Landgericht Köln Urteil, 17. März 2016 - 91 O 41/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zur Vollstreckung gelangenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger erhebt Nichtigkeitsfeststellungs- und Anfechtungsklage.
3Herr X ist Gesellschafter der Beklagten und hielt einen Geschäftsanteil von 49 % des Stammkapitals. Der Kläger hielt zunächst einen Geschäftsanteil von 31 %, während sein Vater M, der Onkel des Herrn X, den restlichen Geschäftsanteil von 20 % inne hatte. Sowohl Herr X als auch der Kläger waren Geschäftsführer der Beklagten. Im Laufe des Jahres 2013 kam es zu einem Zerwürfnis zwischen Herrn X einerseits sowie dem Kläger und seinem Vater andererseits.
4Anlässlich einer Gesellschafterversammlung vom 06.09.2013 wurde beschlossen, dass eine erneute Pensionszusage zu Gunsten des Klägers nicht erfolgen solle. Zunächst hatte eine solche bestanden. Im Zuge von Verhandlungen über die Veräußerung des Unternehmens kam es jedoch zur Kündigung zweier Lebensversicherungen, die die Gesellschaft zur Absicherung zweier Pensionszusagen zu Gunsten der beiden Geschäftsführer geschlossen hatte. Trotz des Beschlusses der Gesellschafterversammlung, dass eine erneute Pensionszusage zu Gunsten des Klägers nicht erfolgen solle, schloss dieser mit der Beklagten, vertreten durch ihn selbst, am 28.11.2013 eine Vereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung i.H.v. 250.821,04 EUR bei Vollendung des 67. Lebensjahres. Der Zusage folgend nahm die Beklagte, wiederum vertreten durch den Kläger, den Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages vor und überwies den vereinbarten Einmalbetrag von 200.000 EUR an den Versicherer. Außerdem vereinnahmte der Kläger Leistungen zur Urlaubsabgeltung und als Weihnachtsgeld, obwohl sein Anstellungsvertrag vom 18.12.2009 derartige Leistungen nicht vorsah. Schließlich ließ sich der Kläger für private Zwecke ein Darlehen i.H.v. 180.000 EUR gewähren, wobei die Gesellschaft von Herrn M vertreten wurde.
5Nachdem Herr X hiervon Kenntnis erlangt hatte, verlangte er mit Schreiben vom 03.02.2014 die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zwecks Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und Einziehung seines Geschäftsanteils. Nachdem der Kläger dem nicht nachgekommen war, lud Herr X selbst mit Schreiben vom 25.02.2014 den Kläger und seinen Vater, der damals noch als Gesellschafter in die Gesellschafterliste eingetragen war, zu einer Gesellschafterversammlung am 07.03.2014. Kurz zuvor, nämlich am 05.03.2014, hatte Herr M seinem Sohn den Geschäftsanteil von 20 % übertragen. Die entsprechende Änderung der Gesellschafterliste wurde aber erst am 13.03.2014 eingetragen. In der Gesellschafterversammlung vom 07.03.2014, in der Herr X unter Bezugnahme auf § 9 des Gesellschaftsvertrages, wonach der Gesellschafter mit dem größten Geschäftsanteil die Versammlungsleitung übernehmen sollte, die Versammlung leitete, stellte er unter anderem die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer aus wichtigem Grund sowie die Einziehung seines Geschäftsanteils als auch die Einziehung des ausweislich der Gesellschafterliste noch Herrn M zustehenden Geschäftsanteils zur Abstimmung. Er stellte schließlich fest, dass der Abberufungsbeschluss zustande gekommen sei. Ferner stellte er fest, dass die Einziehung der Geschäftsanteile der beiden anderen Gesellschafter beschlossen sei.
6Die daraufhin vom Kläger erhobene Anfechtungsklage wies das Landgericht Köln (6. Kammer für Handelssachen, Urteil vom 25.09.2014 - 86 O 37/14) ab. In der Berufungsinstanz bestätigte das Oberlandesgericht mit Urteil vom 28.05.2015 (18 U 181/14) die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer aus wichtigem Grund. Zur Begründung führte der Senat im Anschluss an die Kammer aus, dass der Kläger Weihnachtsgeld und Urlaubsabgeltung bezogen habe, ohne hierauf einen Anspruch gehabt zu haben. Ferner habe er sich selbst eine Pensionszusage erteilt und hierzu eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen, ohne hierzu berechtigt gewesen zu sein. Schließlich habe er sich ohne Vorliegen eines Gesellschafterbeschlusses selbst ein Darlehen von 180.000 EUR bewilligt. Diese Pflichtverletzungen seien schwer wiegend und es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger künftig an die Grenzen seiner Befugnisse als Geschäftsführer halten werde, weshalb seine Abberufung als Geschäftsführer gerechtfertigt gewesen sei.
7Die Einziehung der beiden Geschäftsanteile des Klägers sei indessen nicht wirksam, weil die zwangsweise Einziehung eines Geschäftsanteils die ultima ratio darstelle. Zum Schutz des Herrn X genüge die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer.
8Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln ist nicht rechtskräftig, weil die Parteien des vorgenannten Rechtsstreits - der Kläger dieses Rechtsstreits sowie die hiesige Beklagte, vertreten durch Herrn X als Geschäftsführer – Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt haben, über die noch nicht entschieden ist.
9In der zeitlichen Folge nach der Gesellschafterversammlung vom 07.03.2014 hat der Kläger ebenso wie sein Vater M wiederholt versucht, Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen, weshalb es zu mehreren Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz kam.
10Hier streitgegenständlich ist folgendes:
11Mit Schreiben vom 03.06.2015 forderte der Kläger die Geschäftsführung der Beklagten zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung auf. Gegenstand dieser Gesellschafterversammlung sollten unter anderem die Bestellung der Frau O als Geschäftsführerin, der Abschluss eines Beratungsvertrages mit ihm, der Abschluss eines Beratungsvertrages mit Herrn M nebst Aufhebung eines ihm gegenüber verhängten Hausverbotes und die Rücknahme einer diesbezüglichen einstweiligen Verfügung sein sowie Beschlussfassungen zur Gewinnverwendung. Unter dem 26.06.2015 teilte Herr X als Geschäftsführer mit, dass die Einladung zur ordentlichen Gesellschafterversammlung auf den Weg gebracht sei und die Tagesordnung auch die von dem Kläger gewünschten Beschlussgegenstände enthalte. Herr X teilte gleichzeitig mit, dass er an seiner Rechtsposition, wonach er einziger Gesellschafter der Beklagten sei, festhalte. Des ungeachtet lud der Kläger unter dem 26.06.2015 zu einer Gesellschafterversammlung auf den 07.07.2015 ein. Herr X selbst lud unter dem 26.06.2015 den Kläger zur ordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten auf den 28.07.2015 ein. Wegen der Tagesordnungen wird jeweils auf die Anlagen K5 und K6 verwiesen.
12Nachdem der Kläger sich weigerte, seine Einladung zur Gesellschafterversammlung vom 07.07.2015 zurückzunehmen, erwirkte Herr X die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 01.07.2015, mit der dem Kläger die Durchführung einer Gesellschafterversammlung am 07.07.2015 untersagt wurde.
13Am 28.07.2015 fand um 10:00 Uhr in den Räumen der Beklagten die von Herrn X einberufene Gesellschafterversammlung statt. Hierin wurde die Beklagte durch Herrn X als Geschäftsführer vertreten. Als Rechtsberater hatte dieser für die Gesellschaft Herrn Rechtsanwalt Dr. C hinzugezogen. Herr X als Gesellschafter ließ sich in der Versammlung durch Rechtsanwalt P vertreten. Erschienen war außerdem der Kläger mit seinem Rechtsbeistand Rechtsanwalt K.
14Der Kläger nahm an dieser Gesellschafterversammlung teil und gab zu jedem einzelnen Tagesordnungspunkt seine Stimme ab. Ferner erklärte er zu jedem gefassten Beschluss Widerspruch zu Protokoll und überreichte schriftliche Stellungnahmen. Die Versammlung dauerte von 10:00 Uhr bis 10:17 Uhr. Über den Verlauf verhält sich das von Herrn X gefertigte Protokoll (Anlage K 7). Die in dieser Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse sind Gegenstand der vorliegenden Klage.
15Unmittelbar im Anschluss an die um 10:17 Uhr beendete Gesellschafterversammlung begann der Rechtsvertreter des Klägers eine weitere Gesellschafterversammlung abzuhalten. Im Rahmen dieser zweiten Gesellschafterversammlung fasste der Kläger Beschlüsse betreffend die Jahresabschlüsse 2013 und 2014 sowie zur Entlastung der Geschäftsführung. Ferner beschloss er die Beschränkung der Vertretungsmacht des Herrn X, die Bestellung der Frau O als Geschäftsführerin sowie den Abschluss eines Anstellungsvertrages mit ihr sowie den Abschluss eines Beratervertrags mit ihm selbst sowie mit seinem Vater. Schließlich beschloss er, das Hausverbot gegen seinen Vater M aufzuheben und die diesbezügliche einstweilige Verfügung zurückzunehmen. Diese zweite „Gesellschafterversammlung“ ist Gegenstand des Rechtsstreits 91 O 43/15.
16Der Kläger ist der Auffassung, die anlässlich der ersten Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse seien nichtig oder anfechtbar. Herr X sei Minderheitsgesellschafter, während er 51 % der Geschäftsanteile halte. Er habe deshalb die Versammlungsleitung übernehmen müssen. Herrn X habe die Kompetenz zur Versammlungsleitung gefehlt. Dies führe zur Unwirksamkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse. Zudem habe Herr X das Stimmrecht des Klägers übergangen. Auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2012 könne die Beklagte sich nicht berufen, denn das Oberlandesgericht Köln habe den Einziehungsbeschluss für nichtig erklärt. Abgesehen davon gelte diese Rechtsprechung nicht in der 2-Personen-GmbH.
17Der Kläger beantragt:
181. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 1 mit dem Inhalt: ''Der Jahresabschluss der S GmbH zum 31. Dezember 2013 wird nicht festgestellt.'' wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
192. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 2 mit dem Inhalt: "Für das Jahr 2013 wird ein Gewinn nicht ausgezahlt; der Gewinn wird thesauriert." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
203. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 3 mit dem Inhalt: "Der Geschäftsführung wird für das Jahr 2013 keine Entlastung erteilt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
214. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 4 mit dem Inhalt: "Der Jahresabschluss der S GmbH zum 31.Dezember 2014 wird nicht festgestellt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
225. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 5 mit dem Inhalt: " Es erfolgt keine Gewinnverwendung für das Geschäftsjahr 2014; der Gewinn wird thesauriert." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
236. 1. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 6 Ziffer 1 mit dem Inhalt: "Dem Geschäftsführer M1 wird für das Geschäftsjahr 2014 keine Entlastung erteilt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
247. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 6 Ziffer 2 mit dem Inhalt: "Dem Geschäftsführer H wird für das Geschäftsjahr 2014 Entlastung erteilt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
258. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 6 Ziffer 3 mit dem Inhalt: "Dem Geschäftsführer X wird für das Geschäftsjahr 2014 Entlastung erteilt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
269. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 7 mit dem Inhalt: "Es wird kein neuer Geschäftsführer bestellt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
2710. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 8 mit dem Inhalt: "Es werden keine Beratungsverträge mit Herrn M1 und Herrn M abgeschlossen." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
2811. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 9 mit dem Inhalt: "Das Hausverbot gegen Herrn M, das durch das Urteil des Landgerichts Köln vom 26. September 2014, AZ: 82 O 71/14, ausgesprochen wurde, bleibt aufrechterhalten." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
29Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Herr X sei derzeit der einzige Gesellschafter der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei der Beschluss hinsichtlich der Einziehung vom 07.03.2014 wirksam. Damit sei der Kläger so zu behandeln, als sei er aus der Gesellschaft ausgeschieden. Dementsprechend stünden ihm auch keine Stimmrechte mehr zu und dürfe er auch nicht Versammlungen leiten.
32Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen unkt
33Entscheidungsgründe
34Die Klage ist nicht begründet.
35Dem Kläger fehlt die Anfechtungsbefugnis. Dies führt zur Unbegründetheit der Klage (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.2006 – II ZR 30/05).
36Zu Recht beruft sich die Beklagte auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat in seinem Urteil vom 24.01.2012 (II ZR 109/11) entschieden, dass die Einziehung mit der Mitteilung des Einziehungsbeschlusses an den betroffenen Gesellschafter wirksam wird, wenn der Beschluss weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird. Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass in Rechtsprechung und Literatur streitig war, wann ein Einziehungsbeschluss wirksam wird. Teilweise wurde hierzu vertreten, dass die Einziehung unter der aufschiebenden Bedingung der Abfindungszahlung aus freiem Vermögen stehe. Andere vertraten die Auffassung, die Einziehung sei sofort wirksam. Letzterem hat der Bundesgerichtshof sich angeschlossen und ausgeführt, dass nach der gesetzlichen Regelung der Einziehungsbeschluss nicht unter der Bedingung stehe, dass das Einziehungsentgelt gezahlt werde. Die Schwebelage, die nach der Bedingungslösung entsteht, habe erhebliche Nachteile. Dem ausgeschiedenen Gesellschafter blieben nämlich während der Schwebezeit seine mitgliedschaftlichen Rechte grundsätzlich erhalten, obwohl es zumindest dann, wenn ein wichtiger Grund in seiner Person zur Einziehung geführt hat, der Gesellschaft und den verbleibenden Gesellschaftern gerade unzumutbar sei, dass er weiter in der Gesellschaft bleiben. Selbst wenn die mitgliedschaftlichen Rechte wie das Stimmrecht eingeschränkt würden, könnten die Unklarheiten der Ausübungsbeschränkungen eine stete Quelle neuen Streits sein. Insgesamt biete das dem Gesellschafter einen Anreiz, seinen Lästigkeitswert zu steigern und das Abfindungsverfahren in die Länge zu ziehen. Davor, dass sich die Vermögenslage der Gesellschaft verschlechtere und der Abfindungsanspruch gefährdet werde, biete auch die Bedingungslösung keinen Schutz. Den Interessen der Beteiligten, auch des ausgeschlossenen Gesellschafters, werde am besten dadurch Rechnung getragen, dass die Gesellschafter, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben, dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig haften, wenn sie nicht anderweitig dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden könne. Die Nachteile der weiteren Mitgliedschaft eines Störenfrieds würden bei der vom Bundesgerichtshof vertretenen Lösung weit gehend vermieden. Dem schließt die Kammer sich an.
37Damit ist der Kläger derzeit so zu behandeln, als wäre er nicht mehr Gesellschafter.
38Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass es sich bei der Beklagten um eine zweigliedrige Gesellschaft handelt. Denn die vom Bundesgerichtshof herangezogene Begründung, nämlich dass nur die sofortige Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses die Nachteile der Bedingungslösung vermeide, gilt hier genauso.
39Es lässt sich auch nicht entgegenhalten, das Oberlandesgericht Köln habe in seinem Urteil vom 28.05.2015 – 18 U 181/14 – den Einziehungsbeschluss für nichtig erklärt. Dies trifft zwar zu, allerdings ist dieses Urteil nicht rechtskräftig. Dies bedeutet, dass der Schwebezustand, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu vermeiden ist, nach wie vor andauert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Bundesgerichtshof zur Einziehung eine andere Auffassung als das Oberlandesgericht vertritt und das landgerichtliche Urteil, welches die Einziehung für wirksam erachtet hat, wieder herstellt. Ist der Schwebezustand damit noch nicht beseitigt, gelten die Erwägungen des Bundesgerichtshofs fort. Da der Einziehungsbeschluss auch nicht nichtig ist, ist mit der Rechtsprechung des BGH nach wie vor davon auszugehen sein, dass Herr Kläger seine Mitgliedschaftsrechte nicht wahrnehmen kann. Hierzu gehört auch die Anfechtungsbefugnis, die voraussetzt, dass der Anfechtungs- und Nichtigkeitskläger Gesellschafter ist.
40Selbst wenn man aber die Anfechtungsbefugnis des Klägers annehmen wollte, ist die Klage jedenfalls deshalb unbegründet, weil dem Kläger in den Gesellschafterversammlungen kein Stimmrecht zusteht und er auch nicht sonstige gesellschaftsrechtliche Rechte etwa aus dem Gesellschaftsvertrag wie die Leitung von Gesellschafterversammlungen wahrnehmen kann. Damit konnte der Kläger schon aus diesem Grund keine Gesellschafterversammlung der Beklagten durchführen, sprich diese leiten und Beschlüsse feststellen sowie in den Versammlungen sein Stimmrecht ausüben. Damit fiel die Versammlungsleitung Herrn X als verbliebenem Gesellschafter zu und hat dieser zu Recht die Stimmen des Klägers bei der Beschlussfeststellung nicht berücksichtigt.
