insbesondere auch um eine schon vor Freitag erfolgte Einforderung der Nachbesicherung gegenüber der Zeugin T3 wusste.
2206Es war der Angeklagten J, der mit dem Angeklagten K das Schreiben an die CSSF vom 23. September 2008 abgestimmt hatte. In diesem hieß es:
2207„Aktuell besteht hierbei eine Unterdeckung in Höhe von rund Euro 8 Million. Aus diesem Grund befinden wir uns mit der Kundin zur Zeit in Gesprächen über die Stellung weiterer Sicherheiten. Aus den uns vorliegenden Unterlagen ist weiteres Immobilien- und sonstiges Vermögen ersichtlich, über den Verlauf der weiteren Gespräche werden wie sie zeitnah informiert halten.“
2208Die Forderung einer Nachbesicherung kam daher – anders als vom Angeklagten O zunächst angegeben – zum einen nicht erst am Freitag und zum anderen nicht erst durch den Angeklagten J auf.
2209Der Angeklagte J wusste nach Überzeugung der Kammer in diesem Zusammenhang auch, dass die Zeugin T3 bereits am Donnerstag (25. September 2008) vom Angeklagten E wegen der Nachbesicherung angesprochen worden war und diesem gegenüber dabei ihre Bereitschaft zur geforderten Sicherheitenverstärkung erklärt hatte. Denn der Angeklagte J war entgegen seinem Bestreiten bereits am Abend des 25. September im Privathaus des Angeklagten K anwesend und hatte zuerst mit diesem und dann – nach Eintreffen des Angeklagten E – auch mit jenem den Stand der Gespräche mit T3 erörtert.
2210Die Gespräche im Privathaus K vom 25. September 2008 haben zwischen den Angeklagten K, O, J und E mit den festgestellten Inhalten stattgefunden. Dass der Angeklagte K den Angeklagten O an dessen Geburtstag in sein Privathaus einlud, haben beide übereinstimmend geschildert. Der Geburtstag des Angeklagten O und dessen Störung durch die dramatischen Ereignisse bei X1 verleihen ihren Aussagen als plastisches Detail besondere Authentizität. So hat der Angeklagte O angegeben, K sei in „alarmierter“ Stimmung gewesen, was nur selten vorgekommen sei.
2211Zwar wusste der Angeklagte K nicht mehr sicher, ob der Angeklagte E – was dieser jedoch überzeugend geschildert hat – an diesem Abend ebenfalls zu ihm gekommen war oder ob sie telefonierten. Das lässt sich aber ohne Weiteres mit seiner Angabe erklären, angesichts im Laufe des Tages mit E bereits geführter Telefonate über die Nachbesicherung eher davon auszugehen, mit diesem am Abend lediglich erneut telefoniert zu haben. Die Tatsache, dass der Angeklagte K insofern fehlendes sicheres Wissen offenbart und nicht etwa eine tatsächlich nicht mehr vorhandene Erinnerung als bestehend vorgeschoben hat, zeigt an, dass und wie sehr er darum bemüht war, zuverlässig auszusagen.
2212Soweit der Angeklagte J geleugnet hat, bei diesen Erörterungen im Privathaus am Donnerstagabend anwesend gewesen sein, ist seine Einlassung als Schutzbehauptung widerlegt. Die Angeklagten K und O haben übereinstimmend angegeben, dass J an den Gesprächen am Donnerstagabend teilgenommen habe. Während O das eher aus bestimmten Umständen (nämlich dem Inhalt der Gespräche, die als solche sicher geführt worden seien) herleiten und lediglich nicht ausschließen konnte, ob die Gespräche mit J nicht per Telefonlautsprecher geführt wurden, war sich der Angeklagte K sicher, bereits am Donnerstag in seinem Haus mit J über das Thema „Nachbesicherung“ und den Stand von Gesprächen über den X1-Konzern gesprochen zu haben.
2213Der Anwesenheit Js am Abend im Kölner Haus Ks steht auch der von ihm geltend gemachte Aufenthalt in Luxemburg über Tag nicht entgegen. Die Angeklagten waren es gewohnt, die Strecke von Luxemburg nach Köln per Flugzeug in kurzer Zeit zurückzulegen. Der Angeklagte J hat – auf Vorhalt eines Kalendereintrags – eingeräumt, etwa gegen 18:00 Uhr wieder in Köln zurück gewesen zu sein. Das lässt sich mit dem geschilderten Gespräch am Abend gut in Einklang bringen.
2214Der Angeklagte E hat differenziert geschildert, der Angeklagte J sei bereits im Haus des Angeklagten K gewesen, als er, E, hinzugekommen sei. Der Angeklagte O sei – was dessen „Unsicherheit“ zur unmittelbaren Anwesenheit Js erklärt – erst hinzugebeten worden, kurz nachdem der Angeklagte J das Haus Ks schon verlassen hatte.
2215Für die Kammer steht sicher fest, dass der Angeklagte E bei dieser Gelegenheit erstmals darum gebeten wurde, die Zeugin T3 danach zu fragen, ob sie neben der schon zugesagten Nachbesicherung auch bereit sei, ihre X1-Aktien gegen Verrechnung mit den bestehenden Kreditverbindlichkeiten an das Bankhaus zu übertragen. Der Angeklagte E hat dazu detailliert angegeben, er sei an diesem Abend erstmals von den Angeklagten K und J darauf angesprochen worden zu klären, ob die Zeugin T3 bereit sei, im Zuge der Verrechnung Aktien an das Bankhaus zu übertragen. Das Vorgehen, bereits verpfändete Aktien vollständig zu erwerben, im Gegenzug aber die unmittelbare Kreditforderung zu verlieren, hatte – wie die Angeklagten O und P auf Vorhalt der Kammer schließlich bestätigt haben – für sich genommen keinen (zusätzlichen) wirtschaftlichen Wert. Die Bank erlangte hierdurch wirtschaftlich nämlich im Wesentlichen nichts anderes als das, was sie schon als Pfand verfügbar hatte, und verlor im Gegenteil eine bis dahin bestehende Kreditforderung.
2216In dieses Bild fügt sich ein, dass in dem dem Angeklagten J vorgehaltenen Kalendereintrag am Freitag bereits für 10:30 Uhr der Eintrag „ M6“ vermerkt ist, während J betont hat, er habe erst am Mittag des 26. September 2008 in der Bank von den „Turbulenzen“ bei X1 erfahren. Vorher habe er hierüber keine Kenntnis erlangt. Beim Zeugen Dr. M6 handelt es um den Anwalt, der den Aktienankauf für die Bank begleitete. Zwar muss dem Angeklagten J darin zugestimmt werden, wenn er insofern erklärt, sein Kalender sei „ja kein Grundbuch“. Seiner Einlassung, er sei erst am Freitag unvermittelt in das X1-Geschehen eingebunden worden, stehen aber zahlreiche Beweiszeichen entgegen.
2217So ergibt sich bereits aus der Aussage des Zeugen G2 und der an J gerichteten E-Mail vom 24. September 2008, dass dieser in die Beantwortung der – vom Angeklagten K als „kribbelig“ bezeichneten – Nachfrage der CSSF eingebunden und vom Zeugen G2 darum ersucht worden war, das Y14-Engagement gegenüber der Aufsicht „pro activ“ anzugehen. Diese Anfrage hat er, J, überdies unter anderem damit beantwortet, mit der Zeugin T3 bereits in Verhandlungen über die Stellung zusätzlicher Sicherheiten zu stehen. Bereits das fügt sich ohne Weiteres in die ihn belastenden Angaben des Angeklagten K zur Nachbesicherung ein, während es im völligen Gegensatz zu seiner eigenen Einlassung steht. Darüber hinaus hat der Zeuge Dr. T12 detailreich und anschaulich geschildert, mit dem Angeklagten J noch am Donnerstag erörtert zu haben, ob er nicht seine (Dr. T12s) für den nächsten Tag geplanten Reise zu einer Diskussionsveranstaltung sowie seinen sich daran anschließenden Urlaub absagen solle, weil sich – wie der Zeuge beschrieben hat – in Bezug auf Kreditverlängerungen bei X1 Gespräche abzeichneten.
2218Am Samstag (27. September) – dem Tag, als die schriftliche Zusage der Zeugin T3 mit Datum 26. September vom Angeklagten E nach dessen im Einklang mit der Aussage des Zeugen J6 stehenden Einlassung in Nürnberg abgeholt und ins Bankhaus gebracht wurde – änderte sich die Qualität der Erklärungen der Zeugin T3 nicht. Denn dieses am 27. September zugegangene Schreiben vom 26. September 2008 hat keinen zusätzlichen Wert gegenüber der am 25. September abgegebenen mündlichen Zusage.
2219Die schriftliche Erklärung, „ich sichere ich Ihnen zu, dass meine sämtlichen Vermögenswerte aus der Vermögensaufstellung vom 31. Dezember 2007 zur Absicherung der gewährten Darlehn zur Verfügung stehen. … Dabei gehe ich davon aus, dass aufgrund dieser Erklärung die Fälligstellung der Darlehen abgewendet wird“, ist nicht nur rechtlich völlig unverbindlich. Sie verbessert insbesondere die Vermögensposition eines Gläubigers nicht. Denn dass die Vermögenswerte eines Schuldners, der persönlich haftet, zur Verfügung stehen, ist offensichtlich.
2220Wäre es dem Angeklagten J als langjährig erfahrenem Wirtschaftsprüfer und das Risikomanagement verantwortenden Bankleiter wirklich darum gegangen, nach der schon am 25. September gegebenen Zusage, rechtliche Klarheit über die Nachbesicherung zu erlangen, um einen Ausgleich für die hochriskanten Finanzierungsbeiträge bei X1 in Form der Gewährung von Sicherheiten auf bestehende Alt-Kredite zu erlangen, hätte nichts näher gelegen, als statt des rechtlich unbedeutenden Schreibens ohne zusätzlichen Wert etwa ein notarielles Schuldanerkenntnis mit Zwangsvollstreckungsunterwerfungsklausel zu verlangen. Das zumindest wäre – wie das spätere Vorgehen der Beteiligten und insbesondere der Einsatz des Angeklagten E zeigt – innerhalb nur weniger Stunden möglich gewesen.
2221Ohnehin vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen, weshalb die Nachbesicherung nach den von Freitag bis Samstagabend (als die Nachbesicherung selbst nach der Einlassung J schon rechtlich unverbindlich „zugesagt“, aber noch formell umzusetzen war) bestehenden Vorstellungen von den Finanzierungsbeiträgen bei X1 so bedeutend gewesen sein sollte, dass mit ihr die Hilfe für X1 stehen und fallen sollte.
2222Für die höchstriskante Kapitalerhöhung könnte eine solche Wichtigkeit plausibel sein. Diese kam jedoch erst am späten Samstagnachmittag auf, als die Nachbesicherungszusage der Zeugin T3 selbst nach der eigenen Einschätzung des Angeklagten Js schon sicher war. Bis dahin gingen SOP und insbesondere der Angeklagten J noch irrig davon aus, es reiche aus, X1 einen Kredit über 50 Millionen € zu gewähren, den X1 selbst mit erstrangigen Sicherheiten unterlegen und der die Bank in die gleiche Sicherheitenlage wie die Konsorten bringen sollte. Das bestätigt im Übrigen auch die Einlassung des Angeklagten K, wonach die Nachbesicherung bereits „in der Scheuer“ war, bevor sich überhaupt herausstellte, welche Finanzierungsbeiträge X1 konkret vom Bankhaus benötigte.
2223Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der Angeklagte J am Freitag weder zu Beginn der Gesprächsrunde erklärt hat, die Nachbesicherung solle Bedingung für die zu dieser Zeit allein angedachte Kreditausreichung sein, noch dass er diese im Telefonat mit dem Angeklagten E als Bedingung für die Finanzierung der X1 AG einforderte. Beide angeblichen – vom Angeklagten O zum Schluss der Beweisaufnahme auch nicht mehr ernsthaft aufrecht erhaltenen – Umstände, zu denen sich der Angeklagten J weder persönlich selbst erklärt noch für Rückfragen bereit gefunden hat, lassen sich mit den Aussagen der Zeugen G2 und Dr. T4 nicht vereinbaren.
2224Das angebliche Telefonat mit dem Angeklagten E passt schon von den geschilderten situativen Umständen her nicht ins Bild. Nach den ursprünglichen Angaben Os sollte das Telefonat geführt worden sein, als die Runde bereits „in Auflösung“ gewesen sei. Nur noch die Angeklagten J und K seien anwesend gewesen. Als die Zeuginnen F5 und Y5 am Abend zur Unterzeichnung der Schreiben hinzukamen, waren aber neben den Partnern jedenfalls noch die Zeugen G2 und Dr. T4 anwesend. Die dahingehende Erinnerung der Zeugin F5 ist ausreichend belastbar. Sie hat authentisch berichtet, dass und wie der Zeuge G2 darauf bestanden habe, dass die Schreiben unterzeichnet würden. Sie wusste den originellen Umstand zu berichten, dass J ihr eine Kopie des Schreibens zu ihrer Rückversicherung paraphiert habe.
2225Auch inhaltlich lässt sich das Telefonat nicht mit den ansonsten aufgeklärten Umständen vereinbaren. Soweit der Angeklagte O ursprünglich angegeben hatte, der Angeklagte E habe im Telefonat erklärt, dass „die Bank niemals von T3 eine Nachbesicherung erhalte, wenn sie diese jetzt nicht im Zusammenhang einer Unterstützung für X1 fordere“, hat er dies später dahin relativiert, E habe gesagt, die katastrophale Lage der X1 sei eine Chance. Wenn X1 am Montag gerettet sei, werde T3 nicht mehr nachbesichern. Schon im August 2004 hatte die Kreditabteilung beim Stocken der Finanzierungsverhandlungen über X1 übrigens die Chance aufgezeigt, die „derzeitige abwartende Position der Gläubiger zu nutzen, um eine Verbesserung unserer Sicherheitenpositionen (Bürgschaften Fr. T3) zu erlangen.“ Die konkreten Inhalte des Telefonats zwischen dem Angeklagten J und E konnte O trotz klarer Nachfragen zudem nicht benennen.
2226Unabhängig von dieser Inkonsistenz ist die urssprüngliche Einlassung Os in diesem Punkt widerlegt. Gerade nach den insofern übereinstimmenden Aussagen der Zeugen T3, J6 und Dr. C11 sowie der Einlassung des Angeklagten E hatte die Zeugin T3 schon am Donnerstag erklärt, zur Nachbesicherung bereit zu sein. Zwischen dem Bankhaus und dem Haus E wurde – wie festgestellt – am Freitag kurz nach 17:30 Uhr bereits abgestimmt, wie die mündliche Zusage der Zeugin schriftlich umgesetzt werden sollte. Angesichts dieses „Verfahrensstandes“ ist es schlicht abwegig anzunehmen, der Angeklagte E hätte sich – gerade nach seiner von den Angeklagten K und O beschriebenen teils „herrischen“ Eigenart im Umgang auch mit der Bank – in einem Telefonat mit dem Angeklagten J so geäußert, als stünden die Gespräche mit der Zeugin über eine Nachbesicherung überhaupt erst noch bevor.
2227Zudem liegen noch weitere Umstände vor, welche die Kammer in der Gesamtschau zu dem Rückschluss bringen, dass es auch aus der Sicht des Angeklagten J eine Verknüpfung zwischen der Nachbesicherung und den X1-Beiträgen nicht gab.
2228Soweit J geltend gemacht hat, er habe angenommen, ohne Finanzierungsbeiträge zugunsten X1 habe für die Zeugin kein Interesse bestanden, Sicherheiten zu leisten, hat sie sich – zur objektiven Lage – völlig anders geäußert. Sie hat erklärt, für sich keine andere Wahl als die am Donnerstag eingeforderte Bestellung von Sicherheiten gesehen zu haben. Zudem hat sie erklärt, auch noch nach der eingetretenen Insolvenz der X1 geglaubt zu haben, dass sich bestimmte Konzepte (Verkauf bzw. Fusionen) noch realisieren ließen. Soweit sich der Angeklagte J auf die Dokumentenlage bezogen hat, belegt diese seine Annahme gerade nicht. Denn sie zeigt eine Verknüpfung/Bedingung nur mit dem Ankauf der T3-Aktien, nicht aber mit der Nachbesicherung auf.
2229Aber auch die rein subjektive Vorstellung von einer „Interessenlosigkeit“ der Zeugin T3 schließt die Kammer beim Angeklagten J aus. Denn einen Zweifel daran, ob die Zeugin nur gegen eine Unterstützung der X1 durch SOP bereit wäre, Sicherheiten zu leisten, hätte er durch schlichte Nachfrage beseitigen können und – angesichts der für ihn geltenden Pflichten als Bankleiter – auch müssen. Vor allem wusste der Angeklagte J schon seit Donnerstag, dass die Zeugin bereit war, Sicherheiten zu bestellen. Noch vor den Entscheidungen der Bank über die Unterstützungsmaßnahmen war – was gerade die von den Zeugen G2 und Dr. T4 beschriebene fehlende Verknüpfung der Nachbesicherung mit den erörterten Finanzierungsmaßnahmen bestätigt – die Nachbesicherungszusage schon erteilt. Auch der Angeklagte J hat ersichtlich keinen Anlass gesehen, nach der mündlichen Zusage der Zeugin mehr einzufordern als das, was mit dem Entwurf am 26. September konzipiert und am Folgetag bereits unterzeichnet in der Bank vorlag.
2230Gegen eine Verknüpfung der Nachbesicherung mit den Rettungsbeiträgen sprechen ferner die späteren Erklärungen des Angeklagten J im Bankhaus sowie gegenüber den Gremien und den Aufsichten. Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, „im Gegenzug“ zu den Finanzierungsbeiträgen habe T3 erhebliche neue Sicherheiten eingeräumt und ihr Kreditengagement zurückgeführt. Das sei der Arbeitsebene der Bank seinerzeit offenbar nicht gegenwärtig gewesen. Sie habe es nicht gewürdigt. Die Zurückführung des Kreditengagements durch Verrechnung mit bereits gewährten Sicherheiten (insbesondere Festgeld) ist jedoch objektiv kein Vorteil. Dass dies kein Grund sein kann, hochriskante Kreditgeschäfte einzugehen, liegt auf der Hand.
2231Wenn die Nachbesicherung aus Sicht des Angeklagten J mit Finanzierungsbeiträgen verknüpft und von daher als positives Element der Entscheidung erwogen gewesen wäre, erschließt sich der Kammer nicht, warum dieser Umstand der Arbeitsebene der Bank verschwiegen und nicht einem Mitarbeiter, etwa dem Zeugen Dr. T12, eröffnet worden sein sollte. Nur so hätte auch sie es würdigen – und das Engagement möglicherweise in völlig neuem Licht sehen – können.
2232Das gilt erst recht für die vom Angeklagten J selbst gar nicht erwähnte Überlegung, Sicherheiten hätten von T3 ohne Finanzierungsbeiträge an X1 gar nicht gestellt werden können, ohne anfechtbar zu bleiben. Denn die Partner gingen nach ihren Erklärungen – was der Angeklagte P für die Erörterungen im Gespräch mit J sogar ausdrücklich geltend gemacht hat – davon aus, dass T3 selbst bei einer Insolvenz der X1 aus ihrem sonstigen Vermögen in der Lage bleiben würde, die Forderungen des Bankhauses zu bedienen. Danach war eine Insolvenz der Zeugin T3 selbst nicht besorgt. Das haben die Zeugen G2 und Dr. T4 ebenfalls für die Erwägungen am Freitag ausdrücklich berichtet. Insolvenzantrag ist auch heute noch nicht gestellt.
2233Besonderes Gewicht kommt für die Kammer auch den Gesprächen des Angeklagten J mit dem Zeugen Dr. T12 zu. Denn nach dem beschriebenen Eklat vom 14. Oktober 2008 hätte es aus Sicht der Kammer in dieser Situation nahe gelegen, dass sich der Angeklagte J in dieser Situation auf den angeblich von ihm erwogenen und auch für legitim empfundenen Gesichtspunkt berufen hätte, nur auf diese Weise habe das Bankhaus T3-Sicherheiten erlangt. Nichts in diese Richtung ist aber geschehen. Das gilt noch mehr für eine kurz darauf erfolgte persönlichen Besprechung mit dem Zeugen Dr. T12. Unter vier Augen bat der Zeuge Dr. T12 um sein Ausscheiden aus dem Bankhaus. Die Finanzierungsbeiträge zugunsten der X1, die nur die Bürgen geschont hätten, hielt Dr. T12 für unvertretbar. Damit hätten die Partner der Bank einen Weg beschritten, den der Zeuge nicht mitzugehen bereit war. Angesichts der persönlichen Wertschätzung des Angeklagten J gegenüber dem langjährigen Mitarbeiter der Bank hätte es sich – hätte es die Erwägungen des Angeklagten J tatsächlich gegeben – jedenfalls in dieser besonderen und vertraulichen Situation aufgedrängt, dem Zeugen Dr. T12 seine – des Angeklagten J – Beweggründe zu erläutern. Auch das ist nicht geschehen. Der Zeuge Dr. T12 hat den Inhalt dieser Gespräche mit dem Angeklagten J sehr authentisch berichtet. Der Zeuge ließ sich – auch wegen seiner hohen Wertschätzung für den Angeklagten J – zwar dazu bewegen, als Mitarbeiter im Bankhaus zu verbleiben; seine Verantwortung als Mitglied der erweiterten Geschäftsführung in Luxemburg gab er aber unmittelbar auf.
2234Bis Juni 2009 – dem Zeitpunkt der Insolvenz der X1 AG – wurde eine angebliche Verbindung von Nachbesicherung und Finanzierungsbeiträgen in keinem Gremium, gegenüber keiner Aufsichtsbehörde und gegenüber keinem Mitarbeiter der Bank hergestellt.
2235Am 16. und 17. Oktober 2008 begründete der Angeklagte J die Maßnahmen zugunsten der X1 gegenüber den Aufsichtsräten der Bank in Köln und in Luxemburg damit, hierdurch habe der Verkauf der H4-Anteile unter Wert verhindert werden sollen. Der Kurs der X1-Aktie gebe den wahren Wert der Aktie „nicht wieder“. Die Partner sähen in der eingegangenen Beteiligung mehr Chancen als Risiken. Auch gegenüber dem Aktionärsausschuss erklärte der Angeklagte J am 17. Oktober 2008, die Kapitalerhöhung und die Einräumung zweier Kredittranchen über 20 und 30 Millionen € seien erfolgt, um zu verhindern, dass X1 seine Anteile an H4 zu einem unter dem Marktwert liegenden Preis verkauft. Jeder Hinweis auf eine Nachbesicherung fehlt.
2236Allein im Zuge einer Informationsveranstaltung des Aktionärsausschusses vom 8. April 2009 zur Überleitung der Aktien in die Familienholding und dem aktuellen (krisenhaften) Stand des Bankhauses selbst führte der Angeklagte J aus, das Kreditengagement T3 sei „zusätzlich abgesichert“ worden, so dass hier ein weniger ernstes Risiko bestehe. Einen irgendwie gearteten Hinweis auf eine vermeintliche Verknüpfung der X1-Beiträge und der zusätzlichen Absicherung ihres Engagements gab es dabei nicht.
2237Ein solcher findet sich auch nicht in der nach der Insolvenz der X1 erfolgten außerordentlichen gemeinsamen Sitzung der Aktionärsausschüsse der KGaA und der SCA am 11. Juni 2009. In dieser eröffnete der Angeklagte J den Ausschussmitgliedern, dass eine X1-Insolvenz auch den Y14-Kredit von 380 Millionen € bedroht habe. Nach „intensiver Beratung“ und darauf gestützt, dass die Chancen größer seien als die Risiken, sei durch das X1-Engagement die Insolvenz der X1 abgewendet worden. Auch in dieser Sitzung fand kein Hinweis auf eine Nachbesicherung durch die Zeugin T3 und insbesondere eine Verknüpfung statt.
2238Die Kammer hält schließlich die Annahme für widerlegt, der Angeklagte J habe zumindest geglaubt, (nur) mit den Finanzierungsbeiträgen verhindern zu können, dass es zwischen der Bank und der Y14 bzw. den Bürgen um einen Wettlauf um das freie Vermögen der T3 komme. Nur so sei die Y14 bereit gewesen, einen Nachrang ihrer Forderungen gegenüber der Bank hinzunehmen. Auch hier gilt zunächst, dass die Zeugin T3 bereits am 25. September 2008 – auch nach Wissen des Angeklagten J – die Zusage zur Nachbesicherung erteilt hatte. Damit stand fest, dass die Zeugin T3 ihr außerhalb X1 vorhandenes Vermögen der Bank und nicht etwa der Y14 oder deren Bürgen zur Verfügung stellen wollte – und zwar ohne Verknüpfung mit Finanzierungsbeiträgen zugunsten der X1 AG.
2239Nicht nur deshalb ist für die Kammer nicht nachzuvollziehen, weshalb – auch aus Sicht des Angeklagten J – die Y14 erst und nur im Zusammenhang mit dem neuen Engagement gegenüber X1 zu einem „Nachrang“ ihrer Forderungen gegenüber T3 zugunsten der Bank (und damit möglicherweise zum Nachteil der Bürgen) bereit gewesen sein sollte. So hat die Zeugin T3 der Y14 nämlich auch keine „zusätzlichen“ Sicherheiten gewährt, sondern allein ihre Schuld in Höhe von 380 Millionen € aus dem Y14-Kredit notariell anerkannt und sich der Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen unterworfen. Grundpfandrechte hat sie zu Gunsten der Y14 nicht bestellt. Die Zeugin T3 hat zwar auch zugunsten der Y14 eine Negativerklärung für die bestehenden Immobilienbeteiligungen abgegeben. Diese Erklärung hat aber ohnehin nur schuldrechtliche Wirkungen.
2240Abseits einer nur „vagen Hoffnung“ auf eine Erholung des Aktienkurses für den Fall von Finanzierungsbeiträgen zugunsten der X1 erlangten die Y14 und die Bürgen durch das Nachbesicherungsversprechen der Zeugin T3 keine Vorteile, die es – auch aus der Sicht des Angeklagten J – für die Y14 und die Bürgen nahe legen würden, sich erstmals mit einem Nachrang gegenüber der Bank abzufinden. Es hätte gerade angesichts der fehlenden zusätzlichen Sicherheiten für Y14 und der im Gegenteil nur für SOP bestellten Grundpfandrechte für die Y14 und ihre Bürgen ab dem letzten September-Wochenende Anlass bestanden, nicht in den Nachrang zum Bankhaus zu treten, wenn die Nachrangabrede nicht bereits zuvor vereinbart gewesen sein sollte. Eine solche von Anfang an bestehende Abrede („Bank vor Bürgen“) haben aber die Angeklagten O und K ausdrücklich bekräftigt. Das sei auch mit dem Angeklagten J so besprochen gewesen. Die Bürgen selbst hätten unmittelbar nicht auf das Vermögen der Zeugin T3 zugreifen können. Das setzte erst die Inanspruchnahme ihrer Bürgschaften voraus, zu der allein das Bankhaus fähig war. Die Bürgen hätten damit (und zwar über die Gesellschafter der sie haltenden H9 oder über den Y14-Geschäftsführer E) auf die Y14 einwirken können, den Kredit fällig zu stellen und gerichtlich gegen T3 vorzugehen. Der Angeklagte J kannte alle Bürgen des Kredits und wusste um die Gesellschafterstruktur der die Y14 beherrschenden H9.
2241Alle vier Aktionäre der H9 standen mit ihm jedenfalls am Freitag in engstem Kontakt: Es war sogar der Angeklagte E (Y14-Geschäftsführer, Geschäftsführer zweier Bürginnen), der schon am Donnerstag mit T3 verhandelt und ihre Nachbesicherungszusage erklärt hatte, die den wirtschaftlichen Interessen der Y14 und ihrer Bürgen zuwiderlief. Die Angeklagten K und O waren ebenso wie der vierte H9-Mitgesellschafter B.C12 (ebenfalls ein Bürge) am Freitag im Partnerzimmer mit dem Angeklagten J zusammen. Dabei haben weder der Angeklagte J noch haben die Angeklagten K und O angegeben, es sei dabei verabredet gewesen, ein Nachrang der Y14 komme nur in Betracht, wenn die Bank sich an X1 beteilige. Im Gegenteil haben K und O betont, es sei von Anfang an der Rang „Bank vor Bürgen“ verabredet und dies J auch so mitgeteilt worden. Das habe dem jedenfalls „Strohmann“-ähnlichen Konzept des Y14-Kredits entsprochen, nach dem die Bürgen das wirtschaftliche Risiko der Kreditrückführung von T3 an die Y14 und damit des Y14-Kredits von der Y14 an die Bank tragen sollten.
2242Dass der Angeklagte J vor all diesen Umständen daher tatsächlich davon ausging, der Bank ihren Vorrang vor der Y14 und den Bürgen mit der Hingabe von Geld an X1 erkaufen zu müssen, ist nach der Überzeugung der Kammer ausgeschlossen.
2243Auch für den Angeklagten P schließt die Kammer sicher aus, dass er die Finanzierungsbeiträge zugunsten der X1 AG zumindest subjektiv mit einer Nachbesicherung der Zeugin T3 verknüpfte.
2244Dabei ist der Kammer bewusst, dass sich seine Kenntnisse nur aus dem Telefonat mit dem Angeklagten J am Sonntagnachmittag herleiten können. Die Kammer geht zwar davon aus, dass die von der Zeugin T3 ab dem Donnerstag geforderte Nachbesicherung Gegenstand dieses Telefonates war. Die Kammer ist aber sicher, dass eine Verknüpfung/Abhängigkeit von Nachbesicherung und den X1-Beiträgen der Bank auch nach der subjektiven Vorstellung des Angeklagten P nicht erfolgt war. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die Kammer bereits ausschließen konnte, dass der Angeklagte J als der Gesprächspartner des Angeklagten P von einer solchen Verknüpfung ausging. Denn es ist denkbar, dass P die Schilderungen Js über den Verlauf des Wochenendes im Sinne einer solchen Verknüpfung verstanden haben könnte.
2245Die Kammer schließt das aber aus. So hat der Angeklagte P zu diesem Thema einerseits ausgesagt, der Beteiligung nur wegen der Nachbesicherung zugestimmt zu haben. Andererseits hat er aber auch auf mehrfache Nachfrage fest erklärt, damals davon ausgegangen zu sein, dass T3 noch über 400 Millionen € freien Vermögens verfüge. Es habe keine weiteren Gläubiger gegeben, „sonst wäre es ja kein freies Vermögen gewesen“. Er habe stets angenommen, dass die Zeugin T3 auch im Insolvenzfall der X1 AG in der Lage sei, die Forderungen der Bank zu erfüllen.
2246Die von ihm abgegebene Erklärung, mit der Nachbesicherung würden die durchaus nicht fernliegenden Verluste aus der Beteiligung ausgeglichen („so können wir das machen, sonst nicht“), macht daher schon nach seiner eigenen, zum Schluss sogar auf entsprechende Nachfrage der Kammer hin nochmals bekräftigten Einlassung keinen Sinn. Denn unter der Annahme ausreichenden Vermögens war auch und gerade aus seiner Sicht das Versprechen der Zeugin T3, Sicherheiten für ihre schon bestehenden Kredite zu gewähren, für den erwogenen Einsatz in Form einer Kapitalerhöhung bei X1 überhaupt nicht wesentlich. Die Darlehensforderungen der Bank gegenüber der Zeugin T3 waren nach seiner Darstellung doch wirtschaftlich ungefährdet. Die kurz bevorstehende Insolvenz hätte die Rückführung ihrer Kredite nicht beeinträchtigt. Der Einsatz beträchtlicher Geldmittel in ein hochriskantes Geschäft hätte der Bank in Bezug auf das T3-Engagement keine ausgleichenden Vorteile verschafft. Auch der Y14-Kredit war mit Blick auf die Bürgschaften ungefährdet. Hierzu wurde ihm – so seine Einlassung – vom Angeklagten J auch nichts Gegenteiliges berichtet.
2247Damit fehlt es auch nach seiner Einlassung an einer auch nur subjektiven wirtschaftlichen Wechselwirkung zwischen den X1-Beiträgen und der Nachbesicherung durch die Zeugin T3.
LII. Feststellungen zur Kreditvereinbarung vom 29. September 2008 (Teil 1, D., III., (11))
2248Die Feststellungen zur Vereinbarung zwischen der X1 und den Konsortialbanken beruhen auf dem auszugsweise eingeführten und wiedergegebenen Vertragswerk, Protokollen, Kreditberichten und Risikoeinschätzungen der V21, der V18 und von X27 aus den Jahren 2008 und 2009.
LIII. Feststellungen zur Erfüllung der aufschiebenden Bedingungen (Teil 1, D., III., (12))
2249Die Feststellungen zum Schreiben der Q41 vom 29. September 2008 beruhen auf dem in seiner deutschen Übersetzung eingeführten Schreiben sowie den ergänzenden Aussagen der Zeugen Dr. B3 und und C1 sowie den Bekundungen der Zeugen N6 und Y3.
2250Die Zeugen N6 und Y3 haben – ergänzend zu den Protokollen und Berichten ihrer Banken – ausgesagt, das Schreiben der Q41 sei lediglich eine formale Voraussetzung für die Prolongation und die schon Mitte September 2008 intern (vorbeschlossene) Ausweitung des Kredits gewesen. Kreditmateriell hätten sie bei ihren Entscheidungen ausschließlich auf die ihnen bereits eingeräumten Sicherheiten an den H4-Aktien abgestellt. Das Schreiben vom 29. September 2008 weise inhaltlich keine anderen und weiterreichenden Erwartungen für den Fortbestand und insbesondere die Sanierung der X1 AG auf als das „Amendment“, auf dem es – was sich aus dem Schreiben ausdrücklich auch ergibt – beruht. Die für 12 Monate durchgeplante Finanzierung habe der V18 – so der Zeuge N6 – die rechtlichen Möglichkeiten eröffnet, das Engagement noch mitzugehen. Der Zeuge N5 hat sogar ausgesagt, die zusätzliche Fazilität sei aus kaufmännischer Sicht und aus Kreditrisikoerwägungen nach seiner Ansicht und der des Zeugen Y3 an sich gar nicht mehr vertretbar gewesen. Es hätten zwar ausreichende Sicherheiten bestanden, weshalb keine „echten Risiken“ zu bilanzieren gewesen seien. Rein wirtschaftlich betrachtet sei das Geschäftsmodell, insbesondere das der Warenhäuser und des Versandhandels, ohne jede Zukunft und nicht mehr in die Gewinnzone zu bringen gewesen. Auch die Zeugen Dr. B3 und C1 haben bei intensiver Befragung daran festgehalten, dass das Schreiben weder inhaltlich noch formal als eine positive Fortführungsprognose verstanden werden könne.
LIV. Feststellungen zu den Vorgaben über Beteiligungsnahmen (Teil 1, D., III., (13))
2251Die Existenz des zum damaligen Zeitpunkt geltenden, mit dem festgestellten Inhalt in die Hauptverhandlung eingeführten „Handbuchs Strategische Beteiligungen, Alternative Investments, Beteiligungscontrolling“ hat der Zeuge C6 auf Vorhalt bestätigt. Er hat erläutert, dass es sich insoweit um für die Arbeitsebene des Bankhauses statuierte Vorgaben für den idealtypischen Ablauf einer Transaktion handelte. Ob das Handbuch auch den persönlich haftenden Gesellschaftern bekannt gemacht worden war, hat der Zeuge nicht sicher zu sagen vermocht. Er hat angegeben, dies nicht zu glauben.
LV. Feststellungen zum Anruf des Zeugen G2 beim Zeugen C6 (Teil 1, D., III., (14))
2252Die Feststellungen zu den beschriebenen Gesprächen und Vorgängen beruhen auf den glaubhaften Aussagen der Zeugen C6 und T1. Insbesondere der Zeuge C6 hatte aufgrund der ihm auch noch in seiner Vernehmung vor Augen stehenden zeitlichen Hektik noch eine detailreiche Erinnerung an den Anruf des Zeugen G2.
LVI. Feststellungen zu den Anfragen der Aufsichten vom 29. September 2008 (Teil 1, D., III., (15))
2253Die Feststellungen zu den Anfragen der Aufsichten beruhen auf den eingeführten Schreiben der Bundesbank und der CSSF sowie den Aussagen der Zeugen Y7 und C6. Ergänzend hat die Kammer die im Rechtshilfeweg erlangte Behördenauskunft der luxemburgischen CSSF eingeführt.
LVII. Feststellungen zum Anruf des Zeugen G2 bei der CSSF (Teil 1, D, III., (16))
2254Die Feststellungen zum Anruf des Zeugen G2 beim Zeugen T15 beruhen auf den Bekundungen dieser Zeugen sowie dem vom Zeugen T15 notierten Vermerk über den Inhalt des mit G2 geführten Telefonats. Dieser Vermerk ist ebenso wie die Aussage des in Luxemburg im Rechtshilfeweg vernommenen Zeugen T15 eingeführt worden. Auch wenn die Kammer keinen unmittelbaren Eindruck vom Zeugen T15 erlangen konnte, hat sie keinen Zweifel daran, dass der Mitarbeiter der luxemburgischen Bankenaufsicht den Inhalt des Telefonats mit dem Zeugen G2 in seinen Behördenunterlagen zutreffend vermerkt und im Rahmen seiner Vernehmung wiedergegeben hat.
LVIII. Feststellungen zu den erstellten Vorlagen (Teil 1, D., III, (17) bis (18))
2255Die Feststellungen zu den Vorlagen für die Beteiligung an der X1 AG und des an diese zu gewährenden Kredites beruhen auf den eingeführten schriftlichen Vorlagen sowie den ergänzenden Aussagen der dazu vernommenen Zeugen G2, C6, F5, Y5, T2 und N8. Diese haben wie festgestellt ausgesagt.
2256Der Zeuge C6 hat zur Beteiligungsvorlage der KGaA bekundet, es habe „keinen Markt“ gegeben, der sich darum gekümmert hätte. Eine due diligence hätte umfassende Prüfungen erfordert. Dafür sei keine Zeit gewesen. Seine Abteilung habe nur „exekutiert“. Er hat – insofern übereinstimmend mit der Zeugin T2 – ausgesagt, es sei sicher nicht besprochen worden, das Unterschriftsfeld für den Aktionärsausschussvorsitzenden wegzulassen. Möglicherweise sei das in der damaligen Hektik vergessen worden. Die Zeugin T2 hat ausgesagt, ihr sei das seinerzeit überhaupt nicht aufgefallen.
2257Die Zeugin Y5 hat die ihr bekannten Unterschriften auf dem Unterschriftsfeld des Kreditausschusses der SCA jeweils den einzelnen Mitgliedern zugeordnet.
2258Der Zeuge C9 hat ergänzend zu den Feststellungen ausgesagt, er werde den besagten Montag „in seinem Leben nicht vergessen“. Er habe zuvor noch niemals ein negatives Votum geschrieben. Ein früherer führender Mitarbeiter des Unternehmens habe einmal zu ihm gesagt: "Wenn Sie mir einen Antrag mit einem negativen Votum geben und das geht auch noch schief, dann kann ich mir einen Strick nehmen!" Ein Sanierungsplan habe weder zum Zeitpunkt der Erstellung der Vorlage vorgelegen noch sei er später in die Abteilung gelangt. C9 hat – ebenso wie die Zeugin Y5 – ergänzend ausgeführt, die Umstellung des Abschlusszeitpunkts der X1 vom Jahresende auf den 30. September habe die Vergleichbarkeit der Abschlüsse deutlich erschwert. Er habe sich damals sogar gefragt, ob dahinter Absicht stecke. Zu dem vom Angeklagten P unterzeichneten Votum hat die Zeugin Y5 ausgesagt, die Mitarbeiter aus dem Bereich des Investment Bankings hätten sich geweigert, das Votum zu unterschreiben. Der Zeuge W4 hat diese Aussage zwar relativiert, aber erklärt, der Angeklagte P habe ihm die Unterschrift „dankenswerterweise abgenommen“. Er selbst hätte das nicht unterschrieben.
2259Der Zeuge G2 hat ausgesagt, es sei ein absolut unüblicher Vorgang gewesen, dass ein Partner ein Votum unterzeichne. Das sei auch nicht der Sinn eines Votums. In seiner Zeit habe es dies weder vorher noch später jemals gegeben.
2260Dass gerade kein „übergeordnetes“ Wissen, wie von den Angeklagten J und P geltend gemacht, bei den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern vorhanden war, lässt sich auch und gerade dem Umstand entnehmen, dass der Angeklagte P dem einzigen Satz „Kreditantrag wird befürwortet“ keinerlei Erklärung hinzufügte. Das deutlich ablehnende Kreditvotum schloss mit dem Satz, dass die aus Risikosicht nicht vertretbare Kreditgewährung nur als geschäftspolitische Entscheidung gerechtfertigt werden könne. Hätte es ein „übergeordnetes“ Wissen gegeben oder wäre die Einlassung des Angeklagten J richtig, dass „der Arbeitsebene“ die „übergreifenden Gründe für die Maßnahme“ unbekannt und daher ihre Betrachtung „der Oberfläche verhaftet geblieben sei“ hätte es nahe gelegen, zumindest die Hintergründe für die Entscheidung zu skizzieren, um dieses Wissen den Fachabteilungen auch zu vermitteln. Gründe, warum dies quasi als „Geheimwissen“ der Partner in der Partnerschaft gehalten werden sollte, sind nicht ersichtlich und wurden auch in der Hauptverhandlung nicht vorgetragen. Vielmehr wurde auch der Kammer das „übergeordnete“ Wissen in der Hauptverhandlung nicht vermittelt. Der Angeklagte J stand für Rückfragen nicht zur Verfügung. Der Angeklagte P hat, auch auf mehrfache Nachfrage, hierzu keine konkreten Gesichtspunkte ausgeführt. Kein als Zeuge vernommener Mitarbeiter der Fachabteilungen hat bekundet, dass einer der Angeklagten ihm ergänzende übergeordnete Aspekte mitgeteilt habe. Hierzu passt, dass auch in der Geschäftsführungssitzung in Luxemburg am 14. Oktober 2008, als die Mitglieder der erweiterten Geschäftsführung sich weigerten, die Konzernvorlage zu unterzeichnen, ein „übergeordnetes Wissen“ nicht einmal den Mitgliedern der Geschäftsführung der SCA mitgeteilt wurde. Vielmehr herrschte, nach deutlichen Worten des Zeugen Dr. T12, fassungsloses Schweigen. Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter über ein „übergeordnetes Wissen“ verfügte.
LIX. Feststellungen zu den Stimmrechtsmittelungen (Teil 1, D., III., (19))
2261Die Stimmrechtsmitteilungen sind mit den festgestellten Inhalten eingeführt worden.
LX. Feststellungen zu den Verhandlungen der X1 über die Kreditbesicherung (Teil 1, D., III., (20))
2262Die Feststellungen zu den Verhandlungen über die Besicherung des X1-Kredits beruhen auf der eingeführten E-Mail-Korrespondenz zwischen den Zeugen J4 und G2 vom 6. Oktober 2008 sowie der handschriftlichen Notiz des Angeklagten K über ein Telefonat vom 7. Oktober 2008 mit dem in der SOP-Rechtsabteilung tätigen Mitarbeiter Dr. M15. Der Zeuge C9 hat ausgesagt, X1 habe bereits begonnen, auf die Auszahlung des von ihr dringend benötigten Kreditbetrags zu drängen. Üblicherweise würden die Kredite zeitnah nach einer Zusage bzw. einem Protokoll ausgezahlt. Das sei hier nicht geschehen.
LXI. Feststellungen zum Eklat um den Zeugen Dr. T12 in der Geschäftsführungssitzung der SCA (Teil 1, D., III., (21))
2263Der Zeuge Dr. T12 hat wie festgestellt ausgesagt. Seine Angaben sind durch die Aussage des ebenfalls an der Geschäftsführungssitzung teilnehmenden Zeugen G2 bestätigt und ergänzt worden. Der Zeuge Dr. T12 hat trotz seiner persönlichen Betroffenheit über die damaligen Geschehnisse sachlich und detailliert ausgesagt. Er hat glaubhaft angegeben, sehr gerne und mit Loyalität 16,5 Jahre im Bankhaus tätig gewesen zu sein. Er habe Freude an seiner Tätigkeit gehabt und sich den Familien verbunden gefühlt. Lediglich in dieser, allerdings grundsätzlichen Frage sei er anderer Auffassung gewesen. Eine Tendenz zu einer ungerechtfertigten oder auch nur übermäßigen Belastung insbesondere des Angeklagten J hat die Kammer in seiner Aussage nicht erkennen können. Im Gegenteil hat der Zeuge Dr. T12 auf Nachfrage der Verteidigung des Angeklagten J berichtet, er habe die Zusammenarbeit mit dem fachlich kompetenten Angeklagten J sehr geschätzt. Auch von daher habe er sein Ausscheiden bedauert. Den Angeklagten J habe er als einen zuvorkommenden Chef erlebt, der jederzeit für eine offene Diskussion eingetreten sei. Der Zeuge J habe ihn zwar zunächst noch dazu bewegen können, Leiter der Rechtsabteilung der KGaA zu bleiben. Sein Amt als Mitglied der erweiterten Geschäftsführung der SCA in Luxemburg habe er allerdings unter den gegebenen Umständen nicht weiter ausüben wollen.
LXII. Feststellungen zum teilweisen Austausch der Y14-Bürgschaften (Teil 1, D., III., (22))
2264Die Feststellungen zum teilweisen Austausch der Bürgschaften und zur Höhe des zu dieser Zeit mit 361,5 Millionen € valutierenden Kredits beruhen auf der eingeführten und von den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern abgezeichneten Notiz der Zeugin F5 vom 14. Oktober 2008.
2265Die Hintergründe und Beweggründe des teilweisen Bürgschaftsaustausches werden aufgrund des engen situativen Zusammenhangs im Komplex B-Straße (siehe unten XXX) gewürdigt.
LXIII. Feststellungen zur Vereinbarung der Y14 mit den Bürgen (Teil 1, D., III., (23))
2266Die am 15. und 16. Oktober 2008 unterzeichnete schriftliche Vereinbarung ist mit den festgestellten Inhalten zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden. Die Angeklagten K und O haben ergänzend ausgesagt, sie hätten gegenüber dem Angeklagten J im Verlauf des Wochenendes erklärt, schon immer das Verständnis gehabt zu haben, dass die Bank bei einer Befriedigung aus dem Vermögen der Zeugin T3 Vorrang gegenüber den Bürgen genießen solle. Daran habe sich auch nach dem Wochenende nichts geändert. In der Umsetzung dieses Verständnisses sei zunächst diese und im Januar 2010 schließlich die „große“ Gläubigervereinbarung getroffen worden.
LXIV. Feststellungen zur Umsetzung der Nachbesicherung und zu den Vereinbarungen von T3 mit der Y14 (Teil 1, D., III., (24) und (25))
2267Die Feststellungen zur Umsetzung der Nachbesicherung und den Vereinbarungen der Zeugin T3 mit der Y14 beruhen auf den eingeführten Vertragsurkunden sowie den mit ihnen in Einklang stehenden Aussagen der Zeugen T3, J6, Q11 und Dr. C5.
2268Der Zeuge Q11 hat ausgesagt, er habe sich zum Angeklagten E nach T begeben sollen. Dies habe er auch getan. Der Zeuge J6 habe ihm erklärt, die Immobilien müssten neu bewertet und eingetragen werden. Es gebe Nachfragen der Aufsicht. Der Zeuge J6 hat dazu bekundet, Q11 sei „mit einem Koffer voller Unterlagen nach T gefahren“. Der Zeuge Q11 hat kurze Zeit später am 16.Oktober 2008, im Notariat des Zeugen Dr. C5 einige Urkunden – was sich aus diesen ergibt – ebenso wie der Zeuge H2 als vollmachtloser Vertreter unterzeichnet. Diese sollten später von der Zeugin T3 genehmigt werden.
2269Die Zeugen T3 und J6 haben ausgesagt, am 17. Oktober 2008 nach Köln geflogen zu sein. Dort habe der Angeklagte E sie lange im Flugzeug warten lassen. Als E zusammen mit dem Zeugen Dr. C5 in die Maschine gekommen sei, sei alles sehr schnell gegangen. Die Zeugin T3 habe dann entsprechend der Vorgabe Es unterzeichnet, ohne die Urkunde verstanden oder von Zeugen Dr. C5 näher erläutert bekommen zu haben. Der Zeuge Dr. C5 habe den Angeklagten E gefragt, ob „das Mädchen“ denn überhaupt wisse, was sie da unterschreibe.
2270Der Zeuge Dr. C5 hat ausgesagt, er habe der Zeugen T3 die Urkunden natürlich vorgelesen und ihr kurz erläutert. Es wolle gar nicht in Abrede nehmen, von ihr als „Mädchen“ gesprochen zu haben. Das füge sich mit seiner heiteren kölnischen Art ein. Für ihn sei völlig klar gewesen, dass die Zeugin gewusst habe, was sie unterschreibe. Immerhin sei nicht nur ihr Mann bei ihr gewesen. Vielmehr habe auch der in ihrer Vermögensverwaltung arbeitende Zeuge Q11 am Vortag Unterschriften geleistet, die sie am Folgetag genehmigt habe. Dieser habe sich die Erklärungen entsprechend gründlich durchgelesen.
2271Für die Kammer kann dahinstehen, ob der Zeuge Dr. C5 die Dokumente vor ihrer Unterzeichnung vorgelesen hat.
LXV. Feststellungen zur Besprechung mit der CSSF am 16. Oktober 2008 (Teil 1, D., III, (26))
2272Die Feststellungen zu dem Gespräch in Luxemburg am 16. Oktober 2008 beruhen auf den Angaben der Zeugen Q3,Z6, G3 und T15. Die Niederschriften ihrer im Rahmen der Rechtshilfe erlangten Aussagen sind in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Die Kammer hat sich bei der Würdigung ihrer Aussagen bewusst gemacht, dass sie sich keinen unmittelbaren Eindruck von den Zeugen verschaffen konnte. Sie kann lediglich die Inhalte der Niederschriften verwerten. Die Kammer hat aber keinen Zweifel an der Richtigkeit der von den Zeugen gemachten Angaben. Diese fügen sich auch in die sich anschließende Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA ein. Darüber hinaus ist die ebenfalls im Wege der Rechtshilfe erlangte Behördenauskunft der CSSF eingeführt worden.
LXVI. Feststellungen zu den Erörterungen in den Gremien der Bank (Teil 1, D., III., (27))
2273Die Zeugen B.C12, Ka sowie Ob, die Mitglieder des Aktionärsausschusses waren, haben zulässigerweise die Aussage verweigert. Der Zeuge Q7 hat zwar zum Ablauf von Gremiensitzungen im Allgemeinen ausgesagt, konnte sich aber an die Einzelheiten dieser Sitzung und nähere Umstände trotz entsprechender Vorhalte aus dem Sitzungsprotokoll nicht erinnern.
2274Die Zeugen Marquart, N4, Dr. Z7 und Oe haben im Sinne der Feststellungen ausgesagt. Sie haben dabei auch den Inhalt der ersten Aktionärsausschusssitzung nach dem X1-Engagement vom 17. Oktober 2008 beschrieben. Danach hat der mit ihnen erörterte – und eingeführte – Wortlaut des Protokolls den Inhalt der Angaben des Angeklagten J weitgehend zutreffend wiedergegeben.
2275Der Zeuge Dr. Z7 hat ausgesagt, er habe damals aus der Presse erfahren, dass sich X1 in der Krise befinde und überlegt, wie hoch denn das „T3-Risiko“ der Bank sei. Es sei für ihn damals völlig fernliegend gewesen, sich zusätzlich an X1 zu beteiligen und dem Unternehmen einen Kredit zu gewähren. Das habe er in der Ausschusssitzung auch klargestellt.
2276Der ansonsten in den Sitzungen – wie er selbst von sich gesagt hat – eher schweigsamer Zeuge N4 hat angegeben, er habe das „pralle Engagement“ damals nicht nachvollziehen können und dies – mit einer die anderen Gremienmitglieder überraschenden Wortmeldung – auch geäußert. Auch die Zeugen N3 und Oe haben berichtet, ihren Unmut über die Beteiligung an X1 sowie die Kreditgewährung an das Unternehmen geäußert zu haben. Dabei haben die Zeugen angegeben, der Angeklagte J habe die Kredite an X1 als bereits fest zugesagt dargestellt. Während das Protokoll insoweit eher offen formuliert wiedergibt, die Bank stehe der X1 mit zwei Tranchen zur Verfügung, sei der Kredit tatsächlich aber als bereits fest zugesagt beschrieben worden.
2277Keines der Ausschussmitglieder hat angegeben, nach einer Zustimmung gefragt worden zu sein. Sie seien lediglich im Rahmen der turnusmäßigen Ausschusssitzung von der ohnehin in der Presse veröffentlichten Finanzierung bei X1 informiert worden.
2278Die Feststellungen zu den Inhalten der Sitzungen des Aufsichtsrats der SCA und der KGaA beruhen auf den eingeführten Sitzungsprotokollen.
LXVII. Feststellungen zu den Schreiben des Bankhauses an die Deutsche Bundesbank und der Präsentation „V8“ (Teil 1, D., III., (28), (29))
2279Die Schreiben des Bankhauses an die Deutsche Bundesbank sowie die Präsentation von Z35 zum Projekt „V8“ sind mit ihren Inhalten den Feststellungen entsprechend eingeführt worden.
LXVIII. Feststellungen zum Drängen der X1 auf Auszahlung des Kredits (Teil 1, D., III., (30))
2280Die getroffenen Feststellungen zum Drängen der X1 AG auf Auszahlung des Kredits über 20 Millionen € beruhen auf dem eingeführten E-Mailverkehr zwischen den Zeugen Y5, C9 und G2 vom 28. bis 30. Oktober 2008, in welchem auch die Inhalte der festgestellten Telefonate näher beschrieben worden sind. Darüber hinaus haben sich die Zeugen Y5 und C9 ergänzend im Sinne der Feststellungen geäußert. Der Zeuge G2 hat sich an die vorgehaltene, von ihm verfasste E-Mail vom 29. Oktober 2008 erinnert. Er hat mitgeteilt, mit dem verwendeten Ausrufezeichen sicher den damals besonders nachdrücklichen Wunsch des Angeklagten J nach einer Auszahlung des Kredits unterstrichen zu haben.
2281Die E-Mail des Zeugen T11 an den Angeklagten J aus der Nacht des 30. Oktober 2008 ist wie festgestellt zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden.
LXIX. Feststellungen zum Kreditvertrag vom 3. November 2008 (Teil 1, D., III., (31))
2282Der Kreditvertrag vom 3. November 2008 ist sowohl in seiner gefaxten als auch seiner urschriftlichen Fassung eingeführt worden.
LXX. Feststellungen zum Wert der Gegenleistungen der von SOP eingesetzten Gelder(Teil 1, D., III., (31))
2283Die Kammer hat den Wert der Kreditforderung des Bankhauses gegenüber der X1 AG und den mithaftenden Tochtergesellschaften (K- Warenhaus GmbH und H5 GmbH) mit 0,00 € und den Wert der im Zuge der Kapitalerhöhung übernommenen 23.020.552 Aktien mit 19.107.058,16 € festgestellt.
(1) Gutachter
2284Zur Ermittlung des Werts des Kreditrückzahlungsanspruchs und der übernommenen Aktien hat sich die Kammer durch die Sachverständigen Prof. Dr. A2, emeritierter Universitätsprofessor der Universität des Saarlandes und bis zu seiner Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls für Bankenbetriebslehre mit Forschungsschwerpunkten Bankbilanzierung und Bankenaufsicht, sowie Prof. Dr. A3, dem gegenwärtigen Inhaber des vorgenannten Lehrstuhls, beraten lassen. Die Sachverständigen haben die Kammer auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung gestellten Gerichtsakte (vor allem der nachfolgend erörterten Unterlagen) sowie ihrer – zeitweiligen – Anwesenheit in der Hauptverhandlung beraten.
(2) Die Kreditforderung
2285Die Kammer hat den Wert der durch den am 3. November 2008 geschlossenen und am selben Tag über 20 Millionen € valutierten Kreditvertrag begründeten Forderung nach umfassender sachverständiger Beratung mit 0,00 € festgestellt. Dabei hat die Kammer als Stichtag den 3. November 2008 zugrunde gelegt, also den Tag, an dem der Kreditvertrag geschlossen und die Darlehenssumme auch ausgezahlt wurde. Die Kammer hat sich von den Sachverständigen allerdings auch darüber beraten lassen, ob der Wert im Zeitraum zwischen dem 29. September 2008, also dem Tag, an dem die Bank der X1 AG bereits zusagte, ihr einen Kredit zur Verfügung zu stellen, und dem 3. November 2008 eine Änderung erfahren haben könnte. Das haben die Sachverständigen – und ihnen folgend die Kammer – verneint.
(a) Die angewandte Methode
2286Die Kammer folgt den Sachverständigen in ihrer Überlegung, zur Bestimmung des Werts der Kreditforderungen die sog. Kapitalwertmethode anzuwenden. Dieses Verfahren liegt auch den verschiedenen Ausprägungen des Discounted Cashflow-Verfahrens (DCF-Verfahren) zugrunde, die für die Lösung des schwierigsten Problems der Investitionsrechnung, der Gesamtbewertung von Unternehmen, angewendet werden. Das Kapitalwertverfahren ist – so die Sachverständigen – nicht nur ein theoretisch geeignetes und in der Unternehmenspraxis anerkanntes Bewertungsverfahren, sondern „das“ Bewertungsverfahren für Investitionsprojekte.
2287Bei Anwendung der Kapitalwertmethode wird jedes Investitionsprojekt auf eine Reihe von erwarteten Einzahlungen und Auszahlungen reduziert, die zu unterschiedlichen zukünftigen Zeitpunkten anfallen. Zur Vereinfachung des Rechenverfahrens wird zumeist unterstellt, dass alle innerhalb eines Jahres anfallenden Einzahlungen und Auszahlungen am Ende der jeweiligen Periode anfallen. Aufgrund dieser Annahme ist es möglich, alle Ein- und Auszahlungen eines Jahres zu saldieren und damit auf einen am Ende der Periode anfallenden Einzahlungsüberschuss oder Auszahlungsüberschuss zu reduzieren.
2288Da die Anschaffungsauszahlung und die für jede Periode prognostizierten Ein- und Auszahlungen definitionsgemäß jeweils im Abstand eines Jahres anfallen, können diese Zahlenwerte nicht einfach – unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorzeichen – addiert werden. Solange bei der Finanzierung der Investitionsprojekte Zinsen anfallen, ist eine Addition der Zahlenwerte erst möglich, wenn sie mit Hilfe der finanzmathematischen Instrumente auf einen einzigen Zeitpunkt bezogen und damit vergleichbar gemacht werden. Bei der Kapitalwertmethode ist dieser Bezugszeitpunkt der Beginn der Investition, also der Termin der Anschaffungsauszahlung, der somit bei der Addition der prognostizierten Zahlenwerte unverändert bleibt.
2289Jede einzelne für die Zukunft prognostizierte Ein- und Auszahlung wird grundsätzlich auf den Bezugszeitpunkt (Beginn der Investition) abgezinst. Der sich dabei jeweils ergebende Betrag wird Barwert genannt. Zur Vereinfachung werden jedoch zunächst alle Ein- und Auszahlungen eines Jahres saldiert; durch die anschließende Abzinsung des jeweiligen Einzahlungs- oder Auszahlungsüberschusses erhält man dessen Barwert. Dabei ist der Barwert umso kleiner, je größer der zeitliche Abstand des Zeitpunkts des jeweils unterstellten Ein- oder Auszahlungstermins vom Bezugszeitpunkt und je höher der für die Abzinsung verwendete Zinssatz ist. Die unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorzeichen ermittelte Summe aller Barwerte der zukünftigen prognostizierten Einzahlungs- und Auszahlungsüberschüsse einschließlich der ungewichteten, da am Bezugszeitpunkt zu leistenden Anschaffungsauszahlung, wird Kapitalwert genannt.
2290Der für ein bestimmtes Investitionsprojekt ermittelte Kapitalwert gibt an, welchen – auf den Beginn der Investition bezogenen – Vermögenszuwachs der Investor bei Durchführung dieses Investitionsvorhabens über die Tilgung der Anschaffungsauszahlung und über die Verzinsung des eingesetzten Betrags zum Kalkulationszinsfuß hinaus erzielen wird, wenn die Anschaffungsauszahlung und die unterstellten späteren Einzahlungs- oder Auszahlungsüberschüsse tatsächlich eintreffen.
2291Ein einzelnes isoliert betrachtetes Investitionsvorhaben erscheint unter den getroffenen Annahmen hinsichtlich der Ein- und Auszahlungen sowie des Kalkulationszinssatzes – verglichen mit der Nichtrealisierung der Investition (sogenannte Null-Alternative) – unter ausschließlich monetären Gesichtspunkten folglich nur dann als vorteilhaft und somit empfehlenswert, wenn der Kapitalwert einen positiven Betrag annimmt.
2292Ohne Einschätzung des aus einer Kreditgewährung entstehenden Risikos lassen sich die aus diesem Kredit zu erwartenden zukünftigen Ein- und Auszahlungen nicht prognostizieren. In der bankbetrieblichen Praxis haben sich – wie die Gutachter ausgeführt haben – für die Zuordnung der einzelnen Kreditnehmer in Risikogruppen insbesondere die folgenden vier Risikokategorien herausgebildet:
2293 Risikokategorie 1: Kredite ohne erkennbare Ausfallrisiken; hierunter fallen zum einen Kredite mit einwandfreien wirtschaftlichen Verhältnissen der Kreditnehmer (solide Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bzw. nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit) und zwar unabhängig von Art und Wert der gestellten Sicherheiten sowie zum anderen Kredite mit nicht einwandfreien oder nicht abschließend beurteilbaren wirtschaftlichen Verhältnissen der Kreditnehmer, bei denen jedoch die gestellten Sicherheiten nach Art und Wert die Rückführung der Kredite zweifelsfrei gewährleisten.
2294 Risikokategorie 2: anmerkungsbedürftige Kredite, d. h. Kredite, bei denen zwar noch keine unmittelbare Gefahr von Ausfällen gegeben ist, die allerdings wegen erhöhter oder nicht abschließend beurteilbarer Risiken einer besonders intensiven Beobachtung bedürfen; bei derartigen Krediten ist noch kein Einzelwertberichtigungsbedarf erkennbar.
2295 Risikokategorie 3: notleidende Kredite, d. h. Kredite, deren Rückzahlung und/oder Verzinsung ganz oder teilweise gefährdet erscheinen. Eine Forderung kann aber nur als notleidend qualifiziert werden, wenn eine hinreichende Ausfallwahrscheinlichkeit besteht. Diese ist bspw. gegeben, wenn die zur Rückführung einer Forderung benötigten Mittel voraussichtlich weder aus dem laufenden Betrieb noch aus einem eventuellen Liquidationserlös aufgebracht werden können. Eine nachhaltige Verlustsituation mit der Aufzehrung erheblicher Teile des Eigenkapitals wird in aller Regel Zweifel an der Einbringlichkeit der Forderungen begründen, sofern nicht überzeugende Anzeichen für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage nachgewiesen werden können.
2296 Risikokategorie 4: uneinbringliche Kredite, d. h. Kredite, bei denen aller Wahrscheinlichkeit nach von der Schuldnerseite keine Zahlungen mehr zu erwarten und werthaltige Sicherheiten nicht vorhanden sind.
2297Die bei Krediten der einzelnen Risikokategorien erforderlichen Verminderungen des Wertansatzes unterscheiden sich dabei wie folgt:
2298 Die bei Krediten der Risikokategorien 1 bis 2 erforderlichen Pauschalwertberichtigungen stellen eine Verminderung des Wertansatzes aller Kredite dieser Risikokategorien um einen festzulegenden Prozentsatz dar, ohne dass dabei jeder einzelne dieser Kredite in besonderer Weise berücksichtigt würde (Erfassung des diesen Krediten innewohnenden latenten Kreditrisikos).
2299 Bei Krediten der Risikokategorie 3 sind individuelle Wertabschläge vom jeweiligen Forderungsbetrag vorzunehmen. Der Minderungsbetrag wird Einzelwertberichtigung genannt.
2300 Da bei Krediten der Risikokategorie 4 jeweils aller Wahrscheinlichkeit nach, also nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung, der Ausfall des gesamten in den Büchern erfassten Forderungsbetrags eintreten wird, werden im Bankgewerbe derartige Kredite völlig aus den Büchern genommen („ausgebucht“). In Banken spricht man in diesem Falle von einer Abschreibung des Kredits.
2301Entsprechend den Darlegungen der Sachverständigen können als wesentliche Indikatoren für die Einstufung eines gewerblichen Kreditnehmers in die Risikokategorien 2, 3 und 4 insbesondere folgende Sachverhalte herangezogen werden:
2302 Risikokategorie 2 „anmerkungsbedürftige Kredite“:
2303- mangelnde Offenlegung der wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers bei einer gleichzeitig unzureichenden oder nur teilweisen Besicherung,
2304- erkennbare negative wirtschaftliche Entwicklung des Kreditnehmers,
2305- schlechte Eigenkapitalausstattung des Kreditnehmers,
2306- wesentliche Verschlechterung der Ertragssituation des Kreditnehmers,
2307- wesentliche Umsatzrückgänge bei dem Kreditnehmer,
2308- schleppende Zahlungsweise des Kreditnehmers,
2309- deutliche Verschlechterung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage des Wirtschaftszweigs, in dem der Kreditnehmer tätig ist;
2310 Risikokategorie 3 „notleidende Kredite“:
2311- Kreditrückzahlung und Zahlung der Kreditzinsen sind aus dem operativen Cashflow des Kreditnehmers (d. h. aus eigener Kraft) nachhaltig nicht mehr gewährleistet,
2312- anhaltend negativer operativer Cashflow des Kreditnehmers,
2313- Vorliegen einer nachhaltigen Verlustsituation mit der Aufzehrung erheblicher Teile des Eigenkapitals des Kreditnehmers, d. h., die wirtschaftliche Überschuldung des Kreditnehmers ist absehbar oder bereits gegeben,
2314- Jahresabschlüsse der Vorjahre fehlen,
2315- Insolvenzantrag wurde gestellt bzw. Insolvenzverfahren wurde eingeleitet,
2316- Vorliegen eines Moratoriums bzgl. Tilgungs- und Zinszahlungen,
2317- Reduzierung von Kreditzinsen und/oder teilweiser Forderungsverzicht zu Sanierungszwecken,
2318- wesentliche Sachverhalte der Risikokategorie 2 „anmerkungsbedürftige Kredite“ können nicht kurzfristig aufgeklärt bzw. bereinigt werden;
2319 Risikokategorie 4 „uneinbringliche Kredite“:
2320- Insolvenzverfahren des Kreditnehmers,
2321- Insolvenz wurde mangels Masse abgelehnt,
2322- bisherige Eintreibungs-/Vollstreckungsmaßnahmen waren erfolglos,
2323- betrügerische Handlungen,
2324- kreditgebende Bank besitzt keine Sicherheiten bzw. die vorhandenen Sicherheiten sind nicht verwertbar.
2325Der wirtschaftliche Wert von Ansprüchen aus einem Kreditvertrag ist von Höhe und Termin der Zins- und Tilgungszahlungen abhängig, die der Kreditnehmer an den Kreditgeber leistet. Da diese Zahlungen sämtlich in der Zukunft entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen erfolgen sollen, ergibt sich der Wert der Ansprüche aus den erwarteten Zahlungen. Die der Wertermittlung zugrunde liegenden Erwartungen können nur das Ergebnis der Auswertung aller dem Kreditgeber objektiv verfügbaren Informationen sein. Aus ihnen muss der Kreditgeber einerseits seine Kreditvergabeentscheidung ableiten. Andererseits kann nach der Kreditvergabe der Wert der nun bestehenden Kreditforderung ebenfalls nur unter Heranziehung aller objektiv verfügbaren Informationen ermittelt werden. Damit ist es für den Wert der Ansprüche aus einem Kreditvertrag entscheidend, ob die objektiv verfügbaren Informationen erwarten lassen, dass der Kreditgeber seine vertraglich fixierten Zahlungsverpflichtungen betrags- und termingenau erfüllen wird.
2326Entspricht die aus einem Kredit erwartete Zahlungsreihe hinsichtlich Höhe und Zahlungszeitpunkten genau den vertraglich vereinbarten Zahlungen und wird sie mit dem für den Kredit vereinbarten Zinssatz auf den Termin der Kreditauszahlung abgezinst, so ergibt sich der Nennbetrag (= Auszahlungsbetrag) des Kredits als Kapitalwert. Wird der Nennbetrag als Auszahlungsbetrag ebenfalls in der Zahlungsreihe berücksichtigt, so nimmt unter den genannten Voraussetzungen der Kapitalwert des Kredits den Wert Null an.
2327Jede zu befürchtende negative Abweichung von den Vertragsvereinbarungen vermindert den Wert der Ansprüche, da die begründete Annahme, die vereinbarten Zahlungen würden später als erwartet, vor allem aber niedriger als erwartet, im schlimmsten Fall sogar überhaupt nicht eingehen, im Rahmen einer Kapitalwertrechnung bei Einbeziehung des Nennbetrags (= Auszahlungsbetrag) in die Zahlungsreihe des Kredits zwingend zu einem negativen Kapitalwert führen wird. Werden bei der Kapitalwertberechnung ausschließlich die nach der Kreditauszahlung erwarteten Zahlungen nicht jedoch die Anschaffungsauszahlung berücksichtigt, so ergibt sich bei den hier getroffenen Annahmen ein Kapitalwert, der unter dem Nennbetrag des Kredits liegt.
(b) Die konkreten Prüfungen
2328
Die Kammer folgt den Sachverständigen in ihrer Annahme, bei der Ermittlung des Kapitalwerts der Ansprüche aus dem an die X1 AG „blanko“ ausgelegten Kredits sei davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung der objektiven Umstände nicht mit dem Eingang der vertraglich vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen gerechnet werden konnte.
2329Hätte das Bankenkonsortium aus 4Ar Landesbank, V22Bank und V20 – trotz der ihm eingeräumten und der im Rahmen der Prolongationsverhandlungen noch verstärkten Sicherheiten und trotz der vorliegenden Q41-Präsentation des „Amendment“ vom 10. September 2008 – seine Ankündigung wahr gemacht und die Prolongation der fälligen Kredittranche aufgrund der negativen Einschätzung der wirtschaftlichen Situation und der Sanierungschancen des X1-Konzerns und aufgrund einer Weigerung des Bankhauses SOP, dem X1-Konzern liquide Mittel im Wege neuen Geldes von knapp 80 Millionen € zur Verfügung zu stellen, abgelehnt, wäre der Zusammenbruch des X1-Konzerns aufgrund des von der Geschäftsleitung der X1 AG für Montag, den 29. September 2008, angekündigten Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens – worauf sich die Konsorten bereits eingestellt hatten –unvermeidlich gewesen. Dies gilt auch für den Fall, dass allein die V20 den sie betreffenden Teil des gesamten Kredits nicht verlängert, sondern eingefordert hätte.
2330Das Verhalten der Mitglieder des Bankenkonsortiums macht den folgenden Zusammenhang deutlich. Das Konsortium verfügte über Sicherheiten und kannte die Q41-Präsentation vom 10. September 2008, wollte aber dennoch eine Kreditprolongation nicht vornehmen. Vertrauen in eine erfolgreiche Sanierung und in das dadurch gesicherte Überleben des X1-Konzerns konnte also nicht in ausreichendem Maß bestehen. Zu einer Kreditprolongation waren die Mitglieder des Bankenkonsortiums nur unter der Voraussetzung bereit, dass der X1 AG neue liquide Mittel zugeführt würden, wobei der hinzukommende Geldgeber, das Bankhaus SOP, für die zugeführten Kredite keine Sicherheiten erhalten sollte. Trotz ihrer Skepsis gegenüber den Geschäftsmodellen der K- Warenhaus GmbH und der Q- GmbH, trotz ihrer aus jahrelangen Erfahrungen resultierenden Skepsis gegenüber den Zukunftsprognosen aus dem Haus X1 und trotz Kenntnis des „Amendment“ haben die V18 und die V22 Bank AG – wie es die dazu vernommenen Zeugen ausgesagt haben – die Kreditprolongation sowie die Neugewährung des zusätzlichen Kredits erst nach der Kreditzusage durch das Bankhaus SOP mit der Begründung vorgenommen, dass sie jeweils über ausreichend hohe Sicherheiten nicht nur für den prolongierten, sondern auch für den neu gewährten Kredit und die daraus entstehenden Zinsansprüche verfügten. Zu Kreditausfällen ist es bei ihnen nicht gekommen. Demgegenüber wurde der Kredit durch das Bankhaus SOP ohne jede Sicherheit gewährt. Für die Mitglieder des Bankenkonsortiums verbesserte sich aufgrund ihrer Kreditprolongation und der zusätzlichen Kreditgewährung einerseits die Erfolgssituation, erhielten sie doch weiterhin Zinszuflüsse von dem weiterbestehenden Kreditnehmer X1 AG. Andererseits verbesserte sich auch ihre Risikosituation, bedeutete doch die mit der Kreditgewährung (und der Übernahme der gesamten Kapitalerhöhung) durch das Bankhaus SOP verbundene Zuführung neuer Mittel in das Vermögen der X1 AG, dass sich damit die dem Zugriff der Mitglieder des Bankenkonsortiums zur Befriedigung ihrer Ansprüche zur Verfügung stehende Haftungsmasse der X1 AG erhöhte.
2331Ob die ab 2009 jeweils fälligen Kredittranchen an die Konsorten 2009 von X1 zurückgezahlt werden konnten und ob die Konsorten im Fall einer nicht oder – was bereits im Februar 2009 im Umfang von 60 der fälligen 80 Millionen € der Fall war – nicht vollständigen Bedienung die Zahlungsziele nochmals verlängerten oder es – was dann schließlich im Juni 2009 geschah – zur Insolvenz der X1 AG kommen lassen würden, war für SOP höchst ungewiss. Der Angeklagte K sowie, wenn auch erst später, der Angeklagte O haben auf diesen Umstand in ihren Einlassungen zutreffend hingewiesen.
2332Zahlungen aus der Verwertung von Sicherheiten konnte SOP hingegen nicht erwarten. Der Kredit war „blanko“ und ohne Kreditderivate gewährt worden.
2333Die Erwartung, ob Forderungen aus einem Kreditvertrag wie vereinbart zukünftig erfüllt werden, bestimmt sich anhand der zum Bewertungsstichtag objektivierbaren und objektiv verfügbaren Umstände und Informationen. Entsprechend der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 war nicht zu erwarten, dass sich die wirtschaftliche Situation bei der X1 AG ab Ende September 2008 zukünftig verbessern würede. Bereits die – aus Sicht der Sachverständigen – mit hoher Fachkompetenz wohlbegründet verfassten Voten der Fachabteilungen von SOP in Köln und in Luxemburg hätten dies zutreffend wiedergegeben. Mit den Sachverständigen hat die Kammer für die Bewertung der erwartbaren Zahlungsströme Folgendes berücksichtigt und gewürdigt:
2334Die X1 AG mit ihren Konzerntöchtern befand sich seit längerem in einem schwierigen Marktumfeld für die Geschäftsfelder Warenhaus und Versandhandel mit einer schwachen wirtschaftlichen Entwicklung mit hohen Verlusten. Die Ertragslage war unverändert unzureichend. Der Auftragseingang war tendenziell rückläufig. Das Weihnachtsgeschäft war durch die Krise der Finanzmärkte zusätzlich belastet. Der Konzern wies eine hohe außerbilanzielle Verschuldung (31. September 2008: 6,7 Milliarden €) mit einem Anstieg um 72 % innerhalb eines Jahres (30. September 2007: 3,9 Milliarden €) auf. Die bisherigen Planungen waren durchgehend von ständigen Verfehlungen und nachteiligen Abweichungen geprägt. Dabei haben die Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 zutreffend hervorgehoben, dass in einer Liquiditätskrise, in der sich die X1 AG Ende September 2008 befand, die Entwicklung der Liquiditätssituation in der Vergangenheit besondere Aufmerksamkeit verdient.
2335Die ab 2004 vom Vorstand der X1 AG durchgeführten Veränderungen hatten nicht zu einer Gesundung des Konzerns geführt. Diese Veränderungen stellten – so die Gutachter – entweder nicht die notwendigen grundlegenden Änderungen der Unternehmensstrategie dar und/oder sie wurden nicht mit der erforderlichen Geschwindigkeit realisiert bzw. ließen sich innerhalb eines nur kurzen Zeitraums nicht realisieren. Die wirtschaftlichen Probleme des Konzerns wurden immer größer. Der von der X1 AG mit größten Anstrengungen zur Beseitigung aktueller drängender Liquiditätsengpässe durchgeführte umfangreiche Verkauf von für den Kaufhausbereich wichtigen Immobilien führte wegen der mit den neuen Eigentümern zu vereinbarenden Mietzahlungen in der Zukunft zu ganz erheblichen Beeinträchtigungen der Liquiditäts- und Erfolgssituation. Diese außerordentlich hohen Mietzahlungen mussten wiederum spätere Sanierungsbemühungen jedenfalls erheblich erschweren, wenn nicht sogar gänzlich unmöglich machen.
2336Die Sachverständigen haben ferner ausgeführt, die Prüfungsberichte der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO zu den Konzernabschlüssen des X1-Konzerns hätten zutreffend darauf verwiesen, dass die Sonderstellung der H4, dem einzigen Konzernteil, der Gewinne erwirtschaftete und Liquiditätsüberschüsse erbrachte, von entscheidender Bedeutung für die Liquiditätssituation des X1-Konzerns war. Dieser Konzernteil sollte ab September 2008 verkauft werden. Im Zuge der Finanzierungsverhandlungen wurde ein unwiderrufliches Verkaufsmandat erteilt. Obwohl die Gewinne der H4 in den Konzernabschluss einflossen, waren die liquiden Mittel der H4 für X1 nicht frei verfügbar, da diese über einen eigenständigen Finanzkreislauf verfügte. Die BDO hatte – wie auch die Gutachter vermerkt haben – zudem darauf hingewiesen, dass die ständigen erheblichen Planverfehlungen im X1-Konzern ihre Ursache nicht in der Planungssystematik hatten, sondern dass die Planungen unter optimistischen Annahmen erfolgten und ambitioniert und mit Unsicherheiten behaftet waren. Sie lagen immer an der von den Planern gewünschten Unter- bzw. Obergrenze des vertretbaren Ermessensspielraums. Ihre Umsetzung stieß bei weiter sinkenden Umsätzen im Zeitablauf an ihre Grenzen. Bei der Prognose der Umsatzentwicklung, der nach Darstellung der Sachverständigen wichtigsten positiven Erfolgsgröße, wurde jeweils von zu hohen Umsatzerwartungen ausgegangen. Eine Bereitschaft des Managements des X1-Konzerns, aus den Erfahrungen der vergangenen Planungen zu lernen, war – wie die Sachverständigen überzeugend betont haben – nicht gegeben. Diesen Umstand haben auch die Zeugen aus den Reihen der Konsortialbanken sowie der Zeuge M14 entsprechend bestätigt. Selbst innerhalb der X1 AG wurde dieser Umstand bereits problematisiert, wie sich aus der E-Mail des Zeugen M5 an den Zeugen Dr. N9 im Vorfeld des „Amendment“ ergibt.
2337Die Gutachter haben die Planungen des Vorstands der X1 AG auch anhand des „Amendment“ vom 10. September 2008 gewürdigt. Entsprechend den Erläuterungen der Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 offenbart eine nähere Befassung mit dem „Amendment“ die mangelnde Fähigkeit der X1 zu belastbaren Planungen. Das Amendment legte die unverändert optimistischen und ambitionierten Planungen der X1 AG offen, die bereits in sämtlichen Jahren zuvor deutlich verfehlt wurden und sich auch hier in der Folge einmal mehr – nunmehr aber mit der Folge des endgültigen Scheiterns – nicht realisieren ließen. Die Sachverständigen haben die Verfehlung der Planung als sicher erwartbar herausgearbeitet.
2338Dabei haben die Sachverständigen hervorgehoben, dass – was sich nicht nur aus den Aussagen der Zeugen Dr. B3, C1 und Y8, sondern auch aus der Beschreibung zum Mandat bzw. zur Mandatierung im „Amendment“ ergibt – das „Amendment“ schon überhaupt keine Aussagen zur Sanierungsfähigkeit des Unternehmens treffen sollte und auch nicht traf. Es befasste sich allein mit der Finanzplanung des Konzerns für die Plan-Geschäftsjahre 2008/09 bis 2010/11.
2339Die Q41 hatte den Auftrag, die aktualisierte Prognose und Budgetierung der X1 AG für ihr operatives Geschäft gesondert nach Geschäftsbereichen (K-, H5, Holding/Services/V6) zu diskutieren, zu analysieren und zu kommentieren. Das Mandat beschränkte sich dementsprechend auf die Unterstützung des Umstrukturierungsprozesses. Bei der Analyse und Kommentierung der von der X1 AG vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen wurden für das Budget K-, für das Budget Q- und für die geplanten Veräußerungen jeweils deren Auswirkungen auf das für die Konzernsteuerung herangezogene „bereinigte EBITDA“ und den „operativen Cashflow“ bzw. den „freien Cashflow“ aufgezeigt und – soweit dies für erforderlich gehalten wurde – von Q41 verändert („sensitiviert“). Die Ableitung der Zahlen des „Sensitivitätsfalls“ erfolgte in der Weise, dass jede Zahl, die von X1 für den „Basisfall“ angegeben wurde, mit einem Faktor multipliziert wurde, der entweder 100 % betrug oder unter 100 % lag. Die Faktoren orientierten sich ausschließlich am „Stand/Grad der Umsetzung“ der jeweiligen Umstrukturierungsmaßnahme innerhalb eines Umstrukturierungsmoduls. Sie unterschieden sich teilweise innerhalb eines Umstrukturierungsmoduls für die einzelnen Plan-Geschäftsjahre.
2340Die errechneten Auswirkungen auf die genannten Kennzahlen wurden von Q41 in einem von den Sachverständigen als sachgerecht bezeichneten Verfahren in den für die bedrohlichen Liquiditätsprobleme des X1-Konzerns entscheidenden „Headroom“, also den liquiditätsmäßigen Spielraum, bzw. das „Cash-Defizit“, übergeleitet.
2341Die Sachverständigen haben aufgezeigt, dass im „Amendment“ die beiden von X1 bereitgestellten aktualisierten Prognosen für das Geschäftsjahr 2007/08 für die K- Warenhaus GmbH und für die Q- GmbH per 7. Juli 2008 und per 10. September 2008 einander gegenübergestellt worden sind. Die Prognosezeitpunkte lagen nur zwei Monate auseinander. Der erste Prognosezeitpunkt lag nur knapp drei Monate, der zweite sogar nur 20 Tage vor dem Schluss des Geschäftsjahres am 30. September 2008. Die Sachverständigen haben nachvollziehbar und für die Kammer überzeugend ausgeführt, dass schon die unterschiedlichen absoluten Beträge der jeweils prognostizierten Umsätze für das bereits kurz vor dem Abschluss stehende Geschäftsjahr 2007/08 die fehlende Planungsfähigkeit der X1 AG bzw. ihre fehlende Bereitschaft zu Planungen unter realistischen Annahmen offensichtlich machten. Die massiven Planungsverfehlungen in der Vergangenheit ließen auch für die Zeit ab dem 29. September 2008 das Verfehlen der Planzahlen erwarten. Diese Erwartung hat nach dem tatsächlichen Verlauf der Dinge bereits innerhalb kürzester Zeit ihre Bestätigung gefunden.
2342Unabhängig hiervon haben die Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 Umstände im „Amendment“ aufgezeigt, die – worin sich die Kammer ihnen aufgrund der nachvollziehbaren und überzeugenden Herleitung anschließt – die mangelnde Belastbarkeit der von der Q41 „sensitivierten“ Planzahlen der X1 AG belegen. So entschieden – wie die Sachverständigen ausgeführt haben – über die von Q41 ermittelten Planwerte für den „Sensitivitätsfall“ aufgrund des mathematischen Zusammenhangs allein die von Q41 festgelegten Abwertungsfaktoren. Dies waren Prozentzahlen, die sich am „Stand/Grad der Umsetzung“ der jeweiligen Umstrukturierungsmaßnahme innerhalb eines Umstrukturierungsmoduls orientierten. Die Umrechnung der X1-Planungsrechnung für den „Basisfall“ unter Anwendung der von der Q41 jeweils gewählten Abwertungsfaktoren für den „Sensitivitätsfall“ sind jedoch für die Sachverständigen auch nach der Vernehmung der Zeugen Dr. B3, C1 und Y8 nicht nachvollziehbar geblieben.
2343So verzichtete die X1 AG etwa bei den aus Sicht der Gutachter außerordentlich wichtigen Umstrukturierungsmodulen „Sales-up-Programm“, „Steigerung der Bruttomarge“ und „Reduzierung des Betriebskapitals (Working Capital)“ auf eine auch nur kursorische Darstellung der geplanten Sanierungsmaßnahmen. Bei den Umstrukturierungsmodulen „Reduzierung des Betriebskapitals (Working Capital)“ für die beiden Konzernbereiche K- Warenhaus GmbH und Q- GmbH gab es trotz des erwarteten außerordentlich hohen Beitrags zur Steigerung des „operativen Cashflow“ in den Ausführungen zu den geplanten Maßnahmen, mit deren Hilfe das Working Capital reduziert und somit die dringend benötigte Liquidität beschafft werden sollte, weder eine nähere Darstellung der geplanten Maßnahmen noch belastbare Kommentare zu diesen sowie der Erwartung ihres möglichen Erfolgs. Das wäre – so die Gutachter – für den aus ihnen zu erwartenden Beitrag zu den Umstrukturierungsbemühungen aber erforderlich gewesen. Der Kommentar erschöpfte sich in der – nach Darstellung der Gutachter für den angesprochenen Teilnehmerkreis allgemein bekannte – Tatsache, dass zur Reduzierung des Working Capital sachgerechte Veränderungen seiner Komponenten vorgenommen werden müssten. Maßgebend sei, wie die Komponenten verändert werden sollen. Es sei wenig hilfreich, einen Lagerbestandsabbau und eine schnellere Bezahlung der Kunden zu beschließen. Dazu bedürfe es der Mitwirkung der Kunden. Das gelte auch für die Möglichkeit, die Bezahlung von Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen weiter in die Zukunft zu verschieben. Dazu sei die Zustimmung der Lieferanten und der Kreditversicherer notwendig, die bei einem in Liquiditätsschwierigkeiten befindlichen Unternehmen nicht ohne weiteres erlangt werden könne.
2344Soweit im Umstrukturierungsmodul „Steigerung der Bruttomarge“ der K- Warenhaus GmbH ausgeführt wurde, die Margensteigerung solle durch acht spezifische Maßnahmen mit unterschiedlichem Umsetzungsstand erreicht werden, wurde hierzu im „Amendment“ nur eine Seite später vermerkt, eine detaillierte Maßnahmenspezifikation müsse noch ausgearbeitet werden. Unter diesen Umständen war eine nähere oder gar konkrete Analyse der geplanten Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirkungsbereiche und der Höhe ihrer Auswirkungen auf die Bruttomarge jedoch schon gar nicht möglich.
2345Für die K- Warenhaus GmbH fand sich im Umstrukturierungsmodul „Lieferkette“ als Beurteilung der geplanten Maßnahmen der Hinweis: „Konzept der Kaufhauskonsolidierung bzw. Logistikoptimierung ist zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit unbedingt notwendig“. Dieser Hinweis stellt lediglich eine Begründung für alle geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen, nicht aber für dieses spezifische Modul dar. Als Abwertungsfaktor sei er – so die Sachverständigen – nicht geeignet. Wie die Gutachter zudem zutreffend angemerkt haben, war es nicht schlüssig, dass zu den Maßnahmen dieses Moduls einerseits ausgeführt wurde, sie folgten einem geeigneten Ansatz, während es kurz darauf heißt, ein detaillierter Maßnahmenplan liege nicht vor.
2346Eine nachvollziehbare Begründung der Abwertungsfaktoren fehlte im weiteren in den Fällen, in denen für vergleichbare Umstrukturierungsmodule bei der K- Warenhaus GmbH einerseits und der Q- GmbH andererseits trotz sehr unterschiedlicher Kommentare die gleichen Abwertungsfaktoren angesetzt wurden bzw. bei denen die Begründungen sich nicht in den Abwertungsfaktoren widerspiegelten. So wurden im Umstrukturierungsmodul „Personalabbau“ für die beiden Konzernteile dieselben Abwertungsfaktoren verwendet. Dabei waren Maßnahmen bei der K- Warenhaus GmbH deutlich und konsistent geplant sowie ihre Umsetzung initiiert und in Gang gesetzt, während bei der Q- GmbH („Top-Down-Planung vorgesehen, nicht auf der Ebene funktionaler Bereiche“) die Planung ein solch fortgeschrittenes Stadium des Personalabbaus noch nicht erreicht hatte. Ohne Einfluss auf den Abwertungsfaktor ist ferner der auf die Q- GmbH beschränkte Hinweis der Q41 geblieben, bei der Q- GmbH bestehe ein Risiko von Arbeitsgerichtsverfahren und Verzögerungen aufgrund längerer Kündigungsfristen bei 236 Vollzeitäquivalenten.
2347Bei der Q- GmbH wurde im Umstrukturierungsmodul „Reduzierung der Investitionen“ zu den von X1 gelieferten Zahlen keine Abwertung vorgenommen, obwohl kritisch darauf hingewiesen wurde, dass sich aus der Maßnahme im Bereich der IT-Systeme negative Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung der Q- GmbH ergeben könnten. Ferner wurden die erforderlichen Operating Leasing-Verträge mit der Maßgabe vernachlässigt, dass die aus diesen Verträgen resultierenden monatlichen Belastungen mit liquiditäts- und erfolgsmindernden Leasingraten in der vorgelegten Planungsrechnung nicht berücksichtigt wurden.
2348Bei der K- Warenhaus GmbH finden sich im Umstrukturierungsmodul „Lieferkette“ insbesondere für die beiden letzten Plan-Geschäftsjahre keine tragfähigen Begründungen.
2349Im Umstrukturierungsmodul „Optimierung der Verkaufsflächen“ bei der K- Warenhaus GmbH ging es um die Vermietung von durch Aufgabe bisher wenig gewinnbringender Geschäftsbereiche frei werdender Verkaufsflächen. Hier wurde für den Bereich „Home & Living“ festgehalten, das Konzept befinde sich noch in der frühen Phase der Konzeptentwicklung und -ausarbeitung. Das erste Untervermietungspilotprojekt sei in dieser Woche gestartet worden. Ein Umsetzungsplan für die Auswahl von Kaufhäusern und Flächen sowie Flächengrößen werde aktuell ausgearbeitet. Nähere Verhandlungen mit potenziellen Mietern könnten jedoch nicht geführt werden, wenn und solange nicht geklärt sei, in welchen Filialen welche Flächen vermietet werden sollen. In diesem Stadium seien allenfalls unverbindliche Vorgespräche denkbar, in denen den potenziellen Mietern die generelle Möglichkeit eines Mietvertragsabschlusses vorgestellt wird. Dennoch wurde – wie die Gutachter zu Recht berücksichtigt haben – im „Amendment“ angenommen, schon Ende Oktober 2008, also nur knapp einen Monat nach seiner Vorstellung würden voraussichtlich Verhandlungen mit einer Pilotmietergruppe abgeschlossen. Das stellt einen ungewöhnlich kurzen Verhandlungszeitraum dar. Die Annahme, dass derart wichtige und notwendigerweise viele Probleme aufwerfende Projekte innerhalb von rund sechs Wochen abgeschlossen werden können, worunter zumindest das Vorliegen eines unterschriftsreifen Vertrags, der einen baldigen Einzug der Mieter zur Folge haben könnte, zu verstehen ist, passt – wie die Gutachter hervorgehoben haben – in das Bild der über Jahre geübten ambitionierten, jeweils aber verpassten Planung der X1 AG. Das gilt umso mehr, als den in Frage kommenden Mietern die medial begleiteten wirtschaftlichen Schwierigkeiten des X1-Konzerns mit großer Wahrscheinlichkeit bekannt waren. In einer derartigen Situation muss sich ein potenzieller Mieter den Abschluss eines mit großer Wahrscheinlichkeit langfristigen Mietvertrags vernünftigerweise gut überlegen, zahlreiche Berechnungen anstellen und die sich aus den zu beobachtenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Vermieters möglicherweise ergebenden eigenen wirtschaftlichen Probleme in das Kalkül mit einbeziehen, was den Abschluss eines Mietvertrags – insbesondere innerhalb eines so kurzen Zeitraums – eher unwahrscheinlich macht. Die Gutachter haben unter Verweis hierauf die unrealistische Sensitivierung der X1-Planung in diesem Punkt durchaus verblüfft unterstrichen. X1 erwartete noch vor Ausarbeitung eines Umsetzungsplans aus den genannten Vermietungsmaßnahmen in den Geschäftsjahren 2009/2010 und 2010/2011 jeweils eine Erhöhung des „bereinigten EBITDA“ um 30 Millionen €. Obwohl die Q41 demgegenüber nicht nur auf den fehlenden Umsetzungsplan, sondern auch auf die unbewiesene Anwendbarkeit des Konzepts hinwies, wurde im Zuge der Sensitivierung festgehalten, 18,7 Millionen € der geplanten 30 Millionen € seien derzeit durch potenzielle Untermietpartner abgesichert. Die im geschilderten Verhandlungsstadium erwähnte Absicherung eines solch exakt angegebenen Betrags unterstellt, dass es zum Abschluss entsprechender Mietverträge mit bereits identifizierten Verhandlungspartnern und zum Eingang der von X1 angenommenen Mietzahlungen kommen wird. Als wären diese von X1 angenommenen positiven Auswirkungen der geplanten Maßnahme sicher, führte das Amendment fort, es bestehe Unsicherheit in Bezug auf potenzielle Partner, die eine Auswirkung von 7 Millionen € habe. In dem geschilderten Stadium, in dem sich die Maßnahme befand, ist – wie die Sachverständigen dargelegt haben – nicht verständlich, dass hinsichtlich dieses Teilbetrags zumindest vage Vorstellungen von potenziellen Partnern bestehen konnten. Im Übrigen bestanden offenbar für die Beschaffung der restlichen 4,3 Millionen € keinerlei Vorstellungen von weiteren potenziellen Mietern. Trotzdem wurden die von X1 für diesen Bereich angesetzten 30 Millionen € nur pauschal um 20 % bzw. 10 % abgewertet.
2350Entsprechende Ausführungen haben die Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 auch hinsichtlich der von X1 geplanten Untervermietung von Verkaufsflächen im Bereich „Multimedia“ gemacht. Auch für diese lagen anstelle exakter Planungen nur vorbereitende Überlegungen vor.
2351Neben den Umstrukturierungsmaßnahmen bei der K- Warenhaus GmbH und der Q- GmbH wurden von X1 als Teil der Sanierungsmaßnahmen Verkaufsmaßnahmen ins Auge gefasst, zu denen der Zeuge M5 als Leiter der Abteilung Konzernfinanzen der X1 AG glaubhaft und aus lebendiger Erinnerung heraus angegeben hat, ein Teil der vorgesehenen Transaktionen sei wenig intensiv vorbereitet gewesen. In einem Überblick über den potenziellen Verkauf von 17 Objekten wurden zunächst die Vorstellungen der X1 AG wiedergegeben und für jedes Objekt eine Preisspanne genannt. Diesen wurden die Vorstellungen der Q41 gegenübergestellt. Für sieben Objekte wurde zudem angegeben, welche Auswirkungen auf das „EBITDA“ bzw. auf die Liquiditätssituation („cash effect“) aus diesen Verkaufsmaßnahmen erwartet wurden, ohne dass der dafür entscheidende erwartete Verkaufspreis genauer spezifiziert wurde. Zusätzlich wurden die dazu erwarteten Verkaufstermine genannt.
2352Die weitaus meisten der im „Amendment“ getroffenen Aussagen der Q41 zu den Veräußerungen stellten Einschränkungen der präsentierten Untersuchungsergebnisse insoweit dar, als auf Mängel der Datenbasis, auf die Nichtberücksichtigung möglicher störender Ereignisse sowie die Nichtberücksichtigung eines weiteren, d. h. über den berücksichtigten Bedarf hinausgehenden möglichen Bedarfs an liquiden Mitteln, aber auch auf die Nichtberücksichtigung denkbarer Marktveränderungen bzw. wegfallender Synergieeffekte hingewiesen wurde. Die Gutachter haben hierzu ausgeführt, wegen der dargestellten Zusammenhänge seien die im Amendment genannten Einschränkungen insoweit als Voraussetzungen einer erfolgreichen Sanierung des X1-Konzerns zu verstehen, als eine erfolgreiche Umsetzung der im Teilbereich „Veräußerungen“ erörterten geplanten Sanierungsmaßnahmen und damit der gesamten im X1-Konzern beabsichtigten Sanierungsbemühungen nicht gelingen werde, wenn sich in den aufgezählten Problemfeldern negative Entwicklungen einstellten. Da die für die Sanierung des X1-Konzerns erforderlichen finanziellen Mittel zumindest zu einem Teil aus den geplanten Verkaufsaktionen stammen sollten, mussten die für die Beurteilung der geplanten Veräußerungsaktionen genannten Voraussetzungen – so die Gutachter – durchaus als sehr ambitioniert bezeichnet werden. Denn damit würde unterstellt, dass bei den geplanten Verkäufen gegen keine der genannten Einschränkungen verstoßen werde.
2353Zum Ende des Geschäftsjahres 2010/2011 erwartete X1 für den „Basisfall“ insgesamt liquiditätsverbessernde, das Cash-Defizit mindernde Auswirkungen aus Veräußerungen in Höhe von 464 Millionen €. Die Q41 rechnete mit entsprechenden Auswirkungen in Höhe von 428 Millionen €. Dabei griff die Q41 hinsichtlich der Veräußerungserlöse vollständig auf die Plan-Zahlen von X1 zurück.
2354Den höchsten Stand des Cash-Defizits prognostizierte X1 („Basisfall“) für Ende Juli 2009 (1,366 Milliarden €), also noch im Geschäftsjahr 2008/2009. Q41 prognostizierte den höchsten Stand des Cash-Defizits für den „Sensitivitätsfall“ nach einer kurzen Erholung ab Ende August 2009 und eine erneute Erhöhung des Cash-Defizits im Geschäftsjahr 2009/2010 für das Ende dieses Geschäftsjahres (1,651 Milliarden €).
2355Die Q41 hat im „Amendment“ darauf hingewiesen, dass die Sanierungsbemühungen der X1 AG nur gelingen würden, wenn eine nicht geringe Anzahl von Voraussetzungen erfüllt sei. Jede Nichteinhaltung einer der in der Präsentation beschriebenen „signifikanten Annahmen“ konnte den Erfolg der Sanierungsbemühungen gefährden. Dies gelte auch für das Eintreten jedes einzelnen der zahlreichen Problemfälle, die im „Amendment“ im Zusammenhang mit den geplanten Veräußerungsmaßnahmen der K- Warenhaus GmbH genannt wurden. Selbstverständlich konnten mehrere der genannten Probleme gleichzeitig auftreten, sich überlagern und sogar verstärken. Entsprechend ist die Gefahr für das Gelingen der Sanierungsbemühungen einzuschätzen.
2356Diese Hinweise verdeutlichten aus Sicht der Sachverständigen, dass sich die geplanten Liquiditätswirkungen nur einstellen würden, die Sanierung also nur dann wie geplant gelingen könnte, wenn sich nicht nur die geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen in einer Weise realisieren ließen, dass die für den „Sensitivitätsfall“ angenommenen Auswirkungen eintreten würden, sondern sich zudem folgende Annahmen im Laufe der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen bestätigten:
2357– „Sicherstellung der Kreditfazilitäten in Höhe von max. 1.651 Milliarden € (1,258 Milliarden €, wenn die Veräußerungen berücksichtigt werden) von 2009/10 bis zum Ende des Geschäftsjahres 2011/2012.
2358– Bereitstellung ausreichender Kreditlinien durch Warenkreditversicherer innerhalb des oben genannten Zeitrahmens.
2359– Realisierung der geplanten Veräußerungen, durch die Erlöse von mind. 420 Millionen € generiert werden.
2360– Deckelung der geplanten Investitionen bei max. 410 Millionen € während des Planungszeitraums.“
2361Diese vier Bedingungen orientierten sich an den in der Präsentation herausgearbeiteten Zahlungsströmen. Nur für den Fall, dass sämtliche vier Bedingungen im Zeitablauf eingehalten werden konnten, ließ sich die Zahlungsunfähigkeit des X1-Konzerns verhindern. Die Erfüllung aller genannten Vorgaben, von denen drei eindeutig quantifiziert wurden, war – wie die Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 erläutert haben – zwar eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für das Gelingen der Sanierungsbemühungen. Negative Abweichungen der tatsächlich eintretenden Zahlungsströme von den im „Amendment“ prognostizierten Zahlungsströmen in den Plan-Geschäftsjahren konnten trotz Einhaltung der von Q41 formulierten Annahmen bezüglich der Veräußerungen zu einer derart erheblichen Verschlechterung der Liquiditätssituation führen, dass Zahlungsunfähigkeit eintreten würde.
2362Als negative Abweichungen für den gesamten X1-Konzern kamen in Betracht:
2363– geringere Einzahlungen aus dem operativen Geschäft der K- Warenhaus GmbH und/oder der Q- GmbH und/oder aus anderen Konzernbereichen und/oder aus den geplanten Veräußerungen verglichen mit den jeweils geplanten Einzahlungen,
2364– höhere Auszahlungen aus dem operativen Geschäft der K- Warenhaus GmbH und/oder der Q- GmbH und/oder aus anderen Konzernbereichen und/oder aus den geplanten Veräußerungen (z. B. Transaktionskosten) verglichen mit den jeweils geplanten Auszahlungen,
2365Diese beiden betragsmäßigen Planabweichungen würden zu einem geringeren Netto-Cashflow im Vergleich zu dem geplanten Netto-Cashflow führen;
2366– spätere Zahlungseingänge aus dem operativen Geschäft der K- Warenhaus GmbH und/oder der Q- GmbH und/oder aus anderen Konzernbereichen und/oder aus den geplanten Veräußerungen, verglichen mit den jeweils geplanten Einzahlungsterminen,
2367– frühere Auszahlungen aus dem operativen Geschäft der K- Warenhaus GmbH und/oder der Q- GmbH und/oder aus anderen Konzernbereichen und/oder aus den geplanten Veräußerungen, verglichen mit den jeweils geplanten Auszahlungsterminen.
2368Dabei haben nicht nur die Höhe, sondern auch die Zeitpunkte der Ein- und Auszahlungen erhebliche Bedeutung für die Zahlungsfähigkeit und damit die Abwehr der Insolvenz eines Unternehmens.
2369Sobald die in der Präsentation herausgearbeiteten Zahlungsströme in den drei Plan-Geschäftsjahren nicht wie geplant erzielt werden könnten, sobald also die positiven Netto-Zahlungsströme aufgrund von unter Plan liegenden Einzahlungen und/oder über Plan liegenden Auszahlungen weniger hoch oder negative Netto-Zahlungsströme aus gleichen Gründen höher als prognostiziert wären, und/oder sobald sich gegenüber der Prognose nachteilige zeitliche Verschiebungen der Ein- bzw. Auszahlungen ergäben, konnte es trotz der Erfüllung der von Q41 genannten Bedingungen für das Gelingen der Sanierungsmaßnahmen zu Zahlungsschwierigkeiten oder gar zur Zahlungsunfähigkeit kommen.
2370Die Q41 verwies im „Amendment“ auf Risiken, die weder vollständig noch endgültig im Hinblick auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit evaluiert wurden. So hob sie hervor:
2371- „Der aktuelle Plan deckt nicht den vollständigen Budgetierungsprozess des gesamten X1-Konzerns ab. Änderungen des aktuellen Planstatus sind bis Ende Oktober 2008 zu erwarten. Aktuell erwarten wir keine größeren Abweichungen.
2372- Die zugrunde liegenden Maßnahmen sind noch nicht in Gänze detailliert definiert worden und/oder konnten nicht endgültig evaluiert werden und müssen im Rahmen des Umsetzungsprozesses noch weiterentwickelt werden.
2373- Da der Budgetierungsprozess noch nicht endgültig abgeschlossen ist, basiert die Liquiditätsplanung – insbesondere die kurzfristige Planung – auf einem beschleunigten Verfahren, das noch keine endgültige Evaluierung erlaubt.
2374- Die dargestellten Effekte der Veräußerungen sind nur eine Momentaufnahme. Eine ausführliche Berücksichtigung ist aufgrund der Unsicherheiten im Hinblick auf Zeitplanung, Erlöseffekte und Auswirkung auf andere Konzernsegmente nicht möglich. Daher wurden die erwarteten Auswirkungen lediglich in der Cashflow-Planung auf Jahresultimobasis berücksichtigt.“
2375Danach war der Umstrukturierungsplan zu dieser Zeit – von der Q41 explizit benannt – unvollständig und zudem späteren Veränderungen ausgesetzt, von denen die Q41 aber innerhalb des nächsten Monats keine größeren Abweichungen erwartete. Der an dieser Stelle erneut erfolgte Hinweis darauf, dass die geplanten Maßnahmen zum Teil nicht in ausreichendem Maß detailliert waren, sich deswegen einer endgültigen Evaluierung entzogen und noch weiterentwickelt werden mussten, war – so die Gutachter – hinsichtlich der Verlässlichkeit der vorgelegten Zahlen in dem Sinne, dass sie sich mit einer als ausreichend anzusehenden Sicherheit in die Realität umsetzen ließen, von nicht geringer Bedeutung.
2376Bereits die in allgemeiner Form dargestellten negativen Abweichungen von der geplanten Liquiditätssituation konnten zu den erörterten Liquiditätsproblemen führen. Für die geplanten Veräußerungen bedeutete dies, dass im Verlauf der „Umstrukturierung“ erfolgende Planänderungen, bei denen mit geringeren und/oder späteren Einzahlungen als in dieser Präsentation gerechnet würde, vor allem aber auch eine spätere Realisierung der geplanten Maßnahmen – mit entsprechenden nachteiligen Liquiditätseffekten – das Sanierungskonzept gefährden und zu Zahlungsschwierigkeiten oder gar zur Zahlungsunfähigkeit des X1-Konzerns führen konnten.
2377Auch aus zusätzlichen Informationsquellen lassen sich keine Umstände herleiten, welche Tilgungs- oder Zinszahlungen auf den ausgereichten Kredit erwarten ließen.
2378Durch die Darstellungen im (eingeführten) „Refinancing Concept“ (Refinanzierungskonzept) der X1 AG vom 29. September 2008, einer von der X1 AG erstellten Informationsunterlage für die Kreditversicherer und die Kreditinstitute des Bankenkonsortiums, ergeben sich für die Schlussfolgerungen keine Änderungen. Das Refinanzierungskonzept enthielt keine Informationen, die zu einer veränderten Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der X1 AG führen, beruht doch die im Refinanzierungskonzept enthaltene Liquiditätsprognose der X1 AG auf den unverändert aus dem Basisfall des Q41-„Amendment“ übernommenen Zahlen, während die deutlich ungünstigere Prognose der Cash-Defizite durch die Q41, also die Zahlen des Sensitivitätsfalls, unberücksichtigt blieb. Es erfolgte zudem keine Anpassung der Zahlen aus dem Q41-Amendment vom 10. September 2008 an die in der Zwischenzeit veränderten Rahmenbedingungen.
2379Mit Datum vom 30. September 2008 erstellte ebenfalls Z37 einen auf den Daten per 29. September 2008 beruhenden, in die Hauptverhandlung eingeführten „Research-Bericht“, der es Anlegern ermöglichen sollte, ihr Risiko im Falle eines Investments in X1-Aktien einzuschätzen. Dabei wurde betont, dass alle in diesem Research-Bericht geäußerten Ansichten ausschließlich die Ansichten der Research-Analysten widerspiegeln. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass in diesen Research-Bericht andere als die lediglich öffentlich zugänglichen Informationen bzw. Daten – ergänzt um Schätzungen der Analysten von Z37 – eingeflossen sind.
2380Im Hinblick auf den Risikogehalt eines Investments in X1-Aktien wurde von Z37 insbesondere Folgendes festgehalten:
2381 „Trotz geplanter Kapitalerhöhung bleibt die Aktie riskant.“
2382 „X1 ist jetzt unserer Einschätzung nach zu einer ‚Option auf das Überleben‛ geworden.“
2383 „Obwohl wir einen gewissen potenziellen Wert in X1 erkennen, sind wir […] der Überzeugung, dass X1 auf dem derzeitigen Kursniveau eine Hochrisikoanlage ist.“ Diese Aussage impliziert nach Einschätzung der Gutachter, dass das zu diesem Zeitpunkt beobachtete Kursniveau von Z37 als zu hoch eingeschätzt wurde und im Falle eines Kaufs der Aktie von einem hohen Wertverlustrisiko auszugehen ist.
2384Als Begründung für die Einstufung der X1-Aktie als Hochrisikoanlage wurde von Z37 insbesondere Folgendes angeführt:
2385 Der Wert der Option auf das Überleben von X1 hängt „stark von der Beteiligung der Gruppe an H4 und einem Turnaround im Einzelhandel“ ab.
2386 Es bestehen ein anhaltendes Ergebnisrisiko und ein hoher Verschuldungsgrad.
2387 Es fehlt an „Transparenz beim finanziellen Ausblick“ für die X1 AG.
2388 Was die Einzelhandels-Aktiva „betrifft, so werden sie aufgrund der Restrukturierungskosten mindestens bis 2010 keinen positiven Cashflow generieren“.
2389 „Schlüsselrisiken im Hinblick auf einen Kursrückgang bestehen darin, dass X1 gezwungen sein könnte, wertvernichtende Veräußerungen vorzunehmen.“
2390Konsequenterweise führten die vorstehend angeführten Gründe zu der Forderung von Z37, dass X1, um für eine langfristige Aktienanlage in Frage zu kommen, Folgendes leisten müsse:
2391 X1 muss „die Schulden auf ein wesentlich besser zu bewältigendes Niveau reduzieren – derzeit ist diesbezüglich nur wenig an Transparenz-/Offenlegungsplänen vorhanden“.
2392 X1 muss „eine Lösung für das K--Warenhausgeschäft finden“.
2393 X1 muss „Anleger transparenter über Ergebnis und Cashflow in den Einzelhandelssparten informieren“.
2394Bei den dem Angeklagten J vom Zeugen Dr. N9 per Telefax vom 27. September 2008 zugeleiteten Unterlagen handelt es sich um einen neuen Vorschlag der X1 AG für eine zusätzliche Finanzierung. Dabei wurde seitens der X1 AG ein Liquiditätsbedarf in Höhe von 400 Millionen € (Betriebskapital für 12 Monate) angegeben. Dieser Liquiditätsbedarf ergab sich insbesondere aus zwei Überleitungsrechnungen vom Finanzbedarf der Monate Oktober 2008 bis März 2009 zum Headroom (Liquiditätsspielraum) dieser Monate.
2395Die erste Überleitungsrechnung ging vom sogenannten Basisfall des X1-Managements aus, die zweite Überleitungsrechnung vom sogenannten Q41-Sensitivitätsfall. Beide Überleitungsrechnungen unterschieden sich nicht hinsichtlich der angeführten FinanzierungsQ-n. Der Unterschied lag allein im Ausgangspunkt beider Berechnungen (Basisfall gegenüber Sensitivitätsfall).
2396Die in den beiden Überleitungsrechnungen zugrunde gelegten Finanzbedarfe wurden aus dem Q41-Amendment vom 10. September 2008 abgeleitet. Festzustellen ist jedoch, dass bei der zweiten Überleitungsrechnung (Sensitivitätsfall) aufgrund schlechterer Ausgangsdaten bei der Berechnung (höherer monatlicher Finanzbedarf) die von der X1 AG als möglich angenommenen LiquiditätsQ-n nicht in jedem Monat ausreichend waren, um – wie bei der ersten Überleitungsrechnung im Basisfall – einen durchweg positiven Liquiditätsspielraum aufzuweisen. Für die Monate November 2008, Februar 2009 und März 2009, das ist die Hälfte des Prognosezeitraums, wurde vielmehr in der zweiten Überleitungsrechnung (Sensitivitätsfall) jeweils ein negativer Liquiditätsspielraum errechnet.
2397Zu berücksichtigen ist dabei, dass der positive Liquiditätsspielraum in den Monaten Dezember 2008 und Januar 2009 nach dieser Darstellung nicht operativ erwirtschaftet werden konnte. Nur wenn der negative Liquiditätsspielraum Ende November 2008 durch neue Kreditaufnahmen geschlossen werden könnte, wäre die Insolvenz zu verhindern.
2398Die Unterlagen vom 27. September 2008 liefern keine neuen Erkenntnisse, sondern zeigen lediglich, wie aus Sicht des Vorstandes der X1 AG zu diesem Zeitpunkt eine Lösung zur Deckung des erkannten dringenden Liquiditätsbedarfs in Höhe von 400 Millionen € (Betriebskapital für 12 Monate) hätte aussehen können. Neue Erkenntnisse zur wirtschaftlichen Situation und den wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der X1 AG im September 2008 konnten aus dieser Unterlage nicht gewonnen werden. Insbesondere fehlten Informationen über vom Vorstand der X1 AG geplante bzw. angedachte Maßnahmen, die bei der X1 AG zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation hätten führen sollen.
2399Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse der X1 AG als Muttergesellschaft des X1-Konzerns waren alle Konzernteile zu berücksichtigen, welche die wirtschaftlichen Verhältnisse der X1 AG beeinflussen. Eine Gesamtdarstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Konzerns erfolgt durch seine Konzernabschlüsse mit den Bestandteilen Konzernbilanz, Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung sowie Konzernanhang.
2400Die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse der X1 AG ändert sich jedoch auch dann nicht, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des X1-Konzerns mit berücksichtigt werden.
2401Üblicherweise besteht in einem Konzern ein Cash-Management-System, das die Unterstützung und Optimierung der kurzfristigen Finanzwirtschaft durch Cash Pooling und damit die aktive Gestaltung der Zahlungsströme sowie die Entscheidung über notwendige Ausgleichsmaßnahmen innerhalb des gesamten Konzerns ermöglicht. So bestand auch für die X1 AG bei Vorhandensein eines solchen Cash-Management-Systems grundsätzlich die Möglichkeit, über das Cash Management-System in Tochter- oder Enkelunternehmen erwirtschaftete Liquidität auf die Muttergesellschaft zu übertragen, um auf diese Weise die Zahlungsunfähigkeit der Muttergesellschaft zu vermeiden. Diese Liquiditätsübertragung aus dem von den Tochter- und Enkelgesellschaften gespeisten Cash Pool stieß allerdings beim X1-Konzern auf Schwierigkeiten. Zwei der drei wesentlichen Konzernteile, nämlich die (für den Kredit mithaftende) K- Warenhaus GmbH und die H5 GmbH, verfügten nicht über übertragbare liquide Mittel. Die H4 Group plc erzielte zwar als einziger wesentlicher Teil des Konzerns Gewinne und – für die Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit entscheidend – Liquiditätsüberschüsse. Eine Übertragung dieser liquiden Mittel auf die Muttergesellschaft war jedoch nicht möglich.
2402Auch die Beschaffung liquider Mittel durch Verkauf der von der X1 AG gehaltenen H4-Aktien war letztlich nicht durchführbar. Das Bekanntwerden der Verkaufsabsichten in der Öffentlichkeit hatte zu einem erheblichen Kursrückgang geführt. Der Vorstand der X1 AG nahm wegen der damit verbundenen Veräußerungsverluste von seinen Veräußerungsplänen Abstand. Ein Verkauf der H4-Aktien in dieser Marktsituation wäre zudem mit hoher Wahrscheinlichkeit am Veto derjenigen Banken gescheitert, denen die Aktien als Sicherheit für ihre Kredite verpfändet waren. Die Interessenlage der beiden wichtigsten Konsortialbanken, der 4A Landesbank und der V22 Bank AG, war auch daraus zu erkennen, dass sie im Rahmen des von ihnen geforderten Maßnahmenpakets die Erteilung eines Verkaufsmandats für die von der X1 AG gehaltenen H4-Aktien durchsetzten.
2403Die Sachverständigen haben weitere Unterlagen berücksichtigt. Aus ihnen lassen sich – worin die Kammer ihnen folgt – ebenfalls keine erwartbaren Tilgungs- oder Zinszahlungen auf den Kreditvertrag vom 3. November 2008 ableiten. Bei den entsprechend – teils nach Übersetzung – eingeführten Unterlagen handelt es sich um
2404- X1/Z35 (30. Oktober 2008): Arbeitsentwurf: Projekt „V8“ – Workshop – X1 AG.
2405- X1/Z35 (20 Januar 2009): Arbeitsentwurf: Projekt „V9“ – Beschreibung – X1 AG.
2406- X1/Z35 (20. Januar 2009): Arbeitsentwurf: Projekt „V9“ – Beschreibung – Backup-Folien – X1 AG.
2407- X1/Z35 (20. Januar 2009): Arbeitsentwurf: Delisting von H4 – die Investitionsgelegenheit – X1 AG.
2408- X1/Z35 (31. März 2009): Diskussionsentwurf: Jour Fixe – Gesprächsunterlage – X1.
2409Aus dem Arbeitsentwurf zum Projekt „V8“ vom 30. Oktober 2008 wird deutlich, dass es sich nicht um die Sanierung des gesamten X1-Konzerns durch entscheidende Veränderungen im strategischen und operativen Bereich handelte, sondern dass die einzelnen Unternehmen des Konzerns separiert, von der Börse genommen (Delisting) und anschließend am Markt veräußert werden sollten. Diese Strategie, „versteckte Wertpotenziale freizusetzen“, hat sich bis zum 31. März 2009 nicht geändert. Nach einer die Umstrukturierungsmaßnahmen berücksichtigenden und auf dem aktuellen Managementplan basierenden Bewertung sollte diese Strategie der derzeitigen Bewertung durch den Kapitalmarkt gegenübergestellt werden.
2410Im Arbeitsentwurf vom 30. Oktober 2008, auf dem die später entwickelten Arbeits- bzw. Diskussionsentwürfe basierten, fanden sich die ersten Überlegungen hierzu. Z35 sprach von „Gedankenspielen“. Von einer zu diesem Zeitpunkt bereits weit fortgeschrittenen Planung kann somit nicht die Rede sein. In dem Arbeitsentwurf wurde angekündigt, „in den kommenden beiden Wochen“ solle ein „Konzept […] ausgearbeitet und ein ‚Teaser‘ für Investoren“ entwickelt sowie eine „ausführliche Liste“ potenzieller Investoren erstellt werden. Außerdem sollten die zugrunde liegenden Annahmen belegt und ausführlich beschrieben werden.
2411Hiervon findet sich – trotz der äußerst angespannten finanziellen Situation des X1-Konzerns – allerdings nichts im Arbeitsentwurf Projekt „V9“ vom 20. Januar 2009. Auch der Hinweis, neben der „Robustheit und Umsetzbarkeit des Geschäftsplans“ zähle auch die „Finanzierung der Transaktion durch Finanzinstitute“ und eine „Kapitalmarktumgebung, die Finanzinvestoren ermutigt, sich an dem Deal zu beteiligen“, zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren der beabsichtigten Transaktion, wird später durch keine Fakten untermauert.
2412In diesem Arbeitsentwurf vom 20. Januar 2009 wies Z35 darauf hin, dass die Analyse „auf den vorläufigen Ergebnissen, den Proforma-Zahlen, den Daten des Managementplans und anderen Unternehmensinformationen, die vom X1-Konzern-Controlling zur Verfügung gestellt wurden“, basiere.
2413Für die Beurteilung der Dokumente ist die eigene Einschätzung von Z35 entscheidend: „Zugrunde liegende Annahmen für den Managementplan standen nicht zur Verfügung; daher wurde die Validität/Erreichbarkeit des Managementplans nicht evaluiert. Die Zahlen spiegeln z. T. eine vereinfachte Darstellung einer potenziellen künftigen Zielstruktur wider, die noch nicht implementiert ist. […] Dieses zusammenfassende Dokument ersetzt nicht eine umfassende Due-Diligence-Prüfung; potenzielle Investoren müssten ihre eigene Evaluation durchführen“.
2414Z35 hätte – so die Sachverständigen – nicht deutlicher darauf hinweisen können, dass sämtliche für die durchzuführenden Berechnungen erforderlichen Zahlen vom X1-Konzern-Controlling geliefert wurden, dass eine Überprüfung durch Z35 nicht stattfand und dass es sich um eine vereinfachte Darstellung einer noch nicht implementierten künftigen Zielstruktur handelte.
2415Mit dem Hinweis auf eine Due-Diligence-Prüfung machte Z35 implizit darauf aufmerksam, dass mit einer schnellen Umsetzung der geplanten Maßnahmen nicht gerechnet werden konnte, dauert eine Due-Diligence-Prüfung bei einem derart großen Konzern doch üblicherweise zwischen sechs und acht Monate. Selbst bei einem Rückgriff auf die Erkenntnisse aus dem Bereich „Distressed M & A“ hätte mit vier bis zwölf Wochen gerechnet werden müssen. In keiner der Unterlagen war allerdings von der Anwendung des Verfahrens des „Distressed M & A“ die Rede.
2416Diese bisherigen Einschätzungen ändern sich – so die Gutachter – auch nicht mit Blick auf die am 31. März 2009 erstellte Gesprächsunterlage für einen Jour Fixe. Im Vergleich zu den früheren Unterlagen desselben Projekts enthielt sie keine Anhaltspunkte für positive Veränderungen.
2417Unter umfassender Würdigung dieser Umstände unterliegt es keinem Zweifel, dass der X1-Kredit nicht der Risikokategorie 1, also den „Krediten ohne erkennbare Ausfallrisiken“, zugeordnet werden kann. Eine Zuordnung zu dieser Risikokategorie setzt eine solide Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bzw. nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit des Kreditnehmers unabhängig von Art und Wert der gestellten Sicherheiten voraus, ersatzweise die zweifelsfreie Rückführung des Kredits aus der Verwertung der gestellten Sicherheiten. Von einer soliden Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bzw. von nachhaltiger Kapitaldienstfähigkeit war die X1 AG schon seit Jahren außerordentlich weit entfernt. Sicherheiten standen dem Bankhaus SOP nicht zur Verfügung.
2418Die Konsortialbanken waren nur bereit, die von ihnen ausgelegten Kredite zu prolongieren und neue Kredite zu gewähren und damit die X1 AG für die kommenden zwölf Monate zu refinanzieren, wenn diese Kreditlücke für den gleichen Zeitraum durch einen Kredit des Bankhauses SOP geschlossen werden würde. Dass der Vorstand der X1 AG bei einem Scheitern der Kreditverhandlungen gezwungen sein würde, einen Insolvenzantrag zu stellen, war am 26. September 2008 – und somit auch zu Beginn des Entscheidungszeitraums – in hohem Grad wahrscheinlich.
2419Eine „Heilung“ dieser am 3. November 2008 bestehenden äußerst angespannten wirtschaftlichen Situation wäre durch die Stellung von Sicherheiten möglich gewesen, soweit diese Sicherheiten hätten erwarten lassen, dass aus ihrer Verwertung nicht nur der Rückzahlungsbetrag, sondern auch die bis zum 31. März 2009 aufgelaufenen Zinsen zu erzielen sein würden. Dem Bankhaus SOP wurden jedoch von der X1 AG keinerlei Sicherheiten eingeräumt.
2420Auch der zweiten Risikokategorie, den „anmerkungsbedürftigen Krediten“, kann der X1-Kredit keinesfalls zugeordnet werden. Hier wäre eine Einordnung nur möglich, wenn noch keine unmittelbare Gefahr eines Kreditausfalls bestünde, sondern wegen erhöhter oder nicht abschließend beurteilbarer Risiken „nur“ eine besonders intensive Beobachtung erforderlich wäre.
2421Für den Fall eines wahrscheinlichen Forderungsverlusts nennt der Bankenfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer Anhaltspunkte: „Verluste aus einem ungesicherten Unternehmenskredit sind als wahrscheinlich anzusehen, wenn nach den Verhältnissen im Prüfungszeitpunkt die zu seiner Rückführung erforderlichen Mittel voraussichtlich weder aus dem laufenden Betrieb noch aus einem eventuellen Liquidationserlös aufgebracht werden können. Eine nachhaltige Verlustsituation mit der Aufzehrung erheblicher Teile des Eigenkapitals wird in aller Regel Zweifel an der Einbringlichkeit der Forderungen begründen, sofern nicht überzeugende Anzeichen für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage nachgewiesen werden können. Nicht durch Tatsachen substantiierte Erwartungen möglicher Verbesserungen in der Zukunft müssen ebenso außer Betracht bleiben wie die Möglichkeit einer künftigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, für die konkrete Anhaltspunkte noch nicht vorliegen. […] Die Wahrscheinlichkeit eines endgültigen Forderungsausfalls wird jedoch verstärkt, wenn sich mehrere negative Kriterien kumulieren.“
2422Bereits mit der Auszahlung des Kreditbetrags bestand für den X1-Kredit zweifellos, wie bereits dargelegt, entsprechend den Vorgaben des Bankenfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer die unmittelbare Gefahr eines Ausfalls. Bei derartigen „risikobehafteten“ Krediten bestehen aufgrund unzureichender wirtschaftlicher Verhältnisse der Kreditnehmer und der nicht ausreichenden Besicherung begründete Zweifel an der Einbringlichkeit. Die X1 AG sowie ihre mithaftenden Tochtergesellschaften wiesen im gesamten Zeitraum vom 29. September bis zum 3. November 2008 eine völlig unzureichende Bonität auf. Angesichts der Verknüpfung von Bonitäts- und Besicherungskriterien, ist der Kredit an die X1 AG, da er „blanko“ gewährt wurde, also weder erst- noch zweitrangige Sicherheiten zur Verfügung standen, in die Risikokategorie 4 („uneinbringliche Kredite“) einzustufen. Kredite, die dieser Risikokategorie zugewiesen werden, sind dadurch gekennzeichnet, dass ihr Ausfall sehr wahrscheinlich ist oder feststeht. Dies muss eine „Ausbuchung“ des gesamten Kreditbetrags zur Folge haben.
2423Selbst wenn nicht von einem uneinbringlichen Kredit ausgegangen werden müsste – was die Kammer nach sachverständiger Beratung indes ausschließt – sondern lediglich eine „nicht ganz bedenkenlose Bonität“ unterstellt würde, könnte bei einem Blanko-Kredit höchstens eine Einstufung in die Risikokategorie 3, also eine Zuordnung zu den „notleidenden Krediten“ vorgenommen werden. Mit dieser Einstufung wird zum Ausdruck gebracht, dass Rückzahlung und/oder Verzinsung ganz oder teilweise gefährdet erscheinen. Der Umfang der erforderlichen Wertberichtigung ist somit von der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarteten Höhe des Forderungsausfalls abhängig.
2424Ob der X1-Kredit zum Zeitpunkt der Kreditvergabe, dem 3. November 2008, der Risikokategorie 3 oder 4 zuzuordnen war, hängt davon ab, ob und in welchem Umfang mit dem termingerechten Eingang der Zins- und Tilgungszahlungen gerechnet werden konnte. Ausgangspunkt der dazu anzustellenden Überlegungen ist die wirtschaftliche Situation des X1-Konzerns im Zeitraum vom 29. September bis 3. November 2008.
2425Bei der Ermittlung des Kapitalwerts der Ansprüche aus dem an die X1 AG ausgelegten Kredit ist davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung der objektiven Umstände im Bewertungszeitraum nicht mit dem Eingang der vertraglich vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen gerechnet werden konnte. In der Zeit vom 29. September bis 3. November 2008 musste mangels Rettungsanzeichen und mangels Vorstellungen von notwendigen und hinreichenden Rettungsbemühungen davon ausgegangen werden, dass nach Auslaufen des Kredits am 31. März 2009 weder die Zinszahlungen noch gar die Tilgungszahlung eingehen würden. Es war somit auch davon auszugehen, dass das Bankhaus SOP zu diesem Termin vor der Entscheidung stehen würde, entweder den Kredit zahlbar zu stellen und mangels Sicherheiten den völligen Ausfall des Kredits (einschließlich der aufgelaufenen Zinsen) zu erleben oder aber den Kredit zu prolongieren, ohne eine Chance auf spätere Zins- und Tilgungszahlungen zu haben. Der Kredit musste bereits im Zeitpunkt der Bereitstellung als „uneinbringlich“ angesehen werden.
2426Der Umstand, dass bis März 2009 von der X1 AG tatsächlich Zinsen in Höhe von 780.000 € bezahlt wurden, ist nicht als nachträglicher Beweis dafür anzusehen, dass im Entscheidungszeitpunkt von der zukünftigen Zahlungsfähigkeit hätte ausgegangen werden können. Denn unter den dargestellten Gesamtumständen war zu diesem Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass es zu den Zinszahlungen bis März 2009 kommen würde. Hinzu kommt, dass für die Zinszahlung später eine Rückstellung in voller Höhe gebildet und die Zinsen – nebst Verzugszinsen – im Jahr 2012 an den Insolvenzverwalter zurückgezahlt werden mussten.
2427Die Zahlungsreihe, die das Bankhaus SOP aus dem an die X1 AG ausgelegten Kredit nach den zugrunde zu legenden objektiven Umständen erwarten konnte, weist keinerlei positive Zahlungen (= Einzahlungen) auf. Damit beträgt der Kapitalwert – entsprechend der Einschätzung der Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 – 0,00 €. Eine Abzinsung ist für die Ermittlung des Kapitalwerts unter diesen Umständen nicht durchzuführen.
2428Der wirtschaftliche Wert der sich aus dem Kreditvertrag mit der X1 AG vom 3. November 2008 ergebenden Ansprüche beträgt demnach während des ganzen Bewertungszeitraum vom 29. September bis zum 3. November 2008 0,00 €. Der Kreditvertrag war wirtschaftlich völlig wertlos.
(3) Der Gegenwert der Zahlungen auf die Kapitalerhöhung
2429Entsprechend den getroffenen Feststellungen hat das Bankhaus für den Erwerb der 23.020.552 im Zuge der Kapitalerhöhung übernommenen Aktien der X1 AG insgesamt 59.853.435,20 € aufgewendet. Den Gesamtbetrag hat das Bankhaus noch am 29. September 2008 gezahlt.
2430Auf der Grundlage der sachverständigen Beratung hat die Kammer demgegenüber einen tatsächlichen Gegenwert der Aktien von insgesamt lediglich 19.107.058,16 € festgestellt. Dabei hat die Kammer als Stichtag den 29. September 2008 angesetzt, also den Tag, an dem der Zeichnungsschein unterschrieben, der X1 AG überlassen und vor allem der Kaufpreis gezahlt wurde. Die Kammer hat sich von den Sachverständigen allerdings auch darüber beraten lassen, ob der Wert bis zum 23. Oktober 2008, also dem Tag, an dem die Bank die Stimmrechtsanteile an der X1 AG schließlich nach der formalen Umsetzung der Kapitalerhöhung erwarb, eine Änderung erfahren haben könnte. Das haben die Sachverständigen – und ihnen folgend die Kammer – verneint.
(a) Die angewandte Methode
2431Die Kammer folgt den Sachverständigen in ihrer Überlegung, auch zur Bestimmung des Gegenwerts der übernommenen Aktien die sog. Kapitalwertmethode anzuwenden. Die Ermittlung des Werts von Aktien als Unternehmensanteil nach dieser Berechnung ist anerkannt. Der bei Wirtschaftsprüfern für die „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ vorherrschende „IDW Standard“ („IDW S1“) vom 2. April 2008 sowie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 27. April 1999 - BVerfGE 100, 289 = NJW 1999, 3769) geben die Ermittlung des Aktienwerts anhand der Kapitalwertmethode vor. Dabei ist allerdings bei – wie hier – börsennotierten Aktien der Börsenkurs zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, aaO; IDW S 1 Nr. 2.4 und 3.14 bis 3.16).
(b) Einführung
2432Zur Art und Weise der Ermittlung des Werts der übernommenen Aktien nach der Kapitalwertmethode kann auf das zu der Wertermittlung der Kreditforderungen nach derselben Methode Erörterte verwiesen werden. Für die Aktien gilt dabei, dass die zu untersuchende Zahlungsreihe zunächst mit der Anschaffungsauszahlung in Höhe der Anschaffungskosten der erworbenen Aktien (hier: 59.853.435,20 €) beginnt. Hierauf folgten die erwarteten zukünftigen Einzahlungsüberschüsse der folgenden Jahre bis hin zur Beendigung der Investition durch den Verkauf der Aktien als letzter Einzahlung in Form des Verkaufserlöses. Die Einzahlungen sind abzuzinsen.
(c) Die konkreten Prüfungen
2433Entsprechend den Ausführungen der Sachverständigen ist für die Ermittlung der Zahlungsströme und damit für die Bewertung die vom Erwerber der Aktien verfolgte Zielsetzung zu berücksichtigen. Sie beeinflusst die Stellung des jeweiligen Aktionärs zur Aktiengesellschaft und zu den aus ihr erwarteten Zahlungsströmen. Dabei sind verschiedene Aktionärsgruppen zu unterscheiden.
2434„Spekulationsaktionären“ geht es um die Erzielung eines Handelserfolgs, also um den Kauf von Aktien zu einem möglichst niedrigen Kurs und einen innerhalb kurzer Zeit vorzunehmenden Verkauf zu höheren Kursen. „Spekulationsaktionäre“ legen also freies Kapital kurzfristig in Aktien einer Gesellschaft an, weil sie eine möglichst hohe positive Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis realisieren wollen. Die Höhe der gezahlten Dividenden ist für sie in erster Linie deswegen von Bedeutung, weil sie einen Einfluss auf die Kursentwicklung an der Börse ausübt.
2435Von diesem ‚Aktionär auf Zeit‘ ist der „Anlageaktionär“‘ zu unterscheiden, der seine Aktien aus strategischen Gründen erwirbt und sie längere Zeit halten will. In dieser Gruppe können wiederum zwei Aktionärstypen unterschieden werden. Eine Gruppe der „Anlageaktionäre“ verfolgt beim Erwerb der Aktie das Ziel einer sicheren Kapitalanlage bei Bezug einer (langfristig) günstigen Dividende. Sie betrachten diese Dividende als Rente aus ihrem Aktienbesitz. Zudem sind sie daran interessiert, dass zurückbehaltene Gewinne zu einer Steigerung des Unternehmenswerts führen, woraus sie eine Steigerung der Aktienkurse und damit eine Wertsteigerung ihres Aktienvermögens erwarten. Notwendige Voraussetzung für die miteinander konkurrierenden Ziele „laufende Dividendenausschüttungen“ und „Steigerung des Unternehmenswerts durch Zurückbehaltung von Gewinnen“ ist der Fortbestand der Aktiengesellschaft.
2436Wer sich aus strategischen Gründen an einer in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Aktiengesellschaft beteiligt, setzt auf eine Trendumkehr der wirtschaftlichen Entwicklung des Krisenunternehmens, zunächst also auf die rasche Lösung der Liquiditätsprobleme und anschließend auf das Erwirtschaften positiver Jahreserfolge. Eine sich daraus möglicherweise ergebende stärkere Nachfrage nach den Aktien des gesundenden bzw. gesundeten Unternehmens soll dann die erhoffte Kurssteigerung bringen, die einen gewinnbringenden Verkauf über dem Kaufpreis ermöglicht.
2437Die zweite Gruppe der „Anlageaktionäre“ verfolgt mit dem Aktienerwerb das Ziel, auf die Unternehmungsleitung Einfluss zu nehmen, also unternehmerische Funktionen zu übernehmen („Unternehmeraktionäre“). Die Erhaltung bzw. der Ausbau der Unternehmung erfolgt nicht zuletzt zur Stärkung der eigenen Machtposition.“ Zur Verfolgung unternehmerischer Zielsetzungen sind in der Regel nur Mehrheits-, vereinzelt auch Minderheitsaktionäre, denen nur Kleinaktionäre gegenüberstehen, in der Lage. Das Ziel des Unternehmungsausbaus dominiert hier über die Zielsetzung der Dividendenausschüttung, da diese Art von Aktionären eine verstärkte Position in der wirtschaftlich gestärkten Unternehmung (z. B. im Aufsichtsrat) der Erhöhung des persönlichen Einkommens vorzieht. Dies gilt in der Regel auch für „Firmenaktionäre“, die mit dem Erwerb der Aktien andere Ziele als die Erzielung von Einnahmen anstreben.
2438Die Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 haben das Bankhaus zutreffend der zweiten Gruppe der „Anlageaktionäre“ zugeordnet. SOP beabsichtigte – wie sich nicht zuletzt aufgrund der Äußerungen in den Gremien und gegenüber der Aufsicht ersehen ließ – eine über mehrere Jahre andauernde „strategische Partnerschaft“, die mit der erreichten Besetzung des Aufsichtsratsvorsitzes unterstrichen wurde.
