Landgericht München I Beschluss, 16. Juni 2017 - 1 T 3421/17

bei uns veröffentlicht am16.06.2017

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom 10.02.2017, Az. 80 H 15/16 WEG, aufgehoben.

2. Das Amtsgericht wird angewiesen, einen Beschluss über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu den in der Antragsschrift vom 16.12.2016 zu Ziffer 1., 2., 3. 4. und 5. gestellten Beweisfragen einschließlich der Erweiterung zu 5.k) aus dem Schriftsatz vom 11.2.2017 zu erholen. Eine Bauteilöffnung ist in diesem Zusammenhangnichtgestattet.

3. Die Auswahl des Sachverständigen und die Entscheidung über die Einholung eines geeigneten Kostenvorschusses für den Sachverständigen obliegt dem Amtsgericht.

4. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümerin und bildet zusammen mit den Antragsgegnern zu 2 die WEG ..., die von der Antragsgegnerin zu 1 verwaltet wird.

Im vorliegenden selbständigen Beweisverfahren beantragt die Antragstellerin, Sondereigentümerin der von ihr bewohnten Wohneinheit Nr. ... im Wege der Beweissicherung ein schriftliches Gutachten eines Sachverständigen für Gebäudesanierung für Fragen einzuholen, die den ordnungsmäßigen Zustand des zu ihrer Wohnung gehörigen Balkons sowie mögliche Schäden am Balkon und in ihrer Wohnung aufgrund etwaiger fehlerhafter durch die WEG (vertreten durch die Antragsgegnerin zu 1) in Auftrag gegebenen Arbeiten am Balkon betreffen.

Hintergrund ist, dass die Antragstellerin Anfang 2016 der Antragsgegnerin zu 1) Rostschäden auf ihrem Balkon anzeigte. Die Antragsgegnerin zu 1 beauftragte daraufhin den Handwerker ... mit der Sanierung des Balkons im September 2016 und in der Zeit vom 4. bis 7.10.2016.

Die Antragstellerin teilte der Antragsgegnerin zu 1 zahlreiche Mängel dieser Arbeit am Gemeinschaftseigentum und dadurch verursachte Schäden an ihrem Sondereigentum mit und setzte mit Schreiben vom 17.10.2017 eine Frist bis 7.11.2016, im Rahmen ihrer Tätigkeit als Hausverwaltung die näher beschriebenen Schäden zu dokumentieren und beheben zu lassen. Die Antragsgegnerin zu 1 erwiderte mit Schreiben vom 21.10.2016 (Anl. ASt. 5), es handele sich im Wesentlichen um Vermutungen und nicht dargelegte Behauptungen, die von ihr nicht geteilt würden; sie hätte Herrn ... gebeten, die bestehenden Mangelpunkte zu beseitigen und sich diesbezüglich bei der Antragstellerin anzukündigen.

§ 8 VIII GO lautet (Anlage AG 1): „Der Wohnungseigentümer hat die die Sondereigentumseinheiten abschließenden Türen und Fenster, Terrassen und Balkone und alle dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Einrichtungen, sofern sie im Bereich des Sondereigentums liegen und infolge unsachgemäßer Behandlung durch den Eigentümer bzw. Berechtigten, seiner Angehörigen, seines Mieters usw.schadhaft geworden sind, auf seine Kosten instandzusetzen und instandzuhalten.“

Die Antragstellerin behauptet, der Handwerker habe bei den Arbeiten bis zum 7.10.2016 zahlreiche Beschädigungen am Balkon verursacht. Infolge der Beschädigung der Isolationsschicht und der Dampfsperre werde in großem Umfang Kälte über die Betonaußenfläche des Balkons in ihren Wohnraum eingeleitet. Das führe zu unerträglicher Bodenkälte und außerhalb der Heizperiode zu Schimmelbildung. Die Antragstellerin behauptet ferner, nach dem Schreiben der Antragsgegnerin zu 1 vom 21.10.2016 sei es zu keinen weiteren Maßnahmen etwa der Mangelbeseitigung mehr gekommen.

Die Antragstellerin hat zunächst beantragt:

Im Wege der Beweissicherung wird ohne mündliche Verhandlung ein schriftliches Gutachten eines Sachverständigen für Gebäudesanierung über folgende Fragen in Bezug auf den im Gemeinschaftseigentum der WEG „...“ stehenden Balkon, welcher zur im Sondereigentum der Antragstellerin stehenden Wohnung Nr. ... (postalische Anschrift: ...) gehört, eingeholt:

  • 1.Wurden die Rostschäden am Balkon der Wohnung der Antragstellerin fachgerecht beseitigt?

  • 2.Sind durch fehlerhafte Arbeiten am Balkon Kältebrücken oder andere nachteilige Folgen zu Lasten der Wohnung der Antragstellerin entstanden, etwa indem Isoliermaterial und Dampfsperren ersatzlos herausgerissen wurden?

  • 3.Wirken sich diese neu entstandenen Kältebrücken oder sonstigen nachteiligen Folgen in technischer bzw. betriebstechnischer (z.B. erhöhter Heizbedarf) bzw. wertmindernd auf die Wohnung der Antragstellerin aus?

  • 4.Führen diese Beschädigungen auch zu einer nicht unerheblichen Erhöhung der Luftfeuchtigkeit in der Wohnung der Antragstellern, sodass in Zukunft mit dem erhöhten Risiko von Schimmelbildung zu rechnen ist und zwar ausserhalb der Heizperiode bzw. wenn nicht im Übermaß Lufttrocknung durchgeführt wird?