41Auch § 16 Abs.1 GmbHG und die daraus folgende Legitimationswirkung der Gesellschafterliste führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Sähe man das anders, wäre wiederum der Schwebezustand, der zur Missbilligung der Bedingungslösung geführt hat, immer dann perpetuiert, wenn wie hier das Registergericht einen auf den Einziehungsbeschluss gestützten Antrag auf Änderung der Liste im Hinblick auf den noch anhängigen Anfechtungsprozess nicht bearbeitet, was bei ungeklärter Rechtslage der Regelfall sein wird. Dies stünde in Widerspruch zu dem Postulat der sofortigen Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses.
42Das Verfahren ist auch nicht auf den Antrag des Klägers auszusetzen bis zum Abschluss des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerden gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Köln. Hierzu besteht kein Anlass, weil die Entscheidungen über die Nichtzulassungsbeschwerden nicht vorgreiflich sind. Wollte man dies anders sehen und eine Aussetzung vornehmen, würde gerade der Schwebezustand, der durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2012 verhindert werden soll, perpetuiert.
43Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO
45Streitwert: 250.000,- €
Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 17. März 2016 - 91 O 41/15
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Landgericht Köln Urteil, 17. März 2016 - 91 O 41/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 25. September 2014 – teilweise abgeändert und insgesamt – wie folgt – neu gefasst:
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Geschäftsanteile des Gesellschafters M im Nennwert von Euro 62.000 sowie Euro 40.000 an der S GmbH werden gemäß § 12 Abs. 2 lit. cc des Gesellschaftsvertrages aus einem in seiner Person liegenden wichtigen Grund eingezogen. Der Gesellschafter X wird beauftragt, die Einziehung durchzuführen.“ wird für nichtig erklärt.
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Aufstockung des Geschäftsanteils des Gesellschafters X im Nennbetrag von Euro 98.000 um insgesamt Euro 102.000 auf 200.000.“ wird für nichtig erklärt.
Die weitergehende Klage und die weitergehende Berufung werden ab- bzw. zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 37% zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt allerdings jeweils nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
31. Die dem Senat aus einer Reihe von Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bekannten Parteien streiten in der hier vorliegenden Hauptsache um die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten, über die Kündigung des seiner Geschäftsführertätigkeit zugrundeliegenden Anstellungsverhältnisses, über die Einziehung seiner Geschäftsanteile, über die der Einziehung notwendig folgende Aufstockung des Geschäftsanteils des Gesellschafters X sowie über die Bestellung des Gesellschafters X zum Geschäftsführer.
4Der im vorliegenden Verfahren als Geschäftsführer und Vertreter der Beklagten auftretende Herr X war Gesellschafter der S GmbH und hielt einen Geschäftsanteil in Höhe von 49% des Stammkapitals. Der Kläger hielt zunächst lediglich einen Geschäftsanteil in Höhe von 20% des Stammkapitals, und zwar treuhänderisch für seinen Vater, den Onkel des Gesellschafters X, der noch den übrigen Geschäftsanteil innehatte. Sowohl der Gesellschafter X als auch der Kläger waren dabei als Geschäftsführer für die Beklagte tätig. Der Gesellschafter X schied allerdings nach einer Kündigung vom 22. Dezember 2010 mit Wirkung zum 30. Juni 2011 als Geschäftsführer aus. Dabei ist streitig, ob er einverständlich weiterhin für die Gesellschaft tätig war. In der folgenden Zeit scheiterten zunächst Verhandlungen über den Verkauf des Unternehmens der Gesellschaft an einen Finanzinvestor. Im Verlauf der gescheiterten Verhandlungen kam es zur Kündigung zweier Lebensversicherungen, die die Gesellschaft zur Absicherung zweier Pensionszusagen zu Gunsten der beiden Geschäftsführer geschlossen hatte. Dabei erhielt der Kläger einen geringeren Betrag als der Gesellschafter X.
5Im Laufe des Jahres 2013 kam es zu einem Zerwürfnis zwischen dem Gesellschafter X einerseits sowie dem Kläger und seinem Vater andererseits. Anlässlich einer Gesellschafterversammlung am 6. September 2013 wurde beschlossen, dass eine erneute Pensionszusage zu Gunsten des Klägers nicht erfolgen solle. Gleichwohl schloss der Kläger mit der Gesellschaft, die er als von § 181 BGB befreiter Geschäftsführer vertrat, unter dem 28. November 2013 eine Vereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von 250.821,04 EUR bei Vollendung des 67. Lebensjahres. Der Zusage folgend unternahm die Beklagte vertreten durch den Kläger den Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages und überwies bereits den vereinbarten Einmalbetrag von 200.000,- EUR an einen Versicherer. Außerdem vereinnahmte der Kläger Leistungen zur Urlaubsabgeltung und als Weihnachtsgeld, obgleich ein Anstellungsvertrag vom 18. Dezember 2009 derartige Sonderzahlungen nicht vorsah, sondern danach auch Mehrarbeit mit der übrigen Vergütung abgegolten sein sollte. Schließlich ließ er sich für private Zwecke ein Darlehen in Höhe von 180.000,- EUR gewähren, dessen Einzelheiten sich der der als Anlage B 12 eingereichten Ablichtung entnehmen lassen. Die Beklagte wurde dabei von seinem Vater, M2, vertreten.
6Mit einem Schreiben vom 3. Februar 2014 verlangte der Gesellschafter X von dem Kläger als Geschäftsführer der S GmbH die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung insbesondere zwecks Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und zwecks Einziehung seines Geschäftsanteils. Nachdem der Kläger dies mit einem Schreiben vom 20. Februar 2014 insbesondere unter Hinweis auf Mängel des Begehrens abgelehnt und bei dieser Gelegenheit auf Pflichtverletzungen des Gesellschafters X hingewiesen hatte, lud der Gesellschafter X mit einem Schreiben vom 25. Februar 2014 den Kläger und seinen damals noch als Gesellschafter in die Liste eingetragenen Vater zu einer Gesellschafterversammlung am 7. März 2014 unter Mitteilung der bereits zuvor angekündigten Tagesordnung. Anlässlich der Versammlung, zu der sich neben dem Gesellschafter X, dessen Bevollmächtigten und einem Vertreter des Klägers zunächst auch der Vater des Klägers einfand, übernahm der Gesellschafter X unter Bezugnahme auf die Regelung des § 9 des Gesellschaftsvertrages – der Kläger hatte zwar am 5. März 2014 auch den Geschäftsanteil seines Vaters erhalten, die entsprechende Änderung der Gesellschafterliste wurde aber erst am 13. März 2014 eingetragen - die Versammlungsleitung und stellte insbesondere die Abberufung des Klägers aus wichtigem Grund zur Abstimmung. Nach einer Aussprache stellte der Gesellschafter X fest, dass der Kläger von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen sei. Da außerdem der Vater des Klägers die Versammlung schon zu Beginn verlassen hatte, stellte der Gesellschafter X schließlich fest, dass der Abberufungsbeschluss zustande gekommen sei. Im weiteren Verlauf der Versammlung ließ der Gesellschafter X ferner die Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers, die Einziehung der Geschäftsanteile der beiden anderen Gesellschafter, des Klägers und seines Vaters, die Aufstockung des eigenen Geschäftsanteils sowie die eigene Bestellung zum Geschäftsführer beschließen. Die weiteren Einzelheiten sind dem Sitzungsprotokoll zu entnehmen.
7Anschließend ließ der Gesellschafter X die gefassten Beschlüsse zur Eintragung in das Handelsregister anmelden. Der Kläger reichte gegen die Anmeldung unter dem 10. März 2014 eine Schutzschrift beim Amtsgericht Köln als Registergericht ein und ergänzte diese unter dem 19. März 2014. Das Amtsgericht setzte das Eintragungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des vom Kläger angestrengten, hier vorliegenden Nichtigkeits- und Anfechtungsverfahrens aus, eine hiergegen gerichtete Beschwerde wurde vom 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts zurückgewiesen.
8In der folgenden Zeit ordnete das Landgericht Köln mit einstweiliger Verfügung vom 31. März 2014 rechtskräftig die Gesamtvertretung und Gesamtgeschäftsführung durch den Gesellschafter X und den Kläger an (22 O 108/14 LG Köln bzw. 18 U 78/14 OLG Köln). Gleichwohl lud der Kläger danach ohne Zustimmung des Gesellschafters X zu verschiedenen Gesellschafterversammlungen, wobei er teilweise als Geschäftsführer, teilweise aber auch als Gesellschafter gestützt auf § 50 Abs. 3 S. 1 GmbHG handelte. Der Gesellschafter X wiederum erwirkte diesbezüglich einstweilige Verfügungen und ging gegen die gefassten Beschlüsse vor.
9Mit der vorliegenden, am 10. April 2014 beim Landgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die o.g. am 7. März 2014 gefassten Beschlüsse der Beklagten angegriffen. Er hat sich dabei zunächst gegen die von der Beklagten im Anschluss an die Ausführungen des Gesellschafters X anlässlich der vorgenannten Gesellschafterversammlung dargelegten Abberufungs- und Einziehungsgründe gewendet. Außerdem hat er behauptet, dass dem Gesellschafter X insofern selbst erhebliche Verfehlungen zur Last fielen, als er sein Ausscheiden als Gesellschafter nicht zeitgerecht gegenüber der Krankenversicherung angezeigt und so ungerechtfertigt Krankengeldzahlungen vereinnahmt habe. Er habe auch ohne Erlaubnis einen Privatschrank des Klägers geöffnet und sich persönlich auf Kosten der Beklagten am Verkauf alter Firmenfahrzeuge bereichert. Der Vater des Klägers, der ebenfalls Zahlungen hieraus erhalten habe, habe von deren Herkunft keine Kenntnis gehabt. Schließlich habe er den Inhalt der Gesellschafterversammlung unzutreffend protokolliert und gegenüber der 22. Zivilkammer des Landgerichts bewusst falsch vorgetragen.
10Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug einschließlich der gestellten Anträge ergeben sich aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (vgl. Bl. 219 R ff. GA).
112. Mit seinem am 25. September 2014 verkündeten (vgl. Bl. 218 GA) und dem Kläger am 25. September 2014 zugestellten (vgl. Bl. 241 GA) Urteil (vgl. Bl. 219 ff. GA) hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen.
12Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass in dem Verhalten des Klägers Gründe lägen, die eine Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten rechtfertigten. Denn der Kläger habe ungerechtfertigt Urlaubsabgeltungen und Weihnachtsgratifikationen vereinnahmt. Er habe sich selbst eine Pensionszusage erteilt, den Abschluss einer Rückdeckungsversicherung hierfür betrieben und habe sich selbst ein Darlehen von 180.000,- EUR auszahlen lassen. Diese Gründe rechtfertigten auch die Kündigung seines Anstellungsvertrages und die Einziehung seiner Geschäftsanteile. Zwar könne künftigen unberechtigten Zugriffen auf das Gesellschaftervermögen durch den Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entgegengewirkt werden. Jedoch lasse das Verhalten des Klägers nicht mehr auf ein gedeihliches Zusammenwirken in der Zukunft schließen, zumal der Kläger im laufenden Verfahren an seiner Rechtsauffassung festhalte, dass er zu den Maßnahmen berechtigt gewesen sei. Er habe ein tiefgreifendes Zerwürfnis begründet. Aus seinem Verhalten ergebe sich, dass er nicht mehr am Interesse der Beklagten orientiert sei. Dem Umstand, dass es sich bei der Beklagten um ein Familienunternehmen handele, komme im Hinblick auf die Verkaufsabsichten kein größeres Gewicht mehr zu. Wegen der gravierenden Pflichtverletzungen, der Anzahl der Verfehlungen und dem Ausmaß des Verschuldens des Klägers bedürfe es der Einziehung und genüge die bloße Abberufung nicht. Schließlich erlaubten auch die gegen den Mitgesellschafter X erhobenen Vorwürfe keine andere Beurteilung, weil die betreffenden Behauptungen substanzlos seien und etwa im Zusammenhang mit dem Krankengeldbezug Interessen der Beklagten nicht berührt seien.
13Der Details wegen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (vgl. Bl. 224 ff. GA).
143. Mit seiner hier am 6. Oktober 2014 eingegangenen Berufung (vgl. Bl. 244 f. GA), die er mit einem am 25. November 2014 eingegangenen Schriftsatz begründet hat (vgl. Bl. 251 ff. GA), hat der Kläger die vom Landgericht ausgesprochene Abweisung seiner Nichtigkeits- und Anfechtungsklage insgesamt zur Überprüfung gestellt und außerdem die Klage auf einen den Geschäftsanteil seines Vaters betreffenden Beschluss erstreckt.
15Der Kläger hält dabei an seinem Vorbringen insbesondere zu den von der Beklagten dargelegten und vom Landgericht herangezogenen Abberufungs-, Kündigungs- und Einziehungsgründen fest und meint, er sei sehr wohl zur Verwendung der vertraglich nicht vorgesehenen Vergütungsbeträge berechtigt gewesen. Dabei habe es sich nämlich um Beträge gehandelt, die als „Incentive“ für den Einkäufer einer wichtigen Kundin bestimmt und unter den Gesellschafter im Mai 2012 abgestimmt gewesen seien. Nachdem sich die Beklagte auf diese Weise an den Kosten einer Hochzeit des Einkäufers beteiligt habe und aufgrund weiterer halbjährlicher Zahlungen habe sich der Umsatz der Beklagten mit der betreffenden Kundin positiv entwickelt. Der Kläger habe die Beträge jedenfalls nicht für sich behalten, sondern stets weitergereicht. Dass man wegen der Vergütungshöhe und der Abgeltung der Mehrarbeit des Klägers im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Ausscheiden des Herrn X als Geschäftsführer den Anstellungsvertrag nicht in schriftlicher Form geändert, sondern sich mit einer mündlichen Vereinbarung begnügt habe, habe jahrelanger Praxis bei der Beklagten entsprochen. Nur im Einzelfall seien schriftliche Beschlüsse gefasst worden.
16Ferner habe er, der Kläger, keine Pensionszusage veranlasst, sondern er und sein Vater seien davon ausgegangen, dass die Zusage noch der Unterzeichnung durch den Mitgesellschafter X bedurft habe. Deshalb habe der Vater des Klägers dem Mitgesellschafter X auch die Dokumente übergeben.
17Hinsichtlich der Rückdeckungsversicherung sei die Beklagte selbst Versicherungsnehmerin und es sei mangels Zustimmung des Gesellschafters X nicht zu einer Verpfändung gekommen. Dementsprechend sei die Versicherung jährlich zum 1. Dezember kündbar. Auch habe die Beklagte wegen der Verzinsung keinen Schaden erlitten, ja sie werde für die Zeit ab dem 1. Dezember 2017 sogar einen Gewinn erzielen und verfüge für die Zeit bis dahin über hinreichend freies Vermögen zur ungeschmälerten Fortführung des Betriebes.
18Ungeachtet der seitens der Beklagten vorgelegten Erklärungen von Mitarbeitern bestreitet der Kläger ferner die Behauptungen der Beklagten über das nicht geschäftsdienliche Verhalten seines Vaters und meint, dass er jedenfalls nicht verpflichtet gewesen sei, die Tätigkeit seines Vaters für die Beklagte zu unterbinden.
19Schließlich hält der Kläger an seinen Behauptungen zu angeblichen Verfehlungen des Gesellschafters und Geschäftsführers X fest und führt diese weiter aus: Herr X habe für das zweite Halbjahr 2001 unberechtigt Gehalt bezogen, er habe unberechtigt Krankengeld bezogen, er habe Privatschränke des Klägers geöffnet, er habe heimlich zusätzliche Erlöse aus Pkw-Verkäufen für die Beklagte für private Zwecke vereinnahmt und vertrauliche Unternehmensdaten an potentielle Kaufinteressenten weitergeleitet.
