Landgericht Siegen Urteil, 24. Juli 2015 - 2 O 350/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an den Kläger 8.185,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2010 zu zahlen.
2. an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.11.2014 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Darlehenswiderrufs und den damit verbundenen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung, die der Kläger aufgrund vorzeitiger Ablösung gezahlt hat.
3Die Parteien haben am 12.06.2008 einen Verbraucherdarlehensvertrag unter der Kontonummer #####/#### / 060 über einen Nennbetrag von 130.000,00 € bei jährlicher Zinsbindung von 5,3 % bis zum 30.04.2023 geschlossen. Bereits unter dem Datum 10.06.2008 unterzeichnete der Kläger eine Widerrufsbelehrung, die als "Widerrufsbelehrung zu: o.g. Vertrag vom 10.06.2008“ überschrieben ist.
4Dabei befindet sich nach dem Wort „zu“ eine auf folgenden Text verweisende Fußnote 1: „Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom …“.
5Weiter heißt es in der Widerrufsbelehrung: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform / z.B.: Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.“ Dabei findet sich nach der Angabe „2 Wochen“ eine auf folgenden Text verweisende Fußnote 2: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“.
6Unter dem Punkt „Finanzierte Geschäfte“ stellt die Widerrufsbelehrung die Folgen eines Widerrufs von sog. verbundenen Verträgen dar.
7Wegen des weiteren Inhalts der Widerrufsbelehrung wird auf die zu den Akten gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 9 d. A.).
8In der ersten Jahreshälfte 2010 löste der Kläger das Darlehen ab. Die Beklagte berechnete hierfür mit Schreiben vom 02.06.2010 eine Vorfälligkeitsentschädigung i. H. v. 8.185,14 €. Am gleichen Tag belastete die Beklagte das Konto des Klägers im Hause der Beklagten mit diesem Betrag.
9Mit Schreiben vom 09.07.2014 widerrief der Kläger seine Willenserklärung zu dem betreffenden Darlehensvertrag. Diesen Widerruf wies die Beklagte mit Schreiben vom 05.09.2014 zurück.
10Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.10.2014 forderte der Kläger die Beklagte zur Rückabwicklung des Darlehensvertrags und Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigung, Rechtsverfolgungskosten und Verzugszinsen bis zum 05.11.2014 auf. Zur Begründung gab er an, dass die erteilte Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei. Am 23.10.2014 erfolgte ein weiteres anwaltliches Schreiben des Klägers zur Klarstellung eines Schreibfehlers bezüglich der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung im Schreiben vom 21.10.2014.
11Am 23.10.2014 lehnte die Beklagte telefonisch über Herrn N, Abteilung Recht und Sanierung, gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Klägers die Rückabwicklung des Darlehensvertrags ab.
12Der Kläger behauptet,
13dass er die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten gezahlt habe. Weiter habe die Beklagte die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung seit dem 02.06.2010 nutzen, anderen Kunden als Dispostionskredit zu Zinsen von 12,25 % p.a. zur Verfügung stellen und entsprechende Gewinne erzielen können.
14Der Kläger ist der Ansicht,
15dass er seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe und ihm daher ein Anspruch auf Rückerstattung der Vorfälligkeitsentgelte zustehe. Das Widerrufsrecht sei nicht erloschen, weil der Kläger nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Die Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ genüge nicht den Anforderungen an eine eindeutige Benennung des maßgeblichen, die Widerrufsfrist in Gang setzenden, Ereignisses. Weiter sei die Fußnote 2 „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ hinter der Angabe, dass ein Widerruf innerhalb von 2 Wochen zu erfolgen habe, hinsichtlich des tatsächlich zur Verfügung stehenden Zeitraums verwirrend. Die Belehrung über „paketversandfertige Sachen“ sei unnötig und bürde dem Darlehensnehmer auf zu prüfen, ob ein solcher Fall vorliege. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die Widerrufsbelehrung der damaligen Musterbelehrung gem. Anl. 2 zu § 14 I, III BGB InfoVO entsprochen habe. Die verwendete Widerrufsbelehrung gehe über die gestatteten Abweichungen hinaus. Weiter sei das Verhalten des Klägers nicht rechtsmissbräuchlich oder verwirkt.