  • 5.Sind durch fehlerhafte Arbeiten am Balkon darüber hinaus folgende (und ggf. noch weitere) Schäden entstanden:

    • a)Planlose und durch die Balkon-Sanierungsmaßnahme nicht gebotene Abringung von Löchern sowie durch eine Vertretung (neu geschaffene Drainagerinne entlang der Balkontüre) sowie durch Silikonreste;

    • b)Entfernung der Abschlussleiste für drei bodentiefe. Fensterfronten und Rollläden;

    • c)Verstopfung/Zufugung der Luftanschlüsse der drei bodentiefen Fensterfronten;

    • d)Verbiegung bzw. Verkürzung der Rollladenschienen am unteren Ende, sodass diese wie auch der Rollladen selbst nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen bis zum Bodenanschluss bzw. bis zum Fenstersimsanschluss reicht und mithin ein lichtundurchlässiger Verschluss (vollständige Verdunklung der Wohnung) ausgeschlossen ist.

    • e)Beschädigung der Rollladenmechanik durch manuelles Hochschieben des Rollladens von außen;

    • f)Verbeulung der Verkleidung;

    • g)Beschädigung des Gümmiabschlusses des Rollladens auf der ganzen Länge;

    • h)Verschlußkappen für die Löcher in den braunen Metallprofilen fehlen:

    • i)Fehlen eines Stückes der Beschichtung an der braunen Fensterfront

    • j)Beschädigung eines Fensterrahmens durch Verwendung einer ätzenden Flüssigkeit

Die Antragsgegnerin zu 1 beantragt die Zurückweisung des Antrags. Sie sei nicht passiv legitimiert. Es sei nicht ersichtlich, welches Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1 bestehen und weiche Ansprüche die Antragstellerin glaubt, ihr gegenüber zu haben. Zudem sei für Instandsetzung und -haltung des Balkons nach § 8 VIII GO die Antragstellerin zuständig.

Die Antragsgegner zu 2 beantragen die Zurückweisung des Antrags, weil es an der erforderlichen Vorbefassung der Wohnungseigentümer fehle. Zudem sei für Instandsetzung und -haltung des Balkons nach § 8 VIII GO die Antragstellerin zuständig. Ein etwaiger Anspruch gem. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG gegen die Antragsgegner zu 2 käme nur in Betracht, wenn sie Kenntnis von einem konkreten Instandsetzungsbedarf gehabt hätten und sich in einer Eigentümerversammlung mit dem Problem „vorbefassen“ hätten können. Die Pflicht zur Instandhaltung und -setzung des Gemeinschaftseigentums obliege der Gemeinschaft. Die übrigen Eigentümer seien nicht passiv legitimiert. Schuldner des Anspruchs sei nach § 21 Abs. 5 Nr. 2, § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG die Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht die übrigen Eigentümer. Zudem bestreiten die Antragsgegner zu 2 das Vorliegen der „streitgegegenständlichen Mängel und den von der Antragstellerin vorgetragenen Sachverhalt mit Nichtwissen“.

Das Amtsgericht hat den Antrag gegen alle Antragsgegner mit Beschluss vom 10.2.2017 zurückgewiesen, weil es an der in Wohnungseigentumssachen erforderlichen Vorbefassung der Eigentümerversammlung fehle.

Mit am 14.2.2017 beim Amtsgericht eingegangene. Schriftsatz vom 11.2.2017 (Bl. 113/114) hat die Antragstellerin die Anträge unter 5. um folgenden Antrag erweitert:

k) Der Dampfausgleich der balkonseitigen Fensterrahmen wurde beschädigt bzw. wurde unzulässigerweise verschlossen mit der Folge, dass dadurch die Fensterscheiben zu erblinden beginnen.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 17.2.2017 zugestellten Beschluss haben die Antragsgegner zu 1. und zu 2. mit Schriftsatz vom 27.2.2017, eingegangen an diesem Tag beim Amtsgericht, sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 120/130) und verfolgen ihre Anträge, einschließlich des Antrags zu 5.k) weiter. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 28.2.2017 nicht abgeholfen und die Akte zur Entscheidung dem Landgericht München I vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist gegen die Ablehnung eines Antrags im selbständigen Beweisverfahren statthaft gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 490 Rn. 4) und wurde frist- und formgerecht eingelegt, § 568 ZPO.

Zulässig ist auch die erst nach der Entscheidung des Amtsgerichts erfolgte Antragserweiterung zu 5.k), da mit Rücksicht auf § 571 ZPO auch Antragserweiterungen in der Beschwerdeinstanz zulässig sind, solange sie – wie hier – einen hinreichenden Bezug zum Ausgangsverfahren aufweisen (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 571 Rn. 3).

Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

1. Der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegnerin zu 1, die Verwalterin der WEG, ist nach § 485 ff. ZPO zulässig. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind erfüllt.

a) In der Situation eines – wie hier – noch nicht anhängigen Rechtsstreits kann gem. § 485 Abs. 2 ZPO eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass 1. der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache, oder 2. die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

b) Im Streitfall ist der Antrag der Antragstellerin als Wohnungseigentümerin gegenüber der Verwalterin darauf gerichtet, den Zustand einer Sache (Balkon, Dichtungen, Kältebrücken in ihre Wohnung, etc.) sowie die Ursache eines Sachschadens oder Sachmangels (schlechte Dichtungen, Kältebrücken, etc.) feststellen zu lassen. Voraussetzung des § 485 ZPO ist nicht, dass die behaupteten Sachschäden und Sachmängel auch tatsächlich vorliegen.

c) Das rechtliche Interesse i.S.d. § 485 Abs. 2 ZPO liegt nach Auffassung der Kammer vor.

aa) Nach § 485 Abs. 2 S. 2 ZPO ist das rechtliche Interesse bereits dann anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Dieses Tatbestandsmerkmal ist vom Gesetzgeber bewusst sehr weit formuliert und wird von der Rechtsprechung auch so weit angewandt (vgl. Nachweise in Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 485 Rn. 7 a). Deshalb wird ein rechtliches Interesse nur dann verneint, wenn kein Rechtsverhältnis, kein möglicher Prozessgegner oder kein Anspruch ersichtlich ist wobei eine Schlüssigkeitsprüfung gerade nicht anzustellen ist (Zöller/Herget a.a.O.). Es kann sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (BGH, Beschluss, 16.9.2004 – III ZB 33/04, juris Rn. 5).

bb) Eine Situation, in der evident kein Anspruch gegenüber dem Verwalter bestehen kann, besteht im Streitfall indes nicht.