20Der Kläger beantragt,
21das Urteil des Landgerichts Köln vom 25. September 2014 – 86 O 37/14 – teilweise abzuändern und
221. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Der Geschäftsführer M wird aus wichtigem Grund hilfsweise gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG abberufen. Der Gesellschafter X wird beauftragt, dem Geschäftsführer M die Abberufung mitzuteilen.“,
232. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Herrn M wird fristlos, außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt. Der Gesellschafter X wird beauftragt, gegenüber dem Geschäftsführer M die Kündigung zu erklären.,
243. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Geschäftsanteile des Gesellschafters M im Nennwert von Euro 62.000 sowie Euro 40.000 an der S GmbH werden gemäß § 12 Abs. 2 lit. cc des Gesellschaftsvertrages aus einem in seiner Person liegenden wichtigen Grund eingezogen. Der Gesellschafter X wird beauftragt, die Einziehung durchzuführen.“,
254. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Geschäftsanteile des Gesellschafters M2 im Nennwert von Euro 40.000 an der S GmbH werden gemäß § 12 Abs. 2 lit. cc des Gesellschaftsvertrages aus einem in seiner Person liegenden, wichtigen Grund eingezogen. Der Gesellschafter X wird beauftragt, die Einziehung durchzuführen.“,
265. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Aufstockung des Geschäftsanteils des Gesellschafters X im Nennbetrag von Euro 98.000 um insgesamt Euro 102.000 auf 200.000.“,
276. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Bestellung des Gesellschafters X zum Geschäftsführer der Gesellschaft. Herr X ist also vertretungsbefugt und von den Beschränkungen des § 181 befreit.“
28für nichtig zu erklären.
29Die Beklagte beantragt,
30die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
31Auch sie hält an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen fest, verteidigt die angefochtene Entscheidung und behauptet ferner, der Kläger und sein Vater hätten heimlich interne Daten der Beklagten an eine französische Konkurrentin (Addev, SAS) weitergeleitet, um derselben im Zuge von Verkaufsverhandlungen eine due-diligence-Prüfung zu ermöglichen. Hiervon habe der Gesellschafter X erst nach dem erstinstanzlichen Urteil überhaupt erfahren.
32II.
33Die Berufung des Klägers ist statthaft, im Übrigen zulässig und hat teilweise Erfolg, weil die Abweisung der die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers betreffenden Anfechtungsklage auf einem Rechtsfehler im Sinne des § 513 Abs. 1 ZPO beruht. Das weitergehende Rechtsmittel ist hingegen unbegründet. Denn zu Recht hat das Landgericht die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, die Kündigung des seiner Tätigkeit zugrundeliegenden Anstellungsverhältnisses und die Bestellung des Gesellschafters X als Geschäftsführer gebilligt. Soweit der Kläger mit seiner Berufung erstmals auch den am 7. März 2014 gefassten Beschluss über die Einziehung des Geschäftsanteils seines Vaters anficht, ist die Klage wegen Ablaufs der zweimonatigen Anfechtungsfrist nach § 9 Ziff. 5 der Satzung unbegründet.
34Im Einzelnen:
351. Zutreffend hat das Landgericht formelle Mängel der angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse verneint und die Wirksamkeit der Beschlüsse vom Vorliegen wichtiger Gründe abhängig gemacht. Richtig hat es auch das Vorliegen solcher Gründe die Abberufung und die fristlose Kündigung betreffend bejaht.
36a) Die Abberufung eines Geschäftsführers gemäß § 38 Abs. 2 GmbHG aus wichtigem Grund ist dann zulässig, wenn Umstände vorliegen, die den Verbleib des Abzuberufenden in der bisherigen Organstellung für die Gesellschaft nicht zumutbar erscheinen lassen (vgl. insbes. OLG München, Urt. v. 29. März 2012 – 23 U 4344/11 -, BeckRS 2012, 07661; OLG Naumburg, Urt. v. 23. Februar 1999 – 7 U 25/98 -, NZG 2000, S. 44 <46>; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 38 Rn. 12).
37Solche Gründe hat das Landgericht hier zu Recht darin erblickt, dass 1. der Kläger ohne rechtfertigenden Grund Weihnachtsgeld und Urlaubsabgeltung bezogen hat. Auch mit den hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers hat sich das Landgericht zutreffend auseinandergesetzt. Dem ist selbst vor dem Hintergrund des Berufungsvorbringens nur wenig hinzuzufügen. Kurz: Aus dem im Anstellungsvertrag nicht vorgesehenen Bezug von Weihnachtsgeld in den Jahren 2003 bis 2009 einerseits und dem Verzicht mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten für die Jahre 2010 und 2011 andererseits ergibt sich noch kein Anspruch des Klägers für 2012. Auch aus einem Auslaufen des Anstellungsvertrages zum 31. Dezember 2011 und der Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers in der Zeit danach lässt sich hierfür nichts herleiten. Anlässlich der Gesellschafterversammlung vom 15. Dezember 2011 wurde schließlich nur die Fortsetzung der Tätigkeit beschlossen, hingegen trafen die Gesellschafter keine Entscheidung über vom schriftlichen Anstellungsvertrag abweichende Einzelheiten. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der schriftliche Vertrag Grundlage des Anstellungsverhältnisses des Klägers zur Beklagten bleiben sollte, und darin finden sich keine Regelungen, die den Kläger zum Bezug von Weihnachtsgeld und Urlaubsabgeltungen berechtigen. Die Behauptungen des Klägers über Absprachen der Gesellschafter im Mai 2012 mögen für sich betrachtet hinreichend substantiiert erscheinen. Vor dem Hintergrund der gleichfalls aufgestellten Behauptungen zu u.U. strafrechtlich relevanten Zahlungen an den Einkäufer eines Kunden bleibt der Inhalt der Absprachen indessen auch dann unklar, wenn man das diesbezügliche Berufungsvorbringen auch zur Höhe der Gratifikationen in die Betrachtung einbezieht.
38Richtig hat das Landgericht 2. darauf abgestellt, dass der Kläger, ohne dazu berechtigt zu sein, sich selbst eine Pensionszusage erteilt und eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen hat. Auch insofern treffen die Ausführungen des Landgerichts zu. Denn ganz unabhängig von der umstrittenen Wirksamkeit eines bestimmten Gesellschafterbeschlusses, lag jedenfalls keine Ermächtigung seitens der Gesellschafter vor. Ferner lässt der Text der Zusage keinen Zweifel darüber, dass das Versprechen bereits wirksam und damit für die Beklagte verbindlich gegeben werden sollte. Das Vorbringen des Klägers zu einer abweichenden Vorstellung des Klägers und seines Vaters über eine zuvor notwendige Unterzeichnung seitens des Gesellschafters X lässt sich mit der schriftlichen Zusage nicht vereinbaren, zumal der Kläger die Rückdeckungsversicherung bereits zum Abschluss gebracht und die Überweisung bereits veranlasst hatte.
39Zu Recht hat das Landgericht schließlich 3. auf die nicht durch einen Gesellschafterbeschluss gerechtfertigte und den im Gesellschaftsvertrag der Beklagten zum Ausdruck kommenden Interessen der Beklagten zuwiderlaufende Darlehensvergabe in Höhe von 180.000,- EUR abgestellt.
40Nach den vorstehenden, schwerwiegenden und jedenfalls auch vom Kläger zu verantwortenden Pflichtverletzungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger künftig an die Grenzen seiner Befugnisse als Geschäftsführer der Beklagten halten und von Eingriffen in das Vermögen der Beklagten zu eigenen Gunsten unter Missachtung der Interessen der Beklagten als Gesellschaft absehen wird, wenn ihm die Organbefugnisse verbleiben. Mit Rücksicht auf die Verfehlungen des Klägers kommt auch keine mildere, aber dennoch gleichermaßen geeignete Maßnahme in Betracht.
41b) Aus den vorstehenden Erwägungen ergeben sich zugleich die wichtigen, zur Kündigung des Anstellungsverhältnisses gemäß § 626 BGB berechtigenden Gründe. Denn wichtige Gründe liegen in solchen Umständen, die der Gesellschaft die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zur vertraglich vorgesehenen Beendigung oder bis zur Wirksamkeit der nächstmöglichen ordentlichen Kündigung unzumutbar machen (vgl. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, 20. Aufl., § 35 Rn. 218). Dass der Beklagten die mit laufenden Bezügen verbundene Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses angesichts der vom Kläger zu verantwortenden Abberufung keinen Tag länger zumutbar war, ergibt sich schon daraus, dass das Anstellungsverhältnis nur auf eine Geschäftsführertätigkeit bezogen war.
422. a) Anderes gilt hingegen für die die Einziehung der beiden Geschäftsanteile des Klägers betreffenden Beschlüsse. Denn mag eine Zwangseinziehung gemäß § 34 GmbHG iVm. § 12 des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich auch schon dann in Betracht kommen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem betroffenen Gesellschafter unzumutbar erscheinen lässt, so setzt jede Einziehung doch mit Rücksicht auf den damit einhergehenden, denkbar tiefen Eingriff in die Rechtsposition des betroffenen Gesellschafters voraus, dass keine anderen, zumutbaren Möglichkeiten vorhanden sind, den Pflichtverletzungen des betroffenen Gesellschafters hinreichend wirksam zu begegnen. Insofern liegt in der Zwangseinziehung die ultima ratio (vgl. OLG Rostock, Urt. v. 15. August 2001- 6 U 49/00 -, NZG 2002, S. 294; Lutter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 34 Rn. 32).
43Im vorliegenden Fall waren die vorerwähnten wichtigen Gründe überwiegend mit dem Missbrauch von Geschäftsführungsbefugnissen verbunden und können überwiegend schon deshalb im Wege der ebenfalls beschlossenen Abberufung des Klägers als Geschäftsführer für die Zukunft verhindert, jedenfalls aber derart erschwert werden, dass ein solches milderes Mittel zunächst einmal zumutbar erscheint. Soweit das nicht der Fall ist und der Kläger auch von seinen vermeintlichen Gesellschafterrechten Gebrauch gemacht hat, reicht der darüber hinaus eröffnete Rechtsweg aus, um die Interessen des Minderheitsgesellschafters und der Gesellschaft zu schützen.
44Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Kläger selbst unter Berücksichtigung seiner Treuhänderstellung unmittelbar über Geschäftsanteile in Höhe von 51% des Stammkapitals verfügt und deshalb die Geschäftsführung unter Gebrauch seiner Rechte als Gesellschafter maßgebend zu prägen vermag. Denn in einem solchen Gebrauch liegt grundsätzlich kein Rechtsmissbrauch, und gegen die mit der Stimmenmehrheit verbundenen Einflussmöglichkeiten muss der Minderheitsgesellschafter grundsätzlich nicht geschützt werden, sondern er hat sie hinnehmen. Nur dort, wo ein missbräuchlicher Gebrauch von Mehrheitsrechten in Rede steht, ist der Minderheitsgesellschafter und ist die Gesellschaft selbst schutzwürdig. Insofern kommt allerdings hinzu, dass der Minderheitsgesellschafter X Rechtsverstößen des Klägers im Zusammenhang mit dessen Rechten als Mehrheitsgesellschafter der Beklagten unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abzuwehren vermag; jedenfalls kann der Senat unter Berücksichtigung der hier anhängigen Verfahren auch des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht feststellen, dass die Beklagte und der Minderheitsgesellschafter sich gegen rechtswidrige Maßnahmen des Klägers nicht auch ohne Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers hinreichend zur Wehr setzen können. So können eventuell rechts- oder satzungswidrige Beschlüsse angefochten werden und kann hinsichtlich eines Vollzuges entsprechender Beschlüsse vor dem rechtskräftigen Abschluss der Hauptsachverfahren einstweiliger Rechtsschutz erwirkt werden.
45Auch die Ausführungen der Beklagten zur Zugänglichmachung von Gesellschaftsinterna für eine Konkurrentin seitens des Klägers im Zuge heimlicher Verkaufsverhandlungen kann hieran nichts ändern. Denn zum einen obliegt die Gewährung von Einsicht in die Geschäftsunterlagen der Beklagten ebenfalls der jeweiligen Geschäftsführung und ist dem Kläger dementsprechend nach seiner Abberufung aus der Hand genommen. Zum anderen kann nicht festgestellt werden, dass Rechtsschutz im Einzelfall nicht ausreicht, um entsprechende Verstöße seitens des Klägers unter Inanspruchnahme seiner Gesellschafterrechte künftig abzuwehren. Gegen einen ungerechtfertigten Missbrauch von Einsichts- und Kontrollrechten als Gesellschafter durch den Kläger zwecks Informationsgewinnung und –weiterleitung muss schließlich die jeweilige Geschäftsführung der Beklagten vorgehen. Es mag zwar richtig sein, dass der Minderheitsgesellschafter X dies nicht unmittelbar erwirken kann. Es ist aber gegenwärtig nicht erkennbar, dass ihm ein gerichtliches Vorgehen in diesem Sinne unzumutbar ist.
46Schließlich stehen auch die ungeachtet der jedenfalls vorläufig wirksamen Abberufung und Einziehung ausgesprochenen Ladungen zu Gesellschafterversammlungen und das Verhalten des Klägers in diesem Zusammenhang sowie die daraus resultierenden Befürchtungen für die Zukunft der Einschätzung des Senats nicht entgegen, dass der Kläger durch seine dauerhafte – in einer neuerlichen Berufung des Klägers gegen den Willen des Minderheitsgesellschafters läge ein derart gravierender Verstoß gegen die Treuepflicht, dass sich gegebenenfalls die Frage der Rechtsmäßigkeit einer Einziehung erneut stellte – Abberufung als Geschäftsführer und die damit einhergehende Beschränkung auf seine Rechte als Mehrheitsgesellschafter hinreichend wirksam an weiteren Rechtsverletzungen und Satzungsverstößen gehindert wäre. Zum einen ist nämlich nach § 49 Abs. 1 GmbHG der Geschäftsführer für die Einberufung von Gesellschafterversammlungen zuständig. Zum anderen könnte der Minderheitsgesellschafter X einerseits rechtswidrige Weisungen des Klägers als Mehrheitsgesellschafter an die Geschäftsführung unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes im Einzelfall verhindern und andererseits zur Durchsetzung der Rechtstreue des Klägers als Mehrheitsgesellschafter und der Geschäftsführung von seinen Kontroll- und Einsichtsrechten als Minderheitsgesellschafter Gebrauch machen. Der Senat hat sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien zu den wechselseitigen Rechtsverletzungen nicht davon zu überzeugen vermocht, dass dies schon nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht ausreicht. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter der Beklagten zwar unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes über die Herrschaft in der Gesellschaft streiten, dass aber die Gesellschaft unverändert wirtschaftet und jedenfalls gegenwärtig nicht hinreichend erkennbar ist, dass die Förderung des Gesellschaftszweckes, dass sich also die Fortsetzung des Wirtschaftsbetriebes der Beklagten sich durch die vom Senat befürworteten, begrenzten Maßnahmen nicht hinreichend sicherstellen lässt.
47b) Soweit der Kläger im zweiten Rechtszug mit dem neuen Antrag zu Ziff. 4 erstmals auch die Einziehung des seinem Vater, Herrn M2, zustehenden Geschäftsanteils anficht, liegt darin zwar eine nach § 533 ZPO zulässige Klageerweiterung. Die Klage ist jedoch insoweit unbegründet, denn die Anfechtung ist erst mit der Berufungsbegründung vom 25. November 2014 erfolgt, als die zweimonatige Anfechtungsfrist gemäß § 9 Ziff. 5 der Satzung der Beklagten im Anschluss an die Beschlussfassung vom 7. März 2014 schon lange abgelaufen war.
48aa) Da Gegenstand des neuen Klageantrages zu Ziff. 4 ein eigenständiger Beschluss der Gesellschafterversammlung ist, der bis zur Berufungsbegründung nicht mit einem Klageantrag angegriffen worden ist, kommt dem neuen Klageantrag zu Ziff. 4 nicht lediglich eine klarstellende, erweiternde Funktion zu. Maßgebend für die Beantwortung der Frage nach einer Erweiterung der Klage bzw. nach der Hinzufügung eines weiteres Streitgegenstandes ist nicht der Umstand, dass der schon im ersten Rechtszug angegriffene Beschluss über die Einziehung auch des M zustehenden Geschäftsanteils zum Nennwert von 40.000,- EUR und der erstmals im zweiten Rechtszug angefochtene Beschluss über die Einziehung des M2 zustehenden Geschäftsanteils zum Nennwert von 40.000,- EUR denselben, vor der Gesellschafterversammlung übertragenen Geschäftsanteil betreffen – dieser Umstand ist lediglich für die Wirkung der beiden Beschlüsse von Bedeutung. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass es sich nach dem tatsächlichen Geschehen anlässlich der Gesellschafterversammlung (vgl. Protokoll, Anlage K 2) um zwei gesonderte Beschlüsse der Gesellschafter handelt.
