Landgericht Münster Urteil, 18. Aug. 2016 - 014 O 598/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten um die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis infolge eines Widerrufs.
3Die Parteien schlossen am 11.10.2011 einen Verbraucherdarlehensvertrag (Nr.: 7777) über eine Nettodarlehenssumme von EUR 181.000,- zu einem Nominalzinssatz von 3,63 % mit einer Zinsfestschreibung bis zum 30.06.2026. Das Darlehen diente der Finanzierung einer Wohnimmobilie in Y. Besichert wurde das Darlehen durch eine Grundschuld an dieser Wohnimmobilie.
4Der Vertragstext enthielt eine Belehrung zum Widerrufsrecht und dessen Folgen. Zusammen mit anderen Informationen war diese Belehrung unter Ziffer 14 von einer fett gedruckten Linie umrandet. Ab Ziffer 12 wurden die Informationen durch fett gedruckte Überschriften eingeleitet, die eine größere Schriftgröße hatten als die vorhergehenden Überschriften. Bezüglich der optischen Gestaltung und des Inhalts der Widerrufsbelehrung wird auf die Anlage K1 (Bl. 11 d. A.) verwiesen.
5Mit Schreiben vom 23.02.2015 erklärten die Kläger gemeinschaftlich den Widerruf des Darlehensvertrags. Dieser wurde jedoch von der Beklagten mit Schreiben vom 16.03.2015 zurückgewiesen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.10.2015 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Kläger bei der Beklagten und setzte eine Frist zur Bestätigung der Wirksamkeit des Widerrufes bis zum 06.11.2015, die fruchtlos verstrich.
6Die Kläger sind der Rechtsauffassung, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft und daher die Widerrufsfrist noch nicht in Gang gesetzt worden sei, so dass der Widerruf vom 23.02.2015 nicht verfristet sei. Die Widerrufsbelehrung verstoße gegen das Deutlichkeitsgebot, da die Belehrung nicht optisch hervorgehoben worden sei. In der mündlichen Verhandlung äußerte der Klägervertreter zudem die Auffassung, dass wegen der beispielhaften Nennung von Pflichtangaben im Klammerzusatz das Deutlichkeitsgebot im Hinblick auf die inhaltliche Klarheit der Belehrung nicht gewahrt sei. Zudem könne sich die Beklagte nicht auf den sogenannten Musterschutz berufen, da der Klammerzusatz „Name/Firma und ladungsfähige Anschrift der Sparkasse“ nicht ausgefüllt sei und damit nicht der Mustervorlage entspreche.
7Die Kläger meinen zudem, dass sie aus Verzug bei Beauftragung des Prozessbevollmächtigten einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten haben, wobei aufgrund der Spezialthematik eine 1,8-Geschäftsgebühr angemessen sei. Hierzu behaupten sie, dass sie den Prozessbevollmächtigten erst nach Zurückweisung des Widerrufs durch die Beklagte beauftragt hätten.
8Die Kläger beantragen,
91. festzustellen, dass der zwischen den Parteien bestehende Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer 7777 über EUR 181.000,- durch den Widerruf der Kläger im Schreiben vom 23.02.2015 wirksam widerrufen wurde und sich somit in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis gewandelt hat, und
102. die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 4.048,80 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte rügt das Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung als verspätet.
14Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts durch die Kläger sowie die Zahlung der Rechtsanwaltsgebühren durch die Kläger erfolgt seien. Zumindest sei ihrer Rechtsauffassung nach eine solche nicht erforderlich gewesen, da die Beklagte den Widerruf unmissverständlich zurückgewiesen habe. Zudem sei eine besondere Schwere des Falles, die eine 1,8-Geschäftsgebühr rechtfertige, nicht gegeben.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 07.07.2016 verwiesen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
17Die zulässige Klage ist unbegründet.
18I.
19Der Hauptantrag auf Feststellung, dass sich der Darlehensvertrag durch den Widerruf der Kläger in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt hat, ist unbegründet. Der am 23.02.2015 erklärte Widerruf des am 11.10.2011 mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrages erfolgte nicht mehr innerhalb der gesetzlichen zweiwöchigen Widerrufsfrist nach §§ 355 Abs. 2, 495 BGB a.F. und damit verspätet.
20Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Widerrufsfrist durch Erfüllung sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen zu laufen begonnen und war im Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits verstrichen.
211.
22Ein Deutlichkeitsgebot, welches eine optische Hervorhebung der Widerrufsbelehrung gebietet, bestand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für Darlehensverträge nicht mehr (vgl. Urteile des BGH vom 23.02.2016, XI ZR 549/14; XI ZR 101/15). Zwar verlangt Artikel 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, dass die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht „klar und verständlich“ formuliert sein sollen. Dies bezieht sich aber nicht auf eine optische Hervorhebung der Widerrufsinformation, sondern auf ihre inhaltliche Ausgestaltung (vgl. die Gesetzesbegründung zu Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, BT-Drucks. 16/11643, S. 127). Auch § 360 BGB, der grundsätzlich ein Deutlichkeitsgebot für Widerrufsbelehrungen vorschreibt, ist diesbezüglich auf Verbraucherdarlehensverträge nicht anwendbar. Die gesonderte Widerrufsbelehrung wird vielmehr gem. § 492 Abs. 2 Nr. 1 BGB bei Verbraucherdarlehen durch die Nennung der Pflichtangaben aus dem EGBGB im Vertrag ersetzt. Der Wortlaut des § 360 BGB bezieht sich hingegen ausdrücklich nur auf Widerrufsbelehrungen. Auch nach dem Sinn und Zweck des Widerrufsrechts sind die Angaben zum Widerruf nicht optisch hervorzuheben. Im Verbraucherschutzrecht wird seit geraumer Zeit auf das Leitbild eines „normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers“ abgestellt (vgl. Urteil des BGH vom 23.02.2016, XI ZR 549/14 m. w. N.). Einem solchem Verbraucher ist es durchaus zuzumuten, den Vertragstext vor Abschluss des Vertrags komplett zu lesen. Dies ist auch vor dem Hintergrund, dass mit dem Abschluss eines Darlehensvertrags langjährige Pflichten einhergehen, zu erwarten. Liest der Verbraucher den vorliegenden Vertragstext, wird er die Informationen zum Widerrufsrecht wahrnehmen können.
232.
24Auch das Vorbringen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2016, dass die beispielhafte Aufzählung der Pflichtangaben in der Klammer die Widerrufsinformation unklar und unverständlich mache, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Insofern kann dahinstehen, ob sich die Beklagte auf Musterschutz berufen kann, oder sie den Musterschutz verliert, weil sie die kursiv gesetzte und ausgestaltungsbedürftige Klammer im Hinblick auf den Widerrufsadressaten in der Widerrufsinformation belassen hat.
25a.
26Dieser Vortrag ist zunächst nicht nach §§ 296 II, 282 ZPO präkludiert. Die Anforderungen an das rechtzeitige Vorbringen nach §§ 282, 296 ZPO gelten nicht für das rechtliche Vorbringen, da dieses ohnehin nicht von den Parteien vorgetragen werden müsste (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, § 282, Rn. 2b). Bei der Frage, wie die beispielhaften Pflichtangaben und der Klammerzusatz am Ende aus Verbrauchersicht zu bewerten sind, handelt es sich um reine Rechtsansichten.
27b.
28Das Argument der Kläger, dass die beispielhafte Aufzählung von Pflichtangaben im Klammerzusatz verwirrend sei und gegen das Klarheitsgebot aus Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB a.F. verstoße, trägt nicht. Die nur beispielhafte Nennung der Pflichtangaben führt nicht dazu, dass die Widerrufsbelehrung unwirksam ist (vgl. OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 07.03.2016, 31 U 15/16; OLG Stuttgart Hinweisbeschluss vom 16.11.2015, 6 U 171/15; LG Münster, Urteil vom 01.04.2014, 14 O 206/13; LG Krefeld, Urteil vom 06.01.2016, 5 O 267/15; LG Essen, Urteil vom 10.09.2015, 6 O 217/15; LG Hamburg, Urteil vom 11.04.2016, 318 O 284/15; LG Paderborn, Urteil vom 06.04.2016, 4 O 416/15; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 25.02.2016 – 6 O 6071/15, a.A. OLG München, Urteil vom 21.05.2015, 17 U 334/15; hieran wohl anschließend: OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 15.10.2015, 8 U 241/15).
29Auch wenn dies, insbesondere wegen der Einschränkung der Pflichtangaben nach Art. 247 § 9 EGBGB a.F., für den rechtsunkundigen Verbraucher durchaus anspruchsvoll ist, kann er die notwendigen Pflichtangaben durch einen Blick in das Gesetz herausfinden. Im Verbraucherschutzrecht wird seit Jahren das Leitbild eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers zu Grunde gelegt. Dieser ist durchaus in der Lage, die notwendigen Informationen nachzulesen.
30Insbesondere sieht das Muster im Gesetzesrang in Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F. die beispielhafte Aufzählung der Pflichtangaben vor, so dass bereits vor diesem Hintergrund die Widerrufsinformation gesetzmäßig ist.
31Zudem würde es dem Verbraucherschutz zuwider laufen, wenn alle für den Fristbeginn maßgeblichen Pflichtangaben in den Vertragstext aufgenommen werden würden. Dadurch wäre der Text aufgrund der Komplexität der europarechtlich bestimmten Vorschriften völlig überfrachtet und nicht an Verständlichkeit hinzugewinnen. Dies würde vielmehr erst Recht zu einer Verunsicherung beim Verbraucher führen und damit dem Sinn und Zweck des Widerrufsrechts widersprechen.
323.
33Da die Klage in der Hauptsache erfolglos ist, haben die Kläger schon deswegen keinen Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte im Zeitpunkt der vermeintlichen Beauftragung in Verzug befand.
34II.
35Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 100 I, 709 ZPO.
36Unterschrift
37Beschluss:
38Der Streitwert wird auf 30.951,20 Euro festgesetzt.
39Dieser Wert entspricht den Zins- und Tilgungsleistungen bis zum Widerruf.
40Unterschrift
41Richter am Landgericht
Urteilsbesprechung zu Landgericht Münster Urteil, 18. Aug. 2016 - 014 O 598/15
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(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Er nimmt die beklagte Sparkasse auf Unterlassung der folgenden, in ihren Formularen für Immobiliendarlehensverträge mit Verbrauchern enthaltenen Widerrufsinformation in Anspruch:
- 2
- Der Kläger hat u.a. geltend gemacht, dass die Widerrufsinformation in Ziffer 14 des Vertragsformulars der Beklagten nicht deutlich genug hervorgehoben sei. Die Klage war in erster Instanz erfolgreich. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse , im Wesentlichen ausgeführt (WM 2014, 995 ff.):
- 5
- Der auf den Vorwurf einer nicht ausreichenden Hervorhebung der Widerrufsinformation gestützte Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Grundsätzlich sei wegen des eindeutigen Wortlauts von Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB die grafische Hervorhebung einer Widerrufsinformation geboten. Dabei seien nach der Gesetzessystematik die Ausgestaltungsvorgaben zu den in § 495 BGB statuierten Informationspflichten in Art. 247 EGBGB geregelt. Daraus , dass in § 495 BGB nicht auf § 360 BGB verwiesen werde, könne nichts anderes hergeleitet werden. Ebenso wenig könne sich der Kläger darauf berufen , dass Art. 247 § 6 EGBGB an § 495 BGB anknüpfe. Auch § 491a Abs. 1 und § 492 Abs. 2 BGB sei nichts anderes zu entnehmen, da diese Regelungen nur einen Verweis auf Art. 247 § 6 EGBGB und die dort vorgegebene Form der Verbraucherinformation enthielten.
- 6
- Die Vorschrift in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, wonach eine Informationsgestaltung "klar und verständlich" sein müsse, und die Maßgaben in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB hätten unterschiedliche, einander nicht überlappende Regelungsbereiche. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die Fälle eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB in einem eigenen Absatz des Art. 247 § 6 EGBGB geregelt habe, stehe einem Gleichlauf der Regelungen in den beiden Absätzen dieser Vorschrift entgegen. Das in Art. 247 § 6 EGBGB in Bezug genommene Muster wiederum solle Unternehmern lediglich die risikolose Erfüllung ihrer Informationspflichten erleichtern. Dabei werde den Unternehmern zwar das Format und die Schriftgröße, nicht aber der Inhalt ihrer Informationen freigestellt, ohne dass durch diese formale Offenheit die in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB geregelten Gestaltungsvorgaben unterlaufen werden dürften.
- 7
- Die streitgegenständliche Formulargestaltung genüge diesen gesetzlichen Vorgaben. Zweck der in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB geforderten Hervorhebung einer Widerrufsbelehrung sei es, sicherzustellen, dass der Verbraucher die Informationen über sein Widerrufsrecht bei der gebotenen Lektüre des Vertrages wahrnehme und nicht über sie hinweglese. Dieser Gesetzeszweck erfordere es jedoch nicht, dass die Hervorhebung in einer Form erfolge, die sich im Vertrag in gleicher Weise für keine andere Belehrung oder Information finde. Dass der Gesetzgeber dies nicht habe anordnen wollen, lege Art. 247 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB nahe, wo gleichartige Hervorhebungen ausdrücklich als gesetzeskonform angesehen würden. Zwar erfasse das in Art. 247 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB geregelte Gleichgestaltungsgebot Art. 247 § 6 EGBGB nicht. Dies lege aber nicht den Umkehrschluss nahe, der Gesetzgeber habe die aus Art. 247 § 6 EGBGB folgenden Informationspflichten besonders gestaltet sehen wollen. Dass der Gesetzgeber dieses Problem erkannt und in Art. 247 § 6 EGBGB anders als in Art. 247 § 2 EGBGB keine Gestaltungvorgabe geregelt habe, spreche vielmehr dafür, dass er die Gestaltung der Informationen nach Maßgabe des Art. 247 § 6 EGBGB dem Informationspflichtigen habe überlassen wollen. Hätte der Gesetzgeber eine Hervorhebung der Widerrufsinformation in einzigartiger Weise gewollt, so hätte es nahegelegen, dies auszusprechen. Auch komme dem Widerrufsrecht gegenüber anderen, von Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB erfassten Verbraucherrechten keine so wesentlich höhere Bedeutung zu, dass ein Alleinstellungserfordernis geradezu selbstverständlich sei.
- 8
- Einer rechtlichen Überprüfung der Hervorhebung einer Widerrufsinformation im Hinblick auf deren Gesetzeszweck sei zudem der gesamte Vertragstext und nicht lediglich eine aus dessen Zusammenhang gerissene Seite zugrunde zu legen. Ebenso, wie zur Ermittlung des Verständnisses eines Verbrauchers von einer Werbeaussage regelmäßig von einer Gesamtschau der Werbung auszugehen sei, könne auch die Frage, ob der Verbraucher hinreichend klar über sein Widerrufsrecht unterrichtet werde, nur aufgrund einer Betrachtung des gesamten Vertrages beantwortet werden. Dieser Bezugsrahmen entspreche auch dem Sinngehalt des Wortes "hervorheben".
- 9
- Sowohl die aus den §§ 5 und 5a UWG resultierenden Informations- und Aufklärungsobliegenheiten gegenüber Verbrauchern als auch die Informationspflichten nach § 495 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 EGBGB seien an einem neuen Verbraucherleitbild orientiert, dessen Maßstab nicht mehr der schwächste, sondern ein situationsadäquat aufmerksamer und informierter Durchschnittsverbraucher sei.
- 10
- Die von der Beklagten gewählten Abgrenzungszeichen seien ausreichend , um den Gesetzeszweck zu erfüllen. Insbesondere sei die Umrahmung der Widerrufsinformation derjenigen des in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in Bezug genommenen Musters gleich gestaltet. Zu dieser stärkeren Einrahmung kämen die im Fettdruck hervorgehobene, allein gestellte, inhaltlich zutreffende und klare Überschrift sowie die ebenfalls fettgedruckte Überschrift innerhalb des Rahmens hinzu. In ihrer Summe würden diese Elemente die Widerrufsinformation so augenfällig von dem keine Belehrungen oder Pflichthinweise enthaltenden Vertragstext abheben, dass ein Verbraucher, der den Text mit der gebotenen Sorgfalt lese, sie besonders wahrnehme.
II.
- 11
- Die Revision des Klägers ist unbegründet.
- 12
- Der Senat muss sich nicht mit der Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Widerrufsinformation befassen, denn diese ist nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage. Es geht im hiesigen Rechtsstreit lediglich um den Vorwurf einer nicht ausreichend hervorgehobenen Darstellung der Widerrufsinformation. Der diesbezüglich geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht dem Kläger nach dem derzeit geltendem Recht nicht zu, da ein Verstoß der Beklagten gegen §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB nicht vorliegt.
- 13
- 1. Soweit das Unterlassungsbegehren des Klägers in die Zukunft gerichtet ist, sind Unterlassungsansprüche, deren Rechtsgrundlage im Laufe des Rechtsstreits Änderungen erfahren hat, nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteile vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, GRUR 2005, 62, 64 und vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, WM 2007, 796 Rn. 35, jeweils mwN) vom Revisionsgericht unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage zu prüfen, auch wenn die Rechtsänderung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz oder im Laufe des Revisionsverfahrens in Kraft getreten ist. Lediglich in Fällen, in denen - anders als hier - mit der Klage eine Unterlassung der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen auch insoweit begehrt wird, als sich der Verwender in Altfällen auf eine Klausel beruft, selbst wenn er diese für den Abschluss neuer Verträge nicht mehr verwendet, bleibt für die Inhaltskontrolle auch die frühere Rechtslage maßgeblich (BGH, Urteile vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, aaO und vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, aaO Rn. 36). Im vorliegenden Rechtsstreit sind deshalb die durch Artikel 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie , des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I 2009, 2355 ff.; nachfolgend: VerbrKrRL-UG) ab dem 11. Juni 2010 geltenden § 492 Abs. 2 BGB [ab 30. Juli 2010 nur redaktionell geändert - vgl. BT-Drucks. 17/1394, S. 14], Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB maßgebend.
- 14
- 2. Dem danach maßgeblichen Wortlaut des Artikels 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB kann dabei, wie die Revisionserwiderung zu Recht annimmt, kein Erfordernis einer besonderen Hervorhebung entnommen werden (LG Frankenthal, Urteil vom 25. September 2014 - 7 O 57/14, juris Rn. 17 ff.; LG Heidelberg, BKR 2015, 154 Rn. 14; Bülow in Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht , 8. Aufl., § 495 Rn. 93 und 96 ff.; jurisPK-BGB/Schwintowski, 7. Aufl., § 492 Rn. 12.1; Mairose, RNotZ 2012, 467, 480; aA OLG Karlsruhe, WM 2015, 1712, 1713). Vielmehr wird dort lediglich gefordert, dass bestimmte Pflichtan- gaben "klar und verständlich" sein müssen, ohne dass damit auch deren Hervorhebung angeordnet wird. Eine Information kann ohne weiteres auch dann "klar und verständlich" sein, wenn sie nicht grafisch hervorgehoben wird.
- 15
- 3. Aus der Gesetzesbegründung zu Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB (BT-Drucks. 16/11643, S. 127) ergibt sich ebenfalls nicht, dass mit den Begriffen "klar und verständlich" eine optische Hervorhebung verlangt werden soll. Auch dort heißt es lediglich, dass in "formeller Hinsicht … die Vorschrift in Übereinstimmung mit Artikel 10 der Verbraucherkreditrichtlinie klare und prägnante Angaben" verlange und die "Angaben aus sich heraus auch für den Darlehensnehmer verständlich sein" sollen. Mit der Verwendung der Begriffe "klar und verständlich" hat der Gesetzgeber demnach nur die Erwartung verbunden, dass die in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB geregelten Pflichtangaben aus sich heraus für den Darlehensnehmer eindeutig und leicht verständlich sein müssen.
- 16
- 4. Hinzu kommt, dass gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (nachfolgend : VerbrKrRL) zwar in einer Werbung bestimmte Standardinformationen "in klarer, prägnanter und auffallender Art und Weise" zu nennen sind und dort gemäß Art. 4 Abs. 3 VerbrKrRL unter bestimmten Umständen auch auf die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrags über die Inanspruchnahme einer Nebenleistung "in klarer, prägnanter Form an optisch hervorgehobener Stelle" hingewiesen werden muss. Hinsichtlich der Angaben zum Widerrufsrecht in Verbraucherdarlehensverträgen verlangt die Verbraucherkreditrichtlinie eine solche Hervorhebung jedoch nicht. Dies gilt insbesondere für Art. 10 Abs. 2 Buchst. p VerbrKrRL, wo hinsichtlich der Form der Pflichtangaben lediglich die Anforderungen "klar" und "prägnant" vorgegeben werden. Diese Unterscheidung entspricht auch den Begrifflichkeiten in der englischen und französischen Fassung der Art. 4 VerbrKrRL ("de façon claire, concise et visible" bzw. "in a clear, concise and prominent way") bzw. Art. 10 VerbrKrRL ("de façon claire et concise" bzw. "in a clear and concise manner"). Dass der deutsche Gesetzgeber diese Differenzierung mitvollziehen wollte, ergibt sich daraus, dass er entsprechend Art. 10 Abs. 2 VerbrKrRL in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB lediglich das Erfordernis aufgestellt hat, dass die dort genannten Angaben klar und verständlich sein müssen (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 - 6 O 214/15, juris Rn. 25). Demgegenüber hat der deutsche Gesetzgeber Artikel 4 Abs. 2 und 3 VerbrKrRL zwar ebenfalls mit dem VerbrKrRL-UG vom 29. Juli 2009 umgesetzt, dabei jedoch in § 6a Abs. 1 und 4 PAngV den ausdrücklichen Hinweis aufgenommen , dass die jeweils erforderlichen Angaben "in klarer, verständlicher und auffallender Weise" bzw. "klar und verständlich an gestalterisch hervorgehobener Stelle" gemacht werden müssen.