Zwar hat die Antragstellerin zur Begründung eines Anspruchs gegen den Verwalter bislang nicht hinreichend vorgetragen haben. Es ist insbesondere ungeklärt, was nach dem Schreiben der Verwalterin vom 21.10.2016 (Anlage ASt 5) weiter geschah, ob sich der Handwerker ... für eine Mängelbeseitigung mit der Antragstellerin in Verbindung gesetzt hat und weshalb es in der Folge nicht zu weiteren Mängelbeseitigungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen kam. Die Schlüssigkeit eines Anspruchs wird für das rechtliche Interesse im selbständigen Beweisverfahren nach den vorstehenden Ausführungen und der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber gerade nicht gefordert.

Ein etwaiger Anspruch der Antragstellerin auf weiteres Tätigwerden der Verwalterin oder auf Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung ist nach Aktenlage – und nur hierauf kommt es an – nicht evident ausgeschlossen.

Den Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft treffen – mit Schutzwirkung auch für den einzelnen Sondereigentümer – zahlreiche Pflichten, bei deren Verletzung auch Schadensersatzansprüche ausgelöst werden können (vgl. statt aller Bärmann/Merle/Becker, WEG, 13, Aufl., § 27 Rn. 345). Soweit die Schadensersatzansprüche das Sondereigentum betreffen, stehen sie auch dem Sondereigentümer allein zur Ausübung zu (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 – VII ZR 236/05 – BGHZ 172, 42 Rn. 23).

Zu den Pflichten des Verwalters gehört es, sich grundsätzlich um Mängel am Gemeinschaftseigentum zu kümmern, den Bestand aufzunehmen, wenn ihm solche angezeigt werden, ggfs Instandsetzungs- und Instandhaltungsbedarf zu klären, im Umfang der eigenen Befugnis solche Maßnahmen in Auftrag zu geben, im Übrigen die Wohnungseigentümer darüber zu informieren und in sachgerechter zeitlicher Dimension eine Eigentümerversammlung einzuberufen, für die er die Abstimmung über Instandsetzungs- und Instandhaltungsbedarf sachgerecht vorzubereiten hat. Zudem hat er sich um die Geltendmachung und Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber von ihm im Namen der Gemeinschaft beauftragter Unternehmer und Handwerker zu kümmern. Bei der Ausübung solcher Pflichten können Fehler unterlaufen, die zu einer Haftung des Verwalters führen können. Das kann hier derzeit nach Aktenlage nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Ein Fall des § 8 Abs. 8 GO liegt hier – entgegen der Ansicht der Antragsgegner – ersichtlich nicht vor. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass hier Schäden infolge unsachgemäßer Behandlung durch den Eigentümer bzw. Berechtigten bzw. seiner Angehörigen bzw. seines Mieters entstanden wären.

Vertiefter ist nach den vorstehenden Grundsätzen im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens nicht in eine Anspruchsprüfung einzusteigen.

cc) Die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens gegen den Verwalter hängt auch nicht davon ab, ob die Eigentümer in der Versammlung bereits mit der Problematik befasst waren.

(1) Denn die Vorbefassung der Eigentümerversammlung ist grundsätzlich keine Voraussetzung für eine Haftung des Verwalters gegenüber einem Sondereigentümer.

(2) An die Verwalterin wendet sich die Klägerin hier auch nicht zum ersten Mal.

(3) Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil hier auch Schäden und Mängel am Gemeinschaftseigentum in Streit stehen und deshalb Aufgaben der gemeinschaftlichen Verwaltung betroffen sind, für die es grundsätzlich vor der Anrufung staatlicher Gerichte einer Befassung der Eigentümerversammlung bedürfe. Denn betroffen ist hier gleichwohl das Verhältnis zum Verwalter und nicht zu den übrigen.

(4) Auch der Umstand, dass damit eine etwaige Unzulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die übrigen Eigentümer mangels Vorbefassung (hierzu unten 2.) leicht umgangen werden könnte, indem das Verfahren auch gegen den Verwalter gerichtet wird, kann nach Auffassung der Kammer nicht entgegenstehen, solange nicht die - auch sonst geltende – Schwelle der evidenten Anspruchslosigkeit überschritten ist.

Die Gründe, die für die Unzulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens gegen die übrigen Wohnungseigentümer ohne Vorbefassung angeführt werden, insbesondere die Selbstentscheidungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft über Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen einschließlich der Schadensfeststellung, und die Treuepflichten in der Gemeinschaft, greifen nach Auffassung der Kammer nicht auf das Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer zum Verwalter über, der im Zusammenhang mit der Instandsetzung und Instandhaltung von Gemeinschaftseigentum möglicherweise Pflichten verletzt.

Denkbar wäre es zwar, in Konsequenz einer angenommen Unzulässigkeit gegen die Eigentümer aufgrund der Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts und zur Sicherung der Autonomie und des Kompetenzgefüges in der Wohnungseigentümergemeinschaft für das selbstständige Beweisverfahren gegen den Verwalter – anders als in sonstigen Verfahren – ausnahmsweise doch den schlüssigen Vortrag eines Anspruchs zu fordern. So könnte verhindert werden, dass im Wege des selbständigen Beweisverfahrens typische, nach dem gesetzlichen Konzept des WEG dem Verwalter und der Eigentümerversammlung obliegende Aufgaben der Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum, nämlich die Schadensfeststellung und Ursachenklärung, auf Antrag eines Eigentümers durch gerichtlich eingesetzten Sachverständigen erledigt werden, ohne dass die vom gesetzlichen Konzept des WEG vorgesehenen WEG-internen Abläufe und Mittel ausgeschöpft worden wären.