2439Aus verschiedenen Gründen entspricht der Wert einer „strategischen Beteiligung“ nicht jeweils dem börsentäglich neu ermittelten Börsenkurs. So ist der börsentäglich ermittelte Börsenkurs von Aktien abhängig von den an diesem Tag vorliegenden Kauf- und Verkaufsaufträgen. Er wird wegen der bei „Anlageaktionären“ üblicherweise langen Haltedauer weniger durch deren eher seltenen Kauf- und Verkaufsentscheidungen als vielmehr durch die Entscheidungen der „Spekulationsaktionäre“ beeinflusst. Diese treten mit limitierten Kauf- und Verkaufsorders am Markt auf. Die individuellen Festlegungen dieser Limite sind häufig kurzfristige Reaktionen auf neue Informationen über das Unternehmen, dessen Aktien man kaufen oder verkaufen möchte, aber auch auf sehr allgemeine, die interessierende Aktiengesellschaft nicht direkt betreffende Informationen. Da die anbietenden und nachfragenden „Spekulationsaktionäre“ über unterschiedliche Informationen verfügen und auf die ihnen verfügbaren Informationen in unterschiedlichster Weise reagieren, kommt es zu ganz individuellen Festlegungen von Limits. Der Kursmakler hat den Börsenkurs in der Weise festzulegen, dass unter Beachtung der Kauf- und Verkaufslimite der größte mengenmäßige Umsatz erreicht wird, bei dem also eine größere Zahl von Aktien den Eigentümer wechselt als bei jedem anderen Kurs. Damit wird deutlich, dass die „Spekulationsaktionäre“ mit dem Umfang der Orders und den gesetzten Limiten den Börsenkurs wesentlich beeinflussen.
2440Die Aktionärsgruppe der „Anlageaktionäre“ versucht wirtschaftliche Vorteile dadurch zu erreichen, dass sie in dem Unternehmen, dessen Aktien sie halten, Funktionen besetzen, die ihnen unternehmerischen Einfluss verschaffen, z. B. Aufsichtsratssitze, bevorzugt den Vorsitz im Aufsichtsrat. Handelt es sich bei dem „Anlageaktionär“ um ein Unternehmen („Firmenaktionär“), kann auch versucht werden, wirtschaftliche Vorteile durch eine intensive oder intensivere Zusammenarbeit beider Unternehmen zu erzielen. Entscheidend kann auch die Möglichkeit sein, über eine Sperrminorität geplante Entscheidungen, die eine entsprechende Mehrheit erfordern, durch Ablehnung zu verhindern.
2441Die Gruppe der „Anlageaktionäre“, die ohnehin kein Interesse an der kurzfristigen Realisierung der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufskurs hat, zeigt aber auch weniger Interesse an einer Gewinnausschüttung als am Unternehmensausbau, der durch zurückbehaltene Gewinne finanziert wird. Die Erwartung ist, dass dadurch – wenn auch oft erst nach einer längeren Zeit – der Unternehmenswert und damit auch der Wert der Aktien ansteigt. Die Realisierung dieses Gewinns durch Wertsteigerung des Aktienbestands erfolgt allerdings erst durch den Verkauf der Aktien. Der Verkauf des gesamten Aktienpakets wird in der Regel nicht an einem einzigen Tag über die Börse durchgeführt. Einerseits würde durch einen schnellen Verkauf des gesamten Aktienbestandes der Börsenhandel stark belastet; man würde dann nicht den bestmöglichen Kurs erreichen. Es kommt hinzu, dass bei einem Verkauf des gesamten Aktienbestands außerhalb der Börse in der Regel wertsteigernde „Paketzuschläge“ erzielt werden können.
2442Die Zielsetzungen der verschiedenen Aktionärsgruppen sind unterschiedlich. Der Börsenkurs hat für sie deswegen auch eine unterschiedliche Bedeutung. Dementsprechend ist ihr Einfluss auf die Entwicklung des Börsenkurses auch sehr unterschiedlich. Das findet auch in der tatsächlichen Behandlung der Beteiligung im Bankhaus Bestätigung. SOP hat die Möglichkeit einer Realisierung kurzfristiger Veräußerungsgewinne nicht zu nutzen versucht.
2443Bereits die Ermittlung des Kapitalwerts der Ansprüche aus dem an die X1 AG ausgelegten Kredit ergab, dass die zu erwartende Zahlungsreihe unter Berücksichtigung der objektiven Umstände keinerlei positive Zahlungen (= Einzahlungen) aufweist. Damit musste die Kammer den Kapitalwert der Kreditforderung mit 0,00 € feststellen.
2444Die Sachverständigen haben im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass sich aus den Ausführungen zur Kreditforderung sicher ergibt, dass mit Einzahlungen auch aus der Kapitalerhöhung im gesamten Bewertungszeitraum vom 29. September bis zum 23. Oktober 2008 nicht gerechnet werden konnte. Vielmehr ergibt sich der entscheidende Unterschied zwischen der Bereitstellung von Eigen- und Fremdkapital aus der eindeutig geregelten Reihenfolge, in der die vertraglich festgelegten bzw. erwarteten Ansprüche der Geldgeber erfüllt werden.
2445Die für Eigenkapitalgeber nachteilige Rangfolgeproblematik gilt sowohl bei arbeitenden als auch bei insolventen Unternehmen. Bei arbeitenden Unternehmen können die Eigentümer ohne erwirtschaftete Periodengewinne nicht mit einer Gewinnausschüttung rechnen, soweit diese nicht durch die buchmäßige Auflösung von früher aus erwirtschafteten Jahresgewinnen gebildeten Gewinnrücklagen ermöglicht wird. Bei in Insolvenz befindlichen Unternehmen sind zunächst die Gläubigeransprüche und erst anschließend die Eigentümeransprüche zu erfüllen. In der Regel bedeutet dies jedoch, dass die Eigentümer in der Insolvenz nicht mit Zahlungen rechnen können.
2446Wegen der sich aus der beschriebenen Rangfolgeproblematik ergebenden Schlechterstellung der Eigentümer eines Unternehmens im Vergleich zu dessen Gläubigern kann man bei der Ermittlung des wirtschaftlichen Werts des im Rahmen der Kapitalerhöhung erworbenen Bestands von X1-Aktien nicht zu einem anderen Ergebnis kommen als bei der Ermittlung des wirtschaftlichen Werts der Ansprüche aus dem Kreditvertrag mit der X1 AG. Grundsätzlich können die Eigentümer einer Aktiengesellschaft nicht mit Einzahlungen aus ihrem Aktienbestand in Form von Dividenden rechnen, wenn schon für deren Gläubiger keine Einzahlungen für die ihnen zustehenden Zinsen zu erwarten sind. Das Gleiche gilt für den Fall der Insolvenz. Wenn schon für die unbesicherten Gläubigeransprüche gegen ein Unternehmen nicht mit Zahlungen aus dem nach Befriedigung aller besicherten und bevorrechtigten Gläubiger verbleibenden Vermögen gerechnet werden kann, gilt dies auch für die Eigentümeransprüche, die den Ansprüchen der Gläubiger in der Reihenfolge der Befriedigung von Ansprüchen nachgeordnet sind.
2447Die Zahlungsreihe, die das Bankhaus SOP aus den durch die Übernahme der gesamten Kapitalerhöhung erworbenen Aktien nach den zugrunde zu legenden objektiven Umständen erwarten konnte, weist keinerlei positive Zahlungen (= Einzahlungen) auf.
2448Dem steht nicht entgegen, dass das Bankhaus SOP im April 2009 den weit überwiegenden Anteil seiner Beteiligung (insgesamt 24,9 % aller knapp 29 % Aktien an der X1 AG) in eine Familienholding ausgegliedert hat, deren Struktur derjenigen des Aktionärspools der SCA entsprach, dies schon deshalb, weil eine solche Übertragung im Herbst 2008 – wie festgestellt – weder geplant noch absehbar war.
2449Bei der Ermittlung des Kapitalwerts der 23.020.552 Aktien ist davon auszugehen, dass das Bankhaus SOP unter Berücksichtigung der objektiven Umstände während des ganzen Bewertungszeitraums mit zukünftigen Gewinnausschüttungen der X1 AG nicht rechnen konnte. Auch von Zahlungsmittelzuflüssen aufgrund einer strategischen Zusammenarbeit durfte man in diesem Zeitraum nicht ausgehen.
2450Nachdem danach keine „periodischen Zahlungsreihen“ (konkret: Dividendenausschüttungen) mit der Folge zu erwarten waren, dass sich hieraus kein positiver Wert der Aktien ableiten lässt, kommt es für die Bewertung auf die – mit den Worten der Gutachter – erwartbare „letzte Einzahlung“ in Form des Verkaufserlöses aus den zu untersuchenden Aktien an. Diese Prüfung betrifft insbesondere den bereits eingangs vorgestellten Umstand, ob und in welchem Umfang welcher Börsenkurs bei der Ermittlung des Werts der übernommenen Aktien nach der Kapitalwertmethode einzubeziehen ist (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 27. April 1999 - BVerfGE 100, 289 = NJW 1999, 3769 und IDW S 1 Nr. 2.4 und 3.14 bis 3.16).
2451Daraus folgt aus Sicht der Kammer, dass zum einen eine „Erholung“ des X1-Konzerns und damit eine Aufwertung des Aktienkurses entsprechend der (vom Bankhaus erhofften) Möglichkeit, die Aktien nach längerfristigem Halten gewinnbringend oder zumindest in Höhe ihrer Anschaffungskosten verwerten zu können, bei objektiver Betrachtung aus den zu den Kreditforderungen umfassend dargelegten Gründen nicht zu erwarten war. Zum anderen bilden weder die erwähnten Tagesanfangs- oder -endkurse des 23. Oktober 2008, noch der rechnerische Mischkurs oder die in der Folge bis zur Insolvenz am 9. Juni 2009 jeweils börsentäglich neu ermittelten Börsenkurse den Betrag ab, den das Bankhaus für sämtliche Aktien der erst kurz zuvor der Insolvenz „entgangenen“ X1 AG tatsächlich hätte realisieren können. Bezogen auf alle Aktien wäre der jeweilige Tageskurs – wie die Gutachter zusammengefasst haben – als „letzte Einzahlung“ wirtschaftlich nicht zu erzielen gewesen. Auf die objektive Realisierbarkeit eines Veräußerungserlöses kommt es für die wirtschaftliche Bewertung indes an.
2452Für den als „letzte Einzahlung“ maßgeblich wahrscheinlich erzielbaren Verwertungserlös hat die Kammer daher – bezogen auf alle vom Bankhaus erworbenen Aktien – den Wert zugrunde gelegt, der im Fall des zu erwartenden – und später eingetretenen – Insolvenzfalls zu erzielen war. Dabei hat die Kammer zugunsten der Angeklagten den Stückwert der Aktie zugrunde gelegt, welchen die Bank am Tag nach dem Insolvenzantrag der X1 AG für die zu dieser Zeit lediglich noch bei ihr verbliebenen 3,59 % Aktienanteile erwirtschaften konnte. Dieser Stückwert belief sich auf 0,83 €. Diesen Wert hat die Kammer für alle erworbenen 23.020.552 Aktien der X1 AG zugrunde gelegt. Sie hat damit einen Wert der erworbenen Aktien von insgesamt 19.107.058,16 € festgestellt.
LXXI. Feststellungen zum Vorsatz der Angeklagten (Teil 1, D., III., (10), (32))
(1) Vorsatz hinsichtlich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
2453Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung davon überzeugt, dass allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern bewusst war, dass sie mit ihrer Entscheidung über die Finanzierung der Kapitalerhöhung der X1 AG sowie die Gewährung eines unmittelbaren Kredits über die letztlich tatsächlich abgerufenen 20 Millionen € die ihnen gegenüber SOP obliegenden Vermögensbetreuungspflichten verletzten.
2454Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter haben subjektiv erkannt, dass eine ausreichende Informationsgrundlage für eine ihre Vermögensbetreuungspflichten gegenüber SOP wahrende Entscheidung gerade von dieser wirtschaftlichen Tragweite offensichtlich nicht gegeben war und die ernsthafte Möglichkeit bestand, dem Bankhaus dadurch einen – erheblichen – Vermögensnachteil zuzufügen.
2455Ihre Entscheidungen über die Beteiligungsnahme an der X1 AG sowie die Kreditgewährung an das Unternehmen haben alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter – was sie wussten – auf einer völlig unzureichenden Grundlage und ohne hinreichende Ermittlung oder belastbare Abwägung der damit einhergehenden Chancen und Risiken auf Basis einer fundierten Dokumentenlage getroffen. Dabei wussten die Angeklagten K, O, J und P – was sie sämtlich bestätigt haben –, dass die X1 AG unmittelbar vor der Insolvenz stand. Das zu finanzierende Unternehmen war damit nicht nur in seiner Existenz akut bedroht, sondern bedurfte – was alle Angeklagten nach ihren Einlassungen wussten – umfassender Sanierung. Alle geschäftserfahrenen persönlich haftenden Gesellschafter wussten als Leiter des Bankhauses SOP, dass ihre Entscheidung insbesondere die Prüfung einschließen musste, ob es der X1 AG gelingen werde, die Ursache ihrer seit Jahren bestehenden Krise zu beheben und die von SOP eingesetzten Finanzierungsmittel wieder an das Bankhaus zurückzuführen. Eine solche Prüfung hat aber weder stattgefunden noch wäre sie den angeklagten Partnern auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen überhaupt möglich gewesen. Die Informationsgrundlage im Bankhaus war zum Zeitpunkt der getroffenen Entscheidungen der Angeklagten so offensichtlich unzureichend, dass die Kammer ausschließt, dass den geschäftserfahrenen persönlich haftenden Gesellschaftern dieser Umstand verborgen geblieben oder von ihnen anders bewertet worden sein könnte.
2456Dabei schließt die Kammer ferner aus, dass sich einzelne persönlich haftende Gesellschafter subjektiv für die Entscheidung in einer Weise für per se ressortunzuständig gehalten haben könnten, die Auswirkungen auf ihren Pflichtverletzungsvorsatz gehabt hätte. Ihnen war – was sich auch aus ihren Einlassungen ergibt – bei beiden Finanzierungsentscheidungen bewusst, sowohl über die Kapitalerhöhung als auch den Kredit an die X1 AG einstimmig entscheiden zu müssen. Daneben wussten sie mit Blick auf die unmittelbar bevorstehende Insolvenz der X1 AG um die ungewöhnlich problematische Bonität des um Finanzierung nachsuchenden Unternehmens und das hohe Risiko eines Ausfalls der von SOP einzusetzenden Mittel. Die Kammer hält es daher – auch mit Blick auf die Einlassungen der Angeklagten – für ausgeschlossen, dass auch nur einem der angeklagten Partner zum Zeitpunkt seiner jeweiligen Entscheidung aus dem Blick geraten sein könnte, jeweils zu einer eigenen kritischen Prüfung und erforderlichenfalls zu eigenen Nach- oder Rückfragen aufgefordert gewesen zu sein. Das gilt umso mehr, als die vorhandene Informationsgrundlage selbst für einen (vermeintlich) ressortunzuständigen Partner offensichtlich völlig unzureichend war und zudem zwei der Partner (die Angeklagten K und O) angesichts ihrer Bürgschaften ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran hatten, Geldmittel der Bank zugunsten der X1 AG einzusetzen.
2457Bezogen auf die einzelnen Angeklagten hat sich die Kammer bei ihren Feststellungen zum Vorsatz im Wesentlichen von folgenden Umständen leiten lassen:
(a) Angeklagter K
2458Der Angeklagte K hat eingeräumt, dass die konkrete Informationsgrundlage zu dünn gewesen sei. Es sei eindeutig gewesen, dass sich X1 in einer Krise befand, die weitreichende Sanierungsmaßnahmen erfordert habe. Die einzigen Erkenntnisquellen für seine Entscheidung und die seiner Partner seien öffentlich zugängliche Analystenreports gewesen sowie Gespräche mit dem Angeklagten E, dem Zeugen Dr. N9 (Vorstandsvorsitzender der Kreditnehmerin) und seinem Freund, dem Zeugen M12. Zwar habe der Zeuge Dr. N9 ihm, K, berichtet, die Q41 sehe eine Chance, X1 wieder auf den Weg zu bringen. Das habe er nicht näher hinterfragt. Auch ansonsten sei das in der Bank nicht überprüft worden. Unterlagen dazu hätten weder vorgelegen noch habe sie jemand angefordert. Ein konkretes Konzept habe niemand gekannt. Auch habe niemand den Kontakt zu den Konsorten oder zur Q41 gesucht, um sich auf deren Wissensstand zu bringen . Die wäre auch in der Kürze der Zeit ohne weiteres möglich gewesen. Die Partner hätten auch die eigenen Fachabteilungen nicht zu Rate gezogen. Sein Freund, der Zeuge M12, habe ihm gegenüber klar kommuniziert, die Konsorten sähen sich ausreichend besichert. Sie würden es ungeachtet der Aussagen und Ankündigungen des Zeugen Dr. N9 darauf ankommen lassen, dass die X1 AG in Insolvenz falle. Auch habe M12 „nicht sehr positiv“ über den Zeugen Dr. N9 und das Einhalten von Plänen und Aussichten gesprochen. Tatsächlich habe er, K, Dr. N9s „Feuerwerk guter Pläne und Nachrichten“ selbst nachhaltig misstraut. Unterlagen oder Präsentationen, die bei Entscheidungen über Sanierungskredite üblicherweise zwingend vorliegen müssten, hätten weder er noch seine mitangeklagten Partner in der Bank angefordert. Sie hätten zu keiner Zeit vorgelegen. Das hätten die Fachabteilungen in der Kreditvorlage sogar ausdrücklich gerügt. Geändert habe das nichts. Stattdessen seien er und seine Partner sich sehr schnell darin einig gewesen, die X1 zu finanzieren. Es habe „zu viel“ auf dem Spiel gestanden. Darauf hätten er und seine mitangeklagten Partner es gerade in der angespannten Lage der Bank nicht ankommen lassen wollen. Der Einsatz der Finanzmittel sei „alternativlos“ gewesen. Welche Risiken für SOP konkret mit welcher Wahrscheinlichkeit im Insolvenzfall der X1 AG bestanden hätten, sei nicht näher geprüft oder zu ermitteln versucht worden. Ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Finanzierungsbeitrag von SOP, der sich in den Verhandlungen mit der X1 ab Freitag sogar dramatisch erhöht habe, eine Sanierung der X1 AG herbeiführen könne, sei ebenfalls nicht untersucht worden.
2459Der Grund für die sehr schnell getroffene Entscheidung, der X1 AG Geld zur Verfügung zu stellen, sei nicht das Vertrauen in das Gelingen einer Rettung, für welche die Bank ein Konzept gar nicht gekannt habe, sondern vielmehr „das Prinzip Hoffnung“ gewesen. Der spätere Verlauf, der von einer Verdoppelung des Finanzbedarfs gegenüber SOP geprägt gewesen sei, unterstreiche das. Der erhebliche Mehrbedarf an Geld innerhalb weniger Stunden habe bei ihm und den anderen Partnern zwar ein „Störgefühl“ hervorgerufen. Sie seien aber fest entschlossen gewesen, Geld in X1 zu investieren, um darauf zu hoffen, die ansonsten sichere Insolvenz damit abwenden zu können.
2460Er selbst habe seine Entscheidung nicht von seinen eigenen persönlichen Interessen frei machen können. Seine Bürgschaft von 87 Millionen € habe er in die Entscheidung einfließen lassen. In diesem Zusammenhang hat der Angeklagte K auch den Y14-Kredit erwähnt und ausgeführt, dieser offenbare, welche „Fehler wir gemacht haben.“ Der Kredit habe die persönlichen Interessen der Bürgen mit denen der Bank verflochten.
2461Der Angeklagte K hat damit – was auch für seinen Nachteilsvorsatz beachtlich ist – insgesamt eine eher von Panik bestimmte Entscheidung der Partner zu einer (erhofften) Rettung der X1 AG „um jeden Preis“ beschrieben und nicht etwa ein durch eingeholte und geprüfte Unterlagen fundiertes Vertrauen in das Gelingen einer Sanierung des Unternehmens X1.
2462Die Kammer ist von der Richtigkeit dieser von zahlreichen Urkunden und Zeugenaussagen bestätigten, insgesamt geständigen Einlassung des Angeklagten K überzeugt. Dabei hat sie nicht verkannt, dass der Angeklagte K sein Geständnis erst abgelegt hat, nachdem die Kammer eine vorläufige Bewertung des Verfahrensstands vorgenommen, einen Verständigungsvorschlag (§ 257c StPO) unterbreitet und ihm dabei für den Fall eines Geständnisses einen bestimmten Strafrahmen in Aussicht gestellt hatte. Eine unberechtigte Selbstbelastung des Angeklagten K schließt die Kammer aus. Seine Einlassung fügt sich vielmehr nahtlos in das übrige Ergebnis der Hauptverhandlung ein. Die Einlassung des Angeklagten K über die (nicht) vorhandenen Unterlagen entspricht dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Insbesondere die Zeugen aus den Reihen der Konsortialbanken und Warenkreditversicherer haben glaubhaft eine Kontaktaufnahme von SOP vor deren Entscheidungen verneint. Sie haben sich auch im Sinne der Feststellungen und der Einlassung des Angeklagten K zu den Gründen ihrer eigenen Kreditentscheidungen erklärt. Unterlagen seien von SOP nicht verlangt und auch nicht dorthin übersendet worden. Gleiches haben für die X1 AG auch die Zeugen Dr. N9 und J4 ausgesagt. Der Zeuge M12 hat den Inhalt seines Gesprächs mit dem Angeklagten K wie von ihm geschildert berichtet. Die Zeugen aus den Fachabteilungen von SOP haben sogar noch im Wege der Kreditvorlage im Oktober 2008 beanstandet, dass keine aussagefähigen Unterlagen über die Finanzierung sowie Geschäfts- und Liquiditätspläne vorlägen. Dem wurde auch in der Folge nicht abgeholfen. Hierzu passend hat der Zeuge C9 überzeugend bekundet, zu keinem Zeitpunkt sei einer der Angeklagten K, O, J oder P an ihn herangetreten und habe um Erklärungen, Auskünfte oder Informationen betreffend die Erkenntnisse der Kreditabteilung aus der jahrelangen Beobachtung des X1 Konzerns gebeten.
(b) Angeklagter O
2463Der Angeklagte O hat im Wesentlichen ebenfalls eingeräumt, seine Entscheidung über die Kapitalerhöhung und die Kreditvergabe auf einer unzureichenden Informationsgrundlage und ohne hinreichende Ermittlung oder belastbare Abwägung der hiermit einhergehenden Chancen und Risiken auf Basis einer fundierten Dokumentenlage getroffen zu haben. Auch seine im Wesentlichen geständige Einlassung zu seinem Pflichtwidrigkeitsbewusstsein hält die Kammer für zutreffend. Dabei verkennt die Kammer auch bezüglich des Angeklagten O nicht, dass dieser ein pflichtwidriges Verhalten jedenfalls eindeutig erst eingeräumt hat und damit von seiner ursprünglichen – bestreitenden – Einlassung abgerückt ist, nachdem ein ihm eine Bewährungsstrafe in Aussicht stellender Verständigungsvorschlag unterbreitet worden war (§ 257c StPO).
2464Immerhin hatte der Angeklagte O bereits in seiner ersten Erklärung angegeben, aus seiner „heutigen Sicht“ habe seine Entscheidung „nicht uneingeschränkt“ dem Wohl des Bankhauses gedient. Seine Sicht auf die Vorgänge sei damals „zu undifferenziert“, sein „Risikobewusstsein“ nicht mehr „ausgeprägt genug“ gewesen. Konkrete Unterlagen, welche ihn in die Lage versetzt hätten, Chancen und Risiken der Beteiligung und des Kredits abzuwägen, hat der Angeklagte O schon von Anfang an nicht benannt. Er hat anfangs lediglich angegeben, „irgendwer hatte irgendwas“. Auf Nachfrage hat er dazu lediglich angeben, möglicherweise hätten lediglich Listen von Fonds vorgelegen, deren Mieterin die X1 AG gewesen sei.
2465War der Angeklagte O anfangs noch bemüht, eigene Fehler zu beschönigen oder kleinzureden, ging er mit dem Fortgang der Hauptverhandlung und der sich verdichtenden Beweislage dazu über, eigene Beiträge nach und nach einräumen. So hat er anfangs seine Überlegungen zur Bürgschaftsübernahme als allein am Wohl der Bank und ohne eigene Interessen ausgerichtet dargestellt und versucht, eine mögliche Rettung der X1 AG in das Zentrum seiner Entscheidung zu rücken. Auch habe die Bank versucht, über die erworbenen Aktien und mit ihnen eingeforderten Aufsichtsratsmandate Einfluss auf das Unternehmen zu gewinnen, um die „Sanierung“ zu begleiten. Auf Nachfrage hat er jedoch eingeräumt, es habe seitens der Bank zu dieser Zeit noch überhaupt keine Vorstellung dazu bestanden, in welcher Weise und in welche Richtung der Einfluss der Bank im Unternehmen ausgeübt werden sollte oder könnte. Die Bank habe sich erst noch einen Überblick über das Unternehmen verschaffen müssen. Das habe erst nach den Finanzierungen geschehen sollen. Ferner hat der Angeklagte O eingeräumt, die Fehler um den Y14-Kredit hätten ihn und die Bank dann im September 2008 mit großer „Dynamik“ und „Geballtheit“ erfasst. Sie hätten die Handlungsoptionen der Bank stark eingeengt. Ferner hat er eingeräumt, die Bank habe keine Unterlagen über X1 eingeholt und auch eigene Analysten nicht hinzugezogen. Seine eigene Bürgschaft – über 52 Millionen € - habe es „natürlich“ gegeben. Es habe insgesamt „sehr viel“ auf dem Spiel gestanden. Ab Ende Januar 2015 hat er dann offen eingeräumt, seine Entscheidung auf einer völlig unzureichenden Informationsgrundlage getroffen zu haben. Er habe „schon gewusst“, dass eine Insolvenz der X1 AG „auch sein Privatvermögen treffen würde“. Das sei aber nicht handlungsleitend bzw. nicht seine „Präferenz“ gewesen. Man dürfe das aber „auch nicht kleinreden.“ Er habe nur gehofft, dass X1 mit den Finanzierungsmitteln gerettet werde. Die Nachteile habe er in Kauf genommen. Chancen und Risiken habe er gar nicht eingewertet. Ihm sei bewusst gewesen, dass die Informationen der Bank allein auf dem beruhten, was die Kreditnehmerin vor allem durch Dr. N9 selbst mitgeteilt habe. Er habe, als er am Sonntag näher davon erfahren habe, dass der ursprünglich angedachte Kredit einer Kapitalerhöhung gewichen sei, nicht nach den näheren Einzelheiten gefragt. Er habe auch nicht weiter nachgefragt, als später sogar noch der zusätzliche Kredit hinzugekommen sei, der den Umfang des Engagements der Bank sogar verdoppelt habe.
2466Diese Angaben decken sich mit den bereits ausgeführten Ergebnissen der Beweisaufnahme. Die Kammer ist über die Angaben des Angeklagten O hinaus davon überzeugt, dass er deutlich mehr als von ihm eingeräumt seine persönliche Bürgschaft als eigenes wirtschaftliches Interesse an der Finanzierung der X1 AG im Fokus seiner Entscheidung hatte.
(c) Angeklagter J
2467Soweit der Einlassung des Angeklagten J überhaupt die Behauptung zu entnehmen sein sollte, er sei davon ausgegangen, auf der Basis einer ausreichenden Informationsgrundlage entschieden zu haben, ist diese Einlassung nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme widerlegt. Die Kammer ist im Gegenteil davon überzeugt, dass der Angeklagte J ebenfalls bewusst auf einer evident unzureichenden Informationsgrundlage entschieden hat.
2468Soweit der Angeklagte J sich dahin eingelassen hat, er sei am 26. September 2008 „ohne Vorlauf“ auf die „Turbulenzen“ bei der X1 AG „aufmerksam gemacht“ worden, als der Angeklagte K ihn zur Besprechung in die Bank gebeten habe, handelt es sich nach der Überzeugung der Kammer – wie sie bereits bei der Würdigung zum „Nachbesicherungsgeschehen“ ausgeführt hat – um eine Schutzbehauptung. Der Einlassung des Angeklagten J stehen die gegenteiligen Einlassungen der Angeklagten K, O und E gegenüber, die durch weitere Umstände untermauert und verfestigt werden. So hat der Zeuge G2 den Angeklagten J mit seiner in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail bereits vom 19. September 2008 auf eine Analyse der X1 AG angesprochen. Vor allem aber hatte der Zeuge Dr. T12 den Angeklagten J schon am Donnerstag, den 25. September 2008, darauf angesprochen, ob er wegen der für den nächsten Tag anstehenden Besprechungen und Verhandlungen über die sich zuspitzende X1-Krise nicht besser seine (Dr. T12s) Teilnahme an einer Diskussionsveranstaltung in München und sogar seinen sich anschließenden Urlaub absagen solle. An diesen Vorgang hatte der Zeuge Dr. T12 in seiner Vernehmung eine authentisch lebendig gebliebene Erinnerung. Eine Tendenz zu einer überschießenden Belastung gerade des Angeklagten J konnte die Kammer beim Zeugen Dr. T12 nicht im Ansatz erkennen. Im Gegenteil: Auf Nachfrage seines Verteidigers hat der Zeuge Dr. T12 den Angeklagten J als einen „zuvorkommenden und für eine offene Diskussion stehenden Chef“ beschrieben, den er persönlich und fachlich sehr geschätzt habe.
2469Der Angeklagte J hat sich rein pauschal dahin eingelassen, er habe „die vorliegenden und eingehenden Informationen aus der Interessenlage des Bankhauses“ verarbeitet. Welche „Informationen“ dies gewesen sein sollen, hat er weder in seiner 123 Seiten umfassenden verlesenen schriftlichen Erklärung noch an anderer Stelle ausgeführt. Für Rückfragen stand der Angeklagte J nicht zur Verfügung. In das Bankhaus hat er solche Unterlagen – wie die dazu vernommenen Zeugen aus den Fachabteilungen bekundet und in Voten niedergelegt haben – nicht eingebracht. Ergänzende Auskünfte haben weder er noch andere persönlich haftende Gesellschafter den Mitarbeitern der Fachabteilungen erteilt.
2470Dass der Angeklagte J, der die Kapitalerhöhung und den Kredit maßgeblich und federführend begleitet und vorangetrieben hat, bewusst auf der Grundlage einer völlig unzureichenden Informationsgrundlage entschieden hat, belegen vor allem aber die konkret festgestellten Abläufe. Anfangs war J noch von einer Kreditgewährung gegen bankenübliche Sicherheiten ausgegangen, wie sie den Konsorten eingeräumt waren. An die Stelle des besicherten Kredits trat kurz darauf eine Kapitalerhöhung. Zu dieser kam eine weitere Kreditanfrage von 50 Millionen € hinzu, von der 20 Millionen € tatsächlich abgerufen wurden. Anstelle der von ihm erbetenen Liste mit möglichen Sicherheiten der X1 AG erhielt der Angeklagte J – als einzige schriftliche Grundlage – am Samstagnachmittag lediglich eine Übersicht mit den vom Unternehmen benötigten Finanzmitteln. Dass dies keine tragfähige Grundlage für eine Kredit- sowie für Entscheidung über eine Kapitalerhöhung von 20 bzw. 60 Millionen € sein konnte, war offensichtlich. Die Kammer hält es für ausgeschlossen, dass sich dem Angeklagten J, der nicht nur seit 2004 Partner von SOP, sondern zuvor langjähriger Geschäftsleiter einer international tätigen Steuer- und Wirtschaftsprüferkanzlei war, diese Erkenntnis verschlossen haben sollte. Um Angaben von außerhalb der X1 AG als dem um eine Finanzierung nachsuchenden Unternehmen bemühte sich der Angeklagte J nicht. Gegenteiliges macht er schon nicht geltend. Rückfragen dazu hat er nicht zugelassen. Dass dem Angeklagten J als erfahrenem Wirtschaftsprüfer und zu dieser Zeit Leiter der ehemals größten Privatbank Europas aus dem Blick geraten sein könnte, sich nicht allein auf Auskünfte des Kreditnehmers verlassen zu dürfen, die noch dazu schon für sich genommen keine Aussagekraft zu einer Sanierungsfähigkeit des hoch insolvenzbedrohten Unternehmens hatten, hält die Kammer für ausgeschlossen.
2471Ebenso schließt die Kammer sicher aus, dass dem Angeklagten J die Beeinflussung der Entscheidungen der Angeklagten K und O durch deren Y14-Bürgschaften über 87 Millionen € bzw. 52 Millionen € verborgen geblieben ist. Im Gegenteil: Zuletzt am 24. September 2008 war der Angeklagte J vom Zeugen G2 im Zusammenhang mit der Anfrage der luxemburgischen Aufsicht CSSF eindringlich darum gebeten worden, das Y14-Engagement gegenüber der Aufsicht „pro activ“ anzusprechen. Das Engagement gerade mit seinen Bürgschaften war damit auch für den Angeklagten J, der für das Meldewesen verantwortlich war und den Kontakt zur Aufsicht hielt, hoch brisant. Es handelt sich daher zur Überzeugung der Kammer um eine zutreffende Beschreibung des Angeklagten K, der – mit Blick auf J – ausgeführt hat, allen Partnern hätten die Y14-Bürgschaften der persönlich haftenden Gesellschafter K und O in dieser Situation konkret „vor Augen gestanden“ – eine Tatsache, die überdies auch der MitAngeklagte P nicht in Abrede stellt.
(d) Angeklagter P
2472Auch bezüglich des Angeklagten P ist die Kammer davon überzeugt, dass er bewusst auf einer evident unzureichenden Informationsgrundlage entschieden hat. Dabei hat die Kammer bezüglich des Angeklagten P nicht aus dem Blick verloren, dass er erst am frühen Sonntagabend näher mit einer Beteiligung des Bankhauses an einer Finanzierung von X1 befasst worden ist und seine Informationen nur per Telefon vom Angeklagten J als dem die Verhandlungen führenden Partner erhalten hat.
2473Auch dem Angeklagten P war – wie er selbst bestätigt hat – allerdings die Existenzdrohung der X1 AG mit dem abzuwendenden Insolvenzantrag bekannt. Er wusste daher auch, dass er zu erhöhter Umsicht bei den geforderten Finanzierungsentscheidungen aufgefordert war. Hinzu trat, dass er – was er in seiner Einlassung auch offen eingeräumt hat – um die Bürgschaften seiner beiden Partner K und O wusste, von denen er annahm, diese würden ihre Bürgschaften erfüllen können und müssen, wenn „es knallt“. Dass ihre Entscheidung über die zugunsten der X1 AG eingesetzten Gelder durch eigene wirtschaftliche Interessen beeinflusst war, war für ihn im Kontext der von ihm geforderten Entscheidungen offensichtlich und stand ihm – wovon die Kammer überzeugt ist – als langjährigem und geschäftserfahrenen Leiter des Bankhauses SOP auch vor Augen. Ungeachtet dieser beiden Umstände bestand für ihn auch deshalb Anlass zu kritischer Prüfung und Nachfrage, weil er – ohne nachvollziehbaren Grund – erst zu diesem späten Zeitpunkt in die Entscheidungsfindung um die Finanzierungsbeiträge zugunsten der X1 AG eingebunden wurde, was er zuletzt in der Hauptverhandlung ausdrücklich beklagt hat. Der Angeklagte P hat dazu in der Hauptverhandlung angegeben, möglicherweise sei seine späte Einschaltung bewusst erfolgt, um ihn – als familienfremden Partner – gerade von kritischen Nachfragen oder der Suche nach Alternativen abzuhalten. Der Angeklagte P hat jedoch – auch auf Nachfrage – keine nachvollziehbare Erklärung dazu angeboten, weshalb er seine erst späte Einbindung in die Geschehnisse – was er als solches offen eingeräumt hat – selbst bei dem ebenfalls familienfremden Partner J nicht hinterfragt hat. Im Gegenteil: Der Angeklagte P hat auf Nachfrage auch bestätigt, trotz seiner bereits früher geäußerten Vorbehalte gegen die X1 AG im Telefonat mit dem Angeklagten J weder erfahren noch nachgefragt zu haben, auf welcher Grundlage seine Partner denn ihre Entscheidungen getroffen hätten. In dieses Bild fügt sich ein, dass der Angeklagte P einer kritischen Votierung des „Marktes“ im Kreditprotokoll dadurch zuvor kam, dass er – was völlig unüblich war und gerade dem Sinn eines Votums der Fachabteilung widersprach – das Votum mit seiner Unterschrift und dem Zusatz ersetzte: „Kredit wird befürwortet“. Dieses Vorgehen ist umso unverständlicher, als der Angeklagte P geltend gemacht hat, nicht sein Bereich des Investment Banking, sondern das Private Banking des Angeklagten O sei der zuständige „Markt“ gewesen.
2474Vor allem auch ist seine Darstellung, weshalb er selbst den Maßnahmen zugunsten der X1 AG zugestimmt habe, schon nach seiner eigenen Darstellung nicht schlüssig. Der Angeklagte P hat nämlich angegeben, an sich habe man das „nicht machen können“. Eine Insolvenz der X1 AG wäre – was er mit J erörtert habe – auch gar nicht schlimm gewesen. Die Fondszeichner hätten ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Bank erfüllen können. Ohnehin wäre ein anderer Mieter durchaus zu finden gewesen, notfalls bei etwas geringerer Miete. Er, P, sei auch davon ausgegangen, dass die Y14-Bürgen ihre Pflicht ebenfalls leisten könnten, wenn „es knallt.“ Schaden drohe der Bank im Insolvenzfall der X1 AG insofern nicht. Er habe sich daher wegen der Nachbesicherung dazu entschieden, die Finanzierung der X1 AG mitzutragen, sonst „hätte man es nicht machen können.“ Die Nachbesicherung habe die Bank „substantiell besser gestellt“.
2475Diese Erklärung ist nicht nur – wie bereits ausgeführt – als reine Schutzbehauptung widerlegt. Sie ist auch in sich unschlüssig. Denn der Angeklagte P hat auf die – sogar mehrfache – Nachfrage der Kammer wiederholt Tatsachen vorgetragen, nach denen die Nachbesicherung für ihn, P, überhaupt keine durchschlagende Bedeutung gehabt haben konnte. Der Angeklagte P hat auf mehrfache Nachfrage wiederholt und gleichbleibend angegeben, er sei davon ausgegangen, die Zeugin T3 verfüge über ein freies Vermögen von 400 Millionen €. Dieses Vermögen sei nicht „X1-bezogen“, vielmehr unbelastet gewesen. Es hätte auch keine anderen Gläubiger gegeben, die aus diesem Vermögen hätten befriedigt werden müssen. Vielmehr sei er, P, davon ausgegangen, dass die Zeugin T3 mit ihrem Vermögen alle Verbindlichkeiten gegenüber der Bank hätte erfüllen können. Wenn aber die Forderungen der Bank angesichts des völlig ausreichenden (freien) Vermögens der Zeugin T3 aus Sicht des Angeklagten P – die er auf mehrfache dahin gehende Nachfrage und sogar noch im Nachgang eines Beschlusses der Kammer ausdrücklich bestätigt hat – ungefährdet waren, bestand überhaupt kein Anlass dafür, die Forderung der Bank gegenüber T3 zu besichern und eigens dafür ein ansonsten unvertretbares Risiko (P: „wir brauchen die Nachbesicherung, sonst können wir das nicht machen“) in Bezug auf die X1 AG einzugehen. Diesen Widerspruch hat der Angeklagte P bis zuletzt nicht auflösen können.
(e) Vorsatz über das Fehlen eines Einverständnisses
2476Die Tatsachen und Gründe, aus denen die Kammer ihre Überzeugung gewonnen hat, dass die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter darum wussten, dass ein den Tatbestand der Untreue ausschließendes Einverständnis nicht vorlag, werden zur besseren Verständlichkeit im Nachgang der Erörterung seiner objektiven Voraussetzungen im Rahmen der rechtlichen Würdigung dargestellt (s. unten Teil 3, B., II.).
(2) Vorsatz hinsichtlich des Vermögensnachteils
2477Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter handelten hinsichtlich der Verursachung eines Vermögensnachteils für SOP sowohl durch die Kapitalerhöhung als auch den Kredit jedenfalls mit bedingtem Vorsatz. Sie alle erkannten zur Überzeugung der Kammer die konkrete Möglichkeit, dass die von SOP im Gegenzug für die im Wege der Kapitalerhöhung erworbenen Aktien und den mit 20 Millionen € ausgereichten Kredit erhaltenen Rechte und Forderungen einen die von SOP aufgewendeten Beträge von knapp 60 Millionen € bzw. 20 Millionen € deutlich unterschreitenden Wert hatten (= kognitives Vorsatzelement). Für die Kammer steht sicher fest, dass alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter diese Möglichkeit ernst und im Rechtssinne billigend in Kauf nahmen (= voluntatives Vorsatzelement).
(a) Kognitives Vorsatzelement
2478Schon die für jeden angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter zum Pflichtwidrigkeitsvorsatz angeführten und beschriebenen Umstände lassen nach nochmaliger Würdigung zur Überzeugung der Kammer auch den sicheren Schluss auf das Vorliegen des kognitiven Vorsatzelements hinsichtlich der Nachteilszufügung zu. Danach erkannten alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter, dass sie ihre Entscheidung über die Finanzierung der X1 AG im Rahmen einer Kapitalerhöhung und eines zusätzlichen Kredits auf einer evident unzureichenden Informationsgrundlage trafen. Dabei war ihnen allen – wie sie auch eingeräumt haben – bewusst, dass die X1 AG kurz vor der Insolvenz stand. Sie alle hatten weder eine nähere Vorstellung davon noch eine ausreichende Informationsgrundlage dafür, wie das von ihnen als sanierungsbedürftig eingestufte Unternehmen die Ursachen seiner wirtschaftlichen „Schieflage“ beheben könne. Über bloße Aussagen zur – allein auf Planungen der Kreditnehmerin selbst – möglichen Deckung der Liquidität für den Zeitraum eines Jahres hinaus lagen im Bankhaus keine Unterlagen vor. Die bloße Deckung der Liquidität des Unternehmens konnte – was den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern zur Überzeugung der Kammer auch bewusst war – für ihre Entscheidung über den Einsatz von 60 bzw. 20 Millionen € nicht auseichen. Denn eine Aussage zu der Frage, ob und wie die X1 AG aus der bloßen gedeckten Liquidität die an das Unternehmen ausgereichten Gelder für eine Rückführung des Kredits und eine Steigerung des Beteiligungswertes in Form der Aktien erwirtschaften konnte, war damit nicht getroffen. In diesem Umstand unterschied sich die Lage des Bankhauses SOP grundlegend und diametral von der Situation der Konsortialbanken. Denn anders als die Konsorten war SOP nicht durch – insbesondere nicht durch die Aktien der H4 – gesichert, aus deren (später auch erfolgreich umgesetzten) Verkauf sich die Konsorten wegen ihrer Forderungen in voller Höhe befriedigen konnten. Mit Blick auf die von ihnen berücksichtigte Sicherungslage – die sich im tatsächlichen Lauf der Entwicklung als ausreichend und zutreffend bewertet herausgestellt hat – konnten die Konsorten sich bei ihren Entscheidungen über eine Prolongation der Kredite sowie der weiteren Ausreichung von insgesamt 155 Millionen € (V18 und V22 Bank) mit einer Aussage über eine ausreichende Deckung der Liquidität der X1 AG für ein Jahr begnügen, wie sie im Schreiben der Q41 vom 29. September 2008 als möglich beschrieben wurde. Für die ungesichert gewährten Finanzierungsmittel von SOP galt das jedoch nicht.
2479Wenn die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter trotz der von ihnen erkannten unmittelbaren Insolvenzbedrohung der X1 AG eine Entscheidung über den Einsatz von Finanzierungsmitteln im Umfang von knapp 80 Millionen € bewusst auf einer evident völligen unzureichend Informationsgrundlage getroffen haben, folgt bereits hieraus zur Überzeugung der Kammer, dass sie dabei auch die konkrete Möglichkeit erkannt haben, SOP dadurch einen sogar erheblichen Vermögensnachteil zuzufügen.
2480Bezogen auf die einzelnen Angeklagten hat sich die Kammer im Wesentlichen von folgenden weiteren Umständen leiten lassen:
(aa) Angeklagter K
2481In diesem Zusammenhang hat der Angeklagte K glaubhaft und zur Überzeugung der Kammer zutreffend eingeräumt, er habe damals die ernsthafte Gefahr gesehen, dass die Sanierung des Konzerns nicht gelingen würde. Die jüngere Geschichte des Konzerns sei davon geprägt gewesen, dass die reale Entwicklung – was die Konsorten und Warenkreditversicherer, aber etwa auch der Zeuge M5 aus der Innensicht der X1 AG aufgezeigt hatte – weit von den Ankündigungen und Plänen entfernt verlaufen sei. Das Scheitern der Sanierung sei zwar nicht sicher, von ihm aber als reale Gefahr angesehen worden. Gerade das Verhalten der X10 habe ersehen lassen, dass die zwingend benötigten und vom Konzern eingeplanten späteren Finanzierungszusagen nicht sicher gewesen seien. Ihm selbst war aus dem Gespräch mit dem Zeugen M12 bewusst, dass die Konsorten anhand ihrer Sicherheiten ein ganz anderen Blick auf das Unternehmen X1 hatten und eine Insolvenz der X1 AG in Kauf zu nehmen bereit waren.
(bb) Angeklagter O
2482Der Angeklagte O hat zwar anfangs geltend gemacht, die Insolvenzbedrohung sei eher der Verweigerungshaltung der X10 zuzuschreiben gewesen, während die übrigen Konsorten grundsätzlich zu ihren Zusagen gestanden hätten. Auch habe er davon gehört, dass es Sanierungs- und Restrukturierungsprogramme für X1 gegeben habe. Einzelheiten dazu konnte er allerdings nicht benennen. Auch hat er eingeräumt, das Bankhaus habe sich erst nach den Entscheidungen zu einer Finanzierung überhaupt Gedanken dazu machen wollen und können, in welcher Weise X1 neu auszurichten sei. Während er zu Beginn der Hauptverhandlung noch versucht hat, seine subjektive Sicht dahin zu beschönigen, ihm habe seinerzeit das „notwendige Risikobewusstsein“ gefehlt, hat er später – auch auf Nachfragen – glaubhaft und zur Überzeugung der Kammer zutreffend eingeräumt, die Risiken für die Bank gesehen, die Chancen und Risiken nicht gegeneinander abgewogenen und es vielmehr „drauf ankommen“ lassen zu haben. Er habe lediglich gehofft, dass es „gut geht“. Ernsthaft vertraut habe er darauf indes nicht. Für ein Vertrauen hätten ihm auch die notwendigen Kenntnisse über die X1 AG und ihre Konzepte gefehlt, wie es von den Fachabteilungen in den Vorlagen auch beklagt worden sei.
(cc) Angeklagter J
2483Auch der Angeklagte J hat die Möglichkeit eines Vermögensnachteils in Gestalt des Verlusts der eingesetzten Gelder zu Lasten SOP nicht in Abrede gestellt. Er hat in seiner Einlassung die für Montag drohende Insolvenz der X1 AG hervorgehoben. Er sei damals „zuversichtlich“ gewesen, die Lage bei X1 zu verbessern. Ein festes Vertrauen darauf hat er an keiner Stelle beschrieben. Ein solches Vertrauen liegt angesichts der dafür fehlenden Informationsgrundlage auch völlig fern. Darüber hinaus hat der Angeklagte J – nach der insofern glaubhaften Einlassung des Angeklagten K – im Rahmen der mit ihm geführten Gespräche geäußert, die Lage bei X1 erscheine ihm „kritisch“, wenn auch nicht hoffnungslos. Auch hat er in der ersten Sitzung des Aktionärsauschusses nach der Beteiligungsnahme Mitte Oktober 2008 sowie gegenüber der CSSF geltend gemacht, er schätze die mit den Finanzierungsmaßnahmen verbundenen „Chancen“ höher als die Risiken ein. Die von ihm erkannte ernsthafte Möglichkeit des Verlustes der eingesetzten Mittel hat er als „Risiko“ damit bereits ungeachtet des Umstands beschrieben, dass ihm für eine Abwägung der Chancen und Risiken jede vernünftige Informationsgrundlage fehlte.
(dd) Angeklagter P
2484Der Angeklagte P hat – wie ausgeführt – seinerseits eingeräumt, die Möglichkeit des Scheiterns einer „Rettung“ der X1 AG gesehen zu haben. Ohnehin hat der Angeklagte P im Zuge seiner Einlassung hervorgehoben, dem unternehmerischen Konzept der X1 nicht vertraut zu haben. Unter anderem deswegen habe er sich bereits 2005 einer Kreditausreichung an die Zeugin T3 – erfolgreich – widersetzt. Dass er die Möglichkeit eines Verlustes der eingesetzten Mittel ernsthaft erkannte, ergibt sich zudem neben der von ihm zutreffend erfassten höchst insolvenzbedrohten Lage der X1 auch und gerade daraus, dass der Angeklagte P geltend gemacht hat, ohne die Nachbesicherung hätte er seine Zustimmung verweigert. So will er gegenüber dem Angeklagten J im Telefonat am Sonntag gesagt haben: „wir brauchen die Nachbesicherung. Sonst können wir das nicht machen.“
(b) Voluntatives Vorsatzelement
2485Es liegt auf der Hand, dass den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern der von ihnen ernsthaft als möglich erkannte Verlust der zugunsten X1 eingesetzten Gelder von insgesamt 80 Millionen € an sich unerwünscht waren. Ein Interesse an einem Finanzverlust hatte keiner von ihnen. Gegenteiliges liegt fern. Für die Kammer steht aber sicher fest, dass alle persönlich haftenden Gesellschafter auf das Ausbleiben dieses Verlusts lediglich gehofft und nicht etwa vertraut haben. Sie alle haben sich – wovon die Kammer überzeugt ist – mit dem von ihnen als möglich erkannten, befürchteten und – tatsächlich auch eingetretenen – Verlust der für X1 eingesetzten Finanzmittel abgefunden und den Vermögensnachteil zu Lasten des Bankhauses billigend in Kauf genommen. Dabei hat die Kammer nicht aus dem Blick verloren, dass bei der Feststellung eines bedingten Vorsatzes vor allem dann besondere Zurückhaltung geboten ist, wenn der Täter nicht aus Eigennutz handelt. Bei allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern hat die Kammer jedoch Beweggründe festgestellt, aus denen sie zu ihrer sicheren Überzeugung den Schluss gezogen hat, dass die Angeklagten sich mit dem Eintritt des an sich unerwünschten Vermögensnachteils abgefunden haben.
(aa) Angeklagter K
2486Der Angeklagte K hat anschaulich und authentisch beschrieben, von der sich zuspitzenden Lage bei X1 Ende September 2008 geradezu überrollt worden zu sein. Mit Blick auf die intensiven und betraglich hohen Verflechtungen der Bank mit X1 und der Hauptaktionärin T3 habe er überhaupt keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als X1 mit Finanzmitteln zur Seite zu stehen. Ihn hätten dann all seine Versäumnisse aus der Vergangenheit eingeholt wie schon grundsätzlich die Gewährung und Ausgestaltung des Y14-Kredits, aber auch das frühere Nichteinforderung einer Nachbesicherung entgegen der vielfachen Warnungen der Zeugin F5. Gerade die lebendigen Schilderungen des Angeklagten K haben der Kammer einen Eindruck davon vermittelt, mit welchem teils fast panikartigen Vorgehen die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter trotz einer offensichtlich völlig unzureichenden Informationsgrundlage insgesamt rund 80 Millionen € zur erhofften „Rettung“ der X1 eingesetzt haben. Die vom Angeklagten K dazu angeführte Ausweglosigkeit der Situation bzw. vermeintliche „Alternativlosigkeit“ für den Finanzeinsatz der Bank bei X1 wird durch die Angaben der Angeklagten O und J sowie die Aussagen der als Zeugen vernommenen Teilnehmer der Besprechung vom 26. September 2008 unterlegt. Sie alle haben übereinstimmend ausgeführt, es sei sehr schnell klar gewesen, dass die Bank die Finanzierungslücke bei X1 schließen „muss“. Die anschaulichen und authentischen Schilderungen des Angeklagten K haben die Kammer auch nach den sonstigen Ergebnissen der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass K angesichts der hohen, in den Jahren immer mehr ausgeweiteten Verflechtung der Bank mit X1 und T3, der inzwischen gestiegenen „Nervosität“ bei der im Bankhaus schon nachfassenden luxemburgischen Bankenaufsicht CSSF und auch der von ihm selbst übernommenen Bürgschaften nur eine Möglichkeit gesehen hat: Anstelle einer sicheren Insolvenz der X1 AG am Montag einen letzten Rettungsversuch „um jeden Preis“ zu unternehmen, auch um den Preis des Verlusts der eingesetzten Mittel. Dabei hat der Angeklagte K als Beweggrund offen eingeräumt, er habe versucht, der Inanspruchnahme aus seiner Y14-Bürgschaft über 87 Millionen € zu entgehen und sich mit einem etwaigen Vermögensnachteil für SOP abgefunden. In das Bild der vom Angeklagten K beschriebenen Umstände fügt sich auch die Aussage des Zeugen G2 ein. Dieser hat zur Besprechung in der „großen Runde“ im Bankhaus am 26. September 2008 ausgeführt, der Zeuge B.C12 – ebenfalls über 87 Millionen € Bürge der Y14 – sei äußerst angespannt im Zimmer umhergelaufen und habe „die ihn überfordernde Lage bei X1 beklagt“.
2487Die Kammer hat insgesamt keinen Zweifel an der Richtigkeit des vom Angeklagten K abgelegten Geständnisses. Die Kammer schließt dabei sicher aus, dass er es ohne realen Hintergrund mit Blick auf den – nicht zu Stande gekommenen – Verständigungsvorschlag der Kammer abgelegt hat. So hat K nicht etwa erst in der Hauptverhandlung angesprochen, der Y14-Kredit offenbare, welche „Riesenfehler“ er und die anderen Partner gemacht hätten. Er hat schon kurz nach der Insolvenz in der Sitzung des Aktionärsausschusses vom 11. Juni 2009 gegenüber aufgebrachten Gesellschaftern erklärt, das Y14-Engagement sei als „privater Hedgefonds“ für die Zeugin T3 eingerichtet gewesen. Der Zeitpunkt für die Auflösung des Engagements sei aber verpasst und die Bank dadurch „in die jetzt zu beklagende Situation gebracht“ worden.
(bb) Angeklagter O
2488Für den Angeklagten O gelten die bereits beim Angeklagten K ausgeführten Umstände gleichermaßen. Der Angeklagte O zeigte jedoch, anders als der Angeklagte K, vor allem zu Beginn seiner Einlassung deutliche Tendenzen zu Beschönigungen und Verharmlosungen, die allerdings belastbaren Rückfragen nicht stand hielten. So hat O zunächst versucht, die Umstände seines Handelns und seine eigene Rolle in einem deutlich besseren Licht erscheinen zu lassen. Bei der Entscheidung zugunsten des Y14-Kredits und seiner Bürgschaft habe er sich von den Angeklagten K und E unter Druck gesetzt gefühlt. Er habe dem ursprünglich von seinem Vater mitgetragenen Konzept kurz nach dessen Tod nicht „den Dolchstoß“ versetzen wollen. Außerdem hätten K und E – was bereits nach den internen Zustimmungsregelungen für einen Kredit über 380 Millionen € offensichtlich unzulässig gewesen wäre – der Zeugin T3 eine kreditweise Unterstützung für den Aktienankauf zugesagt. Auch habe er seine für die Y14 erteilte Bürgschaft und die Übernahme von 25 % der Anteile an der H9 nicht aus für ihn vorteilhaften Gründen (Gewinnabrede), sondern im Interesse der Bank vorgenommen. So habe er einerseits sicherstellen wollen, dass die Y14 ihre Verpflichtung gegenüber der Bank erfüllen werde. Andererseits habe er verhindern wollen, dass „an der Bank vorbei Geschäfte gemacht“ würden. Warum Veräußerungsgewinne aus den von T3 mit dem Kredit erworbenen X1-Aktien allen Beteiligten außer SOP selbst zufließen sollten, hat O nicht erklären können. Auch hat der Angeklagte O seine Entscheidung für den Finanzeinsatz zugunsten der X1 AG zunächst mit einer von ihm erwarteten Sanierung bei X1 zu erklären versucht, dabei aber sehr früh offenbart, nicht über eine ausreichende Informationsgrundlage für eine solche Erwartung verfügt zu haben. Soweit er zunächst bestrebt war, eine Informationsgrundlage vorzugeben oder eine auch nur rudimentäre Abwägung von Chancen und Risiken angeführt hat, hat er sich von Anfang an nur in pauschalen Angaben erschöpft („irgendwer hatte irgendwas“), im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung mit Fortschreiten der Beweisaufnahme dann schließlich eingeräumt, sich für die Finanzhilfen an X1 entschieden zu haben, ohne Chancen und Risiken auf der Grundlage einer entsprechenden Informationsgrundlage gegeneinander abgewogen zu haben.
2489Von daher hat seine auf die bei seiner ersten persönliche Befragung immer nachdrücklicher werdende Frage der Vorsitzenden nach dem konkreten Inhalt der von ihm angeblich miteinander abgewogenen Umstände gegebene Antwort, „na ja, ich habe nicht gesagt, Augen zu und durch, aber es gab auch keine Alternative“, den tatsächlichen Kern seiner Entscheidung getroffen. Der Angeklagte O hat lediglich mit anderen Worten die Einlassung des Angeklagten K bestätigt, eine Rettung der X1 „um jeden Preis“ versucht zu haben. In diesem Sinne hat er erklärt, die früheren Versäumnisse im Engagement Y14/T3 hätten sich für ihn mit aller Dynamik und „Geballtheit“ am besagten Septemberwochenende gezeigt. Später hat der Angeklagte O dann ausdrücklich – zur Überzeugung der Kammer zutreffend – eingeräumt, er habe zwar gehofft, dass X1 saniert werden könne. Er habe sich aber mit dem Verlust der von SOP eingesetzten Gelder abgefunden. Dabei sei seine Bürgschaft von 52 Millionen €, wie er eingeräumt hat, zwar nicht der allein maßgebende Grund gewesen, habe bei seiner Entscheidung aber schon einen „großen Raum“ eingenommen. Auch wenn er dies in früheren Erklärung zunächst noch (erfolglos) versucht hatte, lasse sich der Einfluss seiner Bürgschaft auf seine Entscheidung – so O wörtlich – nicht „kleinreden“. Die Kammer hat daher insgesamt keinen Zweifel an der Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten O, sich mit den Eintritt des von ihm an sich unerwünschten Vermögensnachteil bei SOP abgefunden und diesen billigend in Kauf genommen zu haben.
(cc) Angeklagter J
2490Entgegen seiner Einlassung steht für die Kammer sicher fest, dass auch der Angeklagte J den Eintritt des ihm an sich unerwünschten Vermögensnachteils bei SOP billigend in Kauf genommen hat. Dabei ist sich die Kammer bewusst und hat es entsprechend gewürdigt, dass der Angeklagte J – anders als K und O – weder Bürge des Y14-Kredits noch – wie sämtliche seiner anderen Partner– an X1-Fonds beteiligt war. Damit hatte der Angeklagte J selbst keine unmittelbaren wirtschaftlichen Nachteile aus einer X1-Insolvenz zu besorgen. Gleichwohl zeigen die festgestellten Umstände der vom Angeklagten J getroffenen Finanzierungsentscheidung zugunsten der X1 AG mit solchem Umfang und Gewicht eine auch von ihm verfolgte lediglich erhoffte Rettung des Unternehmens „um jeden Preis“, dass sie vernünftigen Zweifeln an seinem bedingten Vorsatz Schweigen gebieten.
2491So hat sich der Angeklagte J, der die maßgeblichen Verhandlungen mit X1 führte, zwar zunächst darum bemüht, Sicherungsmittel für SOP zu erhalten. Der gesamte Ablauf der Verhandlungen offenbart jedoch, dass auch der Angeklagte J – wie K und O es für sich eingeräumt haben – in jedem Fall bzw. „um jeden Preis“ dazu entschlossen war, zwar die sichere Insolvenz am Montag zu verhindern, es dabei aber hinzunehmen, dass diese bereits wenige Monate später mit der Folge des endgültigen Verlusts der an X1 ausgereichten Mittel eintreten werde.
2492So war der Angeklagte J zu Beginn der Verhandlungen noch davon ausgegangen, die am Wochenende offene Finanzierungslücke bei X1 durch einen Kredit von 50 Millionen € schließen zu können, der durch solche Sicherheiten abgesichert werde, wie sie auch den Konsorten eingeräumt waren („bankenübliche Sicherheiten“). Als der Zeuge J4 ihm dazu eröffnete, es werde keine Sicherheiten geben, die Bank könne aber eine Kapitalerhöhung von sogar knapp 60 Millionen € zeichnen, ließ sich der Angeklagte J darauf umgehend ein. Dabei nahm J auch nicht etwa daran Anstoß, dass ihm der Zeuge Dr. N9 auf seine Bitte, ihm eine Liste mit den von X1 zu bestellenden Sicherheiten zuzusenden, lediglich einen Liquiditätsplan des Konzerns hatte zufaxen lassen. Zusätzliche Informationen forderte der Angeklagte J trotz der veränderten Finanzierungsumstände nicht ein. Der Angeklagte J hatte die ursprüngliche Zusage der Bank für die Zeichnung der Kapitalerhöhung zwar zunächst an die Bedingungen knüpfen wollen, dass die Konsorten ihrerseits die von ihnen eingeforderten – allerdings bei ausreichender Sicherung – Kreditzusagen erteilten. Der Angeklagte J hat insofern allerdings weder Auskünfte oder Bestätigungen bei den Konsorten eingeholt oder mit ihnen Rücksprache gehalten noch sich wenigstens bei der X1 danach erkundigt, unter welchen Voraussetzungen die Konsorten die Kreditzusagen einhalten würden geschweige denn bestätigen lassen, dass diese Voraussetzungen tatsächlich erfüllt waren.
2493Aber auch von dieser Bedingung hat er unter bezeichnenden Umständen rasch Abstand genommen. Denn als er in der Nacht auf Montag gegen 3:30 Uhr mit dem Zeugen Dr. N9 sprach, sagte er ihm für SOP neben der Kapitalerhöhung sogar noch einen weiteren Kredit zu. Den Zeichnungsschein unterzeichnete er unwiderruflich und – was rechtlich auch gar nicht zulässig wäre – ohne die Bedingung an eine Zusage der Konsorten. Dabei hatte sich der Finanzierungsbedarf der X1 bei SOP innerhalb weniger Stunden mit nominell 50 Millionen € fast verdoppelt, auch wenn der Zeuge Dr. Middelhof gegenüber J – den Erklärungen gegenüber den Konsorten insofern zuwider – versprochen hatte, davon nur 20 Millionen € abzurufen. Auch auf diese weitere massive Verschiebung ließ sich der Angeklagte J unmittelbar ein. Dies setzte sich schließlich bis zur tatsächlichen Valutierung des Kredits am 3. November 2008 fort. Diesen ließ der Angeklagte J auszahlen, obwohl die von X1 in Aussicht gestellte Besicherung nicht vorlag, das Unternehmen aber nachdrücklich auf Ausreichung der 20 Millionen € drängte.
2494Diese widerstandslose Aufgabe zunächst gestellter Bedingungen zur Vermeidung oder zumindest Eindämmung ernsthaft für möglich erkannter Nachteile gegenüber einem erkennbar wenig verlässlichen (siehe P: „Salamitaktik“), hochverschuldeten und insolvenzbedrohten Kreditnehmer ist für den Angeklagten J als langjährig im Wirtschaftsleben erfahrenen, als Leiter einer renommierten, international aktiven Wirtschaftsprüfungskanzlei tätig gewesenen, mit in Jahrzehnten erworbenem großen (betriebs-)wirtschaftlichen Sachverstand ausgestatten und bereits seit Jahren das Risikomanagement der ehemals größten europäischen Privatbank verantwortenden persönlich haftenden Gesellschafter nur mit der unbedingten Bereitschaft zu erklären, um jeden Preis – also auch den des endgültigen Verlusts der eingesetzten Mittel – den Versuch zu unternehmen, X1 zu „retten“. In dieses Bild fügt sich ein, dass der Angeklagte J für die Maßnahmen „mehr Chancen als Risiken“ gesehen haben will, wofür es aber offensichtlich an jeder Informationsgrundlage fehlte. Hierauf haben auch die Fachabteilungen von SOP hingewiesen, die – wie etwa die Zeugin F5 in der Hauptverhandlung – betont haben, die Entscheidung der Partner wäre nur mit weiteren Umständen zu erklären, die sie aber nicht gekannt hätten. Solche Umstände hat aber auch der Angeklagte J in seiner Einlassung nicht benannt.
2495In diesem Zusammenhang fällt auch ins Gewicht, dass die Einlassung des Angeklagten J, er sei jedenfalls subjektiv von einer Verknüpfung der Nachbesicherung durch die Zeugin T3 mit der Gewährung der für die Kapitalerhöhung und die Kreditgewährung eingesetzten Mittel ausgegangen, als reine Schutzbehauptung widerlegt ist.
2496Der Angeklagte J musste zwar – anders als K und O mit deren Bürgschaften – für den Fall der X1-Insolvenz keine unmittelbaren Einbußen seines Privatvermögens befürchten. Er hatte aber andere Beweggründe, die für ihn so wichtig waren, dass er sich nach Überzeugung der Kammer ihretwegen mit dem für möglich erkannten Verlust der eingesetzten Gelder abgefunden hat: Allen voran die Sorge des Angeklagten J um den „X1-Klumpen“.
2497Waren die Weichen für das gerade vom Zeugen G2 in den Unterlagen der Bank vermerkten „Klumpenrisikos“ zwar vor Eintritt des Angeklagten J als persönlich haftender Gesellschafter im Januar 2004 bereits gestellt, hatte es der Angeklagte J als verantwortlicher Risikomanager zugelassen, dass sich das Bankhaus im Jahr 2005 massiv weiter dem Schicksal der X1-Aktien aussetzte. Mit den verschiedenen I6- und T3-Darlehen sowie mit dem mehr als die Hälfte des Gesamtvolumens ausmachenden Y14-Kredit hatte SOP Kredite über rund 700 Millionen € ausgereicht, die ganz wesentlich vom Wert der X1-Aktien als Sicherungsmittel betroffen waren. Dabei war es die Aufgabe und Verantwortung gerade des Angeklagten J als Risikomanager, ein solches „Klumpenrisiko“ zu vermeiden. Die Insolvenz der X1 Ende 2008 hätte – und hat später aufgrund des H8-Berichts – dieses Versagen aufgedeckt. Soweit seine Verteidigung vorgetragen hat, es hätte dem Angeklagten J doch gleichgültig gewesen sein können, ob X1 insolvent werde oder nicht, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Gerade als Risikomanager hätte – und hat – der Angeklagte J in erster Linie aufsichtsrechtliche Konsequenzen zu spüren bekommen. Dass er sich über diese Umstände absolut im Klaren war, zeigt insbesondere seine Kommunikation mit der Aufsicht, die ihm ebenfalls oblag. So hatte J der deutschen und der luxemburgischen Aufsicht gegenüber jeden Bezug gerade des Y14-Kredits zur Zeugin T3 oder X1 verneint bzw. verschwiegen. Dabei hatte die Deutsche Bundesbank schon kurz nach der Kreditvergabe an die Y14 im Jahr 2005 – zutreffend – den Gesamtumfang der im Kreditbereich „T3 / X1“ gewährten Kredite mit 700 Millionen € beziffert. Das hat SOP im von J verantworteten Antwortschreiben jedoch geleugnet. Auch noch über das besagte letzte Septemberwochende 2008 hinaus verschwieg der Angeklagte J weiter die Verbindung zwischen T3 und X1 mit dem Y14-Engagement. Die sehr eindringlichen Bitten des Zeugen G2 nach einer „pro activen“ Offenlegung des Y14-Kredits ignorierte der Angeklagte J dabei. Auch den Gremien der Bank wurde kein „reiner Wein“ eingeschenkt.
2498Vielmehr kam es erst nach der Insolvenz der X1 AG im Juni 2009 mit ihren Verwerfungen im Bankhaus zu dem, was der Angeklagte J – zur Überzeugung der Kammer – auch um den Preis des als möglich erkannten Verlusts der eingesetzten Mittel unbedingt hatte verhindern wollen: Die Verbindung des Y14-Kredits zur Kreditnehmereinheit „T3 / X1“ ließ sich nicht mehr verheimlichen.
2499So offenbarte der Angeklagte J erstmals am Tag des Insolvenzantrags der X1 mit seinem Schreiben vom 9. Juni 2009 gegenüber der BaFin die Beziehung der Y14 zu X1-Risiken. Dies geschah jedoch nur, nachdem die BaFin den Abschlussprüfer von SOP bereits mit der Fragestellung konfrontiert hatte, ob das Y14-Engagement in die X1-Risikoeinheit einzubeziehen sei. Allerdings beschränkte sich J dabei erneut darauf, den Sachverhalt unvollständig beziehungsweise missverständlich darzustellen. So berichtete J der BaFin zwar, dass die Y14 im Jahr 2005 auf die Bank mit dem Wunsch zugekommen sei, einen Kredit aufzunehmen, um die Zeugin T3 in ihrem X1-Engagement zu begleiten. Dabei leugnete er jedoch, dass dem Bankhaus die Einzelheiten aus der vertraglichen Regelung zwischen der Y14 und Frau T3 bekannt waren.
2500In der Aktionärsausschusssitzung vom 11. Juni 2009 offenbarte der Angeklagte J zum völligen Entsetzen der Ausschussmitglieder die Verflechtung der Geschicke des X1-Konzerns mit Kreditforderungen gegenüber der Zeugin T3 und der Y14 über insgesamt rund 700 Millionen €. Insbesondere die Zeugen Dr. Z7 und N3 waren empört darüber, dass „an der Bank vorbei“ Geschäfte gemacht werden sollten, deren Erfolg bei den Bürgen verbleiben sollten, deren Nachteil jetzt aber die Bank und die Aktionäre treffe. Der Zeuge Dr. Z7 verlangte, dass die Ausfälle von den persönlich haftenden Gesellschaftern und die Bürgen der Y14 zu tragen waren – exakt das also, was der Zeuge Dr. T12 in der luxemburgischen Geschäftsführungssitzung im Oktober 2008 in Bezug auf die Bürgen geäußert hatte. Wie wesentlich die Verbindung zwischen der Y14 und T3/X1 nicht nur für die Aufsicht, sondern auch für die Gesellschafter der Bank war, zeigt sich auch in der Erklärung des Zeugen Oe in der Sitzung des Aktionärsausschusses vom 11. Juni 2009. Dort führte der Zeuge aus, er hätte niemals sein im Konsortium gebundenes Privatvermögen für die Kapitalerhöhung zugunsten der Bank eingesetzt, wenn er vom Y14-Kredit gewusst und erkannt hätte, dass die Partner und Bürgen es unternommen hätten, das Haftungsrisiko auf die Bank „abzuladen“, um an dieser vorbei Geschäfte zu machen.
2501Nachdem die BaFin die Vorgänge und Beziehungen auch zum Y14-Kredit mithilfe des H8-Berichts aufgeklärt und schließlich nach Einbestellung der Partner die tatsächlichen Verhältnisse einschließlich der Gesellschafterstruktur der H9 erfahren hatte, sprach die Zeugin N7 allen persönlich haftenden Gesellschaftern die für die Banklizenz erforderliche fachliche Eignung und Zuverlässigkeit ab und bot ihnen Gelegenheit, „darauf zu reagieren.“
2502Nach der Gesamtwürdigung all dieser Umstände ist die Kammer davon überzeugt, dass sich der Angeklagte J mit dem Eintritt des als möglich erkannten Vermögensnachteils in dem Bestreben abgefunden hat, diesen nach der Insolvenz unvermeidbar gewordenen Umständen zu entgehen. Wäre eine Insolvenz der X1 AG im Herbst 2008 eingetreten, wären bereits in diesem Zusammenhang die vom Angeklagten J als Risikomanager gemachten Fehler und die lückenhafte, teilweise unwahre Beantwortung von Fragen der Aufsicht offenbar geworden. Der Angeklagte J wäre im Fall einer Beanstandung der Aufsicht als Reporting- Spitze der Kreditabteilung und für die Kommunikation mit der Aufsicht zuständiger Partner in erster Linie persönlich zur Verantwortung gezogen worden.
2503Dem steht auch nicht entgegen, dass der Angeklagte J im Zuge des Finanzeinsatzes des Bank im Jahr 2008 bereit war, zusammen mit dem Zeugen Dr. M6 ein Aufsichtsratsmandat bei der X1 AG zu übernehmen und diesen als Vorsitzender auch zu leiten. Denn angesichts der Übernahme von insgesamt annähernd 30 % der Aktien der X1 lag es nur nahe, dass das Bankhaus – schon der Signalwirkung nach außen wegen – Mitglieder in den Aufsichtsrat entsenden würde. Nach seinen beruflichen Vorerfahrungen war der Angeklagte J dazu unter den Partnern der Geeignetste.
(dd) Angeklagter P
2504Für den Angeklagten P gilt Vergleichbares, wenn auch nicht in derselben Intensität wie beim Angeklagten J.
2505Für die Kammer hat bei der Würdigung des voluntativen Nachteilselements vor allem Bedeutung erlangt, dass der im Wesentliche einzige vom Angeklagten P angeführte Grund, weshalb er sich zu den Finanzierungsmaßnahmen zugunsten der X1 bereitgefunden haben will – nämlich die Verknüpfung mit der Nachbesicherung durch die Zeugin T3 („sonst können wir das nicht machen“) – auch für seine subjektive Wahrnehmung widerlegt ist. Angesichts des Umstandes, dass er – was er auf mehrfache Nachfrage wiederholt bestätigt hat – von einem in jedem Fall ausreichenden Vermögen der Zeugin T3 zur Rückführung ihrer Verbindlichkeiten ausging, konnte die danach auch aus seiner Sicht wirtschaftlich gar nicht notwendige Nachbesicherung seine Entscheidung für den Finanzeinsatz bei X1 nicht tragen. Schon aus diesem Grund ist der von ihm eingeräumte Umstand, die Tatsache seiner unverständlich späten Einbindung in die Entscheidung sowie insbesondere die Informationsgrundlage seiner Partner nicht hinterfragt zu haben, für die Kammer bis zuletzt nicht nachvollziehbar geblieben und vom Angeklagten P auch nicht schlüssig erklärt worden.
2506Der schon seit 1996 als persönlich haftender Gesellschafter der Bank tätige Angeklagten P war sich nach Überzeugung der Kammer seiner Verantwortung an der Entstehung und dem Anwachsen des „X1-Klumpenrisikos“ bei seinen Finanzierungsentscheidungen ebenso wie der Angeklagte J bewusst. Er hatte bereits vor der Vergabe des Y14-Kredits massive Zweifel an der Zukunft von X1. Gleichwohl hatte er der Kreditvergabe an Y14 zugestimmt. Auch er sah (wie J) in Bezug auf die Ausreichung des Y14-Kredits Probleme mit der Aufsicht aufziehen. Das ergibt sich aus dem Gespräch, das der Angeklagte P mit dem Zeugen Dr. Z7 im März 2009 in Frankfurt geführt hat.
2507Daneben hat er zuletzt in der Hauptverhandlung das – sachwidrige – Motiv für seine Zustimmung zwar angedeutet, auch wenn er sich bis zuletzt nicht dazu durchringen konnte, sich – wie die Angeklagten K und O – zu seiner auch strafrechtlichen Verantwortung zu bekennen. Der Angeklagte P hat zuletzt seine „Isolation“ in der Partnerschaft als Folge der von ihm verantworteten deutlichen Verluste im Investment Banking hervorgehoben, die auch und gerade an diesem Wochenende für ihn deutlich geworden war. Er war – wie er zuletzt in der Hauptverhandlung beklagte – aus den Vorgängen von seinen Partnern herausgehalten worden. Er sollte die von den drei anderen persönlich haftenden Gesellschaftern bereits entschiedenen Finanzierungshilfen lediglich noch „abnicken“. Nach Hintergründen ihrer Entscheidung und deren Grundlagen fragte er – was er eingeräumt hat – nicht. Er habe nicht derjenige sein wollen, an dem „das Ganze“ doch noch scheitere. Für die Kammer steht nach den aufgezeigten Gesamtumständen sicher fest, dass der Angeklagte P in dieser konkreten Situation einerseits mit Blick auf den von ihm letztlich nicht gewollten, aber mitgetragenen „X1-Klumpen“ und seinen weitreichenden Auswirkungen auch für ihn persönlich, andererseits seiner für ihn gerade an diesem Wochenende offensichtlich gewordenen Isolation in der Partnerschaft nicht mehr den Mut aufbrachte, dem Beschluss der Familienpartner, um deren Bürgschaften er wusste, zu widersprechen und sich in offene Konfrontation zu ihnen zu begeben. Dabei hatte der Angeklagte P – wovon die Kammer auch mit Blick auf die Feststellungen zu den Umständen seines späteren Ausscheidens aus der Bank überzeugt ist – durchaus im Blick, dass eine offene Konfrontation gerade mit den „Familienpartnern“ bei eventuellen Verhandlungen über sein Ausscheiden auf ihn zurückfallen würde.
LXXII. Feststellungen zum Führungswechsel bei X1 (Teil 1, D., IV., (1))
2508Die Feststellungen zum Führungswechsel bei der X1 AG beruhen auf der Einlassung des Angeklagten J sowie den Aussagen der Zeugen Dr. N9 und Dr. G1. Ergänzend zur Einlassung des Angeklagten J hat die Kammer eine handschriftliche Notiz des Angeklagten K an diesen eingeführt. Darin wurde der Angeklagte J gebeten, alles zu tun, damit “G1 kommt“. Das „Finanzielle werde die Bankfamilie gerne tragen“.
LXXIII. Feststellungen zur Korrespondenz und den Gesprächen mit der CSSF (Teil 1, D., IV., (2))
2509Die Feststellungen zu den Gesprächen und der schrifltichen Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA beruhen auf der eingeführten, im Rechtshilfewege erlangten Behördenauskunft der CSSF, den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Schreiben sowie den Niederschriften der in Luxemburg vernommenen Zeugen sowie der Aussage des Zeugen G2.
LXXIV. Feststellungen zum Prüfungstestat der BDO (Teil 1, D,., IV., (3))
2510Der auszugsweise festgestellte Inhalt des Prüfungstestats der BDO vom 5. Dezember 2008 beruht auf dem allgemeinkundigen, im Internet abrufbaren Prüfvermerk. Der Zeuge Dr. B3 hat den weiteren Feststellungen entsprechend zum Inhalt des von der BDO bei der Q41 aufgenommenen Kontakts ausgesagt.
LXXV. Feststellungen zum „Independent Business Review“ zu der Z35-Präsentation „V9“ (Teil 1, D., IV, (4))
2511Die Feststellungen zum „Independent Business Review“ und zur Z35-Präsentation „V9“ beruhen auf den eingeführten Dokumenten. Die Aussagen des „Independent Business Review“ hat der Zeuge Dr. B3 in der Hauptverhandlung wie festgestellt zusammen gefasst.
LXXVI. Feststellungen zur Nichtrückzahlung der 80-Millionen-€-Tranche (Teil 1, D., IV., (6))
2512Die Feststellungen zur Nichtrückzahlung der 80-Millionen-€-Tranche beruhen auf dem eingeführten Kreditprotokoll der V18 aus Februar 2009 sowie den Bekundungen des Zeugen N6. Der Zeuge N6 hat ausgesagt, man habe die Verlängerung „nolens volens“ hingenommen, auch um dem neuen Management eine Chance zu geben.
LXXVII. Feststellungen zur Ausgliederung der X1-Beteiligung in eine Holding (Teil 1, D., IV, (7), (9), (11))
2513Die Feststellungen zur Ausgliederung der X1-Beteiligung in eine Familienholding beruhen auf der Desinvestitionsvorlage vom 17. März 2009, der Übersicht „Beteiligungsrisiko O jr. & Cie. KGaA, Value-at-Risk (VaR) 31.01.2009 – Teilkonzern vom 9. März 2009“, der im Rechtshilfeverfahren erlangten Behördenauskunft der CSSF,
2514dem Vermerk zur Informationsveranstaltung des Aktionärsausschusses vom 8. April 2009 und dem Q41-Prüfungsbericht zum Jahresabschluss der KGaA zum 31. Dezember 2009 sowie dem H8-Bericht vom 23. Oktober 2008, die sämtlich zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sind. Daneben beruhen sie auf den Aussagen der Zeugen Dr. Z7, Oe, N4, N3, Dr. T12 und C6.
2515Der Inhalt der Pressemitteilung wurde in der Behördenauskunft der CSSF beschrieben. Die festgestellten Einzelheiten der Ausgliederung beruhen auf den weiteren benannten Unterlagen. Die Zeugen Dr. Z7, Oe und N3 haben den Inhalt der Erörterungen in der Informationsveranstaltung sowie den dazu erfolgenden Vorgesprächen übereinstimmend geschildert. Ihre Angaben finden durch den Vermerk zur Informationsveranstaltung Bestätigung. Sie haben bekundet, der Angeklagte J habe angegeben, die Ausgliederung der X1-Beteiligung erfolge zur Entlastung der Bank. Für die Aktionäre sei die Übernahme wertneutral. Die Zeugen C6 und Dr. T12 haben die zugrunde liegenden Überlegungen anschaulich damit beschrieben, die Familienholding sei als „bad bank“ von SOP (so C6) bzw. „bad stakeholder“ (Dr. T12) eingerichtet worden.
2516Den Inhalt seines Gesprächs mit dem Angeklagten P im März 2009 hat der Zeuge Dr. Z7 glaubhaft und zur Überzeugung der Kammer geschildert. Seine Aussage wird durch die der Zeugen N3 gestützt, die – wie beide bekundet haben – bei der Nachfrage Dr. Z7s im Bankhaus beim Anfang April 2009 anwesend war.
2517Keiner der Angeklagten hat dargelegt, die Ausgliederung sei bereits im Verlauf des Jahres 2008 geplant gewesen. In der Informationsveranstaltung hat der Angeklagte J zwar angegeben, entsprechend der Absprache mit dem Abschlussprüfer sei bereits im Herbst 2008 beabsichtigt gewesen, Industriebeteiligungen der Bank auszugliedern. Dadurch habe der Buchwert in den Bilanzen ausgewiesen bleiben können. Allerdings wurden die Aktionäre – wie die vernommenen Zeugen ausgesagt haben – überhaupt erst im Frühjahr 2009 auf die Ausgliederung angesprochen.
LXXVIII. Feststellungen zur weiteren Korrespondenz zwischen der Bank und den Aufsichten (Teil 1,. D., IV., (8), (10), (12), (14), (19), (23), (24), (25))
2518Der Inhalt der festgestellten Gespräche, Schreiben und Telefonate zwischen der luxemburgischen Aufsicht sowie der BaFin mit SOP beruhen auf den eingeführten diesbezüglichen Schreiben sowie der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Behördenauskunft der CSSF aus dem luxemburgischen Rechtshilfeverfahren.
LXXIX. Feststellungen zur Abschreibung der Kreditforderung (Teil 1, D., IV., (13))
2519Die Feststellungen zur Abschreibung der Kreditforderung über 20 Millionen € in voller Höhe beruhen auf dem eingeführten Prüfungsbericht der Q41 zum Jahresabschluss der KGaA zum 31. Dezember 2009 sowie den Erklärungen des Angeklagten J gegenüber dem Aufsichtsrat der SCA im Juni 2009, die mit dem Protokoll der Sitzung eingeführt worden sind. Die Feststellungen zum Erhalt von Zinsen und der Bildung von Rückstellungen beruhen ebenfalls auf dem Q41-Prüfungsbericht. Der Zeuge C9 hat mit sicherem Wissen und überzeugend ausgesagt, die vom Bankhaus erhaltenen Zinsen seien im Jahr 2012 in voller Höhe zuzüglich Verzugszinsen an den Insolvenzverwalter der X1 AG zurückgezahlt worden.
LXXX. Feststellungen zum Bemühen um eine Bundesbürgschaft und zur Insolvenz der X1 AG (Teil 1, D., IV, (15), (16))
2520Die Feststellungen zu den Bemühungen der X1 AG um eine Bundesbürgschaft beruhen auf dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters, dem Sanierungskonzept der Q41 vom 20. Mai 2009 und der X20-Vorlage, die sämtlich Gegenstand der Hauptverhandlung waren. Der Zeuge Q1 hat die Abläufe und Inhalt der Besprechungen vor dem Ausschuss wie festgestellt bekundet. Der Zeuge N6 hat bestätigend ausgesagt, die Konsorten seien nach den bereits übernommenen Verbindlichkeiten nicht bereit gewesen, weitere Gelder in den Konzern einzulegen.
2521Die Feststellungen zu den Insolvenzanträgen beruhen auf dem 1. Bericht des Insolvenzverwalters.
LXXXI. Feststellungen zu den Kündigungen der Verträge, dem Verkauf der Aktien, den ausgebliebenen Verlusten der Konsorten und der Y14-Gläubigervereinbarung (Teil 1, D., IV., (17), (18), (20), (21), (26), (27))
2522Die festgestellten Kündigungen der verschiedenen Kreditverträge beruhen auf den eingeführten Kündigungsschreiben. Das Schreiben der anwaltlichen Vertreter der Zeugin T3 war Gegenstand der Hauptverhandlung. Die Feststellungen zu den Aktienverkäufen durch SOP und die Familienholding beruhen auf dem am 10. Juli 2009 erstatteten Bericht im Aufsichtsrat der SCA sowie dem Q41-Prüfungsbericht zum Jahresabschluss der SOP 2009 und dem H8-Bericht, die sämtlich in die Hauptverhandlung eingeführt sind. Dass die Konsorten keine Verluste erlitten haben, haben die Zeugen N6, N5 und Y3 anschaulich und mit präziser Erinnerung beschrieben. Ihre Angaben werden durch den 1. Bericht des Insolvenzverwalters gedeckt. Dieser hat festgehalten, dass die Aktien an der H4 bis zum 15. September 2009 vollständig verwertet worden sind. Die „Gläubigervereinbarung“ vom 1. Februar 2010 ist eingeführt worden.
LXXXII. Feststellungen zur Sitzung des Aktionärsausschusses vom 11. Juni 2009 (Teil 1, D., IV., (22))
2523Die Feststellungen zum Inhalt und Verlauf der Aktionärsausschusssitzung beruhen auf dem eingeführten Sitzungsprotokoll sowie den Aussagen der Zeugen N3, Dr. Z7 und Oe. Diese haben im Sinne der Feststellungen bekundet. Die Äußerung des Angeklagten K, der Y14-Kredit sei als „privater Hedge-Fonds“ für die Zeugin T3 eingerichtet gewesen, ist im Protokoll des Ausschusses festgehalten und vom Angeklagten K in seiner Vernehmung ausdrücklich bestätigt worden.
2524Die Zeugen Dr. Z7, Oe, N4 und N3 haben die festgestellten Abläufe und Gesprächsinhalte der Ausschusssitzung vom 11. Juni 2009 zur Überzeugung der Kammer geschildert. Sie haben aus einer lebendig gebliebenen Erinnerung heraus detailliert und authentisch im Sinne der Feststellungen ausgesagt und dabei haben ihre massive Verärgerung über den aus ihrer Sicht unter falschen Voraussetzung erfolgten Einsatz großer Teile ihres Privatvermögens anschaulich beschrieben. Ihre Aussagen stimmen nicht nur in den wesentlichen Punkten überein, sondern werden auch durch das Ausschussprotokoll untermauert. Das gilt auch für den Verweis der Angeklagten J und P auf ihre vermeintlich fehlende Verantwortung für den Bereich „E“.
LXXXIII. Feststellungen zur Sonderprüfung durch die BaFin (Teil 1, D., IV., (28))
2525Die Feststellungen zum Anlass, zum Inhalt und zur Durchführung der H8-Prüfungen beruhen auf der Einführung des H8-Berichts in die Hauptverhandlung sowie den ergänzenden Angaben der Zeugen Prof. Dr. M2, dem für den Bericht mitverantwortlichen H8-Partner, sowie der Zeugin N7, der für SOP zu diesem Zeitpunkt zuständige Abteilungsleiterin der BaFin.
2526Die Zeugin N7 hat als Zeugin ausgesagt, die BaFin habe erstmals durch diesen Bericht erfahren, dass es einen Zusammenhang zwischen der Y14 und der Zeugin T3 gegeben habe. Dies habe die BaFin als Umgehung von Großkredit- und jedenfalls Organkreditvorschriften bewertet. Entsprechend den Ausführungen des Zeugen Prof. Dr. M2 im Bericht handele es sich um einen „Strohmannkredit“. Die BaFin habe sich durch die Partnerschaft getäuscht gefühlt. Wiederholt seien der Aufsicht relevante Umstände verschwiegen worden. Hauptansprechpartner der BaFin sei der Angeklagte J gewesen. SOP habe das X1-Risiko und einen diesbezüglichen Wertberichtigungsbedarf auf 120 Millionen € beziffert. Die Bundesbank habe demgegenüber das Risiko und einen Wertberichtigungsbedarf nach Überprüfung der Angaben des Bankhauses auf knapp 1 Milliarde € spezifiziert. Neben diesen Umständen und dem Y14-Kredit habe die BaFin auch Anstoß an von der Bank zugesagten Garantien für die Vorstände der X1 AG genommen. Nach Klärung der Tatsachenlage habe sie den persönlich haftenden Gesellschafter aufzeigen müssen, dass diese als Geschäftsleiter fachlich nicht geeignet und nicht zuverlässig seien. Dies seien die Kriterien für eine Abberufung von Geschäftsleitern einer Bank.
2527- D.
2528
Feststellungen zum Komplex B-Straße
I. Einlassungen der Angeklagten
2529Zur Art und zum Ablauf des Einlassungsverhaltens gilt das zum Tatkomplex X1 Ausgeführte (oben C., I., (1)) auch für den Tatkomplex B-Straße.
(1) Angeklagter K
2530Der Angeklagte K hat das festgestellte Tatgeschehen, soweit er an ihm selbst beteiligt war, im Wesentlichen eingeräumt und eine vorsätzliche, pflichtwidrige Schädigung des Bankhauses gestanden.
2531Er hat sich in Erklärungen sowie im Rahmen von Befragungen insgesamt im Wesentlichen wie folgt eingelassen:
2532Die ursprüngliche Entscheidung für die Einbringung der Liegenschaft in eine Fondskonstruktion hat der Angeklagte wie festgestellt geschildert. Er hat insbesondere erklärt, dass hierfür nicht ein besonderer Vorteil für die Bank, sondern die festgestellten individuellen Interessen der ursprünglichen GbR-Gesellschafter – insbesondere von A.C12 bzw. deren Erben - im Vordergrund gestanden hätten. Die exakten Entscheidungswege und Kommunikationsinhalte hierzu hat der Angeklagte nicht zu erinnern vermocht. Eine gemeinsame förmliche Beschlussfassung aller persönlich haftenden Gesellschafter habe es zu dieser Frage aber jedenfalls nicht gegeben. Die konkrete Zusammensetzung der Fondsgesellschafter sei wesentlich zwischen ihm, dem Angeklagten O und dem Angeklagten E abgestimmt worden.
2533Der Angeklagte K hat erklärt, ihm sei das grundsätzliche wirtschaftliche, steuerliche und juristische Konzept der O-E Fonds – schon mit Blick darauf, dass er maßgeblich in deren Vertrieb eingebunden gewesen sei – bekannt gewesen.
2534Er hat weiter erklärt, an die Details der in der Folge aufgetretenen baulichen (Um-)Planungen – auch soweit sie in von ihm abgezeichneten Dokumenten niedergelegt sind – keine oder nur eine schemenhafte Erinnerung zu haben. Gleiches gelte für die verschiedenen Berechnungen und Kalkulationen aus dem Bereich des Angeklagten E. Hierzu hat er zunächst erklärt, sich diese damals nicht näher angesehen zu haben, obgleich sie teilweise von ihm abgezeichnet worden seien. Auf Rückfrage der Kammer hat er dann allerdings erläutert, Dokumente, die er unterzeichnet habe, seinerzeit auch zur Kenntnis genommen zu haben. Er habe nie etwas unterschrieben, was er nicht gelesen habe.
2535An die Übersendung eines Mietvertragsentwurfs im März 2007 durch den Angeklagten E betreffend die Gesamtliegenschaft hat sich der Angeklagte K – auch auf Vorhalt – in der Hauptverhandlung nicht erinnern können. Er könne daher auch nicht sagen, warum es zum Abschluss dieses Mietvertrages nicht gekommen sei.
2536Der Angeklagte hat auch erklärt, keine Erinnerung an den planerischen Entfall des Handelsraums und damit im Zusammenhang stehende Überlegungen und Gespräche zu haben. Insbesondere hat er sich auch nicht an ein gemeinsam mit dem Angeklagten J Anfang 2008 mit dem Zeugen L1 hierüber geführtes Gespräch erinnert. Auch an Überlegungen, den Handel des Bankhauses von Frankfurt nach Zürich zu verlagern, hat er sich nicht zu erinnern vermocht. Eine konkrete Option sei das für ihn jedenfalls nicht gewesen. Auf Vorhalt der – auch an den Angeklagten K gegangenen – E-Mail des Angeklagten J vom 30. Juli 2008, die sich u.a. mit dem Handelsraum und dem (Nicht-)Umzug des Investment Banking in die neue Liegenschaft in der B-Straße befasste, hat der Angeklagte lediglich erklärt, diese E-Mail bringe die Erinnerung zurück, dass es zu diesen Fragen Diskussionspunkte und „viele Hin und Widers“ gegeben habe. Auf optischen Vorhalt der Entscheidungsvorlage vom 27. August 2008 hat der Angeklagte zwar bestätigt, dass diese seine Unterschrift trage. An die in der Vorlage angesprochenen Sachverhalte – insbesondere den Entfall des Handelsraums – habe er aber keine Erinnerung. Hiermit im Zusammenhang stehende Belegungsfragen für die Liegenschaft in der B-Straße habe er den Fachabteilungen überlassen. Er erinnere lediglich eine Begehung der Liegenschaft zusammen mit dem Angeklagten J. Den genauen Zeitpunkt wisse er nicht mehr. Die Liegenschaft sei zu dem Zeitpunkt aber noch im „unabgerissenen Zustand“ gewesen.
2537Die Hintergründe für die im Herbst 2008 aufgekommene Idee, das Projekt B-Straße in die Bank zu verlagern, hat der Angeklagte K im Sinne der Feststellungen geschildert. Anfang Oktober 2008 habe die Q34 den Vollzug des Grundstückskaufvertrages und damit einhergehend die Zahlung des Kaufpreises angemahnt. Mit Blick hierauf und auf fällig werdende Zahlungen an die GEWG hätten weitere erhebliche Kreditinanspruchnahmen der GbR-Altgesellschafter zeitnah bevorgestanden. Bei verschiedenen Gelegenheiten sei dem Bankhaus allerdings vor allem durch die CSSF signalisiert worden, dass aus ihrer Sicht die an Gesellschafter herausgereichten Darlehen inklusive eingegangener Bürgschaftsverpflichtungen in ihrer Absicherung unzulänglich und in ihrer Gesamthöhe zu hoch seien. Das Brutto-Exposure des Bankhauses sollte daher reduziert werden. Dies habe sich im Oktober 2008 dahin verdichtet, dass D2 in einem Gespräch mit ihm (dem Angeklagten K) und dem Angeklagten J zum Ausdruck gebracht habe, dass die Bank alles daran setzen solle, die Gesellschafterkredite zu reduzieren bzw. besser abzusichern und die Y14-Bürgschaften „verschwinden“ zu lassen. Gespräche mit diesem Inhalt habe er (der Angeklagte K) auch mit dem Zeugen Q3 geführt. Der Angeklagte K hat erklärt, aus diesen Gesprächen den Eindruck mitgenommen zu haben, dass im Extremfall sogar aufsichtsrechtliche Maßnahmen bis hin zum Banklizenzentzug drohen könnten.
2538Dies habe er – außer mit dem frühzeitig eingebundenen Angeklagten J – in der Folge mit dem Angeklagten O, seiner Schwiegermutter (A.C12), seiner Frau (der Zeugin Ka), seinem Schwager (dem Zeugen B.C12) und dem Angeklagten E besprochen. Mit dem Angeklagten P habe er dieses Thema nicht erörtert.
2539Der Angeklagte K hat erklärt, die erste Reaktion auf die Gespräche zur Höhe der Gesellschafterengagements sei sodann der festgestellte Sicherheitenaustausch betreffend den Y14-Kredit gewesen. In diesem Zusammenhang sei aber auch das Projekt B-Straße in den Blick geraten. Hierbei habe auch der festgestellte Wegfall steuerlicher Interessen der Altgesellschafter eine Rolle gespielt.
2540Der Angeklagte K hat erläutert, dass mit Blick auf das sich in der Entwicklung befindliche Projekt „V7“ vorgezeichnet gewesen sei, dass das Bankhaus sich in jeglicher Hinsicht darum habe bemühen müssen, Kosten einzusparen. Daher sei eine Nutzung der gesamten Immobilie durch die Bank nicht mehr in der Weise „perspektivisch sicher“ gewesen, wie dies zum Zeitpunkt des Erwerbes der Immobilie im Sommer 2007 der Fall gewesen sei. Denn es sei wahrscheinlich gewesen, dass sich die vorzunehmenden Einsparungen auch in einer Reduzierung des Raumbedarfs niederschlagen würden. Welche Konsequenzen sich hieraus im Einzelnen ergeben könnten, sei seinerzeit nicht näher umrissen und nach seiner Erinnerung auch nicht erörtert worden. Allerdings habe es keine grundsätzliche Planänderung gegeben, was die Anmietung der Immobilie durch das Bankhaus anging. Zwar sei ihm bewusst gewesen, dass ein Mietvertrag über die Gesamtliegenschaft Ende 2008 noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Der Abschluss eines solchen sei aber nach wie vor beabsichtigt gewesen. Eine bloße Teilanmietung sei nicht in Betracht gezogen worden, da man „in Kontrolle des gesamten Gebäudes bleiben“ wollte. Es sei darum gegangen, die „sehr angemessene und dem Selbstverständnis des Bankhauses voll entsprechende Ausnahmeimmobilie“ langfristig für das Bankhaus zu sichern und einen Handlungsspielraum beim Umgang mit dieser zu haben. Es hätte ein „falsches Signal“ in die Finanzwelt gesandt, wenn sich das Bankhaus zu diesem Zeitpunkt von der Immobilie „verabschiedet“ hätte. Dies wäre sehr negativ für das Renommee der Bank gewesen.
2541Mit Blick darauf, dass die Entscheidung, „die Immobilie für das Bankhaus zu erlangen, unverrückbar“ fortbestanden habe, habe mit Blick auf die Problematik der Gesellschafterkredite alles danach gedrängt, unter Vermeidung einer Grunderwerbsteuerpflicht Anteile an der GbR auf das Bankhaus zu übertragen. Die Zusagen an die Altgesellschafter der GbR seien Kredite gewesen, deren Erhöhung man relativ einfach vermeiden konnte, um so den Auflagen der Aufsicht zu entsprechen. Hierdurch habe das Bankhaus zudem nahezu die vollständige Kontrolle über die Immobilie erhalten. Er habe außerdem nicht ausgeschlossen, dass die Immobilie mittelfristig nach einem Abflauen oder dem Ende der Finanzkrise „zu attraktiven Konditionen“ würde weiterveräußert werden können. Hierzu – auch im Zusammenhang mit einem möglichen Immobilienpaketverkauf – habe es Ende 2008 aber allenfalls erste Überlegungen gegeben.
2542Die Anteilsübertragung auf das Bankhaus sei eine gemeinschaftliche Initiative von ihm und dem Angeklagten J gewesen. Der Angeklagte K hat erklärt zu glauben, dass er selbst die Idee zur Verlagerung des Projekts in das Bankhaus gehabt und diese dann vor allem zum Angeklagten J getragen habe. Er – der Angeklagte K – habe auch mit dem Angeklagten O hierüber gesprochen, wobei er Einzelheiten nicht erinnert hat. Ein Gespräch mit dem Angeklagten P habe er hierüber nicht geführt. Dies habe im Rahmen einer „Arbeitsteilung“ der Angeklagte J übernommen. Der Angeklagte K habe die Aufgabe gehabt, seinen an der GbR beteiligten „Familienclub“ zu überzeugen, was er auch getan habe.
2543Deutlich erinnere er ein Gespräch Anfang November 2008 mit den Angeklagten J und E. Dabei sei es darum gegangen, auch ihn (den Angeklagten E) zu überzeugen, „mit seiner Frau zu verkaufen“. Dies sei bei diesem zunächst nicht auf „sehr große Gegenliebe“ gestoßen. Denn der Angeklagte E habe – einen 30-jährigen Mietvertrag mit dem Bankhaus vor Augen – ein rentierliches Projekt auf lange Zeit gesehen. Es sei nicht einfach gewesen, ihn „aus Gründen, die nicht in der GbR lagen, sondern mehr persönlich die Motivlage waren“, von einer Übertragung auch seiner Anteile zu überzeugen. Zwar seien der Angeklagte E und seine Ehefrau von der Problematik der Gesellschafterkredite nicht erfasst gewesen. Dennoch sei es nie eine Option gewesen, dass nur die Bankgesellschafter ihre Anteile verkaufen würden. Es habe das Prinzip gegolten: „Entweder alle oder keiner“. Außerdem habe die Bank eine deutliche Mehrheit an der GbR erwerben wollen. Zum Erhalt der künftigen Zusammenarbeit mit dem Bankhaus habe der Angeklagte E letztlich zugestimmt. Was das genau bedeutet habe, sei „im Nebulösen stecken“ geblieben. Die GEWG habe in dieser Zeit aber wenig zu tun bzw. kaum Aufträge gehabt. Die festgestellten Bedingungen des Angeklagten E für seine Zustimmung zum Verkauf seiner Anteile und derjenigen seiner Ehefrau hat der Angeklagte K bestätigt.
2544Auf Vorhalt der Entscheidungsvorlage des Angeklagten E vom 4. November 2008 hat der Angeklagte K erklärt, an deren Inhalt und die Hintergründe –insbesondere den in Bezug genommenen „Beschluss vom 03.11.2008“ – keine konkrete Erinnerung zu haben. Es könne aber gut sein, dass es sich insoweit um das von ihm erinnerte Gespräch mit den Angeklagten J und E gehandelt habe. Darauf angesprochen, dass die Vorlage von Seiten des Bankhauses lediglich seine Unterschrift vorgesehen habe, hat der Angeklagte K erklärt, dass es im Umgang mit dem Angeklagten E „eigentlich das Normale“ gewesen sei, dass man in einer größeren Gruppe einen Beschluss getroffen habe, die darauf bezogene Entscheidungsvorlage aber nur ihm (dem Angeklagten K) zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Er habe dann „für die Gesamtpartnerschaft“ genehmigt.
2545Die Anteilsübertragung sei dann in der Folge möglichst schnell umgesetzt worden, um die Gesellschafterkredite bereits zum Jahresende zu reduzieren. Dies sollte bereits im Jahresabschluss 2008 „verarbeitet“ sein.
2546Der Angeklagte K hat erklärt, den Zeugen L2 nicht mit der Abfassung des Marktvotums für die Beteiligungsvorlage beauftragt zu haben. Er wisse auch nicht, wer dies getan habe.
2547Die Beteiligungsvorlagen habe er vor deren Abzeichnung gelesen. Aus seiner Sicht habe es sich dabei aber lediglich um eine „formale Zur-Akte-Nahme des Beschlusses im Nachhinein“ gehandelt. Es sei ja vorher bereits „alles ausdiskutiert“ gewesen. Er habe dem Vorgang in der damaligen Zeit auch keine besondere Bedeutung beigemessen. Das Marktfolgevotum habe er „so als kritische Stimmen aus dem Bereich J empfunden“. Er sei damals der Meinung gewesen, dass dieser (der Angeklagte J) „das da aussortieren“ müsse. Der Umstand, dass „Flächen für Tiefgaragenplätze in der Beteiligungsvorlage als Bürofläche behandelt worden sind“, sei ihm verborgen geblieben. Auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt diese Unrichtigkeit in die Beteiligungsvorlage gekommen sei, könne er nicht sagen. Letztlich habe er dem, „was L2 da schreibt, keine Bedeutung zugemessen“. Der Angeklagte K hat erklärt, gewusst zu haben, wofür die Abkürzung BGF steht. Auch sei ihm erinnerlich, dass die BGF nicht die markttypische Bezugsgröße für Mietverträge im gewerblichen Bereich sei. Man könne die BGF aber schnell auf das, was üblich sei, umrechnen. Bei der B-Straße sollte allerdings „ein ganzes Haus gemietet“ werden. In diesem Fall sei die BGF für ihn „das Normale“. Bürofläche sei aber nicht das Gleiche wie BGF. Er könne sich nicht erinnern, dass ihm bei der Lektüre der Beteiligungsvorlagen aufgefallen sei, dass die Transaktionsbeschreibung von 20.000 m2 „moderner Bürofläche“ – und nicht BGF – gesprochen habe. Der angegebene Mietzins von 27,50 € sei ihm nicht besonders aufgefallen. Er habe sich gedacht, „das wird schon alles seine Richtigkeit haben“ und habe die Beteiligungsvorlagen dann abgezeichnet.
2548Wie es konkret zu den Abzeichnungen der Beteiligungsvorlagen durch ihn und die anderen Beteiligten kam, vermochte der Angeklagte K nicht zu erinnern.
2549Er hat eingeräumt, durchaus damit gerechnet zu haben, „dass die Summe der von der Bank übernommenen Verpflichtungen zuzüglich der als getilgt geltenden Forderungen in der konkreten Situation der eingetretenen Finanzkrise“, die nach seiner Wahrnehmung begonnen habe, „auf den Immobilienmarkt durchzuschlagen, nicht dem kumulierten Wert der Immobilie und der erworbenen Ansprüche entsprach“. Diese Einschätzung habe sich auf die Besonderheiten der damaligen Situation bezogen, die dadurch gekennzeichnet gewesen sei, dass sich die Marktteilnehmer in nahezu allen Bereichen abwartend verhalten hätten. Es hätten so gut wie keine Grundstücksgeschäfte stattgefunden, langfristige Mietverträge für Gewerbe- und Büroimmobilien seien kaum abgeschlossen worden. Man habe nicht gewusst, zu welchen Preisen man die Liegenschaft an Dritte hätte vermieten können. In dieser Situation sei ihm bewusst gewesen, „dass eine Veräußerung der Immobilie bzw. der Beteiligung am Markt nicht den Preis erzielt hätte, den das Bankhaus für die Übernahme der Beteiligung in der Summe aufwendete“. Die Anteilsübertragung hätte man „wegen der Ungewissheit der Situation mit einem fremden Dritten“ nach seiner Einschätzung in dieser Form nicht abschließen können. Er sei allerdings damals davon ausgegangen, dass nach der Beruhigung der Finanzkrise und der Märkte eine erhebliche Wertentwicklung der Immobilie stattfinden würde. Diese Einschätzung sei damals jedoch nur eine „ungewisse Aussicht“ gewesen, bei der er sich auch nicht sicher gewesen sei, „ob und vor allem zu welchem Zeitpunkt die Immobilie einen Wert erreichen würde, der den kumulierten Aufwendungen des Bankhauses für den Erwerb der Beteiligung entsprechen würde.“ Bei Unterzeichnung der Beteiligungsvorlagen sei ihm zwar nicht bewusst gewesen, dass die dort enthaltenen Angaben zur vermietbaren Bürofläche falsch gewesen seien. Ungeachtet dessen sei er aber davon ausgegangen, dass die dortigen Angaben zur Vermietbarkeit und zu den Ertragserwartungen nicht der aktuellen Situation entsprachen und ihnen bezüglich der künftigen Entwicklungen ungewisse Annahme zugrunde gelegt worden seien.
2550Der Angeklagte K hat eingeräumt, dass es zutreffe, dass die Entscheidung zur Anteilsübernahme „hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Grundlagen auf einer nicht ausreichenden Informationsgrundlage getroffen worden sei“. Ein Sachverständigen- oder Wertgutachten betreffend die Immobilie bzw. ihren voraussichtlichen Wert nach Fertigstellung sei zu keinem Zeitpunkt beauftragt oder herangezogen worden. Dies sei nie erwogen worden. Den für die Anteilsübertragung vom Bankhaus gezahlten „Preis“ habe er als vorgegeben empfunden. Es sei ein Fehler gewesen, dass man dies „nicht habe gutachterlich absichern lassen.“ Er vermöge nicht zu sagen, welche „Grundstücks- und Mietwerte“ in einem solchen Gutachten zugrunde gelegt worden wären. Sicher sei aber, dass ein Gutachten die falschen Angaben zur vermietbaren Bürofläche in der Beteiligungsvorlage „aufgedeckt“ hätte.
2551Persönliche Interessen habe der Angeklagte K bei der Anteilsübertragung nicht verfolgt. Er sei immer noch davon ausgegangen, dass das Projekt sich „im Ergebnis rechnete“. Die Vermeidung einer weiteren Kreditaufnahme bzw. den Abbau der Kreditbelastung habe er nicht als sein persönliches Interesse gesehen, sondern „als Befolgung der der Bank von der CSSF gemachten Vorgabe, die Kreditbelastung der Gesellschafter des Bankhauses zu reduzieren“. Ohnehin habe er wegen seiner Beteiligung am Bankhaus und seiner Einkommensberechnung über die Vorabvergütung „bildlich gesprochen in beiden Booten“ gesessen. Zwar möge es so sein, dass die Auswirkungen von Verlusten nach der Anteilsübertragung für ihn nicht ganz bzw. nur zeitlich gestreckt die Größenordnung erreicht hätten, die sie ohne die Übertragung gehabt hätten. Diese Differenz sei aber kein Vorteil gewesen, über den er bei der Entscheidung nachgedacht habe.
2552Der Angeklagte K hat erklärt, nicht gewusst zu haben, dass die Vertretung des Bankhauses durch den Angeklagten J bei der Genehmigung des Anteilsübertragungsvertrages „einen Verstoß gegen das Aktienrecht bedeutete“ und diese deshalb „unwirksam“ sei. Dies sei ihm erst im Sommer 2013 durch einen Hinweis seiner Rechtsanwälte bekannt geworden.
2553In die Unterrichtung der CSSF betreffend die Anteilsübertragung sei er nicht eingebunden gewesen.
2554Die nach der Anteilsübertragung sich zunächst konkretisierenden Überlegungen der Einbeziehung der Liegenschaft in der B-Straße in ein zu veräußerndes Immobilienportfolio hat der Angeklagte im Sinne der Feststellungen bestätigt. Es habe stets damit gerechnet werden müssen, dass ein Verkauf des Portfolios entsprechend den Berechnungen des Angeklagten E „angesichts der Finanzkrise kurzfristig nicht zu realisieren“ gewesen sei.
(2) Angeklagter O
2555Auch der Angeklagte O hat das Tatgeschehen, soweit er an ihm beteiligt war, im Kern eingeräumt und eine vorsätzliche, pflichtwidrige Schädigung des Bankhauses gestanden.
2556Er hat sich in Erklärungen sowie im Rahmen von Befragungen insgesamt im Wesentlichen wie folgt eingelassen:
2557Die ursprünglichen grundsätzlichen Überlegungen zum Erwerb der Liegenschaft, in der alle in Frankfurt tätigen SOP-Mitarbeiter zusammengeführt werden könnten, hat der Angeklagte wie festgestellt geschildert. In die konkreten Verhandlungen mit der H33 sei er nicht einbezogen gewesen.
2558An den Überlegungen zur Einbringung der Liegenschaft in eine GbR-Konstruktion habe er sich nicht aktiv beteiligt. Er erinnere sich lediglich an Diskussionen innerhalb der Partnerschaft, ob die Bank direkt erwerben oder ob eine Gesellschaft Eigentümer werden sollte. Eine „konkrete Güterabwägung anhand einer Checklist“ habe es in Gesprächen mit ihm nicht gegeben. Warum man sich letztlich auf die GbR-Konstruktion geeinigt habe, könne er nicht mehr sagen. Ihm sei dies damals nur als „finanztechnisches Vehikel“ erschienen. Allen Beteiligten sei klar gewesen, dass es um ein Gebäude für die Bank gegangen sei.
2559Die Vorgänge um die konkrete Zusammensetzung des Fonds hat der Angeklagte O wie festgestellt beschrieben. Er hat erklärt, „natürlich schon eine Vorstellung über die individuellen Vorzüge, die eine Beteiligung an der GbR bei einigen Gesellschaftern zunächst hervorrufen könnte, und sei es nur aus steuerlicher Sicht“, gehabt zu haben. Insbesondere die Hintergründe für die hohe Anteilsquote A.C12s habe er gesehen. Er habe nur „eins und eins zusammenzählen“ müssen, um zu erkennen, dass es hierbei um erbschaftsteuerliche Motive gegangen sei. Ihm sei klar gewesen, dass diese Motive „dem Bankhaus eigentlich nichts brachten“. Bereits damals habe ihm sein Instinkt gesagt, „dass man sich dagegen wehren müsste“. Er habe es aber dabei belassen, in den Kreis der Gesellschafter der GbR aufgenommen zu werden. Mit Blick auf die übrige Beteiligung lediglich von Vertretern des „Stammes S“ bzw. der Familie E sei es ihm dabei allein darum gegangen, „dass wenigstens alle Stämme dort vertreten“ seien und er Informationen darüber bekomme, „was vor sich ging“.
2560Der Angeklagte O hat erklärt, dass ihm die „grundsätzliche Konstellation der E-Fonds vom Ablauf her, von der Konstruktion, von den Beteiligten und auch von der Finanzierung her“ bekannt gewesen sei. Die Renditeberechnungen seien ihm aber im Einzelnen nie bekannt gewesen. Das „Endergebnis“ sei immer das sog. Exposé gewesen. Daran, wie sich die Zahlen aus dem Exposé – wie Mieterlöse und der Gesamtaufwand – im Einzelnen zusammensetzten, sei er „bei keinem einzigen Fonds“ beteiligt gewesen. Das festgestellte grundsätzliche Kalkulationsvorgehen des Angeklagten E (insbesondere die am Gesamtinvestitionsaufwand ausgerichtete „Soll-Miete“ sowie die Marge von 15 % für Funktionsträgergesellschaften) sei ihm nicht bekannt gewesen. Auf Vorhalt der Vorsitzenden, dass dies schwer nachvollziehbar erscheine, da er ja nicht nur selbst zahlreiche Fonds gezeichnet habe, sondern auch Geschäftsführer von Funktionsträgergesellschaften der OEH gewesen sei, hat er erklärt, er habe in seiner Rolle als Geschäftsführer von Funktionsträgergesellschaften keinerlei aktive Geschäftsführungsaktivitäten übernommen.
2561Der Angeklagte O hat, nachdem er sich diese Dokumente in der Hauptverhandlung angeschaut hatte, bestätigt, die Entscheidungsvorlage vom 12. Februar 2007 sowie den ersten Gesellschafterbeschluss aus März 2007 unterschrieben zu haben. Auch das Kreditprotokoll für die Fondsfinanzierung habe er gekannt. Näher beschäftigt habe er sich damit nicht. Diskrepanzen bei den Flächenangaben seien ihm dabei nicht aufgefallen.
2562Nach der Gründungsphase der GbR sei er bis in den Herbst 2008 hinein mit dem Thema B-Straße nur noch insoweit befasst gewesen, als in Frankfurt beschäftigte Teile seines Geschäftsbereichs aus platztechnischen Gründen in die B-Straße 23 umziehen mussten. Überlegungen oder Diskussionen über die „Berechnung oder Ausgestaltung der Flächen der Objekte“ hätten mit ihm „weder von Seiten der Partner, noch der beauftragten Gesellschaften der O/E-Gruppe stattgefunden.“ Auch mit dem Zeugen L1 habe er darüber nicht gesprochen.
2563Der Angeklagte O hat erklärt, von ihm nicht unterschriebene Entscheidungsvorlagen zu dem Projekt nicht gekannt zu haben. Auf Vorhalt hat er insbesondere erklärt, die Entscheidungsvorlagen vom 27. August 2008 und vom 4. November 2008 nicht gekannt zu haben. In Vorgänge, die konkrete Eckpunkte einer künftigen Gesamtanmietung der Liegenschaft durch das Bankhaus betrafen, sei er nicht eingebunden gewesen. Er sei aber stets davon ausgegangen, dass es zu einer solchen Gesamtanmietung kommen werde.
2564Dass bis zum Herbst 2008 der Handelsraum planerisch entfallen war, sei ihm bekannt gewesen. In die Entscheidung hierüber sei er aber nicht involviert gewesen. Die Frage des künftigen Zuschnitts des Investment Bankings sei seit Beginn der Krise Gegenstand zahlreicher Diskussionen gewesen. Man habe sich letztlich dafür entschieden, am Standort Frankfurt und am Investment Banking grundsätzlich festzuhalten und dieses „in etwas reduzierter Form“ weiter zu betreiben. Insbesondere habe man entschieden, den Handel zu redimensionieren. Im Laufe der Diskussionen seien auch zeitweise Überlegungen angestellt worden, diesen – etwa in der Schweiz – an einem Standort zu zentralisieren. Der Angeklagte hat darauf hingewiesen, dass der Bereich des Investment Bankings „nicht nur der Handel mit dem Handelsraum“ gewesen sei, sondern auch weitere Abteilungen diesem Geschäftsbereich zuzuordnen gewesen seien. Ein benutzbarer Handelsraum habe in der Liegenschaft in der Untermainanlage fortbestanden. Der Angeklagte O hat erklärt, nicht zu glauben, dass es „ein tolles Signal“ gewesen wäre, wenn „in Zeiten von V7 […] der Handel auch noch“ umgezogen wäre, „mit allen Umzugskosten, mit allen Extrakosten“. Zwar sei auch mit dem Angeklagten P intensiv über die künftige Ausrichtung des Investment Bankings diskutiert worden. Über die Thematik des Handelsraums und insbesondere dessen planerischen Entfall habe er (der Angeklagte O) mit dem Angeklagten P aber zu keinem Zeitpunkt gesprochen. Er gehe aber davon aus, dass der Angeklagte P darüber informiert gewesen sei, dass der Handelsraum entfiel.
2565Der Angeklagte O hat erklärt, zu dem festgestellten Sicherheitenaustausch hinsichtlich des Y14-Kredits sei es gekommen, nachdem ihm der Angeklagte J zu einem Zeitpunkt nach dem Wochenende des 28. September 2008 berichtet habe, dass D2 die Ansicht geäußert habe, „die Luxemburger Aufsicht könnte mit den Bürgschaften durch die Gesellschafter der Bank als Sicherheit für den Y14-Kredit nicht länger einverstanden sein.“ Eine konkrete Intervention der Aufsicht habe es zu diesem Zeitpunkt nach seinem Kenntnisstand allerdings noch nicht gegeben.
2566Der Angeklagte O hat erklärt, im Oktober oder November 2008 erstmals auf eine Übertragung des Projekts B-Straße in das Bankhaus angesprochen worden zu sein. Zunächst hat er erklärt, dass dies nach seiner Erinnerung entweder durch den Angeklagten K oder den Angeklagten J geschehen sei. Im Rahmen seiner späteren Befragung hat der Angeklagte O hingegen angegeben zu glauben, dass zunächst der Zeuge G2 oder der Angeklagte J auf ihn zugekommen sei. Der Angeklagte O hat nicht zu erinnern vermocht, dass ihm hierbei oder im Folgenden konkrete Gründe für die Übernahme des Projekts in das Bankhaus genannt worden wären. Konkret erinnere er nur noch, dass man ihm gesagt habe, die anderen GbR-Gesellschafter seien bereits damit einverstanden. Eine Diskussion über das Für und Wider dieser Maßnahme für das Bankhaus habe er weder in diesem Erstgespräch noch in der Folge mit anderen persönlich haftenden Gesellschaftern, sonstigen Bankgesellschaftern oder GbR-Gesellschaftern geführt.
2567Er habe sich nicht gegen die Übertragung der Anteile an der GbR auf das Bankhaus gestellt. Er habe diese „in dem Zusammenhang gesehen“, dass Ende 2008 mit Blick auf die schwierige Lage des Bankhauses dort „eine Art Kreditstopp“ bestanden habe. Die „Idee dahinter“ sei gewesen, dass dieser „Kreditstopp natürlich auch für Gesellschafter“ gelten musste. Die Fortführung des Projekts in seiner ursprünglichen Form wäre aber mit der Ausreichung weiterer Kreditmittel an die GbR-Gesellschafter einhergegangen. Der Angeklagte O hat hierzu wörtlich ausgeführt: „Ich hab das auch für richtig gehalten, dass wir jetzt nicht sagen, die Kundenberater können keine Kredite mehr vermitteln, aber wir geben uns selber natürlich noch fleißig weiter Kredite, das geht nicht, das war eine Überlegung“. Allgemein habe in dieser Zeit in der Bank das Bestreben bestanden, Kreditbewilligungen nach Möglichkeit wieder „einzusammeln“. Dies sei keine „O-E-spezifische“ Sache gewesen, sondern das habe für die gesamte Bank gegolten. Kreditreduzierungen seien in dieser Zeit ein „generelles Thema“ gewesen und die Frage der Ausweitung der Gesellschafterkredite sei „im Lichte des Gesamtzusammenhangs zu sehen, dass vielleicht die Bank eine schwierigere Phase vor sich hat“.
2568In seinen ersten Erklärungen hat der Angeklagte O sich noch deutlich dahin eingelassen, dass ihm im Jahr 2008 – also vor der Entscheidung über die Anteilsübernahme – noch nicht vermittelt worden sei, dass nicht nur speziell die Y14-Bürgschaften, sondern auch die Höhe der Gesellschafterkredite im Allgemeinen gerade auch mit Blick auf die CSSF problematisch sein könnten. Dies sei erst im Jahr 2009 der Fall gewesen. Dabei hat er es anfangs nur ausdrücklich als „Spekulation“ bezeichnet, dass es im Herbst 2008 – und damit in Zeiten, in denen „andere Themen in der Luxemburger Aufsicht zu klären“ gewesen seien, „die vielleicht auch mit Kapital und diesen Dingen zu tun“ hatten – „auf irgendeiner Ebene ein Gespräch gegeben haben“ könnte, „wo vielleicht der Hinweis gegeben wurde: wenn Ihr Euch schon rüstet mit mehr Kapital, schwierige Zeiten kommen auf die Bank zu, auch in den nächsten Jahren, dann sollte man unter Umständen vielleicht die Gesellschafterkredite nicht weiter ausfahren“. Derartiges sei mit Blick auf die „Gesamtgemengelage“ jedenfalls „nicht total fernliegend“.
2569Nachdem der Angeklagte K sich erstmals zur Sache eingelassen hatte und dabei mögliche – und nach seiner Einlassung auch mit dem Angeklagten O besprochene – Bedenken der CSSF hinsichtlich der Höhe der Gesellschafterkredite als wesentliches Motiv für die Anteilsübertragung benannt hatte, hat sich der Angeklagte O in einer weiteren Befragung hierzu wörtlich wie folgt erklärt: „Also…CSSF direkt, dass da...wann da die Prüfung aufgenommen wurde, das hab ich ja erst hier so richtig gelernt, im November, mir war das gar nicht…diese Prüfungsabläufe der CSSF…oder Kommentierungen über Kredite, Gesellschafterkredite, das war mir damals nicht bewusst bei der Entscheidung. Ich hatte für mich, sagen wir mal, schon ein Gefühl, dass ich sagen würde, in meinem…für mein Vermögen war das jetzt nicht so prägend auch unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten, aber ich glaube, man muss da sehen und das hatte ich mir schon vorgestellt, die Bank in Summe hatte ja verschiedene Maßnahmen gemacht, Kapitalerhöhung,X28etc., dass die Aufsicht in Summe sich die Bankbilanz in 2008 nochmal ganz anders anguckte als in 2007, davon bin ich ausgegangen, und deshalb hatte ich eigentlich gedacht: es ist vielleicht, sagen wir mal…. wenn man jetzt nochmal so ein Projekt mit Gesellschafterkrediten, das ist ja dann schon fast genauso viel wie eine Kapitalerhöhung, aus meiner Sicht war das so: wir wollen jetzt nicht die Aufsicht zu den ganzen Diskussionen da noch, könnte man sagen, provozieren, könnte man sagen, ich war da sensibilisiert, dass die Bankaufsicht mit den Banken sicherlich da nochmal einen ganz anderen Augenmerk hat, wir hatten unsere Themen und wir hatten unsere Probleme, und ich hatte eigentlich…hätte ich unter Umständen das Risiko gesehen, dass unser gutes Einvernehmen bis dahin mit der Aufsicht gestört ist, aber so konkrete Störgefühle oder dass die Aufsicht konkrete Probleme mit A oder B oder C hat, war mir damals nicht bekannt.“
2570Als am darauf folgenden Hauptverhandlungstag der Angeklagte K befragt worden ist und geschildert hat, dass er (der Angeklagte K) aus den Gesprächen vor allem mit D2 sogar die Gefahr eines Banklizenzentzuges durch die CSSF mitgenommen habe, hat der Angeklagte O spontan das Wort ergriffen und wörtlich erklärt: „Von einer Abberufung mir gegenüber durch D2 höre ich heute zum ersten Mal. Nur damit das ganz klar ist. Aber klaritter! Und Gesellschafterkredite mag ja sein, aber den Zusammenhang, dass das auch mit Gesellschafterkrediten in seiner Familie ist, auch nicht.“
2571Die weiteren Motive des Angeklagten O, die ihm eine Anteilsübertragung als grundsätzlich sinnvoll erscheinen ließen, hat er wie festgestellt erläutert. Er habe es seinerzeit als eine „positive Korrektur“ empfunden, die Bank „in den driver seat der Immobilie“ zu setzen. Ihm sei deutlich geworden, dass es im Rahmen der GbR-Konstruktion unter Umständen zu Interessenkonflikten kommen könne. „Das Ehepaar E als 25 % Gesellschafter und Herr E als“ – mit Blick auf deren bereits angeschlagenen Gesundheitszustand – „nicht mehr von A.C12 kontrollierter Bevollmächtigter für weitere 50 % der Anteile“ seien „den Interessen des Bankhauses nicht unter allen Umständen verpflichtet“ gewesen. Zu keinem Zeitpunkt sei es sein Motiv gewesen, ein persönliches Risiko auf die Bank abzuwälzen.
2572Der Angeklagte O hat bekundet, auch Ende 2008 noch davon ausgegangen zu sein, dass SOP die Gesamtliegenschaft künftig anmieten werde. Nicht in den Beteiligungsvorlagen genannte Einzelheiten zu durch Vertreter des Bankhauses in Aussicht gestellten Mietkonditionen seien ihm nicht bekannt gewesen. Er sei grundsätzlich von einer „normal marktgängigen Miete für das ganze Objekt“ ausgegangen. Über eine bloße Teilanmietung von Flächen habe er nicht nachgedacht. Mit Blick auf die Redimensionierung des Investment Bankings und den Verzicht auf einen Umzug jedenfalls des Handelsbereichs sei er zwar nicht davon ausgegangen, dass das Bankhaus die Liegenschaft bereits zum Zeitpunkt der Fertigstellung voll nutzen würde. Mittelfristig habe er aber schon eine solche Gesamtnutzung – möglicherweise auch durch andere Konzerngesellschaften – erwartet. Er sei davon ausgegangen, dass die seinerzeit bestehenden Schwierigkeiten überwunden werden könnten und das Bankhaus eine „lange und erfolgreiche Zukunft“ haben würde. Eine Drittvermietung nicht selbst benötigter Flächen sei zudem jederzeit möglich gewesen. Auf Nachfrage der Kammer hat er erklärt, konkrete Vorstellungen über mögliche Drittmieter jedoch nicht gehabt zu haben.
2573Der Angeklagte O hat bekundet, mit dem Angeklagten E kein Gespräch über dessen Bereitschaft bzw. die Bereitschaft von dessen Ehefrau zur Anteilsübertragung auf das Bankhaus geführt zu haben.
2574Der Angeklagte O hat erklärt, nicht sagen zu können, wer dem Zeugen L2 den Auftrag zur Abfassung des Marktvotums für die Beteiligungsvorlagen gegeben habe. Er sei es jedenfalls nicht gewesen. Der Angeklagte hat bekundet, im Vorfeld seiner Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen mit dem Zeugen L2 aber ein Gespräch darüber geführt zu haben, ob dessen Einschätzung der Marktüblichkeit der angesetzten Miete „immer noch einigermaßen“ stimme. Dies habe der Zeuge L2 bejaht. Auf welcher Grundlage der Zeuge L2 zu dieser Einschätzung gelangt sei, sei dem Angeklagten O nicht bekannt gewesen.
2575Der Angeklagte O vermochte sich an die konkreten Umstände seiner Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen sowie der Abzeichnungen durch die übrigen Beteiligten nicht zu erinnern. Eine gemeinsame Diskussion aller persönlich haftenden Gesellschafter über den Vorgang habe es aber nicht gegeben.
2576Der Angeklagte O hat erklärt, dass er eine Vorstellung davon gehabt habe, was sich hinter dem Begriff BGF verbirgt. Diese sei für ihn nicht das Gleiche wie Bürofläche gewesen. Bei der Anmietung einer gesamten Liegenschaft sei die BGF für ihn aber „schon die maßgebliche Bezugsgröße“ gewesen. Er sei bei der Unterzeichnung der Beteiligungsvorlagen davon ausgegangen, dass es sich bei den genannten rund 20.000 m2 um die gesamte ober- und unterirdische BGF gehandelt habe. Der Angeklagte O hat hierzu wörtlich erklärt: „Ich bin davon ausgegangen, dass ungefähr diese 20.000 Quadratmeter als vermietbare Fläche erstellt wurden. Wie immer sie sich dann auch zusammensetzt aus Büroräumen, aus Nutzungsräumen, Technikräumen etc.“ Es sei schließlich um eine nur von ihr zu mietende „Spezialimmobilie für die Bank“ gegangen. Er sei aber nicht davon ausgegangen, dass „die Tiefgarage als Büroraum genutzt“ werde. Er habe auch nicht gewusst, „dass das Bankhaus ca. 10.000 Quadratmeter Tiefgarage zu einem Mietzins für Büroflächen anmieten sollte“. Die Flächenangabe in den Beteiligungsvorlagen habe bei ihm jedenfalls keine Fragen aufgeworfen. Er sei davon ausgegangen, dass die Fachabteilungen insoweit von richtigen Annahmen ausgegangen seien.
2577Der Angeklagte O hat bekundet, dass er keine Zweifel daran gehabt habe, dass der Anteilsübertragungsvertrag rechtswirksam gewesen sei und erfüllt werden würde. Er habe nicht gewusst, dass § 112 AktG auf den Vertrag anzuwenden war.
2578In seinen ersten Erklärungen bzw. Befragungen hat der Angeklagte O noch bestritten, vorsätzlich pflichtwidrig gehandelt und vorsätzlich das Bankhaus geschädigt zu haben. Er habe das Votum der Abteilung des Zeugen L2 zusätzlich zu einer eigenen Einschätzung des Objektes „für plausibel angesehen“. Diese Einschätzung habe er als „belastbare Entscheidungsgrundlage“ angesehen und auch ansehen dürfen. Das negative Marktfolgevotum habe er als „eine Betrachtung unter beschränktem Blickwinkel“ angesehen. Er habe das „Projekt B-Straße seinerzeit als eine werthaltige Immobilie für das Bankhaus mit vielen unternehmerischen Optionen eingeschätzt“. Die Liegenschaft sei einzigartig gewesen. Er habe im Anteilskauf durch die Bank keinen Nachteil für das Bankhaus gesehen. Im Gegenteil habe die Bank ein aus seiner Sicht „sehr werthaltiges Objekt“ erhalten. Er habe diesen Schritt für „Finanztechnik“ gehalten, „die an dem von Anfang an bestehenden Inhalt und Zweck dieser unternehmerischen Entscheidung zugunsten des Bankhauses nichts“ geändert habe.
2579In späteren Erklärungen und Befragungen hat der Angeklagte O sodann eingeräumt, die Entscheidung als persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses zur Übertragung der Anteile an der Grundstücksgesellschaft B-Straße GbR auf das Bankhaus im Dezember 2008 „auf einer unzureichenden Informationsgrundlage getroffen“ zu haben. Eine „hinreichende Ermittlung oder eine belastbare Abwägung der mit den Geschäften einhergehenden Chancen und Risiken auf Basis einer fundierten Dokumentenlage“ habe er nicht vorgenommen. Er habe weder „Unterlagen studiert“ noch „eine Schlüssigkeitsprüfung“ der ihm vorliegenden Informationen vorgenommen. Er habe lediglich „gehofft, dass dem Bankhaus daraus kein Schaden“ entstehen würde. Er habe „bereits damals das Risiko gesehen und es bereits damals darauf ankommen lassen“. Eine Unausgewogenheit der mit der Anteilsübernahme übernommenen Verpflichtungen zum wirtschaftlichen Wert der Anteile habe er als möglich erkannt und in Kauf genommen. Ihm sei klar gewesen, dass die Finanzkrise Auswirkungen auf den Frankfurter Immobilienmarkt und damit auch auf die Werthaltigkeit des Grundstücks gehabt habe. Auch sei ihm klar gewesen, dass das Bankhaus selbst bzw. andere Konzerngesellschaften unter Umständen nicht die vollständige Belegung der Liegenschaft hätten sicherstellen können, so dass teilweise das Objekt hätte untervermietet werden müssen. Hiermit im Zusammenhang stehende Fragen seien nicht hinreichend aufbereitet gewesen. Er habe hierzu keine konkrete Vorstellung „anhand von Quadratmetern oder Menschen“ gehabt. Er habe den Bedenken der Marktfolgeabteilung nicht den ausreichenden Stellenwert eingeräumt, keine Diskussion mit den Abteilungen Facility Management oder Investment Banking sowie den Mitarbeitern des Projekts „V7“ über Belegungsfragen geführt und den Wert der Liegenschaft nicht durch ein Marktgutachten bestätigen lassen. Ihm sei klar gewesen, dass „bei einem Projekt dieser Größenordnung […] die Papierlage […] jetzt nicht vor Gutachten, Belegungsplänen, Bewertungen, Möglichkeiten, Untervermietung, Prüfung der Drittverwendungsfähigkeit […] übergebordet“ habe. Zur Bestimmung der Werthaltigkeit der Beteiligung hätte man deutlich mehr machen können als zu sagen: „OK, Mietpreis stimmt, dann ist das so in Ordnung“. Er habe „in Summe zu oberflächlich“ gehandelt. Er habe aber gehofft, dass der „Knick im Immobilienmarkt […] nicht für immer“ sein werde. Einen Vermögensnachteil für das Bankhaus habe er hingenommen „in der Erwartung“, das werde „schon nicht so schlimm sein“. Die Motive, die aus seiner Sicht für die Anteilsübertragung auf das Bankhaus sprachen, hätten dazu geführt, dass er ihretwillen auch einen Vermögensnachteil in Kauf genommen habe. Das Projekt habe „durch“ gemusst. Für ihn sei es vor allem auch eine „Standortfrage“ gewesen. Er habe zum Ausdruck bringen wollen: „Das Projekt geht weiter und wir stehen zu Frankfurt und zum Investment Banking“. Es sei um ein „Prestigeobjekt“ gegangen. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Diskussion über die Höhe des Kaufpreises für die Anteilsübertragung oder eine Hinterfragung der Kaufpreishöhe gegeben. Der Angeklagte O hat erklärt, nicht mehr sagen zu können, warum er „nicht den Prozess angehalten“ und „den Dingen nicht weiter nachgegangen“ sei und er sich keine „zusätzlichen oder anderen Informationen besorgt“ habe.
2580Der Angeklagte O hat bis zum Ende der Hauptverhandlung bestritten, die Möglichkeit eines Nachteilseintritts beim Bankhaus auch aus den Umständen der Kalkulation der für SOP vorgesehenen Miete und insbesondere deren Flächenbezugsgröße erkannt zu haben. Mit solchen Fragen habe er sich nicht beschäftigt. Hierauf bezogene Ungereimtheiten in der Beteiligungsvorlage habe er nicht erkannt. Die in Kauf genommene Möglichkeit eines Nachteilseintritts habe er allein aus den Immobilienmarktveränderungen infolge der Finanzkrise hergeleitet.
2581Der Angeklagte O hat erklärt, keinerlei konkrete Änderungen der baulichen Planungen für die Liegenschaft im Dezember 2008 im Kopf gehabt und auf solche auch in der Folgezeit nicht hingewirkt zu haben.