- 17
- 5. Dafür, dass mit den Begriffen "klar und verständlich" kein Erfordernis einer Hervorhebung verbunden ist, spricht außerdem, dass gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB auch "sämtliche weiteren Vertragsbedingungen" klar und verständlich sein müssen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, dass den Begriffen "klar und verständlich" in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB das Erfordernis einer Hervorhebung einzelner Vertragsbedingungen, wie etwa einer Widerrufsinformation, nicht entnommen werden kann, denn "sämtliche weiteren Vertragsbedingungen" wären dann in gleicher Weise hervorzuheben.
- 18
- 6. Demgegenüber ist der Umstand, dass die Regelungen zum Widerrufsrecht auf zwei Absätze des Art. 247 § 6 EGBGB verteilt und nicht in einem Absatz zusammengefasst worden sind, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ohne Bedeutung. Diese Aufteilung hat nicht zur Folge, dass die Angaben zum Widerrufsrecht anderen Gestaltungsvorgaben unterliegen als die sonst in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB genannten Angaben. Die Aufteilung erklärt sich damit, dass nicht bei allen Arten von Verbraucherdarlehensverträgen ein Widerrufsrecht besteht.
- 19
- 7. Gegen eine besondere Hervorhebung spricht auch, dass nach § 492 Abs. 2 BGB die Information über das Widerrufsrecht in die Vertragsurkunde aufzunehmen ist (Ein-Urkunden-Modell).
- 20
- Durch die Begriffe "Angaben" in § 492 Abs. 2 BGB und Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EGBGB sowie "Hinweis" in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB ist der Gesetzgeber von dem Erfordernis einer gesonderten Widerrufsbelehrung bewusst abgerückt. So heißt es in der Begründung zum VerbrKrRL-UG, dass "an die Stelle der nach § 355 Abs. 2 [BGB] erforderlichen Belehrung die von der Verbraucherkreditrichtlinie vorgegebene Pflichtangabe zum Widerrufsrecht im Vertrag tritt, vgl. Artikel 10 Abs. 2 Buchstabe p der Verbraucherkreditrichtlinie und die Umsetzungsvorschrift in Artikel 247 § 6 Abs. 2 EGBGB-E. Die nach § 355 Abs. 2 [BGB] erforderliche Belehrung ist in der Verbraucherkreditrichtlinie nicht vorgesehen und kann wegen der Vollharmonisierung auch nicht zusätzlich verlangt werden" (BT-Drucks. 16/11643, S. 83).
- 21
- 8. Anders als die Revision meint, erfordern auch Sinn und Zweck des Widerrufsrechts keine Hervorhebung der dazu vom Darlehensgeber zu machenden Angaben (aA OLG Karlsruhe, WM 2015, 1712, 1713; LG Münster, Urteil vom 1. April 2014 - 14 O 206/13, juris Rn. 72 f.; LG Bonn, Urteil vom 12. November 2014 - 2 O 46/14, juris Rn. 29 f.).
- 22
- a) Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor einer übereilten Bindung an seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung zu schützen. Ihm soll deshalb bei Entscheidungen mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und Tragweite wie dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags Gelegenheit gegeben werden, den Vertragsabschluss noch einmal zu überdenken (Senatsurteil vom 28. Mai 2013 - XI ZR 6/12, WM 2013, 1314 Rn. 24; BT-Drucks. 11/5462, S. 21; MünchKommBGB/ Schürnbrand, 7. Aufl., § 495 Rn. 1; jurisPK-BGB/Schwintowski, 7. Aufl., § 495 Rn. 1). Widerrufsangaben müssen deshalb umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll durch sie nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben.
- 23
- b) Die Angaben zum Widerrufsrecht in einem Verbraucherdarlehensvertrag müssen nicht hervorgehoben werden, da von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher erwartet werden kann, dass er den Text eines Darlehensvertrags sorgfältig durchliest. Zum Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union seit Mitte der 1990er Jahre auf das Leitbild eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abgestellt (EuGH, Slg. 1995, I-1923 Rn. 24; NJW 2014, 2335 Rn. 74; VersR 2015, 605 Rn. 47; WM 2016, 14 Rn. 75; Urteil vom 9. Juli 2015 - C-348/14, juris Leitsatz 3; vgl. auch BGH, Urteile vom 14. Januar 2010 - I ZR 82/08, juris Rn. 20, vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, NJW 2012, 1449 Rn. 19 und vom 8. März 2012 - I ZR 202/10, MDR 2012, 1238 Rn. 19, jeweils mwN; vgl. auch BT-Drucks. 14/5441, S. 7). Das gilt auch hier, weil es vorliegend um Vorschriften geht, die vollharmonisiertes Unionsrecht umsetzen (vgl. Piekenbrock/Ludwig, WM 2012, 1409, 1414 f.).
- 24
- Mit diesem Leitbild eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers wäre ein nur flüchtiges Hinweglesen über einen Darlehensvertragstext schon aufgrund der mit einem solchen Vertrag regelmäßig verbundenen längerfristigen Festlegungswirkung nicht vereinbar (vgl. LG Heidelberg, BKR 2015, 154 Rn. 19; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 - 6 O 214/15, juris Rn. 31; Pfeiffer, NJW 2011, 1, 4). Angemessen aufmerksam ist deshalb nur ein Verbraucher, der den Darlehensvertragstext sorg- fältig durchliest. Tut er dies, erlangt der Darlehensnehmer von der Widerrufsinformation Kenntnis, auch wenn diese nicht hervorgehoben ist.
- 25
- 9. An der fehlenden Pflicht zur Hervorhebung einer Widerrufsinformation hat sich auch durch die Einfügung einer Musterwiderrufsinformation durch die Sätze 3 und 5 (damals noch Sätze 3 und 4) in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 (BGBl. I 2010, 977; nachfolgend: MWidInfoEG) nichts geändert.
- 26
- a) So ist dem Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB lediglich zu entnehmen, dass die Verwendung des Musters in Anlage 7 nur dann zu einer Gesetzlichkeitsfiktion zugunsten des Darlehensgebers führt, wenn die entsprechende Vertragsklausel hervorgehoben und deutlich gestaltet ist. Zu der Frage, welche Formerfordernisse gelten, wenn das Muster nicht verwendet wird, kann der Vorschrift - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nichts entnommen werden (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 - 6 O 214/15, juris Rn. 27; Henning, CRP 2015, 80, 83). Dabei ergibt sich aus der Verwendung des Begriffes "genügt" in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB, dass der Darlehensgeber das Muster nicht verwenden muss (LG Heidelberg, BKR 2015, 154 Rn. 14). Dass der Darlehensgeber gegen eine gesetzliche Verpflichtung verstößt, wenn er seine Widerrufsklausel nicht hervorhebt und deutlich gestaltet , lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift folglich nicht entnehmen.
- 27
- b) Eine generelle Pflicht zur Hervorhebung einer Widerrufsinformation ergibt sich auch nicht aus Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB. Danach kann der Darlehensgeber unter Beachtung von Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in Format und Schriftgröße jeweils von dem Muster in Anlage 7 abweichen. Die Sätze 4 und 5 des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB beziehen sich folglich ebenso wie dessen Satz 3 nur auf diejenigen Fälle, in denen das Muster in der Anlage 7 verwendet wird, um die Gesetzlichkeitsfiktion zu erlangen, nicht jedoch auf Fälle , in denen - wie vorliegend - diese Fiktion nicht in Rede steht.
- 28
- c) Auch sonst gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung der Sätze 3 und 5 des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB Formanforderungen auch für solche Fälle regeln wollte, in denen es - wie vorliegend - nicht um eine durch die Verwendung des Musters in der Anlage 7 begründete Gesetzlichkeitsfiktion geht.
- 29
- aa) So heißt es in der Begründung zum MWidInfoEG (BT-Drucks. 17/1394, S. 21) zwar, dass das Erfordernis der hervorgehobenen und deutlichen Gestaltung "zum einen" auf den Vorgaben des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB - neu - beruhe, der "klar und verständlich" zu erteilende Angaben voraussetze. In der Gesetzesbegründung heißt es jedoch weiter, dass "zum anderen" die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters nur dann gerechtfertigt erscheine, wenn dessen Formulierungen hervorgehoben und deutlich gestaltet in den Vertrag einbezogen werden (BT-Drucks. 17/1394, aaO). Maßgeblicher Grund für die in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB geforderte Hervorhebung ist damit die durch die Verwendung des Musters in Anlage 7 zugunsten des Darlehensgebers eintretende Gesetzlichkeitsfiktion.
- 30
- bb) Hinzu kommt, dass laut der Gesetzesbegründung zum MWidInfoEG die Vorgaben im Zusammenhang mit der Verwendung des Musters in der Anlage 7 deshalb nicht mit dem von der Verbraucherkreditrichtlinie verfolgten Vollharmonisierungsgrundsatz (vgl. deren Erwägungsgründe 9 und 10 und Art. 22 Abs. 1) kollidieren, weil die Verwendung des Musters freigestellt wird (BT-Drucks. 17/1394, S. 21). Dies zeigt, dass der deutsche Gesetzgeber sich jenseits der Fälle der Verwendung des Musters an der Verbraucherkreditricht- linie orientieren wollte, die über die Anforderungen "klar" und "prägnant" (Art. 10 Abs. 2 Buchst. p VerbrKrRL) hinaus keine weiteren formalen Anforderungen an die Angaben zum Widerrufsrecht aufstellt.
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 17.07.2013 - 10 O 33/13 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 24.04.2014 - 2 U 98/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Er nimmt die beklagte Sparkasse auf Unterlassung im Zusammenhang mit einer von der Sparkasse bei Verbraucherdarlehen erteilten Widerrufsinformation in Anspruch.
- 2
- Die Beklagte schließt mit Verbrauchern Immobiliendarlehensverträge nach einem Musterformular ab, welches nachfolgend auszugsweise wiedergegeben wird. Das Formular enthält unter Ziffer 14 eine Widerrufsinformation, die mit den Ziffern 12 und 13 gemeinsam schwarz umrandet ist. Zudem enthält die Widerrufsinformation Elemente, denen jeweils ein Optionsfeld vorangestellt ist, das bei Bedarf angekreuzt werden soll.
ECLI:DE:BGH:2016:230216UXIZR101.15.0
ECLI:DE:BGH:2016:230216UXIZR101.15.0
- 3
- Der Kläger hat geltend gemacht, dass die Widerrufsinformation in Ziffer 14 des Vertragsformulars der Beklagten nicht deutlich genug hervorgehoben sei. Sie müsse dem Adressaten quasi unübersehbar ins Auge springen, was vorliegend nicht der Fall sei. Der fett gedruckte Rahmen schließe auch die Vertragselemente der Ziffern 12 und 13 mit ein. Auch durch ihre Schriftgröße hebe sich die Widerrufsinformation nicht aus dem übrigen Text heraus.
- 4
- Außerdem hat der Kläger beanstandet, dass die Beklagte durch die Gestaltung ihrer Widerrufsinformation den Verbraucher von deren Inhalt ablenke, da die Information mit Ankreuzoptionen versehene Belehrungshinweise unabhängig davon enthalte, ob diese für den konkreten Einzelfall eine Rolle spielten. Soweit diese Ankreuzoptionen nicht einschlägig seien, werde der Text der Widerrufsinformation sinnlos aufgebläht, während die einschlägigen Belehrungselemente in der Fülle des Textes untergingen und vom Verbraucher wie in einem Puzzle zusammengefügt werden müssten. "Überfliege" der Verbraucher, um ein Versehen auszuschließen, sämtliche Optionen, bestehe die Gefahr der Ablenkung. Dass unzutreffende Varianten enthalten seien, werde dem Verbraucher nicht mitgeteilt.
- 5
- Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der hinsichtlich der Frage der Hervorhebung und deutlichen Gestaltung der Widerrufsinformation vom Berufungsgericht und im Übrigen vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist unbegründet.
ECLI:DE:BGH:2016:230216UXIZR101.15.0
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse , im Wesentlichen ausgeführt (WM 2016, 263 ff.):
- 8
- Der auf den Vorwurf einer nicht ausreichenden Hervorhebung der Widerrufsinformation gestützte Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Grundsätzlich sei wegen des eindeutigen Wortlauts des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in der zum Zeitpunkt der Verwendung des Musters und der Klageerhebung geltenden Fassung vom 4. August 2011 die Widerrufsinformation grafisch hervorgehoben darzustellen. Dieser Auslegung nach dem Wortsinn stünden die Ergebnisse der Auslegung nach den übrigen Auslegungsmethoden nicht entgegen, wozu zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des Berufungsgerichts vom 24. April 2014 (2 U 98/13, WM 2014, 995 ff.) verwiesen werde. Dort hatte das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Nach der Gesetzessystematik seien die Ausgestaltungsvorgaben zu den in § 495 BGB statuierten Informationspflichten in Art. 247 EGBGB geregelt. Daraus , dass in § 495 BGB nicht auf § 360 BGB verwiesen werde, könne nichts anderes hergeleitet werden. Ebenso wenig könne damit argumentiert werden, dass Art. 247 § 6 EGBGB an § 495 BGB anknüpfe. Auch § 491a Abs. 1 und § 492 Abs. 2 BGB sei nichts anderes zu entnehmen, da diese Regelungen nur einen Verweis auf Art. 247 § 6 EGBGB und die dort vorgegebene Form der Verbraucherinformation enthielten.
- 10
- Die Vorschrift in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, wonach eine Informationsgestaltung "klar und verständlich" sein müsse, und die Maßgaben in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB hätten unterschiedliche, einander nicht überlappende Regelungsbereiche. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die Fälle eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB in einem eigenen Absatz des Art. 247 § 6 EGBGB geregelt habe, stehe einem Gleichlauf der Regelungen in den beiden Absätzen dieser Vorschrift entgegen. Das in Art. 247 § 6 EGBGB in Bezug genommene Muster wiederum solle Unternehmern lediglich die risikolose Erfüllung ihrer Informationspflichten erleichtern. Dabei werde den Unternehmern zwar das Format und die Schriftgröße, nicht aber der Inhalt ihrer Informationen freigestellt, ohne dass durch diese formale Offenheit die in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB geregelten Gestaltungsvorgaben unterlaufen werden dürften.
- 11
- Weiter hat das Berufungsgericht ausgeführt, die streitgegenständliche Formulargestaltung genüge diesen gesetzlichen Vorgaben. Zweck der in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB geforderten Hervorhebung sei es, sicherzustellen , dass der Verbraucher die Informationen über sein Widerrufsrecht bei der gebotenen Lektüre des Vertrages wahrnehme und nicht über sie hinweglese. Dieser Gesetzeszweck erfordere es jedoch nicht, dass die Hervorhebung in einer Form erfolge, die sich im Vertrag in gleicher Weise für keine andere Belehrung oder Information finde. Dass der Gesetzgeber dies nicht habe anordnen wollen, lege Art. 247 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB nahe, wo gleichartige Hervorhebungen als gesetzeskonform angegeben würden. Zwar erfasse das in Art. 247 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB geregelte Gleichgestaltungsgebot Art. 247 § 6 EGBGB nicht. Dies lege aber nicht den Umkehrschluss nahe, der Gesetzgeber habe die aus Art. 247 § 6 EGBGB folgenden Informationspflichten besonders gestaltet sehen wollen. Dass der Gesetzgeber dieses Problem erkannt und in Art. 247 § 6 EGBGB anders als in Art. 247 § 2 EGBGB keine Gestaltungvorgabe geregelt habe, spreche vielmehr dafür, dass er die Gestaltung der Informationen nach Maßgabe des Art. 247 § 6 EGBGB dem Informationspflichtigen habe überlassen wollen. Hätte der Gesetzgeber eine Hervorhebung der Widerrufsinformation in einzigartiger Weise gewollt, so hätte es nahegelegen, dies auszusprechen. Auch komme dem Widerrufsrecht gegenüber anderen, von Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB erfassten Verbraucherrechten keine so wesent- lich höhere Bedeutung zu, dass ein Alleinstellungserfordernis selbstverständlich sei.
- 12
- Einer rechtlichen Überprüfung der Hervorhebung einer Widerrufsinformation im Hinblick auf deren Gesetzeszweck sei zudem der gesamte Vertragstext und nicht lediglich eine aus dessen Zusammenhang gerissene Seite zugrunde zu legen. Ebenso, wie zur Ermittlung des Verständnisses eines Verbrauchers von einer Werbeaussage regelmäßig von einer Gesamtschau der Werbung auszugehen sei, könne auch die Frage, ob der Verbraucher hinreichend klar über sein Widerrufsrecht unterrichtet werde, nur aufgrund einer Betrachtung des gesamten Vertrages beantwortet werden. Dieser Bezugsrahmen entspreche auch dem Sinngehalt des Wortes "hervorheben".
- 13
- Sowohl die aus den §§ 5 und 5a UWG resultierenden Informations- und Aufklärungsobliegenheiten gegenüber Verbrauchern als auch die Informationspflichten nach § 495 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 EGBGB seien an einem neuen Verbraucherleitbild orientiert, dessen Maßstab nicht mehr der schwächste, sondern ein durchschnittlich informierter und durchschnittlich verständiger Verbraucher sei, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringe.
- 14
- Die von der Beklagten gewählten Abgrenzungszeichen seien ausreichend , um den Gesetzeszweck zu erfüllen. Die Belehrung hebe sich in dem angegriffenen Formular augenfällig von dem keine Belehrungen oder Pflichthinweise enthaltenden Vertragstext ab. Die grafisch aus dem Fließtext hervorgehobene und deutlich abgesetzte, inhaltlich zutreffende und klare Überschrift führe dazu, dass ein Verbraucher, der das Formular mit der von ihm angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung eines Darlehensvertrages zu erwartenden gesteigerten Aufmerksamkeit lese, auf den Passus zum Widerrufsrecht besonders aufmerksam werde. Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung eines Darlehensvertrages , der - wie hier - über einen aus Sicht des Verbrauchers hohen Betrag abgeschlossen werde, sei davon auszugehen, dass sich der Verbraucher nicht nur oberflächlich mit dem Text befasse.
- 15
- Auch der auf den Vorwurf der Verwendung von Ankreuzoptionen in der Widerrufsinformation gestützte Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu.
- 16
- Die angegriffene Formulargestaltung stelle keinen Verstoß gegen die Vorgaben des Verbraucherkreditrechts in Verbindung mit Art. 247 EGBGB dar. Das Widerrufsrecht bezwecke beim Verbraucherdarlehen ebenso wie beim Fernabsatzgeschäft den Schutz des Verbrauchers vor Überrumpelung. Der Verbraucher solle durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, es auszuüben. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, dürfe die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. Auch inhaltliche Zusätze zur Widerrufsbelehrung seien schädlich, wenn sie die Erklärung in ihrer Deutlichkeit beeinträchtigten.
- 17
- Jedoch seien dem Zweck der Belehrung entsprechende Ergänzungen zulässig, die keinen eigenen Inhalt aufweisen und den Inhalt der Widerrufsbelehrung verdeutlichen. So habe die höchstrichterliche Rechtsprechung den Zusatz , der Verbraucher habe von der Widerrufsbelehrung Kenntnis genommen, als die Belehrung nicht verändernd unbeanstandet gelassen, Überschriften für unbedenklich erklärt, weil diese nicht Teil der Widerrufsbelehrung selbst seien, und einen Hinweis auf den persönlichen Geltungsbereich des Widerrufsrechts für zulässig erklärt, weil für einen solchen Hinweis das Klarheits- und Verständlichkeitsgebot nicht gelte.
- 18
- Ausgehend von diesen Leitlinien sei ein Formular, in dem Widerrufsbelehrungen für verschiedene Vertragstypen enthalten sind, dann nicht unlauter oder in sonstiger Weise unzulässig, wenn die einzelnen Belehrungen klar und deutlich voneinander getrennt seien, für den Verbraucher leicht zu erkennen sei, welche Erklärung sich auf den von ihm abgeschlossenen Vertrag beziehe und diese Belehrung für sich genommen den gesetzlichen Anforderungen genüge. Bei übersichtlicher grafischer Gestaltung sei ein derartiges "Baukastenformular" zwar umfangreicher als ein Formular, das nur den einschlägigen Belehrungstext enthalte. Eine Kennzeichnung des einschlägigen Textes durch Ankreuzoptionen sei dem Verbraucher aber seit Jahrzehnten aus verschiedensten Vertragstypen, wie z.B. aus Mietverträgen, Darlehensverträgen und Dauerschuldverhältnissen unterschiedlichster Art, bei denen eine Vertragslaufzeit auszuwählen sei, bekannt. Solchen inhaltlich unterschiedlichen Vertragsformularen sei gemeinsam, dass der Verbraucher - eine klare grafische Gestaltung vorausgesetzt - wisse, dass nur die angekreuzte Variante für ihn von Bedeutung sei.