Eine solche Ausnahme vom sonstigen Verständnis des rechtlichen Interesses in § 485 Abs. 2 S. 2 ZPO entfernt sich aber zu weit vom Wortlaut und dem Zweck des selbständigen Beweisverfahrens. Nach Auffassung der Kammer rechtfertigen die Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts eine solche teleologische Einschränkung auch nicht. Der Kammer sind diverse Verfahren bekannt, in denen Ablehnung und Verweigerung eines Verwalters gegenüber mängelanzeigenden Wohnungseigentümern dazu führten, dass über lange Zeit nichts passierte und erst durch ein angestrengtes selbständiges Beweisverfahren etwas voranging.

2. Die Kammer sieht in der vorliegenden Konstellation auch die Voraussetzungen für den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegner zu 2 (die übrigen Wohnungseigentümer) als gegeben. Das Rechtsschutzbedürfnis oder das rechtliche Interesse i.S.d. § 485 Abs. 2 ZPO kann im Streitfall nicht deshalb abgelehnt werden, weil es an einer Vorbefassung der übrigen Wohnungseigentümer mit der Balkonproblematik fehlt.

a) Zwar mag es grundsätzlich in Betracht kommen, aufgrund der Sondersituation innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft und des Grundsatzes ihrer autonomen Entscheidungsbefugnisse für die Gegenstände gemeinschaftlicher Verwaltung und der erst subsidiären Entscheidungsberufung staatlicher Gerichte auch im selbständigen Beweisverfahren eine in anderen Verfahrensarten für § 485 ff. ZPO nicht existierende Grenze des Rechtsschutzbedürfnisses zu ziehen (in diesem Sinne: Beschluss des LG München I vom 17.11.2015 – 36 T 15903/15, AG Siegburg, Beschluss vom 23.11.2015 – 150 H 1/15, juris = BeckRS 2015 2094; AG München, Beschluss vom 31.1.2017 – 481 H 21666/16, AG München Beschluss vom 21.4.2016 – 482 H 738/16, m Anm. Rüscher; LG Stuttgart, Die Justiz 2000, 88; Elzer/Timmer, 1.3.2017, WEG, § 43 Rn. 259 d; a.A.: LG München I Beschluss vom 18.7.2016 – 1 T 7429/16 BeckRS 2016, 14258 m Anm. Bub, IMR 2016, 536; LG München I Beschluss vom 25.7.2016 und vom 5.10.2016 – 1 T 10029/17, IMR 2016 441).

Diese Erwägungen vermögen aber in der vorliegenden besonderen Sachkonstellation die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens auch gegenüber den übrigen Eigentümern nach Auffassung der Kammer nicht in Frage zu stellen.

Hier wären im Hinblick auf die Antragstellung gegen die Antragsgegnerin zu 1 (die Verwalterin), deren Antragstellung – wie oben ausgeführt – auch zulässig ist, die Antragsgegner zu 2 (die übrigen Eigentümer) beizuladen gem. § 48 Abs. 1, § 43 Nr. 3 WEG. Denn die Beiladungspflicht nach § 48 Abs. 1 WEG trifft nicht nur „klassische Rechtsstreitigkeiten“, sondern auch Verfahren, in denen es etwa um den Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung oder um ein selbständiges Beweisverfahren geht (Bärmann/Roth, WEG, 13. Aufl., § 48 Rn. 4; Timme/Elzer, WEG, § 48 Rn. 20). Das Beweisergebnis wirkt dann nach § 493 Abs. 1 ZPO, § 48 Abs. 1 WEG analog auch für und wider die Beigeladenen (Bärmann/Roth, a.a.O.).

Das bedeutet, dass hier eine Bindung der Antragsgegner zu 2 (der übrigen Eigentümer) an das erholte Sachverständigengutachten ohnehin nicht verhindert werden kann und auch nicht von einer Vorbefassung abhängt.

Anders verhielte es sich, wenn man mangels Vorbefassung auch die Beiladung für unzulässig hielte. Aus Sicht der Kammer kann das Vorbefassungsgebot und die dahinterstehende Autonomie der WEG sowie die entsprechende Zurückhaltung staatlicher Gerichtsbarkeit nicht so weit gehen, dass die gesetzlich angeordnete Beiladung nach § 48 WEG einzuschränken wäre.

Dann kann es aber auch nicht gerechtfertigt sein, es der Antragstellerin wegen des Vorbefassungsverbotes zu verwehren, den Antrag auch direkt gegen die übrigen Eigentümer zu richten.