16Der Kläger beantragt,
171. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.185,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2010 zu zahlen.
182. die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.11.2014 zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte behauptet,
22dass die Marge bei Kreditgewährung lediglich bei bzw. unter 0,5 % pro Jahr betrage.
23Die Beklagte ist der Ansicht,
24dass die Beklagte sich auf die Schutzwirkung des § 14 I BGB Info-V aF (gültig bis 11.06.2010) berufen könne. Die verwendete Belehrung entspreche der Musterbelehrung. Die Abweichungen seien marginal, zudem rein sprachlich und nicht inhaltlich und daher nicht geeignet Fehlvorstellungen herbeizuführen. Die Fußnoten seien nur Hinweise an Bankmitarbeiter. Weiter fänden sich derartige auch in der Musterbelehrung. Auch bei Fußnote 1 sei für den Verbraucher erkennbar, dass sich diese an Bankmitarbeiter richte. Hilfsweise stehe der Geltendmachung auch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung und Verwirkung entgegen. Der Verweis auf die Möglichkeit einer Nachbelehrung sei nicht zielführend, da eine solche Nachbelehrung bei heutiger Rechtslage zumindest unzumutbar sei. Ein Nutzungsersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz könne zumindest nicht ohne Weiteres angenommen werden. Vielmehr liege dieser in Höhe der tatsächlichen zugeflossenen Vermögenswerte von unter 0,5 % p.a.
25Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe:
27Die zulässige Klage ist begründet.
28Der Kläger hat einen Rückzahlungsanspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB i. H. v. 8.185,14 €, da die Zahlung des Vorfälligkeitsentgelts ohne Rechtsgrund erfolgt ist.
291.
30Der Aufhebungsvertrag aus der ersten Jahreshälfte 2010 ist kein Rechtsgrund.
31Zwar hat der Kläger zu diesem Zeitpunkt den Darlehensvertrag durch Rückzahlung ausgelöst und die daran folgende Vorfälligkeitsentschädigung, die ihm mit Schreiben vom 02.06.2010 in Rechnung gestellt wurde, zunächst gezahlt bzw. dem Einzug von seinem Konto nicht widersprochen.
32Die Kammer hat in einer Entscheidung vom 10.10.2014 (Az.: 2 O 406/13) die Auffassung vertreten, dass insoweit die Aufhebungsvereinbarungen im Rahmen der Vertragsauflösung den Rechtsgrund für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung darstellen. Dabei wurde das Widerrufsrecht als unselbstständiges Gestaltungsrecht eingeordnet. Ein nicht mehr bestehendes, weil abgewickeltes Rechtsverhältnis könne aber nicht mehr gestaltet werden, sodass die Wahrnehmung des Widerrufsrechts zu einem späteren Zeitpunkt keine Wirkung mehr entfalten könne. An dieser Auffassung hält die Kammer nicht fest.
33Der BGH hat bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2014 (v. 07.05.2014, IV ZR 76/11, juris, Rn. 35ff.) im Rahmen einer Entscheidung über die Möglichkeit des Widerrufs von Versicherungsverträgen entschieden, dass der Widerruf auch nach Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswertes noch 9 Monate nach der Kündigung widerrufen werden könne. Der Verbraucher habe aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung nicht sachgerecht sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerruf ausüben können. Der Widerruf sei so auch nicht verwirkt. Der Argumentation des BGH hat das OLG Hamm auch in einem Fall des Widerrufs eines Darlehensverbrauchervertrags aufgegriffen (Beschluss v. 28.08.2014, 31 U 74/14, juris, Rn. 14). Die Entscheidung des OLG Düsseldorf, auf die sich die Kammer in vorgenannter Entscheidung unter anderem berufen hat, stuft das OLG Hamm als Einzelfallentscheidung ein. Ausdrücklich führt das OLG Hamm dann in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 (Urteil vom 25.03.0215, I-31 U 155 u.a., juris, Rn. 15) aus, dass der Widerruf auch bei vollständiger Erfüllung des Darlehensvertrags unbefristet möglich sei, soweit eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung vorliege.