- 19
- Nicht zu folgen sei dem Kläger darin, dass der Verbraucher durch die im konkreten Fall nicht einschlägigen Textteile irritiert und die Widerrufsbelehrung durch nicht angekreuzte Optionen in ihrer Klarheit beeinträchtigt werden könne. Aufgrund seiner Erfahrung mit Formularen, die Ankreuzvarianten enthalten, werde der Verbraucher regelmäßig nicht gekennzeichnete Varianten nicht oder nur in der Erkenntnis in Betracht ziehen, dass sie für ihn unerheblich seien. Auch im Bereich der Widerrufsbelehrung entnehme der Verbraucher einer Ankreuzoption , dass er unterschiedliche Vertragsgestaltungen vor sich habe, von denen für ihn nur die angekreuzte Variante von Belang sei. Eines vom Kläger geforderten Hinweises bedürfe es dazu nicht. Das Formular der Beklagten genüge auch den grafischen Anforderungen, um diese Klarheit zu gewährleisten, da die einzelnen Belehrungen so deutlich voneinander getrennt seien, dass der maßgebende Durchschnittsverbraucher sie nicht miteinander vermenge.
II.
- 20
- Die Revision des Klägers ist unbegründet.
- 21
- Der Senat muss sich nicht mit der Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Widerrufsinformation befassen, denn diese ist nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage. Es geht im hiesigen Rechtsstreit lediglich um den Vorwurf einer nicht ausreichend hervorgehobenen Darstellung der Widerrufsinformation (1.) und den Vorwurf der Verwendung von Ankreuzoptionen in einer Widerrufsinformation (2.).
- 22
- 1. Der auf den Vorwurf einer nicht ausreichend hervorgehobenen Darstellung der Widerrufsinformation gestützte Unterlassungsanspruch steht dem Kläger nach dem derzeit geltenden Recht nicht zu, da ein Verstoß der Beklagten gegen §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB nicht vorliegt.
- 23
- a) Soweit das Unterlassungsbegehren des Klägers in die Zukunft gerichtet ist, sind Unterlassungsansprüche, deren Rechtsgrundlage im Laufe des Rechtsstreits Änderungen erfahren hat, nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteile vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, GRUR 2005, 62, 64 und vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, WM 2007, 796 Rn. 35, jeweils mwN) vom Revisionsgericht unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage zu prüfen, auch wenn die Rechtsänderung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz oder im Laufe des Revisionsverfahrens in Kraft getreten ist. Lediglich in Fällen, in denen - anders als hier - mit der Klage eine Unterlassung der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen auch insoweit begehrt wird, als sich der Verwender in Altfällen auf eine Klausel beruft, selbst wenn er diese für den Abschluss neuer Verträge nicht mehr verwendet, bleibt für die Inhaltskontrolle auch die frühere Rechtslage maßgeblich (BGH, Urteile vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, aaO und vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, aaO Rn. 36). Im vorliegenden Rechtsstreit sind deshalb die durch Artikel 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie , des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I 2009, 2355 ff.; nachfolgend: VerbrKrRL-UG) ab dem 11. Juni 2010 geltenden § 492 Abs. 2 BGB [ab 30. Juli 2010 nur redaktionell geändert - vgl. BT-Drucks. 17/1394, S. 14], Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB maßgebend.
- 24
- b) Dem danach maßgeblichen Wortlaut des Artikels 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB kann dabei, wie die Revisionserwiderung zu Recht annimmt, kein Erfordernis einer besonderen Hervorhebung entnommen werden (LG Frankenthal, Urteil vom 25. September 2014 - 7 O 57/14, juris Rn. 17 ff.; LG Heidelberg, BKR 2015, 154 Rn. 14; Bülow in Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht , 8. Aufl., § 495 Rn. 93 und 96 ff.; jurisPK-BGB/Schwintowski, 7. Aufl., § 492 Rn. 12.1; Mairose, RNotZ 2012, 467, 480; aA OLG Karlsruhe, WM 2015, 1712, 1713). Vielmehr wird dort lediglich gefordert, dass bestimmte Pflichtangaben "klar und verständlich" sein müssen, ohne dass damit auch deren Hervorhebung angeordnet wird. Eine Information kann ohne weiteres auch dann "klar und verständlich" sein, wenn sie nicht grafisch hervorgehoben wird.
- 25
- c) Aus der Gesetzesbegründung zu Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB (BT-Drucks. 16/11643, S. 127) ergibt sich ebenfalls nicht, dass mit den Begriffen "klar und verständlich" eine optische Hervorhebung verlangt werden soll.
- 26
- d) Hinzu kommt, dass gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (nachfolgend : VerbrKrRL) zwar in einer Werbung bestimmte Standardinformationen "in klarer, prägnanter und auffallender Art und Weise" zu nennen sind und dort gemäß Art. 4 Abs. 3 VerbrKrRL unter bestimmten Umständen auch auf die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrags über die Inanspruchnahme einer Nebenleistung "in klarer, prägnanter Form an optisch hervorgehobener Stelle" hingewiesen werden muss. Hinsichtlich der Angaben zum Widerrufsrecht in Verbraucherdarlehensverträgen verlangt die Verbraucherkreditrichtlinie eine solche Hervorhebung jedoch nicht. Dies gilt insbesondere für Art. 10Abs. 2 Buchst. p VerbrKrRL, wo hinsichtlich der Form der Pflichtangaben lediglich die Anforderungen "klar" und "prägnant" vorgegeben werden. Diese Unterscheidung entspricht auch den Begrifflichkeiten in der englischen und französischen Fassung der Art. 4 VerbrKrRL ("de façon claire, concise et visible" bzw. "in a clear, concise and prominent way") bzw. Art. 10 VerbrKrRL ("de façon claire et concise" bzw. "in a clear and concise manner"). Dass der deutsche Gesetzgeber diese Differenzierung mitvollziehen wollte, ergibt sich daraus, dass er entsprechend Art. 10 Abs. 2 VerbrKrRL in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB lediglich das Erfordernis aufgestellt hat, dass die dort genannten Angaben klar und verständlich sein müssen (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 - 6 O 214/15, juris Rn. 25). Demgegenüber hat der deutsche Gesetzgeber Artikel 4 Abs. 2 und 3 VerbrKrRL zwar ebenfalls mit dem VerbrKrRL-UG vom 29. Juli 2009 umgesetzt, dabei jedoch in § 6a Abs. 1 und 4 PAngV den ausdrücklichen Hinweis aufgenommen , dass die jeweils erforderlichen Angaben "in klarer, verständlicher und auffallender Weise" bzw. "klar und verständlich an gestalterisch hervorgehobener Stelle" gemacht werden müssen.
- 27
- e) Dafür, dass mit den Begriffen "klar und verständlich" kein Erfordernis einer Hervorhebung verbunden ist, spricht außerdem, dass gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB auch "sämtliche weiteren Vertragsbedingungen" klar und verständlich sein müssen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, dass den Begriffen "klar und verständlich" in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB das Erfordernis einer Hervorhebung einzelner Vertragsbedingungen, wie etwa einer Widerrufsinformation, nicht entnommen werden kann, denn "sämtliche weiteren Vertragsbedingungen" wären dann in gleicher Weise hervorzuheben.
- 28
- f) Demgegenüber ist der Umstand, dass die Regelungen zum Widerrufsrecht auf zwei Absätze des Art. 247 § 6 EGBGB verteilt und nicht in einem Absatz zusammengefasst worden sind, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ohne Bedeutung. Diese Aufteilung hat nicht zur Folge, dass die Angaben zum Widerrufsrecht anderen Gestaltungsvorgaben unterliegen als die sonst in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB genannten Angaben. Die Aufteilung erklärt sich damit, dass nicht bei allen Arten von Verbraucherdarlehensverträgen ein Widerrufsrecht besteht.
- 29
- g) Gegen eine besondere Hervorhebung spricht auch, dass nach § 492 Abs. 2 BGB die Information zum Widerrufsrecht in die Vertragsurkunde aufzunehmen ist (Ein-Urkunden-Modell).
- 30
- Durch die Begriffe "Angaben" in § 492 Abs. 2 BGB und Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EGBGB sowie "Hinweis" in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB ist der Gesetzgeber von dem Erfordernis einer gesonderten Widerrufsbelehrung bewusst abgerückt. So heißt es in der Begründung zum VerbrKrRLUG , dass "an die Stelle der nach § 355 Abs. 2 [BGB] erforderlichen Belehrung die von der Verbraucherkreditrichtlinie vorgegebene Pflichtangabe zum Widerrufsrecht im Vertrag tritt, vgl. Artikel 10 Abs. 2 Buchstabe p der Verbraucherkreditrichtlinie und die Umsetzungsvorschrift in Artikel 247 § 6 Abs. 2 EGBGB-E. Die nach § 355 Abs. 2 [BGB] erforderliche Belehrung ist in der Verbraucherkreditrichtlinie nicht vorgesehen und kann wegen der Vollharmonisierung auch nicht zusätzlich verlangt werden" (BT-Drucks. 16/11643, S. 83).
- 31
- h) Anders als die Revision meint, erfordern auch Sinn und Zweck des Widerrufsrechts keine Hervorhebung der dazu vom Darlehensgeber zu machenden Angaben (aA OLG Karlsruhe, WM 2015, 1712, 1713; LG Münster, Urteil vom 1. April 2014 - 14 O 206/13, juris Rn. 72 f.; LG Bonn, Urteil vom 12. November 2014 - 2 O 46/14, juris Rn. 29 f.).
- 32
- aa) Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor einer übereilten Bindung an seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung zu schützen. Ihm soll deshalb bei Entscheidungen mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und Tragweite wie dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags Gelegenheit gegeben werden, den Vertragsabschluss noch einmal zu überdenken (Senatsurteil vom 28. Mai 2013 - XI ZR 6/12, WM 2013, 1314 Rn. 24; BT-Drucks. 11/5462, S. 21; MünchKommBGB/ Schürnbrand, 7. Aufl., § 495 Rn. 1; jurisPK-BGB/Schwintowski, 7. Aufl., § 495 Rn. 1). Widerrufsangaben müssen deshalb umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll durch sie nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben.
- 33
- bb) Die Angaben zum Widerrufsrecht in einem Verbraucherdarlehensvertrag müssen nicht hervorgehoben werden, da von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher erwartet werden kann, dass er den Text eines Darlehensvertrags sorgfältig durchliest. Zum Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union seit Mitte der 1990er Jahre auf das Leitbild eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abgestellt (EuGH, Slg. 1995, I-1923 Rn. 24; NJW 2014, 2335 Rn. 74; VersR 2015, 605 Rn. 47; WM 2016, 14 Rn. 75; Urteil vom 9. Juli 2015 - C-348/14, juris Leitsatz 3; vgl. auch BGH, Urteile vom 14. Januar 2010 - I ZR 82/08, juris Rn. 20, vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, NJW 2012, 1449 Rn. 19 und vom 8. März 2012 - I ZR 202/10, MDR 2012, 1238 Rn. 19, jeweils mwN; BT-Drucks. 14/5441, S. 7). Das gilt auch hier, weil es vorliegend um Vorschriften geht, die vollharmonisiertes Unionsrecht umsetzen (vgl. Piekenbrock/Ludwig, WM 2012, 1409, 1414 f.).
- 34
- Mit diesem Leitbild eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers wäre ein nur flüchtiges Hinweglesen über einen Darlehensvertragstext schon aufgrund der mit einem solchen Vertrag regelmäßig verbundenen längerfristigen Festlegungswirkung nicht vereinbar (vgl. LG Heidelberg, BKR 2015, 154 Rn. 19; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 - 6 O 214/15, juris Rn. 31; Pfeiffer, NJW 2011, 1, 4). Angemessen aufmerksam ist deshalb nur ein Verbraucher, der den Darlehensvertragstext sorgfältig durchliest. Tut er dies, erlangt der Darlehensnehmer von der Widerrufsinformation Kenntnis, auch wenn diese nicht hervorgehoben ist.
- 35
- i) An der fehlenden Pflicht zur Hervorhebung einer Widerrufsinformation hat sich auch durch die Einfügung einer Musterwiderrufsinformation durch die Sätze 3 und 5 (damals noch Sätze 3 und 4) in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 (BGBl. I 2010, 977; nachfolgend: MWidInfoEG) nichts geändert.
- 36
- aa) So ist dem Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB lediglich zu entnehmen, dass die Verwendung des Musters in Anlage 7 nur dann zu einer Gesetzlichkeitsfiktion zugunsten des Darlehensgebers führt, wenn die entsprechende Vertragsklausel hervorgehoben und deutlich gestaltet ist. Zu der Frage, welche Formerfordernisse gelten, wenn das Muster nicht verwendet wird, kann der Vorschrift - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nichts entnommen werden (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 - 6 O 214/15, juris Rn. 27; Henning, CRP 2015, 80, 83). Dabei ergibt sich aus der Verwendung des Begriffes "genügt" in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB, dass der Darlehensgeber das Muster nicht verwenden muss (LG Heidelberg, BKR 2015, 154 Rn. 14). Dass der Darlehensgeber gegen eine gesetzliche Verpflichtung verstößt, wenn er seine Widerrufsklausel nicht hervorhebt und deutlich gestaltet , lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift folglich nicht entnehmen.
- 37
- bb) Eine generelle Pflicht zur Hervorhebung einer Widerrufsinformation ergibt sich auch nicht aus Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB. Danach kann der Darlehensgeber unter Beachtung von Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in Format und Schriftgröße jeweils von dem Muster in Anlage 7 abweichen. Die Sätze 4 und 5 des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB beziehen sich folglich ebenso wie dessen Satz 3 nur auf diejenigen Fälle, in denen das Muster in der Anlage 7 verwendet wird, um die Gesetzlichkeitsfiktion zu erlangen, nicht jedoch auf Fälle , in denen - wie vorliegend - diese Fiktion nicht in Rede steht.
- 38
- cc) Auch sonst gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung der Sätze 3 und 5 des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB Formanforderungen auch für solche Fälle regeln wollte, in denen es - wie vorliegend - nicht um eine durch die Verwendung des Musters in der Anlage 7 begründete Gesetzlichkeitsfiktion geht.
- 39
- (1) So heißt es in der Begründung zum MWidInfoEG (BT-Drucks. 17/1394, S. 21) zwar, dass das Erfordernis der hervorgehobenen und deutlichen Gestaltung "zum einen" auf den Vorgaben des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB - neu - beruhe, der "klar und verständlich" zu erteilende Angaben voraussetze. In der Gesetzesbegründung heißt es jedoch weiter, dass "zum anderen" die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters nur dann gerechtfertigt erscheine, wenn dessen Formulierungen hervorgehoben und deutlich gestaltet in den Vertrag einbezogen werden (BT-Drucks. 17/1394, aaO). Maßgeblicher Grund für die in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB geforderte Hervorhebung ist damit die durch die Verwendung des Musters in Anlage 7 zugunsten des Darlehensgebers eintretende Gesetzlichkeitsfiktion.
- 40
- (2) Hinzu kommt, dass laut der Gesetzesbegründung zum MWidInfoEG die Vorgaben im Zusammenhang mit der Verwendung des Musters in der Anlage 7 deshalb nicht mit dem von der Verbraucherkreditrichtlinie verfolgten Vollharmonisierungsgrundsatz (vgl. deren Erwägungsgründe 9 und 10 und Art. 22 Abs. 1) kollidieren, weil die Verwendung des Musters freigestellt wird (BT-Drucks. 17/1394, S. 21). Dies zeigt, dass der deutsche Gesetzgeber sich jenseits der Fälle der Verwendung des Musters an der Verbraucherkreditrichtlinie orientieren wollte, die über die Anforderungen "klar" und "prägnant" (Art. 10 Abs. 2 Buchst. p VerbrKrRL) hinaus keine weiteren formalen Anforderungen an die Angaben zum Widerrufsrecht aufstellt.
- 41
- 2. Auch der auf den Vorwurf der Verwendung von Ankreuzoptionen in der Widerrufsinformation gestützte Unterlassungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Ein Verstoß der Beklagten gegen §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB liegt insoweit nicht vor. Die Widerrufsinformation der Beklagten hält auch hinsichtlich der Verwendung von Ankreuzoptionen dem bereits unter 1. erörterten Maßstab des Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EGBGB stand, wonach die Widerrufsinformation klar und verständlich sein muss.
- 42
- a) Eine Widerrufsinformation darf zwar grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten, womit die durch die Vorgaben ihrer Klarheit und Verständlichkeit bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf sichergestellt werden soll (vgl. dazu BGH, Urteile vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 18; Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 10, jeweils zu § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF sowie Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 123/10, WM 2012, 913 Rn. 24 zu Art. 246 § 1 EGBGB in der Fassung vom 29. Juli 2009). Bei Ankreuzoptionen in einer formularmäßigen Widerrufsinformation handelt es sich jedoch, wie sich bereits aus deren optionalem Charakter ergibt, um die Widerrufsinformation selbst, soweit sie vom Verwender tatsächlich angekreuzt wurde. Nicht vom Verwender markierte Optionen hingegen stellen keine Zusätze zur Information dar, sondern werden schlicht nicht Vertragsbestandteil.
- 43
- Der Empfänger eines Vertragsformulars braucht nur den ihn betreffenden Vertragstext zu lesen, der ihm vom Verwender durch das Markieren von Text- varianten kenntlich gemacht wird. Die Gefahr, dass sich ein Verbraucher auch mit nicht angekreuzten Textvarianten befasst und dadurch abgelenkt oder irritiert wird, ist demgegenüber gering. Vielmehr wird sich auch ein flüchtiger und erst Recht ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher regelmäßig nur mit denjenigen Textvarianten beschäftigen, die markiert sind.
- 44
- b) Vorliegend sind die von der Beklagten verwendeten Ankreuzoptionen so gestaltet, dass sich einem Verbraucher auf den ersten Blick erschließt, dass eine Textvariante für ihn nur dann von Belang ist, wenn das vor der Variante gesetzte Optionsfeld markiert wurde. Gegen die Verwendung eines Formulars mit Ankreuzoptionen ("Baukastenformular") bestehen daher im Zusammenhang mit der Widerrufsinformation bei Verbraucherdarlehensverträgen jedenfalls dann keine Bedenken, soweit das Formular wie vorliegend gestaltet ist (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Juni 2015 - I-16 U 151/14, 16 U 1516 U 151/14, juris Rn. 7 f.; LG Bonn, Urteil vom 12. November 2014 - 2 O 46/14, juris Rn. 40; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 15. Oktober 2015 - 6 O 2628/15, juris Rn. 49 ff.; LG Wuppertal, Urteil vom 10. Juli 2014 - 4 O 129/14, juris Rn. 24).
- 45
- c) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich auch aus der englischen Fassung des dem Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB zugrunde liegenden Art. 10 Abs. 2 VerbrKrRL nichts anderes, wonach die Angaben (auch diejenigen gemäß Buchstabe p des Art. 10 Abs. 2 VerbrKrRL) "in a clear and concise manner" zu erfolgen haben.
- 46
- Soweit die Revision meint, die englische Fassung lasse deutlicher erkennen , dass eine kurze und präzise Vertragsgestaltung verlangt werde, die mit einer Widerrufsinformation über mehrere, eng bedruckte Formularseiten und zahlreichen Ankreuzoptionen nicht zu vereinbaren sei, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr ist für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher offensichtlich, dass vom Verwender nicht gewählte Ankreuzoptionen nicht Teil seiner Widerrufsinformation sind und folglich ignoriert werden können. Die Unterscheidung zwischen vom Verwender ausgewählten und also zur Kenntnis zu nehmenden Textfeldern und nicht ausgewählten , mithin für den konkreten Vertragsabschluss irrelevanten Textvarianten vermag ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher binnen kürzester Zeit vorzunehmen. Daran ändert sich auch nichts, wenn sich die Textvarianten einer formularmäßigen Widerrufsinformation - wie hier - über mehrere Druckseiten erstrecken (vgl. auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 15. Oktober 2015 - 6 O 2628/15, juris Rn. 53; LG Köln, Urteil vom 26. März 2015 - 30 O 156/14, juris Rn. 16).
- 47
- d) Entgegen der Ansicht der Revision ist eine Vorlage der Frage, ob die Gestaltung eines Formulars mit einer Vielzahl von Ankreuzoptionen mit der Vorgabe aus Art. 10 Abs. 2 Buchstabe p VerbrKrRL vereinbar ist, an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht geboten. Eine Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV kommt nicht in Betracht, da die Auslegung des Unionsrechts - wie oben dargelegt - derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt ("acte clair", EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16; Slg. 2005, I-8151 Rn. 33; BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015 - 1 BvR 499/12, WM 2015, 525, 526 mwN).