Damit ist auch für die Antragsgegner zu 2 kein Risiko größerer rechtlicher Nachteile verbunden als über die Beiladung: Die Bindungswirkung an das Gutachten ist keine andere. Auch hinsichtlich der Kostentragung ergeben sich keine Unterschiede. Denn die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens trägt grundsätzlich ohnehin der Antragsteller. Nur dann, wenn sich in einem anschließenden Hauptsacheprozess ein Anspruch bestätigt, kommt Kostentragung durch die Antragsgegner in Betracht. Dabei besteht bei den übrigen Wohnungseigentümern aber gerade die besondere Anspruchsvoraussetzung einer erfolglosen Vorbefassung. Denn die Wohnungseigentümer haften für unterbliebene oder verzögerte Instandhaltungs- und -setzungsmaßnahmen nur dann und auch nur in Person derjenigen, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2014 – V ZR 9/14 –, BGHZ 202, 375 Rn. 21). Das setzt aber überhaupt voraus, dass die Eigentümer mit der Problematik befasst waren. Für Umstände, die die Wohnungseigentümer nicht kannten und nicht kennen mussten, können sie nicht etwa wegen unterbliebener Beschlüsse in Anspruch genommen werden. Eine Zurechnung etwaiger Pflichtverletzungen des Verwalters findet in diesem Zusammenhang – anders als offenbar die Antragstellerseite meint – nicht statt, die Hausverwaltung nimmt ihre Verpflichtungen nach § 27 I WEG im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern als eigene Aufgabe wahr (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 21 Rn 77). Es kommt allenfalls in Betracht, Verwalterverschulden der Wohnungseigentümergemeinschaft (und nicht die übrigen Eigentümer) zuzurechnen, wenn es um die Umsetzung eines – hier aber nicht vorhandenen – Eigentümerbeschlusses geht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2014 – V ZR 9/14 –, BGHZ 202, 375 Rn. 25).

Deshalb trägt derjenige Antragsteller, der ein selbständiges Beweisverfahren gegen die übrigen Wohnungseigentümer anstrengt, ohne diese vorher mit seiner Problematik auf dem üblichen wohnungseigentumsrechtlichen WEG in der Eigentümerversammlung befasst zu haben, ein ganz erhebliches Kostenrisiko. Unzulässig ist sein Antrag deshalb aber, jedenfalls in der vorliegenden besonderen Konstellation, nicht.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO, § 100 ZPO.

2. Die Kammer lässt die Rechtsbeschwerde zur Frage zu, ob ein Wohnungseigentümer bei behaupteten Mängeln und/oder Schäden am Gemeinschaftseigentum mit behauptetem Folgeschaden in seinem Sondereigentum ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung ein selbständiges Beweisverfahren gegen den Verwalter und auch gegen die übrigen Eigentümer anstrengen kann. Die Frage ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie stellt sich in einer Vielzahl von im wesentlichen gleichgelagerten Fällen. In der aktuellen Gerichtspraxis werden im Bezirk des Oberlandesgerichts München vermehrt solche Anträge gestellt. Aus der veröffentlichten Rechtsprechung etwa des LG Stuttgart (Die Justiz 2000, 88) und des AG Siegburg (BeckRS 2015 2094) zeigt sich, dass es kein regionales Phänomen darstellt. Die Frage ist klärungsbedürftig, weil sie vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden ist und die bisher befassten Gerichte zu unterschiedlichen Entscheidungen gelangt sind. Die Frage ist im Verfahren auch entscheidungserheblich.

Der Umstand, dass sich die Anträge nicht nur gegen die übrigen Eigentümer, sondern auch gegen den Verwalter richten, führt nicht dazu, dass es sich um einen besonders gelagerten Einzelfall handeln würde. Denn die Möglichkeit, neben den übrigen Eigentümern den Verwalter als weiteren Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren heranzuziehen, bietet sich für nahezu alle selbständige Beweisanträge über behauptete Mängel/Schäden am Gemeinschaftseigentum mit Folgeschaden am Sondereigentum.

Urteilsbesprechung zu Landgericht München I Beschluss, 16. Juni 2017 - 1 T 3421/17

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(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
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2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
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(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

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2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Die Beschwerde soll begründet werden.

(2) Die Beschwerde kann auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Sie kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(3) Der Vorsitzende oder das Beschwerdegericht kann für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln eine Frist setzen. Werden Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht innerhalb der Frist vorgebracht, so sind sie nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Verfahrens nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(4) Ordnet das Gericht eine schriftliche Erklärung an, so kann diese zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden, wenn die Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden darf (§ 569 Abs. 3).

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 33/04
vom
16. September 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In dem selbständigen Beweisverfahren auf Begutachtung durch einen Sachverständigen
(§ 485 Abs. 2 ZPO) ist der Sachvortrag des Antragstellers hinsichtlich des Hauptanspruchs
, zu dessen Geltendmachung die Begutachtung dienen soll, grundsätzlich
nicht auf seine Schlüssigkeit oder Erheblichkeit zu prüfen. Ausnahmen können etwa
gelten, wenn von vornherein ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozeßgegner oder
ein Anspruch nicht erkennbar ist.

b) Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist mit dem Hauptsachewert oder
mit dem Teil des Hauptsachewertes anzusetzen, auf den sich die Beweiserhebung bezieht.
BGH, Beschluß vom 16. September 2004 - III ZB 33/04 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr
und Galke

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Antragsteller werden die Beschlüsse des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 13. April 2004 und der 11. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 21. November 2003 aufgehoben.
Es ist nach Maßgabe der Antragsschrift vom 23. Oktober 2003 Beweis zu erheben.
Die weiter erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen werden dem Landgericht übertragen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


