Landgericht Köln Urteil, 10. Nov. 2016 - 24 O 216/16
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung der Kanzlei T & V gemäß Rechnung Nr. ####/16 in Höhe von 1.242,84 € freizustellen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, dem Kläger Deckungsschutz für die außergerichtliche wie gerichtliche Geltendmachung erster Instanz seiner Ansprüche gegenüber der Volkswagen AG zu erteilen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt von der Beklagten Deckungsschutz für eine beabsichtigte Klage gegen die Volkswagen AG wegen des sogenannten VW-Abgasskandals sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.
3Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit 2002 eine Privat-, Berufs- und Verkehrs- Rechtsschutzversicherung (Anl. K 9, Bl. 18-21 GA), der ursprünglich zugrundelagen die „E-ARB 2000“ (Anl. K 10, Bl. 29 ff. GA).
4Ab dem 20.07.2012 wurde die Versicherung auf Antrag des Klägers geändert (Anl. K 9, Bl. 22-26 GA); ihr lagen nunmehr zugrunde die „E-ARB 2010 Stand 01.01.2012“.
5Mit Kaufvertrag vom 17.02.2012 – also vor der Änderung des o.g. Versicherungsvertrages - kaufte der Kläger beim Autohaus C GmbH einen gebrauchten PKW der zum Volkswagenkonzern gehörenden Marke Seat, Modell Exeo ST Sport zu einem Preis von 24.500 €. Das Fahrzeug war erstmals am 02.08.2011 zugelassen worden und wies zum Zeitpunkt des Kaufs durch den Kläger eine Laufleistung von 9.620 km auf.
6Das vom Kläger erworbene Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor, der mit der dem VW-Abgasskandal zugrundeliegenden Manipulationssoftware ausgestattet ist. Tatsächlich hat der Motor daher im Betrieb einen höheren Schadstoffausstoß als auf dem Prüfstand erkennbar. Es ist demzufolge nach korrigierter Einstufung eine höhere Kfz-Steuer zu zahlen als sie bei Einhaltung der angezeigten Werte anfallen würde. Außerdem verfügt das Fahrzeug wegen der eingesetzten Abgasmanipulation möglicherweise nicht über eine gültige Betriebserlaubnis. Schließlich ist der Wiederverkaufswert des Fahrzeugs geringer als derjenige eines vergleichbaren Fahrzeugs, welches die niedrigeren Abgaswerte tatsächlich einhält.
7Mit Schreiben seiner Rechtsanwälte T & V vom 30.05.2016 (Anl. K 3, K 4, AnlH) wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Deckungsschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegenüber der Volkswagen AG sowie um Übernahme der bis jetzt angefallenen Rechtsanwaltskosten.
8Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 22.06.2016 (Anl. K 5, AnlH) wegen der aus ihrer Sicht mangelnden Erfolgsaussichten ab und verwies zudem auf § 3 Abs. 4 c) ARB 2010, wonach kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Ansprüchen besteht, die nach dem Eintritt des Rechtsschutzfalles auf den Versicherungsnehmer übergegangen sind.
9Unter dem 11.07.2016 (Anl. K 6, AnlH) machte der Kläger mit Schreiben seiner Rechtsanwälte T & V gegenüber der Volkswagen AG Schadensersatzansprüche geltend und begehrte die Rückzahlung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des erworbenen PKW.
10Der Kläger behauptet, das Auto sei damit beworben worden, dass es die Voraussetzungen der Euro-5-Abgasnorm erfülle.
11Ein Abwarten auf eine Nachbesserung mittels eines Softwareupdates sei ihm nicht zuzumuten. Diese sei zudem bislang nur vage in Aussicht gestellt worden.
12Der Kläger beantragt,
131. die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Forderung der Kanzlei T & V gemäß Rechnung Nr. ####/16 in Höhe von 1.242,84 € freizustellen,
142. die Beklagte zu verurteilen, Deckungsschutz für die außergerichtliche wie gerichtliche Geltendmachung erster Instanz der Ansprüche des Klägers gegenüber der Volkswagen AG zu erteilen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte meint, die Interessenwahrnehmung des Klägers habe keine Erfolgsaussicht. Allenfalls könne der Kläger gegen seinen Verkäufer vorgehen, nicht jedoch gegen die Volkswagen AG.
18Hierzu behauptet sie, es sei ungeklärt, welche Personen in welcher Form und mit Kenntnis welchen Personenkreises die Manipulationssoftware zum Einsatz gebracht hätten.