49bb) Es mag zwar mit Rücksicht auf die Übertragung des ursprünglich M2 zustehenden Geschäftsanteils zum Nennwert von 40.000,- EUR an den Kläger kurz vor der Gesellschafterversammlung vom 7. März 2014 naheliegen, dass der den Geschäftsanteil von M2 betreffende Einziehungsbeschluss ins Leere ging und deshalb nicht der Anfechtung bedarf. Das kann jedoch im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen und den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens offen bleiben.
503. Nach den vorstehenden Erwägungen konnte die Aufstockung des Geschäftsanteils des Gesellschafters X um den Nennbetrag der zuvor eingezogenen Geschäftsanteile nicht wirksam beschlossen werden. Denn sie diente ersichtlich nur der Einhaltung des § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG und ist daher in ihrer Wirksamkeit von derjenigen der zuvor erörterten Einziehung abhängig.
514. Zu Recht und aus zutreffenden Gründen hat das Landgericht dagegen die gegen die Bestellung des Gesellschafters X zum Geschäftsführer gerichtete Klage abgewiesen, und zwar auch dann, wenn man – wie der Senat – anders als das Landgericht von der Unwirksamkeit der Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers ausgeht.
52Der Kläger hat insofern zwar allgemein und über inhaltliche Fragen hinausgehend behauptet, der Gesellschafter X habe falsch protokolliert. Konkret hat er aber insofern nur vorgetragen, das Verhalten seines damaligen Vertreters X2 sei so zu verstehen gewesen, dass dieser den Beschlussantrag habe ablehnen wollen. Angesichts des insofern klaren Protokolls hätte es dem Kläger aber oblegen, die Erklärungen des Bevollmächtigten X2 so darzulegen, dass sich daraus eindeutig ein ablehnender Sinn ergibt. Der gegenwärtige Vortrag bezieht sich nur auf die Auslegung des Verhaltens des Bevollmächtigten seitens des Versammlungsleiters und lässt daher die Richtigkeit des Protokolls ebenso möglich erscheinen.
53In inhaltlicher Hinsicht ist der schon vom Landgericht aufgegriffene Gesichtspunkt maßgebend, dass der Minderheitsgesellschafter X auch in der Vergangenheit die Geschäfte der Beklagte geführt hat, ohne dass die nunmehr problematisierten Vorgehensweisen zum Anlass für seine Abberufung genommen worden wären. Hinzu kommt, dass die Behauptungen des Klägers im Zusammenhang mit der Veräußerung von Fahrzeugen im Verantwortungsbereich des Geschäftsführers X derart allgemein gehalten sind, dass eine sonst notwendige Aufklärung auf dieser Grundlage nicht möglich ist. Es hätte dem Kläger insofern oblegen, einzelne Geschäftsvorgänge unter Rückgriff auf die ihm zugänglichen Geschäftsunterlagen der Beklagten und die leicht zu ermittelnden Marktlagen zur jeweils fraglichen Zeit in allen Einzelheiten darzutun und unter Beweis zu stellen. Soweit der Kläger behauptet, der Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter X habe vertrauliche Informationen der Beklagte weitergegeben, sind auch diese Behauptungen allgemein gehalten. Hinzu kommt, dass unstreitig auch seitens des Klägers und seines Vaters Verkaufsverhandlungen geführt worden sind und dem allgemeinen Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen ist, wann genau wer welche Informationen Dritten zugänglich gemacht hat. Schließlich bleibt auch vollkommen unklar, inwiefern die behauptete Weitergabe von Informationen die Geschäfte der Beklagten so gefährdet hat, dass eine Bestellung des Minderheitsgesellschafters X zum Geschäftsführer nicht mehr zulässig war.
545. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen hier nicht vor. Die Entscheidung beruht zum einen auf in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärten Grundsätzen, zum anderen auf einer den Umständen des Einzelfalles folgenden Prognose über die Wirkung der Abberufung des Klägers und verschiedener Rechtsschutzmöglichkeiten des Minderheitsgesellschafters der Beklagten in der Zukunft.
556. Die übrigen prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 ZPO und auf §§ 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
56Streitwert: 1.890.000,- EUR (Antrag zu 1: 50.000,- EUR, Antrag zu 2: 120.000,- EUR, Antrag zu 3: 1.200.000,- EUR, Antrag zu 4: 470.000,- EUR
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Leipzig vom 8. September 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die beklagte - nicht börsennotierte - Aktiengesellschaft wurde von ihren Gründungsgesellschaftern, der L.bank S. (im Folgenden: S. LB), und der Klägerin im Mai 2000 errichtet und im Juli 2000 in das Handelsregister eingetragen. Am Grundkapital der Beklagten von 500.000,00 € waren die S. LB zu 51 % und die Klägerin zu 49 % beteiligt.
- 2
- Auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 20. August 2003 wurde mit den 5.100 Stimmen der S. LB gegen die 4.900 Stimmen der Klägerin zu TOP 4 dem ehemaligen Mitglied des Vorstandes H. für das Geschäftsjahr 2002 die Entlastung verweigert und mit demselben Stimmenverhältnis zu TOP 5 dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates F. für dasselbe Geschäftsjahr Entlastung erteilt. Gegen beide Beschlüsse legte die Klägerin zur Niederschrift des Versammlungsleiters Widerspruch ein.
- 3
- Auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 30. September 2003 erklärte der Versammlungsleiter die gegen den Beschlussantrag auf Erhöhung des Grundkapitals der Beklagten um 5 Mio. € auf 5,5 Mio. € abgegebenen Stimmen der Klägerin wegen angeblichen Verstoßes gegen die gesellschafterliche Treuepflicht zur Mitwirkung bei der als notwendig angesehenen sanierenden Kapitalerhöhung für nichtig, berücksichtigte sie bei der Auszählung nicht und stellte das Zustandekommen des Kapitalerhöhungsbeschlusses , der nach der Satzung einer Mehrheit von mindestens 3/ 4 der abgegebenen Stimmen bedurfte, fest. Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch zur Niederschrift des Versammlungsleiters.
- 4
- Mit ihrer am 19. September 2003 bei Gericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Nichtigerklärung der beiden Hauptversammlungsbeschlüsse vom 20. August 2003 über die Verweigerung der Entlastung des ehemaligen Vorstands H. und über die Entlastung des Aufsichtsratsvorsitzenden F. sowie die positive Feststellung der Entlastung des ehemaligen Vorstandes beantragt. In einer weiteren, am 28. Oktober 2003 bei Gericht eingegangenen Klage, die mit dem ersten Prozess verbunden wurde, hat die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise die Nichtigerklärung des auf der außerordentlichen Hauptversammlung vom 30. September 2003 festgestellten Beschlusses über die Kapitalerhöhung um 5 Mio. € begehrt.
- 5
- Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2003 hat die Beklagte die Anfechtungsbefugnis der Klägerin bestritten, weil diese ihrer Mitteilungspflicht aus § 20 Abs. 1 AktG über eine Beteiligung von mehr als 25 % am Grundkapital der Beklagten nicht nachgekommen sei. Daraufhin machte die Klägerin "vorsorglich" mit Schreiben vom 12. Februar 2004 der Beklagten eine entsprechende Mitteilung. Nachdem die Klägerin mit nachfolgendem Schriftsatz vom 17. Mai 2004 erstmals behauptet hatte, auch die S. LB habe ihrer Mitteilungspflicht nach § 20 Abs. 1 AktG nicht genügt, hat die Beklagte erstmals unter dem 29. Juni 2004 vorgetragen, die S. LB habe ihr eine auf den 15. April 2003 datierte Erklärung über ihre Mehrheitsbeteiligung von 51 % zukommen lassen, deren Bekanntmachung im Bundesanzeiger sie, die Beklagte, unter dem 5. Mai 2004 veranlasst hatte.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin - mit Ausnahme des positiven Feststellungsantrags zur Entlastung des ehemaligen Vorstandsmitglieds H. - ihre Klageanträge mit der Maßgabe weiterverfolgt, dass in erster Linie die Nichtigkeitsfeststellung und hilfsweise die Nichtigerklärung der auf den Hauptversammlungen vom 20. August 2003 (Entlastung) und vom 30. September 2003 (Kapitalerhöhung) gefassten Beschlüsse beantragt werde. Das Berufungsgericht hat nach Beweisaufnahme zum Zeitpunkt der Beteiligungsanzeige der S. LB den hilfsweise gestellten Anfechtungsanträgen stattgegeben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision der Beklagten ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin und damit zur vollständigen Abweisung der Klage (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- 8
- I. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner - gegenteiligen - Entscheidung ausgeführt:
- 9
- Die Anfechtungsklage gegen sämtliche angegriffenen Hauptversammlungsbeschlüsse vom 20. August und vom 30. September 2003 sei begründet, weil diese wegen Verletzung von sowohl der Klägerin als auch der S. LB obliegenden Mitteilungspflichten aus § 20 Abs. 1 AktG stimmlos gefasst und unter solchen besonderen Umständen durch die Klägerin trotz des in § 20 Abs. 7 Satz 1 AktG angeordneten (zeitweiligen) Verlustes der Rechte aus ihren Aktien anfechtbar seien. Sowohl die Klägerin als auch die S. LB seien - auch als Gründungsaktionäre - dem persönlichen Anwendungsbereich des § 20 AktG unterworfen gewesen. Die angefochtenen Beschlüsse seien entgegen den vom Versammlungsleiter festgestellten Abstimmungsergebnissen als stimmlos gefasst anzusehen, weil beide Aktionäre im Zeitpunkt der Beschlussfassungen die ihnen obliegenden Mitteilungspflichten zu ihren jeweils 25 % der gesamten Aktien der Beklagten übersteigenden Beteiligungen nicht erfüllt gehabt hätten und deshalb gemäß § 20 Abs. 7 Satz 1 AktG nicht stimmberechtigt gewesen seien. Die Klägerin habe ihre Mitteilungspflicht unstreitig erst während des Anfechtungsprozesses mit Schreiben vom 12. Februar 2004 erfüllt. Auch hinsichtlich der S. LB deuteten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme alle relevanten Umstände darauf hin, dass sie ebenfalls erst nach dem 30. September 2003 ihrer Mitteilungspflicht nachgekommen sei; zumindest habe die - angesichts der Veröffentlichung der ihr angezeigten Mehrheitsbeteiligung erst am 5. Mai 2004 - beweispflichtige Beklagte nicht den Nachweis einer früheren Anzeige durch die S. LB geführt. Die solchermaßen wegen Verstoßes beider Aktionäre gegen die Mitteilungspflichten nach § 20 Abs. 1 AktG stimmlos gefassten Hauptversammlungsbeschlüsse seien - da sie nicht § 241 AktG unterfielen - nicht nichtig und wegen der Sanktion des Nichtbestehens der Aktionärsrechte gemäß § 20 Abs. 7 AktG an sich nicht einmal durch die betroffenen Aktionäre anfechtbar. Gleichwohl müsse der Klägerin trotz der von ihr selbst versäumten Mitteilung die Anfechtungsbefugnis - beschränkt auf den besonderen Mangel der Stimmlosigkeit - eröffnet werden, weil in einer solchen außergewöhnlichen Situation ein Ausschluss der Anfechtungsbefugnis aus §§ 243 Abs. 1, 245 Nr. 1 AktG unverhältnismäßig in das Mitgliedschafts- und Eigentumsrecht der Klägerin als Aktionärin eingreifen würde.
- 10
- II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt einer nur ausnahmsweise in Betracht kommenden Zubilligung der Anfechtungsbefugnis i.S. von § 245 AktG jedenfalls deshalb nicht stand, weil die Klägerin den auf der Verletzung der Anzeigepflicht auch der S. LB beruhenden Anfechtungsgrund der vollständigen Stimmlosigkeit hinsichtlich der angefochtenen Beschlüsse nicht rechtzeitig i.S. des § 246 Abs. 1 AktG geltend gemacht hat.
- 11
- 1. Die Klägerin unterfiel - wovon das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist - sowohl hinsichtlich der mit der Klage vom 19. September 2003 angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüsse (zu TOP 4 und 5) vom 20. August 2003 als auch bezüglich des mit Klage vom 28. Oktober 2003 angegriffenen Kapitalerhöhungsbeschlusses vom 30. September 2003 wegen Nichterfüllung der ihr - auch als Gründungsaktionärin - obliegenden Mitteilungspflicht über eine Kapitalbeteiligung von mehr als 25 % (§ 20 Abs. 1 AktG) dem (temporären) Verlust der Rechte aus Aktien der Beklagten gemäß § 20 Abs. 7 Satz 1 AktG und damit gerade auch der Anfechtungsbefugnis (§§ 243 Abs. 1, 245 Nr. 1 AktG).
- 12
- a) Unstreitig hat die Klägerin erst am 12. Februar 2004 - und damit geraume Zeit nach Erhebung der miteinander verbundenen Klagen gegen die drei Hauptversammlungsbeschlüsse - der Beklagten ihre Unternehmensbeteiligung von 49 % in einer den Anforderungen des § 20 Abs. 1 AktG genügenden Form (vgl. dazu BGHZ 114, 203, 213) mitgeteilt.
- 13
- Die Klägerin war - auch in ihrer Eigenschaft als Gründungsaktionärin - dem persönlichen Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 AktG unterworfen (vgl. nur: Bayer in MünchKomm.z.AktG 2. Aufl. § 20 Rdn. 10 m.w.Nachw.). Die Vorschriften über die Mitteilung und Veröffentlichung von qualifizierten Beteiligungen von Unternehmens-Aktionären sind zwingendes Recht; sie dienen dem Zweck, Aktionäre, Gläubiger und die Öffentlichkeit über bestehende oder entstehende Konzernbildungen zu informieren und zugleich Rechtssicherheit über die Beteiligungsquoten zu schaffen (BGHZ aaO S. 215). Auch der Gründer einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft ist zu einer solchen Mitteilung verpflichtet, selbst wenn sich seine Beteiligung aus dem notariellen Gründungsprotokoll ergibt; denn erst wenn der Gesellschaft die Beteiligung schriftlich mit- geteilt worden ist, ist sie gemäß § 20 Abs. 6 AktG verpflichtet, diese in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen (vgl. Bayer aaO § 20 Rdn. 10; Koppensteiner in Kölner Komm.z.AktG 2. Aufl. § 20 Rdn. 15; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht 4. Aufl. § 20 AktG Rdn. 20; Dieckmann, DZWiR 1994, 13, 15; Hüffer, AktG 6. Aufl. § 20 Rdn. 2; Mulert in Happ, Aktienrecht 2. Aufl. 2.01 Rdn. 68; Stucken in Happ aaO 7.01 Rdn. 5; a.A. Priester, AG 1974, 212, 214). Dem steht nicht entgegen, dass Aktionären börsennotierter Aktiengesellschaften nunmehr gemäß § 21 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 20 Abs. 8 AktG nur noch die kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten nach § 21 WpHG, hingegen nicht mehr - zusätzlich - die aktienrechtlichen Mitteilungspflichten nach § 20 AktG obliegen. Denn unabhängig davon, ob danach etwa Gründungsaktionäre börsennotierter Aktiengesellschaften noch nicht einmal der - teilweise an andere Voraussetzungen anknüpfenden - kapitalmarktrechtlichen Meldepflicht nach § 21 WpHG unterlägen (so offenbar: Emmerich aaO § 20 AktG Rdn. 20; anders Stucken aaO 7.03 Rdn. 3), könnte aus einer solchen, anlässlich der Umsetzung der Transparenzrichtlinie 88/627/EWG vom 12. Dezember 1988 (ABl. Nr. L 348 vom 17. Dezember 1988, S. 62 ff.) entstandenen Divergenz - schon angesichts der unterschiedlichen Regelungszwecke - nicht abgeleitet werden, dass mit dem Inkrafttreten der kapitalmarktrechtlichen Norm des § 21 Abs. 1 WpHG bei den nicht börsennotierten Aktiengesellschaften - wie hier der Beklagten - die unverändert bestehen gebliebene aktienrechtliche Mitteilungspflicht nach § 20 Abs. 1 AktG für deren Gründungsaktionäre entfallen wäre.