Die Antragsteller begehren im selbständigen Beweisverfa hren die Begutachtung von Gebäudemängeln an einem Grundstück, das sie aufgrund des
Zuschlagsbeschlusses vom 30. August 2002 für 195.000 € im Zwangsversteigerungsverfahren erworben haben. Der Antragsgegner, ein von der Industrieund Handelskammer zuK. öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, hatte zuvor auf Ersuchen des Zwangsversteigerungsgerichts den Verkehrswert des Grundstücks mit 248.000 € ermittelt; in dieser Höhe hatte das Gericht den Wert festgesetzt. Die Antragsteller werfen dem Antragsgegner Fehler bei der Wertermittlung vor, nämlich daß er zahlreiche Gebäudemängel und -schäden unberücksichtigt gelassen habe, deren Beseitigung einen Aufwand von weit mehr als 50.000 € erfordern werde und die sich deshalb deutlich verkehrswertmindernd hätten auswirken müssen.
Das Landgericht hat den auf Einholung eines Sachverständ igengutachtens über die behaupteten Mängel und die Kosten von deren Beseitigung sowie über die Frage, ob das vom Antragsgegner erstellte Wertgutachten zutreffend war oder zu einem niedrigeren Ergebnis hätte führen müssen, gerichteten Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist erfolglos geblieben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und auch begründet.
1. Die durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) mit Wirkung vom 1. April 1991 neu gestalteten Bestim-
mungen über das selbständige Beweisverfahren ermöglichen in § 485 Abs. 2 ZPO eine von einem Beweissicherungsbedürfnis, wie es etwa § 485 Abs. 1 ZPO voraussetzt, unabhängige Erhebung des Sachverständigenbeweises (Zöller /Herget ZPO 24. Aufl. 2004 § 485 Rn. 6 m.w.N.). Voraussetzung ist lediglich, daß der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der zu treffenden Feststellung hat; ein solches ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.
2. Der Begriff des "rechtlichen Interesses" ist weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden , wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozeßgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist (Zöller/Herget aaO Rn. 7a m.w.N.). Dabei kann es sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, daß der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (vgl. OLG Köln NJW-RR 1996, 573, 574; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1725, 1726).
3. Das Beschwerdegericht meint, ein rechtliches Interesse fehle bereits dann, wenn eine Anspruchsgrundlage für den behaupteten Schadensersatzanspruch zwar theoretisch denkbar, aber offensichtlich nicht gegeben sei. Eine derartige Fallkonstellation liege hier vor.
4. Darin vermag der Senat dem Beschwerdegericht nicht zu folgen. Eine ganz offensichtliche Aussichtslosigkeit des Rechtsschutzbegehrens, zu dessen Vorbereitung das hier in Rede stehende selbständige Beweisverfahren dienen soll, kann hier nicht festgestellt werden.


a) Die Antragsteller berühmen sich eines Anspruchs gegen den Antragsgegner , weil dieser als gerichtlich bestellter Sachverständiger in einem Zwangsversteigerungsverfahren grob fahrlässig ein Wertgutachten falsch erstellt habe. Es seien gröbste Mängel des Hauses übersehen worden, so daß ein Wert von 248.000 € statt richtigerweise von allenfalls 190.000 € ermittelt worden sei. Das Amtsgericht habe den Verkehrswert auf der Basis des falschen Gutachtens mit 248.000 € festgesetzt, woraufhin sie, die Antragsteller, das Grundstück für 195.500 € ersteigert hätten. Wäre der Verkehrswert aufgrund eines zutreffenden Wertgutachtens mit etwa 190.000 € festgesetzt worden , hätten sie das Grundstück für einen beträchtlich niedrigeren Betrag als 195.000 € ersteigert.

b) Auf der Grundlage dieses Vorbringens hat das Beschwer degericht einen Schadensersatzanspruch der Antragsteller gegen den Antragsgegner nach § 839a BGB in Betracht gezogen. Diese Bestimmung ist durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 1 9. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und schafft eine systematisch im Umfeld der Amtshaftung angesiedelte Haftung des gerichtlichen Sachverständigen für solche Schäden, die einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entstehen, die auf einem vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Gutachten beruht. Das Beschwerdegericht geht auch zutreffend davon aus, daß das hier in Rede stehende Schadensereignis - die Ersteigerung des Grundstücks - zeitlich in den Geltungsbereich dieser Bestimmung fallen kann, da es nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB).

c) Das Beschwerdegericht meint, eine Haftung des Antragsg egners wegen des behaupteten Fehlers nach § 839a BGB scheide schon deshalb aus, weil die gerichtliche Entscheidung, nämlich der Zuschlag vom 30. August 2002, nicht auf dem angeblich falschen Wertgutachten beruhe. Das Wertfestsetzungsverfahren nach dem ZVG sei als selbständiges Nebenverfahren ausgestaltet. Der Zuschlagsbeschluß werde nicht dadurch materiell unrichtig, daß zuvor der Wert des Grundstücks falsch festgesetzt worden sei. § 74a Abs. 5 Satz 4 ZVG schließe eine Anfechtung des Zuschlags wegen einer unrichtigen, aber rechtskräftigen Wertfestsetzung ausdrücklich aus. Folglich beruhe lediglich der rechtskräftige Wertfestsetzungsbeschluß, nicht aber der Zuschlagsbeschluß auf dem angeblich falschen Wertgutachten des Antragsgegners. Erst der Zuschlagsbeschluß könne aber zu einem Schaden der Antragsteller geführt haben.

d) Mit dieser Argumentation verläßt das Beschwerdegerich t die ihm im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens zustehende eingeschränkte Prüfungskompetenz , ob ein rechtliches Interesse der Antragsteller an der begehrten Tatsachenfeststellung anzunehmen ist. Die vom Berufungsgericht erörterten Gesichtspunkte betreffen rechtsgrundsätzliche Fragen zum Umfang der Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB. Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in zwei noch zum früheren Recht ergangenen Entscheidungen für vergleichbare Fallkonstellationen in Betracht gezogen, daß nach neuem Recht eine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB eintreten könne (Senatsurteil vom 6. Februar 2003 - III ZR 44/02 = VersR 2003, 1535, 1536; Urteil des VI. Zivilsenats vom 20. Mai 2003 - VI ZR 312/02 = NJW 2003, 2825, 2826 = VersR 2003, 1049, 1050). Das selbständige Beweisverfahren ist - wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt -
nicht dazu geeignet, diese Fragen abschließend zu entscheiden; vielmehr nimmt der angefochtene Beschluß in unzulässiger Weise die Hauptsache vorweg.
5. Die Sachentscheidungen beider Vorinstanzen können daher keinen Bestand haben. Der Senat macht von der ihm durch § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO eingeräumten Befugnis, in der Sache zu entscheiden, insoweit Gebrauch, als er die Anordnung trifft, daß die beantragte Beweisaufnahme durchzuführen ist. Die weiter erforderlichen Maßnahmen werden gemäß § 572 Abs. 3 ZPO dem Landgericht als dem Gericht des ersten Rechtszuges übertragen.