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 26.05.2014 - 44 O 7/14 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 05.02.2015 - 2 U 81/14 -
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen und liegen die Voraussetzungen für einen verbundenen Vertrag nicht vor, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines damit zusammenhängenden Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Auf die Rückabwicklung des zusammenhängenden Vertrags ist § 358 Absatz 4 Satz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Widerruft der Verbraucher einen Teilzeit-Wohnrechtevertrag oder einen Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, hat er auch für den zusammenhängenden Vertrag keine Kosten zu tragen; § 357c Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Ein zusammenhängender Vertrag liegt vor, wenn er einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist und eine Leistung betrifft, die von dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags erbracht wird. Ein Darlehensvertrag ist auch dann ein zusammenhängender Vertrag, wenn das Darlehen, das ein Unternehmer einem Verbraucher gewährt, ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient und die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in dem Darlehensvertrag genau angegeben ist.
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen und liegen die Voraussetzungen für einen verbundenen Vertrag nicht vor, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines damit zusammenhängenden Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Auf die Rückabwicklung des zusammenhängenden Vertrags ist § 358 Absatz 4 Satz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Widerruft der Verbraucher einen Teilzeit-Wohnrechtevertrag oder einen Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, hat er auch für den zusammenhängenden Vertrag keine Kosten zu tragen; § 357c Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Ein zusammenhängender Vertrag liegt vor, wenn er einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist und eine Leistung betrifft, die von dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags erbracht wird. Ein Darlehensvertrag ist auch dann ein zusammenhängender Vertrag, wenn das Darlehen, das ein Unternehmer einem Verbraucher gewährt, ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient und die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in dem Darlehensvertrag genau angegeben ist.
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Er nimmt die beklagte Sparkasse auf Unterlassung der folgenden, in ihren Formularen für Immobiliendarlehensverträge mit Verbrauchern enthaltenen Widerrufsinformation in Anspruch:
- 2
- Der Kläger hat u.a. geltend gemacht, dass die Widerrufsinformation in Ziffer 14 des Vertragsformulars der Beklagten nicht deutlich genug hervorgehoben sei. Die Klage war in erster Instanz erfolgreich. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse , im Wesentlichen ausgeführt (WM 2014, 995 ff.):
- 5
- Der auf den Vorwurf einer nicht ausreichenden Hervorhebung der Widerrufsinformation gestützte Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Grundsätzlich sei wegen des eindeutigen Wortlauts von Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB die grafische Hervorhebung einer Widerrufsinformation geboten. Dabei seien nach der Gesetzessystematik die Ausgestaltungsvorgaben zu den in § 495 BGB statuierten Informationspflichten in Art. 247 EGBGB geregelt. Daraus , dass in § 495 BGB nicht auf § 360 BGB verwiesen werde, könne nichts anderes hergeleitet werden. Ebenso wenig könne sich der Kläger darauf berufen , dass Art. 247 § 6 EGBGB an § 495 BGB anknüpfe. Auch § 491a Abs. 1 und § 492 Abs. 2 BGB sei nichts anderes zu entnehmen, da diese Regelungen nur einen Verweis auf Art. 247 § 6 EGBGB und die dort vorgegebene Form der Verbraucherinformation enthielten.
- 6
- Die Vorschrift in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, wonach eine Informationsgestaltung "klar und verständlich" sein müsse, und die Maßgaben in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB hätten unterschiedliche, einander nicht überlappende Regelungsbereiche. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die Fälle eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB in einem eigenen Absatz des Art. 247 § 6 EGBGB geregelt habe, stehe einem Gleichlauf der Regelungen in den beiden Absätzen dieser Vorschrift entgegen. Das in Art. 247 § 6 EGBGB in Bezug genommene Muster wiederum solle Unternehmern lediglich die risikolose Erfüllung ihrer Informationspflichten erleichtern. Dabei werde den Unternehmern zwar das Format und die Schriftgröße, nicht aber der Inhalt ihrer Informationen freigestellt, ohne dass durch diese formale Offenheit die in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB geregelten Gestaltungsvorgaben unterlaufen werden dürften.
- 7
- Die streitgegenständliche Formulargestaltung genüge diesen gesetzlichen Vorgaben. Zweck der in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB geforderten Hervorhebung einer Widerrufsbelehrung sei es, sicherzustellen, dass der Verbraucher die Informationen über sein Widerrufsrecht bei der gebotenen Lektüre des Vertrages wahrnehme und nicht über sie hinweglese. Dieser Gesetzeszweck erfordere es jedoch nicht, dass die Hervorhebung in einer Form erfolge, die sich im Vertrag in gleicher Weise für keine andere Belehrung oder Information finde. Dass der Gesetzgeber dies nicht habe anordnen wollen, lege Art. 247 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB nahe, wo gleichartige Hervorhebungen ausdrücklich als gesetzeskonform angesehen würden. Zwar erfasse das in Art. 247 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB geregelte Gleichgestaltungsgebot Art. 247 § 6 EGBGB nicht. Dies lege aber nicht den Umkehrschluss nahe, der Gesetzgeber habe die aus Art. 247 § 6 EGBGB folgenden Informationspflichten besonders gestaltet sehen wollen. Dass der Gesetzgeber dieses Problem erkannt und in Art. 247 § 6 EGBGB anders als in Art. 247 § 2 EGBGB keine Gestaltungvorgabe geregelt habe, spreche vielmehr dafür, dass er die Gestaltung der Informationen nach Maßgabe des Art. 247 § 6 EGBGB dem Informationspflichtigen habe überlassen wollen. Hätte der Gesetzgeber eine Hervorhebung der Widerrufsinformation in einzigartiger Weise gewollt, so hätte es nahegelegen, dies auszusprechen. Auch komme dem Widerrufsrecht gegenüber anderen, von Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB erfassten Verbraucherrechten keine so wesentlich höhere Bedeutung zu, dass ein Alleinstellungserfordernis geradezu selbstverständlich sei.
- 8
- Einer rechtlichen Überprüfung der Hervorhebung einer Widerrufsinformation im Hinblick auf deren Gesetzeszweck sei zudem der gesamte Vertragstext und nicht lediglich eine aus dessen Zusammenhang gerissene Seite zugrunde zu legen. Ebenso, wie zur Ermittlung des Verständnisses eines Verbrauchers von einer Werbeaussage regelmäßig von einer Gesamtschau der Werbung auszugehen sei, könne auch die Frage, ob der Verbraucher hinreichend klar über sein Widerrufsrecht unterrichtet werde, nur aufgrund einer Betrachtung des gesamten Vertrages beantwortet werden. Dieser Bezugsrahmen entspreche auch dem Sinngehalt des Wortes "hervorheben".
- 9
- Sowohl die aus den §§ 5 und 5a UWG resultierenden Informations- und Aufklärungsobliegenheiten gegenüber Verbrauchern als auch die Informationspflichten nach § 495 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 EGBGB seien an einem neuen Verbraucherleitbild orientiert, dessen Maßstab nicht mehr der schwächste, sondern ein situationsadäquat aufmerksamer und informierter Durchschnittsverbraucher sei.
- 10
- Die von der Beklagten gewählten Abgrenzungszeichen seien ausreichend , um den Gesetzeszweck zu erfüllen. Insbesondere sei die Umrahmung der Widerrufsinformation derjenigen des in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in Bezug genommenen Musters gleich gestaltet. Zu dieser stärkeren Einrahmung kämen die im Fettdruck hervorgehobene, allein gestellte, inhaltlich zutreffende und klare Überschrift sowie die ebenfalls fettgedruckte Überschrift innerhalb des Rahmens hinzu. In ihrer Summe würden diese Elemente die Widerrufsinformation so augenfällig von dem keine Belehrungen oder Pflichthinweise enthaltenden Vertragstext abheben, dass ein Verbraucher, der den Text mit der gebotenen Sorgfalt lese, sie besonders wahrnehme.
II.
- 11
- Die Revision des Klägers ist unbegründet.
- 12
- Der Senat muss sich nicht mit der Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Widerrufsinformation befassen, denn diese ist nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage. Es geht im hiesigen Rechtsstreit lediglich um den Vorwurf einer nicht ausreichend hervorgehobenen Darstellung der Widerrufsinformation. Der diesbezüglich geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht dem Kläger nach dem derzeit geltendem Recht nicht zu, da ein Verstoß der Beklagten gegen §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB nicht vorliegt.
- 13
- 1. Soweit das Unterlassungsbegehren des Klägers in die Zukunft gerichtet ist, sind Unterlassungsansprüche, deren Rechtsgrundlage im Laufe des Rechtsstreits Änderungen erfahren hat, nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteile vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, GRUR 2005, 62, 64 und vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, WM 2007, 796 Rn. 35, jeweils mwN) vom Revisionsgericht unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage zu prüfen, auch wenn die Rechtsänderung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz oder im Laufe des Revisionsverfahrens in Kraft getreten ist. Lediglich in Fällen, in denen - anders als hier - mit der Klage eine Unterlassung der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen auch insoweit begehrt wird, als sich der Verwender in Altfällen auf eine Klausel beruft, selbst wenn er diese für den Abschluss neuer Verträge nicht mehr verwendet, bleibt für die Inhaltskontrolle auch die frühere Rechtslage maßgeblich (BGH, Urteile vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, aaO und vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, aaO Rn. 36). Im vorliegenden Rechtsstreit sind deshalb die durch Artikel 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie , des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I 2009, 2355 ff.; nachfolgend: VerbrKrRL-UG) ab dem 11. Juni 2010 geltenden § 492 Abs. 2 BGB [ab 30. Juli 2010 nur redaktionell geändert - vgl. BT-Drucks. 17/1394, S. 14], Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB maßgebend.
- 14
- 2. Dem danach maßgeblichen Wortlaut des Artikels 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB kann dabei, wie die Revisionserwiderung zu Recht annimmt, kein Erfordernis einer besonderen Hervorhebung entnommen werden (LG Frankenthal, Urteil vom 25. September 2014 - 7 O 57/14, juris Rn. 17 ff.; LG Heidelberg, BKR 2015, 154 Rn. 14; Bülow in Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht , 8. Aufl., § 495 Rn. 93 und 96 ff.; jurisPK-BGB/Schwintowski, 7. Aufl., § 492 Rn. 12.1; Mairose, RNotZ 2012, 467, 480; aA OLG Karlsruhe, WM 2015, 1712, 1713). Vielmehr wird dort lediglich gefordert, dass bestimmte Pflichtan- gaben "klar und verständlich" sein müssen, ohne dass damit auch deren Hervorhebung angeordnet wird. Eine Information kann ohne weiteres auch dann "klar und verständlich" sein, wenn sie nicht grafisch hervorgehoben wird.
- 15
- 3. Aus der Gesetzesbegründung zu Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB (BT-Drucks. 16/11643, S. 127) ergibt sich ebenfalls nicht, dass mit den Begriffen "klar und verständlich" eine optische Hervorhebung verlangt werden soll. Auch dort heißt es lediglich, dass in "formeller Hinsicht … die Vorschrift in Übereinstimmung mit Artikel 10 der Verbraucherkreditrichtlinie klare und prägnante Angaben" verlange und die "Angaben aus sich heraus auch für den Darlehensnehmer verständlich sein" sollen. Mit der Verwendung der Begriffe "klar und verständlich" hat der Gesetzgeber demnach nur die Erwartung verbunden, dass die in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB geregelten Pflichtangaben aus sich heraus für den Darlehensnehmer eindeutig und leicht verständlich sein müssen.
- 16
- 4. Hinzu kommt, dass gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (nachfolgend : VerbrKrRL) zwar in einer Werbung bestimmte Standardinformationen "in klarer, prägnanter und auffallender Art und Weise" zu nennen sind und dort gemäß Art. 4 Abs. 3 VerbrKrRL unter bestimmten Umständen auch auf die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrags über die Inanspruchnahme einer Nebenleistung "in klarer, prägnanter Form an optisch hervorgehobener Stelle" hingewiesen werden muss. Hinsichtlich der Angaben zum Widerrufsrecht in Verbraucherdarlehensverträgen verlangt die Verbraucherkreditrichtlinie eine solche Hervorhebung jedoch nicht. Dies gilt insbesondere für Art. 10 Abs. 2 Buchst. p VerbrKrRL, wo hinsichtlich der Form der Pflichtangaben lediglich die Anforderungen "klar" und "prägnant" vorgegeben werden. Diese Unterscheidung entspricht auch den Begrifflichkeiten in der englischen und französischen Fassung der Art. 4 VerbrKrRL ("de façon claire, concise et visible" bzw. "in a clear, concise and prominent way") bzw. Art. 10 VerbrKrRL ("de façon claire et concise" bzw. "in a clear and concise manner"). Dass der deutsche Gesetzgeber diese Differenzierung mitvollziehen wollte, ergibt sich daraus, dass er entsprechend Art. 10 Abs. 2 VerbrKrRL in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB lediglich das Erfordernis aufgestellt hat, dass die dort genannten Angaben klar und verständlich sein müssen (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 - 6 O 214/15, juris Rn. 25). Demgegenüber hat der deutsche Gesetzgeber Artikel 4 Abs. 2 und 3 VerbrKrRL zwar ebenfalls mit dem VerbrKrRL-UG vom 29. Juli 2009 umgesetzt, dabei jedoch in § 6a Abs. 1 und 4 PAngV den ausdrücklichen Hinweis aufgenommen , dass die jeweils erforderlichen Angaben "in klarer, verständlicher und auffallender Weise" bzw. "klar und verständlich an gestalterisch hervorgehobener Stelle" gemacht werden müssen.
- 17
- 5. Dafür, dass mit den Begriffen "klar und verständlich" kein Erfordernis einer Hervorhebung verbunden ist, spricht außerdem, dass gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB auch "sämtliche weiteren Vertragsbedingungen" klar und verständlich sein müssen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, dass den Begriffen "klar und verständlich" in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB das Erfordernis einer Hervorhebung einzelner Vertragsbedingungen, wie etwa einer Widerrufsinformation, nicht entnommen werden kann, denn "sämtliche weiteren Vertragsbedingungen" wären dann in gleicher Weise hervorzuheben.
- 18
- 6. Demgegenüber ist der Umstand, dass die Regelungen zum Widerrufsrecht auf zwei Absätze des Art. 247 § 6 EGBGB verteilt und nicht in einem Absatz zusammengefasst worden sind, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ohne Bedeutung. Diese Aufteilung hat nicht zur Folge, dass die Angaben zum Widerrufsrecht anderen Gestaltungsvorgaben unterliegen als die sonst in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB genannten Angaben. Die Aufteilung erklärt sich damit, dass nicht bei allen Arten von Verbraucherdarlehensverträgen ein Widerrufsrecht besteht.
- 19
- 7. Gegen eine besondere Hervorhebung spricht auch, dass nach § 492 Abs. 2 BGB die Information über das Widerrufsrecht in die Vertragsurkunde aufzunehmen ist (Ein-Urkunden-Modell).
- 20
- Durch die Begriffe "Angaben" in § 492 Abs. 2 BGB und Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EGBGB sowie "Hinweis" in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB ist der Gesetzgeber von dem Erfordernis einer gesonderten Widerrufsbelehrung bewusst abgerückt. So heißt es in der Begründung zum VerbrKrRL-UG, dass "an die Stelle der nach § 355 Abs. 2 [BGB] erforderlichen Belehrung die von der Verbraucherkreditrichtlinie vorgegebene Pflichtangabe zum Widerrufsrecht im Vertrag tritt, vgl. Artikel 10 Abs. 2 Buchstabe p der Verbraucherkreditrichtlinie und die Umsetzungsvorschrift in Artikel 247 § 6 Abs. 2 EGBGB-E. Die nach § 355 Abs. 2 [BGB] erforderliche Belehrung ist in der Verbraucherkreditrichtlinie nicht vorgesehen und kann wegen der Vollharmonisierung auch nicht zusätzlich verlangt werden" (BT-Drucks. 16/11643, S. 83).
- 21
- 8. Anders als die Revision meint, erfordern auch Sinn und Zweck des Widerrufsrechts keine Hervorhebung der dazu vom Darlehensgeber zu machenden Angaben (aA OLG Karlsruhe, WM 2015, 1712, 1713; LG Münster, Urteil vom 1. April 2014 - 14 O 206/13, juris Rn. 72 f.; LG Bonn, Urteil vom 12. November 2014 - 2 O 46/14, juris Rn. 29 f.).
- 22
- a) Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor einer übereilten Bindung an seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung zu schützen. Ihm soll deshalb bei Entscheidungen mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und Tragweite wie dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags Gelegenheit gegeben werden, den Vertragsabschluss noch einmal zu überdenken (Senatsurteil vom 28. Mai 2013 - XI ZR 6/12, WM 2013, 1314 Rn. 24; BT-Drucks. 11/5462, S. 21; MünchKommBGB/ Schürnbrand, 7. Aufl., § 495 Rn. 1; jurisPK-BGB/Schwintowski, 7. Aufl., § 495 Rn. 1). Widerrufsangaben müssen deshalb umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll durch sie nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben.
- 23
- b) Die Angaben zum Widerrufsrecht in einem Verbraucherdarlehensvertrag müssen nicht hervorgehoben werden, da von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher erwartet werden kann, dass er den Text eines Darlehensvertrags sorgfältig durchliest. Zum Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union seit Mitte der 1990er Jahre auf das Leitbild eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abgestellt (EuGH, Slg. 1995, I-1923 Rn. 24; NJW 2014, 2335 Rn. 74; VersR 2015, 605 Rn. 47; WM 2016, 14 Rn. 75; Urteil vom 9. Juli 2015 - C-348/14, juris Leitsatz 3; vgl. auch BGH, Urteile vom 14. Januar 2010 - I ZR 82/08, juris Rn. 20, vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, NJW 2012, 1449 Rn. 19 und vom 8. März 2012 - I ZR 202/10, MDR 2012, 1238 Rn. 19, jeweils mwN; vgl. auch BT-Drucks. 14/5441, S. 7). Das gilt auch hier, weil es vorliegend um Vorschriften geht, die vollharmonisiertes Unionsrecht umsetzen (vgl. Piekenbrock/Ludwig, WM 2012, 1409, 1414 f.).
- 24
- Mit diesem Leitbild eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers wäre ein nur flüchtiges Hinweglesen über einen Darlehensvertragstext schon aufgrund der mit einem solchen Vertrag regelmäßig verbundenen längerfristigen Festlegungswirkung nicht vereinbar (vgl. LG Heidelberg, BKR 2015, 154 Rn. 19; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 - 6 O 214/15, juris Rn. 31; Pfeiffer, NJW 2011, 1, 4). Angemessen aufmerksam ist deshalb nur ein Verbraucher, der den Darlehensvertragstext sorg- fältig durchliest. Tut er dies, erlangt der Darlehensnehmer von der Widerrufsinformation Kenntnis, auch wenn diese nicht hervorgehoben ist.
- 25
- 9. An der fehlenden Pflicht zur Hervorhebung einer Widerrufsinformation hat sich auch durch die Einfügung einer Musterwiderrufsinformation durch die Sätze 3 und 5 (damals noch Sätze 3 und 4) in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 (BGBl. I 2010, 977; nachfolgend: MWidInfoEG) nichts geändert.
- 26
- a) So ist dem Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB lediglich zu entnehmen, dass die Verwendung des Musters in Anlage 7 nur dann zu einer Gesetzlichkeitsfiktion zugunsten des Darlehensgebers führt, wenn die entsprechende Vertragsklausel hervorgehoben und deutlich gestaltet ist. Zu der Frage, welche Formerfordernisse gelten, wenn das Muster nicht verwendet wird, kann der Vorschrift - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nichts entnommen werden (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 - 6 O 214/15, juris Rn. 27; Henning, CRP 2015, 80, 83). Dabei ergibt sich aus der Verwendung des Begriffes "genügt" in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB, dass der Darlehensgeber das Muster nicht verwenden muss (LG Heidelberg, BKR 2015, 154 Rn. 14). Dass der Darlehensgeber gegen eine gesetzliche Verpflichtung verstößt, wenn er seine Widerrufsklausel nicht hervorhebt und deutlich gestaltet , lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift folglich nicht entnehmen.
- 27
- b) Eine generelle Pflicht zur Hervorhebung einer Widerrufsinformation ergibt sich auch nicht aus Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB. Danach kann der Darlehensgeber unter Beachtung von Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in Format und Schriftgröße jeweils von dem Muster in Anlage 7 abweichen. Die Sätze 4 und 5 des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB beziehen sich folglich ebenso wie dessen Satz 3 nur auf diejenigen Fälle, in denen das Muster in der Anlage 7 verwendet wird, um die Gesetzlichkeitsfiktion zu erlangen, nicht jedoch auf Fälle , in denen - wie vorliegend - diese Fiktion nicht in Rede steht.
- 28
- c) Auch sonst gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung der Sätze 3 und 5 des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB Formanforderungen auch für solche Fälle regeln wollte, in denen es - wie vorliegend - nicht um eine durch die Verwendung des Musters in der Anlage 7 begründete Gesetzlichkeitsfiktion geht.