19Zudem bestehe derzeit kein Schaden, da das Fahrzeug funktionstüchtig sei und die beabsichtigte Nacherfüllung zur Mangelfreiheit führen werde.
20Bei der Seat AG handele es sich um eine gegenüber der Volkswagen AG rechtlich selbständige Aktiengesellschaft. Die Volkswagen AG habe daher das Fahrzeug jedenfalls nicht beworben.
21Der Kläger habe zudem keinen Anspruch auf Deckungsschutz, weil er das Fahrzeug – unstreitig - gebraucht erworben habe; hierdurch seien die behaupteten Ansprüche allenfalls nach Eintritt des Rechtsschutzfalles auf den Kläger übergegangen.
22Der Rechtsschutzfall werde durch das erste Ereignis ausgelöst, durch das der Schaden verursacht worden sei. Dies sei hier das erste Inverkehrbringen des mit der Manipulationssoftware ausgestatteten Fahrzeugs.
23Einen originären Anspruch gegen die Volkswagen AG habe der Kläger nicht, weil er ein bereits latent mit einem Schaden behaftetes Fahrzeug erworben habe und die Volkswagen AG hierfür keine erneute gegen den Kläger gerichtete schadensverursachende Handlung begangen habe.
24Deliktische Ansprüche seien allenfalls dem Vorbesitzer entstanden und durch den Weiterverkauf des Fahrzeugs auf den Kläger übergegangen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe
27Die Klage ist begründet.
281.
29Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Deckungsschutz im beantragten Umfang nach § 26 Absätze 1 und 3, § 2 a), § 4 Abs. 1 a E-ARB 2000.
30a.
31Danach besteht für den Kläger Versicherungsschutz für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, soweit diese nicht auf einer Vertragsverletzung oder der Verletzung eines dinglichen Rechts an Grundstücken oder Gebäuden beruhen.
32Der von dem Kläger verfolgte Anspruch fällt hierunter.
33b.
34Die Beklagte kann den Rechtsschutz nicht wegen mangelnder Erfolgsaussichten der vom Kläger angestrebten Rechtsverfolgung ablehnen.
35Nach § 1 E-ARB 2000 trägt der Versicherer die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers erforderlichen Kosten. Erforderlich sind die Leistungen nur, wenn sie sich auf eine objektiv notwendige Interessenwahrnehmung beziehen (BGH VersR 2005, 936, Rn. 9, zitiert nach juris). Darunter fällt auch, dass die Interessenwahrnehmung hinreichende Aussicht auf Erfolg haben muss.
36Dies ist hier der Fall. Die beabsichtigte Klage des Klägers gegen die Volkswagen AG hat hinreichende Aussicht auf Erfolg.
37Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das erstinstanzliche Gericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Volkswagen AG nach § 826 BGB bejahen wird.
38Es ist gerichtsbekannt, dass die Volkswagen AG von ihr gebaute Motoren mit einer manipulierten Software in den Verkehr gebracht hat, die einen geringeren als den tatsächlich vorhandenen Schadstoffausstoß vortäuscht.
39Dass hierdurch die Käufer der mit diesen Motoren ausgestatteten Fahrzeuge (mögen sie nun von der Volkswagen AG selbst vertrieben werden oder von einer ihrer Konzerngesellschaften, z.B. der Seat AG) geschädigt werden, weil sie – unabhängig von der Frage, ob der Betrieb eines derart manipulierten Fahrzeugs überhaupt erlaubt ist - auf dem deutschen Markt wegen des tatsächlich höheren Schadstoffausstoßes auch eine höhere Kraftfahrzeugsteuer zahlen müssen und der Wiederverkaufswert der Fahrzeuge geringer ist, liegt auf der Hand. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob es sich bei dem betroffenen Käufer um einen Erst- oder Zweitkäufer handelt. Auch der Zweitkäufer erleidet mit dem Erwerb des Fahrzeugs den genannten Schaden.
40Diese Schädigung ist auch sittenwidrig, weil die für die Käufer schädliche Softwaremanipulation gerichtsbekanntermaßen aus Gewinnstreben und dem Bemühen heraus erfolgte, durch hohe Verkaufszahlen der scheinbar besonders effektiven Motoren eine herausgehobene Marktposition zu erlangen.
41Es ist insbesondere auch nicht unwahrscheinlich, dass das erstinstanzliche Gericht die sittenwidrige Schädigung der Volkswagen AG zurechnen wird.