(3) Angeklagter J
2582Der Angeklagte J hat bestritten, dem Bankhaus pflichtwidrig und vorsätzlich einen Vermögensnachteil zugefügt zu haben.
2583Er hat sich, ohne für Rückfragen zur Verfügung zu stehen, in ausschließlich verlesenen Erklärungen insgesamt im Wesentlichen wie folgt eingelassen:
2584Das Projekt B-Straße sei in einem größeren Kontext zu sehen. Dieses habe – wie andere Immobilienprojekte auch – „mit O-E zu tun“. Für diesen Bereich seien in der Bank die Angeklagten K und O zuständig gewesen. Die „Verflechtung O mit E“ habe auf einem lange vor Eintritt des Angeklagten J „zustande gekommenen Konsens aller Organe und Kommanditaktionäre“ beruht. Soweit der Angeklagte J bei derartigen Projekten „trotz fehlender Zuständigkeit“ für SOP Unterschriften geleistet habe – so etwa im Juni 2007 unter den Mietvertrag des Bankhauses mit der Grundstücksgesellschaft betreffend die Liegenschaft in der Kölner A-Straße –, habe er dabei lediglich zu prüfen gehabt, ob seine „vorgesehene Unterschrift mit der schon getroffenen Entscheidung der zuständigen persönlich haftenden Gesellschafter übereinstimmte“. Zur Begründung hat der Angeklagte J wörtlich ausgeführt: „Bei Immobilien, die – wie hier – zur Unternehmensverbindung O-E gehörten und an denen die Mehrheit der Aktionärsfamilien beteiligt war, durfte auf die sorgfältige und gewissenhafte Bearbeitung in zuständiger Hand vertraut werden.“ Der Angeklagte J habe die bei seinem Eintritt „längst etablierte Verflechtung mit E für einen Vorteil gehalten, der O zu Gute kam“. Die durch die „großen Familienstämme“ bekleideten Organstellungen innerhalb der OEH hätten dafür gesorgt, dass diese „laufend interne Informationen“ gewonnen und sie „über Möglichkeiten der Kontrolle sowie der Intervention verfügt“ hätten. Die Angeklagten K und O hätten nach seiner Beurteilung ihre Organstellungen bei O-E auch wahrgenommen. Dafür habe bereits ihr eigenes Interesse gesprochen, da sie als persönlich haftende Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Bank, vielfach darüber hinaus als Gesellschafter der O-E-Fonds aber auch für die Fremdfinanzierung der Anteile eingestanden hätten. Der Gedanke, die Angeklagten K und O sowie der Zeuge B.C12 „würden bei den Immobilienprojekten unsinnige Verschwendungen hinnehmen“, sei ihm (dem Angeklagten J) „fremd“ gewesen.
2585Der Angeklagte J hat erklärt, die ursprünglichen Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße seien – mit Ausnahme der Familie E – bezogen auf den Aktienanteil an O „mächtige Aktionäre“ gewesen. Da er (der Angeklagte J) „ausschließe, dass diese Personen ohne Zustimmung ihrer jeweiligen Familienstämme handelten“, sei es „insgesamt um ein Beteiligungsgewicht von mehr als 65 Prozent des Aktienkapitals der Bank“ gegangen. Der Zeuge B.C12 habe ebenso wie die Ehefrau des Angeklagten K, die Zeugin Ka, dem Aktionärsausschuss angehört, „der die Interessen aller Aktionäre gebündelt“ habe. Er habe „daher eine Polarität zwischen den Interessen der Gesellschafter der Bank und denen der GbR von vorneherein für abwegig gehalten.“ Er habe es vielmehr als „selbstverständlich angesehen, dass es – auch auf den internen Wegen der Bankfamilie – eine laufende Unterrichtung der Gesamtheit der Aktionäre“ gegeben habe, denn: „Ein Handeln, mit dem die genannten Gesellschafter als Vermieter an die Bank die anderen Aktionäre später vor vollendete Tatsachen stellen würden, wäre töricht gewesen und hätte allen Gepflogenheiten der Bankfamilie widersprochen“.
2586Der Angeklagte J hat erklärt, angesichts des eigenen Beteiligungsinteresses des Angeklagten E und seiner Frau „auch heute noch überzeugt davon“ zu sein, dass der für die Liegenschaft in der B-Straße mit der H33 und mit seinem (des Angeklagten J) Wissen ausgehandelte Kaufpreis von 51,25 Mio. € „unzweifelhaft marktgerecht gewesen“ sei. Denn der Angeklagte E habe „selbstverständlich“ gewusst, „dass der Abschluss des Mietvertrages mit der Bank im juristischen Sinne noch nicht feststand, wenngleich er erwartet“ worden und „projektiert“ gewesen sei. Wenn sich der Angeklagte E mit der Gründung der GbR auf einen ausgehandelten Kaufpreis eingelassen hätte, „der außer Verhältnis zu den Gegebenheiten des Areals stand“, wäre dieser nach Einschätzung des Angeklagten J auf eine ihm „unbegreifliche Weise leichtfertig gewesen“. Dass der Angeklagte E den Kaufpreis „kritisch überprüft“ habe, halte er (der Angeklagte J) für sicher. Auch im Dezember 2008 habe „davon ausgegangen werden“ dürfen, dass „der mehr als ein Jahr zuvor – unter fremden Dritten – vereinbarte Kaufpreis der Liegenschaft durchaus angemessen war und bei der Übernahme der GbR als Richtgröße zugrunde gelegt werden konnte“.
2587Ein Mietvertrag zwischen der Bank und der GbR über die gesamte Liegenschaft sei bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bankhaus „nicht zustande gekommen“. Diese Frage sei vielmehr „bis zur Übernahme von O durch die V11 AG offen“ geblieben. Im Jahre 2010 habe Herr E durch Herrn Z4 „versucht, das Fehlen eines Mietvertrages argumentativ zu kompensieren“. Er habe sich dazu auf eine „von K unterzeichnete Entscheidungsvorlage bezogen, die allerdings nicht geeignet“ gewesen sei, „den fehlenden Mietvertrag zu ersetzen“. Lediglich für etwa ein Zehntel der Gesamtfläche habe im September 2009 eine Vermietung stattgefunden. Diesem Vertrag habe der Angeklagte J am 16. September 2009 zugestimmt, nachdem er abgeklärt habe, dass er kein Hindernis für die Vertragsverhandlungen mit der V11 darstellte.
2588Der Angeklagte J hat erklärt, ein einziges Mal, nämlich am 15. Juli 2008 gemeinsam mit dem Angeklagten K, die Liegenschaft besichtigt zu haben. Wörtlich hat er hierzu ausgeführt: „Darauf bezog sich meine in Abstimmung mit K an Herrn L1 gerichtete Mail vom 30. Juli 2008. Das neue festgelegte Projektziel – funktionierendes Bürogebäude in der derzeitigen Substanz – ist alsdann in die Entscheidungsvorlage E vom 27. August 2008 eingegangen, die ohne Verwendung der Begriffe BGF/NGF eine Gesamtfläche von 21.644 m2 ausgewiesen hat. Daran habe ich mich in der Folgezeit orientiert.“
2589Der Angeklagte J hat erklärt, dass ihm die SOP-Beteiligungsvorlage zum Ankauf der GbR-Anteile durch die Bank mit den Unterschriften der Angeklagten K und O – jeweils vom 4. Dezember 2008 – zugeleitet worden sei. Er habe sie am 5. Dezember 2008 unterzeichnet. Der Vorsitzende des Aktionärsausschusses, der Zeuge Ob, habe am 9. Dezember 2008 zugestimmt. Bei der Durchführung der Transaktion habe auch die SCA als Obergesellschaft „eine entscheidende Rolle“ gespielt. Diese habe der Übernahme der GbR-Beteiligung zustimmen müssen und auch zugestimmt. Die „Genehmigung auf Konzernebene“ sei durch alle persönlich haftenden Gesellschafter sowie den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses erteilt worden. Der Angeklagte J hat erklärt, seine Unterschrift vom 8. Dezember 2008 bei Gelegenheit der an diesem Tag stattgefundenen Sitzung der Geschäftsführung der SCA geleistet zu haben.
2590Der Angeklagte J hat weiter ausgeführt, den Vorgang der Anteilsübernahme durch das Bankhaus im Dezember 2008 nach seiner „vollen Überzeugung für strukturell naheliegend und wünschenswert, keineswegs aber für wirtschaftlich nachteilig“ gehalten zu haben. Die Entscheidung sei ihm als „vernünftig“ erschienen. Er habe ausgeschlossen, dass die Altgesellschafter „zuvor bei den Verträgen in eigener Sache Nachteile hingenommen haben könnten“. Er habe gewusst, dass die Verkäufer von dem Kaufpreis freigestellt wurden, „der 2007 – unter fremden Dritten – zustande gekommen“ sei und „bei dessen Festlegung auch der Bereich E ein eigenes Interesse gehabt“ habe, „nicht mehr als den Marktpreis zu zahlen“. An diesen Kaufpreis habe die Übernahme angeknüpft. Überhaupt habe es nur Freistellungen und keine „gesonderte Vergütung für die GbR“ gegeben. Der teilweise verwendete Begriff „Kaufpreis“ sei daher missverständlich. Die ausscheidenden Gesellschafter hätten „keinen Überschuss und keinen Gewinn erzielt“.
2591Der Angeklagte J hat erklärt, dass es aus damaliger Sicht um einen Bau gegangen sei, „der in den kommenden Jahrzehnten zentrale Bedeutung für das Bankhaus am Finanzplatz Frankfurt haben sollte“. Er habe es „für sicher“ gehalten, „dass dieses Areal – im Zentrum von Frankfurts Bankenplatz, in unmittelbarer Nähe der Großbanken, in engster Nachbarschaft zur V11 AG und in Reichweite zur Europäischen Zentralbank – immer eine glänzende Zukunft haben würde“. Ihm werde „bestätigt“, dass „die in Frankfurt herrschenden Verhältnisse“ zeigten, dass diese Erwartung auch begründet gewesen sei. Gäbe es die Bank noch „in alter Gestalt“, würde sich heute zeigen, dass die „in die Zukunft blickende Entscheidung in deren Interesse gewesen wäre“.
2592Durch die Reduzierung der „Fremdanteile“ der Eheleute E habe die Übernahme der GbR-Anteile der Bank „größere Gestaltungsfreiheit“ eröffnet. „Gesellschaftsrechtliche Sonderrechte“ seien für die Familie E „fortan nicht mehr haltbar“ gewesen. Für SOP „als beherrschenden Gesellschafter mit 98,72 Prozent“ sei es leichter geworden, „anstehende Korrekturen und Einschränkungen des geplanten Projekts in baulicher Hinsicht zu veranlassen und, soweit es in der Zukunft erforderlich wäre, das Areal wieder zu veräußern oder anderweitig zu vermarkten“. Der Angeklagte E habe als Geschäftsführer der GbR ab der Übernahme der GbR-Anteile durch das Bankhaus als Folge der auf dieses übergegangenen Mehrheit fortan den „Weisungen“ der Bank unterlegen.
2593Bis zum Zeitpunkt der Übernahme im Dezember 2008 habe es „Planungsarbeiten“ gegeben, „aber noch keine nennenswerten Baumaßnahmen“. Es seien noch keine erheblichen Baukosten angefallen. Der Angeklagte J hat hierzu wörtlich weiter erklärt: „Ob und in welcher Höhe sie anfallen würden, stand in der Entscheidung der Beteiligten. Auch angesichts der Verflechtung von O mit E war auszuschließen, dass dieser die fortan mit 98,72 Prozent beteiligte Bank zu unangemessenen Baumaßnahmen zwingen könnte und würde“. Er (der Angeklagte J) könne nicht nachvollziehen, mit welcher Begründung ihm solche Bautätigkeiten zugerechnet werden sollten, die erst nach seinem Ausscheiden aus dem Bankhaus unter Führung der V11 erfolgten. Ein konkreter Einfluss der V11 auf das Projekt sei bereits spätestens ab Herbst 2009 möglich und gegeben gewesen. Er habe gewusst, dass die GbR mit der GEWG einen Vertrag geschlossen hatte, wenngleich er mit diesem nicht „befasst“ worden sei. Dass dieser „nachteilig sein könnte“, habe er nicht erkannt und „für abwegig gehalten“. Denn die „E-Gesellschaften“ hätten „zur Hälfte O“ gehört. Die Angeklagten K und O hätten in ihnen „wesentliche Funktionen inne“ gehabt. Der Angeklagte J hat hierzu wörtlich ausgeführt: „Jede Befürchtung, die Seite E könnte die ihr nahestehenden Gesellschafter der GbR, darunter K sowie O, betrogen haben oder betrügen, lag mir fern. Vielmehr war für mich selbstverständlich, dass die institutionalisierte und aus damaliger Sicht auf Dauer angelegte Verbindung von E mit O eine Übervorteilung ausschloss.“ Dass nach dem Vertragswerk „Vorauszahlungen zu leisten waren“, sei „Standard bei O-E-Fonds“ gewesen und habe „zum Fortgang des Projekts gehört“. Dass dies ohne Sicherheit stattfand, sei „wohl ebenfalls Teil der engen Verbindung von O mit E“ gewesen und habe „der bei O-E gewachsenen Handhabung“ entsprochen. Die Konten der GEWG seien bei der Bank geführt worden. Dieser habe „zur Absicherung“ daher „das sogenannte AGB-Pfandrecht“ zugestanden, so dass „im Bedarfsfalle auf die bei der Bank liegenden liquiden Mittel problemlos“ habe zugegriffen werden können.
2594Der Angeklagte J hat ferner wörtlich wie folgt ausgeführt: „Die Staatsanwaltschaft gründet den Anklagevorwurf ausdrücklich auf die Annahme, dass die Gesellschafter der GbR beabsichtigt hätten, von der Bank ´Vorteile in Form einer überhöhten Miete auf 30 Jahre zu erlangen´. Diese EinnahmeQ- sei ´nach Wegfall der Bank als Mieterin zu nicht marktangemessenen Konditionen´ entfallen. Deshalb sei bei den Gesellschaftern ´persönlich ein unternehmerisches Risiko´ entstanden, das im Dezember 2008 auf die Bank verlagert worden sei. Der Ankauf durch die Bank sei demgemäß nur erfolgt, ´um die Gesellschafter der Bank – und damit einige der Angeschuldigten – von den erkannten Verlusten auf Kosten der Bank freizustellen.´ Es ist unklar, ob die Ermittlungsbehörden davon ausgehen wollen, dass die Kreditfinanzierung der Einlagen der Gesellschafter der GbR im Dezember 2008 Fragen der Bonität aufwarf. Selbst wenn das zuträfe, wäre damit eine Konsequenz verbunden gewesen, die für die Übernahme gesprochen hätte. Dann nämlich hätte es umso mehr Anlass gegeben, die Liegenschaft durch O zu übernehmen, um fortan in deren Bilanz die werthaltige Immobilie und nicht die schuldrechtlichen Ansprüche gegen die Gesellschafter dieser GbR zu halten. In der Sache nämlich lief die Transaktion im Dezember 2008 auf den durch Freistellung und Verrechnung stattfindenden Austausch von Ansprüchen, deren Schuldner die Gesellschafter der GbR waren, gegen die Übernahme des Eigentums an der Liegenschaft hinaus. Nur durch diesen Austausch war gewährleistet, dass zukünftige Wertsteigerungen des Grundbesitzes, nach Überwindung der Finanzkrise, der Bank und nicht der GbR zu Gute kommen würden.“
2595Der Angeklagte J hat erläutert, dass dem Ziel, im Jahr 2009 wieder ein positives Ergebnis zu erzielen, „die einschränkenden strukturellen Maßnahmen, zu denen eine Reduzierung des geplanten Bauumfangs“ gezählt habe, gedient hätten, „aber auch die zunächst nur vage, im Laufe des Jahres 2009 jedoch konkreter gewordene Erwägung, den arrondierten Immobilienbesitz der Bank als Paket zu verwerten“. Er habe gewusst, „dass es auf den Märkten einen wesentlichen Unterschied bedeuten würde, ob eine Verwertung des eben erst angelaufenen Projekts durch die GbR mit den Gesellschaftern von O betrieben würde oder von der Bank selbst, wenn diese eine Restrukturierung vornahm“. Denn: „Sollten die Aktionäre von O Immobilien, die zur Nutzung der Bank bestimmt waren, bereits in der frühen Bauphase zum Verkauf anbieten, wäre das als Distanzierung und chaotisches Signal verstanden worden.“ Initiativen der Bank selbst dagegen würden sich „als eher bilanztechnische und professionelle Maßnahme erklären lassen.“
2596Der Angeklagte J hat erklärt, es sei zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Anteilsübernahme im Bankhaus „offen“ gewesen, ob eine Fortführung des Projekts, „vielleicht in veränderter Form“, oder eine „mutmaßlich“ als Paket erfolgende Vermarktung stattfinden würde. Unter Bezugnahme auf die in den Feststellungen beschriebenen Entscheidungsvorlagen aus März 2009, deren eigene Unterzeichnung und diejenige durch den Angeklagten K der Angeklagte J bestätigt hat, hat er ausgeführt, dass die Angeklagten K und E „überzeugt“ gewesen seien, „dass ein Paketverkauf an einen institutionellen Investor besonders vorteilhaft“ gewesen wäre, wobei sie sich auf „die guten langfristigen Beziehungen“ bezogen hätten, „die Herr E zu solchen Adressen“ gehabt habe.
2597Der Angeklagte J hat erklärt, die „Entwicklung eines erheblichen Machtzuwachses der Bank O“ als Folge der Übernahme der GbR-Anteile im Dezember 2008 „erwartet und vorausgesehen“ zu haben. Dieser Machtzuwachs zeige sich etwa an dem im Jahr 2009 nach den Vorgaben des Bankhauses mit der GbR abgeschlossenen Mietvertrag sowie der Durchsetzung von Umplanungsmaßnahmen ab dem Jahr 2010.
2598Seine Einbindung in den Prozess der CSSF-Genehmigung zur Anteilsübertragung hat der Angeklagte J wie festgestellt geschildert. Ihm sei bewusst gewesen, „dass die notarielle Urkunde hätte geändert werden müssen, wenn die Bankaufsicht den Übertragungsstichtag vom 15. Dezember in Frage gestellt hätte“. Erst nach Vorliegen der CSSF-Genehmigung am 11. Dezember 2008 seien „die Buchungen und Geldflüsse“, die der Angeklagte J wie festgestellt bestätigt hat, veranlasst worden.
2599Der Angeklagte J hat erklärt, hinsichtlich der Gesamtliegenschaft „immer von einer vermietbaren und je Quadratmeter vergüteten Fläche von mehr als 20.000 m2 ausgegangen“ zu sein. Dass die Fläche „auf einen geringeren Teil runtergerechnet werden müsste“, habe er nicht erkannt. Dies habe er auch nicht erkennen können. Er habe „arglos sein und bleiben“ dürfen.
2600Der Angeklagte hat in diesem Zusammenhang erklärt, nicht mehr zu wissen, ob er bei einer in der Entscheidungsvorlage vom 27. August 2008 in Bezug genommenen Besprechung vom gleichen Tage anwesend gewesen sei. Seine Unterschrift sei auf der Vorlage aber nicht einmal vorgesehen gewesen. Das Papier zeige jedenfalls, „dass die Berechnung der Miete für eine Gesamtfläche von 21.644 m2 ausgewiesen ist, ohne in diesem Zusammenhang überhaupt zu erwähnen, ob hierbei der Begriff BGF oder NGF gelten sollte“.
2601Interesse verdiene auch die Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008, die wiederum in der gleichen Weise und mit den gleichen Zusätzen von den Angeklagten E und K unterzeichnet worden sei. Dort werde „als Gesamt-BGF die Zahl von 20.944 m2 ausgewiesen“. Auf diese Zahl werde „die Miete bezogen, ohne einen Unterschied zu NGF und dessen mögliche Bedeutung zu erwähnen“. Auch diese Entscheidungsvorlage habe keine Unterschrift des Angeklagten J vorgesehen und trage auch keine solche.
2602Auch die ihm zugegangene Beteiligungsvorlage habe keine Zweifel daran enthalten, ob die für die Miete entscheidende Flächenberechnung zutreffend gewesen sei. Einen „Hinweis auf mögliche Differenzen wegen der Begrifflichkeiten und eine Erwähnung von BGF oder NGF“ habe es ihm gegenüber nicht gegeben. Weder sei ihm damals eine solche Problemstellung mitgeteilt worden, noch habe er sie aus anderem früheren Zusammenhang gekannt. „Schon gar nicht“ habe er sich vorstellen können, „dass der Bereich E, wenn er eine von der Bank zu zahlende Miete berechnete, sich dabei einer Methode bedient hätte, die auf Schädigung und Täuschung hinausgelaufen wäre“. Noch heute frage er sich, „ob hier ein gravierendes Missverständnis vorliegt, dessen Klärung“ ausstehe, „oder ob es in der Tat Verhaltensweisen gegeben“ habe, „für die es keine Rechtfertigung gäbe“.
(4) Angeklagter P
2603Auch der Angeklagte P hat den Vorwurf einer vorsätzlich pflichtwidrigen Schädigung des Bankhauses zurückgewiesen.
2604Er hat sich in Erklärungen sowie im Rahmen von Befragungen insgesamt im Wesentlichen wie folgt eingelassen:
2605Er sei für das Projekt B-Straße nicht ressortzuständig gewesen. Seine Rolle hierbei sei „sehr untergeordnet“ gewesen. Federführend für das gesamte Projekt sei der Angeklagte K gewesen. Denn dieser habe die „Verantwortung“ für das „O-E-Geschäft“ getragen.
2606Der Bereich O-E habe bei ihm seinerzeit „keinen Argwohn und keinen erhöhten Erklärungsbedarf ausgelöst“. Er habe seinen für diesen Bereich zuständigen Kollegen „grundsätzlich vertraut“. Der geschäftliche Erfolg der OEH sei bis dahin nicht so gewesen, dass er „Anlass zur Sorge“ gehabt hätte.
2607Alle Sachverhalte, die Gegenstand des Verfahrens sind, seien den Zeugen Ob und Georg von UIlmann „vollumfänglich bekannt“ gewesen und mit ihnen „abgestimmt“ worden. Es sei für ihn (den Angeklagten P) „nicht vorstellbar“, dass hier etwas ohne deren Zustimmung und Billigung entschieden worden sein könnte. Überhaupt habe er den Eindruck gehabt, dass viele Themen im Bankhaus „unter den Familien auf informellem Weg behandelt worden“ seien, bevor er im Detail informiert worden sei. Dies sei „angesichts der gesellschaftsrechtlichen Stellung der beiden Familienstämme legitim“, habe es ihm aber „mental nicht ganz einfach“ gemacht. Diskussionen mit den „familienangehörigen Partnern“ seien dann „etwas schwieriger verlaufen“, wenn ihm bedeutet worden sei, „dass sich die Familien schon einig seien“.
2608Die ursprünglichen grundsätzlichen Überlegungen zum Erwerb der Liegenschaft in der B-Straße, in der alle in Frankfurt tätigen SOP-Mitarbeiter zusammengeführt werden könnten, hat der Angeklagte P wie festgestellt geschildert. Es sei gerade auch sein Interesse gewesen, „endlich eine dauerhafte Unterbringung aller in Frankfurt tätigen Mitarbeiter an einem Standort zu erreichen“. In die Verhandlungen mit der H33 sei er nicht eingebunden gewesen. Diese seien durch die Angeklagten K und J geführt worden.
2609Der Angeklagte P hat erklärt, er könne sich nicht an Diskussionen im Partnerkreis erinnern, ob die Bank selbst oder eine GbR die Liegenschaft erwerben solle. Er glaube, der Angeklagte K habe ihm außerhalb einer förmlichen Partnersitzung „bei einem Mittagessen“ gesagt, man werde das Projekt „innerhalb einer GbR-Lösung, innerhalb der Familie“ realisieren. Er (der Angeklagte P) sei immer der Meinung gewesen, dass wesentliche Bankgebäude „eigentlich in den Bestand der Bank“ gehörten. Dies habe er dem Angeklagten K in dem Gespräch auch mitgeteilt. Widersetzt habe er sich der Fondslösung aber nicht. Er habe erkannt, dass es dabei vor allem um erbschaftsteuerliche Erwägungen der A.C12 bzw. ihrer Erben gegangen sei. Er sei nicht gefragt worden, ob er sich an der Grundstücksgesellschaft habe beteiligen wollen.
2610Der Angeklagte P hat bestätigt, die Kreditprotokolle für die Fondsfinanzierung zur Kenntnis genommen und abgezeichnet zu haben. Aus den dort verwandten Formulierungen habe sich für ihn ergeben, dass hinsichtlich der Marktüblichkeit der angesetzten Miete ein „Marktvergleich“ vorgenommen worden sei.
2611Die „Details der Abläufe – d.h. von der Entscheidung über den Erwerb der Liegenschaft durch die GbR, von den unterschiedlichen Plänen zur Ertüchtigung des Objekts K-Straße oder zum Neubau, zum Abriss oder zum Neubau von zwei oder vier Tiefgeschossen, von den verschiedenen Baugenehmigungen und Befreiungen und so weiter“ habe er „erst aus den Akten erfahren“. In die bauliche Entwicklung der Liegenschaft sei er nicht eingebunden gewesen. Seine Vorstellung sei es aber stets gewesen, „in den wesentlichen Phasen dieses Projekts durch die zuständigen Kollegen und vor allem durch die Mitarbeiter der zuständigen Fachabteilungen der Bank richtig und vollständig informiert“ worden zu sein.
2612Der Angeklagte P hat erklärt, frühzeitig „Eckpunkte“ genannt zu haben, die für ihn „auch als Kostenfaktoren im Investmentbanking für den Fall eines Umzugs in die B-Straße wichtig“ gewesen seien. So habe er darauf hingewiesen, dass seine Abteilung bis zum Auslaufen des Mietvertrages in der Untermainanlage „keinen echten Raumbedarf“ gehabt habe, sie im Falle eines Umzugs „ca. 6.000 bis 7.000 m2 an Bürofläche inklusive Handelsraum“ benötigen würde und er für die neuen Räume nicht mehr zahlen wolle als in den Räumen in der Untermainanlage, „nämlich ca. 27,00 € pro m2“.
2613Der Angeklagte P hat erklärt, in die Kalkulation des für das Bankhaus vorgesehenen Mietzinses konkret nicht eingebunden worden zu sein. „Über Flächenermittlungen nach BGF oder NGF oder über die Einbeziehung von Flächen der Untergeschosse in die Mietflächen- und Mietpreisermittlung“ sei er „zu keinem Zeitpunkt“ informiert worden. Der Zeuge L1 habe ihm aber „immer wieder bestätigt“, dass er in der B-Straße bezogen auf den Quadratmeter „nicht mehr bezahlen werde als in der Untermainanlage“.
2614Der Angeklagte P hat bestätigt, dass ihm im Juni 2007 die Baupläne für den Neubau gezeigt worden seien. Diese hätten noch einen „Handelsraum über die ganze Erdgeschoss-Etage hinweg“ gezeigt. Die Errichtung eines solchen Handelsraums „mit ca. 80 – 100 Händlerarbeitsplätzen“ sei für das Investmentbanking auch „unverzichtbar“ gewesen. „Ohne einen großen Handelsraum mit den entsprechenden technischen Voraussetzungen, die man für die aufwändige IT und die Raumkühlung solcher Arbeitsplätze einbauen“ müsse, sei nach den Angaben des Angeklagten P ein Umzug in die Liegenschaft in der B-Straße „damals kaum sinnvoll“ gewesen, da er seine „Mitarbeiter sonst nicht vernünftig hätte platzieren können“. In „normalen Büroräumen“ könne man eine Handelsabteilung an „sogenannten Händlertischen mit sechs bis acht Bildschirmen pro Arbeitsplatz nicht unterbringen“. Selbst bei einer Redimensionierung des Handelsbereichs als Konsequenz des Projekts „V7“ seien immer noch 60 – 70 Händlerarbeitsplätze „plus Raumreserve“ erforderlich gewesen, „um vernünftig arbeiten zu können“.
2615Der Angeklagte P hat sich dahin eingelassen, bis zu seiner Zustimmung zur Anteilsübertragung auf das Bankhaus Ende 2008 nicht gewusst zu haben, dass der Handelsraum planerisch entfallen war. Hätte er vom Entfall des Handelsraums gewusst, hätte er „den übrigen Beteiligten deutlich gesagt, dass das Objekt durch das Investmentbanking so nicht genutzt werden“ könne. Er habe auch nichts von der Idee gehört, den Handel nach Zürich zu verlegen. Dies hätte er auch nicht hingenommen und für „einen völligen Irrsinn“ gehalten. Er sei stets davon ausgegangen, dass seine Abteilung in die Liegenschaft in der B-Straße umziehen würde. Über einen Verbleib seiner Abteilung in der Untermainanlage sei mit ihm zu keinem Zeitpunkt gesprochen worden.
2616Der Angeklagte P hat erklärt, zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen zu sein, „die gesamte Liegenschaft allein durch die Bank zu nutzen“. Sein Verständnis sei es stets gewesen, dass lediglich wesentliche Teile der Liegenschaft einer Eigennutzung dienen würden. Neben den für seinen Arbeitsbereich notwendigen ca. 6.000 – 7.000 m2 seien seines Wissens für das Private Banking 3.000 – 4.000 m2 geplant gewesen. Daneben seien noch die IT-Abteilungen unterzubringen gewesen. Aus seiner Sicht habe das ohne Weiteres für eine Drittverwendung geeignete „H11“-Gebäude zunächst „durch fremde Dritte genutzt“ werden und „als Raumreserve zur Verfügung stehen“ sollen. Der Angeklagte P hat aber erklärt, stets davon ausgegangen zu sein, dass die Bank die gesamte Liegenschaft anmieten und die nicht selbst benötigten Flächen untervermieten würde. Dieses Vorgehen hätte sichergestellt, bei zukünftigem Bedarf „Zugriff“ auf sämtliche Flächen zu haben.
2617Der Angeklagte P hat sich dahin eingelassen, dass aus keinen ihm vorgelegten Unterlagen zu erkennen gewesen sei, dass in der Liegenschaft „deutlich weniger als 20.000 m2 Büroraum entstehen würden“. Zunächst hat er erklärt, er sei stets von „20.000 m2 nutzbarem Büroraum“ ausgegangen. Später hat der Angeklagte P ausgeführt: „Was die Flächen der Liegenschaft angeht, bin ich – wie in der Untermainanlage auch – von der für uns nutzbaren Fläche ausgegangen, also dem, was hier mit Nettogrundfläche umschrieben wird“. In einer späteren weiteren Befragung hat der Angeklagte P hierzu angegeben, sich unter den 20.000 m2 die „vermietbare Fläche“ vorgestellt zu haben, also die Fläche, auf die man, wenn man sie vermiete, „30,00 € Mieteinnahmen“ bekomme. Er habe in diesem Zusammenhang „auf die Angaben, Vorlagen und Berechnungen der Abteilung Facility Management und der Abteilung Beteiligungen vertraut“. Er habe davon ausgehen dürfen, dass diese Abteilungen „die technische Umsetzung und die Zahlen dazu – insbesondere die Flächenangaben – geprüft hatten“. Auf welcher „Informationsbasis diese Mitarbeiter ihre Entscheidungen getroffen und Vorlagen erstellt hatten“, sei für ihn „nicht nachvollziehbar und auch nicht von Bedeutung“ gewesen. Von ihm „als Ökonom und Investmentbanker in der Stellung eines nicht ressortzuständigen Partners“ könne nicht gefordert werden, dass er sich „in solche Details einarbeite und bautechnische Fragen nachprüfe“.
2618Der Angeklagte P hat erläutert, dass er den Begriff BGF auch bereits damals „für Spezialimmobilien“ gekannt habe. Er habe auch gewusst, dass der Angeklagte E seine Mietverträge bei derartigen „Spezialimmobilien“ regelmäßig auf die BGF bezog. Dies sei etwa bei den Fonds der Fall gewesen, an denen er (der Angeklagte P) selbst beteiligt war und die X1-Kaufhäuser in Potsdam und Leipzig betrafen. Der Angeklagte P hat erklärt, nicht gewusst zu haben, dass der Angeklagte E auch bei „normalen Gewerbeimmobilien“ mit BGF „gearbeitet“ habe. Die Liegenschaft in der B-Straße habe er für eine solche „normale Gewerbeimmobilie“ gehalten.
2619Der Angeklagte P hat sich dahin eingelassen, von den Überlegungen zur Anteilsübertragung auf das Bankhaus erstmals mit dem postalischen Erhalt der SOP-Beteiligungsvorlage erfahren zu haben. Vorher sei dieses Thema mit ihm nicht erörtert worden. Zunächst hat sich der Angeklagte P auch auf wiederholtes Nachfragen der Kammer und Vorhalt, dass am 8. Dezember 2008 – dem Zeitpunkt seiner Abzeichnung der SCA-Beteiligungsvorlage – eine Partnersitzung in Luxemburg unter Anwesenheit aller Partner stattgefunden habe, deutlich und bestimmt dahin eingelassen, vor der Abzeichnung beider Beteiligungsvorlagen und auch im Nachgang hierzu mit keinem Partner oder Bankmitarbeiter hierüber ein Gespräch geführt zu haben. Er habe lediglich eigene Überlegungen angestellt. Der Angeklagte P hat dabei wörtlich ausgeführt: „Ich habe die Frage nicht diskutiert, denn das, was dort unterschrieben wurde, war eigentlich in meinem Interesse. Das war so, wie ich es eigentlich von Anfang an haben wollte. Da brauchte ich keine neue, da muss ich keine neue Diskussion eröffnen“. Später, im Rahmen einer Nachfrage durch die Kammer im Nachgang der Verlesung eines Beweisantrages durch seine Verteidiger, der ein von diesen eingeholtes „Rechtsgutachten“ beinhaltete, welches seinerseits eine dem Verfasser vorgegebene Sachverhaltsschilderung auch zum Komplex B-Straße enthielt, hat der Angeklagte P – erstmals – erklärt, im Zusammenhang mit seiner Abzeichnung der SOP-Beteiligungsvorlage ein Gespräch mit dem Angeklagten J über die Anteilsübertragung geführt zu haben. Dabei hat er ausgeführt: „Ich habe die Beteiligungsvorlage bekommen und habe dann mit Herrn J telefoniert. Auf mich wurde nicht zugegangen. Ich habe es aktiv betrieben, soweit ich mich erinnere“. Auf Vorhalt, dass dies seinen bisherigen Erklärungen widerspreche, hat der Angeklagte P erklärt: „Ich weiß, dass ich, bevor ich die Beteiligungsvorlage bekommen habe, mit keinem meiner Partner gesprochen habe. Das ist eindeutig. Nachher habe ich sicherlich dazu die Bemerkung gemacht, was ich immer gesagt habe: ich finde das richtig, dass wir das zurück auf die Bilanz nehmen“. Nach „sieben Jahren“ könne er aber „nicht mehr so eindeutig sagen“, ob er zuerst unterschrieben und dann angerufen oder zuerst angerufen und dann unterschrieben habe. Der Stand der Planungen für die Liegenschaft – insbesondere der Entfall des Handelsraums – oder Belegungsfragen seien in diesem Gespräch nicht thematisiert worden. In einer späteren Erklärung hat der Angeklagte P zu diesem Thema sodann Folgendes wörtlich ausgeführt: „Nach meiner Erinnerung – und ich bitte zu berücksichtigen, dass die Geschehnisse nun mehr als sechs Jahre zurückliegen – stellte sich die zeitliche Abfolge damals wie folgt dar: ausweislich der Aktenlage habe ich die Beteiligungsvorlage B-Straße auf Ebene der KGaA am Freitag, den 5.12.2008 unterzeichnet. An diesem Tag wurde mir die Beteiligungsvorlage in Frankfurt vorgelegt und ich erfuhr – wie ich in dieser Hauptverhandlung bereits ausgeführt habe –, dass der Ankauf und Neubau der Liegenschaften nun doch nicht durch eine Familien-GbR, sondern durch das Bankhaus realisiert werden solle. Dies entsprach meiner ursprünglichen Idee, die Immobilie für den Bestand der Bank zu erwerben; ich habe sodann auf Basis der in der Beteiligungsvorlage mitgeteilten Zahlen und Daten vor dem Hintergrund meiner Informationen die Beteiligungsvorlage geprüft und sodann unterzeichnet. […] In der Regel war es so, dass mir eine solche Vorlage zur Unterschrift vorgelegt wurde, gemeinsam mit einer Kopie der Vorlage, die die übrigen Partner bereits unterzeichnet hatten, so dass ich Kenntnis von deren Haltung zu dem betreffenden Vorgang hatte. Teilweise habe ich von der Zustimmung der übrigen Partner auch vorab telefonisch erfahren. Wie es im konkreten Fall B-Straße war, kann ich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Ich kann heute auch nicht mehr mit Sicherheit sagen, wann genau ich mit Herrn J über das Thema Ankauf der Anteile GbR B-Straße gesprochen habe. Es kann sein, dass ich Herrn J angerufen habe, als mir die Beteiligungsvorlage vorgelegt wurde, es kann aber auch sein, dass ich am Sonntag, den 7.12.2008 mit Herrn J darüber gesprochen habe. Ich habe den Akten entnommen, dass ich, wie die übrigen Partner auch, der Beteiligung auf Ebene der SCA am 8.12.2008 zugestimmt habe. Dies war ein Montag, an dem alle Partner in Luxemburg zu einer Geschäftsführungssitzung waren. Hier wurde nach meiner Erinnerung nicht mehr über die Vorlage diskutiert, sondern der Vorgang im Umlauf unterzeichnet. Da ich häufig sonntags um 11 Uhr mit Herrn J telefoniert habe, um aktuelle Fragen und Themen zu besprechen, ist es vorstellbar, dass wir auch am Sonntag, den 7.12.2008 miteinander telefoniert haben und u.a. das Thema B-Straße diskutiert haben. Ansonsten hätte ich in der Sitzung am Montag, den 8.12.2008 in Luxemburg sicherlich nachgefragt“.
2620Der Angeklagte P hat erklärt, bei der Anteilsübertragung auf das Bankhaus Ende 2008 sei es für ihn darum gegangen, das für die Zwecke des Bankhauses zu sanierende bzw. neu zu errichtende Objekt „in prominenter Lage Frankfurts auf lange Sicht für die Bank zu sichern“. Es sei „keineswegs“ darum gegangen, „das Objekt kurzfristig für einen guten Preis zu erwerben“. Von Überlegungen eines Immobilienpaketverkaufs habe er erst im Jahr 2009 erfahren. Es habe sich für ihn um „eine strategische Investitionsentscheidung“ gehandelt, „die auf Grund der prominenten Lage des Objekts auf lange Sicht von einer sehr positiven Preis- bzw. Wertentwicklung“ ausgegangen sei. Es sei aus seiner Sicht um ein „Bekenntnis zum Standort Frankfurt“ gegangen. Ihm sei „eine Immobilie in Frankfurt im Bestand der Bank allemal besser“ erschienen als eine nur angemietete Immobilie, „selbst wenn die beiden Familienstämme die Eigentümer waren“. Er sei „froh“ darüber gewesen, dass die Liegenschaft zur Bank „zurückgekommen“ sei. Dies hätte er schließlich „von Anfang an gerne gesehen“.
2621Er habe erkannt, dass mit Blick auf die „substantiellen Verluste“ des Bankhauses die erbschaftsteuerlichen Gründe der A.C12 bzw. ihrer Erben „nicht mehr länger Sinn gemacht“ hätten. Sie habe dieses „Asset eigentlich nicht mehr gebraucht“.
2622Mit Blick auf seine in der Partnerschaft „isolierte“ Lage im vierten Quartal des Jahres 2008 könne er „zu den Hintergründen für die Entscheidung der Gesellschafter der GbR, das Projekt nun doch durch die Bank realisieren zu lassen, wenig sagen“. „Positives Wissen“ über die Gründe der anderen Partner für die Anteilsübertragung habe er nicht. Gespräche hierüber habe es nie gegeben. Er selbst habe sich bei seiner Zustimmung zur Anteilsübertragung keine Gedanken darüber gemacht, dass diese mit einem Bestreben der Reduzierung von Gesellschafterkrediten in Zusammenhang stehen könnte. Von möglichen CSSF-Bedenken zu diesem Thema habe er damals nichts gewusst. Ende 2008, nach der Lehmann-Insolvenz, habe aber jede Bank genau darauf geachtet, „das ihr für Ausleihungen zur Verfügung stehende Kapital zu kontrollieren“. Jede Bank habe dafür gesorgt, „die vorhandenen Mittel für Darlehen punktgenau einzusetzen“. Dies sei auch bei SOP der Fall gewesen.
2623Der Angeklagte P hat erklärt, der Zeuge Ob habe „die Beteiligungsvorlage“ unterzeichnet, bevor er (der Angeklagte P) diese unterzeichnet habe. Hierzu hat er wörtlich ausgeführt: „Demnach stimmten auch die Kommanditaktionäre, vertreten durch ihren Sprecher, dem Erwerb der GbR-Anteile durch die Bank zu. Auf Grund der engen persönlichen Verbindungen aller Aktionäre untereinander, insbesondere der Familienstämme und ihrer Repräsentanten, waren die Kommanditaktionäre über das Projekt B-Straße meines Erachtens in dem erforderlichen Umfange informiert“. Auch die übrigen Partner sowie der Zeuge B.C12 seien mit der Anteilsübernahme einverstanden gewesen. Aus seiner Sicht hätten damit „alle Aktionäre des Bankhauses – die Partner wie die Kommanditaktionäre, direkt oder indirekt über ihren Gremienvertreter – dem Erwerb der Anteile an der GbR B-Straße zugestimmt“. Seine eigene Zustimmung „als nicht ressortverantwortlicher Partner“ sei daher „nur Teil einer Gesamtzustimmung aller Aktionäre“ gewesen.
2624Auf der Grundlage der Ausführungen in den Beteiligungsvorlagen habe er bei seiner Zustimmung zur Anteilsübertragung davon ausgehen können, „dass die Bank 94,9 % der Anteile an einer GbR erwirbt, die die bestehenden Objekte gekauft hat, eins davon komplett erneuern wird, den Rest saniert und damit auf ca. 20.000 m2 moderne Büroräume errichten wird, die die Bank zu einem angemessenen Preis nutzen soll“. Hinsichtlich der nicht durch die Bank selbst zu nutzenden Flächen sei er von einer Drittvermietung ausgegangen, die bei dem „kalkulierten Mietzins von 27,50 € je m2 kein Problem sein sollte“. Er sei – ohne dies näher hinterfragt zu haben – davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Marktüblichkeit der Miete von der Abteilung des Zeugen L2 sowie der Abteilung Facility Management „entsprechende Recherchen angestellt“ worden seien. Aus den ihm vorgelegten Unterlagen und den bei ihm vorhandenen Informationen habe er jedenfalls „allein nicht erkennen können, ob hier die GbR-Anteile zu teuer erworben worden sind“. An dem „vorsichtig kritisch formulierten“ Votum der Abteilung Beteiligungen habe er „keinen Anstoß“ genommen. Denn dieser Abteilung sei das „strategische Ziel des Investments B-Straße nicht bekannt gewesen“. Zudem habe diese Abteilung vorrangig auf die „angeblich fehlende Drittverwendbarkeit“ der Liegenschaft abgestellt. Er sei jedoch davon ausgegangen, dass „dieses Thema planerisch längst geklärt“ gewesen sei. Er habe sich zu der Liegenschaft in der B-Straße auch „selber einen ganz guten Eindruck machen“ können. An dem Gebäude sei er „zwei, drei Mal die Woche vorbeigegangen“. Er habe gewusst „in etwa wie die Quadratmeterpreise sind“, die dort „an Miete verlangt“ würden. Auch habe er „eine etwaige Vorstellung“ davon gehabt, „welche Multiplikatoren dort bezahlt“ würden. Er habe für sich „eine etwaige Bewertung vorgenommen“. Hierzu hat der Angeklagte P wörtlich ausgeführt: „Ich bin von 20.000 m2 Bürofläche ausgegangen. Und wenn ich die Berechnung mache, so wie ich sie für mich plausibilisiert habe, ich habe gesagt, 20.000 m2, ich sag jetzt mal, um es einfach zu machen, wir rechnen mit 30,00 € den Quadratmeter, dann sind wir etwa bei 7,2 Millionen Mieteinnahmen im Jahr und in der Zeit wurde in der B-Straße etwa ein Multiplikator von 20 bezahlt, was im Grunde genommen etwa einer Rendite von 5 % entspricht und dann bin ich auf etwa einen Preis gekommen für 100 % von 140 Millionen. Und das waren realistische Annahmen“.
2625Der Angeklagte P hat sich dahin eingelassen, die Angabe in der Beteiligungsvorlage, wonach der ursprüngliche Bauantrag geändert werden musste, auf das Thema der „Ab- und Ausfahrt aus den Garagen“ bezogen zu haben. Näher hinterfragt habe er diesen Punkt aber nicht.
2626Der Angeklagte P hat erklärt, es sei nicht zutreffend, dass sich das Bankhaus den Ankauf der Anteile Ende 2008 wirtschaftlich nicht habe „erlauben können“. Die Bank habe sich nicht in einer „existenzbedrohenden wirtschaftlichen Lage“ befunden. Die aufsichtsrechtlichen Liquiditäts- und Eigenkapitalerfordernisse seien auch im Jahr 2008 stets übererfüllt worden. Auf die Liquiditätssituation der Bank habe die Anteilsübertragung mit Blick auf die andernfalls erfolgende weitere Kreditausreichung an die Altgesellschafter ohnehin keinen Einfluss gehabt. Das Projekt „V7“ habe lediglich der Verbesserung der Ertragsseite durch eine Reduzierung der „damals stark gestiegenen Personal- und IT-Kosten“ gedient. In diesen Bereichen, die im Investmentbanking 85 % der Kosten verursacht hätten, habe es gegolten, „zeitnah die Kosten einzufangen“. Gegenüber dem auf die Erzielung kurzfristiger Einsparungen angelegten Projekt „V7“ sei der Ankauf der Beteiligung an der GbR B-Straße „ein langfristiges Investment“ gewesen, „das jenseits der Auswirkungen der Finanzkrise für die Bank mit erheblichen positiven Folgen verbunden sein sollte“. Die Liegenschaft sollte „eine dauerhafte Lösung des Standortproblems in Frankfurt“ darstellen.
2627Der Angeklagte P hat erklärt, Ende 2008 davon ausgegangen zu sein, „dass sich der Markt in 2009 auf niedrigerem Niveau stabilisieren würde“ und das Bankhaus „spätestens in 2010 beginnen würde, wieder Personal einzustellen und dann auch zu alter Größe zurückkehren würde“. In einer späteren Befragung hat er zu seinen damaligen Erwartungen erklärt, dass er davon ausgegangen sei und auch die Planungen darauf ausgerichtet gewesen seien, dass das Bankhaus „einige Jahre, zumindest ein Jahr brauchen“ würde, „um wieder einigermaßen überhaupt rentabel zu werden“. Es sei für ihn klar gewesen, dass „die ganz goldenen Zeiten, die es mal im Bankgeschäft“ gegeben habe, „so nicht wieder zurück kommen“ würden. Aber es sei klar gewesen, „dass man im Bankgeschäft weiterhin gutes Geld verdienen“ könne, wobei aber „Jahre wie 2005, 2006 von der Profitabilität her nicht so schnell wiederkommen“ würden.
2628Der Angeklagte P hat bestätigt, im vierten Quartal 2008 „durchaus“ die Notwendigkeit gesehen zu haben, auch im Investment Banking Personal abzubauen. Die Situation habe sich in dieser Zeit aber „permanent verändert“. Zunächst hat der Angeklagte P erklärt, dass Ende 2008 „maximal 30 Stellen“ im Investment Banking am Standort Frankfurt zum Abbau vorgesehen gewesen seien. Später – im Zusammenhang mit der Vernehmung der Zeugen F1 und H1 zu den Personalabbauvorschlägen des Teilprojekts Investment Banking im Rahmen des Projekts „V7“ vom 7. Januar 2009 – hat der Angeklagte P die für diesen Zeitpunkt geplanten und in den Feststellungen genannten Zahlen bestätigt. Er hat aber zugleich darauf hingewiesen, dass letztlich ein größerer Teil des Mitarbeiterabbaus statt in Frankfurt in der Schweiz stattgefunden habe. Die vorgeschlagenen Personalabbaumaßnahmen seien – anders als noch im Januar 2009 geplant – nur etwa zur Hälfte in Deutschland umgesetzt worden. Insbesondere habe man den Bereich Equity Trading zum größten Teil in Frankfurt belassen. Hierzu habe man sich im Laufe des ersten Quartals des Jahres 2009 entschlossen, nachdem man bemerkt habe, dass der Bank der Abbau des Personals in Frankfurt „viel schwerer“ gefallen sei als zum Beispiel in der Schweiz. Dort könne man auf Grund des einfacheren Arbeitsrechts „die Mitarbeiter innerhalb kürzester Zeit abbauen“, was dann auch umgesetzt worden sei.
2629Der Angeklagte P hat erklärt, „damals überzeugt“ gewesen zu sein, „pflichtgemäß zu handeln und auf Basis umfassender und belastbarer Informationen über den Anteilserwerb zu entscheiden“. Aus seiner damaligen Sicht und auf Grundlage seines damaligen Kenntnisstandes habe es sich „um eine wirtschaftlich vernünftige und sorgfältig überdachte Entscheidung“ gehandelt. Die Bank habe „aus eigenen Mitteln ein Asset“ erworben, das nach seiner „überschlägigen Bewertung“ auf Basis der ihm bekannten Zahlen „sein Geld wert“ gewesen sei. In Retrospektive würde er heute zwar „einiges anders machen“. Er habe aber zu keinem Zeitpunkt „die Absicht oder das Bewusstsein“ gehabt, „O zu schädigen“. Er sei immer davon überzeugt gewesen, „das Richtige für die Bank zu tun“.
2630In den CSSF-Genehmigungsprozess betreffend den Anteilsankauf sei er nicht eingebunden gewesen
2631Der Angeklagte P hat erklärt, keine Zweifel daran gehabt zu haben, dass die Anteilsübertragung rechtswirksam umgesetzt werden würde. § 112 AktG habe dabei für ihn nie eine Rolle gespielt.
2632In die Planungen und die Umsetzung des Projekts B-Straße in den Jahren nach 2008 sei er „in keiner Form mehr eingebunden“ gewesen. Die V11 habe später die Liegenschaft „fast verschleudert“. „Perspektivisch“ werde dieses Objekt „eine sehr gute Entwicklung nehmen, die den 2008 gezahlten Preis sicher rechtfertigen“ werde.
II. Feststellungen zum Geschehen bis zur Einigung über den Kaufpreis für die Liegenschaft mit der H33 / X22 (Teil 1, E., II., (1))
2633Die Feststellungen zu den Verhältnissen des SOP-Standorts Frankfurt im Jahr 2006 einschließlich der Größenordnungen der dort beschäftigten Mitarbeiter beruhen auf den Angaben der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter, die bestätigt und ergänzt worden sind durch die in die Hauptverhandlung eingeführten Mietverträge betreffend die Liegenschaft in der Untermainanlage sowie die Angaben insbesondere der Zeugen aus der Abteilung Facility Management (L1, Y6, M3 und G4). Die Zahl von 320 in der Liegenschaft in der Untermainanlage eingerichteten Arbeitsplätzen hat die Kammer dem in die Hauptverhandlung eingeführten Protokoll der Partnersitzung vom 21. November 2006 entnommen. In dieser Sitzung berichtete der Zeuge L1 – was er auf Vorhalt des Protokolls bestätigt hat – über den Standort Frankfurt und sprach dabei ausweislich des Protokolls von 320 in der Untermainanlage zur Verfügung stehenden Arbeitsplätzen. Soweit der Zeuge in der Hauptverhandlung hiervon geringfügig abweichende Angaben gemacht hat (400 Arbeitsplätze), erachtet die Kammer die dem Protokoll entnommene Zahl mit Blick auf dessen zeitliche Nähe zu den damaligen Verhältnissen als zuverlässiger. Der Zeuge hat seine Angabe in der Hauptverhandlung auch ausdrücklich nicht als sichere Erinnerung gekennzeichnet („ich glaube“).
2634Die im Jahr 2006 im Bankhaus bestehende Erwartung einer Fortsetzung des Expansionsprozesses haben alle hierzu befragten Zeugen, insbesondere die Mitarbeiter aus der Abteilung Facility Management bestätigt. Dass gerade auch die persönlich haftenden Gesellschafter hiervon ausgingen, zeigt etwa das in die Hauptverhandlung eingeführte Protokoll der Gesellschafter- und Aktionärspoolversammlung vom 19. Juni 2007. Noch zu diesem Zeitpunkt führte der Angeklagte K danach aus, dass die mit der Konzernverlagerung nach Luxemburg durchgeführte Internationalisierung „mit weiteren Wachstumsschüben in Deutschland“ einhergehe. Mit Blick hierauf seien in Deutschland mehrere neue Liegenschaften erworben worden, darunter auch die Liegenschaft in der B-Straße. Hierzu passt, dass alle Zeugen aus der Abteilung Facility Management des Bankhauses darauf hingewiesen haben, dass eine im Jahr 2006 gesuchte neue Liegenschaft in Frankfurt nach Möglichkeit auch Platz für zusätzliche Mitarbeiter bieten sollte.
2635Das in dieser Zeit bestehende Bestreben, die in Frankfurt verteilten SOP-Mitarbeiter an einem neuen, „eigenen“ Standort zusammenzuführen, haben alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter geschildert. Über den Wunsch, gerade in Frankfurt nicht mehr von Drittvermietern abhängig zu sein, haben insbesondere die Zeugen M3 und L1 berichtet. Letzterer hat hierzu wörtlich ausgeführt: „Es war allen eigentlich klar und in allen Diskussionen wurde klar, dass wir in Frankfurt irgendwann auch mal wieder Eigentum haben wollten, weil die Frankfurter Mieten sich wirklich wie im Schweinezyklus bewegten“. Auch der Zeuge G2 hat – hierzu passend – bekundet, dass ab dem Jahr 2005 im Bankhaus die „Grundhaltung“ geherrscht habe, „dass man das, wo Bankgeschäft drin passiert, auch als Objekt gerne besitzen möchte“. Seit dieser Zeit habe es eine „emotionale Aufladung“ derartiger Immobilien gegeben.
2636Die ersten Kontakte betreffend die Liegenschaft in der B-Straße zwischen den Zeugen L1 und C10 haben diese übereinstimmend wie festgestellt beschrieben. Die Hintergründe für den Verkaufswunsch der H33 haben der Kammer die Zeugen T16, C10 und Dr. W3 im Sinne der Feststellungen vermittelt, die alle detailreiche Erinnerungen an den gesamten Verkaufsprozess hatten.
2637Die Feststellungen zu den Eigenschaften des Gesamtgrundstücks (Flurstücke xxx, xxx und xxx) sowie der Gebäude B-Straße 23 („H11“) und 25 (Altbauvilla) beruhen insbesondere auf den Angaben des Sachverständigen A1. Er hat, auf der Grundlage einer Ortsbesichtigung sowie der Sichtung zahlreicher Unterlagen zu der Liegenschaft, deren Grunddaten, Beschaffenheit und Lage ausführlich beschrieben. Seine Angaben fügen sich in das von den Angeklagten selbst gezeichnete Bild sowie die Bekundungen aller hierzu befragten Zeugen, insbesondere der Zeugen aus der SOP-Abteilung Facility Management, des Zeugen T13 und des Zeugen C10 ein. Auch der sachverständige Zeuge Prof. Dr. M1, dessen Wertgutachten ergänzend in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, hat die Liegenschaft wie festgestellt beschrieben. Die Kammer hat sich zudem durch Inaugenscheinnahme zahlreicher Fotos und Pläne ein Bild von der Liegenschaft verschafft. Die Feststellungen zu dem – bereits vor der Besichtigung durch den Sachverständigen A1 und den sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1 - abgerissenen Gebäudeteil hinter der Altbauvilla (K-Straße 22, 22a) beruhen auf den übereinstimmenden und sich ergänzenden Angaben der Zeugen aus der SOP-Abteilung Facility Management, der Zeugen T13 und C10 sowie des Angeklagten E. Ergänzend hat die Kammer Fotos in Augenschein genommen, die auch den später abgerissenen Gebäudeteil zeigen und die die von den Zeugen bzw. dem Angeklagten E gemachten Angaben bestätigen.
2638Die Feststellungen zu den Eigentums- und Vermietungsverhältnissen der Gesamtliegenschaft im Jahr 2006 beruhen auf den Angaben der Zeugen C10 und J3, in die Hauptverhandlung eingeführten Eckdatenblättern der JEVV vom 29. Januar 2007 nebst Mietverträgen über die Liegenschaft sowie den gleichfalls eingeführten H33-Datenblättern zu den Objekten, die der Zeuge C10 dem Zeugen L1 am 30. Juni 2006 übersandte.
2639Die Gründe, die aus Sicht des Zeugen L1 für eine nähere Prüfung der Liegenschaft in der B-Straße als neuem, zentriertem SOP-Standort sprachen, hat dieser wie festgestellt geschildert.
2640Die festgestellte Erörterung der Liegenschaft in der Partnersitzung vom 27. Juni 2006 hat die Kammer dem in die Hauptverhandlung eingeführten Protokoll zu dieser Sitzung entnommen. Sie ist auch durch den Zeugen L1 und den Angeklagten O ausdrücklich bestätigt worden.
2641Der Zeuge L1 hat die Übersendung der in die Hauptverhandlung eingeführten H33-Datenblätter durch den Zeugen C10 an ihn wie festgestellt geschildert und diese, nachdem er sie sich in der Hauptverhandlung angeschaut hatte, eindeutig wiedererkannt. Der Zeuge C10 hat eine entsprechende E-Mail-Korrespondenz grundsätzlich bestätigt und auf optischen Vorhalt der Datenblätter erklärt, dass es sich dabei um die dem Zeugen L1 überlassenen handeln könnte. Der festgestellte Übersendungsvorgang ergibt sich außerdem aus der in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail des Zeugen C10 an den Zeugen L1 vom 30. Juni 2006.
2642Die Feststellungen dazu, dass und warum der an die Altbauvilla anschließende Bestandsbau (K-Straße 22, 22a) nach Prüfung durch die hiermit befassten Personen als für die Zwecke von SOP ungeeignet angesehen wurde, beruhen auf den übereinstimmenden Angaben der Zeugen L1, G4, Y6, M3 und T13. Alle Zeugen haben dabei unterstrichen, dass insbesondere die Realisierung eines großen Handelsraums dort nicht möglich gewesen sei, was maßgeblich zum Votum für einen Neubau geführt habe. Der Zeuge L1 hat zudem bekundet, dass der Bestandsbau auch im Übrigen – mithin unabhängig von der Handelsraumfrage – hinsichtlich seines Zuschnitts (Flächeneffizienz) und Zustands (Sanierungsbedürftigkeit) für die Zwecke einer Nutzung durch das Bankhaus unbefriedigend gewesen sei. Mit der „vorhandenen Substanz“ habe man „wirklich nichts anfangen können“. Das Gebäude habe eine „Uraltverkabelung“ gehabt und sei in einem „verlebten Zustand“ gewesen. Die Sanierungsbedürftigkeit dieses Gebäudeteils hat auch der Zeuge C10 bestätigt.
2643Die daraufhin erfolgte Kontaktaufnahme zum Zeugen T13 haben dieser sowie die Zeugen aus der SOP-Abteilung Facility Management wie festgestellt geschildert. Die Vorgabe an den Zeugen T13, den Neubau so zu planen, dass in der Gesamtliegenschaft insgesamt rund 600 Arbeitsplätze entstehen würden, hat der Kammer insbesondere der Zeuge L1 vermittelt. Seine dahingehende Aussage fügt sich in die ersten Planungsentwürfe des Zeugen T13 ein, die der Zeuge L1 in der Partnersitzung vom 21. November 2006 ausweislich des in die Hauptverhandlung eingeführten Protokolls vorstellte. Hier führte er aus, dass in dem neu zu bauenden Gebäudeteil 424 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen würden. Hinzu kämen 22 Arbeitsplätze in der Altbauvilla sowie ca. 130 Arbeitsplätze im „H11“-Gebäude. Diese Größenordnung („ca. 400 Arbeitsplätze“ allein im Neubau und der Altbauvilla) hat auch der Zeuge M3 angegeben.
2644Die Feststellung, dass damit eine Gesamtliegenschaft geschaffen werden sollte, die noch Raum für weiteres (Personal-)Wachstum von SOP in Frankfurt böte, beruht zunächst auf den Angaben des mit dem Standort Frankfurt in besonderem Maße vertrauten Angeklagten P. Dieser hat erklärt, nicht von einer (anfänglichen) vollständigen Eigennutzung der Liegenschaft durch SOP selbst ausgegangen zu sein. Ihm habe sich das „H11“-Gebäude als zunächst an Dritte (weiter) zu vermietende Raumreserve dargestellt. Diese grundsätzliche Konzeption haben auch die Zeugen L1, M3 und G4 im Kern bestätigt, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Der Zeuge L1 hat den Umfang der zur Verfügung stehenden Raumreserve als eher gering eingestuft. Er hat hierzu ausgeführt, dass er eine Gesamtkapazität von 600 Arbeitsplätzen als „sehr knapp“ für den nach seiner damaligen, auf weiteres Wachstum ausgerichteten Prognose voraussichtlich bei Fertigstellung des Neubaus bestehenden Bedarf des Bankhauses eingeschätzt habe. Wörtlich hat er erklärt: „Die 600 Arbeitsplätze wären mehr oder weniger vom ersten Tag an alle verplant gewesen. […]. Es kann sein, dass 20 oder 30 Arbeitsplätze noch Wachstumsmöglichkeiten gewesen wären, aber wir hätten den Laden schon voll gekriegt“. Der Zeuge M3 hat das Konzept deutlicher im Sinne der Angaben des Angeklagten P beschrieben. Er hat lediglich darauf verwiesen, dass nicht bereits der geplante Neubau allein eine Größe gehabt habe, die auf Wachstum gesetzt hätte. Der besondere „Charme“ der Gesamtliegenschaft habe darin gelegen, dass „durch das selbstständige Gebäude B-Straße 23“ die Möglichkeit bestanden habe zu sagen: „je nachdem, wie stark O Frankfurt zu dem Zeitpunkt auch sich mal entwickelt, da gibt es die Möglichkeit, auch Leute reinzusetzen […] und es gibt auch die Möglichkeit zu vermieten.“ Er habe sich mit Blick auf die Unterbringung des SOP-Personals gesagt: „Es wird knapp, aber durch das Gebäude H11 kriegen wir es hin.“ Der Zeuge G4 schließlich hat zur Kapazität der Liegenschaft bekundet: „Da waren natürlich mehr Flächen drin als die, die wir gebraucht hätten, den Rest hätte man natürlich vermietet. Das war ein bisschen zu groß für die Bank“. Die Feststellungen werden auch dadurch bestätigt, dass der Angeklagte K ausweislich des in die Hauptverhandlung eingeführten Protokolls in der Sitzung des Aktionärsausschusses vom 19. Oktober 2006 im Zusammenhang mit Erläuterungen zur Liegenschaft in der B-Straße ausführte, dass „nach der Möglichkeit gesucht“ werde, „ein neues Gebäude mit erheblich mehr Raumkapazität zu beziehen“.
2645Die Feststellungen zu den baulichen Parametern des ersten Planungsentwurfs und zu den ersten Gesprächen mit dem Bauamt der Stadt Frankfurt beruhen auf den Angaben des Zeugen T13 sowie dessen in die Hauptverhandlung eingeführten Aktennotiz vom 7. September 2006.
2646Die positive Reaktion der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter auf die ersten Entwurfsüberlegungen für den Neubau haben diese selbst sowie die Zeugen T13 und L1 der Kammer übereinstimmend vermittelt. Die Feststellungen zu den zwischenzeitlichen Überlegungen eines Erwerbs der Liegenschaft in der Untermainanlage beruhen auf den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten P und des Zeugen L1, die bestätigt worden sind durch das in die Hauptverhandlung eingeführte Protokoll der Partnersitzung vom 19. September 2006 sowie die ebenfalls eingeführte E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Zeugen L1 und dem Angeklagten P vom 25. September 2006.
2647Die ersten Gespräche über die Kaufpreisvorstellungen der H33 zwischen den Zeugen L1 und C10 haben diese wie festgestellt geschildert. Der Betrag von 50 Mio. € findet sich auch auf einem auf den in die Hauptverhandlung eingeführten H33-Datenblättern aufgebrachten handschriftlichen Zusatz („7.9. C10, 50 geboten“), zu dem der Zeuge L1, nachdem er sich ihn in der Hauptverhandlung angeschaut hatte, erklärt hat, dass es sich um seine Handschrift handele. Der Zeuge T16 hat als Grundlage für diese Kaufpreisvorgabe die der H33 vorliegenden Wertgutachten zu der Liegenschaft genannt. Er hat auch erklärt, diese Gutachten SOP nicht zur Verfügung gestellt zu haben. Damit hat er die Angaben des Zeugen L1 bestätigt, der bekundet hat, dass SOP bis zur Einigung über den Kaufpreis mit der H33 ein Wertgutachten zu der Liegenschaft nicht vorgelegen habe. Im Bankhaus sei lediglich eine „pro forma Bewertung“ gemacht worden. Man habe das „Pi mal Daumen gerechnet“ und festgestellt, dass der im Raum stehende Kaufpreis „auch unter Berücksichtigung, dass“ das Bankhaus die Liegenschaft „teilweise abreißen und neu bauen musste[n], ein guter Preis bei dieser Lage“ gewesen sei.
2648Die Angeklagten J und K haben bestätigt, für das Bankhaus in die finalen Kaufpreisverhandlungen mit den Vertretern der H33 eingebunden gewesen zu sein. Die Angeklagten O und P haben eine eigene Einbindung bestritten. Auf eine solche weist auch nichts hin.
2649Der Zeuge L1 hat auf Vorhalt seiner in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail vom 25. September 2006 an die Angeklagten K und J („anbei die beiden Datenblätter von H33 zur BoLa 23 und 25 für Ihren Termin morgen“) ausdrücklich bestätigt, diesen die vom Zeugen C10 erhaltenen Datenblätter übermittelt zu haben.
2650Den Verlauf des Gesprächs vom 26. September 2006 haben die Zeugen Dr. W3 und T16 übereinstimmend wie festgestellt geschildert. Die Bekundungen fügen sich auch in den Inhalt eines die besprochenen Punkte zusammenfassenden, in die Hauptverhandlung eingeführten Schreibens des Bankhauses an die H33 vom 27. September 2006 ein. Dass die Angeklagten K und J zu diesem Zeitpunkt bereits an die Möglichkeit dachten, die Liegenschaft in einen vom Angeklagten E aufzulegenden Immobilienfonds einzubringen, hat die Kammer insbesondere aus dem Umstand geschlossen, dass der Angeklagte J den Zeugen L1 ausweislich der in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail noch am 26. September 2006 um Einbindung des Zeugen H2 bzw. des Angeklagten E in das Besprechungsergebnis bat. Eine derartige detaillierte Einbindung mit der Aufforderung, ggf. „zusätzliche Bedingungen“ zu nennen, ist für die Kammer nicht plausibel mit der Absicht der bloßen Vergabe von Bautätigkeiten an Firmen der OEH erklärbar. Auch hat kein Angeklagter oder Zeuge von Überlegungen berichtet, die Liegenschaft weder durch die Bank selbst noch durch einen durch den Angeklagten E aufzulegenden Immobilienfonds, sondern durch eine andere von der Bank „benannte Rechtsperson“ zu erwerben. Die verwendete Formulierung ist vor diesem Hintergrund für die Kammer plausibel nur mit Blick auf die schon zu diesem Zeitpunkt bestehende und kurze Zeit später auch umgesetzte Überlegung der Einbringung der Liegenschaft in einen O-E-Fonds erklärbar.
2651Die unter dem 26. September 2006 erfolgte Übersendung von Planungsunterlagen für das Projekt B-Straße durch den Zeugen T13 an den Angeklagten E ergibt sich aus dem in die Hauptverhandlung eingeführten Anschreiben hierzu.
2652Die Übersendung eines ersten Kaufvertragsentwurfs durch die H33 an den Zeugen L1 ergibt sich aus einer in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail vom 16. Oktober 2006. Dass es sich bei der Verfasserin dieser E-Mail (H15 ) um die Leiterin der Rechtsabteilung der H33 handelte, hat der Kammer der Zeuge J3, ein Mitarbeiter dieser Abteilung, vermittelt.
III. Festellungen zur Entscheidung für die Einbringung der Liegenschaft in eine GbR-Fondskonstruktion (Teil 1, E., II., (2))
2653Die Feststellungen zu den Hintergründen für die sich konkretisierenden Überlegungen zur Einbringung der Liegenschaft in eine Fondskonstruktion beruhen maßgeblich auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten K. Diese fügen sich auch in die Angaben der Angeklagten O und P ein. Beide haben insbesondere die Angabe des Angeklagten K bestätigt, wonach der Fondskonstruktion nicht etwa wegen besonderer, im Kreise der Partnerschaft diskutierter Vorteile für das Bankhaus letztlich der Vorzug gegeben wurde, sondern hierbei vielmehr die Interessen der in Aussicht genommenen Fondszeichner – hier insbesondere der A.C12 bzw. ihrer Erben – im Vordergrund standen. Der Angeklagte J, der für Rückfragen nicht zur Verfügung stand, hat sich zu diesem Punkt nicht erklärt. Den Feststellungen Entgegenstehendes hat er nicht geschildert. Aus dem Umstand, dass die übrigen drei Partner die Hintergründe für die Einbringung der Liegenschaft in eine Fondskonstruktion übereinstimmend im Sinne der Feststellungen geschildert haben, schließt die Kammer aus, dass diese Kenntnis beim Angeklagten J nicht vorgelegen haben könnte.
2654Die Feststellungen zur Sitzung des Aktionärsausschusses vom 19. Oktober 2006 hat die Kammer anhand des in die Hauptverhandlung eingeführten Sitzungsprotokolls getroffen. Der Zeuge Oe hat auf Vorhalt des Protokolls den festgestellten Inhalt der Ausführungen des Angeklagten K bestätigt. Die Zeugen N3, Dr. Z7 und N4 haben sich an die konkrete Sitzung nicht mehr zu erinnern vermocht. Sie alle haben aber – wie der Zeuge Oe – bekundet, dass es nach ihrer Erinnerung zu keinem Zeitpunkt in ihrem Beisein zu Diskussionen oder Beschlussfassungen betreffend die verschiedenen ErwerbSOPtionen gekommen sei. Derartiges findet sich auch in keinem der eingeführten Gremiensitzungsprotokolle.
2655Die konkreten Entscheidungswege, über die letztlich die Entscheidung für die Fondskonstruktion getroffen wurde, konnten in der Hauptverhandlung im Einzelnen nicht sicher aufgeklärt werden. Keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter hat hierzu präzise Angaben gemacht. Der Angeklagte E hat erklärt, in die interne Entscheidungsfindung des Bankhauses nicht einbezogen worden zu sein. Kein Zeuge hat hierzu Ergiebiges bekundet. Auch Urkunden vermochten diesen Punkt nicht näher aufzuklären. Die Angeklagten O und P haben lediglich erklärt, vom Angeklagten K mitgeteilt bekommen zu haben, dass das Projekt über eine GbR realisiert werden solle. Kein Angeklagter hat erklärt, dass es hierüber zu einer förmlichen Beschlussfassung aller Partner nach entsprechender Beratung gekommen wäre. Derartiges ist – dies bestätigend – auch in keinem Partnersitzungsprotokoll aus dem betreffenden Zeitraum niedergelegt. Zugleich hat aber keiner der Angeklagten erklärt, dass er selbst oder andere Partner sich der GbR-Lösung widersetzt hätten. Die Feststellungen betreffend die innere Einstellung des Angeklagten P zu dieser Konstruktion beruhen auf dessen insoweit glaubhaften Angaben.
2656Den Beginn der Konzeptionierung der GbR im November 2006 durch den Angeklagten E hat dieser wie festgestellt geschildert.
2657Die Feststellungen zur GbR Köln E-Straße beruhen auf den Angaben der Zeugen L2 und L1. Die Beteiligung von Gesellschaftern von SOP an dieser GbR ist durch eine anhand der Asservate gefertigte, auszugsweise verlesene Zusammenstellung der Polizei zu den Anteilsverhältnissen an O-E-Fonds bestätigt worden. Die festgestellte, von den Zeugen beschriebene langfristige Vermietung der Immobilie in der E-Straße an das Bankhaus ist auch dem in die Hauptverhandlung eingeführtenGutachten über den Verkehrswert des Erbbaurechts an dieser Liegenschaft aus dem September 2006 sowie der ebenfalls eingeführten Entscheidungsvorlage zum Ankauf des Erbbaurechts durch SOP vom 19. Oktober 2007 zu entnehmen. Aus dem Gutachten ergibt sich auch die maßgebliche Berücksichtigung gerade des Barwerts des mit SOP abgeschlossenen Mietvertrags für die Wertermittlung. Der die Entscheidungsvorlage umsetzende Erbbaurechtskaufvertrag vom 16. November 2007 ist ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
IV. Feststellungen zur Fondskonzeption (Teil 1, E., II., (3))
2658Die Vorgänge um die weitere Ausarbeitung des Kaufvertrages über die Liegenschaft hat der Zeuge J3, der als Mitarbeiter der Rechtsabteilung der H33 hiermit befasst war, wie festgestellt bekundet. Dass weder die Rechtsabteilung der Bank noch deren Abteilung Facility Management hierin eingebunden waren, haben der Kammer vor allem die Zeugen L1 und Dr. C3, der zu diesem Zeitpunkt Syndikus in der Rechtsabteilung war, vermittelt. Die Aussage des Zeugen Dr. C3, wonach er erstmals im Jahr 2009 mit dem Projekt B-Straße in Berührung gekommen sei, fügt sich auch in die Angaben seines damaligen Vorgesetzten, des Zeugen Dr. T12, ein. Dieser hat bekundet, dass die Rechtsabteilung des Bankhauses typischerweise mit Themen aus dem Bereich O-E nicht befasst worden sei. Die Hauptverhandlung hat auch keinerlei Anhaltspunkte dafür erbracht, dass dies im Hinblick auf den Grundstückskaufvertrag anders gewesen sein könnte.
2659Die Feststellungen zur Erörterung des Projekts B-Straße in der Partnersitzung vom 21. November 2006 hat die Kammer anhand des in die Hauptverhandlung eingeführten Sitzungsprotokolls getroffen. Der Zeuge L1 hat auf Vorhalt des Protokolls auch bestätigt, die Planungen des Zeugen T13 in der Sitzung präsentiert zu haben.
2660Der festgestellte Erhalt der Mietverträge betreffend das „H11“-Gebäude sowie weiterer Informationen zu den Flächen (insbesondere zur BGF) durch den Angeklagten E bzw. dessen Mitarbeiter bis Ende Januar 2007 ergibt sich aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Übersendungsschreiben der Q34 bzw. des Büros des Zeugen T13 aus dem Januar 2007. Diese tragen jeweils auch einen Eingangsstempel der E-Firmen. Der Angeklagte E hat den Erhalt dieser Informationen zum Zwecke seiner Fondskalkulation auch ausdrücklich bestätigt.
2661Die Feststellungen zur BGF und den marktüblich in gewerblichen Mietverträgen zugrunde gelegten Flächeneinheiten beruhen auf der Beratung der Kammer durch den Sachverständigen A1.
2662Der Angeklagte E hat in einer Verteidigererklärung, deren Inhalt er sich ausdrücklich zu Eigen gemacht hat, im Sinne der Feststellungen vortragen lassen, generell bei der Kalkulation von Grundstücksgesellschaften – und so auch bei dem Projekt B-Straße – „Grundsätze“ angewandt zu haben, die ihm „von O in langjähriger Zusammenarbeit seit den frühen 1980er Jahren vorgegeben“ gewesen seien und die „jahrelanger Übung“ entsprochen hätten. So sei „im Bankhaus bekannt“ gewesen, dass er „immer – und so auch bei der B-Straße – auf Basis der Bruttogeschossfläche (BGF) kalkuliert“ habe. Dies sei bei dem Projekt B-Straße „vor allen Dingen dem Umstand geschuldet“ gewesen, „dass die Kalkulation für ein Objekt aufgestellt werden musste, dessen innere Gliederung in Räume, Nutz-, Verkehrs- und Funktionsflächen sich erst durch die Wünsche von O als zukünftiger Mieterin im Verlauf der weiteren Planungen konkretisieren sollte“. In späteren unmittelbar eigenen Erklärungen hat der Angeklagte E sodann sein typisches Kalkulationsvorgehen wie festgestellt näher erläutert.
2663Die Kammer hat den Angaben des Angeklagten E Glauben geschenkt. Sie werden – neben dem tatsächlichen Vorgehen des Angeklagten E bei dem Projekt B-Straße – insbesondere bestätigt durch die Bekundungen des Zeugen L2. Dieser war im Bankhaus maßgeblich für die Betreuung der Kunden der O-E-Fonds zuständig und hatte daher besonders tiefen Einblick in deren Funktionsweise. So hat er etwa zur Bezugsgröße der Miete bei derartigen Fonds ausgeführt: „Der Marktstandard ist, dass man nicht die BGF nimmt, sondern die echt vermietbare Fläche. Aber das war eine Besonderheit bei den E-Fonds, dass da immer die BGF vermietet worden ist“. Auch das Konzept der im Wesentlichen am Investitionsaufwand ausgerichteten „Soll-Miete“ hat der Zeuge L2 bestätigt. Wörtlich hat er hierzu ausgeführt: „Ich hab das immer so verstanden, dass man bei den O-E-Fonds eher über Investitionsmieten spricht, d.h. der Mieter hat spezielle Wünsche und die werden über die Miete abgegolten. Deshalb sind die Mieten dann nicht unbedingt vergleichbar, weil ein anderer Mieter diese Miete unter Umständen nicht zahlen würde.“
2664Die Feststellungen zu den Fondskalkulationen des Angeklagten E bis Februar 2007 beruhen auf den dort genannten, in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden sowie den Erläuterungen des Angeklagten E hierzu. Die Flächenaufstellungen des Zeugen T13, denen der Angeklagte E die Flächenangaben für das in die Hauptverhandlung eingeführte Eckdatenblatt vom 1. Februar 2007 entnahm, sind nebst Anschreiben des Zeugen T13 an den Angeklagten E vom 31. Januar 2007 zudem unmittelbar in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Darauf, dass das „H11“-Gebäude – mit Ausnahme der Verbindungsbrücke – zu keinem Zeit Gegenstand seiner Planungen war, hat der Zeuge T13 wiederholt hingewiesen. Die Hauptverhandlung hat auch keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass dies tatsächlich anders gewesen sein könnte.
2665Die letztlich verworfenen Überlegungen, den aufzulegenden Fonds auch Kunden des Bankhauses anzubieten, haben die Angeklagten O und K sowie der Zeuge L2 übereinstimmend im Sinne der Feststellungen geschildert.
2666Der Zeuge L2 hat, nachdem er es sich in der Hauptverhandlung angeschaut hatte, ausdrücklich bestätigt, dass ihm das durch den Angeklagten E erstellte Eckdatenblatt vorgelegen habe. Weder der Angeklagte K noch der Angeklagte O haben bestritten, dass dies auch bei ihnen der Fall war. Der Angeklagte O hat hierzu lediglich erklärt, nicht mehr sagen zu können, ob ihm das Eckdatenblatt seinerzeit vorlag. Das könne aber „durchaus sein“. Er habe sich aber „sicher nicht auf´s Blaue hin beteiligt, so: mach mal!“. Dass auch die Angeklagten O und K von dem Eckdatenblatt Kenntnis nahmen, schließt die Kammer zum einen aus dem Umstand, dass eine – von beiden Angeklagten geschilderte – Einbindung in Überlegungen einer Fremdvermarktung des Fonds nur bei Kenntnis der gerade im Eckdatenblatt niedergelegten Grunddaten des Fonds plausibel ist. Zum anderen und vor allem erscheint der Kammer die spätere eigene, erhebliche Beteiligung der beiden Angeklagten an dem Fonds ohne Kenntnis dieser Eckdaten – ganz im Sinne der Äußerung des Angeklagten O – als ausgeschlossen. Dem entspricht es, dass der Angeklagte E ausdrücklich erklärt hat, der – von allen späteren GbR-Gesellschaftern unterzeichneten – Entscheidungsvorlage vom 12. Februar 2007 das Eckdatenblatt beigefügt zu haben.
2667Die Feststellungen zum durch den Angeklagten O dem Angeklagten E am 7. Februar 2007 übermittelten Platzierungsvorschlag für die zu gründende GbR beruhen auf seiner Einführung in die Hauptverhandlung. Der Angeklagte O hat das Dokument, nachdem er es sich in der Hauptverhandlung angeschaut hatte, auch wiedererkannt und bestätigt, dass seine Handschrift auf ihm aufgebracht ist.
2668Die Feststellungen zu den Generalvollmachten des Angeklagten E beruhen auf deren Einführung in der Hauptverhandlung. Der Angeklagte K hat auf Nachfrage erklärt, dass die von ihm erteilte Vollmacht noch bis in die Jahre 2010/2011 hinein bestanden habe. Auf die dem Angeklagten E durch A.C12 erteilte Generalvollmacht hat etwa auch der Angeklagte O wiederholt hingewiesen. Dass deren besonders hohe Beteiligung maßgeblich auf die – im Partnerkreis auch nach den Angaben der Angeklagten O und P allgemein bekannten – erbschaftsteuerlichen Erwägungen zurückzuführen war, hat der Angeklagte K ausdrücklich bestätigt.
2669Die Feststellungen dazu, dass es bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Grundstücksgesellschaft gab, an der lediglich Gesellschafter des Bankhauses sowie die Familie E beteiligt waren, beruhen auf den Angaben des Zeugen L2.
2670Die Feststellung, dass Diskussionen über die Fondszusammensetzung oder Einladungen zur Mitzeichnung in keinem Bankgremium stattfanden, beruht auf den insoweit übereinstimmenden Angaben der Angeklagten K und O. Auch die Angeklagten P und J haben Abweichendes nicht geschildert. Die Angaben der Angeklagten K und O decken sich auch mit den übereinstimmenden Angaben aller vernommenen Mitglieder des Aktionärsausschusses bzw. Aufsichtsrats. Auch die eingeführten Gremienprotokolle weisen Diskussionen über den Zeichnerkreis an keiner Stelle aus.
2671Eine Beteiligung der Angeklagten J und P an den Entscheidungsprozessen hinsichtlich der konkreten GbR-Zusammensetzung oder ein Angebot an sie zur Mitzeichnung fand nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht statt. Eine solche Einbindung hat der Angeklagte J nicht geschildert. Der Angeklagte P hat ausdrücklich erklärt, nicht gefragt worden zu sein, ob er sich an der Gesellschaft beteiligen wolle. Der Angeklagte O hat bestätigt, die Angeklagten P und J nicht auf eine Fondsbeteiligung angesprochen zu haben. Auch hat er keinerlei Beteiligung der beiden Angeklagten an dem Prozess der konkreten Fondszusammensetzung geschildert. Der Angeklagte K hat sich nicht daran erinnern können, die Angeklagten P und J auf eine Mitzeichnung angesprochen zu haben. Der Angeklagte J habe bereits frühzeitig im Bankhaus zu erkennen gegeben, dass er für „so lang laufende Investments zu alt“ sei. Auch der Angeklagte K hat keinerlei Einbeziehung der Angeklagten P und J in den Prozess der konkreten Fondszusammensetzung geschildert. Hierfür hat die Hauptverhandlung auch sonst keine Anhaltspunkte erbracht.
2672Die Feststellungen zur Entscheidungsvorlage vom 12. Februar 2007 beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung.
2673Die Feststellungen zur Bedeutung des Begriffs der „mieterspezifischen (Sonder-)Wünsche“ im Rahmen der O-E-Fonds beruhen auf den Angaben des Angeklagten E, die durch die Angaben des Zeugen Prof. Y4, der langjährig in die Projektsteuerung von O-E-Fonds einbezogen war, bestätigt worden sind. Die Hintergründe für die Aufnahme eines Vorbehalts für eine Aufwandserhöhung wegen derartiger Wünsche in die Entscheidungsvorlage vom 12. Februar 2007 betreffend das Projekt B-Straße hat der Angeklagte E wie festgestellt geschildert.
V. Feststellungen zur Erstellung der Kreditprotokolle für die Fondsfinanzierung (Teil 1, E., II., (4))
2674Der Zeuge L2 hat die Hintergründe des Zustandekommens seiner in die Hauptverhandlung eingeführten Notiz vom 27. Februar 2007 wie festgestellt geschildert. Seinen Angaben schenkt die Kammer Glauben. Seine Schilderung, weshalb er in seiner Notiz die dem Eckdatenblatt entnommene Fläche als „Bürofläche“ bezeichnete, ist für die Kammer mit der Lebenserfahrung in Einklang zu bringen. Die Angabe des Zeugen, wonach im Zusammenhang mit O-E-Fonds die Miete stets auf die BGF bezogen war, lässt den Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung dieses Umstandes in für den internen Bankgebrauch bestimmten Dokumenten jedenfalls als nicht fernliegend erscheinen. Die stattdessen gewählte, eher untechnische Bezeichnung als „Bürofläche“ ist mit Blick auf den Verwendungszweck der Gesamtliegenschaft nachvollziehbar. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass dem Zeugen L2 nach dessen eigenen Angaben nicht vor Augen stand, dass die Fläche von rund 19.900 m2 auch unterirdische BGF – und damit auch nach allgemeinem Sprachgebrauch schwerlich als Bürofläche zu bezeichnende Flächen - enthielt. Diese Unkenntnis des Zeugen L2, der wiederholt auf die äußerst geringe Dokumentenlage in seiner Abteilung bei dem Projekt B-Straße im Vergleich zu anderen Immobilienprojekten hingewiesen hat, ist auch ohne weiteres nachvollziehbar. Denn dem Eckdatenblatt des Angeklagten E, das dem Zeugen zu den Flächenangaben allein vorlag, ist die Einbeziehung von Untergeschossen in die Mietflächen gerade nicht zu entnehmen. Es spricht vielmehr von der „Errichtung eines Neubaus von ca. 11.809,00 m2 BGF über der Tiefgarage“. Tatsächlich waren in diese Zahl aber die – nach dem damaligen Planungsstand bestehen bleibenden – Untergeschosse mit einer BGF von 3.855,39 m2 einbezogen. Dass der Zeuge L2 die Fläche in seiner Notiz zudem als „moderne“ Bürofläche bezeichnete, ist ebenfalls zwanglos mit der Formulierung des Eckdatenblatts zu erklären, wonach neben der Errichtung des Neubaus auch die Renovierung der bestehenden bleibenden Substanz geplant sei. Die Kammer schenkt auch den Angaben des Zeugen L2 Glauben, wonach dieser für die Plausibilisierung der Marktüblichkeit der angesetzten Miete mit einem – in seiner Notiz dann allerdings nicht kenntlich gemachten – pauschalen „BGF-Zuschlag“ von 10 bis 20 % gearbeitet hat. Auch der Sachverständige A1 hat der Kammer einen derartigen Richtwert zur Umrechnung von BGF (allerdings jedenfalls ohne Tiefgaragenstellplätze) in die in Frankfurt marktüblich zugrunde gelegte Mietfläche vermittelt. Dass der Zeuge L2 mit diesem Wert arbeitete, ist wiederum damit erklärbar, dass er um die Einbeziehung von im Wesentlichen aus Tiefgaragenstellplätzen bestehenden Untergeschossen in die im Eckdatenblatt genannte Fläche nicht wusste. Dass der Zeuge L2 es zum Zwecke der Erstellung der Kreditprotokolle überhaupt bei einer derart groben Beurteilung des angesetzten Mietzinses beließ (der Zeuge wörtlich: „Es ging ja nur darum, eine ungefähre Vorstellung davon zu haben, ob das im marktüblichen Bereich liegt“), ist für die Kammer plausibel dadurch zu erklären, dass die durch SOP erfolgten Vor- bzw. Zwischenfinanzierungen von O-E-Fonds nach den Angaben sämtlicher hiermit befasster Zeugen ganz vorrangig auf die Bonität der Kreditnehmer abgestellt waren. Eine vertiefte Bewertung des Objekts selbst war somit gar nicht veranlasst.
2675Anhaltspunkte für eine Verschleierungsabsicht des Zeugen L2 oder eine auf Verschleierung gerichtete Einflussnahme auf ihn, die von der Kammer erwogen worden sind, haben weder seine Aussage noch andere Beweiserhebungen in der Hauptverhandlung ergeben.
2676Den weiteren Fortgang bis zur Erstellung des in die Hauptverhandlung eingeführten Kreditprotokolls hat die Zeugin F5 wie festgestellt geschildert. Ihre Bekundungen fügen sich auch widerspruchslos in eine von ihr am 27. Februar 2007 verfasste, in die Hauptverhandlung eingeführte E-Mail an den Zeugen G2 ein, in der sie diesem den vom Zeugen L2 erhaltenen Sachstand mitteilte.
2677Die Feststellung dazu, dass die Bonitätseinschätzung der persönlichen haftenden Gesellschafter bzw. der Kommanditaktionäre des Bankhauses ganz wesentlich vom Wert des Bankhauses abhing, beruht vor allem auf den Angaben des Zeugen G2, der mit der Rating-Erstellung langjährig befasst war. Auch die Zeugen V1 und C4, die als Wirtschaftsprüfer im Bankhaus tätig waren, haben auf diesen Umstand hingewiesen. Der Angeklagte O hat diesen Befund ausdrücklich bestätigt. Er hat hierzu ausgeführt, dass es durch den – maßgeblich mit Mitteln des Konsortiums erfolgten – Erwerb der X28-Bank im Jahr 2005 „zu einem viel stärkeren Zusammenhang, einer vielleicht erstmals so bestehenden Wechselwirkung zwischen der Entwicklung des Bankhauses und dem Vermögens-, will sagen Bonitätsstatus der Partner kommen konnte“. Der Einsatz der Mittel des Konsortiums habe zu einer „Reduzierung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Gesellschafter zu Gunsten einer Investition in die Bank“ geführt. Es sei bereits im Jahr 2005 „klar“ gewesen, „dass positive oder negative Entwicklungen des Bankkonzerns größere Auswirkungen auf die Vermögenssituation der Gesellschafter haben“ würden als vor dem Erwerb der X28-Bank. Dieser habe gleichzeitig dazu geführt, dass die Vermögenslage der Gesellschafter mit dem gesamten Bankensektor stärker und unmittelbarer verknüpft war.
2678Die Beifügung der in die Hauptverhandlung eingeführten Notizen der Zeugen L2 und F5 vom 27. Februar 2007 als Anlagen zu den Kreditprotokollen sowie deren Abzeichnung durch die in den Feststellungen genannten Beteiligten ergibt sich aus dem exemplarisch in die Hauptverhandlung eingeführten Kreditprotokoll betreffend die Finanzierung des Angeklagten O, das die Zeugin Y5 in der Hauptverhandlung auf optischen Vorhalt erläutert hat. Sie hat sich erinnert, die Kreditvorlagen betreffend das Projekt B-Straße – wie üblich – auch mit dem Zeugen Ob persönlich besprochen zu haben. An die genauen Inhalte dieses Gesprächs hatte die Zeugin aber keine Erinnerung. Der Zeuge Ob hat sich in der Hauptverhandlung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO berufen.
VI. Feststellungen zur Gründung der GbR (Teil 1, E., II., (5))
2679Die Feststellungen zur Gründung der GbR und zum Inhalt des Gesellschaftsvertrages beruhen auf der in die Hauptverhandlung eingeführten Gesellschaftsvertragsurkunde.
VII. Feststellungen zum ersten Gesellschafterbeschluss aus März 2007 (Teil 1, E., II., (6))
2680Die Feststellungen zum ersten Gesellschafterbeschluss aus März 2007 beruhen auf dessen Einführung in die Hauptverhandlung. Die festgestellten Hintergründe für die dort aufgenommenen Überlegungen zum Abriss und Neubau der Tiefgarage beruhen auf den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten E sowie der Zeugen T13, M3 und G4.
VIII. Feststellungen zum Abschluss der Kreditverträge für die Fondsfinanzierung (Teil 1, E., II., (7))
2681Die Feststellungen zu den Kreditvereinbarungen beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung.
2682Die E-Mail der Zeugin F5 an den Zeugen L2 vom 17. März 2007 ist ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Dass hierauf keine weiteren Unterlagen in ihrer Abteilung eingingen, hat der Kammer die Zeugin F5 glaubhaft vermittelt.
IX. Feststellungen zu den Folgen der GbR-Struktur für die Einbindung der Abteilung Facility Management in das Projekt (Teil 1, E., II., (8))
2683Die hierauf bezogenen Feststellungen beruhen auf den übereinstimmenden und sich ergänzenden Angaben der Zeugen aus der Abteilung Facility Management bei SOP sowie der Zeugen T13 und Prof. Y4. Den fehlenden Einblick seiner Abteilung in Kostenfragen hat insbesondere der Zeuge L1 geschildert. Er hat bekundet, es habe bei dem Projekt „aus T keine Kostentransparenz“ gegeben.
X. Feststellungen zum Steuerberatungsvertrag (Teil 1, E., II., (9))
2684Die Feststellungen zum Steuerberatungsvertrag beruhen auf dessen Einführung in die Hauptverhandlung.
XI. Feststellungen zum nicht zu Stande gekommenen frühen Mietvertrag für die Gesamtliegenschaft (Teil 1, E., II., (10))
2685Die Feststellungen zur Entscheidungsvorlage vom 26. März 2007 beruhen auf ihrer Einführung in die Hauptverhandlung. Die Feststellungen zu deren Kalkulationsgrundlagen beruhen auf den Angaben des Angeklagten E. Dass es sich bei der dort genannten „Miete aus bestehenden Mietverträgen“ um die Summe der seitens der H33, H12, H13 und dem H14 zu dieser Zeit insgesamt für die „H11“ an die X22 gezahlten Mieten handelte, hat die Kammer auch den in die Hauptverhandlung eingeführten Eckdatenblättern der JEVV vom 29. Januar 2007 nebst Mietverträgen entnommen.
2686Die Übersendung eines der Entscheidungsvorlage entsprechenden Mietvertragsentwurfs durch den Angeklagten E an den Angeklagten K ergibt sich aus dem in die Hauptverhandlung eingeführten Übersendungsschreiben mit beigefügtem Mietvertragsentwurf. Der Angeklagte E hat diesen Vorgang auch ausdrücklich bestätigt. Vor diesem Hintergrund steht den getroffenen Feststellungen nicht entgegen, dass der Angeklagte K in der Hauptverhandlung keine Erinnerung hieran hatte. Bestritten hat er die Übersendung eines Mietvertragsentwurfs durch den Angeklagten E im März 2007 nicht.
2687Dass es nicht zu einem Abschluss des übersandten Mietvertrages kam, steht für die Kammer – neben dem Umstand, dass der in die Hauptverhandlung eingeführte Entwurf keine Unterschriften trägt – dadurch fest, dass kein Angeklagter – insbesondere auch der Angeklagte E nicht – und auch kein hierzu befragter Zeuge von einem im Jahr 2007 bereits abgeschlossenen Mietvertrag zwischen SOP und der GbR berichtet hat. Alle Beteiligten gingen vielmehr von einem in der Folge erst noch abzuschließenden Mietvertrag aus. Nur so sind auch die in den Jahren 2007 bis 2009 festgestellten weiteren Vorgänge betreffend die Konditionen einer Anmietung der Liegenschaft durch SOP erklärbar.
2688Die Hintergründe dafür, warum es zu einem Abschluss des im März 2007 übersandten Mietvertrages nicht kam, konnte die Kammer nicht aufklären. Der Angeklagte K hatte an den gesamten Vorgang keine Erinnerung. Kein anderer angeklagter persönlich haftender Gesellschafter oder Zeuge hat sich daran erinnern können, von der Übersendung eines Mietvertragsentwurfs auch nur Kenntnis erlangt zu haben. Auch der Angeklagte E hat keine Angaben dazu gemacht, warum es zum Abschluss des übersandten Vertrages nicht kam. Soweit dessen Verteidigung im Rahmen der Befragung des Angeklagten K angedeutet hat, der Grund für den im Jahr 2007 – anders als betreffend die Kölner A-Straße – nicht zu Stande gekommenen Mietvertrag über die Liegenschaft in der B-Straße könne in dem unterschiedlichen Bautenstand der beiden Objekte gelegen haben (A-Straße: „weitgehend fertiggestellt“, B-Straße: „noch gar keine Bautätigkeit“), hat der Angeklagte K lediglich diesen unterschiedlichen Bautenstand bestätigt. Eine Erklärung dazu, dass hierin auch der Grund für das Nichtzustandekommen des Mietvertrages betreffend die B-Straße gelegen habe, hat er – mit Blick darauf, dass er sich an den gesamten Vorgang nicht zu erinnern vermocht hat - aber nicht abgegeben. Die Kammer vermochte diese bloße Möglichkeit daher den Feststellungen nicht zugrunde zu legen. Weitere Ansätze, diese Frage näher aufzuklären, hat die Hauptverhandlung nicht ergeben.
2689Die gleichfalls am 27. März 2007 erfolgte Übersendung eines Mietvertragsentwurfs für das Objekt in der Kölner A-Straße ergibt sich aus einem in die Hauptverhandlung eingeführten entsprechenden Schreiben. Der im Juni 2007 abgeschlossene Mietvertrag über dieses Objekt ist ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
XII. Feststellungen zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag (Teil 1, E., II., (11))
2690Die Feststellungen zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag beruhen auf dessen Einführung in die Hauptverhandlung.
2691Dass ungesicherte Vorauszahlungen an Funktionsträgergesellschaften der OEH bei der Realisierung von O-E-Fondsprojekten üblich waren, hat der Kammer insbesondere der Zeuge L2 geschildert. Man habe insoweit dem Angeklagten E „vertraut“. Eine „Mittelverwendungskontrolle“ oder eine „Bautenstandskontrolle“ habe es im Bankhaus bei derartigen Projekten nicht gegeben. Man habe lediglich „geprüft“, ob „die Gelder so, wie im Gesellschaftsvertrag, im Finanz- und Investitionsplan niedergelegt, verwendet“ worden seien. Das Risiko einer zweckwidrigen Mittelverwendung sei „nie akut geworden“. Auch der Angeklagte J hat bestätigt, dass Vorauszahlungen „Standard bei O-E-Fonds“ gewesen seien. Hier habe sich „das damals noch unangefochtene Vertrauen der großen Gesellschafterstämme auf die bewährte Unternehmensverbindung von O mit E ausgewirkt“. Diese Praxis sei „auf Zeiten lange vor“ seinem Eintritt in die Bank zurückgegangen.
2692Die Feststellungen zu den BQA beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung. Die Zeugen L1, M3, G4, Y6 und Prof. Y4 haben hierzu übereinstimmend, erläuternd und ergänzend im Sinne der Feststellungen bekundet.
2693Die Feststellungen zum Projektentwicklungsvertrag zwischen der GEWG und der JEFP beruhen auf dessen Einführung in die Hauptverhandlung.
XIII. Feststellungen zur Anmietung erster Flächen in der „H11“ durch SOP (Teil 1, E., II., (12))
2694Die Feststellungen zur Anmietung erster Flächen in der „H11“ durch SOP von der X22 beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Mietvertrag, dessen Unterzeichnung durch ihn selbst und den Zeugen G4 der Zeuge L1, der sich den Vertrag in der Hauptverhandlung angeschaut hat, bestätigt hat.
2695Die Feststellungen dazu, dass die hierdurch angemieteten Flächen im Wesentlichen zunächst durch Mitarbeiter des Private Bankings bezogen wurden, beruhen auf den Angaben des – für diesen Bereich zuständigen – Angeklagten O, die der Zeuge M3 bestätigt hat. Diese Angaben fügen sich auch in die dem in die Hauptverhandlung eingeführten Sitzungsprotokoll entnommene Erklärung des Zeugen L1 in der Partnersitzung vom 21. November 2006 ein, wonach „Private Banking Frankfurt alsbald“ nach „bereits im Frühjahr 2007“ bestehender Bezugsreife des Gebäudes in der B-Straße 23 dorthin umziehen könne.
XIV. Feststellungen zur Entscheidung gegen die Beibehaltung der vorhandenen Tiefgarage unter dem Neubau (Teil 1, E., II., (13))
2696Den Anlass für den in die Hauptverhandlung eingeführten „1. Nachtrag zur Entscheidungsvorlage vom 26. März 2007“ hat der Angeklagte E wie festgestellt geschildert. Die im Jahr 2007 zunächst getroffene Entscheidung für den Abriss der im K-Straße 22 bestehenden Tiefgarage und eine viergeschossige Neuerrichtung haben auch etwa die Zeugen T13, L1 und G4 übereinstimmend bestätigt.
2697Die Kammer konnte zu den näheren Umständen der Unterzeichnung des Nachtrages durch die Angeklagten K und E und die hierzu ggf. besprochenen Inhalte keine Feststellungen treffen. Der Angeklagte K hat sich hierzu nicht erklärt und wiederholt darauf verwiesen, an Einzelheiten zu Kalkulationen und Berechnungen aus dem Bereich des Angeklagten E – auch soweit diese in von ihm (dem Angeklagten K) unterzeichneten und in die Hauptverhandlung eingeführten Dokumenten niedergelegt waren – keine oder nur eine schemenhafte Erinnerung zu haben. Auch der Angeklagte E hat zu etwaigen Gesprächsinhalten betreffend den 1. Nachtrag zur Entscheidungsvorlage vom 26. März 2007 nichts gesagt. Er hat hierzu in einer verlesenen Erklärung lediglich erklärt, diesen Nachtrag „ K vorgelegt“ zu haben. Dieser habe ihn sodann „zur Kenntnis genommen und genehmigt“.
2698Vor diesem Hintergrund konnte sich die Kammer nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte J und der Zeuge L1, die in dem Nachtrag erwähnt werden, in ihren Inhalt tatsächlich einbezogen worden sind.
2699Der Zeuge L1 hat erklärt, sich lediglich an ein einziges Gespräch aus dieser Zeit mit dem Angeklagten E über die Mietbelastungen von SOP bei einer in Aussicht genommenen Gesamtanmietung der Liegenschaft zu erinnern. Dieses habe er am Telefon geführt. Auf Vorhalt der in die Hauptverhandlung eingeführten und in den Feststellungen beschriebenen Notiz des Angeklagten E vom 16. Juni 2007 hat der Zeuge L1 erklärt, dass hierin das von ihm erinnerte Telefongespräch mit dem Angeklagten E angesprochen werde. Der Zeuge hat sich detailreich daran erinnert, dieses Gespräch samstags morgens in seinem Auto „im strömenden Regen auf dem Parkplatz von OBI“ geführt zu haben. Bei dem 16. Juni 2007 handelte es sich um einen Samstag. An eine Einbindung in Fragen des Mietansatzes für einen Mietvertrag über die Gesamtliegenschaft bereits vor dem 16. Juni 2007 – mithin bis zur bereits am 13. Juni 2007 erfolgten Erstellung des 1. Nachtrages zur Entscheidungsvorlage vom 26. März 2007– hat sich der Zeuge nicht erinnert. Auf Vorhalt dieses Nachtrages in der Hauptverhandlung hat der Zeuge erklärt: „Ich hätte in dieser Größenordnung nichts zu genehmigen gehabt“. Auch die Entscheidungsvorlage vom 26. März 2007 habe er nicht gekannt. Über eine Ansprache durch den Angeklagten K zu diesen Themen hat der Zeuge nichts berichtet.
2700Der Angeklagte J hat den 1. Nachtrag zur Entscheidungsvorlage vom 26. März 2007 in seinen verlesenen Erklärungen nicht erwähnt.
2701Die Kammer kann vor diesem Hintergrund nicht hinreichend sicher ausschließen, dass der Angeklagte K den Nachtrag durch seine Unterschrift genehmigt hat, ohne dass der hierin genannte Angeklagte J und der Zeuge L1 in seinen Gegenstand einbezogen waren. Eine – von der Verteidigung des Angeklagten J in den Raum gestellte – generelle Unzuverlässigkeit des Inhalts von durch den Angeklagten E aufgestellten Entscheidungsvorlagen folgt hieraus indes nicht. Denn die hiesige Entscheidungsvorlage nimmt – anders als etwa die in die Hauptverhandlung eingeführten und in den Feststellungen beschriebenen Vorlagen vom 27. August 2008 und vom 4. November 2008 – in ihrer Formulierung gerade nicht auf eine Besprechung bzw. einen Beschluss mehrerer Personen unter Beteiligung des Angeklagten E selbst Bezug. Sie lässt sich vielmehr zwanglos dahin verstehen, dass der Angeklagte K durch seine Genehmigung diejenige des Angeklagten J (der zu diesem Zeitpunkt noch der für das Facility Management zuständige Partner war) sowie des Zeugen L1 (der diese Abteilung leitete) gegenüber dem Angeklagten E gleichsam im Außenverhältnis mit erklären sollte. Den Erklärungsinhalt einer durch den Angeklagten E selbst wahrgenommenen Genehmigung oder auch nur eigenen Erörterung ihres Inhalts mit dem Angeklagten J und dem Zeugen L1 hat der Nachtrag nicht.
XV. Feststellungen zum Grundstückskaufvertrag und hiermit im Zusammenhang stehenden Vereinbarungen (Teil 1, E., II., (14))
2702Die Feststellungen zum Vorgeschehen des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags seit dem Frühjahr 2007 beruhen auf den Angaben des hiermit befassten Zeugen J3.
2703Die Feststellungen zum Kaufvertrag selbst, der Genehmigungserklärung des Angeklagten E, der Bewilligung und Beantragung der Grundschuld sowie der Sicherungsvereinbarung beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung. Die Feststellungen zur späteren Eintragung der Grundschuld sowie der Vormerkung beruhen auf einem in die Hauptverhandlung eingeführten Grundbuchauszug.
2704Die Feststellungen dazu, dass die eingetragene Grundschuld mangels Ermittlung des Beleihungswerts des Grundstücks im Bankhaus nicht kreditrisikomindernd in Ansatz gebracht wurde, beruhen auf den Angaben des Zeugen L2 zur Üblichkeit dieses Vorgehens in der Zwischenfinanzierungsphase. Die Angaben werden bestätigt durch zahlreiche in die Hauptverhandlung eingeführte Kreditprotokolle nebst Linien- und Sicherheitenspiegel betreffend die Angeklagten K und O, A.C12 und den Zeugen B.C12 aus den Jahren 2007 bis 2009. Das Grundpfandrecht betreffend die Kreditlinie für die Zwischenfinanzierung des Fremdkapitalanteils an der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße war hier jeweils mit einem „Kurswert/nominal“ angegeben, der dem Prozentsatz der jeweiligen Beteiligungsquote an der GbR bezogen auf 150 Mio. € (dem Grundschuldbetrag) entsprach (betreffend den Angeklagten K etwa 8,3 % von 150 Mio. € = 12.450.000 €). Die Spalten „Sicherheitenwert“, „davon risikoentlastend“ sowie „wirtschaftl. Beleihungswert“ wiesen jeweils den Betrag „0“ aus. Die fehlende auch bankenaufsichtsrechtliche Anrechenbarkeit derartiger unbewerteter Grundschulden ergibt sich aus der festgestellten Korrespondenz des Bankhauses mit der CSSF im Jahr 2009 (s. Teil 1, E., IV., (8) und (15)) sowie den Angaben des in die Hauptverhandlung eingeführten Behördenberichts der CSSF. Hier hat diese ausgeführt, dass die „zum Teil sehr hohen Kredite an die Aktionäre bzw. persönlich haftenden Gesellschafter […] auf Basis der Großkreditmeldung zum 30. September 2008 nicht durch dingliche Sicherheiten abgedeckt“ gewesen seien. Mit Blick auf die Prüfung der Kreditakte der A.C12 im November 2008 hat die CSSF in ihrem Bericht ausgeführt: „Bei den von der Kreditnehmerin zur Verfügung gestellten Sicherheiten handelte es sich überwiegend um Grundpfandrechte sowie um Abtretungen von Mieteinnahmen. Obwohl die Sicherheiten einen Nominalwert von rund EUR 258 Millionen aufwiesen, lag der reale Sicherheitenwert lediglich bei rund EUR 39 Millionen. Diesbezüglich wurde der CSSF erklärt, dass, gemäß dem deutschen Kreditwesengesetz (KWG), eine Grundschuld nur dann als Sicherheit angerechnet werden darf, wenn jährlich eine Neubewertung (inklusive Gutachten durch einen Sachverständigen) der entsprechenden Immobilie vorgenommen wird. Diese Neubewertung wurde allerdings bei den, sich im Besitz der Kreditnehmerin A.C12 befindlichen Immobilien, angabegemäß nicht vorgenommen“.
XVI. Feststellungen zu den aktualisierten Flächen- und Mietansätzen des Angeklagten E nach der Entscheidung für den Abriss und einen viergeschossigen Neubau der Tiefgarage (Teil 1, E., II., (15))
2705Die Hintergründe für die aktualisierten Flächen- und Mietansätze hat der Angeklagte E in seiner verlesenen Erklärung wie festgestellt geschildert. Zur Begründung der fortan verwandten Methode eines einheitlichen Mietzinses für sämtliche Flächen der Liegenschaft hat der Angeklagte E ausgeführt: „[Die] Berechnungen machten mir deutlich: Um die Voraussetzung einer Gesamtmiete zu erfüllen, die bei 6 % des Gesamtaufwandes liegt und gleichzeitig 27,50 €/m2 bzw. 30,00 €/m2 nicht übersteigt, mussten die Flächen der Tiefgarage wie Büroflächen behandelt und mit derselben Quadratmetermiete angesetzt werden.“ Auch die Zustimmung des Angeklagten K zu dieser Methode des Mietansatzes sowie dessen Verweis auf den Zeugen L1 hat der Angeklagte E geschildert. Der Angeklagte K hatte hieran keine Erinnerung, er hat den Vorgang aber auch nicht bestritten. Mit Blick auf die bis dahin erfolgte, in der Abzeichnung diverser Entscheidungsvorlagen zum Ausdruck kommende enge Einbindung des Angeklagten K in derartige Fragen erscheint der Kammer die Schilderung des Angeklagten E als derart naheliegend, dass sie von ihrer Richtigkeit überzeugt ist.
2706Das Stattfinden des Gesprächs zwischen dem Angeklagten E und dem Zeugen L1 am 16. Juni 2007 haben beide Beteiligten bestätigt. Sowohl der Angeklagte E als auch der Zeuge L1 haben – was ihren Angaben zum Stattfinden dieses Gesprächs besondere Glaubhaftigkeit verleiht – dabei originelle Umstände dazu mitgeteilt, wo sie sich bei diesem Gespräch befanden (L1: „Parkplatz von OBI“; E: „TT im Allgäu“). Die Kammer geht davon aus, dass der Inhalt des Gesprächs jedenfalls im Kern zutreffend in der in die Hauptverhandlung eingeführten Notiz des Angeklagten E vom 16. Juni 2007 wiedergegeben ist. Auf diese hat er insoweit in seiner Schilderung des Vorgangs auch ausdrücklich Bezug genommen. Auch der Zeuge L1 hat auf Vorhalt der Notiz erklärt, dass dort „das Thema und auch die Zahlen“ genannt seien, die in dem von ihm erinnerten Telefonat mit dem Angeklagten E besprochen worden seien. Die Zuverlässigkeit des in der Notiz geschilderten Gesprächsinhalts ergibt sich für die Kammer darüber hinaus auch daraus, dass diese am 27. Juni 2007 im Zuge eines Gesprächs mit dem Zeugen L1 durch den Angeklagten J mit dem Zusatz „Einverstanden“ abgezeichnet wurde. Hätte der Zeuge L1 dem Angeklagten J in diesem Gespräch hinsichtlich seines Telefonats mit dem Angeklagten E von dieser Notiz abweichende Inhalte geschildert, wäre nicht zu erwarten gewesen, dass es durch den Angeklagten J zu einem derartigen Einverständnis durch ausdrückliche Abzeichnung gekommen wäre.
2707Die Überlegungen des Zeugen L1 anlässlich des Telefonats mit dem Angeklagten E vom 16. Juni 2007 hat der Zeuge wie festgestellt glaubhaft geschildert.
XVII. Feststellungen zur Erwähnung der Liegenschaft in der Poolversammlung (Teil 1, E., II., (16))
2708Die Feststellungen zur Erwähnung der Liegenschaft in der Poolversammlung vom 19. Juni 2007 beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Protokoll zu dieser Sitzung.
XVIII. Feststellungen zum Gespräch zwischen dem Zeugen L1 und dem Angeklagten J über die Bauantragspläne und die Mietentwicklung (Teil 1, E., II., (17))
2709Das Gespräch des Angeklagten J mit dem Zeugen L1 vom 27. Juni 2007 hat der Zeuge wie festgestellt geschildert. Der Angeklagte J, der für Rückfragen nicht zur Verfügung stand, hat hierzu keine Angaben gemacht. Die Angaben des Zeugen L1 werden bestätigt durch eine in die Hauptverhandlung eingeführte Aktennotiz des Z4 vom 27. Juni 2007, in der vermerkt ist: „Am späten Nachmittag hat Herr L1 mich darüber informiert, dass er Herrn J die Planung ebenfalls vorgetragen hat. Herr J habe sein Einverständnis mit der Planung durch Paraphierung einer Planseite erklärt. Des Weiteren habe er Herrn J vertraut gemacht mit der Mietentwicklung, wie sie sich aufgrund der Entwicklung der Planung aus dem Vermerk vom 16.6.2007 ergebe. Herr J habe sich mit dieser Mietentwicklung einverstanden erklärt“. Die Paraphierung der Notiz des Angeklagten E vom 16. Juni 2007 durch den Angeklagten J am 27. Juni 2007 ergibt sich aus der Einführung dieser Notiz in die Hauptverhandlung. Auf ihr befindet sich der handschriftliche Zusatz „Einverstanden FC Jan 27607“. Der Zeuge L1 hat auf optischen Vorhalt der Notiz auch ausdrücklich bestätigt, dass es sich dabei um die Handschrift des Angeklagten J handelt.
2710Die Feststellungen zum Inhalt der Notiz des Zeugen L1 vom 28. Juni 2007 beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung. Ihre Erstellung hat der Zeuge auch wie festgestellt bestätigt.
2711Die Angaben betreffend die Mietverhältnisse in der Untermainanlage 1 hat die Kammer den in die Hauptverhandlung eingeführten auf diese Liegenschaft bezogenen Mietverträgen entnommen.
XIX. Feststellungen zum ersten Bauantrag (Teil 1, E., II., (18))
2712Der Angeklagte P hat selbst erklärt, die Bauantragspläne für den Neubau wie festgestellt genehmigt zu haben. Bestätigt wird dies durch eine in die Hauptverhandlung eingeführte Aktennotiz des Z4 vom 27. Juni 2007 sowie ein ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführtes Schreiben des Zeugen L1 an den Zeugen T13 vom 28. Juni 2007.
2713Die Stellung des Abriss- und Bauantrags am 29. Juni 2007 ergibt sich ebenfalls aus der Aktennotiz des Z4 vom 27. Juni 2007 sowie einer in die Hauptverhandlung eingeführten Zeitschiene des Zeugen T13 vom 3. November 2009. Die festgestellten Zahlen zu den zu diesem Zeitpunkt geplanten Arbeitsplätzen beruhen auf in die Hauptverhandlung eingeführten Aufstellungen des Zeugen T13 hierzu vom 14. Juni 2007.
XX. Feststellungen zum 1. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag und den ersten Einlagenleistungen (Teil 1, E., II., (19))
2714Die Feststellungen zum 1. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag beruhen auf dessen Einführung in die Hauptverhandlung.
2715Die festgestellten Zahlungsvorgänge ergeben sich aus dem in die Hauptverhandlung eingeführten Anforderungsschreiben des Angeklagten E vom 28. Juni 2007 sowie einem gleichfalls in die Hauptverhandlung eingeführten chronologischen Zahlungsplan der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße. Die festgestellten Erwerbsnebenkosten lassen sich dabei auch in die Hauptverhandlung eingeführten Rechnungen hierzu zuordnen. Die durch die Altgesellschafter bis zur Anteilsübernahme im Dezember 2008 aufgebrachten Einlagen in einer Gesamthöhe von 14,5 Mio. € finden sich auch in der SOP-Beteiligungsvorlage sowie der Anlage zum Anteilsübertragungsvertrag wieder, die ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.
XXI. Feststellungen zur Abrissgenehmigung (Teil 1, E., II., (20))
2716Den festgestellten Zeitpunkt der Abrissgenehmigung hat die Kammer einem durch Z4 aufgestellten, in die Hauptverhandlung eingeführten Entwurf einer Entscheidungsvorlage vom 18. November 2008 entnommen. Der Angeklagte E hat diesen Zeitpunkt auch ausdrücklich bestätigt.
XXII. Feststellungen zur Anmietung weiterer Flächen in der „H11“ durch SOP (Teil 1, E., II., (21))
2717Die Räumung der gesamten Liegenschaft durch die H33 bis Ende 2007 hat die Kammer dem in die Hauptverhandlung eingeführten Schreiben der Q34 an die Angeklagten K und J vom 1. Oktober 2008 entnommen. Diesen Umstand hat auch der Zeuge J3 bestätigt.
2718Das Auslaufen des Mietvertrags mit H13 ergibt sich aus dessen Einführung in die Hauptverhandlung.
2719Die Feststellungen zu den beiden Nachträgen zum Mietvertrag zwischen SOP und der X22 beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung.
XXIII. Feststellungen zu den Planungsänderungen betreffend den Neubau einer nur zweigeschossigen Tiefgarage und den Entfall des Handelsraums (Teil 1, E., II., (22))
2720Die Feststellungen zur Planungsänderung betreffend den Neubau einer nur zweigeschossigen Tiefgarage beruhen auf den übereinstimmenden und sich ergänzenden Aussagen der Zeugen T13, Prof. Y4, G4 und L1. Ein in die Hauptverhandlung eingeführter Zeitstrahl des Zeugen T13 vom 3. November 2009 weist die „Kürzung der Untergeschosse von 4 auf 2“ im Sinne der Feststellungen unter dem Datum des 29. Januar 2008 aus.
2721Die Bitte der Angeklagten K und J an den Zeugen L1, den Neubau einmal ohne Handelsraum zu planen, hat der Zeuge wie festgestellt geschildert. Der Angeklagte K hat sich dahin eingelassen, sich an die gesamte Thematik des Entfalls des Handelsraums und somit auch an das von dem Zeugen L1 geschilderte Gespräch nicht zu erinnern. Der Angeklagte J hat sich zu diesem Punkt nicht erklärt.
2722Die Kammer erachtet die Angaben des Zeugen L1 für glaubhaft. Er hatte eine präzise Erinnerung insbesondere an die ihm gegebene Begründung einer möglichen Verlagerung des Handelsschwerpunkts nach Zürich. Er hat hierzu plastisch geschildert, dass ihn diese Auskunft zunächst überrascht habe, „dann aber auch nicht zu sehr“, da das Bankhaus „ja vorher die Konzernholding nach Luxemburg verlegt“ habe. Er habe sich daher gedacht: „Wir wollten dann wohl aus dem europäischen Raum heraus handeln“. Er hat geschildert, an seine Gesprächspartner – die Angeklagten K und J – eine sichere Erinnerung zu haben. Die Kammer hat bei diesen Schilderungen die sichere Überzeugung gewonnen, dass der Zeuge hier tatsächlich Erlebtes berichtet hat. Es ist auch naheliegend, dass der Zeuge ein derartiges Gespräch mit gleich zwei persönlich haftenden Gesellschaftern, in dem er zudem noch um Vertraulichkeit gebeten wurde, als besonderes Ereignis in Erinnerung behalten hat.
2723Die Kammer geht unter Würdigung der Gesamtumstände allerdings davon aus, dass der wesentliche Grund für die Überlegungen der Angeklagten K und J, auf den Handelsraum im Neubau zu verzichten, nicht konkrete Pläne einer Verlagerung des Handels nach Zürich, sondern eine sich bereits zu diesem Zeitpunkt andeutende Redimensionierung dieses Bereichs war. Zwar hat der Angeklagte O erklärt, dass zwischenzeitlich tatsächlich Überlegungen einer Zentralisierung des Handels in der Schweiz angestellt worden seien. Dass diese Überlegungen allerdings je das Stadium vager Gedankenspiele überschritten hätten, ist auch seinen Angaben nicht zu entnehmen. Die übrigen Angeklagten haben über derartige Überlegungen gar nichts berichtet. Die Angeklagten K („das hätte gar nicht gepasst“) und P („völliger Irrsinn“) haben vielmehr auf die Ungeeignetheit des Standorts Zürich für eine Zentralisierung des Handels hingewiesen. Auch hat die Beweisaufnahme im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte dafür erbracht, dass ein derartiger Schritt jemals konkret erwogen worden wäre. Indes zeichnete sich bereits zu Beginn des Jahres 2008 ab, dass die begonnene Finanzkrise möglicherweise gravierende Auswirkungen auf den Geschäftsbereich des Investmentbankings und insbesondere dessen Handelsbereich haben könnte. Dies lässt eine schon zu diesem Zeitpunkt erwogene Verringerung des Zuschnitts des prestigeträchtigen Neubaus gerade bezogen auf diesen Bereich plausibel und naheliegend erscheinen. Ausweislich des in die Hauptverhandlung eingeführten Protokolls der Sitzung des Aufsichtsrats von SOP vom 9. April 2008 nebst Tischvorlage hatte der Teilbereich Financial Markets des Investment Banking das Jahr 2007 mit einem Ergebnis (nach IFRS) von 21,4 Mio. € deutlich unter dem Vorjahr (Ergebnis: 86,3 Mio. €) abgeschlossen. Der Bereich Equity Trading erzielte dabei sogar bereits ein negatives Ergebnis von 34,6 Mio. € und unterschritt damit das Vorjahr um 69,3 Mio. € und den Plan um 70,1 Mio. €. Hierzu führte die Tischvorlage zu der Sitzung aus: „Die Auswirkungen der US-Hypothekenbankkrise auf die Kapitalmärkte, bedingt durch geringeres Geschäft, schwankende Volatilität und einer starken Verschiebung der Zinskurve haben seit August zu erheblichen (Bewertungs-)Verlusten geführt, insbesondere im Profit Center Derivatives Trading (-58,2 Mio. €).“ Hierin zeigten sich bereits die Anfänge der sich im Laufe des Jahres 2008 weiter eintrübenden Lage. Dass die Angeklagten K und J es vorzogen, dem Zeugen L1 als Grund für die Alternativplanung ohne Handelsraum statt der sich andeutenden erheblichen Schwierigkeiten des Handelsbereichs eine – allenfalls vage angedachte – Verlagerung dieses Bereichs nach Zürich anzugeben und ihn zudem um zunächst vertrauliche Behandlung dieses Themas baten, lässt sich plausibel erklären: Die Angeklagten wollten zu diesem frühen Zeitpunkt keine übermäßige Unruhe bei der Mitarbeiterschaft aber auch der Öffentlichkeit erzeugen, zumal die Absicht, einen Neubau mit Handelsraum zu erstellen, ausweislich eines in die Hauptverhandlung eingeführten Presseartikels aus dem August 2007 bereits publik gemacht worden war. Ganz in diesem Sinne hat auch der Zeuge M3 seine Gedanken geschildert, nachdem er schließlich vom Entfall des Handelsraums erfuhr: „Wir kriegten mit, dass es in der Bankenwelt nicht mehr so rosig war, man wollte also wohl nicht mehr einen Maßanzug für die Bank erstellen, sondern ein Gebäude, dass man auch jederzeit an jeden Dritten vermieten könnte. Das sollte aber wohl noch nicht so allgemein kommuniziert werden, um die Mitarbeiter nicht zu beunruhigen. Das hab ich auch irgendwie verstanden.“
2724Den Fortgang der Planungen des Neubaus ohne Handelsraum haben die Zeugen L1, M3 und T13 übereinstimmend und sich ergänzend im Sinne der Feststellungen geschildert. Die festgestellte Vergleichsbetrachtung des Zeugen T13 vom 25. Februar 2008 ist in der Hauptverhandlung verlesen worden.
2725Der Angeklagte P hat wiederholt erklärt, von einem Entfall des Handelsraums und hiermit im Zusammenhang stehenden Überlegungen zu keinem Zeitpunkt – bis über seine Zustimmung zur Anteilsübertragung auf das Bankhaus Ende 2008 hinaus – etwas erfahren zu haben. Diese Einlassung ist durch die Hauptverhandlung nicht widerlegt worden. Kein Angeklagter und kein Zeuge hat bekundet, selbst wahrgenommen zu haben, dass der Angeklagte P hierüber informiert war oder ihn gar selbst hierüber informiert zu haben. Soweit einzelne Zeugen und auch der Angeklagte O angegeben haben, davon ausgegangen zu sein, dass der Angeklagte P vom Entfall des Handelsraums wusste, haben diese Personen durchgängig erklärt, dass es sich hierbei lediglich um eine nicht durch eigene Wahrnehmungen unterlegte Annahme gehandelt habe. Hiermit ist die Einlassung des Angeklagten P nicht zu widerlegen. Auch weist keine eingeführte Urkunde und auch kein sonstiges Ergebnis der Beweisaufnahme auf eine Kenntnis des Angeklagten P vom Entfall des Handelsraums hin.
XXIV. Feststellungen zur Eintrübung der wirtschaftlichen Situation bei SOP (Teil 1, E., II., (23))
2726Die Feststelllungen zur Eintrübung der wirtschaftlichen Situation im Laufe des ersten Halbjahrs 2008 beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Gremienprotokollen aus dieser Zeit. Ergänzend haben hierzu die Zeugen T7, V1 und G2 mit guter Erinnerung im Sinne der Feststellungen bekundet.
2727Das Bemühen des Angeklagten J, eine Veröffentlichung des positiven Quartalsergebnisses der X28-Bank zu verhindern hat die Kammer der in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail des Angeklagten J an den Angeklagten K vom 18. April 2008 entnommen.
XXV. Feststellungen zur ersten Baugenehmigung (Teil 1, E., II., (24))
2728Die Feststellungen zur Baugenehmigung vom 4. Juni 2008 beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung. Die Feststellungen zu den Widersprüchen gegen die Baugenehmigung und den Bemühungen um eine Nachbarschaftsvereinbarung beruhen auf einem in die Hauptverhandlung eingeführten Entwurf einer Entscheidungsvorlage des Z4 vom 18. November 2008, dessen Inhalt insoweit durch den Zeugen T13 und den – mit den Nachbarschaftsverhandlungen befassten – Zeugen T6 bestätigt worden ist.
XXVI. Feststellungen zur Entscheidung für den Entfall des Handelsraums und weitere die Liegenschaft betreffende Überlegungen (Teil 1, E., II., (25))
2729Die Feststellung der Besichtigung der Liegenschaft durch die Angeklagten J und K am 15. Juli 2008 beruht auf den Angaben des Angeklagten J. Der Angeklagte K hat ebenfalls erklärt, die Liegenschaft einmal gemeinsam mit dem Angeklagten J begangen zu haben. Den genauen Zeitpunkt dieser Besichtigung hat er nicht zu erinnern vermocht. Er hat jedoch erklärt, dass sich die Liegenschaft zu diesem Zeitpunkt noch in einem „unabgerissenen Zustand“ befunden habe und es vor allem um eine Bewertung der „eventuell abzureißenden Gebäudeteile“ gegangen sei. Mit Blick auf die in die Hauptverhandlung eingeführte E-Mail vom 30. Juli 2008, deren Versendung der Angeklagte J auch ausdrücklich bestätigt hat, und deren Inhalt (möglicher Verzicht auf einen Abriss) fügt sich das vom Angeklagten J genannte Datum der Besichtigung ohne weiteres in den Geschehensablauf ein, so dass die Kammer es den Feststellungen zugrunde gelegt hat.
2730Die Feststellung, dass die Angeklagten J und K – die dies in dieser Form in der Hauptverhandlung nicht explizit eingeräumt haben – ab diesem Zeitpunkt mit Blick auf den Verzicht auf den Handelsraum in der neuen Liegenschaft jedenfalls nicht mehr von einem Umzug der Handelsabteilungen des Investment Bankings dorthin ausgingen, beruht maßgeblich auf dem Inhalt der E-Mail vom 30. Juli 2008. In dieser führte der Angeklagte J aus, dass das in ihr behandelte „Konzept“ – mit dem nach dem Gesamtzusammenhang ersichtlich beide zuvor erläuterten baulichen Varianten gemeint waren – davon ausgehe, dass (sogar) die gesamte Investment Bank einschließlich Risiko-Controlling in der Untermainanlage bleiben werde. Hierzu passen auch die Angaben des Angeklagten O, wonach er – unter Hinweis auf das Fortbestehen eines benutzbaren Handelsraums in der Untermainanlage – nicht glaube, dass es „ein tolles Signal“ gewesen wäre, wenn „in Zeiten von V7 […] der Handel auch noch“ umgezogen wäre. Hierin kommt ein – dem Angeklagten O seinerzeit bekannt gewordener – mit dem Verzicht auf den Handelsraum in der B-Straße einhergehender Verzicht auf einen Umzug des Handelsbereichs deutlich zum Ausdruck. Weiter bestätigt wird dieser Befund durch die Angaben des Angeklagten P, der erklärt hat, dass man eine Handelsabteilung in „normalen Büroräumen“ nicht unterbringen könne und ein Handelsraum für den Betrieb des Investment Banking „unverzichtbar“ gewesen sei. Auch der Zeuge L1 hat deutlich gemacht, dass der Verzicht auf den Handelsraum für ihn mit einem Verzicht des Umzugs der Handelsabteilungen in die neue Liegenschaft verbunden gewesen sei. Ohne diese Abteilungen hätten nach seinen Angaben „vielleicht noch so 250 bis 300“ Mitarbeiter des Bereichs des Angeklagten P in die B-Straße einziehen können.
2731Zum weiteren Verlauf der Diskussionen über die in der E-Mail des Angeklagten J angesprochenen Varianten bis zum 27. August 2008 konnte die Kammer keine Feststellungen treffen. Der Angeklagte K und der Zeuge L1 hatten hieran keine Erinnerung. Der Angeklagte J hat hierzu erklärt, dass das „neue festgelegte Projektziel – funktionierendes Bürogebäude in der derzeitigen Substanz –“ in die Entscheidungsvorlage des Angeklagten E vom 27. August 2008 „eingegangen“ sei. Diese Einlassung ist für die Kammer mit Blick darauf, dass in der genannten Entscheidungsvorlage gerade die Neubaupläne bekräftigt und später auch realisiert wurden, aber nicht nachvollziehbar. Für Rückfragen stand der Angeklagte J nicht zur Verfügung.
2732Für eine Einbindung der Angeklagten O und P in diese Vorgänge hat die Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte ergeben.
2733Die Feststellungen dazu, dass die in der – in die Hauptverhandlung eingeführten – Entscheidungsvorlage vom 27. August 2008 genannten Inhalte auf einer gemeinsamen Besprechung der Angeklagten K, J und E fußten, beruhen auf dem Wortlaut dieser Vorlage und den Erklärungen des Angeklagten E hierzu. Die Vorlage nimmt – anders als etwa der 1. Nachtrag zur Entscheidungsvorlage vom 26. März 2007 – ausdrücklich auf eine gemeinsame Besprechung Bezug. Der Angeklagte E hat auch ausdrücklich erklärt, dass eine solche stattgefunden habe und die Angeklagten K und J „diesem Entscheidungsvorschlag am 27. August 2008 zugestimmt“ hätten. Es ist für die Kammer kein plausibler Grund dafür erkennbar, warum der Angeklagte E in einer Entscheidungsvorlage ausdrücklich auf eine Besprechung Bezug nehmen sollte, die tatsächlich gar nicht stattgefunden hatte. Dem steht auch nicht entgegen, dass die gefertigte Entscheidungsvorlage auf Seiten des Bankhauses lediglich die Unterschrift des Angeklagten K vorsah und auch – was dieser auf optischen Vorhalt ausdrücklich bestätigt hat – tatsächlich trägt. Denn der Angeklagte K hat geschildert, dass es im Umgang mit dem Angeklagten E in dieser Zeit „eigentlich das Normale“ gewesen sei, dass nur er (der Angeklagte K) Entscheidungsvorlagen für das Bankhaus („für die Gesamtpartnerschaft“) schriftlich abgezeichnet habe, die auf in größerer Runde getroffenen Beschlüssen beruhten. Weder der Angeklagte K – der erklärt hat, an diese Vorgänge keine konkrete Erinnerung zu haben – noch der Angeklagte J – der erklärt hat, nicht mehr zu wissen, ob er bei einer Besprechung am 27. August 2008 anwesend gewesen sei – haben überdies eine gemeinsame Erörterung der in der Entscheidungsvorlage niedergelegten Inhalte bestritten. Die Verteidigung des Angeklagten J hat in einer Erklärung dessen Beteiligung an einer derartigen Besprechung in Zweifel gezogen und hierzu ausgeführt, dass dieser am 27. August 2008 gemeinsam mit dem Angeklagten K in Ungarn gewesen sei, wobei der Hinflug um 9:30 Uhr, der Rückflug um 18 Uhr erfolgt sei. Die Kammer hat sich zu einer näheren Aufklärung dieses Umstandes nicht gedrängt gesehen. Die angegebenen Zeiten würden bereits eine Besprechung an diesem Tage mit dem Angeklagten E unter gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit beider Angeklagten nicht ausschließen. Jedenfalls aber wäre eine telefonische Besprechung hierdurch nicht ausgeschlossen, zumal weder der Entscheidungsvorlage noch den Angaben des Angeklagten E hierzu zu entnehmen ist, in welcher Form und an welchem Ort die Besprechung stattfand. Der Angeklagte O hat etwa auch darauf hingewiesen, dass der Angeklagte E telefonisch „viel unterwegs“ gewesen sei. Hinzu kommt, dass der behauptete gemeinsame Aufenthalt des Angeklagten J mit dem Angeklagten K in Ungarn zu suggerieren scheint, dass auch Letzterer an diesem Tag an einer Besprechung mit dem Angeklagten E nicht teilgenommen habe. Dann aber wäre umso weniger verständlich, warum der Angeklagte K die Entscheidungsvorlage, die auf eine u.a. mit ihm selbst geführte Besprechung Bezug nimmt, genehmigt haben sollte. Für eine Beteiligung des Angeklagten J an einer Erörterung zu den in der Entscheidungsvorlage genannten Themen spricht schließlich, dass ausweislich der E-Mail des Angeklagten J vom 30. Juli 2008 mit der Liegenschaft B-Straße im Zusammenhang stehende Themen Gegenstand von Erörterungen „in der letzten Augustwoche“ sein sollten. Genau in diese Woche fällt der 27. August 2008.
2734Der Angeklagte J hat eine Kenntnisnahme der schriftlichen Entscheidungsvorlage vom 27. August 2008 selbst eingeräumt. Er hat – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese – erklärt, sich an der dort genannten Gesamtfläche von 21.644 m2 „in der Folgezeit orientiert“ zu haben. Eine solche Orientierung setzt eine Kenntnisnahme voraus. Sie fügt sich auch in den Umstand ein, dass dem Angeklagten J die ähnlich strukturierte Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 ebenfalls zur Kenntnis gebracht wurde (s. unten XXXI.). Auch die Kenntnisnahme von der Entscheidungsvorlage durch den Angeklagten J spricht für das Stattfinden der in ihr genannten Besprechung unter seiner Beteiligung. Denn hätte es diese Besprechung tatsächlich gar nicht gegeben, wäre zu erwarten gewesen, dass der Angeklagte J auf eine Korrektur gedrängt hätte, wofür die Hauptverhandlung keinerlei Anhaltspunkte erbracht hat. Gesamtwürdigend ist die Kammer daher vom Stattfinden der Besprechung überzeugt.
2735Die Feststellungen zum Zeitpunkt, zu dem dem Zeugen T13 der Entfall des Handelsraums als beschlossen mitgeteilt wurde und zur Vorgabe, stattdessen eine zusätzliche Etage zu planen, beruhen auf einer auszugsweise verlesenen Notiz des Zeugen T13 vom 24. September 2008 sowie dessen gleichfalls verlesenem Zeitstrahl vom 3. November 2009.
XXVII. Feststellungen zur Verschärfung der wirtschaftlichen Krise bei SOP (Teil 1, E., II., (26))
2736Die Feststellungen zur sich verschärfenden wirtschaftlichen Lage des Bankhauses ab September 2008 und deren Reaktion hierauf beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Protokollen der genannten Sitzungen (nebst Tischvorlagen für den Aufsichtsrat), die bestätigt und ergänzt worden sind durch die übereinstimmenden und von detailreichen Erinnerungen geprägten Angaben der Zeugen V1, C4, T7, G2 und Q3. Ergänzend hat sich die Kammer hierzu durch den Sachverständigen Prof. Dr. A3 beraten lassen.