- 14
- b) Die Verletzung der Mitteilungspflicht hatte zur Folge, dass für die Zeit bis zu ihrer Erfüllung am 12. Februar 2004 die Rechte der Klägerin aus ihren Aktien "nicht bestanden" (§ 20 Abs. 7 Satz 1 AktG). Von dieser Sanktion eines temporären Rechtsverlustes sind - abgesehen von den hier nicht vorliegenden Ausnahmen des § 20 Abs. 7 Satz 2 AktG - alle Rechte betroffen, die dem Aktionär aus seinen Aktien zustehen, d.h. sowohl die Herrschafts- als auch die Vermögensrechte. Der Verlust der Verwaltungsrechte erfasst damit auch die Rechte, die der Aktionär im Rahmen der Hauptversammlung wahrnehmen kann, namentlich das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung und das Stimmrecht (vgl. Bayer aaO § 20 Rdn. 51 ff.; Hüffer, AktG 6. Aufl. § 20 Rdn. 12, 14; Koppensteiner aaO § 20 Rdn. 42 ff.; Windbichler in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 20 Rdn. 75 ff. - jeweils m.w.Nachw.). Dementsprechend entfällt auch die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 1 oder Nr. 2 AktG, weil mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte insoweit nach § 20 Abs. 7 Satz 1 AktG überhaupt nicht bestehen (vgl. Hüffer aaO § 20 Rdn. 14; ders. in MünchKomm.z.AktG 2. Aufl. § 245 Rdn. 20 m.w.Nachw.). Hier war die Klägerin zwar in den betreffenden Hauptversammlungen erschienen und hatte gegen die angefochtenen Beschlüsse Widerspruch zur Niederschrift erklärt, sie hatte jedoch weder ein Teilnahme - noch ein Stimmrecht und auch kein Recht zur Erhebung des Widerspruchs.
- 15
- c) Die Rechtsfolge der fehlenden Anfechtungsbefugnis als eines subjektiven , nur in den Grenzen des § 245 AktG bestehenden Rechts ist - wovon das Berufungsgericht ebenfalls noch zutreffend ausgegangen ist - die Unbegründetheit der Anfechtungsklage der Klägerin in Bezug auf sämtliche geltend gemachten - grundsätzlich der Anfechtbarkeit unterliegenden - Inhalts- und Verfahrensmängel der angegriffenen Beschlüsse.
- 16
- 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch - entgegen § 20 Abs. 7 Satz 1 AktG - ausnahmsweise eine Anfechtungsbefugnis der Klägerin wegen des besonderen Mangels der sog. Stimmlosigkeit bejaht, der den angegriffenen Hauptversammlungsbeschlüssen aufgrund des - von ihr erst nachträglich in den Prozess eingeführten - Umstandes anhaften soll, dass auch die S. LB wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Mitteilung ihrer Mehrheitsbeteiligung von 51 % gemäß § 20 Abs. 1 AktG trotz Nichtbestehens der Rechte aus § 20 Abs. 7 Satz 1 AktG ihre Verwaltungsrechte, insbesondere Teilnahme- und Stimmrechte in den betreffenden Hauptversammlungen unzulässig ausgeübt habe.
- 17
- Ob - wie das Oberlandesgericht gemeint hat - in der besonderen Fallkonstellation der "stimmlos" gefassten Beschlüsse überhaupt Raum für eine derartige Ausnahme von dem eindeutig gefassten, strikten Normbefehl des § 20 Abs. 7 Satz 1 AktG zugunsten eines der säumigen, sich normpflichtwidrig verhaltenden Aktionäre zuzulassen wäre, bedarf hier keiner Entscheidung.
- 18
- Denn die Klägerin hat - was das Berufungsgericht offenbar nicht bedacht hat - diesen potentiellen Anfechtungsgrund, aus dem sich zugleich ausnahmsweise ihre Anfechtungsbefugnis ergeben soll, in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern nicht innerhalb der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG in den Rechtsstreit eingeführt. Nach § 246 Abs. 1 AktG ist nicht nur die nachträgliche Erhebung der Anfechtungsklage, sondern auch das Nachschieben von neuen Anfechtungsgründen ausgeschlossen (st. Senatsrechtsprechung, vgl. BGHZ 15, 177, 180 f.; 32, 318, 323; 120, 141, 156 f. sowie zuletzt Sen.Urt. v. 12. Dezember 2005 - II ZR 253/03, ZIP 2006, 227, 229 m.w.Nachw.). Aus der Senatsentscheidung vom 22. Juli 2002 (BGHZ 152, 1), in der es allein um den Umfang der Darlegung der Berufungsgründe ging, ergibt sich nicht, dass der Anfechtungskläger jederzeit neue Anfechtungsgründe in den Rechtsstreit einführen und damit die vom Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen geschaffene Vorschrift des § 246 Abs. 1 AktG funktionslos machen dürfte; vielmehr muss bei der Anfechtungsklage innerhalb der Anfechtungsfrist der nach der genannten Entscheidung einen Teil des Klagegrundes dieser Klage bildende maßgebliche Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die Anfechtbarkeit des Beschlusses herleiten will, vorgetragen werden.
- 19
- Im vorliegenden Fall ist demgegenüber der potentielle Anfechtungsgrund einer Nichterfüllung der Mitteilungspflicht nach § 20 Abs. 1 AktG auch seitens der S. LB, aus dem sich zugleich ausnahmsweise die Anfechtungsbefugnis der Klägerin nach § 245 Nr. 1 AktG ergeben soll, erstmals mit Schriftsatz vom 17. Mai 2004 - also erst rund sechs Monate nach der letzten Klageerhebung vom 28. Oktober 2003 und damit verspätet i.S. des § 246 Abs. 1 AktG - in den Rechtsstreit eingeführt worden.
- 20
- Entgegen der Ansicht der Klägerin reichte zur Einhaltung der Frist nicht aus, dass sie in beiden Klageschriften die Beteiligungsverhältnisse der beiden Aktionäre, also auch der S. LB, im Zusammenhang mit der Darstellung des Ablaufs des Zustandekommens der angefochtenen Beschlüsse dargelegt hat. Denn daraus ergab sich in keiner Weise, dass auch die Rechte der Beklagten nach § 20 Abs. 7 Satz 1 AktG wegen Verletzung der Mitteilungspflicht nach Abs. 1 dieser Vorschrift suspendiert waren und erst dadurch die behauptete Sondersituation der Stimmlosigkeit herbeigeführt wurde.
- 21
- Soweit die Klägerin meint, nicht sie, sondern die Beklagte sei in Bezug auf den Ausnahmefall einer Anfechtungsbefugnis bzw. des Anfechtungsgrundes wegen stimmloser Beschlüsse darlegungs- und beweisbelastet, beruht dies auf Rechtsirrtum. Nach allgemeinen Grundsätzen des Prozessrechts trägt zunächst der Kläger die Darlegungslast sowohl hinsichtlich der Anfechtungsbefugnis als auch hinsichtlich des Anfechtungsgrundes, auf den er seine Klage stützen will, und damit zugleich bezüglich der Rechtzeitigkeit der prozessualen Geltendmachung innerhalb der Frist des § 246 AktG. Gerade in der vorliegenden Fallkonstellation ergab sich der grundsätzliche Ausschluss der Anfech- tungsbefugnis der Klägerin bereits aus dem unstreitigen Umstand ihres eigenen Verstoßes gegen § 20 Abs. 1, Abs. 7 AktG. Deshalb oblag es zunächst ihr, die Umstände fristgerecht darzulegen, welche die Rechtsfolge der Stimmlosigkeit und eine daraus abgeleitete Anfechtungsbefugnis ausnahmsweise zu begründen vermochten. Dies hat die Klägerin versäumt. Angesichts dessen stellte sich hier nicht mehr die Frage, ob im Falle rechtzeitigen Primärvortrags der Klägerin etwa aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände des konkreten Einzelfalls die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast hätte treffen können.
- 22
- Bei dem nachgeschobenen Vortrag bezüglich eines die Stimmlosigkeit der angefochtenen Beschlüsse und die eigene Anfechtungsbefugnis gegebenenfalls begründenden Umstands des Verstoßes auch der S. LB gegen § 20 Abs. 1, 7 AktG handelt es sich im Verhältnis zu dem in der Klageschrift geltend gemachten Klagegrund unzweifelhaft um einen anderen (neuen) Lebenssachverhalt.
- 23
- III. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
- 24
- 1. Allerdings hätte die nachträgliche Erfüllung der Mitteilungspflicht gemäß § 20 Abs. 1 AktG am 12. Februar 2004 zur Folge, dass die Klägerin - wegen der damit verbundenen Beendigung des bis dahin andauernden Verlustes ihrer Rechte aus den Aktien der Beklagten (§ 20 Abs. 7 AktG) - die Befugnis wieder erlangt hätte, bei Vorliegen von Nichtigkeitsgründen innerhalb der Frist des § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG die von ihr beanstandeten, mehr als fünf Monate zurückliegenden Hauptversammlungsbeschlüsse im Wege der Nichtigkeitsklage anzugreifen.
- 25
- 2. Diese Beschlüsse sind jedoch - entgegen der von der Klägerin in der Revisionserwiderung erneut vorgetragenen Ansicht - nicht im Hinblick auf die vom Berufungsgericht angenommene Stimmlosigkeit - über eine bloße Anfechtbarkeit hinaus - als nichtig anzusehen, so dass der Klage auch unter dem Blickwinkel des Nichtigkeitsfeststellungsbegehrens der Erfolg versagt bleiben musste.
- 26
- Ein Hauptversammlungsbeschluss, bei dem entgegen § 20 Abs. 7 AktG vom Stimmrecht ausgeschlossene Stimmen mitgezählt wurden und bei dem der Beschluss darauf beruht, ist nach herrschender Meinung lediglich wegen Gesetzesverletzung nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar (vgl. Hüffer, AktG aaO § 20 Rdn. 17 m.w.Nachw.; Bayer aaO § 20 Rdn. 55). Dies entspricht der ständigen Senatsrechtsprechung, die in vergleichbaren Fällen, in denen einem Stimmrechtsverbot unterliegende Aktionäre an Hauptversammlungsbeschlüssen mitwirken und ihre Stimmen in einer das Abstimmungsergebnis beeinflussenden Weise vom Versammlungsleiter mitgezählt werden, von bloßer Anfechtbarkeit ausgeht (vgl. nur Sen.Urt. v. 12. Dezember 2005 - II ZR 253/03 aaO S. 228 m.w.Nachw.). Werden in derartigen Fällen die einem Abstimmungsverbot unterliegenden Stimmen mitgezählt und wirkt sich das auf das Ergebnis aus, so ist zwar die davon beeinflusste Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter unrichtig. Gleichwohl handelt es sich nicht um einen (nichtigen) Scheinbeschluss; vielmehr bewirken die Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Leiter der Hauptversammlung und deren Aufnahme in die notarielle Niederschrift gemäß § 130 Abs. 2 AktG, dass ein Beschluss mit dem verkündeten und in der Niederschrift fixierten Inhalt existiert, solange und soweit er nicht wirksam angefochten ist. An diesem Befund ändert sich nichts dadurch, dass in einem Extremfall wie dem vorliegenden von einer völligen "Stimmlosigkeit" der Beschlüsse auszugehen ist (so im Ergebnis BayOblG NZG 2001, 128; OLG München NZG 1999, 1173; a.A. insbesondere Semler/Asmus, NZG 2004, 881, 887). In § 241 AktG sind die Nichtigkeitsgründe abschließend aufgezählt, ohne dass etwa die Stimmlosigkeit festgestellter Hauptversammlungsbeschlüsse darunter fällt. Derartige Beschlüsse sind - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch nicht etwa unter Normzweckaspekten dem Verdikt der Nichtigkeit zu unterwerfen, da eine Stimmlosigkeit der Beschlussfassung im materiellen Unrechtsgehalt den in § 241 AktG aufgeführten Gesetzes- und Satzungsverstößen keineswegs gleichzustellen ist.
- 27
- 3. Sonstige Beschlussmängel, die die Nichtigkeit zur Folge hätten, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler nicht festzustellen vermocht.
Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 08.09.2004 - 6 HKO 5863/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 11.01.2005 - 2 U 1728/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger war neben R. Gesellschafter der beklagten GmbH. Die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschloss am 19. April 2001, den Geschäftsanteil des Klägers ohne seine Zustimmung einzuziehen. Die Einziehung ist nach § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags ohne Zustimmung zum Zweck der Ausschließung des Gesellschafters zulässig, wenn in dessen Person ein wichtiger Grund vorliegt. Die nach § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags innerhalb von zwei Jahren an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Abfindung erhielt der Kläger bisher nicht.
- 2
- In der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 22. Februar 2007, zu der auch der Kläger eingeladen wurde, beantragte dieser, unter anderem zu beschließen, den einzigen weiteren Gesellschafter R. auf Zahlung von 251.871,07 DM in Anspruch zu nehmen und den Kläger zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche zu ermächtigen. Der Vertreter des Klägers stimmte für die beiden Anträge, der Vertreter von R. stimmte dagegen.
- 3
- Der Kläger hat beantragt, die ablehnenden Beschlüsse für nichtig zu erklären und festzustellen, dass die beantragten Beschlüsse gefasst wurden. Das Landgericht hat entsprechend dem Klageantrag erkannt. Das Berufungsgericht hat, soweit die ablehnenden Beschlüsse für nichtig erklärt wurden, das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen, weil die Beschlüsse nicht von einem Versammlungsleiter festgestellt worden sind. Im Übrigen - hinsichtlich der Feststellungsanträge - hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg und führt zur vollständigen Abweisung der Klage.
- 5
- I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger sei unbeschadet der bestandskräftigen Einziehung seines Geschäftsanteils in der Gesellschafterversammlung vom 22. Februar 2007 stimmberechtigt gewesen, weil er bisher nicht aus der Beklagten ausgeschieden sei. Sofern im Gesellschaftsvertrag - wie hier - nichts Gegenteiliges vereinbart sei, bewirke die Einziehung eines Geschäftsanteils das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters auch bei der Zwangseinziehung durch Beschluss im Regelfall erst mit der Entrichtung des geschuldeten Abfindungsbetrags. Nur so sei es dem Gesellschafter möglich, nachhaltig darauf hinzuwirken, dass die Gesellschaft das zur Erfüllung des Abfindungsanspruchs erforderliche Vermögen nicht verlagere, sondern das ihr Mögliche und Zumutbare unternehme, um den Abfindungsanspruch auch tatsächlich befriedigen zu können. Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eröffne ein flexibles und situationsbezogenes Instrumentarium, um in der Schwebephase die Belange aller Beteiligten ausgewogen auszutarieren.
- 6
- II. Der Kläger hatte entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts in der Gesellschafterversammlung vom 22. Februar 2007 kein Stimmrecht mehr. Er war nicht mehr Gesellschafter der Beklagten. Mit der Einziehung seines Geschäftsanteils hat er auch das aus dem Geschäftsanteil folgende Stimmrecht (§ 47 Abs. 2 GmbHG) verloren. Die Einziehung wurde mit der Bekanntgabe des Beschlusses an den Kläger wirksam.
- 7
- 1. Ein Einziehungsbeschluss ist entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann (BGH, Urteil vom 5. April 2011 - II ZR 263/08, ZIP 2011, 1104 Rn. 13; Beschluss vom 8. Dezember 2008 - II ZR 263/07, ZIP 2009, 314 Rn. 7; Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 73/99, BGHZ 144, 365, 369 f.). Dass bei Beschlussfassung am 19. April 2001 feststand, dass die Abfindung , die nach § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags innerhalb von zwei Jahren bar zu bezahlen war, nicht aus dem freien Vermögen der Gesellschaft geleistet werden konnte (§ 34 Abs. 3, § 30 Abs. 1 GmbHG), hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und hat keine der Parteien behauptet.
- 8
- 2. Wenn ein Einziehungsbeschluss weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird (§ 241 Nr. 5 AktG), wird die Einziehung mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter und nicht erst mit der Leistung der Abfindung wirksam.
- 9
- a) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob die Einziehung vor Zahlung des Abfindungsentgelts wirksam wird.
- 10
- Teilweise wird angenommen, die Einziehung stehe unter der aufschiebenden Bedingung einer Abfindungszahlung aus freiem Vermögen (OLG Frankfurt , NJW-RR 1997, 612 f.; OLG Zweibrücken, GmbHR 1997, 939, 942; OLG Hamm, NZG 1999, 597, 598; OLG Köln, NZG 1999, 1222; KG, GmbHR 1999, 1202, 1203 f.; OLG Schleswig, NZG 2000, 703, 704 f.; OLG Dresden, GmbHR 2001, 1047, 1048; OLG Düsseldorf, ZIP 2007, 1064; Scholz/ Westermann, GmbHG, 10. Aufl., § 34 Rn. 60; Scholz/Winter/Seibt, GmbHG, 10. Aufl., Anh. § 34 Rn. 17; Michalski/Sosnitza, GmbHG, 2. Aufl., § 34 Rn. 79; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 34 Rn. 43; Wicke, GmbHG, 2. Aufl., § 34 Rn. 10; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Aufl., § 30 Rn. 63; Gehrlein, ZIP 1996, 1157, 1159; Bacher/ von Blumenthal, NZG 2008, 406, 407 f.; ebenso für die Ausschlussklage BGH, Urteil vom 1. April 1953 - II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 173; für „Rechtsbedin- gung“ RGZ 142, 286, 290 f.).