42Es kann dahinstehen, ob sich im Rahmen des Gerichtsverfahrens erweisen wird, dass die Softwaremanipulation mit positiver Kenntnis von Vorstandsmitgliedern der Volkswagen AG erfolgte, wofür es Indizien geben mag.
43Jedenfalls wäre es nämlich nicht unwahrscheinlich, dass das erstinstanzliche Gericht eine Haftung der Volkswagen AG über §§ 826, 31 BGB unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens (vgl. zur Haftung für Organisationsverschulden Belling in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 831 Rz. 21 ff.) annehmen wird. Wenn nämlich zunächst firmenintern ein hoher Druck aufgebaut wird, um die besonders niedrigen Abgaswerte zu erreichen, sich dies dann über einen längeren Zeitraum als technisch unmöglich darstellt und dann plötzlich doch eine technische Lösung im Raum steht, hätte diese überraschende Lösung von den Organen der Volkwagen AG kritisch hinterfragt werden müssen.
44Abgesehen davon dürfte die Volkswagen AG auch nach § 831 BGB für das Verhalten ihrer Mitarbeiter haften, die die Motoren mit der Manipulationssoftware entwickelt haben. Sie waren Verrichtungshilfen der Volkswagen AG. Es lag auch für sie auf der Hand, dass die Kunden durch den Einsatz der Softwaremanipulation – wie oben ausgeführt - widerrechtlich geschädigt werden würden. Die schädigende Handlung der Mitarbeiter erfolgte auch nicht nur bei Gelegenheit ihrer Verrichtung, sondern gerade in Ausführung ihrer Verrichtung, nämlich der Entwicklung eines Motors, der die fraglichen Abgaswerte einhalten sollte. Den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB wird die Volkswagen AG aller Wahrscheinlichkeit nach nicht führen können.
45Sollte das erstinstanzliche Gericht dementsprechend einen Schadensersatzanspruch des Klägers bejahen, wäre der Kläger von der Volkswagen AG so zu stellen, wie wenn er den Kaufvertrag über das fragliche Fahrzeug nicht geschlossen hätte. Daher könnte er – wie von ihm begehrt – von der Volkswagen AG eine Zahlung in Höhe des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs verlangen, § 249 BGB.
46Da – wie vorstehend dargelegt – mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein deliktischer Anspruch des Klägers gegen die Volkswagen AG besteht, kann der Kläger nicht – wie die Beklagte meint – auf ein gerichtliches Vorgehen gegen die Seat AG oder seinen Verkäufer verwiesen werden.
47c.
48Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rechtsschutz ist auch nicht wegen eines Anspruchsübergangs nach Eintritt des Rechtsschutzfalles ausgeschlossen.
49Kein Rechtsschutz besteht nach § 3 Abs. 4 c) E-ARB 2000 für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Ansprüchen, die nach dem Eintritt des Rechtsschutzfalls auf den Versicherungsnehmer übergegangen oder übertragen worden sind.
50Gemäß § 4 Abs. 1 a) E ARB 2000 tritt der Rechtsschutzfall im Bereich des Schadensersatzrechtsschutzes mit dem ersten Ereignis ein, durch das der Schaden verursacht wurde. Dies könnte vom Ansatz her der Zeitpunkt, in dem der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit der Manipulationssoftware zum ersten Mal in Verkehr gebracht wurde.
51Dass dieser Zeitpunkt vor dem Erwerb des Fahrzeugs durch den Kläger lag, der es erst später gebraucht erworben hat, ist vorliegend gleichwohl unschädlich.
52Ein Rechtsschutzfall kann nämlich frühestens dann eintreten, wenn ein sogenannter fassbarer Bezug des schädigenden Verhaltens zum Versicherungsnehmer eingetreten ist (BGH Urteil vom 30.04.2014 - IV ZR 47/13 - VersR 2014, 742).
53Ein fassbarer Bezug zum Kläger als Versicherungsnehmer ist vorliegend erst mit dem Kauf des Gebrauchtwagens eingetreten. Weil das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt bereits mangelbehaftet war, hat der Kläger seinen Schadenersatzanspruch zeitgleich mit dem Eintritt des Rechtsschutzfalles erworben und nicht erst später.
542.
55Da der Kläger nach den obigen Ausführungen gegen die Beklagte einen Anspruch auf Deckungsschutz hat, steht ihm auch der begehrte Anspruch auf Freistellung von den vorprozessualen Gebühren seiner Rechtsanwälte T & V zu.
563.
57Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
58Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 10. Nov. 2016 - 24 O 216/16
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Landgericht Köln Urteil, 10. Nov. 2016 - 24 O 216/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt Versicherungsschutz aus einem am 1. Februar 1999 abgeschlossenen und von der Beklagten zum 1. Februar 2011 gekündigten Rechtsschutzversicherungsvertrag mit den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 94 (ARB 94 - vgl. VerBAV 1994, 97).
- 2
- Im März 1999 beteiligten sich die Klägerin und ihr mitversicherter Ehemann im Umfang von 258.300 DM als atypische stille Gesellschafter an der S. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG (S. AG), die sich als Teil des Unternehmensverbundes "… " unter anderem mit Erwerb und Verwaltung von Immobilien , Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen befasste. Das Anlagekonzept nach dem so genannten Steigermodell (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03, WM 2005, 838) sah für die Ge- sellschafter Gewinn- und Verlustbeteiligungen, Nachschusspflichten, steuerliche Verlustzuweisungen und bei Ablauf der steuerlichen Verlustphase weitere Beteiligungen an neuen Unternehmenssegmenten vor mit erneuten steuerlichen Verlusten. 2007 wurde über das Vermögen der S. AG das Insolvenzverfahren eröffnet.
- 3
- Die Klägerin und ihr Ehemann warfen Konzeptanten, Initiatoren und ehemaligen Vorständen der S. AG Betrug, Kapitalanlagebetrug und vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vor; das Steigermodell sei von Anfang an nicht tragfähig gewesen. Für die außergerichtliche und gerichtliche Interessenwahrnehmung bei der Verfolgung der darauf gestützten Schadensersatzansprüche erteilte die Beklagte Deckungsschutz.
- 4
- 2010 erhielten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Hinweise auf eine deliktische Verantwortlichkeit der für die Beteiligungsunternehmen und ihre Verantwortlichen tätigen Wirtschaftsprüfer und Berater, die als deren Gehilfen seit Anfang 1993 unter anderem durch unzutreffende unbeschränkte Testierungen der Verschmelzungsverträge und sämtlicher Abschlüsse der Gruppengesellschaften sowie weitere Unterstützungshandlungen ebenfalls den Anlegern schadensersatzpflichtig seien. Auf ihre entsprechenden Deckungsschutzanfragen teilte die Beklagte im nachfolgenden Schriftverkehr jeweils mit, dass noch Zweifel an der hinreichenden Erfolgsaussicht dieser Interessenwahrnehmung bestünden und weitere Informationen und Unterlagen erforderlich seien.
- 5
- Die Klägerin begehrt Feststellung, dass ihr die Beklagte Kostenschutz für die außergerichtliche und gerichtliche Interessenwahrnehmung in erster Instanz sowie für ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung und der ihres Ehemannes an der S. AG zu gewähren hat.
- 6
- Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Einwand fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Interessenwahrnehmung und Mutwilligkeit bei der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gemäß § 18 (1) ARB 94 noch erheben kann, ob die Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch eine Gebührenverzichtszusage vor Mandatserteilung das Abtretungsverbot des § 17 (7) ARB 94 umgangen haben und ob der Rechtsschutzfall in versicherter Zeit eingetreten ist gemäß § 4 (1) Satz 1
a) ARB 94, der lautet: "§ 4 Voraussetzungen für den Anspruch auf Rechtsschutz
- (1)
- Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles
a) im Schadenersatz-Rechtsschutz gemäß § 2 a) von dem ersten Ereignis an, durch das der Schaden verursacht wurde oder verursacht worden sein soll; …
c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sein. …"
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision bleibt ohne Erfolg.
- 9
- Die Klägerin hat aus ihrer Rechtsschutzversicherung Anspruch auf Deckungsschutz für die Interessenwahrnehmung gegenüber den Wirtschaftsprüfungs - und Beratungsgesellschaften. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2013, 579 abgedruckt ist, hat im Ergebnis zutreffend den vorvertraglichen Eintritt des Versicherungsfalles verneint (nachfolgend zu I.) und die Einwände der Beklagten aus § 18 (1) ARB 94 (fehlende Erfolgsaussicht und Mutwilligkeit der Interessenwahrnehmung - nachfolgend zu II.) und § 17 (7) ARB 94 (Umgehung des Abtretungsverbots - nachfolgend zu III.) nicht durchgreifen lassen.