2737Dass gerade auch die CSSF eine Eigenkapitalstärkung des Bankhauses für erforderlich hielt, hat insbesondere der Zeuge Q3, dessen im Wege der Rechtshilfe erstellten Vernehmungsprotokolle in der Hauptverhandlung verlesen worden sind, geschildert. Bestätigt wird dies auch durch einen in Übersetzung in der Hauptverhandlung verlesenen internen Aktenvermerk der CSSF vom 6. November 2008, in dem es betreffend die Kapitalerhöhung auf Ebene der SCA heißt: „Hätte die Bank diese Maßnahme nicht von selbst angekündigt, hätten wir sie sehr wahrscheinlich gefordert“.
2738Die Feststellungen zur Erwähnung des Projekts B-Straße in der Aktionärsausschusssitzung vom 17. Oktober 2008 beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Protokoll zu dieser Sitzung, zu der die Zeugen Oe, N3, Dr. Z7 und N4 ergänzend im Sinne der Feststellungen bekundet haben.
XXVIII. Feststellungen zum aufkommenden Thema der Höhe der Gesellschafterkredite und zu den ersten Überlegungen der Angeklagten K und J zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus (Teil 1, E., III., (1) und (2))
2739Die Feststellung, dass im Bankhaus im Herbst 2008 das allgemeine Bestreben bestand, mit Blick auf die wirtschaftliche Situation auch Kreditrisiken zurückzuführen, beruht auf den insoweit übereinstimmenden Angaben der Angeklagten K, O und P, die durch hierzu befragten Zeugen, insbesondere die Zeugen G2, L2 und Y5, bestätigt worden sind.
2740Die festgestellten Höhen der Kreditzusagen an bzw. Kreditinanspruchnahmen durch Gesellschafter des Bankhauses zu den Stichtagen 31. März 2009 und 15. Juni 2009 hat die Kammer dem in die Hauptverhandlung eingeführten Bericht der Q41 über die Prüfung der Kreditvergabe der SCA an die Aktionäre bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter vom 26. Juni 2009 sowie dem auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten H8-Bericht nach § 44 KWG vom 23. Oktober 2009 entnommen, zu dem der für diesen mitverantwortliche Zeuge Prof. Dr. M2 erläuternde Angaben gemacht hat. Dem H8-Bericht hat die Kammer auch die im Bankhaus für Kredite definierten Ratingklassen und deren Bedeutung entnommen.
2741Die Feststellungen zu den im Sommer bzw. Herbst 2008 bestehenden Kreditengagements derjenigen SOP-Gesellschafter, die an der GbR B-Straße beteiligt waren, beruhen auf in die Hauptverhandlung eingeführten Kreditprotokollen mit Linien- und Sicherheitenspiegeln zu den jeweils genannten Stichtagen.
2742Die Feststellungen dazu, dass im Herbst 2008 das Bestreben im Bankhaus bestand, die Gesellschafterkredite zu reduzieren bzw. jedenfalls nicht weiter ansteigen zu lassen sowie dazu, dass hierin der wesentliche Auslöser für die Überlegungen zur Übernahme des Projektes B-Straße in das Bankhaus lag, beruhen maßgeblich auf den oben (I., (1)) dargestellten Angaben des Angeklagten K. Diese erachtet die Kammer für glaubhaft. Sie sind bereits für sich genommen schlüssig und plausibel. Zudem werden sie durch Angaben der übrigen Angeklagten sowie das Ergebnis der Beweisaufnahme gestützt.
2743So hat auch der Angeklagte O (anfangs noch ohne Bezug zur CSSF) erklärt, dass im Herbst 2008 mit Blick auf die schwierige wirtschaftliche Lage eine Art „Kreditstopp“ im Bankhaus bestanden habe, der „natürlich auch für Gesellschafter“ habe gelten müssen. Hierin habe er eine wesentliche Überlegung für die Anteilsübertragung gesehen.
2744Von einem derartigen „Gesamtklima“ im Bankhaus hat auch der Zeuge G2 berichtet. Zwar hat dieser erklärt, dass das Bestreben, Kreditrisiken zu reduzieren, nach seiner Erinnerung in dieser Zeit nicht speziell auf die Gesellschafterkredite ausgerichtet gewesen sei, diese aber hiervon auch keineswegs ausgenommen gewesen seien. Gerade der Zeuge G2 hat dabei allerdings besonders auf den Zusammenhang der Bewertung des Bankhauses mit der Bonitätseinschätzung betreffend die Bankgesellschafter hingewiesen. Mit Blick auf die sich dramatisch verschlechternde Lage des Bankhauses im Laufe des Jahres 2008 und den festgestellten erheblichen Umfang der zugesagten bzw. in Anspruch genommenen Gesellschafterkredite erscheint das von den Angeklagten K und O geschilderte Bestreben, diese nicht weiter ansteigen zu lassen, sondern nach Möglichkeit zu reduzieren, der Kammer als äußerst naheliegend.
2745Eine weitere Bestätigung dieses „Gesamtklimas“ sieht die Kammer auch darin, dass der Zeuge L2 zu seinen Vermutungen über den – ihm nicht ausdrücklich mitgeteilten – Grund für die Übertragung der Anteile an der GbR B-Straße erklärt hat: „Es kann auch sein, dass die Kreditlinien vielleicht der GbR-Gesellschafter zu hoch waren und man das reduzieren wollte“ mit dem Effekt, „das Risiko für die Bank auf der Kreditseite zu reduzieren“. Die Kammer verkennt nicht, dass es sich hierbei ausdrücklich um eine vom Zeugen auch als solche bezeichnete bloße „Einschätzung aus der damaligen Zeit“ handelt. Die Tatsache, dass der Zeuge diese Einschätzung aber spontan geschildert hat, ohne dass die Problematik der Höhe der Gesellschafterkredite mit ihm zuvor erörtert worden war, unterstreicht für die Kammer aber die Plausibilität der Angaben der Angeklagten K und O im Lichte der damaligen Lage der Bank.
2746Die Kammer erachtet auch die Angaben des Angeklagten K für glaubhaft, wonach das Bestreben des nicht weiteren Anstiegs bzw. der Reduzierung der Gesellschafterkredite gerade auch mit Blick auf die CSSF bestand.
2747Seine Angaben, wonach ihm (sowie dem Angeklagten J) insbesondere D2 bzw. der Zeuge Q3 unter Verweis auf die CSSF zu einem „Verschwindenlassen“ der Y14-Bürgschaften rieten, werden bestätigt durch den Angeklagten O, den Zeugen G2 sowie die Zeugin Y5. Der Angeklagte O hat hierzu erklärt, zu dem Y14-Sicherheitenaustausch sei es gekommen, nachdem ihm der Angeklagte J zu einem Zeitpunkt nach dem Wochenende des 28. September 2008 berichtet habe, dass D2 die Ansicht geäußert habe, die Luxemburger Aufsicht könnte mit den Bürgschaften durch die Gesellschafter der Bank als Sicherheit für den Y14-Kredit nicht länger einverstanden sein. Auch der Zeuge G2 hat beschrieben, dass der Hintergrund des Y14-Sicherheitenaustauschs, in dessen Umsetzung er persönlich involviert war, entsprechende Äußerungen des Zeugen Q3 und von D2 gewesen seien. Hierzu passend hat die Zeugin Y5 bekundet, im Zusammenhang mit dem Sicherheitenaustausch vom Zeugen G2 gesagt bekommen zu haben, dass es von der luxemburgischen Aufsicht „nicht gerne gesehen“ werde, dass insbesondere persönlich haftende Gesellschafter „Bürgschaften in solchen betraglichen Größenordnungen übernehmen für Kreditverbindlichkeiten“. Konkrete Anhaltspunkte für von den Feststellungen abweichende Gründe für den Sicherheitenaustausch hat die Hauptverhandlung auch nicht erbracht.
2748Auch die Angaben des Angeklagten K, wonach Gegenstand dieser Gespräche über mögliche Probleme mit der CSSF nicht nur speziell die Y14-Bürgschaften, sondern auch die Höhe der Gesellschafterkredite im Allgemeinen waren, erachtet die Kammer für glaubhaft. So hat auch der Zeuge Q3 geschildert, dass das Thema der Gesellschafterkredite im Umgang mit der CSSF „sicherlich ein Thema nach der X1-Kapitalerhöhung, die im September 2008 war“, gewesen sei. Hierzu hat er erläutert: „Nach der Kapitalerhöhung, die das Bankhaus in Köln bei X1 gezeichnet hat, hat die luxemburgische Aufsicht der Bank klare Anforderungen bezüglich der Kapitalausstattung und des Kreditgeschäfts an bestehende Anteilsinhaber sowie für die insgesamt risikogewichteten Aktiva aufgeführt.“ Dabei konnte die Kammer allerdings nicht feststellen, dass es im Herbst 2008 – mithin vor der Entscheidung über die Übernahme der Anteile an der GbR B-Straße in das Bankhaus – bereits konkrete Rückführungsaufforderungen der CSSF an das Bankhaus betreffend die Gesellschafterkredite gegeben hatte. Solche verneint der in die Hauptverhandlung eingeführte CSSF-Behördenbericht ausdrücklich. Auch keiner der im Rechtshilfewege vernommenen CSSF-Mitarbeiter hat über konkrete Rückführungsaufforderungen bereits im Jahr 2008 berichtet.
2749Dies steht den Feststellungen, wonach die bei der SCA in das Meldewesen eingebundenen Personen bereits zu diesem Zeitpunkt in allgemeiner Form den Eindruck gewonnen hatten, dass das Thema der Gesellschafterkredite in (naher) Zukunft zu einem konkreten Problem im Umgang mit der CSSF werden könnte, indes nicht entgegen. Der Zeuge Q3 selbst hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es einen „kulturellen Unterschied zwischen Deutschland und Luxemburg“ gebe. Eine „Mahnung“ sei in Luxemburg etwas „Seltenes“. Dort seien „viele Kontakte mit dem Amt ein direkter Kontakt“. Ganz in diesem Sinne hat auch der Zeuge G2 darauf hingewiesen, dass gerade der Zeuge Q3 sowie D2 – nicht zuletzt auf Grund ihrer Luxemburger Staatsbürgerschaft – einen engen, auch informellen Kontakt zu CSSF-Mitarbeitern gepflegt hätten. Der CSSF-Behördenbericht entstand hingegen, worauf der mit seiner Ausarbeitung wesentlich befasste Zeuge T15 ausdrücklich hingewiesen und was sich auch anhand der dem Bericht als Anhang beigefügten und ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden nachvollziehen lässt, im Wesentlichen auf der Grundlage der Rekonstruktion der bei der CSSF vorhandenen Aktenlage. Dass informelle Gespräche einzelner Mitarbeiter der CSSF in diese keinen Eingang gefunden haben und diese sich an solche bei ihrer Vernehmung auch nicht mehr im Einzelnen zu erinnern vermochten, erscheint der Kammer als lebensnah.
2750Dass das Thema der Gesellschafterkredite bereits im Herbst 2008 im Bankhaus gerade mit Blick auf die CSSF als potentiell problematisch angesehen wurde, ist nach den Gesamtumständen auch plausibel.
2751So ist für die Kammer bereits nicht ersichtlich, warum die in das Meldewesen eingebunden Personen der SCA mit Verweis auf die CSSF allgemeine („Bürgschaften persönlich haftender Gesellschafter in dieser Größenordnung in Luxemburg unüblich“) – und damit nicht etwa X1-bezogene – Bedenken zu den Y14-Bürgschaften vermittelt haben sollten, ohne dass diese Bedenken zugleich auch auf die in erheblichem Umfang bestehenden und weitgehend nicht durch anrechenbare Sicherheiten abgedeckten direkten – und damit strukturell noch risikoreicheren – Kreditengagements der Bankgesellschafter bezogen worden wären. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Angeklagte O für die Hinterlegung des im Austausch für seine Y14-Bürgschaft verpfändeten Festgeldes wiederum einen Kredit des Bankhauses in Anspruch nahm. Denn dieser Kredit sah – bis dahin bei Privatkrediten an persönlich haftende Gesellschafter von SOP unüblich – gerade risikomindernde Immobiliarsicherheiten vor. Dass die CSSF bereits im Herbst 2008 mit Blick auf die schwierige Lage der Bank die Bonität der Bankgesellschafter auch tatsächlich bereits in den Blick genommen hatte, ergibt sich aus einem in der Hauptverhandlung in Übersetzung verlesenen internen Vermerk der CSSF vom 6. November 2008. Im Zusammenhang mit der X1-Beteiligungsnahme und der Ankündigung der Kapitalerhöhung von 200 Mio. € durch den Angeklagten J ist dort u.a. vermerkt: „Wir können trotzdem noch die folgenden zusätzlichen Fragen stellen: 1. Verfügen die persönlich haftenden Gesellschafter noch über ausreichende Ressourcen, um der Anforderung einer zusätzlichen Kapitalerhöhung von unserer Seite zu entsprechen?“. Dass solche Bedenken auch den Zeugen Q3 und D2 in diesem Zeitraum erreicht haben, ist für die Kammer plausibel.
2752Die engmaschiger gewordene Kontrolle der luxemburgischen Aufsicht im Herbst 2008 als Folge der weltweiten Finanzkrise und der kurz zuvor erfolgten Beteiligungsnahme des Bankhauses an X1, die etwa die Zeugen Q3, G2 und T2 beschrieben haben, lassen es auch als lebensnah erscheinen, dass Befürchtungen (weiterer) Belastungen im Umgang mit der CSSF in dieser Zeit besonderes Gewicht erlangten.
2753Das festgestellte spätere Geschehen im Zusammenhang mit der – dann tatsächlich äußerst kritischen – Einschätzung der CSSF zu den Gesellschafterkrediten lässt bereits im Herbst 2008 im Bankhaus gehegte Befürchtungen eines künftig kritischen Blicks der CSSF hierauf auch als objektiv gerechtfertigt und damit plausibel erscheinen.
2754Der CSSF-Behördenbericht und die ergänzenden Angaben des Zeugen T15 haben der Kammer dabei die Feststellungen dazu vermittelt, dass bereits die Großkreditprüfung der CSSF bei der SCA im November 2008 auch von dem Bestreben geleitet war, sich im Nachgang zu der erstmals zum 30. September 2008 erhaltenen und in die Hauptverhandlung eingeführten Großkreditmeldung nach Luxemburger Muster einen genaueren Einblick gerade auch in die mit den Gesellschafterkrediten verbundenen Risiken zu verschaffen.
2755Auch die festgestellte zügige Umsetzung der Anteilsübertragung auf das Bankhaus (vgl. insbesondere die E-Mail des Zeugen C6 an den Zeugen G2 vom 10. Dezember 2008: „ K will aber wohl die Transaktion unbedingt morgen vormittag bis 11:30 uhr durchfuehren“, s.o. Teil 1, E., III., (19)) lässt sich plausibel mit dem Bestreben erklären, die Kreditreduzierungen zeitnah zu erreichen und insbesondere weitere Erhöhungen der Kreditinanspruchnahmen der Altgesellschafter im Falle der Fälligkeit des Grundstückskaufpreises zu vermeiden.
2756Der Feststellungen zum auf den Vollzug des Grundstückskaufvertrages bezogenen, auch vom Angeklagten K in Bezug genommenen Schriftverkehr mit der Q34 aus dem Juli und Oktober 2008 beruhen auf der Einführung der Schreiben des Z4 vom 15. Juli 2008 und der Q34 vom 1. Oktober 2008 in die Hauptverhandlung.
2757Schließlich stützen auch die Angaben des Angeklagten E am 113. Hauptverhandlungstag die Erklärungen des Angeklagten K, wonach die Idee zur Übertragung der Anteile an der GbR B-Straße maßgeblich im Zusammenhang mit dem Bestreben stand, vor allem mit Blick auf die CSSF keine weiteren Kredite an Bankgesellschafter auszureichen. Der Angeklagte E hat – nachdem der Angeklagte K diesen Zusammenhang in der Hauptverhandlung erläutert hatte – erklärt, sich zu erinnern, dass ihm „ K oder Herr J oder beide zusammen“ – dies erinnere er nicht mehr – „im Zusammenhang mit der Ankaufsentscheidung von Seiten des Bankhauses mitgeteilt“ hätten, „dass die Bankenaufsicht die zu hohen Gesellschafterkredite beanstande“. Dabei sei ihm gegenüber allerdings nicht „präzisiert worden […], was genau die Bankenaufsicht vom Bankhaus in Bezug auf die Gesellschafterkredite erwarte“ und „welche der beiden in Betracht kommenden Bankenaufsichtsbehörden solche Erwartungen oder Forderungen geäußert“ hätten. Diese Erinnerung, die den Kern der Angaben des Angeklagten K bestätigt, erachtet die Kammer auch als zuverlässig. Dabei verkennt sie nicht, dass der Angeklagte E in früheren Erklärungen zum Komplex B-Straße diese Erinnerung nicht geschildert hat. Zunächst hat er lediglich die Mitteilung der Angeklagten K und J erinnert, dass sich das Bankhaus von einem „Sale-and-Lease-Back“-Verkauf (auch) der B-Straße eine Eigenkapitalstärkung des Bankhauses – von der er (der Angeklagte E) gewusst habe, dass auch die Bankenaufsicht auf eine solche gedrungen habe – versprochen habe. Der Angeklagte E hat seine späteren Angaben ausdrücklich damit begründet, die bis dahin erfolgte Beweisaufnahme „noch einmal Revue passieren“ gelassen zu haben. Dass insbesondere die Angaben des Angeklagten K die Erinnerung des Angeklagten E insoweit aufgefrischt haben, erscheint der Kammer als nachvollziehbar. Ein plausibles Motiv des Angeklagten E, zu diesem Punkt Falsches zu schildern, ist für die Kammer nicht erkennbar.
2758Den Feststellungen steht auch nicht entgegen, dass das Motiv der Gesellschafterkreditreduzierungen in den zur Anteilsübertragung im Folgenden erstellten Dokumenten – insbesondere den Beteiligungsvorlagen – nicht auftaucht. Denn es liegt auf der Hand, dass die Thematik der Gesellschafterkredite und möglicher hierauf bezogener aufsichtsrechtlicher Schwierigkeiten eine Brisanz besaß, die es aus Sicht der handelnden persönlich haftenden Gesellschaftern nicht als erstrebenswert erscheinen ließ, dieses Motiv auch schriftlich und damit einem größeren Personenkreis wahrnehmbar niederzulegen. Diesen Umstand hat der Angeklagte K für die Kammer ohne Weiteres nachvollziehbar wie folgt beschrieben: „Dieses kribbelige Thema einem größeren Kreis von Menschen zugänglich zu machen – da hatten wir kein eigenes Interesse“. Dieser Umstand erklärt, warum die Dokumentenlage zur Anteilsübertragung – an sich unüblich – schlicht gar kein Motiv für die plötzliche Änderung der GbR-Struktur auswies.
2759Die Kammer ist auch von der Richtigkeit der den Feststellungen zugrunde gelegten Angaben des Angeklagten K überzeugt, wonach der Angeklagte J in die Überlegungen zur Übertragung des Projekts B-Straße in das Bankhaus frühzeitig eingebunden war. Der Angeklagte J hat sich zu Beginn der Hauptverhandlung umfangreich auch zum Tatkomplex B-Straße eingelassen. Einen konkreten und insbesondere auch zeitlich näher umrissenen „Auslöser“ für die plötzliche Veränderung der – von ihm mitgetragenen – ursprünglichen Fondskonstruktion durch die Anteilsübernahme in das Bankhaus gerade im Herbst 2008 hat er dabei nicht benannt. Auch hat er keine Angaben dazu gemacht, von wem die Initiative hierzu ausging und inwieweit er selbst bis zum Erhalt der Beteiligungsvorlagen in diese Überlegungen eingebunden war. Für Rückfragen stand der Angeklagte J nicht zur Verfügung. Nachdem der Angeklagte K den Sachverhalt in der Hauptverhandlung im Sinne der Feststellungen geschildert und dabei insbesondere auch eine von Anfang an bestehende Einbindung des Angeklagten J in die CSSF-Problematik und die Überlegungen zur Übernahme des Projekts in die Bank beschrieben hat, ist der Angeklagte J dem in keiner Weise entgegentreten. Hätte der Angeklagte J die Angaben des Angeklagten K bestreiten wollen, wäre bereits zu erwarten gewesen, dass er dies auch ausdrücklich und konkret getan hätte. Denn zu anderen Teilen der Angaben des Angeklagten K – etwa im Tatkomplex X1 – hat der Angeklagte J in hierauf folgenden Erklärungen seine abweichende Sicht der Dinge geschildert.
2760Eine aktive Rolle des Angeklagten J bei den vor allem mit Blick auf die Höhe der Gesellschafterkredite erfolgenden Überlegungen zur Übertragung des Projekts B-Straße in das Bankhaus fügt sich auch nahtlos in die Gesamtumstände ein. Der Angeklagte J war der für das Meldewesen zuständige Partner. Das Verhältnis zur CSSF fiel somit vor allem in sein Ressort. Der Zeuge G2 hat dem entsprechend geschildert, dass der Zeuge Q3 sowie D2 in die CSSF betreffenden Fragestellungen vor allem das Gespräch zum Angeklagten J suchten. Die vom Angeklagten K geschilderte Teilnahme des Angeklagten J an Gesprächen mit diesen Personen über die mit Blick auf die CSSF potentiell problematischen Y14-Bürgschaften und Gesellschafterkredite ist vor diesem Hintergrund äußerst naheliegend. Dem entspricht es auch, dass der Angeklagte O geschildert hat, gerade vom Angeklagten J auf die Bedenken D2s zu den Y14-Bürgschaften angesprochen worden zu sein. Eine aktive und frühzeitige Einbindung des Angeklagten J auch in die Überlegungen zur Anteilsübertragung hinsichtlich der GbR B-Straße ergibt sich ferner aus dem Umstand, dass der Angeklagte J bereits an den Gesprächen zur Überzeugung des Angeklagten E beteiligt war (s. dazu unten XXX.). Auch war der Angeklagte J in der Vergangenheit – zuletzt maßgeblich noch im Juli / August 2008 – mit dem Projekt B-Straße befasst gewesen. Diese Umstände sowie der von den Angeklagten O („acting CEO“), K und E übereinstimmend geschilderte Einflusszuwachs des Angeklagten J innerhalb der Partnerschaft seit der X1-Unterstützung des Bankhauses im September 2008 lassen die Angaben des Angeklagten K hochgradig plausibel erscheinen, dass der Angeklagte J von Anfang an eng in die Überlegungen betreffend die Übernahme des Projekts B-Straße in das Bankhaus eingebunden war. Insbesondere waren die Angaben des Angeklagten K auch insoweit von keinerlei Belastungstendenz geprägt. So hat der Angeklagte K etwa klar zu erkennen gegeben, wenn er sich an Vorgänge, die auch den Angeklagten J betrafen, nicht mehr im Einzelnen erinnern konnte.
2761Die Feststellungen zu den Einzelheiten des Y14-Sicherheitenaustauschs beruhen auf den übereinstimmenden und sich ergänzenden Angaben der Angeklagten K und O, die bestätigt worden sind durch die Angaben des Zeugen G2 und die in die Hauptverhandlung eingeführte Notiz der Zeugin F5 vom 14. Oktober 2008, die den festgestellten Sicherheitenaustausch – ohne Nennung des Grundes für diesen – beschreibt und von allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern abgezeichnet worden ist. Den Grund für die Bereitschaft der A.C12 und des Angeklagten E, an der Ablösung der Bürgschaft des Angeklagten K mitzuwirken, hat dieser wie festgestellt beschrieben. Die festgestellte Kreditaufnahme des Angeklagten O zum Zwecke der Festgeldhinterlegung haben der Angeklagte selbst und der Zeuge G2 beschrieben. Ergänzend hat die Kammer die hierauf bezogenen Kreditprotokolle nebst bankinternem E-Mail-Verkehr zur Festgeldhinterlegung in die Hauptverhandlung eingeführt, die die Angaben des Angeklagten O und des Zeugen G2 bestätigen.
2762Die Feststellung dazu, dass dem Angeklagten O im Zuge der Gespräche betreffend den Y14-Sicherheitenaustausch jedenfalls auch die Befürchtung einer CSSF-Beanstandung der Höhe der Gesellschafterkredite im Allgemeinen zur Kenntnis gebracht wurde, ergibt sich daraus, dass die anfängliche Einlassung des Angeklagten O, wonach die ihm vermittelten Bedenken allein die Y14-Bürgschaften betroffen hätten, bereits für sich genommen wenig schlüssig erscheint. Es ist bereits dargelegt worden, warum eine Beschränkung der Erörterung möglicher CSSF-Bedenken allein auf die Y14-Bürgschaften für die Kammer nicht nachvollziehbar ist. Die Darstellung des Angeklagten K, wonach dieser die Problematik der Gesellschafterengagements im weiteren Sinne – also nicht lediglich beschränkt auf die Y14-Bürgschaften – mit dem Angeklagten O besprach, erscheint vor diesem Hintergrund als deutlich lebensnäher, zumal der Angeklagte O von diesem Themenkreis ja auch persönlich unmittelbar in hohem Maße betroffen war. In den im Rahmen der Darstellung der Einlassungen der Angeklagten wiedergegebenen späteren Erklärungen des Angeklagten O hierzu hat dieser letztlich auch selbst eingeräumt, hinsichtlich der Höhe der Gesellschafterkredite gerade auch in Bezug auf die Bankenaufsicht bereits vor seiner Zustimmung zur Anteilsübertragung betreffend das Projekt B-Straße jedenfalls sensibilisiert gewesen zu sein. Der Angeklagte K hat sich dahin eingelassen, aus den Gesprächen im Oktober 2008 mitgenommen zu haben, dass mit Blick auf die Höhe der Gesellschafterkredite und das Bestehen der Y14-Bürgschaften aufsichtsrechtliche Maßnahmen bis hin sogar zum Banklizenzentzug drohen könnten. Ob sogar die Gefahr eines Lizenzentzuges mit dem Angeklagten O ausdrücklich thematisiert worden ist – was dieser bis zuletzt bestritten hat – kann dahinstehen. Die Kammer geht jedenfalls davon aus, dass den Angeklagten K, J und O klar war, dass jedenfalls aufsichtsrechtliche Konsequenzen drohen könnten.
2763Eine derartige Kenntnis von möglichen CSSF-Bedenken zur Höhe der Gesellschafterkredite konnte die Kammer für den Angeklagten P hingegen nicht feststellen. Er hat sich durchgängig dahin eingelassen, bis zu seiner Zustimmung zur Anteilsübertragung hiervon nichts erfahren zu haben. Der Angeklagte K hat ausdrücklich erklärt, über diese Thematik mit dem Angeklagten P nicht gesprochen zu haben. Auch die Angeklagten O und J haben über derartige Gespräche nichts berichtet. Die Beweisaufnahme hat auch im Übrigen keine konkreten Anhaltspunkte für eine derartige Kenntnisnahme erbracht. Diese – mit Blick auf dessen Stellung als persönlich haftender Gesellschafter an sich ungewöhnliche – Nichteinbeziehung des Angeklagten P in diesen Themenkreis ist für die Kammer mit seiner zu diesem Zeitpunkt bestehenden Isolierung innerhalb der Partnerschaft, die auch in früheren verfahrensgegenständlichen Vorgängen deutlich geworden war, erklärbar.
2764Die Feststellungen zu den bis Ende September 2008 durch die CSSF erhaltenen Informationen zu den Gesellschafterkrediten, deren Einschätzung durch die CSSF sowie die Hintergründe und Bewertung der Großkreditprüfung bei der SCA im November 2008 beruhen auf dem nebst Anhängen in die Hauptverhandlung eingeführten CSSF-Behördenbericht, der ergänzt und bestätigt worden ist durch die im Rechtshilfewege vernommenen Mitarbeiter der CSSF, hier insbesondere den Zeugen T15. Auch der Zeuge G2 hat die Großkreditprüfung bestätigt.
2765Die Feststellungen zum weitgehenden Wegfall (erbschaft-)steuerlicher Motive der Altgesellschafter beruhen auf den Angaben des Angeklagten K. Ihnen hat die Kammer Glauben geschenkt. Sie fügen sich plausibel in das Gesamtgeschehen ein.
2766Die Feststellungen zu den im Herbst 2008 vage bestehenden Überlegungen der Einbeziehung der Liegenschaft in der B-Straße in einen Immobilienpaketverkauf beruhen auf den insoweit übereinstimmenden Angaben der Angeklagten K und J. Auch der Angeklagte O hat von bereits zu diesem Zeitpunkt bestehenden dahingehenden Überlegungen berichtet. Die späteren, im Jahr 2009 gemeinsam mit dem Angeklagten E auch tatsächlich erstellten Kalkulationen und Entscheidungsvorlagen hierzu lassen hierauf gerichtete vage Überlegungen bereits im Herbst 2008 auch als plausibel erscheinen. Die Hauptverhandlung hat indes keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass diese Überlegungen im Herbst 2008 bereits näher ausgestaltet gewesen wären.
2767Das festgestellte weitere allgemeine Motiv der Erlangung einer größeren Gestaltungsfreiheit des Bankhauses im Umgang mit der Immobilie haben die Angeklagten K und J ebenfalls übereinstimmend geschildert.
2768Konkrete Anhaltspunkte für eine von den Feststellungen abweichende Motivlage der Angeklagten K und J hat die Hauptverhandlung nicht erbracht.
2769Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Anklage den Grund für die Anteilsübertragung auf das Bankhaus maßgeblich in einem Willen der Altgesellschafter der GbR (also auch des Angeklagten K) erblickt, ein durch einen auf Grund der Redimensionierung des Bankhauses, insbesondere des Investment Bankings, entstandenen Wegfall von SOP als in Aussicht genommener Mieterin der Liegenschaft eingetretenes persönliches wirtschaftliches Risiko in das Bankhaus zu verlagern. Dies hat die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Schon mit Blick auf die festgestellte Ende 2008 grundsätzlich fortbestehende Anmietungsabsicht der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter (bei einer – hiervon zu unterscheidenden – lediglich nicht bestehenden vollständigen Eigennutzungsabsicht) vermochte die Kammer von einem derartigen Motiv des Angeklagten K nicht auszugehen. Die fortbestehende Absicht, die Liegenschaft jedenfalls vollständig anzumieten, haben insbesondere die Angeklagten K, O und P ausdrücklich bestätigt. Soweit der Angeklagte J, der für Rückfragen der Kammer nicht zur Verfügung stand, erklärt hat, die Frage eines Mietvertrags zwischen der Bank und der GbR über die gesamte Liegenschaft sei bis zur Übernahme von SOP durch die V11 „offen“ geblieben, hat er damit nach dem Verständnis der Kammer lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass bis zu diesem Zeitpunkt ein Mietvertrag noch nicht tatsächlich abgeschlossen worden war. Von einer Aufgabe der dem Projekt von Anfang an zugrunde gelegten und dem Angeklagten J auf Grund seiner festgestellten Befassung mit diesem Projekt bekannten Planung einer Gesamtanmietung durch das Bankhaus hat auch dieser nicht berichtet. Vielmehr hat er selbst noch im Jahr 2009 eine Entscheidungsvorlage des Angeklagten E betreffend die Veräußerung der Liegenschaft in der B-Straße unterzeichnet, die eine Gesamtanmietung durch das Bankhaus gerade vorsah (s. Teil 1, E., IV., (9)). Auch der Angeklagte E hat erklärt, dass ihm Überlegungen zu einer Abstandnahme von einer Gesamtanmietung der Liegenschaft durch das Bankhaus bis weit in das Jahr 2009 hinein in keiner Weise bekannt geworden seien. Dass eine Anmietungsabsicht entfallen sei, hat auch kein Zeuge berichtet und auch die in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden weisen auf Derartiges nicht hin.
XXIX. Feststellungen zur Einbindung des Angeklagten O in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus (Teil 1, E., III., (3))
2770Die auf die Einbindung des Angeklagten O bezogenen Feststellungen beruhen auf dessen Angaben. Ob dieser durch den Angeklagten K oder J erstmals auf eine Übernahme des Projekts B-Straße in das Bankhaus angesprochen wurde, konnte die Kammer nicht feststellen. Der Angeklagte O hat im Laufe der Hauptverhandlung – ohne sich insoweit festzulegen – als erste Gesprächspartner den Angeklagten K, den Angeklagten J oder den Zeugen G2 benannt. Der Angeklagte K hat hierzu lediglich erklärt, sich an Gespräche mit dem Angeklagten O betreffend die Projektübernahme in das Bankhaus zu erinnern. Den Zeitpunkt und genauen Inhalt solcher Gespräche – insbesondere auch, ob er den Angeklagten O als Erster auf die dahingehenden Überlegungen angesprochen hat – vermochte der Angeklagte K dabei aber nicht zu erinnern. Der Angeklagte J hat hierzu keine Angaben gemacht. Die Kammer konnte vor diesem Hintergrund lediglich den Zeugen G2 als Gesprächspartner des Angeklagten O ausschließen. Dieser hat ein solches Gespräch in der Hauptverhandlung sicher ausgeschlossen. Die fehlende Einbindung des Zeugen G2 in die Vorgänge betreffend die Übernahme des Projekts B-Straße in das Bankhaus wird auch durch den Inhalt der in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail der Zeugin T1 an die Zeugin F5 vom 2. Dezember 2008 bestätigt, in der diese u.a. ausführte: „Herr G2 wusste noch weniger als wir…sprich er wusste noch nicht, dass die GbR mittlerweile gegründet ist.“
2771Nähere Feststellungen zum Inhalt des Gesprächs mit dem Angeklagten O hat die Kammer nicht treffen können. Der Angeklagte O hat sich hieran – über die festgestellte Mitteilung des bereits eingeholten Einverständnisses der anderen GbR-Gesellschafter und jedenfalls fehlende Diskussion über das Für und Wider der Maßnahme hinaus – nicht zu erinnern vermocht.
2772Dass der Angeklagte K zeitnah nach dem Entstehen der Idee zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus die GbR-Altgesellschafter seiner Familie hiervon überzeugte, hat dieser im Sinne der Feststellungen bestätigt.
2773Die Feststellungen zu den Motiven für seine Zustimmung zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus sowie zu seiner Kenntnis vom planerischen Entfall des Handelsraums und des damit einhergehenden Verzichts des Umzugs jedenfalls der Handelsabteilungen des Investment Bankings in die neue Liegenschaft beruhen auf den Angaben des Angeklagten O. Diese passen zu den festgestellten Erwägungen auch der Angeklagten K und J und fügen sich somit in den Gesamtkontext ein. Soweit die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage auch betreffend den Angeklagten O das maßgebliche Motiv in der Verlagerung eines persönlichen wirtschaftlichen Risikos infolge eines Wegfalls des Bankhauses als in Aussicht genommener Mieterin der Gesamtliegenschaft gesehen hat, gilt das am Ende des vorigen Abschnitts (XXVIII.) zum Angeklagten K Ausgeführte auch für den Angeklagten O.
2774Die auf die Außenwirkungen des Bankhauses bezogenen Erwägungen, die aus Sicht der Angeklagten J, K und O gegen eine gänzliche Abstandnahme von dem Projekt B-Straße sprachen, haben diese im Sinne der Feststellungen übereinstimmend geschildert.
2775Die durchgängigen Angaben des Angeklagten P, bis zum Erhalt der Beteiligungsvorlage von den Überlegungen zu einer Übernahme des Projektes B-Straße in das Bankhaus nichts erfahren zu haben, sind durch das Ergebnis der Hauptverhandlung nicht widerlegt worden. Kein anderer Angeklagter oder Zeuge hat berichtet, ihn vor dem Erhalt der Beteiligungsvorlage hierüber in Kenntnis gesetzt oder mit ihm über dieses Thema gesprochen zu haben. Soweit der Angeklagte K erklärt hat, die Information des Angeklagten P habe im Rahmen einer „Arbeitsteilung“ der Angeklagte J übernommen, hat er hiermit keine eigenen Wahrnehmungen, sondern eine Erwartung geschildert. Ob der Angeklagte J – der hierüber nichts berichtet hat – den Angeklagten P tatsächlich im Vorfeld der Beteiligungsvorlage informiert hat, ergibt sich hieraus nicht. Hinzu kommt, dass die Angaben des Angeklagten K auch keine nähere zeitliche Einordung erlauben. Die Einlassung des Angeklagten P vermochten sie somit nicht zu widerlegen. Erklärbar ist die festgestellte Nichteinbeziehung des Angeklagten P in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus wiederum mit dessen in der Partnerschaft isolierten Lage im Herbst 2008. Die Überlegungen betreffend ein Ausscheiden des Angeklagten P aus der Partnerschaft haben die Angeklagten P, K und O im Sinne der Feststellungen übereinstimmend geschildert.
XXX. Feststellungen zur Einbindung des Angeklagten E in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus (Teil 1, E., III., (4))
2776Die Feststellungen zur Einbindung des Angeklagten E in die Überlegung zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus beruhen auf den übereinstimmenden und sich ergänzenden Angaben der Angeklagten K und E. Insbesondere haben beide übereinstimmend erklärt, dass es die Angeklagten K und J gewesen seien, die den Angeklagten E auf dessen Bereitschaft zu einer Übertragung auch seiner Anteile ansprachen. Der Angeklagte O hat hierzu passend bestätigt, mit dem Angeklagten E selbst nie über dessen Bereitschaft zu einer Anteilsübertragung gesprochen zu haben. Der Angeklagte J hat nicht bestritten, an diesen Vorgängen beteiligt gewesen zu sein. Er hat sich hierzu nicht erklärt. Seine tatsächliche Einbindung fügt sich aber plausibel in den Umstand ein, dass er an dem in der Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 niedergelegten Beschluss vom 3. November 2008 beteiligt war (s. dazu sogleich, XXXI.).
2777Die Erklärungen des Angeklagten E zu den ihm mitgeteilten Gründen für die Anteilsübertragung auf das Bankhaus sind bereits oben (XXVIII.) näher beschrieben und gewürdigt worden.
XXXI. Feststellungen zum Beschluss zwischen den Angeklagten K, J und E zur Übernahme von 94,9 % der GbR-Anteile durch das Bankhaus (Teil 1, E., III., (5))
2778Die ersten Entwürfe der Kreditabteilung für Schreiben betreffend eine Kreditreduzierung für die Altgesellschafter vom 30. Oktober und 5. November 2008 sind in die Hauptverhandlung eingeführt und mit der Zeugin F5, die sie verfasste, besprochen worden. Sie hatte an den Vorgang konkrete Erinnerungen und hat ihn bestätigt. Das hierin bereits zum Ausdruck kommende Bestreben, die Gesellschafterkreditreduzierungen möglichst zeitnah umzusetzen, hat der Angeklagte K beschrieben.
2779Die Feststellungen zu der Übereinkunft der Angeklagten K, J und E vom 3. November 2008 beruhen maßgeblich auf der in die Hauptverhandlung eingeführten Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008.
2780Zwar konnte nicht aufgeklärt werden, auf welchem Kommunikationsweg der Beschluss gefasst wurde. Hierzu enthält die Entscheidungsvorlage selbst keine Angaben. Der Angeklagte E, der in seinen Erklärungen auf diesen Beschluss Bezug nahm, hat hierzu nichts Näheres ausgeführt. Auch der Angeklagte K hat auf Vorhalt der Entscheidungsvorlage erklärt, sich lediglich an dessen Inhalte „so grob“ zu erinnern, nicht aber konkret an die genauen Umstände des in ihr genannten Beschlusses.
2781Die Kammer ist davon überzeugt, dass es – auf welchem Kommunikationswege auch immer – am 3. November 2008 zu der festgestellten Übereinkunft zwischen den Angeklagten K, J und E kam. Entsprechend den Ausführungen zur Entscheidungsvorlage vom 27. August 2008 (s. oben XXVI.) ist kein plausibler Grund dafür erkennbar, warum der Angeklagte E in einer Entscheidungsvorlage ausdrücklich auf einen vorherigen Beschluss Bezug nehmen sollte, der tatsächlich gar nicht getroffen worden war. Einer Beteiligung auch des Angeklagten J an diesem Beschluss steht aus den bereits zur Entscheidungsvorlage vom 27. August 2008 (s. oben XXVI.) genannten Gründen auch nicht entgegen, dass dessen Unterschrift in der Entscheidungsvorlage nicht vorgesehen war. Gewicht hat dabei auch, dass der Angeklagte J von der Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 nur einen Tag später selbst Kenntnis nahm. Dies steht zur Überzeugung der Kammer auf Grund eines im Wege des Selbstleseverfahrens und durch Inaugenscheinnahme in die Hauptverhandlung eingeführten Exemplars der Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 fest. Dieses trägt zwar nicht die Unterschriften der Angeklagten E und K, wohl aber die handschriftliche Aufbringung eines nach unten weisenden Pfeils neben dem Text „Abl 5 11 08“. Davon, dass diese als Ablageanweisung zu deutende Handschrift vom Angeklagten J stammt, hat sich die Kammer durch einen Vergleich mit der ebenfalls in Augenschein genommenen Abzeichnung der SOP-Beteiligungsvorlage zur Anteilsübertragung betreffend die Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße überzeugt. Diese stammt nach den eigenen Angaben des Angeklagten J von ihm und ist auch unmittelbar über seinem maschinenschriftlichen Namen aufgebracht. Insbesondere die charakteristische Form der jeweils geschriebenen Zahlen „5“ und „1“ belegt, dass die Handschrift auf dem Exemplar der Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 ebenfalls dem Angeklagten J zuzuordnen ist. Hierfür spricht insbesondere auch, dass dieses Exemplar in seinem, des Angeklagten J, Sekretariat im Bankhaus sichergestellt worden ist. Hiervon hat sich die Kammer durch Abgleich der der Urkunde zugeordneten, in der Hauptverhandlung verlesenen Asservatennummer mit dem ebenfalls verlesenen Durchsuchungs-/Sicherstellungsprotokoll für diese Räumlichkeiten überzeugt. Hätte es den in der Entscheidungsvorlage bezeichneten Beschluss der Angeklagten K, J und E tatsächlich gar nicht gegeben, erscheint es für die Kammer nicht vorstellbar, dass der Angeklagte J auf ihren Erhalt mit einer schlichten Ablageverfügung reagiert hätte. Vielmehr hätte es erheblich näher gelegen, mit einem Drängen auf Korrektur zu reagieren. Hierfür hat die Hauptverhandlung aber keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Der Angeklagte J hat auch weder eine Teilnahme an dem Beschluss noch den Erhalt der Entscheidungsvorlage ausdrücklich bestritten. Er hat lediglich – zutreffend – darauf verwiesen, dass Letztere weder seine Unterschrift vorsehe noch trage. Näheres hat er selbst hierzu nicht erklärt. In einer Erklärung seiner Verteidiger haben diese ausgeführt, der Angeklagte J habe nach seiner Erinnerung am 3. November 2008 mit den Angeklagten K und E „X1-Themen“ erörtert. An eine Erörterung der B-Straße habe er keine Erinnerung. Ob dieses Projekt am Rande ebenfalls thematisiert wurde, könne er nicht ausschließen. Eine Besprechung ausschließlich zu dieser Thematik unter seiner Einbindung habe aber jedenfalls nicht stattgefunden. Eine ausschließliche Besprechung des Themas B-Straße am 3. November 2008 ist der Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 indes in keiner Weise zu entnehmen. Vielmehr belegt eine weitere, ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführte, analog strukturierte und gleichfalls auf einen Beschluss der Angeklagten K, J und E vom Vortag Bezug nehmende Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 betreffend ein Bauvorhaben in Luxemburg, dass an diesem Tag tatsächlich – im Sinne der Verteidigererklärung – mehrere Themen erörtert worden sind.
2782Die festgestellte Annahme des Angeklagten E, zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen zu sein, dass der Wegfall des Handelsraums doch nicht zu zusätzlicher BGF führen würde, beruht auf dessen Schilderung dieses Umstandes – ohne nähere Angaben von Gründen – in der Hauptverhandlung.
2783Die Feststellung der fehlenden Einbindung der Fachabteilungen von SOP in die Inhalte der Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 beruht auf den Angaben sämtlicher als Zeugen vernommener Mitarbeiter des Bankhauses. Kein Zeuge hat – teils auch auf ausdrücklichen Vorhalt – über eine derartige Einbindung berichtet. Insbesondere hat auch der Zeuge L2 auf Vorhalt der Entscheidungsvorlage erklärt, dass der darin enthaltene Beschluss im Vorfeld seiner Befassung mit der Anteilsübertragung in seiner Abteilung nicht vorgelegen habe und er in diesen Vorgang – wie üblicherweise bei „aus T “ stammenden Entscheidungsvorlagen – auch nicht eingebunden gewesen sei. Auch die Zeugen L1 und T1 haben eine Einbindung ihrer Abteilungen in diese Vorgänge ausdrücklich verneint. Eine Einbeziehung von Fachabteilungen des Bankhauses in die Ankaufsüberlegungen im Vorfeld des 4. November 2008 hat auch kein Angeklagter behauptet.
XXXII. Feststellungen zu den ersten Reduzierungen der Kreditlinien für die Fondsfinanzierung (Teil 1, E., III., (6))
2784Die Feststellungen zu den ersten Kreditreduzierungen beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Schreiben vom 6. November 2008, die mit den Zeugen F5 und L2 erörtert worden sind.
XXXIII. Feststellungen zum Projekt „V7“ (Teil 1, E., III., (7))
2785Die Feststellungen zu den Geschäftsführungssitzungen der SCA vom 28. Oktober, 11. November und 25. November 2008 beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Protokollen zu diesen Sitzungen sowie den ebenfalls eingeführten Präsentationsfolien zur Vorstellung des Projekts „V7“ am 11. November 2008. Zum Inhalt dieses Projekts sowie seinen Ausführungen in der Geschäftsführungssitzung vom 25. November 2008 hat der Zeuge T7 ergänzend im Sinne der Feststellungen bekundet. Er hat auch die ausweislich des Protokolls in der Geschäftsführungssitzung vom 25. November 2008 vorbesprochene Präsentation des Projekts „V7“ in der Führungskräftetagung der Bank am 25. November 2008 bestätigt. Der Zeuge T7 hat den Hintergrund und die wesentlichen Inhalte des Projektes „V7“ detailreich und mit guter Erinnerung im Sinne der Feststellungen beschrieben. Es habe sich um ein Projekt gehandelt, das darauf beruht habe, „dass die Ertragslage sehr schlecht“ gewesen sei „und man die Kostenbasis der Bank“ habe „zurückführen und an die neue Zeit insbesondere im Investment Banking und Private Banking anpassen“ müssen. Der Zeuge hat wörtlich ausgeführt: „Es wurde das V7projekt initiiert, um O in eine Zukunft gehen zu lassen, wo die Kostenbasis entsprechend angepasst wird, weil davon auszugehen war, dass die operativen Erträge nicht rasch wieder die Höhe erreichen würden wie vor der Krise“. Insgesamt ergibt sich somit das Bild eines in der Krise des Bankhauses ins Leben gerufenen Restrukturierungsprogramms und nicht – wie von der Verteidigung des Angeklagten J in den Raum gestellt – eines Programms lediglich zur Verschlankung der mit dem Umzug nach Luxemburg entstandenen Doppelstrukturen.
2786Die Feststellungen zur E-Mail des Angeklagten P vom 26. November 2008 beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung.
XXXIV. Feststellungen zur Entscheidungsvorlage zur Zahlung des Grundstückskaufpreises (Teil 1, E., III., (8))
2787Die hierauf bezogenen Feststellungen beruhen auf der Einführung der dort genannten Urkunden in die Hauptverhandlung. Seine Zustimmung zu der Entscheidungsvorlage vom 19. November 2008 hat der Angeklagte E in seinen Erklärungen auch ausdrücklich erwähnt.
2788Die Feststellungen zur mit den Nachbarn des K-Straße 18 abgeschlossenen Nachbarschaftsvereinbarung beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung sowie den Angaben des Angeklagten E. Die übrigen Nachbarschaftsvereinbarungen sind ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
XXXV. Feststellungen zur Initiierung des SOP-Beteiligungsvorlagenprozesses durch die Abteilung des Zeugen L2 (Teil 1, E., III., (9))
2789Die Feststellungen zur Übersendung des Vertragsentwurfes durch den Angeklagten E an den Zeugen L2 beruhen auf der Einführung des Übersendungsschreibens in die Hauptverhandlung sowie die diesen Vorgang bestätigenden und erläuternden Angaben des Zeugen L2.
2790Die Feststellungen zur Initiierung des SOP-Beteiligungsvorlagenprozesses hinsichtlich der Beteiligungsnahme des Bankhauses an der GbR Frankfurt B-Straße GbR durch den Zeugen L2 beruhen auf dessen glaubhaften Angaben. Dieser hat sich zwar nicht mehr konkret daran zu erinnern vermocht, wer ihn zur Einleitung des Beteiligungsvorlagenprozesses anhielt. Typischerweise seien seine Ansprechpartner in solchen Angelegenheiten die Angeklagten K und O gewesen. Mit Blick darauf, dass diese beiden Angeklagten eine Beauftragung des Zeugen L2 aber jeweils für sich selbst verneint haben und die Hauptverhandlung hierzu auch im Übrigen keine näheren Erkenntnisse gebracht hat, konnte diese Frage letztlich nicht aufgeklärt werden. Plastisch und für die Kammer glaubhaft hat der Zeuge indes die ihm dabei vermittelte Aufgabe seiner Abteilung wie festgestellt geschildert. Dass dem Zeugen lediglich ein derartiger Eindruck, nicht aber seine konkreten Kommunikationspartner in Erinnerung geblieben sind, erscheint der Kammer mit Blick auf den Zeitablauf auch als nachvollziehbar. Seine Angaben, wonach er die Entscheidung zur Anteilsübernahme als auf Partnerebene mit dem Angeklagten E bereits beschlossen wahrnahm, entsprechen dabei – jedenfalls betreffend die Angeklagten K, O, J und E – auch der objektiven Lage. Denn tatsächlich hatten zu diesem Zeitpunkt diese Angeklagten ja bereits – ohne diesbezügliche Konsultation der Abteilung des Zeugen L2 – ihr grundsätzliches Einverständnis mit einer Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus zum Ausdruck gebracht. So waren nähere Einzelheiten zu der Anteilsübertragung bereits in der auf den Beschluss zwischen den Angeklagten K, J und E Bezug nehmenden Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008 niedergelegt, es war ausweislich des in die Hauptverhandlung eingeführten Übersendungsschreibens des Angeklagten E an den Zeugen L2 bereits ein Entwurf des Vertrages zur Übertragung der GbR-Anteile erstellt und es waren sogar erste Kreditreduzierungen bereits vorgenommen worden. Dass die Abteilung des Zeugen L2 bei dieser Sachlage – gerade auch mit Blick auf das drängende Bestreben zur Reduzierung der Gesellschafterkredite – nicht mit einer kritischen Würdigung, sondern einer eher technischen und zügigen Umsetzung beauftragt wurde, erscheint vor diesem Hintergrund als äußerst lebensnah. Ganz in diesem Sinne hat der Angeklagte K eingeräumt, dem Marktvotum der Abteilung des Zeugen L2 in der Beteiligungsvorlage „keine Bedeutung zugemessen“ zu haben. Wörtlich hat er hierzu erklärt: „Es war ja alles schon…also eigentlich eine formale Zur-Akten-Nahme des Beschlusses im Nachhinein, das war ja alles ausdiskutiert vorher“.
2791Soweit der Angeklagte O angegeben hat, im Zuge des Beteiligungsvorlagenprozesses mit dem Zeugen L2 ein Gespräch darüber geführt zu haben, ob dessen Einschätzung der Marktüblichkeit der angesetzten Miete „immer noch einigermaßen“ stimme, ist die Kammer dem nicht gefolgt. Der Zeuge L2 hat hierüber nichts berichtet. Dessen mit Blick gerade auch auf die geschilderten objektiven Umstände glaubhaften Angaben, im Zuge der Erstellung des Marktvotums gerade nicht mit einer aktualisierten kritischen Würdigung des Vorhabens beauftragt worden zu sein, stehen einem derartigen Gespräch entgegen. Die Schilderung eines solchen lässt sich für die Kammer auch nicht mit den späteren Angaben des Angeklagten O in Einklang bringen, dass ihm „klar“ gewesen sei, dass die Finanzkrise Auswirkungen auf den Frankfurter Immobilienmarkt und damit auch auf die Werthaltigkeit des Grundstücks gehabt habe. Denn gerade die veränderten Umstände auf dem Frankfurter Immobilienmarkt seit der Erstellung des Kreditprotokolls im Jahr 2007 wären naheliegend ja gerade Gegenstand des behaupteten Gesprächs mit dem Zeugen L2 über eine „immer noch einigermaßen“ bestehende Marktüblichkeit des Mietansatzes gewesen. Die – ohnehin nur äußerst vage – Schilderung eines derartigen Gesprächs ordnet die Kammer daher in den Kontext der – im Verlauf der Hauptverhandlung ausdrücklich aufgegebenen – anfänglichen Bemühungen des Angeklagten O ein, einen Nachteilsvorsatz zu bestreiten.
2792Die Vorgabe an den Zeugen L2 – der hieran keine konkrete Erinnerung hatte –, dass die Anteilsübertragung in jedem Fall noch im Jahr 2008 erfolgen solle, hat die Kammer dem Inhalt der in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail der Zeugin F5 an die Zeugin T1 vom 2. Dezember 2008 entnommen. Hierin führte diese zur Frage des Übertragungsstichtages u.a. aus: „Lt. Herrn L2 muss es auf jeden Fall dieses Jahr sein“. Diese Vorgabe fügt sich auch nahtlos in die Angaben des Angeklagten K ein.
2793Die Feststellungen zu den in der Abteilung des Zeugen L2 zum Zeitpunkt der Initiierung des Beteiligungsvorlagenprozesses vorliegenden Unterlagen betreffend die Liegenschaft beruhen maßgeblich auf dessen Angaben. Hieran hatte der Zeuge eine präzise Erinnerung. Insbesondere hat er erklärt, zum Zwecke der Erstellung der Transaktionsbeschreibung und des Marktvotums weitere Unterlagen zur näheren Beurteilung der Werthaltigkeit der geplanten Liegenschaft nicht angefordert zu haben. Auch der Zeuge O1 – der an den gesamten Vorgang nur eine schemenhafte Erinnerung hatte – hat von weiteren zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht berichtet. Hierauf deutet auch im Übrigen nichts hin. So hat etwa auch der Zeuge L1 von derartigen Anfragen der Abteilung des Zeugen L2 nicht berichtet.
2794Die Feststellungen zur „Mastertabelle“ beruhen auf den Angaben der ZeugenP1 und J7.
2795Die Feststellung dazu, dass in der Abteilung des Zeugen L2 die zwischenzeitlich erfolgte Erhöhung des für das Bankhaus in Aussicht genommenen Mietansatzes auf 30,00 € nicht bekannt war, schließt die Kammer bereits daraus, dass im Marktvotum ein Mietzins von 27,50 € zugrunde gelegt wurde.
2796Dass es im Zuge der Erstellung der Transaktionsbeschreibung und des Marktvotums nicht zu einer gegenüber der Erstellung der Kreditprotokolle im Jahr 2007 aktualisierten Überprüfung der Marktüblichkeit des Mietansatzes kam, schließt die Kammer aus einer Gesamtschau der Angaben der Zeugen L2 und O1 sowie der übrigen als Zeugen vernommenen Mitarbeiter aus deren Abteilung (die Zeugen B1, W2, J7, M4, Q10, S2 undP1). Der Zeuge L2 hat bekundet, auf der Grundlage der ihm vermittelten Aufgabe seiner Abteilung, eine bereits auf höherer Ebene getroffene Entscheidung nun formal auf den Weg zu bringen, keine kritische Überprüfung des Vorhabens selbst mehr vorgenommen zu haben. Es erscheint vor diesem Hintergrund als fernliegend, dass der durch den Zeugen L2 mit der Ausformulierung der Transaktionsbeschreibung und des Marktvotums beauftrage Zeuge O1 seinerseits eine solche vorgenommen haben sollte. Dieser hatte an den gesamten Vorgang keine konkrete Erinnerung. Eigene Überprüfungen zur Angemessenheit des Mietzinses hat er folglich ebenfalls nicht zu erinnern vermocht. Hätte es eine vertiefte Befassung des Zeugen O1 mit diesen Fragen gegeben, wäre zu erwarten gewesen, dass er sich hieran jedenfalls in Grundzügen erinnert hätte. Auch kein anderer der zahlreich vernommenen Mitarbeiter der Abteilung des Zeugen L2 hat über im Zusammenhang mit der Anteilsübertragung vorgenommene Bewertungen des angesetzten Mietzinses berichtet. Die Kammer ist vor diesem Hintergrund davon überzeugt, dass der Zeuge O1 zur Formulierung des Marktvotums lediglich die (bereits damals nur als grobe Plausiblisierung vorgenommene) Einschätzung des Zeugen L2 aus dessen Notiz aus dem Februar 2007 übernahm. Hierzu passend hat der Zeuge O1 erklärt, man habe die Unterlagen, an die er inhaltlich keine Erinnerung mehr hatte, lediglich im Bankhaus „zirkuliert“.
2797Dass in der Abteilung des Zeugen L2 die Einholung eines Verkehrswertgutachtens zur Liegenschaft zu keinem Zeitpunkt in Betracht gezogen wurde und dort keine geänderten offiziellen Informationen zur Frage der Selbstnutzung durch das Bankhaus vorlagen, hat der Kammer ebenfalls der Zeuge L2 vermittelt.
2798Die Feststellungen zum Wortlaut der in der E-Mail des Zeugen O1 an die Zeugin T1 vom 1. Dezember 2008 enthaltenen Transaktionsbeschreibung beruhen auf der Einführung dieser E-Mail in die Hauptverhandlung.
XXXVI. Feststellungen zur Erstellung der SOP-Beteiligungsvorlage durch die Abteilung Strategische Beteiligungen (Teil 1, E., III., (10))
2799Die Feststellungen zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der Erstellung der SOP-Beteiligungsvorlage beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail-Schriftverkehr hierzu, der vollständig – also mit allen jeweils unterschriebenen, inhaltlich gleichlautenden Exemplaren – in die Hauptverhandlung eingeführten Beteiligungsvorlage selbst sowie den übereinstimmenden und sich ergänzenden Angaben der Zeugen T1 und C6. Beide hatten an die Vorgänge detailreiche Erinnerungen, die sie plausibel auch gerade damit begründet haben, dass das Geschehen für sie äußerst ungewöhnlich war.
2800Dass auch die Abteilung Facility Management im Zuge der Anteilsübertragung in keiner Weise mit einer Werthaltigkeitsprüfung hinsichtlich der Liegenschaft beauftragt worden war, haben die übereinstimmenden Angaben sämtlicher als Zeugen vernommener Mitarbeiter dieser Abteilung ergeben. Auch sonst hat die Hauptverhandlung keinerlei Anhaltspunkte für eine derartige Prüfung erbracht. Der Zeuge L1 hat erklärt, dass es allenfalls Nachfragen zu in seiner Abteilung vorliegenden Informationen zu dem Projekt gegeben haben könnte. Der Zeuge O1 hatte an den gesamten Vorgang keine konkrete Erinnerung. Weshalb er in seiner E-Mail an die Zeugin T1 die Formulierung von in seiner Abteilung sowie der Abteilung Facility Management vorliegenden „Unterlagen zur Due Diligence“ wählte, konnte der Zeuge O1 nicht erklären. Da auch kein anderer Zeuge in diese Vorgänge eingebunden war, konnte dies nicht näher aufgeklärt werden. Gleiches gilt für den Hintergrund der Angabe des Zeugen in seiner späteren E-Mail an die Zeugin T1, wonach ein Wertgutachten „u.U. analog vergleichbarer Fälle“ während der Bauphase nicht erstellt werde.
2801Den Hintergrund für die Angabe des Zeugen L1 gegenüber der Zeugin T1, wonach mit geringeren Baukosten als ursprünglich veranschlagt gerechnet werde, hat der Zeuge auf Vorhalt der E-Mail der Zeugin T1 an die Zeugin F5 vom 2. Dezember 2008 wie festgestellt geschildert.
2802Ihre Unterschrift unter das jeweilige Votum haben die Zeugen T1, C6, L2 und O1 auf optischen Vorhalt der Beteiligungsvorlage bestätigt. Dass das undatiert unterzeichnete Marktvotum spätestens am 4. Dezember 2008 unterschrieben wurde, hat die Kammer dem Umstand entnommen, dass an diesem Tag bereits die ersten persönlich haftenden Gesellschafter die SOP-Beteiligungsvorlage abzeichneten.
2803Die Feststellungen dazu, dass eine Beteiligung des Aufsichtsrats bei Rechtsgeschäften zwischen SOP und deren persönlich haftenden Gesellschaftern – mit Ausnahme von Organkrediten – bis zu diesem Zeitpunkt im Bankhaus nie praktiziert worden war und dies folglich auch nicht beim Vorgang B-Straße geschah, beruhen auf den übereinstimmenden Angaben der Angeklagten K, O und P. Sie haben angegeben, von einem solchen Erfordernis keine Kenntnis gehabt zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass dies hinsichtlich des Angeklagten J – der sich hierzu nicht ausdrücklich erklärt hat, dessen Einlassung aber erkennbar die Annahme einer rechtlichen Wirksamkeit der Anteilsübertragung zugrunde liegt – anders gewesen sein könnte, hat die Hauptverhandlung nicht erbracht. Die Angaben der Angeklagten K, O und P sind vielmehr dadurch bestätigt worden, dass auch keinem der hierzu vernommenen Aufsichtsratsmitglieder ein derartiges Erfordernis bekannt war. Auch sonst haben kein Zeuge und keine Urkunde Anhaltspunkte dafür erbracht, dass eine Beteiligung des Aufsichtsrats bei derartigen Rechtsgeschäften je praktiziert worden oder speziell im Fall der B-Straße auch nur erwogen worden wäre. Eine weitere Bestätigung findet dieser Umstand auch darin, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Z33, als Reaktion auf den mit Blick auf Verstöße gegen §§ 278 Abs. 3 i.V.m. § 112 S. 1 AktG erfolgten Widerruf von Willenserklärungen durch den Angeklagten K diesen in seinem in der Hauptverhandlung verlesenen Schreiben vom 8. August 2013 darauf hinwies, dass das Bankhaus „– wie Sie auch – diese Verträge in der Vergangenheit als wirksam betrachtet und als wirksam behandelt“ habe. Für eine Beteiligung der Rechtsabteilung des Bankhauses an dem Vorgang B-Straße hat die Hauptverhandlung keinerlei Anhaltspunkte erbracht. Der damalige Leiter der Kölner Rechtsabteilung des Bankhauses, der Zeuge Dr. C3, hat vielmehr ausdrücklich bekundet, erstmals im Jahr 2009 mit diesem Thema in Berührung gekommen zu sein. Diese Nichteinbeziehung der Rechtsabteilung fügt sich auch in die Angaben des Zeugen Dr. T12 ein, wonach diese mit Themen aus dem „Bereich E“ in aller Regel nicht befasst worden sei.
XXXVII. Feststellungen zur SCA-Beteiligungsvorlage (Teil 1, E., III., (11))
2804Die Feststellungen zur SCA-Beteiligungsvorlage beruhen auf deren Einführung in die Hauptverhandlung sowie den ergänzenden Angaben der Zeuginnen T2 und Y7, die mit deren Erstellung bzw. Koordinierung befasst waren.
2805Insbesondere die Zeugin Y7 hat dabei auf einen von ihr wahrgenommenen Zeitdruck hingewiesen: „Ich erinnere noch, dass das Thema hohe Brisanz hatte und relativ dringlich war“. Sie sowie die Zeugen T2 und G2 haben aus der Formulierung „Vorbehaltlich der Genehmigung der Investitionsvorlage durch die Partnerschaft der KGaA“ in der SCA-Beteiligungsvorlage mit Blick auf die von ihnen geschilderten typischen Abläufe den – auch aus Sicht der Kammer zwingenden –Rückschluss gezogen, dass der Beteiligungsvorlagenprozess in Luxemburg angestoßen wurde, ohne dass die SOP-Beteiligungsvorlage bereits – wie üblicherweise – abgezeichnet war. Dies war nach den Angaben der Zeugen ein Zeichen von Dringlichkeit.
2806Dass mit Blick auf das Regelungswerk des Bankhauses auch auf Ebene der SCA richtigerweise nicht lediglich eine Kenntnisnahme der Beteiligungsvorlage durch den Aktionärsausschussvorsitzenden, sondern dessen Zustimmung vorzusehen gewesen wäre, haben die Zeuginnen T2 und Y7 auf entsprechenden Vorhalt ausdrücklich bestätigt.
XXXVIII. Feststellungen zum Formular für die CSSF-Genehmigung (Teil 1, E., III., (12))
2807Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf den dort bezeichneten, in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden sowie den erläuternden und ergänzenden Angaben der Zeugen L2, T2 und Y7. Diese hatten an den Vorgang eine plastische Erinnerung. Der Zeuge O1 hat sich auch insoweit nicht zu erinnern vermocht.
XXXIX. Feststellungen zum 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag (Teil 1, E., III., (13))
2808Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf den dort bezeichneten, in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden.
2809Der genaue Zeitpunkt der Unterzeichnung des GbR-Beschlusses im Dezember 2008 konnte in der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden. Die verlesenen Erklärungen des Angeklagten E geben hierüber keinen näheren Aufschluss. Der Angeklagte K, der auf optischen Vorhalt des Dokuments seine Unterschrift auch für A.C12 sowie das Bankhaus bestätigt hat, hat keine sichere Erinnerung hieran zu schildern vermocht. Gleiches gilt für den Angeklagten O. Die Zeugen B.C12 sowie Ea haben in der Hauptverhandlung unter Berufung auf Verweigerungsrechte keine Angaben gemacht.
XL. Feststellungen zum Anteilsübertragungsvertrag (Teil 1, E., III., (14))
2810Die Feststellungen zum Anteilsübertragungsvertrag beruhen auf seiner Einführung in die Hauptverhandlung.
XLI. Feststellungen zur Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen (Teil 1, E., III., (15))
2811Die Feststellungen zu den Abzeichnungen der Beteiligungsvorlagen und deren Zeitpunkten beruhen auf der Einführung aller mit Datum abgezeichneten Seiten der Vorlagen in die Hauptverhandlung. Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter – auch der Angeklagte J – haben ihre festgestellten Abzeichnungen auch ausdrücklich eingeräumt.
2812Die Behauptung des Angeklagten P, der Zeuge Ob habe „die Beteiligungsvorlage“ unterzeichnet, bevor er (der Angeklagte P) diese unterzeichnet habe, ist durch die den eingeführten Seiten der Beteiligungsvorlagen entnommenen und festgestellten Daten der Abzeichnungen durch den Angeklagten P (SOP: 5. Dezember 2008; SCA: 8. Dezember 2008) und den Zeugen Ob (SOP: 9. Dezember 2008; SCA: 12. Dezember 2008) widerlegt.
2813Die festgestellten Überlegungen des Angeklagten P bei seiner Zustimmung zur Anteilsübertragung beruhen auf dessen Angaben, denen die Kammer gefolgt ist.
2814Die Beweiswürdigung dazu, dass der Angeklagte P erstmals mit Erhalt der Beteiligungsvorlage von den Überlegungen zu einer Übertragung des Projekts in das Bankhaus erfuhr und er zu diesem Zeitpunkt über mögliche CSSF-Bedenken zur Höhe der Gesellschafterkredite nicht informiert war, ist bereits oben (XXVIII. und XXIX.) erfolgt.
2815Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte P weder vor noch im Nachgang zu seiner Abzeichnung der beiden Vorlagen Gespräche mit anderen persönlich haftenden Gesellschaftern oder Mitarbeitern des Bankhauses führte. Dies hat der Angeklagte P zunächst – wie im Rahmen der der Beweiswürdigung vorangestellten Darstellung der Einlassungen der Angeklagten (I., (4)) näher ausgeführt – auch selbst erklärt und auf wiederholtes Nachfragen bestätigt. Diese Angaben fügen sich auch in die Erklärungen der übrigen angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter sowie das sonstige Ergebnis der Beweisaufnahme ein. So hat kein anderer persönlich haftender Gesellschafter erklärt, sich im Zuge ihrer Abzeichnung über den Inhalt der Beteiligungsvorlagen mit anderen Partnern ausgetauscht zu haben. Dem entspricht es, dass die in die Hauptverhandlung eingeführten Protokolle der hierfür in Betracht kommenden SOP-Partnersitzungen und SCA-Geschäftsführungssitzungen eine Erörterung des Vorgangs betreffend die B-Straße nicht ausweisen. Hierzu hat der Angeklagte O erklärt, dass derartige Erörterungen in Sitzungen nach den Gepflogenheiten des Bankhauses auch protokoliert worden wären und Entscheidungsvorlagen gerade in der schwierigen Phase des Bankhauses Ende 2008 häufiger auch trotz Stattfindens gemeinsamer Sitzungen am gleichen Tag ohne mündliche Aussprache und Beratung von den Partnern abgezeichnet worden seien. Die später in der Hauptverhandlung durch den Angeklagten P gemachten und im Rahmen der Darstellung der Einlassungen der Angeklagten (I., (4)) wiedergegebenen Angaben, wonach er jedenfalls vor der Unterzeichnung der SCA-Beteiligungsvorlage Rücksprache mit dem Angeklagten J gehalten habe, hält die Kammer für nicht glaubhaft. Die Angaben sind bereits für sich genommen äußerst vage und haben bereits ihrer Formulierung nach eher spekulativen Charakter. Besondere Bedeutung kommt zudem dem Zeitpunkt zu, zu dem der Angeklagte P diese Angaben gemacht hat. Dies ist geschehen, nachdem seine Verteidiger im Rahmen eines Beweisantrages ein von diesen eingeholtes „Rechtsgutachten“ eines Universitätsprofessors verlesen hatten, welches dem Angeklagten P im Kern bescheinigte, gesellschaftsrechtliche Sorgfaltsanforderungen bei seiner Zustimmung zur Anteilsübertragung vor allem deshalb nicht verletzt zu haben, weil er „auf die Prüfung und Information durch den (auch) ressortzuständigen Komplementär J“ habe „vertrauen“ dürfen. Vor diesem Hintergrund wertet die Kammer die durch den Angeklagten P in der Folge abgegebenen und seinen anfänglichen Erklärungen entgegenstehenden Angaben als interessengeleiteten und nicht tatsachenfundierten Versuch, dem Ergebnis des „Rechtsgutachtens“ nachträglich eine tatsächlich Grundlage zu verschaffen.
2816Dass auch zwischen den anderen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern im Vorfeld der Abzeichnungen der Beteiligungsvorlagen keine konkret auf deren Inhalt bezogenen Gespräche stattfanden, hat die Kammer den Angaben dieser Angeklagten entnommen. Die Protokolle der in den Feststellungen genannten SCA-Geschäftsführungs- und SOP-Partnersitzungen, die eine derartige Erörterung durchgängig nicht aufweisen, sind in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
XLII. Feststellungen zur Nichterörterung des Anteilsankaufs in den Gremien des Bankhauses (Teil 1, E., III., (16))
2817Die Umstände der Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen durch den Zeugen Ob konnten in der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden. Er selbst hat sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO berufen. Die Kammer hat alle nach den in der Hauptverhandlung umfangreich aufgeklärten Strukturen des Bankhauses als Gesprächspartner des Aktionärsausschussvorsitzenden im Vorfeld der Unterzeichnung von Beteiligungsvorlagen in Betracht kommenden Mitarbeiter hierzu befragt. Keiner hat sich an Gespräche mit dem Zeugen Ob betreffend die Übertragung der Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße auf das Bankhaus zu erinnern vermocht. Auch haben keiner der Angeklagten oder sonstige Zeugen hierzu nähere Angaben gemacht.
2818Die Feststellungen zur Nichteinbeziehung der Mitglieder des Aktionärsausschusses sowie der Aufsichtsräte beruhen auf den übereinstimmenden Angaben der Zeugen N3, N4, Oe und Dr. Z7. Sie alle haben bekundet, im Jahr 2008 weder im Rahmen von Gremiensitzungen noch auf informellem Wege über die Anteilsübernahme durch das Bankhaus informiert worden zu sein, sondern hiervon erst deutlich später (ab Mitte 2009) erfahren zu haben. Die Zeugen B.C12 und Ka haben sich in der Hauptverhandlung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO berufen. Die Nichterörterung im Rahmen von Gremiensitzungen wird bestätigt durch die in die Hauptverhandlung eingeführten, auch die Teilnehmer ausweisenden Protokolle zu den in den Feststellungen genannten Sitzungen. Hierzu passend hat der Angeklagte O zur Ankaufsentscheidung erklärt: „Nein, es ist nicht überlegt worden, das anderen Gremien vorzustellen, zur Diskussion zu stellen.“ Anhaltspunkte dafür, dass weitere nicht protokollierte Sitzungen der Gremien im fraglichen Zeitraum stattgefunden haben könnten, hat die Hauptverhandlung in keiner Weise ergeben.
XLIII. Feststellungen zu den Genehmigungen der auf den Anteilsübertragungsvertrag gerichteten Willenserklärungen (Teil 1, E., III., (17))
2819Die Feststellungen zur Initiierung der Genehmigungseinholung beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail-Schriftverkehr zwischen dem Notariat M17 , dem Zeugen O1 sowie der Zeugin F5.
2820Die festgestellten Genehmigungserklärungsurkunden sind ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
2821Die Feststellungen dazu, dass die CSSF-Genehmigung zur Anteilsübernahme bis zum 10. Dezember 2008 weder schriftlich noch mündlich vorlag und der Angeklagte J dies wusste, beruhen auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung, die durch den Inhalt des in die Hauptverhandlung eingeführten, in den Feststellungen wiedergegebenen (s.o. Teil 1, E., III., (19)) E-Mail-Verkehrs hierzu bestätigt werden.
2822Die Feststellung, dass der Angeklagte J die für SOP abgegebene Willenserklärung genehmigte und dabei jedenfalls billigend in Kauf nahm, dass die Beteiligungsvorlagen noch nicht durch den Zeugen Ob als Aktionärsausschussvorsitzenden abgezeichnet worden waren, beruht auf dem Umstand, dass der Angeklagte J beide Beteiligungsvorlagen jeweils vor dem Zeugen Ob abgezeichnet hatte und dieser die SOP-Vorlage auch erst am 9. Dezember 2008 sowie die SCA-Vorlage erst am 12. Dezember 2008 – also deutlich nach dem 8. Dezember 2008 – abzeichnete. Der Angeklagte J konnte sich somit vor der Genehmigung der für SOP abgegebenen, auf den Anteilsübertragungsvertrag gerichteten Willenserklärung der Abzeichnung der Vorlagen durch den Zeugen Ob nicht vergewissert haben. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, auf welcher tatsächlichen Grundlage der Angeklagte J gleichwohl auf eine Abzeichnung beider Vorlagen durch den Zeugen Ob bereits am 8. Dezember 2008 vertraut haben sollte.
2823Aus Vorstehendem ergibt sich für die Kammer – passend zu den Angaben des Angeklagten K – auch das Bestreben des Angeklagten J, die Anteilsübernahme so schnell wie möglich umzusetzen.
2824Die Feststellungen zu den Umständen der Beglaubigung der Genehmigungserklärung des Angeklagten J durch den Zeugen Dr. C5 beruhen auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung.
XLIV. Feststellungen zum zu erwartenden Verkehrswert der Gesamtliegenschaft im Zustand der Fertigstellung (Teil 1, E., III., (18))
2825Die Feststellungen zum Verkehrswert der Liegenschaft beruhen auf der Beratung der Kammer durch den Sachverständigen A1.
(1) Gutachter
2826Der in Frankfurt a.M. tätige Sachverständige A1 ist Diplom-Kaufmann, Steuerberater und öffentlich bestellter sowie vereidigter Sachverständiger auf dem Gebiet der Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, dem Fachgebiet Mieten und Pachten sowie dem Bereich Grundstücksverwaltung. Er hat langjährige Erfahrung in der Bewertung von Gewerbeimmobilien gerade auch auf dem Frankfurter Markt. Er ist u.a. Mitglied des Vorstandes des Bundesverbandes der Immobilien-Investment Sachverständigen e.V. (BIIS). Außerdem hat er einen Lehrauftrag für Systematik und Methoden der Immobilien- und Grundstücksbewertung an der Universität Stuttgart.
(2) Gutachtenauftrag
2827Die Kammer hat sich durch den Sachverständigen A1 zu der Frage beraten lassen, wie hoch der am Bewertungsstichtag des 5. Dezember 2008 (dem Zeitpunkt des Vorliegens sämtlicher Abzeichnungen der SOP-Beteiligungsvorlage durch die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter) zu erwartende Verkehrswert der Liegenschaft B-Straße 23 und 25, K-Straße 22 und 22a (Flurstücke xxx, xxx und xxx) nach vertragsgemäßer Fertigstellung (Qualitätsstichtag) der zu diesem Zeitpunkt geplanten und durch den Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag zwischen der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße GbR und der GEWG vom 27. März 2007 – in Gestalt des 1. Nachtrages vom 22. Juni 2007 und des 2. Nachtrages vom 2./4. Dezember 2008 – vereinbarten baulichen Maßnahmen war. Dabei hat sie dem Sachverständigen die Vorgabe gemacht, auch erst nach dem 5. Dezember 2008 erstellte Planungsunterlagen / Ausstattungsbeschreibungen u.Ä. zugrunde zu legen, soweit sich diese als konkrete Ausgestaltung – und nicht Abänderung – der schon am 5. Dezember 2008 bestehenden Planungslage darstellen.
2828Die Kammer hat dem Sachverständigen ferner aufgegeben, bei der Verkehrswertermittlung nur diejenigen Mietverträge in ihrer konkreten Gestalt zu berücksichtigen, die zum Bewertungsstichtag (5. Dezember 2008) mit Dritten über die Liegenschaft tatsächlich bestanden. Für die von SOP selbst zu diesem Zeitpunkt auf Basis des spätestens zum 31. Dezember 2008 endenden Mietvertrages (s. Teil 1, E., II., (12)) bereits genutzten bzw. in Zukunft zu nutzenden Flächen sollte der Sachverständige marktübliche – und nicht etwa in Entscheidungsvorlagen in Aussicht gestellte – Mietbedingungen annehmen. Hintergrund für diese Vorgabe war zum einen, dass im Dezember 2008 über den 31. Dezember 2008 hinausreichende, von SOP betreffend die Liegenschaft bereits abgeschlossene Mietverträge nicht vorlagen. Die Vorgabe beruhte zum anderen auf der grundsätzlichen Erwägung, dass von SOP in Aussicht gestellte, von marktüblichen Bedingungen nach oben abweichende Mietzusagen von SOP in ihrer Eigenschaft als Mieterin selbst aufzubringen wären. Ein hieraus resultierender höherer Ertragswert der Liegenschaft würde allein – gleichsam „künstlich“ –
2829auf in gleichem Umfang gegenüber der Marktüblichkeit überhöhten Mietverbindlichkeiten von SOP beruhen. Für eine Bewertung des tatsächlichen Werts der Liegenschaft (und hierauf aufbauend der GbR-Anteile) für SOP hatten derartige von SOP selbst in Aussicht gestellte Mietbedingungen daher bei der gebotenen wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung unberücksichtigt zu bleiben.
2830Die Kammer hat dem Sachverständigen ferner vorgegeben, für sämtliche nicht an Dritte vermietete Flächen der Liegenschaft eine Eigennutzung durch SOP (zu marktüblichen Konditionen) und somit kein konkretes Leerstandsrisiko zum Bewertungsstichtag anzunehmen. Diese Vorgabe ist kein Ausdruck von Zweifeln an der von der Kammer getroffenen Feststellung, dass eine vollständige Eigennutzung durch SOP der nicht an Dritte vermieteten Flächen im Dezember 2008 gerade nicht zu erwarten war, tatsächlich also ein konkretes Leerstandsrisiko bestand. Sie beruht allein auf der Unmöglichkeit, den genauen Umfang der nicht selbst benötigten Flächen in einer Weise zu quantifizieren, die eine exakte Beurteilung der Auswirkungen des hieraus resultierenden konkreten Leerstandsrisikos auf den Verkehrswert der Liegenschaft zuließe. Zu Gunsten der Angeklagten sollte der Sachverständige daher von der Prämisse einer vollständigen Eigennutzung der nicht fremdvermieteten Flächen durch SOP ausgehen.
(3) Methodik
2831Die vom Sachverständigen zur Verkehrswertermittlung angewandte Methodik ist allgemein anerkannt und wird auch von der Kammer als zur Erfüllung des Gutachtenauftrags geeignet angesehen.
2832Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, als Ausgangspunkt die Verkehrswertdefinition des § 194 BauGB herangezogen zu haben. Danach wird der Verkehrswert (Marktwert) durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Zur näheren Bestimmung des so verstandenen Verkehrswerts hat der Sachverständige die Grundsätze der – im Dezember 2008 geltenden – Wertermittlungsverordnung (WertV) zur Anwendung gebracht. Danach sind zur Wertermittlung das Vergleichswertverfahren einschließlich des Verfahrens zur Bodenwertermittlung, das Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren oder mehrere dieser Verfahren heranzuziehen, wobei die Verfahren nach der Art des Wertermittlungsobjektes unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls zu wählen sind (§ 7).
2833Die Kammer folgt dem Sachverständigen darin, dass hier der Verkehrswert am zuverlässigsten aus dem Ertragswertverfahren abzuleiten war, da das zu bewertende Objekt zur Erzielung von Mieteinkünften oder zur Ersparnis von Mietaufwendungen im Falle der Selbstnutzung bestimmt gewesen sei und so auf dem Immobilienmarkt gehandelt werden würde. Überzeugend hat der Sachverständige ausgeführt, dass eine Anwendung des Vergleichswertverfahrens wegen fehlender unmittelbarer Vergleichsobjekte und das Sachwertverfahren im Hinblick auf die beabsichtigte Nutzung nicht sachgerecht wäre.
(4) Grundlagen für die Bewertung
2834Der Sachverständige hat die Bewertung auf der Grundlage der Vorgaben der Kammer, des Inhalts der gesamten ihm zur Verfügung gestellten Verfahrensakten (die insbesondere umfangreiche Daten und Planunterlagen zu der Liegenschaft enthielten, über die der Sachverständige, soweit sie für sein Gutachten von Bedeutung waren, in der Hauptverhandlung berichtet hat) sowie seiner zeitweisen Teilnahme an der Hauptverhandlung vorgenommen. Ergänzend hat er weitere Informationen zu der Liegenschaft beschafft und im Februar 2013 eine Ortsbesichtigung vorgenommen.
(5) Bewertungsergebnis
2835Auf dieser Grundlage hat der Sachverständige einen Verkehrswert für die Gesamtliegenschaft in Höhe von 90.420.000,00 € ermittelt. Davon entfielen 26.100.000,00 € auf den Liegenschaftsteil B-Straße 23 und 64.320.000,00 € auf den Liegenschaftsteil B-Straße 25, K-Straße 22, 22a.
(6) Die Bewertung im Einzelnen
2836Der Sachverständige ist im Wesentlichen auf Grund folgender Erwägungen und Bewertungsschritte zu seinem Bewertungsergebnis gelangt:
(a) Lage des Objekts
2837Der Sachverständige hat ausgeführt und durch in Augenschein genommenes Kartenmaterial belegt, dass das Bewertungsobjekt im südlichen Bereich des Frankfurter Stadtteils Westend (Westend-Süd) in der Nähe der Alten Oper liege. Das Zentrum der Stadt Frankfurt mit der Hauptwache, dem Römer und der Zeil liege rund 1,5 km süd-östlich der Liegenschaft. Diese befinde sich damit in einer zentralen Bürolage, die zu den gefragtesten der Stadt gehöre. Die Verkehrsanbindung sei sehr gut. In der unmittelbaren Umgebung des Bewertungsobjekts befänden sich vor allem entlang der B-Straße ähnliche Büro- und Geschäftshäuser mit teilweise verbundenen Stadtvillen aus der Gründerzeit bzw. moderne Bürohäuser mit teilweise gastronomischen Nutzungen in Erdgeschossflächen. In den Seitenstraßen dominierten gemischte Bebauungen aus verschiedenen Baujahren, die sowohl der Büro- als auch der Wohnnutzung dienten. Von der Richtigkeit dieser Angaben hat sich die Kammer auch durch Inaugenscheinnahme von Fotos der Umgebung der Liegenschaft überzeugt.
(b) Wirtschaftliche Lage
2838Der Sachverständige hat ausgeführt, dass sich Deutschland zum Bewertungsstichtag im Dezember 2008 in einer Rezession befunden habe. Diese habe zu Beginn des Jahres 2008 eingesetzt. Während das Bruttoinlandsprodukt im 1. Quartal 2008 noch um 1,4 % gestiegen sei, sank es in den folgenden Quartalen deutlich (2. Quartal: -0,7 %; 3. Quartal: -0,4 %; 4. Quartal: -2,2 %; 1. Quartal 2009: -3,4 %). Dies habe auch Auswirkungen auf die internationalen und nationalen Grundstücksmärkte gehabt. Der Frankfurter Grundstücksmarkt weise dabei innerhalb Deutschlands einige Besonderheiten auf, und zwar vor allem eine überdurchschnittliche Leerstandsrate, die höchsten Spitzenmieten sowie durch die Konzentration von Finanzdienstleistern eine Abhängigkeit von diesem Wirtschaftszweig. Die höchsten Mieten seien in Frankfurt in den Jahren 2000 bis 2002 erreicht worden. Seitdem sei das Mietpreisniveau zurückgegangen.
(c) Zustand des Grundstücks
2839Der Sachverständige hat angegeben, dass die Altbau-Bürovilla unter Denkmalschutz stehe, nicht so die übrigen baulichen Anlagen. Erkenntnisse über Altlasten lägen nicht vor. Beeinträchtigungen des Grundstücks seien nicht erkennbar. Für sein Gutachten habe er mangels anderweitiger Erkenntnisse normal tragfähigen Baugrund unterstellt.
(d) Parkplatzangebot
2840Der Sachverständige hat für den Liegenschaftsteil „H11“ 26 Garagenstellplätze angenommen. Der von ihm ausgewertete Grundriss der dortigen Tiefgarage weise 29 PKW-Stellplätze aus. Zum Bewertungsstichtag sei indes eine Verbindungsrampe zwischen der „H11“-Tiefgarage und derjenigen der B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a geplant gewesen, die zu einem Wegfall von zwei Stellplätzen führen würde. Dieser Verlust werde aber dadurch ausgeglichen, dass eine zwar erst nach Dezember 2008 eingetragene, vom Sachverständigen A1 aber als konkrete Ausgestaltung des Planungsstands bereits zum Bewertungsstichtag angesehene Baulast zur Folge habe, dass in der neuen Tiefgarage dauerhaft zwei Stellplätze zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer der B-Straße 23 zur Verfügung gestellt würden. Mit Blick auf eine zum Bewertungsstichtag noch geplante Zufahrtsrampe von der B-Straße aus werde die Anzahl der in der B-Straße 23 zur Verfügung stehenden Stellplätze aber auf 26 reduziert.
2841Für die B-Straße 25, K-Straße 22, 22a hat der Sachverständige zum Bewertungsstichtag im Sinne der Feststellungen die Planung einer neu zu errichtenden zweigeschossigen Tiefgarage zugrunde gelegt. Planungsunterlagen des Zeugen T13 aus März 2009, die der Sachverständige als konkrete Ausgestaltung dieser Planungslage angesehen hat, hat er insgesamt 66 Tiefgaragenstellplätze entnommen. Unter Abzug von zwei Stellplätzen, die mit Blick auf die Baulast der B-Straße 23 zuzuordnen seien, ergaben sich daraus insgesamt 64 Tiefgaragenstellplätze.
(e) Gebäudebeschreibung
2842Das „H11“-Gebäude hat der Sachverständige wie festgestellt näher beschrieben. Anhaltspunkte für Baumängel oder einen zum Bewertungsstichtag vorhandenen Instandhaltungsstau hat er nicht gesehen. Mit Blick hierauf hat er das tatsächliche Baujahr (1998) auch als Baujahr im Rahmen des Bewertungssystems zugrunde gelegt. Die statistisch ermittelte wirtschaftliche Lebensdauer von Bürogebäuden hat der Sachverständige unter Übernahme der Angaben im vom Gutachterausschuss der Stadt Frankfurt a.M. herausgegebenen Immobilienmarktbericht Frankfurt für das Jahr 2008 mit 60 Jahren angegeben. Hieraus ergab sich zum Bewertungsstichtag eine Restnutzungsdauer des „H11“-Gebäudes von 50 Jahren.
2843Die Altbau-Bürovilla sowie den geplanten Neubau in der B-Straße 25, K-Straße 22, 22a hat der Sachverständige wie festgestellt näher beschrieben. Der Sachverständige A1 ist für beide Gebäudeteile von einer wirtschaftlichen Einheit ausgegangen. Dabei hat er für die Bewertung eine (im Dezember 2008 vertraglich nicht vereinbarte) Sanierung der Altbauvilla unterstellt und die hierfür aufzuwendenden Investitionskosten später vom Verkehrswert abgezogen (s. im Einzelnen unten (i)). Zur Begründung hat er insoweit ausgeführt, dass die Nichtvornahme der von ihm zugrunde gelegten Sanierungsmaßnahmen zur Folge hätte, dass das Gebäude, das vor allem Repräsentationszwecken diene, nicht vermietbar wäre. Die zur Sanierung erforderlichen Kosten seien mithin vom auf der Grundlage eines marktgängigen Zustandes ermittelten Verkehrswert abzuziehen. Im Zustand der – vom Sachverständigen als mangelfrei unterstellten – Fertigstellung des Neubaus und der Sanierung der Altbau-Bürovilla sei für beide Gebäudeteile einheitlich von einem Neubaucharakter mit einer Restnutzungsdauer von 60 Jahren auszugehen. Für die Systematik der Ertragswertermittlung hat der Sachverständige insoweit ein fiktives Baujahr 2008 angenommen, die Wertermittlung also so durchgeführt, als wären die Gebäude zum Wertermittlungsstichtag 5. Dezember 2008 gerade fertiggestellt worden. Auf ausdrückliche Nachfrage der Kammer hat der Sachverständige insoweit deutlich gemacht, dass der von ihm mit Hilfe eines fiktiven Baujahrs 2008 ermittelte Verkehrswert dem im Dezember 2008 zu erwartenden Verkehrswert der Gebäude zum Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Fertigstellung in der Zukunft entspreche. Bei einer sofortigen (mithin nicht nach Baufortschritt erfolgenden) Zahlung des Kaufpreises im Dezember 2008 würde allerdings typischerweise mit Blick auf den späteren Fertigstellungszeitpunkt eine Abzinsung vorgenommen werden.
(f) Vermietbare Fläche
2844Der Sachverständige hat die marktüblich zugrunde zu legende Mietfläche des „H11“-Gebäudes Mietflächenberechnungen der Architekten aus Juni 1998 entnommen, die dieses Gebäude geplant haben. Hieraus ergaben sich eine vermietbare Bürofläche von 3.682,14 m2 sowie eine Lagerfläche von 592,82 m2, die der Sachverständige als plausibel angesehen und seiner Bewertung zugrunde gelegt hat.
2845Betreffend die Gebäude in der B-Straße 25, K-Straße 22, 22a hat der Sachverständige die marktüblich zugrunde zu legende Mietfläche Flächenlisten des Zeugen T13 aus Januar 2007 entnommen. Die dortigen Angaben einer vermietbaren Bürofläche von 7.846,87 m2 sowie einer Lagerfläche von 532,78 m2 hat der Sachverständige als plausibel angesehen und seiner Bewertung zugrunde gelegt. Allerdings war zum Zeitpunkt der Erstellung der Flächenlisten des Zeugen T13 noch der Handelsraum geplant. Dieser war im Dezember 2008 indes planerisch entfallen und durch den 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag war infolgedessen eine zusätzlich zu errichtende BGF von „ca. 500,00 m2 bzw. 700,00 m2“ vereinbart worden. Mit Blick darauf, dass der Sachverständige die hierdurch zusätzlich entstehende marktüblich vermietbare Bürofläche aus den ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht exakt abzuleiten vermocht hat, hat er mit Blick auf eine üblicherweise gegenüber der BGF um 10 bis 20 % kleinere tatsächliche Mietfläche eine zusätzliche Büromietfläche von 600 m2 angenommen. Die von ihm zugrunde gelegte vermietbare Bürofläche betrug somit insoweit insgesamt 8.446,87 m2. Dabei hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass geringfügige Differenzen für das Gesamtergebnis nicht von Bedeutung seien.
2846Die vom Sachverständigen A1 zugrunde gelegten Flächenangaben sind belastbar. Mit Blick darauf, dass es sich bei den Urhebern der Flächenlisten jeweils um intensiv mit den verschiedenen Gebäudeteilen befasste Personen handelte, durfte sich der Sachverständige mit einer Plausibilisierung der hierin enthaltenen Angaben anhand seiner eigenen Wahrnehmungen begnügen und war nicht gehalten, die Gebäude bzw. den Planungsstand im Dezember 2008 einer eigenen Nachmessung zu unterziehen. Geringfügige Abweichungen haben dabei ohnehin keine nennenswerten Auswirkungen auf den ermittelten Verkehrswert.
(g) Bodenwert
2847Der Sachverständige hat unter Verweis auf fehlende unmittelbar vergleichbare Grundstücke den Bodenwert aus vom Gutachterausschuss der Stadt Frankfurt am Main aus der Kaufpreissammlung alle zwei Jahre ermittelten Bodenrichtwerten abgeleitet. Zum Stichtag 1. Januar 2008 betrug der danach auf das Grundstück anzuwendende Richtwert 11.500 € pro m2, bezogen auf ein Maß der baulichen Nutzung (Geschossflächenzahl) von 5,0. Dieser Richtwert basiert dabei auf einer Auswertung von Kaufverträgen der Jahre 2006 und 2007. Der Sachverständige hat sodann den Richtwert zum Stichtag 1. Januar 2010 in den Blick genommen, der unter Auswertung von Kaufverträgen der Jahre 2008 und 2009 9.200 € pro m2, wiederum bezogen auf ein Maß der baulichen Nutzung (Geschossflächenzahl) von 5,0, betrug. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die Anwendung des Richtwerts zum Stichtag 1. Januar 2008 markante Marktveränderungen seit 2006 und 2007 unberücksichtigt ließe. Mit Blick auf die Erkennbarkeit dieser Veränderungen bereits zum Bewertungsstichtag im Dezember 2008 hat es der Sachverständige – für die Kammer gut nachvollziehbar – für angemessen erachtet, einen zwischen den Richtwerten zu den Stichtagen 1. Januar 2008 und 1. Januar 2010 liegenden Wert von 10.500 € pro m2 bei Bindung an eine Geschossflächenzahl von 5,0 zugrunde zu legen.
2848Mit Blick darauf, dass betreffend das untersuchte Grundstück durch Bescheid vom 4. Juni 2008 eine Befreiung für die Überschreitung der laut Bebauungsplan zulässigen Geschossflächenzahl (2,4) um 0,18 auf 2,58 erfolgt war, hat der Sachverständige den auf eine Geschossflächenzahl von 5,0 bezogenen Bodenrichtwert – entsprechend den Vorgaben des Gutachterausschusses der Stadt Frankfurt für das Jahr 2008 – linear mit einem Anpassungsfaktor von 0,516 (2,58 ./. 5,00) umgerechnet. Hieraus ergab sich ein relativer Bodenwert von 5.418,00 € pro m2 (10.500,00 € x 0,516). Unter Berücksichtigung der Grundstücksgrößen ergaben sich daraus Bodenwerte für den Liegenschaftsteil B-Straße 23 in Höhe von 8.457.498,00 € (1.561,00 m2 x 5.418,00 €/m2) und für den Liegenschaftsteil B-Straße 25, K-Straße 22, 22a in Höhe von 19.596.906,00 € (3.617,00 m2 x 5.418,00 €/m2).
(h) Ertragswert B-Straße 23
2849Der Sachverständige hat hierzu einleitend erläutert, dass der Ertragswert im Ertragswertverfahren auf der Grundlage marktüblich erzielbarer Erträge ermittelt werde. Soweit hiervon abweichende mietvertragliche Abreden mit Dritten bestanden, hat der Sachverständige diese durch gesonderte Zuschläge berücksichtigt (s. unten). Für die nicht an Dritte vermieteten Flächen in der „H11“ hat der Sachverständige – entsprechend den Vorgaben der Kammer – eine vollständige Eigennutzung durch SOP zu marktüblichen Konditionen unterstellt. Dabei hat er hinsichtlich der Mietdauer eine – nach seinen überzeugenden Angaben zum Bewertungsstichtag für entsprechende Büroflächen übliche – Laufzeit von fünf bis zehn Jahren unterstellt. Einen konkreten, zu Abschlägen führenden Leerstand zum Bewertungsstichtag hat der Sachverständige mithin nicht angenommen, sondern eine Vollvermietung unterstellt.
2850Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige zunächst den Jahresrohertrag ermittelt. Hierzu hat er ausgeführt, dass sich dieser aus den bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich erzielbaren Erträgen ergebe.
2851Der Sachverständige ist insoweit von zur Vermietung an mehrere Mieter stehenden Büroflächen guter Qualität ausgegangen. Er hat für die gesamte vermietbare Bürofläche von 3.682,14 m2 zum Bewertungsstichtag im Dezember 2008 einen Mietansatz in Höhe von 29 € pro m2 für marktüblich erzielbar gehalten.
2852Hierzu hat der Sachverständige im Einzelnen ausgeführt und näher belegt, Marktberichten von Maklerhäusern bzw. der IHK Frankfurt am Main betreffend den Zeitraum um den Wertermittlungsstichtag für das Westend eine Mietpreisspanne von 15 bis 36 € pro m2 entnommen zu haben. Die Durchschnittsmiete habe dabei bei rund 27 € pro m2 gelegen. Die Spitzenmieten dieser Spanne würden lediglich bei „Top-Objekten in Top-Lagen“ erreicht und auch dort nur in Teilflächen, namentlich den obersten Etagen von Hochhäusern. Zum Bewertungsstichtag sei von den Marktteilnehmern ein Absinken der Spitzenmieten sowie ein Anstieg des Leerstandes erwartet worden, nicht jedoch ein Mietpreisverfall. Als Auswirkung der Finanzkrise sei vor allem ein Trend zu vermehrten Zugeständnissen seitens der Eigentümer, wie beispielsweise mietfreie Zeiten oder Ausbaukostenzuschüsse erwartet worden. Vor diesem Hintergrund sei das zum Wertermittlungszeitpunkt rund zehn Jahre alte Objekt mit einem auf die Gesamtfläche bezogenen, einheitlichen (also insbesondere nicht nach Stockwerken unterscheidenden) Mietansatz in Höhe von 29 € pro m2 zutreffend eingewertet. Dieser Ansatz füge sich auch in vom Sachverständigen zur Plausibilisierung ergänzend herangezogene und im Einzelnen benannte fünf Vergleichsobjekte ein, deren Mietniveau im Jahr 2008 ihm aus seiner Arbeit konkret bekannt sei (zwischen 24,50 € und 37,00 €; Median: 30,50 €).
2853Der durch den Sachverständigen A1 vorgenommene Mietansatz war Gegenstand umfangreicher Befragungen in der Hauptverhandlung. Er hat ihn dabei in jeder Hinsicht überzeugend und widerspruchsfrei begründet, so dass die Kammer davon überzeugt ist, dass das Objekt insoweit angemessen abgebildet ist. Soweit dem Sachverständigen dabei insbesondere vorgehalten worden ist, auf Marktberichte zurückgegriffen zu haben, die zwar den Zeitraum des Bewertungsstichtages betreffen, jedoch erst nach diesem veröffentlicht worden sind, hat der Sachverständige dem für die Kammer überzeugend entgegengehalten, dass die in diesen Berichten zum Ausdruck kommenden Marktentwicklungen auch bereits vor ihrer Veröffentlichung für den professionellen Bewerter erkennbar gewesen seien und bei einer tatsächlich am 5. Dezember 2008 vorgenommenen Bewertung zudem auch durch entsprechende Nachfragen bei den Urhebern dieser Berichte in Erfahrung gebracht worden wären. Dabei hat der Sachverständige wiederholt darauf verwiesen, das „H11“-Gebäude mit dem von ihm für zutreffend befundenen Mietansatz mit Blick auf die Spannen der Marktberichte bereits deutlich überdurchschnittlich eingewertet zu haben. Denn die den Marktberichten zu entnehmenden Mieten seien Nominalmieten, mithin schlicht die in den Mietverträgen vereinbarten Mietzinse. Nicht abgebildet würden dabei aber – gerade zum Bewertungsstichtag typischerweise gewährte – sog. „Incentives“, wie etwa mietfreie Zeiten. Dabei sei zum Bewertungsstichtag bei einem Mietvertrag über zehn Jahre typischerweise eine mietfreie Zeit von einem Jahr gewährt worden. Bei dem von ihm gewählten Ansatz handele es sich hingegen um die sogenannte Effektivmiete, in der derartige „Incentives“ bereits rechnerisch berücksichtigt worden seien und die deshalb regelmäßig niedriger ausfalle als die in den Marktberichten genannten Nominalmieten. Für ein Erreichen der absoluten Spitzenmiete fehle es vor allem an der Hochhausqualität der „H11“. Zudem sei die Front zur besonders lagegünstigen B-Straße nur schmal. Soweit dem Sachverständigen die Miethöhen aus den in der B-Straße 23 zum Wertermittlungsstichtag mit Drittmietern tatsächlich bestehenden bzw. im Jahr 2009 vereinbarten Mietverträgen vorgehalten worden sind, hat er – auch insoweit für die Kammer überzeugend – erläutert, hieraus keine abweichenden Schlussfolgerungen für die Höhe der im Dezember 2008 marktüblich erzielbaren Mietansätze zu ziehen. Denn dabei handele es sich um die Verlängerung von Bestandsmietverträgen, die typischerweise mit Neuabschlüssen nicht zu vergleichen seien. Ihnen sei daher allein mit Overrent-Zuschlägen Rechnung zu tragen (s. unten).
2854Für die Lagerflächen hat der Sachverständige einen Mietansatz von 6,50 € pro m2, für die Stellplätze von 150,00 € pro Stück als marktüblich erzielbar erachtet.
2855Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang erläutert, für die technischen Funktionsflächen des Gebäudes (die in der BGF, nicht aber in der vom Sachverständigen ermittelten vermietbaren Bürofläche enthalten sind) keinen gesonderten Mietansatz vorgenommen zu haben. Selbst bei einer – in der B-Straße 23 mit Blick auf die Fremdvermietungen ohnehin nicht gegebenen – Nutzung eines Gebäudes durch nur einen Mieter sei ein gesonderter Mietansatz für die technischen Funktionsflächen absolut marktunüblich. Insbesondere seien diese nach der Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für gewerblichen Raum (MF-G) der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (gif) nicht Teil der Mietfläche. Das Vorhandensein solcher Flächen, die der Haustechnik dienen, sei im Quadratmeterpreis für die Büroflächen gleichsam mit enthalten. Hiervon gingen auch sämtliche zum Vergleich herangezogenen Mietansätze aus.
2856Hieraus ergab sich folgender Monatsrohertrag:
2857Bürofläche: 3.682,14 m2 x 29,00 €/m2 = 106.782,06 €
2858Lagerfläche: 592, 82 m2 x 6,50 €/m2 = 3.853,33 €
2859Stellplätze TG: 26 Stk. x 150,00 €/Stk. = 3.900,00 €
2860Gesamt: 114.535,39 €
2861Der Jahresrohertrag betrug danach 1.374.424,68 € (114.535,39 € x 12).
2862Sodann hat der Sachverständige die jährlichen Bewirtschaftungskosten errechnet und mit insgesamt 104.604,64 € (= ca. 7,6 % des Jahresrohertrages) angegeben. Hierzu hat er ausgeführt, dass als Bewirtschaftungskosten alle bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich entstehenden jährlichen Aufwendungen zu berücksichtigen seien, die nicht durch Umlagen oder sonstige Kostenübernahmen gedeckt seien. Bei den von ihm gewählten Ansätzen sei er von Kosten vergleichbarer Objekte ausgegangen, unter Berücksichtigung voraussehbarer Kostenänderungen. In seine Berechnung hat der Sachverständige Instandhaltungskosten für Büroflächen (5,00 € pro m2), Lagerflächen (3,00 € pro m2) und Tiefgaragenstellplätze (75,00 € pro Stück), Verwaltungskosten (3 % des Jahresrohertrages) sowie ein Mietausfallwagnis (3 % des Jahresrohertrages) eingestellt. Zu Letzterem hat der Sachverständige erläutert, dass das hier angesetzte Mietausfallwagnis nicht einen – von ihm auf Grund der Vorgaben der Kammer gerade nicht angenommenen – konkreten Leerstand zum Bewertungsstichtag abbilde, sondern das allgemeine Risiko von Mietausfällen während der gesamten Restnutzungsdauer. Mit Blick darauf, dass es sich um eine sehr gute Büroimmobilie in einer etablierten Bürolage mit geringem Risiko einer Lageverschlechterung handele, sei das Mietausfallwagnis mit 3 % angemessen und marktüblich angesetzt. Auch die Instandhaltungskosten – für die sich unterschiedliche Ansätze für verschiedene Flächentypen in der Bewertungspraxis etabliert hätten – seien von ihm mit Blick auf statistische Werte vergleichbarer Objekte angesetzt worden, wobei er die ersten zehn bis fünfzehn Jahre mit einem geringeren Aufwand an Instandhaltung stärker gewichtet und auf Grund der überwiegenden gewerblichen Nutzung der hochwertigen Büroimmobilien sowie der Marktüblichkeit unterstellt habe, dass Anteile an den Instandhaltungskosten auf die jeweiligen Mieter umzulegen seien. Die Verwaltungskosten vergleichbarer Objekte lägen zwischen 2 % und 4 %. Unter Berücksichtigung der schwachen Marktlage zum Bewertungsstichtag sei ein Ansatz von 3 % für die Verwaltungskosten angemessen. Bei einer Umlage von ca. 1 % dieser Kosten auf den Mieter ergebe sich ein Gesamtansatz von ca. 4 % am oberen Ende der üblichen Spanne, was neben der Marktlage auch auf Grund einer in der „H11“ zu erwartenden kleinteiligen Vermietung angemessen erscheine. Betriebskosten seien nicht anzusetzen, da bei vergleichbaren Objekten davon auszugehen sei, dass deren Umlage auf den Mieter vertraglich vereinbart werde, so dass keine Betriebskosten zu Lasten des jeweiligen Eigentümers verblieben. Geschlossen hat der Sachverständige seine für die Kammer überzeugenden Ausführungen zu den Bewirtschaftungskosten mit dem Hinweis, dass die üblichen Gesamtbewirtschaftungskosten für gewerbliche Objekte in einer Spanne von 10% bis 15 % des Jahresrohertrages lägen, diejenigen vergleichbarer Objekte in sehr guten Lagen am Frankfurter Immobilienmarkt hingegen zwischen 5 % und 10 %. Der Gesamtansatz von 7,6 % des marktüblichen Jahresrohertrages erweise sich daher als marktkonform.
2863Hieraus ergab sich ein jährlicher Reinertrag von 1.269.820,04 € (Jahresrohertrag i.H.v. 1.374.424,68 € abzüglich jährlicher Bewirtschaftungskosten i.H.v. 104.604,64 €).
2864Sodann hat der Sachverständige den Gebäudeertragsanteil berechnet. Hierbei handele es sich um den Teil des Reinertrags, der einem Werteverzehr unterliege, da das Gebäude mit seiner endlichen wirtschaftlichen Lebensdauer maßgebend für diesen Ertragsanteil sei. Der Gebäudeertragsanteil ergebe sich aus dem Jahresreinertrag abzüglich des Bodenertragsanteils. Bei Letzterem handele es sich um den Teil des Reinertrages, der keinem Werteverzehr unterliege und zeitlich unbegrenzt nutzbar sei. Zu seiner Ermittlung sei der Bodenwert angemessen zu verzinsen, was der Fall sei, wenn der Zinssatz angewendet werde, der der Kapitalisierung bei dem Gebäudeertragswert zugrunde liege, mithin der so genannte Liegenschaftszins. Diesen hat der Sachverständige mit 4,5 % angesetzt (dazu im Einzelnen sogleich). Hieraus ergab sich ein Bodenertragsanteil in Höhe von 380.587,40 € (Bodenwert i.H.v. 8.457.498,00 € x 4,5 %). Der Gebäudeertragsanteil betrug danach 889.232,64 € (Jahresreinertrag i.H.v. 1.269.820,04 € abzüglich Bodenertragsanteil i.H.v. 380.587,40 €).
2865Der Gebäudeertragsanteil war für den Sachverständigen der Anknüpfungspunkt für die Berechnung des Gebäudeertragswerts. Hierzu sei eine Kapitalisierung nach der zum Bewertungsstichtag gültigen Vervielfältigertabelle vorzunehmen. Der Vervielfältiger ergebe sich dabei aus der Restnutzungsdauer sowie dem angesetzten Liegenschaftszinssatz.
2866Zum Liegenschaftszinssatz hat der Sachverständige ausgeführt, dass es sich dabei um die Zinssätze handele, mit denen Verkehrswerte von Grundstücken je nach Grundstücksart im Durchschnitt marktüblich verzinst werden. Sie spiegelten die Renditeerwartung potentieller Investoren wider, die bedingt würden durch die mit der Immobilie verbundenen individuellen Risiken.
2867Der Sachverständige hat den Liegenschaftszinssatz überzeugend mit 4,5 % angesetzt. Orientierungspunkt seiner Überlegungen war dabei zunächst der Immobilienmarktbericht des Gutachterausschusses Frankfurt am Main aus dem Jahr 2009, der unter Auswertung von Verkaufsfällen aus dem Jahr 2008 sowie dem ersten Quartal 2009 für Büro- und Verwaltungsgebäude im (in dem Bericht zusammengefassten) Bankenviertel und Westend einen Liegenschaftszinssatz von 4,5 % ausweist. Überzeugend hat der Sachverständige insoweit ausgeführt, dass dieser Bericht zwar erst im Jahr 2009 veröffentlicht worden sei, der in ihm zum Ausdruck kommende Trend zu steigenden Renditen (mithin fallenden Kaufpreisen) aber auch bereits vor seiner Veröffentlichung für den professionellen Bewerter am 5. Dezember 2008 erkennbar gewesen sei. Gerade das 4. Quartal des Jahres 2008 sei – was der Sachverständige auch durch von ihm referierte Markt- bzw. Presseberichte aus dieser Zeit belegt hat – mit Blick auf die Finanzkrise von großer Verunsicherung geprägt gewesen. Transaktionen hätten kaum stattgefunden. Es sei für einen Immobilienverkäufer auf dem wesentlich durch Finanzdienstleister geprägten Frankfurter Markt Ende 2008 „der denkbar schwierigste Zeitpunkt“ gewesen. Ein Verkauf sei in dieser Phase nur mit „erheblichen Zugeständnissen“ möglich gewesen. Es sei von einem Anstieg des Leerstandes ausgegangen worden. Diese Umstände schlügen sich in tendenziell höheren Liegenschaftszinssätzen nieder. Der Ansatz von 4,5 % sei zum Bewertungsstichtag auch mit Blick auf die individuellen Gegebenheiten der bewerteten Liegenschaft angemessen. Der vom Gutachterausschuss ermittelte Liegenschaftszinssatz stelle stets eine Durchschnittsbetrachtung dar. Im Teilmarkt Bankenviertel / Westend gebe es sowohl bessere Lagen – insbesondere im Verlauf Taunusanlage, Mainzer Landstraße, Platz der Republik, bei dem es sich um die eigentliche Bankenlage handele, in der in den Hochhäusern die Spitzenmieten erzielt würden – als auch schlechtere Lagen, insbesondere in gegenüber der B-Straße unbedeutenderen Nebenstraßen. Dabei sei allerdings einschränkend zu berücksichtigen, dass das Bewertungsobjekt sich nicht entlang der B-Straße erstrecke, sondern Richtung K-Straße sich an der Umgebungsbebauung orientierend „in die Tiefe“ gehe. Lediglich die schmale Gebäudeseite der B-Straße Nr. 23 liege direkt an der B-Straße, wovon sich die Kammer durch Inaugenscheinnahme entsprechender Fotos und Lagepläne selbst überzeugt hat. Auch habe die B-Straße zum Bewertungsstichtag im Dezember 2008 noch nicht die Aufwertung erfahren, die sie heute aufweise, wenn auch die Tendenz hierzu bereits durch verschiedene Bauvorhaben angelegt gewesen sei. Insgesamt handele es sich um eine gute Büroimmobilie, nicht jedoch um ein „Landmark-Objekt“.
2868Mit Blick darauf, dass er – der Sachverständige – betreffend die zu unterstellende Anmietung durch SOP eine marktübliche und damit typische Mietvertragsdauer zugrunde gelegt hat, rechtfertige der Vermietungszustand keine Absenkung des Liegenschaftszinssatzes. Auch sei die gegenüber dem Durchschnitt der der Ermittlung des Liegenschaftszinssatzes durch den Gutachterausschuss zugrunde liegenden Gebäude (37 Jahre) höhere Restnutzungsdauer in einem Ansatz des Liegenschaftszinssatzes von 4,5 % ausreichend berücksichtigt. Dabei hat der Sachverständige wiederholt darauf hingewiesen, mit dem von ihm gewählten Ansatz von 4,5 % aus methodischen Gründen faktisch bereits einen niedrigeren (und damit zu einem höheren Verkehrswert führenden) Liegenschaftszinssatz als den sich aus dem Immobilienmarktbericht des Gutachterausschusses ergebenden angewendet zu haben. Hintergrund hierfür sei, dass der Gutachterausschuss für sein „rückwärtsgerechnetes Ertragswertverfahren“ (Ableitung des Liegenschaftszinssatzes aus ihm mitgeteilten tatsächlich vereinbarten Kaufpreisen im Verhältnis zum Reinertrag) lediglich die Miethöhen, nicht aber die Bewirtschaftungskosten konkret abfrage. Letztere setze der Ausschuss vielmehr pauschal mit 12 bis 15 % des Jahresrohertrages an. Diesen Umstand hat der Zeuge F2 (zum Bewertungsstichtag Mitglied des Gutachterausschusses der Stadt Frankfurt und ab 2009 dessen Vorsitzender) auch ausdrücklich bestätigt. Die vom Sachverständigen A1 ermittelten tatsächlichen Bewirtschaftungskosten des Objektes liegen indes deutlich unter diesem pauschalen Ansatz des Gutachterausschusses und führen also zu einem höheren Reinertrag. Hierzu hat der Sachverständige erläutert, dass er aus diesem Grund bei einer Übernahme des Modells des Gutachterausschusses – mithin der Annahme von Bewirtschaftungskosten von 12 bis 15 % – einen deutlich niedrigeren Liegenschaftszinssatz (4,1 oder 4,2 %) zum Ansatz bringen müsste, um zum selben Verkehrswert zu gelangen. Auf Grund dieser Zusammenhänge seien die vom Gutachterausschuss zu bestimmten Verkaufsfällen festgestellten Liegenschaftszinssätze typischerweise niedriger als die von Sachverständigen verwendeten. Den von ihm gewählten Ansatz des Liegenschaftszinssatzes hat der Sachverständige A1 auch vor diesem Hintergrund ergänzend in der Weise plausibilisiert, dass er ihn mit (ihm auf Grund eigener Bewertung oder Mitteilung) bekannten, für den Bewertungszeitraum sachverständig ermittelten Liegenschaftszinssätzen für vier von ihm näher bezeichnete und beschriebene Vergleichsobjekte abgeglichen hat. Hieraus habe sich ein durchschnittlicher Liegenschaftszinssatz von 4,85 % ergeben. Die gegenüber diesen Objekten besseren Eigenschaften der „H11“ würden durch den Ansatz eines Liegenschaftszinssatzes von 4,5 % angemessen abgebildet.
2869Der vom Sachverständigen A1 vorgenommene Ansatz des Liegenschaftszinssatzes war Gegenstand intensiver Befragungen in der Hauptverhandlung, hier insbesondere der Verteidigung, die sich hierzu teils externen Rats bedient und entsprechende Stellungnahmen zu den Akten gereicht hat. Soweit dem Sachverständigen dabei vorgehalten worden ist, dass verschiedene vermeintlich objektspezifische Besonderheiten den Ansatz eines niedrigeren Liegenschaftszinssatzes rechtfertigen könnten, hat er sich hiermit jeweils im Einzelnen befasst und an seiner oben zusammengefasst wiedergegebenen Einschätzung in jeder Hinsicht überzeugend und widerspruchsfrei festgehalten. Die Kammer ist nach kritischer eigener Würdigung daher davon überzeugt, dass das Objekt mit dem durch den Sachverständigen angesetzten Liegenschaftszinssatz insgesamt angemessen abgebildet ist.
2870Soweit die Verteidigung dem Sachverständigen dabei auch vorgehalten hat, mit Blick auf die Ende 2008 / Anfang 2009 nur in äußerst geringem Umfang vorgekommenen tatsächlichen Verkaufsfälle sei eine hinreichende Grundlage für eine Verkehrswertmittlung auf Basis des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs nicht gegeben gewesen, ist der Sachverständige auch dem überzeugend entgegen getreten. Hierzu hat er zunächst darauf verwiesen, gerade nicht das Vergleichswert-, sondern das Ertragswertverfahren angewandt zu haben, welches als gleichsam nur indirektes Vergleichswertverfahren auch in einem Markt funktioniere, in dem aktuell keine oder nur wenige direkte Verkaufstransaktionen stattfinden. Hierbei seien längerfristige Gesichtspunkte wie Mietverhältnisse und Markterwartungen in die Bewertung einzustellen. Auch sei der Geschäftsverkehr im Zeitraum des Bewertungsstichtages nicht vollständig zum Erliegen gekommen, da zwar nur wenige aber eben nicht gar keine Immobilientransaktionen auf dem Frankfurter Markt zu verzeichnen gewesen seien. Bis zum dritten Quartal 2008 und ab dem Jahr 2009 mit Eintritt einer gewissen Stabilisierung der Krise sei der Geschäftsverkehr auch ohne Weiteres normal gewesen. Eine Situation der Unmöglichkeit der Erstellung von Ertragswertgutachten habe auch Ende 2008 in keiner Weise bestanden. So seien etwa auch Immobilienfonds-Bewertungen in dieser Zeit uneingeschränkt fortgeführt worden. Ihm sei nur ein Fall bekannt, in dem derartige Bewertungen mangels Vorliegens eines gewöhnlichen Geschäftsverkehrs für einen bestimmten Zeitraum nicht vorgenommen worden seien, und zwar in Japan nach der Fukushima-Explosion. Dass eine solche Situation im Dezember 2008 in Frankfurt nicht vorlag, hat der Sachverständige der Kammer überzeugend vermittelt.
2871Aus der Vervielfältigertabelle ergab sich sodann für eine Restnutzungsdauer von 50 Jahren bei einem Liegenschaftszins von 4,5 % ein Vervielfältiger von 19,76.
2872Hieraus errechnete der Sachverständige einen Gebäudeertragswert von aufgerundet 17.571.237,00 € (Gebäudeertragsanteil i.H.v. 889.232,64 € x 19,76). Unter Addition des ermittelten Bodenwerts (8.457.498,00 €) folgte hieraus ein vorläufiger Ertragswert des Liegenschaftsteils B-Straße 23 in Höhe von 26.028.735,00 €.
2873Mit Blick auf die zum Bewertungsstichtag bestehenden, vom marktüblich erzielbaren Mietansatz des Sachverständigen abweichenden Mietverträge mit H12 und dem H14 und deren Restlaufzeiten nahm der Sachverständige schließlich einen Overrent-Zuschlag in Höhe von 75.092,12 € vor. Es ergab sich hieraus ein Ertragswert von 26.103.827,12 €, den der Sachverständige zunächst auf 26.103.800,00 € abgerundet hat.
(i) Ertragswert B-Straße 25, K-Straße 22, 22a
2874Zur Ermittlung des Jahresrohertrages für den Liegenschaftsteil B-Straße 25, K-Straße 22, 22a ist der Sachverständige von Büroflächen guter Qualität ausgegangen. Das Objekt sei mit Blick auf die von ihm zu unterstellende vertragsgemäße Fertigstellung des Neubaus sowie die von ihm zugrunde gelegte Sanierung der Altbauvilla insgesamt als Neubau anzusehen. Ferner hat er zugrunde gelegt, dass dieser Liegenschaftsteil für einen Einzelmieter („Single-Tenant“) konzipiert wurde, der das gesamte Gebäude (Villa und Neubau) inklusive der Verkehrsflächen alleine nutzt. Hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, den von ihm zugrunde gelegten, den Planungsstand aus dem Dezember 2008 (insb. Entfall des Handelsraums) konkretisierenden Planungsunterlagen noch eine solche Konzeption entnommen zu haben. Dies habe sich etwa an der geplanten Eingangssituation oder der Regelung des Publikumsverkehrs gezeigt. Grundsätzlich seien die Gebäude aber für eine – auch etagenweise – Vermietung an verschiedene Mieter geeignet gewesen. Hierfür seien aber gewisse Umrüstungen erforderlich gewesen.
2875Der Sachverständige hat für die gesamte vermietbare Bürofläche von 8.446,87 m2 zum Bewertungsstichtag im Dezember 2008 einen Mietansatz in Höhe von 32 € pro m2 für marktüblich erzielbar gehalten. Hierzu hat er sich im Wesentlichen auf seine bereits zur B-Straße 23 ausgeführten Grundlagen und Erwägungen bezogen. Mit Blick vor allem auf den Neubaucharakter dieses Liegenschaftsteils sei der von ihm gewählte höhere, sich im oberen Bereich der Vergleichsmieten bewegende Ansatz angemessen. Hierbei hat er wiederholt darauf hingewiesen, den Ansatz von 32 € pro m2 als Effektivmiete auf die gesamte von ihm ermittelte vermietbare Bürofläche bezogen zu haben, die die Villa und den Neubau und dort auch die Flächen für die seinerzeit noch geplante Kantine beinhalte. Auch im Rahmen intensiver Befragungen hat der Sachverständige für die Kammer durchgängig widerspruchsfrei und überzeugend dargelegt, dass ein noch höherer so bezogener Mietansatz nicht sachgerecht wäre. Auch bei diesem Liegenschaftsteil handele es sich schon mangels einer entsprechenden Gebäudehöhe nicht um ein absolutes „Top-Objekt“, in dem die allerhöchsten Mieten erzielbar wären. Zwar sei die Altbauvilla auf Grund ihrer besonderen Repräsentativität isoliert betrachtet auch mit einem höheren Mietansatz bewertbar gewesen. Bei einer derartigen Aufspaltung sei der geplante Neubau aber deutlich niedriger anzusetzen, da dieser sich wie eine „2.-Reihe-Bebauung“ ohne eigene Front zur B-Straße zum lageungünstigeren K-Straße hin erstrecke, wovon sich die Kammer durch Inaugenscheinnahme von Planunterlagen und Fotos auch selbst überzeugen konnte. Bei der von ihm vorgenommenen einheitlichen Betrachtung aller Flächen sei ein Ansatz von 32 € pro m2 angemessen. Hierin ist ihm die Kammer nach eigener kritischer Würdigung gefolgt.
2876Für die Lagerflächen hat der Sachverständige auch hier einen Mietansatz von 6,50 € pro m2, für die Stellplätze von 150,00 € pro Stück als marktüblich erzielbar erachtet. Einen gesonderten Mietansatz für die technischen Funktionsflächen hat er aus den bereits zur B-Straße 23 wiedergegebenen Gründen auch hier nicht vorgenommen.
2877Hieraus ergab sich folgender Monatsrohertrag:
2878Bürofläche: 8.446,87 m2 x 32,00 €/m2 = 270.299,84 €
2879Lagerfläche: 532,78 m2 x 6,50 €/m2 = 3.463,07 €
2880Stellplätze TG: 64 Stk. x 150,00 €/Stk. = 9.600,00 €
2881Gesamt: 283.362,91 €
2882Der Jahresrohertrag betrug danach 3.400.354,92 € (283.362,91 € x 12).
2883Sodann hat der Sachverständige entsprechend seinem Vorgehen zur B-Straße 23 die jährlichen Bewirtschaftungskosten errechnet und mit insgesamt 269.547,73 € (= ca. 7,9 % des Jahresrohertrages) angegeben. Dabei hat er in seine Berechnung wiederum Instandhaltungskosten für Büroflächen (7,00 € pro m2), Lagerflächen (3,00 € pro m2) und Tiefgaragenstellplätze (75,00 € pro Stück), Verwaltungskosten (2 % des Jahresrohertrages) sowie ein Mietausfallwagnis (4 % des Jahresrohertrages) eingestellt. Die gegenüber der B-Straße 23 höheren Instandhaltungskosten für die Büroflächen hat der Sachverständige bei ansonsten gleichen Annahmen mit dem anteilig erhöhten Aufwand für die unter Denkmalschutz stehende Altbau-Bürovilla nachvollziehbar begründet. Die gegenüber der B-Straße 23 geringeren Verwaltungskosten hat der Sachverständige überzeugend damit begründet, dass die für diesen Liegenschaftsteil zu erwartende „Single-Tenant-Nutzung“ einen geringeren Verwaltungsaufwand mit sich bringe als eine kleinteilige Vermietung. Umgekehrt bedinge dieser Umstand aber das etwas höhere Mietausfallwagnis. Denn bei Auslaufen eines solchen „Single-Tenant“-Mietvertrags dauere es typischerweise länger, einen Nachfolgemieter zu finden oder es müssten für einen Übergang zu einer Vermietung an mehrere Nutzer gewisse kostenverursachende bauliche Änderungen vorgenommen werden. Betriebskosten hat der Sachverständige aus den bereits zur B-Straße 23 ausgeführten Gründen auch für diesen Liegenschaftsteil nicht in Ansatz gebracht. Abschließend hat er hierzu festgestellt, dass sich auch die hier zugrunde gelegten Gesamtbewirtschaftungskosten in Höhe von 7,9 % des Jahresrohertrages mit Blick auf die Bewirtschaftungskosten vergleichbarer Objekte als marktkonform darstellten.
2884Hieraus ergab sich ein jährlicher Reinertrag von 3.130.807,19 € (Jahresrohertrag i.H.v. 3.400.354,92 € abzüglich jährlicher Bewirtschaftungskosten i.H.v. 269.547,73 €).
2885Den Bodenertragsanteil hat der Sachverständige unter Ansatz eines Liegenschaftszinssatzes von 4,5 % auch für diesen Liegenschaftsteil (dazu sogleich) mit 881.860,80 € errechnet (Bodenwert i.H.v. 19.596.906,00 € x 4,5 %).
2886Danach betrug der Gebäudeertragsanteil 2.248.946,39 € (Jahresreinertrag i.H.v. 3.130.807,19 € abzüglich Bodenertragsanteil i.H.v. 881.860,80 €).
2887Zur Ermittlung des hieran anknüpfenden Gebäudeertragswerts hat der Sachverständige auch für diesen Liegenschaftsteil einen Liegenschaftszinssatz von 4,5 % zugrunde gelegt. Dies hat er – auch hier im Rahmen intensiver Befragungen – mit den gleichen überzeugenden Erwägungen begründet, die auch bereits dem Ansatz des Liegenschaftszinssatzes für die B-Straße 23 zugrunde lagen. Unterschiede, die einen abweichenden Liegenschaftszinssatz rechtfertigen könnten, lägen insoweit nicht vor. Insbesondere erstrecke sich auch dieser Teil des Bewertungsobjektes nicht entlang der lagegünstigen B-Straße, sondern lediglich die Altbau-Bürovilla, die als „Entrée“ für den Neubau konzipiert gewesen sei, liege dort. Der Richtung K-Straße ausgerichtete Neubau verschwinde aus der Perspektive der B-Straße fast vollständig hinter der Villa. Hiervon hat sich die Kammer auch selbst durch Inaugenscheinnahme von Fotos und Lageplänen überzeugt. Um ein „Landmark-Objekt“ mit entsprechender Höhe handele es sich auch bei diesem Liegenschaftsteil nicht. Die Neubauqualität sei bereits durch den höheren Mietansatz sowie den höheren Vervielfältiger ausreichend berücksichtigt und rechtfertige eine zusätzliche Absenkung des Liegenschaftszinssatzes nicht. Die Kammer folgt den auch insoweit in jeder Hinsicht widerspruchsfreien, schlüssigen und im Ganzen überzeugenden Angaben des Sachverständigen.
2888Aus der Vervielfältigertabelle ergab sich für eine Restnutzungsdauer von 60 Jahren bei einem Liegenschaftszinssatz von 4,5 % ein Vervielfältiger von 20,64.
2889Hieraus errechnete der Sachverständige einen Gebäudeertragswert von aufgerundet 46.418.253,60 € (Gebäudeertragsanteil i.H.v. 2.248.946,39 € x 20,64). Unter Addition des ermittelten Bodenwerts (19.596.906,00 €) folgte hieraus ein vorläufiger Ertragswert des Liegenschaftsteils B-Straße 25, K-Straße 22, 22a in Höhe von 66.015.159,60 €.
2890Mit Blick darauf, dass der Sachverständige seiner Bewertung eine sanierte Altbau-Bürovilla zugrunde gelegt hat (s. oben (e)), die zum Bewertungsstichtag jedoch nicht vertraglich vereinbart war, hat er die zum Bewertungsstichtag zu erwartenden marktüblichen Kosten, um die Villa in den für seine Wertermittlung zugrunde gelegten vermietbaren Zustand zu versetzen, als Abschlag auf den Ertragswert angesetzt. Zur Begründung hat er insoweit ausgeführt, dass sich die Nichtvornahme der zugrunde gelegten Sanierungsmaßnahmen derart auswirken würde, dass die hierfür erforderlichen (und dann von einem potentiellen Käufer aufzubringenden) Kosten vom Verkehrswert zu subtrahieren seien.
2891Um diese Kosten zu ermitteln, hat der Sachverständige statistische Kostenkennwerte des Baukosteninformationszentrums Deutscher Architektenkammern (BKI) herangezogen. Dessen Veröffentlichungen hat er ein geeignetes Vergleichsobjekt entnommen, für das die reinen Baukosten (Kostengruppe 300 und 400) bei 1.356 € pro m2 lagen. Dass dieser Wert im Jahr 2010 (und nicht im Dezember 2008) ermittelt wurde, hat der Sachverständige dabei überzeugend als für die Begutachtung unkritisch bezeichnet. Die Kosten des Vergleichsobjektes bezogen sich nach den Angaben des Sachverständigen dabei auf einen mittleren und damit niedrigeren Standard als bei der Altbau-Bürovilla des Bewertungsobjekts. Vor diesem Hintergrund hat er das obere Ende der vom BKI angegebenen Spanne der Baukosten von Objekten dieser Gebäudeart angesetzt (1.852,00 € pro m2 BGF). Sodann hat er darauf hingewiesen, dass mit diesen Kosten der Rohbau, der Ausbau und die Gebäudetechnik erfasst seien. Für die Sanierung der Villa fielen indes keine Rohbaukosten an. Diese seien folglich heraus zu rechnen. Unter Auswertung von entsprechenden Kostenkennwerten hat der Sachverständige sodann dargelegt, dass von den Baukosten der Kostengruppen 300 und 400 auf den Ausbau durchschnittlich 39,7 % und auf die Gebäudetechnik durchschnittlich 23,2 % entfielen, insgesamt mithin 62,9 %. Auch diese Kosten fielen indes nicht in voller Höhe an, da es sich bei der Altbau-Bürovilla nicht um ein neu zu erstellendes, sondern um ein zu sanierendes Gebäude handele. Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige einen 40%-igen Ansatz dieser Kosten – inklusive Rückbaukosten und Baunebenkosten – für angemessen erachtet. Unter Zugrundlegung einer BGF der Villa von 2.320,93 m2, die der Sachverständige einer Flächenliste des Zeugen T13 aus dem Januar 2007 entnommen und für plausibel befunden hat, ergaben sich hieraus folgende Kosten (inklusive Mehrwertsteuer), um die Villa in den für die Wertermittlung zugrunde gelegten Zustand zu versetzen:
2892Sanierungskosten pro m2 BGF: 1.852 € x 40 % = 740,80 €
2893Sanierungskosten gesamt: 740,80 € x 2.320,93 = 1.719.344,94 €
2894Diese Kosten hat der Sachverständige sodann auf 1,7 Mio. € abgerundet und vom zuvor ermittelten vorläufigen Ertragswert abgezogen.
2895Den Ansatz der Bruttokosten hat der Sachverständige – für die Kammer überzeugend – damit begründet, dass mit Blick auf die Lage und Beschaffenheit des Objektes am wahrscheinlichsten eine Vermietung der Villa an einen Mieter aus der Finanzbranche (wie SOP) in Betracht komme, eine solche Verwendung des Objektes mithin bei Annahme typischer Verhältnisse zugrunde zu legen sei. Bei einer derartigen Vermietung bestehe indes (nach § 9 Abs. 1 u. 2 UStG) nicht die Möglichkeit einer Optierung zur Umsatzsteuer. Die auf die Sanierungskosten gezahlte Umsatzsteuer könnte somit nicht mit auf die Miete erhaltener Umsatzsteuer verrechnet werden und sei somit als tatsächliche wirtschaftliche Belastung des Auftraggebers der Sanierung anzusehen.
2896Insgesamt ergab sich somit für den Liegenschaftsteil B-Straße 25, K-Straße 22, 22a ein Ertragswert in Höhe von 64.315.159,60 € (vorläufiger Ertragswert i.H.v. 66.015.159,60 € abzüglich Sanierungskosten i.H.v. 1.700.000,00 €), den der Sachverständige auf 64.315.200,00 € aufgerundet hat.
(j) Ableitung des Verkehrswerts aus dem Ertragswert
2897Aus den ermittelten Ertragswerten (zur Begründung s.o. (3)) hat der Sachverständige sodann den Verkehrswert abgeleitet. Hierzu hat er den für die B-Straße 23 ermittelten Ertragswert von 26.103.800,00 € um 3.800,00 € auf 26.100.000,00 € abgerundet und den für die B-Straße 25, K-Straße 22, 22a ermittelten Ertragswert von 64.315.200,00 € um 4.800,00 € auf 64.320.000,00 € aufgerundet.
2898Für die Gesamtliegenschaft ergab sich daraus ein Verkehrswert in Höhe von 90.420.000,00 €.
2899Lediglich zur Ergänzung und – worauf er ausdrücklich hingewiesen hat – für das Ergebnis seiner Bewertung nicht tragend hat der Sachverständige schließlich berichtet, einer Auskunft des Gutachterausschusses Kaufpreise für zwei Objekte entnommen zu haben, die nach bestimmten groben Parametern (Teilmarkt, Objektart, Vertragsdatum, Gesamtfläche, Typ, Lagequalität, Baujahr) zumindest ansatzweise (für die Durchführung eines Vergleichswertverfahrens indes nicht ausreichend) mit dem Bewertungsobjekt vergleichbar erschienen. Die Kaufpreise hätten bei 4.100 € bzw. 6.300 € pro m2 Nutzfläche gelegen. Auf der Grundlage seiner Ertragswertberechnung ergäben sich für die Bewertungsobjekte insoweit Werte von rund 6.110 € (B-Straße 23) bzw. 7.160 € (B-Straße 25, K-Straße 22, 22a). Schließlich hat der Sachverständige – gleichfalls lediglich ergänzend und zu Plausibilisierungszwecken – berichtet, dem Immobilienmarktbericht 2009 (Datengrundlage 2008 und 1. Quartal 2009) auf den Jahresrohertrag bezogene, aus acht Verkaufsfällen (Büro- und Verwaltungsgebäude, durchschnittliche Restnutzungsdauer 54 Jahre, durchschnittliche Nutzfläche rd. 10.000 m2) gebildete Ertragsfaktoren zwischen 13,4 und 19,5 entnommen zu haben, wobei der Mittelwert bei 16,7 gelegen habe. Die sich für das Bewertungsobjekt auf der Grundlage der ermittelten Ertragswerte ergebenden Faktoren von 19,0 für die B-Straße 23 und 18,9 für die B-Straße 25, K-Straße 22, 22a lägen mithin nahezu am Maximum dieser Rohertragsfaktoren.
(7) Abschließende Bewertung und „Sicherheitsaufschlag“
2900Die Kammer ist nach eigener kritischer Würdigung der Ausführungen des Sachverständigen A1 davon überzeugt, dass dieser den im Sinne der Beweisfrage und den sonstigen Vorgaben der Kammer zu bestimmenden Verkehrswert der Liegenschaft zutreffend ermittelt hat. Er hat auf der Grundlage korrekter Anknüpfungstatsachen eine allgemein anerkannte Methode angewandt und die einzelnen Schritte des hieraus folgenden Bewertungssystems jeweils gut nachvollziehbar und widerspruchsfrei begründet. Mit Gegenargumenten hat er sich vertieft auseinandergesetzt und seine Ergebnisse, an denen er festgehalten hat, in deren Lichte kritisch überprüft.