- 29
- aa) So heißt es in der Begründung zum MWidInfoEG (BT-Drucks. 17/1394, S. 21) zwar, dass das Erfordernis der hervorgehobenen und deutlichen Gestaltung "zum einen" auf den Vorgaben des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB - neu - beruhe, der "klar und verständlich" zu erteilende Angaben voraussetze. In der Gesetzesbegründung heißt es jedoch weiter, dass "zum anderen" die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters nur dann gerechtfertigt erscheine, wenn dessen Formulierungen hervorgehoben und deutlich gestaltet in den Vertrag einbezogen werden (BT-Drucks. 17/1394, aaO). Maßgeblicher Grund für die in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB geforderte Hervorhebung ist damit die durch die Verwendung des Musters in Anlage 7 zugunsten des Darlehensgebers eintretende Gesetzlichkeitsfiktion.
- 30
- bb) Hinzu kommt, dass laut der Gesetzesbegründung zum MWidInfoEG die Vorgaben im Zusammenhang mit der Verwendung des Musters in der Anlage 7 deshalb nicht mit dem von der Verbraucherkreditrichtlinie verfolgten Vollharmonisierungsgrundsatz (vgl. deren Erwägungsgründe 9 und 10 und Art. 22 Abs. 1) kollidieren, weil die Verwendung des Musters freigestellt wird (BT-Drucks. 17/1394, S. 21). Dies zeigt, dass der deutsche Gesetzgeber sich jenseits der Fälle der Verwendung des Musters an der Verbraucherkreditricht- linie orientieren wollte, die über die Anforderungen "klar" und "prägnant" (Art. 10 Abs. 2 Buchst. p VerbrKrRL) hinaus keine weiteren formalen Anforderungen an die Angaben zum Widerrufsrecht aufstellt.
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 17.07.2013 - 10 O 33/13 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 24.04.2014 - 2 U 98/13 -
(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.
(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.
(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.
(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.
(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.
(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
Tenor
werden die Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 25.11.2015 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, und dass auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO gegeben sind.
1
I.
2Die Parteien streiten darüber, ob die Kläger ihre auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages vom 09./12.02.2011 gerichteten Willenserklärungen mit Schreiben vom 28.01.2014 wirksam widerrufen haben. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
3Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und mit näherer Begründung ausgeführt, der Widerruf sei verfristet. Die Widerrufsfrist habe mit Abschluss des Vertrages zu laufen begonnen, denn die Widerrufsbelehrung der Beklagten habe den gesetzlichen Anforderungen gem. § 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB genügt. Vorliegend entspreche der Text der Widerrufsinformation im Darlehensvertrag exakt dem Text der Musterwiderrufsinformation in der bei Vertragsschluss gültigen Fassung. Die Widerrufsinformation sei auch hervorgehaben und deutlich gestaltet, so dass sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion aus Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen könne. Ein Widerrufsrecht ergebe sich auch nicht daraus, dass dem Darlehensvertrag das Europäische Standardisierte Merkblatt angehängt gewesen sei, in dem ebenfalls auf ein Widerrufsrecht hingewiesen werde. Denn es sei offensichtlich, dass die in dem Vertrag verwendete Widerrufsbelehrung Geltung habe.
4Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Begehren weiter. Sie rügen, das Landgericht habe die Widerrufsbelehrung unzutreffend für ordnungsgemäß gehalten.
5Die Widerrufsbelehrung genieße nicht die Gesetzlichkeitsfiktion, weil sie nicht hervorgehoben und deutlich gestaltet sei.
6Zudem sei die Widerrufsbelehrung inhaltlich unzureichend. Der Beginn des Laufs der Widerrufsfrist sei unklar geblieben, denn den Klägern sei der Zeitpunkt des Zugangs ihrer Annahmeerklärung bei der Beklagten und mithin der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mitgeteilt worden. Ferner sei die Belehrung hinsichtlich der Pflichtangaben unvollständig.
7Auch seien ihnen zwei widersprüchliche Widerrufsbelehrungen erteilt worden. In dem Europäischen Standardisierten Merkblatt sei nämlich eine weitere Widerrufsbelehrung abgedruckt. Bei dieser sei schon unklar, welche Frist laufe. Auch fehle dort jeder Hinweis auf die Pflichtangaben.
8Die Kläger beantragen, unter Abänderung des am 25.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Münster, Az. 14 O 32/15, wie folgt zu erkennen:
91.
10Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 10.313,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.09.2014 zu zahlen.
112.
12Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.533,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.03.2015 zu zahlen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
14II.
15Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen. Der im Jahr 2014 erklärte Widerruf hat die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. nicht gewahrt. Das Widerrufsrecht der Kläger wäre nach § 355 Abs. 4 Satz 3 BGB a.F. nur dann nicht erloschen, wenn die Kläger über ihr Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden wären. Die Kläger sind jedoch ordnungsgemäß belehrt worden. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung genügt den Anforderungen gem. § 495 Abs. 2 BGB a.F. i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F. Die gegen das landgerichtliche Urteil gerichteten Berufungsangriffe haben keinen Erfolg.
161.
17Die Widerrufsbelehrung ist zunächst nicht deshalb unzureichend, weil sie aus dem weiteren Vertragstext nicht deutlich hervorgehoben ist. Der BGH hat mit Urteilen vom 23.02.2016 (XI ZR 549/14 und XI ZR 101/15) entschieden, dass jedenfalls seit dem 11.06.2010 keine Pflicht zur Hervorhebung der in einen Verbraucherdarlehensvertrag aufzunehmenden Pflichtangaben zum Widerrufsrecht besteht.
182.
19Inhaltliche Unrichtigkeiten weist die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht auf.
20a.
21Die Widerrufsbelehrung ist hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist nicht unrichtig. Sie entspricht insoweit wörtlich der Musterwiderrufsinformation. Weder das EGBGB noch das BGB sieht eine Verpflichtung des Unternehmers vor, den Verbraucher über den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zu informieren. Der Gesetzgeber nimmt hin, dass der Verbraucher ggf. keine Kenntnis davon hat, wann seine Annahmeerklärung dem Unternehmer zugegangen und der Vertrag zustande gekommen ist.
22b.
23Der Senat ist wie das OLG Düsseldorf (BeckRS 2015, 11627) der Ansicht, dass die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht deshalb unzureichend ist, weil in der Widerrufsbelehrung nicht sämtliche Pflichtangaben benannt sind, die dem Darlehensnehmer nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Artikel 247 §§ 6 bis 13 EGBGB erteilt werden müssen.
24Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung entspricht auch insoweit der Musterwiderrufsinformation, in der im Zusammenhang mit der Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist ebenfalls nicht sämtliche Pflichtangaben aufgeführt sind. Vielmehr benennt die Musterwiderrufsinformation exemplarisch ebenfalls nur die drei auch vorliegend aufgeführten Punkte, nämlich die Angabe zur Art des Darlehens, die Angabe zum Nettodarlehensbetrag und die Angabe zur Vertragslaufzeit.
25Auch § 495 Abs. 2 BGB a.F. und Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die Widerrufsbelehrung im Zusammenhang mit der Erläuterung des Beginns der Widerrufsfrist nochmals alle Pflichtangaben aufführen muss, die im Vertrag ohnehin enthalten sein müssen. Würden all diese Pflichtangaben in der Widerrufsbelehrung erneut aufgeführt, würden der Vertrag und die Widerrufsbelehrung für den Verbraucher nicht verständlicher, sondern im Gegenteil weniger verständlich.
263.
27Schließlich sind den Klägern keine widersprüchlichen Widerrufsbelehrungen erteilt worden. Die Kläger zeigen Widersprüche zwischen der im Vertrag abgedruckten Widerrufsinformation und den im Europäischen Standardisierten Merkblatt abgedruckten Informationen nicht konkret auf. Auch sonst sind derlei Widersprüche nicht ersichtlich. Zudem hat bereits das Landgericht zutreffend darauf verwiesen, dass die im Vertrag abgedruckte Widerrufsinformation maßgeblich ist. Das lässt sich den Angaben im Merkblatt zweifelsfrei entnehmen, denn dort heißt es ausdrücklich: „Zum Widerruf und seinen Rechtsfolgen beachten Sie bitte die konkreten Angaben, die in Ihrem Darlehensvertrag enthalten sind.“
28III.
29Die Kläger erhalten Gelegenheit, zu dem Hinweis bis zum 25.03.2016 Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung weiter aufrechterhalten oder aus Kostengründen zurückgenommen wird.
Auf das Hinweisschreiben vom 07.03.2016 wurde die Berufung zurückgenommen.
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, dem Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist stattzugeben, die damit zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.08.2015, Az. 6 O 189/14, jedoch durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 3.12.2015.
Gründe
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages.
3Die Kläger schlossen als Verbraucher mit der Beklagten am 16.12.2010 einen Immobiliendarlehensvertrag, Darlehensnummer xxx, über 290.000,00 € ab (vgl. Bl. 6 ff. d. A.). Die Parteien vereinbarten einen Zinssatz in Höhe von 4,920 % p.a., eine Zinsbindung bis zum 17.11.2025 und eine Tilgung in Höhe von 1,000 % monatlich sowie eine monatliche zu zahlende Rate in Höhe von 1.430,67 €. Durch den hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag wurden zwei ältere zwischen den Parteien bestehende Darlehensverträge ersetzt bzw. umgeschuldet und nur in Höhe von 41.370,95 € ein weiteres Darlehen gewährt (vgl. Bl. 39 d. A.).
4Unter Ziffer 14. enthält der Vertrag unter der Überschrift „Widerrufsinformationen“ einen Text zu den weiteren Überschriften „Widerrufsrecht“ und „Widerrufsfolgen“. Wegen des Inhalts wird auf die Prozessakte Bezug genommen (vgl. Bl. 10 d. A.). Die Ziffern 12. bis einschließlich 14. sind in einem schwarzen Kasten eingerahmt (vgl. Bl. 10 ff. d. A.). In dem gesamten Vertragstext sind einzelne Textpassagen mit einem Kästchen versehen, welches bei Bedarf angekreuzt werden kann und auch vereinzelt angekreuzt wurde („Ankreuzmodell“; vgl. Bl. 6 ff. d. A.).
5Mit Schreiben vom 12.05.2015 erklärten die Kläger den Widerruf des vorbezeichneten Darlehensvertrages (vgl. Bl. 13 ff. d. A.). Mit Schreiben vom 19.05.2015 wies die Beklagte den Widerruf zurück (Bl. 16 f. d. A.). Auch auf ein weiteres Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 18.06.2015 (Bl. 42 d. A.) verblieb die Beklagte mit Schreiben vom 30.06.2015 (Bl. 43 d. A.) bei ihrer Auffassung.
6Die Kläger sind der Ansicht, die Widerrufsbelehrung des streitgegenständlichen Darlehensvertrages sei mangelhaft, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe und sie daher den Darlehensvertrag noch mit Schreiben vom 12.05.2015 wirksam widerufen hätten. Die Widerrufsbelehrung sei nicht in schriftlich und drucktechnisch deutlicher Form erfolgt, da sie sich weder vom übrigen Text absetzen würde, noch von diesem räumlich getrennt sei und sich auch nicht vom übrigen Fließtext des Vertrages deutlich heraushebe. Die Hervorhebung sei gemeinsam mit den Ziffern 12. und 13. erfolgt, was nicht ausreichend sei. Auch sei der Zeilenabstand zu gering gewählt. Der Zweck der Widerrufserklärung, sicherzustellen, dass der Verbraucher die Informationen über sein Widerrufsrecht wahrnimmt und diese nicht überliest, sei durch die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht erfüllt, so dass diese gegen das „Deutlichkeitsgebot“ verstoße. Aus diesem Grunde habe die Beklagte zuletzt auch selbst die Widerrufsbelehrungen abgeändert. Sie verweisen zudem auf ein Urteil des OLG München vom 21.05.2015 (Az.: 17 U 334/15).
7Sie beantragen,
8festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 16.12.2010 zwischen den Klägern und der Beklagten mit Darlehensnummer xxx durch die Erklärung der Kläger vom 12.05.2015 wirksam widerrufen wurde und rückabzuwickeln ist.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da den Klägern die Erhebung der Leistungsklage möglich und diese daher vorrangig zu erheben sei. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung genüge den gesetzlichen Anforderungen, so dass der Widerruf der Kläger verfristet sei. Ferner sei der Widerruf der Kläger rechtsmissbräuchlich, da er aus vertragsfremden Zwecken erfolgt sei. Den Klägern ginge es lediglich um die Ersparung von Zinsen und nicht darum, sich grundsätzlich von dem Darlehensvertrag lösen zu wollen. Dies ergebe sich insbesondere auch daraus, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag vorher abgeschlossene Darlehensverträge ersetzt habe und die Kläger daher grundsätzlich auch an einer Vertragsbeziehung interessiert seien. Jedenfalls hätten die Kläger aufgrund des Zeitablaufs ein ihnen zustehendes Widerrufsrecht verwirkt. Sie verweist auf ein Urteil des OLG Düsseldorf vom 17.04.2015 (Az.: 17 U 127/14).
12Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14I.
15Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
161.
17Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
18Gegenstand der Feststellungsklage ist das Bestehen eines Rechtsverhältnisses oder die Echtheit einer Urkunde. Das Bestehen eines Rechtsverhältnisses oder die Echtheit der Urkunde wird vom jeweiligen Kläger entweder behauptet (positive Feststellungsklage) oder geleugnet (negative Feststellungsklage) (vgl. MüKo ZPO/Becker – Eberhard, 4. Auflage 2013, § 256 Rn. 9). Vorliegend behaupten die Kläger das Bestehen eines Rückabwicklungsschuldverhältnisses, welches die Beklagte weiterhin leugnet. Dieses stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Ferner ist auch – selbst wenn eine Leistungsklage vorliegend möglich sein sollte – zu erwarten, dass die Beklagte nach Rechtskraft der Entscheidung trotz nicht vollstreckungsfähigem Feststellungstenor die Rückabwicklung vornimmt (vgl. insoweit Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage 2016, § 256 Rn. 8).
192.
20Der streitgegenständliche Darlehensvertrag hat sich aber nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, da die Kläger selbigen mit Schreiben vom 12.05.2015 nicht mehr wirksam widerrufen konnten. Der Widerruf erfolgte erst nach Ablauf der Widerrufsfrist. Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.
21a)
22Die Widerrufsfrist von 14 Tagen beginnt gemäß §§ 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2, 355 Abs. 3 BGB jeweils in der Ende 2010 geltenden Fassung (nachstehend nur noch „a. F.“), wenn der Verbraucher die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a. F., die weiteren Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art 247 §§ 6 – 13 EGBGB a. F. und eine Vertragsurkunde, seinen schriftlichen Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags (§§ 355 Abs. 3 S. 2, 492 Abs. 1 BGB a. F.) vom Vertragspartner erhalten hat. Die Frist beginnt nicht vor Abschluss des Vertrages.
23b)
24Die vorgenannten Voraussetzungen zum Beginn der Widerrufsfrist waren vorliegend am 16.12.2010 erfüllt.
25aa)
26Der streitgegenständliche Vertrag wurde unstreitig am 16.12.2010 abgeschlossen. Die Kläger haben auch am gleichen Tage ein Exemplar der Vertragsurkunde erhalten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das seitens der Kläger vorgelegte Exemplar der Vertragsurkunde von dem Mitarbeiter der P. unterschrieben wurde, ohne dass über der Unterschrift ein Datum aufgeführt wäre. Dies bedeutet – ausweislich der in Klammern vorhandenen Bemerkung -, dass die Unterschrift an dem in der Urkunde genannten Datum, dem 16.12.2010, erfolgte. Etwas Gegenteiliges wird auch von den Klägern nicht vorgetragen.
27bb)
28Ferner enthält der streitgegenständliche Vertrag sämtliche erforderlichen Angaben, so dass die Kläger ausreichend und ordnungsgemäß über das bestehende Widerrufsrecht belehrt wurden.
29So war insbesondere keine gesonderte Widerrufsbelehrung zu erteilen, sondern musste diese gemäß § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB i. V. m. Art 247 §§ 6 Abs. 2, 9 Abs. 1 S. 3 EGBGB grundsätzlich in den Darlehensvertrag aufgenommen werden. Die Belehrung enthält auch die Angabe des Zinsbetrages, der pro Tag zu zahlen ist, sollte der Darlehensvertrag widerrufen werden (Bl. 11 d. A.), sowie Angaben zur Frist, die vorliegend zutreffend mit 14 Tagen ab Vertragsschluss angegeben und deren Beginn an den Erhalt sämtlicher Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB geknüpft wurde, und den weiteren Umständen zur Erklärung des Widerrufs, insbesondere wie und gegenüber wem selbiger zu erklären ist.
30cc)
31Die Widerrufsbelehrung genügt auch dem in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB a. F. aufgestellten Gebot der Klarheit und Verständlichkeit. Eine deutlich hervorgehobene Form ist für die Widerrufsbelehrung ausweislich der vorbezeichneten Regelung nicht (mehr) verlangt gewesen.
32Es schadet insofern nicht, dass die Widerrufsbelehrung gemeinsam mit dem „Hinweis zur Abtretbarkeit der Darlehensforderung und zur Übertragbarkeit des Vertragsverhältnisses“ (Ziffer 12., Bl. 10 d. A.) und das „Einverständnis in die Datenübermittlung bei Abtretung der Darlehensforderung und/oder Übertragung des Kreditrisikos (im Falle von Nr. 12.1a)“ (Ziffer 13., Bl. 10 d. A.) in einem schwarzen Kasten umrahmt abgedruckt wurde. Für die Kläger als Verbraucher war aufgrund der unterschiedlichen Überschriften, welche abgesetzt und in Fettdruck aufgeführt sind, dennoch eindeutig die Widerrufsbelehrung zu erkennen und zu erlesen.
33Ein die Verständlichkeit der Widerrufsbelehrung negativ beeinflussender zu geringer Zeilenabstand ist nicht festzustellen. Auch schadet das verwendete „Ankreuzmodell“ nicht der Verständlichkeit der Widerrufserklärung. Es ist für jeden Verbraucher mit der notwendigen Klarheit festzustellen, dass nur diejenigen Passagen Geltung beanspruchen sollen, bei denen das Kreuzchen – sofern vorhanden – auch tatsächlich gesetzt wurde, und solche, bei denen das Kreuzchen – trotz Möglichkeit – nicht gesetzt wurde, keine Geltung beanspruchen sollen. Die Textpassagen, welche nur bei gesetztem Kreuzchen gelten sollen, sind zudem nochmals deutlich von den weiteren – unabhängig von einem Kreuzchen geltenden – Textpassagen abgesetzt.
34dd)
35Ergänzend wird auf die Gründe des seitens der Beklagten zur Akte gereichten Urteils des OLG Düsseldorf vom 17.04.2015, Az.: 17 U 127/14, Bezug genommen (vgl. Bl. 57 d. A.), denen sich das Gericht nach eigener Würdigung vollumfänglich anschließt. Die Beklagte hat von der Klägerin unbestritten vorgetragen, dass in dem dort zu entscheidenden Fall die vorliegend verwendete Widerrufserklärung zugrunde lag. Hierfür spricht auch, dass der in diesem Verfahren streitgegenständliche Darlehensvertrag vom 20.12.2010 datierte und damit vier Tage nach dem hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag abgeschlossen wurde. Ferner passen auch die dortigen Beschreibungen der Widerrufsbelehrung zu der hier Streitgegenständlichen.
36Sofern die Kläger auf ein Urteil des OLG München vom 21.05.2015 (Az.: 17 U 334/15) verweisen, in dem bei einer jedenfalls hinsichtlich des Fristbeginns wohl identischen Widerrufsbelehrung selbige für nicht ausreichend erachtet wurde, weil der Fristbeginn nicht eindeutig beschrieben sei, teilt das Gericht diese Auffassung nicht. Das OLG München stellt in seiner Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass hinsichtlich des Fristbeginns in der Widerrufsbelehrung aufgeführt sei, dieser erfolge erst, „nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die P. zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat“ (vgl. Bl. 10 d. A.). Die in Klammern aufgeführte Aufzählung sei nicht vollständig, was dazu führen würde, dass der Fristanlauf nicht eindeutig beschrieben sei. Nach hiesiger Auffassung ist der Verweis auf die maßgebliche Vorschrift unter beispielhafter Aufzählung von notwendigen Pflichtangaben ausreichend. Durch die Einleitung „z. B.“ ist ausreichend klargestellt, dass die dann folgenden Angaben nicht abschließend sind und unter der zitierten Vorschrift noch weitere aufgeführt sind. Sofern sich ein Verbraucher ernsthaft dafür interessiert, welche weiteren Angaben Pflichtangaben im Sinne des § 492 Abs. 2 BGB a. F. waren bzw. sind, ist bzw. war es ihm ohne große Mühe möglich, sich die maßgeblichen Gesetzestexte im Internet anzusehen. Darüber hinaus wäre es mit dem Gebot der Klarheit und Verständlichkeit nur schwer zu vereinbaren, wenn sämtliche weiteren Pflichtangaben im Rahmen der Widerrufsbelehrung aufgeführt wären, da diese den ohnehin schon notwendigerweise einigermaßen langen Text zur Widerrufsbelehrung nur noch weiter mit Informationen überfrachten würden, die im Grunde durch einen Verweis auf das Gesetz für jeden daran interessierten Verbraucher zu erlesen sind.
37c)
38Da die Widerrufsfrist am 16.12.2010 begann, endete sie mit Ablauf des 30.12.2010.
39II.
40Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den gesetzlichen Vorschriften der §§ 91, 709 S. 2 ZPO.
41Der Streitwert wird auf 68.000,00 € festgesetzt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagte auf Rückzahlung von Vorfälligkeitsentschädigung.
3Die Parteien schlossen am 20.01.2011 einen endfälligen Darlehensvertrag (Nr. …) über eine Darlehenssumme von 190.000 €. Das Darlehen war mit 4,95 % jährlich zu verzinsen. Dieser Zinssatz war bis zum 19.12.2025 gebunden. Das Darlehen war außerdem unter anderem durch die Bestellung von Grundschulden zu Gunsten der Beklagten am Objekt L-Str. …, … H, gesichert. Unter Ziff. 14 der Vertragsbedingungen mit der Überschrift „Widerrufsinformation“ fand sich zudem folgender Hinweis:
4„Widerrufsrecht
5Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angabe zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die T zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat. […]
6Widerrufsfolgen
7Der Darlehensnehmer hat innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag i.H.v. 26,13 EUR (genauer Zinsbetrag in Euro pro Tag, Cent-Beträge sind als Dezimalstellen anzugeben) zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde.
8Wenn Sie nachweisen, dass der Wert Ihres Gebrauchsvorteils niedriger war als der Vertragszins, müssen Sie nur den verminderten Betrag zahlen. Dies kann z.B. in Betracht kommen, wenn der marktübliche Zins geringer war als der Vertragszins.“
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die in der Akte befindliche Kopie (Bl. 9 ff. GA) Bezug genommen.
10Mit Schreiben vom 11.11.2014 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf ihrer auf Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen. Dies wies die Beklagte mit Schreiben vom 14.11.2014 (Anl. K2, Bl. 20 GA) zurück.
11Die Kläger beabsichtigten, die zur Sicherung des Darlehens mit einer Grundschuld belastete Immobilie L-Str. … in H lastenfrei zu übereignen. Im Zusammenhang damit erteilte die Beklagte in einem Schreiben vom 13.01.2015 (Anl. K5, Bl. 28 ff. GA) an den Notar Q aus N die erforderliche Löschungsbewilligung, allerdings unter der Bedingung, die offene Darlehensvaluta zuzüglich einer Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 52.190,67 € zu überweisen. Die Vorfälligkeitsentschädigung wurde gezahlt, um die Immobilie lastenfrei übereignen zu können.
12Mit Schreiben vom 21.01.2015 (Anl. K4, Bl. 25 GA) wies die Beklagte den Widerruf abermals zurück.
13Die Kläger sind der Ansicht, dass die Vorfälligkeitsentschädigung rechtsgrundlos erbracht worden sei. In diesem Zusammenhang meinen sie, dass die in dem Darlehensvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei. Hinsichtlich der Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist sei für den Verbraucher nicht hinreichend aus der Belehrung selbst erkennbar und bestimmbar, wann die Frist tatsächlich zu laufen beginne. Der bloß allgemeine Hinweis auf den für den Fristbeginn notwendigen Erhalt der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB reiche insoweit nicht aus, weil nicht ausgeführt werde, um welche konkreten Pflichtangaben es sich hierbei im Einzelnen handele. Den diesbezüglichen Gesetzestext zu lesen, könne von einem rechtsunkundigen Laien nicht erwartet werden.
14Zudem sei die Belehrung nicht hinreichend deutlich gestaltet, weil sie sich vom übrigen Schriftbild des Vertrages – insbesondere im Hinblick auf Schriftgröße, Schriftart und Ausgestaltung der Überschriften – gestalterisch nicht unterscheide. Eine bloß drucktechnische Heraushebung der Überschrift genüge dem Deutlichkeitsgebot nicht.
15Außerdem werde über die Widerrufsfolgen insofern falsch belehrt, als lediglich auf die Pflicht des Darlehensnehmers zur Erstattung von Zahlungen binnen 30 Tagen hingewiesen werde, nicht aber darauf, dass auch die Bank einer Rückzahlungsfrist unterworfen sei.
16Die Beklagte könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn die streitgegenständliche Belehrung weiche von der Musterbelehrung gemäß Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB ab. So finde sich zu den notwendigen Pflichtangaben eine Abweichung im Klammerzusatz.
17Überdies sind die Kläger der Ansicht, ihnen stehe ein vertragliches Widerrufsrecht zu, welches daraus resultiere, dass die Beklagte den Beginn der Widerrufsfrist von der Benennung der Aufsichtsbehörde gegenüber den Klägern abhängig gemacht habe, obwohl keine gesetzliche Informationspflicht zur Benennung der Aufsichtsbehörde bestehe.
18Die Kläger haben ursprünglich beantragt,
19die Beklagte zu verurteilen, an sie – die Kläger – 52.190,67 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.02.2015 zu zahlen.
20Sie beantragen nunmehr,
21- 22
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie – die Kläger – 55.224,09 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.02.2015 zu zahlen,
- 23
2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an sie – die Kläger – außergerichtliche, nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.400,72 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Die Beklagte meint, dass sich der Rechtsgrund für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung aus § 490 Abs. 2 S. 3 BGB ergebe. Ein Rückabwicklungsschuldverhältnis bestehe ebenfalls nicht. Zudem hätten die Kläger die Vorfälligkeitsentschädigung in Kenntnis der – ihrer Ansicht nach bestehenden – Nichtschuld geleistet, so dass eine Rückforderung ausgeschlossen sei.
27Die Information über das Widerrufsrecht sei ordnungsgemäß gewesen, weil sie inhaltlich den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB genüge. Bezüglich des Beginns der Widerrufsfrist könne die Information schon deshalb nicht falsch sein, weil sie den betreffenden Gesetzeswortlaut (§ 495 Abs. 2 Nr. 2 a) BGB) aufnehme.
28Zudem entspreche die streitgegenständliche Widerrufsinformation wörtlich dem Muster gemäß Anlage 6 zu Art. 247 § 6 EGBGB, so dass sie – die Beklagte – sich insoweit auf die Gesetzlichkeitsfiktion gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen könne. Soweit sich Abweichungen im Klammerzusatz befänden, seien diese unerheblich, weil die von ihr – der Beklagten – verwendeten Informationen im Klammerzusatz ebenfalls dem Katalog des § 492 Abs. 2 BGB entstammten. Etwaige Abweichungen in Format und Schriftgröße von dem Muster in Anlage 6 seien überdies zulässig und insoweit ebenfalls unerheblich. Das Deutlichkeitsgebot gelte außerdem nicht mehr, da sie – die Beklagte – lediglich zur Erteilung einer Widerrufsinformation verpflichtet gewesen sei, nicht zur Erteilung einer Widerrufsbelehrung. Die Information als solche müsse lediglich inhaltlich klar und verständlich sein, nicht mehr hingegen äußerlich deutlich gestaltet.
29Ferner ist die Beklagte der Ansicht, dass die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich sei, weil es nicht um Beseitigung der Folgen einer „Überrumpelungssituation“ gehe, sondern lediglich um die Rückerlangung des – unstreitig – vorbehaltslos geleisteten Vorfälligkeitsentgeltes.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des jeweiligen Parteivorbringens wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe:
32A. Zulässigkeit
33Die Klage ist zulässig.
34Insbesondere besteht die örtliche Zuständigkeit gemäß §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO, da die Beklagte ihren Sitz in H und damit im Bezirk des LG Essen hat.
35B. Begründetheit
36Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Kläger haben unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Zahlung von 55.224,09 €.
37- I.38
Anspruch auf Zahlung von 55.224,09 € aus §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 S. 1, 357 Abs. 1 S. 1, 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB
Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 S. 1, 357 Abs. 1 S. 1, 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB [§ 495 i.d.F. vom 30.07.2010 bis 12.06.2014, § 355 BGB i.d.F. vom 11.06.2010 bis 12.06.2014, § 357 BGB i.d.F. vom 11.06.2010 bis 03.08.2011]. Denn die Kläger haben ihren Widerruf nicht fristgemäß erklärt. Zwar stand den Klägern grundsätzlich ein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. zu, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag um ein Verbraucherdarlehen i.S.d. § 491 Abs. 1 BGB i.d.F. vom 11.06.2010 bis 12.06.2014 handelte. Der Widerruf ist allerdings unwirksam, weil er nicht innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB (in der hier maßgeblichen Fassung vom 29.07.2009, gültig vom 11.06.2010 bis 12.06.2014) erklärt wurde.
40 42Nach Art. 229 § 5 S. 2, § 9 Abs. 1, § 22, § 32 Abs. 1 EGBGB ist § 495 BGB in der Fassung vom 30.07.2010 bis 12.06.2014 anzuwenden, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt, welches nach dem 01.11.2002 und dem 11.06.2010, aber vor dem 13.06.2014 entstanden ist. Nach § 495 Abs. 1 BGB in der Fassung vom 30.07.2010 bis 12.06.2014 steht dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB [in der Fassung vom 11.06.2010 bis 12.06.2014] zu. Bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag handelte es sich um ein Verbraucherdarlehen i.S.d. § 491 Abs. 1 BGB a.F.:
43Die Darlehensvergabe erfolgte jeweils entgeltlich i.S.d. § 491 Abs. 1 BGB a.F.. Die Beklagte verpflichtete sich im Rahmen des Darlehensvertrages dazu, den Klägern als Darlehensnehmern einen bestimmten Nettokreditbetrag zur Verfügung zu stellen und die Kläger verpflichteten sich im Gegenzug, einen vereinbarten Zinssatz zu zahlen und den Darlehensbetrag der Beklagten zurückzuerstatten, § 488 Abs. 1 BGB.
44Die Beklagte als Darlehensgeberin hat im Rahmen der Darlehensgewährung als Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB gehandelt. Die Vergabe des Darlehens an die Kläger erfolgte als Teil ihrer gewerblichen Tätigkeit. Die T sind Anstalten des öffentlichen Rechts im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge und haben die Aufgabe, in ihrem Geschäftsbereich die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen.
45Die Kläger – als Darlehensnehmer – haben das streitgegenständliche Darlehen hierbei als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB in Anspruch genommen. Gem. § 13 BGB ist jede natürliche Person Verbraucher, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen Tätigkeit noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Schon aus der Überschrift des Darlehensvertrages ergibt sich, dass dieses privaten Zwecken dienen sollte. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kläger das Darlehen im Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit aufgenommen hätten.
46- 2.47
Fristgerechte Ausübung
Der Widerruf ist allerdings unwirksam, weil er nicht innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB [in der hier maßgeblichen Fassung vom 29.07.2009, gültig vom 11.06.2010 bis 12.06.2014] erklärt wurde.
49Nach § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist in dem Zeitpunkt, zu welchem dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Bei dem hier vorliegenden Verbraucherdarlehensvertrag ist jedoch zu berücksichtigen, dass gem. § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB in der hier maßgeblichen Fassung vom 24.07.2010, gültig vom 30.07.2010 bis 12.06.2014, an die Stelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB treten. Außerdem bestimmt § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) BGB a.F., dass die Widerrufsfrist nicht beginnt, bevor der Darlehensnehmer die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhält und bevor der Vertrag geschlossen worden ist. Ferner ist für den Fristbeginn gemäß § 355 Abs. 3 S. 2 erforderlich, dass dem Verbraucher eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder ein Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird.
50Da den Klägern vorliegend sowohl die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB (dazu unter c)) als auch die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a.F. (dazu unter d)) mitgeteilt wurden sowie auch der Vertrag geschlossen (dazu unter a)) und ein Exemplar desselben ausgehändigt (dazu unter b)) wurde, stand den Klägern kein unbefristetes Widerrufsrecht zu. Stattdessen wurde die 14-tägige Widerrufsfrist gem. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. i.V.m. § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 lit b) BGB a.F. bereits nach dem Tage des Vertragsschlusses, dem 20.01.2011, in Gang gesetzt und war spätestens mit Ablauf des 03.02.2011 verstrichen. Im Einzelnen:
51a) Vertragsschluss
52Aus dem von den Klägern in Kopie vorgelegten Exemplar des Vertrages ergibt sich, dass der Vertrag zeitgleich mit Erteilung der Widerrufsinformation geschlossen wurde.
53b) Aushändigung eines Vertragsexemplars
54Daraus, dass die Kläger ihr Vertragsexemplar in Kopie vorgelegt haben, folgt außerdem, dass ihnen zumindest eine Abschrift der Vertragsurkunde übergeben worden ist.
55c) Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB
56Die in dem Darlehensvertrag enthaltenen Widerrufsinformationen enthalten die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB. Gemäß § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. ersetzen die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB die eigentlich nach § 355 BGB vorgeschriebene Widerrufsbelehrung. Aufgrund der Vorschrift des § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ist eine gesonderte Widerrufsbelehrung nach Maßgabe des § 360 BGB nicht erforderlich, stattdessen genügt es, wenn die erforderlichen Pflichtangaben in den Darlehensvertrag aufgenommen werden (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB, 6. Aufl. 2012, § 495 Rn. 7). Dies ist vorliegend der Fall.
57In Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F. heißt es:
58„Besteht ein Widerrufsrecht nach § 495 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, müssen im Vertrag Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist anzugeben. Enthält der Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 6 entspricht, genügt diese den Anforderungen der Sätze 1 und 2. Der Darlehensgeber darf unter Beachtung von Satz 3 in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen.“
59aa) keine Gesetzlichkeitsfiktion
60Zwar kann sich die Beklagte nicht auf das Eingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen, da die von ihr unter Ziffer 14 des Darlehensvertrages verwandte Klausel nicht vollständig dem Muster der Anlage 6 entspricht. Im Muster der Anlage 6 heißt es:
61„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat“
62Die Beklagte weicht hiervon in ihrer Vertragsklausel (Bl. 14 GA) ab, indem sie formuliert:
63„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die T zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.“
64Nach Auffassung der Kammer muss die vom BGH entwickelte Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Eingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 14 BGB-InfoV auf den vorliegenden Fall und die Nachfolgenorm des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB übertragen werden. Im Zusammenhang mit der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 14 BGB-InfoV vertritt der BGH die Auffassung, dass der Wortlaut der Belehrung in jeder Hinsichtvollständig der Musterbelehrung entsprechen muss. Sobald der Verwender den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht, kann er sich schon deshalb nicht mehr auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-Info-V berufen. Dies gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (vgl. BGH, Urt. v. 28.06.2011 – XI ZR 349/10, NJW-RR 2012, 183, 185; OLG Hamm, Urt. v. 19.11.2012 – 31 U 97/12, Rn. 77 ff. bei juris). Da es sich bei Art. 14 BGB-InfoV um die Vorgängerregelung des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB handelt, sind an das vollständige „Entsprechen“ die gleichen Anforderungen zu stellen, was dazu führt, dass sich die Beklagte aufgrund der von ihr vorgenommenen inhaltlichen Änderung nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen kann.
65bb) hinreichende Angaben i.S.d. Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1, S. 2 EGBGB
66Das Nichteingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion ist allerdings unschädlich, da die in Ziffer 14 des Darlehensvertrages enthaltene Klausel als solche den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und S. 2 EGBGB genügt. Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und S. 2 EGBGB muss der Vertrag folgende Angaben enthalten:
67- Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs
68- Hinweis auf Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten
69- Angabe des pro Tag zu zahlenden Zinsbetrages
70Diese Pflichtangaben sind in Ziffer 14 des Darlehensvertrages enthalten. Im Einzelnen:
71(1) Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs
72Die erforderlichen Pflichtangaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs werden in Ziffer 14 des Darlehensvertrages mitgeteilt. Dort heißt es:
73„Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die T zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.“
74Soweit die Beklagte durch ihre Aufzählung in dem Klammerzusatz – wie bereits dargestellt – von dem Muster der Anlage 6 abweicht, ist dies unschädlich, da es sich insoweit ebenfalls um Angaben handelt, die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB a.F. bzw. § 492 Abs. 2 BGB a.F. vorgesehen sind. Die Angabe des effektiven Jahreszinses ist in Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB vorgesehen und in Ziff. 2.3 des Darlehensvertrages erfolgt. Die Angabe des bei Kündigung einzuhaltenden Verfahrens ist in Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB normiert und in Ziff. 9 des Darlehensvertrages erfolgt. Die Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde ergibt aus Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB. In diesem Zusammenhang können die Kläger nicht damit gehört werden, dass der Hinweis auf die Benennung der Aufsichtsbehörde verwirrend sei, weil insoweit keine Aufklärungspflicht bestehe. Denn aus der Formulierung des Klammer-Zusatzes – insbesondere aus der Einleitung mit der Formulierung „z.B.“ – ergibt sich auch für jeden juristischen Laien eindeutig, dass es sich bei der in dem Klammer-Zusatz enthaltenen Aufzählung um eine lediglich beispielhafte Nennung solcher Angaben handelt, auf die § 492 Abs. 2 BGB verweist. Hieraus und aus dem Umstand, dass § 492 Abs. 2 BGB nicht nur auf einen einzelnen Paragraphen des Artikels 247 EGBGB verweist, sondern auf mehrere, ergibt sich zweifelsfrei, dass der Verbraucher selbst überprüfen muss, welche Vorschriften – und damit auch welche Pflichtangaben – für seinen individuellen Fall einschlägig sind. Insoweit ist klar, dass auch die beispielhafte Aufzählung in dem Klammer-Zusatz nicht zwingend einschlägig für seinen konkreten Darlehensvertrag ist. Dass die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts bzw. die allgemeine Mitteilung der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangaben weder unrichtig noch irreführend sein kann, bedarf aus Sicht der Kammer keiner weiteren Erörterung.
75Vor diesem Hintergrund können die Kläger auch nicht damit gehört werden, dass ihnen eine Lektüre des Gesetzes unzumutbar sei und dass es nicht ausreiche, für den Fristbeginn pauschal auf den Erhalt der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB abzustellen. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger ist es nicht erforderlich, die jeweils einschlägigen Pflichtangaben im Einzelnen konkret zu benennen, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, auch ohne Lektüre des Gesetzes zu entscheiden, ob der Fristlauf begonnen hat oder nicht. Zwar gilt grundsätzlich für sämtliche Pflichtangaben gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, dass diese klar und verständlich sein müssen. Dies bedeutet, dass die Angaben aus sich heraus auch für den Darlehensnehmer verständlich sein sollen; insoweit bestehen keine substantiellen Unterschiede zu den Begrifflichkeiten in § 360 Abs. 1 BGB zur Widerrufsbelehrung, nach der dem Verbraucher seine wesentlichen Rechte deutlich zu machen sind (vgl. Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 7. Auflage, § 495 Rn. 89 l und Rn. 89 q). Allerdings kann ein Verweis auf das Gesetz – wie hier – nie irreführend sein, weil von jedem Bürger das Verständnis des Gesetzes und dessen Beachtung wie selbstverständlich erwartet wird. Der allgemein gültige Grundsatz, dass ein Bürger das Recht zu kennen und notfalls fachkundige Beratung in Anspruch zu nehmen hat, gilt auch hier. Dieser Wertung hat sich für Fälle der streitgegenständlichen Art auch der Gesetzgeber angeschlossen. Dies zeigt sich darin, dass auch die Muster-Widerrufsinformation gemäß Anl. 6 zu Art. 247 § 6 EGBGB lediglich einen pauschalen Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB mit einer anschließenden beispielhaften Aufzählung in Klammern beinhaltet, ohne jedoch die konkret einschlägigen Pflichtangaben im Einzelnen näher oder gar abschließend aufzuzählen. Auch den Gestaltungshinweisen zur Muster-Widerrufsinformation lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass eine Aufzählung der für den jeweils konkreten Fall einschlägigen Pflichtangaben für erforderlich erachtet würde. Nicht zuletzt würde eine solche Aufzählung der konkret erforderlichen Pflichtangaben den Inhalt der Widerrufsinformation unnötig aufblähen, was wiederum dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut gemäß §§ 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b), 492 Abs. 2 BGB a.F. widerspräche. Denn nach diesen Regeln reicht es aus, dass die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB im Vertrag enthalten sind; es ist gerade nicht vorgesehen, dass diese Angaben in der Widerrufsinformation enthalten sein müssen.
76(2) Hinweis auf Pflicht das Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten
77In Ziffer 14 des Vertrages wird außerdem darauf hingewiesen, dass ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen ist und Zinsen zu vergüten sind. Unter Ziffer 14 des Darlehensvertrages heißt es:
78„Der Darlehensnehmer hat innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten.“
79Die Kläger können in diesem Zusammenhang nicht damit gehört werden, dass die Widerrufsinformation fehlerhaft sei, weil nicht darauf hingewiesen werde, dass auch die Bank einer Rückzahlungspflicht und -frist unterliege. Denn gemäß der gesetzlichen Regelung in Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 EGBGB ist lediglich darauf hinzuweisen, dass der Darlehensnehmer verpflichtet ist, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Diese Regelung zeigt, dass dem Gesetzgeber die Problematik von Rückgewähr-Verpflichtungen durchaus bewusst war. Wenn er einen diesbezüglichen Hinweis aber nur für die Verpflichtungen des Verbrauchers verlangt, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass er die Belehrung über etwaige Rückgewährverpflichtungen der Bank nicht für erforderlich hielt und insofern bewusst hierauf verzichtet hat. Nicht zuletzt zeigt auch ein Vergleich mit §§ 312, 312 c BGB a. F. [§ 312 BGB i.d.F. vom 01.01.2002 bis 10.06.2010, § 312 c BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010], dass dort explizit ein Belehrungserfordernis hinsichtlich der Rechtsfolgen in den konkret geregelten Fällen eines Haustürgeschäfts bzw. eines Fernabsatzgeschäfts vorgesehen war, welches für Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB nach dem Gesetzeswortlaut aber gerade nicht geregelt ist. Dass dem Gesetzgeber das ggf. bestehende Bedürfnis nach einer Belehrung über die Rechtsfolgen grundsätzlich bewusst war, zeigt sich damit auch hier in dem Umstand, dass er eine entsprechende Belehrungspflicht in §§ 312 Abs. 2, 312 Buchst. c Abs. 1 BGB (a.F.) aufgenommen hat, während er eine vergleichbare Regelung in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB nicht getroffen, sondern vielmehr nur einzelne Rechtsfolgen für das Belehrungserfordernis herausgegriffen hat. Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber bewusst von der Festschreibung einer Belehrungspflicht bzgl. aller Rechtsfolgen in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB abgesehen hat.