- 10
- I. Zum Eintritt des Versicherungsfalles
- 11
- 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
- 12
- Dem Anspruch auf Versicherungsschutz stehe nicht die Vorvertraglichkeit des Rechtsschutzfalles gemäß § 4 (1) Satz 1 a) ARB 94 entgegen. Der verständige, auch den Sinnzusammenhang und Zweck der Klausel in den Blick nehmende Versicherungsnehmer werde erkennen, dass sie dem reinen Wortlaut nach offensichtlich zu weit gefasst sei und den Versicherungsschutz faktisch leerlaufen lasse. Er werde sie daher so verstehen, dass das den Rechtsschutzfall bestimmende Erstereignis nur ein solches sein könne, das sich auf seine Rechtsgüter auszuwirken vermöge und deshalb den Eintritt eines Schadens gerade für ihn hinrei- chend wahrscheinlich mache, mithin einen fassbaren Bezug zu seiner Person habe. Danach sei für das Erstereignis auf den Beteiligungsvertrag und die dabei vom Versicherungsnehmer behauptete, seine Interessen erstmals berührende Pflichtverletzung des Haftpflichtigen abzustellen. Dem stehe die von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 (1) Satz 1 c) ARB 94 (Urteil vom 28. September 2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684) nicht entgegen, die zur Auslegung der streitgegenständlichen Klausel nichts beitragen könne.
- 13
- 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 14
- Die Beklagte ist nach §§ 1, 2 a), 4 (1) Satz 1 a) ARB 94 vertraglich verpflichtet, der Klägerin den begehrten Deckungsschutz zu gewähren. Der mit der Revision weiterhin geltend gemachte Vorvertragseinwand greift nicht durch; der Rechtsschutzfall ist erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages und damit nach dem Beginn des Versicherungsschutzes mit der Beteiligung an der S. AG eingetreten und nicht bei Testierungen und weiteren Unterstützungshandlungen Jahre zuvor.
- 15
- a) Die von § 4 (1) Satz 1 a) ARB 94 festgeschriebene Anknüpfung an die erste Ursache des Schadens kann zu einer die Wirksamkeit in Frage stellenden sehr weiten Vorverlagerung des Versicherungsfalles führen.
- 16
- aa) Bei wortlautkonformer Anwendung birgt dies die Gefahr einer uferlosen Rückverlagerung in sich, die den berechtigten Interessen des Versicherungsnehmers widerspricht (statt aller Looschelders/Paffenholz, ARB [2014] § 4 ARB 2010 Rn. 14). Dieser wird daher nach gefestigter Rechtsprechung des Senats nur solche Ursachen als für den Beginn des Versicherungsschutzes maßgebende Ereignisse verstehen, die der Schadensersatzpflichtige, gegen den er Ansprüche erhebt, zurechenbar gesetzt hat und die den Eintritt irgendeines Schadens, den er von diesem ersetzt bekommen will, nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen (grundlegend Senatsurteil vom 25. September 2002 - IV ZR 248/01, VersR 2002, 1503 unter 2 b bb = juris Rn. 15, 16). Für den Eintritt des Versicherungsfalles ist danach auf den Tatsachenvortrag abzustellen, mit dem der Versicherungsnehmer seinen Schadensersatzanspruch begründet. Frühester Zeitpunkt ist das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten ihm gegenüber, auf das er sein Ersatzverlangen stützt (Senatsurteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 1 a = juris Rn. 8). Nicht die objektiven Gegebenheiten bilden mithin das den Rechtsschutzfall auslösende Kausalereignis , sondern die vom Versicherungsnehmer behaupteten Vorgänge , für die der Anspruchsgegner ihm gegenüber haftungsrechtlich verantwortlich sein und durch die er ihn geschädigt haben soll; auf Schlüssigkeit und Beweisbarkeit dieses Vortrages kommt es dabei nicht an (Senatsurteil aaO Rn. 9; Looschelders/Paffenholz aaO Rn. 18 m.w.N.).
- 17
- Nur in dieser einschränkenden Auslegung nach dem maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, der bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs auch seine Interessen beachtet (Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 und ständig), hält diese Klausel einer Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) stand.
- 18
- bb) Insoweit unterscheidet sie sich nicht von der für Rechtsschutzfälle nach § 4 (1) Satz 1 c) ARB 94 mit ihrer Anknüpfung an den Verstoß gegen Rechtspflichten und Rechtsvorschriften. Auch dabei kommt es für die Festlegung des Rechtsschutzfalles nach ständiger Rechtsprechung des Senats unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die vorgenannten von ihm zum Schadensersatzrechtsschutz entwickelten Grundsätze auf die dem Vertragspartner vorgeworfene Pflichtverletzung und den dazu gehaltenen Tatsachenvortrag an, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß begründet, unabhängig von Schlüssigkeit, Substantiiertheit und Entscheidungserheblichkeit der Behauptung (grundlegend: Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684 unter I 2 a = juris Rn. 20; ferner Senatsurteile vom 24. April 2013 - IV ZR 23/12, VersR 2013, 899 Rn. 12 und vom 19. November 2008 - IV ZR 305/07, VersR 2009, 109 Rn. 19; Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2007 - IV ZR 37/07, VersR 2008, 113 Rn. 3; Looschelders/Paffenholz aaO Rn. 45, 46 m.w.N.).