2901Gleichwohl – und ohne, dass hierin ein Ausdruck des Zweifels an der Überzeugungskraft der vom Sachverständigen A1 gemachten Ausführungen zu sehen wäre – hat die Kammer zu Gunsten der Angeklagten einen „Sicherheitsaufschlag“ von 10 % auf den von ihm gefundenen Wert vorgenommen. Hiermit trägt sie allein dem Umstand Rechnung, dass Immobilienverkehrswertgutachten ihrer grundsätzlichen Natur nach nicht in der Lage sind, einen mathematisch exakt zutreffenden Wert zu ermitteln. Eine gewisse Unsicherheitenmarge – allerdings in beide Richtungen – ist ihnen immanent. Im Strafverfahren muss diese Marge unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls zu Gunsten des Angeklagten ausschlagen.
2902Ein größerer Aufschlag als 10 % war dabei hier allerdings nicht angezeigt. Denn zunächst hat der Sachverständige A1 erklärt, Abweichungen von lediglich 5 bis 10 % zwischen verschiedenen, auf gleichen Prämissen und einem gleichen Kenntnisstand beruhenden Gutachten für tolerabel zu halten. Des Weiteren hat der Sachverständige an verschiedenen Stellen seiner Begutachtung darauf verwiesen, Ansätze gewählt zu haben, die bereits am oberen Ende des Vertretbaren lägen. Zudem ist der Sachverständige in Folge der oben ((2)) erläuterten Vorgabe der Kammer bereits von der die Angeklagten gegenüber der tatsächlichen Lage bereits begünstigenden Prämisse einer vollständigen Eigennutzung der nicht bereits an Dritte vermieteten Flächen durch SOP ausgegangen. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer davon überzeugt, dass das vom Sachverständigen A1 gefundene Ergebnis bereits im oberen Bereich des mit Blick auf die tatsächliche Lage vertretbar anzusetzenden Verkehrswerts anzusiedeln ist, so dass ein größerer Zuschlag als die angesetzten 10 % keinesfalls gerechtfertigt wäre. Hierin sieht sich die Kammer auch durch die durch die Zeugen Dr. Q9 und Prof. Dr. M1 im Jahr 2009 – und damit zeitnah nach dem Bewertungsstichtag und unter im Wesentlichen vergleichbaren Prämissen – ermittelten Verkehrswerte (70 bis 80 Mio. € bzw. 76,6 Mio. €) und die später (in den Jahren 2011 bzw. 2014) tatsächlich erzielten Verkaufserlöse (inklusive Umsatzsteuer-Erstattung betreffend die B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a insgesamt ca. 74,7 Mio. €) bestätigt, die jeweils noch deutlich unter dem vom Sachverständigen A1 ermittelten Wert lagen.
2903Aus dem „Sicherheitszuschlag“ in Höhe von 10 % resultiert der den Feststellungen zugrunde gelegte maximale Verkehrswert der Gesamtliegenschaft in Höhe von 99.462.000,00 € (90.420.000,00 € + (90.420.000,00 € x 10%)).
XLV. Feststellungen zur CSSF-Genehmigung (Teil 1, E., III., (19))
2904Die Feststellungen zur CSSF-Genehmigung der Anteilsübertragung beruhen auf dem hierzu in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail-Schriftverkehr im Bankhaus ab dem 10. Dezember 2008, aus dem das Geschehen hervorgeht. Die Zeugin T2, geb. T2a, hat den Anruf des CSSF-Mitarbeiters vom 10. Dezember 2008 in ihrer Vernehmung ausdrücklich bestätigt. Auf Vorhalt des E-Mail-Verkehrs konnte sie sich an das Geschehen auch im Sinne der Feststellungen näher erinnern. Der CSSF-Behördenbericht hat die Vorgänge ebenfalls inhaltlich bestätigt.
2905Der Zeuge G2 hat auf Vorhalt seiner eingeführten E-Mail vom 10. Dezember 2008 – ohne konkrete Erinnerung an diese Vorgänge – erklärt, der von ihm gewählten Formulierung zu entnehmen, zum damaligen Zeitpunkt nicht gewusst zu haben, dass der Anteilsübertragungsvertrag bereits beurkundet war und die Erklärungen Z4s auch bereits genehmigt waren. Wörtlich hat der Zeuge insoweit ausgeführt: „Ich bin bisher davon ausgegangen, dass Umsetzungen dann stattgefunden haben, wenn die Genehmigungen erteilt waren und nicht vorher.“
2906Die Zeugin F5 hat zu dem Gespräch mit dem Angeklagten J vom 11. Dezember 2008, das sich auch einer in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail der Zeugin vom gleichen Tage entnehmen lässt, wie festgestellt bekundet.
2907Der Angeklagte J hat seine Einbindung in das Geschehen wie festgestellt geschildert.
2908Den vollständigen Inhalt des der CSSF-Genehmigung vorausgehenden Gesprächs zwischen dem Zeugen Q3 und dem Zeugen C8 konnte die Kammer in der Hauptverhandlung nicht aufklären. Keiner der beiden Zeugen hatte hieran eine konkrete Erinnerung. Die auch im in die Hauptverhandlung eingeführten CSSF-Behördenbericht geschilderte Erörterung jedenfalls der Frage, ob das Bankhaus in Frankfurt tatsächlich neue Büroflächen benötigte, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus einem von der CSSF überlassenen, in Übersetzung in die Hauptverhandlung eingeführten kurzen handschriftlichen Vermerk des Zeugen C8 über das Gespräch vom 11. Dezember 2008 („Die Bank benötigt tatsächlich neue Büros in Frankfurt“). Dass diese Frage in dem Gespräch eine Rolle spielte, erachtet die Kammer auch vor dem Hintergrund, dass hierzu in dem offiziellen Antragsformular der SCA für die CSSF-Genehmigung vom 4. Dezember 2008 (s. Teil 1, E., III., (12)) Ausführungen gemacht worden waren, auch als naheliegend. Auf welcher Informationsgrundlage der Zeuge Q3, der keine konkrete Erinnerung an diese Vorgänge hatte, die festgestellte Angabe machte, hat die Kammer in der Hauptverhandlung nicht näher aufklären können.
2909Die Feststellungen zur schriftlichen Zustimmungserklärung der CSSF vom 11. Dezember 2008 zur Anteilsübertragung beruhen auf der Einführung des diese Zustimmung enthaltenden Schreibens in die Hauptverhandlung.
XLVI. Feststellungen zu den ersten Umsetzungsmaßnahmen der Anteilsübertragung (Teil 1, E., III., (20))
2910Die Schreiben des Angeklagten E vom 9. und 10. Dezember 2008 sind im Wege des Selbstleseverfahrens und durch in Augenscheinnahme in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Dass es sich bei den hierauf für das Bankhaus geleisteten Unterschriften um diejenigen des Angeklagten K handelt, hat die Kammer einem Vergleich dieser Unterschriften mit derjenigen Unterschrift entnommen, die sich im – ebenfalls im Wege des Selbstleseverfahrens und durch Inaugenscheinnahme in die Hauptverhandlung eingeführten – Gesellschafterbeschluss der GbR Frankfurt B-Straße aus März 2007 unmittelbar über dem maschinenschriftlichen Namen „ K“ befindet. Dass es sich um die Unterschriften des Angeklagten K handelt, hat auch der Angeklagte E ausdrücklich bestätigt.
2911Die Einbeziehung einer Sicherheit in Höhe von 1.075.000,00 € in die Einlagenanforderung des Angeklagten E ergibt sich aus einer in die Hauptverhandlung eingeführten Berechnung dieser Einlagenanforderung aus den Unterlagen der Grundstücksgesellschaft.
2912Die Feststellungen zu den Veränderungen der Kreditinanspruchnahmen beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Buchungsunterlagen des Bankhauses. Deren Inhalt entspricht der dem Anteilsübertragungsvertrag als Anlage beigefügten und in die Hauptverhandlung eingeführten Tabelle zur Umsetzung der Beteiligungsquotenveränderung, die eine „Freistellung“ von der Inanspruchnahme der Eigenkapitalvorfinanzierungskredite in einer – entsprechend den Feststellungen auf die Gesellschafter verteilten – Gesamthöhe von 13.760.500,00 € vorsah. Der Vorgang ergibt sich auch aus einer in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail der Zeugin F5 vom 11. Dezember 2008. Er ist durch die Zeugin auch ausdrücklich bestätigt worden. Die festgestellte Gesamt-„Freistellung“ ist zudem in einem in der Hauptverhandlung verlesenen, nach November 2011 erstellten Vermerk des SOP-Mitarbeiters Y2 über von SOP im Zusammenhang mit der Beteiligung an der GbR Frankfurt B-Straße geleistete Zahlungen enthalten. Hierzu hat der Zeuge Y2 erläutert, den Vermerk maßgeblich anhand der „gebuchten Daten im SOP-System“ erstellt zu haben.
2913Die Feststellungen zu den ebenfalls noch am 11. Dezember 2008 geleisteten weiteren Einlagen in die GbR Frankfurt B-Straße beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Überweisungsträgern, den Angaben der Zeugen T1 und L2 sowie einem die entsprechenden Zahlungsvorgänge aufweisenden, in die Hauptverhandlung eingeführten chronologischen Zahlungsplan der Grundstücksgesellschaft. Auch der in die Hauptverhandlung eingeführte Vermerk des Zeugen Y2 weist die Zahlung von SOP in die GbR im Dezember 2008 aus.
XLVII. Feststellungen zur Zahlung des Grundstückskaufpreises (Teil 1, E., III., (21))
2914Die Feststellungen zur Zahlung des Grundstückskaufpreises beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Überweisungsträger sowie einem ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten chronologischen Zahlungsplan der Grundstücksgesellschaft. Auch das in die Hauptverhandlung eingeführte Übergabeprotokoll betreffend die Liegenschaft vom 22. Dezember 2008 beinhaltet die Erklärung, dass der Grundstückskaufpreis überwiesen worden sei.
XLVIII. Feststellungen zur Übergabe der Liegenschaft an die GbR und deren Eintragung im Grundbuch (Teil 1, E., III., (22))
2915Den Zeitpunkt der Übergabe der Liegenschaft an die GbR hat der Kammer das in die Hauptverhandlung eingeführte Übergabeprotokoll vermittelt.
2916Die Feststellung, dass es in der Folge auch zur Eintragung der GbR Frankfurt B-Straße als Eigentümerin in das Grundbuch kam sowie dort die vor der Grundschuld zu Gunsten von SOP eingetragenen Belastungen gelöscht wurden, hat die Kammer anhand der Angaben des in die Hauptverhandlung eingeführten Verkehrswertgutachtens des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1 getroffen. Dieses im November 2009 erstellte Gutachten weist beide Umstände auf Grund einer Einsichtnahme in das Grundbuch aus. Die Rechnung der Stadt Frankfurt a.M. vom 13. Februar 2009 für die Eigentümereintragung ist ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
XLIX. Feststellungen zum Vorsatz der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter (Teil 1, E., III., (23))
(1) Vorsatz hinsichtlich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
2917Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung davon überzeugt, dass allen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern bewusst war, dass sie mit ihrer Ankaufsentscheidung die ihnen gegenüber SOP obliegenden Vermögensbetreuungspflichten verletzten.
2918Die Kammer schließt für alle geschäftserfahrenen persönlich haftenden Gesellschafter bereits im Ansatz aus, dass diesen die von ihnen bei geschäftlichen Entscheidungen zu beachtenden und maßgeblich aus der – in entsprechenden Geschäftskreisen jedenfalls in Form einer „Parallelwertung in der Laienssphäre“ allgemein bekannten – Vorschrift des § 93 Abs. 1 AktG abgeleiteten Sorgfaltspflichten nicht vor Augen gestanden haben. Dies hat auch keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter behauptet. Dass sie die Entscheidung über den Ankauf der GbR-Anteile ihrer eigenen Zuständigkeit und damit Verantwortung als persönlich haftende Gesellschafter zuwiesen, ergibt sich daraus, dass keiner der Angeklagten die Anwendbarkeit der §§ 112, 278 Abs. 3 AktG auf den Vorgang erkannte.
2919Die Kammer ist nach Würdigung der festgestellten Gesamtumstände ferner davon überzeugt, dass alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter auch subjektiv erkannten, dass eine ausreichende Informationsgrundlage für eine ihre Vermögensbetreuungspflichten gegenüber SOP wahrende Entscheidung dieser wirtschaftlichen Tragweite offensichtlich nicht gegeben war und dabei auch die ernsthafte Möglichkeit bestand, dem Bankhaus einen – auch erheblichen – Vermögensnachteil zuzufügen. Die Informationsgrundlage war – für alle persönlich haftenden Gesellschafter schon aus der Beteiligungsvorlage erkennbar – derart evident unzureichend, dass die Kammer ausschließt, dass den geschäftserfahrenen persönlich haftenden Gesellschaftern dieser Umstand verborgen geblieben oder von ihnen anders bewertet worden sein könnte. Insbesondere ist für die Kammer auch sicher auszuschließen, dass die von den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern bei der Anteilsübernahme verfolgten Beweggründe (im Wesentlichen: Reduzierung bzw. nicht weitere Erhöhung der Gesellschafterkredite, größere Gestaltungsfreiheit für das Bankhaus, langfristiges Sichern der Immobilie für SOP, Ausstrahlen von Normalität in schwierigen Zeiten, mögliches Einbringen der Liegenschaft in einen Immobilien-Paketverkauf) ihnen den Blick dafür verstellt haben könnten, dass maßgeblicher Bezugspunkt einer ihre Vermögensbetreuungspflichten wahrenden Entscheidung der Verkehrswert der nach den damaligen Planungen und vertraglichen Vereinbarungen fertiggestellten Gesamtliegenschaft hätte sein müssen.
2920Dabei schließt die Kammer auch aus, dass sich einzelne persönlich haftende Gesellschafter subjektiv für die Entscheidung in einer Weise für per se ressortunzuständig gehalten haben könnten, die Auswirkungen auf ihren Pflichtverletzungsvorsatz gehabt hätte. Denn die Umstände, die letztlich bereits eine eigene Ressortbetroffenheit aller angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter begründeten (K: Zuständigkeit für O-E und Facility Management; O: Zuständigkeit für O-E und Marktvotum seiner Abteilung; J: Risikomanager und maßgebliches Vorantreiben der Anteilsübertragung gemeinsam mit dem Angeklagten K mit Blick auf die Reduzierung der Gesellschafterkredite; P: Zuständigkeit für das Investmentbanking; vgl. hierzu ausführlich unten Teil 3, A., I., (3), (b)), waren allen bekannt. Hinzu kommt, dass die Informationsgrundlage selbst für einen (vermeintlich) ressortunzuständigen Partner evident unzureichend war und zudem zwei Partner an der Anteilsübertragung gleichzeitig auf Veräußererseite beteiligt waren. Dies lässt es gänzlich fernliegend erscheinen, dass einzelne persönlich haftende Gesellschafter verkannt haben könnten, dass für jeden Partner eigene Rückfragen oder Nachprüfungen für ein sorgfaltspflichtgemäßes Handeln erforderlich gewesen wären. Auch hält es die Kammer für nicht vorstellbar, dass einzelne persönlich haftende Gesellschafter ernsthaft davon ausgegangen sein könnten, dass die üblichen bei geschäftlichen Entscheidungen anzuwendenden Sorgfaltsmaßstäbe bei Transaktionen im Zusammenhang mit O-E-Fonds nicht zu beachten waren. So haben sich weder aus den Einlassungen der Angeklagten noch aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern jedenfalls auch von den nicht den großen Familienstämmen angehörigen Bankgesellschaftern signalisiert worden wäre, in diesem Bereich wirtschaftliche Nachteile des Bankhauses hinnehmen und entsprechend handeln zu dürfen. Eine solche Betrachtungsweise, gleichsam in Form eines „Freibriefes“, wäre auch völlig lebensfremd.
2921Bezogen auf die einzelnen Angeklagten hat die Kammer die folgenden Aspekte ergänzend in den Blick genommen:
(a) Angeklagter P
2922Die – oben (I., (4)) näher dargestellte – Einlassung des Angeklagten P, „damals überzeugt“ gewesen zu sein, „pflichtgemäß zu handeln und auf Basis umfassender und belastbarer Informationen über den Anteilserwerb zu entscheiden“, stellt sich zur Überzeugung der Kammer als Schutzbehauptung dar.
2923So hat der Angeklagte P bereits selbst nicht etwa behauptet, davon ausgegangen zu sein, dass ein Verkehrswertgutachten eingeholt oder auch nur eine indikative Verkehrswertermittlung durch einen Fachmann durchgeführt wurde, deren Ergebnisse in Bezug zu den mit der Anteilsübertragung übernommenen Verpflichtungen hätten gesetzt werden können. Der Angeklagte P konnte der – von ihm abgezeichneten und nach Überzeugung der Kammer auch gelesenen – Beteiligungsvorlage vielmehr entnehmen, dass diese insoweit letztlich nur die – zudem auch noch mit Blick auf die mieterspezifischen Sonderwünsche lückenhafte – Aussage enthielt, ein von der Marktabteilung ohne nähere Darlegung als marktüblich bezeichneter Mietzins werde zu einer bestimmten Bruttomietrendite führen. Der geschäftserfahrene Angeklagte P erkannte dabei zur Überzeugung der Kammer, dass er allein auf dieser Grundlage eine Entscheidung von der hiesigen wirtschaftlichen Tragweite – zumal in Zeiten der Krise bei SOP und der kurz zuvor durch die Lehmann-Insolvenz verschärften Finanzkrise mit naheliegenden Auswirkungen auch auf den Frankfurter Immobilienmarkt – offensichtlich nicht treffen durfte. Dies gilt vor allem auch vor dem Hintergrund, dass er selbst erklärt hat, dass ihm ein Zeitdruck bei der Entscheidung über die Anteilsübernahme nicht vermittelt worden sei. Dann aber hätte ohne weiteres die Möglichkeit bestanden, Rückfragen zu stellen oder ein Verkehrswertgutachten anzuregen.
2924Das vom Angeklagten P angegebene Vertrauen in „Angaben, Vorlagen und Berechnungen“ der Abteilungen Beteiligungen und Facility Management ist nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung jedenfalls bezogen auf die Ankaufsentscheidung nicht nachvollziehbar. Die Abteilung Beteiligungen verfasste das Marktfolgevotum für die Beteiligungsvorlage und riet darin vom Kauf ab. Dabei wies sie gerade auch auf die bei ihr fehlende Informationsgrundlage hin. Die Abteilung Facility Management gab zur Entscheidung über den Anteilserwerb – und insbesondere zum Verkehrswert der Liegenschaft – überhaupt keine Einschätzung ab. In der Beteiligungsvorlage hieß es lediglich (nichtssagend), dass u.a. dort „entsprechende Dokumentation“ zur Due Diligence vorliege.
2925Eine – die Gefahr von Vermögenseinbußen und damit nähere Überprüfungen besonders nahelegende – „Grundsensibilität“ hinsichtlich der wirtschaftlichen Ausgewogenheit des Anteilsübertragungsvertrages ergab sich für den Angeklagten P auch konkret daraus, dass er – wie er selbst erklärt hat – wusste, dass die ursprüngliche GbR-Konstruktion maßgeblich aus erbschaftsteuerlichen Gründen der A.C12 bzw. ihrer Erben gewählt wurde. Diese Gründe implizierten, dass möglichst hohe Verbindlichkeiten – und damit ein möglichst hoher Gesamtaufwand – für A.C12 (bzw. deren Erben) günstig waren, soweit diese durch eine entsprechende und nach der Fondskonzeption durch SOP zu zahlende Miete aufgewogen würden. Gleiches folgt aus dem grundsätzlichen Renditeinteresse der Altgesellschafter. Bei einer solchen Interessenlage drängt es sich aber geradezu auf, besonders kritisch zu hinterfragen, ob die angesetzte Miete bzw. die gesamte Fondskonzeption auch einem Marktvergleich standhielt. Dabei war dem Angeklagten P, der an verschiedenen O-E-Fonds selbst beteiligt war, nach seinen eigenen Angaben zudem deren grundsätzliche Konzeption („Investitionsmiete“) und – jedenfalls bei „Spezialimmobilien“ – der BGF-Bezug der angesetzten Miete bekannt. Es ist für die Kammer nicht glaubhaft, dass der Angeklagte P ohne nähere Prüfung darauf vertraut haben will, dass der Angeklagte E diese Form der Mietkalkulation nicht auch beim Projekt B-Straße anwandte. Auch das Verhältnis des Kaufpreises für die Altsubstanz (nach der Beteiligungsvorlage 51,3 Mio. €) zum Gesamtaufwand für die geplanten Maßnahmen (nach der Beteiligungsvorlage 130 Mio. €) legte eine besonders kritische Prüfung dahingehend nahe, ob hierdurch tatsächlich entsprechende Wertzuwächse geschaffen würden, betraf der Neubau doch nur einen Teil der Gesamtliegenschaft.
2926Von einer vollständigen Eigennutzung der Gesamtliegenschaft ging der Angeklagte P dabei nach seinen eigenen Angaben zu keinem Zeitpunkt aus. Zwar hatte er keine Kenntnis vom Entfall des Handelsraums. Er ging indes – nach seinen oben (I., (4)) näher dargestellten Angaben – von Anfang an davon aus, dass das „H11“-Gebäude zunächst durch „fremde Dritte“ genutzt werden sollte. Dass diese Fremdvermietungsnotwendigkeit am Markt durch die im Dezember 2008 bereits absehbaren – in ihren konkreten Auswirkungen auf Raumbelegungsfragen indes noch nicht näher aufbereiteten – Personalabbaumaßnahmen am Standort Frankfurt steigen würde, erkannte der Angeklagte P zur Überzeugung der Kammer.
2927Mit Blick darauf, dass die Beteiligungsvorlage den ausdrücklichen Hinweis enthielt, dass der „ursprüngliche Bauantrag geändert“ werden musste, und der Angeklagte P die Beteiligungsvorlagen nach den Feststellungen ohne jede Rückfrage abzeichnete, war ihm zudem klar, dass er nicht einmal den aktuellen baulichen Planungsstand kannte.
(b) Angeklagter J
2928Soweit der – oben (I., (3)) näher dargestellten – Einlassung des Angeklagten J überhaupt die Behauptung zu entnehmen war, davon ausgegangen zu sein, hinsichtlich der Anteilsübertragung pflichtgemäß – und insbesondere auf der Basis einer ausreichenden Informationsgrundlage – gehandelt zu haben, so zieht die Kammer auch betreffend den Angeklagten J bereits aus dem Inhalt der – eine evident unzureichende Informationsbasis geradezu aufdrängenden – Beteiligungsvorlage die schon für den Angeklagten P dargestellten Rückschlüsse auf den Pflichtwidrigkeitsvorsatz. Insbesondere hat auch der Angeklagte J nicht etwa behauptet, davon ausgegangen zu sein, dass betreffend den Verkehrswert der Liegenschaft ein Gutachten eingeholt oder sonst nähere professionelle Betrachtungen angestellt worden waren. Die Kammer hält es mit Blick auf die durch die GbR bereits eingegangen vertraglichen Verpflichtungen auch für ausgeschlossen, dass der geschäftserfahrene Angeklagte J, der in seiner Einlassung auf im Dezember 2008 noch nicht in nennenswertem Umfang stattgefundene Baumaßnahmen verwiesen hat, verkannt haben könnte, dass für eine pflichtgemäße, an den Vermögensinteressen von SOP ausgerichtete Entscheidung über den Anteilsankauf vor allem der zu erwartende Wert der Liegenschaft im Zustand der Fertigstellung der geplanten und bereits vereinbarten Baumaßnahmen maßgeblich war.
2929Für den Angeklagten J kommen noch folgende weitere Umstände hinzu:
2930Er wusste nicht nur um die zu erwartenden Personalabbaumaßnahmen, sondern – wie die Angeklagten K und O, aber anders als der Angeklagte P – auch, dass der Handelsraum planerisch entfallen und ein Umzug jedenfalls der Handelsabteilungen des Investment Bankings in die neue Liegenschaft gar nicht mehr geplant war. Für ihn stellte sich also die Drittverwendungs- und -vermarktungsfähigkeitsfrage betreffend die Liegenschaft in noch höherem Maße als für den Angeklagten P. Dies machte eine Ertragswertermittlung umso erforderlicher. Die Erforderlichkeit einer solchen lag für den Angeklagten J, der als Wirtschaftsprüfer und früherer Partner der D5 Gruppe in Bewertungsfragen besonders erfahren war, besonders nahe.
2931Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte J – entgegen seiner Einlassung – jedenfalls aus von ihm zur Kenntnis genommenen Unterlagen zudem positiv erkannte, dass die entstehende Gesamtliegenschaft nicht, wie in der Transaktionsbeschreibung angegeben, über rund 20.000 m2 „moderne Bürofläche“, sondern lediglich über etwa 20.000 m2 BGF – in die insbesondere auch Untergeschosse einbezogen waren – verfügen würde, was eine Marktunüblichkeit der für SOP vorgesehenen Konditionen besonders nahelegte.
2932Bereits aus der von ihm mit „Einverstanden“ abgezeichneten Notiz des Angeklagten E vom 16. Juni 2007 ergab sich der BGF-Bezug des Flächen- und Mietansatzes unter Einbeziehung von (seinerzeit noch vier) Untergeschossen ausdrücklich. Gleiches (nunmehr allerdings bei lediglich noch zwei einbezogenen Untergeschossen) gilt für die vom Angeklagten J zur Kenntnis genommene Entscheidungsvorlage vom 27. August 2008. Schließlich ergab sich für den Angeklagten J aus der von ihm erst kurz vor dem Erhalt der Beteiligungsvorlage zur Kenntnis genommenen Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008, dass die Gesamtliegenschaft nach dem Planungsstand unmittelbar vor der Anteilsübernahme nur über 20.944 m2 BGF – inklusive 4.500 m2 Untergeschosse (also fast ein Viertel der Gesamtfläche) – verfügen würde und hierauf auch der einheitliche Mietansatz bezogen war. Aus den Entscheidungsvorlagen vom 27. August und 4. November 2008 ging zudem klar hervor, dass die für SOP in Aussicht genommene, aus 6 % des kalkulierten Gesamtaufwandes abgeleitete Miete im Dezember 2008 nicht – wie im Marktvotum zugrunde gelegt und dort als marktüblich bezeichnet – 27,50 €, sondern bereits 30 € je Quadratmeter betrug.
2933Der Angeklagte J erkannte somit nicht nur, dass die Beteiligungsvorlage hinsichtlich des entstehenden Verkehrswerts der Liegenschaft gar keine Aussage enthielt, sondern darüber hinaus auch, dass das Marktvotum hinsichtlich der entstehenden Flächen und der zugrunde gelegten Miethöhe auch noch von falschen Prämissen ausging. Den grundsätzlichen Unterschied zwischen am Markt typischerweise vermietbarer Fläche und BGF kannte der Angeklagte J dabei jedenfalls aus den ihm vom Zeugen L1 überlassenen H33-Datenblättern, die er im Jahr 2006 für die Grundstückskaufpreisverhandlungen erhalten hatte. Die Kammer hat unter Berücksichtigung dieser – gegenüber dem Angeklagten P noch weitergehenden und die Gefahr von Vermögensnachteilen für SOP durch die Anteilsübernahme geradezu aufdrängenden – Umstände keine Zweifel daran, dass der Angeklagte J nicht davon ausgegangen sein kann, auf einer zur Wahrung seiner Sorgfaltspflichten hinreichenden Entscheidungsgrundlage zu handeln.
(c) Angeklagter K
2934Der Angeklagte K hat – wie oben (I., (1)) näher dargestellt – eingeräumt, dass die Entscheidung zur Anteilsübernahme hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Grundlagen auf einer nicht ausreichenden Informationsgrundlage getroffen worden sei. Es sei ein Fehler gewesen, den für die Anteilsübernahme gezahlten „Preis“ gerade unter den Bedingungen der Finanzmarktkrise nicht gutachterlich abgesichert zu haben.
2935Die hierin zu sehende Schilderung eines auch bereits zum Tatzeitpunkt vorhandenen Bewusstseins des Angeklagten K, durch die Anteilsübernahme ihm gegenüber SOP obliegende Sorgfaltspflichten zu verletzen, hält die Kammer für belastbar. Dabei hat sie nicht verkannt, dass der Angeklagte K diese Angaben erst gemacht hat, nachdem die Kammer ihm einen Verständigungsvorschlag (§ 257c StPO) unterbreitet hatte. Mit Blick auf die bereits ausgeführten Gesichtspunkte, die ein solches Pflichtwidrigkeitsbewusstsein aufdrängen, schließt die Kammer aus, dass sich der Angeklagte K insoweit selbst falsch belastet haben könnte. Seine Angaben fügen sich vielmehr nahtlos in das sonstige Ergebnis der Hauptverhandlung ein.
2936Dabei ist die Kammer allerdings – insoweit noch über sein Geständnis hinausgehend – davon überzeugt, dass auch der Angeklagte K zum Zeitpunkt der Abzeichnung der Beteiligungsvorlage die Gefahr eines durch die Anteilsübernahme entstehenden Vermögensnachteils für das Bankhaus gerade auch mit Blick darauf konkret erkannte, dass das Marktvotum hinsichtlich der entstehenden Flächen und der zugrunde gelegten Miethöhe von falschen Prämissen ausging und die tatsächlichen Kalkulationsgrundlagen eine Marktunüblichkeit der für SOP vorgesehenen Miete besonders nahelegten. Insoweit gilt das zum Angeklagten J hinsichtlich der Entscheidungsvorlagen vom 27. August und 4. November 2008 Ausgeführte für den Angeklagten K, der diese Vorlagen sogar durch seine Unterschrift für das Bankhaus genehmigt hatte, entsprechend. Die Kenntnis des grundsätzlichen Unterschieds zwischen am Markt typischerweise vermietbarer Fläche und der BGF hat der Angeklagte K ausdrücklich eingeräumt. Dieser Umstand war auch für ihn etwa aus den ihm vom Zeugen L1 überlassenen H33-Datenblättern, die er im Jahr 2006 für die Grundstückskaufpreisverhandlungen erhalten hatte, erkennbar. Gleichfalls am 27. August und 4. November 2008 genehmigte der Angeklagte K zudem jeweils auch durch den Angeklagten E für SOP vorgesehene, auf BGF inklusive Untergeschosse bezogene Mietansätze betreffend ein Bauprojekt in Luxemburg, was sich aus der Einführung der entsprechenden Entscheidungsvorlagen in die Hauptverhandlung ergibt. Der Annahme, dass dem Angeklagten K betreffend das Projekt B-Straße der Umstand des BGF-Bezugs der angesetzten Miete unter Einbeziehung von Untergeschossen sowie deren zwischenzeitliche Erhöhung auf 30 € je Quadratmeter tatsächlich zum damaligen Zeitpunkt verborgen geblieben sein könnten, steht letztlich auch seine eigene – lebensnahe – Angabe entgegen, wonach er nie etwas unterschrieben habe, was er nicht gelesen habe. Entsprechendes gilt auch für den – vom Angeklagten K in der Hauptverhandlung nicht mehr erinnerten, von ihm aber gemeinsam mit den Angeklagten J und E beschlossenen und in der Entscheidungsvorlage vom 27. August 2008 von ihm durch Unterschrift genehmigten – Entfall des Handelsraums und den damit einhergehenden Verzicht des Umzugs jedenfalls der Handelsabteilungen des Investment Bankings in die Liegenschaft in der B-Straße.
(d) Angeklagter O
2937Der Angeklagte O hat – wie oben (I., (2)) näher dargestellt – ebenfalls eingeräumt, die Entscheidung über die Anteilsübertragung auf einer unzureichenden Informationsgrundlage und ohne hinreichende Ermittlung oder belastbare Abwägung der hiermit einhergehenden Chancen und Risiken auf Basis einer fundierten Dokumentenlage getroffen zu haben. Auch seine Schilderung des Pflichtwidrigkeitsbewusstseins hält die Kammer für zuverlässig. Wiederum verkennt sie dabei nicht, dass auch der Angeklagte O ein pflichtwidriges Verhalten – nach zuvor in eine andere Richtung weisenden Erklärungen – jedenfalls eindeutig erst eingeräumt hat, nachdem auch ihm ein Verständigungsvorschlag unterbreitet worden war (§ 257c StPO). Mit Blick auf die objektive Evidenz der unzureichenden Informationsgrundlage ist die Kammer aber davon überzeugt, dass auch der Angeklagte O diese tatsächlich auch subjektiv erkannte und zutreffend bewertete.
2938Allerdings geht die Kammer auch hier hinsichtlich der Umstände, aus denen der Angeklagte O die Gefahr eines Vermögensnachteils für das Bankhaus erkannte, über das von ihm Eingeräumte hinaus. Der Angeklagte O hat sein Risikobewusstsein allein auf die von ihm erkannten Auswirkungen der Finanzkrise auf den Frankfurter Immobilienmarkt bezogen. Die Kammer ist indes davon überzeugt, dass auch der Angeklagte O die Gefahr eines durch die Anteilsübernahme eintretenden Vermögensnachteils für das Bankhaus gerade auch aus der konkreten Fondskonzeption erkannte. Es ist für die Kammer entgegen seiner Einlassung nicht vorstellbar, dass der maßgeblich mit dem Vertrieb von O-E-Fonds befasste Angeklagte O, der zudem auch selbst vielfacher Fondszeichner und Mitgeschäftsführer verschiedener Funktionsträgergesellschaften war, die vom Angeklagten E in der Hauptverhandlung dargestellten grundsätzlichen Kalkulationsgrundlagen derartiger Fonds – insbesondere die Renditeerwartungen und die damit einhergehende Systematik der nicht maßgeblich an der Marktmiete ausgerichteten „Investitions-„ bzw. „Soll-Miete“ – nicht gekannt haben könnte. So hat auch der Angeklagte K – für die Kammer uneingeschränkt lebensnah und überzeugend – geschildert, teilweise gemeinsam mit dem Angeklagten O den Kunden der Bank diese Funktionsweise der Fonds erläutert zu haben. Der Angeklagte O war es nach den Feststellungen auch, der maßgeblich in die anfänglichen Überlegungen, auch den Fonds B-Straße Kunden – die sicherlich Beratungsbedarf hatten bzw. gehabt hätten – anzubieten. Aus der Kenntnis um die grundsätzliche Funktionsweise der O-E-Fonds folgt dabei zwar kein sicheres Wissen um eine gleichsam stets marktunüblich hohe Miete für den in Aussicht genommenen Nutzer. Aber dem Angeklagten O musste auch aus diesem Grund und mit Blick auf den jedenfalls anfänglich starken Zuschnitt des Neubaus auf die Bedürfnisse von SOP die Einschätzung des Marktvotums betreffend die Marktüblichkeit der in Aussicht genommenen Miete näher hinterfragungsbedürftig erschienen sein. Dies gilt beim Projekt B-Straße in besonderem Maße – wie schon ausgeführt – auch mit Blick auf die wegen der 50%-igen Beteiligung von A.C12 anfangs besonders gewichtigen erbschaftsteuerlichen Interessen.
2939Hinzu kommt, dass der Angeklagte O schon nach seinen eigenen Angaben in der Hauptverhandlung wusste, dass die in der Beteiligungsvorlage genannten rund 20.000 m2 die gesamte ober- und unterirdische BGF umfassten. Dies ist nach der Dokumentenlage auch plausibel: Der BGF-Bezug der für SOP angesetzten Miete ergab sich bereits aus dem vom Angeklagten O zur Kenntnis genommenen Eckdatenblatt des Angeklagten E vom 1. Februar 2007. Die Tatsache, dass die vom Angeklagten E als Mietfläche angesetzte – und in der Beteiligungsvorlage später als „moderne Bürofläche“ bezeichnete – Fläche dabei darüber hinaus sogar Untergeschosse beinhaltete, ergab sich bereits aus dem – unter anderem vom Angeklagten O unterschriebenen – ersten Gesellschafterbeschluss aus März 2007. Denn in diesem wurde der Geschäftsführer der GbR beauftragt, mit der GEWG einen Vertrag „über den Abriss und den Neubau eines Bürogebäudes mit ca. 8.300 m2 Bürofläche auf der vorhandenen Tiefgarage“ abzuschließen. Beinhaltete das Eckdatenblatt vom 1. Februar 2007 und die erst kurz zuvor auch vom Angeklagten O abgezeichnete Entscheidungsvorlage vom 12. Februar 2007 aber noch eine Gesamtmietfläche von 19.866,00 m2, wovon 11.809,00 m2 auf den Neubau entfallen sollten und wurde im März 2007 nur die oberirdische Errichtung von 8.300 m2 „Bürofläche“ in Auftrag gegeben, musste die Differenz auf die Untergeschosse entfallen. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer – entgegen den insoweit nicht nachvollziehbaren Angaben des Angeklagten O, wonach dieser Punkt bei ihm „keine Fragen aufgeworfen“ habe – davon überzeugt, dass der Angeklagte O bei der Unterzeichnung der Beteiligungsvorlage ein Gefahrenbewusstsein gerade auch mit Blick auf die Frage hatte, ob der Einschätzung der Marktüblichkeit der Miete im Marktvotum tatsächlich eine angemessene Flächenbezugsgröße zugrunde gelegt worden war.
(e) Kein tatbestandsausschließendes Einverständnis
2940Die Beweiswürdigung zu den Vorsatzfeststellungen hinsichtlich des Nichtvorliegens eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses erfolgt im Interesse besserer Verständlichkeit erst im Nachgang zur Darstellung von dessen objektiven Voraussetzungen im Rahmen der rechtlichen Würdigung (s. unten Teil 3, A., II.).
(2) Vorsatz hinsichtlich des Vermögensnachteils
2941Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung ist die Kammer davon überzeugt, dass alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter hinsichtlich der Verursachung eines Vermögensnachteils für SOP durch die Anteilsübernahme mit bedingtem Vorsatz handelten. Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass sie alle die konkrete Möglichkeit erkannten, dass die durch den Anteilsankauf durch SOP übernommenen Verpflichtungen den zu erwartenden Verkehrswert der Liegenschaft im Zustand der Fertigstellung der zu diesem Zeitpunkt vereinbarten Maßnahmen – auch deutlich – übersteigen würden (= kognitives Vorsatzelement). Auch ist die Kammer davon überzeugt, dass alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter diese Möglichkeit ernst und im Rechtssinne billigend in Kauf nahmen (= voluntatives Vorsatzelement).
(a) Kognitives Vorsatzelement
2942Bereits die für jeden angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter zum Pflichtwidrigkeitsvorsatz angeführten (oben (1)) Umstände lassen nach nochmaliger Würdigung zur Überzeugung der Kammer auch den sicheren Schluss auf das Vorliegen des kognitiven Vorsatzelements hinsichtlich der Nachteilszufügung zu. Wie von der Kammer dargelegt, erkannten alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter, dass sie ihre Entscheidung über den Anteilsankauf auf – gerade hinsichtlich des Verkehrswerts der entstehenden Gesamtliegenschaft – evident unzureichender Informationsgrundlage trafen. Ferner hat die Kammer bereits im Rahmen des Pflichtverletzungsvorsatzes dargelegt, welche konkreten „Warnsignale“ für eine wirtschaftliche Unausgewogenheit der Anteilsübertragung für jeden angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter erkanntermaßen bestanden. Wenn diese aber trotz Erkennens derartiger „Warnsignale“ und trotz des Bewusstseins, dass die wirtschaftliche Ausgewogenheit der Transaktion evident unzureichend geprüft worden war, der Anteilsübertragung ohne Verbesserung der Informationsgrundlage zustimmten, lässt das nur den Schluss zu und folgt hieraus zur Überzeugung der Kammer, dass sie dabei auch die konkrete Möglichkeit erkannten, SOP hierdurch einen Vermögensnachteil zuzufügen, der schon mit Blick auf die Höhe der in Rede stehenden Zahlungsverpflichtungen und das vollständige Fehlen einer Verkehrswertermittlung auch jedenfalls die Größenordnung des der objektiven Nachteilsbemessung zugrunde gelegten Betrages (s.o. Teil 1, E., I. sowie im Einzelnen unten Teil 3, A., I., (4)) annehmen könnte. Mit Blick hierauf haben die Angeklagten K und O das kognitive Vorsatzelement auch glaubhaft eingeräumt.
2943Die der Nachteilsberechnung zugrunde gelegte Größenordnung des mit der Anteilsübernahme einhergehenden Vermögensabflusses (s. im Einzelnen unten Teil 3, A., I., (4), (a)) ergab sich für alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter aus der Beteiligungsvorlage, durch die sogar ein „Kaufpreis“ von 123,4 Mio. € genehmigt wurde. Falls und soweit sich die Angeklagten K und J demgegenüber an der Entscheidungsvorlage des Angeklagten E vom 4. November 2008 orientiert haben, war dieser eindeutig zu entnehmen, dass es sich bei dem dort genannten kalkulatorischen Gesamtaufwand von insgesamt 126 Mio. € lediglich um den Nettobetrag handelte, in den mithin insbesondere auch betreffend die Generalübernehmer- und Steuerberatervergütung lediglich die Nettobeträge eingestellt waren. Dass die Angeklagten von einer bereits konkret bestehenden Umsatzsteuerrückerstattungsaussicht zu Gunsten der GbR (und damit im Ergebnis zu Gunsten von deren Gesellschaftern) ausgegangen sein könnten, schließt die Kammer aus. Denn sie alle waren im Bankgeschäft langjährig erfahrene Personen, denen die im Rahmen der rechtlichen Würdigung darzustellenden umsatzsteuerrechtlichen Zusammenhänge zur Überzeugung der Kammer bekannt waren.
2944Vom Vorliegen eines sicheren Wissens der Nachteilszufügung (dolus directus 2. Grades) vermochte sich die Kammer hingegen für keinen Angeklagten zu überzeugen. Es ginge zu weit, aus den dargestellten „Warnsignalen“ den Schluss zu ziehen, dass den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern positiv bekannt war, dass die übernommenen Verpflichtungen über dem Verkehrswert der entstehenden Liegenschaft lagen. Denn dieser Wert war bis zur Anteilsübernahme gerade nicht ermittelt worden und konnte den Angeklagten somit auch nicht als sicheres Wissen vor Augen stehen.
2945Die Hauptverhandlung hat keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter die (irrige) Vorstelllung gehabt haben könnten, dass zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung bereits ein Mietvertrag zwischen der GbR und SOP über die Gesamtliegenschaft bzw. eine rechtliche Verpflichtung zum Abschluss eines derartigen Mietvertrages zu bestimmten Konditionen oder zur Leistung von Schadensersatz im Falle der Nichtanmietung bestanden haben könnte. So hat schon kein Angeklagter erklärt, von derartigen rechtlichen Bindungen ausgegangen oder gar der Anteilsübertragung gerade auch deshalb zugestimmt zu haben, weil das Bankhaus in der Frage der Anmietung der Gesamtliegenschaft ohnehin bereits rechtlich gebunden gewesen sei. Die künftige Anmietung war von ihnen lediglich auf Grund eines rechtlich freien Entschlusses weiterhin grundsätzlich beabsichtigt (vgl. oben XXVIII.).
(b) Voluntatives Vorsatzelement
2946Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung ist die Kammer schließlich auch davon überzeugt, dass keiner der persönlich haftenden Gesellschafter auf ein Ausbleiben des Vermögensnachteils fest vertraute, sie alle die Möglichkeit seines Eintritts vielmehr ernst und billigend in Kauf nahmen.
2947Dabei hat die Kammer nicht aus dem Blick verloren, dass in Fällen allein in Rede stehenden bedingten Vorsatzes vor allem dann besondere Skepsis hinsichtlich des voluntativen Elements geboten ist, wenn der Täter nicht eigennützig gehandelt hat. Ein vermögensbezogener Eigennutz bei der Entscheidung über die Anteilsübertragung war bei den Angeklagten J und P ersichtlich nicht gegeben. Aber auch betreffend die selbst an der GbR Frankfurt B-Straße beteiligten Angeklagten K und O geht die Kammer von einem solchen nicht aus. Denn infolge der noch beabsichtigten Anmietung der Gesamtliegenschaft durch das Bankhaus konnte gerade nicht festgestellt werden, dass bei ihnen auch das unmittelbar eigennützige wirtschaftliche Motiv einer Risikoverlagerung von ihrer privaten Sphäre in das Bankhaus handlungsleitend war. Eine besonders kritische Prüfung des voluntativen Vorsatzelements war darüber hinaus für alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter mit Blick auf ihre mit dieser Stellung verbundene persönliche Haftung und erfolgsabhängige Vergütung angezeigt.
(aa) Angeklagter K
2948Der Angeklagte K hat – wie im Einzelnen oben (I., (1)) dargestellt – selbst eingeräumt, sich bei der Anteilsübernahme mit einem Missverhältnis der hierdurch für SOP verbundenen Aufwendungen auch zum Wert der entstehenden Liegenschaft abgefunden zu haben. Er sei zwar davon ausgegangen, dass es nach Beruhigung der Finanzkrise zu einem Wertzuwachs der Immobilie kommen würde. Dabei habe es sich aber lediglich um eine „ungewisse Aussicht“ gehandelt, bei der er sich nicht sicher gewesen sei, „ob und vor allem zu welchem Zeitpunkt die Immobilie einen Wert erreichen würde, der den kumulierten Aufwendungen des Bankhauses für den Erwerb der Beteiligung entsprechen würde“. Damit hat der Angeklagte K zum Ausdruck gebracht, auf ein Ausbleiben des – vom ihm als möglich erkannten – bei SOP eintretenden Vermögensnachteils auch in die Zukunft gerichtet – im Sinne der Realisierung einer im Dezember 2008 lediglich angelegten Gefahr – jedenfalls nicht vertraut, sondern nur gehofft zu haben. Dies erfüllt die Anforderungen an das voluntative Vorsatzelement.
2949Die Angaben des Angeklagten K zur inneren Tatseite erachtet die Kammer auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er sie erst im Nachgang eines Verständigungsvorschlags der Kammer gemacht hat, als zuverlässig. Denn die Schilderung einer Inkaufnahme eines (sich auch langfristig realisierenden) Vermögensnachteils fügt sich nahtlos in das übrige Tatbild ein:
2950Ein starkes Indiz für die billigende Inkaufnahme eines Vermögensnachteils ist bereits das durch den Angeklagten K erkannte hohe vermögensbezogene Gefährdungspotential der Entscheidung, die GbR-Anteile zu übernehmen, obwohl insbesondere in schwieriger Marktlage eine Verkehrswertermittlung nicht stattgefunden hatte, das Marktvotum der Beteiligungsvorlage lückenhaft war und von falschen Prämissen ausging und die Marktfolgeabteilung von der Transaktion abriet. Ins Gewicht fällt dabei auch, dass der Angeklagte K keinerlei auf einen Vermeidewillen hindeutende Maßnahmen entfaltete, um die von ihm erkannte Gefahr eines Nachteilseintritts wenigstens abzuschwächen. So veranlasste er keine Informationsverbreiterung bzw. -verbesserung für sich oder die Fachabteilungen oder stellte Rückfragen mit Blick auf die wirtschaftliche Ausgewogenheit der Transaktion. Vielmehr wurde die Anteilsübertragung so, wie zunächst durch die Angeklagten K, J und E festgelegt, in hohem Tempo gleichsam „durchgezogen“. Zu den ersten Reduzierungen der Kreditlinien der Altgesellschafter kam es etwa bereits, bevor die SOP-Beteiligungsvorlage auch nur erstellt worden war. Auch spricht die Tatsache, dass die Anteilsübernahme – obwohl das Projekt B-Straße dort zuvor bereits thematisiert worden war – in keiner Form – weder im Vorfeld, noch im Nachgang – in den Bankgremien, insbesondere im Aktionärsausschuss, erörtert wurde, gegen ein Vertrauen der persönlich haftenden Gesellschafter auf ein Ausbleiben eines Vermögensnachteils, sondern vielmehr dafür, dass sie die von ihnen hingenommenen wirtschaftlich nachteiligen Folgen der Transaktion einer Diskussion gerade entziehen wollten. Umstände, auf deren Grundlage der Angeklagte K auf ein Ausbleiben eines Vermögensnachteils fest vertraut haben könnte, sind zudem nach den Feststellungen auch nicht erkennbar.
2951Dass der Angeklagte K einen für ihn – schon mit Blick auf seine Stellung als persönlich haftender Gesellschafter – an sich unerwünschten Vermögensnachteil des Bankhauses billigend in Kauf nahm, lässt sich für die Kammer auch mit dem nach den Feststellungen vorrangig verfolgten Ziel der Reduzierung bzw. des nicht weiteren Anstiegs der Gesellschafterkredite erklären. Gerade im Nachgang zu den Vorgängen um die X1-Unterstützung war das Verhältnis des Bankhauses zur CSSF verstärkt ins Blickfeld geraten. Es liegt auf der Hand, dass die Vermeidung einer drohenden weiteren Verschlechterung dieses Verhältnisses und möglicherweise auch persönlicher Konsequenzen auf Grund des im Falle der Fortführung des Projekts B-Straße in seiner ursprünglichen Form eintretenden weiteren erheblichen Anstiegs der Gesellschafterkredite ein Ziel war, das für den Angeklagten K hohe Priorität hatte. Hierzu passt, dass der Angeklagte K im Rahmen seines Geständnisses offen eingeräumt hat, dass ihm auch der ihm vermittelte möglicherweise drohende Lizenzentzug vor Augen stand. Die Anteilsübertragung bot sich insoweit als vermeintlich „einfache Lösung“ an. Denn das Ziel, die Gesellschafterkredite nicht weiter ansteigen zu lassen und sogar zu verringern, wurde hierdurch unmittelbar erreicht. Der als möglich erkannte, mit der Anteilsübernahme verbundene Vermögensnachteil stellte sich hingegen – nicht zuletzt auch durch die mangels Verkehrswertermittlung zunächst erfolgende Bilanzierung der Beteiligung nach Anschaffungskosten – eher als ein Problem der Zukunft dar. Dass der Angeklagte K bereit war, einen solchen Nachteil zur Erreichung des akut drängenden Ziels der Gesellschafterkreditreduzierung hinzunehmen, drängt sich der Kammer auf.
2952Unter Würdigung dieser Gesamtumstände ist die Kammer daher vom Vorliegen des vom Angeklagten K selbst eingeräumten voluntativen Vorsatzelements überzeugt.
(bb) Angeklagter O
2953Gleiches gilt für den Angeklagten O. Auch dieser hat – wie oben (I., (2)) näher dargestellt – letztlich eingeräumt, eine Unausgewogenheit der mit der Anteilsübernahme übernommenen Verpflichtungen zum wirtschaftlichen Wert der GbR-Anteile als möglich erkannt und in Kauf genommen zu haben. Er habe bereits damals das Risiko gesehen und es „darauf ankommen“ lassen. Auch er hat dabei ausgeführt, lediglich gehofft zu haben, dass der „Knick im Immobilienmarkt nicht für immer“ sein würde. Auch der Angeklagte O hat damit kein Vertrauen auf ein Ausbleiben des als möglich erkannten Vermögensnachteils geschildert, sondern das Vorliegen des voluntativen Vorsatzelements bestätigt.
2954Auch diese Angaben erachtet die Kammer, die nicht verkennt, dass der Angeklagte O sie erst nach einem Verständigungsvorschlag der Kammer gemacht hat, für zuverlässig. Denn auch seine Person betreffend fügen sie sich nahtlos in das festgestellte Tatbild ein:
2955So hat auch der Angeklagte O nach den Feststellungen keinerlei Maßnahmen zur Eindämmung der mit der Anteilsübertragung von ihm erkanntermaßen verbundenen Gefahren für das Vermögen von SOP getroffen. An deren zügiger Umsetzung wirkte er etwa durch seine bereits am 11. November 2008 erfolgte Einverständniserklärung zu den ersten Reduzierungen seiner Kreditlinien mit. Auch er hat die Anteilsübernahme in keinem Bankgremium zur Diskussion oder auch nur näheren Erörterung gestellt. Konkrete Umstände, auf deren Grundlage der Angeklagte O auf ein Ausbleiben eines Vermögensnachteils fest vertraut haben könnte, hat die Kammer nicht festgestellt. Die Bereitschaft, einen an sich unerwünschten Vermögensnachteil für das Bankhaus in Kauf zu nehmen, drängt sich für die Kammer auch hinsichtlich des Angeklagten O auf Grund des mit dem durch die Anteilsübernahme unmittelbar erreichten und von ihm jedenfalls auch mit Blick auf die Bankenaufsicht angestrebten Ziels einer – auch seine Person betreffenden – zeitnahen Gesellschafterkreditreduzierung auf.
2956Nach Würdigung dieser Gesamtumstände hat die Kammer daher am Vorliegen des vom Angeklagten O selbst eingeräumten voluntativen Vorsatzelements keine Zweifel.
(cc) Angeklagter J
2957Der Angeklagte J hat – wie oben (I., (3)) näher ausgeführt – bestritten, den Vorgang der Anteilsübernahme für wirtschaftlich nachteilig gehalten zu haben. Die Kammer ist indes auch bezüglich seiner Person nach einer Gesamtwürdigung der festgestellten Tatumstände davon überzeugt, dass er auf das Ausbleiben des von ihm als möglich erkannten Nachteils nicht vertraute, sondern diesen vielmehr billigend in Kauf nahm.
2958Die zahlreichen Umstände, aus denen der Angeklagte J die konkrete Möglichkeit des mit der Anteilsübertragung für SOP entstehenden Vermögensnachteils erkannte, sind bereits dargestellt worden (vgl. oben (1), (b) und (2), (a)). Die Zustimmung zur Anteilsübertragung stellte sich somit auch aus seiner Sicht als für die Vermögensinteressen von SOP äußerst gefährlich dar. Die seinem Ressort unterfallende Abteilung Beteiligungen riet sogar ausdrücklich von der Transaktion ab. Gleichwohl entfaltete auch der Angeklagte J keinerlei gefahreindämmende Maßnahmen. Auch er veranlasste keine Informationsverbreiterung bzw. -verbesserung für sich oder die Fachabteilungen oder stellte Rückfragen mit Blick auf die wirtschaftliche Ausgewogenheit der Transaktion. Vielmehr war er von Anfang an an der Ausgestaltung und der zügigen Umsetzung der Maßnahme beteiligt, wobei Letzteres etwa durch die durch ihn erfolgte Genehmigung der auf den Anteilsübertragungsvertrag gerichteten Willenserklärung für SOP bereits am 8. Dezember 2008 – und damit noch vor dem Abzeichnen der SOP- und SCA-Beteiligungsvorlagen durch den Zeugen Ob – unterstrichen wird. Auch der Angeklagte J führte die Transaktion keiner Erörterung in den Bankgremien zu.
2959Es ist für die Kammer vor diesem Hintergrund auch nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage der Angeklagte J auf ein Ausbleiben des Nachteils nicht nur – was nicht ausreichend wäre – vage gehofft, sondern vertraut haben sollte. So hat der Angeklagte J zwar erklärt, warum er einerseits den mit der H33 ausgehandelten Kaufpreis für die Altsubstanz sowie andererseits die Vergütung für die GEWG für marktgerecht gehalten haben will. Dass er aber auch davon ausging, dass durch die vereinbarten Baumaßnahmen insgesamt ein Wert geschaffen würde, der (jedenfalls) den hierfür sowie für den Erwerb der Altsubstanz zu leistenden Aufwendungen entsprach, hat der Angeklagte J schon nicht ausdrücklich behauptet. Insoweit hat er lediglich pauschal ausgeführt, es für sicher gehalten zu haben, „dass dieses Areal […] immer eine glänzende Zukunft haben würde“. Damit ist aber lediglich die Einschätzung beschrieben, dass es sich um eine gute Immobilie handelte, nicht aber ein Vertrauen darauf, dass diese (jedenfalls in der Zukunft) auch einen den Aufwendungen entsprechenden Verkehrswert haben würde. Auf die entstehende Gesamtliegenschaft bezogene Verkehrswerteinschätzungen sind ihm bis zur Entscheidung über den Anteilsankauf in keiner Weise mitgeteilt worden. Es liegt auch fern, dass der Angeklagte J pauschal auf die Angaben im – um Genehmigung der Transaktion bittenden – Marktvotum der Beteiligungsvorlage vertraut haben könnte. Denn diese waren, wie ausgeführt, mit Blick auf den Verkehrswert – durch den geschäftserfahrenen Angeklagten J erkannt – gerade unzureichend und lückenhaft. Außerdem erkannte der Angeklagte J, dass das Marktvotum dabei im Hinblick auf die Flächen und den Mietansatz zudem von falschen Prämissen ausging.
2960Auch die ihm vom Zeugen L1 im Juni 2007 übermittelten Überlegungen und Unterlagen konnten zur Überzeugung der Kammer beim Angeklagten J, der dies in seiner Einlassung auch nicht behauptet hat, im Dezember 2008 kein Vertrauen in eine wirtschaftliche Ausgewogenheit des Anteilsübertragungsvertrages begründen. Denn die Ausführungen des Zeugen L1 hatten ersichtlich bereits keine Ermittlung des Verkehrswerts der Liegenschaft in der B-Straße im Blick, sondern sollten lediglich einen groben Vergleich von – seinerzeit allein geplanten – Mietbelastungen für SOP darstellen, der mit Blick auf die unterschiedlichen Flächenbezugsgrößen zudem erkennbar ungeeignet war. Auch war nicht einmal der Planungsstand im Juni 2007 mit dem im Dezember 2008 vergleichbar. War im Juni 2007 noch eine auf eine Gesamtmietfläche (BGF inkl. vier Untergeschosse unter dem Neubau) von 25.444 m2 bezogene Miete von 27,50 € pro m2 vorgesehen, war in der – dem Beschluss zur Anteilsübertragung vorausgehenden – Entscheidungsvorlage des Angeklagten E vom 4. November 2008 ein Mietansatz von bereits 30 € pro m2 bezogen auf eine Gesamtmietfläche von nur 20.944 m2 (BGF inkl. zwei Untergeschosse unter dem Neubau) vorgesehen. Hinzu kommt, dass der Mietmarkt in Frankfurt durch die Finanzkrise zwischen Juni 2007 und Dezember 2008 auch für den Angeklagten J auf der Hand liegend eine nachteilige Entwicklung erfahren hatte. Die Kammer schließt unter Berücksichtigung dieser Umstände aus, dass dieser bei seiner Entscheidung für die Anteilsübertragung mit Blick auf die Angaben des Zeugen L1 aus dem Juni 2007 auf ein Ausbleiben eines Vermögensnachteils für SOP vertraut haben könnte.
2961Auch die Tatsache, dass der Angeklagte E seine GbR-Anteile bzw. diejenigen seiner Ehefrau nur widerstrebend auf das Bankhaus übertrug, vermochten zur Überzeugung der Kammer kein Vertrauen des Angeklagten J (wie auch des Angeklagten K) auf eine zu den Aufwendungen in einem angemessenen Verhältnis stehende Werthaltigkeit der Anteile auch im Vermögen von SOP zu begründen. Denn die positive Einschätzung des Projekts durch den Angeklagten E gründete ja – auch für den geschäftserfahrenen Angeklagten J offensichtlich – vor allem auf dem in Aussicht genommenen, aus Sicht des Angeklagten E rentierlichen langfristigen Mietvertrag mit SOP. Die hieraus zu generierenden (Overrent-)Erträge waren mit Blick darauf, dass die Miete von SOP selbst aufzubringen gewesen wäre, aber kein Umstand, der gesamtbetrachtend auch das Vermögen von SOP zu mehren geeignet gewesen wären. Dass dem Angeklagten J diese offensichtlichen Umstände verborgen geblieben sein könnten, schließt die Kammer aus.
2962Mit Blick auf deren jeweilige offensichtliche Ungeeignetheit als „Vertrauensgrundlage“ und die sich ihm demgegenüber aufdrängenden „Warnsignale“ schließt die Kammer auch aus, dass der Angeklagte J auf Grund einer Gesamtschau der genannten Umstände auf ein Ausbleiben des Vermögensnachteils vertraut haben könnte.
2963Dass der Angeklagte J trotz seiner Stellung als persönlich haftender Gesellschafter den Vermögensnachteil für SOP billigend in Kauf nahm, lässt sich auch und gerade betreffend seine Person schlüssig mit dem nach den Feststellungen vorrangig verfolgten Ziel, die Gesellschafterkredite nicht weiter ansteigen zu lassen bzw. sogar zu reduzieren, erklären. Gerade der Angeklagte J war nach der Ressortverteilung für den Umgang des Bankhauses mit der CSSF verantwortlich. Die Verhinderung einer – nach dem X1-Unterstützungs-Wochenende – weiteren Verschlechterung des Verhältnisses zur luxemburgischen Aufsicht war gerade auch für ihn persönlich daher von herausgehobener Bedeutung. Es drängt sich für die Kammer daher auf, dass der Angeklagte J bereit war, eher in die Zukunft gerichtete und an sich unerwünschte Vermögensnachteile für SOP in Kauf zu nehmen, um durch die Anteilsübertragung sofort und unmittelbar eine weitere Erhöhung der Gesellschafterkredite zu vermeiden bzw. diese sogar zu reduzieren und somit andernfalls zeitnah drohenden Schwierigkeiten mit der CSSF entgegenzuwirken.
2964Nach einer Gesamtwürdigung dieser Umstände ist die Kammer vom Vorliegen des voluntativen Vorsatzelements auch beim Angeklagten J überzeugt.
(dd) Angeklagter P
2965Die Kammer ist schließlich davon überzeugt, dass auch der – dies, wie oben (I., (3)) näher ausgeführt, bestreitende – Angeklagte P es in Kauf nahm, dass die mit der Anteilsübernahme für SOP verbundenen Aufwendungen den anteiligen Verkehrswert der entstehenden Gesamtliegenschaft (auch in Zukunft) übersteigen würden. Denn nach den festgestellten Umständen ist auszuschließen, dass er trotz erkannter Möglichkeit auf ein Ausbleiben eines Vermögensnachteils vertraut haben könnte.
2966Es ist schon dargelegt worden (vgl. insb. oben (1), (a) und (2), (a)), dass der Inhalt der Beteiligungsvorlage gerade nicht geeignet war, beim Angeklagten P ein Vertrauen in die wirtschaftliche Ausgewogenheit der Transaktion hervorzurufen. Auch sonst sind Umstände, auf deren Grundlage der Angeklagte P auf ein Ausbleiben des als möglich erkannten Vermögensnachteils fest vertraut haben könnte, nicht festgestellt worden. Gleichwohl stimmte auch er der für das Vermögen von SOP erkanntermaßen gefährlichen Anteilsübertragung nach den Feststellungen ohne jede Rückfrage oder sonstige gefahreindämmende Maßnahme zu, ohne sie im Vorfeld oder Nachgang einer Erörterung in den Bankgremien zuzuführen. Obwohl ihm die Überlegungen zu einer Übernahme von GbR-Anteilen in die Bank erstmals mit dem Erhalt der SOP-Beteiligungsvorlage überhaupt bekannt wurden, klärte er nicht einmal die – der Beteiligungsvorlage nicht zu entnehmenden – Hintergründe hierfür auf, sondern stimmte dem Vorgang schlicht zu. Auch die in der Beteiligungsvorlage erwähnten Planungsänderungen nahm der Angeklagte P nicht zum Anlass für Rückfragen. Dieses – ungewöhnliche – Verhalten lässt für die Kammer erkennen, dass der Angeklagte P, dem die Problematik der Gesellschafterkredite jedenfalls mit Blick auf die CSSF nicht bekannt war, bereit war, im Zusammenhang mit dem Projekt B-Straße im Dezember 2008 letztlich alles ohne nähere Befassung „durchzuwinken“.
2967Diese innere Haltung, die zur Überzeugung der Kammer nach Würdigung der Gesamtumstände auch die Inkaufnahme von – an sich unerwünschten – Vermögensnachteilen einschloss, lässt sich mit der Situation des Angeklagten P innerhalb der Partnerschaft im Dezember 2008 erklären. Er war Leiter des Bereichs Investment Banking. Dieses war schwer in die Krise geraten. Gerade auch der Angeklagte P wurde dafür und die maßgeblich hierauf zurückzuführende Schieflage der Bank verantwortlich gemacht. Es bestanden schon konkrete Überlegungen zu seiner Ablösung. Erst kurz zuvor hatte er erlebt, wie er am Wochenende der X1-Stützungsmaßnahmen von seinen Partnern lange Zeit „außen vor“ gehalten wurde. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte P in dieser Lage bei dem schon mit Blick auf den GbR-Gesellschafterkreis die größten Familienstämme in besonderem Maße betreffenden Thema B-Straße schlicht nicht das Rückgrat hatte, gegenüber den anderen persönlich haftenden Gesellschaftern, die in diesen Vorgang enger eingebunden waren, auf bestehende Bedenken hinzuweisen und Widerstand zu leisten, er vielmehr – um keine weitere Isolierung zu riskieren und auch mit Blick auf künftige mögliche Ausscheideverhandlungen und -vereinbarungen – den „Weg des geringsten Widerstandes“ wählte und dem Vorgang – auch unter gleichgültiger Inkaufnahme eines Vermögensnachteils für das Bankhaus – zustimmte. Dies aber erfüllt das voluntative Vorsatzelement.
L. Feststellungen zur Besprechung bei der CSSF vom 19. Dezember 2008 (Teil 1, E., IV., (1))
2968Die Feststellungen zu der Besprechung vom 19. Dezember 2008 beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Besprechungsprotokoll der CSSF hierzu. Anhaltspunkte dafür, dass die Gesprächsinhalte in diesem durch den – an der Besprechung teilnehmenden – Zeugen T15 unterzeichneten Protokoll inkorrekt widergegeben worden sein könnten, hat die Hauptverhandlung nicht erbracht. Dass für den 19. Dezember 2008 eine Besprechung der CSSF mit dem Angeklagten J tatsächlich avisiert war, ergibt sich aus der E-Mail des Zeugen C6 an den Zeugen G2 vom 10. Dezember 2008 (s. Teil 1, E., III., (19)). Der Zeuge Q3 sowie die von Seiten der CSSF als Besprechungsteilnehmer aufgeführten ZeugenZ6, C8 und T15 haben sich an die Besprechung nicht konkret zu erinnern vermocht. Der Angeklagte J hat sich zu ihr – und damit auch zu seiner protokollierten Angabe des angeblichen Kaufinteresses eines Ärzte-Fonds – nicht erklärt.
LI. Feststellungen zu den von der schwierigen Lage des Bankhauses geprägten Gremiensitzungen Ende 2008 (Teil 1, E., IV., (2))
2969Die hierauf bezogenen Feststellungen beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Protokollen (betreffend den Aufsichtsrat der KGaA nebst Tischvorlage) zu den bezeichneten Gremiensitzungen.
2970Die Modalitäten der Umsetzung der Kapitalerhöhung hat die Kammer dem auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten H8-Bericht aus dem Oktober 2009 sowie dem ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Q41-Bericht über die Prüfung der Kreditvergabe des Bankhauses an die Aktionäre bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter aus Juni 2009 entnommen. Dass bis Ende 2008 von der beschlossenen Kapitalerhöhung erst 50 Mio. € eingezahlt wurden, wird auch bestätigt durch den Inhalt des in die Hauptverhandlung eingeführten Protokolls der Aktionärs- und Gesellschafterpoolversammlung vom 27. April 2009, in der dies im Rahmen der Erörterung des Jahresabschlusses 2008 ausdrücklich festgehalten wurde. Auch der Zeuge Q3 hat diesen Umstand bestätigt und darauf hingewiesen, dass die nicht sofortige vollständige Einzahlung der Kapitalerhöhung zu einer „Verunsicherung“ der CSSF dahingehend geführt habe, „ob die Aktionäre/phG über die nötigen Mittel für die Kapitalerhöhung verfügen würden“.
2971Die Feststellungen zur Umsetzung des Verkaufs des ausgegliederten X23-Geschäfts der X28-Bank beruhen auf den sich ergänzenden Angaben hierzu im H8-Bericht aus dem Oktober 2009, im Q41-Bericht über die Prüfung der Kreditvergabe des Bankhauses an die Aktionäre bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter aus Juni 2009 sowie dem ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Protokoll der Sitzung des Aufsichtsrats der SCA vom 20. April 2009.
2972Die Feststellungen zum Weihnachtsbrief des Angeklagten K beruhen auf dessen Einführung in die Hauptverhandlung.
LII. Feststellungen zum Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2008 (Teil 1, E., IV., (3))
2973Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf der Einführung der testierten Lageberichte und Jahresabschlüsse von SOP zum 31. Dezember 2007 und 2008 in die Hauptverhandlung. Ergänzend hat sich die Kammer zur Entwicklung der wirtschaftlichen Situation des Bankhauses bis Ende 2008 durch den Sachverständigen Prof. Dr. A3 beraten lassen. Dieser hat die Verfahrensakten, hier insbesondere die Lageberichte und Jahresabschlüsse von SOP für die Jahre 2005 bis 2010, die Q41-Prüfberichte zu den Jahresabschlüssen für die Jahre 2007 bis 2009, den H8-Bericht aus dem Jahr 2009, zahlreiche Gremienprotokolle (nebst Tischvorlagen), Risk Management Monatsberichte und Präsentationen betreffend das Projekt „V7“ ausgewertet sowie an zahlreichen Zeugenvernehmungen teilgenommen, die die wirtschaftliche Situation des Bankhauses zum Gegenstand hatten. Auf dieser Grundlage hat er der Kammer u.a. die festgestellten Entwicklungen dargelegt und im Einzelnen erläutert. Seine Ausführungen waren stets konkret belegt, in sich schlüssig und ohne Einschränkung nachvollziehbar. Sie fügen sich auch in das in der Hauptverhandlung insbesondere durch die Zeugen T7, V2, V1 und C4 sowie die eingeführten Gremienprotokolle vermittelte Gesamtbild nahtlos ein. Die Kammer ist daher nach eigener kritischer Überprüfung von der Richtigkeit der Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. A3 überzeugt.
2974Die Feststellungen zur Bilanzierung der Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße beruhen auf den Angaben des auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Prüfberichts der Q41 zum Jahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2008. Die verantwortlichen Unterzeichner dieses Prüfberichts, die Zeugen V1 und C4, haben übereinstimmend bekundet, durch ihr (25- bis 30-köpfiges) Prüfungsteam nicht auf Probleme oder Diskussionen hinsichtlich des bilanziellen Ansatzes der GbR-Anteile hingewiesen worden zu sein.
LIII. Feststellungen zu den weiteren Konkretisierungen der Kosteneinsparmaßnahmen im Bereich Investment Banking (Teil 1, E., IV., (4))
2975Die Feststellungen zu den weiteren Konkretisierungen der Kosteneinsparmaßnahmen beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Folien zur Präsentation der Zeugen F1 und H1 vom 7. Januar 2009, zu denen diese erläuternd und ergänzend im Sinne der Feststellungen bekundet haben, dem in die Hauptverhandlung eingeführten Protokoll zur Geschäftsführungssitzung der SCA vom 27. Januar 2009 sowie dem in Auszügen eingeführten Foliensatz der in dieser Sitzung durch den Mitarbeiter Z27 gehaltenen Präsentation.
2976Den festgestellten Stand der Planungen im Januar 2009 betreffend den Bereich Investment Banking sowie den Beginn von deren Umsetzung hat der Angeklagte P im Zusammenhang mit der Vernehmung der Zeugen F1 und H1 bestätigt. Soweit er dabei – wie in der Darstellung der Einlassungen der Angeklagten (oben I., (4)) näher beschrieben – allerdings behauptet hat, letztlich sei tatsächlich ein deutlich geringerer Mitarbeiterabbau als geplant in Frankfurt erfolgt und dafür verstärkt in der Schweiz realisiert worden, hält die Kammer dies für widerlegt. Die Hauptverhandlung hat für Derartiges keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Die übrigen Angeklagten haben solche Angaben nicht gemacht. Die mit dieser Thematik intensiv befassten Zeugen F1 und H1 haben übereinstimmend angegeben, dass die Anfang 2009 im Bereich des Investment Banking geplanten – und ganz maßgeblich den Standort Frankfurt betreffenden - Maßnahmen im Wesentlichen auch tatsächlich so umgesetzt worden seien. Der Zeuge F1 hat auf ausdrückliche Nachfrage erklärt, sich nicht daran zu erinnern, dass letztlich mehr Stellen in der Schweiz abgebaut worden seien als ursprünglich geplant. Die Maßnahmen seien vielmehr so, wie Ende 2008 / Anfang 2009 „überlegt und festgelegt an die Implementierungsphase gebracht“ worden. Der Zeuge H1 hat ganz in diesem Sinne bekundet, dass „letztlich in der Investment Bank in Frankfurt so etwa 100 Mitarbeiter freigesetzt“ worden seien. Er hatte sogar eine den Angaben des Angeklagten P diametral entgegenstehende Erinnerung, wonach es in Österreich und der Schweiz „wahnsinnig schwierig“ gewesen sei, Stellen abzubauen. Wörtlich hat der Zeuge hierzu bekundet: „Ich glaube, in Frankfurt wurde doch ein großer Teil der Mitarbeiter tatsächlich so abgebaut, in den Auslandsfilialen, meine ich, nicht in dem Umfang“. Der Handelsraum in der Untermainanlage sei nach diesen Maßnahmen „halb leer“ gewesen. Gerade diese plastischen Erinnerungen des – bis November 2010 selbst im Bereich Investment Banking tätigen – Zeugen H1 erachtet die Kammer als zuverlässig. Die Richtigkeit der – der Einlassung des Angeklagten P entgegenstehenden – Angaben der Zeugen F1 und H1 wird ferner dadurch bestätigt, dass der Angeklagte J ausweislich des in die Hauptverhandlung eingeführten Protokolls der Sitzung des Aufsichtsrats der SCA vom 10. Juli 2009 im Zuge von Nachfragen betreffend den Personalabbau darüber berichtete, „dass bisher in Frankfurt etwa 100 freiwillige Auflösungsvereinbarungen unterzeichnet“ worden seien. Der Zeuge H1 hat sich hierzu und passend zu einem in die Hauptverhandlung eingeführten Schreiben des Frankfurter Betriebsrats vom 22. Januar 2009, aus dem sich dessen Befassung mit den geplanten Personalmaßnahmen ergibt, auch konkret daran erinnert, dass der Personalabbau in Frankfurt im Wesentlichen über Auflösungsverträge realisiert worden sei.
LIV. Feststellungen zur weiteren Umsetzung des Planungsstandes aus dem Dezember 2008 durch Erstellung neuer BQA und Einreichung eines neuen Bauantrages (Teil 1, E., IV., (5))
2977Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf der Einführung der neuen BQA in die Hauptverhandlung und den Angaben der Zeugen aus der Abteilung Facility Management des Bankhauses ( G4, M3 und L1) sowie des Zeugen T13. Sie haben übereinstimmend bekundet, dass die erste Hälfte des Jahres 2009 davon geprägt gewesen sei, den Planungsstand aus dem Dezember 2008 unter weiterer Einbringung der Erfordernisse von SOP konkret umzusetzen. Neue planerische Vorgaben durch die persönlich haftenden Gesellschafter oder von anderer Stelle habe es insoweit nicht gegeben. Hierfür hat die Hauptverhandlung auch im Übrigen keine Anhaltspunkte erbracht. Kein Angeklagter hat von Derartigem berichtet. Die Angeklagten O und P haben vielmehr eigene Einflussnahmen auf die weitere Planung des Objekts ausdrücklich verneint.
2978Den Zeitpunkt des neuen Bauantrages hat die Kammer einem verlesenen Zeitstrahl des Zeugen T13 entnommen, deren Angabe hierzu auch durch das in die Hauptverhandlung eingeführte Wertgutachten des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1 bestätigt wird.
2979Den Zeitpunkt des Beginns der Abrissarbeiten hat die Kammer den in die Hauptverhandlung eingeführten Rechnungen des Abbruchunternehmens entnommen, deren Angaben sich in die Schilderungen des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1 zum Zustand der Liegenschaft im Zeitpunkt seiner Besichtigung des Objekts einfügen.
LV. Feststellungen zum zunächst fehlenden Mietvertrag zwischen der GbR und SOP hinsichtlich der in der „H11“ genutzten Flächen nach dem Besitzübergang (Teil 1, E., IV., (6))
2980Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf der Einführung der genannten Schreiben in die Hauptverhandlung sowie den ergänzenden Angaben der Zeugen G4, M3 und L1. Insbesondere Letzterer hat die Annahme einer eigenen Zuständigkeit seiner Abteilung für die vorübergehende mietvertragliche Regelung hinsichtlich der „H11“-Flächen geschildert.
2981Die Vorstellungen des Angeklagten E zum Abschluss eines Mietvertrages bereits für die gesamte B-Straße 23 hat die Kammer dem in die Hauptverhandlung eingeführten Entwurf einer Entscheidungsvorlage der Grundstücksgesellschaft vom 6. Februar 2009 entnommen. Seine im Jahr 2009 fortbestehende Vorstellung einer künftigen Gesamtanmietung der Liegenschaft durch SOP zu den Ende 2008 in Aussicht genommenen Konditionen hat der Angeklagte E in der Hauptverhandlung auch ausdrücklich geschildert.
LVI. Feststellungen zu den weiteren Einlagen von SOP in die GbR bis Ende 2009 (Teil 1, E., IV., (7))
2982Die Feststellungen zu den weiteren Einlagen von SOP bis Ende 2009 beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Anforderungsschreiben des Angeklagten E sowie einem gleichfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Zahlungsplan der Grundstücksgesellschaft. Die festgestellten Zahlungen von SOP sind auch in dem verlesenen Vermerk des Zeugen Y2, der mit ihm in der Hauptverhandlung erörtert und dessen Inhalt von ihm bestätigt worden ist, aufgeführt. Dass dabei in der Abteilung des Zeugen L2 zu keinem Zeitpunkt die Wirksamkeit der Anteilsübertragung hinterfragt wurde, hat die Kammer dessen glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung entnommen.
2983Die Feststellungen zum Zustand der Liegenschaft im November 2009 beruhen auf den Angaben des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1, der das Grundstück am 16. November 2009 besichtigte, in der Hauptverhandlung sowie in seinem eingeführten Wertgutachten.
LVII. Feststellungen zur Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA zu den Gesellschafterkrediten bis April 2009 (Teil 1, E., IV., (8))
2984Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Schriftverkehr, den Angaben des CSSF-Behördenberichtes sowie denjenigen des Zeugen T15. Die – ihm vermittelte – Sorge der CSSF gerade mit Blick auf die im Jahr 2008 erst in Höhe von 50 Mio. € tatsächlich eingezahlte Kapitalerhöhung hat ergänzend der Zeuge Q3 geschildert.
LVIII. Feststellungen zu den Plänen zur Veräußerung von Bankimmobilien (Teil 1, E., IV., (9))
2985Die hierauf bezogenen Feststellungen beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Entscheidungsvorlagen vom 26. März 2009, die zu einem gleichfalls eingeführten Vermerk über eine Besprechung vom 26. März 2009 passen, sowie den deren Inhalt bestätigenden Angaben insbesondere der Angeklagten E und J. Auch die übrigen Angeklagten sowie der Zeuge L1 haben im Jahr 2009 verfolgte Überlegungen der eigenkapitalstärkenden Veräußerung von Bankimmobilien geschildert. Diese lassen sich auch in die Hauptverhandlung eingeführtem bankinternen E-Mail-Verkehr des Angeklagten J mit den Zeugen L1 und T7 aus April und Mai 2009 entnehmen.
LIX. Feststellungen zu den Folgen des Insolvenzantrags der X1 AG (Teil 1, E., IV., (10))
2986Die Feststellungen zum Drängen der BaFin auf den Einschuss von zusätzlichem Eigenkapital bei SOP nach dem Insolvenzantrag der X1 AG beruhen auf den Angaben der Zeugin N7, die zu diesem Zeitpunkt die für SOP zuständige Abteilungsleiterin der BaFin war.
2987Die festgestellten Auswirkungen der Maßnahmen zur Stärkung des Bankhauses auf den Aktionärs-/Gesellschafterpool bzw. deren Mitglieder hat die Kammer dem Inhalt eines in die Hauptverhandlung eingeführten Schreibens der Q41 an die BaFin vom 11. Juni 2009, den Angaben im H8-Bericht sowie den Ausführungen im Q41-Bericht betreffend die Kreditvergabe der SCA an die Aktionäre bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter entnommen. Die zum Zwecke dieser Maßnahmen erfolgte weitgehende Verpfändung der SCA-Anteile hat auch der Zeuge G2 geschildert.
2988Die – auch von der Zeugin N7 bekundete – Tatsache, dass vor diesem Hintergrund weitere Möglichkeiten für den bestehenden Gesellschafterkreis zu einer weiteren Unterstützung des Bankhauses nicht bestanden, haben die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses in einem in die Hauptverhandlung eingeführten Schreiben an die BaFin vom 11. Juni 2009 beschrieben: „Die Risikotragfähigkeit im Going Concern bedarf aus heutigere Sicht – trotz aller Maßnahmen – einer zusätzlichen Stärkung. Diese Stärkung kann aus unserer Sicht insbesondere vor dem Hintergrund der bereits 2008 und 2009 von dem derzeitigen Gesellschafterkreis des Bankhauses erbrachten, substantiellen Kapitalien nur von außen erfolgen“. Dieser Umstand sowie der festgestellte Verlauf der Verhandlungen mit der V11 ergeben sich auch aus den zahlreichen Gremiensitzungen aus dieser Zeit, deren Protokolle in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. So führte etwa ausweislich des Protokolls der Sitzung des Aktionärsausschusses vom 4. Juli 2009 der Zeuge Ob in diesem Zusammenhang aus, dass es „keine Alternative zur Aufnahme eines großen Investors“ gebe.
2989Die Feststellungen zum Zeitpunkt und Inhalt des unverbindlichen Übernahmeangebots der V11 beruhen auf dessen Einführung in die Hauptverhandlung.
LX. Feststellungen zum Q41-Bericht über die Gesellschafterkredite und die Reaktion der CSSF hierauf (Teil 1, E., IV., (11))
2990Die hierauf bezogenen Feststellungen beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Schriftverkehr der CSSF mit der SCA sowie dem gleichfalls eingeführten Q41-Bericht vom 26. Juni 2009. Die festgestellten Inhalte sind auch durch den CSSF-Behördenbericht bestätigt worden.
LXI. Feststellungen zum letztlich abgeschlossenen Mietvertrag zwischen der GbR und SOP hinsichtlich der in der „H11“ genutzten Flächen (Teil 1, E., IV., (12))
2991Die Feststellungen zu dem Gespräch vom 7. Juli 2009 beruhen auf einem in die Hauptverhandlung eingeführten Aktenvermerk über dieses Gespräch, einem gleichfalls eingeführten Schreiben des Angeklagten E an den Angeklagten K vom 28. Juli 2009, das auf dieses Gespräch Bezug nimmt, sowie den Angaben der Zeugen L1 und G4. Beide Zeugen haben bestätigt, dass es in dieser Zeit zu einem Gespräch über die im Aktenvermerk genannten Inhalte gekommen sei. Die Hintergründe für die Vorgaben des Bankhauses betreffend den Mietvertrag über die von SOP in der B-Straße 23 bereits genutzten Flächen hat der Zeuge L1 plastisch („die Bank musste heiratsfähig gemacht werden“) beschrieben.
2992Der letztlich abgeschlossene Mietvertrag ist in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Die Unterzeichnung des Mietvertrages für das Bankhaus durch den Angeklagten K und dessen vorherige Freigabe durch den Angeklagten J hat Letzterer wie festgestellt bestätigt. Diese Umstände ergeben sich auch aus einer in die Hauptverhandlung eingeführten handschriftlichen Notiz des Angeklagten J vom 16. September 2009.
2993Die Feststellungen zum erfolgreichen Hinwirken des Angeklagten E auf ein Herausstreichen der Flächenangaben im Mietvertrag mit SOP beruhen auf einem in die Hauptverhandlung eingeführten Schreiben des Angeklagten E vom 26. August 2009, dessen Anlage die Änderungswünsche im sog. „Korrekturmodus“ ausweist, einer gleichfalls eingeführten Telefonnotiz der Grundstücksgesellschaft vom 2. September 2009 sowie einem ebenfalls eingeführten Schreiben des Angeklagten E an SOP vom 2. September 2009.
2994Die Feststellungen zur Fremdvermietungssituation im „H11“-Gebäude beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Mietverträgen.
LXII. Feststellungen zu den ersten Verkehrswertermittlungen für die Liegenschaft im zweiten Halbjahr 2009 (Teil 1, E., IV., (13))
2995Die Feststellungen zum Hintergrund für die Beauftragung des ZeugenP1 mit einer ersten Wertermittlung beruhen auf den Angaben des Zeugen L2, die durch den Inhalt des in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail-Verkehrs im Bankhaus aus August 2009 betreffend die Nachfragen der H8-Prüfer bestätigt werden.
2996Die Feststellungen zur Wertermittlung durch den ZeugenP1 beruhen auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung, die durch das in die Hauptverhandlung eingeführte, von ihm erstellte und auf optischen Vorhalt wiedererkannte Wertermittlungsdokument vom 24. September 2009 sowie eine ebenfalls eingeführte Notiz des Zeugen vom 2. Dezember 2009 bestätigt werden. Seinen Irrtum hinsichtlich der vermietbaren Nutzfläche hat der Zeuge glaubhaft damit erklärt, die Angabe von 19.866 m2 ohne nähere Prüfung der in der Abteilung des Zeugen L2 geführten „Mastertabelle“ entnommen zu haben.
2997Die Feststellungen zum Hintergrund der Beauftragung des Zeugen Dr. Q9 mit einer weiteren Wertermittlung beruhen auf den Angaben des Zeugen L2. Dessen Angabe, wonach eine durch die V11 im Rahmen der Due Diligence durchgeführte Wertermittlung einen Verkehrswert der fertiggestellten Gesamtliegenschaft in Höhe von nur rund 50 Mio. € erbrachte, wird durch den Inhalt einer auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Notiz eines SOP-Mitarbeiters vom 8. Januar 2010 („Sonderuntersuchung Immobilien“) bestätigt.
2998Die Feststellungen zur Durchführung, zum Ergebnis und zu den Folgen der Wertermittlung durch den Zeugen Dr. Q9 beruhen auf dessen Angaben, die durch den Zeugen L2 bestätigt worden sind.
2999Die Feststellungen zur Verkehrswertermittlung durch den sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1 beruhen auf der Einführung seines Gutachtens als Urkunde in die Hauptverhandlung sowie dessen erläuternden Angaben hierzu.
LXIII. Feststellungen zum H8-Bericht (Teil 1, E., IV., (14))
3000Die Feststellungen beruhen auf der auszugsweisen Einführung des H8-Berichts in die Hauptverhandlung, zu dem der Zeuge Prof. Dr. M2 erläuternd bekundet hat.
LXIV. Feststellungen zur weiteren Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA zu den Gesellschafterkrediten bis Oktober 2009 (Teil 1, E., IV., (15))
3001Die Feststellungen hierzu beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Schriftverkehr der CSSF mit der SCA, dessen Inhalt auch durch den CSSF-Behördenbericht bestätigt wird.
LXV. Feststellungen zur zweiten Baugenehmigung (Teil 1, E., IV., (16))
3002Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf der Einführung der genannten Urkunden in die Hauptverhandlung.
LXVI. Feststellungen zum 3. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag (Teil 1, E., IV., (17))
3003Die Kammer hat den 3. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag in die Hauptverhandlung eingeführt und ihm den festgestellten Inhalt entnommen.
LXVII. Feststellungen zum Ausscheiden der Angeklagten J und P aus dem Aktionärs- und Gesellschafterpool und zur Übernahme des Bankhauses durch die V11 (Teil 1, E., IV., (18))
3004Die Feststellungen zum Ausscheiden der Angeklagten J und P aus den Pools und den dazu geführten Erörterungen in den Gremien der SCA und der KGaA beruhen auf den Angaben der Angeklagten K, O und P, letzteren, soweit diesen gefolgt werden konnte, sowie den eingeführten Sitzungsprotokollen des Aktionärsausschusses sowie der Poolversammlungen vom 4. bzw. 5. August 2009. Die Angeklagten K und O haben hierzu übereinstimmend angegeben, sowohl sie als auch die Mitglieder der Gremien bzw. der Pools seien von der Forderung der Angeklagten J und P überrascht und überrumpelt gewesen. Wesentliche Teile des Gesellschafterkreises seien verärgert gewesen. Die Angeklagten J und P hätten den „Hebel“ zu nutzen gewusst, die Verhandlungen mit der V11 anderenfalls nicht zielführend fortzusetzen und sich dem Verkauf zu widersetzen. Sie (K und O) hätten sich unter Druck gesetzt gefühlt, zumal die Forderung der Angeklagten unmittelbar vor dem Abschluss der Verhandlungen aufgekommen und dabei allen Beteiligten klar gewesen sei, dass „der Deal ansonsten nicht zustande kommt“. Beide, K und O, seien damals von J und P „tief enttäuscht“ und „schwer verärgert“ gewesen. Nach inzwischen gut sechs Jahren sei aber „der Groll“ darüber „verflogen“. Das Ausscheiden sei ja dann schließlich auch von allen mitgetragen worden. Man habe sich jetzt damit abgefunden und keine Ressentiments mehr.
3005Soweit der Angeklagte P entgegen den Einlassungen K und O angegeben hat, die V11 habe sein Ausscheiden sowie dasjenige des Angeklagten J aus dem Aktionärspool „erwartet“, ergibt sich bereits aus der vom Angeklagten P zitierten Anrede im Schreiben der V11 vom 24. Juli 2009 nicht, dass die V11 ein vorzeitiges Ausscheiden von Nicht-Familienmitgliedern erwartete. Vor diesem Hintergrund hätten ansonsten auch alle Poolmitglieder, die lediglich zu den sogenannten „Gruppen“ gehörten (vgl. oben Teil 1, C., I., (2), (a)), vorzeitig ausscheiden müssen. Letztlich konnte es der V11 bei der Übernahme auch gleichgültig sein, wessen Anteile sie übernehmen würde. Angesichts des ausdrücklichen Fortbestehens ihrer Stellung als persönlich haftende Gesellschafter (wozu sie zunächst eine Aktie der SCA behielten) änderte sich durch die Aktienübertragung zudem zunächst nichts an der Stellung der Angeklagten P und J als Bankleiter. Vor allem aber ist die Angabe des Angeklagten P widerlegt, der Zeuge Ob habe es begrüßt, dass er (P) und J mit ihrem Ausscheiden (gegen eine Abfindung) den Weg für eine Entscheidung der Familienmitglieder zu Gunsten der V11 „frei“ machten. Abgesehen davon, dass bereits die vom Angeklagten P verwendete Formulierung, den Weg „frei zu machen“, gut mit dem von den Angeklagten K und O beschriebenen „Hebel“ in Einklang zu bringen ist, P und J hätten sich anderenfalls einem Verkauf an die V11 widersetzt (den Weg also gerade nicht „frei“ gemacht), ist für die Sitzung vom 4. August 2009 sogar ausdrücklich protokolliert, dass der Zeuge Ob mit Blick auf die Forderung nach einem kurzfristigen Ausscheiden der beiden Partner erklärt hat, er sei „überrascht“, dass „die Kapitäne vorzeitig von Bord“ gehen wollten. Gegen die Richtigkeit des vom Zeugen Dr. T4 erstellten und vom Zeugen Ob unterzeichneten Protokolls hat der Angeklagte P nichts vorgebracht. Damit erfahren die Angaben der Angeklagten K und O weitere Unterstützung und Verfestigung. Dass die Angeklagten P und J in der Aktionärsausschusssitzung vom 4. August 2009 und den Mitgliederversammlungen am 5. August 2009 den „Hebel“ offen ausgespielt und angekündigt hätten, andernfalls einem Verkauf nicht zuzustimmen, haben die Angeklagten K und O zu keiner Zeit behauptet.
3006Dass sie inzwischen keine Ressentiments mehr gegen J und P hegen, haben die Angeklagten K und O zur Überzeugung der Kammer glaubhaft erklärt und zum Ausdruck gebracht. Beide Angeklagten haben im Rahmen ihrer Geständnisse – auch betreffend den Komplex B-Straße – keine Belastungstendenz betreffend die Angeklagten J und P aufgewiesen. Vielmehr haben sie sich sogar eher – für die Kammer teilweise nur schwer nachvollziehbar – dahin eingelassen, in einigen Punkten mit dem Angeklagten P gerade nicht gesprochen zu haben oder die Frage nach ihren Gesprächspartnern ausdrücklich offen gelassen. So erscheint es der Kammer mit Blick auf die Zuständigkeit des Angeklagten P für das Investment Banking ausgesprochen ungewöhnlich, dass weder der Angeklagte K noch der Angeklagte O jemals mit dem Angeklagten P über den Entfall des Handelsraums, der praktisch das „Herzstück“ dessen Abteilung darstellte, gesprochen oder diesen Umstand mit ihm diskutiert hat. Ähnliches gilt für die Bedenken der Aufsicht in Bezug auf die Gesellschafterkredite. Auch hier haben beide Angeklagten erklärt, hierüber mit dem Angeklagten P nicht gesprochen zu haben. Schließlich haben beide Angeklagten – wenn sie sich an einen Gesprächspartner nicht mehr exakt erinnern konnten – dies deutlich zum Ausdruck gebracht (so z.B. der Angeklagte O betreffend seine erstmalige Einbindung in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus „J, K oder G2 haben mich angesprochen“).
3007Den Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung mit der V11 hat die Kammer den Angaben des auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Prüfberichts der luxemburgischen Q41 Audit S.à.r.l. zum Konzernabschluss der SCA zum 31. Dezember 2009 entnommen.
3008Die Feststellungen zu den mit der Übernahme des Bankhauses auf der Ebene der SCA einhergehenden Veränderungen beruhen auf den Angaben des auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Lageberichts und Jahresabschlusses der SCA zum 31. Dezember 2009.
3009Die Feststellungen zu den auf Ebene der KGaA eingetretenen Veränderungen hat die Kammer einem in die Hauptverhandlung eingeführten Handelsregisterauszug sowie den Angaben des auszugsweise eingeführten Lageberichts und Jahresabschlusses von SOP zum 31. Dezember 2009 und des ebenfalls in Auszügen in die Hauptverhandlung eingeführten Q41-Prüfberichts hierzu entnommen. Dass die V11 seit dem Abschluss der Rahmenvereinbarung bereits vor der formellen Übernahme des Bankhauses faktischen Einfluss auf dessen Geschäfte nahm, hat der Zeuge L1 im Sinne der Feststellungen und in Bestätigung entsprechender Angaben des Angeklagten J bekundet.
3010Die Einrichtung und Funktionsweise des „Earn-Out“-Systems hat der Kammer der Zeuge Dr. Z7 vermittelt, der betreffend die Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße als Vertreter der Altgesellschafter des Bankhauses hiermit unmittelbar befasst war.
3011Die Feststellungen zur Veräußerung wesentlicher Teile des Investment Bankings von SOP noch im Jahr 2009 hat die Kammer den Angaben des auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Prüfberichts der luxemburgischen Q41 Audit S.à.r.l. zum Konzernabschluss der SCA zum 31. Dezember 2009 entnommen. Auch der Zeuge L4 hat dies bestätigt.
3012Die frühzeitig durch die V11 formulierte Bedingung einer Herauslösung der OEH aus der SOP-Gruppe hat die Kammer dem in die Hauptverhandlung eingeführten Protokoll der Sitzung des Aufsichtsrats von SOP vom 16. Oktober 2009 entnommen, in dem diese „Auflage von Seiten der V11“ bereits angesprochen wurde. Dass diese Auflage in der Folgezeit auch umgesetzt wurde, ergibt sich aus den Angaben des Zeugen Dr. C3 sowie einem in die Hauptverhandlung eingeführten Vermerk zu einer „Besprechung am 08.06.2010 […] in Sachen Abwicklung O jr. & Cie. AG & Co. KGaA ./. O-E Holding GbR“.
LXVIII. Feststellungen zu den Diskussionen über den Vollzug der Entscheidungsvorlagen zur Veräußerung von Bankimmobilien und das Bestehen von Abreden über eine Anmietung der Gesamtliegenschaft durch SOP (Teil 1, E., IV., (19))
3013Die Feststellungen zu den Diskussionen über den Vollzug der Entscheidungsvorlagen vom 26. März 2009 hat der Kammer in die Hauptverhandlung eingeführter Schriftverkehr zwischen dem Angeklagten E und dem Bankhaus vom 9. November und 15. Dezember 2009, ein ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführter Vermerk des Zeugen Dr. C3 vom 30. November 2009 sowie dessen Angaben in der Hauptverhandlung, die die Angaben der Angeklagten J und K hierzu bestätigt und ergänzt haben, vermittelt.
3014Die Feststellungen zu den Diskussionen über das Bestehen mietvertraglicher Abreden über die Gesamtliegenschaft beruhen auf der Einführung des in den Feststellungen näher bezeichneten Schriftverkehrs in die Hauptverhandlung sowie den deren Inhalt bestätigenden Angaben der Zeugen Dr. Q9 und Dr. C3.
3015Dass seitens der GbR bzw. einzelner Gesellschafter (insb. der Eheleute E) zu keinem Zeitpunkt wegen der unterbliebenen Anmietung der Gesamtliegenschaft durch SOP Ausgleichsansprüche gegen das Bankhaus verfolgt wurden, hat die Kammer vor allem den Angaben des Zeugen Dr. C3 entnommen. Dieser war bis Herbst 2010 Leiter der Rechtsabteilung von SOP, bis zu seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung im November 2013 weiter in dieser tätig und dabei maßgeblich mit „Abwicklungsthemen“ der Übernahme durch die V11 befasst. Er hat bekundet, dass die Frage derartiger Ansprüche zu keinem Zeitpunkt an ihn herangetragen worden sei. Hätte es eine konkrete Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen gegeben, wäre aber zu erwarten gewesen, dass dies den – mit rechtlichen Fragen betreffend das Projekt B-Straße in den Jahren 2009 und 2010 betrauten – Zeugen auch erreicht hätte. Auch im Übrigen hat die Hauptverhandlung keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass wegen des Nichtabschlusses eines Mietvertrages über die Gesamtliegenschaft Ausgleichsansprüche gegen das Bankhaus tatsächlich geltend gemacht worden sind.
LXIX. Feststellungen zur Abschreibung auf die Beteiligung der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2009 (Teil 1, E., IV., (20))
3016Die Feststellungen zum Vorgehen bei der Abschreibung beruht auf dem Inhalt einer in die Hauptverhandlung eingeführten, hierzu verfassten E-Mail (nebst Anhang) der mit diesen Vorgängen befassten Bankmitarbeiterin T14 vom 16. Dezember 2009. Sie hat dieses Vorgehen – ohne eigene Erinnerung an die konkreten Zahlen – auf Vorhalt dieser Dokumente zudem als Zeugin im Sinne der Feststellungen näher erläutert. Die tatsächliche Vornahme der von der Zeugin T14 berechneten Abschreibung, den neuen Buchwert der Anteile sowie die Beschreibung der Abschreibung durch die Q41 hat die Kammer dem auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Prüfbericht der Q41 zum testierten Jahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2009 entnommen.
LXX. Feststellungen zu den ersten Überlegungen zum weiteren Umgang mit der Liegenschaft nach der Übernahme des Bankhauses durch die V11 (Teil 1, E., IV., (21))
3017Die Feststellungen zu den ersten Überlegungen zum weiteren Umgang mit der Liegenschaft nach dem Eintritt der V11 beruhen auf den übereinstimmenden und sich ergänzenden Angaben der hiermit befassten Zeugen Prof. Dr. J2 und Dr. B2. Ihre Bekundungen werden gestützt und ergänzt durch den Inhalt eines in die Hauptverhandlung eingeführten Vermerks des Z4 über dessen Gespräch u.a. mit dem Zeugen Prof. Dr. J2 vom 26. April 2010.
3018Der Zeuge Prof. Dr. J2 hat auch die zunächst identifizierten, aus Sicht des Projektteams für eine Drittvermarkung vorzunehmenden Umplanungen wie festgestellt geschildert. Sie ergeben sich zudem aus einem in die Hauptverhandlung eingeführten, u.a. durch den Zeugen Prof. Dr. J2 unterzeichneten Schreiben an Z4 vom 14. Juni 2010 sowie einem gleichfalls eingeführten Ergebnisprotokoll einer Besprechung vom 18. Juni 2010. Auch der Zeuge Prof. Y4 hat die vom Projektteam gewünschten Planungsänderungen in ihrem Kern wie festgestellt geschildert.
3019Die Feststellung dazu, dass auch nach der Übernahme des Bankhauses durch die V11 das Problem einer möglichen Unwirksamkeit des Erwerbs der Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße durch SOP wegen Verstoßes gegen § 112 AktG nicht aufgeworfen wurde, beruhen auf den übereinstimmenden Angaben der Zeugen Dr. B2, Y2 und Dr. C3. Der Zeuge Dr. B2, dem die kaufmännische Betreuung des Projektes nach dem Eintritt der V11 oblag, hat bekundet, zu keinem Zeitpunkt Gespräche darüber wahrgenommen zu haben, dass der Vertragsschluss im Jahr 2008 unwirksam gewesen sein und eine Möglichkeit für SOP bestehen könnte, sich von ihm zu lösen. Der Zeuge hat hierzu ausgeführt: „Wir hatten sicherlich eine nach vorne gerichtete Diskussion, was mache ich mit dem Asset, wie verwerte ich es, nicht aber, was wurde in 2008 gemacht, das war nicht Gegenstand dieser Überlegungen“. Auch der Zeuge Y2, der ab dem Jahr 2010 als SOP-Mitarbeiter mit der Vermarktung der Liegenschaft in der B-Straße sowie den Zahlungsflüssen im Zusammenhang mit der GbR intensiv befasst war, hat bekundet, dass ihm gegenüber nie die rechtliche Wirksamkeit dieses Anteilsankaufs in Frage gestellt worden sei. Ihm sei „nicht bekannt, dass überlegt wurde, auf Grund einer Unwirksamkeit des Anteilserwerbs Zahlungen durch SOP einzustellen“. Auch der Zeuge Dr. C3 hat sich nicht an Diskussionen zu einer Unwirksamkeit des Anteilsankaufs durch SOP erinnert. Die Hauptverhandlung hat hierfür auch im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte erbracht.
3020Die Feststellungen zum bis zum 6. Juli 2010 gefassten Gesellschafterbeschluss beruhen auf dessen Einführung in die Hauptverhandlung.
LXXI. Feststellungen zu den weiteren Einlagen von SOP in die GbR bis Oktober 2010 und der Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 30. Juni 2010 (Teil 1, E., IV., (22))
3021Die Feststellungen zu den weiteren Einlagen von SOP in die GbR beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Anforderungsschreiben des Angeklagten E sowie einem gleichfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Zahlungsplan der Grundstücksgesellschaft. Die festgestellten Zahlungen von SOP sind auch in dem verlesenen Vermerk des Zeugen Y2 aufgeführt.
3022Die Feststellungen zum Buchwert der GbR-Anteile im Einzeljahresabschluss von SOP zum 30. Juni 2010 hat die Kammer dem auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Prüfbericht der Q41 zu diesem Abschluss entnommen.
LXXII. Feststellungen zur Konkretisierung der Umplanungen für die Liegenschaft (Teil 1, E., IV., (23))
3023Die Feststellungen hierzu beruhen auf dem von den Zeugen Prof. Dr. J2 und Dr. B2 bestätigten Inhalt des in die Hauptverhandlung eingeführten Protokolls der Sitzung des Vorstandes der O jr. & Cie. Komplementär AG und der erweiterten Geschäftsleitung von SOP vom 14. Oktober 2010.
LXXIII. Feststellungen zur Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2010 (Teil 1, E., IV., (24))
3024Die Feststellungen zum Buchwert der GbR-Anteile im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2010 hat die Kammer dem auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Prüfbericht der Q41 zu diesem Abschluss entnommen.
LXXIV. Feststellungen zu den letztlich durchgeführten Umplanungen und der Vermarktung der B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a (Teil 1, E., IV., (25))
3025Die Feststellungen zur von SOP gewählten Vermarktungsstrategie und den damit einhergehenden Maßnahmen beruhen auf den übereinstimmenden und sich ergänzenden Angaben der Zeugen Dr. B2, Prof. Dr. J2 und Prof. Y4.
3026Die Feststellungen zu den infolgedessen zwischen der GbR und der GEWG vereinbarten und von SOP letztlich auf die Grundstücksgesellschaft aufgewendeten Zahlungen beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Vermerk des Zeugen Y2 sowie den Rechnungen der GEWG aus November 2011 und 2012, dem E-Mail-Schriftverkehr des Zeugen Y2 mit Z4 hierzu aus dem Dezember 2011 und dem Forderungsankaufsvertrag zwischen SOP und der GEWG aus Dezember 2012, die sämtlich in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. Das sich hieraus ergebende Bild hat zudem der Zeuge Y2 bestätigt und im Sinne der Feststellungen näher erläutert.
3027Die Feststellungen zur Vermarktung des Liegenschaftsteils B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a beruhen auf den übereinstimmenden und sich ergänzenden Angaben der Zeugen Prof. Dr. J2 und Dr. B2. Den Inhalt des Kaufvertrages zwischen der GbR und DWI hat die Kammer zudem dessen Einführung in die Hauptverhandlung entnommen.
3028Die Feststellungen zur Umsatzsteuerrückerstattung beruhen auf den Angaben der Zeugen Y2, Dr. B2 und Dr. Z7. Deren Angaben werden dadurch gestützt, dass der Kaufvertrag zwischen der GbR und DWI die im Vorfeld erteilte verbindliche Auskunft des Finanzamts ausdrücklich erwähnt und der verlesene Vermerk des Zeugen Y2 die festgestellte Steuererstattung als tatsächlich erfolgt ausweist.
3029Die Feststellungen zum dem Abschluss des Kaufvertrages mit der DWI vorangegangen Beschluss der Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft beruhen auf den Angaben des Zeugen Dr. B2. Dieser hat das Abstimmungsergebnis wie festgestellt und für die Kammer glaubhaft erinnert. Das Vorliegen eines Gesellschafterbeschlusses zur Veräußerung der Liegenschaft wird – entsprechend den Angaben des Zeugen Dr. B2 – dadurch bestätigt, dass der in die Hauptverhandlung eingeführte Kaufvertrag zwischen der GbR und der DWI auf einen derartigen Beschluss ausdrücklich verweist. Der Zeuge Dr. B2 hat allerdings bekundet, seinerzeit nicht in Erfahrung gebracht zu haben, welcher GbR-Altgesellschafter im Einzelnen wie abgestimmt hat. Die Kammer hat hierzu daher keine näheren Feststellungen getroffen.
3030Die Feststellungen zur Behandlung des Verkaufs des Liegenschaftsteils an die DWI für den „Earn-Out“ beruhen auf den im Kern übereinstimmenden Angaben der Zeugen Dr. B2 und Dr. Z7. Die festgestellten genauen Zahlen hat die Kammer den Angaben des Zeugen Dr. B2 entnommen. Dieser hatte durchgängig eine präzise Erinnerung an das – weitgehend auch urkundlich belegte – Zahlenwerk und hat bekundet, sich hierauf bezogene Unterlagen vor seiner Vernehmung auch nochmals angeschaut zu haben. Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass auch die vom Zeugen genannten Zahlen betreffend den „Earn-Out“ zuverlässig sind. Die Angabe des Zeugen Dr. Z7, wonach den Altgesellschaftern im Rahmen des „Earn-Outs“ eine zusätzliche Position „von etwa 10 Mio. €“ bzw. „knapp 10 Mio.“ zuerkannt worden sei, steht dem nicht entgegen. Vielmehr passt die von dem Zeugen Dr. Z7 ausdrücklich als bloße Größenordnung gekennzeichnete Angabe zu den präziser genannten Werten des Zeugen Dr. B2.
LXXV. Feststellungen zur Bewertung der „H11“ durch H10 im August 2012 (Teil 1, E., IV., (26))
3031Die hierauf bezogenen Feststellungen beruhen auf dem nebst Anschreiben an SOP in die Hauptverhandlung eingeführten JLL-Bewertungsbericht vom 3. September 2012.
LXXVI. Feststellungen zum Widerruf von Willenserklärungen durch den Angeklagten K (Teil 1, E., IV., (27))
3032Die in den Feststellungen wiedergegebenen Schreiben sind in der Hauptverhandlung verlesen worden. Der Angeklagte K hat – zu deren Inhalt passend – erklärt, dass ihm erst im Sommer 2013 durch einen Hinweis seiner Rechtsanwälte bekannt geworden sei, dass die Vertretung des Bankhauses durch den Angeklagten J gegenüber den auf Verkäuferseite an der Übertragung der Anteile an der GbR B-Straße beteiligten persönlich haftenden Gesellschaftern einen „Verstoß gegen das Aktienrecht“ bedeute und diese deshalb „unwirksam“ sei. Dies habe er bis dahin nicht gewusst.
LXXVII. Feststellungen zur Vermarktung der „H11“ (Teil 1, E., IV., (28))
3033Die auf die Veräußerung der „H11“ bezogenen Feststellungen hat die Kammer dem in die Hauptverhandlung eingeführten notariellen Kaufvertrag mit Auflassung vom 1. Oktober 2014 entnommen.
3034- E.
3035
Feststellungen zum KWG-Verstoß
Der Angeklagte E hat die Kreditvergaben und deren Hintergründe wie festgestellt eingeräumt. Er hat sich dahin eingelassen, bis zum 7. Oktober 2010 (dem Zeitpunkt ihn betreffender Durchsuchungsmaßnahmen der Ermittlungsbehörden) nicht gewusst zu haben, dass die Gewährung von Darlehen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang gewährt werden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, erlaubnispflichtig ist. Er habe daher auch noch bei der Gewährung des Kredits über 380 Mio. € durch die Y14 an die Zeugin T3 „keinerlei derartige Bedenken“ gehabt. Dies sei bezüglich dieses Kredits gerade auch deshalb der Fall gewesen, weil ihm seitens des Bankhauses mitgeteilt worden sei, dass die Kreditgewährung an die Y14 und die Weiterreichung des Kredites an die Zeugin T3 „bankrechtlich zulässig“ sei, was das Bankhaus – wie ihm mitgeteilt worden sei – auch „rechtsgutachterlich“ habe „prüfen lassen“. Er selbst maße sich nicht an zu beurteilen, ob die Gewährung der festgestellten Darlehen insgesamt oder auch nur das Darlehen der Y14 an die Zeugin T3 „ein verbotenes Bankgeschäft darstellen“. Wie unterschiedlich die Frage, ob die Y14 hierfür eine Erlaubnis nach § 32 KWG benötigt hätte, beantwortet werde, zeige ein Bescheid des für die Y14 zuständigen Finanzamts Siegburg vom 11. April 2013. Dieses habe darin – „abweichend vom Votum der BaFin“ - ausgeführt, dass es sich bei der Y14 nicht um ein Kreditinstitut im Sinne des § 19 Abs. 1 Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (GewStDV) handele. Diese Vorschrift setze auf die Definition des Kreditinstituts nach § 1 Abs. 1 KWG auf, die nach Auffassung des Finanzamts nicht erfüllt sei. Hierfür mangele es an der Gewerbsmäßigkeit der Kreditvergaben. Denn die Darlehen seien in der Vergangenheit nach den Ausführungen des Finanzamts „nicht einem breiten Publikum öffentlich angeboten, sondern nur ausgesuchten Personen im Bekannten- und Freundeskreis von E bzw. gegenüber den Anlegern von geschlossenen Immobilienfonds erbracht“ worden. Im Vordergrund habe – so das Finanzamt Siegburg – „nicht die Gewerblichkeit der Kreditvergabe, sondern die Kunden-Bindung an die von der Eschgruppe initiierten Anlagemodelle“ gestanden. Die Kreditvergabe sei „hier nur ein Nebengeschäft und eine Möglichkeit von vielen“ gewesen, „die Kunden ´bei Laune´ zu halten.“ Auch für die Kreditvergabe an die Zeugin T3 sei – so das Finanzamt weiter – „kein gewerbsmäßiges Interesse an der Erzielung von Einkünften aus Bankgeschäften, sondern die Sicherstellung der finanziellen Lage von Frau T3“ maßgeblich gewesen. Der Angeklagte E hat erklärt, dass er die zitierte Auskunft „mit Sicherheit“ auch dann erhalten hätte, wenn er bereits vor der ersten Darlehensvergabe durch die Y14 insoweit beim Finanzamt Siegburg nachgefragt hätte.
3037Die Feststellungen zum Gesellschaftsvertrag der Y14 beruhen auf dessen Einführung in die Hauptverhandlung.
3038Die Feststellungen zu den durch den Angeklagten E für die Y14 geschlossenen Darlehensverträgen beruhen auf dessen Angaben. Sie werden bestätigt und präzisiert durch die in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden aus dem Selbstlesepaket 12. Bei diesen handelt es sich um die bei der Y14 vorgehaltene Vertragsdokumentation zu den durch sie vergebenen Darlehen. Insgesamt ergibt sich aus ihnen das festgestellte Bild. Der Angeklagte E hat auf diese Urkunden auch selbst Bezug genommen.
3039Die Feststellungen zu den sonstigen Tätigkeiten der Y14 und zur Bedeutung der Erträge aus eigenen Darlehensvergaben beruhen auf den sich ergänzenden Erläuterungen der Zeugen Dr. T4 undH3. Diese waren im fraglichen Zeitraum für die Treuhand V4 als Abschlussprüfer der Y14 tätig. So hat der Zeuge Dr. T4 etwa angegeben, dass das Geschäft der Y14 darin bestanden habe, „die Family Office Aktivitäten der ganzen Eschgruppe zu stützen“. Neben der Vermittlung von Vor- bzw. Zwischenfinanzierungen sei es dabei zur „Förderung der Kundenbindung“ um „alle möglichen Dienstleistungen“ gegangen. Hierzu habe etwa die Vermittlung besonderer Kapazitäten bei Ärzten oder von Transportmöglichkeiten gezählt, aber auch die Ermöglichung der „Überbrückung von Finanzbedarf“ durch Darlehensausreichungen der Y14. Auf deren mit der Zeit – auf Grund des Rückgangs der Vermittlungstätigkeit – zunehmende Bedeutung für das wirtschaftliche Ergebnis der Y14 hat der ZeugeH3 besonders hingewiesen. Dass die Y14 in den Jahren 2005 und 2006 keinerlei Erträge mehr aus Finanzierungsvermittlungstätigkeiten, sondern nur noch aus den ausgereichten Darlehen generierte, hat er auf Vorhalt der entsprechenden Prüfberichte erklärt. Dass die Forderungen aus Darlehensgewährungen bereits zum 31. Dezember 2003 die wesentliche Vermögensposition der Gesellschaft darstellten, hat die Kammer dem in die Hauptverhandlung eingeführten SOP-Kreditprotokoll betreffend den Y14-Kredit entnommen (vgl. Teil 1, D., II., (9)). Aus diesem ergibt sich auch, dass die Y14 in den Jahren 2002 und 2003 „keine bzw. geringe Umsätze“ erzielte und Jahresfehlbeträge von 280.300,00 € (2002) bzw. 179.000,00 € (2003) auswies.
3040Das Fehlen eigener Mitarbeiter der Y14 hat der ZeugeH3 wie festgestellt erläutert.
3041Die festgestellte mit der Darlehensvergabe durch den Angeklagten E jeweils (für die Y14) verfolgte Gewinnerzielungsabsicht ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass sämtliche Darlehen verzinslich gewährt wurden. Auch der weitergeleitete Kredit an die Zeugin T3 erhielt zu Gunsten der Y14 eine Marge gegenüber den Konditionen der Kreditaufnahme der Y14 bei SOP (Zinsen i.H.v. 0,5 % p.a. über Euribor im Darlehensvertrag zwischen SOP und der Y14 gegenüber Zinsen in Höhe von 0,65 % p.a. über Euribor sowie 0,75 % p.a. Bereitstellungszinsen im Darlehensvertrag zwischen der Y14 und der Zeugin T3). Für die übrigen Darlehen nahm die Y14 nach den Angaben des ZeugenH3 keine eigenen Kredite auf. Dass den durch die Y14 vorgenommenen Ausleihungen keineswegs altruistische, sondern geschäftliche Motive zugrunde lagen, hat auch der Zeuge Dr. T4 plastisch zum Ausdruck gebracht: „Zinsfrei waren die Ausleihungen nicht. Das gibt es bei der E-Gruppe nicht.“
3042Ihre Überzeugung, dass die Darlehensvergaben durch die Y14 vom Angeklagten E von Anfang an auf Wiederholung ausgerichtet waren, hat die Kammer auf Grund der folgenden Erwägungen gewonnen:
3043Schon die hohe Zahl der zwischen 1999 und 2005 vergebenen Darlehen legt es nahe, dass es sich dabei nicht um jeweils neue, gleichsam „spontan“ gefasste, isolierte (Ausnahme-)Entscheidungen handelte, sondern ihnen vielmehr eine durchgängige und auf Dauer ausgerichtete Geschäftspolitik der Y14 zugrunde lag. Ganz in diesem Sinne haben die Zeugen Dr. T4 undH3 auch die Tätigkeit der Y14 beschrieben. Nach deren Angaben gehörte im Rahmen ihrer Rolle als Vehikel zur Kundenbindung an die gesamte vom Angeklagten E geleitete Unternehmensgruppe im Bedarfsfall auch die eigene Vergabe von Darlehen. So hat der Zeuge Dr. T4 wörtlich bekundet: „Die Y14 hatte die Funktion […] vor allem der Förderung der Kundenbindung dadurch, dass den Zeichnern von Fonds alle möglichen Dienstleistungen angeboten wurden […] bis hin zur Überbrückung von Finanzbedarf.“ Der ZeugeH3 hat hierzu erklärt: „Natürlich hat die Y14 wie andere Gesellschaften der O-E-Gruppe auch Leistungen gegenüber Anlegern von Immobilienfonds erbracht, bestimmte Dienstleistungen sind erfolgt, zum Beispiel auch die Darlehensgewährung.“ Hierzu passend hat der – für Rückfragen nicht zur Verfügung stehende – Angeklagte E auch die festgestellten Darlehen – mit Ausnahme des Darlehens Nr. 6 – ausdrücklich als „im Zusammenhang mit der Betreuung von Kunden der JEVV“ stehend bezeichnet. Dass es sich dabei um jeweils isolierte Ausnahmemaßnahmen gehandelt hätte, lässt sich den Angaben des Angeklagten E in keiner Weise entnehmen. Vielmehr stützt die von ihm gewählte Formulierung die Angaben der Zeugen Dr. T4 undH3, wonach auch die eigene Darlehensvergabe zur grundsätzlichen – und damit auf Wiederholung ausgerichteten – „Angebotspalette“ der Y14 gehörte.
3044Die Einlassung des Angeklagten E, wonach er bis Oktober 2010 die Möglichkeit nicht erkannte („keinerlei derartige Bedenken“), dass es für die Gewährung von Darlehen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang gewährt werden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, überhaupt – und damit in concreto auch für das durch die Y14 betriebene Kreditgeschäft (s. dazu im Einzelnen unten, Teil 3, C.) – einer Erlaubnis nach dem KWG bedarf, ist durch das Ergebnis der Hauptverhandlung nicht widerlegt worden. So deutet kein erhobener Beweis konkret darauf hin, dass der Angeklagte E hierüber informiert worden wäre oder ihm auch nur derartige Bedenken mitgeteilt worden wären. Die Zeugen Dr. T4 undH3 haben vielmehr übereinstimmend bekundet, dass auch sie selbst zu keinem Zeitpunkt der Auffassung gewesen seien, dass die Tätigkeit der Y14 einer Erlaubnispflicht nach dem KWG unterliege. Diese Frage hätten sie – allerdings lediglich im Kontext ihrer „Redepflicht“ über schwerwiegende Gesetzes- oder Satzungsverstöße (vgl. § 321 Abs. 1 S. 3 HGB) und ohne besondere Erfahrung im Umgang mit dem KWG – sogar auch einmal durch kurze Einsichtnahme in einen KWG-Kommentar nachgeprüft. Sie seien daraufhin zu der Auffassung gelangt, dass ein erlaubnispflichtiges Darlehensgeschäft der Y14 nicht vorliege, insbesondere da diese nicht „als Kreditinstitut nach außen in Erscheinung“ trete. Das Thema sei weder zuvor noch – mit Blick auf ihr Ergebnis der Prüfung – im Nachgang jemals gegenüber dem Angeklagten E angesprochen worden.
3045Die Kammer vermag auch aus sonstigen Umständen weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau den für eine Vorsatzverurteilung hinreichend sicheren Schluss zu ziehen, dass dem Angeklagten E die Erlaubnisbedürftigkeit des gewerbsmäßigen oder in einem einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordernden Umfang betriebenen Darlehensgeschäfts bekannt war oder er jedenfalls deren Möglichkeit erkannte und in Kauf nahm. Soweit der Gesellschaftsvertrag der Y14, der dem Angeklagten E, der bis 2005 deren Alleingesellschafter war, bekannt war, in § 2 auf Tätigkeiten Bezug nimmt, „die nach dem Kreditwesengesetz (KWG) einer Erlaubnis oder Genehmigung bedürfen“, ergibt sich hieraus lediglich, dass es derartige Tätigkeiten überhaupt gibt. Welche dies aber im Einzelnen sind, ist dort nicht näher benannt. Der enge Umgang des Angeklagten E mit dem Bankhaus SOP sowie die mit diesem sogar über die OEH bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtung legt zwar eine gewisse Kenntnis auch von bankenspezifischen Fragestellungen nahe. Mit Blick darauf aber, dass die Beweisaufnahme keine konkreten Anhaltspunkte dafür erbracht hat, dass in diesem Kontext gerade auch die Thematik bankenaufsichtsrechtlich erlaubnispflichtiger Geschäfte jemals eine Rolle gespielt hätte, vermochte die Kammer durch die bloß allgemeine „Nähe“ des Angeklagten E zu Bankthemen – auch in einer Gesamtschau mit dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Y14 – bestehende Zweifel an der vom Angeklagten E bestrittenen Kenntnis oder jedenfalls billigenden Inkaufnahme einer als möglich erkannten Erlaubnisbedürftigkeit des gewerbsmäßigen oder in einem einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordernden Umfang betriebenen Darlehensgeschäfts nicht zu überwinden.
3046TEIL 3: Rechtliche Würdigung
3047- A.
3048
Komplex B-Straße
Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Angeklagten K, O, J und P im Tatkomplex B-Straße der Untreue zum Nachteil von SOP schuldig gemacht (§ 266 StGB).
I. Objektiver Tatbestand
(1) Vermögensbetreuungspflicht
3050Die Angeklagten waren als persönlich haftende Gesellschafter gegenüber dem Vermögen der KGaA, einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 278 Abs. 1 AktG), vermögensbetreuungspflichtig.
3051Diese Vermögensbetreuungspflicht hatten die Angeklagten auch bei der konkreten Entscheidung über den Erwerb von 94,9 % der Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße zu beachten. Dem kann nicht – wie von der Verteidigung geltend gemacht – mit Blick auf Ausführungen in der sogenannten „Mannesmann-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 21. Dezember 2005, Az.: 3 StR 470/04) entgegengehalten werden, dass für das konkrete Geschäft eine Vermögensbetreuungspflicht der persönlich haftenden Gesellschafter von vorneherein deshalb nicht bestanden habe, weil für die Entscheidung über die Anteilsübertragung (im Ganzen oder jedenfalls soweit die Übertragung der Anteile der Angeklagten K und O betroffen war) auf Grund von §§ 112, 278 Abs. 3 AktG die rechtliche Zuständigkeit nicht bei den persönlich haftenden Gesellschaftern, sondern beim Aufsichtsrat lag.
3052Zwischen der „Mannesmann-Entscheidung“ und dem hiesigen Sachverhalt besteht ein wesentlicher und tragender Unterschied. In der „Mannesmann-Entscheidung“ unterstützte der Vorstand lediglich einen – tatsächlich auch getroffenen – Beschluss des erkannter- und akzeptiertermaßen für die in Rede stehende Entscheidung zuständigen Aufsichtsrats. Der Vorstand traf dort also die Entscheidung gar nicht selbst, sondern diese lag in den Händen des nach dem Gesetz zuständigen Gremiums. Bei einer solchen Sachlage mag die Auffassung vertreten werden, dass den Vorstand im Rahmen der Unterstützung des fremden Beschlusses eine eigene Vermögensbetreuungspflicht nicht traf. Sachgerechter erscheint es der Kammer allerdings, in dieser Konstellation nicht bereits die mit der Vorstandseigenschaft grundsätzlich einhergehende Vermögensbetreuungspflicht zu verneinen, sondern die Unterstützungshandlung qualitativ nur als Förderung einer fremden Tat ohne eigene Tatherrschaft und aus diesem Grund – also nicht bereits wegen des Fehlens des besonderen persönlichen Merkmals der Vermögensbetreuungspflicht – als Beihilfe zu qualifizieren.
3053Ganz anders liegt der Sachverhalt hier. Die persönlich haftenden Gesellschafter unterstützten vorliegend nicht lediglich einen auf die Anteilsübertragung gerichteten Beschluss des – erkannter- und akzeptiertermaßen – zuständigen Gremiums, sondern trafen ohne Beteiligung des nach dem Gesetz zuständigen Gremiums und in Unkenntnis dieses Erfordernisses selbst die Entscheidung. Dies taten sie objektiv mit der gleichen Durchsetzungsautorität und subjektiv mit demselben Willen zur Tatherrschaft wie in ihnen nicht nach § 112 AktG rechtlich entzogenen Bereichen.
3054Die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter hätten die Entscheidung aus formalen Gründen (ganz oder jedenfalls teilweise) gar nicht selbst treffen bzw. umsetzen dürfen. Dies stellt für sich genommen schon einen formalen Pflichtenverstoß dar, auf den eine Verurteilung allerdings mangels diesbezüglichen Vorsatzes der persönlich haftenden Gesellschafter nicht gestützt werden kann. Wenn sie derartige Entscheidungen – im Bankhaus akzeptiert – gleichwohl selbst trafen und somit faktisch die Verantwortung für sie übernahmen, mussten sie hierbei in inhaltlicher Hinsicht jedenfalls die von ihnen als persönlich haftende Gesellschafter auch in anderen Bereichen abverlangten Sorgfaltsmaßstäbe zur Wahrung der Vermögensinteressen des Bankhauses (s. hierzu im Einzelnen unten (3)) beachten.
3055Insoweit kann eine Parallele zum in der Rechtsprechung anerkannten „tatsächlichen Treueverhältnis“ etwa des „faktischen Geschäftsführers“ gezogen werden. Auch hier leitet die Rechtsprechung die Vermögensbetreuungspflicht überzeugend gerade nicht aus der formalen Rechtsposition, sondern aus der tatsächlichen Verfügungsmacht über ein bestimmtes Vermögen ab, soweit damit ein schützenswertes Vertrauen in eine pflichtgemäße Wahrnehmung der Vermögensinteressen verbunden ist. Dieser Gedanke greift auch in der hiesigen Konstellation.
(2) Tathandlung
3056Die Tathandlung liegt in dem im Wege der Abzeichnung der SOP-Beteiligungsvorlage getroffenen (und durch die Abzeichnung der SCA-Beteiligungsvorlage bekräftigten) Beschluss aller angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter, 94,9 % der GbR-Anteile zu erwerben. Dies war die formale Grundlage für die – durch den Angeklagten J erklärte und den übrigen persönlich haftenden Gesellschaftern auf Grund der vorherigen Beschlussfassung nach § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnende – Genehmigung des Anteilsübertragungsvertrages für SOP sowie dessen Umsetzung.
3057Es liegt ein einstimmiger Gremienbeschluss vor. Für jeden persönlich haftenden Gesellschafter kann daher an seine eigene Zustimmung als Tatbeitrag angeknüpft werden. Ein einstimmiger Beschluss war gem. § 2 der Geschäftsordnung der persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA i.V.m. Ziff. 2.5 der Anlage (sowie auf Ebene der SCA gem. § 2 der Geschäftsordnung der Geschäftsführung der SCA i.V.m. Ziff. 2.7 der Anlage) für die Ankaufsentscheidung auch zwingend erforderlich (s. oben Teil 1, C., I., (1) und II., (1), (a)). Jede verweigerte Zustimmung hätte den Ankauf also verhindert. Die Kausalität bereits jeder einzelnen Zustimmung für den durch die Anteilsübertragung eingetretenen Vermögensnachteil (dazu im Einzelnen unten (4)) liegt somit vor.
3058Einer – maßgeblich von der vor allem mit Blick auf §§ 112, 278 Abs. 3 AktG problematischen zivilrechtlichen Wirksamkeit des Anteilsübertragungsvertrages abhängigen – eindeutigen Zuordnung der Tathandlungen zu den beiden Tatbestandsalternativen des § 266 Abs. 1 StGB bedarf es nicht. Ob die Genehmigung des Angeklagten J mit Blick auf § 112 AktG dazu führte, dass der Vertrag für SOP auch tatsächlich zivilrechtlich wirksam wurde, kann letztlich offen bleiben. Wäre dies der Fall, wäre die Missbrauchsalternative des § 266 StGB erfüllt. Falls nicht wäre – auf Grund der allgemeinen tatsächlichen Behandlung und Erfüllung dieses Vertrages als wirksam – jedenfalls die Treubruchalternative gegeben. Einer Festlegung bedarf es hierbei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht.
(3) Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
3059Die persönlich haftenden Gesellschafter verletzten die ihnen obliegenden Vermögensbetreuungspflichten in untreuerelevanter Weise.
(a) Anzulegender Pflichtenmaßstab
3060Nach § 93 Abs. 1 AktG, der gem. § 283 Nr. 3 AktG auch auf die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA anwendbar ist, haben diese bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Dabei liegt eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn der persönlich haftende Gesellschafter bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (sog. „Business Judgement Rule“).
3061Es ist anerkannt, dass § 93 Abs. 1 AktG zur näheren Bestimmung des Inhalts der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB herangezogen werden kann. Hiervon – nach oben oder unten – abweichende Regelungen des Pflichtenprogramms können allerdings zwischen dem Treugeber und dem Treunehmer ausdrücklich vereinbart werden. Derartige abweichende Vereinbarungen bestanden bei SOP indes nicht. Soweit zur Bestimmung der von den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern bei der Entscheidung über den Anteilsankauf anzuwendenden Sorgfaltspflichten auch die Satzung, die Teilhaberverträge, das „Handbuch Strategische Beteiligungen“ bzw. auch § 18 i.V.m. § 21 Abs. 1, S. 1, Nr. 6 KWG a.F. in den Blick zu nehmen sind, folgen hieraus jedenfalls keine geringeren Sorgfaltsanforderungen als diejenigen, die sich bereits aus § 93 Abs. 1 AktG ergeben. Insbesondere zeigt das Verbot der Vornahme „spekulativ betriebener Geschäfte“ in § 3 der Teilhaberverträge, dass den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern durch das Bankhaus ein hohes Risikobewusstsein abverlangt wurde.
3062Einen geringeren Sorgfaltsmaßstab als diesen hatten die persönlich haftenden Gesellschafter auch nicht etwa deshalb anzuwenden, weil es im Tatkomplex B-Straße nicht um eine „normale“ Beteiligungsnahme bzw. einen „normalen“ Grundstückskauf am Markt ging, sondern um einen Vorgang, der im Zusammenhang mit einem O-E-Fonds stand. Die Verteidigung des Angeklagten J hat in der Hauptverhandlung dahin argumentiert, dass in diesem Bereich auf Grund der langjährigen Verbindung des Bankhauses mit dem Angeklagten E und der Einbindung zahlreicher Mitglieder der beiden großen Familienstämme in O-E-Projekte der übliche Maßstab zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit von für SOP abgeschlossenen Verträgen nicht gegolten habe. Diese Ansicht teilt die Kammer nicht. Sofern auch bereits in der Vergangenheit im Zusammenhang mit O-E-Projekten für das Bankhaus wirtschaftlich nachteilige Verträge unter Einbindung von Vertretern der größten Bankfamilienstämme geschlossen worden sein sollten – diese sind bzw. waren Gegenstand eigener Ermittlungsverfahren bzw. Anklagen (etwa betreffend die Projekte A-Straße und E-Straße) –, hätte dies – gerade für den Risikomanager J – dazu führen müssen, dem bereits früher Einhalt zu gebieten und Wiederholungen zu vermeiden. Keinesfalls aber konnte sich hieraus eine Art „ständige Übung“ ergeben, aus der geringere Sorgfaltsanforderungen an die persönlich haftenden Gesellschafter zu folgern wären. Denn die Hauptverhandlung hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass – was für die Annahme einer solchen berücksichtigungsfähigen „Übung“ Mindestvoraussetzung wäre – auch solche Bankaktionäre, die an möglichen Projekten zum Nachteil des Bankhauses in diesem Bereich in der Vergangenheit nicht teilnahmen, damit einverstanden gewesen sein könnten, dass die persönlich haftenden Gesellschafter im Bereich O-E die üblichen Sorgfaltsanforderungen zur Wahrung der Vermögensinteressen von SOP außer Acht lassen durften. Vielmehr haben als Zeugen vernommene Aktionärsausschussmitglieder, die nicht den beiden großen Familienstämmen angehörten, – hier insbesondere die Zeugen Dr. Z7 und N3 – in der Hauptverhandlung deutlich zum Ausdruck gebracht, zwar keine grundsätzlichen Einwände gegen die Beteiligung von Mitgliedern der beiden großen Familienstämme auch an solchen O-E-Fonds gehabt zu haben, die Bankimmobilien zum Gegenstand hatten, dabei aber selbstverständlich davon ausgegangen zu sein, dass dies stets zu für die Bank als Ganzes (und damit mittelbar die Zeugen selbst) nicht nachteiligen Konditionen geschehe. Es ist für die Kammer auch kein Grund ersichtlich, warum die Aktionäre damit einverstanden gewesen sein sollten, dass im Bereich O/E keine oder nur geringere Sorgfaltsmaßstäbe gegolten haben sollen.
3063Im Rahmen der mithin an § 93 Abs. 1 AktG zu orientierenden Bestimmung des Inhalts der Vermögensbetreuungspflicht ist bei unternehmerischen Entscheidungen – und um eine solche handelte es sich hier – ein erheblicher Ermessensspielraum anzuerkennen. Eine unternehmerische Entscheidung liegt noch innerhalb des eröffneten Handlungsspielraums, solange die Grenzen nicht überschritten sind, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005, Az.: 3 StR 470/04). Gerade bei Entscheidungen mit Prognoseelementen besteht ein weiter Handlungsspielraum. Hier ist der Entscheider allerdings in besonderem Maße verpflichtet, sich in angemessener Weise, unter Umständen unter Beiziehung sachverständiger Hilfe, durch Analyse der Chancen und Risiken eine möglichst breite Entscheidungsgrundlage zu verschaffen (BGH, Urteil vom 22. November 2005, Az.: 1 StR 571/04). Handlungs- und Beurteilungsspielräume bestehen nur auf der Grundlage sorgfältig erhobener, geprüfter und analysierter Informationen (BGH, Urteil vom 13. August 2009, Az.: 3 StR 576/08). Dies gilt in besonderem Maße, wenn es sich – wie hier – um ein Geschäft von erheblichem Umfang handelt und sich das eigene Unternehmen – wie ebenfalls hier – in einer Krise befindet (vgl. Krekeler / Werner, Unternehmer und Strafrecht, Rn. 1127). Die Entscheidung muss dabei allein am Unternehmenswohl orientiert sein und darf keinesfalls durch sachfremde oder gar eigennützige Erwägungen bestimmt werden (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2000, Az.: 1 StR 280/99).
(b) Bedeutung der Ressortzuständigkeit
3064Die Kammer verkennt nicht, dass auch bei einer dem Einstimmigkeitsprinzip unterliegenden Gremienentscheidung unterschiedliche Pflichtenprogramme und damit strafrechtliche Verantwortlichkeiten der Beteiligten je nach Ressortzuständigkeit in Frage kommen (BGH, Urteil vom 15. November 2001, Az.: 1 StR 185/01; BGH, Urteil vom 6. April 2000, Az.: 1 StR 280/99). Dies steht der Annahme einer Pflichtverletzung jedes angeklagten persönlich haftenden Gesellschafters hier allerdings nicht entgegen.
3065So bestand für die Entscheidung über die Übernahme der Anteile an der Grundstücksgesellschaft bereits keine hinreichend eindeutige Zuständigkeitsabgrenzung. Denn alle Partner waren von dieser Entscheidung jedenfalls in einer Weise mit ihrem Geschäftsbereich selbst betroffen, die ein anzuerkennendes weitgehendes Vertrauen-Dürfen auf den oder die per se zuständigen anderen persönlich haftenden Gesellschafter nicht zuließ.