80(3) Angabe des pro Tag zu zahlenden Zinsbetrages
81Im Darlehensvertrag wird auch der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag konkret angegeben. Unter dem Abschnitt „Widerrufsfolgen“ heißt es:
82„Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 26,13 EUR […] zu zahlen.“
83cc)
84Der Einwand der Kläger, die Widerrufsbelehrung sei nicht hinreichend drucktechnisch hervorgehoben, verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Wie bereits dargestellt, ist es aufgrund der Sonderregelung in § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. nicht erforderlich, dass dem Verbraucher eine gesonderte Widerrufsbelehrung nach § 360 BGB a.F. erteilt wird. Stattdessen reicht es aus, wenn die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht in den Darlehensvertrag aufgenommen werden (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB, 6. Aufl. 2012, § 495 Rn. 7). Dies ist vorliegend der Fall, da die Beklagte die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht vollumfänglich unter Ziffer 14 des Darlehensvertrages mitgeteilt hat. Die Informationen zum Widerrufsrecht sind deutlich gestaltet und durch einen Fettdruck der Begriffe „Widerrufsinformation“, „Widerrufsrecht“ und „Widerrufsfolgen“ drucktechnisch hervorgehoben.
85Soweit es in Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB heißt, dass das Muster der Anlage 6 in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form zu verwenden ist, handelt es sich im Übrigen um eine bloße Voraussetzung für das Eingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB und damit gerade nicht um eine allgemein gültige Wirksamkeitsvoraussetzung. Da sich die Beklagte – wie bereits aufgezeigt – aufgrund der von ihr am Muster der Anlage 6 vorgenommenen inhaltlichen Änderungen von vornherein nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen kann, ist die von ihr erteilte Widerrufsbelehrung allein an den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und S. 2 EGBGB zu messen, der jedoch keine besondere Hervorhebung oder grafische Gestaltung der Widerrufsinformationen verlangt. Darüber hinaus gibt Art. 247 § 2 Abs. 2 S. 3 EGBGB einem Darlehensgeber, der sich zur Erfüllung seiner Informationspflichten – wie hier – keines Musters bedient, ausdrücklich auf, dass die erforderlichen Pflichtangaben – also auch die zum Widerrufsrecht – gleichartig zu gestalten und hervorzuheben sind. Diesen Anforderungen ist die Klägerin gerecht geworden, da sie die erforderlichen Angaben – einschließlich der Pflichtangaben zum Widerrufsrecht – durch Verwendung eines einheitlichen Schriftbildes und einer einheitlichen Schriftgröße nicht nur gleichartig gestaltet, sondern durch entsprechende Nummerierungen, Fettdrucke und Absätze auch klar strukturiert und hervorgehoben hat.
86d) Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a.F.
87Darüber hinaus enthält der Darlehensvertrag alle nach § 492 Abs. 2 BGB a.F. erforderlichen Pflichtangaben. Nach § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) a.F. BGB wird die Widerrufsfrist nur in Gang gesetzt, wenn der Darlehensnehmer zusätzlich die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a.F. erhalten hat. In § 492 Abs. 2 BGB a.F. heißt es:
88„Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.“
89Vorliegend handelt es sich um einen Immobiliardarlehensvertrag i.S.d. § 503 Abs. 1 BGB. Dementsprechend bemisst sich der Umfang der Aufklärungspflichten allein nach der Vorschrift des Art. 247 § 9 EGBGB (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB, 6. Aufl. 2012, § 503 Rn. 13). Im Einzelnen:
90aa)
91Nach der Legaldefinition in § 503 Abs. 1 S. 1 BGB liegt ein Immobiliardarlehensvertrag vor, wenn die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wurde und zu Bedingungen erfolgte, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge und deren Zwischenfinanzierung üblich sind. Eine Abhängigkeit der Gewährung des Darlehens von der Bestellung eines Grundpfandrechts ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn das Grundpfandrecht die einzige Sicherheit ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl. 2015, § 503 Rn. 2). Vorliegend ist die Gewährung des Darlehens von der Bestellung eines Grundpfandrechts abhängig gemacht worden. Denn gemäß Ziff. 4 des Darlehensvertrages konnte das Darlehen erst in Anspruch genommen werden, wenn eine Grundschuld über 190.000 € am Objekt L-Str. …, … H, eingeräumt wurde. Zwar handelt es sich bei der Einräumung der Grundschuld nicht um die einzige von der Beklagten begehrte Sicherheit. Die Bestellung weiterer Sicherheiten neben einer Grundschuld steht aber der Abhängigkeit des Darlehens vom Grundpfandrecht nicht entgegen (Palandt/Weidenkaff, a.a.O.). Zudem wurde das Darlehen zu Bedingungen gewährt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge üblich sind. Übliche Bedingungen sind die marktüblichen, bei denen die Verzinsung deutlich unter der für Personaldarlehen liegt (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O.). Dies ist bei dem hier vereinbarten effektiven Jahreszins von 5,11 % zu bejahen, da der Effektivzinssatz gemäß MFI-Zinsstatistik im Neugeschäft für Konsumentenkredite an private Haushalte mit einer Zinsbindung von mehr als 5 Jahren im Januar 2011 bei 7,81 % lag.
92bb)
93Bei Immobiliardarlehen sind die Mitteilungspflichten nach Art. 247 § 9 EGBGB erheblich reduziert, weil lediglich die Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 sowie nach § 3 Abs. 4 und nach § 8 EGBGB zwingend sind (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB, 6. Aufl. 2012, § 503 Rn. 13). In Art. 247 § 9 EGBGB heißt es:
94„Bei Verträgen gemäß § 503 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind in der vorvertraglichen Information und im Verbraucherdarlehensvertrag abweichend von den §§ 3 bis 8, 12 und 13 die Angaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 sowie nach § 3 Abs. 4 und nach § 8 zwingend. Die vorvertragliche Information muss auch einen deutlich gestalteten Hinweis darauf enthalten, dass der Darlehensgeber Forderungen aus dem Darlehensvertrag ohne Zustimmung des Darlehensnehmers abtreten und das Vertragsverhältnis auf einen Dritten übertragen darf, soweit nicht die Abtretung im Vertrag ausgeschlossen wird oder der Darlehensnehmer der Übertragung zustimmen muss. Der Vertrag muss ferner die Angaben zum Widerrufsrecht nach § 6 Abs. 2 enthalten.“
95Die Beklagte hat die ihr nach Art. 247 § 9 EGBGB obliegenden Mitteilungspflichten erfüllt. Im Einzelnen:
96(1) Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 EGBGB
97In Art. 247 § 3 Abs. 1 EGBGB heißt es u.a.:
98„Die Unterrichtung vor Vertragsschluss muss folgende Informationen enthalten:
991. den Namen und die Anschrift des Darlehensgebers
1002. die Art des Darlehens
1013. den effektiven Jahreszins
1024. den Nettodarlehensbetrag
1035. den Sollzinssatz
1046. die Vertragslaufzeit
1057. Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen
106[…]
10710. alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sowie die Bedingungen, unter denen die Kosten angepasst werden können,
108[…]
10913. das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts“
110Die nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 EGBGB erforderliche Angaben sind im Darlehensvertrag enthalten. Im Einzelnen:
111(a) Name/Anschrift des Darlehensgebers (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB)
112Der Name und die Anschrift der Klägerin werden auf Seite 1 des Darlehensvertrages (Bl. 9 GA) mitgeteilt:
113T1
114T2-Str. …
115… H
116(b) Art des Darlehens (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB)
117Unter Ziff. 1 des Darlehens wird angegeben, dass es sich um ein Zinszahlungsdarlehen (Endfälliges oder Festdarlehen) mit Abtretung von Lebensversicherung oder Bausparvertrag handelt.
118(c) effektiver Jahreszins (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB)
119Der effektive Jahreszins wird unter Ziff. 2.3 des Vertrages mit 5,11 % angegeben.
120(d) Nettodarlehensbetrag (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB)
121Der Nettodarlehensbetrag wird ebenfalls angegeben. Unter Ziff. 2.2 des Darlehensvertrages heißt es, dass der Nettodarlehensbetrag 190.000,00 € beträgt.
122(e) Sollzinssatz (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB)
123Der Sollzinssatz wird unter Ziffer 2.1 des Vertrages mit 4,950 % angegeben.
124(f) Vertragslaufzeit (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB)
125Unter Ziff. 2.7 des Vertrages wird angegeben, dass das Darlehen bis zum 30.01.2026 befristet ist.
126(g) Betrag, Zahl, Fälligkeit der Teilzahlungen (§ 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB)
127Die erforderlichen Angaben zu Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen finden sich unter Ziff. 2.7 des Vertrages. Überdies wird in Ziff. 3 darauf hingewiesen, dass für die Dauer der pünktlichen Leistung von monatlichen Ansparraten auf den Bausparvertrag von der Leistung von Tilgungsraten auf den Darlehensvertrag abgesehen werde. Andernfalls sei eine jährliche Tilgung von 2 % vom Ursprungskapital zuzüglich der durch Rückzahlung ersparten Zinsen zu entrichten.
128(h) alle sonstigen Kosten (§ 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB)
129Ein Hinweis auf alle sonstigen Kosten ist unter Ziff. 2.4 des Vertrages enthalten.
130(i) Bestehen/Nichtbestehen eines Widerrufsrechts (§ 3 Abs. 1 Nr. 13 EGBGB)
131Auf das Bestehen des Widerrufsrechts hat die Beklagte ausführlich unter Ziffer 14 des Darlehensvertrages hingewiesen (siehe oben).
132(2) Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB
133Die Beklagte ist zudem ihrer Mitteilungspflicht aus Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB nachgekommen. In Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB heißt es:
134„Die Angabe zum Sollzinssatz muss die Bedingungen und den Zeitraum für seine Anwendung sowie die Art und Weise seiner Anpassung enthalten. Ist der Sollzinssatz von einem Index oder Referenzzinssatz abhängig, sind diese anzugeben. Sieht der Verbraucherdarlehensvertrag mehrere Sollzinssätze vor, sind die Angaben für alle Sollzinssätze zu erteilen. Sind im Fall des Satzes 3 Teilzahlungen vorgesehen, ist anzugeben, in welcher Reihenfolge die ausstehenden Forderungen des Darlehensgebers, für die unterschiedliche Sollzinssätze gelten, durch die Teilzahlungen getilgt werden.“
135Diese Angaben sind in Ziff. 2.1 des Darlehensvertrages enthalten. Dort wird mitgeteilt, dass der Sollzinssatz bis zum 19.12.2025 gebunden ist und der veränderliche Zinssatz bei Vertragsschluss 4,45 % betrug. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass sich nach Ablauf der Zinsbindungsfrist die Anpassung des Sollzinssatzes nach der Veränderung des 3-Monats-Euribor als Referenzzinssatz richtet, wobei die genaue Methode der Anpassung noch weiter beschrieben wird.
136(3) Angaben nach Art. 247 § 8 EGBGB
137Die Angaben nach Art. 247 § 8 EGBGB sind ebenfalls erfolgt.
138In Art. 247 § 8 EGBGB heißt es:
139„(1) Verlangt der Darlehensgeber zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags, dass der Darlehensnehmer zusätzliche Leistungen des Darlehensgebers annimmt oder einen weiteren Vertrag abschließt, insbesondere einen Versicherungsvertrag oder Kontoführungsvertrag, hat der Darlehensgeber dies zusammen mit der vorvertraglichen Information anzugeben. In der vorvertraglichen Information und im Vertrag sind Kontoführungsgebühren sowie die Bedingungen, unter denen sie angepasst werden können, anzugeben.
140(2) Dienen die vom Darlehensnehmer geleisteten Zahlungen nicht der unmittelbaren Darlehenstilgung, sind die Zeiträume und Bedingungen für die Zahlung der Sollzinsen und der damit verbundenen wiederkehrenden und nicht wiederkehrenden Kosten im Verbraucherdarlehensvertrag aufzustellen. Verpflichtet sich der Darlehensnehmer mit dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags auch zur Vermögensbildung, muss aus der vorvertraglichen Information und aus dem Verbraucherdarlehensvertrag klar und verständlich hervorgehen, dass weder die während der Vertragslaufzeit fälligen Zahlungsverpflichtungen noch die Ansprüche, die der Darlehensnehmer aus der Vermögensbildung erwirbt, die Tilgung des Darlehens gewährleisten, es sei denn, dies wird vertraglich vereinbart“
141Dass die Beklagte von den Klägern den Abschluss eines Bausparvertrages als Voraussetzung für den Darlehensvertrag verlangt hat, ergibt sich aus Ziff. 1 des Darlehensvertrages. In diesem Zusammenhang anfallende Kosten sind unter Ziff. 2.4 des Darlehensvertrages aufgeführt (dazu sogleich).
142Soweit die von den Klägern geleisteten Zahlungen dem Ansparen des Bausparvertrages dienten, sind die Voraussetzungen des Art. 247 § 8 Abs. 2 EGBGB erfüllt. Denn unter Ziff. 3 des streitgegenständlichen Vertrages ist aufgeführt, dass in dem Fall, dass die Anspar-Raten auf den Bausparvertrag pünktlich geleistet würden, von einer Tilgung des Darlehensvertrages abgesehen werde. Andernfalls sei eine Tilgung von 2 % jährlich vom ursprünglichen Kapital zuzüglich der durch die Rückzahlung ersparten Zinsen zu entrichten. Zudem sind die hiermit verbundenen wiederkehrenden und nicht wiederkehrenden Kosten im streitgegenständlichen Verbraucherdarlehensvertrag unter Ziff. 2.4 aufgeführt. Dort wird erläutert, dass die Abschluss-/Erhöhungskosten des Bausparvertrages einmalig 760,00 € betragen und dass die übrigen Abschlusskosten bei Inanspruchnahme des Bauspardarlehens berücksichtigt würden. Auch ist aufgeführt, dass die Ansparleistung 5.160,00 € jährlich und die Servicegebühr der Bausparkasse 18 € jährlich betrage. Zudem wird unter Ziff. 1 des Darlehensvertrages darauf hingewiesen, dass die Beklagte nicht garantieren könne, dass die bei der Versicherung/Bausparkasse gebildeten Werte zur Tilgung des Darlehens ausreichten. Hieraus und aus dem ebenfalls in Ziff. 1 des Vertrages enthaltenen Hinweis, dass der Darlehensbetrag am Ende der Vertragslaufzeit zur vollständigen Tilgung in einer Summe ansteht, wird in verständlicher Weise hinreichend für den Darlehensnehmer deutlich, dass er das Risiko einer Unterdeckung trägt, wie es der Schutzzweck von Art. 247 § 8 Abs. 2 EGBGB erfordert (vgl. MüKo/Schürnbrand, 6. Aufl., § 491a Rn. 46).
143(4) Hinweis auf mögliche Abtretung/Übertragbarkeit
144Die Beklagte hat außerdem ihre Informationspflicht aus Art. 247 § 9 S. 2 EGBGB erfüllt, indem sie unter Ziff. 12 des Darlehensvertrages deutlich gestaltete und umfangreiche Angaben zur Abtretbarkeit der Darlehensforderung und zur Übertragbarkeit des Vertragsverhältnisses gemacht hat.
145(5) Hinweis auf das Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB
146Die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB sind enthalten und wurden bereits im Zusammenhang mit den nach §§ 355 Abs. 3 S. 1, 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. erforderlichen Pflichtangaben erörtert. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die obigen Ausführungen (unter I. 2 c)) Bezug genommen.
147- 3.148
Vertraglich vereinbartes Widerrufsrecht
Die Kläger können auch nicht damit gehört werden, dass ihnen ein vertraglich vereinbartes Widerrufsrecht zustünde, weil die Beklagte den Beginn der Widerrufsfrist von der Mitteilung der Aufsichtsbehörde gegenüber den Klägern abhängig gemacht habe, obwohl eine solche Benennung der Aufsichtsbehörde keine gesetzliche Informationspflicht darstelle. Wie bereits ausgeführt, ist die Benennung der Aufsichtsbehörde grundsätzlich gesetzlich vorgeschrieben, wenngleich im vorliegenden Fall wegen der Ausnahmeregelungen in Art. 247 § 9 EGBGB nicht einschlägig. Es war aufgrund der Formulierung der Widerrufsinformation klar, dass die Nennung der Aufsichtsbehörde nicht notwendigerweise für den konkreten Darlehensvertrag einschlägig war, sondern lediglich beispielhaft erfolgte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Hieraus auf die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechtes schließen zu wollen, ist fernliegend.
150- II.151
Anspruch auf Zahlung von Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2015 aus 55.224,09 €
Mangels Bestehens eines Anspruches auf Zahlung von 55.224,09 € entfällt auch ein entsprechender Zinsanspruch.
153- III.154
Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.400,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
Da die Kläger mit der Hauptforderung unterliegen, haben sie zudem keinen Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen gegen die Beklagte, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288, 249 ff., 291 BGB.
156C. Nebenentscheidungen
157Die Entscheidung beruht hinsichtlich der Kosten auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf € 56.228,53 festgesetzt.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrages.
- 2
Die Kläger sind Verbraucher. Die Parteien schlossen am 21.01.2011 einen Darlehensvertrag über ein Darlehen in Höhe von € 238.000,00. Das Darlehen war mit 3,8 % jährlich zu verzinsen, der Zinssatz bis zum 30.01.2021 fest vereinbart. Der effektive Jahreszins betrug 3,89 %. Das Darlehen diente dem Kauf eines Einfamilienhauses zzgl. Renovierungs- und Nebenkosten. Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsinformation beigefügt (Anl. K 1). Wegen der Einzelheiten der Widerrufsinformation wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
- 3
Mit Schreiben vom 31.03.2015 (Anl. K 2) widerriefen die Kläger ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 10.04.2015 (Anl. K 3) zurück. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 10.06.2015 (Anl. K 4) forderten die Kläger die Beklagte vergeblich zur Rückabwicklung des Darlehensvertrages auf.
- 4
Die Kläger tragen vor, dass die Feststellungsklage als negative Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO wirksam sei. Sie könnten nicht auf Leistung klagen, da die Beklagten noch Zahlungen von ihnen zu beanspruchen habe. Zudem sei davon auszugehen, dass die Beklagte als Bank bereits einen Feststellungstitel befolge.
- 5
Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspreche weder den gesetzlichen Anforderungen noch dem Muster gemäß Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 EGBGB.
- 6
Die Widerrufsinformationen seien pflichtwidrig nicht in graphisch deutlich gestalteter Form hervorgehoben. Sie enthielten entgegen der Musterbelehrung keine sich durch Fettdruck gesondert abhebbare Balkenumrandung und weder ein gegenüber dem weiteren Vertragstext deutlich größeres Schriftbild noch eine gut erkennbare farbliche Unterlegung in einem deutlichen Grauton.
- 7
Die Widerrufsinformation enthalte außerdem in Klammer andere Beispiele zu Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB als die Musterbelehrung. Die im Vertrag enthaltenen Angaben bezögen sich entgegen Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB nicht klar und verständlich auf Beginn, Dauer und Wahrung der Widerrufsfrist. Bei Verbraucherdarlehensverträgen beginne gem. § 495 Abs. 2 Nr. 2 BGB die Widerrufsfrist nicht, bevor der Darlehensnehmer die Pflichtangaben gem. § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB erhalten habe. Die in der Widerrufsbelehrung verwendeten Widerrufsinformationen würden als Beispiele für die Pflichtangaben teilweise solche nach Art. 247 § 6 EGBGB nennen, die für die vorliegenden Darlehensverträge gerade keine Pflichtangaben seien. Damit werde der Verbraucher über den Fristbeginn getäuscht. Zudem habe die Beklagte fälschlicherweise angegeben, dass auch die Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich sei, um die Widerrufsfrist beginnen zu lassen. Da es sich um einen Immobiliendarlehensvertrag handele, gelte Art. 247 § 9 EGBGB, der nicht auf Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB verweise, sondern lediglich auf Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB. Die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde gehöre bei Immobiliendarlehensverträgen nicht zu den Pflichtangaben.
- 8
Zudem würden die Widerrufsfolgen in der Widerrufsinformation nur unvollständig dargestellt. Insbesondere fehle ein Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 346 Abs. 2 Halbsatz 2 BGB.