- 11
- Wegen der Probleme, die diese „Bedingungslösung“ für die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter mit sich bringt, wenn ein Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil wegen der Unzumutbarkeit seines weiteren Verbleibens in der Gesellschaft eingezogen ist, während der Schwebezeit weiterhin Mitgliedschaftsrechte ausüben kann, vertreten andere, die Einziehung sei sofort wirksam (KG, NZG 2006, 437; OLG Hamm, GmbHR 1993, 743, 746 f.; Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, 1983, S. 242; Niemeier, ZGR 1990, 314, 353; Ulmer, Festschrift Rittner, 1991, S. 735, 748 ff.; Ulmer, Festschrift Priester, 2007, S. 775, 793 ff.; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 34 Rn. 48; Lutz, DStR 1999, 1858, 1861 f.; Goette, Festschrift Lutter, 2000, S. 399, 409; Pentz, Festschrift Ulmer, 2003, S. 451, 467 ff.; Fietz/Fingerhut, DB 2007, 1179, 1181 ff.).
- 12
- Zur Sicherung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters werden bei sofortiger Wirksamkeit der Einziehung verschiedene Lösungsvorschläge gemacht. Teilweise wird angenommen, die Einziehung stehe unter der auflösenden Bedingung, dass die Abfindung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht ohne Verstoß gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gezahlt werden kann (Ulmer, Festschrift Rittner 1991, S. 735; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 34 Rn. 48). Andere wollen dem ausgeschiedenen Gesellschafter das Recht geben, mit der Auflösungsklage nach § 61 GmbHG die Liquidation der Gesellschaft herbeizuführen, teilweise verbunden mit einem Wiedereintrittsrecht (Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, 1983, S. 243; Niemeier, ZGR 1990, 314, 353; Goette, Festschrift Lutter, 2000, S. 399, 409). Schließlich wird vertreten, dass die Mitgesellschafter verpflichtet sind, dem ausgeschiedenen Gesellschafter die Abfindung pro rata ihrer Beteiligung zu zahlen, soweit die Gesellschaft die Abfindung nicht leisten darf (Altmeppen in Roth/ Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 34 Rn. 21 ff.; MünchKommGmbHG/Strohn, § 34 Rn. 76; Goette, Festschrift Lutter, 2000, S. 399, 410; Heckschen, GmbHR 2006, 1254, 1256; Kolb, NZG 2007, 815, 817; Heidinger/Blath, GmbHR 2007, 1184,
1187).
- 13
- b) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. Grundsätzlich werden Beschlüsse wirksam und vollziehbar, sobald sie gefasst worden sind. Gesetzlich steht der Einziehungsbeschluss nicht unter der Bedingung, dass das Einziehungsentgelt gezahlt wird. § 34 Abs. 3 GmbHG soll im Interesse der Gläubiger sicherstellen, dass die Gesellschafter die Kapitalerhaltungspflicht nach § 30 Abs. 1 GmbHG nicht durch die Aufgabe der Mitgliedschaft umgehen, soll aber nicht den Abfindungsanspruch der Gesellschafter schützen.
- 14
- Der Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil eingezogen wird, muss allerdings davor geschützt werden, dass die verbleibenden Gesellschafter sich mit der Fortsetzung der Gesellschaft den wirtschaftlichen Wert des Anteils des ausgeschiedenen Gesellschafters aneignen und ihn aufgrund der gläubigerschützenden Kapitalerhaltungspflicht mit seinem Abfindungsanspruch leer ausgehen lassen. Dazu genügt es aber, die verbleibenden Gesellschafter selbst in die Haftung zu nehmen, wenn sie nicht auf andere Weise für die Auszahlung der Abfindung sorgen. Der Schutz des Abfindungsanspruchs gebietet es nicht, schon die Wirksamkeit der Einziehung von der Zahlung der Abfindung abhängig zu machen und die damit verbundenen Nachteile in Kauf zu nehmen.
- 15
- aa) Die Schwebelage, die nach der Bedingungslösung entsteht, hat erhebliche Nachteile. Dem ausgeschiedenen Gesellschafter bleiben während der Schwebezeit seine mitgliedschaftlichen Rechte jedenfalls grundsätzlich erhalten , obwohl es zumindest dann, wenn ein wichtiger Grund in seiner Person zur Einziehung geführt hat, der Gesellschaft und den verbleibenden Gesellschaftern gerade unzumutbar ist, dass er weiter in der Gesellschaft bleibt. Auch wenn mit der Einziehung unerwünschte Dritte von der Gesellschaft ferngehalten werden sollen, wie dies etwa bei der Pfändung des Geschäftsanteils als Einziehungsgrund der Fall ist, wird der Zweck der Einziehung bei einer Schwebelage nach der Bedingungslösung teilweise verfehlt. Selbst wenn die mitgliedschaftlichen Rechte wie das Stimmrecht eingeschränkt werden, können die Unklarheiten der Ausübungsbeschränkungen eine stete Quelle neuen Streits bilden. Insgesamt bietet das dem Gesellschafter einen Anreiz, seinen Lästigkeitswert zu steigern und das Abfindungsverfahren weiter in die Länge zu ziehen.
- 16
- Diese Nachteile für die Gesellschaft entstehen bei der Bedingungslösung auch in den Fällen, in denen sich ein Schutz des Abfindungsanspruchs im Nachhinein als nicht erforderlich erweist. Wenn die Abfindung wie im gesetzlichen Regelfall (vgl. MünchKommGmbHG/Strohn, § 34 Rn. 218) mit der Einziehung fällig ist (§ 271 Abs. 1 BGB), steht auch objektiv fest, ob sie aus dem freien Vermögen geleistet werden kann. Ein Schutz des Abfindungsanspruchs ist nur erforderlich, wenn das Einziehungsentgelt erst später fällig wird oder die Auszahlung verzögert wird. Er erweist sich nachträglich als überflüssig, wenn die Gesellschaft die Abfindung in dem für die Kapitalerhaltung maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlung ohne Beeinträchtigung des gebundenen Vermögens leisten kann. Die Bedingungslösung belastet die Gesellschaft aber auch in solchen Fällen mit der weiteren Mitgliedschaft des Störenfrieds und stellt damit das Interesse des ausgeschiedenen Gesellschafters in den Vordergrund, obwohl er einer Einziehung aus wichtigem Grund im Gesellschaftsvertrag zugestimmt hat (§ 34 Abs. 2 GmbHG). Wegen seiner antizipierten Zustimmung zur Einziehung in der Satzung ist er weniger schutzwürdig als ein Gesellschafter, der ohne eine solche Bestimmung im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen wird. Insoweit unterscheidet sich die Einziehung des Geschäftsanteils mittels Beschluss von der Ausschließung des Gesellschafters durch eine Klage, die ohne seine Zustimmung möglich ist und bei der nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Wirkung des Ausschließungsurteils von der Zahlung des Abfindungsentgelts abhängt (BGH, Urteil vom 1. April 1953 - II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 174).
- 17
- Davor, dass sich die Vermögenslage der Gesellschaft verschlechtert und so der Abfindungsanspruch gefährdet wird, bietet auch die Bedingungslösung keinen Schutz. Der dem Gesellschafter nach der Bedingungslösung verbleibende Geschäftsanteil ist bei einer Verschlechterung der Vermögenslage ebenfalls entwertet. Auch soweit der ausscheidende Gesellschafter nach der Bedin- gungslösung das weitere Schicksal der Gesellschaft mitbestimmen kann, ist angesichts des häufig fortbestehenden Streites fraglich, ob er - wie das Berufungsgericht meint - seine berechtigten Interessen „effektiv“ verfolgen und eine Verschlechterung der Vermögenslage durch Entscheidungen der anderen Gesellschafter verhindern kann.
- 18
- bb) Die weiteren vorgeschlagenen Wege zum Schutz des Abfindungsanspruchs - auflösende Bedingung oder Anspruch auf Auflösung - vermeiden zwar, dass der ausgeschiedene Gesellschafter stören kann, weisen aber ebenfalls Nachteile auf.
- 19
- (1) Eine auflösende Bedingung der Nichtzahlung der Abfindung unterliegt ähnlichen Bedenken wie die aufschiebende Bedingung. Zwar kann der ausgeschiedene Gesellschafter wegen der Wirksamkeit der Einziehung nicht weiter als Störenfried auf die Gesellschaft einwirken. Es entsteht aber ebenfalls eine Schwebelage, deren Ende zudem nicht sicher zu bestimmen ist. Bei Bedingungseintritt muss der Gewinnverteilungsschlüssel, gegebenenfalls nach einer Inanspruchnahme der Gesellschafter auch der Haftungsschlüssel korrigiert werden. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, die ohne den ausgeschiedenen Gesellschafter gefasst wurden, müssen unter Umständen wiederholt oder neu gefasst werden. Nach einer Veränderung oder einer Abtretung der Geschäftsanteile ist eine automatische Herstellung des früheren Rechtszustands auch vor dem Hintergrund der Regelungen in § 5 Abs. 3 Satz 2 und § 16 Abs. 3 GmbHG kaum mehr möglich.
- 20
- (2) Ein Recht, bei einer Unterdeckung im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung die Auflösung der Gesellschaft zu betreiben, steht dem Gesellschafter , der - wenn man nicht der Bedingungslösung folgt - ausgeschieden ist, nicht zu. Außerdem könnte jahrelang in der Schwebe bleiben, ob die Gesellschaft aufgelöst ist oder nicht. Dieser Schwebezustand besteht auch dann, wenn man dem ausgeschiedenen Gesellschafter aus diesem Grund ein Wiedereintrittsrecht gibt.
- 21
- cc) Die Interessen der Beteiligten werden am besten dadurch ausgeglichen , dass die Gesellschafter, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben, dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig haften, wenn sie nicht anderweitig dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, oder sie die Gesellschaft nicht auflösen. Den verbliebenen Gesellschaftern wächst anteilig der Wert des eingezogenen Geschäftsanteils zu. Sie müssten, wenn sie sich redlich verhalten und eine Unterdeckung nicht auf andere Art und Weise ausgleichen, etwa durch Auflösung von stillen Reserven oder eine Herabsetzung des Stammkapitals (vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. April 1953 - II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 169), grundsätzlich die Gesellschaft auflösen, um so die Gesellschaft in die Lage zu versetzen, den Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters soweit wie möglich zu erfüllen. Mit der Auflösung stellen sie den ausgeschiedenen Gesellschafter hinsichtlich seines Abfindungsanspruchs so, als sei er noch Gesellschafter. Sie verhalten sich treuwidrig, wenn sie sich dagegen mit der Fortsetzung der Gesellschaft den Wert des eingezogenen Geschäftsanteils auf Kosten des ausgeschiedenen Gesellschafters einverleiben, ihm aber eine Abfindung unter der berechtigten Berufung auf die Kapitalbindung der Gesellschaft verweigern.
- 22
- Wenn die Gesellschafter die Gesellschaft fortsetzen, anstatt sie aufzulösen , weil sie darin einen wirtschaftlichen Vorteil und einen Mehrwert für ihren Anteil erblicken, ist es nicht unbillig, sie zum Ausgleich für den Abfindungsanspruch persönlich haften zu lassen, wenn die Gesellschaft ihn wegen der Kapitalbindung nicht erfüllen darf. Eine bei Fassung des Einziehungsbeschlusses unabsehbare persönliche Haftung ist damit nicht verbunden. Die Gesellschafter können ihre persönliche Inanspruchnahme durch Ausgleich derUnterdeckung oder durch die Auflösung der Gesellschaft vermeiden. Der Abfindungsanspruch wird dadurch zwar nicht in voller Höhe gegen Veränderungen geschützt. Auch in der Liquidation ist der Abfindungsanspruch erst nach den Ansprüchen der übrigen Gesellschaftsgläubiger zu befriedigen (§ 73 GmbHG). Davor schützt den ausgeschiedenen Gesellschafter aber auch der weitere Verbleib in der Gesellschaft bei Annahme einer bedingten Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses nicht.
- 23
- Die Nachteile der weiteren Mitgliedschaft eines „Störenfrieds“ werden weitgehend vermieden. Eine Ungewissheit über die Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte wegen eines Streits über den Einziehungsgrund oder die Höhe der Abfindung, der dazu führt, dass zunächst unklar sein kann, ob die Abfindung aus dem angegebenen Vermögen geleistet werden kann, kann nicht vermieden werden.
- 24
- dd) Der Fortbestand der Mitgliedschaft des Gesellschafters, dessen Geschäftsanteil eingezogen wurde, ist auch nicht aus anderen Gründen erforderlich. Für die Wahrnehmung der Rechte gegen den Einziehungsbeschluss selbst ist von der weiteren Rechtsinhaberschaft auszugehen, um der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzmöglichkeit Geltung zu verschaffen (BGH, Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rn. 8; Urteil vom 19. September 1977 - II ZR 11/76, NJW 1977, 2316).
- 25
- c) Der Kläger ist nicht als stimmberechtigter Gesellschafter zu behandeln , weil er zu der Gesellschaftsversammlung vom 22. Februar 2007 eingeladen wurde. Die Beklagte ist damit nur den Unsicherheiten gerecht geworden, die aufgrund der ungeklärten Rechtslage zum Fortbestand von Mitgliedsrechten bestanden.
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 14.12.2010 - 7 HKO 918/07 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 03.05.2011 - 2 U 1956/10 -
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 25. September 2014 – teilweise abgeändert und insgesamt – wie folgt – neu gefasst:
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Geschäftsanteile des Gesellschafters M im Nennwert von Euro 62.000 sowie Euro 40.000 an der S GmbH werden gemäß § 12 Abs. 2 lit. cc des Gesellschaftsvertrages aus einem in seiner Person liegenden wichtigen Grund eingezogen. Der Gesellschafter X wird beauftragt, die Einziehung durchzuführen.“ wird für nichtig erklärt.
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Aufstockung des Geschäftsanteils des Gesellschafters X im Nennbetrag von Euro 98.000 um insgesamt Euro 102.000 auf 200.000.“ wird für nichtig erklärt.
Die weitergehende Klage und die weitergehende Berufung werden ab- bzw. zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 37% zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt allerdings jeweils nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
31. Die dem Senat aus einer Reihe von Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bekannten Parteien streiten in der hier vorliegenden Hauptsache um die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten, über die Kündigung des seiner Geschäftsführertätigkeit zugrundeliegenden Anstellungsverhältnisses, über die Einziehung seiner Geschäftsanteile, über die der Einziehung notwendig folgende Aufstockung des Geschäftsanteils des Gesellschafters X sowie über die Bestellung des Gesellschafters X zum Geschäftsführer.
4Der im vorliegenden Verfahren als Geschäftsführer und Vertreter der Beklagten auftretende Herr X war Gesellschafter der S GmbH und hielt einen Geschäftsanteil in Höhe von 49% des Stammkapitals. Der Kläger hielt zunächst lediglich einen Geschäftsanteil in Höhe von 20% des Stammkapitals, und zwar treuhänderisch für seinen Vater, den Onkel des Gesellschafters X, der noch den übrigen Geschäftsanteil innehatte. Sowohl der Gesellschafter X als auch der Kläger waren dabei als Geschäftsführer für die Beklagte tätig. Der Gesellschafter X schied allerdings nach einer Kündigung vom 22. Dezember 2010 mit Wirkung zum 30. Juni 2011 als Geschäftsführer aus. Dabei ist streitig, ob er einverständlich weiterhin für die Gesellschaft tätig war. In der folgenden Zeit scheiterten zunächst Verhandlungen über den Verkauf des Unternehmens der Gesellschaft an einen Finanzinvestor. Im Verlauf der gescheiterten Verhandlungen kam es zur Kündigung zweier Lebensversicherungen, die die Gesellschaft zur Absicherung zweier Pensionszusagen zu Gunsten der beiden Geschäftsführer geschlossen hatte. Dabei erhielt der Kläger einen geringeren Betrag als der Gesellschafter X.