3066So war der Angeklagte K innerhalb der Partnerschaft wesentlich für Fragen der O-E-Verbindung zuständig, mit der das Projekt B-Straße in einem engen Zusammenhang stand. Außerdem hatte er die Zuständigkeit für das Facility Management übernommen, das im Hinblick auf die Frage der Eigennutzung der Liegenschaft durch SOP von der Ankaufsentscheidung tangiert war. Schließlich hatte der Angeklagte K – gemeinsam mit dem Angeklagten J – die Anteilsübertragung vor allem mit Blick auf die Reduzierung der Gesellschafterkredite von Anfang an und maßgeblich vorangetrieben und damit eine „Mit-Federführung“ jedenfalls faktisch übernommen.
3067Vom Angeklagten O ging zwar nicht die ursprüngliche Idee zur Anteilsübertragung aus. Er war jedoch gemeinsam mit dem Angeklagten K wesentlich für die O-E-Verbindung, hier maßgeblich für die Funktionsträgergesellschaften, deren Mitgeschäftsführer er war und zu denen auch die in das Projekt B-Straße involvierte GEWG zählte, zuständig. Außerdem berührte die Ankaufsentscheidung die Kredite, die die Altgesellschafter der GbR zur Finanzierung des Fonds bei SOP aufgenommen hatten. Diese O-E-Kreditbetreuung unterfiel dem Ressort Private Banking des Angeklagten O. Dem entspricht es auch, dass die diesem Geschäftsbereich zugeordnete Abteilung des Zeugen L2 das Marktvotum der SOP-Beteiligungsvorlage erstellte und der Angeklagte O diese Vorlage als Partner für den Bereich „Markt“ abzeichnete. Schließlich sollten auch weitere Teile des Private Bankings in Frankfurt möglicherweise in die Liegenschaft einziehen, so dass diesbezügliche Belegungs- und auch Mietfragen jedenfalls auch dem Ressort des Angeklagten O zuzuordnen waren.
3068Vom Angeklagten J ging – gemeinsam mit dem Angeklagten K – die Initiative zur Anteilsübertragung aus. Sie wurde durch ihn auch maßgeblich mit vorangetrieben. Das Verhältnis zur CSSF, in dem die wesentliche Ursache für die Anteilsübertragung lag, unterfiel seinem Ressort (Meldewesen). Als Risikomanager bestand seine zentrale Aufgabe zudem generell und mithin auch bei der Entscheidung betreffend die B-Straße darin, Projekte auf ihre Eignung zur Verursachung von Vermögensnachteilen besonders gründlich zu durchleuchten. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass die seinem Ressort unterfallende Abteilung Beteiligungen ein Marktfolgevotum verfasste – worin vom Ankauf abgeraten wurde – und der Angeklagte J die SOP-Beteiligungsvorlage als Partner für den Marktfolgebereich abzeichnete.
3069Auch für den Angeklagten P ergab sich ein direkter Bezug der Ankaufsentscheidung zu seinem Geschäftsbereich. Die Liegenschaft war ursprünglich ganz maßgeblich auf die Unterbringung des Investment Bankings zugeschnitten worden und der Angeklagte P ging auch im Dezember 2008 noch von dessen vollständigem Umzug in die Liegenschaft aus. Die Sinnhaftigkeit des Anteilsankaufs hing auch davon ab, in welchem Umfang und zu welchen Konditionen eine Belegung der Liegenschaft durch das Investment Banking noch erfolgen würde. Zur Erörterung und Beantwortung darauf bezogener Fragen wäre am ehesten der Angeklagte P berufen und in der Lage gewesen.
3070Aber selbst wenn sich – wovon die Kammer nach dem Vorstehenden nicht ausgeht – eine Ressortzuständigkeit für die Ankaufsentscheidung tatsächlich nur einem oder mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern eindeutig zuordnen ließe, würde dies die Pflichtverletzung der anderen vorliegend nicht beseitigen. Zwar können sich ressortunzuständige Geschäftsführungsmitglieder grundsätzlich auf den Bericht des federführenden Partners verlassen. Rückfragen oder eigene Nachprüfungen (auch) eines ressortunzuständigen Geschäftsführungsmitglieds sind aber jedenfalls dann erforderlich, wenn sich aus den diesem vorliegenden Informationen Zweifel oder Unstimmigkeiten ergeben. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um ein erhebliches und / oder besonders risikobehaftetes Geschäft handelt (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2001, Az.: 1 StR 185/01; BGH, Urteil vom 6. April 2000, Az.: 1 StR 280/99). So aber liegt es hier. Bei der Ankaufsentscheidung handelte es sich – insbesondere in der eigenen Krise von SOP – um ein wirtschaftlich bedeutsames Geschäft. Die – im Folgenden ((c)) näher beleuchtete – Pflichtverletzung hat die Kammer auch gerade darin gesehen, dass eine aussagekräftige und hinreichende Informationsgrundlage für eine sachgerechte, an den Vermögensinteressen von SOP ausgerichtete Entscheidung über den Anteilsankauf offensichtlich, mithin für alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter erkennbar (und auch tatsächlich erkannt), nicht bestand. Hier auf eine Verbesserung der Entscheidungsgrundlage zu drängen, war vor diesem Hintergrund – unabhängig von der Ressortzuständigkeit – Aufgabe eines jeden persönlich haftenden Gesellschafters. Ausreichende Informationen, auf die sich etwaige ressortunzuständige Partner hätten verlassen können, lagen gerade nicht vor.
3071Für die Angeklagten J und P kommt in diesem Zusammenhang Folgendes hinzu: Beide erkannten, dass an dem Geschäft auf der Gegenseite u.a. die Angeklagten K und O – also zwei ihrer Partner – beteiligt waren. Bei dieser Sachlage liegt es mit Blick auf zu besorgende Interessenkonflikte auf der Hand, dass – wenn schon die Vorschrift des § 112 AktG unerkannt nicht beachtet wurde – den an dem Geschäft persönlich nicht beteiligten persönlich haftenden Gesellschaftern von vorneherein die Aufgabe zufällt, unabhängig von ihrer sonstigen Ressortzuständigkeit als besonders kritische Entscheider zu fungieren. Gerade ihnen hätte es also jedenfalls oblegen, den Anteilsübertragungsvertrag intensiv auf die Marktüblichkeit seiner Konditionen hin zu untersuchen.
(c) Pflichtenverstoß
3072Die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter verletzten die ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten gegenüber SOP in klarer, evidenter und schwer wiegender – und damit auch untreuerelevanter (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014, Az.: 3 StR 265/14) – Weise.
3073Die Entscheidung über den Anteilsankauf stellt – für alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter – einen evidenten und damit auch strafrechtlich relevanten Verstoß gegen die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 93 Abs. 1 AktG dar. Denn eine angemessene Informationsgrundlage für eine an den Vermögensinteressen von SOP ausgerichtete, sachgerechte Entscheidung über diesen Anteilsankauf lag offensichtlich nicht vor.
3074Maßgeblicher Bezugspunkt einer ermessensfehlerfreien unternehmerischen Entscheidung, 94,9 % der Anteile an der Grundstücksgesellschaft Frankfurt B-Straße zu übernehmen, musste der zu erwartende Verkehrswert der nach den damaligen Planungen und vertraglichen Vereinbarungen fertiggestellten Gesamtliegenschaft sein. Denn SOP übernahm in der Sache nicht etwa lediglich ein Grundstück in einem bestimmten Zustand zu einem hierauf bezogenen Kaufpreis, sondern trat durch die Anteilsübernahme mit unmittelbarer Haftung in ein laufendes Projekt ein: Die GbR hatte neben dem Grundstückskaufvertrag schließlich insbesondere den Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag mit der GEWG bereits bindend abgeschlossen.
3075Die Angeklagten K und O (die als GbR-Gesellschafter u.a. auch hierauf bezogene Beschlüsse mit gefasst hatten) sowie der Angeklagte J haben ausdrücklich erklärt, gewusst zu haben, dass im Dezember 2008 ein Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag zwischen der GbR und der GEWG bereits abgeschlossen war. Dass die mit der Anteilsübertragung durch SOP übernommenen Verpflichtungen sich nicht etwa allein auf den (anteiligen) Grundstückskaufpreis beschränkten, sondern auch bereits die (anteiligen) Kosten für die geplanten Baumaßnahmen enthielten, kam auch durch die Angaben in der Beteiligungsvorlage zum Ausdruck, mit der ein „Kaufpreis in Höhe von € 123,4 Mio.“ genehmigt wurde und in der Transaktionsbeschreibung darauf hingewiesen wurde, dass (obwohl die Grundstückskaufpreiszahlung erst noch vollständig bevorstehe) bereits 14,5 Mio. € „aus dem kalkulierten“ – mit „rd. € 130 Mio.“ angegebenen – „Gesamtaufwand der Gesellschaft“ valutiert worden seien, neben der anteiligen Grundstückskaufpreiszahlung „Anfang 2009“ voraussichtliche „Kosten für mieterspezifische Sonderwünsche in Höhe von anteilig rd. € 13,5 Mio. vorzuhalten“ seien und „weitere Einlagen sukzessive im Rahmen der Umbaumaßnahmen erforderlich“ würden. Die Kammer schließt mit Blick auf die Angaben in der Beteiligungsvorlage, die – dem Angeklagten P auf Grund eigener Fondsbeteiligungen bekannten – festgestellten typischen Abläufe der O-E-Fonds sowie die eigenen Angaben des Angeklagten P, denen durchgängig die feste Erwartung der Realisierung der (ihm bekannten) Umbaumaßnahmen zu entnehmen sind, aus, dass dieser davon ausgegangen sein könnte, dass sich die GbR im Dezember 2008 lediglich hinsichtlich des Grundstückskaufs bereits vertraglich verpflichtet hatte.
3076Es war mithin allen (geschäftserfahrenen) angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern klar, dass die Übernahme der GbR-Beteiligung die (anteilige) Übernahme des auch bereits die Umbaumaßnahmen erfassenden Vertragsstandes der GbR bedeutete. Änderungen hieran – die von den persönlich haftenden Gesellschaftern zu diesem Zeitpunkt und auch später zudem ohnehin in keiner Weise verfolgt wurden – waren nur mit Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners möglich. Die Möglichkeit, derartige Zustimmungen in der Zukunft zu erhalten, verstand sich dabei auch hinsichtlich der vom Angeklagten E geführten GEWG keineswegs von selbst. Die Hauptverhandlung hat verschiedentlich deutlich gemacht, dass der Angeklagte E seine wirtschaftlichen Interessen auch gegenüber SOP durchaus offensiv zu wahren verstand. Die Bedeutung vertraglicher Vereinbarungen auch im Verhältnis der GbR zur GEWG kommt auch darin klar zum Ausdruck, dass der 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag – der mit Blick auf die Planungsänderungen die Vergütung heraufsetzte – gerade unmittelbar vor der Anteilsübertragung auf Drängen des Angeklagten E rechtsverbindlich abgeschlossen wurde.
3077Es war somit bei der Entscheidung über die Übernahme der Anteile an der Grundstücksgesellschaft davon auszugehen, dass die Liegenschaft wie im Dezember 2008 geplant und vertraglich vereinbart fertiggestellt werden würde und SOP dafür 94,9 % des durch die GbR im Dezember 2008 bereits gezahlten und zu diesem Zeitpunkt bereits angelegten weiteren Aufwandes würde bezahlen müssen. Es ist evident, dass bei einem vermögensbetreuungspflichtgemäßen Handeln der Wert des entstehenden Vermögensgegenstandes und dessen Verhältnis zu dem dafür aufzubringenden (Gesamt-)Aufwand von entscheidender Bedeutung für die Ankaufsentscheidung hätte sein müssen. Denn erst nach Ermittlung dieser Bezugsgröße wäre ein unternehmerisches Ermessen dahingehend eröffnet gewesen zu prüfen, ob und gegebenenfalls welchen wirtschaftlichen „Aufpreis“ das Bankhaus für die Verfolgung der festgestellten, überwiegend nicht unmittelbar vermögensbezogenen Motive wie das langfristige Sichern einer von der Lage und vom Stil her besonders geeigneten Immobilie für SOP, ein „Herausdrängen“ der Eheleute E, das eventuelle Einbringen der Immobilie in einen Paketverkauf sowie das Ausstrahlen von Normalität in schwierigen Zeiten gegebenenfalls bereit zu zahlen wäre
3078Eine Verkehrswertermittlung in diesem Sinne (oder auch nur betreffend den Wert der Liegenschaft im Ist-Zustand im Dezember 2008) ist indes vor der Entscheidung über den Anteilsankauf nicht vorgenommen worden. Weder wurde ein externer Sachverständiger damit beauftragt noch wurde auch nur eine interne Verkehrswertermittlung durchgeführt. Dieser Umstand ergab sich auch aus der Beteiligungsvorlage.
3079Der einzige konkrete Anknüpfungspunkt für eine Ermittlung des Verkehrswerts der fertiggestellten Liegenschaft war folgende Formulierung im Marktvotum der Beteiligungsvorlage:
3080„Auf Basis eines für den ausgezeichneten Standort des Objektes marktüblichen Mietzinses in Höhe von € 27,50 / qm Bürofläche errechnet sich aufgrund der ursprünglich kalkulierten Mieteinnahmen eine Bruttomietrendite für die Altgesellschafter in Höhe von 6,0 % (vor Berücksichtigung von mieterspezifischen Sonderwünschen).“
3081Der Satz im Marktfolgevotum:
3082„Kaufpreis und Investitionskalkulationen basieren auskunftsgemäß auf den qm-Preisen bzw. Baukosten vergleichbarer Objekte in vergleichbarer Lage.“
3083ging darüber nicht hinaus. Denn zum einen verhielt er sich bereits nicht zum zu erwartenden Verkehrswert der nach den damaligen Plänen fertiggestellten Liegenschaft, sondern nahm lediglich den Grundstückskaufpreis und die geplanten Investitionskosten isoliert betrachtet in Bezug. Es ist indes durchaus möglich, dass die mit einem Bauprojekt verbundenen Kosten für den Erwerb der Altsubstanz sowie für die Abriss- und Neubaumaßnahmen für sich genommen marktüblich sind, mit ihnen im Ergebnis aber gleichwohl kein Wert geschaffen wird, der der Summe dieser Kosten entspricht. Insbesondere aber machte der zitierte Satz im Marktfolgevotum deutlich, dass es sich dabei gar nicht um eine eigene Einschätzung der Marktfolgeabteilung handelte („auskunftsgemäß“). Um wessen „Auskunft“ es sich dabei gehandelt haben und auf welcher Grundlage diese Auskunft erteilt worden sein soll, blieb für den Leser offen.
3084Soweit in der Beteiligungsvorlage unter den „Beteiligungsmodalitäten“ beim Punkt „Due Diligence“ ausgeführt war:
3085„Entsprechende Dokumentation liegem dem Marktbereich und Facility Management vor“
3086verbreiterte dieser (schon sprachlich missglückte) Passus die Informationsgrundlage der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter gleichfalls nicht. Denn er war völlig nichtssagend. Bereits über die Art der – angeblich – vorliegenden „Dokumentation“ machte der Satz keinerlei Angaben. Insbesondere teilte er aber auch kein Ergebnis einer – tatsächlich ja auch nie durchgeführten – Due Diligence mit. Der Leser der Beteiligungsvorlage musste vielmehr davon ausgehen, dass sich das Ergebnis etwaig durchgeführter Wirtschaftlichkeitsprüfungen allein in den Voten fand.
3087Der Beteiligungsvorlage war somit mit Blick auf den Wert der fertiggestellten Gesamtliegenschaft nur die konkrete Information zu entnehmen, dass ein von der Marktabteilung als marktüblich bezeichneter Mietzins eine Bruttomietrendite in Höhe von 6 % generieren würde. Die bloße Kenntnis einer bestimmten Bruttomietrendite ist aber als Grundlage für eine Immobilieninvestitionsentscheidung jedenfalls der hiesigen Größenordnung offensichtlich nicht ausreichend. Die Beratung durch den Sachverständigen A1 hat deutlich gemacht, dass die Ertragswertermittlung eines Grundstücks von zahlreichen, gerade auch Zukunftsaussichten mit einbeziehenden individuellen Gegebenheiten abhängig ist. Dementsprechend diente in seinem Gutachten der Vergleich des von ihm ermittelten Ertragsfaktors lediglich einer Plausibilisierung des unter Anwendung des Ertragswertverfahrens gefundenen Verkehrswerts. Auch der Zeuge T5, der als Geschäftsführer der V6 Consult GmbH intensiv am Immobilienmarkt tätig ist, hat bekundet, dass bloße Bruttorenditebetrachtungen im Markt nicht als Grundlage für die Kaufpreisbestimmung herangezogen würden. So hat er erklärt, die sog. „Maklerformel“ – die er als Kehrwert der Bruttoanfangsrendite bezeichnet hat – sei nur eine „Orientierungshilfe“. Jede Immobilie sei komplett anders und habe „Dutzende, wenn nicht Hunderte von Einflussfaktoren“. Wenn man sich „professionell im Markt“ bewege, würden und sollten Kaufpreise damit nicht bestimmt werden. Dementsprechend hat der Zeuge L2 die (auf dem Kreditprotokoll des Jahres 2007 fußenden) Angaben seiner Abteilung in der Beteiligungsvorlage auch lediglich als grobe Einschätzung verstanden und beschrieben.
3088Hinzu kommt, dass die Angaben im Marktvotum zur Bruttomietrendite bereits für sich genommen lückenhaft waren. Die dort angegebene Bruttomietrendite errechnete sich ausdrücklich „vor Berücksichtigung von mieterspezifischen Sonderwünschen“. Die in der Beteiligungsvorlage unmittelbar davor abgedruckte Transaktionsbeschreibung gab indes an, dass der Gesamtaufwand von rund 130 Mio. € – aus dem der mit der Vorlage genehmigte Kaufpreis (94,9 % von 130 Mio. € = 123,4 Mio. €) hergeleitet wurde – gerade mieterspezifische Sonderwünsche einschloss. In welchem Umfang diese mieterspezifischen Sonderwünsche die angegebene Renditebetrachtung beeinflussten, blieb offen.
3089Weiterhin enthält das Marktvotum auch keinerlei Bewertung der in ihm genannten Bruttomietrendite im Verhältnis zu vergleichbaren Objekten. Die Abteilung Beteiligungen wies in ihrem – sich gegen die Anteilsübertragung aussprechenden – Votum ausdrücklich darauf hin, dass ihr eine solche Bewertung mangels Vorliegens von Informationen über Renditen vergleichbarer Objekte nicht möglich war.
3090Eine Verbreiterung der zur Einhaltung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 93 Abs. 1 AktG) evident unzureichenden Informationsgrundlage betreffend den zu erwartenden Verkehrswert der fertiggestellten Liegenschaft hat nach den Feststellungen durch die persönlich haftenden Gesellschafter, die zu einer eigenen fundierten Bewertung mangels Sachkunde ersichtlich nicht in der Lage waren, auch außerhalb der Beteiligungsvorlage nicht stattgefunden.
3091Es sind für die Kammer auch keine besonderen Umstände erkennbar, die eine Entscheidung über ein solches Investment auf derart dünner und lückenhafter Informationsgrundlage ausnahmsweise als pflichtgemäß erscheinen ließen.
3092Insbesondere war ein die Schaffung einer angemessenen Informationsgrundlage ausschließender Zeitdruck für die Ankaufsentscheidung nicht gegeben, und zwar selbst unter Berücksichtigung des Ziels, die bevorstehende weitere Inanspruchnahme der an die Altgesellschafter ausgereichten Kredite zu verhindern. Denn die Einholung eines Verkehrswertgutachtens – dem bei Immobilientransaktionen typischen Mittel der Kaufpreisbestimmung – wäre binnen kürzester Zeit möglich gewesen. Der sachverständige Zeuge Prof. Dr. M1 erstellte ein solches im Jahr 2009 innerhalb von nur zwei Wochen. Eine interne Verkehrswertbeurteilung wäre noch schneller zu erstellen gewesen. So erstellte der ZeugeP1 seine erste Kurzbewertung innerhalb eines Tages.
3093Der Erwerb einer Immobilie bzw. von Anteilen an einer Immobiliengesellschaft stellt auch geradezu den klassischen Bereich dar, in dem zur Bestimmung von Kaufpreisen üblicherweise Sachverständigengutachten eingeholt werden. Es ging hier nicht um die Bewertung eines „exotischen Gegenstands“, sondern um eine Immobilie, für die die am Markt anerkannten Bewertungsmaßstäbe durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber weitgehend durchnormiert sind. So entsprach es etwa auch der Praxis bei SOP, vor der – im Vergleich zu einem eigenen Eigentumserwerb weit weniger risikoreichen – Endfinanzierung von O-E-Fonds Gutachten oder wenigstens interne Bewertungen des betroffenen Grundstücks einzuholen.
3094Eine Verkehrswertermittlung war auch nicht etwa mit Blick auf eine Eigennutzung der Liegenschaft durch SOP entbehrlich. Denn zum einen muss sich der Kaufpreis selbst einer vollständig eigengenutzten Büroimmobilie zur Wahrung von Vermögensbetreuungspflichten grundsätzlich an deren Ertragswert orientieren. Zum anderen war eine vollständige Eigennutzung der Liegenschaft durch SOP Ende 2008 auf absehbare Zeit ohnehin nicht zu erwarten. Mit Blick auf die hierdurch erforderlichen Drittvermietungen am Markt musste der Ertragswertgedanke noch weiter in den Vordergrund rücken.
3095Eine vorherige Verkehrswertermittlung war auch deshalb zwingend angezeigt, weil sich SOP Ende 2008 in einer wirtschaftlichen Krise befand, deren weitere Verschärfung gerade auch mit Blick auf die kurz zuvor getroffenen X1-Stützungsmaßnahmen keineswegs ausgeschlossen war. Gerade in einer solchen Situation – in der bei den Aktionären des Bankhauses gleichzeitig um eine Stärkung des Eigenkapitals in Höhe von 200 Millionen Euro nachgesucht wurde – waren die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter in besonderem Maße verpflichtet, weitere Vermögensbelastungen von der Bank abzuwenden und risikoreiche Transaktionen besonders gründlich zu prüfen.
3096Auch die kurz zuvor durch den „Lehmann-Zusammenbruch“ deutlich verschärfte Finanzkrise mit selbst für den Laien naheliegenden (weiteren) nachteiligen Auswirkungen gerade auf den vom Finanzsektor besonders abhängigen Frankfurter Immobilienmarkt erforderte eine ganz besonders gründliche Prüfung der Angemessenheit der mit der Anteilsübertragung eingegangenen Verpflichtungen im Verhältnis zum Wert der Liegenschaft unter den Bedingungen des Spätjahres 2008.
3097Schließlich hätte die Tatsache, dass zwei der persönlich haftenden Gesellschafter bei dem Geschäft zugleich auf Verkäuferseite auftraten, auf Grund der hiermit strukturell verbundenen Gefahr von Interessenkollisionen bzw. der „Vermischung“ von privaten Interessen und solchen der Bank alle persönlich haftenden Gesellschafter zu einer besonders gründlichen und objektiven Bestimmung der Konditionen der Anteilsübertragung, also dem Einholen eines Verkehrswertgutachtens, anhalten müssen.
3098Aber auch in anderer Hinsicht als betreffend den nicht näher aufgeklärten Verkehrswert der Liegenschaft war die Informationsgrundlage für die getroffene Entscheidung offensichtlich nicht ausreichend.
3099Dies betrifft zum einen die Frage, welche Nutzung SOP für die Liegenschaft Ende Dezember 2008 eigentlich anstrebte, welchen unternehmerischen Sinn es also hatte, gerade diese Liegenschaft – wie teilweise von den Angeklagten ausgeführt – „langfristig für SOP zu sichern“. Die Bank befand sich mit dem „Projekt V7“ in einer Restrukturierung. Hiervon war insbesondere auch das wesentlich in Frankfurt zentrierte Investment Banking, das maßgeblich für das schlechte Ergebnis 2008 verantwortlich war, betroffen. Konkret absehbar war im Dezember 2008, dass insbesondere der Bereich Investment Banking nicht nur auf absehbare Zeit nicht weiter wachsen würde, sondern dass dort umgekehrt Stellen abgebaut würden. Die konkreten Auswirkungen, gerade auch auf Immobilienbelegungsfragen, waren noch im Fluss. Eine nähere Aufbereitung und Diskussion der Frage, welche Mitarbeiter nach der damaligen Planung überhaupt noch sinnvoll in die neue Liegenschaft an der B-Straße umziehen könnten, fand vor der Entscheidung zur Anteilsübertragung gerade auch mit den Fachabteilungen der Bank nicht statt. Insoweit ist für die Kammer auch gerade das Schlusswort des Angeklagten J, er sei überzeugt gewesen, dass die Liegenschaft „immer eine glänzende Zukunft haben würde“ nicht nachvollziehbar.
3100Zwar gab es ein generelles Bekenntnis der persönlich haftenden Gesellschafter zur Weiterführung des Investment Bankings und auch zum Standort Frankfurt. Wie dies unter den gegebenen Bedingungen aber speziell in der Liegenschaft in der B-Straße umgesetzt werden könnte, war offen und nicht näher aufbereitet. So konnte auch nicht näher der – gerade auch im Marktfolgevotum aufgeworfene – Aspekt abgewogen werden, in welchem Umfang Flächen in der neuen Liegenschaft von SOP zur Eigennutzung auf absehbare Zeit tatsächlich benötigt würden. Hiermit hing aber wiederum die Frage zusammen, in welchem Umfang sowie ggf. mit welchem Umrüstungsaufwand eine Drittvermietung erforderlich werden würde und mit welchem Erfolg sowie zu welchen Konditionen eine solche – unter den damals herrschenden Marktbedingungen – möglich wäre. Dass in jedem Fall auf absehbare Zeit wesentliche Flächen einer Drittvermietung zugeführt werden müssten, war in besonderem Maße zu erwarten, nachdem auf die Erstellung des Handelsraums verzichtet worden war. Denn jedenfalls ein Umzug der Handelsabteilungen des Investment Bankings konnte so nicht mehr sinnvoll stattfinden und war von den Angeklagten J, K und O dementsprechend auch nicht mehr beabsichtigt. Dieser Umstand führt auch dazu, dass jedenfalls von dem – den objektiven Verkehrswert möglicherweise etwas in den Hintergrund treten lassenden – Charakter eines „Maßanzugs“ für SOP (der allerdings ohnehin nur den selbst geplanten Neubau betreffen konnte) allenfalls noch sehr eingeschränkt und von einer zwingenden Sicherungsnotwendigkeit gerade dieser Immobilie für das Bankhaus gerade nicht mehr ausgegangen werden konnte.
3101Die Perspektive eines – dem Ziel einer Vergrößerung der Handlungsfreiheit im Übrigen entgegenstehenden – Weiterverkaufs der Liegenschaft bzw. der Anteile, auch im Wege eines Immobilien-„Paketverkaufs“, war Ende 2008 noch in keiner Weise konkret, sondern lediglich als vage Idee vorhanden. Konkrete Kaufinteressenten oder gar erzielbare Weiterverkaufspreise bestanden noch nicht. Dabei war auch diese Perspektive ohnehin nur bei Kenntnis des Verkehrswerts der fertiggestellten Liegenschaft sachgerecht zu verfolgen. Denn an diesem würde sich am Markt auch der Weiterverkaufspreis orientieren. Sofern man den Weiterverkaufspreis durch einen langfristigen, marktunüblichen Overrent-Mietvertrag mit SOP selbst gleichsam künstlich nach oben treiben wollte, wäre dies um den Preis in gleichem Maße überhöhter Mietverpflichtungen des Bankhauses geschehen. Stille Reserven waren durch einen Verkauf der – zuvor ja erst noch zu erwerbenden – Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße nicht zu heben.
3102Auch der Gesichtspunkt einer durch den Anteilsankauf zu erlangenden größeren Handlungsfreiheit für das Bankhaus im Umgang mit der Immobilie war nicht näher aufbereitet worden. Denn konkrete Änderungsvorstellungen hatten die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter zum Zeitpunkt der Anteilsübernahme nicht und äußerten solche auch in der Folge nicht. Erst unter dem Einfluss der V11 kam es zu Modifikationen. Soweit die mit dem Anteilsankauf verbundene Gestaltungsfreiheit auf potentielle Änderungen gerade in baulicher oder vergütungsbezogener Hinsicht gerichtet war, wurde die Gestaltungsfreiheit durch die 94,9%-ige Anteilsübernahme nicht vergrößert. Denn die baulichen Maßnahmen und deren Vergütung waren zwischen der GbR und der GEWG durch den Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag in Gestalt seines 2. Nachtrages bereits vertraglich und damit verbindlich im Außenverhältnis vereinbart worden. Jede Änderung hieran hing – unabhängig von der Quotenverteilung und der Willensbildung innerhalb der GbR – maßgeblich von einer Vereinbarung mit der GEWG ab. § 12 des Vertrages schloss eine ordentliche Kündigung aus. § 5 sah Leistungsänderungen mit Auswirkungen auf die Vergütung nur durch eine ergänzende Vereinbarung der Vertragsparteien vor (vgl. oben Teil 1, E., II., (11)).
3103Soweit der Aspekt der größeren Gestaltungsfreiheit für das Bankhaus auf eine Reduzierung der Einflussmöglichkeiten der Eheleute E in der GbR abzielte, konnte dies durch den 94,9 %-igen Anteilserwerb jedenfalls unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Regelungen der GbR nicht erreicht werden. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Frage, welche Befugnisse dem Angeklagten E und seiner Ehefrau mit der früheren Quote von insgesamt 25,1 % nach dem Gesellschaftsvertrag zukamen und welche Befugnisse sich demgegenüber bei der neuen Quote von insgesamt nur noch 1,28 % ergaben. Tatsächlich hat diese Quotenveränderung die Einflussnahmemöglichkeiten der Familie E gesellschaftsrechtlich nicht verändert: § 6 des Gesellschaftsvertrages sah nämlich lediglich Beschlussfassungen durch eine einfache Mehrheit, durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit oder durch Einstimmigkeit vor. Entscheidungen mit einfacher oder Zwei-Drittel-Mehrheit konnten die Eheleute E mit ihren Stimmanteilen somit schon vorher nicht verhindern. Ein einstimmiges Ergebnis konnte SOP auch nach der Anteilsübertragung nicht gegen die Familie E herbeiführen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Angeklagte E trotz der Anteilsübertragung Geschäftsführer der GbR blieb.
3104In einer Hinsicht hat die Übernahme von 94,9 % der Anteile an der GbR durch SOP deren Handlungsfreiheit betreffend die Liegenschaft gegenüber der vorher gegebenen Situation sogar verringert: Vorher hätte SOP die Möglichkeit gehabt, den vielleicht einzigen Vorteil der Fondskonstruktion für das Bankhaus zu nutzen und zu entscheiden, ob bzw. in welchem Umfang und zu welchen Konditionen eine Anmietung der Liegenschaft unter Berücksichtigung des tatsächlichen eigenen Bedarfs unter den veränderten Bedingungen des Spätjahres 2008 im Interesse der Bank war (vgl. hierzu auch unten (4), (b)). Die Verwendung der Liegenschaft wäre im Übrigen Sache der das Risiko tragenden – und dafür mit Steuervorteilen bedachten – Fondszeichner gewesen. Mit dem Ankauf der GbR-Anteile trug SOP nun die mit der Immobilie verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu 94,9% selbst. Dass mit der Beibehaltung der bisherigen Fondsstruktur und der Anmietung lediglich der tatsächlich vom Bankhaus benötigten Flächen zu marktüblichen Konditionen ein die Marktstellung des Bankhauses beeinträchtigender Reputationsverlust einhergegangen wäre, der außerdem noch schwerer gewogen hätte, als der durch die Anteilsübernahme unmittelbar verursachte Vermögensnachteil, kann die Kammer nicht erkennen. Vielmehr geht sie davon aus, dass besonderes Kostenbewusstsein einer Bank in der Hochphase der Finanzkrise von den Marktteilnehmern eher honoriert worden wäre.
3105Schließlich führt auch das Motiv der Reduzierung bzw. des nicht weiteren Anstiegs der Gesellschafterkredite nicht zur Bewertung der Ankaufsentscheidung als pflichtgemäß. Zwar lag dieses Anliegen – schon mit Blick auf die CSSF – grundsätzlich im Interesse der Bank. Ihren Vermögensbetreuungspflichten konnten die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter indes nur mit einer Entscheidung genügen, die dieses Ziel erreicht, ohne zugleich einen Vermögensnachteil für das Bankhaus zu verursachen. Das war hier gerade nicht der Fall.
3106Nicht feststellen konnte die Kammer, dass sich die Angeklagten K und O auch von dem – per se pflichtwidrigen – Motiv des Abwälzens persönlicher Verlustrisiken als GbR-Gesellschafter auf SOP haben leiten lassen. Denn die Kammer legt – den Unklarheiten betreffend die tatsächliche Nutzung der Liegenschaft zum Trotz – aus den bereits in der Beweiswürdigung näher dargelegten Gründen (s.o. Teil 2, D., XXVIII. u. XXIX.) ihrer Beurteilung zugrunde, dass die Angeklagten K und O auch im Dezember 2008 noch von einer dem Fondskonzept entsprechenden Vermietung der Gesamtliegenschaft an SOP ausgingen. Zwar war ihnen bewusst, dass das Nichtzustandekommen eines solchen Mietvertrages für sie persönlich als GbR-Gesellschafter mit wirtschaftlichen Risiken verbunden wäre. Da sie hiervon aber im Dezember 2008 gerade noch nicht ausgingen, war ein Rentabilitätswegfall des Fonds für ihr privates Vermögen kein handlungsleitender Grund für die Anteilsübertragung auf das Bankhaus. Auch soweit das Motiv hierfür eine Reduzierung bzw. die Vermeidung eines weiteren Anstiegs der Gesellschafterkredite war, verbarg sich dahinter für die Angeklagten K und O nicht das eigennützige wirtschaftliche Motiv der Verhinderung künftiger Rückzahlungsschwierigkeiten, sondern das Bestreben, diese Kredite gerade im Interesse des Bankhauses (vor allem auch mit Blick auf die CSSF) zurückzuführen. Soweit hierdurch zugleich auch mögliche persönliche aufsichtsrechtliche Konsequenzen vermieden werden sollten, ist hierin ebenfalls kein schon für sich genommen pflichtwidriger Beweggrund zu erblicken.
(d) Kein tatbestandsausschließendes Einverständnis
3107Auch ein – eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und damit bereits den objektiven Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB ausschließendes – Einverständnis der Treugeberin in den Anteilsankauf lag nicht vor.
3108Die Treugeberin war die KGaA und damit eine juristische Person. Bei diesen tritt für die Erklärung eines Einverständnisses an die Stelle des Vermögensinhabers dessen oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten (BGH, Urteil vom 27. August 2010, Az.: 2 StR 111/09).
3109Unabhängig von der – für die klassische Aktiengesellschaft streitigen – Frage, ob den Gesellschaftern einer KGaA eine Einwilligungskompetenz überhaupt zukommt, käme als oberstes Willensorgan der SOP insbesondere die Hauptversammlung in Betracht. Einen Beschluss, mit dem die Hauptversammlung dem Anteilsankauf zustimmte, hat es indes nie gegeben. Allerdings ist streitig, welche formalen Voraussetzungen an ein wirksames Einverständnis der Anteilseigner einer juristischen Person zu stellen sind. Die bereits zitierte sog. „Trienekens-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27. August 2010, Az.: 2 StR 111/09) legt dabei nahe, dass einem auch nur formlosen, also rein tatsächlichen Einverständnis sämtlicher Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft tatbestandsausschließende Wirkung zukommt, ohne dass es eines förmlichen Beschlusses etwa in der Hauptversammlung bedürfe. Das tatsächliche Einverständnis lediglich einer Gesellschaftermehrheit ist nach dieser Entscheidung aber jedenfalls nicht ausreichend. Insoweit bedarf es zumindest auch einer inhaltlichen Befassung der Minderheitsgesellschafter mit der Frage der Billigung der betreffenden Tathandlung.
3110Die Kammer hat vor diesem Hintergrund geprüft, ob ein tatsächliches Einverständnis sämtlicher Gesellschafter der KGaA darin zu sehen sein könnte, dass alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter mit ihrer eigenen Anteilsankaufsentscheidung offensichtlich einverstanden waren. Denn Ende 2008 hatte die KGaA nur noch eine Kommanditaktionärin, nämlich die luxemburgische SCA. Deren organschaftliche Vertreter waren wiederum die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter, die auf der SCA-Beteiligungsvorlage auch formal das Einverständnis in den Anteilsankauf auf Konzernebene erklärten. Man könnte daher daran denken, ein tatsächliches Einverständnis aller Gesellschafter der KGaA darin zu erblicken, dass – erstens – die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter jeweils unmittelbar in ihrer Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafter der KGaA und – zweitens – die Alleinkommanditaktionärin SCA, und zwar im Willen vertreten durch ebendiese persönlich haftenden Gesellschafter, mit dem Anteilsankauf einverstanden waren. Diese Sichtweise hat die Kammer allerdings nach umfassender Aufklärung (vgl. zu dem diesbezüglichen Aufklärungserfordernis BGH, Urteil vom 26. September 2012, Az.: 2 StR 553/11) der Struktur und tatsächlichen Verfasstheit des Bankhauses verworfen. Es musste daher nicht näher untersucht werden, ob in diesem Fall eine Untreue zum Nachteil der SCA gegeben wäre.
3111Denn auf das Einverständnis der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als organschaftliche Vertreter der Alleinkommanditaktionärin SCA kann im Ergebnis nicht abgestellt werden. Durch die Satzung von SOP (§ 12 Abs. 1) war außerhalb der zwingenden Zuständigkeiten der Hauptversammlung oder des Aufsichtsrats allein dem Aktionärsausschuss und eben nicht auch den persönlich haftenden Gesellschaftern als organschaftlichen Vertretern der SCA die Vertretung der Gesellschaft und der Kommanditaktionäre gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern zugewiesen. Diese Bestimmung in der Satzung blieb auch nach Installierung der SCA als Konzernmutter im Jahr 2007 unverändert und der Aktionärsausschuss bestand auch auf Ebene der KGaA tatsächlich (nunmehr in „Doppelfunktion“) fort (vgl. oben Teil 1, C., II., (2), (b), (bb) und Teil 2, B., VI.). Dafür, dass der Aktionärsausschuss innerhalb der KGaA auch dann „die Kommanditaktionäre und die Gesellschaft“ durch ein stets mindestens vierköpfiges (§ 13 Abs. 1 der Satzung) Gremium gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern repräsentieren könnte und sollte, wenn formal nur ein Kommanditaktionär vorhanden war, spricht auch, dass § 13 Abs. 2 der Satzung ausdrücklich vorsah, dass auch „Gesellschafter von Kommanditaktionären“ zu Mitgliedern des Aktionärsausschusses gewählt werden konnten.
3112Gegen eine Willensvertretung der SCA durch deren persönlich haftende Gesellschafter gegenüber den – personengleichen – persönlich haftenden Gesellschaftern der KGaA streitet auch § 9 des Aktionärs-Pool-Vertrages. Aus diesem folgte, dass letztlich die Aktionärs-Pool-Versammlung – auf Vorschlag des Aktionärsausschusses – beschloss, in welcher Weise die SCA ihre Aktionärsrechte an der KGaA ausübte und wer als Vertreter der SCA in die Hauptversammlung der KGaA entsandt wurde. Waren somit die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter nicht einmal die „geborenen“ Vertreter der SCA in der Hauptversammlung der KGaA mit eigener Entscheidungsbefugnis, wäre es in diesem Gesamtgefüge systemwidrig, ihrem Einverständnis die Wirkung eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses der SCA in solche Handlungen beizumessen, die die persönlich haftenden Gesellschafter auf der Ebene der KGaA selbst vornahmen. Die Abzeichnung von SCA-Beteiligungsvorlagen stellt sich vor diesem Hintergrund auch nicht als Erklärung des Willens der Kommanditaktionärin SCA innerhalb der KGaA gegenüber deren persönlich haftenden Gesellschaftern, sondern als zusätzliche, die Gesamtkonzernbelange in den Blick nehmende Geschäftsführungsmaßnahme auf Ebene der SCA dar.
3113Die weitere Verortung der Trägerschaft des Aktionärswillens (neben der Hauptversammlung) maßgeblich im Mehrpersonengremium des Aktionärsausschusses innerhalb der KGaA entspricht auch einer „materiellen“ Betrachtungsweise der Konzernstruktur von SOP nach der Installierung der SCA als Konzernobergesellschaft zum 1. Juli 2007. Denn diese wurde – wie zuvor SOP selbst – zu 100 % von einem Familienaktionärspool gehalten, dessen verschiedene Stämme und Gruppen im Aktionärsausschuss gerade abgebildet waren. Um die Interessenwahrnehmung dieses Pools ging es – auch weiterhin innerhalb der KGaA – letztlich. Durch die Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg sollte der unmittelbare Einfluss der Bankaktionäre auch auf die Geschicke der KGaA nicht verringert werden.
3114Somit hätte – neben der mit dem Anteilsankauf nicht befassten – Hauptversammlung (oder vorgelagert der Aktionärs-Pool-Versammlung) allenfalls der Aktionärsausschuss der KGaA ein tatbestandsausschließendes Einverständnis für die KGaA erklären können. Jedoch ist es weder zu einer Befassung dieses Gremiums mit dem Anteilsankauf gekommen, noch gab es eine Befassung jedenfalls aller seiner Mitglieder außerhalb von förmlichen Sitzungen hiermit.
3115Die Zustimmung allein des Aktionärsausschussvorsitzenden war für die Annahme eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses nicht ausreichend. Es kommt daher nicht einmal darauf an, dass der Zeuge Ob sein Einverständnis zum Anteilsankauf auf Ebene der KGaA erst am 9. Dezember 2008 – und damit nach der Genehmigung der auf den Abschluss des Anteilsübertragungsvertrages gerichteten Willenserklärung für SOP durch den Angeklagten J am 8. Dezember 2008 – erklärte und der genaue Kenntnisstand des Zeugen hierbei nicht näher aufgeklärt werden konnte. Denn die Satzung von SOP bestimmte in ihrem § 12 Abs. 1 ausdrücklich, dass der Aktionärsausschuss – und eben nicht der Aktionärsausschussvorsitzende allein – die Kommanditaktionäre und die Gesellschaft gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern vertrat. Dass das Regelungswerk bei SOP dabei grundsätzlich durchaus zwischen Befugnissen des Aktionärsausschusses als Gesamt-Gremium und solchen von dessen Vorsitzenden allein unterschied, zeigen etwa die Teilhaberverträge in ihrem § 2 (1) a) („[…] entscheidet der Aktionärsausschuss – gegebenenfalls der vom Aktionärsausschuss hierfür besonders ermächtigte Vorsitzende […]“). § 13 der Satzung bestimmte zudem, dass der Aktionärsausschuss aus mindestens vier von der Hauptversammlung gewählten Mitgliedern bestehen musste. § 18 der Satzung enthielt detaillierte Regelungen über die Beschlussfassung dieses Gremiums. Daraus ergab sich eindeutig, dass die Willensbildung der Kommanditaktionärsseite – auch im Falle des formalen Vorhandenseins nur einer Alleinaktionärin – gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern zwingend durch das gesamte Mehrpersonengremium des Aktionärsausschusses zu erfolgen hatte. Sofern § 16 Abs. 2 der Satzung von SOP bestimmte, dass Erklärungen des Aktionärsausschusses „namens“ des Aktionärsausschusses von seinem Vorsitzenden abgegeben wurden, handelte es sich vor diesem Hintergrund um die bloße Regelung des „Transports“ des Ergebnisses einer tatsächlich erfolgten Willensbildung des Aktionärsausschusses gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern, keinesfalls jedoch um eine materielle Zuweisung einer Alleinentscheidungskompetenz oder Einwilligungskompetenz an den Aktionärsausschussvorsitzenden. Dem steht auch entgegen, dass die Besetzung des Aktionärsausschusses gerade die komplexe Struktur der im Pool zusammengefassten „Bankfamilie“ mit ihren unterschiedlichen Stämmen und Gruppen abbilden sollte.
3116Eine Alleinentscheidungsbefugnis des Aktionärsausschussvorsitzenden für die Kommanditaktionäre (mithin im Jahre 2008 für die SCA) kann auch nicht etwa aus den Regelungen des EZI-Codes hergeleitet werden. Zwar beschränkten sich die dort geregelten Mitwirkungserfordernisse nach der Praxis des Bankhauses tatsächlich allein auf den Aktionärsausschussvorsitzenden. Hieraus folgt aber nicht, dass eine in diesem Rahmen erteilte Zustimmung des Aktionärsausschussvorsitzenden auch als – den Untreuetatbestand ausschließendes – Einverständnis des gesamten Aktionärsausschusses und damit im Ergebnis der KGaA zu einer an sich pflichtwidrigen Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter verstanden werden könnte. Hieran wäre allenfalls dann zu denken, wenn der Aktionärsausschuss als Ganzes die an sich ihm zustehenden „Einverständnisbefugnisse“ in den von dem EZI-Code betroffenen Gebieten an den Vorsitzenden bewusst delegiert hätte. Davon kann aber keine Rede sein. Denn der EZI-Code war nach den Feststellungen ohne Einbeziehung der einfachen Mitglieder des Aktionärsausschusses erstellt worden und war diesen nicht einmal bekannt. Auch liegt keine „Delegation durch Duldung“ vor. Denn nach den Feststellungen wurde dem Aktionärsausschuss nicht einmal nachträglich darüber berichtet, dass und zu welchen Geschäften der Aktionärsausschussvorsitzende nach dem EZI-Code Zustimmungen erteilt hatte. Aus einer Zustimmung des Aktionärsausschussvorsitzenden folgte somit nur, dass die besonderen, im Interesse der Person des Aktionärsausschussvorsitzenden – und zwar ursprünglich Ocs – etablierten zusätzlichen formellen Voraussetzungen des EZI-Codes eingehalten wurden. Sie hatte jedoch nicht den Bedeutungsinhalt einer die persönlich haftenden Gesellschafter gegenüber der KGaA von einem Pflichtwidrigkeitsvorwurf entlastenden Erklärung des Gesamtgremiums Aktionärsausschuss. Hierfür wäre es vielmehr erforderlich gewesen, dass der Aktionärsausschuss im Ganzen mit der Ankaufsentscheidung befasst worden wäre und eine Mehrheitsentscheidung getroffen hätte. Das aber war nach den Feststellungen nicht der Fall.
3117Der Annahme einer Pflichtverletzung steht auch nicht das Vorliegen eines „mutmaßlichen Einverständnisses“ entgegen. Unabhängig von dessen dogmatischer Einordnung und der Frage, ob diese Rechtsfigur im Rahmen des § 266 StGB überhaupt anzuerkennen ist (dafür etwaFischer, a.a.O., § 266 Rn. 90; in der Sache offenbar anders, weil im Wesentlichen schlicht auf das Nicht-Vorliegen eines vor der Tathandlung tatsächlich erklärten Einverständnisses abstellend BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014, Az.: 3 StR 265/14), liegen jedenfalls deren anerkannte Voraussetzungen nicht vor. Denn für ein „mutmaßliches Einverständnis“ wäre allenfalls dann Raum, wenn es unmöglich gewesen wäre, ein ausdrückliches Einverständnis einzuholen (vgl. allgemein Fischer, a.a.O., Vor § 32 Rn. 4 m.w.N.; zur Untreue s. etwa LG Kleve, Beschluss vom 21. Oktober 2010, Az.: 120 Qs 79/10). Dies war bei der Entscheidung über den Ankauf der GbR-Anteile indes in keiner Weise der Fall. Die Einberufung des Aktionärsausschusses oder gar der Aktionärs-Pool-Versammlung wäre vor der Beschlussfassung ohne Weiteres möglich gewesen.
3118Der Pflichtverletzung steht schließlich auch nicht der Gesichtspunkt eines „hypothetischen Einverständnisses“ entgegen. Die Kammer ist bereits nicht der Auffassung, dass bei Bestehen und bewusstem Ungenutztlassen der Möglichkeit, ein ausdrückliches Einverständnis zu einer an sich pflichtwidrigen Handlung einzuholen, einem bloß hypothetischen Willen des Treugebers (bzw. bei einer juristischen Person deren obersten Willensorgans für die Regelung der inneren Angelegenheiten) strafbarkeitsausschließende Wirkung beizumessen wäre. So ist die Anwendbarkeit dieser vor allem im Bereich des Arztstrafrechts entwickelten Rechtsfigur auf andere Deliktsbereiche auch höchst umstritten, soweit auf sie überhaupt eingegangen wird (vgl. zum Ganzen Fischer, a.a.O., Rn. 4b m.w.N.; offenbar für die Anwendbarkeit, allerdings ohne jede Begründung OLG Hamm, Urteil vom 21. August 2012, Az.: III-4 RVs 42/12). Jedenfalls liegen aber auch die Voraussetzungen eines „hypothetischen Einverständnisses“ nicht vor. Denn nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung schließt die Kammer aus, dass es im Falle einer vorherigen Befassung des Aktionärsausschusses bei vollständiger und zutreffender Information von deren Mitgliedern zu einer mehrheitlichen Zustimmung zu der Transaktion gekommen wäre. Dies gilt selbst dann, wenn – was allerdings bereits zweifelhaft erscheint – unterstellt wird, dass der an der Anteilsübertragung selbst beteiligte Zeuge B.C12 und die gleichfalls beteiligte A.C12 (sofern insoweit nicht ohnehin von einem Stimmrechtsausschluss auszugehen wäre) sowie zudem der Zeuge Ob (der die Beteiligungsvorlagen abzeichnete) und die Zeugin Ka (als Ehefrau des Angeklagten K) eine Zustimmung auch innerhalb des Forums des gesamten Aktionärsausschusses – und damit gleichsam mit „offenem Visier“ – erteilt hätten. Denn dies hätte für einen Mehrheitsbeschluss (vgl. § 18 der Satzung von SOP) nicht ausgereicht. Hinsichtlich der übrigen Mitglieder des Aktionärsausschusses (die Zeugen N4, Oe, Q7, Dr. Z7 und die Zeugin N3) hat die Hauptverhandlung keinerlei Anhaltspunkte dafür erbracht, dass diese bei vollständiger und zutreffender Information über den Sachverhalt einschließlich der Kenntnisstände der jeweiligen Angeklagten der Anteilsübernahme zugestimmt hätten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum sie – zumal in einer kritischen wirtschaftlichen Situation des Bankhauses, in der bei ihnen um eine Kapitalstärkung nachgesucht wurde – einer mit Blick auf die offensichtlich unzureichende Prüfung der wirtschaftlichen Ausgewogenheit der Transaktion bei bestehenden „Warnsignalen“ die Vermögensinteressen von SOP nicht wahrenden Entscheidung zugestimmt haben sollten. Entsprechend negativ fielen die Reaktionen dieser Organmitglieder nach dem Bekanntwerden der Übernahme der Anteile an der GbR Frankfurt B-Straße auch aus. So hat etwa die Zeugin N3 erklärt, dass dieses Bekanntwerden in die Zeit gefallen sei „wo die Y14-Sache kam, wo Stück für Stück mehr raus kam.“ Die Reaktion auf die Transaktion sei gewesen, dass sich die Altgesellschafter des Fonds offenbar dachten: „Wenn wir das als Fonds nicht mehr stemmen, kriegt´s die Bank!“. Man habe die Liegenschaft wohl „woanders hin gepackt“. Da seien die übrigen Bankaktionäre „dann wach“ geworden. Auch der Zeuge Dr. Z7 hat bekundet, dass ihn der ihm nach Mitte 2009 bekannt gewordene Erwerb der Fondsanteile durch das Bankhaus „überrascht“ habe. Für ihn sei es bei Fragen betreffend die selbstgenutzten Bankimmobilien „immer auf die Bedingungen“ angekommen. Entscheidend sei aus seiner Sicht gewesen, dass eine Einbringung derartiger Immobilien in O-E-Fonds zu für die Bank „marktüblichen“ Bedingungen geschehe. Der Zeuge Oe hat schließlich ausgesagt, dass er zu keinem Zeitpunkt die Vorstellung gehabt habe, dass die entstehende Liegenschaft in der B-Straße, von der er irgendwann erfahren habe, dass sie über eine Fondsgesellschaft realisiert werden solle, „100 Mio. kosten würde“. Als er dies „im Nachhinein“ erfahren habe, sei ihm das „eigentlich eher unvorstellbar“ erschienen. Dass es im noch größeren Kreis des gesamten Aktionärs-Pools auf vollständig und zutreffend informierter Grundlage zu einer Mehrheitsentscheidung für die Anteilsübernahme gekommen wäre, ist vor diesem Hintergrund noch fernliegender und damit gleichfalls auszuschließen.
(4) Vermögensnachteil
3119Durch die pflichtwidrige Tathandlung der persönlich haftenden Gesellschafter entstand SOP auch ein Vermögensnachteil.
3120Geboten ist dabei ein Vergleich des Werts des Gesamtvermögens unmittelbar vor und nach der Tathandlung. Spätere Entwicklungen haben für die Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils außer Betracht zu bleiben und können allenfalls für die Strafzumessung von Bedeutung sein. An einem Nachteil fehlt es, wenn und soweit durch die Tathandlung unmittelbar ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs bewirkt wird.
3121Maßgeblich für die Prüfung des Eintritts eines Vermögensnachteils sind hier mithin die Folgen des aus dem einstimmigen Beschluss der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter unmittelbar hervorgehenden Erwerbs der GbR-Anteile in Gestalt des am 8. Dezember 2008 durch den Angeklagten J für SOP genehmigten Anteilsübertragungsvertrages vom 4. Dezember 2008.
(a) Vermögensabfluss
3122Der mit dem Anteilserbwerb unmittelbar einhergehende Vermögensabfluss für SOP setzte sich aus zwei Komponenten zusammen.
3123Er bestand erstens in dem sofortigen, anteiligen „Verlust“ der Forderungen gegen die Alt-GbR-Gesellschafter auf Rückzahlung der zur Finanzierung ihrer Beteiligungen zu diesem Zeitpunkt bereits in Anspruch genommenen Darlehen in Höhe von insgesamt 13.760.500,00 € (vgl. III., 2. des Anteilsübertragungsvertrages, Teil 1, E., III., (14)).
3124Im Übrigen wurde zweitens das Vermögen von SOP in Höhe der mit dem Eintritt in die GbR als Gesellschafterin gemäß dem GbR-Vertrag entstehenden bindenden Verpflichtung zur anteiligen Einlagenleistung für künftig fällig werdende Investitionskosten gemindert (vgl. III., 3. u. 4. des Übertragungsvertrages).
3125Diese Verpflichtung war auch bereits hinreichend konkret und bezifferbar, um – im Sinne der Grundsätze zum Gefährdungsschaden bei der Untreue – zu einer wirtschaftlich messbaren sofortigen Minderung des Gesamtvermögens von SOP zu führen. Denn zum Zeitpunkt des Eintritts von SOP in die GbR waren bereits jedenfalls der Kaufvertrag über das Grundstück zwischen der GbR und der X22, der Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag zwischen der GbR und der GEWG in Gestalt des 2. Nachtrages sowie der Steuerberatungsvertrag für die Investitionsphase zwischen der GbR und den Steuerberatern Z25&Z26 rechtsverbindlich abgeschlossen (vgl. oben Teil 1, E., II., (9)). Auf Grund dieser bestehenden rechtlichen Verbindlichkeiten der GbR war bereits mit der Anteilsübernahme durch SOP mit aktuell vermögensmindernder Wirkung zu erwarten, dass SOP jedenfalls für diese Verbindlichkeiten anteilig würde einstehen müssen.
3126Insgesamt war somit zum Zeitpunkt der Anteilsübernahme davon auszugehen, dass SOP – neben dem sofortigen „Verlust“ der Forderungen gegen die Alt-GbR-Gesellschafter – mindestens folgende mit dem Anteilserwerb verbundene Aufwendungen würde erbringen müssen:
3127- 94,9 % von 51,25 Mio. Grundstückskaufpreis = 48.636.250,00 €
3128- 94,9 % der noch nicht bereits geleisteten (und damit bereits im Forderungsverlust gegenüber den Altgesellschaftern enthaltenen) Vergütung der GEWG in Höhe von (brutto) 58.131.500 € (70.031.500 € gem. 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag abzüglich bereits gezahlter 11.900.000 €) = 55.166.793,50 €
3129- 94,9 % der noch nicht bereits geleisteten (und damit bereits im Forderungsverlust gegenüber den Altgesellschaftern enthaltenen) Steuerberatervergütung in Höhe von (brutto) 446.250,00 € (892.500,00 € gem. Steuerberatervertrag vom 07.03.2007 abzüglich bereits gezahlter 446.250,00 €) = 423.491,25 €
3130Unter Einschluss des Forderungsverlustes gegen die Alt-GbR-Gesellschafter in Höhe von 13.760.500,00 € errechnet sich daraus ein Gesamtbetrag von € 117.987.034,70.
3131Dabei waren für die Bemessung des tatbestandlichen Nachteils betreffend den Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag sowie den Steuerberatervertrag die Bruttobeträge anzusetzen. Denn durch die GbR war – im Dezember 2008 konkret durch die geschlossenen Verträge begründet – auf die hierauf entfallende Vergütung zunächst einmal in jedem Fall Umsatzsteuer zu zahlen. Auf der Grundlage der jeweiligen Bruttobeträge wurden auch die anteiligen Einlagen abgefordert. Dass die GbR – was letztlich auch SOP als Gesellschafterin zu Gute gekommen wäre – diese von ihr zu zahlende Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzuges wirtschaftlich wieder „zurückerhalten“ würde, war indes zum Zeitpunkt der Anteilsübernahme nicht zu erwarten. Denn hierfür wäre eine Vermietung bzw. Veräußerung der Liegenschaft mit der Möglichkeit zur Umsatzsteueroptierung erforderlich gewesen. Mit der weiterhin geplanten, langfristigen Vermietung der gesamten Liegenschaft an den „Umsatzsteuerschädling“ SOP wäre dies aber gerade nicht möglich gewesen (vgl. §§ 4 Nr. 8 u. 12, 9 Abs. 1 u. 2 UStG a.F.). Mit Blick auf die Lage und Ausstattung der Liegenschaft wäre – was der Kammer gerade auch der Sachverständige A1 vermittelt hat – aber auch sonst eine (ggf. Unter-)Vermietung an derartige „Umsatzsteuerschädlinge“ aus der Finanzbranche die wahrscheinlichste Variante gewesen. Eine hinreichend konkrete Umsatzsteuerrückerstattungsaussicht, der bereits wirtschaftlicher Wert zuzumessen wäre und die somit schon den tatbestandlichen Nachteil verringern könnte, bestand zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung somit gerade nicht.
3132Dem Eintritt eines Vermögensnachteils bereits mit Abschluss des Anteilsübertagungsvertrages steht auch nicht die Nichtbeachtung der §§ 112, 278 Abs. 3 AktG entgegen. Dabei bedürfen die exakten zivilrechtlichen Folgen dieses Verstoßes für die strafrechtliche Beurteilung keiner genauen Klärung. Denn jedenfalls die faktische Situation begründete bereits mit dem Abschluss des Anteilsübertragungsvertrages eine so hohe Wahrscheinlichkeit seiner wechselseitigen Erfüllung, dass das Vermögen von SOP bereits zu diesem Zeitpunkt im dargestellten Umfang konkret gemindert bzw. schadensgleich gefährdet wurde.
3133Denn alle an dem Vorgang beteiligten Personen – insbesondere die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter selbst und sogar der an dem Vertrag als Gesellschafter der GbR beteiligte Vorsitzende des Aufsichtsrats, der Zeuge B.C12 – behandelten den Vertrag als rechtlich bindend. Dementsprechend erfüllten sie ihn in der Folge auch bzw. ließen ihn über die eingebundenen Fachabteilungen erfüllen. Dies war von allen Angeklagten auch von Anfang an beabsichtigt und erwartet. Nach den Feststellungen war auch nicht davon auszugehen, dass Gremien oder Fachabteilungen die von den persönlich haftenden Gesellschaftern gewünschte Vertragserfüllung auf Grund der fehlenden Zustimmung des Aufsichtsrats verhindern würden. Dies geschah auch tatsächlich zu keinem Zeitpunkt. Die Einlageverpflichtungen des Bankhauses wurden vielmehr – selbst noch nach Eintritt der V11 – erfüllt und die GbR-Anteile wurden in die Bilanz eingestellt. Die Rechtsabteilung wurde – wie typischerweise bei Verträgen aus dem „Bereich E“– mit dem Vertrag nicht befasst. Auch der Notar, der Zeuge Dr. C5, hat – seiner gängigen Praxis im Umgang mit dem Bankhaus folgend – Fragen des § 112 AktG bei der Genehmigungserklärung des Angeklagten J nicht im Blick gehabt.
3134Der Anteilsübertragungsvertrag stellte sich bei dieser Sachlage – gemeinsam mit den vollständig abgezeichneten Beteiligungsvorlagen – jedenfalls als die seine Erfüllung erwartbar auslösende, tatsächliche Grundlage und damit gleichsam als „Rechtsschein“ (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Februar 1999, Az.: 5 StR 494/98) für die internen Bankabläufe sowie für das Verhältnis von SOP zur GbR bzw. deren Gesellschaftern dar. Auf die Grundsätze der „fehlerhaften Gesellschaft“ (vgl. zu deren Anwendbarkeit auch auf die Konstellation der nichtigen Übertragung von Geschäftsanteilen einer GbR: BGH, Urteil vom 20. Juli 2010, Az.: XI ZR 465/07) kommt es bei dieser faktischen, vom Zivilrecht gelösten Betrachtungsweise nicht einmal an. Da aber aus den angeführten Gründen zum Zeitpunkt der Tathandlung bereits davon auszugehen war, dass die Voraussetzungen der „fehlerhaften Gesellschaft“ eintreten würden (die „Invollzugsetzung“ der Anteilsübertragung erfolgte noch mit den ersten Buchungs- bzw. Zahlungsvorgängen am 11. Dezember 2008), ohne dass eine Berufung auf den Vertretungsmangel in der Zukunft absehbar war (eine solche erfolgte erstmals im Jahr 2013 während der laufenden Hauptverhandlung durch den Angeklagten K), bestand bereits im Dezember 2008 die konkrete Gefahr, dass die Anteilsübertragung nicht nur faktisch vollzogen werden würde, sondern dies auch (sogar) mit zivilrechtlichem Bestand.
(b) Vermögenszufluss
3135Der bei SOP durch den Anteilsübertragungsvertrag unmittelbar eintretende Vermögenszufluss bestand im (jedenfalls faktischen, vgl. die vorangegangenen Ausführungen zum Verstoß gegen §§ 112, 278 Abs. 3 AktG) Erwerb der GbR-Anteile. Auf deren wirtschaftlichen Wert ist also abzustellen. Dabei legt die Kammer zugrunde, dass der Wert von 94,9 % der Anteile an der GbR 94,9 % des Verkehrswerts der Gesamtliegenschaft B-Straße als letztlich einzigem Vermögensgegenstand der GbR entsprach. Mit Blick auf das durch SOP mit übernommene Vertragswerk der GbR und den der Nachteilsberechnung zugrunde gelegten Vermögensabfluss (oben (a)) ist dabei auf den zum Zeitpunkt der Anteilsübernahme zu erwartenden Wert der Liegenschaft im (fiktiven) Zustand der Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistungen abzustellen. Nicht anders fiele die Nachteilsberechnung aus, wenn der jeweils aktuelle Wert der GbR-Anteile – im Sinne der bei SOP ab dem Jahr 2009 vorgenommenen Bilanzierung – aus dem zu erwartenden anteiligen Verkehrswert der Liegenschaft im Zustand der Fertigstellung abzüglich der bis dahin noch zu erfüllenden Einlageverpflichtungen des Bankhauses errechnet und von diesem Wert der durch SOP bereits auf die GbR geleistete Aufwand abgezogen würde.
3136Einer – im Rahmen des § 266 StGB gebotenen – wirtschaftlichen Betrachtungsweise würde es hingegen nicht entsprechen, zur Bestimmung des Werts der GbR-Anteile auf den kumulierten anteiligen Wert der Liegenschaft im Ist-Zustand im Dezember 2008 und den anteiligen Wert der der GbR zustehenden Forderungen abzustellen. Denn selbst wenn insbesondere der Kaufpreis für die Altsubstanz und die Vergütung der durch die GEWG zu erbringenden Leistungen für sich genommen marktüblich – und also „ihr Geld wert“ – gewesen sein sollten, könnte nicht zweifelhaft sein, dass es sich gleichwohl dann ex ante um ein insgesamt unwirtschaftliches Projekt handelte, wenn der letztlich entstehende Vermögensgegenstand – und dies war eben allein die Liegenschaft im Zustand der Fertigstellung der geplanten Umbaumaßnahmen – absehbar weniger wert sein würde, als man zu seiner Herstellung insgesamt aufwenden musste. Eine derartige Konzeption hat im Ergebnis notwendigerweise die Verringerung des betreuten Vermögens zur Folge, wobei bei dieser wirtschaftlichen Betrachtung sämtliche Positionen des Herstellungsaufwandes – also auch etwa Nebenkosten – gleichermaßen einzubeziehen sind. Von dieser Grundkonzeption ging im Übrigen auch SOP selbst aus. Deren Bilanzierung der GbR-Anteile orientierte sich nach dem Vorliegen des Verkehrswertgutachtens des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M1 im Jahr 2009 schließlich an dem dort ausgewiesenen Verkehrswert der fertiggestellten Liegenschaft und nicht etwa am Wert der vertraglichen Ansprüche der GbR.
3137Der Wert der GbR-Anteile war somit – nach der Beratung der Kammer durch den Sachverständigen A1 sowie unter Berücksichtigung des zu Gunsten der Angeklagten vorgenommenen „Sicherheitsaufschlags“ – mit 94.389.438,00 € (= 94,9 % des zum Zeitpunkt der Anteilsübernahme höchstens zu erwartenden Verkehrswerts der Gesamtliegenschaft Frankfurt B-Straße 23, 25 / K-Straße 22, 22a im Zustand der Fertigstellung der vereinbarten baulichen Maßnahmen in Höhe von 99.462.000 €) anzusetzen (vgl. Teil 2, D., XLIV.).
3138Der durch die Anteilsübernahme verursachte, tatbestandliche Vermögensnachteil ergibt sich mithin aus der Differenz zwischen dem Vermögensabfluss in Höhe von 117.987.034,70 € und dem kompensierenden Vermögenszufluss in Höhe von 94.389.438,00 €.
3139Er beträgt damit 23.597.596,70 €.
3140Mit Blick auf die Höhe dieses Betrages hat die Kammer – zu Gunsten der Angeklagten – einen aus der nicht dem Bautenstand entsprechenden, hohen Vorauszahlung an die GEWG im Dezember 2008 möglicherweise folgenden weiteren Zinsschaden (vgl. dazu oben Teil 2, D., XLIV., (6), (e)) nicht näher aufgeklärt und somit auch nicht nachteilserhöhend in Ansatz gebracht.
3141Eine weitergehende Kompensierung dieses durch die Anteilsübertragung herbeigeführten Nachteils ist nicht vorzunehmen.
3142Eine Erhöhung des wirtschaftlichen Werts der GbR-Anteile auf Grund eines besonderen, rein subjektiven (Affektions-)Interesses gerade von SOP an dieser Liegenschaft war nicht angezeigt. Denn einen objektivierbaren und damit messbaren Wert haben derartige Aspekte nicht, so dass sie auf die – gerade im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 23. Juni 2010, Az.: 2 BvR 2559/08. 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09) – nach streng wirtschaftlichen Maßstäben durchzuführende Nachteilsbemessung nicht durchschlagen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Bedeutung dieses Umstands gerade auf Grund des im Dezember 2008 ungewissen Umfangs eines eigenen Flächenbedarfs für SOP in der Liegenschaft ohnehin stark herabgesetzt war. Der hohe – für alle Nutzer der Liegenschaft bestehende – Repräsentationswert gerade der Altbau-Bürovilla spiegelt sich bereits im zugrunde gelegten Verkehrswert wider. Anhaltspunkte dafür, dass mit einer Nutzung der Liegenschaft durch SOP (unter Berücksichtigung auch von entstehenden Umzugskosten) wirtschaftlich messbare positive Effekte für das Bankhaus entstehen würden, hat die Hauptverhandlung nicht ergeben.
3143Auch führen aus der Vergütung der GEWG zu erwartende Rückflüsse an das Bankhaus nicht zu einer nachteilsmindernden Kompensation. Denn zum einen war die KGaA – um deren Vermögen es bei der Nachteilsbestimmung geht – Ende 2008 an der OEH gar nicht mehr beteiligt und partizipierte somit auch wirtschaftlich nicht mehr selbst am Ergebnis der GEWG. Zum anderen wären die aus dem mit der GbR bereits geschlossenen Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag resultierenden Gewinne für die GEWG in gleicher Weise auch ohne die Anteilsübertragung auf das Bankhaus generiert worden. Die Tathandlung änderte an dieser Vermögensposition also nichts.
3144Von einer nachteilsmindernden Kompensation war auch nicht unter dem Gesichtspunkt auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung bereits ein Mietvertrag oder jedenfalls eine rechtliche Verpflichtung zum Abschluss eines Mietvertrages zwischen SOP und der GbR über die Gesamtliegenschaft zu bestimmten Konditionen bestanden hätte bzw. eine Nichtanmietung jedenfalls Schadensersatzverpflichtungen ausgelöst hätte, deren Durchsetzung SOP nun als Mehrheitsgesellschafterin der GbR hätte verhindern bzw. deren Erfüllung es nun zu 94,9 % an sich selbst hätte zurückfließen lassen können. Denn derartige rechtliche Bindungen bestanden schon in objektiver Hinsicht nicht.
3145Ein Mietvertrag über die Gesamtliegenschaft war zwischen der GbR und SOP noch nicht abgeschlossen worden. Zum Abschluss eines solchen war es trotz der im März 2007 durch den Angeklagten E für die GbR an den Angeklagten K erfolgten Übersendung eines ausformulierten, alle wesentlichen Vertragsbestandteile enthaltenden Mietvertragsentwurfs vielmehr gerade nicht gekommen.
3146Auch ein bindender Vorvertrag über den Abschluss eines Mietvertrags über die Gesamtliegenschaft mit einem schon konturierten Inhalt bestand nicht. Anknüpfen könnte man insoweit allenfalls an verschiedene durch den Angeklagten K für das Bankhaus unterzeichnete Entscheidungsvorlagen des Angeklagten E, die Mietthemen zum Gegenstand hatten. Diese bewertet die Kammer nach den festgestellten Gesamtumständen allerdings durchgängig nicht als mit erkennbarem Rechtsbindungswillen abgegebene Erklärungen, sich für das Bankhaus zu einer Anmietung bereits verbindlich verpflichten zu wollen, sondern als bloße Absichtserklärungen zum Zwecke der Fondskalkulation für den Angeklagten E (vgl. hierzu Ellenberger in Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Einf v § 145, Rn. 19ff.). Hierfür spricht bereits der Wortlaut der in Betracht kommenden Vorlagen, in denen etwa die Begriffe „Vorvertrag“ oder auch nur „Verpflichtung“ – trotz der Geschäftserfahrenheit der Beteiligten und der etwa in der Person des Zeugen H2 auch im „Hause E“ vorhandenen juristischen Expertise – nicht verwendet wurden. Auch spricht der Umstand, dass sich die Parameter der in Aussicht genommenen Anmietung über den Zeitverlauf immer wieder änderten, für im Ganzen noch nicht abgeschlossene und somit rechtliche Bindungen noch nicht auslösende Abstimmungsprozesse.
3147Eine Abstandnahme von einer (weiteren) Anmietung der Liegenschaft im Herbst 2008 durch SOP hätte schließlich auch bereits dem Grunde nach keine Schadensersatzverpflichtungen des Bankhauses aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) auslösen können. Denn ein solcher Anspruch setzt voraus, dass eine Partei Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund abbricht, nachdem sie in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages erweckt hatte (hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 311 Rn. 30ff.). Hieran sind hohe Anforderungen zu stellen. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Bankhauses im Spätjahr 2008, der damit einhergehende veränderte Raumbedarf und die Auswirkungen der Finanzkrise auf den Frankfurter Immobilienmarkt wären aber als triftige Gründe für ein Absehen von einer Anmietung der Gesamtliegenschaft – insbesondere zu den in Aussicht genommenen Konditionen – anzusehen gewesen. Insoweit hätte es sich um ein Risiko gehandelt, dass die GbR – die sich diesbezüglich gerade nicht durch verbindliche und klare vertragliche Vereinbarungen abgesichert, sondern bereits auf entsprechende Absichtsbekundungen des Bankhauses hin Aufwendungen begründet hatte – zu tragen gehabt hätte.
II. Vorsatz
3148Die Angeklagten K, O, J und P verwirklichten den Tatbestand der Untreue jeweils mit bedingtem Vorsatz.
3149Betreffend das bislang noch nicht gewürdigte (vgl. Teil 2, D., XLIX., (1), (e)) Fehlen eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses der KGaA handelten alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter zur Überzeugung der Kammer ebenfalls vorsätzlich:
3150Sie stellten sich insbesondere keine tatsächlichen Umstände irrig vor, bei deren Vorliegen ein tatbestandsausschließendes Einverständnis anzunehmen gewesen wäre. Ihnen war auf Grund ihrer eigenen Teilnahme an den dafür in Betracht kommenden Sitzungen des Aktionärsausschusses und Hauptversammlungen von SOP sowie den Poolversammlungen vielmehr bekannt, dass es zu einer Erörterung der Anteilsübertragung oder gar Beschlussfassung hierüber dort in keiner Weise gekommen war bzw. auch nur in der Folge kam. Die Kammer schließt auch aus, dass einzelne persönlich haftende Gesellschafter die irrige Vorstellung gehabt haben könnten, dass es außerhalb der förmlichen Sitzungen wenigstens zu einer Befassung sämtlicher Mitglieder des Aktionärsausschusses (oder gar des gesamten Aktionärs-Pools als „Entsender“ des Vertreters der SCA in die Hauptversammlung der KGaA) mit der und mehrheitlichen Zustimmung zu der Anteilsübertragung gekommen war. Die Angeklagten K und O haben dies auch nicht behauptet. Soweit der Angeklagte J erklärt hat, es – betreffend das gesamte Projekt B-Straße – als „selbstverständlich“ angesehen zu haben, dass es „auch auf den internen Wegen der Bankfamilie eine laufende Unterrichtung der Gesamtheit der Aktionäre“ gegeben habe und sich der Angeklagte P dahin eingelassen hat, dass „auf Grund der engen persönlichen Verbindungen aller Aktionäre untereinander, insbesondere der Familienstämme und ihrer Repräsentanten die Kommanditaktionäre über das Projekt B-Straße“ seines Erachtens „in dem erforderlichen Umfange informiert“ gewesen seien, handelt es sich dabei schon nicht um die Schilderung gerade auf die Anteilsübertragung bezogener konkreter Wahrnehmungen. Die Kammer wertet diese pauschalen Einlassungen als reine Schutzbehauptungen.
3151Denn die Hauptverhandlung hat – wie bereits an anderer Stelle ausgeführt (vgl. Teil 2, B., IV. sowie D., XLII.) – ergeben, dass jedenfalls diejenigen Organmitglieder, die nicht den beiden größten Familienstämmen angehörten, nicht nur betreffend die Anteilsübertragung beim Projekt B-Straße, sondern generell in der Praxis des Bankhauses in etwaige informelle Informationsflüsse „der Bankfamilie“ nicht einbezogen waren. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Umstand den – bereits langjährig im Bankhaus tätigen – Angeklagten J und P verborgen geblieben sein könnte, hat die Hauptverhandlung – und haben insbesondere auch die Einlassungen dieser Angeklagten selbst – nicht ergeben. Es ist vor diesem Hintergrund auszuschließen, dass die Angeklagten – die dieses Geschäft einer Diskussion in den förmlichen Gremiensitzungen gerade entzogen – zum Zeitpunkt ihrer Zustimmung zur Anteilsübertragung die konkrete Vorstellung gehabt haben könnten, dass es im Vorfeld zu einer informellen mehrheitlichen Zustimmung jedenfalls der Aktionärsausschussmitglieder (oder gar des gesamten Aktionärs-Pools) unter Einbeziehung gerade auch der nicht den größten Familienstämmen angehörenden Vertreter gekommen war. Nach der festgestellten Struktur des Bankhauses war Derartiges vielmehr fernliegend.
3152Es steht nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter die (rechtlich unzutreffende) Vorstellung hatte, dass allein der Vorsitzende des Aktionärsausschusses oder sie selbst als Organe der SCA mit pflichtverletzungsausschließender Wirkung ein sie gegenüber SOP entlastendes Einverständnis in an sich pflichtwidrige Handlungen erklären könnten, die sie als persönlich haftende Gesellschafter von SOP vornahmen. Es bedarf somit keiner Entscheidung, wie ein derartiger Irrtum strafrechtlich einzuordnen wäre. Auch bedarf es vor diesem Hintergrund keiner näheren Problematisierung des Umstandes, dass selbst der Aktionärsausschussvorsitzende die Beteiligungsvorlagen jeweils erst nach den persönlich haftenden Gesellschaftern abzeichnete, was diese mit Blick darauf, dass keiner von ihnen ein bereits zuvor durch den Zeugen Ob abgezeichnetes Exemplar der Vorlagen gesehen haben konnte, jedenfalls in Kauf nahmen.
3153Keiner der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter hat sich eindeutig dahin eingelassen, auch nur im Sinne einer Parallelwertung von einer eigenen „Einverständnisbefugnis“ oder einer solchen allein des Aktionärsausschussvorsitzenden ausgegangen zu sein. Der Angeklagte J hat insoweit lediglich erklärt, dass die SCA als Obergesellschaft der Übernahme der GbR-Beteiligung zugestimmt habe, wobei diese „Genehmigung auf Konzernebene“ durch alle persönlich haftenden Gesellschafter sowie den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses erteilt worden sei. Der Angeklagte P hat mit Blick auf die Abzeichnung der Beteiligungsvorlage durch den Zeugen Ob ausgeführt, dass „die Kommanditaktionäre, vertreten durch ihren Sprecher, dem Erwerb der GbR-Anteile durch die Bank“ zugestimmt hätten. Soweit hiermit entsprechende Irrtümer hinsichtlich der „Einverständnisbefugnis“ überhaupt behauptet werden sollten, könnte die Kammer dem keinen Glauben schenken. Die Kammer schließt aus, dass den langjährig im Bankhaus tätigen persönlich haftenden Gesellschaftern, die zugleich Mitglieder im Gesellschafter- bzw. Aktionärs-Pool waren, die gesellschaftsrechtlichen bzw. satzungsmäßigen Gegebenheiten und tatsächlichen Abläufe des Bankhauses sowie die festgestellten Hintergründe des EZI-Codes als ursprünglich gerade auf die Person Ocs zugeschnittenem Regelungswerk, aus denen die Kammer – wie oben (I., (3), (d)) im Einzelnen dargestellt – die fehlende Einverständnisbefugnis allein des Aktionärsausschussvorsitzenden sowie der persönlich haftenden Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als organschaftliche Vertreter der SCA abgeleitet hat, nicht bekannt gewesen sein könnten. Insbesondere konnten sie auch auf Grund ihrer eigenen Teilnahme an den Aktionärsausschusssitzungen laufend wahrnehmen, dass dort der EZI-Code bzw. hiernach durch den Aktionärsausschussvorsitzenden erteilte oder noch zu erteilende Zustimmungen keine Rolle spielten. Mit Blick darauf ist es für die Kammer ausgeschlossen, dass die persönlich haftenden Gesellschafter auch im Sinne einer Parallelwertung davon ausgegangen sein könnten, mit der nach dem EZI-Code vorgesehenen Zustimmung allein des Aktionärsausschussvorsitzenden nicht nur den aus diesem Code resultierenden besonderen formellen Anforderungen Genüge zu tun, sondern sich zugleich ein sie in jeder Hinsicht gegenüber der gesamten KGaA entlastendes Einverständnis „abzuholen“. Eine solche Vorstellung ist auch deshalb fernliegend, weil sie zur Folge hätte, dass die persönlich haftenden Gesellschafter gerade bei den besonders bedeutsamen Geschäften, die nach dem EZI-Code einer Zustimmung auch des Aktionärsausschussvorsitzenden bedurften, bereits bei deren Vorliegen gegenüber der KGaA „entlastet“ gewesen wären. Derartige Geschäfte stellen sich aber als gegenüber der Gesamtheit der Bankgesellschafter gerade besonders erörterungsbedürftig dar. Noch fernliegender ist – gerade im Rahmen einer Parallelwertung – die Vorstellung, Einverständnisse in an sich erkanntermaßen pflichtwidrige und nachteilsverursachende Handlungen mit entlastender Wirkung gegenüber der KGaA selbst (in ihrer Eigenschaft als Vertreter der SCA) erteilen zu können. Gerade auch mit Blick auf den in der KGaA fortbestehenden Aktionärsausschuss und die aus § 9 des Aktionärs-Pool-Vertrages folgenden Modalitäten der Festlegung des Abstimmungsverhaltens der SCA in der Hauptversammlung der KGaA war den persönlich haftenden Gesellschaftern zur Überzeugung der Kammer vielmehr stets bewusst, dass sie ihre Handlungen auch innerhalb der KGaA weiterhin vor der Gesamtheit der Bankgesellschafter bzw. jedenfalls deren Repräsentationsorganen zu verantworten hatten.
3154Mit Blick darauf, dass alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter nach den Umständen offensichtlich erkannten, dass die Einberufung einer Aktionärsausschusssitzung oder sogar Aktionärs-Pool-Versammlung vor der Entscheidung über die Anteilsübernahme ohne Weiteres möglich gewesen wäre, lag schon aus diesem Grund auch kein Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines „mutmaßlichen Einverständnisses“ vor. Da die Kammer auch schlechterdings keinen plausiblen Grund dafür erkennen kann, warum es in diesen Gremien – hätte man sie mit der Frage befasst – bei umfassender und zutreffender Information ihrer Mitglieder zu einer mehrheitlichen Zustimmung zu dieser die Vermögensinteressen von SOP nicht wahrenden Transaktion gekommen sein sollte und die Angeklagten derartige Gründe auch nicht vorgebracht haben, schließt die Kammer auch einen Irrtum über die Voraussetzungen eines „hypothetischen Einverständnisses“ aus.
3155- B.
3156
Komplex X1
Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Angeklagten K, O, J und P auch im Tatkomplex X1 einer Untreue zum Nachteil von SOP schuldig gemacht (§ 266 StGB).
I. Objektiver Tatbestand
(1) Tathandlung
3158Die nachteilsverursachende Handlung der gegenüber SOP vermögensbetreuungspflichtigen persönlich haftenden Gesellschafter liegt hinsichtlich der Kapitalerhöhung darin, dass die Angeklagten bis zum 28. September 2008 übereinkamen, diese Kapitalerhöhung zu zeichnen. Diese Übereinkunft war die Grundlage dafür, dass der Angeklagte J am 29. September 2008 den Zeichnungsschein (§ 185 i.V.m. § 203 AktG) mit verbindlicher Wirkung für das Bankhaus unterschrieb und der X1 AG übergeben ließ. Gleichfalls noch am 29. September 2008 kam es auf dieser Grundlage auch zur Einzahlung des Geldbetrages für die Kapitalerhöhung durch SOP. Diese Ausführung des zuvor von allen Partnern getroffenen Beschlusses ist den übrigen angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern nach § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. In der Unterzeichnung des Zeichnungsscheins liegt eine schriftliche, auf einen Vertragsschluss gerichtete, bis zum Zeitpunkt des § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG bindende empfangsbedürftige Willenserklärung auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages (Hüffer, Aktiengesetz, 11. Aufl. 2014, § 203 Rn. 3). Mit korrespondierender, formfreier Willenserklärung der Aktiengesellschaft kommt – wie vorliegend – zwischen dem Zeichner und der Aktiengesellschaft ein Zeichnungsvertrag zu Stande (vgl. Hüffer a.a.O.). Da schon mit dem Zugang des Zeichnungsscheins bei der X1 AG am 29. September 2008 SOP gebunden war und es gleichfalls noch am 29. September 2008 zur Einzahlung des Geldbetrages für die Kapitalerhöhung kam, entfaltete die spätere – lediglich der internen Bankdokumentation dienende – Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen keine eigenständige strafrechtliche Bedeutung.
3159Hinsichtlich des an die X1 AG gewährten Kredits liegt eine gestreckte nachteilsverursachende Handlung mit sich steigernder Bindungswirkung vor. Die Erklärungen des Angeklagten J noch in der Nacht zum 29. September 2008 gegenüber der X1 AG (in Person ihres Vorstandsvorsitzenden Dr. N9) und im Verlauf desselben Tages gegenüber den Konsortialbanken und dem Warenkreditversicherer X27 lösten bereits jedenfalls eine faktische Bindung aus, die zusätzlich entstandene Finanzierungslücke von 50 Mio. € durch entsprechende Darlehen (über 20 und 30 Mio. €) zu schließen. Denn von dieser Erklärung hatten insbesondere die Konsortialbanken und der Warenkreditversicherer ihre sodann erfolgten weiteren Finanzierungszusagen für die X1 AG abhängig gemacht. Diesem Vorgehen des Angeklagten J aus der Nacht stimmten noch am 29. September 2008 auch alle anderen Partner zu. Diese Zustimmung zu der Kreditzusage bekräftigten und formalisierten alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter sodann durch die Abzeichnung des SOP-Kreditprotokolls (sowie der Konzernvorlage). Erst dieses bildete die bankinterne Grundlage für die Kreditabteilung, am 3. November 2008 einen erstmals sämtliche vertragliche Absprachen regelnden schriftlichen Kreditvertrag über (letztlich nur) 20 Mio. € mit der X1 AG abzuschließen und den Kreditbetrag an diese auszukehren.
3160Sowohl hinsichtlich der Kapitalerhöhung als auch der Kreditausreichung liegt somit ein einstimmiger Beschluss der Partnerschaft vor. Auch hier kann mithin für jeden angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter an seine eigene Zustimmung zu dem jeweiligen Geschäft als Tatbeitrag angeknüpft werden. Mit Blick darauf, dass ein derartiger einstimmiger Beschluss jeweils auch zwingend erforderlich war (hinsichtlich der Kapitalerhöhung gem. § 2 der Geschäftsordnung der persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA i.V.m. Ziff. 2.5 der Anlage sowie auf Ebene der SCA gem. § 2 der Geschäftsordnung der Geschäftsführung der SCA i.V.m. Ziff. 2.7 der Anlage; hinsichtlich der Kreditausreichung auf Grund von dessen Eigenschaft als Groß- und Organkredit nach dem Kompetenztableau), hätte jede verweigerte Zustimmung das jeweilige Geschäft verhindert. Die Kausalität bereits jeder einzelnen Zustimmungshandlung für die mit den Geschäften verbundenen Vermögensnachteile ist damit gegeben.
(2) Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
3161Sowohl hinsichtlich der Zeichnung der Kapitalerhöhung als auch der Kreditausreichung an die X1 AG haben die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter ihre durch § 93 Abs. 1 AktG vorgegebenen Vermögensbetreuungspflichten gegenüber SOP in gravierender Weise verletzt.
(a) Anzulegender Pflichtenmaßstab
3162Für – hier gegebene – typische Bankgeschäfte sind dabei zur näheren Bestimmung des Pflichtenprogramms neben den bereits zum Tatkomplex B-Straße ausgeführten Grundsätzen (s.o. A., I., (3), (a)) gerade auch die bankaufsichtsrechtlichen Vorgaben von Bedeutung. Zwar sind die nach § 266 Abs. 1 StGB zu beachtenden Prüf- und Informationspflichten mit denen des § 18 Abs. 1 KWG (der mit Blick auf die zusätzlich von der Zeugin T3 bzw. deren Firmen übernommenen X1-Aktien über § 21 Abs. 1, S. 1, Nr. 6 KWG auch für die Zeichnung der Kapitalerhöhung zu beachten war), nicht vollständig deckungsgleich. Aus einer Verletzung der in § 18 Abs. 1 KWG normierten Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers (bzw. Beteiligungsunternehmens) können sich aber Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diesen Informations- und Prüfpflichten nicht genügt worden ist. Die Vorschrift des § 18 KWG ist dabei Ausfluss des anerkannten bankkaufmännischen Grundsatzes, Kredite nur nach umfassender und sorgfältiger Bonitätsprüfung zu gewähren. Er beinhaltet daher eine Selbstverständlichkeit, erhebt sie aber zu einer gesetzlichen Norm (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 6. April 2000, Az.: 1 StR 280/99; BGH, Urteil vom 15. November 2001, Az.: 1 StR 185/01; BGH, Urteil vom 13. August 2009, Az.: 3 StR 576/08).
3163Ferner gilt auch hier der allgemeine Grundsatz, dass sich die Entscheidungen allein am Unternehmenswohl ausrichten müssen und keinesfalls durch sachfremde oder gar eigennützige Erwägungen bestimmt werden dürfen.
(b) Bedeutung der Ressortzuständigkeit
3164Sofern eine eindeutig abgrenzbare Ressortzuständigkeit eines oder mehrerer persönlich haftender Gesellschafter für die Kapitalerhöhung bzw. die Kreditvergabe an die X1 AG überhaupt bestanden haben sollte, käme dieser für die Beurteilung einer Pflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB jedenfalls keine entscheidende Bedeutung zu. Denn für alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter war ohne Weiteres erkennbar, dass die Investitionsentscheidungen auf evident unzureichender Informationsgrundlage getroffen wurden, was eigene Rückfragen und Nachprüfungen auch von ressortunzuständigen Partnern zur Wahrung der Vermögensbetreuungspflicht erforderlich gemacht hätte. Hinzu kommt, dass die Investitionsentscheidungen zu Gunsten eines Unternehmens getroffen wurden, dessen Bonität – für alle Partner mit Blick auf die unmittelbar drohende Insolvenz der X1 AG auf der Hand liegend – ungewöhnlich problematisch war. Sie stellten daher auch mit Blick auf ihre Höhe ein besonders hohes Risiko für das Bankhaus dar. Auch dies machte eigene Überprüfungen eines jeden Mitentscheiders zwingend erforderlich und schloss ein bloßes Verlassen auf einen etwaig „federführenden“ Partner aus (vgl. zu diesen Grundsätzen bereits oben A., I., (3), (b)).
3165Für die Angeklagten J und P kommt in diesem Zusammenhang hinzu, dass für beide offensichtlich war, dass das Handeln der Angeklagten K und O auch durch deren persönliches – und damit sachfremdes – wirtschaftliches Interesse an einer Vermeidung der Inanspruchnahme aus den Y14-Bürgschaften mitbestimmt war. Schon aus diesem Grund fiel ihnen die Aufgabe zu, unabhängig von etwaigen Ressortzuständigkeiten als besonders kritische Entscheider zu fungieren.
(c) Pflichtenverstoß
3166Gemessen hieran ist sowohl betreffend die Kapitalerhöhung wie auch die Kreditausreichung für alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter eine Verletzung ihrer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB anzunehmen.
3167Kapitalerhöhung
3168Bei der Annahme einer Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht fällt für die Angeklagten K, O und J zunächst ins Gewicht, dass die Entscheidung über die Kapitalerhöhung (wie auch diejenige über die Kreditgewährung) schon nicht ausschließlich von Erwägungen getragen war, die sich am Wohl der Bank ausrichteten. Denn die Angeklagten K und O verfolgten mit ihrer Entscheidung auch das wirtschaftlich eigennützige und damit sachfremde Motiv, eine Inanspruchnahme aus ihren Y14-Bürgschaften zu vermeiden. Außerdem verfolgten sie – wie auch und insbesondere der Angeklagte J – bei ihrer Entscheidung das gleichfalls sachfremde Motiv, eine im Falle einer X1-Insolvenz drohende Offenlegung der Y14-Konstruktion, insbesondere der Verbindung des an die Y14 gewährten Kredites zur Zeugin T3 bzw. zur X1 AG, gegenüber den Bankenaufsichten sowie den Gremien des Bankhauses zu verhindern.
3169Die Entscheidung über die Kapitalerhöhung war darüber hinaus für alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter pflichtwidrig, weil sie dabei in erheblicher, evidenter Weise gegen bankübliche Informations- und Prüfungspflichten verstießen. Denn keinem Angeklagten lagen bei der Entscheidung Informationen vor, die ihn in die Lage versetzt hätten, die Chancen und Risiken der Zeichnung der Kapitalerhöhung vermögensbetreuungspflichtgemäß miteinander abzuwägen. Dabei war angesichts der akuten Insolvenzbedrohung der X1 AG das massive Verlustrisiko der eingesetzten Gelder offensichtlich. Die von den Angeklagten bei der Entscheidung über die Kapitalerhöhung in den Blick genommenen Informationen beschränkten sich nahezu ausschließlich auf Auskünfte der X1 AG, also des um Finanzmittel nachsuchenden Unternehmens selbst. Das dem Angeklagten J am Nachmittag des 27. September 2008 vom Sekretariat des Zeugen Dr. N9 zugefaxte bloße Finanzierungskonzept konnte dabei erkennbar nicht mehr als einer ersten Orientierung dienen. Dessen nähere eigene Überprüfung und eine Verbreiterung der Informationsbasis insbesondere mit Blick auf die bestehenden nachhaltigen Sanierungsaussichten der X1 AG unterblieben.
3170Die Kammer verkennt dabei nicht, dass für die Entscheidung über die Stützungsmaßnahmen nur ein vergleichsweise kurzes Zeitfenster zur Verfügung stand. Dennoch wäre es – was der Kammer auch die Beratung durch die Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 vermittelt hat – auch innerhalb dieses Zeitfensters möglich gewesen und hätte es den durch aufsichtsrechtliche Vorgaben mitbestimmten bankenüblichen Sorgfaltsmaßstäben entsprochen, eine deutlich breitere Entscheidungsgrundlage zu schaffen und auszuwerten. So hätten die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter in dem nur kurzen Zeitraum ihrer Entscheidung zwar kein eigenes Sanierungskonzept oder -gutachten mehr in Auftrag geben können. Sie hätten aber noch am Wochenende des 26. bis 28. September 2008 ihre eigenen Fachmitarbeiter zu einer (aktualisierten) Auswertung zumindest der im Bankhaus zur X1 AG schon vorhandenen Unterlagen anhalten bzw. mit den Mitarbeitern Rücksprache nehmen und jedenfalls deren in der Vergangenheit bereits abgegebene Einschätzungen zu diesem Unternehmen in den Blick nehmen können. Dies aber unterblieb.
3171Dabei hätte den Jahresabschlüssen für die Finanzierungsentscheidungen erhebliches Gewicht zukommen müssen (vgl. § 18 Abs. 1 KWG). Noch im Juni 2008 war bei SOP eine Prüfung insbesondere anhand des zuletzt aufgestellten Jahresabschlusses (zum 30. September 2007) vorgenommen worden. Gerade auf dieser Grundlage war dabei das bankinterne Rating des Konzerns auf „B+“ (= non-investment-Grade / hochspekulative Anlage) herabgesenkt worden. Es ist bereits im Rahmen der Beweiswürdigung zum Wert der im Wege der Kapitalerhöhung übernommenen Aktien bzw. der Kreditforderung näher dargelegt worden, dass die (zeitlich rasch mögliche) Prüfung der (sogar öffentlich zugänglichen) Jahresabschlüsse eine über Jahre andauernde „Abwärtsbewegung“ bei ständigen Planverfehlungen aufgezeigt hätte. Diese Bewegung war über Jahre hinweg von den eigenen Mitarbeitern der Bank festgehalten worden.
3172Auch wenn der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2007/2008 im September 2008 noch nicht aufgestellt war, so waren zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Kapitalerhöhung zudem jedenfalls die Quartalsberichte der ersten drei Quartale des (auf die Zeit vom 1. Oktober bis 30. September umgestellten) laufenden Geschäftsjahres, der Konzern-Zwischenbericht zum 30. Juni 2008 sowie die zumindest zehn Monate des laufenden Geschäftsjahres umfassende kurzfristige Erfolgsrechnung bzw. die betriebswirtschaftlichen Auswertungen verfügbar. Diese wären bei entsprechenden – allerdings unterbliebenen – Nachfragen bei der X1 AG kurzfristig zu beschaffen gewesen. Die Sachverständigen Prof. Dr.A2 und Prof. Dr. A3 haben nach einer Auswertung dieser auch innerhalb kurzer Zeit prüfbaren Unterlagen überzeugend ausgeführt, dass sie einen im Konzern erwirtschafteten Fehlbetrag (nach Minderheiten) von knapp 375 Mio. € für die vollständig auswertbaren neun Monate des Geschäftsjahres offenbart hätten. Damit hatte der Konzern in den vergangenen neun Monaten höhere Verluste eingefahren als in den vorangegangenen vier Geschäftsjahren zusammengenommen. Bereits aus diesen ohne Weiteres beschaffbaren Unterlagen hätte zudem klar entnommen werden können, dass die X1 AG nicht etwa nur an einem reinen akuten Liquiditätsproblem, sondern an einem grundlegenden „operativen“ Problem litt, von dessen Behebung ihr künftiges Überleben abhängen würde.
3173Die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter beschritten auch nicht den Weg der Beschaffung der den Konsortialbanken bzw. den Warenkreditversicherern über den Zustand der X1 AG vorliegenden Unterlagen und Einschätzungen etwa der Q41. Jedenfalls die X1 AG hätte sich mit Blick auf den drängenden und gerade bei SOP nachgesuchten Finanzierungsbedarf einer Forderung des Bankhauses nach einer Überlassung derartiger Informationen nicht verweigern können. Die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter forderten Derartiges aber nicht einmal an.
3174Das sog. „Amendment“ der Q41 vom 10. September 2008 sowie deren „Vorläufige Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens X1, den Geschäftsbetrieb fortzuführen“ vom 29. September 2008 lagen keinem der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter bis zur Zeichnung der Kapitalerhöhung vor. Diese Dokumente konnten somit schon kein Bestandteil ihrer Risikoabwägung sein. Soweit den Angeklagten bekannt gewesen sein sollte, dass die Konsortialbanken entsprechende Einschätzungen der Q41 zur Bedingung für weitere Finanzierungszusagen gemacht hatten, ersetzt eine solche Kenntnis nicht die eigene Kenntnisnahme und Überprüfung dieser Unterlagen durch die Verantwortlichen von SOP. Ein im Wortsinne „blindes Verlassen“ auf (vermeintlich) positive Einschätzungen der Q41 genügt erkennbar nicht den an Bankleiter zu stellenden Sorgfaltsanforderungen. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der für SOP gerade nicht bestehenden komfortablen Sicherheitenlage der Konsorten: Diese benötigten im Kern lediglich Zeit, in der sich die H4 Aktien wieder vom Kurstief erholten. Dann wollten sie die ihnen verpfändeten Aktien verkaufen, um ihre Kredite zurückgeführt zu erhalten. Den Konsortialbanken konnte angesichts ihrer Sicherheitenlage daher die Aussage ausreichen, die Liquidität der X1 AG sei für ein Jahr gesichert. Eine tatsächliche Kenntnisnahme des Q41-Schreibens vom 29. September 2008 hätte denn auch zu Tage gefördert, dass auch dieses Schreiben sich inhaltlich allein mit dem zu deckenden Liquiditätsbedarf in den kommenden Geschäftsjahren befasst und zur tatsächlichen Sanierungsaussicht des Konzerns – also der Behebung der Krisenursachen – über das „Amendment“ vom 10. September 2008 nicht hinausreicht. Dieses aber vermochte – wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung zum Wert der im Wege der Kapitalerhöhung übernommenen Aktien und der Kreditforderung näher ausgeführt – seinerseits die tragfähige Erwartung einer Sanierungsfähigkeit der X1 AG und damit einer Werthaltigkeit der übernommenen Beteiligung gerade nicht zu begründen.
3175Soweit für den erst am Sonntagnachmittag (28. September 2008) in die Vorgänge einbezogenen Angeklagten P ein noch kürzeres Zeitfenster für seine Entscheidung bestand als für seine Partner, hätte es ihm jedenfalls oblegen, in dem Telefonat mit dem Angeklagten J im Einzelnen zu hinterfragen, auf welcher – gerade nicht ausreichend vorhandenen – Informationsgrundlage und unter welcher Abwägung von Chancen und Risiken die übrigen persönlich haftenden Gesellschafter bereits ihre Zustimmungsentscheidung zur Kapitalerhöhung getroffen hatten. Auch hätte es sich ihm aufdrängen müssen zu hinterfragen, warum er erst so spät in die Entscheidungsfindung einbezogen wurde. Mit der stattdessen erfolgten sofortigen Zustimmung zur der Kapitalerhöhung auf der Grundlage lediglich der ihm vom Angeklagten J in dem Telefongespräch mitgeteilten, äußerst dürftigen Informationen wurde der Angeklagte P seinen ihm gegenüber SOP obliegenden Vermögensbetreuungspflichten offensichtlich nicht gerecht.
3176Der Annahme einer gravierenden Pflichtverletzung aller angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter steht auch nicht entgegen, dass im Bankhaus zum Zeitpunkt der Entscheidung über die X1-Unterstützungsmaßnahmen bereits erhebliche mit dem X1-Konzern im Zusammenhang stehende Risikopositionen bestanden, das Bankhaus also durchaus ein eigenes Interesse an einer Vermeidung einer X1-Insolvenz hatte. Denn zum einen wäre für eine ermessensfehlerfreie unternehmerische Entscheidung erforderlich gewesen, das im Falle einer X1-Insolvenz für das Bankhaus bestehende tatsächliche Ausfallrisiko – das dann ins Verhältnis zu den neu eingesetzten Mitteln hätte gesetzt werden können – betragsmäßig näher zu ermitteln. Auch dies unterblieb jedoch bis zu den getroffenen Entscheidungen, obwohl die Möglichkeit hierzu auch kurzfristig – insbesondere durch Hinzuziehung der eigenen Fachabteilungen – ohne weiteres bestanden hätte. Außerdem und vor allem aber wäre für eine vermögensbetreuungspflichtgemäße Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von drohenden Ausfällen des Bankhauses durch die Verhinderung einer X1-Insolvenz erforderlich gewesen, dass nach eingehender Prüfung sämtlicher beschaffbarer Informationen die Annahme vertretbar gewesen wäre, dass durch die neu eingesetzten Mittel die X1-Insolvenz nachhaltig abzuwenden, der X1-Konzern also tatsächlich sanierungsfähig war. Gerade hierzu lagen aber schon objektiv und insbesondere auch im Bankhaus selbst keinerlei eine solche Annahme rechtfertigenden Informationen vor. Auf dieser Grundlage stellen sich die Unterstützungsmaßnahmen des Bankhauses nicht als pflichtgemäße, an den Vermögensinteressen von SOP ausgerichtete unternehmerische Entscheidung, sondern als „gutes Geld dem schlechten hinterher Werfen“ dar.
3177Es liegt auf der Hand, dass ein solches Verhalten auch nicht mit Blick auf im Falle einer Insolvenz der X1 AG befürchtete Reputationseinbußen des Bankhauses pflichtgemäß sein konnte, schon weil es die – nur wenige Monate später auch tatsächlich eingetretene – Insolvenz der X1 AG gerade nicht zu verhindern geeignet war.
3178Kreditvergabe
3179Hinsichtlich der Kreditvergabe gilt bis zum 29. September 2008 – dem Tag der auch nach außen erklärten grundsätzlichen Übereinkunft aller persönlich haftenden Gesellschafter, die X1 AG zusätzlich zur Kapitalerhöhung auch mit Kreditmitteln zu unterstützen – das zur Kapitalerhöhung Ausgeführte in gleicher Weise. Insbesondere war bis zu diesem Zeitpunkt die Informationsgrundlage auch für die Ausreichung eines Kredites an die X1 AG evident unzureichend. Der Annahme einer Pflichtverletzung steht insoweit auch nicht etwa entgegen, dass dieser Kredit möglicherweise durch die Abtretung einer Forderung der V10 besichert werden sollte. Denn diese Sicherheit war zu diesem Zeitpunkt lediglich vage in den Raum gestellt und in keiner Weise verbindlich vereinbart worden.
3180Die Informationsgrundlage der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter blieb auch bis zur Zeichnung des SOP-Kreditprotokolls bzw. der Konzernvorlage offensichtlich defizitär. Ergänzende Unterlagen, die eine pflichtgemäße Bonitätsprüfung erlaubt hätten, wurden auch bis dahin nicht angefordert. Nunmehr lagen vielmehr äußerst kritische, von einer Kreditgewährung in deutlichen Worten abratende – und unter anderem gerade auf den mangelnden Informationsstand hinweisende und das Rating der X1 AG weiter absenkende – Voten der Fachabteilungen vor, die die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter noch mehr dazu hätten veranlassen müssen, von der Kreditvergabe auf dieser Grundlage abzusehen. Zudem waren in den Vorlagen Kreditsicherheiten gerade nicht vorgesehen.
3181Der Annahme einer Pflichtverletzung steht hinsichtlich des Angeklagten J schließlich auch nicht entgegen, dass dieser am 30. Oktober 2008 – und damit noch vor dem Abschluss des Kreditvertrages am 3. November 2008 – das „Amendment“ der Q41 vom 10. September 2008 erhalten hatte. Denn selbst wenn dieses durch den Angeklagten J bis zum 3. November 2008 überhaupt näher geprüft und von ihm noch zur ergänzenden Grundlage seiner (im Kreditprotokoll zu diesem Zeitpunkt bereits getroffenen) Kreditentscheidung gemacht worden sein sollte, war auch dieses Dokument – wie bereits ausgeführt – gerade nicht geeignet, die Erwartung einer tatsächlichen Sanierungsfähigkeit der X1 AG und damit einer Beseitigung der Krisenursachen zu tragen.
(d) Kein tatbestandsausschließendes Einverständnis
3182Ein tatbestandsausschließendes Einverständnis lag weder hinsichtlich der Kapitalerhöhung noch betreffend die Kreditausreichung vor.
3183Zu keiner dieser Maßnahmen hatte der Aktionärsausschuss der KGaA – oder gar die Hauptversammlung oder Aktionärs-Pool-Versammlung – (vgl. zur Einverständnisbefugnis im Einzelnen oben, A., I., (3), (d)) einen vorherigen zustimmenden Beschluss gefasst oder gab es jedenfalls eine Befassung sämtlicher Mitglieder dieser Gremien außerhalb von förmlichen Sitzungen unter mehrheitlicher Zustimmung.
3184Insbesondere hat der Aktionärsausschuss auch in seiner – der Einzahlung der Geldmittel für die bereits gezeichnete Kapitalerhöhung erst nachfolgenden, dem Abschluss des Kreditvertrages aber noch vorausgehenden – Sitzung vom 17. Oktober 2008 ein derartiges Einverständnis nicht erteilt. Vielmehr wurden diesem in der Sitzung die Unterstützungsmaßnahmen zu Gunsten der X1 AG als bereits beschlossen und durchgeführt dargestellt. Die Zeugin N3 hat dies anschaulich dahin beschrieben, dass die Ausschussmitglieder „vor vollendete Tatsachen“ gestellt worden seien. Zu einer – gar zustimmenden – Beschlussfassung über diese Maßnahmen kam es in der Sitzung nicht. Die Ausführungen des Angeklagten J – die keinen Hinweis auf den Y14-Kredit enthielten – wurden vielmehr lediglich zur Kenntnis genommen. Ein strafrechtlich relevantes Einverständnis ist hierin nicht zu sehen.
3185Der Annahme einer Pflichtverletzung steht auch nicht das Vorliegen eines „mutmaßlichen Einverständnisses“ entgegen. Dies gilt – wie im Tatkomplex B-Straße (s. oben A., I., (3), (d)) – schon deshalb, weil keine tatsächliche Unmöglichkeit bestand, insbesondere den Aktionärsausschuss bis zur Entscheidung der persönlich haftenden Gesellschafter über die Unterstützungsmaßnahmen zu Gunsten der X1 in die Vorgänge – etwa unter Einsatz von Fernkommunikationsmitteln – einzubeziehen. Dies wurde indes nicht einmal versucht.
3186Hinsichtlich der Annahme eines „hypothetischen Einverständnisses“ (vgl. hierzu oben A., I., (3), (d)) ist nach den Feststellungen auszuschließen, dass der Aktionärsausschuss (oder gar die Aktionärs-Pool-Versammlung) bei einer vorherigen Befassung unter vollständiger und zutreffender Information den Maßnahmen mehrheitlich zugestimmt hätte. Zu einer solchen vollständigen und zutreffenden Information hätte insbesondere die Offenlegung der evident unzureichenden Informationsgrundlage sowie der Hintergründe der – die Entscheidung mitbestimmenden – Y14-Konstellation gehört. Gerade die festgestellten (vgl. Teil 1, D., IV., (22)) kritischen Reaktionen der nicht den großen Familienstämmen angehörenden Aktionärsausschussmitglieder auf das spätere Bekanntwerden der Y14-Hintergründe lassen es als ausgeschlossen erscheinen, dass diese Mitglieder – wären sie hierüber bereits im Herbst 2008 informiert gewesen – den von der Bank (und damit mittelbar von ihnen selbst) aufzubringenden Unterstützungsleistungen zu Gunsten der X1 AG zugestimmt hätten. So haben die zur Aktionärsausschusssitzung am 11. Juni 2009 vernommenen Mitglieder dieses Gremiums erklärt, sie hätten nicht einmal der im Dezember 2008 beschlossenen Kapitalerhöhung zu Gunsten des Bankhauses zugestimmt, wenn sie zu diesem Zeitpunkt über den Y14-Kredit und dessen Hintergründe informiert gewesen wären. Zudem waren die Reaktionen dieser Mitglieder insbesondere auf die Beteiligung des Bankhauses an X1 bereits ohne eine solche vollständige Information von Skepsis gekennzeichnet (vgl. oben Teil 1, D., III., (27)).
(3) Vermögensnachteil
3187Durch die unter Verletzung der Vermögensbetreuungspflichten der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter vorgenommenen Maßnahmen zu Gunsten der X1 AG entstanden SOP auch unmittelbar Vermögensnachteile.
3188Betreffend die Kapitalerhöhung hat sich das Bankhaus am 29. September 2008 für die herausgegebenen 23.020.552 Aktien zur Zahlung von 2,56 €/Stück zzgl. 0,04 € Agio (=59.853.435,20 €) verpflichtet. Diesen Betrag hat SOP noch am selben Tag gezahlt. Der maximale tatsächliche wirtschaftliche Wert der im Gegenzug erhaltenen Aktien betrug hingegen nur 19.107.058,16 €. Der unmittelbar durch diese Maßnahme herbeigeführte Vermögensnachteil für SOP betrug damit mindestens 40.746.377,04 €.
3189Auch durch die Gewährung des Kredits an die X1 AG haben die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter dem Bankhaus SOP unmittelbar einen Vermögensnachteil zugefügt. Die am 3. November 2008 vertraglich vereinbarten Darlehensrückzahlungsforderungen des Bankhauses waren – unverändert zur auch bereits am 29. September 2008 bestehenden Situation – auf Grund der mangelnden Bonität der X1 AG und der mithaftenden Gesellschaften sowie des Fehlens von Sicherheiten wirtschaftlich wertlos. Jedenfalls mit der gleichfalls noch am 3. November 2008 erfolgten Auszahlung der Darlehensvaluta in Höhe von 20 Mio. € entstand somit bereits – im Sinne der Grundsätze zum Gefährdungsnachteil bei der Untreue – eine wirtschaftlich messbare, sofortige Minderung des Gesamtvermögens von SOP in Höhe des Auszahlungsbetrages.
3190Der von den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern unmittelbar durch die beschlossenen und umgesetzten Maßnahmen verursachte Vermögensnachteil betrug somit insgesamt 60.746.377,04 €.
3191Eine nachteilsmindernde Kompensation trat nicht durch die von der Zeugin T3 zunächst zugesagten und ab dem 16. Oktober 2008 tatsächlich bewilligten Sicherheiten für die von ihr bei SOP in Anspruch genommenen Kreditmittel ein. Denn unabhängig vom tatsächlichen wirtschaftlichen Wert dieser Sicherheiten handelte es sich insoweit bereits nicht um durch die Tathandlung der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter unmittelbar eintretende Vermögenszuwächse. Denn der Erhalt dieser Sicherheiten hing – völlig unabhängig von den Unterstützungsmaßnahmen des Bankhauses zu Gunsten der X1 AG – vom Verhalten eines Dritten, nämlich davon ab, dass die Zeugin T3 diese Sicherheiten tatsächlich mit rechtlich verbindlicher Wirkung einräumen würde. Eine Kompensationsfähigkeit kann auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt bejaht werden, dass es sich bei den Unterstützungsmaßnahmen des Bankhauses zu Gunsten der X1 AG einerseits und den Sicherheitenbestellungen durch die Zeugin T3 andererseits um einen einheitlichen Gesamtplan handelte, der trotz fehlender Unmittelbarkeit möglicherweise eine Saldierung im Rahmen der Nachteilsbemessung rechtfertigen könnte. Denn die pflichtwidrigen Unterstützungsleistungen des Bankhauses zu Gunsten der X1AG waren nach den Feststellungen weder objektiv noch auch nur in der Vorstellung eines der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter mit der Sicherheitenbestellung durch die Zeugin T3 als voneinander abhängige oder auch nur inhaltlich zusammenhängende Maßnahmen verknüpft. Vielmehr handelte es sich um lediglich zeitlich teilweise zusammenfallende, sachlich jedoch vollständig getrennte Handlungsstränge.
3192Auch die erst im Jahr 2009 erfolgte Übertragung eines Teils der X1-Aktien auf die Familienholding zu Buchwerten vermag den Nachteilseintritt nicht zu beseitigen. Denn die Idee hierzu kam erstmals Anfang 2009 auf und ist schon aus diesem Grund nicht geeignet, den bereits durch die Übernahme der im Wege der Kapitalerhöhung gezeichneten X1-Aktien im Herbst 2008 eingetretenen tatbestandlichen Vermögensnachteil des Bankhauses zu beeinflussen.
II. Vorsatz
3193Die Angeklagten K, O, J und P verwirklichten den Tatbestand der Untreue jeweils mit bedingtem Vorsatz.
3194Betreffend das Fehlen eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses der KGaA handelten alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter zur Überzeugung der Kammer ebenfalls vorsätzlich:
3195Die Kammer hat bereits zum Komplex B-Straße (Teil 3, A., II.) ihre auch für den Komplex X1 geltende Überzeugung näher begründet, dass keiner der Angeklagten einem Irrtum über die objektiven Voraussetzungen eines wirksam erklärten Einverständnisses der KGaA unterlag.
3196Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass sich kein Angeklagter im Komplex X1 irrig Umstände vorstellte, bei deren Vorliegen von einem tatbestandsausschließenden Einverständnis auszugehen wäre.
3197An der Aktionärsausschusssitzung vom 17. Oktober 2008 nahmen alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter teil. Sie erkannten somit, dass die Mitglieder des Ausschusses weder um eine Bekräftigung der getroffenen Entscheidung gebeten wurden noch sich entsprechend zustimmend äußerten.
3198Keiner der Angeklagten hat sich dahin eingelassen, er sei bis zu dieser Sitzung davon ausgegangen, dass sämtliche Mitglieder des Aktionärsausschuss außerhalb einer Sitzung mit den Finanzierungshilfen für X1 befasst worden seien. Keiner von ihnen hat geltend gemacht, ein Mitglied des Ausschusses selbst angesprochen oder darum ersucht zu haben, die anderen Mitglieder zu benachrichtigen. Auch hat sich keiner von ihnen nach deren Unterrichtung erkundigt. Auch und gerade in der Besprechung vom Freitag, den 26. September 2008, ist – wie auch die Einlassungen der Angeklagten K, O und J belegen – nicht etwa diskutiert worden, dass die Mitglieder des Ausschusses in die zeitnah zu entscheidende Frage der Finanzierungshilfen für X1 eingebunden werden müssten. Das gilt auch für den am Freitag und am Sonntag im Bankhaus anwesenden Zeugen B.C12, der Vorsitzender des Aufsichtsrats und zugleich stellvertretender Vorsitzender des Aktionärsausschusses war. Dass sich auch nur einer der Partner danach erkundigt hätte, ob der Aktionärsausschuss befasst worden sei, hat keiner der Angeklagten ausgeführt. Im Gegenteil: Der Angeklagte K hat auf Nachfrage etwa angegeben, er habe nicht einmal den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses benachrichtigt. Das habe möglicherweise der Angeklagte O getan, er wisse das nicht. Diese Umstände zeigen ein insgesamt fehlendes Interesse an der Einbeziehung des Aktionärsausschusses, das für die anderen Angeklagten im Lichte ihrer Einlassungen entsprechend gilt. Insgesamt steht daher zur Überzeugung der Kammer fest, dass allen Angeklagten die Nichteinbeziehung des Ausschusses vor den getroffenen Maßnahmen gleichgültig war und von ihnen jedenfalls in Kauf genommen wurde.
3199Mit Blick darauf, dass alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern nach den Umständen offensichtlich erkannten, dass die Einbeziehung jedenfalls der Mitglieder des Aktionärsausschusses vor den beschlossenen Unterstützungsmaßnahmen zu Gunsten der X1 AG möglich gewesen wäre, lag schon aus diesem Grund auch kein Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines „mutmaßlichen Einverständnisses“ vor. Angesichts des hinsichtlich des Y14-Kredits gegenüber dem Aktionärsausschuss verheimlichenden Vorgehens der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter ist die Kammer zudem davon überzeugt, dass diesen bewusst war, dass die Ausschussmitglieder insbesondere bei Offenlegung dieses Hintergrunds den Unterstützungsmaßnahmen zu Gunsten der X1 bei einer vorzeitigen Befassung hiermit jedenfalls mehrheitlich nicht zugestimmt hätten, so dass bereits aus diesem Grund ein Irrtum über die Voraussetzungen eines „hypothetischen Einverständnisses“ nicht vorlag.
III. Konkurrenzen
3200Die Kammer hat die beiden Finanzierungsmaßnahmen (Kapitalerhöhung und Kreditgewährung), die auch jeweils für sich genommen den Tatbestand der Untreue erfüllen würden, für alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter als natürliche Handlungseinheit im Sinne des § 52 StGB zu einer Untreuetat zusammengefasst. Denn die Tathandlungen aller Angeklagten weisen Teilüberschneidungen und insgesamt einen engen räumlichen, zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang auf, die es rechtfertigen, sie bei natürlicher Betrachtung als Einheit zu bewerten. Die beiden Maßnahmen stellten sich – unabhängig von den teils unterschiedlichen konkreten Einbeziehungszeitpunkten der Angeklagten – auch in deren Vorstellungen jeweils letztlich als von einem einheitlichen „Grundentschluss“ getragene, zusammengehörige Gesamtmaßnahme („Rettungspaket“) zur Vermeidung einer X1-Insolvenz dar.
3201Die Untreuetat im Komplex X1 steht für jeden angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter in Tatmehrheit (§ 53 StGB) zur Untreuetat im Komplex B-Straße.
3202- C.
3203
KWG-Verstoß
Der Angeklagte E hat sich nach den Feststellungen des (zu einer einheitlichen Tatbestandsverwirklichung zusammengefassten) fahrlässigen Betreibens von Bankgeschäften ohne Erlaubnis gem. § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG in den zum Zeitpunkt der festgestellten Darlehensverträge geltenden Fassungen schuldig gemacht. Diese Fassungen stellten im Zusammenspiel mit den jeweils geltenden Fassungen der §§ 1, 2 und 32 KWG durchgängig die fahrlässige, im Inland gewerbsmäßig betriebene Gewährung von Gelddarlehen ohne Erlaubnis der Bankenaufsicht unter Strafe.
3205Die strafrechtliche Zurechnung der durch die Y14 gewährten Darlehen zum Angeklagten E folgt aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB (vgl. Schwennicke in Schwennicke/Auerbach, Kreditwesengesetz mit Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, 2. Aufl. 2013, § 54 Rn. 12; J in Park, Kapitalmarkt-Strafrecht, 1. Aufl. 2004, § 54 Rn. 16). Denn dieser handelte als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer jeweils für die als Darlehensgeberin auftretende Y14.
3206Weder die Y14 noch der Angeklagte E verfügten über eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG.
3207Die festgestellten, durch die Y14 ab 1999 vergebenen zahlreichen Darlehen stellten sich als nach dieser Vorschrift erlaubnispflichtige Bankgeschäfte dar.
3208Es handelte sich jeweils um die Gewährung von Gelddarlehen im Sinne des § 1 Abs. 1, S. 2, Nr. 2 KWG. Normierte Ausnahmetatbestände – insbesondere nach § 2 KWG – waren nicht erfüllt.
3209Die Darlehensgewährung erfolgte jeweils auch im Inland und gewerbsmäßig. Bankgeschäfte werden dann gewerbsmäßig betrieben, wenn der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Betreiber ihn mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt (BT-Drucks. 13/7142, S. 62; BGH, Urteil vom 11. Juli 2006, Az.: VI ZR 339/04; Schwennicke a.a.O., Rn. 6). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der genannten Darlehensgewährungen nach den Feststellungen erfüllt. Denn die – jeweils verzinslichen – Darlehensvergaben waren von Anfang an Teil der „Angebotspalette“ der Y14. Somit handelte es sich nicht um die Vornahme von – jeweils isoliert für sich stehenden – einzelnen Darlehensvergaben, sondern um ein insgesamt auf Wiederholung ausgerichtetes Geschäftsgebaren.
3210Eine – von der Verteidigung des Angeklagten E befürwortete – über das Erfordernis der Gewerbsmäßigkeit im Sinne der genannten Definition hinausgehende Beschränkung des Tatbestandes auf solche Darlehensvergaben, die nicht lediglich als „Nebengeschäft“ vorgenommen werden, besteht nicht (für eine teleologische Reduktion auf Geschäfte mit „bankmäßigem Charakter“ allerdings Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 4. Aufl. 2012, § 32 Rn. 9ff.). Sie findet im Wortlaut der §§ 32, 54 KWG keine Stütze. Der Gesetzgeber hat mit der zum 1. Januar 1998 erfolgten Einführung des Merkmals der Gewerbsmäßigkeit in § 32 KWG die Erlaubnispflicht – und damit über § 54 KWG auch die Strafbarkeit – vielmehr bewusst ausgedehnt. Er hat sich dabei eines in verschiedenen Rechtsgebieten gebräuchlichen – und dabei ein Handeln als Haupttätigkeit nicht voraussetzenden – Begriffs bedient. Es ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber ein auf Dauer angelegtes und mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenes Darlehensnebengeschäft aus der Erlaubnispflicht ausnehmen wollte und dies planwidrig durch die Verwendung des Begriffs der Gewerbsmäßigkeit nicht im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gebracht haben könnte. Im Gegenteil zeigt insbesondere § 2 KWG, dass sich der Gesetzgeber bestimmter Ausnahmeerfordernisse durchaus bewusst war.
3211Auch der Verweis der Verteidigung des Angeklagten E auf die Praxis der Bankenaufsicht, etwa Brauereidarlehen oder Arbeitnehmerdarlehen von der Erlaubnispflicht auszunehmen, greift nicht durch. Dabei muss nicht entschieden werden, ob derartige Einschränkungen mit dem Wortlaut des Gesetzes überhaupt vereinbar sind. Denn jedenfalls fehlt es an einer Vergleichbarkeit dieser Darlehen mit dem hiesigen Sachverhalt. Soweit die Bankenaufsicht Brauerei- oder Arbeitnehmerdarlehen nicht der Erlaubnispflicht unterwirft, stellt sie im Wesentlichen darauf ab, dass derartige Darlehen mit dem Bierlieferungs- bzw. Arbeitsvertrag einen einheitlichen Vertrag bilden bzw. mit dem Hauptvertrag jedenfalls in einem so engen Zusammenhang stehen, dass nach dem Gesamtgepräge insgesamt schon nicht von einem eigenständigen Gelddarlehensvertrag im Sinne des § 1 Abs. 1, S. 2, Nr. 2 KWG auszugehen ist (vgl. Fischer a.a.O., Rn. 10ff. m.w.N.). Ganz anders aber stellt sich die Situation hier dar: Die Y14 hat mit allen Darlehensnehmern eigenständige Darlehensverträge abgeschlossen, die in keinem Zusammenhang mit anderen zwischen der Y14 und den Darlehensnehmern geschlossenen Verträgen standen. Hauptverträge, die die eigenständige Darlehenseigenschaft der Verträge möglicherweise „überlagern“ könnten, gab es zwischen den Darlehensnehmern und der Y14 nicht. Zwar standen die Darlehensvergaben überwiegend in einem – in den Verträgen selbst allerdings nicht zum Ausdruck kommenden – faktischen Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung der Darlehensnehmer zu anderen – rechtlich selbständigen – vom Angeklagten E geleiteten Gesellschaften. Dieser Umstand vermag die gewerbsmäßige Darlehensqualität der einzelnen Verträge für die Y14, deren Vermögenslage zudem zunehmend gerade durch die Darlehenserträge bestimmt wurde, aber nach Auffassung der Kammer nicht zu beseitigen.
3212Liegt somit bereits ein gewerbsmäßiges Darlehensgeschäft der Y14 vor, ist es ohne Bedeutung, ob dieses auch in einem Umfang betrieben wurde, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderte (§ 32 Abs. 1, S. 1 KWG).
3213Ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG liegt nicht vor. Den festgestellten Irrtum des Angeklagten E über die Erlaubnispflicht bewertet die Kammer als Tatbestandsirrtum im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 1 StGB. Denn bei dem Erfordernis einer Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 KWG handelt es sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die Erlaubnispflicht dient dabei der Kontrolle eines im Allgemeinen sozialadäquaten Verhaltens und nicht der ausnahmsweisen Gestattung grundsätzlich wertwidrigen Handelns. Das unter Strafandrohung gestellte Verhalten leitet seinen Unwert daher erst aus dem Fehlen der Erlaubnis her und nicht, weil es für sich betrachtet schon Unrecht darstellt und somit einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt unterläge. Auch das Merkmal des Fehlens einer objektiv erforderlichen Erlaubnis in § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG muss daher, um den Vorwurf vorsätzlichen Handelns rechtfertigen zu können, jedenfalls im Sinne einer Parallelwertung in der Laienssphäre vom Vorsatz des Täters umfasst sein. Ein – hier gegebener – Irrtum über den Erlaubnisvorbehalt stellt sich somit bereits als Tatbestandsirrtum im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 1 StGB und nicht lediglich als Verbotsirrtum nach § 17 StGB dar (wie hier OLG Oldenburg, Urteil vom 16. März 2012, Az.: 1 Ss 205/11 m.w.N.; vgl. zur Art der Erlaubnispflicht als Abgrenzungskriterium auch Fischer, Strafgesetzbuch, 62. Aufl. 2015, § 16 Rn. 16 m.w.N.).
3214Der Angeklagte E handelte aber fahrlässig gem. §§ 54 Abs. 2 KWG, 16 Abs. 1 S. 2 StGB. Denn bei Anwendung der nach den Umständen objektiv erforderlichen und ihm auch persönlich abzuverlangenden Sorgfalt hätte er die Erlaubnisbedürftigkeit der Y14-Darlehensvergaben erkannt. Der Angeklagte E war selbst Geschäftsführer (und bis 2005 Alleingesellschafter) der Y14 und damit auch für die Klärung etwaiger bankaufsichtsrechtlicher Fragestellungen unmittelbar zuständig. Schon dem Gesellschaftsvertrag der Y14 konnte er entnehmen, dass es überhaupt Tätigkeiten gab, die nach dem KWG erlaubnispflichtig waren. Das Kreditgeschäft ist auch ein geradezu klassischer Bestandteil des typischen Bankgeschäfts. Angesichts der von Anfang an auf Wiederholung ausgerichteten Aufnahme der (verzinslichen) Darlehensvergabe in die „Angebotspalette“ der Y14 musste sich dem – einen engen Umgang mit einem Bankhaus pflegenden – Angeklagten E vor diesem Hintergrund jedenfalls die Möglichkeit aufdrängen, dass hierfür eine Erlaubnis der Bankenaufsicht erforderlich sein könnte. Sofern er diese Frage nicht bereits durch eigene Nachforschungen hätte aufklären können, hätte es ihm oblegen und wäre es ihm auch ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen, vor Aufnahme der Darlehensvergaben sachkundigen Rat aktiv einzuholen. Hierfür wäre etwa eine Anfrage an einen auf KWG-Fragen spezialisierten Rechtsanwalt oder insbesondere eine schlichte Nachfrage bei der BaFin in Betracht gekommen. Dabei wäre ihm mitgeteilt worden, dass die gewerbsmäßig betriebene Gewährung von Gelddarlehen einer Erlaubnispflicht unterlag. Auch wären ihm die dargelegten, anerkannten Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit erläutert und das Darlehensgeschäft der Y14 hierunter subsumiert worden. Der Angeklagte E hat in seiner Einlassung selbst darauf hingewiesen, dass die BaFin eine von der Einschätzung des Finanzamts Siegburg abweichende Meinung zur Gewerbsmäßigkeit der Darlehensvergabe durch die Y14 auch tatsächlich geäußert hat.
3215Der Verweis des Angeklagten E auf die im Jahr 2013 durch das Finanzamt Siegburg niedergelegte Rechtsauffassung beseitigt den Fahrlässigkeitsvorwurf nicht. Zwar mag es sein, dass das Finanzamt eine entsprechende Einschätzung auch bereits zum Zeitpunkt der Darlehensvergaben erteilt hätte. Jedoch wäre eine entsprechende – tatsächlich allerdings seinerzeit ohnehin nicht stattgefundene – Nachfrage beim – unmittelbar nur für steuerliche Fragestellungen zuständigen – Finanzamt zur Beseitigung des Fahrlässigkeitsvorwurfs bezogen auf eine Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG nicht ausreichend gewesen.
3216Auch die ihm gegenüber zu keinem Zeitpunkt erfolgte Erörterung dieses Problems durch die Abschlussprüfer der Y14 vermochte ein den Fahrlässigkeitsvorwurf ausschließendes Vertrauen des Angeklagten E in die KWG-Gemäßheit seines Tuns nicht entstehen zu lassen. Denn die Überprüfung von Verstößen gegen das KWG war keineswegs der primäre Gegenstand oder gar Auftrag der Tätigkeit der Treuhand V4, sondern von dieser nur im Rahmen der „Redepflicht“ (vgl. § 321 Abs.1 S. 3 HGB) in den Blick zu nehmen. Eine fachkundige Beratung ausdrücklich zu KWG-Themen vermochte die Jahresabschlussprüfung damit erkennbar nicht zu ersetzen.
3217Gleiches gilt schließlich für den Verweis des Angeklagten E auf das durch SOP im Zusammenhang mit dem über die Y14 weitergereichten Darlehen an die Zeugin T3 eingeholte Gutachten des Zeugen Rechtsanwalt Dr. M6 (vgl. oben Teil 1, D., II., (11)). Abgesehen vom späten Zeitpunkt seiner Erstellung im Verhältnis zum Beginn des Darlehensgeschäfts der Y14 hatte das Gutachten in keiner Weise zum Prüfungsgegenstand, ob die Weiterreichung des ihr von SOP gewährten Darlehens an die Zeugin T3 für die Y14 nach den KWG-Bestimmungen erlaubnispflichtig war. Vielmehr ging es dort ausschließlich um die – allein das Bankhaus selbst betreffende – Frage des Vorliegens einer Kreditnehmereinheit.
3218Die festgestellten Darlehensvergaben durch die Y14 stellen sich nicht jeweils als tatmehrheitliche Verwirklichungen des § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG dar, sondern erfüllen zusammengenommen insgesamt einmal diesen Tatbestand. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass schon der Wortlaut des § 54 KWG die Vornahme mehrerer verbotener Geschäfte für eine Tatbestandsverwirklichung voraussetzt („Bankgeschäfte betreibt“) und Gegenstand der behördlichen Kontrolle, deren Vereitelung § 54 KWG pönalisiert, im Kern nicht jedes einzelne Geschäft, sondern der dem KWG unterfallende Geschäftsbetrieb als Ganzes ist. Bei den festgestellten Kreditvergaben handelt es sich um ihrer Art nach gleichartige und sämtlich auf demselben Grundentschluss, nämlich auch die Vergabe von verzinslichen Darlehen in das Angebotsspektrum der Y14 aufzunehmen, beruhende Bankgeschäfte. Die verschiedenen natürlichen Handlungen werden daher durch den Tatbestand des § 54 KWG zu einer Bewertungseinheit verknüpft (vgl. Peglau, wistra 2002, 292ff.; J, a.a.O., Rn. 41; Brunke in Hohnel, Kapitalmarktstrafrecht, 1. Aufl. 2013, § 54 Rn. 145).
3219TEIL 4: Strafzumessung
3220- A.
3221
Die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter
I. Die Einzelstrafen
(1) Der Strafrahmen
3222Für die von den Angeklagten K, O, J und P in den beiden Komplexen jeweils verwirklichte Untreue sieht § 266 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, in besonders schweren Fällen (Abs. 2 i.V.m. §§ 263 Abs. 3 StGB) eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Ein besonders schwerer Fall der Untreue liegt in der Regel vor, wenn der Täter einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt hat (§§ 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 1. Alt. StGB).
3223In beiden abgeurteilten Fällen haben die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter das Regelbeispiel der Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes verwirklicht. Von einem Vermögensverlust großen Ausmaßes ist ab einem tatsächlich eingetretenen Schaden von 50.000 € auszugehen. Nach den Feststellungen ist im Tatkomplex B-Straße bei SOP ein den Angeklagten im Rahmen der Strafzumessung zurechenbarer Schaden jedenfalls in Höhe des der tatbestandlichen Nachteilsbemessung zugrunde gelegten Umfangs (23.597.596,70 €) tatsächlich entstanden. Der für die Strafzumessung im Komplex X1 zu berücksichtigende, gleichfalls tatsächlich entstandene Nachteil beträgt 60.746.377,04 €.
(a) Komplex X1
3224Für ihre im Zuge der Kapitalerhöhung geleistete Zahlung von 59.853.435,20 € hat SOP „junge“ Aktien der X1 AG mit einem Gegenwert von lediglich 19.107.058,16 € erhalten. Die Differenz bestimmt den Nachteil. Er beträgt somit 40.746.377,04 €.
3225Diesen Betrag hat die Kammer bei der Strafzumessung in voller Höhe berücksichtigt, obwohl SOP diese Aktien an der X1 AG im Frühjahr 2009 zu Buchwerten in die Familienholding ausgegliedert hat. Dabei ist der Kammer bewusst, dass die KGaA als eigene Rechtspersönlichkeit durch diese Ausgliederung wirtschaftlich entlastet worden ist. Die Ausgliederung der Aktien in die Familienholding lässt die Entwicklung des Untreuenachteils bei wertender Betrachtung allerdings nicht in einem zu Gunsten der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter zu berücksichtigenden strafmildernden Licht erscheinen. Die Ausgliederung der Aktien erfolgte auf die „deckungsgleichen“ mittelbaren Eigentümer der KGaA in der fortgeschrittenen Krisenzeit der Bank zur Vermeidung von Wertberichtigungen mit möglicherweise gravierenden Auswirkungen auf die Eigenkapitalsituation der Bank. Die Wirkungen hätten die insofern betroffenen Personen gleichermaßen ansonsten über ihre Beteiligung an der Bank anstelle ihrer Beteiligung an der Familienholding tragen müssen. Die Ausgliederung zu Buchwerten von der KGaA auf die Familienholding und die wirtschaftlich hinter ihr stehenden Personen diente dazu, die Bank – auch aufsichtsrechtlich – vor zusätzlichen Verwerfungen zu bewahren, nicht aber etwa dazu, den entstandenen Nachteil selbst auszugleichen oder gar die Angeklagten zu entlasten. Der Nachteil der X1-Beteiligung hat sich damit unverändert – so wie es bereits die CSSF zutreffend formuliert hatte – gerade bei denjenigen verwirklicht, die wirtschaftlich hinter der (formal) geschädigten KGaA standen. Diese rein formale Verschiebung des Nachteils von der Rechtsperson der KGaA in eine andere Rechtspersönlichkeit bei ansonsten „deckungsgleicher“ Eigentümerstruktur (gewissermaßen in eine „Bad Bank“) entlastet die Angeklagten daher nach wertender Betrachtung im Rahmen der Strafzumessung nicht.
3226Dass die Aktien nach dem Insolvenzantrag der X1 AG verkauft worden sind, hat die Kammer bei der Strafzumessung ebenfalls nicht gesondert berücksichtigt. Denn die dabei erzielten Verkaufspreise überschritten den von der Kammer im Rahmen der tatbestandlichen Nachteilsbemessung bereits berücksichtigten Stückpreis von 0,83 € je Aktie nicht.