- 19
- cc) Das erfüllt zugleich den "fassbaren Bezug des Erstereignisses zur Person des Geschädigten", der von der Rechtsprechung und Literatur insbesondere bei auf Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten und Unterlassen beruhenden Haftungen oder Gefährdungshaftungen für die Festlegung des schädigenden Ereignisses herangezogen wird (Looschelders /Paffenholz aaO Rn. 17; Harbauer/Maier, ARB 8. Aufl. § 4 ARB 2000 Rn. 19, 20; OLG Koblenz VersR 2013, 99, 100; OLG Karlsruhe VersR 2013, 579, 581 - Berufungsurteil). Die schadensersatzbegründende Pflichtverletzung muss - nach der Darstellung des Versicherungsnehmers - ihm gegenüber begangen sein. Nur darauf kann er einen eigenen Anspruch gegen den Schädiger stützen, den er im Prozesswege mit dem Deckungsschutz seines Rechtsschutzversicherers durchsetzen möchte. Das gilt nach der vorgenannten Rechtsprechung des Senats für die Versicherungsfälle nach § 4 (1) Satz 1 a) und c) ARB 94 unterschiedslos. Beide Rechtsschutzfälle sind - für den Versicherungsnehmer erkennbar - nach Wortlaut, Systematik und Zweck gleichermaßen über die Verletzung von Pflichten eines zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnisses festgelegt (vgl. Harbauer/Maier aaO Rn. 19; Prölss/ Martin/Armbrüster, VVG 28. Aufl. § 4 ARB 2008/II Rn. 7). Ob sich die Pflichtverletzungen gegenüber dem geschädigten Versicherungsnehmer auf gesetzliche oder vertragliche Schuldverhältnisse beziehen sollen, ist insoweit ohne Belang. Das den Eintritt des Rechtsschutzfalles bestimmende schädigende Verhalten muss mithin gegenüber dem Versicherungsnehmer begangen sein. Ohne diesen Bezug fehlte seinem Tatsachenvortrag die anspruchsbegründende Eignung und damit zugleich die Eignung, einen Versicherungsfall auszulösen. In diesem Punkt stimmt bei der Verschuldenshaftung das einen Rechtsschutzfall nach § 4 (1) Satz 1 a) ARB 94 begründende erste schadenverursachende Ereignis mit dem nach § 4 (1) Satz 1 c) ARB 94 überein (vgl. Harbauer/Maier aaO Rn. 13).
- 20
- Der Rechtsschutzfall wird demgemäß beim verstoßabhängigen Rechtsschutz wie beim Schadensersatzrechtsschutz in gleicher Weise über den Eintritt des dem Anspruchsgegner angelasteten pflichtwidrigen Verhaltens ihm gegenüber als frühest möglicher Zeitpunkt festgelegt (Senatsurteil vom 24. April 2013 - IV ZR 23/12, VersR 2013, 899 Rn. 12).
- 21
- b) Das ist hier der Vorwurf, Wirtschaftsprüfer und Beratungsunternehmen hätten Beihilfe zu vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, Betrug und Kapitalanlagebetrug der für das Anlagekonzept Verantwortlichen geleistet. Die Klägerin stützt ihre behaupteten Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264a StGB, §§ 826, 830 BGB auf die Unterstützung des diesen Verantwortlichen auf Seiten der S. AG als Haupttäter bei ihrer Kapitalanlage angelasteten deliktischen Verhaltens, gegenüber dem sich die Beklagte trotz der Jahre zurückliegenden Produktentwicklung folgerichtig nicht auf den Vorvertragseinwand berufen hat (zu den objektiven und subjektiven Haftungsvoraussetzungen wegen Beihilfe zur Schädigung von Anlegern durch Fondsinitiatoren vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, WM 2014, 71 Rn. 28-36). Damit scheiden die Erstellung falscher Testate und weitere Unterstützungshandlungen seit 1993 als Eintrittszeitpunkt für den Rechtsschutzfall aus.