5Im Laufe des Jahres 2013 kam es zu einem Zerwürfnis zwischen dem Gesellschafter X einerseits sowie dem Kläger und seinem Vater andererseits. Anlässlich einer Gesellschafterversammlung am 6. September 2013 wurde beschlossen, dass eine erneute Pensionszusage zu Gunsten des Klägers nicht erfolgen solle. Gleichwohl schloss der Kläger mit der Gesellschaft, die er als von § 181 BGB befreiter Geschäftsführer vertrat, unter dem 28. November 2013 eine Vereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von 250.821,04 EUR bei Vollendung des 67. Lebensjahres. Der Zusage folgend unternahm die Beklagte vertreten durch den Kläger den Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages und überwies bereits den vereinbarten Einmalbetrag von 200.000,- EUR an einen Versicherer. Außerdem vereinnahmte der Kläger Leistungen zur Urlaubsabgeltung und als Weihnachtsgeld, obgleich ein Anstellungsvertrag vom 18. Dezember 2009 derartige Sonderzahlungen nicht vorsah, sondern danach auch Mehrarbeit mit der übrigen Vergütung abgegolten sein sollte. Schließlich ließ er sich für private Zwecke ein Darlehen in Höhe von 180.000,- EUR gewähren, dessen Einzelheiten sich der der als Anlage B 12 eingereichten Ablichtung entnehmen lassen. Die Beklagte wurde dabei von seinem Vater, M2, vertreten.
6Mit einem Schreiben vom 3. Februar 2014 verlangte der Gesellschafter X von dem Kläger als Geschäftsführer der S GmbH die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung insbesondere zwecks Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und zwecks Einziehung seines Geschäftsanteils. Nachdem der Kläger dies mit einem Schreiben vom 20. Februar 2014 insbesondere unter Hinweis auf Mängel des Begehrens abgelehnt und bei dieser Gelegenheit auf Pflichtverletzungen des Gesellschafters X hingewiesen hatte, lud der Gesellschafter X mit einem Schreiben vom 25. Februar 2014 den Kläger und seinen damals noch als Gesellschafter in die Liste eingetragenen Vater zu einer Gesellschafterversammlung am 7. März 2014 unter Mitteilung der bereits zuvor angekündigten Tagesordnung. Anlässlich der Versammlung, zu der sich neben dem Gesellschafter X, dessen Bevollmächtigten und einem Vertreter des Klägers zunächst auch der Vater des Klägers einfand, übernahm der Gesellschafter X unter Bezugnahme auf die Regelung des § 9 des Gesellschaftsvertrages – der Kläger hatte zwar am 5. März 2014 auch den Geschäftsanteil seines Vaters erhalten, die entsprechende Änderung der Gesellschafterliste wurde aber erst am 13. März 2014 eingetragen - die Versammlungsleitung und stellte insbesondere die Abberufung des Klägers aus wichtigem Grund zur Abstimmung. Nach einer Aussprache stellte der Gesellschafter X fest, dass der Kläger von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen sei. Da außerdem der Vater des Klägers die Versammlung schon zu Beginn verlassen hatte, stellte der Gesellschafter X schließlich fest, dass der Abberufungsbeschluss zustande gekommen sei. Im weiteren Verlauf der Versammlung ließ der Gesellschafter X ferner die Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers, die Einziehung der Geschäftsanteile der beiden anderen Gesellschafter, des Klägers und seines Vaters, die Aufstockung des eigenen Geschäftsanteils sowie die eigene Bestellung zum Geschäftsführer beschließen. Die weiteren Einzelheiten sind dem Sitzungsprotokoll zu entnehmen.
7Anschließend ließ der Gesellschafter X die gefassten Beschlüsse zur Eintragung in das Handelsregister anmelden. Der Kläger reichte gegen die Anmeldung unter dem 10. März 2014 eine Schutzschrift beim Amtsgericht Köln als Registergericht ein und ergänzte diese unter dem 19. März 2014. Das Amtsgericht setzte das Eintragungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des vom Kläger angestrengten, hier vorliegenden Nichtigkeits- und Anfechtungsverfahrens aus, eine hiergegen gerichtete Beschwerde wurde vom 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts zurückgewiesen.
8In der folgenden Zeit ordnete das Landgericht Köln mit einstweiliger Verfügung vom 31. März 2014 rechtskräftig die Gesamtvertretung und Gesamtgeschäftsführung durch den Gesellschafter X und den Kläger an (22 O 108/14 LG Köln bzw. 18 U 78/14 OLG Köln). Gleichwohl lud der Kläger danach ohne Zustimmung des Gesellschafters X zu verschiedenen Gesellschafterversammlungen, wobei er teilweise als Geschäftsführer, teilweise aber auch als Gesellschafter gestützt auf § 50 Abs. 3 S. 1 GmbHG handelte. Der Gesellschafter X wiederum erwirkte diesbezüglich einstweilige Verfügungen und ging gegen die gefassten Beschlüsse vor.
9Mit der vorliegenden, am 10. April 2014 beim Landgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die o.g. am 7. März 2014 gefassten Beschlüsse der Beklagten angegriffen. Er hat sich dabei zunächst gegen die von der Beklagten im Anschluss an die Ausführungen des Gesellschafters X anlässlich der vorgenannten Gesellschafterversammlung dargelegten Abberufungs- und Einziehungsgründe gewendet. Außerdem hat er behauptet, dass dem Gesellschafter X insofern selbst erhebliche Verfehlungen zur Last fielen, als er sein Ausscheiden als Gesellschafter nicht zeitgerecht gegenüber der Krankenversicherung angezeigt und so ungerechtfertigt Krankengeldzahlungen vereinnahmt habe. Er habe auch ohne Erlaubnis einen Privatschrank des Klägers geöffnet und sich persönlich auf Kosten der Beklagten am Verkauf alter Firmenfahrzeuge bereichert. Der Vater des Klägers, der ebenfalls Zahlungen hieraus erhalten habe, habe von deren Herkunft keine Kenntnis gehabt. Schließlich habe er den Inhalt der Gesellschafterversammlung unzutreffend protokolliert und gegenüber der 22. Zivilkammer des Landgerichts bewusst falsch vorgetragen.
10Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug einschließlich der gestellten Anträge ergeben sich aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (vgl. Bl. 219 R ff. GA).
112. Mit seinem am 25. September 2014 verkündeten (vgl. Bl. 218 GA) und dem Kläger am 25. September 2014 zugestellten (vgl. Bl. 241 GA) Urteil (vgl. Bl. 219 ff. GA) hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen.
12Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass in dem Verhalten des Klägers Gründe lägen, die eine Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten rechtfertigten. Denn der Kläger habe ungerechtfertigt Urlaubsabgeltungen und Weihnachtsgratifikationen vereinnahmt. Er habe sich selbst eine Pensionszusage erteilt, den Abschluss einer Rückdeckungsversicherung hierfür betrieben und habe sich selbst ein Darlehen von 180.000,- EUR auszahlen lassen. Diese Gründe rechtfertigten auch die Kündigung seines Anstellungsvertrages und die Einziehung seiner Geschäftsanteile. Zwar könne künftigen unberechtigten Zugriffen auf das Gesellschaftervermögen durch den Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entgegengewirkt werden. Jedoch lasse das Verhalten des Klägers nicht mehr auf ein gedeihliches Zusammenwirken in der Zukunft schließen, zumal der Kläger im laufenden Verfahren an seiner Rechtsauffassung festhalte, dass er zu den Maßnahmen berechtigt gewesen sei. Er habe ein tiefgreifendes Zerwürfnis begründet. Aus seinem Verhalten ergebe sich, dass er nicht mehr am Interesse der Beklagten orientiert sei. Dem Umstand, dass es sich bei der Beklagten um ein Familienunternehmen handele, komme im Hinblick auf die Verkaufsabsichten kein größeres Gewicht mehr zu. Wegen der gravierenden Pflichtverletzungen, der Anzahl der Verfehlungen und dem Ausmaß des Verschuldens des Klägers bedürfe es der Einziehung und genüge die bloße Abberufung nicht. Schließlich erlaubten auch die gegen den Mitgesellschafter X erhobenen Vorwürfe keine andere Beurteilung, weil die betreffenden Behauptungen substanzlos seien und etwa im Zusammenhang mit dem Krankengeldbezug Interessen der Beklagten nicht berührt seien.
13Der Details wegen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (vgl. Bl. 224 ff. GA).
143. Mit seiner hier am 6. Oktober 2014 eingegangenen Berufung (vgl. Bl. 244 f. GA), die er mit einem am 25. November 2014 eingegangenen Schriftsatz begründet hat (vgl. Bl. 251 ff. GA), hat der Kläger die vom Landgericht ausgesprochene Abweisung seiner Nichtigkeits- und Anfechtungsklage insgesamt zur Überprüfung gestellt und außerdem die Klage auf einen den Geschäftsanteil seines Vaters betreffenden Beschluss erstreckt.
15Der Kläger hält dabei an seinem Vorbringen insbesondere zu den von der Beklagten dargelegten und vom Landgericht herangezogenen Abberufungs-, Kündigungs- und Einziehungsgründen fest und meint, er sei sehr wohl zur Verwendung der vertraglich nicht vorgesehenen Vergütungsbeträge berechtigt gewesen. Dabei habe es sich nämlich um Beträge gehandelt, die als „Incentive“ für den Einkäufer einer wichtigen Kundin bestimmt und unter den Gesellschafter im Mai 2012 abgestimmt gewesen seien. Nachdem sich die Beklagte auf diese Weise an den Kosten einer Hochzeit des Einkäufers beteiligt habe und aufgrund weiterer halbjährlicher Zahlungen habe sich der Umsatz der Beklagten mit der betreffenden Kundin positiv entwickelt. Der Kläger habe die Beträge jedenfalls nicht für sich behalten, sondern stets weitergereicht. Dass man wegen der Vergütungshöhe und der Abgeltung der Mehrarbeit des Klägers im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Ausscheiden des Herrn X als Geschäftsführer den Anstellungsvertrag nicht in schriftlicher Form geändert, sondern sich mit einer mündlichen Vereinbarung begnügt habe, habe jahrelanger Praxis bei der Beklagten entsprochen. Nur im Einzelfall seien schriftliche Beschlüsse gefasst worden.
16Ferner habe er, der Kläger, keine Pensionszusage veranlasst, sondern er und sein Vater seien davon ausgegangen, dass die Zusage noch der Unterzeichnung durch den Mitgesellschafter X bedurft habe. Deshalb habe der Vater des Klägers dem Mitgesellschafter X auch die Dokumente übergeben.
17Hinsichtlich der Rückdeckungsversicherung sei die Beklagte selbst Versicherungsnehmerin und es sei mangels Zustimmung des Gesellschafters X nicht zu einer Verpfändung gekommen. Dementsprechend sei die Versicherung jährlich zum 1. Dezember kündbar. Auch habe die Beklagte wegen der Verzinsung keinen Schaden erlitten, ja sie werde für die Zeit ab dem 1. Dezember 2017 sogar einen Gewinn erzielen und verfüge für die Zeit bis dahin über hinreichend freies Vermögen zur ungeschmälerten Fortführung des Betriebes.
18Ungeachtet der seitens der Beklagten vorgelegten Erklärungen von Mitarbeitern bestreitet der Kläger ferner die Behauptungen der Beklagten über das nicht geschäftsdienliche Verhalten seines Vaters und meint, dass er jedenfalls nicht verpflichtet gewesen sei, die Tätigkeit seines Vaters für die Beklagte zu unterbinden.
19Schließlich hält der Kläger an seinen Behauptungen zu angeblichen Verfehlungen des Gesellschafters und Geschäftsführers X fest und führt diese weiter aus: Herr X habe für das zweite Halbjahr 2001 unberechtigt Gehalt bezogen, er habe unberechtigt Krankengeld bezogen, er habe Privatschränke des Klägers geöffnet, er habe heimlich zusätzliche Erlöse aus Pkw-Verkäufen für die Beklagte für private Zwecke vereinnahmt und vertrauliche Unternehmensdaten an potentielle Kaufinteressenten weitergeleitet.
20Der Kläger beantragt,
21das Urteil des Landgerichts Köln vom 25. September 2014 – 86 O 37/14 – teilweise abzuändern und
221. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Der Geschäftsführer M wird aus wichtigem Grund hilfsweise gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG abberufen. Der Gesellschafter X wird beauftragt, dem Geschäftsführer M die Abberufung mitzuteilen.“,
232. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Herrn M wird fristlos, außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt. Der Gesellschafter X wird beauftragt, gegenüber dem Geschäftsführer M die Kündigung zu erklären.,
243. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Geschäftsanteile des Gesellschafters M im Nennwert von Euro 62.000 sowie Euro 40.000 an der S GmbH werden gemäß § 12 Abs. 2 lit. cc des Gesellschaftsvertrages aus einem in seiner Person liegenden wichtigen Grund eingezogen. Der Gesellschafter X wird beauftragt, die Einziehung durchzuführen.“,
254. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Geschäftsanteile des Gesellschafters M2 im Nennwert von Euro 40.000 an der S GmbH werden gemäß § 12 Abs. 2 lit. cc des Gesellschaftsvertrages aus einem in seiner Person liegenden, wichtigen Grund eingezogen. Der Gesellschafter X wird beauftragt, die Einziehung durchzuführen.“,
265. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Die Aufstockung des Geschäftsanteils des Gesellschafters X im Nennbetrag von Euro 98.000 um insgesamt Euro 102.000 auf 200.000.“,
276. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7. März 2014 mit dem Inhalt: „Bestellung des Gesellschafters X zum Geschäftsführer der Gesellschaft. Herr X ist also vertretungsbefugt und von den Beschränkungen des § 181 befreit.“
28für nichtig zu erklären.
29Die Beklagte beantragt,
30die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
31Auch sie hält an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen fest, verteidigt die angefochtene Entscheidung und behauptet ferner, der Kläger und sein Vater hätten heimlich interne Daten der Beklagten an eine französische Konkurrentin (Addev, SAS) weitergeleitet, um derselben im Zuge von Verkaufsverhandlungen eine due-diligence-Prüfung zu ermöglichen. Hiervon habe der Gesellschafter X erst nach dem erstinstanzlichen Urteil überhaupt erfahren.
32II.
33Die Berufung des Klägers ist statthaft, im Übrigen zulässig und hat teilweise Erfolg, weil die Abweisung der die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers betreffenden Anfechtungsklage auf einem Rechtsfehler im Sinne des § 513 Abs. 1 ZPO beruht. Das weitergehende Rechtsmittel ist hingegen unbegründet. Denn zu Recht hat das Landgericht die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, die Kündigung des seiner Tätigkeit zugrundeliegenden Anstellungsverhältnisses und die Bestellung des Gesellschafters X als Geschäftsführer gebilligt. Soweit der Kläger mit seiner Berufung erstmals auch den am 7. März 2014 gefassten Beschluss über die Einziehung des Geschäftsanteils seines Vaters anficht, ist die Klage wegen Ablaufs der zweimonatigen Anfechtungsfrist nach § 9 Ziff. 5 der Satzung unbegründet.
34Im Einzelnen:
351. Zutreffend hat das Landgericht formelle Mängel der angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse verneint und die Wirksamkeit der Beschlüsse vom Vorliegen wichtiger Gründe abhängig gemacht. Richtig hat es auch das Vorliegen solcher Gründe die Abberufung und die fristlose Kündigung betreffend bejaht.
36a) Die Abberufung eines Geschäftsführers gemäß § 38 Abs. 2 GmbHG aus wichtigem Grund ist dann zulässig, wenn Umstände vorliegen, die den Verbleib des Abzuberufenden in der bisherigen Organstellung für die Gesellschaft nicht zumutbar erscheinen lassen (vgl. insbes. OLG München, Urt. v. 29. März 2012 – 23 U 4344/11 -, BeckRS 2012, 07661; OLG Naumburg, Urt. v. 23. Februar 1999 – 7 U 25/98 -, NZG 2000, S. 44 <46>; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 38 Rn. 12).