3227Der tatbestandliche (Gefährdungs-)Nachteil aus dem an die X1 AG ausgereichten Kredit beträgt 20 Millionen €. Mit Blick darauf, dass in der Folgezeit Tilgungszahlungen der X1 AG bei SOP zu keinem Zeitpunkt eingingen und der Kredit auch vollständig abgeschrieben wurde, hat sich dieser Nachteil auch tatsächlich realisiert. Die bis März 2009 von der X1 AG gezahlten Zinsen in Höhe von 798.000 € hat die Kammer im Zuge der Strafrahmenwahl nicht berücksichtigt. Denn die Bank hatte wegen der erhaltenen Zinsen zunächst bei der Aufstellung des Jahresabschlusses für 2009 im Jahr 2010 eine Rückstellung gebildet und die Zinsen – im Übrigen sogar noch mit Verzugszinsen – im Jahr 2012 in vollem Umfang an den Insolvenzverwalter der X1 AG wieder zurückgezahlt.
3228Den Wert der Nachbesicherung der Zeugin T3 hat die Kammer im Rahmen der Strafzumessung nicht zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt. Die Nachbesicherung erfolgte ohne eine objektive oder auch nur aus Sicht eines der Angeklagten subjektive Verknüpfung mit den zu Gunsten der X1 AG eingesetzten Geldmitteln. Die Nachbesicherung erfolgte lediglich mit einer teilweise zeitlichen Überschneidung ohne eine innere Verknüpfung. Sie ist daher für die Nachteilsbestimmung auch im Rahmen der Strafzumessung ohne Bedeutung.
3229Der für die Strafzumessung im Komplex X1 von der Kammer berücksichtigte Nachteil beträgt damit
3230für die Kapitalerhöhung
323140.746.377,04 €
3232und für den Kredit
323320.000.000,00 €,
3234insgesamt also
323560.746.377,04 €.
(b) Komplex B-Straße
3236Im Tatkomplex B-Straße wandte SOP infolge der Anteilsübernahme bis zum Beginn der Vermarktung der Liegenschaftsteile im Jahr 2011 einen Betrag von insgesamt 121.312.709,50 € auf die GbR auf. Hierbei resultierte ein Betrag von 116.043.720,00 € aus der anteiligen weiteren Erfüllung des schon im Dezember 2008 bestehenden Projektentwicklungs- und Generalübernehmer- sowie des zu diesem Zeitpunkt gleichfalls bereits bestehenden Steuerberatungsvertrages. Lässt man – zu Gunsten der Angeklagten – die durch die neue SOP-Führung beschlossenen weiteren Kosten für die Upgrade-Maßnahmen in Höhe von 5.268.989,57 € außer Betracht und stellt den unproblematisch auf den bereits zum Zeitpunkt der Anteilsübernahme bestehenden Vertragsstand zurückzuführenden Einlagen in Höhe von 116.043.720,00 € den 94,9 %-igen tatsächlichen Erlös der erfolgten Veräußerungen der beiden Liegenschaftsteile in den Jahren 2011 (B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a) und 2014 (B-Straße 23) gegenüber, so ergibt sich ein negativer Saldo in Höhe von (sogar) 45.244.474.66 €:
3237Veräußerungserlös B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a:
323839 Mio. € Kaufpreis zuzüglich 11.854.052,00 € Umsatzsteuererstattung =
323950.854.052,00 €
3240Veräußerungserlös B-Straße 23:
324123.750.000,00 € Kaufpreis
3242Veräußerungserlös gesamt:
324374.604.052,00 €
324494,9 % des Veräußerungserlöses:
324570.799.245,34 €
3246Differenz zu den Einlagen vor den Upgrade-Maßnahmen:
3247116.043.720,00 € abzüglich 70.799.245,34 € =
324845.244.474.66 €
3249Jedenfalls der Teil dieses negativen Saldos, der dem auf der Tatbestandsebene angenommenen, bereits im Dezember 2008 mit konkret vermögensmindernder Wirkung zu erwartenden Nachteilsumfang entspricht, war den Angeklagten auch im Rahmen der Strafzumessung als durch ihre Tat verursacht zuzurechnen. Die im Rahmen der tatbestandlichen Nachteilsbemessung nicht angesetzte Umsatzsteuererstattung war nach den Feststellungen gleichsam die Kehrseite eines auf Grund des Leerstandes geringeren Kaufpreises für den Liegenschaftsteil B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a. Mit Blick auch auf den Umstand, dass die GbR aus dem „H11“-Gebäude bis zu dessen Veräußerung im Jahr 2014 (sich nicht mehr im zu diesem Zeitpunkt realisierten Erlös widerspiegelnde) Mieterträge generierte, hat es die Kammer dabei belassen, einen tatsächlich eingetretenen und den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern auch im Rahmen des § 46 Abs. 2, S. 2 StGB sicher zuzurechnenden Nachteilsbetrag von lediglich 23.597.596,70 € der Strafzumessung zugrunde zu legen.
3250Konkrete Anhaltspunkte für ein „Verschleudern“ der Liegenschaftsteile unter einem zum jeweiligen Vermarktungszeitpunkt tatsächlich erzielbaren höheren Verkehrswert durch die neue SOP-Führung, das zu einem noch geringeren zurechenbaren Strafzumessungsschaden hätte führen können, hat die Hauptverhandlung nicht ergeben. Vielmehr belegen die Feststellungen, dass insbesondere der Veräußerung des Liegenschaftsteils B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a intensive Analysen der Marktlage vorausgegangen waren. Dass mit Blick auf Differenzen in der Frage der Vermarktungsstrategie und vor allem des Vermarktungszeitpunkts für die Zwecke des Earn Outs ein „Zuschlag“ auf den tatsächlich erzielten Erlös gemacht wurde, steht dem nicht entgegen. Denn bei der Berechnung des Earn Outs ging es in erster Linie darum, komplexe Interessenlagen mit vielschichtigen Hintergründen insgesamt gesehen zum Ausgleich zu bringen.
(c) Kein Entfallen der Indizwirkung des Regelbeispiels
3251Die Kammer hat in beiden abgeurteilten Fällen bei der Strafrahmenwahl in den Blick genommen, dass die Verwirklichung des Regelbeispiels nicht zwingend die Anwendung des erhöhten Strafrahmens zur Folge haben muss, sondern die Indizwirkung durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet werden kann, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle unangemessen erscheint. Ein solcher Fall lag hier jedoch bei keiner Tat und für keinen der Angeklagten vor.
3252Zwar streiten zum Teil gewichtige Strafmilderungsgründe für die Angeklagten. Die Überschreitung des Schwellenwerts von 50.000 € für die Erfüllung des Regelbeispiels ist in beiden abgeurteilten Fällen jedoch derart deutlich, dass diese Strafmilderungsgründe weder für sich allein noch in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass sie die Indizwirkung für das Vorliegen eines besonders schweren Falles der Untreue entfallen lassen. Allein im Fall X1 beträgt der Nachteil mehr das 1.200-fache, im Fall B-Straße immerhin noch etwa das 470-fache des Schwellenwerts für einen Vermögensverlust großen Ausmaßes.
3253Dabei hat die Kammer schon im Rahmen der Strafrahmenwahl folgende für und gegen die Angeklagten streitenden Umstände miteinander abgewogen.
(d) Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter betreffende Strafzumessungserwägungen
3254Die Kammer hat sich in beiden Fällen zunächst von folgenden, alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter gleichermaßen betreffenden Umständen leiten lassen.
3255Zu Gunsten aller Angeklagten sprach, dass sie bislang unbestraft sind, erstmals zu Freiheitsstrafen verurteilt werden und als Erstverbüßter besonders haftempfindlich sind.
3256Alle Angeklagten leben in geordneten sozialen Verhältnissen.
3257Die abgeurteilten beiden Taten reichen in den Herbst bzw. den Dezember 2008 zurück und liegen damit bereits lange Zeit (fast sieben Jahre) zurück. Auch die lange, allerdings auf den Umfang und die Komplexität der aufzuklärenden Vorfälle zurückzuführende und daher nicht rechtsstaatswidrige Verfahrensdauer bei schon vorausgegangener langer Dauer des Ermittlungsverfahrens war für alle Angeklagten strafmildernd zu berücksichtigen. So ist das Ursprungsverfahren, aus dem später einzelne Tatkomplexe ausgetrennt worden sind, nach bereits im Jahr 2009 durchgeführten Vorermittlungen im Jahr 2010 durch die Staatsanwaltschaft eingeleitet worden. Die Anklageerhebung betreffend den Tatkomplex B-Straße erfolgte im Januar 2012, diejenige betreffend den Komplex X1 (mit Y14 inkl. KWG-Verstoß) im Februar 2013. Die dem Urteil zugrunde liegende Hauptverhandlung fand zwischen dem 20. Juni 2013 und dem 9. Juli 2015 an insgesamt 128 Hauptverhandlungstagen statt. Insbesondere die Hauptverhandlung stellte dabei gerade auch auf Grund ihrer intensiven medialen Begleitung für alle Angeklagten eine strafmildernd zu berücksichtigende besondere Belastung dar. Bei der Aussetzung der Verhandlung im Zeitraum von Februar bis Juni 2013 auf Grund der fehlerhaften Bestimmung eines Ergänzungsrichters durch das Präsidium des Landgerichts handelte es sich um eine der Justiz anzulastende vermeidbare Verfahrensverzögerung. Sie war mit rund vier Monaten allerdings nur von verhältnismäßig kurzer Dauer. Darüber hinaus hat sie der Kammer die Möglichkeit gegeben, die erst im Februar 2013 angeklagten Komplexe „Y14“ und „X1“ zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung hinzu zu verbinden. Damit ist den Angeklagten ein zusätzliches weiteres Hauptverfahren erspart worden.
3258Die betreffend ihre Person regionale und überregionale Berichterstattung, die durch die in der Regel wöchentlich stattfindende Hauptverhandlung beständig „am Leben gehalten wurde“, ging in ihrer Intensität über die typischen Folgen vergleichbarer Untreuetaten deutlich hinaus. Denn die Angeklagten wurden darin häufig pauschal und über die verhandelten Tatvorwürfe hinausreichend dafür verantwortlich gemacht, durch kriminelles Verhalten den in der Übernahme durch die V11 mündenden und große öffentliche Aufmerksamkeit erregenden Niedergang von SOP als Privatbank insgesamt verursacht zu haben. Diese Berichterstattung wird die künftige Wahrnehmung der Angeklagten durch die Öffentlichkeit nachhaltig prägen.
3259Zu Gunsten aller Angeklagten hat die Kammer ferner berücksichtigt, dass sie auf Grund ihrer organschaftlichen Stellung für eingegangene Verbindlichkeiten des Bankhauses Dritten gegenüber auch persönlich hafteten und Vermögensnachteile von SOP Auswirkungen auf ihre erfolgsabhängige Vergütung und den Wert ihrer Beteiligung am Bankhaus haben konnten.
3260Die Kammer hat weiter zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass diese die Taten innerhalb eines Klimas im Bankhaus begingen, das von einer nachlässigen Ausübung der hierzu berufenen Kontrolleinrichtungen geprägt war. Insbesondere die Aussagen von Zeugen, die an deren Sitzungen teilnahmen, sowie die in die Hauptverhandlung eingeführten Sitzungsprotokolle haben ergeben, dass die Bankgremien – insbesondere auch der nach der Satzung besonders wichtige Aktionärsausschuss – über einen langen Zeitraum von ihren Kontroll-, Informations- und Prüfmöglichkeiten weitgehend keinen Gebrauch gemacht haben. Dabei begnügten sich die Gremien nicht nur in den wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten des Bankhauses im Kern damit, Informationen der persönlich haftenden Gesellschafter lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Auch mit Beginn der wirtschaftlichen Schwierigkeiten bis in die Tatzeiträume hinein intensivierte sich ihre Kontrolltätigkeit – etwa durch näheres und beharrliches Nachfragen oder die Einforderung detaillierterer oder umfangreicherer Unterlagen – nicht wesentlich. Diese Übung war nicht geeignet, bei den angeklagten persönlich haftenden Gesellschaftern besondere Widerstände, Hemmnisse oder Vorsicht bei ihren Entscheidungen aufzubauen. Diesem Umstand wird auch nicht deshalb die strafmildernde Wirkung genommen, weil die Angeklagten für diese Kontrolldefizite selbst verantwortlich gewesen wären. Denn über die Besetzung der Gremien entschieden nicht die persönlich haftenden Gesellschafter, sondern alle Aktionäre. Auch die Form, in der die Kontrollgremien ihre Aufgabe erfüllten, lag in deren eigener Verantwortung.
3261Zu Ungunsten aller Angeklagten war hingegen in beiden Fällen die jeweils große Schadenshöhe zu berücksichtigen. Diese lag ganz erheblich über dem Schwellenwert von 50.000 €, der den Strafrahmen des besonders schweren Falls eröffnet.
(e) Besondere Strafzumessungserwägungen betreffend den Angeklagten K
3262Zu Gunsten des Angeklagten K hat die Kammer in beiden abgeurteilten Fällen gewichtet, dass er nicht nur als Erstverbüßer, sondern auch auf Grund seines bereits fortgeschrittenen Alters und seiner angeschlagenen Gesundheit als besonders haftempfindlich anzusehen ist. Auch hat er – schon auf Grund dieser Umstände, aber auch als Folge des hiesigen Verfahrens – keine Aussicht mehr darauf, noch einmal berufstätig zu sein oder gar in einer seiner früheren Tätigkeit vergleichbaren Position zu arbeiten. Eine Wiederholungsgefahr besteht vor diesem Hintergrund nicht.
3263Für den Angeklagten K hat die Kammer darüber hinaus strafmildernd berücksichtigt, dass er die Tat im Komplex X1 umfassend und im Komplex B-Straße im Wesentlichen eingeräumt hat. Sein Geständnis war in beiden Fällen erkennbar von Reue getragen. Es war verbunden mit einer – ihm ersichtlich nicht leicht gefallenen – öffentlichen Verantwortungsübernahme und einer Entschuldigung bei den ehemaligen Gesellschaftern und Mitarbeitern des Bankhauses. Zwar hat der Angeklagte die Taten erst zu einem späten Zeitpunkt der Hauptverhandlung, zu dem die Kammer bereits im Rahmen ihres Verständigungsvorschlags auf eine Verurteilungswahrscheinlichkeit hingewiesen hatte, gestanden. Gleichwohl hat das Geständnis umfangreich insbesondere die genauen Hintergründe und Motive sowie den Verlauf der Taten offenbart und damit das Verfahren – gerade hinsichtlich der Bewertung der Nachbesicherung im Komplex X1 – noch verkürzt. Der Angeklagte K hat unumwunden und rückhaltlos seine eigenen Beiträge benannt und auch, soweit er hieran konkrete Erinnerungen hatte, das Gesamtgeschehen geschildert. Im Fall X1 hat er ferner offen eingeräumt, in die Entscheidungen zum Nachteil des Bankhauses auch seine eigenen wirtschaftlichen Interessen und diejenigen seiner Familie im Hinblick auf die gewährten Y14-Bürgschaften einfließen lassen und sich auch mit Blick auf diese mit dem Nachteil zu Lasten von SOP abgefunden zu haben.
3264Strafschärfend hat die Kammer im Fall X1 gewichtet, dass der Angeklagte K – was er offen eingeräumt hat – auch deshalb den erheblichen Nachteil zu Lasten von SOP in Kauf nahm, um einen von ihm befürchteten erheblichen finanziellen Nachteil von sich selbst abzuwenden. Er stand mit einer Bürgschaft von 87 Millionen € für die Rückführung des Y14-Kredits ein. Dabei hat die Kammer allerdings nicht aus dem Blick verloren, dass mit dem späteren Eintritt der Insolvenz der X1 AG die von ihm für sein Vermögen besorgten Nachteile für sein Vermögen nicht endgültig abgewendet worden sind.
3265Im Fall B-Straße hat die Kammer straferschwerend berücksichtigt, dass der Angeklagte K – gemeinsam mit dem Angeklagten J – der Urheber der Idee zur Anteilsübertragung auf das Bankhaus war. Auch trieb er diese in enger Einbindung in die Abläufe – neben der Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen insbesondere durch seine Teilnahme am Beschluss vom 3. November 2008 mit den Angeklagten J und E, seine Unterschrift unter die hierauf Bezug nehmende Entscheidungsvorlage vom 4. November 2008, die Überzeugung seiner Familienmitglieder zur Anteilsübertragung sowie die Freigabe der ersten Zahlungen von SOP in die GbR im Dezember 2008 – maßgeblich voran.
(f) Besondere Strafzumessungserwägungen betreffend den Angeklagten O
3266Strafmildernd hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten O berücksichtigt, dass auch er die beiden abgeurteilten Taten in ihrem jeweiligen Kern eingeräumt hat. War der konkrete Aufklärungsgehalt seines – gleichfalls späten – Geständnisses in beiden Fällen auch geringer als beim Angeklagten K, war es doch ebenfalls erkennbar von Reue getragen. Auch der Angeklagte O hat – was ihn ersichtlich große Überwindung gekostet hat – öffentlich Verantwortung für seine Taten übernommen und sich bei den Gesellschaftern und Mitarbeitern des Bankhauses für sie entschuldigt. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Angeklagte O deutlich weniger zur Aufklärung insbesondere der Hintergründe der Taten beigetragen, seine ursprünglich bestreitenden Einlassungen letztlich zwar aufgegeben hat, gleichwohl aber bemüht war, seine eigene Bedeutung herunter zu spielen. Er hat im Fall X1 letztlich aber eingeräumt, seine Bürgschaft für den Y14-Kredit in seine Entscheidung einfließen lassen zu haben. Damit hat er eigene finanzielle Motive für die billigende Inkaufnahme des bei SOP entstandenen Nachteils bestätigt.
3267Zu Gunsten des Angeklagten O war ferner zu sehen, dass er weder der Ideengeber noch die treibende Kraft für den Einsatz der Geldmittel bei X1 und die Anteilsübertragung im Fall der B-Straße war. Seine Einbindung in die hierauf bezogenen Abläufe war sowohl bei X1 als auch bei der B-Straße geringer als diejenige der Angeklagten K und J.
3268Schließlich hat auch der Angeklagte O als Folge des hiesigen Verfahrens keine Perspektive, jedenfalls noch einmal in vergleichbarer Position zu arbeiten. Vielmehr wird er schon durch seinen Namen in der Öffentlichkeit besonders mit dem Niedergang von SOP als Privatbank auf Dauer in Verbindung gebracht werden. Eine Wiederholungsgefahr besteht daher trotz seines im Vergleich zu den übrigen Angeklagten deutlich jüngeren Alters nicht.
3269Besondere strafschärfende Umstände hat die Kammer für den Angeklagten O – über die oben genannten hinaus – im Komplex B-Straße nicht gesehen.
3270Bei seiner Untreue im Fall X1 hat die Kammer demgegenüber strafschärfend berücksichtigt, dass er – was er im Kern eingeräumt hat – den erheblichen Nachteil zu Lasten von SOP auch deshalb in Kauf genommen hat, um einen von ihm befürchteten erheblichen finanziellen Nachteil von sich selbst abzuwenden. Er stand mit einer Bürgschaft von 52 Millionen € für die Rückführung des Y14-Kredits ein. Dabei hat die Kammer nicht aus dem Blick verloren, dass mit dem späteren Eintritt der Insolvenz bei X1 die von ihm für sein Vermögen besorgten Nachteile nicht endgültig abgewendet worden sind.
3271Soweit seine Bürgschaft bereits eingelöst wurde, handelt es sich allein um die vertragliche Folge seiner übernommenen Bürgschaft und nicht etwa um eine besonders zu berücksichtigende Form einer Schadenswiedergutmachung.
(g) Besondere Strafzumessungserwägungen betreffend den Angeklagten J
3272Zu Gunsten des Angeklagten J hat die Kammer berücksichtigt, dass dieser nicht nur als Erstverbüßer, sondern auch auf Grund seines bereits fortgeschrittenen Alters und seiner angeschlagenen Gesundheit als besonders haftempfindlich anzusehen ist. Aus diesen Gründen, aber auch als Folge dieses Strafverfahrens hat auch er keine Perspektive, noch einmal berufstätig zu sein oder gar in seiner früheren Tätigkeit vergleichbarer Position zu arbeiten. Eine Wiederholungsgefahr besteht daher auch bei ihm nicht.
3273Im Fall X1 hat die Kammer demgegenüber strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte J die Vorgänge um die Kapitalerhöhung und die Kreditgewährung unmittelbar geleitet und koordiniert hat. Er war derjenige, der die Gespräche mit den Verantwortlichen der X1 AG geführt und die Finanzierungsmaßnahmen maßgeblich vorangetrieben hat. Dabei war er als Risikomanager der Bank in besonderer Weise dazu berufen, Risiken vom Bankhaus fernzuhalten.
3274Im Fall B-Straße hat die Kammer zu seinem Nachteil straferschwerend gewürdigt, dass der Angeklagte J, der schon auf Grund seiner Zuständigkeit für den Umgang des Bankhauses mit der CSSF ein besonderes Interesse an einer Vermeidung weiterer Schwierigkeiten im Hinblick auf steigende Gesellschafterkredite hatte, gemeinsam mit dem Angeklagten K die Idee zur Anteilsübertragung entwickelte. Er trieb diese in enger Einbindung in die Abläufe – insbesondere durch seine Teilnahme am Beschluss mit den Angeklagten K und E vom 3. November 2008, die durch ihn erfolgte frühzeitige Genehmigung der für SOP abgegebenen, auf den Anteilsübertragungsvertrag gerichteten Willenserklärung sowie seine Einbindung in das CSSF-Genehmigungsverfahren unter Anweisung an die beteiligte Fachabteilung, bereits während des nicht abgeschlossenen Genehmigungsverfahrens mit der Umsetzung des Anteilserwerbs fortzufahren – auch maßgeblich voran.
3275Der Angeklagte J war in beiden ausgeurteilten Komplexen die zentrale Figur mit maßgeblichem steuerenden Einfluss auf das Geschehen.
(h) Besondere Strafzumessungserwägungen betreffend den Angeklagten P
3276Zu Gunsten des Angeklagten P hat die Kammer berücksichtigt, dass auch er als Folge dieses Verfahrens keine Aussicht darauf hat, in Zukunft erneut in einer mit seiner Stellung als persönlich haftender Gesellschafter einer Bank vergleichbaren Position zu arbeiten. Ein besonderes Einwirkungserfordernis zur Vermeidung künftiger vergleichbarer Taten besteht damit auch für ihn nicht.
3277Ferner hat die Kammer in beiden Fällen strafmildernd gewichtet, dass er durch seine Partner erst spät in die Vorgänge eingebunden wurde.
3278Im Fall X1 wurde er erst am späten Sonntag – noch dazu nur telefonisch – in die Kapitalerhöhung eingebunden. Dabei war er zu dieser Zeit gerade in die Verhandlungen um die Rettung der HRE eingespannt. Der Angeklagte P war gerade wegen seiner späten Einbindung vom Angeklagten J zu einer sofortigen Entscheidung aufgefordert worden. Dabei stand er insofern unter besonderem Druck, als er wusste, dass nach der Zustimmung der anderen Partnern seine – in der Sache allerdings pflichtgemäße und gebotene – Ablehnung den Ausschlag dafür geben würde, dass der X1 AG Rettungsmaßnahmen von SOP – und damit auch der anderen Konsorten – versagt bleiben würden und die Insolvenz der X1 AG damit unmittelbar eintreten würde.
3279Bei der B-Straße wurde er erst mit dem Erhalt der Beteiligungsvorlage in den Vorgang der Anteilsübertragung eingebunden.
3280Er war in keiner Weise Ideengeber oder treibende Kraft beider Taten, auch wenn er ebenfalls mit bedingtem Vorsatz die gleiche Tathandlung wie die anderen drei angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter begangen hat.
3281Auch wenn er eine strafrechtliche Verantwortung von sich gewiesen hat, hat der Angeklagte P sich kritisch mit seinem Verhalten auseinander gesetzt und insbesondere in seinem letzten Wort ausdrücklich ausgeführt, dass er rückblickend sein Handeln und dessen Folgen bedauere.
3282Über die bereits oben genannten Umstände hinaus hat die Kammer keine besonderen strafschärfenden Umstände beim Angeklagten P in beiden abgeurteilten Fällen gesehen.
3283Unter umfassender Abwägung all dieser für und gegen die Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer sämtlichen Angeklagten ihre jeweiligen Einzelstrafen aus dem Strafrahmen eines besonders schweren Falls der Untreue zugemessen. Die angeführten Strafzumessungserwägungen vermögen weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit die Regelwirkung des besonders schweren Falles zu entkräften, wobei – mit Blick vor allem auf die erhebliche Überschreitung des Schwellenwerts für die Verwirklichung des Regelbeispiels – auch die Geständnisse der Angeklagten K und O in einer Gesamtschau ein Absehen vom Sonderstrafrahmen nicht rechtfertigen. Dieser sieht Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor (§§ 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 1. Alt. StGB).
(2) Die konkreten Einzelstrafen
3284Unter erneuter umfassender Abwägung und Würdigung der bereits bei der Strafrahmenwahl berücksichtigten für und gegen die Angeklagten streitenden Strafzumessungserwägungen und mit Blick auf die unterschiedliche Höhe der dem Bankhaus in den Komplexen X1 (Nachteil mehr als 60 Millionen €) und B-Straße (Nachteil mehr als 23 Millionen €) zugefügten Nachteile hat die Kammer den Angeklagten jeweils innerhalb des Strafrahmens von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe folgende Einzelstrafen als tat- und schuldangemessen zugemessen:
3285dem Angeklagten K im Komplex X1 eine Freiheitsstrafe von
3286einem Jahr und sechs Monaten,
3287und im Komplex B-Straße eine Freiheitsstrafe von
3288einem Jahr und zwei Monaten,
3289dem Angeklagten O im Komplex X1 eine Freiheitsstrafe von
3290einem Jahr und fünf Monaten,
3291und im Komplex B-Straße eine Freiheitsstrafe von
3292einem Jahr und einem Monat,
3293dem Angeklagten J im Komplex X1 eine Freiheitsstrafe von
3294zwei Jahren und zwei Monaten,
3295und im Komplex B-Straße eine Freiheitsstrafe von
3296einem Jahr und sechs Monaten,
3297sowie dem Angeklagten P im Komplex X1 eine Freiheitsstrafe von
3298einem Jahr und drei Monaten
3299und im Komplex B-Straße eine Freiheitsstrafe von
3300einem Jahr und vier Monaten.
II. Die Gesamtstrafen
3301Aus den jeweiligen beiden Einzelstrafen hatte die Kammer jedem Angeklagten unter Erhöhung der höchsten von ihm verwirkten Einzelstrafe eine Gesamtstrafe zu bilden, welche die Summe der beiden von ihm verwirkten Einzelstrafen nicht erreichen durfte (§ 54 Abs. 1 und 2 StGB). Innerhalb des danach für den jeweiligen Angeklagten eröffneten Strafrahmens hat die Kammer bei der Bestimmung seiner Gesamtstrafe die bereits im Zuge der konkreten Strafzumessung bei ihm gegeneinander abgewogenen strafmildernden und strafschärfenden Gesichtspunkte erneut umfassend gewürdigt und dabei insbesondere berücksichtigt, dass beide Taten durch die Krise des Bankhauses im Spätjahr 2008 in einem zeitlichen und situativen Zusammenhang standen und mit Blick auf jeweils vernachlässigte Informationspflichten auch einen sachlichen Berührungspunkt miteinander hatten. Die wiederholte Verletzung dieser Pflichten ist Ausdruck einer – von der nur geringen Kontrolle der eigenen Aufsichtsgremien zusätzlich begünstigten – herabgesenkten Hemmschwelle der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter. Beide Taten richteten sich jeweils gegen die KGaA und damit gegen dieselbe Geschädigte und dasselbe Rechtsgut.
3302Nach umfassender Abwägung und Würdigung all dieser Gesichtspunkte und unter nochmaliger Berücksichtigung insbesondere der Geständnisse der Angeklagten K und O hat die Kammer die jeweils höchste verwirkte Einzelstrafe der Angeklagten nur maßvoll erhöht und gegenüber
3303dem Angeklagten K auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
3304zwei Jahren,
3305dem Angeklagten O auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
3306einem Jahr und elf Monaten
3307dem Angeklagten J auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
3308zwei Jahren und zehn Monaten
3309und gegenüber dem Angeklagten P auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
3310zwei Jahren
3311als tat- und schuldangemessen erkannt.
III. Strafaussetzung zur Bewährung
3312Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten K, O und P verhängten Gesamtfreiheitstrafen konnte jeweils zur Bewährung ausgesetzt werden.
3313Insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Persönlichkeiten, ihres Vorlebens, der Umstände ihrer Taten, ihres Verhaltens nach den Taten, ihrer Lebensverhältnisse und der Wirkungen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind, erwartet die Kammer, dass sich die Angeklagten schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen werden (§ 56 Abs. 1 StGB).
3314Alle Angeklagten sind bei teilweise bereits vorgerücktem Lebensalter bislang unbestraft. Sie werden erstmals zu Freiheitsstrafen verurteilt. Sie leben in geordneten sozialen Verhältnissen. Schon das gut zwei Jahre dauernde Hauptverfahren und die sie begleitende regionale und überregionale Berichterstattung haben erkennbar auf die Angeklagten eingewirkt. Die Angeklagten K und O haben ihre Taten zudem eingeräumt, der Angeklagte P hat sich immerhin zurückblickend kritisch gegenüber seinen damaligen Entscheidungen gezeigt. Einen Rückfall der Angeklagten zu neuen Straftaten hält die Kammer gesamtbetrachtend für höchst unwahrscheinlich.
3315Unter Gesamtwürdigung der Persönlichkeit der Angeklagten und ihrer Taten liegen bei den Angeklagten K, O und P auch besondere Umstände vor, die es rechtfertigen, die Vollstreckung der gegen sie verhängten Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils mehr als einem Jahr zur Bewährung auszusetzen (§ 56 Abs. 2 StGB). Dabei hat die Kammer alle bereits im Zuge der konkreten Strafzumessung benannten strafmildernden Gesichtspunkte erneut berücksichtigt. Sie hat insbesondere noch einmal in den Blick genommen, dass die Angeklagten durch das Verfahren einschließlich der dazu erfolgten Berichterstattung nachhaltig beeindruckt worden sind. Letzteres hat sich auch in dem Umstand offenbart, dass die Angeklagten K, O und P ausdrücklich ausgeführt haben, dass ihnen im Lichte der Hauptverhandlung und vor dem Hintergrund der Vernehmung zahlreicher Mitgesellschafter und Mitarbeiter von SOP als Zeugen bewusst geworden ist, welche Tragweite und schwerwiegenden Folgen ihre Handlungen hatten.
3316- B.
3317
Der Angeklagte E
§ 54 Abs. 2 KWG in den zum Zeitpunkt der festgestellten Darlehensvergaben geltenden Fassungen drohte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe an. Der seit dem 30. April 2011 geltende höhere Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe war auch mit Blick auf § 2 Abs. 2 StGB nicht anzuwenden. Denn es ist in der Hauptverhandlung nicht festgestellt worden, dass auch nur die Abwicklung der Darlehensverträge über diesen Zeitpunkt – und damit auch deutlich über den Zeitpunkt der den Angeklagten E betreffenden Durchsuchungsmaßnahmen der Ermittlungsbehörden im Oktober 2010 – hinausreichte. Insbesondere ist das Darlehensverhältnis der Y14 zur Zeugin T3 durch die Gläubigervereinbarung bereits Anfang 2010 beendet worden (vgl. oben Teil 1, D., IV., (27)).
3319Bei der Strafzumessung hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten E berücksichtigt, dass dieser bislang unbestraft ist und die Tat bereits längere Zeit zurückliegt. Auch hat sie die lange – und in weiten Teilen den gegen den Angeklagten E ausgeurteilten Tatkomplex gar nicht betreffende – Hauptverhandlung strafmildernd in Ansatz gebracht. Deren mediale Begleitung, die den Angeklagten E nicht selten als zentrale Figur sogar solcher Sachverhalte darstellte, die nicht einmal Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen oder gar Anklagen gegen seine Person sind oder waren – wie zum Beispiel der Komplex „X1“ – , war auch für ihn besonders belastend.
3320Zu Ungunsten des Angeklagten E hat die Kammer hingegen gewichtet, dass sich das unerlaubte Betreiben von Bankgeschäften über einen langen Zeitraum zog und jedenfalls durch den an die Zeugin T3 ausgereichten Kredit auch einen erheblichen betragsmäßigen Umfang erreichte.
3321Unter Abwägung dieser Umstände und mit Blick darauf, dass die Voraussetzungen für die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe nach § 47 Abs. 1 StGB nicht vorliegen, erachtet die Kammer eine
3322Geldstrafe von 90 Tagessätzen
3323für tat- und schuldangemessen.
3324Die Tagessatzhöhe (5.500 €) hat die Kammer gem. § 40 Abs. 2 StGB am Nettoeinkommen des Angeklagten E orientiert. Dieses sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Ehefrau ergeben sich aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Unterlagen seines Steuerberaters. Hiernach hat der Angeklagte E ein voraussichtliches Nettoeinkommen im Jahr 2015 von 2.009.268,00 € (Gesamtbetrag der Einkünfte inkl. Kapitalerträge: 3.700.000,00 €, abzüglich einer Gesamtsteuerbelastung von 1.690.732,00 €). Hieraus errechnet sich ein Tagessatz von 5.581,30 €. Mit Blick auf den Umstand, dass seine eine jährliche Rente in Höhe von 2.000,00 € beziehende Ehefrau im Jahr 2015 voraussichtlich – im Wesentlichen aus Immobilienfondsbeteiligungen resultierende - negative Einkünfte (- 500.000,00 €) erzielen wird, hat die Kammer eine Absenkung dieses Tagessatzes auf 5.500,00 € als angemessen erachtet. Sonstige Unterhaltsverpflichtungen bestehen für den Angeklagten E nicht.
3325TEIL 5: Kostenentscheidung
3326Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1, 466 StPO.
3327Inhaltsverzeichnis:
3328TEIL 1: Feststellungen
3329A. Persönliche Verhältnisse der Angeklagten
3330I. Angeklagter K
3331II. Angeklagter O
3332III. Angeklagter J
3333IV. Angeklagter P
3334V. Angeklagter E
3335B. Überblick über die Feststellungen
3336C. Die Struktur des Bankhauses O
3337I. Die Struktur des Bankhauses vor Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg zum 1. Juli 2007
3338(1) Persönlich haftende Gesellschafter
3339(2) Kommanditaktionäre
3340(a) Gesellschafter-Pool
3341(b) Hauptversammlung
3342(c) Aktionärsausschuss
3343(3) Aufsichtsrat
3344(4) Stille Gesellschafterin (Konsortium)
3345II. Die Struktur des Bankhauses nach Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg zum 1. Juli 2007 bis zum Eintritt der V11 Ende 2009
3346(1) SCA
3347(a) Persönlich haftende Gesellschafter
3348(b) Kommanditaktionäre
3349(aa) Aktionärs-Pool…………………………………………………………65
3350(bb) Generalversammlung…………………………………………………73
3351(cc) Aktionärsausschuss…...………………………………………………75
3352(c) Aufsichtsrat
3353(2) KGaA
3354(a) Persönlich haftende Gesellschafter
3355(b) Kommanditaktionäre
3356(aa) Hauptversammlung……………………………………………………82
3357(bb) Aktionärsausschuss…………………………………………………..83
3358(c) Aufsichtsrat
3359III. Die O-E Gruppe
3360(1) Struktur vor Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg
3361(2) Struktur nach Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg
3362(3) Funktionsweise der „O-E-Fonds“
3363D. Komplex X1
3364I. Einführung
3365II. Vorgeschichte
3366(1) Unmittelbare Beziehungen des Bankhauses SOP zum X1-Konzern
3367(2) Die Ratingklassen für Kredite bei SOP
3368(3) „Strategische Überlegungen“
3369(4) Das I6-I-Darlehen („I5“-Darlehen)
3370(5) Die Begleitung des „I5“-Darlehens in der Bank
3371(6) Der „T3-Kredit“ über 170 Millionen € und seine Besprechung in der Partnerschaft
3372(7) Das Gespräch in X19
3373(8) I6 II - der „kleine I6-Kredit“ (50 Millionen €):
3374(9) Der „Y14-Kredit“ über 380 Millionen €
3375(10) Die Nachfragen der Aufsichtsbehörden
3376(11) Die Frage nach der Kreditnehmereinheit (das sog. „ M6-Gutachten“)
3377(12) Veränderungen im Kreditverhältnis Y14/T3
3378(13) Die Struktur des X1-Konzerns
3379(14) K--Warenhäuser als Immobilienfonds
3380(15) Die Bewertungen der Fachabteilungen für 2002 und 2003
3381(16) Die wirtschaftliche Anspannung im Frühjahr 2004
3382(17) Der Eintritt des Zeugen Dr. N9 bei der X1 AG
3383(18) Die Einschätzung der X1 AG durch SOP
3384(19) Das Restrukturierungskonzept 2004
3385(20) Der „erste“ Konsortialkredit aus dem Jahr 2004
3386(21) Weiterer Finanzierungsbedarf des X1-Konzerns
3387(22) Die Veräußerungen des Immobilienbestands (HIGH STREET I)
3388(23) Der Zukauf der weiteren 50 % Anteile an der H4 AG durch die X1 AG
3389(24) Wesentliche Veränderungen bei der X1 AG
3390(25) Der Konsortialkredit aus dem Jahr 2007
3391(26) Verkauf der restlichen Anteile an der HIGH STREET-Beteiligung (HIGH STREET II) und von X8.de
3392(27) Die Erhöhung des Konsortialkredits / „Tranche F“
3393(28) Die Begleitung durch die Q41 AG
3394(29) Bewertungen im Bankhaus
3395(30) Die Entwicklungen bei X1 im Sommer 2008
3396(31) Weiteres Anregen von Nachbesicherungen durch die Kreditabteilung von SOP…….
3397(32) Der Fortgang der Finanzierungsverhandlungen mit den Konsortialbanken und Warenkreditversicherern
3398(33) Die Präsentation des sog. „Amendment“ am 10. September 2008
3399III. Das Tatgeschehen
3400(1) Das Angebot von SOP an die Zeugin T3 zur Finanzierung weiterer 45 Millionen €
3401(2) Nachfrage der luxemburgischen Bankenaufsicht CSSF
3402(3) Die Mahnung des Zeugen G2 zur Offenlegung des Y14-Kredits
3403(4) Das Gespräch zwischen den Angeklagten K und E sowie dem Zeugen Dr. N9 am 24. September 2008
3404(5) Die Vorgänge am Donnerstag, den 25. September 2008
3405(a) Das Gespräch zwischen dem Angeklagten K und dem Zeugen M12
3406(b) Das Treffen im Hause T3 / die Zusage der Nachbesicherung
3407(c) Die Erörterungen im Privathaus des Angeklagten K
3408(6) Der weitere Verlauf am Freitag, den 26. September 2008
3409(a) Die Gespräche des Zeugen J6 mit dem Angeklagten E und dem Zeugen Dr. N9
3410(b) Die Erörterungen im Bankhaus
3411(c) Der Entwurf der schriftlichen Erklärung der Zeugin T3
3412(d) Die Schreiben des Bankhauses vom 26. September 2008
3413(e) Der Abbruch des Verkaufs der H4-Anteile und seine Folgen
3414(7) Die weiteren Entwicklungen am Wochenende
3415(a) Der Anruf des Angeklagten E beim Zeugen Dr. N9 und das neue Finanzierungskonzept der X1 AG
3416(b) Die Gespräche des Angeklagten E mit der Zeugin T3
3417(c) Die Vorbereitung des Aktienankaufs im Bankhaus
3418(d) Die Kapitalerhöhung als Finanzierungsmittel
3419(e) Der Ankauf der Aktien durch SOP von der Zeugin T3 und ihren Firmen
3420(f) Die telefonische Benachrichtigung der CSSF am Sonntagmorgen
3421(g) Die Einzelheiten der Kapitalerhöhung
3422(h) Das Telefonat zwischen den Angeklagten J und P am Sonntagabend
3423(i) Die Umwälzungen in der Nacht auf Montag, 29. September
3424(8) Der weitere Verlauf am Montag, den 29. September 2008
3425(a) Pressemitteilungen
3426(b) Die Übergabe des Zeichnungsscheins an die X1 AG
3427(c) Die Einbeziehung der Angeklagten O und P in das zugesagte Darlehen aus der Nacht
3428(9) Die Gegenwerte der von SOP zugunsten der X1 AG eingesetzten Finanzierungsmittel
3429(10) Der Vorsatz der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter betreffend die Kapitalerhöhung
3430(11) Die Kreditvereinbarung zwischen der X1 AG und den Konsortialbanken vom 29. September 2008
3431(12) Erfüllung der aufschiebenden Bedingungen aus dem Kreditvertrag
3432(13) Die Vorgaben über den Prozess von Beteiligungsnahmen durch SOP
3433(14) Der Anruf des Zeugen G2 beim Zeugen C6
3434(15) Die Anfragen der Aufsichten vom 29. September 2008
3435(16) Der Anruf des Zeugen G2 bei der CSSF am 29. September 2008
3436(17) Die Vorlagen für die X1-Beteiligungen im Bankhaus
3437(a) Bei der KGaA
3438(b) Bei der SCA
3439(c) Die Genehmigungsvorlage für die CSSF
3440(18) Die Vorlagen für den Kredit an die X1 AG
3441(a) Das Kreditprotokoll für die KGaA
3442(b) Die Konzernvorlage
3443(19) Die Stimmrechtsmitteilungen vom 1. Oktober und 16. Dezember 2008
3444(20) Verhandlungen der X1 AG über die Besicherung des 50-Millionen-€-Kredits….
3445(21) Die Geschäftsführungssitzung der SCA am 14. Oktober 2008 – der Eklat um den Zeugen Dr. T12
3446(22) Der teilweise Austausch der Bürgschaften für den Y14-Kredit
3447(23) Die Vereinbarungen der Y14 mit den Bürgen
3448(24) Die Umsetzung der Nachbesicherung
3449(25) Die Vereinbarungen der Zeugin T3 mit der Y14
3450(26) Die Besprechung mit der CSSF am 16. Oktober 2008
3451(27) Die Erörterungen in den Gremien der Bank
3452(28) Die Schreiben des Bankhauses an die Deutsche Bundesbank
3453(29) Die Roland-Berger-Präsentation zum Projekt „V8“
3454(30) Das Drängen der X1 AG auf Auszahlung des Kredits über 20 Millionen €
3455(31) Der Kreditvertrag zwischen SOP und der X1 AG am 3. November 2008…..
3456(32) Der Vorsatz der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter betreffend den Kreditvertrag
3457IV. Das Nachtatgeschehen
3458(1) Der Führungswechsel bei der X1 AG
3459(2) Korrespondenz und Gespräche der CSSF mit dem Bankhaus bis Januar 2009…..
3460(3) Das Prüfungstestat der BDO vom 5. Dezember 2008
3461(4) Die Vorstellung des „Independent Business Review“ am 16. Dezember 2008 …………………………………………………………………………………….
3462(5) Die Z35-Präsentation zum Projekt „V9“ am 20. Januar 2009 …………………………………………………………………………………….
3463(6) Die Nichtrückzahlung der 80-Millionen-€-Tranche bis Ende Februar 2009
3464(7) Die Ausgliederung der X1-Aktien in eine „Familienholding“
3465(8) Das weitere Vorgehen der CSSF
3466(9) Die Desinvestitionsvorlage vom 17. März 2009
3467(10) Das Schreiben der CSSF an die SCA vom 7. April 2009 - der „Kredit-Stopp“ gegenüber der X1 AG
3468(11) Die konkrete Übertragung der X1-Beteiligung auf die Familienholding
3469(12) Die weitere Korrespondenz des Bankhauses mit der CSSF
3470(13) Die Abschreibung der Kreditforderung
3471(14) Die Auskunft des Angeklagten J vom 26. Mai 2009
3472(15) Das Bemühen der X1 AG um eine Bürgschaft des Bundes
3473(16) Die Insolvenz der X1 AG im Juni 2009
3474(17) Die Kündigung des Y14-Kredits durch SOP am 9. Juni 2009
3475(18) Die Kündigung des Kredits durch die Y14 gegenüber der Zeugin T3
3476(19) Das Schreiben des Angeklagten J an die BaFin vom 9. Juni 2009 ………………………………………………………………………………….
3477(20) Der Verkauf der restlichen Aktien der X1 AG durch SOP
3478(21) Keine Verluste der Konsorten
3479(22) Die Sitzung des Aktionärsausschusses am 11. Juni 2009
3480(23) Schreiben der CSSF vom 16. Juni 2009
3481(24) Das Schreiben der SCA vom 22. Juni 2009 an die CSSF
3482(25) Der Austausch über die „Umstrukturierung“ des Y14-Kredits zwischen der SCA und der CSSF vom 15. September 2009
3483(26) Die Kündigung der Kredite des Bankhauses gegenüber der Zeugin T3
3484(27) Die Gläubigervereinbarung vom 1. Februar 2010
3485(28) Sonderprüfung durch die BaFin
3486E. Komplex B-Straße
3487I. Einführung
3488II. Die zum Verständnis des Tatgeschehens darzustellende Vorgeschichte
3489(1) Das Geschehen bis zur Einigung über den Kaufpreis für die Liegenschaft mit der H33 / X22
3490(2) Die Entscheidung für die Einbringung der Liegenschaft in eine GbR-Fondskonstruktion
3491(3) Die Fondskonzeption
3492(4) Die Erstellung der Kreditprotokolle für die Fondsfinanzierung
3493(5) Die Gründung der GbR
3494(6) Der erste Gesellschafterbeschluss aus März 2007
3495(7) Der Abschluss der Kreditverträge für die Fondsfinanzierung
3496(8) Die Folgen der GbR-Struktur für die Einbindung der Abteilung Facility Management in das Projekt
3497(9) Der Steuerberatungsvertrag
3498(10) Der nicht zu Stande gekommene frühe Mietvertrag für die Gesamtliegenschaft
3499(11) Der Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag
3500(12) Die Anmietung erster Flächen in der „H11“ durch SOP
3501(13) Die Entscheidung gegen die Beibehaltung der vorhandenen Tiefgarage unter dem Neubau
3502(14) Der Grundstückskaufvertrag und hiermit im Zusammenhang stehende Vereinbarungen
3503(15) Die aktualisierten Flächen- und Mietansätze des Angeklagten E nach der Entscheidung für den Abriss und einen viergeschossigen Neubau der Tiefgarage
3504(16) Die Erwähnung der Liegenschaft in der Poolversammlung
3505(17) Das Gespräch zwischen dem Zeugen L1 und dem Angeklagten J über die Bauantragspläne und die Mietentwicklung
3506(18) Der erste Bauantrag
3507(19) Der 1. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübenehmervertrag und die ersten Einlagenleistungen
3508(20) Die Abrissgenehmigung
3509(21) Die Anmietung weiterer Flächen in der „H11“ durch SOP
3510(22) Die Planungsänderungen betreffend den Neubau einer nur zweigeschossigen Tiefgarage und den Entfall des Handelsraums
3511(23) Die Eintrübung der wirtschaftlichen Situation bei SOP
3512(24) Die erste Baugenehmigung
3513(25) Die Entscheidung für den Entfall des Handelsraums und weitere die Liegenschaft betreffende Überlegungen
3514(26) Die Verschärfung der wirtschaftlichen Krise bei SOP
3515III. Das eigentliche Tatgeschehen
3516(1) Das aufkommende Thema der Höhe der Gesellschafterkredite
3517(2) Die ersten Überlegungen der Angeklagten K und J zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus
3518(3) Die Einbindung des Angeklagten O in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus
3519(4) Die Einbindung des Angeklagten E in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus
3520(5) Der Beschluss zwischen den Angeklagten K, J und E zur Übernahme von 94,9 % der GbR-Anteile durch das Bankhaus
3521(6) Die ersten Reduzierungen der Kreditlinien für die Fondsfinanzierung
3522(7) Das Projekt „V7“
3523(8) Die Entscheidungsvorlage zur Zahlung des Grundstückskaufpreises
3524(9) Die Initiierung des SOP-Beteiligungsvorlagenprozesses durch die Abteilung des Zeugen L2
3525(10) Die Erstellung der SOP-Beteiligungsvorlage durch die Abteilung Strategische Beteiligungen
3526(11) Die SCA-Beteiligungsvorlage
3527(12) Das Formular für die CSSF-Genehmigung
3528(13) Der 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag ………………………………………………………………………………….
3529(14) Der Anteilsübertragungsvertrag
3530(15) Die Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen
3531(16) Die Nichterörterung des Anteilsankaufs in den Gremien des Bankhauses ………………………………………………………………………………….
3532(17) Die Genehmigungen der auf den Anteilsübertragungsvertrag gerichteten Willenserklärungen
3533(18) Der zu erwartende Verkehrswert der Gesamtliegenschaft im Zustand der Fertigstellung
3534(19) Die CSSF-Genehmigung
3535(20) Die ersten Umsetzungsmaßnahmen der Anteilsübertragung
3536(21) Die Zahlung des Grundstückskaufpreises
3537(22) Die Übergabe der Liegenschaft an die GbR und deren Eintragung im Grundbuch
3538(23) Der Vorsatz der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter
3539IV. Das Nachtatgeschehen
3540(1) Die Besprechung bei der CSSF vom 19. Dezember 2008
3541(2) Die von der schwierigen Lage des Bankhauses geprägten Gremiensitzungen Ende 2008
3542(3) Der Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2008
3543(4) Die weitere Konkretisierung der Kosteneinsparmaßnahmen im Bereich Investment Banking
3544(5) Die weitere Umsetzung des Planungsstandes aus dem Dezember 2008 durch Erstellung neuer BQA und Einreichung eines neuen Bauantrages
3545(6) Der zunächst fehlende Mietvertrag zwischen der GbR und SOP hinsichtlich der in der „H11“ genutzten Flächen nach dem Besitzübergang
3546(7) Die weiteren Einlagen von SOP in die GbR bis Ende 2009
3547(8) Die Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA zu den Gesellschafterkrediten bis April 2009
3548(9) Die Pläne zur Veräußerung von Bankimmobilien
3549(10) Die Folgen des Insolvenzantrags der X1 AG
3550(11) Der Q41-Bericht über die Gesellschafterkredite und die Reaktion der CSSF hierauf
3551(12) Der letztlich abgeschlossene Mietvertrag zwischen der GbR und SOP hinsichtlich der in der „H11“ genutzten Flächen
3552(13) Die ersten Verkehrswertermittlungen für die Liegenschaft im zweiten Halbjahr 2009
3553(14) Der H8-Bericht
3554(15) Die weitere Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA zu den Gesellschafterkrediten bis Oktober 2009
3555(16) Die zweite Baugenehmigung
3556(17) Der 3. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag ………………………………………………………………………………….
3557(18) Das Ausscheiden der Angeklagten J und P aus dem Aktionärs- und Gesellschafterpool und die Übernahme des Bankhauses durch die V11
3558(19) Die Diskussionen über den Vollzug der Entscheidungsvorlagen zur Veräußerung von Bankimmobilien und das Bestehen von Abreden über eine Anmietung der Gesamtliegenschaft durch SOP
3559(20) Die Abschreibung auf die Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2009
3560(21) Die ersten Überlegungen zum weiteren Umgang mit der Liegenschaft nach der Übernahme des Bankhauses durch die V11
3561(22) Die weiteren Einlagen von SOP in die GbR bis Oktober 2010 und die Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 30. Juni 2010
3562(23) Die Konkretisierung der Umplanungen für die Liegenschaft
3563(24) Die Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2010
3564(25) Die letztlich durchgeführten Umplanungen und die Vermarktung der B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a
3565(26) Die Bewertung der „H11“ durch H10 im August 2012 ………………………………………………………………………………….
3566(27) Der Widerruf von Willenserklärungen durch den Angeklagten K ………………………………………………………………………………….
3567(28) Die Vermarktung der „H11“
3568F. KWG-Verstoß
3569TEIL 2: Beweiswürdigung
3570A. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten
3571B. Feststellungen zur Struktur des Bankhauses
3572I. Zuständigkeit für den Geschäftsbereich O-E
3573II. Zuständigkeit für den Bereich Facility Management
3574III. Der EZI-Code zu § 8 der Geschäftsordnung der persönlich haftenden Gesellschafter
3575IV. Der Ablauf der Gremiensitzungen und die sonstige Einbindung der Gremienmitglieder in das Bankgeschäft
3576V. Die Rolle des Aktionärs-Pools für die Hauptversammlung der KGaA
3577VI. Der Fortbestand des Aktionärsausschusses der KGaA nach der Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg
3578VII. Die Doppelrolle des Aktionärsausschussvorsitzenden nach der Verlagerung der Konzernspitze nach Luxemburg
3579VIII. Die Struktur der O-E-Gruppe und die Funktionsweise der O-E-Fonds
3580C. Feststellungen zum Komplex X1
3581I. Einlassungen der Angeklagten
3582(1) Das Einlassungsverhalten
3583(2) Angeklagter K
3584(3) Angeklagter O
3585(4) Angeklagter J
3586(5) Angeklagter P
3587II. Feststellungen zu den unmittelbaren Beziehungen des Bankhauses SOP zum X1-Konzern (Teil 1, D., II., (1))
3588III. Feststellungen zu den Ratingklassen für Kredite bei SOP (Teil 1, D. II., (2))
3589IV. Feststellungen zu den „strategischen Überlegungen“ (Teil 1, D., II., (3))
3590V. Feststellungen zum I6-I-Darlehen („I5“-Darlehen; Teil 1, D., II., (4)) …………………………………………………………………………………………
3591VI. Feststellungen zur Begleitung des „I5“-Darlehens in der Bank (Teil 1, D., II., (5))
3592VII. Feststellungen zum „T3“-Kredit und seiner Besprechung in der Partnerschaft (Teil 1, D. II., (6))
3593VIII. Feststellungen zum Gespräch in X19 (Teil 1, D., II., (7))
3594IX. Feststellungen zum I6 II-Kredit (Teil 1, D., II., (8))
3595X. Feststellungen zum Y14-Kredit (Teil 1, D., II., (9))
3596XI. Feststellungen zu den Nachfragen der Aufsicht (Teil 1, D., II., (10))
3597XII. Feststellungen zum sog. „ M6-Gutachten“ (Teil 1, D., II., (11))
3598XIII. Feststellungen zu den Veränderungen im Kreditverhältnis Y14/T3 (Teil 1., D., II., (12))
3599XIV. Feststellungen zur Struktur des X1-Konzern (Teil 1, D. II., (13))
3600XV. Feststellungen zu den K--Warenhäusern als Immobilienfonds (Teil 1, D., II., (14))
3601XVI. Feststellungen zu den Bewertungen der Fachabteilungen für 2002 und 2003 (Teil 1, D., II., (15))
3602XVII. Feststellungen zur wirtschaftlichen Anspannung im Frühjahr 2004 (Teil 1, D., II.,(16)) …………………………………………………………………………………….
3603XVIII. Feststellungen zum Eintritt des Zeugen Dr. N9 bei X1 (Teil 1, D., II., (17))
3604XIX. Feststellungen zur Einschätzung der X1 AG durch SOP (Teil 1, D., II., (18)) …………………………………………………………………………………….
3605XX. Feststellungen zum Restrukturierungskonzept 2004 (Teil 1, D., II., (19))
3606XXI. Feststellungen zum „ersten“ Konsortialkredit aus 2004 (Teil 1, D., II., (20)) …………………………………………………………………………………….
3607XXII. Feststellungen zum weiteren Finanzierungsbedarf des X1-Konzerns (Teil 1, D., II., (21))
3608XXIII. Feststellungen zur Veräußerung des Immobilienbestandes (Teil 1, D., II., (22)) …………………………………………………………………………………….
3609XXIV. Feststellungen zum Zukauf der weiteren 50 % der Anteile an der H4 AG (Teil 1, D., II., (23))
3610XXV. Feststellungen zu den wesentlichen Veränderungen bei X1 (Teil 1, D., II., 24) …………………………………………………………………………………….
3611XXVI. Feststellungen zum Konsortialkredit aus dem Jahr 2007 (Teil 1, D., II., (25)) …………………………………………………………………………………….
3612XXVII. Feststellungen zum Verkauf der restlichen Immobilienbeteiligung und von X8 (Teil 1, D., II., (26))
3613XXVIII. Feststellungen zur Erhöhung des Konsortialkredits und zur Begleitung durch die Q41 (Teil 1, D., II., (27) und (28))
3614XXIX. Feststellungen zu den Bewertungen im Bankhaus (Teil 1, D., II., (29))
3615XXX. Feststellungen zu den Entwicklungen bei X1 im Sommer 2008 (Teil 1, D., II., (30))
3616XXXI. Feststellungen zum weiteren Anregen von Nachbesicherungen (Teil 1, D., II., (31)) …………………………………………………………………………………….
3617XXXII. Feststellungen zum Fortgang der Finanzierungsverhandlungen (Teil 1, D., II, 32) ………………………………………………………………………………….
3618XXXIII. Feststellungen zur Präsentation des „Amendment“ am 10. September 2008 (Teil 1, D., II., (33))
3619XXXIV. Feststellungen zum Angebot an die Zeugin T3 zur Finanzierung von 45 Millionen € (Teil 1, D., III., (1))
3620XXXV. Feststellungen zur Nachfrage der luxemburgischen CSSF (Teil 1, D., III., (2)) ………………………………………………………………………………….
3621XXXVI. Feststellungen zur Mahnung des Zeugen G2 (Teil 1, D., III., (3))
3622XXXVII. Feststellungen zum Gespräch zwischen K, Dr. N9 und E am 24. September 2008 und zum Gespräch zwischen E und der Familie T3 (Teil 1, D., III., (4) und (5b))
3623XXXVIII. Feststellungen zum Gespräch zwischen K und M12 am 25. September 2008 (Teil 1, D., III., (5), (a))
3624XXXIX. Feststellungen zu den Gesprächen des Zeugen J6 mit dem Angeklagten E und dem Zeugen Dr. N9 (Teil 1, D., III., (6a))
3625XL. Feststellungen zu den Erörterungen im Bankhaus am Freitag, 26. September 2008 (Teil 1, D., III., (6), (b), (d))
3626XLI. Feststellungen zum Abbruch des Verkaufs der H4-Anteile (Teil 1, D., III., (6), (e)) ……………………………………………………………………………………….
3627XLII. Feststellungen zum Anruf des Angeklagten E bei Dr. N9 und dem neuen Finanzierungskonzept (Teil 1, D., III., (7), (a))
3628XLIII. Feststellungen zu den Gesprächen des Angeklagten E mit der Zeugin T3 (Teil 1, D., III., (6), (c), (7), (b))
3629XLIV. Feststellungen zur Vorbereitung des Aktienankaufs (Teil 1, D., III., (7), (c)) …………………………………………………………………………………….
3630XLV. Feststellungen zur Kapitalerhöhung als Finanzierungsmittel (Teil 1, D., III., (7), (d))………
3631XLVI. Feststellungen zum Ankauf der Aktien von T3 und ihrer Firmen (Teil 1, D., II., (7), €)
3632XLVII. Feststellungen zur telefonischen Benachrichtigung der CSSF am Sonntagmorgen (Teil 1, D., III., (7), (f))
3633XLVIII. Feststellungen zu den Einzelheiten der Kapitalerhöhung (Teil 1, D., III., (7), (g)) ………………………………………………………………………………….
3634XLIX. Feststellungen zum Telefonat zwischen J und P am Sonntagabend (Teil 1, D., III., (7), (h))
3635L. Feststellungen zu den Geschehnissen am Montag (Teil 1, D., III., (7), (i) bis (8), (c)) …………………………………………………………………………………………
3636LI. Feststellungen zum Geschehen um die Nachbesicherung (Teil 1., D., III., (5), (c), (6), (a) bis (c), (7), (b))
3637LII. Feststellungen zur Kreditvereinbarung vom 29. September 2008 (Teil 1, D., III., (11)) ……………………………………………………………………………………….
3638LIII. Feststellungen zur Erfüllung der aufschiebenden Bedingungen (Teil 1, D., III., (12)) ……………………………………………………………………………………….
3639LIV. Feststellungen zu den Vorgaben über Beteiligungsnahmen (Teil 1, D., III., (13)) ……………………………………………………………………………………….
3640LV. Feststellungen zum Anruf des Zeugen G2 beim Zeugen C6 (Teil 1, D., III., (14))
3641LVI. Feststellungen zu den Anfragen der Aufsichten vom 29. September 2008 (Teil 1, D., III., (15))
3642LVII. Feststellungen zum Anruf des Zeugen G2 bei der CSSF (Teil 1, D, III., (16)) …………………………………………………………………………………….
3643LVIII. Feststellungen zu den erstellten Vorlagen (Teil 1, D., III, (17) bis (18))
3644LIX. Feststellungen zu den Stimmrechtsmittelungen (Teil 1, D., III., (19))
3645LX. Feststellungen zu den Verhandlungen der X1 über die Kreditbesicherung (Teil 1, D., III., (20))
3646LXI. Feststellungen zum Eklat um den Zeugen Dr. T12 in der Geschäftsführungssitzung der SCA (Teil 1, D., III., (21))
3647LXII. Feststellungen zum teilweisen Austausch der Y14-Bürgschaften (Teil 1, D., III., (22))
3648LXIII. Feststellungen zur Vereinbarung der Y14 mit den Bürgen (Teil 1, D., III., (23)) …………………………………………………………………………………….
3649LXIV. Feststellungen zur Umsetzung der Nachbesicherung und zu den Vereinbarungen von T3 mit der Y14 (Teil 1, D., III., (24) und (25))
3650LXV. Feststellungen zur Besprechung mit der CSSF am 16. Oktober 2008 (Teil 1, D., III, (26))
3651LXVI. Feststellungen zu den Erörterungen in den Gremien der Bank (Teil 1, D., III., (27)) …………………………………………………………………………………….
3652LXVII. Feststellungen zu den Schreiben des Bankhauses an die Deutsche Bundesbank und der Präsentation „V8“ (Teil 1, D., III., (28), (29))
3653LXVIII. Feststellungen zum Drängen der X1 auf Auszahlung des Kredits (Teil 1, D., III., (30))
3654LXIX. Feststellungen zum Kreditvertrag vom 3. November 2008 (Teil 1, D., III., (31)) …………………………………………………………………………………….
3655LXX. Feststellungen zum Wert der Gegenleistungen der von SOP eingesetzten Gelder(Teil 1, D., III., (31))
3656(1) Gutachter
3657(2) Die Kreditforderung
3658(a) Die angewandte Methode
3659(b) Die konkreten Prüfungen
3660(3) Der Gegenwert der Zahlungen auf die Kapitalerhöhung
3661(a) Die angewandte Methode
3662(b) Einführung
3663(c) Die konkreten Prüfungen
3664LXXI. Feststellungen zum Vorsatz der Angeklagten (Teil 1, D., III., (10), (32))
3665(1) Vorsatz hinsichtlich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
3666(a) Angeklagter K
3667(b) Angeklagter O
3668(c) Angeklagter J
3669(d) Angeklagter P
3670(e) Vorsatz über das Fehlen eines Einverständnisses
3671(2) Vorsatz hinsichtlich des Vermögensnachteils
3672(a) Kognitives Vorsatzelement
3673(aa) Angeklagter K………………………………………… 657
3674(bb) Angeklagter O……………………………………….657
3675(cc) Angeklagter J………………………………………………...658
3676(dd) Angeklagter P…………………………………………………..658
3677(b) Voluntatives Vorsatzelement
3678(aa) Angeklagter K…………………………………………...659
3679(bb) Angeklagter O……………………………………….661
3680(cc) Angeklagter J………………………………………………...663
3681(dd) Angeklagter P…………………………………………………..668
3682LXXII. Feststellungen zum Führungswechsel bei X1 (Teil 1, D., IV., (1))
3683LXXIII. Feststellungen zur Korrespondenz und den Gesprächen mit der CSSF (Teil 1, D., IV., (2))
3684LXXIV. Feststellungen zum Prüfungstestat der BDO (Teil 1, D,., IV., (3))
3685LXXV. Feststellungen zum „Independent Business Review“ zu der Z35-Präsentation „V9“ (Teil 1, D., IV, (4))
3686LXXVI. Feststellungen zur Nichtrückzahlung der 80-Millionen-€-Tranche (Teil 1, D., IV., (6))
3687LXXVII. Feststellungen zur Ausgliederung der X1-Beteiligung in eine Holding (Teil 1, D., IV, (7), (9), (11))
3688LXXVIII. Feststellungen zur weiteren Korrespondenz zwischen der Bank und den Aufsichten (Teil 1,. D., IV., (8), (10), (12), (14), (19), (23), (24), (25))
3689LXXIX. Feststellungen zur Abschreibung der Kreditforderung (Teil 1, D., IV., (13)) ………………………………………………………………………………….
3690LXXX. Feststellungen zum Bemühen um eine Bundesbürgschaft und zur Insolvenz der X1 AG (Teil 1, D., IV, (15), (16))
3691LXXXI. Feststellungen zu den Kündigungen der Verträge, dem Verkauf der Aktien, den ausgebliebenen Verlusten der Konsorten und der Y14-Gläubigervereinbarung (Teil 1, D., IV., (17), (18), (20), (21), (26), (27))
3692LXXXII. Feststellungen zur Sitzung des Aktionärsausschusses vom 11. Juni 2009 (Teil 1, D., IV., (22))
3693LXXXIII. Feststellungen zur Sonderprüfung durch die BaFin (Teil 1, D., IV., (28)) ………………………………………………………………………………..
3694D. Feststellungen zum Komplex B-Straße
3695I. Einlassungen der Angeklagten
3696(1) Angeklagter K
3697(2) Angeklagter O
3698(3) Angeklagter J
3699(4) Angeklagter P
3700II. Feststellungen zum Geschehen bis zur Einigung über den Kaufpreis für die Liegenschaft mit der H33 / X22 (Teil 1, E., II., (1))
3701III. Festellungen zur Entscheidung für die Einbringung der Liegenschaft in eine GbR-Fondskonstruktion (Teil 1, E., II., (2))
3702IV. Feststellungen zur Fondskonzeption (Teil 1, E., II., (3))
3703V. Feststellungen zur Erstellung der Kreditprotokolle für die Fondsfinanzierung (Teil 1, E., II., (4))
3704VI. Feststellungen zur Gründung der GbR (Teil 1, E., II., (5))
3705VII. Feststellungen zum ersten Gesellschafterbeschluss aus März 2007 (Teil 1, E., II., (6))
3706VIII. Feststellungen zum Abschluss der Kreditverträge für die Fondsfinanzierung (Teil 1, E., II., (7))
3707IX. Feststellungen zu den Folgen der GbR-Struktur für die Einbindung der Abteilung Facility Management in das Projekt (Teil 1, E., II., (8))
3708X. Feststellungen zum Steuerberatungsvertrag (Teil 1, E., II., (9))
3709XI. Feststellungen zum nicht zu Stande gekommenen frühen Mietvertrag für die Gesamtliegenschaft (Teil 1, E., II., (10))
3710XII. Feststellungen zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag (Teil 1, E., II., (11))
3711XIII. Feststellungen zur Anmietung erster Flächen in der „H11“ durch SOP (Teil 1, E., II., (12))
3712XIV. Feststellungen zur Entscheidung gegen die Beibehaltung der vorhandenen Tiefgarage unter dem Neubau (Teil 1, E., II., (13))
3713XV. Feststellungen zum Grundstückskaufvertrag und hiermit im Zusammenhang stehenden Vereinbarungen (Teil 1, E., II., (14))
3714XVI. Feststellungen zu den aktualisierten Flächen- und Mietansätzen des Angeklagten E nach der Entscheidung für den Abriss und einen viergeschossigen Neubau der Tiefgarage (Teil 1, E., II., (15))
3715XVII. Feststellungen zur Erwähnung der Liegenschaft in der Poolversammlung (Teil 1, E., II., (16))
3716XVIII. Feststellungen zum Gespräch zwischen dem Zeugen L1 und dem Angeklagten J über die Bauantragspläne und die Mietentwicklung (Teil 1, E., II., (17)) …………………………………………………………………………………….
3717XIX. Feststellungen zum ersten Bauantrag (Teil 1, E., II., (18))
3718XX. Feststellungen zum 1. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag und den ersten Einlagenleistungen (Teil 1, E., II., (19)) ……………………………………………………………………………………….
3719XXI. Feststellungen zur Abrissgenehmigung (Teil 1, E., II., (20))
3720XXII. Feststellungen zur Anmietung weiterer Flächen in der „H11“ durch SOP (Teil 1, E., II., (21))
3721XXIII. Feststellungen zu den Planungsänderungen betreffend den Neubau einer nur zweigeschossigen Tiefgarage und den Entfall des Handelsraums (Teil 1, E., II., (22)) …………………………………………………………………………………….
3722XXIV. Feststellungen zur Eintrübung der wirtschaftlichen Situation bei SOP (Teil 1, E., II., (23))
3723XXV. Feststellungen zur ersten Baugenehmigung (Teil 1, E., II., (24))
3724XXVI. Feststellungen zur Entscheidung für den Entfall des Handelsraums und weitere die Liegenschaft betreffende Überlegungen (Teil 1, E., II., (25))
3725XXVII. Feststellungen zur Verschärfung der wirtschaftlichen Krise bei SOP (Teil 1, E., II., (26))
3726XXVIII. Feststellungen zum aufkommenden Thema der Höhe der Gesellschafterkredite und zu den ersten Überlegungen der Angeklagten K und J zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus (Teil 1, E., III., (1) und (2))
3727XXIX. Feststellungen zur Einbindung des Angeklagten O in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus (Teil 1, E., III., (3)) …………………………………………………………………………………….
3728XXX. Feststellungen zur Einbindung des Angeklagten E in die Überlegungen zur Übernahme der Liegenschaft in das Bankhaus (Teil 1, E., III., (4))
3729XXXI. Feststellungen zum Beschluss zwischen den Angeklagten K, J und E zur Übernahme von 94,9 % der GbR-Anteile durch das Bankhaus (Teil 1, E., III., (5))
3730XXXII. Feststellungen zu den ersten Reduzierungen der Kreditlinien für die Fondsfinanzierung (Teil 1, E., III., (6))
3731XXXIII. Feststellungen zum Projekt „V7“ (Teil 1, E., III., (7))
3732XXXIV. Feststellungen zur Entscheidungsvorlage zur Zahlung des Grundstückskaufpreises (Teil 1, E., III., (8))
3733XXXV. Feststellungen zur Initiierung des SOP-Beteiligungsvorlagenprozesses durch die Abteilung des Zeugen L2 (Teil 1, E., III., (9))
3734XXXVI. Feststellungen zur Erstellung der SOP-Beteiligungsvorlage durch die Abteilung Strategische Beteiligungen (Teil 1, E., III., (10))
3735XXXVII. Feststellungen zur SCA-Beteiligungsvorlage (Teil 1, E., III., (11))
3736XXXVIII. Feststellungen zum Formular für die CSSF-Genehmigung (Teil 1, E., III., (12)) ………………………………………………………………………………..
3737XXXIX. Feststellungen zum 2. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag (Teil 1, E., III., (13))
3738XL. Feststellungen zum Anteilsübertragungsvertrag (Teil 1, E., III., (14))
3739XLI. Feststellungen zur Abzeichnung der Beteiligungsvorlagen (Teil 1, E., III., (15)) ……………………………………………………………………………………….
3740XLII. Feststellungen zur Nichterörterung des Anteilsankaufs in den Gremien des Bankhauses (Teil 1, E., III., (16))
3741XLIII. Feststellungen zu den Genehmigungen der auf den Anteilsübertragungsvertrag gerichteten Willenserklärungen (Teil 1, E., III., (17))
3742XLIV. Feststellungen zum zu erwartenden Verkehrswert der Gesamtliegenschaft im Zustand der Fertigstellung (Teil 1, E., III., (18))
3743(1) Gutachter
3744(2) Gutachtenauftrag
3745(3) Methodik
3746(4) Grundlagen für die Bewertung
3747(5) Bewertungsergebnis
3748(6) Die Bewertung im Einzelnen
3749(a) Lage des Objekts
3750(b) Wirtschaftliche Lage
3751(c) Zustand des Grundstücks
3752(d) Parkplatzangebot
3753(e) Gebäudebeschreibung
3754(f) Vermietbare Fläche
3755(g) Bodenwert
3756(h) Ertragswert B-Straße 23
3757(i) Ertragswert B-Straße 25, K-Straße 22, 22a
3758(j) Ableitung des Verkehrswerts aus dem Ertragswert
3759(7) Abschließende Bewertung und „Sicherheitsaufschlag“
3760XLV. Feststellungen zur CSSF-Genehmigung (Teil 1, E., III., (19))
3761XLVI. Feststellungen zu den ersten Umsetzungsmaßnahmen der Anteilsübertragung (Teil 1, E., III., (20))
3762XLVII. Feststellungen zur Zahlung des Grundstückskaufpreises (Teil 1, E., III., (21)) …………………………………………………………………………………….
3763XLVIII. Feststellungen zur Übergabe der Liegenschaft an die GbR und deren Eintragung im Grundbuch (Teil 1, E., III., (22))
3764XLIX. Feststellungen zum Vorsatz der angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter (Teil 1, E., III., (23))
3765(1) Vorsatz hinsichtlich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
3766(a) Angeklagter P
3767(b) Angeklagter J
3768(c) Angeklagter K
3769(d) Angeklagter O
3770(e) Kein tatbestandsausschließendes Einverständnis
3771(2) Vorsatz hinsichtlich des Vermögensnachteils
3772(a) Kognitives Vorsatzelement
3773(b) Voluntatives Vorsatzelement
3774(aa) Angeklagter K…………………………………………...826
3775(bb) Angeklagter O……………………………………….829
3776(cc) Angeklagter J………………………………………………...830
3777(dd) Angeklagter P…………………………………………………..833
3778L. Feststellungen zur Besprechung bei der CSSF vom 19. Dezember 2008 (Teil 1, E., IV., (1))
3779LI. Feststellungen zu den von der schwierigen Lage des Bankhauses geprägten Gremiensitzungen Ende 2008 (Teil 1, E., IV., (2))
3780LII. Feststellungen zum Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2008 (Teil 1, E., IV., (3))
3781LIII. Feststellungen zu den weiteren Konkretisierungen der Kosteneinsparmaßnahmen im Bereich Investment Banking (Teil 1, E., IV., (4))
3782LIV. Feststellungen zur weiteren Umsetzung des Planungsstandes aus dem Dezember 2008 durch Erstellung neuer BQA und Einreichung eines neuen Bauantrages (Teil 1, E., IV., (5))
3783LV. Feststellungen zum zunächst fehlenden Mietvertrag zwischen der GbR und SOP hinsichtlich der in der „H11“ genutzten Flächen nach dem Besitzübergang (Teil 1, E., IV., (6))
3784LVI. Feststellungen zu den weiteren Einlagen von SOP in die GbR bis Ende 2009 (Teil 1, E., IV., (7))
3785LVII. Feststellungen zur Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA zu den Gesellschafterkrediten bis April 2009 (Teil 1, E., IV., (8))
3786LVIII. Feststellungen zu den Plänen zur Veräußerung von Bankimmobilien (Teil 1, E., IV., (9))
3787LIX. Feststellungen zu den Folgen des Insolvenzantrags der X1 AG (Teil 1, E., IV., (10))
3788LX. Feststellungen zum Q41-Bericht über die Gesellschafterkredite und die Reaktion der CSSF hierauf (Teil 1, E., IV., (11))
3789LXI. Feststellungen zum letztlich abgeschlossenen Mietvertrag zwischen der GbR und SOP hinsichtlich der in der „H11“ genutzten Flächen (Teil 1, E., IV., (12)) ……………………………………………………………………………………….
3790LXII. Feststellungen zu den ersten Verkehrswertermittlungen für die Liegenschaft im zweiten Halbjahr 2009 (Teil 1, E., IV., (13))
3791LXIII. Feststellungen zum H8-Bericht (Teil 1, E., IV., (14))
3792LXIV. Feststellungen zur weiteren Korrespondenz zwischen der CSSF und der SCA zu den Gesellschafterkrediten bis Oktober 2009 (Teil 1, E., IV., (15))
3793LXV. Feststellungen zur zweiten Baugenehmigung (Teil 1, E., IV., (16))
3794LXVI. Feststellungen zum 3. Nachtrag zum Projektentwicklungs- und Generalübernehmervertrag (Teil 1, E., IV., (17))
3795LXVII. Feststellungen zum Ausscheiden der Angeklagten J und P aus dem Aktionärs- und Gesellschafterpool und zur Übernahme des Bankhauses durch die V11 (Teil 1, E., IV., (18))
3796LXVIII. Feststellungen zu den Diskussionen über den Vollzug der Entscheidungsvorlagen zur Veräußerung von Bankimmobilien und das Bestehen von Abreden über eine Anmietung der Gesamtliegenschaft durch SOP (Teil 1, E., IV., (19)) ………………………………………………………………………………….
3797LXIX. Feststellungen zur Abschreibung auf die Beteiligung der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2009 (Teil 1, E., IV., (20))
3798LXX. Feststellungen zu den ersten Überlegungen zum weiteren Umgang mit der Liegenschaft nach der Übernahme des Bankhauses durch die V11 (Teil 1, E., IV., (21))
3799LXXI. Feststellungen zu den weiteren Einlagen von SOP in die GbR bis Oktober 2010 und der Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 30. Juni 2010 (Teil 1, E., IV., (22))
3800LXXII. Feststellungen zur Konkretisierung der Umplanungen für die Liegenschaft (Teil 1, E., IV., (23))
3801LXXIII. Feststellungen zur Beteiligung an der GbR im Einzeljahresabschluss von SOP zum 31. Dezember 2010 (Teil 1, E., IV., (24))
3802LXXIV. Feststellungen zu den letztlich durchgeführten Umplanungen und der Vermarktung der B-Straße 25 / K-Straße 22, 22a (Teil 1, E., IV., (25)) ………………………………………………………………………………….
3803LXXV. Feststellungen zur Bewertung der „H11“ durch H10 im August 2012 (Teil 1, E., IV., (26))
3804LXXVI. Feststellungen zum Widerruf von Willenserklärungen durch den Angeklagten K (Teil 1, E., IV., (27))
3805LXXVII. Feststellungen zur Vermarktung der „H11“ (Teil 1, E., IV., (28))
3806E. Feststellungen zum KWG-Verstoß
3807TEIL 3: Rechtliche Würdigung
3808A. Komplex B-Straße
3809I. Objektiver Tatbestand
3810(1) Vermögensbetreuungspflicht
3811(2) Tathandlung
3812(3) Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
3813(a) Anzulegender Pflichtenmaßstab
3814(b) Bedeutung der Ressortzuständigkeit
3815(c) Pflichtenverstoß
3816(d) Kein tatbestandsausschließendes Einverständnis
3817(4) Vermögensnachteil
3818(a) Vermögensabfluss
3819(b) Vermögenszufluss
3820II. Vorsatz
3821B. Komplex X1
3822I. Objektiver Tatbestand
3823(1) Tathandlung
3824(2) Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
3825(a) Anzulegender Pflichtenmaßstab
3826(b) Bedeutung der Ressortzuständigkeit
3827(c) Pflichtenverstoß
3828(d) Kein tatbestandsausschließendes Einverständnis
3829(3) Vermögensnachteil
3830II. Vorsatz
3831III. Konkurrenzen
3832C. KWG-Verstoß
3833TEIL 4: Strafzumessung
3834A. Die angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter
3835I. Die Einzelstrafen
3836(1) Der Strafrahmen
3837(a) Komplex X1
3838(b) Komplex B-Straße
3839(c) Kein Entfallen der Indizwirkung des Regelbeispiels
3840(d) Alle angeklagten persönlich haftenden Gesellschafter betreffende Strafzumessungserwägungen
3841(e) Besondere Strafzumessungserwägungen betreffend den Angeklagten K
3842(f) Besondere Strafzumessungserwägungen betreffend den Angeklagten O
3843(g) Besondere Strafzumessungserwägungen betreffend den Angeklagten J
3844(h) Besondere Strafzumessungserwägungen betreffend den Angeklagten P
3845(2) Die konkreten Einzelstrafen
3846II. Die Gesamtstrafen
3847III. Strafaussetzung zur Bewährung
3848B. Der Angeklagte E
3849TEIL 5: Kostenentscheidung
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 14.11.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn (2 O 462/09) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit den von ihm und seinem am 19.10.2003 verstorbenen Vater im November 2001 und Dezember 2002 gezeichneten Beteiligungen an zwei sog. P-Fonds - der "Grundstücksgesellschaft H GbR" und der "Grundstücksgesellschaft N GbR" - geltend. Zweck der Grundstücksgesellschaften war im Wesentlichen der Erwerb von Grundbesitz und dessen Bebauung mit einem bzw. Umbau eines Geschäftshaus(es), das an die L AG (zurück)vermietet werden sollte.
4Mit den Hauptanträgen begehrt er die Rückabwicklung der Beteiligungen, die Feststellung, dass der Beklagten zu 1) keinerlei Ansprüche aus den zur Zwischenfinanzierung der Einlagen ausgereichten Darlehen mehr zustünden sowie die Freistellung von allen Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft gegenüber Dritten und von allen Verpflichtungen gegenüber Mitgesellschaftern dieser Gesellschaften, die Feststellung, dass sich die Beklagte zu 1) hinsichtlich der Rücknahme der Beteiligungen in Annahmeverzug befinde sowie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm allen weiteren Schaden im Zusammenhang mit den fraglichen Beteiligungen zu ersetzen. Darüber hinaus begehrt er die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Herausgabe näher bezeichneter vollstreckbarer Ausfertigungen notarieller Urkunden. Mit seinen Hilfsanträgen nimmt er die Beklagten zu 2) und 3) im Wesentlichen im Wege der actio pro socio als Geschäftsführer der Fondsgesellschaften und die Beklagte zu 4) als gesellschaftsvertraglich beauftragte Entwicklerin der Fonds auf Leistung von Schadensersatz an die jeweilige Gesellschaft in Anspruch. An einer weiteren - vom Kläger und vom Erblasser auf ein gleichartiges Angebot der Beklagten im Jahre 2001 gezeichneten - Beteiligung an der nach den gleichen Prinzipien wie die Q GbR und die N GbR funktionierenden "Grundstücksgesellschaft C GbR" hält der Kläger fest, weil dieses - an die T2 AG vermietete - Objekt nach Darstellung des Klägers (GA 12) gegenwärtig beanstandungsfrei läuft.
5Die Haftung der Beklagten bestehe, so die Auffassung des Klägers, nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 BGB) wegen schuldhafter Nichtaufklärung über regelwidrige Auffälligkeiten, die darin begründet seien, dass schon vor den jeweiligen Beitrittserklärungen zwischen den Beklagten einerseits und dem Vorstand der L AG und Vertretern einer Großaktionärin dieser AG andererseits für die Anleger nachteilige - und im weiteren Verlauf auch realisierte - Vereinbarungen getroffen worden seien. Die Haftung der Beklagten zu 1) als die Beteiligungen zwischenfinanzierende Bank ergebe sich aus ihrer Rolle als Mitinitiatorin bzw. "maßgeblicher Hintermann". Weder durch die schriftlichen - als Prospekt im Sinne der Prospekthaftungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu qualifizierenden - Unterlagen noch in mündlicher Form seien er und sein Vater darüber aufgeklärt worden, dass keine Prüfung stattgefunden habe, ob die Ertragskraft der L AG für die vereinbarten langfristigen Mietzahlungen auf Dauer ausreiche. Die wirtschaftliche Situation der L AG sei von der Beklagten zu 1) zu keinem Zeitpunkt mit der erforderlichen banküblichen Sorgfalt geprüft worden. Die Miete sei als reine, sog. "Investitionsmiete" weit, nämlich um jedenfalls 30% überhöht und nicht nachhaltig erzielbar gewesen; sie habe sich weder an der Ertragskraft dieses Unternehmens noch an der Marktsituation orientiert, sondern sei nur unter dem Gesichtspunkt ermittelt worden, dass die Fondsgesellschaft eine ausreichende Rendite erziele. Die dergestalt ermittelte Miete sei von den Vertretern der L AG ohne weitere Verhandlungen akzeptiert worden. Tatsächlich sei bereits zum Zeitpunkt der Zeichnung erkennbar gewesen, dass die L AG auf Dauer nicht wirtschaftlich erfolgreich sein könne und insolvenzgefährdet sei.
6Dies sei den Anlegern ebenso verschwiegen worden wie der Umstand, dass die vereinbarten überhöhten Mieten notwendig gewesen seien, um die Zahlungen auf die - ebenfalls deutlich überhöhten "weichen Kosten" der Beteiligung, denen zu einem großen Teil auch keinerlei reale Leistungen gegenübergestanden hätten - zu finanzieren. Die dargestellten Absprachen über die überhöhte Miete und die Zahlung nicht gerechtfertigter "weicher Kosten" hätten die Gefahr einer Interessenkollision begründet, die sich auch zu Lasten der Anleger habe auswirken können. Eine Interessenkollision ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 4) an die Konzernmutter der Mieterin, L AG, einen Betrag von 25 Millionen € für die "Begründung der Geschäftsbeziehungen und für die bisherige und zukünftige Zusammenarbeit" gezahlt habe; auch dies sei geeignet gewesen, sich zumindest mittelbar auf die Wirtschaftlichkeit des Fondsobjektes auszuwirken. Zwischen den Beteiligten auf Seiten der Beklagten einerseits und der L AG andererseits seien weitere, den Interessen der Anleger zuwiderlaufende, ihnen gegenüber jedoch verheimlichte Absprachen getroffen worden, mit denen der Gesamtaufwand unberechtigt erhöht worden sei. Darüber hinaus sei zwischen der "P-Gruppe" und der L AG vereinbart worden, bei den streitgegenständlichen Objekten etwa erzielte Baukostenersparnisse hinter dem Rücken der Anleger zu teilen. Auch über diese - eklatant gegen die §§ 3 und 4 Abs. 4 der jeweiligen Gesellschaftsverträge verstoßende - Abrede einer Kick-back-Zahlung an Initiatoren und Mieter sei nicht aufgeklärt worden.
7Die Beklagten sind den Behauptungen des Klägers entgegengetreten. Sie haben vorgetragen, dass es die Anleger benachteiligende Absprachen im Vorfeld der Zeichnung nicht gegeben habe; Überlegungen zu einer weitreichenden Zusammenarbeit zwischen der L AG und den Beklagten seien über das Stadium von Vorprüfungen nicht hinausgekommen und aus rechtlichen Erwägungen nicht weiterverfolgt worden. Die im Interesse der Anleger notwendigen Prüfungen der wirtschaftlichen Grundlagen der Fondsgesellschaften seien pflichtgemäß durchgeführt worden. Eine Verpflichtung, mit der L AG eine marktübliche Miete für die Warenhäuser, die in den Fondsobjekten betrieben werden sollten, auszuhandeln, habe allerdings nicht bestanden, da es eine solche marktübliche Miete im Hinblick auf die Besonderheiten des auf die L AG - bzw. deren jeweiliger Tochtergesellschaft - als Mieter zugeschnittenen Objektes nicht gegeben habe. Im Übrigen treffe die Behauptung, die Miete sei weit "überhöht" gewesen, nicht zu. Selbst wenn das der Fall gewesen sei, habe dies die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gesamtkonzerns in keiner Weise tangiert, weil die Mieten im Gesamtkostengefüge des Konzerns nur eine vollkommen untergeordnete Rolle gespielt hätten. Unrichtig sei auch die Behauptung des Klägers, bereits in den Jahren 2001 und 2002 sei absehbar gewesen, dass die L AG in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte. Was die "weichen Kosten" angehe, seien diese offen in dem Exposé ausgewiesen gewesen, das dem Kläger und dem Erblasser bzw. zumindest dem Zeugen L1 vor der Zeichnung zur Verfügung gestanden habe. Das Wissen und die dem Zeugen L1 vermittelten Informationen müsse sich der Kläger (und der Erblasser) im Übrigen in vollem Umfang zurechnen lassen. Letztlich habe sich mit der Insolvenz der L AG bzw. ihrer Rechtsnachfolger lediglich das Projekten der vorliegenden Art immanente Bauherrenrisiko verwirklicht.
8Das Landgericht, auf dessen Entscheidung wegen der tatsächlichen Feststellungen - insbesondere zum wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrund der beiden streitgegenständlichen Immobilienfonds, den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Klägers und des Erblassers, den rechtlichen Beziehungen der an der Realisierung der beiden Projekte sowie am Anteilserwerb des Klägers und seines Vaters Beteiligten - der dort gestellten Anträge und der Einzelheiten der rechtlichen Würdigung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger Schadensersatzansprüche auf Rückabwicklung der streitgegenständlichen Beteiligungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustünden. Das gelte nicht nur für eine Haftung aus - im vorliegenden Fall von vornherein nicht anwendbaren - spezialgesetzlichen Prospekthaftungsnormen, sondern auch aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung (im engeren wie im weiteren Sinne). Soweit eine solche Haftung voraussetze, dass die Anlageentscheidung auf der Grundlage eines Prospektes getroffen worden sei, fehle es schon an der Prospekteigenschaft der dem Kläger - bzw. dem für ihn handelnden Zeugen L1 - überlassenen, erkennbar lückenhaften Exposés nebst Investorenordner. Außerdem hätten sich die darin enthaltenen Informationen nicht an eine größere Anzahl unbestimmter Personen, sondern nur an einen "erlesenen Kreis" sehr wohlhabender Adressaten gerichtet.
9Eine Haftung im Sinne der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne scheide unabhängig davon aber auch deshalb aus, weil die maßgebliche Information des Klägers und seines Vaters nicht durch die schriftlichen Unterlagen - die Exposés nebst Investorenordner -, sondern über den Zeugen L1 mündlich erfolgt sei, dessen Wissen und Kenntnisse beiden Anlegern zuzurechnen seien. Der Zeuge L1 sei aber aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen in führenden Positionen im Bankensektor, in der Vermögensverwaltung und aufgrund eigener Anlegererfahrung hinsichtlich der vom Kläger nunmehr beanstandeten Risiken nicht aufklärungsbedürftig gewesen. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen, inwieweit eine mündliche Aufklärung des Zeugen L1 durch den Beklagten zu 2) tatsächlich nicht erfolgt sei. Selbst wenn man allerdings davon ausgehe, dass sich der Kläger das Wissen und die Kenntnisse des Zeugen L1 nicht zurechnen lassen müsse, fehle es - vor allem, wenn man berücksichtige, dass es sich sowohl beim Kläger wie bei dessen Vater um zum Anlagezeitpunkt erfahrene Geschäftsleute gehandelt habe - an einem relevanten Aufklärungsmangel. Beiden Anlegern seien die wesentlichen Umstände der Anlage und des Anlageobjektes einschließlich der Struktur der P-Gruppe und der Verflechtungen zwischen der Beklagten zu 1) und den Beklagten zu 2) - 4) bewusst gewesen.
10Auch den schriftlichen Unterlagen, die dem Kläger und seinem Vater über den Zeugen L1 vor der Zeichnung zugänglich gemacht worden seien, seien keine haftungsbegründenden Unrichtigkeiten zu entnehmen. Was die Prognose der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der L AG angehe, stützten die vom Kläger vorgetragenen Anhaltspunkte seine Behauptung, eine dauerhaft mangelnde Leistungsfähigkeit des Konzerns sei bereits zum Zeichnungszeitpunkt deutlich zu erkennen gewesen, nicht. Eine solche wirtschaftliche Schwäche sei weder den Konzernbilanzen aus den Jahren 1999-2002 noch dem vom Kläger vorgelegten Privat-Kurzgutachten zu entnehmen. Das gleiche gelte für die rückläufigen Flächenumsatzzahlen, die keine relevante Größe für die wirtschaftliche Lage des Gesamtkonzerns gewesen seien. Auch dem Umstand, dass - nach der Behauptung des Klägers - die Mieterin über den Mietpreis nicht verhandelt, sondern diesen ohne Einschränkungen akzeptiert habe, sei in diesem Zusammenhang kein taugliches Kriterium, weil es eine Fülle möglicher Motivationen für ein solches Verhalten gegeben haben könne, beispielsweise die, dass der verlangte Mietzins auch aus der Sicht der Mieterin wirtschaftlich angemessen sei und der eigenen Kalkulation entsprochen habe. Ohnehin könne nicht von einem überhöhten Mietzins ausgegangen werden, den der Kläger nicht substantiiert dargelegt habe. Die Möglichkeit, ortsübliche Vergleichsmieten zu bestimmen, bestehe bei Spezialimmobilien der vorliegenden Art, die nur für den vorgesehenen Mieter geplant und gebaut worden seien und denen ein vollkommen neues Geschäftskonzept zugrundeliege, nicht. Im Übrigen habe sich aus einer - unterstellten - Überhöhung der Mieten keine Gefahr für das Investment ergeben können.
11Soweit der Kläger rüge, dass er nicht über eine weitreichende Zusammenarbeit zwischen den Beklagten auf der einen Seite und der L AG auf der anderen Seite informiert worden sei, führe auch das zu keinem anderen Ergebnis. Eine etwaige Absicht zu einer umfassenden Zusammenarbeit sei nach dem Inhalt der vom Kläger vorgelegten Unterlagen über das Stadium von Vorüberlegungen, die nicht aufklärungspflichtig seien, nicht hinausgekommen. Ebenso wenig seien die Beklagten verpflichtet gewesen, über die in den schriftlichen Unterlagen bereits enthaltene Information hinaus über Zahlungen im Zusammenhang mit sogenannten "Weichkosten" - etwa für Mietervermittlung und die Übernahme einer Mietgarantie - zu informieren.
12Im Übrigen seien die gerügten Aufklärungsfehler schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers für die jeweilige Anlageentscheidung des Klägers und seines Vaters nicht kausal geworden. Die Anlageentscheidung sei, wie sich sowohl dem prozessualen Vortrag des Klägers wie auch seinen vorgerichtlichen Äußerungen (beispielsweise dem Schreiben an die Beklagte zu 1) vom 7.7.2009) entnehmen lasse, nicht in erster Linie durch Überlegungen zur Sicherheit und Rentabilität des Investments bestimmt gewesen, sondern habe primär der Pflege und Intensivierung der eigenen Geschäftsbeziehung mit der P-Gruppe dienen sollen. Deshalb könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger und der Erblasser bei Kenntnis der aus Klägersicht offenbarungspflichtigen Punkte von einer Zeichnung der Beteiligung Abstand genommen hätten.
13Deliktische Schadensersatzansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 264 a StGB) kämen schon deshalb nicht infrage, weil ein Prospekt begrifflich nicht vorliege und eine fehlerhafte Information durch die übersandten Unterlagen auch nicht - wie § 264 a Abs. 1 StGB erfordere - gegenüber einem größeren Kreis von Personen erfolgt sei.
14Auch eine Verurteilung der Beklagten auf der Grundlage der Hilfsanträge komme nicht in Betracht. Soweit es um den Vorwurf gehe, Mietverträge ohne Bonitätsprüfung abgeschlossen zu haben, sei darauf zu verweisen, dass die Verträge auf ausdrückliche und einstimmige Ermächtigung durch die jeweiligen Gesellschafterversammlungen mit Zustimmung auch des Klägers abgeschlossen worden seien. Im Übrigen habe zum damaligen Zeitpunkt auch keine andere Möglichkeit als die einer Vermietung an die vorgesehene Mieterin bestanden. Auch der Hilfsantrag zu Ziffer 2) sei nicht begründet. Ein Verstoß gegen die in § 10 des Gesellschaftsvertrages Q (bzw. § 9 des Gesellschaftsvertrages N) geregelte interne Verpflichtung wäre nur dann gegeben, wenn es durch die Unterzeichnung der Zweckerklärung zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung auch des Klägers und des Erblassers gekommen wäre. Das sei aber in Anbetracht der Tatsache, dass der Ausschluss des Rechtes zur Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB lediglich zur Anwendung der Verrechnungsvorschrift des § 366 Abs. 2 BGB führe, nicht der Fall. Soweit der Kläger schließlich verlange, die Zwangsvollstreckung aus den im Rahmen seiner Anträge näher bezeichneten notariellen Urkunden für unzulässig zu erklären, sei dies schon deshalb unbegründet, weil er nicht dargelegt habe, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche gegen ihn mehr zustünden.
15Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner zulässigen Berufung, mit der er - mit geringen Nuancierungen - seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und wirft dem Landgericht vor, seinen Sachvortrag in tatsächlicher Hinsicht unvollständig zur Kenntnis genommen und rechtlich falsch bewertet sowie eine erforderliche Sachaufklärung verfahrensfehlerhaft unterlassen zu haben. Schon auf der Grundlage seines erstinstanzlichen Vortrags - so seine Auffassung - hätte eine antragsgemäße Verurteilung der Beklagten erfolgen müssen. Inzwischen, nämlich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz, hätten sich zudem eine Reihe weiterer Erkenntnisse ergeben, die die Richtigkeit seines erstinstanzlichen Vorbringens bestätigten und die der Entscheidung im Berufungsverfahren ergänzend zugrunde zu legen seien.
16Bei richtiger Bewertung ergebe sich allerdings schon aus seinem erstinstanzlichen Vorbringen, dass es - für die Anleger nachteilige und aufklärungsbedürftige - vertragliche Verbindungen der Beklagten mit den Vertretern der L AG außerhalb der reinen Grundstückskauf- und Mietverträge gegeben habe. Bereits den im ersten Rechtszug vorgelegten Unterlagen könne man entnehmen, dass für die Beklagten allein der kalkulierte Gesamtaufwand für die konkrete Bemessung der - gegenüber der in Wirklichkeit ohne weiteres ermittelbaren Marktmiete überhöhten - Miete maßgeblich gewesen und damit die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit ihres Vertragspartners aus Gleichgültigkeit gefährdet worden sei. Bei der Bemessung der Miete hätten allein die Interessen der Beklagten an kurzfristiger Gewinnmaximierung unter Außerachtlassung der Frage, ob das Gesamtmodell auf Mieterseite nachhaltig wirtschaftlich tragfähig sei, eine Rolle gespielt. Die Existenz mietbeeinflussender Absprachen ergebe sich unzweifelhaft aus den vorgelegten Unterlagen, namentlich aus den Vereinbarungen vom 30.8.2001, wie der Beklagte zu 2) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Q GbR in einem Prozess vor dem Landgericht Bonn auch eingeräumt habe.
17Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz habe sich zudem als Ergebnis einer Befragung des Zeugen L1 ergeben, dass dieser keineswegs von der Existenz von Absprachen, die sich auf die Miethöhe ausgewirkt hätten, Kenntnis gehabt habe. Ebenfalls erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz seien dem Kläger zwei unterzeichnete Fassungen des bereits im landgerichtlichen Verfahren vorgelegten Dokuments mit dem handschriftlichen Vermerk "Kalkulationsunterlagen F" zugänglich gemacht worden, aus denen sich der zwingende Schluss ergebe, dass Zahlungen auf "weiche Kosten", die im Investitionsplan erwähnt seien, heimlich an Unternehmen des L Konzerns geflossen seien. In der mündlichen Verhandlung eines Rechtsstreits vor der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln zwischen Frau T und den Beklagten sei zudem die Existenz des von ihm bereits erstinstanzlich behaupteten "L-Immobilien-Grundkonsenses" zu Tage getreten. Weitere Erkenntnisse - insbesondere die, dass als Ausfluss der nach seiner Auffassung inzwischen nachgewiesenen Gesamteinigung vom 30.8.2001 zwischen den Beklagten zu 1) und 2) und dem Vorstand der L AG Investitionskosten an den L Konzern geflossen seien, die eine Angemessenheitsprüfung der vereinbarten Miete ausschlössen - ergäben sich aus dem "Görg-Organhaftungsprozess" (erstinstanzlich LG Essen; 2. Instanz OLG Hamm). Aus den angesprochenen Unterlagen, aber auch aus dem Inhalt weiterer gerichtlicher Verfahren, u.a. von Anlegerprozessen vor den Landgerichten Bonn und Frankfurt sowie dem gegen vier der früheren persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten zu 1) gerichteten Strafverfahren vor einer Großen Strafkammer des Landgerichts Köln ergebe sich zweifelsfrei das Bestehen des von ihm stets behaupteten "Gesamtvertragswerks" für alle "Oppenheim-F-Objekte". Im vorliegenden Fall gehe es allerdings nicht einmal darum, sondern ausschließlich um die konkreten und belegbaren mietbeeinflussenden Absprachen, Absprachen über Gewinnbeteiligungen und Rückkaufsoptionen und die weiteren den Anlegern gegenüber verheimlichten und sich zu ihrem Nachteil auswirkenden Zahlungsflüsse. Der den Beklagten gegenüber erhobene Vorwurf richte zum einen auf die Überhöhung der Grundstückskaufpreise und der vereinbarten, aber weder nachhaltig erzielbaren noch marktgerechten Mieten. Zum anderen gehe es um die den Anlegern verschwiegenen Zahlungen an den Konzern der Mieterin in Form von Mieterverschaffungsgebühren, Einstandsgebühren und Gewinnen aus Planungs- und Projektentwicklungsverträgen sowie einer Teilung eingesparter Bau- und Baunebenkosten. Den Anlegern sei damit das Modell einer seriös ermittelten, langfristig kalkulierten und marktgerechten Miete vorgegaukelt worden, die in Wahrheit aber in hohem Maße manipuliert gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei auch keineswegs entscheidend, ob sich dem vorgelegten Prospekt die Höhe der gesamten anfallenden "Weichkosten" entnehmen lasse oder nicht. Ausschlaggebend sei, dass der Umstand verheimlicht werde, dass die Zahlungen an Unternehmen geflossen sein, die im Konzernverbund der L AG stünden und dass diesen Zahlungen zu einem erheblichen Teil keine realen, eine Vergütung rechtfertigenden Leistungen zu Grunde lägen. Ein Anleger könne berechtigterweise annehmen, dass die Konzernmutter einer Mieterin ihre eigenen "Leistungen" - nämlich die Vermittlung einer Tochter als Mieterin und das Einstehen für deren Verpflichtungen - kostenlos erbringe. Im vorliegenden Fall seien stattdessen Zahlungen in Höhe eines Vielfachen der Jahresmieten an die Muttergesellschaft ohne Gegenleistung gezahlt worden, nur damit diese eine unterkapitalisierte Tochtergesellschaft als Mieterin vorschiebe.
18Da der Zeuge L1 trotz seiner beruflichen Erfahrung und seines Hintergrundwissens von diesen Absprachen aber keinerlei Kenntnis gehabt haben könne, habe das Landgericht seine Vernehmung verfahrensfehlerhaft unterlassen. Verfahrensfehlerhaft sei zudem, dem Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast auch für die Inhalte der vom Beklagten zu 2) geführten Gespräche, an denen der Kläger nicht teilgenommen habe, aufzuerlegen und den Vortrag des Klägers als auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet zu qualifizieren. Eine Befragung des Zeugen Y den mietbeeinflussenden Absprachen könne allenfalls deshalb unterbleiben, weil sich dem Vortrag der Beklagten bei zutreffender Bewertung ein Zugeständnis dieser Absprachen entnehmen lasse.
19Die rechtlichen Ausführungen des Landgerichts zur Prospekthaftung seien in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft bzw. überflüssig. Während Ansprüche aus spezialgesetzlichen Haftungsnormen und aus Prospekthaftung im engeren Sinne nicht geltend gemacht würden, verkenne das Landgericht die Grundsätze der - nur an die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens geknüpften und die Verwendung eines Prospekts im technischen Sinne nicht voraussetzenden - Prospekthaftung im weiteren Sinne. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien danach überhöhte Mieten ebenso aufklärungspflichtig wie mietbeeinflussende Absprachen. Im Übrigen sei das "Exposé mit Investorenordner" entgegen der Auffassung des Landgerichts durchaus als Prospekt im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung - insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidung des III. Zivilsenats des BGH vom 17.11.2011 (BGHZ 191, 310) - anzusehen.
20Die Haftung der Beklagten zu 1) folge daraus, dass sie sich nicht auf die Rolle einer finanzierenden Bank beschränkt habe, sondern offenkundig als Mitinitiatorin und als Mitgesellschafterin der Beklagten zu 3) und 4) und als Partnerin verschiedener Beratungsverträge auf die Gesamtprojekte wesentlichen Einfluss gehabt habe.
21Fehlerhaft seien auch die Ausführungen des Landgerichts zur Frage der Kausalität. Das gelte sowohl, soweit das Landgericht angenommen habe, dass der Kläger und der Erblasser im Hinblick darauf, dass ihnen die Vorkenntnisse des Zeugen Yzurechnen sein, schon gar nicht aufklärungsbedürftig gewesen seien als auch im Hinblick auf die nach der Interessenlage nicht gerechtfertigte Annahme, dass die Zeichnung der Beteiligungen - unter Außerachtlassung jeglicher Überlegungen zur Sicherheit und zur Rendite des Investments - ausschließlich deshalb erfolgt sei, um mit den Beklagten eine längerfristige geschäftliche Zusammenarbeit zu begründen.
22Was den 1. Hilfsantrag angehe, so sei die vom Landgericht für die Abweisung der Klage gegebene Begründung unzutreffend. Auf die Gesellschafterbeschlüsse vom 31.1. und vom 19.12.2003 könne die Klageabweisung nicht gestützt werden, weil die Mietverträge erst wesentlich später abgeschlossen worden seien. Es sei entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keinesfalls zwingend, dass es für die Vermietung an die Tochter der L AG keine Alternative mehr gegeben habe. Hinsichtlich der Zurückweisung des Hilfsantrags zu 3) (betreffend die mit der Sparkasse L2 getroffene vertragliche Regelung) sei die Auffassung des Landgerichts deshalb unrichtig, weil die disquotale Verrechnung von Verwertungserlösen nach § 366 Abs. 2 BGB zwar rechtlich etwas anderes sei als eine gesamtschuldnerische Haftung, im wirtschaftlichen Ergebnis jedoch genau darauf hinauslaufe.
23Mit der Berufung verfolgt der Kläger im Wesentlichen die erstinstanzlichen Klageanträge weiter, mit einer Modifizierung hinsichtlich des ursprünglich als Freistellungsantrag geltend gemachten Anspruchs gegen die Beklagte zu 1) (Ziffer 1 c) sowie insoweit, als bisher nicht berücksichtigt worden sei, dass sich die Kapitaleinlage für beide Gesellschaften in der Höhe, in der die Klage in der 1. Instanz teilweise zurückgenommen worden sei (189.770,230 €) - mit Konsequenzen im Rahmen der Bezeichnung/Bezifferung des Zug-um-Zug zu übertragenden Gesellschaftsanteils - gemindert habe.
24Der Kläger beantragt,
25die Beklagten in Abänderung der Entscheidung des Landgerichts
261.
27als Gesamtschuldner zu verurteilen,
28a)
29an ihn 15.880.169,55 € nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 17.135.853,66 € nominal nebst allen Rechten und Pflichten an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1.7.2011,
30b)
31an ihn 31.041.077,42 € nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 29.141.369,08 € nominal an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1.7.2011,
32c)
33festzustellen, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus dem zur Zwischenfinanzierung der von ihm und seinem Rechtsvorgänger gezeichneten Einlagen an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" und/oder an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" ausgereichten Darlehen mehr zustehen.
34d)
35ihn von allen Verbindlichkeiten der in lit c) näher bezeichneten Gesellschaften bürgerlichen Rechts gegenüber Dritten und von allen Verpflichtungen des Klägers gegenüber den Mitgesellschaftern dieser Gesellschaften bürgerlichen Rechts aus dem Gesellschaftsverhältnis freizustellen.
362.
37festzustellen, dass die Beklagte zu 1) ihm gegenüber in Verzug ist mit der Annahme seiner Angebote je vom 28.9.2011, je notariell unterschriftsbeglaubigt von Notar O1, CH #### A, am 28.9.2011,
38a)
39auf Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 17.135.853,66 € nominal an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1. Juli 2011 und über die Zahlung eines Übertragungsentgelts von 15.880.169,55 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab dem 1.7.2011, der Beklagten zu 1) zugestellt am 10.10.2011,
40b)
41auf Übertragung (Abtretung) einer Einlage (fester Kapitalanteil = Gesellschaftsanteil) von 29.141.369,08 € nominal an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1.7.2011 und über die Zahlung eines Übertragungsentgelt von 31.041.077,42 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab dem 1.7.2011, der Beklagten zu 1) zugestellt am 10.10.2011.
423.
43festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren Schaden zu ersetzen, der diesem und/oder seinem Gesamtrechtsvorgänger X sen. aus der Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" und/oder aus der Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" etwa über das Klagebegehren gemäß dem Antrag zu 1) hinaus entstanden ist und/oder dem Kläger etwa künftig noch entsteht.
444.
45die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die vollstreckbaren Ausfertigungen der Urkunden des Notars I, F, vom 5.12.2002, UR-Nr. F#####/#### und UR-Nr. F#####/#### (Schuldanerkenntnisse des Klägers und des Gesamtrechtsvorgängers des Klägers X sen. gegenüber der Beklagten zu 1) über je 10.500.000 € zuzüglich Zinsen von 20 % jährlich seit 05.12.2002) an den Kläger herauszugeben.
46Hilfsweise zu 1), 2), und 3):
471.
48In Abänderung der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass die Beklagten zu 2), 3) und 4) als Gesamtschuldner verpflichtet sind,
49a)
50der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft H GbR" allen Schaden zu ersetzen, der dieser bereits entstanden ist und/oder künftig noch entsteht, dass die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer und die Beklagte zu 4) als gesellschaftsvertraglich beauftragter Projektentwickler die der Grundstücksgesellschaft H GbR gehörende Immobilie Q, C-Straße an die B AG (früher L AG) langfristig vermieteten,
51aa)
52ohne zuvor ihrer gesellschaftsvertraglichen Pflicht nachzukommen, den Mietvertrag erst nach ausreichender branchenüblicher Bonitätsprüfung des Mieters abzuschließen,
53bb)
54ohne im Rahmen der dennoch vorgenommenen Vermietung von der Mieterin die Leistung einer angemessenen werthaltigen Miet-Sicherheit zu fordern,
55cc)
56ohne die Gesellschafter der Gesellschaft darüber rechtzeitig aufzuklären, dass die mit der Mieterin vereinbarten Mieten von dieser nicht erwirtschaftet werden können.
57b)
58der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in S und dem Namen "Grundstücksgesellschaft N GbR" allen Schaden zu ersetzen, der dieser bereits entstanden ist und/oder künftig noch entsteht, dass die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer und die Beklagte zu 4) als gesellschaftsvertraglich beauftragter Projektentwickler die der "Grundstücksgesellschaft N GbR" gehörende Immobilie N, N an die B AG (früher L AG) langfristig vermieteten,
59aa)
60ohne zuvor ihrer gesellschaftsvertraglichen Pflicht nachzukommen, den Mietvertrag erst nach ausreichender branchenüblicher Bonitätsprüfung des Mieters abzuschließen,
61bb)
62ohne im Rahmen der dennoch vorgenommenen Vermietung von der Mieterin die Leistung einer angemessenen werthaltigen Miet-Sicherheit zu fordern,
63cc)
64ohne die Gesellschafter der Gesellschaft darüber rechtzeitig aufzuklären, dass die mit der Mieterin vereinbarten Mieten von dieser nicht erwirtschaftet werden können.
652.
66festzustellen, dass die Beklagten zu 2), 3) und 4) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem entsteht, wenn die Sparkasse Köln/Bonn
67a) gemäß Ziffer 1.4 der Zweckerklärungen
68aa)
69vom 21.11.2005 betreffend die zugunsten der Sparkasse Köln/Bonn in Abteilung III lfd. Nr. 1 und -(neu)- des Grundbuchs des Amtsgerichts Q von Q, Blätter ####, ##### und ####, eingetragenen Grundschulden über 62.888.901,39 € und 14.823.146,95 €,
70bb)
71vom 23.9.2006 betreffend die zugunsten der Sparkasse Köln/Bonn in Abteilung III lfd. Nr. 1 des Grundbuchs des Amtsgerichts N von N I Band #### eingetragene Grundschuld zu 86.550.000 €
72einen zur Befriedigung sämtlicher Forderungen nicht ausreichenden Erlös je aus der Verwertung dieser Grundschulden wegen Forderungen gegen mehrere Schuldner zunächst auf Forderungen verrechnet, die der Sparkasse Köln/Bonn geringere Sicherheit bieten,
73b)
74gemäß Ziffer 10.6 der Urkunde über die Abtretung von Außenständen (Globalabtretung) vom 21.11.2005 aus der Vermietung/Verpachtung der Objekte C-P-Straße - 52, E-Straße, H-Straße -22, K-Straße 12 - 14, I-Allee in ##### Q einen zur Befriedigung sämtlicher durch die Abtretung gesicherten Forderungen nicht ausreichenden Zessionserlös - soweit rechtlich zulässig - nach billigem Ermessen der Sparkasse verrechnet,
75und dem Kläger dadurch ein Schaden entsteht.
76Hilfsweise zu 4:
77die Zwangsvollstreckung aus den Urkunden des Notars I, F, vom 5.12.2002, UR-Nr. F#####/#### und UR-Nr. F#####/#### (Schuldanerkenntnisse des Klägers und des Gesamtrechtsvorgängers des Klägers X sen. gegenüber der Beklagten zu 1) über je 10.500.000 € zuzüglich Zinsen von 20 % jährlich seit 5.12.2002) für unzulässig zu erklären.
78Die Beklagten beantragen,
79die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
80Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
81Die Beklagte zu 1) verweist - wie schon im Rahmen ihres erstinstanzlichen Vorbringens - darauf, dass es nach ihrer Auffassung für die hier in Rede stehenden Warenhäuser keine marktübliche Miete gebe, so dass naturgemäß auch von einer überhöhten Miete keine Rede sein könne. Im Übrigen sei von den Beklagten zu keinem Zeitpunkt bestritten worden, dass der kalkulierte Gesamtaufwand die Ausgangsbasis für die von der Mieterin verlangte und mit ihr vereinbarte Mietzinshöhe gewesen sei. Unrichtig sei allerdings die Behauptung des Klägers, der Vorstand der L AG habe die Mieten ohne jegliche Verhandlungen und unter Außerachtlassung eigener Interessen akzeptiert. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Vorstand - insbesondere auch aus Gründen der notwendigen bilanziellen Klassifizierung - vor der Vereinbarung ein Gutachten eingeholt und sich mit der Miethöhe auch im Übrigen intensiv befasst habe. Für die Annahme eines überhöhten Mietzinses seien die vom Kläger angeführten Drohverlustrückstellungen ungeeignet. Die Annahme, dass die Miethöhe in irgendeiner Weise mit einem Insolvenzrisiko der L AG in Zusammenhang stehe, sei wegen der Größenordnung der Mietverpflichtung in Relation zur Höhe der Gesamtverbindlichkeiten des Konzerns nicht nachvollziehbar.
82Kollusive und zum Nachteil des Klägers wirkende Vereinbarungen zwischen der L AG, P-Gesellschaften und Frau T habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Sämtliche vom Kläger vorgelegten Unterlagen ließen einen solchen Schluss nicht zu. Es handele sich in allen Fällen lediglich um unverbindliche Überlegungen und Ideen, die aber zu einem frühen Zeitpunkt aus rechtlichen Gründen "zu den Akten gelegt" worden seien. Dies gelte nicht nur für eine Kooperation auf Aktionärsebene, sondern auch für Überlegungen zu einer weitergehenden Zusammenarbeit bei Immobilienprojekten. Es sei beschlossen worden, dass allenfalls eine Kooperation auf Einzelfallbasis in Betracht käme, wie sie dann bei den fünf bekannten Objekten auch realisiert worden sei. Nichts anderes ergebe sich bei richtiger Bewertung aus den vom Kläger sowohl in 1. wie in 2. Instanz vorgelegten Unterlagen. Sämtliche Vereinbarungen, die im Bereich der Mietverschaffungs- und Einstandsverträge und der Planungs- und Projektentwicklungsverträge mit Unternehmen des L Konzerns geschlossen worden seien, seien nicht zu beanstanden, sondern im Hinblick auf die erheblichen Vorleistungen, die bei der Planung und Realisierung der Objekte von Konzerngesellschaften bereits vor der Konstituierung der Immobilienfonds erbracht worden seien, wirtschaftlich vernünftig gewesen. Auch die Behauptung, dass den Vergütungen reale Leistungen nicht zu Grunde gelegen hätten, sei unrichtig.
83Mit seinem Vortrag dazu, was der Zeuge L1 vor der Zeichnung der Anlage durch den Kläger und den Erblasser nicht gewusst habe, sei der Kläger präkludiert. Im Übrigen werde mit Nichtwissen bestritten, was der Zeuge angeblich nach der mündlichen Verhandlung 1. Instanz zu dieser Frage erklärt habe. Sämtliche Ausführungen des Klägers in diesem Zusammenhang seien im Übrigen unerheblich, weil in Bezug auf die vom Kläger so bezeichneten mietbeeinflussenden Absprachen ebenso wenig eine Aufklärungspflicht bestanden habe wie hinsichtlich der Zahlung einer einmaligen (Eintritts)gebühr i.H.v. 25.000.000 € durch die Beklagte zu 4) an die L AG.
84Auch die Beklagten zu 2) - 4) treten den tatsächlichen Behauptungen und den Rechtsausführungen des Klägers in der Berufungsbegründung entgegen. Nach ihrer Auffassung sei das Rückabwicklungsbegehren des Klägers allein durch die zum Zeitpunkt der Zeichnung für keinen der Beteiligten vorhersehbare Insolvenz der L AG bzw. ihrer Rechtsnachfolger und durch die dadurch beeinträchtigte Renditeerwartung des Klägers motiviert. Bei richtiger Bewertung sei allein maßgeblich, dass der Kläger zunächst genau das bekommen habe, was er gewünscht habe und was - ohne Garantieübernahme von Seiten der Beklagten - als Ziel der Investitionen angekündigt worden sei. Die geplanten Immobilien seien zu den im Exposé genannten Kosten und innerhalb der dort genannten Zeit entsprechend den Angaben errichtet worden; die Kaufhäuser seien zu den prognostizierten Konditionen mit Zustimmung des Klägers vermietet worden. Für den wirtschaftlichen Zusammenbruch des L Konzerns seien die Beklagten aber in keiner Weise verantwortlich. Eine Insolvenz dieses Unternehmens sei zum Zeitpunkt der Zeichnung weder für den Kläger noch für die Beklagten zu 2) - 4) vorstellbar gewesen. Die Beklagten zu 2) - 4) hätten insoweit auch über kein dem Kläger und den anderen Investoren überlegenes Wissen verfügt. Insbesondere sei allen Beteiligten - auch dem Kläger und dem Erblasser - bewusst gewesen, dass der L Konzern zum Zeitpunkt der Zeichnung als Mieter bereits in Aussicht genommen worden war bzw. feststand.
85Von ausschlaggebender Bedeutung hinsichtlich der Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers sei, dass er bzw. der Erblasser die Zeichnung nach einem kurzen Gespräch mit dem Zeugen L1 und offenkundig im Vertrauen auf dessen Erfahrung und die eigenen wirtschaftlichen Kenntnisse ins Werk gesetzt habe. Ein für den Kläger und andere Investoren nachteiliger "Gesamtplan" oder eine rechtlich bindende Kooperationsvereinbarung zwischen den Beteiligten habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Was die Verträge mit L und "L Immobilien" angehe, seien diese sowohl in wirtschaftlicher wie in rechtlicher Hinsicht völlig unbedenklich und im Übrigen auch nicht aufklärungspflichtig gewesen. Falsch sei auch die Behauptung des Klägers, dass die mit L vereinbarten Mieten überhöht gewesen seien. Zum einen gebe es in der vorliegenden Sondersituation schon keinen für die Ermittlung eines marktangemessenen Preises erforderlichen Vergleichsmarkt. Zum anderen sei es aber auch nicht Sache der Initiatoren oder der Fondsgesellschaft, das an der Anmietung interessierte Unternehmen bzw. den dahinter stehenden Konzern am Abschluss eines für diese nachteiligen Vertrages zu hindern.
86Die Beklagten zu 2) - 4) verteidigen die Entscheidung des Landgerichts auch insoweit, als die Kammer eine Vernehmung des Zeugen L1 nicht für erforderlich gehalten, die Leistungen der Beklagten zu 4) an Gesellschaften des L Konzerns nicht als "kick-back" qualifiziert und den dem Kläger zugänglich gemachten Investorenordner nicht als Prospekt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Prospekthaftung angesehen hat. Ferner wiederholen sie ihre bereits erstinstanzlich geäußerte Einschätzung, dass die dem Kläger zugänglich gemachten schriftlichen Unterlagen keinerlei unzutreffende Informationen enthalten hätten und dass die Anlageentscheidung des Klägers und des Erblassers ohnehin nicht im Zusammenhang mit den nunmehr beanstandeten Informationen gestanden habe.
87Was die vom Kläger gestellten Hilfsanträge angehe, so seien diese bereits aus den vorstehend genannten Erwägungen, jedoch auch deshalb unbegründet, weil es an einem zurechenbaren Schaden fehle, denn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mietverträge sei im Hinblick auf den zu diesem Zeitpunkt erzielten Baufortschritt eine Vermietung an ein anderes Unternehmen wirtschaftlich nicht mehr möglich gewesen. Was den Antrag des Klägers auf Feststellung der Ersatzpflicht für Schäden betreffe, die ihm aus der angegebenen Art und Weise der Verrechnung etwaiger Erlöse aus einer Zwangsverwertung entstünden, sei eine Haftung der Beklagten zu 4) schon aus rechtlichen Gründen nicht gegeben, weil sie nicht Geschäftsführerin der Grundstücksgesellschaften sei. Im Übrigen beschränke sich das Gebot des Ausschlusses gesamtschuldnerischer Haftung auf die Begründung von Gesamtschulden und nicht auf die im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich dargestellte und erläuterte Auswirkung der gemeinsamen Nutzung des Grundstücks der Fondsgesellschaft.
88Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
89II.
90Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Rückabwicklung der streitgegenständlichen Beteiligung nicht zustehen, weil die Beklagten ihre sich aus den jeweiligen Rechtsverhältnissen zum Kläger ergebenden Pflichten nicht verletzt haben.
91- 92
1. Eine Beratungspflichtverletzung - einer - der Beklagten scheidet aus. Dass zwischen dem Kläger und den Beklagten ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, kann schon auf der Grundlage des Sachvortrags des Klägers nicht angenommen werden.
Was die Übersendung der schriftlichen, die Beteiligung betreffenden Unterlagen - Exposé nebst Investorenordner - an den Zeugen L1 angeht, könnte dies allenfalls die Grundlage für einen - konkludenten - Beratungsvertrag sein, soweit es um die Fondsgesellschaft N geht, denn nur die dieses Projekt betreffenden Unterlagen sind dem Kläger und dem Erblasser durch eine der beklagten Parteien - nämlich die Beklagte zu 4) - übersandt worden, während sie die Unterlagen bezüglich der Fondsgesellschaft Q von der am vorliegenden Verfahren nicht beteiligten F Vermögensverwaltungsgesellschaft erhalten haben. Allenfalls mit dieser Beklagten könnte demzufolge aufgrund der Übersendung der schriftlichen Unterlagen ein Beratungsvertrag zustande gekommen sein. Aus der bloßen Übersendung des - vom Landgericht zutreffend als erkennbar lückenhaft bewerteten - Exposés nebst Investorenordner mit Schreiben vom 28.11.2002 (Anlagen K 5 a, b) kann jedoch, nachdem dem Kläger und dem Erblasser zuvor von der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 16.10.2002 (Anlagen 4 a, b) ein Beteiligungsangebot - neben N für zwei weitere P-Fonds in M und L3 - zur Prüfung eines etwaigen Interesses unterbreitet worden war und beide ihr Interesse bekundet hatten, ein konkludenter Beratungsvertrag mit der Beklagten zu 4) nicht hergeleitet werden. Die - wie dargelegt lückenhaften - Unterlagen wurden vielmehr ersichtlich nur zur näheren - eigenständigen - Prüfung durch den Kläger und den Erblasser übersandt, ohne dass damit bereits eine anleger- und objektgerechte Beratungsleistung verbunden sein sollte.
94Auch die vorgetragenen mündlichen Erläuterungen der beiden Projekte rechtfertigen nicht die Annahme eines Beratungsvertrages: Der Kläger hat - wie der Erblasser - nach seinem eigenen Vortrag nähere Informationen über die Beteiligungsangebote nicht durch Vertreter der Beklagten zu 2) - 4) erhalten, sondern allein durch den von ihm benannten Zeugen L1, der aber nicht als Vertreter der Beklagten, sondern des Klägers bzw. seines Vaters selbst tätig geworden ist. Auch der - konkludente - Abschluss eines Beratungsvertrages zwischen dem - namens des Klägers und des Erblassers handelnden - Zeugen L1 und den Beklagten zu 2) - 4) scheidet aus: dem Vortrag des Klägers läßt sich nicht entnehmen, dass er selbst, sein Vater oder der für sie handelnde Zeuge L1 trotz ihrer bzw. dessen beruflichen Tätigkeit und Erfahrung, aufgrund derer sie nicht mit einem durchschnittlichen Anleger gleichgesetzt werden können - dennoch unter Inanspruchnahme der Sachkunde der Beklagten zu 2) - 4) eine auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers und des Erblassers zugeschnittene Beratung gewünscht haben.
95Schließlich reicht der Vortrag des Klägers auch nicht für die Annahme aus, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1) aufgrund der übersandten Beteiligungsangebote (Anlagen 4 a, b) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist.
962.
97Zwar kommt eine grundsätzliche Haftung der Beklagten für unrichtige bzw. pflichtwidrig unterlassene Angaben im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb des Klägers und des Erblassers aus anderen Gründen in Betracht:
98a.
99Bei den Beklagten zu 2) - 4) handelt es sich um Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaften Q und N. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH ZIP 1987, 912; ZIP 2006, 849; WM 2009, 400; ZIP 2011, 2299; NJW-RR 2012, 937 = WM 2012, 1184; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 311 BGB Rdn. 71, Nobbe, WM 2013, 193 ff, S. 202 ff), dass bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft, der sich durch Vertragsschluss mit den übrigen Gesellschaftern vollzieht, (vor-)vertragliche Beziehungen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem unmittelbar Beitretenden sowie mit dem über einen Treuhänder beitretenden Gesellschafter/Kommanditisten bestehen. Die Gründungsgesellschafter haften deshalb den Beitretenden gegenüber für im Zusammenhang mit der Beitrittsentscheidung gemachte unrichtige oder unvollständige Angaben unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens. In dieser Eigenschaft werden sie jeweils selbst Vertragspartner der neu eintretenden Gesellschafter und waren dementsprechend auch als künftige Vertragspartner aufgrund persönlich in Anspruch genommenen besonderen Vertrauens bei der Anbahnung der Vertragsverhandlungen über den Betritt zur gebotenen Aufklärung der geworbenen Anleger verpflichtet.
100Diese Haftungsgrundsätze gelten auch dann, wenn die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds unter Verwendung von Prospekten angebahnt wurde (bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne; zum zivilrechtlichen Prospektbegriff, vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 45 Rdn. 47 ff.). Anknüpfungspunkt dieser Haftung ist dementsprechend nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner.
101b.
102Auch hinsichtlich der Beklagten zu 1) kommt - unabhängig vom Fehlen eines Beratungsvertrages - nach der gegebenen Sachlage eine Haftung wegen Verletzung eigener Aufklärungspflichten in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 168, 1 ff; BGHZ 186, 96 ff; BKR 2013, 280; WM 2014, 124) kann eine - wie hier - kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zwar regelmäßig davon ausgehen, dass ihre Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Sie hat aber ausnahmsweise dann Aufklärungs- und Hinweispflichten, wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung gegenüber dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann oder ein schwerwiegender Interessenkonflikt besteht oder die Bank ihre Kreditgeberrolle überschritten hat, mithin im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Verkäufers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen, auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BGH WM 2003, 918; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 44 Rdn. 28 ff; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 280 BGB Rdn. 58 ff). Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen - was die Fondsgesellschaft N betrifft - im Hinblick auf das an den Kläger und den Erblasser übersandte Einladungsschreiben vom 16.10.2002 (Anlagen K 4 a, b) erfüllt, denn daraus ergibt sich eine maßgebliche, die Funktion als Kreditgeberin weit überschreitende Rolle der Beklagten zu 1) ("In jeweils bester Innenstadtlage der Städte L3, M und N investieren wir in den Umbau bzw. die Erweiterung etablierter Warenhausstandorte. … Dieses Grundstücksportfolio wird den Partnern der Bank, unserem Gesellschafterkreis und uns nahestehenden Kunden angeboten. Die vielfältigen Risiken, die mit einer Investition in Immobilien verbunden sind, haben wir, wie bei den bisher realisierten Projekten, versucht weitestgehend zu begrenzen."). Nichts anderes kann hinsichtlich der Rolle der Beklagten zu 1) im Rahmen des Fondsprojektes Q gelten, wie sich aus dem in den für die rechtliche Bewertung wesentlichen Passagen (sinngemäß) gleichlautenden Einladungsschreiben hinsichtlich dieses Fonds ergibt (Anlage K 91 zum Schriftsatz vom 14.10.2013; Bl. 125 des entsprechenden Anlagenheftes).
1033.
104Die Reichweite der sich daraus für die Beklagte zu 1) sowie die Beklagten zu 2) bis 4) ergebenden Aufklärungspflichten - auf der Grundlage ihrer oben dargestellten, jeweiligen Rolle - ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt: Danach oblag den Beklagten die Pflicht, die künftigen Anleger über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind, insbesondere über die Risiken der Beteiligung und über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren (BGH WM 2008, 2355; WM 2010, 1017; WM 2010, 1537; WM 2014, 118; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 311 BGB Rdn. 71). Dazu gehört insbesondere eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen den verschiedenen an der Initiierung und Realisierung des Projektes beteiligten Gesellschaften sowie ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat (BGH NJW-RR 2003, 1054; NJW-RR 2009, 329) und der den Gründungsgesellschaftern, Initiatoren und Hintermännern - nicht aber Vertragspartnern der Fondsgesellschaft, im vorliegenden Fall also der Mieterin (BGH, Urteil vom 3.12.2013 - IX ZR 295/12 = WM 2014, 71, 73) - gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (BGH WM 1985, 533; WM 1994, 2192; WM 2014, 71; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 311 BGB Rdn. 67 ff.). Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung von Anlageobjekten, so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für den Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen (BGH ZIP 2004, 1104; NJW-RR 2012, 937). Daher haften die Beklagten zu 2) bis 4) aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen - und die Beklagte zu 1) im Hinblick auf die Überschreitung ihrer Kreditgeberrolle - wenn und soweit sie in Kenntnis oder schuldhafter Unkenntnis der wahren Verhältnisse dem Anleger Unterlagen, die dieser erkennbar zur Grundlage seiner Beteiligungsentscheidung machen will, zur Verfügung gestellt haben, die in wesentlichen Punkten unrichtig, unvollständig oder irreführend waren oder ihre Erfüllungsgehilfen - bzw. die anderen Gründungsgesellschafter - bei Vertragsverhandlungen etwaige unzutreffende oder unzureichende Angaben in den dem Anleger überlassenen schriftlichen Unterlagen bei den Vertragsverhandlungen schuldhaft nicht richtiggestellt bzw. ergänzt haben (vgl. BGH WM 1985, 533, 534 - juris Tz. 12 ff.; NJW 1995, 130; NJW-RR 2003, 1054; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 45 Rdn. 51 ff.).
1054.
106Eine auf dieser Basis und in dem vorbezeichneten Umfang grundsätzlich mögliche Haftung der Beklagten scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus, weil auch auf der Grundlage des Sachvortrags des Klägers eine unzutreffende bzw. unvollständige Aufklärung über die Risiken der Beteiligung nicht festgestellt werden kann. Insbesondere der zentrale gegenüber den Beklagten erhobene Vorwurf des Klägers - die Vereinbarung einer überhöhten, nicht nachhaltig erzielbaren Miete - ist nicht begründet. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass ihm und seinem Vater gegenüber vertragliche Vereinbarungen der Projektverantwortlichen mit dem Konzern der Mieterin, in deren Folge offenbarungspflichtige Zahlungen an konzernangehörige Gesellschaften geflossen seien, verheimlicht worden sind. Die hinsichtlich des Objektes und der Fondsgesellschaft getroffenen Vereinbarungen sind dem Kläger, soweit dies rechtlich erforderlich ist, mit dem Exposé und dem Investorenordner zur Kenntnis gebracht worden. Weitergehende Aufklärungspflichten bestanden entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Auch beanstandungswürdige Zahlungen an Konzerngesellschaften ohne reale Gegenleistung lassen sich nicht feststellen. Damit fehlt es im Ergebnis auch an einem aufklärungspflichtigen Wissensvorsprung der Beklagten zu 1) als mögliche weitere Haftungsgrundlage. In Ergänzung der zutreffenden Ausführungen des Landgerichts - auf die im Übrigen zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug genommen wird - gilt insoweit im Einzelnen das Folgende:
107a.
108Der zentrale, vom Kläger gegenüber den Beklagten erhobene und namentlich im Berufungsverfahren in den Mittelpunkt seines Vorbringens gestellte Vorwurf geht dahin, dass von den Beklagten als Initiatoren des Fonds mit dem L Konzern Mieten vereinbart worden seien, die nicht - wie nach Auffassung des Klägers durch die jeweiligen Gesellschaftsverträge gefordert - "marktüblich" gewesen, sondern als "Investitionsmieten" mit dem Ziel einer bestimmten "Verzinsung" des Gesamtinvestitionsaufwandes zu Lasten der Anleger konzipiert und kalkuliert worden seien. Die Bereitschaft des L Konzerns zur Zahlung solch überhöhter Mieten sei durch verdeckte Zuwendungen an den Konzern ohne adäquate Gegenleistung in zweistelliger Millionenhöhe erreicht worden.
109Diese Grundannahme ist jedoch aus mehreren Gründen unzutreffend:
110aa.
111Zunächst ist der Senat - wie bereits das Landgericht im angefochtenen Urteil - der Auffassung, dass es für die beiden Warenhäuser, die im Eigentum der beiden Fondsgesellschaften standen, eine marktübliche Miete in dem vom Kläger unterstellten Sinn nicht gab, weil es sich um Spezialimmobilien gehandelt hat, die sich - im Hinblick auf ihre Lage, ihre Größe, die Vorverwendung, die speziell auf die vorgesehene Verwendung durch die L AG (bzw. einer Konzerngesellschaft) ausgerichteten, grundlegenden Umbauarbeiten sowie schließlich wegen des vor und nach dem Umbau präsentierten Warenangebots - nicht oder kaum für die Nutzung durch einen anderen als den - von Beginn an - vorgesehenen Mieter - eine Tochtergesellschaft der L AG - eignete und für die deshalb die Ermittlung einer Vergleichsmiete im üblichen Sinne nicht möglich war. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung in § 7 Abs. 4 a des vom Kläger als Anl. K 3 c vorgelegten Entwurfs des Gesellschaftsvertrages Q (die in gleicher Weise auch dem Gesellschaftsvertrag für das Objekt N zugrundeliegt und wie folgt lautet: "Mietverträge dürfen erst nach ausreichender branchenüblicher Bonitätsprüfung des Mieters zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen werden…. ") dahin zu verstehen, dass unter marktüblicher Miete die Miete verstanden werden muss, die mit der - in Kenntnis auch des Klägers und seines Vaters - von Anfang an vorgesehenen Mieterin vereinbart worden, von dieser also unter Berücksichtigung ihrer eigenen Einschätzung ihrer Renditemöglichkeiten akzeptiert worden ist. So verstanden, handelt es sich bei der dem Mietvertrag unstreitig zu Grunde gelegten "Investitionsmiete" und der marktüblichen Miete im Sinne des Gesellschaftsvertrages letztlich um die privatautonom ausgehandelte, sowohl von den Vertretern der Fondsgesellschaft wie auch von der Mieterin akzeptierte, nach der allseitigen Erwartung im Interesse aller Beteiligten liegende Vergütung für die Nutzung des in Planung und Ausführung individuell auf die künftige Mieterin zugeschnittenen Fondsobjektes. Dass die Ermittlung einer von diesem Verständnis abweichenden Miethöhe unter dem Gesichtspunkt der Üblichkeit und der Angemessenheit im Vergleich zu anderen Objekten möglich ist, erscheint dem Senat im Hinblick auf die angesprochene Singularität des Objektes ausgeschlossen. Insofern liegt der Streitfall anders als die Fallgestaltung, die der vom Kläger zitierten (S. 2 des Schriftsatzes vom 6.3.2014; GA 1163) Entscheidung des Senats vom 29.4.2009 (13 U 137/05) und weiteren Entscheidungen in einer Reihe von parallel gelagerten Fällen zu Grunde lag. Bei dem dort zu beurteilenden Objekt handelte es sich - anders als im Streitfall - nicht um ein singuläres Objekt im oben dargelegten Sinne, sondern um ein solches, das mit einer Reihe anderer - im Rahmen des auf die deutsche Wiedervereinigung folgenden Baubooms in den neuen Bundesländern - realisierter Objekte hinsichtlich Bausubstanz, Größe, Ausrichtung und Marktchancen vergleichbar und daher der sachverständigen Überprüfung hinsichtlich der Angemessenheit der im Generalmietvertrag vereinbarten Mietzinsen zugänglich war.
