Landgericht Paderborn Beschluss, 10. Juni 2015 - 3 O 146/15


Gericht
Tenor
Das Landgericht Paderborn erklärt sich für örtlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin mit Zustimmung der anderen Partei gemäß § 281 ZPO ohne mündliche Verhandlung
an das - Familiengericht-
Amtsgericht Paderborn.
1
Gründe:
2Das Amtsgericht Paderborn ist für den vorliegenden Rechtsstreit gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ausschließlich sachlich zuständig.
3Nach § 23a Abs. 1 Nr. 2 GVG, § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG fallen alle Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe in die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts.
4Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG die Amtsgerichte – anders als nach der Gesetzeslage vor Inkrafttreten des FamFG-Reform-Gesetz zum 01.09.2009 und der damit einhergehenden Einführung des sog. „Großen Familiengerichts“ – auch für die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten außerhalb des Güterrechts zuständig sein (BT-Drucks. 16/6308, S. 263; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 03.05.2010 - 4 W 6/10, NJW 2010, 3173).
5Im Hinblick auf die gewünschte möglichst umfassende Zuständigkeit der Familiengerichte ist der Begriff des Zusammenhangs mit der Beendigung der ehelichen Gemeinschaft großzügig zu beurteilen. Auszuscheiden sind allein die Fälle, in denen der familienrechtliche Bezug völlig untergeordnet ist, so dass eine Entscheidung durch das Familiengericht sachfremd erscheint. Ein inhaltlicher Zusammenhang ist dabei vor allem bei naheliegenden und häufig vorkommenden Folgen oder Begleiterscheinungen der Beendigung einer Ehe gegeben. Der erforderliche inhaltliche Zusammenhang kann rechtlicher oder wirtschaftlicher Art sein. Dass die Ansprüche ihren Grund unmittelbar in der Ehe haben oder aus diesem Rechtsverhältnis herrühren, ist für eine Zuständigkeit nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG dagegen nicht erforderlich (BGH, Beschl. v. 05.12.2012 − XII ZB 652/11, NJW 2013, 616). Ein inhaltlicher Zusammenhang liegt insbesondere auch dann vor, wenn das Verfahren die wirtschaftliche Entflechtung der (vormaligen) Ehegatten, Dispositionen im Hinblick auf die Verbindung oder Vorgänge anlässlich ihrer Beendigung betrifft (OLG Stuttgart, Beschl. v. 10. 1. 2011 – 13 W 69/10, NJW-RR 2011, 876).
6Hierunter fallen auch Ansprüche der Ehegatten im Zusammenhang mit der Auflösung einer GbR, auch einer Außen-GbR (Zöller/Lorenz, 30. Aufl. 2014, FamFG, § 266 Rn. 18). Dies gilt sogar dann, wenn die Gesellschaft erst zu Beginn der Trennung gegründet wurde (OLG Stuttgart, Beschl. v. 10. 1. 2011 – 13 W 69/10, NJW-RR 2011, 876). Auch der Streit über die Zulässigkeit einer Teilungsversteigerung (Drittwiderspruchsklage) fällt in den Anwendungsbereich des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG (BeckOK-FamFG/Schlünder, 15. Edition, § 266 Rn. 15). Dies muss nach dem Vorgesagten jedenfalls dann gelten, wenn das eingewandte, die Veräußerung hindernde Recht in der vermögensrechtlichen Verflechtung der Ehegatten wurzelt bzw. mit dieser in inhaltlichem Zusammenhang steht.
7Ein zeitlicher Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe ist nicht erforderlich (Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 266 Rn. 14 mit zahlreichen Nachweisen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung).
8Danach ist vorliegend eine Streitigkeit im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG gegeben. Die gesellschaftsrechtliche Verbindung der Parteien, die vom Kläger behauptet wird und die er nunmehr der Vollstreckung entgegenhält, ist zwischen den Parteien jedenfalls faktisch aufgrund der ehelichen Verbundenheit bzw. im Zusammenhang hiermit entstanden. Auch die von der Beklagten betriebene Auseinandersetzung bzw. die Ablehnung einer entsprechenden Auseinandersetzung gemeinschaftlichen Vermögens – in welcher Form dieses auch bestehen mag – ist im Sinne der zitierten BGH-Rechtsprechung eine naheliegende und häufig vorkommende Folge oder Begleiterscheinung der Beendigung einer Ehe gegeben.
9Eine Zuständigkeit des Amtsgerichts wäre darüber hinaus auch nach dem Vortrag der Beklagten gegeben, da der Streit über die Teilung von Miteigentum zwischen Ehegatten ebenfalls in den Anwendungsbereich des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG fällt (soweit ersichtlich allgemeine Meinung, vgl nur Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 266 Rn. 15).

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(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die
- 1.
Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einer solchen und einer dritten Person, - 2.
aus der Ehe herrührende Ansprüche, - 3.
Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe, - 4.
aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche oder - 5.
aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche
(2) Sonstige Familiensachen sind auch Verfahren über einen Antrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(1) Die Amtsgerichte sind ferner zuständig für
- 1.
Familiensachen; - 2.
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit nicht durch gesetzliche Vorschriften eine anderweitige Zuständigkeit begründet ist.
(2) Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind
- 1.
Betreuungssachen, Unterbringungssachen sowie betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen, - 2.
Nachlass- und Teilungssachen, - 3.
Registersachen, - 4.
unternehmensrechtliche Verfahren nach § 375 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 5.
die weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 410 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 6.
Verfahren in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 7.
Aufgebotsverfahren, - 8.
Grundbuchsachen, - 9.
Verfahren nach § 1 Nr. 1 und 2 bis 6 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen, - 10.
Schiffsregistersachen sowie - 11.
sonstige Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit sie durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sind für die den Amtsgerichten obliegenden Verrichtungen in Teilungssachen im Sinne von § 342 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anstelle der Amtsgerichte die Notare zuständig.
(1) Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die
- 1.
Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einer solchen und einer dritten Person, - 2.
aus der Ehe herrührende Ansprüche, - 3.
Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe, - 4.
aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche oder - 5.
aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche
(2) Sonstige Familiensachen sind auch Verfahren über einen Antrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.