III.


Der Senat bemißt den Streitwert für das Rechtsbeschwerd everfahren nach dem vollen mutmaßlichen Hauptsachewert, hier also nach dem in der Antragsschrift angegebenen Minderwert des Grundstücks von 50.000 €.
1. Die Frage nach dem Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist in der Rechtsprechung, insbesondere derjenigen der Oberlandesgerichte, umstritten. Die weit überwiegende Meinung bemißt ihn nach dem vollen Hauptsachewert ; dem stimmt das Schrifttum nahezu einmütig zu. Einige Oberlandesgerichte setzen dagegen nur einen Bruchteil des Hauptsachewertes an (umfassende Darstellung des Meinungsstandes bei Zöller/Herget aaO § 3 Rn. 16 Stichwort: "Selbständiges Beweisverfahren"). Auch das Beschwerdegericht teilt diese letztere Auffassung und hat im vorliegenden Fall den Streitwert daher auf
die Hälfte des von den Antragstellern angegebenen Minderwerts, d.h. auf 25.000 €, festgesetzt.
2. Der Senat entscheidet diese Streitfrage nunmehr im Sinne der herrschenden Meinung.

a) Die unterschiedlichen Positionen treten besonders char akteristisch einerseits in dem Beschluß des OLG Köln, NJW-RR 1994, 761 f - voller Hauptsachewert -, andererseits in dem Beschluß des OLG Schleswig (des jetzigen Beschwerdegerichts), SchlHA 2003, 257 ff - in der Regel die Hälfte des Hauptsachewertes - zutage. Das OLG Schleswig erblickt das zentrale Argument für den Abschlag darin, daß der Antrag gerade nicht auf Verurteilung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme, sondern auf Feststellung von Tatsachen und die Ermittlung von Grundlagen für einen möglichen künftigen Prozeß gerichtet sei. Es liege auf der Hand, daß dieses Verfahren keinen höheren Wert haben könne als eine statt des Beweisverfahrens angestrengte Feststellungsklage mit gleichem Ziel. Würde in deren Rahmen Beweis erhoben, bestünde kein Streit, daß sich die Beweisgebühr nach dem bei Feststellungsklagen ermäßigten Hauptsachewert richte, obwohl eine erfolgreiche Feststellungsklage wegen der mit dem Feststellungsurteil verbundenen Rechtskraftwirkung ein ungleich höheres wirtschaftliches Gewicht hätte als eine im Sinne des Antragstellers erfolgreiche Beweisaufnahme im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens.

b) Dem hält das Oberlandesgericht Köln jedoch mit Recht entgegen, daß das selbständige Beweisverfahren nach der gesetzlichen Neuregelung als vorweggenommener Teil des späteren Hauptsacheverfahrens anzusehen ist. Dies
ergibt sich mit besonderer Deutlichkeit aus dem Verwertungsgebot des § 493 Abs. 1 ZPO, wonach die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht gleichsteht. Sie dient damit nicht der Verfolgung eines im Verhältnis dazu geringeren Rechtsschutzziels. Es kommt nicht darauf an, daß das selbständige Beweisverfahren nicht als solches auf die Schaffung eines Titels ausgerichtet ist (was wegen § 492 Abs. 3 ZPO auch nur mit Einschränkungen richtig ist), sondern darauf, daß es bestimmt und geeignet ist, in einem solchen Verfahren verwendet zu werden. Dem schließt sich der Senat an.
3. Dabei ist der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert (§ 23 GKG a.F.; § 61 GKG n.F.) weder bindend noch maßgeblich; das Gericht hat nach Einholung des Gutachtens den "richtigen" Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers, festzusetzen (OLG Hamburg NJW-RR 2000, 827, 828; Zöller /Herget aaO m.w.N.). Dies kann beispielsweise bedeuten, daß dann, wenn im Beweisverfahren nicht alle behaupteten Mängel bestätigt werden, für die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen sind, die sich ergeben hätten, wenn jene Mängel festgestellt worden wären (OLG Jena OLG-Report 2001, 132). Für das jetzige Rechtsbeschwerdeverfahren hat es indessen - mangels entgegengesetzter Anhaltspunkte - bei den Angaben der Antragsteller als Grundlage für die Wertfestsetzung zu verbleiben.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

Tenor

wird der Antrag der Antragstellerinnen auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerinnen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

(1) § 5 Absatz 4, § 7 Absatz 2 und § 10 Absatz 3 in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung gelten auch für solche Beschlüsse, die vor diesem Zeitpunkt gefasst oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt wurden. Abweichend davon bestimmt sich die Wirksamkeit eines Beschlusses im Sinne des Satzes 1 gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nach § 10 Absatz 4 in der vor dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung, wenn die Sondernachfolge bis zum 31. Dezember 2025 eintritt. Jeder Wohnungseigentümer kann bis zum 31. Dezember 2025 verlangen, dass ein Beschluss im Sinne des Satzes 1 erneut gefasst wird; § 204 Absatz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.

(2) § 5 Absatz 4 Satz 3 gilt in der vor dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung weiter für Vereinbarungen und Beschlüsse, die vor diesem Zeitpunkt getroffen oder gefasst wurden, und zu denen vor dem 1. Dezember 2020 alle Zustimmungen erteilt wurden, die nach den vor diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften erforderlich waren.