37Solche Gründe hat das Landgericht hier zu Recht darin erblickt, dass 1. der Kläger ohne rechtfertigenden Grund Weihnachtsgeld und Urlaubsabgeltung bezogen hat. Auch mit den hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers hat sich das Landgericht zutreffend auseinandergesetzt. Dem ist selbst vor dem Hintergrund des Berufungsvorbringens nur wenig hinzuzufügen. Kurz: Aus dem im Anstellungsvertrag nicht vorgesehenen Bezug von Weihnachtsgeld in den Jahren 2003 bis 2009 einerseits und dem Verzicht mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten für die Jahre 2010 und 2011 andererseits ergibt sich noch kein Anspruch des Klägers für 2012. Auch aus einem Auslaufen des Anstellungsvertrages zum 31. Dezember 2011 und der Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers in der Zeit danach lässt sich hierfür nichts herleiten. Anlässlich der Gesellschafterversammlung vom 15. Dezember 2011 wurde schließlich nur die Fortsetzung der Tätigkeit beschlossen, hingegen trafen die Gesellschafter keine Entscheidung über vom schriftlichen Anstellungsvertrag abweichende Einzelheiten. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der schriftliche Vertrag Grundlage des Anstellungsverhältnisses des Klägers zur Beklagten bleiben sollte, und darin finden sich keine Regelungen, die den Kläger zum Bezug von Weihnachtsgeld und Urlaubsabgeltungen berechtigen. Die Behauptungen des Klägers über Absprachen der Gesellschafter im Mai 2012 mögen für sich betrachtet hinreichend substantiiert erscheinen. Vor dem Hintergrund der gleichfalls aufgestellten Behauptungen zu u.U. strafrechtlich relevanten Zahlungen an den Einkäufer eines Kunden bleibt der Inhalt der Absprachen indessen auch dann unklar, wenn man das diesbezügliche Berufungsvorbringen auch zur Höhe der Gratifikationen in die Betrachtung einbezieht.
38Richtig hat das Landgericht 2. darauf abgestellt, dass der Kläger, ohne dazu berechtigt zu sein, sich selbst eine Pensionszusage erteilt und eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen hat. Auch insofern treffen die Ausführungen des Landgerichts zu. Denn ganz unabhängig von der umstrittenen Wirksamkeit eines bestimmten Gesellschafterbeschlusses, lag jedenfalls keine Ermächtigung seitens der Gesellschafter vor. Ferner lässt der Text der Zusage keinen Zweifel darüber, dass das Versprechen bereits wirksam und damit für die Beklagte verbindlich gegeben werden sollte. Das Vorbringen des Klägers zu einer abweichenden Vorstellung des Klägers und seines Vaters über eine zuvor notwendige Unterzeichnung seitens des Gesellschafters X lässt sich mit der schriftlichen Zusage nicht vereinbaren, zumal der Kläger die Rückdeckungsversicherung bereits zum Abschluss gebracht und die Überweisung bereits veranlasst hatte.
39Zu Recht hat das Landgericht schließlich 3. auf die nicht durch einen Gesellschafterbeschluss gerechtfertigte und den im Gesellschaftsvertrag der Beklagten zum Ausdruck kommenden Interessen der Beklagten zuwiderlaufende Darlehensvergabe in Höhe von 180.000,- EUR abgestellt.
40Nach den vorstehenden, schwerwiegenden und jedenfalls auch vom Kläger zu verantwortenden Pflichtverletzungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger künftig an die Grenzen seiner Befugnisse als Geschäftsführer der Beklagten halten und von Eingriffen in das Vermögen der Beklagten zu eigenen Gunsten unter Missachtung der Interessen der Beklagten als Gesellschaft absehen wird, wenn ihm die Organbefugnisse verbleiben. Mit Rücksicht auf die Verfehlungen des Klägers kommt auch keine mildere, aber dennoch gleichermaßen geeignete Maßnahme in Betracht.
41b) Aus den vorstehenden Erwägungen ergeben sich zugleich die wichtigen, zur Kündigung des Anstellungsverhältnisses gemäß § 626 BGB berechtigenden Gründe. Denn wichtige Gründe liegen in solchen Umständen, die der Gesellschaft die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zur vertraglich vorgesehenen Beendigung oder bis zur Wirksamkeit der nächstmöglichen ordentlichen Kündigung unzumutbar machen (vgl. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, 20. Aufl., § 35 Rn. 218). Dass der Beklagten die mit laufenden Bezügen verbundene Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses angesichts der vom Kläger zu verantwortenden Abberufung keinen Tag länger zumutbar war, ergibt sich schon daraus, dass das Anstellungsverhältnis nur auf eine Geschäftsführertätigkeit bezogen war.
422. a) Anderes gilt hingegen für die die Einziehung der beiden Geschäftsanteile des Klägers betreffenden Beschlüsse. Denn mag eine Zwangseinziehung gemäß § 34 GmbHG iVm. § 12 des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich auch schon dann in Betracht kommen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem betroffenen Gesellschafter unzumutbar erscheinen lässt, so setzt jede Einziehung doch mit Rücksicht auf den damit einhergehenden, denkbar tiefen Eingriff in die Rechtsposition des betroffenen Gesellschafters voraus, dass keine anderen, zumutbaren Möglichkeiten vorhanden sind, den Pflichtverletzungen des betroffenen Gesellschafters hinreichend wirksam zu begegnen. Insofern liegt in der Zwangseinziehung die ultima ratio (vgl. OLG Rostock, Urt. v. 15. August 2001- 6 U 49/00 -, NZG 2002, S. 294; Lutter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 34 Rn. 32).
43Im vorliegenden Fall waren die vorerwähnten wichtigen Gründe überwiegend mit dem Missbrauch von Geschäftsführungsbefugnissen verbunden und können überwiegend schon deshalb im Wege der ebenfalls beschlossenen Abberufung des Klägers als Geschäftsführer für die Zukunft verhindert, jedenfalls aber derart erschwert werden, dass ein solches milderes Mittel zunächst einmal zumutbar erscheint. Soweit das nicht der Fall ist und der Kläger auch von seinen vermeintlichen Gesellschafterrechten Gebrauch gemacht hat, reicht der darüber hinaus eröffnete Rechtsweg aus, um die Interessen des Minderheitsgesellschafters und der Gesellschaft zu schützen.
44Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Kläger selbst unter Berücksichtigung seiner Treuhänderstellung unmittelbar über Geschäftsanteile in Höhe von 51% des Stammkapitals verfügt und deshalb die Geschäftsführung unter Gebrauch seiner Rechte als Gesellschafter maßgebend zu prägen vermag. Denn in einem solchen Gebrauch liegt grundsätzlich kein Rechtsmissbrauch, und gegen die mit der Stimmenmehrheit verbundenen Einflussmöglichkeiten muss der Minderheitsgesellschafter grundsätzlich nicht geschützt werden, sondern er hat sie hinnehmen. Nur dort, wo ein missbräuchlicher Gebrauch von Mehrheitsrechten in Rede steht, ist der Minderheitsgesellschafter und ist die Gesellschaft selbst schutzwürdig. Insofern kommt allerdings hinzu, dass der Minderheitsgesellschafter X Rechtsverstößen des Klägers im Zusammenhang mit dessen Rechten als Mehrheitsgesellschafter der Beklagten unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abzuwehren vermag; jedenfalls kann der Senat unter Berücksichtigung der hier anhängigen Verfahren auch des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht feststellen, dass die Beklagte und der Minderheitsgesellschafter sich gegen rechtswidrige Maßnahmen des Klägers nicht auch ohne Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers hinreichend zur Wehr setzen können. So können eventuell rechts- oder satzungswidrige Beschlüsse angefochten werden und kann hinsichtlich eines Vollzuges entsprechender Beschlüsse vor dem rechtskräftigen Abschluss der Hauptsachverfahren einstweiliger Rechtsschutz erwirkt werden.
45Auch die Ausführungen der Beklagten zur Zugänglichmachung von Gesellschaftsinterna für eine Konkurrentin seitens des Klägers im Zuge heimlicher Verkaufsverhandlungen kann hieran nichts ändern. Denn zum einen obliegt die Gewährung von Einsicht in die Geschäftsunterlagen der Beklagten ebenfalls der jeweiligen Geschäftsführung und ist dem Kläger dementsprechend nach seiner Abberufung aus der Hand genommen. Zum anderen kann nicht festgestellt werden, dass Rechtsschutz im Einzelfall nicht ausreicht, um entsprechende Verstöße seitens des Klägers unter Inanspruchnahme seiner Gesellschafterrechte künftig abzuwehren. Gegen einen ungerechtfertigten Missbrauch von Einsichts- und Kontrollrechten als Gesellschafter durch den Kläger zwecks Informationsgewinnung und –weiterleitung muss schließlich die jeweilige Geschäftsführung der Beklagten vorgehen. Es mag zwar richtig sein, dass der Minderheitsgesellschafter X dies nicht unmittelbar erwirken kann. Es ist aber gegenwärtig nicht erkennbar, dass ihm ein gerichtliches Vorgehen in diesem Sinne unzumutbar ist.
46Schließlich stehen auch die ungeachtet der jedenfalls vorläufig wirksamen Abberufung und Einziehung ausgesprochenen Ladungen zu Gesellschafterversammlungen und das Verhalten des Klägers in diesem Zusammenhang sowie die daraus resultierenden Befürchtungen für die Zukunft der Einschätzung des Senats nicht entgegen, dass der Kläger durch seine dauerhafte – in einer neuerlichen Berufung des Klägers gegen den Willen des Minderheitsgesellschafters läge ein derart gravierender Verstoß gegen die Treuepflicht, dass sich gegebenenfalls die Frage der Rechtsmäßigkeit einer Einziehung erneut stellte – Abberufung als Geschäftsführer und die damit einhergehende Beschränkung auf seine Rechte als Mehrheitsgesellschafter hinreichend wirksam an weiteren Rechtsverletzungen und Satzungsverstößen gehindert wäre. Zum einen ist nämlich nach § 49 Abs. 1 GmbHG der Geschäftsführer für die Einberufung von Gesellschafterversammlungen zuständig. Zum anderen könnte der Minderheitsgesellschafter X einerseits rechtswidrige Weisungen des Klägers als Mehrheitsgesellschafter an die Geschäftsführung unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes im Einzelfall verhindern und andererseits zur Durchsetzung der Rechtstreue des Klägers als Mehrheitsgesellschafter und der Geschäftsführung von seinen Kontroll- und Einsichtsrechten als Minderheitsgesellschafter Gebrauch machen. Der Senat hat sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien zu den wechselseitigen Rechtsverletzungen nicht davon zu überzeugen vermocht, dass dies schon nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht ausreicht. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter der Beklagten zwar unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes über die Herrschaft in der Gesellschaft streiten, dass aber die Gesellschaft unverändert wirtschaftet und jedenfalls gegenwärtig nicht hinreichend erkennbar ist, dass die Förderung des Gesellschaftszweckes, dass sich also die Fortsetzung des Wirtschaftsbetriebes der Beklagten sich durch die vom Senat befürworteten, begrenzten Maßnahmen nicht hinreichend sicherstellen lässt.
47b) Soweit der Kläger im zweiten Rechtszug mit dem neuen Antrag zu Ziff. 4 erstmals auch die Einziehung des seinem Vater, Herrn M2, zustehenden Geschäftsanteils anficht, liegt darin zwar eine nach § 533 ZPO zulässige Klageerweiterung. Die Klage ist jedoch insoweit unbegründet, denn die Anfechtung ist erst mit der Berufungsbegründung vom 25. November 2014 erfolgt, als die zweimonatige Anfechtungsfrist gemäß § 9 Ziff. 5 der Satzung der Beklagten im Anschluss an die Beschlussfassung vom 7. März 2014 schon lange abgelaufen war.
48aa) Da Gegenstand des neuen Klageantrages zu Ziff. 4 ein eigenständiger Beschluss der Gesellschafterversammlung ist, der bis zur Berufungsbegründung nicht mit einem Klageantrag angegriffen worden ist, kommt dem neuen Klageantrag zu Ziff. 4 nicht lediglich eine klarstellende, erweiternde Funktion zu. Maßgebend für die Beantwortung der Frage nach einer Erweiterung der Klage bzw. nach der Hinzufügung eines weiteres Streitgegenstandes ist nicht der Umstand, dass der schon im ersten Rechtszug angegriffene Beschluss über die Einziehung auch des M zustehenden Geschäftsanteils zum Nennwert von 40.000,- EUR und der erstmals im zweiten Rechtszug angefochtene Beschluss über die Einziehung des M2 zustehenden Geschäftsanteils zum Nennwert von 40.000,- EUR denselben, vor der Gesellschafterversammlung übertragenen Geschäftsanteil betreffen – dieser Umstand ist lediglich für die Wirkung der beiden Beschlüsse von Bedeutung. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass es sich nach dem tatsächlichen Geschehen anlässlich der Gesellschafterversammlung (vgl. Protokoll, Anlage K 2) um zwei gesonderte Beschlüsse der Gesellschafter handelt.
49bb) Es mag zwar mit Rücksicht auf die Übertragung des ursprünglich M2 zustehenden Geschäftsanteils zum Nennwert von 40.000,- EUR an den Kläger kurz vor der Gesellschafterversammlung vom 7. März 2014 naheliegen, dass der den Geschäftsanteil von M2 betreffende Einziehungsbeschluss ins Leere ging und deshalb nicht der Anfechtung bedarf. Das kann jedoch im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen und den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens offen bleiben.
503. Nach den vorstehenden Erwägungen konnte die Aufstockung des Geschäftsanteils des Gesellschafters X um den Nennbetrag der zuvor eingezogenen Geschäftsanteile nicht wirksam beschlossen werden. Denn sie diente ersichtlich nur der Einhaltung des § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG und ist daher in ihrer Wirksamkeit von derjenigen der zuvor erörterten Einziehung abhängig.
514. Zu Recht und aus zutreffenden Gründen hat das Landgericht dagegen die gegen die Bestellung des Gesellschafters X zum Geschäftsführer gerichtete Klage abgewiesen, und zwar auch dann, wenn man – wie der Senat – anders als das Landgericht von der Unwirksamkeit der Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers ausgeht.
52Der Kläger hat insofern zwar allgemein und über inhaltliche Fragen hinausgehend behauptet, der Gesellschafter X habe falsch protokolliert. Konkret hat er aber insofern nur vorgetragen, das Verhalten seines damaligen Vertreters X2 sei so zu verstehen gewesen, dass dieser den Beschlussantrag habe ablehnen wollen. Angesichts des insofern klaren Protokolls hätte es dem Kläger aber oblegen, die Erklärungen des Bevollmächtigten X2 so darzulegen, dass sich daraus eindeutig ein ablehnender Sinn ergibt. Der gegenwärtige Vortrag bezieht sich nur auf die Auslegung des Verhaltens des Bevollmächtigten seitens des Versammlungsleiters und lässt daher die Richtigkeit des Protokolls ebenso möglich erscheinen.
53In inhaltlicher Hinsicht ist der schon vom Landgericht aufgegriffene Gesichtspunkt maßgebend, dass der Minderheitsgesellschafter X auch in der Vergangenheit die Geschäfte der Beklagte geführt hat, ohne dass die nunmehr problematisierten Vorgehensweisen zum Anlass für seine Abberufung genommen worden wären. Hinzu kommt, dass die Behauptungen des Klägers im Zusammenhang mit der Veräußerung von Fahrzeugen im Verantwortungsbereich des Geschäftsführers X derart allgemein gehalten sind, dass eine sonst notwendige Aufklärung auf dieser Grundlage nicht möglich ist. Es hätte dem Kläger insofern oblegen, einzelne Geschäftsvorgänge unter Rückgriff auf die ihm zugänglichen Geschäftsunterlagen der Beklagten und die leicht zu ermittelnden Marktlagen zur jeweils fraglichen Zeit in allen Einzelheiten darzutun und unter Beweis zu stellen. Soweit der Kläger behauptet, der Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter X habe vertrauliche Informationen der Beklagte weitergegeben, sind auch diese Behauptungen allgemein gehalten. Hinzu kommt, dass unstreitig auch seitens des Klägers und seines Vaters Verkaufsverhandlungen geführt worden sind und dem allgemeinen Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen ist, wann genau wer welche Informationen Dritten zugänglich gemacht hat. Schließlich bleibt auch vollkommen unklar, inwiefern die behauptete Weitergabe von Informationen die Geschäfte der Beklagten so gefährdet hat, dass eine Bestellung des Minderheitsgesellschafters X zum Geschäftsführer nicht mehr zulässig war.
545. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen hier nicht vor. Die Entscheidung beruht zum einen auf in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärten Grundsätzen, zum anderen auf einer den Umständen des Einzelfalles folgenden Prognose über die Wirkung der Abberufung des Klägers und verschiedener Rechtsschutzmöglichkeiten des Minderheitsgesellschafters der Beklagten in der Zukunft.
556. Die übrigen prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 ZPO und auf §§ 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
56Streitwert: 1.890.000,- EUR (Antrag zu 1: 50.000,- EUR, Antrag zu 2: 120.000,- EUR, Antrag zu 3: 1.200.000,- EUR, Antrag zu 4: 470.000,- EUR
(1) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.
(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.
(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.