- 22
- Die vorgehaltene Beihilfe kann ihre anspruchsbegründende Wirkung erst bei Begehung der Haupttat im Zeitpunkt der Anlageentscheidung entfaltet haben, nicht bei den - vorbereitenden - Förderungshandlungen , die in betrügerischer Weise bei Entwicklung und Vertrieb ihres Anlageprodukts mit eingesetzt worden sein sollen. Gegenüber potentiellen Anlegern wie der Klägerin und ihrem Ehemann bestanden damals noch keine gesetzlichen oder schuldrechtlichen Pflichtenbeziehungen, aus deren Verletzung sie Ansprüche hätten herleiten können. Solche kommen frühestens bei der Anbahnung des Anlagegeschäfts in Betracht, wenn sich der Gehilfenbeitrag für Anlageinteressenten manifestiert. Erst dann wird auch ein Schaden von Anlagezeichnern im Sinne der vorgenannten Senatsrechtsprechung hinreichend wahrscheinlich. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin aber schon rechtsschutzversichert.
- 23
- c) Das steht nicht im Widerspruch zu den von der Beklagten für ihren gegenteiligen Standpunkt herangezogenen Beschlüssen des Oberlandesgerichts München vom 31. Januar und 10. März 2011 (25 U 4100/10, juris). Diesen Entscheidungen lag ein § 4 (1) Satz 1 c) ARB 94 entsprechender verstoßabhängiger Rechtsschutzfall zugrunde, ausgelöst durch eine fehlerhafte jährliche Abrechnungspraxis eines Verwalters, mit der er begonnen haben soll, als der um Deckungsschutz nachsuchende Wohnungseigentümer noch nicht rechtsschutzversichert war. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung gegenüber den Wohnungseigentümern bestand indes schon zu diesem Zeitpunkt, und damit auch ihre behauptete Verletzung. Der danach erfolgte Abschluss einer Rechtsschutzversicherung vermag dem für diese Pflichtverletzung, die in den Folgejahren lediglich beibehalten wurde, begründeten Vorvertragseinwand nicht die Grundlage zu entziehen. Die dem Verwalter angelasteten, Jahr für Jahr wiederholten pflichtwidrigen Abrechnungen bilden zwar mehrere Verstöße, die aber wegen ihrer Gleichartigkeit und ihres natürlichen Handlungszusammenhangs als Dauerverstoß anzusehen sind (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG 28. Aufl. § 4 ARB 2008/II Rn. 59), bei der die erste Pflichtverletzung den Rechtsschutzfall auslöst.
- 24
- Die von der Revision erneut in Bezug genommenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts München vom 15. Februar 2012 (25 U 61/12) und 12. März 2012 (25 U 455/12) betreffen zwar einen vergleichbaren Sachverhalt, vermögen aber den Rechtsstandpunkt der Beklagten nicht zu stützen; sie verkennen den - wie ausgeführt - erforderlichen Zusammenhang der behaupteten Pflichtverletzung gegenüber dem Versicherungsnehmer.
- 25
- d) Entgegen der Revision werden durch die gebotene zeitliche Anknüpfung an die Anlageentscheidung im Streitfall keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet über sogenannte Zweckabschlüsse, die durch die Rechtsschutzfallklauseln unterbunden werden sollen (vgl. Prölss/Martin/ Armbrüster aaO Rn. 39; Harbauer/Maier, ARB 8. Aufl. § 4 ARB 2000 Rn. 3).
- 26
- Mit dem maßgeblichen Pflichtverletzungsvorwurf erhält der Versicherungsnehmer Anlass, für die Durchsetzung seiner Rechte kostenauslösende Maßnahmen zu ergreifen (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684 unter I 3 c). Von diesem Zeitpunkt an kommt der Abschluss einer kostenüberwälzenden Rechtsschutzversicherung nicht mehr in Betracht. Ein solcher Zweckabschluss scheidet aber aus, wenn - wie hier - bei der Entwicklung eines Anlageprodukts noch keinerlei Grund und Möglichkeit für kostenauslösende Maßnahmen besteht. Ebenso wenig wie bei etwa anlässlich eines einzugehenden Mietverhältnisses oder beabsichtigten Erwerbs eines Kraftfahrzeugs zur Teilnahme am Straßenverkehr genommenen Rechtsschutzversicherungen handelt es sich beim Abschluss einer Rechtsschutzversicherung um einen derartigen Zweckabschluss, wenn sich der Versicherungsnehmer schon mit Geldanlagegedanken trägt.