(3) § 7 Absatz 3 Satz 2 gilt auch für Vereinbarungen und Beschlüsse, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen oder gefasst wurden. Ist eine Vereinbarung oder ein Beschluss im Sinne des Satzes 1 entgegen der Vorgabe des § 7 Absatz 3 Satz 2 nicht ausdrücklich im Grundbuch eingetragen, erfolgt die ausdrückliche Eintragung in allen Wohnungsgrundbüchern nur auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Ist die Haftung von Sondernachfolgern für Geldschulden entgegen der Vorgabe des § 7 Absatz 3 Satz 2 nicht ausdrücklich im Grundbuch eingetragen, lässt dies die Wirkung gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers unberührt, wenn die Sondernachfolge bis zum 31. Dezember 2025 eintritt.

(4) § 19 Absatz 2 Nummer 6 ist ab dem 1. Dezember 2023 anwendbar. Eine Person, die am 1. Dezember 2020 Verwalter einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer war, gilt gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bis zum 1. Juni 2024 als zertifizierter Verwalter.

(5) Für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren sind die Vorschriften des dritten Teils dieses Gesetzes in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für

1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander,
2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie
4.
Beschlussklagen gemäß § 44.

(1) § 5 Absatz 4, § 7 Absatz 2 und § 10 Absatz 3 in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung gelten auch für solche Beschlüsse, die vor diesem Zeitpunkt gefasst oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt wurden. Abweichend davon bestimmt sich die Wirksamkeit eines Beschlusses im Sinne des Satzes 1 gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nach § 10 Absatz 4 in der vor dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung, wenn die Sondernachfolge bis zum 31. Dezember 2025 eintritt. Jeder Wohnungseigentümer kann bis zum 31. Dezember 2025 verlangen, dass ein Beschluss im Sinne des Satzes 1 erneut gefasst wird; § 204 Absatz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.

(2) § 5 Absatz 4 Satz 3 gilt in der vor dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung weiter für Vereinbarungen und Beschlüsse, die vor diesem Zeitpunkt getroffen oder gefasst wurden, und zu denen vor dem 1. Dezember 2020 alle Zustimmungen erteilt wurden, die nach den vor diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften erforderlich waren.

(3) § 7 Absatz 3 Satz 2 gilt auch für Vereinbarungen und Beschlüsse, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen oder gefasst wurden. Ist eine Vereinbarung oder ein Beschluss im Sinne des Satzes 1 entgegen der Vorgabe des § 7 Absatz 3 Satz 2 nicht ausdrücklich im Grundbuch eingetragen, erfolgt die ausdrückliche Eintragung in allen Wohnungsgrundbüchern nur auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Ist die Haftung von Sondernachfolgern für Geldschulden entgegen der Vorgabe des § 7 Absatz 3 Satz 2 nicht ausdrücklich im Grundbuch eingetragen, lässt dies die Wirkung gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers unberührt, wenn die Sondernachfolge bis zum 31. Dezember 2025 eintritt.

(4) § 19 Absatz 2 Nummer 6 ist ab dem 1. Dezember 2023 anwendbar. Eine Person, die am 1. Dezember 2020 Verwalter einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer war, gilt gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bis zum 1. Juni 2024 als zertifizierter Verwalter.

(5) Für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren sind die Vorschriften des dritten Teils dieses Gesetzes in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(1) Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich.

(2) War der Gegner in einem Termin im selbständigen Beweisverfahren nicht erschienen, so kann das Ergebnis nur benutzt werden, wenn der Gegner rechtzeitig geladen war.

(1) § 5 Absatz 4, § 7 Absatz 2 und § 10 Absatz 3 in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung gelten auch für solche Beschlüsse, die vor diesem Zeitpunkt gefasst oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt wurden. Abweichend davon bestimmt sich die Wirksamkeit eines Beschlusses im Sinne des Satzes 1 gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nach § 10 Absatz 4 in der vor dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung, wenn die Sondernachfolge bis zum 31. Dezember 2025 eintritt. Jeder Wohnungseigentümer kann bis zum 31. Dezember 2025 verlangen, dass ein Beschluss im Sinne des Satzes 1 erneut gefasst wird; § 204 Absatz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.

(2) § 5 Absatz 4 Satz 3 gilt in der vor dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung weiter für Vereinbarungen und Beschlüsse, die vor diesem Zeitpunkt getroffen oder gefasst wurden, und zu denen vor dem 1. Dezember 2020 alle Zustimmungen erteilt wurden, die nach den vor diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften erforderlich waren.

(3) § 7 Absatz 3 Satz 2 gilt auch für Vereinbarungen und Beschlüsse, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen oder gefasst wurden. Ist eine Vereinbarung oder ein Beschluss im Sinne des Satzes 1 entgegen der Vorgabe des § 7 Absatz 3 Satz 2 nicht ausdrücklich im Grundbuch eingetragen, erfolgt die ausdrückliche Eintragung in allen Wohnungsgrundbüchern nur auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Ist die Haftung von Sondernachfolgern für Geldschulden entgegen der Vorgabe des § 7 Absatz 3 Satz 2 nicht ausdrücklich im Grundbuch eingetragen, lässt dies die Wirkung gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers unberührt, wenn die Sondernachfolge bis zum 31. Dezember 2025 eintritt.

(4) § 19 Absatz 2 Nummer 6 ist ab dem 1. Dezember 2023 anwendbar. Eine Person, die am 1. Dezember 2020 Verwalter einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer war, gilt gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bis zum 1. Juni 2024 als zertifizierter Verwalter.

(5) Für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren sind die Vorschriften des dritten Teils dieses Gesetzes in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

21
c) Für die durch eine unterbliebene oder verzögerte Beschlussfassung entstehenden Schäden können nach Auffassung des Senats nur die Wohnungseigentümer selbst ersatzpflichtig sein, und zwar diejenigen, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.