112Der Senat teilt in diesem Kontext auch nicht die - der postulierten Aufklärungspflicht der Beklagten zugrunde liegende - Auffassung des Klägers (S. 2 des Schriftsatzes vom 06.03.2014 - GA 1163), dass aus der Vereinbarung nicht marktüblicher Mieten ohne weiteres deren fehlende Nachhaltigkeit folge. Das trifft in dieser Pauschalität schon deshalb nicht zu, weil die Marktverhältnisse laufenden, bisweilen auch kurzfristigen Änderungen unterworfen sind. Eine im Zeitpunkt des Gesellschaftsbeitritts "marktübliche" Miete hat daher kaum eine Aussagekraft hinsichtlich ihrer nachhaltigen Erzielbarkeit. Der Begriff der Marktüblichkeit kann daher nur auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogen sein. Insofern waren die hier für die Objekte Q und N vereinbarten Mieten aber schon deshalb marktüblich, weil sie von der Mieterin über einen Zeitraum von mehr als vier (Q) bzw. drei (N) Jahren gezahlt wurden. Ob und ggfls. über welchen Zeitraum auch andere potentielle Mieter diese Mieten gezahlt hätten, ist aus Sicht des Senats nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführten BGH-Entscheidungen (II ZR 88/02 und II ZR 30/10) stützen seine Auffassung nicht, weil ihnen andere Sachverhalte zugrunde liegen:
113In dem Verfahren II ZR 30/10 hat der BGH einen aufklärungspflichtigen Umstand in dem Risiko gesehen, dass leerstandsbedingte Nebenkosten - soweit Mietflächen des Fondsobjekts nicht unter einen im dortigen Fall abgeschlossenen Generalmietvertrag fielen - dem Fonds zu Last fallen und nicht - wie bei den dem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen - vom Mieter zu tragen seien. Diese Konstellation ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar; Ausführungen dazu, ob die mit dem - dortigen - Generalmieter vereinbarte Miete marktüblich war oder nicht und welche Rechtsfolgen sich im letzteren Fall ergeben würden, sind der Entscheidung nicht zu entnehmen.
114In der Entscheidung II ZR 88/02 konnte die Pächterin zweier im Eigentum der Immobilien-Fondsgesellschaft stehender Seniorenresidenzen die vereinbarten Pachtzahlungen nicht erwirtschaften, weil die prospektierten Mieteinnahmen, mit denen die Pächterin ihre Pachtzahlungen erfüllen sollte, um bis zu 100% über den ortsüblichen Vergleichsmieten der Räumlichkeiten lag. Aus diesem Grunde konnte die überwiegende Zahl der Wohnungen gar nicht erst vermietet werden. Soweit der Kläger daraus folgert (GA 1163), dass der BGH "Mondmieten für Luftschlösser" nicht billige, verkennt er, dass es im Streitfall nach seinem eigenen Vorbringen nicht um eine Überschreitung der angeblich marktüblichen Miete um bis zu 100%, sondern nur um eine solche von 20% - 30% geht, diese - angeblich - überhöhte Miete für beide Objekte mehr als vier (Q) bzw. drei (N) Jahre lang gezahlt wurde und daher von einer nicht zu erwirtschaftenden "Mondmiete" keine Rede sein kann. Davon abgesehen ging es in der Entscheidung nicht um die Marktüblichkeit der von der Fondsgesellschaft mit der Pächterin vereinbarten Pacht, sondern um die Ortsüblichkeit der prospektierten Miete für Wohnungen einer Seniorenresidenz, für die Mieter - anders als hier - erst noch gefunden werden mussten.
115Aus diesem Grunde bedarf es im Streitfall - anders als in dem der Entscheidung des Senats im Verfahren 13 U 137/05 zugrunde liegenden Fall - auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung einer marktüblichen Miete. Ein solches Gutachten könnte sich nämlich - im Hinblick auf das Fehlen eines zu vergleichender Betrachtung heranzuziehenden Marktes - letztlich nur mit der Frage der Angemessenheit der Miete aus der Sicht der an der Mietvertragsvereinbarung beteiligten Parteien gerade für die beiden streitgegenständlichen Objekte befassen und liefe damit auf nichts anderes als auf eine wirtschaftliche Beurteilung der vereinbarten Miethöhe hinaus. Das wäre mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht vereinbar.
116Es kommt unabhängig davon hinzu, dass - darauf haben die Beklagten zu Recht hingewiesen - eine gegenüber einem etwaigen (unterstellten) Marktwert höhere Miete für die Grundstücksgesellschaften - und damit für die Anleger - keinesfalls nachteilig, sondern im Hinblick auf die bessere Einnahmesituation vorteilhaft (gewesen) und eine insoweit unterlassene Aufklärung deshalb grundsätzlich nicht zur Begründung von Schadensersatzansprüchen geeignet ist. Anders als der Kläger meint, konnten er und sein Vater auch nicht erwarten, dass die mit dem L Konzern für die beiden Fondsobjekte vereinbarte Miete auch nach einem etwaigen Mieterwechsel Bestand haben wird. Angesichts der vielfältigen denkbaren und nicht vorhersehbaren Markteinflüsse - wie etwa die im Jahre 2008 entstandene Finanzkrise - wäre eine solche Erwartung jedenfalls nicht geschützt.
117Der Kläger hält dem Gesichtspunkt der höheren Mieteinnahmen der Fondsgesellschaften letztlich auch nur entgegen, dass die von ihm als "Investitionsmiete" bezeichnete Vereinbarung über die Miethöhe deshalb für ihn - und andere Anleger - letztlich nachteilig sei, weil schon zum Zeitpunkt der Zeichnung die begründete Befürchtung (die sich durch die spätere Insolvenz des L Konzerns bestätigt habe) bestanden habe, dass die zum L Konzern gehörende Mieterin auf Dauer nicht in der Lage sei, die vereinbarte überhöhte Miete zu zahlen. Der damit vom Kläger postulierte Zusammenhang zwischen der Zahlung einer überhöhten Miete für die beiden Warenhäuser durch den L Konzern und dessen späterer Insolvenz besteht aber nicht. Es kann - wie das Landgericht bereits zutreffend angeführt hat - schon mit Rücksicht auf den vernachlässigenswert geringen Anteil, den eine (unterstellte) Mietpreisüberhöhung (nach dem Vortrag des Klägers - S. 13 des Schriftsatzes vom 12.07.2010 - GA 192 - handelt es sich dabei um eine Überhöhung von 30 % der für beide Häuser insgesamt jährlich zu zahlenden Miete von 12 Mio. € (= ca. 3,6 Mio. €), während die Überhöhung nach dem Vorbringen S. 57 des Schriftsatzes vom 14.10.2013 offenbar nur 20% betragen soll) für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gesamtkonzerns der L AG hatte - ausgeschlossen werden, dass ein solcher Zusammenhang zwischen der behaupteten Mietzinsüberhöhung und der späteren Insolvenz bestand.
118bb.
119Der auf einen Ursachenzusammenhang zwischen Miethöhe und späterer Insolvenz der L AG abzielende Vortrag des Klägers begegnet aber unabhängig davon weiteren Plausibilitätsbedenken: Wenn - wie der Kläger im Berufungsverfahren vorgetragen hat - die angeblich zu hohe Miete durch "verdeckte Subventionierungen" in erheblichem Umfang (nach dem Inhalt der Berufungsbegründung - Seite 119; GA 914 - "ein Vielfaches der Jahresmieten") in Gestalt von Zahlungen für die Mieterverschaffung bzw. -vermittlung sowie für die Mietgarantie ausgeglichen worden ist, würde es in der Konsequenz an einer für den L Konzern nachteiligen Überbelastung durch die vereinbarte Miete fehlen. Die Vereinbarung einer - von den Beklagten im Übrigen auch zu keinem Zeitpunkt bestrittenen - "Investitionsmiete" wäre dann für die Mieterin und den gesamten Konzern kostenneutral und könnte schon aus diesem Grunde die Insolvenz im Jahre 2009 nicht verursacht haben. Aus diesem Grund erweist sich der Vortrag des Klägers, auch soweit es um eine ursächliche Verbindung zwischen der oben näher dargestellten Vertragsgestaltung und der Bestimmung des Mietpreises geht, als nicht geeignet, eine Aufklärungspflichtverletzung zum Nachteil der Anleger zu begründen.
120b.
121Der Kläger rügt weiter, dass es zwischen den Beteiligten auf Seiten der Beklagten einerseits und auf Seiten der Konzerngesellschaft der Mieterin bzw. der beteiligten Untergesellschaften andererseits eine Absprache gegeben habe, nach der Baukostenersparnisse, also im Rahmen der Projektdurchführung gegenüber der ursprünglich veranschlagten Größenordnung erzielte Kostensenkungen, deren Realisierung vorausgesehen und angestrebt worden seien, zu Gunsten der genannten Beteiligten, aber zu Lasten der Anleger, mithin auch zu seinen Lasten, verabredet worden seien. Ob die dahingehende, vor allem im Rahmen der Berufungsbegründung und im Rahmen des Schriftsatzes des Klägers vom 14.10.2013 aufgestellte und näher spezifizierte Behauptung zutreffend ist, muss jedoch nicht entschieden werden. Die dem Vorbringen des Klägers in diesem Zusammenhang zugrunde liegende und für das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs konstitutive Annahme, dass etwaige Kostenersparnisse nach dem Inhalt der Gesellschaftsverträge für beide Objekte jeweils den Gesellschaftern zustünden und deshalb nicht den oben genannten Beteiligten gebührten, ist nämlich im Ergebnis unzutreffend.
122aa.
123Es ist zwar richtig, dass nach § 4 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages Q (bzw. der inhaltlich entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag N) etwaige Liquiditätsüberschüsse nicht den Initiatoren des Projektes oder der Mieterin zustehen, sondern entweder für eine Instandhaltungsrücklage zu verwenden oder an die Gesellschafter auszuschütten waren. Grundsätzlich sind interessierte Anleger demzufolge auch über die zwischen Initiatoren/Gründungsgesellschaftern und späteren Nutzern des Objekts getroffenen Abreden - und zwar auch unabhängig von ihrer (im vorliegenden Fall streitigen) Realisierung - aufzuklären, denn eine solche Aufklärung hat über alle Umstände zu erfolgen, die den vom Anleger mit seinem Beitritt verfolgten Zweck gefährden könnten. Zu einer solchen Gefährdung können grundsätzlich auch Absprachen führen, dass etwaige Kostenersparnisse entgegen einer Regelung im Gesellschaftsvertrag nicht den Gesellschaftern zugutekommen sollen.
124bb.
125Im vorliegenden Fall geht der gegenüber den Beklagten erhobene Vorwurf des Klägers allerdings aufgrund der gegebenen vertraglichen Situation ins Leere, weil etwaige Baukostenersparnisse nicht der genannten Regelung des Gesellschaftsvertrages unterfielen und deshalb nicht den Gesellschaftern zustanden bzw. zugestanden hätten. Das ergibt sich aus Folgendem: Mit der Errichtung bzw. dem Umbau der jeweiligen Fondsimmobilie war die F GmbH beauftragt. Grundlage ihrer Beauftragung war der jeweilige Generalübernehmervertrag, der - was die GbR Q angeht - entsprechend dem Angebot vom 17.09.2001 (Anl. K 3 a = Investorenordner Q) und - hinsichtlich der GbR N - entsprechend dem Angebot vom 05.11.2002 (Anl. K 5 c = Investorenordner N) geschlossen worden ist. Beide Verträge waren jedoch - entsprechend den jeweiligen Angeboten - als Global-Pauschalverträge (zum Begriff Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage 2013, Rdn. 1525 ff.) konzipiert, bei denen Mehr- oder Minderleistungen sowie Erschwernisse grundsätzlich nicht auszugleichen sind. Um einen Global-Pauschalvertrag handelt es sich, wenn die Vertragsparteien im Rahmen der Bestimmung des vertraglichen Leistungsumfanges das Leistungsziel in den Vordergrund ihrer vertraglichen Leistungen stellen oder den Leistungsumfang bewusst pauschalisieren (zielorientiertes Bausoll), was in der Regel durch eine vollständig funktionale Leistungsbeschreibung geschieht, die den Willen der Vertragsparteien verdeutlicht, das Risiko der Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung auf den Auftragnehmer abzuwälzen.
126cc.
127So liegen die Dinge im vorliegenden Fall: Der Generalübernehmervertrag für das Bauvorhaben Q (der - wie erwähnt - mangels gegenteiligen Sachvortrags auf der Grundlage und mit dem Inhalt des vorgelegten Angebots auf Abschluss dieses Vertrages zustande gekommen ist) nennt als "Vertragsgegenstand" (§ 1) die "schlüsselfertige, funktionsgerechte und betriebsfertige Erstellung eines Geschäftshauses nebst Außenanlagen". Nach § 3 Abs. 1 des Vertrages umfassen die Leistungen des Auftragnehmers "die uneingeschränkte schlüsselfertige Erstellung des Gebäudes" sowie - nach Abs. 2 dieser Bestimmung - "Lieferungen und Leistungen, die in den in § 2 aufgeführten Vertragsunterlagen aufgeführt sind, aber auch alle dort nicht erwähnten Lieferungen, Leistungen und Nebenleistungen, die unbedingt erforderlich sind, das Bauvorhaben funktionsfähig, bezugsfertig und mit den notwendigen Stellplätzen versehen zu erstellen, …". Änderungen der Planung oder der Baudurchführung oder zusätzliche Leistungen sollten möglich sein, jedoch nur bei Kostenübernahme durch den Auftraggeber (§ 5 des Vertrages).
128Eine inhaltlich gleiche (und im Wesentlichen auch wörtlich identische) Regelung enthält der Vertrag zwischen der Fondsgesellschaft und der F GmbH für das Objekt in N. Soweit der Vertrag für das Objekt N nicht ausdrücklich regelt, dass der Auftragnehmer auch alle nicht in den Vertragsunterlagen aufgeführten, aber zur schlüsselfertigen Herstellung erforderlichen Arbeiten auszuführen hat, erklärt sich das damit, dass dieser Vertrag - insoweit anders als der Vertrag für das Warenhaus in Q - schon von vornherein nicht auf eine Bau- und Leistungsbeschreibung verweist, so dass eine klarstellende Bestimmung wie in der erwähnten Regelung in § 3 Abs. 2 des Generalunternehmervertrages Q nicht erforderlich war, um den übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zum Ausdruck zu bringen, dass nicht (mehr) ein Leistungsverzeichnis, sondern allein die umfassend funktionale Leistungsbeschreibung Grundlage des Vertrages sein sollte.
129dd.
130Vor diesem Hintergrund stellen etwaige Baukostenersparnisse - unabhängig von deren späterem tatsächlichen Anfall und unabhängig von der Frage, ob es zu einer endgültigen Vereinbarung der vom Kläger behaupteten Art zwischen den Beteiligten überhaupt gekommen ist - jedenfalls keine Liquiditätsüberschüsse dar, die nach dem Gesellschaftsvertrag an die jeweilige Fondsgesellschaft auszukehren waren. Dem Interesse der Gesellschafter war durch die jegliche Baukostenerhöhungen ausschließende und ihnen aus den Investorenordnern bekannte Pauschalpreisabrede Genüge getan. Das gilt auch in Anbetracht der vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 6.3.2014 (GA 1162 ff) in den Mittelpunkt seiner Argumentation gestellten "Absicht der Beteiligten", über diese Zahlungen zum Nachteil der Anleger auf die Grundlagen der Mietpreisbildung einen verfälschenden Einfluss zu nehmen. Zum einen handelt es sich dabei um einen in dieser Form zu pauschalen und nicht überprüfungsfähigen Vortrag, zum anderen geht das berechtigte Aufklärungsinteresse der Anleger nicht so weit, Einzelheiten über die Verwendung von Baukostenersparnissen, auf die sie selbst keinen Anspruch haben, zu erfahren.
131ee.
132Was die Beklagte zu 1) angeht, kommt deren Haftung im Übrigen und unabhängig von den vorstehenden Erwägungen insoweit auch deshalb nicht in Betracht, weil sie an der vom Kläger behaupteten Absprache nach dessen eigenem Vortrag nicht beteiligt war und sie diese - mangels gegenteiligen konkreten Vortrags des Klägers - auch nicht kennen musste.
133ff.
134Über die - behauptete - Absprache der Teilung von Baukostenersparnissen und die danach - unterstellt - den Beklagten zu 2) - 4) zufließenden Erträge war auch nicht entsprechend den Grundsätzen der sog. "Kick-back-Rechtsprechung" des Bundesgerichtshofes (vgl. dazu BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; WM 09, 1274 Rn. 11 sowie 09, 2306 Rn. 31; WM 11, 925) aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht gilt für anlageberatende Banken und hat den Zweck, dem Anleger einen möglichen Interessenkonflikt offenzulegen, der sich daraus ergibt, dass die Bank für ihre allein im Kundeninteresse zu erbringende Beratungs-/Vermittlungsleistung vom Kapitalsuchenden eine umsatzabhängige Rückvergütung erhält. Damit ist die hier in Rede stehende Teilung von Baukostenersparnissen nicht vergleichbar. Abgesehen davon, dass es bereits an einem Beratungsvertrag zwischen dem Kläger/dem Erblasser und den Beklagten zu 2) - 4) fehlt, handelt es sich bei den der Mieterin und den Beklagten zu 2) - 4) aufgrund der behaupteten Absprache zugutekommenden Baukostenersparnissen nicht um umsatzabhängige, d.h. nach der Höhe der Einlage des Klägers und des Erblassers bemessene Erträge. Für eine Ausweitung der Kick-back-Rechtsprechung auf Fälle der vorliegenden Art sieht der Senat keinen Anlass.
135c.
136Auch soweit der Kläger den Beklagten vorwirft, er sei durch die hinter seinem Rücken abgeschlossenen Verträge über die Mietervermittlung-, Mieterverschaffung und Projektentwicklung über wesentliche Grundlagen für seine Beitrittsentscheidung getäuscht worden, fehlt es an der für eine Haftung der Beklagten erforderlichen Pflichtverletzung. Der Kläger und sein Vater sind durch die ihnen im Vorfeld der Zeichnung bekanntgegebenen jeweiligen Gesellschaftsverträge (Anlage K 3 c Fach 9 für Q; Anlage K 5 c Fach 2 für N) ausreichend und vollständig über die Umstände, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Fällen dieser Art dem Anleger gegenüber zu offenbaren sind, unterrichtet worden:
137aa.
138Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehören zu der von den Gründungsgesellschaftern, Initiatoren und Hintermännern des Fonds geschuldeten Aufklärung neben der bereits angesprochenen Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen den verschiedenen an der Initiierung und Realisierung des Projektes Beteiligten und der eventuellen Gewährung von Sondervorteilen auch hinreichend transparente Angaben über die Verwendung der Einlagemittel.
139bb.
140Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht die Abgrenzung der "weichen" von den "harten" Kosten sowie deren jeweilige Höhe und die Angabe der verschiedenen Kostenpositionen in den - in beiden Gesellschaftsverträgen enthaltenen - Investitionsplänen. Ausdrücklich nicht beanstandet wird auch die den Anlegern gegenüber im Investorenordner offengelegte Vergütung für die Mietervermittlung von der jeweiligen GbR - zu zahlen an die K GmbH - sowie der Ansatz von Projektentwicklungskosten (der - nach Auffassung des Klägers - im Gesellschaftsvertrag "minutiös" geregelt sei; S. 89 der Berufungsbegründung = GA 884), sondern - so der Vortrag des Klägers - die Verheimlichung der Zusage und entsprechenden Zahlung einer nach seiner Auffassung unüblichen Vergütung für die Verpflichtung des Grundstücksverkäufers zur Verschaffung eines Generalmieters sowie die - nach seiner Auffassung - wirtschaftlich wertlose und daher kostenlos zu erbringende Übernahme einer Einstandsgarantie für die Mietzahlungen durch die Konzernobergesellschaft. Schließlich rügt der Kläger, dass von der K GmbH ein - die Planungs-und Projektentwicklungsarbeiten betreffender - Unterauftrag nicht an ein unbeteiligtes Unternehmen, sondern an ein Konzernunternehmen der Mieterin vergeben worden sei, und zwar mit der Kalkulation eines unüblich hohen Gewinnes.
141cc.
142Auch diese Rügen erweisen sich als nicht durchgreifend. Bei richtiger Betrachtung sind die angesprochenen Verträge - auch unter den vom Kläger hervorgehobenen Gesichtspunkten - nicht zu beanstanden. Der Kläger ist über den Abschluss der Verträge, die jeweiligen Vertragspartner und die versprochenen Vergütungen in ausreichendem Maße aufgeklärt worden. Ein Anspruch auf weitergehende Aufklärung bestand nicht. Auch die Rüge, dass Zahlungen ohne eine reale Gegenleistung vereinbart worden seien, greift nicht durch:
143(1)
144Was zunächst den Mietervermittlungsvertrag für das Objekt Q angeht (Anlage K 3 c Fach 14), handelt es sich um einen zwischen der Beklagten zu 4) und der betreffenden GbR abgeschlossenen Vertrag über eine Leistung, die im Investitionsplan ausdrücklich vorgesehen war (dort Position "j") und für die die Beklagte zu 4) ausweislich des Vertrages exakt die im Investitionsplan vorgesehene Vergütung (8,2 Millionen DM) erhalten sollte. Durch den - ohne Kenntnis des Klägers - sodann erkennbar zur Erfüllung der der Beklagten zu 4) aus dem Mietervermittlungsvertrag obliegenden Verpflichtung geschlossenen Mietverschaffungsvertrag vom 4.12.2001 (Anlagenkonvolut 60; Anlage B 24) zwischen der Beklagten zu 4) und der L AG wurde die von der Beklagten zu 4) übernommene Verpflichtung auf die L AG übertragen. Eine für die Anleger - also auch für den Kläger - (potentiell) nachteilige Regelung liegt darin nicht. Für die Anleger ist vielmehr belanglos, in welcher Form die Beklagte zu 4) - ob unmittelbar durch eigene Tätigkeit oder durch Übertragung ihrer Verpflichtung auf eine andere Gesellschaft in der Art eines Subunternehmerverhältnisses - die geschuldete Mietervermittlung erbracht hat. Ihre Vermögensinteressen sind dadurch nicht tangiert. Damit liegt in der dargestellten Verfahrensweise kein aufklärungspflichtiger Umstand. Insbesondere kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht auf die Frage an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang durch die Mieterverschaffung für die L AG ein finanzieller oder ein sonstiger (Arbeits-) Aufwand entstanden ist. Entscheidend ist allein, dass die Anleger durch den Investitionsplan über die Entstehung von Kosten für die Vermittlung eines Mieters unterrichtet waren und Kosten in einer den dort angegebenen Betrag übersteigenden Höhe nicht angefallen sind.
145(2)
146Was die Einstandsverpflichtung für die Erfüllung der Pflichten der Mieterin aus dem abzuschließenden Mietvertrag angeht (§ 2 und - hinsichtlich der Vergütung - § 3 des soeben erwähnten Vertrages vom 4.12.2001; Anlagenkonvolut 60; Anlage B 24), handelt es sich bei dieser von der L AG übernommenen Leistung entgegen der Auffassung des Klägers schon deshalb um eine werthaltige und üblicherweise zu vergütende Leistung, weil in Anbetracht der Höhe des vereinbarten Mietzinses und der Laufzeit des Mietvertrages durch die Garantieerklärung ein - nicht nur betragsmäßig - erhebliches Risiko abgedeckt worden ist, dessen unentgeltliche Erbringung von den Anlegern bei vernünftiger Betrachtungsweise entgegen der Auffassung des Klägers nicht erwartet werden konnte. Die Beklagten haben mit Recht darauf hingewiesen, dass die Übernahme einer Einstandsverpflichtung auch aus der Sicht der Grundstücksgesellschaft im Hinblick einerseits auf das relativ geringe Eigenkapital der Mieterin (und den Umstand, dass diese auch das Drittvermietungsrisiko tragen sollte) sowie andererseits im Hinblick auf die Größenordnung der Gesamt-Mietzahlungsverpflichtungen der Mieterin - in Höhe von etwa 220 Millionen DM - sinnvoll und wünschenswert war. Die Auffassung des Klägers, dass die Einstandsverpflichtung unentgeltlich zu erbringen gewesen sei, lässt diese wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen außer Acht.
147(3)
148Soweit sich im Übrigen aus der näheren Beschreibung der Projektentwicklungskosten (die - mit einem Betrag von 28,7 Millionen DM - im Investitionsplan als gesonderte Position ausgewiesen waren) im Gesellschaftsvertrag ergibt, dass diese Kosten unter anderem auch die "Verhandlungsführung mit künftigen Erstmietern" sowie die "Vorbereitung der Erstvermietungsverträge nebst Anlagen" beinhalten, liegt darin schon deshalb keine Verschleierung der für den Komplex "Projektentwicklung und Mietervermittlung" insgesamt in Ansatz gebrachten Kosten, weil damit sämtliche - im Übrigen nicht von der Fondsgesellschaft, sondern von der Beklagten zu 4) aufzubringenden und aufgebrachten - Vergütungen angesprochen worden sind.
149(4)
150Auch eine nähere Aufschlüsselung der die Projektentwicklung betreffenden Kostenpositionen können die Anleger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (WM 2014, 118) nicht verlangen. Bereits mit der Gesamtbetragsangabe war für sie hinreichend deutlich, dass Beträge in dieser Größenordnung nicht in den Gegenwert an Immobilien investiert werden. Diese Information war zur Einschätzung der Anleger betreffend die Werthaltigkeit des Anlageobjekts ausreichend. Welchen Anteil an der Gesamtposition einzelne Unterpositionen ausmachten, war für sie und ihre Anlageentscheidung dagegen nicht von wesentlicher Bedeutung und daher nicht aufklärungspflichtig. War entgegen dieser typisierenden Betrachtungsweise dennoch die genaue Höhe einzelner Kostenblöcke von Interesse, so stand es dem Anleger frei, sich danach zu erkundigen. Ein entsprechendes, weitergehendes Interesse hat der Kläger jedoch nicht geltend gemacht.
151(5)
152Soweit die Vergütungen für die Mieterverschaffung und die übernommene Einstandspflicht nach dem Vertrag vom 4.12.2001 (8.000.000 DM + 10.000.000 DM) sowie für die Projektentwicklung nach dem Projektentwicklungsvertrag Q (Anlagenkonvolut K 60 B 45; 13,6 Mio. DM) mit demzufolge insgesamt 31,6 Millionen DM in der Summe den im Gesellschaftsvertrag Q für die Kosten der Projektentwicklung ausgewiesenen Betrag von 28,7 Millionen DM übersteigen, hat der Kläger nicht dargelegt, dass der Differenzbetrag - von der Beklagten zu 4), einer der übrigen beklagten Parteien oder in Kenntnis der Beklagten von einem anderen Beteiligten - zum Nachteil der Fondsgesellschaft bzw. der Anleger aus dem Gesellschaftsvermögen aufgewendet worden und dies schon vor dem Beitritt des Klägers und seines Vaters beabsichtigt oder vereinbart war. Der Vortrag des Klägers beschränkt sich in diesem Zusammenhang (S. 65 des Schriftsatzes vom 14.10.2013; GA 1082) auf die pauschale und in dieser Form in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen unsubstantiierte Behauptung, dass Zahlungen "an L-Unternehmen" im Zusammenhang mit den Mietverschaffungs-, Einstands- und Projektentwicklungsverträgen "zu Lasten des jeweiligen Fondsvermögens gegangen" seien.
153(6)
154Soweit der Kläger darüber hinaus vorgetragen hat (Seite 66 f. des vorgenannten Schriftsatzes), dass die Vergütung für die von der L AG übernommene Einstandsverpflichtung nicht in den Projektentwicklungskosten enthalten gewesen sei, handelt es sich - worauf der Senat entgegen der Darstellung des Klägers im Schriftsatz vom 06.03.2014 in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat (insoweit nicht protokolliert) - um neuen, von der Beklagten zu 1) bestrittenen und nach § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlichen Vortrag, nachdem der Kläger seinerseits die gegenteilige Behauptung der Beklagten zu 1) erstinstanzlich (vgl. Schriftsatz vom 4.9.2012) nicht bestritten, sondern im Schriftsatz vom 11.9.2012 (GA 599) lediglich in Abrede gestellt hat, dass die Kosten für die Mietervermittlung i.H.v. 8,2 Millionen DM in den Projektentwicklungskosten enthalten gewesen seien. Dieser Vortrag wiederum ist - unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Aufklärungspflichten - schon deshalb nicht erheblich, weil - wie ausgeführt - die Kosten für die Mietervermittlung im Investitionsplan in einer eigenständigen Position gesondert, also neben den Projektentwicklungskosten, ausgewiesen worden sind.
155d.
156Damit fehlt es - was die vom Kläger beanstandeten Verträge im Zusammenhang mit der Vermietung der Immobilie und der von der L AG übernommenen Garantie für die Erfüllung der Mietverpflichtungen angeht - insgesamt an der Verletzung einer gegenüber dem Kläger bestehenden Aufklärungspflicht. Das gilt nicht nur für die GbR Q, sondern - mit Rücksicht auf die vertraglich und wirtschaftlich identische Ausgangslage - in gleicher Weise auch für die Fondsgesellschaft N. Auf die vorstehenden Ausführungen unter c. (1) bis (6) nimmt der Senat daher insoweit Bezug.
157e.
158Auch die zwischen den Parteien unstreitige Zahlung einer "Eintrittsgebühr" i.H.v. 25.000.000 € nebst Steuern - durch die Beklagte zu 4), nicht etwa durch eine der Fondsgesellschaften - an die L AG vermag die Verletzung einer Aufklärungspflicht gegenüber den Anlegern nicht zu begründen, weil sie aus den vom Landgericht im angefochtenen Urteil im einzelnen angegebenen Gründen keinerlei Auswirkungen auf die streitgegenständlichen Anlagen und die Wirtschaftlichkeit der Projekte hatte. Der Kläger ist dem Vorbringen der Beklagten, dass es sich um ein im Geschäftsverkehr übliches "Eintrittsgeld" im Zusammenhang mit der Begründung einer längerfristigen Zusammenarbeit - hier zwischen dem L Konzern und der Beklagten zu 4) bzw. den vom Beklagten zu 2) beherrschten Gesellschaften - gehandelt hat, nicht plausibel entgegengetreten. Für die Richtigkeit dieser Bewertung durch die Beklagten spricht auch der Umstand, dass "umgekehrt" auch die X AG - deren maßgebliche Gesellschafter der Kläger und sein Vater waren und als deren Geschäftsführer der Kläger bis zum Jahre 1994 eingetragen war - der Beklagten zu 4) pauschal für "Mithilfe bei der Eigenkapitalbeschaffung" u.a. bei den hier streitgegenständlichen Immobilienfonds unter dem 12.12.2001 bzw. 18.12.2002 nicht näher aufgeschlüsselte Rechnungen über jeweils 2.500.000,00 € stellte (Anlagen A 10, 11), die von der Beklagten zu 4) auch bezahlt wurden (LGU 11, 13). Dies erlaubt die Schlussfolgerung, dass zum einen bei der Realisierung derartiger Projekte das Verlangen und die Zahlung von Millionenbeträgen für nicht konkret bezeichnete Leistungen durchaus üblich und dies zum anderen dem Kläger und dem Erblasser auch bewusst war. Es ist schließlich auch nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die beanstandete Zahlung zeige (so der Vortrag des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat), dass die Beklagten der Mieterin "näher stehen als den eigenen Gesellschaftern."
159f.
160Letztlich kommt es aber auch darauf nicht entscheidend an. Selbst wenn man - entgegen den vorstehenden Ausführungen - die an den L Konzern geleisteten Zahlungen (für die Mieterverschaffung, die Einstandspflicht für die Mieten, die Projektentwicklung und für den "Eintritt" in die Geschäftsbeziehung) als in Anbetracht der (nach Auffassung des Klägers zu vernachlässigenden) konzernseitigen Gegenleistungen als mehr oder minder unentgeltliche Leistungen ansehen würde, wären sie (lediglich) als Gewährung von Sondervorteilen aufzufassen, die nach der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 3.12.2013 - XI ZR 295/12; WM 2014, 71) gegenüber den Anlegern nur dann aufklärungspflichtig sind, wenn es sich um Zahlungen an die Gründungsgesellschafter, die Initiatoren oder die Hintermänner, also um Zuflüsse innerhalb des Kreises der Projektverantwortlichen handelt (sofern - wie hier - etwaige Sondervorteile nicht das Vermögen der Fondsgesellschaft betreffen, sondern aus dem eigenen Vermögen der angesprochenen Projektverantwortlichen fließen).
161g.
162Soweit der Kläger eine Aufklärungspflichtverletzung weiterhin darin sieht, dass hinter seinem Rücken zwischen den Projektverantwortlichen und dem L Konzern eine "Rückerwerbsoption" vereinbart, dem L Konzern mithin das Recht eingeräumt worden sei, nach Ablauf einer bestimmten Frist die Fondsimmobilien zurück zu erwerben, fehlt es seinem Vorbringen ebenfalls an Plausibilität. Es ist dem Vortrag des Klägers nämlich nicht zu entnehmen - und auch sonst nicht erkennbar - auf welchem rechtlichen Wege eine auf den Rückerwerb gerichtete Vereinbarung zwischen dem L Konzern und den Initiatoren der Fondsgesellschaften mit rechtlich bindender Wirkung für einen der Beteiligten getroffen werden könnte, nachdem Eigentümer der Fondsgrundstücke nicht die Beklagten oder eine der Gesellschaften der OEHG, sondern allein die jeweilige GbR werden sollte und geworden ist und deshalb auch diese allein rechtlich in der Lage war, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen.
163h.
164Was die Behauptung des Klägers angeht, zwischen den Beteiligten habe eine "Drittgeschäftsabrede" des Inhalts bestanden, dass die Konzerngesellschaften einerseits und die Gründungsgesellschafter und Initiatoren der Fondsgesellschaften andererseits sich über die für beide Seiten gewinnbringende "Vermittlung" anderer, mit den Grundstücksgesellschaften Q und N nicht in Zusammenhang stehender weiterer Geschäfte einig gewesen seien, lässt sich seinem Vortrag nicht entnehmen, inwieweit eine solche (unterstellte) Abrede für die Gesellschafter der beiden Grundstücksgesellschaften von Relevanz oder gar wirtschaftlich nachteilig gewesen sein - oder werden - und deshalb aufklärungspflichtig sein könnte.
165i.
166Soweit der Kläger - bereits mit der Klageschrift - ferner gerügt hat, dass seitens der Gründungsgesellschafter und Initiatoren der beiden Projekte pflichtwidrig keine Prüfung der für die langfristige Erfüllung der mietvertraglichen Verbindlichkeiten möglicherweise nicht ausreichenden Ertragskraft des L Konzerns stattgefunden habe, ergibt sich auch daraus keine schadensersatzbegründende Aufklärungspflichtverletzung. Es ist zwar zutreffend, dass die Beurteilung der wirtschaftlichen Aussichten des mit dem Gesellschaftsvertrag verfolgten Konzeptes und damit zusammenhängend auch die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines wesentlichen Vertragspartners (wie hier eines Generalmieters bzw. dessen Konzernobergesellschaft) zu den zentralen Aufgaben der Initiatoren eines Projektes der vorliegenden Art gehört. Der Senat schließt sich aber ungeachtet der dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen der Auffassung des Landgerichts an, dass auch auf der Grundlage des Vortrags des Klägers und der von ihm vorgelegten Unterlagen aus der maßgeblichen damaligen Sicht keine ausreichenden Anhaltspunkte für aktuelle oder in absehbarer Zukunft bevorstehende wirtschaftliche Schwierigkeiten einzelner L-Gesellschaften oder des Gesamtkonzerns bestanden, die einen Rückschluss darauf zugelassen hätten, dass eine Erfüllung der mietvertraglichen Verpflichtungen auf absehbare Zeit gefährdet gewesen sein könnte. Soweit sich aus dem erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen Hinweise auf finanzielle Probleme des L Konzerns ergeben könnten, waren diese jedenfalls neu und hatten mit der Situation zum Zeitpunkt der Projektierung und des Beitritts des Klägers und seines Vaters zur Fondsgesellschaft nichts zu tun.
167Letztlich ergibt sich, wie die Beklagten zutreffend angeführt haben, aus der Tatsache, dass die Mieten für beide Standorte bis zur Insolvenz der B AG im Jahre 2009 ohne jede Einschränkung gezahlt worden sind, ein unzweideutiges und vom Kläger auch nicht widerlegtes Anzeichen dafür, dass die ins Auge gefasste Generalmieterin aus der maßgeblichen Sicht zum Zeitpunkt der vertraglichen Erklärungen bzw. der Projektierung in vollem Umfang und auf eine nicht absehbare Dauer zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen in der Lage war. Soweit der Kläger bereits mit der Klageschrift durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis dafür angeboten hat, dass "der L Konzern sich in 2001 und 2002 in finanziellen Schwierigkeiten befand" und dass die langfristige Erwirtschaftbarkeit der an die streitgegenständlichen Immobilienfonds zu leistenden Mietzahlungen schon im Zeitpunkt des Abschlusses der entsprechenden Grundstücks-Kaufverträge nicht gesichert" war, war eine Sachaufklärung nicht geboten, weil sich dem Vortrag des Klägers (auch dem Vortrag im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens und im Berufungsrechtszug) keine ausreichend konkreten Anknüpfungstatsachen für die behauptete Schieflage des Konzerns entnehmen lassen. Dies hat bereits das Landgericht - auf dessen Ausführungen in diesem Zusammenhang zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug genommen wird - zutreffend angenommen und ebenso zutreffend darauf verwiesen, dass auch die mit der Klageschrift vorgelegte "Kurzanalyse der Geschäftsberichte" für den Zeitraum 1999 - 2002 zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung gibt. Das gleiche gilt für die Ausführungen des Landgerichts zur Aussagekraft und Bewertung der nach dem Vortrag des Klägers rückläufigen Flächenumsatzzahlen, zu dem Vortrag des Klägers, dass die Mieterin über die geforderte Jahresmiete nicht verhandelt habe und dies ein Zeichen für die angespannte wirtschaftliche Lage bereits im Jahr 2001 gewesen sei sowie für die Problematik der Drohverlustrückstellungen. Näher substantiierter Vortrag zu dem unzureichenden erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers ist im Zuge des Berufungsverfahrens nicht erfolgt.
168Es kann aus diesem Grunde dahinstehen, ob und inwieweit der Kläger und sein Vater aufgrund der von den Beklagten zu 2) - 4) bereits mit der Klageerwiderung (GA 129 ff.) vorgetragenen und auch auf der Grundlage der Information durch den Zeugen L1 beruhenden eigenen Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und künftigen Ertragsfähigkeit des L Konzerns überhaupt aufklärungsbedürftig waren.
1695.
170Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch entschieden, dass dem Kläger die mit den Klageanträgen zu 1 c und d sowie zu Ziffer 4 geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. Sowohl die Feststellung, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus den ihm und seinem Vater im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Beteiligungen ausgereichten Darlehen zustehen wie auch die begehrte Verpflichtung zur Freistellung von allen Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber den Mitgesellschaftern in beiden Grundstücksgesellschaften wie schließlich auch der weitere, auf die gesamtschuldnerische Ersatzpflicht der Beklagten für weitere im Zusammenhang mit den Beteiligungen möglicherweise entstehende Schäden gerichtete Antrag hängen von der Feststellung schuldhafter Pflichtverletzungen der Beklagten ab, die aber nach den vorstehenden Ausführungen nicht gegeben sind. Das Gleiche gilt für den auf die Herausgabe vollstreckbarer Ausfertigungen notarieller Urkunden gerichteten Antrag (sowie für den damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Hilfsantrag auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus den dort näher bezeichneten Urkunden).
1716.
172Damit scheiden gegen die Beklagten gerichtete vertragliche Schadensersatzansprüche schon mangels schlüssig vorgetragener Pflichtverletzungen aus. Es kommt damit nicht mehr auf die Frage an, ob etwaige Aufklärungsfehler für die Anlageentscheidung des Klägers und seines Vater bedeutungslos gewesen wären. Es kann daher offen bleiben, ob die rechtliche Auffassung des Landgerichts zur Frage der Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen für die Anlageentscheidung des Klägers und seines Vaters zutreffend ist:
173a.
174Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (z.B. BGHZ 193, 159 Rdn. 28 ff. m.w.N = NJW 2012, 2427; WM 2013, 609 = BGHZ 196, 233-243; Palandt, Kommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 280 BGB Rdn. 39).
175b.
176Ob die vom Landgericht angeführten Gründe für die Annahme, dass der Kläger und sein Vater auch zutreffende und vollständige Hinweise in den zum Gegenstand des Rechtsstreits gemachten Fragen unbeachtet gelassen und ohne Rücksicht auf die aus ihrer Sicht bei zutreffender Aufklärung bestehenden Risiken die Beteiligung gezeichnet hätten, zutreffend sind, kann dahinstehen. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob sich mit der für eine Widerlegung der Kausalitätsvermutung erforderlichen Sicherheit aus der vom Landgericht zitierten Passage der Klageschrift und aus dem Schreiben des Klägers an die Beklagte zu 1) vom 7.7.2009 (Anlage K 23 a) herleiten läßt, dass die vom Kläger gerügten Aufklärungspflichtverletzungen für die von ihm und seinem Vater getroffenen Anlageentscheidungen bedeutungslos gewesen wären. Allein die Aussicht auf eine für gewinnträchtig gehaltene längerfristige Zusammenarbeit mit dem L Konzern und der OEHG ausreichen zu lassen, begegnet aus Sicht des Senats Bedenken.
177Dagegen wäre der - von der Beklagten zu 1) bereits in der Klageerwiderung (S. 2, 58 - GA 72, 125) ausdrücklich hervorgehobene - Umstand, dass der Kläger an seiner - weil "beanstandungsfrei laufenden" - Beteiligung an dem P-Fonds Braunschweig festhält, ein durchgreifendes Indiz für die Widerlegung der Kausalitätsvermutung, soweit es um die Rüge mangelnder Aufklärung über die Vereinbarung einer überhöhten "Investitionsmiete" geht. Da der Kläger selbst vorträgt, dass es sich bei diesem Fonds um ein "gleichartiges Angebot" der P-Gruppe gehandelt habe und der Beklagte zu 2) seiner Kalkulation bei sämtlichen von ihm initiierten Immobilienfonds eine reine Investitionsmiete zugrunde gelegt habe (S. 12 der Klageschrift; nicht nachgelassene Schriftsätze vom 21.03. und 24.03.2014 - jeweils unter Berufung auf die Einlassung des Beklagten zu 2) in dem u.a. gegen ihn geführten Strafverfahren 116 KLs 2/12 LG Köln - GA 1193, 1196, 1200 ff.) läge es in der Konsequenz seiner Argumentation im vorliegenden Rechtstreit, auch die Rückabwicklung dieser Beteiligung zu verlangen. Dass der Kläger davon wegen des beanstandungsfreien Laufs der Beteiligung - die dortige Mieterin, die T2 AG, zahlt offenbar weiterhin die mit ihr vereinbarte (Investitions)Miete - absieht, ist ein ausschlaggebendes Indiz dafür, dass Kalkulation und Höhe der Miete für ihn ohne Bedeutung sind, solange nur der erwartete wirtschaftliche Erfolg eintritt.
1787.
179Auch ein Anspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB iVm der grundsätzlich auch für geschlossene Immobilienfonds geltenden Vorschrift des § 264 a StGB) scheidet aus den vorstehenden Gründen aus. Es mag sich - was offenbleiben kann - bei dem den Anlegern zugänglich gemachten Exposé und Investorenordner begrifflich insoweit um einen Prospekt handeln, als eine schriftliche Erklärung, die für die Beurteilung der angebotenen Anlage erhebliche Angaben enthält oder den Anschein eines solchen Inhalts erweckt (BGH NJW 2012, 758; Assmann in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 6 Rdn. 67; Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 45 Rdn. 47 - 50) vorliegt.
180Eine deliktische Haftung aus der angeführten Vorschrift scheidet aber in jedem Fall deshalb aus, weil die schriftlichen Unterlagen sich nicht an einen "größeren Personenkreis" im Sinne dieser Bestimmung wenden. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Adressatenkreis der angesprochenen Anleger so groß ist, dass deren Individualität gegenüber dem sie zu einem Kreis verbindenden potentiell gleichen Interesse an der Kapitalanlage zurücktritt (Schönke-Schröder, Kommentar zum StGB, 28. Auflage 2010, § 264 a StGB, Rdn. 9, 23, 33 m.w.N.). Das ist im Streitfall, in dem die Einwerbung möglicher Anleger nicht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - im Wege öffentlicher, potentiell alle Marktteilnehmer erreichender Werbeaktionen erfolgte oder sich auch nur an einen aufgrund allgemeiner Merkmale definierten Personenkreis richtete, nicht gegeben. Soweit der Kläger demgegenüber mit der Berufungsbegründung (S. 115 = GA 910) auf den Inhalt der u.a. an den Kläger und seinen Vater gerichteten Einwerbungsschreiben verweist, bestätigen diese - anders als der Kläger meint - die Rechtsauffassung des Landgerichts, weil sich aus ihnen ergibt, dass die Kunden, denen das Investment angeboten wurde, individuell ausgesucht und persönlich angeschrieben worden sind. So heißt es etwa im Schreiben an den Vater des Klägers vom 14.10.2003 (Anl. B 1 - 7 zum Schriftsatz der Beklagten zu 1) vom 26.3.2010; GA 71 ff.), dass mit dem Investment das Ziel verfolgt werde, "ihr Vermögen zu erhalten und einen langfristigen Wertzuwachs zu erreichen, …". Zum Adressatenkreis heißt es im gleichen Schreiben (ebenso sinngemäß in dem ebenfalls an den Vater des Klägers gerichteten - drei andere Immobilienfonds betreffenden - Schreiben vom 16.10.2002 (Anl. K 4 a zur Klage), dass die Beteiligung "dem Gesellschafterkreis und uns nahestehenden Kunden" angeboten werde. Daraus ergibt sich mit der für die entsprechende Beurteilung erforderlichen Deutlichkeit, dass der angesprochene Personenkreis nach individuellen Kriterien ausgewählt und keinesfalls nach allgemeinen, die jeweiligen persönlichen Verhältnissen nicht berücksichtigenden Kriterien angesprochen wurde.
1818.
182Auch die mit den Hilfsanträgen geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu:
183a.
184Soweit die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer der jeweiligen GbR und die Beklagte zu 4) als Projektentwicklerin auf Leistung von Schadensersatz an die jeweilige Gesellschaft in Anspruch genommen werden, lässt sich die Ablehnung eines Schadensersatzanspruches - insoweit entgegen der Auffassung des Landgerichts (LGU 59) - zwar nicht ohne weiteres mit dem Argument rechtfertigen, dass die Mietverträge, deren nicht ordnungsgemäßen Abschluss der Kläger den Beklagten zu 2) - 4) in diesem Zusammenhang vorwirft, mit ausdrücklicher Zustimmung der Gesellschafter und damit auch des Klägers geschlossen worden seien. Diese Überlegung trägt - wie der Kläger im Rahmen der Berufungsbegründung mit Recht anführt - deshalb nicht ohne weiteres, weil zwischen den zustimmenden Gesellschafterbeschlüssen (K 11 und K 19 b) und dem tatsächlichen Abschluss der Mietverträge jeweils ein erheblicher Zeitraum lag, in dem sich die Gegebenheiten durchaus in einer Weise ändern konnten, dass die Herbeiführung eines neuen, zeitnahen Gesellschafterbeschlusses erforderlich war.
185b.
186Das Landgericht hat allerdings zutreffend festgestellt, dass - aus den im angefochtenen Urteil im Einzelnen genannten Gründen, auf die der Senat zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug nimmt und denen die Berufungsbegründung Substantielles nicht entgegenzuhalten vermag - eine anderweitige Vermietung bei wirtschaftlich realistischer Einschätzung der Sachlage nicht möglich war. Was im Übrigen den Vorwurf einer nicht ordnungsgemäßen "branchenüblichen Bonitätsprüfung des Mieters" und dessen nachhaltiger Fähigkeit, die vereinbarten Mieten zu erwirtschaften, angeht, kann auf die Ausführungen zu der in ausreichender Weise erfolgten Prüfung der wirtschaftlichen Gegebenheiten bei dem L Konzern verwiesen werden. Auch der Vorwurf, der Mietvertrag sei pflichtwidrig nicht von der Leistung einer angemessenen werthaltigen Mietsicherheit abhängig gemacht worden, lässt sich nach den Ausführungen zu der von der L AG übernommenen Einstandspflicht nicht rechtfertigen.
187c.
188Schließlich ist auch der auf Schadensersatz im Hinblick auf die vom Kläger befürchtete Verrechnung etwaiger Zwangsvollstreckungserlöse durch die Sparkasse L2 gerichtete Hilfsantrag nicht begründet. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagten zu 2) bis 4) durch die Unterzeichnung der beiden Zweckerklärungen vom 21.11.2005 und 23.9.2006 nicht gegen ihre Pflichten aus den abgeschlossenen Gesellschaftsverträgen (§ 10 des Gesellschaftsvertrages Q; § 9 des Gesellschaftsvertrages N) verstoßen haben. Nach dem klaren und nicht missverständlichen Wortlaut der angeführten Vorschriften der Gesellschaftsverträge beschränkt sich die Verpflichtung der Geschäftsbesorger und Geschäftsführer darauf, eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auszuschließen. Dieser Verpflichtung sind die Beklagten zu 2) - 4) - wie das Landgericht festgestellt hat - in ausreichender Weise nachgekommen. Es hat zutreffend darauf verwiesen, dass sich der Inhalt der vom Kläger beanstandeten Klausel darin erschöpft, das Tilgungsbestimmungsrecht nach § 366 Abs. 1 BGB mit der Folge einer Anwendbarkeit des §§ 366 Abs. 2 BGB auszuschließen, dies aber - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter führt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Gefahr einer disquotalen Verrechnung etwaiger Verwertungserlöse, die lediglich wirtschaftlich negative Folgen nach sich ziehen, nicht aber zu der vom Kläger beanstandeten persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung führen könnte.
1899.
190Die - nicht nachgelassenen - Schriftsätze des Klägers vom 06.03., 21.03. und 24.03.2014 geben - auch soweit sie vorstehend nicht im Einzelnen angesprochen wurden - weder zu einer Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 149 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf das gegen den Beklagten zu 2) geführte Ermittlungsverfahren 115 Js 121/13 StA Köln noch zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO Anlass.
19110.
192Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
193Ein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) besteht nicht. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
194Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000.000 € festgesetzt.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretene m Recht auf Schadensersatz wegen eines angeblichen Beratungsverschuldens bei Wertpapiergeschäften in Anspruch.
Die Zedentin erwarb am 8. Februar 2000 nach einer Beratung durch einen Angestellten der Beklagten Anteile an den Investmentfonds "D. -T. ", "D. -E. " und "B. W. ". Die Kurswerte der Fondsanteile sanken ab End e 2000 erheblich, was die Zedentin zum Anlaß nahm, der Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2001 ein grobes Beratungsverschulden vorzuwerfen.
Mit seiner am 28. Februar 2003 bei Gericht eingega ngenen und auf eine Beratungspflichtverletzung gestützten Klage hat der Kläger zunächst Schadensersatz in Höhe der bis zum 31. Dezember 2002 eingetretenen , von ihm auf 24.771,52 € bezifferten Verluste nebst Zinsen verlangt. Im Berufungsverfahren hat er in erster Linie Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages von 49.266,59 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Wertpapiere begehrt. Seinen ursprünglichen Antrag hat er hilfsweise aufrecht erhalten. Der Kläger behauptet, daß die Zedentin in dem Beratungsgespräch erklärt habe, ausschließlich an einer sicheren und risikolosen Geldanlage interessiert zu sein. Der Angestellte der Beklagten habe auf die Risiken der von ihm empfohlenen Anlage in Investmentfonds, insbesondere die Möglichkeit von Kursverlusten , nicht hingewiesen. Die Beklagte stellt eine fehlerhafte Beratung der Zedentin in Abrede und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg gebl ieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht (WM 2004, 1872) hat seine Ent scheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch aus p ositiver Vertragsverletzung gegen die Beklagte sowie einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG schlüssig dargelegt. Nach seinem Vorbringen habe die Beklagte die Zedentin fehlerhaft beraten.
Ein etwa bestehender vertraglicher Anspruch sei je doch verjährt. Der Anspruch verjähre nach § 37 a WpHG in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem er entstanden sei. Diese Voraussetzung sei nicht erst mit dem Eintritt von Kursverlusten, sondern schon mit dem Erwerb der Wertpapiere am 8. Februar 2000 erfüllt gewesen, da die Zedentin die risikoreichen Wertpapiere bei sachgerechter Beratung nicht erworben hätte. Bei Eingang der Klage am 28. Februar 2003 sei die Verjährungsfrist daher abgelaufen gewesen.
Ein - noch nicht verjährter - Schadensersatzanspru ch des Klägers ergebe sich auch nicht daraus, daß die Beklagte es nach dem 8. Februar 2000 unterlassen habe, die Zedentin auf die ungünstige Kursentwicklung der Fondsanteile hinzuweisen. Mangels Vorliegens eines Vermögensverwaltungsvertrages habe eine solche Hinweispflicht der Beklagten nicht bestanden.
Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG erfasse auch die nach dem Klägervortrag bestehenden, mit dem Anspruch aus dem Beratungsvertrag konkurrierenden deliktischen Ansprüche wegen fahrlässiger fehlerhafter Beratung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Bei Zusammentreffen von Ansprüchen aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung unterliege zwar jeder Anspruch grundsätzlich seiner eigenen Verjährungsfrist. Etwas anderes gelte aber dann, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch den Zweck der kurz bemessenen vertraglichen Verjährungsfrist vereiteln oder die gesetzliche Regelung aushöhlen würde. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Die Pflichten aus einem Beratungsvertrag und nach dem Wertpapierhandelsgesetz seien gleich und schützten dasselbe Interesse, nämlich eine anlegergerechte Beratung. Der Gesetzgeber habe die gemäß § 195 a.F. für Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung und Verschulden bei Vertragsschluß geltende dreißigjährige Verjährungsfrist abkürzen wollen, die er als international unüblich und als Hemmnis bei der Beratung von Aktienanlegern wegen des unüberschaubar langen Zeitraums einer möglichen Haftung angesehen habe. Ansprüche aus unerlaubter Handlung verjährten zwar gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F., §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. ebenfalls in drei Jahren. Der Verjährungsbeginn hänge aber von subjektiven, für die Bank nicht kalkulierbaren Voraussetzungen ab. Insbesondere könne die Kenntnis des Geschädigten vom Schaden erst Jahre nach der Beratung eintreten.
Ein vorsätzliches Handeln des Angestellten der Bek lagten, das nicht unter die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG falle, habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt.
Schließlich stehe dem Kläger auch ein Sekundäransp ruch, der entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 51 b BRAO, 68 StBerG darauf gerichtet sei, daß die Beklagte sich hinsichtlich des Primäranspruchs nicht auf Verjährung berufen könne, nicht zu, weil die zur Sekundärverjährung entwickelten Grundsätze auf § 37 a WpHG nicht anwendbar seien.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Erge bnis gelangt, daß ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung der Zedentin gemäß § 37 a WpHG verjährt ist. Danach verjährt der Anspruch des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.
a) Die Beklagte hat als Wertpapierdienstleistungsu nternehmen (§ 2 Abs. 4 WpHG) im Zusammenhang mit einer Wertpapiernebendienstleistung (§ 2 Abs. 3 a Nr. 3 WpHG) nach dem in der Revisionsinstanz als wahr zu unterstellenden Vortrag des Klägers ihre Beratungspflichten verletzt.
b) Das Berufungsgericht hat, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, mit Recht angenommen, daß ein auf der Beratungspflichtverletzung beruhender Schadensersatzanspruch bereits mit dem Erwerb der Wertpapiere durch die Zedentin am 8. Februar 2000 entstanden ist. Das entspricht der zu § 37 a WpHG in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373 f.; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG 3. Aufl. § 37 a Rdn. 7; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.568 f.; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 4; Manfred Wolf EWiR 2005, 91, 92; a.A. LG Hof BKR 2004, 489, 490 f.; Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 37 a WpHG Rdn. 4), der der Senat sich anschließt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtsho fs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt (BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1305 und vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93, WM 1994, 504, 506). Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluß eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, daß die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2312; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Diese Rechtsprechung ist auf den zu entscheidenden Fall, daß der Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens infolge der Verletzung einer Aufklärungspflicht oder fehlerhafter Beratung Wertpapiere erworben hat, die mit den von ihm verfolgten Anlagezielen nicht in Einklang stehen, übertragbar. Der Anleger ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung von diesem Zeitpunkt an nicht lediglich dem - bei spekulativen Wertpapieranlagen erhöhten - Risiko eines Vermögensnachteils ausgesetzt, sondern bereits geschädigt. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Wertpapiere möglicherweise zunächst, solange ein Kursverlust nicht eingetreten ist, ohne Einbuße wieder veräußert bzw. zurückgegeben werden können. Denn bei einer Beratung schuldet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine auf die Anlageziele des Kunden abgestimmte Empfehlung von Produkten (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Der Erwerb einer diesen Zielen nicht entsprechenden empfohlenen Wertpapierkapitalanlage läßt auch bei objektiver Betrachtung bereits den Vertragsschluß den konkreten Vermögensinteressen des Anlegers nicht angemessen und damit als nachteilig erscheinen.
c) Die Verjährungsfrist von drei Jahren, die demna ch mit Ablauf (§ 187 Abs. 1 BGB) des 8. Februar 2000 begann, wurde durch die Zustellung der am 28. Februar 2003 eingereichten Klage nicht mehr rechtzeitig gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon au sgegangen, daß der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte wegen eines nach dem Erwerb der Kapitalanlage unterlassenen Hinweises auf eingetretene Kursverluste hat.
Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Zedentin nach dem 8. Februar 2000 ungefragt auf die nachteilige Wertentwicklung der erworbenen Fondsanteile hinzuweisen. Entgegen der Ansicht der Revision spricht nichts dafür, daß eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungsvertrages nach beendeter Anlageberatung, die zum Erwerb von Wertpapieren geführt hat, ohne weitere Vergütung verpflichtet ist, die Entwicklung der Wertpapierkurse fortlaufend zu beobachten und den Kunden im Falle einer ungünstigen Entwicklung zu warnen (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1994, 1256, 1257).
3. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht ang enommen, daß offen bleiben kann, ob § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (so auch Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26), da ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus einem allein zur Entscheidung stehenden fahrlässigen Verstoß gegen § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ebenfalls nach § 37 a WpHG verjährt ist.
a) Es entspricht - soweit ersichtlich - der einhel ligen instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur , daß die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG nicht nur für Ansprüche aus vertraglichen und vorvertraglichen Pflichtverletzungen gilt, sondern auch für Ansprüche aus fahrlässigen deliktischen Ansprüchen wegen der Verletzung der Pflichten aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2375; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414 f.; LG Berlin BKR 2004, 127 (LS.); LG Göttingen EWiR 2005, 91;
Kümpel, aaO Rdn. 16.572; Schwark, aaO § 37 a WpHG Rdn. 5; MünchKomm /Ekkenga, HGB Bd. 5 Effektengeschäft Rdn. 248; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 7 f.; ders., in: Festschrift für Schimansky S. 699, 712 ff.; Lang, aaO § 20 Rdn. 12 f.; Kritter BKR 2004, 261, 263; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 6; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 123 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 16; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 235 f.; Berg VuR 1999, 335, 337 Fn. 102). Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an.
Sowohl nach dem Wortlaut des § 37 a WpHG als auch nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/8933 S. 96) unterfallen dieser Verjährungsvorschrift Informationspflichtverletzungen unabhängig davon, ob sie auf vertraglicher Grundlage beruhen oder gesetzlich - insbesondere durch § 31 Abs. 2 WpHG - angeordnet werden. Entscheidend spricht für diese Auslegung auch der mit der Vorschrift verfolgte Zweck. Der Gesetzgeber wollte mit der Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren die Haftung von Anlageberatern begrenzen, um die Kapitalbeschaffung für junge und innovative Unternehmen zu erleichtern. Den Anlageberatern sollte eine zuverlässige Einschätzung möglicher Haftungsansprüche ermöglicht werden, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anlegern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (BT-Drucks. 13/8933 S. 59, 96). Da eine vertragliche Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzung stets auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG darstellt, würde dieser Gesetzeszweck verfehlt, wenn die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG bei deliktsrechtlichen Schadensersatzansprüchen wegen fahrlässiger Fehlberatung keine Anwendung fände. Wollte man dies anders sehen, würde sich durch die Rege-
lung des § 37 a WpHG für angestellte Anlageberater, die aus Verschulden bei Vertragsschluß oder bei einem Beratungsverschulden aus positiver Vertragsverletzung persönlich nicht haften, entgegen der erklärten Absicht des Gesetzgebers nichts ändern.
b) Demgegenüber verbleibt es für Schadensersatzans prüche aus vorsätzlichen Beratungspflichtverletzungen bei der Regelverjährung für deliktsrechtliche Ersatzansprüche (BT-Drucks. 13/8933 S. 97). Wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, stehen solche Ansprüche vorliegend jedoch nicht zur Entscheidung.
4. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht in Übere instimmung mit der herrschenden Meinung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2374; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Schwark, aaO Rdn. 6; Schäfer, Festschrift für Schimansky S. 699, 712; Kritter BKR 2004, 261, 263 f.; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 18; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 121 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 15 f.; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 229 ff.; dies. VuR 2004, 46, 48 ff.), der sich der Senat anschließt, angenommen, daß die zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte entwickelte Sekundärverjährung (RGZ 158, 130, 134 und 136; BGH, Urteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 41/66, VersR 1967, 979, 980) auf die Fälle schuldhafter Anlageberatung durch Wertpapierdienstleister mangels eines vergleichbaren dauerhaften Vertrauensverhältnisses nicht übertragbar ist. Aus der Erwähnung der §§ 51 b BRAO, 68 StBerG und 51 a WPO in der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes, zumal die Sekundärverjährung der Absicht des Gesetzgebers, die Verjährungsfrist im Interesse von
Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihrer Anlageberater erheblich zu verkürzen, zuwider läuft.
Abgesehen davon ist es Aufgabe des Gesetzgebers, a ls zu kurz erachtete Verjährungsfristen aufzuheben, wie er das bei § 51 a WPO mit Gesetz vom 1. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2446, 2451) und bei §§ 51 b BRAO, 68 StBerG mit Gesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214, 3217) getan hat und in bezug auf § 37 a WpHG in Erwägung zieht (BTDrucks. 15/3653 S. 30 und 32; siehe auch den am 17. November 2004 vom Bundeskabinett zurückgestellten Entwurf eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes - KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1044).
III.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann Appl Ellenberger
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse als Prospektverantwortliche und Anlageberaterin im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Die Klägerin, eine langjährige Kundin der Beklagten, hatte bis zum Jahre 2000 wiederholt Geld in Sparbüchern, Festgeldanlagen und Sparkassenbriefen angelegt. Als ein solcher Sparkassenbrief in Höhe von 105.000 DM fällig wurde, führte sie am 8. November 2000 ein Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten. Dieser empfahl ihr eine Beteiligung an dem Immobilienfonds "I. KG" (im Folgenden: Fonds), der ein Fachmarktzentrum in L. sowie ein Bürogebäude in W. bewirtschaftet. Die Klägerin beteiligte sich daraufhin am selben Tage in Höhe von 100.000 DM zzgl. 5% Agio an diesem Fonds, den die Beklagte als Gründungskommanditistin im Jahre 1999 initiiert hatte.
- 3
- Die Klägerin hat ihre Klage unter anderem darauf gestützt, dass das Alter des Fachmarktzentrums in L. im Anlageprospekt unzutreffend dargestellt worden sei. Sie hat deshalb erstinstanzlich die Rückzahlung ihres Anlagekapitals sowie des Agios abzüglich erhaltener Ausschüttungen, insgesamt 39.145,53 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen die Übertragung der Fondsbeteiligung , die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und darüber hinaus insbesondere die Erstattung entgangener Anlagezinsen in Höhe von 24.177,49 € für die Zeit zwischen Fondsbeitritt und Rechtshängigkeit gefordert.
- 4
- Das Berufungsgericht hat der Klage im Umfang des erstinstanzlichen Klagebegehrens stattgegeben, die in zweiter Instanz geltend gemachten, weitergehenden Ansprüche jedoch abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr zweitinstanzliches Begehren hinsichtlich der entgangenen Anlagezinsen weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in BeckRS 2011, 29481 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Die Beklagte hafte der Klägerin als Prospektverantwortliche und wegen einer Verletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrages auf Schadensersatz, denn sowohl der Emissionsprospekt als auch die Beratung der Beklagten seien hinsichtlich des Alters des Fondsobjekts in L. und damit in einem für die Anlageentscheidung der Klägerin wesentlichen Punkt unrichtig gewesen. Die Klägerin könne jedoch Zug um Zug gegen die Abtretung ihrer Beteiligungsrechte nur die Rückerstattung ihrer Einlage sowie des Agios in Höhe von insgesamt 53.658,65 € abzüglich erhaltener Ausschüttungen in Höhe von 14.540,12 €, mithin nur 39.145,53 € beanspruchen. Die von ihr in zweiter Instanz darüber hinaus begehrte Erstattung entgangener Anlagezinsen in Höhe von 24.177,49 € stehe der Klägerin nicht zu, denn sie habe weder nachgewiesen, dass sie bei richtiger Aufklärung alternativ einen Sparbrief oder ein Bundeswertpapier mit einer sicheren durchschnittlichen Rendite von 5,8% bzw. 5,16% gezeichnet hätte, noch, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen des Einzelfalles ein solcher Gewinn oder aber ein Gewinn von mindestens 4% p.a. zu erwarten gewesen sei.
- 8
- Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es der Klägerin bei der Wiederanlage ihres Kapitals auf die Beibehaltung des Zinsniveaus des abgelaufenen Sparbriefes und die Übertragbarkeit der Anlage unter erbschafts- und schenkungssteuerrechtlichen Gesichtspunkten angekommen. Da ein ähnlicher Zinssatz mit Sparbriefen zum damaligen Zeitpunkt nicht erzielbar gewesen sei, habe sie nach anderen Anlagemöglichkeiten mit höherer Rendite/Verzinsung gefragt, woraufhin ihr der Fonds empfohlen worden sei. Angesichts dessen könne nicht angenommen werden, dass sich die Klägerin bei gebotener Aufklärung erneut für einen Sparbrief oder ein Bundeswertpapier entschieden hätte. Es sei vielmehr naheliegend, dass die Klägerin eine Anlage gewählt hätte, die abstrakt die gleichen Vorteile wie der streitgegenständliche Fonds geboten hätte. Mangels ausreichender Anhaltspunkte dafür, um welche Art von Anlage es sich gehandelt und welchen Gewinn bzw. Verlust die Klägerin dabei erzielt hätte , komme eine Schätzung des entgangenen Gewinns nach § 252 BGB, § 287 ZPO nicht in Betracht.
- 9
- Die Klägerin könne entgangene Anlagezinsen auch nicht in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p.a. beanspruchen. Zwar sei davon auszugehen , dass die Klägerin ihr Kapital nicht ungenutzt gelassen, sondern anderweitig angelegt hätte. Dass eine andere Anlageform nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit gewinnbringend gewesen und mindestens den gesetzlichen Zinssatz erbracht hätte, könne jedoch nicht angenommen werden, da eine Alternativanlage stets von Anlageziel und -verhalten des einzelnen Anlegers abhänge, der zur Erzielung höherer Renditen auch bereit sein könne, gewisse Risiken in Kauf zu nehmen. Zudem ergäben auch die Statistiken der Deutschen Bundesbank für Umlaufrenditen von Anleihen der öffentlichen Hand und festverzinslichen Wertpapieren inländischer Bankschuldverschreibungen bei Laufzeiten von 15 bis 30 Jahren nur einen Zinsgewinn in Höhe von 2 bis 3% p.a., so dass ein wahrscheinlicher Mindestgewinn der Klägerin nicht angenommen werden könne.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin in zweiter Instanz erstmals geltend gemachten Anspruch auf Erstattung entgangener Anlagezinsen in Höhe von insgesamt 24.177,49 € zu Recht verneint.
- 11
- 1. Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages und fehlerhafter Prospektangaben, den das Berufungsgericht der Klägerin dem Grunde nach rechtskräftig zugesprochen hat, umfasst nach § 252 Satz 1 BGB allerdings auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist einem Kapitalanleger, der durch unrichtige Angaben dazu bewogen worden ist, einer Publikumsgesellschaft beizutreten, nicht nur seine Einlage in diese Gesellschaft, sondern auch der Schaden zu ersetzen, der sich typischerweise daraus ergibt, dass das Eigenkapital des Anlegers in dieser Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (BGH, Urteil vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143, 144 mwN).
- 12
- 2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht jedoch die Erstattung von Wiederanlagezinsen in Höhe der für Sparbriefe oder Bundeswertpapiere durchschnittlich erzielbaren Zinssätze ebenso rechtsfehlerfrei abgelehnt wie die von der Klägerin hilfsweise begehrte Erstattung eines Mindestschadens in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p.a.
- 13
- a) Dafür, dass und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein solcher Gewinn entgangen ist, ist der Geschädigte darlegungs- und beweispflichtig. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung (Senatsurteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, WM 2004, 422, 425; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 252 Rn. 4). Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift (BGH, Urteil vom 28. Februar 1996 - XII ZR 186/94, WM 1996, 1270, 1272 mwN). Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (vgl. Braun/Lang/Loy in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl., Rn. 508).
- 14
- b) Hier hat die Klägerin zwar vorgetragen, dass sie sich bei einer ordnungsgemäßen Beratung bzw. Prospektinformation nicht für einen Immobilienfonds , sondern - wie zuvor - für eine Geldanlage in Form eines festverzinslichen Sparbriefes bzw. eines Bundeswertpapiers entschieden hätte. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht jedoch nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme als nicht bewiesen angesehen. Vielmehr hat es das Berufungsgericht aufgrund der Angaben des Zeugen M. , des Beraters der Beklagten , zu den Anlagezielen der Klägerin als naheliegend angesehen, dass die Klägerin eine andere Anlage gewählt hätte, die die gleichen Vorteile wie die Fondsbeteiligung geboten hätte, nämlich eine höhere Rendite und eine steuerrechtlich günstigere Übertragbarkeit. Gegen diese tatrichterliche Beweiswürdigung erhebt die Revision, wie sie in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt hat, keine Einwendungen und bestehen auch sonst keine Bedenken.
- 15
- c) Das gilt auch für die weitere Annahme des Berufungsgerichts, es ließen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür feststellen, welche Art von Anlage die Klägerin gegebenenfalls gewählt hätte und welche Gewinne oder Verluste sie dabei erzielt hätte. Soweit das Berufungsgericht daraus den Schluss gezogen hat, dass eine Schätzung des der Klägerin entgangenen Gewinns mangels Schätzgrundlage nicht in Betracht komme, ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 16
- d) Ohne Erfolg beruft sich die Revision demgegenüber auf § 252 Satz 2 Fall 1 BGB, wonach als entgangen der Gewinn gilt, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
- 17
- aa) Entgegen der Ansicht der Revision folgt daraus nicht die - von der Beklagten unwiderlegte - Vermutung, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Beratung bzw. Prospektinformation - wie zuvor - für eine Geldanlage in Form eines festverzinslichen Sparbriefes bzw. eines Bundeswertpapiers entschieden hätte. Dem steht entgegen, dass das Berufungsgericht, wie oben ausgeführt , in unangegriffener und rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Beweiswürdigung festgestellt hat, dass die Klägerin eine andere Anlage gewählt hätte, die die gleichen Vorteile wie die Fondsbeteiligung geboten hätte, nämlich eine höhere Rendite und eine steuerrechtlich günstigere Übertragbarkeit.
- 18
- bb) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch nicht der Auffassung des Thüringer Oberlandesgerichts Jena (ZIP 2008, 1887, 1889) gefolgt, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge könne mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass sich ein zur Verfügung stehender Geldbetrag zumindest in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p.a. (§ 246 BGB) verzinse. Wie der Senat aus zahlreichen Verfahren weiß, entspricht es schon nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, dass eine Geldanlage überhaupt Gewinn abwirft. Erst recht gilt das für eine Verzinsung von 4% p.a.. In Übereinstimmung damit hat das Berufungsgericht unangegriffen und rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Statistiken der Deutschen Bundesbank über Umlaufrenditen von Anleihen der öffentlichen Hand und verzinslichen Wertpapieren inländischer Bankschuldverschreibungen für die vorausgegangenen Monate selbst bei Laufzeiten von 15 bis 30 Jahren fast ausschließlich Werte von nur 2 bis 3% p.a. ausweisen und danach selbst oder gerade bei solchen verlustsicheren Anlagen ein genereller und pauschaler wahrscheinlicher Mindestgewinn tatsächlich nicht angenommen werden kann.
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 30.03.2010 - 3 O 354/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.07.2011 - 13 U 89/10 -
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Er beteiligte sich im Jahr 1997 mit 100.000 DM nebst 5 % Agio über einen Treuhandkommanditisten an dem geschlossenen Immobilienfonds D. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fonds). Unter Berufung auf verschiedene Prospektmängel begehrt er von der Beklagten zu 1) als Gründungskomplementärin und der Beklagten zu 2) als Gründungskommanditistin des Fonds im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung der Beteiligung.
- 2
- Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung von 60.283,37 € nebst Zinsen verlangt Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds. Weiter hat er beantragt festzustellen, dass die Beklagten im Annahmeverzug seien und dass sie verpflichtet seien, dem Kläger allen zukünftigen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund der Beteiligung entstehen werde.
- 3
- Das Landgericht hat dem ersten Feststellungsantrag in vollem Umfang, dem zweiten Feststellungsantrag Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung und schließlich der Zahlungsklage mit einem Teilbetrag von 34.070,79 € nebst Zinsen, ebenfalls Zug um Zug gegen Übertragung der Rech- te, stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Zahlungspflicht der Beklagten auf 39.937,65 € erhöht und im Übrigendie Berufungen der Parteien zurückgewiesen. Dabei hat es entgegen dem Begehren der Beklagten und anders als das Landgericht die mit der Beteiligung verbundenen Steuervorteile in Höhe von 16.894,79 € nicht schadensmindernd angerechnet.
- 4
- Gegen die Nichtberücksichtigung der Steuervorteile richtet sich die insoweit vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch im Ergebnis zu Recht ohne Anrechnung von Steuervorteilen zugesprochen.
- 6
- Infolge der Beschränkung der Revision steht fest, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Schaden, den der Kläger durch den Beitritt zu dem Fonds erlitten hat, zu ersetzen. Auf diesen Schaden sind etwaige Steuervorteile des Klägers nicht anzurechnen.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung insoweit im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 8
- Die im Jahr 1997 erzielten Steuervorteile müsse sich der Kläger grundsätzlich nur hinsichtlich eines Teilbetrages von 6.082,12 €, der auf die Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz (FördG) entfalle, schadensmindernd anrechnen lassen. Dieser Vorteil werde aber durch die Steuerzahlungen auf die Entnahmen ausgeglichen.
- 9
- Die Finanzverwaltung könne weder die Sonderabschreibungen nach § 4 FördG gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO rückgängig machen noch die Schadensersatzleistung insoweit als Zufluss negativer Werbungskosten berücksichtigen. Das folge schon aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG, der insoweit eine Sperrwirkung entfalte.
- 10
- Das gelte jedoch nicht für die übrigen Werbungskosten in Höhe von 10.812,67 €. Der Ersatz derartiger Aufwendungen im Rahmen der Rückabwick- lung des Beitritts sei eine Einnahme, die der Kläger nach § 21 EStG versteuern müsse und die deshalb seinen Schaden nicht mindere.
- 11
- Die dem Kläger somit nur verbleibenden Steuerersparnisse in Höhe von 6.082,12 € nach § 4 FördG würden jedoch durch die Besteuerung seiner Entnahmen in den Jahren 1998 bis 2008, die sich auf 10.600,04 € beliefen, aufge- wogen. Das sei im Rahmen der Schadensschätzung bei der gebotenen Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen, so dass eine Anrechnung von Steuervorteilen im Ergebnis ganz ausscheide.
- 12
- II. Diese Ausführungen halten - teilweise nur im Ergebnis - revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
- 13
- 1. Im Rahmen der Schadensberechnung sind vorteilhafte Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis begründeten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt (BGH, Urteil vom 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813, 815; Urteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Rn. 7). Dazu können auch steuerliche Vorteile gehören, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem Immobilienfonds erlangt hat.
- 14
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet aber im Rahmen der Schätzung des Schadens (§ 287 ZPO) eine Vorteilsanrechnung bezogen auf Steuervorteile grundsätzlich dann aus, wenn die entsprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist. Soweit die Schadensersatzleistung - als Rückfluss der zuvor angefallenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten - vom Anleger zu versteuern ist, ohne dass es bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise darauf ankommt, ob der Anleger die Schadensersatzleistung tatsächlich versteuert, sind die erzielten Steuervorteile nur dann anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen , dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (siehe nur BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 - II ZR 259/11, ZIP 2013, 311 Rn. 10; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 43 f.; Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 8 f., 13; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff.; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25).
- 15
- Auf diese Ausnahme beruft sich die Revision nicht. Sie meint vielmehr, dass der Kläger die Schadensersatzleistung der Beklagten im Umfang der hier streitigen Werbungskosten schon grundsätzlich nicht zu versteuern habe, dass also die Steuervorteile dem Kläger erhalten blieben und deshalb auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen seien. Dem kann nicht gefolgt werden.
- 16
- 2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofs sind Erstattungsbeträge, die Werbungskosten ersetzen, im Jahr ihres Zuflusses (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) steuerpflichtige Einnahmen der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden sind (BFH, NV 2005, 188, juris Rn. 19; BStBl II 2002, 796, juris Rn. 14; BStBl II 2000, 197, juris Rn. 13; BFH, NV 1995, 499, juris Rn. 14; BStBl II 1993, 748, juris Rn. 8; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 - II ZR 259/11, ZIP 2013, 313 Rn. 10; Urteil vom 26. Januar 2012 - VII ZR 154/10, WM 2012, 1790 Rn. 11, 16; Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 13; Urteil vom 19. Juni 2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 8, 11; Urteil vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rn. 12; ebenso Podewils, DStR 2009, 752, 754 f.; Kulosa in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 32. Aufl., § 21 Rn. 65 "Rückabwicklung"; a.A. Loritz/Wagner, ZfIR 2003, 753 ff.; zur Rückabwicklung von Grundstückskaufverträgen s. Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 16. Juli 2008, DB 2008, 2110), hier also der Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dass der Kläger die Fondsbeteiligung in seinem Betriebsvermögen gehalten hätte, hat die Revision nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.
- 17
- a) Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 EStG zählen nicht nur die Miet- oder Pachtzinsen, sondern auch alle sonstigen Entgelte, die in einem objektiven wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen und damit durch sie veranlasst sind. Demzufolge sind Einnahmen der Einkunftsart auch die Rückflüsse von Aufwendungen , die zuvor bei der Ermittlung der Einkünfte dieser Einkunftsart als Werbungskosten abgezogen worden sind (BFH, BStBl II 2002, 796, juris Rn. 14). Steuervorteile, die sich durch den Ansatz von sofort abziehbaren Werbungskosten zunächst ergeben haben, werden danach bei einer Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes durch die Besteuerung der Schadensersatzleistung im Veranlagungszeitraum ihres Zuflusses regelmäßig wieder ausgeglichen. Werden als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen zurückgezahlt, hat der Erwerber diese als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung der Besteuerung zu unterwerfen (BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn.13; Loschelder in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 32. Aufl., § 9 Rn. 65 f.).
- 18
- b) Die von der Revision gegen diese Rechtsprechung aufgezeigten Gesichtspunkte können allenfalls zu der Annahme führen, dass die steuerrechtliche Lage bei Rückabwicklung der Vermögensbeteiligung unklar sei. Dann aber erscheint es angemessen, das Risiko, ob eine Besteuerung der Schadensersatzleistung rechtlich möglich ist und tatsächlich erfolgt, dem Schädiger aufzuerlegen. Der Geschädigte müsste ansonsten bereits im anhängigen Verfahren die Übertragung seiner Beteiligung gegen eine möglicherweise nicht vollständige Schadensersatzleistung anbieten, ohne den vollen, ihm gebührenden Ersatz zu erhalten; ihm würde zugemutet, wegen eines rechtlich nicht gesicherten möglichen Vorteils über einen weiteren Zeitraum das Risiko zu tragen, dass der Schädiger die noch ausstehende Ersatzleistung nicht mehr erbringen kann. Tritt dieser Fall ein, würde im Vermögen des Geschädigten ein dauerhafter Schaden verbleiben, beim Schädiger hingegen ein dauerhafter Vorteil. Dass dem Geschädigten im Rahmen der Vorteilsausgleichung eine Anrechnung unter diesen Voraussetzungen unzumutbar ist, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 11). Im Übrigen müssen die Zivilgerichte in die Lage versetzt werden, über Schadensersatzansprüche abschließend zu erkennen, ohne sich mit steuerrechtlich außerordentlich komplexen Gestaltungen im Detail auseinandersetzen und die nur schwer abzusehende künftige Besteuerung der Ersatzleistung vorwegnehmen zu müssen (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 37).
- 19
- c) Nach diesen Maßgaben scheidet eine Anrechnung der dem Kläger unstreitig in Höhe von 10.812,67 € aus dem Abzug von Werbungskosten ent- standenen Steuervorteile aus.
- 20
- aa) Das gilt jedenfalls für die sofort abzugsfähigen Werbungskosten.
- 21
- In deren Höhe führt die Rückabwicklung der Beteiligung des Klägers nach den oben aufgezeigten Grundsätzen zu einer Besteuerung der Schadensersatzleistung , die ihm die erzielten Steuervorteile wieder nimmt.
- 22
- (1) Unbegründet ist der Einwand der Revision, der an den Beklagten zu leistende Schadensersatz unterliege deshalb nicht der Besteuerung, weil die Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs im Streitfall nicht zwischen den Parteien des Beitrittsvertrages erfolgt, sondern zwischen dem Kläger und den Gründungsgesellschaftern des Fonds. Nach der Rechtsprechung sowohl des Bundesfinanzhofs als auch des Bundesgerichtshofs macht es für die steuerliche Behandlung keinen Unterschied, ob die früheren Werbungskosten von dem Vertragspartner zurückgezahlt oder von einem Dritten erstattet werden (BFH, NV 2000, 1470, juris Rn. 3; BFH, NV 2005, 188, juris Rn. 19; BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 13). Erforderlich ist nur, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Zahlung und den Einnahmen besteht (BFH, NV 2005, 188, juris Rn. 20). Dieser liegt hier vor, da dem Kläger sämtliche Schäden aus dem finanzierten Erwerb und damit auch sämtliche Werbungskosten anteilig zu ersetzen sind. Die von der Revision angeführte Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH, BStBl II 2000, 197, juris Rn. 18) betrifft eine andere Fallgestaltung und ist daher hier nicht einschlägig.
- 23
- (2) Entgegen der Auffassung der Revision bleiben die Steuervorteile dem Kläger auch nicht in dem Umfang erhalten, in dem die zugrundeliegenden Kosten aus dem Fremdkapital und nicht aus dem Kommanditkapital bezahlt worden sind. Für die steuerliche Beurteilung, nach der Steuerrechtssubjekt der Anleger selbst und die Personengesellschaft lediglich Subjekt der Einkünfteermittlung ist (vgl. Jooß, DStR 2014, 6, 8; Wacker, Festschrift Goette, 2011, S. 561, 564 mwN), macht das keinen Unterschied. Die Zurechnung der Werbungskosten hängt nicht davon ab, wie die Zahlungen zu Lasten des Eigen- oder des Fremdkapitals gebucht worden sind. Der Kläger konnte die Werbungskosten jeweils in voller Höhe zur Reduzierung seiner persönlichen Steuerlast geltend machen.
- 24
- (3) Es kommt auch nicht darauf an, ob beim Kläger angesichts der an ihn gezahlten und vom Berufungsgericht bei der Berechnung der Schadenshöhe berücksichtigten Ausschüttungen von 29.654,92 € der verbliebene Schadenser- satzbetrag niedriger ist als die ihm gutgeschriebenen Werbungskosten. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass Gewinnausschüttungen ihrerseits versteuert werden müssen (vgl. Wacker in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 32. Aufl., § 15 Rn. 708). Zum anderen ist im Rahmen der Vorteilsausgleichung eine schematische Betrachtungsweise angezeigt, die auf derartige Sondersituationen nicht eingehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36, 48, 53).
- 25
- bb) Im Ergebnis ohne Erfolg macht die Revision geltend, die vom Finanzamt als sofort abziehbare Werbungskosten behandelten Kostenpositionen, nämlich die Eigenkapitalbeschaffungskosten, die Vergütung für die Mietgarantie , die Pre-opening-Kosten, die Erhaltungsaufwendungen, die Kosten der Vermittlung der Endfinanzierung, die Kosten der Fondsverwaltung und die Komplementärvergütung , seien bei richtiger rechtlicher Würdigung keine Werbungskosten , sondern modellbedingte Nebenaufwendungen, die zu den Anschaffungskosten gehörten. Damit sei die Rückzahlung dieser Aufwendun-gen - unabhängig von der falschen Zuordnung durch das Finanzamt - steuerlich als Anschaffungskostenminderung im Jahr der Erstattung anzusehen. Insoweit sei eine Berücksichtigung als Werbungskosten zwar grundsätzlich möglich, aber nur in Form von Absetzungen für Abnutzung (AfA), die hier nicht geltend gemacht worden seien. Die Anschaffungskostenminderung sei dagegen nicht als Einkunft aus Vermietung und Verpachtung steuerbar, da die Anschaffungskosten nicht steuermindernd geltend gemacht werden könnten.
- 26
- (1) Dabei legt die Revision schon nicht dar, dass alle der von ihr aufgeführten Kosten Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB sind. Nach dieser auch im Steuerrecht geltenden Norm (BFH, BFHE 198, 425, juris Rn. 15) sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Jedenfalls bei den von der Revision aufgeführten Erhaltungsaufwendungen kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um Anschaffungskosten handelt (vgl. Brandt/Crezelius/ Ege/Ott/Spiegelberger, Steuergestaltung und Beratungskonsequenzen, 2003, S. 225 ff.). Sie sind auch keine Anschaffungsnebenkosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB (vgl. MünchKommHGB/Ballwieser, 3. Aufl., § 255 Rn. 6; Ellrott/ Brendt in BeBiKo, 8. Aufl., § 255 HGB Rn. 70; Wiedmann in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 255 Rn. 15).
- 27
- (2) Bei den übrigen von der Revision benannten Kostenpositionen spricht allerdings viel dafür, dass es sich dabei um Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB handelt mit der möglichen Folge, dass ihr Rückfluss nicht als Einkunft aus Vermietung und Verpachtung steuerbar ist.
- 28
- Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Anleger, die sich an einem Immobilienfonds der vorliegenden Art beteiligen, regelmäßig nicht als Bauherrn, sondern als Erwerber des bebauten Grundstücks zu beurteilen. Dementsprechend werden alle Aufwendungen, die von ihnen getragen werden und dem Erwerb des bebauten Grundstücks dienen, als Anschaffungskosten und nicht als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt. Davon sind etwa Provisionen in Bezug auf die Vermittlung des Eigenkapitals betroffen (BFH, BStBl II 2002, 796, juris Rn. 17; BStBl II 2001, 717, juris Rn. 16 ff.; BStBl II 1995, 166, juris Rn. 8; Heuermann, HFR 2002, 606; im Wesentlichen ebenso BMF, Erlass vom 20. Oktober 2003, BStBl I 546, 551 ff.).
- 29
- Ob das auch im vorliegenden Fall gilt, kann jedoch offenbleiben. Denn jedenfalls hat das Finanzamt diese Kosten sämtlich als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt und damit steuermindernd von den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung abgezogen.
- 30
- Ohne Erfolg beruft sich die Revision in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26. Februar 2002 (BStBl II 2002, 796, juris Rn. 22 ff.), aus dem sich ergeben soll, dass es für die steuerrechtliche Qualifizierung der Rückflüsse nicht darauf ankommen soll, ob das Finanzamt die be- treffenden Aufwendungen als Anschaffungskosten oder als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt hat. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs gibt es im Steuerrecht kein allgemeines Korrespondenzprinzip, aufgrund dessen die materiellrechtlich unzutreffende Behandlung von Aufwendungen auf die steuerrechtliche Einordnung der Rückflüsse zu übertragen ist (aA Kreft in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand: 11.2013, § 9 EStG Rn. 87 aE; Drenseck, FR 1991, 497).
- 31
- Ob diese Rechtsprechung auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist und ob - falls ja - die Festsetzung der Werbungskosten nicht durch das Finanzamt in entsprechender Anwendung des § 174 Abs. 4 AO geändert werden könnte (vgl. dazu Weber-Grellet, FR 2002, 729; Heuermann, HFR 2002, 606), erscheint zweifelhaft. In dem jener Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um eine (teilweise) Rückzahlung einer Vermittlungsprovision. An der Gesellschafterstellung des dortigen Klägers änderte sich dadurch nichts. Hier dagegen scheidet der Kläger im Rahmen des sogenannten großen Schadensersatzes aus der Gesellschaft aus. Er wird so gestellt, als hätte er sich nie beteiligt. In dem Fall des Bundesfinanzhofs war die Behandlung der Rückflüsse als sofort abziehbare Werbungskosten zwar falsch. Bei richtiger Behandlung hätte der dortige Kläger die Anschaffungskosten aber als AfA nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG geltend machen können. Damit wären diese Aufwendungen auf jeden Fall steuermindernd zu berücksichtigen gewesen, wenn auch zeitlich in unterschiedlicher Höhe. Im vorliegenden Fall kommt dagegen eine Steuerminderung durch den Ansatz von AfA nicht in Betracht, weil der Kläger aus dem Anlegerkreis ausscheidet und deshalb keine AfA mehr geltend machen kann. Würde die ihm - möglicherweise zu Unrecht - gewährte Steuerersparnis nicht durch eine Besteuerung der Schadensersatzleistung ausgeglichen, entstünde für ihn zu Lasten des Fiskus ein dauerhafter Vorteil. Dass der Bundesfinanzhof auch bei einer derartigen Sachlage von einer Nichtsteuerbarkeit des Rückflusses ausgehen würde, ergibt sich aus dem zitierten Urteil nicht.
- 32
- Jedenfalls muss der Kläger damit rechnen, dass die Finanzbehörde aufgrund der Unterschiede in den Sachverhalten das Urteil des Bundesfinanzhofs auf den vorliegenden Fall nicht anwendet und stattdessen die Schadensersatzleistung in Höhe der als sofort abziehbare Werbungskosten behandelten Aufwendungen besteuert. Dem Kläger ist es damit jedenfalls unzumutbar, sich im Rahmen der Vorteilsausgleichung die derzeitigen Steuervorteile auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen zu lassen.
- 33
- d) Nach der Rechtsprechung des Senats gilt, anders als vom Berufungsgericht angenommen, für die Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz - hier in Höhe von 6.082,12 € - nichts anderes als für die sofort abziehbaren Werbungskosten (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 - II ZR 259/11, ZIP 2013, 311 Rn. 21).
- 34
- Die Revision beruft sich demgegenüber - ebenso wie das Berufungsgericht - auf eine Sperrwirkung des § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG und will daraus herleiten , dass bei der Rückabwicklung eines Gesellschaftsbeitritts der Schadensersatzanspruch nicht im Umfang der auf den betreffenden Gesellschafter entfallenden Sonderabschreibungen steuerbar ist. Auch dem kann nicht gefolgt werden.
- 35
- aa) Mit der Möglichkeit von Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz verfolgte der Gesetzgeber den Zweck, die steuerlichen Bedingungen im Beitrittsgebiet zu verbessern und eine auf die Erleichterung und Beschleunigung des dort notwendigen Anpassungsprozesses zielende Regelung zu schaffen (BFH, BFHE 197, 503, juris Rn. 12; BFHE 206, 444, juris Rn. 18). Dabei hat er, um ein einheitliches Ausüben des Wahlrechts über die Inan- spruchnahme der Sonderabschreibung für alle beteiligten Steuerpflichtigen auf der Ebene der Gesellschaft sicherzustellen, in § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG bestimmt , dass bei Personengesellschaften an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft tritt (Töben, Fördergebietsgesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 89). Insoweit entfaltet diese Bestimmung eine Sperrwirkung (BFH, BFHE 197, 503, juris Rn. 9; NV 2007, 2097, juris Rn. 13 f.). Die Sonderabschreibung kann danach dem Grunde und der Höhe nach nur einheitlich in Anspruch genommen werden. Diese Bestimmung verdrängt den § 7a Abs. 7 Satz 1 EStG, wonach erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen bei mehreren Beteiligten anteilig vorzunehmen sind, wenn die Voraussetzungen nur bei einzelnen Beteiligten erfüllt sind (Stuhrmann in Blümich, EStG, KStG, GewStG, Loseblattkommentar, Stand: März 2010, FördG § 1 Rn. 6; zweifelnd Töben, Fördergebietsgesetz, 2. Aufl. § 1 Rn. 93).
- 36
- Das bedeutet aber nicht, dass auch bei einer Rückabwicklung des Gesellschaftsbeitritts in Form eines großen Schadensersatzanspruchs dem betroffenen Gesellschafter die ihm wirtschaftlich zugeflossenen Sonderabschreibungen verblieben, dass also die Ersatzleistung im Umfang der Sonderabschreibungen nicht steuerbar wäre. Auch im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG bleibt es entgegen der Auffassung der Revision dabei, dass steuerpflichtig allein die Gesellschafter sind. Auf der Ebene der Gesellschaft werden nur im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung die Einkünfte der Gesamtheit aller Gesellschafter ermittelt und den einzelnen Gesellschaftern zugerechnet (§ 39 Abs. 2 Nr. 2, §§ 179 ff. AO). Bei der Rückabwicklung der Gesellschaftsbeteiligung im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs kann damit durchaus der Teil der Schadensersatzleistung, der dem zugerechneten Teil der Sonderabschreibungen entspricht, besteuert werden.
- 37
- Das steht nicht im Widerspruch zu der Auffassung des Bundesfinanzhofs , die Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz seien von einem Gesellschafterwechsel und einem Ein- oder Austritt eines Gesellschafters unabhängig (BFH, NV 2007, 2097, juris-Rn. 14). Damit wird nur gesagt, dass es nicht darauf ankommt, ob der einzelne Gesellschafter die Voraussetzungen für eine Sonderabschreibung erfüllt. Vielmehr sind insoweit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG allein die Verhältnisse der Gesellschaft maßgeblich. Das ändert aber nichts an der Steuerpflicht des Gesellschafters und damit an der Wirksamkeit der Sonderabschreibungen allein bei ihm. Im Übrigen ist die Rückabwicklung eines Gesellschaftsbeitritts im Wege des Schadensersatzes nach der Rechtsprechung des Senats weder rechtlich noch wirtschaftlich identisch mit der Veräußerung des Gesellschaftsanteils. Die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsguts stellt keinen gesonderten "marktoffenbaren Vorgang", sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 - II ZR 259/11, ZIP 2013, 311 Rn. 15). Dabei ist kein Grund ersichtlich, warum die Ersatzleistung beim betroffenen Gesellschafter nicht - wie auch hinsichtlich der sonstigen Werbungskosten - anteilig besteuert werden kann. Denn als Ergebnis der Rückabwicklung soll er so stehen, als hätte er sich nie an der Gesellschaft beteiligt.
- 38
- bb) Entgegen der Auffassung der Revision steht diesem Ergebnis auch nicht entgegen, dass die durch die Besteuerung der Schadensersatzleistung beim Kläger rückabgewickelten Sonderabschreibungen von den Beklagten nicht mehr geltend gemacht werden können. Die Beklagten schulden dem Kläger Schadensersatz. In diesem Rahmen fallen Nachteile, die sich aus der Besteuerung ergeben, ihnen zur Last. Dem Kläger kann nicht zugemutet werden, eine Minderung des Schadensersatzes hinnehmen zu müssen, nur weil die Beklagten die mit einer Fondsbeteiligung verbundenen Abschreibungen für vergangene Zeiträume nicht mehr geltend machen können.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 10.02.2011 - 22 O 4249/10 -
OLG München, Entscheidung vom 01.08.2012 - 15 U 1222/11 -
(1)1Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind
- 1.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen, Schiffen, die in ein Schiffsregister eingetragen sind, und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht); - 2.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen, insbesondere von beweglichem Betriebsvermögen; - 3.
Einkünfte aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen und gewerblichen Urheberrechten, von gewerblichen Erfahrungen und von Gerechtigkeiten und Gefällen; - 4.
Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen, auch dann, wenn die Einkünfte im Veräußerungspreis von Grundstücken enthalten sind und die Miet- oder Pachtzinsen sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräußerer noch Besitzer war.
(2)1Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.2Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.
(3) Einkünfte der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art sind Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören.
(1)1Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nummer 2) sind
- 1.
Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.2Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden; dies gilt entsprechend für Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume.3Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden; - 2.
Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.2Ausgenommen sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs.3Bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden.4Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre; - 3.
Veräußerungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher erfolgt als der Erwerb.
- 1.
die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen, wenn die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts erfolgt, und - 2.
die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft.
(2) Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften der in Absatz 1 bezeichneten Art sind den Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören.
(3)1Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften nach Absatz 1 ist der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits.2In den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 1 tritt an die Stelle des Veräußerungspreises der für den Zeitpunkt der Einlage nach § 6 Absatz 1 Nummer 5 angesetzte Wert, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 2 der gemeine Wert.3In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 oder § 16 Absatz 3 angesetzte Wert.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 abgezogen worden sind.5Gewinne bleiben steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 600 Euro betragen hat.6In den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 1 sind Gewinne oder Verluste für das Kalenderjahr, in dem der Preis für die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen zugeflossen ist, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 2 für das Kalenderjahr der verdeckten Einlage anzusetzen.7Verluste dürfen nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden; sie dürfen nicht nach § 10d abgezogen werden.8Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Absatz 1 erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger verlangen Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Sie hatten sich im Jahr 1997 mit insgesamt 150.000 DM zuzüglich 2 % Agio über einen Treuhandkommanditisten an dem geschlossenen Immobilienfonds
D.
KG (im Folgenden: Fonds) beteiligt. Unter Berufung auf verschiedene Prospektmängel verlangen sie von der Beklagten zu 1) als Gründungskomplementärin und der Beklagten zu 2) als Gründungskommanditistin des Fonds die Rückabwicklung der Beteiligung.- 2
- Mit ihrer Klage haben die Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 65.175,16 € nebst Zinsen geltend gemacht Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds. Weiter haben sie beantragt festzustellen, dass die Beklagten im Annahmeverzug seien und dass sie verpflichtet seien, den Klägern allen zukünftigen Schaden zu ersetzen, der aufgrund der Beteiligung entstehen werde.
- 3
- Das Landgericht hat den Feststellungsanträgen in vollem Umfang und der Zahlungsklage in Höhe von 30.965,11 € nebst Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Zahlungspflicht der Beklagten auf 44.829,41 € erhöht und im Übrigen die Berufungen der Parteien für unbegründet erklärt. Dabei hat es entgegen dem Begehren der Beklagten und anders als das Landgericht die mit der Beteiligung verbundenen Steuervorteile nicht schadensmindernd angerechnet.
- 4
- Gegen die Nichtberücksichtigung der Steuervorteile in Höhe von 22.757,30 € richtetsich die insoweit vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat keinen Erfolg.
- 6
- Infolge der Beschränkung der Revision steht fest, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Schaden, den die Kläger durch den Beitritt zu dem Fonds erlitten haben, zu ersetzen. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Steuervorteile der Kläger auf ihren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten nicht anzurechnen sind.
- 7
- I. Die Entscheidung zur Nichtanrechnung der Steuervorteile hat das Berufungsgericht wie folgt begründet:
- 8
- Steuervorteile seien dann nicht anzurechnen, wenn die Rückabwicklung der Beteiligung zu einer Besteuerung führe, die dem geschädigten Anleger die erzielten Steuervorteile wieder nehme. Davon sei hier auszugehen. Die Kläger hätten nicht ihre Beteiligung übertragen und erhielten die Gegenleistung nicht als - steuerfreien - Kaufpreis, sondern sie verlangten Schadensersatz und müssten dabei die Beteiligung zurückgeben. Die Steuervorteile resultierten aus Verlusten für Vermietung und Verpachtung, also aus Werbungskosten. Derartige Steuervorteile würden im Jahr ihres Rückflusses als Einkünfte in derjenigen Einkunftsart qualifiziert, also der Steuer unterworfen, in der sie zuvor geltend gemacht worden seien. Weder der Umstand, dass die Kläger sich treuhänderisch an einer Kommanditgesellschaft beteiligt hätten, noch die Besonderheit, dass die Bestimmungen des Gesetzes über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet (FördG) anzuwenden seien, rechtfertigten eine andere Sichtweise.
- 9
- II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand.
- 10
- 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet aufgrund typisierender Betrachtungsweise (§ 287 ZPO) eine Vorteilsanrechnung bezogen auf die steuerlichen Vorteile, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds erlangt hat, im Rahmen des nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB geltend gemachten Schadensersatzes grundsätzlich aus, wenn die entsprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist (siehe nur BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 43 f.; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff.; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f.). Soweit die Schadensersatzleistung - als Rückfluss der zuvor angefallenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten - vom Anleger zu versteuern ist, ohne dass es bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise darauf ankommt, ob der Anleger die Schadensersatzleistung tatsächlich versteuert (BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 43 f.; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 49), sind die erzielten Steuervorteile nur dann anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 43 f.; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f.). Dafür reicht noch nicht die Absenkung des Einkommensteuerspitzensatzes von 53 % auf 45 % (BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 28 ff.).
- 11
- 2. Im vorliegenden Fall ist die Schadensersatzleistung, die die Kläger erstreben , im Umfang der zuvor geltend gemachten Werbungskosten steuerbar.
- 12
- a) Das ergibt sich zwar nicht aus § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Danach unterliegt bei einer Anlageform, an der der Anleger als Mitunternehmer beteiligt ist, der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer (BGH, Urteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Rn. 8, 10). Die Kläger erfüllen nicht die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft. Sie haben mit der Anlage vielmehr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.
- 13
- b) Eine Besteuerung der von den Klägern angestrebten Schadensersatzleistung ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Zehn-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verstrichen ist.
- 14
- Diese Vorschrift setzt voraus, dass ein Grundstück oder ein Recht, das den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegt, veräußert wird. Der Gewinn aus einem solchen Geschäft ist - als Spekulationsgewinn - nur dann steuerbar, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Diese Voraussetzung wäre hier nicht erfüllt. Die Kläger sind im Oktober 1997 dem Fonds beigetreten und haben ihre Klage im Januar 2010 erhoben, was frühestens als "Veräußerung" verstanden werden könnte.
- 15
- Die Rückabwicklung eines Beteiligungserwerbs an einem geschlossenen Immobilienfonds ist indes keine Veräußerung eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts im Sinne des § 23 EStG. Ein derartiges Geschäft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann nicht vor, wenn sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft lediglich in ein Abwicklungsverhältnis verwandelt. Die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsgutes stellt hierbei keinen gesonderten "marktoffenbaren Vorgang", sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar (BFH, NJW 2006, 3743 Rn. 13; BGH, Urteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Rn. 16; für den Erwerb einer Immobilie ebenso BGH, Urteil vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rn. 12; Urteil vom 19. Juni 2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 11).
- 16
- Auch eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG (dafür Weber-Grellet, DB 2007, 2740, 2742; s. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 15. Juli 2009 - 9 U 164/07, juris Rn. 47; OLG Frankfurt, Urteile vom 18. November 2011 - 19 U 68/11, juris Rn. 33; vom 19. März 2012 - 23 U 167/10 und 23 U 5/11 - jetzt: II ZR 133/12 und II ZR 129/12; vom 2. Mai 2012 - 23 U 39/09, juris Rn. 116) kommt hier entgegen der Auffassung der Revision nicht in Betracht.
- 17
- c) Die in Form von Werbungskosten erzielten Steuervorteile im Rahmen einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds unterliegen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Einkommensteuer.
- 18
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofs sind Erstattungsbeträge, die Werbungskosten ersetzen, im Jahr ihres Zuflusses (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) steuerpflichtige Einnahmen der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden sind (BFH, BFH/NV 2005, 188 Rn. 19; DB 2002, 1083 Rn. 14; BFHE 190, 442; BFH/NV 1995, 499 Rn. 14; BFHE 171, 183; BGH, Urteil vom 26. Januar 2012 - VII ZR 154/10, WM 2012, 1790 Rn. 11, 16; Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 13; Urteil vom 19. Juni 2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 8, 11; Urteil vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rn. 12; Podewils, DStR 2009, 752, 754 f.; Kulosa in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 31. Aufl., § 21 Rn. 65 "Rückabwicklung" und "Schadensersatz"; Loschelder in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 31. Aufl., § 9 Rn. 65 f.; a.A. Loritz/Wagner, ZfIR 2003, 753 ff.), hier also der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Rückabwicklung des Erwerbsgeschäfts zwischen denselben Personen erfolgt, zwischen denen auch der Beteiligungsvertrag zustande gekommen ist (BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 123). Ebenso wenig bedeutsam ist - wie die Revision selbst einräumt -, ob es um die Rückabwicklung eines Immobilienerwerbs oder um die Rückabwicklung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds geht.
- 19
- Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Finanzierungskosten (BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 13), sondern auch für die aus den Anschaffungskosten hergeleiteten Absetzungen für Abnutzung - AfA (BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 8). Auch die Anschaffungskosten sind - wie die Revisionserwiderung zutreffend bemerkt - der Sache nach Werbungskosten, die nur nicht im Zeitpunkt ihres Abflusses angesetzt werden können, sondern ratierlich als AfA gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG geltend zu machen sind (Weber-Grellet, DB 2007, 2740, 2742). Soweit sie als AfA steuerlich berücksichtigt worden sind, der Anleger also entsprechende Steuervorteile erlangt hat, ist die Schadensersatzleistung bei der Einkunftsart, bei der diese Werbungskosten geltend gemacht worden sind, hier also bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, zu versteuern (Weber-Grellet, DB 2007, 2740, 2742).
- 20
- Aus der Entscheidung des III. Zivilsenats vom 17. November 2005 ergibt sich nichts Gegenteiliges. In jenem Fall stand aufgrund des Vortrags des Anlegers nicht fest, dass Anschaffungskosten als AfA geltend gemacht worden waren (BGH, Urteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Rn. 13; darauf hinweisend BGH, Urteil vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rn. 13). Im vorliegenden Fall nimmt das Berufungsgericht - anders als das Landgericht - dagegen an, dass die Kläger die AfA steuerlich geltend gemacht haben. Die Revision zieht das nicht in Zweifel.
- 21
- Unerheblich ist, ob der Fonds Sonderabschreibungen nach §§ 1, 4 FördG in Anspruch genommen hat (OLG Hamm, Urteil vom 14. Oktober 2009 - 8 U 12/09, juris, Rn. 34, 36), was allerdings voraussetzen würde, dass die Immobilie zum Betriebsvermögen des Fonds gehört (BFH, BFH/NV 2007, 2097 Rn. 12). Zwar heißt es in § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG, bei Personengesellschaften trete an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft. Das betrifft aber nur die einheitliche Ausübung des zu der Sonderabschreibung führenden Wahlrechts und ändert nichts daran, dass die steuerlichen Auswirkungen auf der Ebene der Gesellschaft letztlich die Gesellschafter treffen. Das wird auch in dem Prospekt des Fonds erwähnt.
- 22
- d) Ob die Kläger den Schadensersatzbetrag tatsächlich versteuern, ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise ebenso wenig entscheidend wie die Frage, ob die Höhe der geschuldeten Steuer den Steuervorteilen entspricht. Lediglich bei ganz außergewöhnlichen Steuervorteilen wäre eine andere Betrachtungsweise angezeigt. Dafür tragen die Beklagten die Darlegungs - und Beweislast (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 43; Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 8 ff.; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff., 45; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f.). Dass sie dahingehenden Vortrag gehalten hätten, wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 25.11.2010 - 22 O 20377/10 -
OLG München, Entscheidung vom 28.10.2011 - 5 U 5544/10 -
(1)1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.3Werbungskosten sind auch
- 1.
Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ergibt; - 2.
Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, soweit solche Ausgaben sich auf Gebäude oder auf Gegenstände beziehen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmeerzielung dienen; - 3.
Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist; - 4.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen, höchstens jedoch 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.3Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken und Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nach § 3 Nummer 32.4Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.5Nach § 8 Absatz 2 Satz 11 oder Absatz 3 steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag; ist der Arbeitgeber selbst der Verkehrsträger, ist der Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber an den Verkehrsträger zu entrichten hätte.6Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.7Nach § 3 Nummer 37 steuerfreie Sachbezüge mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag nicht; § 3c Absatz 1 ist nicht anzuwenden.8Zur Abgeltung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 2 für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer - a)
von 0,35 Euro für 2021, - b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
- 4a.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 sowie keine Familienheimfahrten sind.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.3Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Absatz 4) und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.4Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. - 5.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen.2Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.3Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.4Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1 000 Euro im Monat.5Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden.6Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen.7Nummer 4 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.8Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug werden nicht berücksichtigt.9Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 6 eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer - a)
von 0,35 Euro für 2021, - b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
- 5a.
notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist.2Übernachtungskosten sind die tatsächlichen Aufwendungen für die persönliche Inanspruchnahme einer Unterkunft zur Übernachtung.3Soweit höhere Übernachtungskosten anfallen, weil der Arbeitnehmer eine Unterkunft gemeinsam mit Personen nutzt, die in keinem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber stehen, sind nur diejenigen Aufwendungen anzusetzen, die bei alleiniger Nutzung durch den Arbeitnehmer angefallen wären.4Nach Ablauf von 48 Monaten einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, können Unterkunftskosten nur noch bis zur Höhe des Betrags nach Nummer 5 angesetzt werden.5Eine Unterbrechung dieser beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn die Unterbrechung mindestens sechs Monate dauert. - 5b.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer während seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug für Kalendertage entstehen, an denen der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann im Kalenderjahr einheitlich eine Pauschale von 8 Euro für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte, - 6.
Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung.2Nummer 7 bleibt unberührt; - 7.
Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen nach § 7b und erhöhte Absetzungen.2§ 6 Absatz 2 Satz 1 bis 3 ist in Fällen der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern entsprechend anzuwenden.
(2)1Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.2Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.3Menschen mit Behinderungen,
- 1.
deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt, - 2.
deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
(3) Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 bis 5a sowie die Absätze 2 und 4a gelten bei den Einkunftsarten im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7 entsprechend.
(4)1Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.2Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.3Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.4Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft
- 1.
typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder - 2.
je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
(4a)1Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung sind nur nach Maßgabe der folgenden Sätze als Werbungskosten abziehbar.2Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen.3Diese beträgt
- 1.
28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, - 2.
jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet, - 3.
14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist; beginnt die auswärtige berufliche Tätigkeit an einem Kalendertag und endet am nachfolgenden Kalendertag ohne Übernachtung, werden 14 Euro für den Kalendertag gewährt, an dem der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil der insgesamt mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
(5)1§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b bis 8a, 10, 12 und Absatz 6 gilt sinngemäß.2Die §§ 4j, 4k, 6 Absatz 1 Nummer 1a und § 6e gelten entsprechend.
(6)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.2Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.3Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.4Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.5Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung seiner Beteiligung an der V. 2 GmbH & Co. KG (im Folgenden : V 2) in Anspruch. Zwischen den Parteien steht nur noch im Streit, ob sich der Kläger auf den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch steuerliche Vorteile anrechnen lassen muss.
- 2
- Der Kläger zeichnete am 12. Dezember 2002 nach vorheriger Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten eine Beteiligung an V 2 im Nennwert von 120.000 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 3.600 €. Hiervon zahlte er entsprechend dem Fondskonzept nur 55% der Nominaleinlage, d.h. 66.000 €, und das Agio ein, wobei ihm dieses später zurückerstattet wurde. Der Rest der Einlage sollte nach § 4 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrags "aus erwirtschafteten Gewinnen der Gesellschaft nach näherer Bestimmung durch die Komplementärin geleistet werden, wobei sich der auf die Kommanditeinlage zu leistende Betrag nach dem dem jeweiligen Kommanditisten gemäß § 15 Ziff. 1 zuzuweisenden Gewinn abzüglich der hierauf entfallenden persönlichen Einkommensteuer zzgl. Solidaritätszuschlag" bestimmen sollte; nach § 15 Ziff. 2 haben die Kommanditisten "Anspruch auf Ausschüttung eines Betrages, der erforderlich ist, um die auf ihre Beteiligung an der Gesellschaft entfallende persönliche Einkommensteuer zzgl. Solidaritätszuschlag zu bezahlen, sofern … liquide Mittel vorhanden sind". Abweichend hiervon kann die Komplementärin die noch ausstehende Kommanditeinlage auch sofort verlangen, wenn "dies nach ihrem Ermessen aufgrund von Liquiditätsengpässen oder Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft erforderlich" gewesen wäre.
- 3
- In den folgenden Jahren wurden der Einkommensbesteuerung des Klägers in Bezug auf V 2 für die Jahre 2002 und 2003 anteilige Verluste in Höhe von 106.817 € und 1.447 € sowie für die Jahre 2004 bis 2008 anteilige Gewinne in Höhe von insgesamt 42.015,88 € zugrunde gelegt.
- 4
- Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Beteiligung an V 2, Rückzahlung des investierten Kapitals in Höhe von 66.000 € zuzüglich entgangenen Zinsgewinns und Verzugszinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen weiteren steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus der Beteiligung an V 2 freizustellen. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich der Übertragung der Beteiligung an V 2 sowie den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.429,58 € nebst Rechtshängigkeitszinsen. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben und die von der Beklagten erhobene Hilfswiderklage auf Feststellung, dass der Kläger verpflichtet ist, an sie alle von ihm im Zusammenhang mit der Fondsbeteiligung erzielten steuerlichen Vorteile herauszugeben, abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage in Höhe anzurechnender Steuervorteile von 7.507,96 € und hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.668,50 € abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist im Wesentlichen begründet und führt bis auf einen Teil der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (WM 2013, 1177), soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Dem Kläger stehe gegen die Beklagte zwar ein Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung der Fondsbeteiligung zu, weil diese ihre vertragliche Pflicht zur Aufklärung über eine erhaltene Vertriebsprovision schuldhaft verletzt habe. Auf diesen Anspruch müsse er sich aber die von ihm erzielten Steuervorteile aus der Beteiligung an V 2 anrechnen lassen.
- 8
- Eine Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung komme zwar grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung des Anlagegeschäfts zu einer Besteuerung führe, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nehme. Etwas anderes gelte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber dann, wenn der Schädiger Umstände darlege, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verblieben oder er gar Verlustzuweisungen erhalten habe, die über seine Einlageleistung hinausgegangen seien. So liege der Fall hier. Die Schadensersatzleistung sei zwar als Betriebseinnahme zu versteuern. Aufgrund der Konstruktion des Fonds habe der Kläger aber für das Jahr 2002 eine Verlustzuweisung in Höhe von 92% der Nominaleinlage erhalten, während als Anlagebetrag nur 55% der Nominaleinlage zuzüglich 3% Agio zu leisten gewesen seien. Damit müsse nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von außergewöhnlichen Steuervorteilen gesprochen werden. Dies sei auch konsequent, beruhe doch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf der Grundannahme, dass sich die das zu versteuernde Einkommen senkenden Verlustzuweisungen und die das zu versteuernde Einkommen erhöhende Schadensersatzleistung in etwa die Waage hielten. Überschritten die Verlustzuweisungen bezogen auf den Anlagebetrag jedoch die 100%-Grenze, sei diese Annahme erschüttert. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Nachschusspflicht gemäß § 4 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrags, weil diese nur im Falle von Liquiditätsschwierigkeiten des Fonds eingreife.
- 9
- Seien - wie hier - Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Geschädigte außergewöhnliche Steuervorteile erlangt habe, sei eine konkrete Berechnung vorzunehmen. Diese beinhalte eine Gegenüberstellung der erzielten Steuervorteile und der zu erwartenden Steuernachteile. Die Darlegungs- und Beweislast für die vom Geschädigten erzielten Vorteile trage die Beklagte. Den Anleger treffe lediglich eine sekundäre Behauptungslast, der der Kläger durch Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2008 nachgekommen sei. Demgegenüber habe er für seine von der Beklagten bestrittene Behauptung , im Jahr 2009 eine weitere Gewinnzuweisung von 1.128,53 € erhalten und aufgrund dessen eine Steuernachzahlung von 522,55 € geleistet zu haben, keine Unterlagen vorgelegt, so dass dieses Vorbringen nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden könne. Unter Zugrundelegung der mitgeteilten Gewinnund Verlustzuweisungen und der aus den vorgelegten Steuerbescheiden ersichtlichen Spitzensteuersätze ergebe sich für die Jahre 2002 bis 2008 ein saldierter Steuervorteil von 34.162,78 €. Ziehe man diesen Steuervorteil im Wege der Vorteilsausgleichung von der Klageforderung von 66.000 € ab, errechne sich ein Betrag von 31.837,22 €. Da der Kläger den ausgeurteilten Betrag zu versteuern habe, ihm aber nach Abzug der Steuern der Betrag von 31.837,22 € verbleiben müsse, belaufe sich der Schadensbetrag im Hinblick auf seine steuerliche Gesamtbelastung aus Einkommensteuersatz, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer von insgesamt 45,57% auf 58.492,04 €. Der weitergehende Anspruch sei daher unbegründet.
- 10
- Daneben stehe dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten als Verzugsschaden zu. Hierfür sei jedoch nur ein Gegenstandswert von bis zu 65.000 € maßgebend, so dass er nur einen Betrag von 1.761,08 € verlangen könne.
- 11
- Die Hilfswiderklage sei nur für den Fall erhoben, dass keine Anrechnung von Steuervorteilen erfolge, so dass darüber nicht mehr zu entscheiden sei.
II.
- 12
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
- 13
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht Steuervorteile in Höhe von 7.507,96 € anspruchsmindernd berücksichtigt.
- 14
- a) Im Ansatzpunkt zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ersparte Steuern grundsätzlich im Rahmen der Vorteilsausgleichung auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen sind, eine solche Anrechnung aber nicht in Betracht kommt, wenn die Schadensersatzleistung ihrerseits zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt (vgl. nur BGH, Urteile vom 18. Dezember 1969 - VII ZR 121/67, BGHZ 53, 132, 134; vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114; vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 35 f. und vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8; jeweils mwN). Da das Gericht über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu entscheiden hat (§ 287 Abs. 1 ZPO) und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage angesichts der vielfältigen Besonderheiten der konkreten Besteuerung häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, müssen in der Regel keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Schadensersatzleistung auswirkt (BGH, Urteile vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 f. und vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8; jeweils mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung derart außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 f., 45 f.; vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 9 und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 43). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen anrechenbarer außergewöhnlicher Steuervorteile trägt der Schädiger (BGH, Urteile vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rn. 26; vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 45 und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 44).
- 15
- b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelten für die Anrechnung von Steuervorteilen auf einen Schadensersatzanspruch des Weiteren auch die übrigen allgemeinen Grundsätze der Vorteilsausgleichung. Danach sind nur solche Vorteile schadensmindernd zu berücksichtigen, die in einem adäquat-ursächlichen Zusammenhang mit dem Schadensereignis stehen und deren Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entspricht sowie weder den Geschädigten unzumutbar belasten noch den Schädiger unbillig entlasten (vgl. nur BGH, Urteile vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 113 f.; vom 19. Juni 2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 6 f. und vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 35 mwN). Eine Vorteilsanrechnung ist daher nicht mit dem Zweck des Schadensersatzes vereinbar, soweit die unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung verbleibenden Steuervorteile ihre Ursache in einer Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG haben. Die Tarifermäßigung wird vielmehr dem Steuerpflichtigen aus besonderem Anlass gewährt und darf den Schädiger nicht entlasten (BGH, Urteile vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114, 116; vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82, WM 1984, 1075, 1078 und vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 52 mwN). Soweit Steuervorteile aus einer Absenkung des allgemeinen (Spitzen-)Steuersatzes resultieren, sind ebenfalls keine Gründe ersichtlich, weshalb diese - nach dem Willen des Gesetzgebers allen Steuerpflichtigen gleichermaßen zugutekommende - Vergünstigung den Schädiger entlasten soll (BGH, Urteile vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rn. 28 ff.; vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 53 und vom 18. Dezember 2012 - II ZR 259/11, WM 2013, 211 Rn. 10). Schließlich weisen Steuervorteile, die ihren Grund in einem gesunkenen persönlichen Steuertarif aufgrund einer veränderten Einkommenssituation des Geschädigten haben, keinen inneren Bezug zu der in Rede stehenden Schädigungshandlung auf und können den Schädiger daher ebenfalls nicht entlasten (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 40, 54).
- 16
- Aufgrund dessen scheidet auch die Berücksichtigung der Vorteile einer Anwendung von § 16 Abs. 4 EStG aus, der bei einer Veräußerung des Betriebs ab Erreichen einer bestimmten Altersgrenze und im Falle der Berufsunfähigkeit eine Steuervergünstigung vorsieht. Der Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG bezweckt , Gewinne aus der Veräußerung kleinerer Betriebe aus sozialen Gründen steuerlich zu entlasten (BR-Drucks. 303/83, S. 25; BFH, BStBl II 1976, 360, 362; Gänger in Bordewin/Brandt, EStG, Stand Juli 2008, § 16 Rn. 244a; Schmidt/Wacker, EStG, 32. Aufl., § 16 Rn. 577). Diese Steuervergünstigung wird dem Steuerpflichtigen daher aus besonderen persönlichen Gründen gewährt , was dem Schädiger nicht zugutekommen kann. Zudem wird diese Steuervergünstigung dem Berechtigten nur einmalig eingeräumt. Dem Vorteil aus dem Freibetrag stünde daher der Nachteil aus dem Verlust dieser Steuervergünstigung für andere in Zukunft gegebenenfalls anfallende Veräußerungsoder Aufgabegewinne gegenüber. Eine Obliegenheit des Geschädigten, diesen Vorteil zugunsten des Schädigers endgültig aufzugeben, besteht nicht (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 52 zu § 34 Abs. 3 EStG). Dagegen spricht auch die Wertung des § 249 Abs. 1 BGB. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution hat der Geschädigte Anspruch auf Herstellung des Zustands, der ohne das schädigende Ereignis bestünde. Dem geschädigten Anleger muss daher die Möglichkeit, von § 16 Abs. 4 EStG Gebrauch zu machen, erhalten bleiben (so auch KG Berlin, WM 2013, 1601, 1605; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Juli 2012 - 23 U 135/11, Umdruck S. 15, n.v.; OLG München, Urteil vom 26. März 2012 - 17 U 3089/11, Umdruck S. 12 f., n.v. und Beschluss vom 26. Juni 2012 - 19 U 1048/12, Umdruck S. 5, n.v.; Steinle, DStR 1981, 366, 369).
- 17
- c) Hat der geschädigte Anleger Verlustzuweisungen steuermindernd geltend gemacht, sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, unabhängig von deren Höhe, außergewöhnliche Steuervorteile zu verneinen, wenn der Anleger in Folge der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung dieselben Beträge zu versteuern hat, auf deren Grundlage er zuvor Steuervorteile erlangt hat (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 55). Zu berücksichtigen sind insoweit nicht lediglich die erstmalige Verlustzuweisung einerseits und die Besteuerung der Rückabwicklung andererseits, sondern darüber hinaus auch sämtliche weiteren steuerwirksamen Gewinn- und Verlustanteile des Anlegers während der Dauer seiner Beteiligung (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 50). Dazu gehören auch steuerliche Nachteile, die dem geschädigten Anleger im Zusammenhang mit der Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehenen Übertragung der Kapitalanlage entstehen (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114; vom 6. November 1989 - II ZR 235/88, WM 1989, 1925 f.; vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175 und vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36; jeweils mwN). Solche Nachteile können insbesondere durch die - mit der Übertragung der Fondsbeteiligung verbundene - "Übernahme" eines negativen Kapitalkontos durch den Schädiger entstehen, weil der Anleger hierdurch einen Gewinn erzielt, den er versteuern muss (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114; vom 9. Dezember 1987 - IVa ZR 204/86, WM 1988, 220, 221 und vom 6. November 1989 - II ZR 235/88, WM 1989, 1925 f.; jeweils mwN; vgl. auch BFHE 132, 244, 255 f.; BFH, BStBl II 1981, 795, 798).
- 18
- Ein negatives Kapitalkonto entsteht bei Fondskonstruktionen der vorliegenden Art, bei denen die Anleger Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen und damit der Einkommensbesteuerung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterliegen (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114 f.; vom 9. Dezember 1987 - IVa ZR 204/86, WM 1988, 220, 221; vom 6. November 1989 - II ZR 235/88, WM 1989, 1925, 1926; vom 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813, 815 und vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 50; vgl. auch BFH, BStBl II 1993, 96, 97, BStBl II 1994, 564, 565 und BStBl II 2000, 424, 428), in erster Linie durch die anfänglichen Verlustzuweisungen. Es kann sich durch weitere im laufenden Geschäftsbetrieb anfallende Verluste weiter erhöhen, aber auch - wie nach der vorliegenden Fondskonzeption - durch nicht ausgeschüttete Gewinne wieder verringern und sogar positiv werden.
- 19
- Die Übertragung des Fondsanteils ist für den geschädigten Anleger ein steuerbarer Vorgang, der im Fall eines negativen Kapitalkontos zu einem Gewinn führt, den er versteuern muss. Denn für den Anleger ergibt sich ein - zu versteuernder - Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Höhe des Betrages, um den der Veräußerungspreis (nach Abzug der Veräußerungskosten ) den Buchwert übersteigt. Im Ergebnis ist dies hier die vom Schädiger zu zahlende Schadensersatzleistung zuzüglich des von diesem übernommenen negativen Kapitalkontos (vgl. BFH, BStBl II 1989, 563, 564; BStBl II 2010, 631 Rn. 33; FG Berlin-Brandenburg, EFG 2012, 1837, 1838; Jooß, DStR 2014, 6, 9; Kobor in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, Stand Februar 2013, § 16 EStG Rn. 412, 425; Reiß in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 16 Rn. 154; Schmidt/Wacker, EStG, 32. Aufl., § 15a Rn. 215 f.; zum Buchwert des Kapitalkontos siehe auch BFH/NV 2007, 37, 38; BFH/NV 2010, 2056 Rn. 48; FG Berlin -Brandenburg, EFG 2012, 1837 f.; Hessisches FG, EFG 2011, 622, 623; zur Berücksichtigung des Agios als Anschaffungskosten siehe BFH, BStBl II 1980, 499, 500; BStBl II 2001, 24, 26; BStBl II 2006, 847, 850; Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 13. Februar 1981 - I 432/78, juris Rn. 24; Bundesminister der Finanzen, BStBl I 1976, 283). Die Besteuerung des negativen Kapitalkontos im Rahmen der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung ist Folge der früheren Verlustzurechnung (vgl. BFH, BStBl II 1981, 795, 798; BFH/NV 2006, 11 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987 - IVa ZR 204/86, WM 1988, 220, 221). Der dem Anleger ursprünglich zugeflossene Steuervorteil wird dadurch gleichsam wieder rückgängig gemacht (BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114).
- 20
- Ist dagegen das Kapitalkonto des Anlegers trotz der anfänglichen Verlustzuweisungen bei Übertragung des Fondsanteils nicht mehr negativ, weil dort in der Zwischenzeit nicht ausgeschüttete Gewinne angefallen sind, haben diese Gewinne in den betreffenden Veranlagungszeiträumen bei dem Anleger einkommenserhöhend gewirkt und die zuvor steuerrechtlich einkommensmindernd angesetzten Verluste insoweit kompensiert (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987 - IVa ZR 204/86, WM 1988, 220, 221). Für eine Anrechnung der Steuervorteile aus den Verlustzuweisungen bleibt dann kein Raum. Im Fall eines positiven Kapitalkontos hat der Anleger nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Schadensersatzleistung zwar nur unter Abzug des (positiven) Buchwerts des übertragenen Fondsanteils zu versteuern (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1989 - II ZR 235/88, WM 1989, 1925, 1926; Schmidt/Wacker, EStG, 32. Aufl., § 16 Rn. 310, 463 mwN); auch dadurch erlangt der Anleger aber in schadensrechtlicher Hinsicht aus der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung keinen Vorteil , weil er zuvor die Gewinne versteuern musste.
- 21
- d) Nach diesen Maßgaben hat das Berufungsgericht hier zu Unrecht anrechenbare außergewöhnliche Steuervorteile angenommen.
- 22
- aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann für die Frage des Vorliegens eines außergewöhnlichen Steuervorteils nicht isoliert auf einen Vergleich zwischen der Verlustzuweisung für 2002, die sich nach seinen Feststellungen auf 92% des Nominalwerts des Kommanditanteils belief, und der tatsächlichen Einlageleistung von 55% zuzüglich 3% Agio abgestellt werden, so dass die Verlustzuweisung unter Berücksichtigung des Agios rechnerisch mehr als 158% der Eigenleistung und ohne Berücksichtigung des hier zurückerstatte- ten Agios sogar 164% der Eigenleistung betragen würde. Vielmehr ist - wie oben dargelegt - eine Gesamtbetrachtung sämtlicher steuer- und schadensrechtlich relevanter Zahlungsströme vorzunehmen.
- 23
- Danach unterliegt die von der Beklagten geschuldete Schadensersatzleistung beim Kläger der Einkommensbesteuerung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, weil er aus der Beteiligung an V 2, einem Medienfonds, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Ob die Rückabwicklung der Fondsbeteiligung die Voraussetzungen einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Abs. 3 Satz 1 EStG erfüllt, kann dahinstehen. Die Steuerbarkeit der Ersatzleistung ergibt sich bereits aus den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften; § 16 EStG hat insoweit lediglich klarstellende Funktion (BFH, BStBl II 1989, 543, 544; Schmidt/ Wacker, EStG, 32. Aufl., § 16 Rn. 6).
- 24
- Daneben stellt auch die im Rahmen der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung erfolgende "Übernahme" eines - etwaigen - negativen Kapitalkontos durch die Beklagte einen steuerpflichtigen Gewinn nach § 16 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 EStG dar, wodurch der dem Kläger insoweit ursprünglich zugeflossene Steuervorteil aus den Verlustzuweisungen wieder rückgängig gemacht wird. Ob und in welcher Höhe vorliegend (noch) ein negatives Kapitalkonto besteht, hat das Berufungsgericht zwar nicht festgestellt und lässt sich auch dem Vorbringen der Parteien nicht entnehmen. Darauf kommt es aber - wie oben dargelegt - nicht an. Umstände, aus denen sich vorliegend ausnahmsweise etwas anderes ergeben könnte, hat die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht vorgetragen. Insbesondere ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung nichts anderes aus dem Umstand, dass die Verlustzuweisungen in den Jahren 2002 und 2003 von insgesamt 108.264 € die Einlageleistung des Klägers in Höhe von 66.000 € erheblich übersteigen. Ein dadurch entstandener und gegebenenfalls noch bestehender negativer Kapitalsaldo des Klägers unterläge, wie die Revision zu Recht geltend macht, als Teil des Veräußerungsgewinns der Besteuerung, wodurch der (noch bestehende) steuerliche Vorteil aus den Verlustzuweisungen kompensiert würde.
- 25
- bb) Soweit sich das Berufungsgericht auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs stützt, in denen ein außergewöhnlicher Steuervorteil jedenfalls dann in Betracht gezogen worden ist, wenn die Verlustzuweisung über die Einlageleistung hinausgeht, d.h. 100% der Einlageleistung übersteigt (vgl. BGH, Urteile vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 55 und vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 9; siehe ferner BGH, Urteile vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82, WM 1984, 1075, 1078 und vom 12. Februar 1986 - IVa ZR 76/84, WM 1986, 517, 520), sind diese Entscheidungen vorliegend nicht einschlägig. Dort hat sich der Bundesgerichtshof nicht damit befasst, ob und inwieweit ein - aufgrund einer nicht vollständigen Einzahlung der Einlage und einer damit einhergehenden über der tatsächlichen Einzahlung liegenden Verlustzuweisung entstandenes - negatives Kapitalkonto zu berücksichtigen ist (vgl. etwa BGH, Urteile vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82, WM 1984, 1075, 1078 und vom 12. Februar 1986 - IVa ZR 76/84, WM 1986, 517, 520). Dies ist indes - wie oben ausgeführt - hier zu bejahen.
- 26
- 2. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten hat die Revision nur teilweise Erfolg. Der dem Grunde nach außer Streit stehende Anspruch des Klägers aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB besteht nur in Höhe von 1.880,20 €. Der für die Berechnung der Anwaltskosten maßgebliche Gegenstandswert ist um die vom Berufungsgericht zu Unrecht angerechneten Steuervorteile zu erhöhen und beträgt damit - auch unter Berücksichtigung der weiteren geltend gemachten Ansprüche, soweit sie für den Gegenstandswert von Bedeutung sind - bis zu 80.000 €. Soweit das Berufungsgericht eine 1,3-fache Gebühr angesetzt hat, ist dies nicht zu beanstanden und von der Revision auch nicht angegriffen worden.
- 27
- 3. Die Hilfswiderklage, über die das Berufungsgericht aus seiner Sicht folgerichtig nicht entschieden hat, ist vom Landgericht zu Recht abgewiesen worden.
- 28
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt zwar ein Anspruch des Schädigers auf Herausgabe der dem Geschädigten zukünftig zufließenden anrechenbaren Vorteile, die bei der Bemessung des Ersatzanspruchs noch nicht berücksichtigt werden konnten, in Betracht (BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 41 f.). Ein solcher Anspruch steht der Beklagten hier jedoch nicht zu. Aufgrund der pauschalierenden Betrachtungsweise bei der Bemessung des Ersatzanspruchs scheidet eine "Herausgabe" steuerlicher Vorteile, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem Filmfonds erlangt hat, aus, wenn die entsprechende Ersatzleistung - wie hier - ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 43). Weitergehende Ansprüche der einen oder der anderen Partei des Abwicklungsschuldverhältnisses bestehen auch dann nicht, wenn und sobald eine endgültige Gegenüberstellung der steuerlichen Vor- und Nachteile möglich ist, weil es sich insoweit um einzelne Elemente des einheitlich zu behandelnden Rückabwicklungsanspruchs des Klägers handelt, über deren Bestehen oder Nichtbestehen bereits mit der Klage zu entscheiden ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 40). Die gegenteilige Auffassung würde dem Zweck der pauschalisierenden Betrachtungsweise, dem Zivilgericht unter Außerachtlassung der vielfältigen Besonderheiten der konkreten Besteuerung zu ermöglichen, einmalig und abschließend über den Ersatzanspruch zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 f., 39), zuwiderlaufen. Die Herausgabe dieser Vorteile durch den Anleger hätte insbesondere steuerrechtliche Auswirkungen, die wiederum zivilrechtlich nachvollzogen werden müssten (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1969 - VII ZR 121/67, BGHZ 53, 132, 138). Damit zwangsläufig einhergehende Unschärfen sind im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO hinzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1963 - III ZR 47/63, NJW 1964, 589). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger in Zukunft noch derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielen wird, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 43 f. mwN). Die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat indes - wie oben dargelegt - keinen dahingehenden Vortrag gehalten.
III.
- 29
- Das Berufungsurteil ist demnach - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision - in Höhe der vom Berufungsgericht angerechneten Steuervorteile und in Höhe weiterer 119,12 € ersatzfähiger vorgerichtlicher Anwaltskosten aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). In Höhe der genannten Beträge ist die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen und das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Die Hilfswiderklage bleibt abgewiesen.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 20.06.2011 - 37 O 138/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 20.12.2012 - 8 U 148/11 -
(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.
(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.
Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so haftet er für ihre bis dahin begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird; bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten genügt der Erlass eines Verwaltungsakts. Die Frist beginnt mit dem Ende des Tages, an dem das Ausscheiden in das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen wird. Die für die Verjährung geltenden §§ 204, 206, 210, 211 und 212 Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.
(2) Einer Feststellung in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art bedarf es nicht, soweit der Gesellschafter den Anspruch schriftlich anerkannt hat.
(3) Wird ein Gesellschafter Kommanditist, so sind für die Begrenzung seiner Haftung für die im Zeitpunkt der Eintragung der Änderung in das Handelsregister begründeten Verbindlichkeiten die Absätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. Dies gilt auch, wenn er in der Gesellschaft oder einem ihr als Gesellschafter angehörenden Unternehmen geschäftsführend tätig wird. Seine Haftung als Kommanditist bleibt unberührt.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.