- 9
Die Beklagte könne sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 495 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen, da die verwendeten Widerrufsinformationen dem Muster nach Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB inhaltlich nicht in jeder Hinsicht entspreche. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Kläger hinzu wird auf Seite 5 f. der Klagschrift (Bl. 7 f. d.A.) verwiesen.
- 10
Ihr Widerrufsrecht sei weder verwirkt noch dessen Ausübung rechtsmissbräuchlich. Ein Verstoß gegen § 242 BGB sei bei der Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts nicht denkbar.
- 11
Die Kläger beantragen,
- 12
1. festzustellen, dass der Darlehensvertrag zwischen der Beklagten und ihnen mit der Nr. 5.... durch den von ihnen am 31.03.2015 erklärten Widerruf beendet worden ist,
- 13
2. die Beklagte zu verurteilen, sie als Gesamtgläubiger als Nebenforderung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Sozietät P. in Höhe von € 2.302,71 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizuhalten.
- 14
Die Beklagte beantragt,
- 15
die Klage abzuweisen.
- 16
Die Beklagte trägt vor, dass der Feststellungsantrag unzulässig sei, da in diesem das festzustellende Rechtsverhältnis nicht genau bezeichnet werde. Zudem könnten die Kläger auf Leistung klagen.
- 17
Den Klägern habe kein Widerrufsrecht mehr zugestanden, da die Widerrufsfrist von zwei Wochen kurz nach dem Vertragsschluss abgelaufen sei.
- 18
Die Widerrufsinformation habe optisch dem Muster der Widerrufsinformation in der seinerzeit geltenden Fassung entsprochen und sei ausreichend hervorgehoben und als solches erkennbar gewesen. Die Widerrufsinformation sei umrandet. Die Überschriften seien in Fettdruck hervorgehoben worden. Die Anforderungen des § 360 BGB a.F. würden nicht gelten.
- 19
Die Widerrufsinformation sei nicht fehlerhaft, weil in den Klammerangaben andere Beispiele als in der Muster-Information der Anlage 6 zu Art. 247 EGBGB verwandt worden seien. Es komme nur darauf an, ob der Verbraucher die Pflichtangaben erhalten habe. In dem Darlehensvertrag selbst sowie mit Aushändigung des Europäischen standardisierten Merkblatts seien alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 249 § 9 EGBGB enthalten. Die Aufsichtsbehörde für den Darlehensgeber werde in Ziff. 28 der Allgemeinen Bedingungen für Darlehen und Kredite genannt. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, die Muster-Widerrufsinformation der Anlage 6 zu Art. 247 EGBGB zu verwenden.
- 20
Die Widerrufsinformation sei nicht wegen des Fehlens des Gestaltungshinweises 6 bei grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen fehlerhaft. Von der Angabe dieses Gestaltungshinweises als gesetzliche Verpflichtung sei in Art. 247 § 6 EGBGB nicht die Rede. Von der Verwendung des Mustertextes abzusehen, habe ihr freigestanden. Die gesetzlichen Vorgaben habe sie erfüllt. Über die Rechtsfolgen des Widerrufs habe sie die Kläger gem. § 495 Abs. 2 BGB a.F. nicht belehren müssen. Der Zusatz hätte bei dem von den Klägern erklärten Widerruf keine Folgen ausgelöst, da der marktübliche Zins nicht geringer als der Vertragszins gewesen sei.
- 21
Das Widerrufsrecht der Kläger sei verwirkt. Zudem sei die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger rechtsmissbräuchlich, weil diese mit ihrem Widerruf sachfremde Erwägungen verfolgt hätten.
- 22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
- 23
Die Beklagte hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung noch einen Schriftsatz vom 05.04.2016 eingereicht, der ihr nicht nachgelassen war.
Entscheidungsgründe
- 24
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
- 25
Die Klage ist zulässig.
1.
- 26
a) Zwar war der Klagantrag zu 1) in seiner ursprünglichen Fassung unzulässig, da dieser auf die Feststellung gerichtet war, dass die Kläger den hier in Rede stehenden Darlehensvertrag mit der Nr. 5.... wirksam widerrufen hätten. Gegenstand einer Feststellungsklage gem. § 256 ZPO kann nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses sein, nicht aber die Wirksamkeit eines ausgeübten Gestaltungsrechts (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.12.2015 – 3 U 108/15, Rn. 32, zitiert nach juris, Anl. K 10). Jedoch konnten die Kläger auf Feststellung klagen, dass der Darlehensvertrag mit der Beklagten vom 21.01.2011 durch den von ihnen erklärten Widerruf beendet ist (vgl. OLG Celle a.a.O.) oder sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat oder nicht mehr wirksam ist (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 13.11.2015 – 329 O 174/15, Anl. K 9). Die Kläger haben ihren Klagantrag zu 1) auf gerichtlichen Hinweis im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.02.2016 gemäß der vorstehend dargestellten ersten Variante umgestellt.
- 27
b) Den Klägern fehlt nicht das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO), insbesondere nicht wegen des Vorrangs der Leistungsklage (vgl. dazu Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage, § 256 Rdnr. 7a). Der Darlehensvertrag war zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs noch nicht beendet. Das Darlehen valutierte noch in erheblicher Höhe. Nach dem Vortrag der Kläger, dem die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegen getreten ist, stehen ihnen bei Wirksamkeit des Widerrufs keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagte zu, sondern im Zuge des Rückgewährschuldverhältnisses kann die Beklagte von ihnen nach Saldierung der wechselseitigen Ansprüche noch eine Zahlung von € 216.980,77 verlangen (Anl. K 6 und K 7 a.E.). Deshalb stellt die Leistungsklage für die Kläger keine weiterreichende Rechtsschutzmöglichkeit dar (so auch OLG Celle, Beschluss vom 02.12.2015 – 3 U 108/15, Rn. 34, zitiert nach juris unter Hinweis auf KG, Urteil vom 22.12.2014 – 24 U 169/13, Rn. 23, zitiert nach juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 21.07.2015 – 6 U 41/15, Rn. 28, zitiert nach juris). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass hinsichtlich der beiderseitigen Rückgewährpflichten nach Rücktrittsrecht keine Saldierung von Amts wegen vorgenommen wird, sondern die sich aus dem Rücktritt ergebenden Pflichten Zug-um-Zug zu erfüllen sind (§ 348 BGB).
2.
- 28
Der Antrag der Kläger auf Freihaltung von der Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten gegen sie wegen der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten ist ebenfalls zulässig.
- 29
Zwar hatten die Kläger die Höhe der Forderung anfangs nicht beziffert, von der sie Freistellung begehrt haben. Ein Anspruch auf Freistellung muss wie ein Zahlungsanspruch nach Grund und Höhe bestimmt sein. Kann der Gläubiger keine genauen Zahlen angeben, so ist sein Freistellungsantrag unzulässig. Stattdessen kann auf Feststellung der Freistellungspflicht geklagt werden (BGH, Beschluss vom 25.01.2011 – II ZR 171/09, Rn. 15, zitiert nach juris; Urteil vom 22.03.2010 – II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030, Rn. 33 ff., zitiert nach juris). Auf gerichtlichen Hinweis haben die Kläger den Freistellungsantrag jedoch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.02.2016 beziffert.
II.
- 30
Die Kläger haben gem. §§ 491 Abs. 1, 495 Abs. 1 und 2 BGB a.F., Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 3, Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F., §§ 355, 357 Abs. 1, 346 ff. BGB a.F. keinen Anspruch auf Feststellung gegen die Beklagte, dass der Darlehensvertrag zwischen den Parteien vom 21.01.2011 mit der Nr. 5.... durch den von ihnen am 31.03.2015 erklärten Widerruf beendet worden ist.
- 31
Der von den Klägern mit Schreiben vom 31.03.2015 (Anl. K 2) erklärte Widerruf ist gem. §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB a.F. unwirksam, da sie im Darlehensvertrag vom 21.01.2011 (Anl. K 1) ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert worden sind. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH, Urteil vom 13.01.2009 – XI ZR 118/08, Rn. 14, zitiert nach juris). Diesen Voraussetzungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung.
1.
- 32
Auf das vorliegende Verfahren sind gem. Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB die Vorschriften dieses Gesetzes (d.h. des EGBGB) und des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 13.06.2014 geltenden Fassung anzuwenden.
- 33
Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag handelte es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne von § 495 BGB in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung.
2.
- 34
Die Widerrufsfrist, die grundsätzlich zwei Wochen beträgt (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.), war zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs durch die Kläger mit Schreiben vom 31.03.2015 bereits seit langem abgelaufen.
- 35
Die Widerrufsfrist hätte nur dann gem. § 355 Abs. 4 Satz 3 BGB a.F. nicht zu laufen begonnen, wenn die Kläger nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden wären. Dies war nicht der Fall.
- 36
Gemäß § 495 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. gelten die §§ 355 bis 359a BGB mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB treten und die Widerrufsfrist auch nicht vor Vertragsschluss und bevor der Darlehensnehmer die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhält beginnt.
- 37
Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F. müssen, besteht ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB, im Vertrag Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist anzugeben.
- 38
Gemäß Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 3 EGBGB a.F. muss der Immobiliardarlehensvertrag gem. § 503 BGB die Angaben zum Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB enthalten.
- 39
Diesen Anforderungen wird die von der Beklagten im Zuge des Abschlusses des Darlehensvertrages vom 21.01.2011 verwendete Widerrufsinformation (Anl. K 1) gerecht.
- 40
a) Die Frage, ob sich die Beklagte gem. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB a.F. auf die sog. Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann (vgl. dazu MüKo-BGB/Schürnbrand, 6. Auflage [2012], § 492 Rdnr. 29), stellt sich hier nicht, weil die Beklagte auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht das Muster der Widerrufsinformation nach Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F. verwendet hat. Die Bank ist nicht verpflichtet, das Muster zu verwenden (MüKo-BGB/Schürnbrand, a.a.O.). Greift die Gesetzlichkeitsfiktion nicht ein, ist die Widerrufsinformation nicht per se fehlerhaft, vielmehr bleibt im Einzelfall zu prüfen, ob sie den materiellen Anforderungen des Gesetzes Rechnung trägt (MüKo-BGB/Schürnbrand, a.a.O., § 492 Rdnr. 30).
- 41
b) Ohne Erfolg rügen die Kläger, dass die Widerrufsinformation im Darlehensvertrag nicht hinreichend deutlich kenntlich gemacht gewesen sei.
- 42
Nach Auffassung des BGH besteht jedenfalls seit dem 11.06.2010 keine Pflicht zur Hervorhebung der in einen Verbraucherdarlehensvertrag aufzunehmenden Pflichtangaben zum Widerrufsrecht (vgl. Pressemittelung des BGH Nr. 48/2016 vom 23.02.2016 zu den Urteilen vom 23.02.2016 – XI ZR 549/14 und 101/15, zitiert nach juris). Nach dem zu diesem Zeitpunkt im Zusammenhang mit der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie eingeführten Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB müssen diese Pflichtangaben lediglich klar und verständlich sein, ohne dass damit deren Hervorhebung angeordnet wurde. Eine Pflicht zur Hervorhebung ergibt sich auch nicht aus Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB. Diese Vorschrift spricht zwar von einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form. Dies betrifft aber lediglich diejenigen Fälle, in denen es, anders als vorliegend, um die Erlangung der Gesetzlichkeitsfiktion durch die freiwillige Verwendung des in der Vorschrift genannten Musters für eine Widerrufsinformation gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB geht (BGH a.a.O.).
- 43
Der Gesetzeszweck erfordert es nicht, dass eine Hervorhebung der Widerrufsbelehrung in einer Form geschieht, die in dem Vertragsentwurf einmalig ist. Da auch weitere Belehrungen oder Informationen optisch verdeutlicht werden müssen (vgl. Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB a.F.), wird die Hervorhebung durch unterschiedliche Maßnahmen unübersichtlich. Zweck der Hervorhebung ist es, sicherzustellen, dass der Verbraucher die Informationen zu seinem Widerrufsrecht bei der gebotenen Lektüre des Vertrages wahrnimmt und nicht über sie hinwegliest, insbesondere weil er sie an dieser Stelle nicht erwartet oder weil sie aufgrund ihrer äußeren Form in anderen Informationen untergehen. Der Beurteilung, ob die Hervorhebung dem Gesetzeszweck genügt, muss der gesamte Vertragstext zugrunde gelegt werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2015 – I-17 U 127/14, Rn. 30, zitiert nach juris; Beschluss vom 09.06.2015 – I-16 U 151/14, 16 U 1516 U 151/14, Rn. 12, zitiert nach juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.04.2014 – 2 U 98/13, zitiert nach juris).
- 44
Zwar weisen die Kläger zutreffend darauf hin, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation weder aufgrund des Druckbildes (Schriftart, Fettdruck) noch aufgrund einer farbigen Unterlegung des Textes vom übrigen Vertragstext hervorgehoben wurde. Vergleicht man allerdings die Gestaltung mit dem Mustertext gem. Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F. ist die schwarze Umrahmung der Widerrufsbelehrung sowie der Fettdruck der Überschriften „Widerrufsinformation“, „Widerrufsrecht“ und „Widerrufsfolgen“ ausreichend deutlich. Eine weitergehende Hervorhebung als der Mustertext ist der Beklagten nicht abzuverlangen. Die abweichende Rechtsauffassung des Landgerichts Hamburg hierzu im Urteil vom 13.11.2015 – 329 O 174/15, Rn. 15, zitiert nach juris (Anl. K 9) ist durch die neueste BGH-Rechtsprechung überholt. Jedenfalls folgt die Kammer dieser aus den genannten Gründen nicht.
- 45
c) Die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation widerspricht entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb den gesetzlichen Anforderungen, weil die Beklagte unzutreffende Angaben über den Fristbeginn gemacht hat.
- 46
Die Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 3 BGB a.F. beginnt nicht, bevor der Darlehensnehmer die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhält. Hinsichtlich dieser Pflichtangaben enthält die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung in einem Klammerzusatz die beispielhaften Aufzählung „z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde“. Die genannten Beispiele stammen aus Art. 247 § 6 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Ziff. 3 [effektiver Jahreszins sowie Aufsichtsbehörde] bzw. Ziff. 5 [Verfahren bei Kündigung] EGBGB a.F. Der Klammerzusatz enthält damit auch Elemente, die bei dem hier vorliegenden Immobiliardarlehensvertrag nicht zu den Pflichtangaben gehörten. Dies ergibt sich aus Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 3 EGBGB a.F., der nur auf Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB, nicht aber auch auf Abs. 1 dieser Vorschrift verweist.
- 47
Gleichwohl ist die Widerrufsinformation für den Verbraucher nicht irreführend (so auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 15.10.2015 – 6 O 2628/15, Rn. 72 f., zitiert nach juris; LG Münster, Urteil vom 01.04.2014 – 14 O 206/13, Rn. 64, zitiert nach juris). Zwar wird vertreten, dass eine unvollständige beispielhafte Aufzählung der Pflichtangaben in einem Klammerzusatz (OLG München, Urteil vom 21.05.2015 – 17 U 334/15, Rn. 34, zitiert nach juris, Anl. K 11; OLG Koblenz, Urteil vom 15.10.2015 – 8 U 241/15, Rn. 27, zitiert nach juris) oder für die konkrete Darlehensart nicht einschlägiger Beispiele zu einer Irreführung des Verbrauchers über den Beginn der Widerrufsfrist führen sollen (OLG Celle, Beschluss vom 02.12.2015 – 3 U 108/15, Rn. 45, ff., zitiert nach juris, Anl. K 10). Dagegen spricht aber, dass es der Gesetzgeber für den Verbraucher als zumutbar angesehen hat, zur Bestimmung des Beginns der Widerrufsfrist den Gesetzestext selbst heranzuziehen und zu lesen. So enthält auch das im Gesetz enthaltene „Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge“ (Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F.) keine vollständige Aufzählung der Pflichtangaben gem. § 492 Abs. 2 BGB, sondern beschränkt sich auf eine beispielhafte Aufzählung. Auch wenn die Beklagte hier den Mustertext nicht übernommen hat, kann die fehlende Deutlichkeit und Eindeutigkeit der Widerrufsinformation nach Auffassung des Gerichts nicht damit begründet werden, dass die in einem Klammerzusatz enthaltenen Beispiele für die Pflichtangaben unvollständig seien. Nichts anderes gilt auch im vorliegenden Fall, in dem sich die Beispiele allgemein auf Verbraucherdarlehensverträge beziehen und nicht auf den hier vorliegenden Anwendungsfall eines Immobiliardarlehensvertrages angepasst worden sind. Auch der Mustertext sieht hinsichtlich des Fristbeginns für derartige Verbraucherverträge keine Anpassung der in dem Klammerzusatz enthaltenen Beispiele für Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB vor. Daher ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte in der von ihr verwendeten Fassung der Widerrufsinformation eine derartige Anpassung nicht vorgenommen hat. Gerade weil der Gesetzgeber dem Verbraucher abverlangt, hinsichtlich der Pflichtangaben komplizierten juristischen Verweisungen nachzugehen (§ 492 Abs. 2 BGB a.F. verweist auf Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F., die zahlreiche unterschiedliche Varianten abdecken und für Verbraucherdarlehensverträge beispielsweise Bezug nehmen auf § 495 BGB a.F. [vgl. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F.] und § 503 BGB a.F. [vgl. Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB a.F.]) und es insoweit zahlreiche unterschiedliche Varianten und Fallgestaltungen gibt, ergibt sich für den durchschnittlichen Verbraucher aus Sicht des Gerichts, dass die Klammeraufzählung im Text der Widerrufsinformation nur beispielhaft Elemente enthält, die generell Bestandteil der Pflichtangaben sein können, ohne den Eindruck zu erwecken, jede beispielhaft aufgezählte Angabe müsse sich für jede denkbare Variante eines Verbraucherdarlehensvertrages in den Pflichtangaben befinden.
- 48
d) Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, dass in der von der Beklagten verwendeten Widerrufsinformation hinsichtlich der Folgen des Widerrufs der Hinweis gem. § 495 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 3 BGB a.F. auf § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB fehle.
- 49
Dort ist geregelt, dass, wenn im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt ist, sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen ist. Ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werde, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. In dem Mustertext ist dieser Hinweis für Darlehen, die durch Grundpfandrechte gesichert sind, zwar enthalten (vgl. Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Absatz 2 EGBGB, Gestaltungshinweis [6]). Daraus allein folgt nicht, dass eine Widerrufsinformation fehlerhaft sein muss, wenn dieser Hinweis fehlt. Die Beklagte verweist zu Recht darauf, dass abgesehen von verbundenen Verträgen (§ 358 Abs. 5 BGB a.F.) nicht über die Abwicklung aufgrund des Widerrufs belehrt werden muss. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB a.F. enthalten keine ausdrückliche Verweisung auf § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB, sondern verlangen nur den Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzubezahlen und die Zinsen zu vergüten, wobei der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag anzugeben ist. Diese Angaben enthält die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation jedoch.
3.
- 50
Da die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation nicht fehlerhaft ist, kann dahinstehen, ob das Widerrufsrecht der Kläger verwirkt wäre oder die Ausübung des Widerrufsrechts als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre (zur Frage des Rechtsmissbrauchs beim Widerruf eines Verbraucherimmobiliardarlehens vgl. Hanseatisches OLG, Urteil vom 24.02.2016 – 13 U 101/15; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2016 – I-6 U 296/14, Rn. 22, zitiert nach juris).
III.
- 51
Mangels wirksamen Widerrufs ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages vom 21.01.2011 gerichteten Willenserklärung haben die Kläger gegen die Beklagte aus keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Sozietät P. in Höhe von € 2.302,71.
IV.
- 52
Den nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 05.04.2015 hat das Gericht vor der Entscheidung zur Kenntnis genommen. Neues Tatsachenvorbringen war in diesem nicht enthalten.
- 53
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
- 54
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist § 709 Satz 1 und 2 ZPO zu entnehmen.
- 55
Die Festsetzung des Streitwerts ist nach § 3 ZPO erfolgt. Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines auf § 495 Abs. 1 BGB in der vom 01.08.2002 bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung gestützten Widerrufs eines Verbrauchervertrags (§ 355 BGB) und begehrt der klagende Verbraucher die Feststellung, der Darlehensvertrag sei „beendet“ bzw. habe sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers an dieser Feststellung unter Berücksichtigung der gegeneinander abzuwägenden Vor- und Nachteile bei Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit des Widerrufs nach § 3 ZPO zu schätzen (BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – XI ZR 366/15, Rn. 5, zitiert nach juris). Für die Wertfestsetzung sind in Widerrufsfällen, in denen das Schuldverhältnis gem. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung nach den §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln ist, die Leistungen maßgeblich, die der Kläger gem. §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint (BGH a.a.O., Rn. 6, zitiert nach juris). Nichts anderes gilt bei Anwendbarkeit des § 495 Abs. 1 BGB in der vom 30.07.2010 bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung, weil auch insoweit die Rückabwicklung nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung erfolgt. Die Kläger machen geltend, sie könnten von der Beklagten die Rückerstattung von € 56.228,53 verlangen (Anl. K 7).