- 27
- II. Zum Einwand aus § 18 (1) ARB 94
- 28
- 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich nicht mehr darauf berufen, die beabsichtigte Interessenwahrnehmung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens sei mutwillig, § 18 ARB 94. Sie hätte der Klägerin auf ihre Deckungsschutzanträge unverzüglich eine etwaige Leistungsablehnung mitteilen müssen und sich nicht darauf zurückziehen dürfen, die Erfolgsaussicht mangels fehlender Informationen noch nicht prüfen zu können. Der Verstoß gegen die Prüfungspflicht habe den Verlust ihres Ablehnungsrechts wegen fehlender Erfolgsaussicht zur Folge.
- 29
- 2. Diese Beurteilung trifft zu.
- 30
- Nach ständiger, vom Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegter Rechtsprechung hat der Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Erfolgsaussicht und Stellungnahme über die Eintrittspflicht für den Versicherer den Verlust der darauf gestützten Ablehnungsrechte aus § 18 ARB 94 zur Folge (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 2; OLG Celle r+s 2007, 57, 59; OLG Karlsruhe r+s 2004, 107, 109; OLG Köln, Beschluss vom 15. September 2008 - 9 W 59/08, juris Rn. 8 f.).
- 31
- Ohne Erfolg hält die Revision dagegen dem Berufungsgericht vor, verkannt zu haben, dass der von ihm nicht behandelte Einwand der Mutwilligkeit der Durchführung des nachgeschobenen Schlichtungsverfahrens von dieser Vorschrift nicht erfasst werde. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Parteivortrag zum Kostenschutz für das Güteverfahren befasst und seine rechtliche Prüfung ausdrücklich auf den Einwand der Mutwilligkeit eines Schlichtungsverfahrens erstreckt, § 18 (1) a) ARB 94. Dabei hat es - was auch die Revision einräumt - zu Recht die Begründung der Beklagten herangezogen, das nachgeschobene Schlichtungsverfahren sei mutwillig, weil für alle Beteiligten erkennbar aussichtslos. Auf fehlende Erfolgsaussicht kann sich die Beklagte nach der von der Revision unangegriffenen Verletzung ihrer Pflicht zur entsprechenden Prüfung und Stellungnahme gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin - wie vorstehend ausgeführt - nicht mehr berufen. Damit ist ihr im Streit- fall - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - auch der allein darauf gestützte Mutwilligkeitseinwand entzogen.
- 32
- III. Zum Einwand aus § 17 (7) ARB 94
- 33
- 1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es für den Einwand einer Umgehung des Abtretungsverbots nach § 17 (7) ARB 94 bereits an substantiiertem Vortrag, der geeignet wäre, die Annahme eines entsprechenden Verstoßes zu begründen. Selbst der von der Beklagten vorgetragene Verzicht auf Gebührenansprüche begründe keinen Verstoß gegen das Abtretungsverbot. Zudem stehe dies im Widerspruch zu der Rahmenvereinbarung mit den Prozessbevollmächtigten der Klägerin über die Gebührenhöhe bei ihrer Inanspruchnahme aus der Rechtsschutzversicherung wegen der streitgegenständlichen Ansprüche. Es handele sich insgesamt um unzulässige Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein". Der Antrag auf Parteivernehmung der Klägerin sei ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag, der lediglich der Ausforschung des Sachverhalts diene.
- 34
- 2. Auch das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 35
- Zutreffend hat das Berufungsgericht die von der Beklagten herangezogene Korrespondenz der Klägerin mit ihren Prozessbevollmächtigten über ihre Kostenbelastung nicht als substantiierten Vortrag für den erhobenen Verzichtseinwand bewertet. Der mit diesem Schriftwechsel erkennbar verfolgten Klärung des persönlichen Kostenrisikos vorab ist ein darüber hinausgehender Gebührenverzicht nach revisionsrechtlich beanstandungsfreier tatrichterlicher Würdigung nicht zu entnehmen; der darauf gestützte Verzichtseinwand ist ohne Substanz. Eine Parteivernehmung der Klägerin dazu kam nicht in Betracht.
- 36
- Auf die Frage der Erheblichkeit dieses Einwandes - insbesondere ob dem eine zulässige Abtretung von Versicherungsansprüchen an die eigenen Prozessbevollmächtigten zugrunde liegt, wie die Revisionserwiderung meint - kommt es danach nicht mehr an.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 21.08.2012- 1 O 13/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 15.01.2013- 12 U 155/12 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.