34Dieser Ansicht folgt nun auch die Kammer. Die Möglichkeit eines Widerrufs bleibt selbst dann erhalten, wenn der Vertrag vollständig beendet und abgewickelt wurde. Ist keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt worden, gilt dies auch fristlos. Dies entspricht der gesetzgeberischen Entscheidung, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Belehrung fehlt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25.03.0215, I-31 U 155 u.a., juris, Rn. 16). Zudem folgt dies auch aus dem Gedanken des Verbraucherschutzes.
352.
36Der Kläger kann sich hier auch auf sein Widerrufsrecht berufen, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Er durfte seine Willenserklärung daher zeitlich unbegrenzt widerrufen (vgl. auch LG Essen, Urteil vom 09.10.2014, 6 O 214/1, juris, Rn. 23).
37Eine Widerrufsbelehrung muss umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf auch die nachträgliche Widerrufsbelehrung keine zusätzlichen Erklärungen enthalten, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Belehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den Verbraucher verwirren können (BGH, Beschluss v. 15.02.2011, XI ZR 148/10). Vorliegend ist die Widerrufsbelehrung bereits nach ständiger Rechtsprechung des BGH wegen der Wendung „die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ fehlerhaft, weil sie unzureichend und irreführend ist. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnt. Der Verbraucher wird darüber im Unklaren gelassen, von welchen weiteren Voraussetzungen der Beginn des Fristlaufs abhängt (vgl. u.a. BGH, Urteil v. 28.06.2011, XI ZR 349/10). Dieser Effekt wird hier noch dadurch verstärkt, dass die Widerrufsbelehrung bereits am 10.06.2008 unterzeichnet wurde, der auf den gleichen Tag datierte Darlehensvertrag aber erst mit Datum vom 12.06.2008. Dieser Mangel wurde von dem Kläger auch ausdrücklich gerügt.
38Grundsätzlich kann sich die verwendende Bank darauf berufen, dass die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß war, wenn diese dem zum Zeitpunkt der Erteilung gültigen Muster der BGB-InfoV entsprach (BGH, Urteil v. 15.08.2012, VIII ZR 378/11). Im vorliegenden Streitfall ist die Belehrung im Juni 2008 erteilt worden und damit zunächst nach Ablauf der Geltungszeit des vom 08.12.2004 bis zum 31.03.2008 gültigen Musters der BGB InfoV. Allerdings entsprach dieses an sich abgelaufene Muster wegen der Anordnung des § 16 InfoV auch dann noch fingiert den Anforderungen von §§ 355 Abs. 2 BGB, 14 InfoV, wenn es dem Verbraucher vor dem 01.10.2008 in Textform mitgeteilt wurde. Letztere Voraussetzung ist hier gegeben. In dem somit auch in der Übergangszeit noch verwendbaren Muster der Widerrufsbelehrung findet sich ebenfalls die Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ Insofern wäre hier trotz von der Rechtsprechung bestätigter irreführender Wirkung die Ordnungsgemäßheit der Belehrung gem. §§ 14 Abs. 1, 16, Anlage 2 BGB InfoV fingiert. Die Formulierung in dem vom 01.04.2008 bis zum 03.08.2009 gültigen Muster lautet hingegen: „Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform“. Eine Berufung auf diese Regelungen und damit die fingierte Ordnungsgemäßheit ist der Bank aber nur möglich, wenn sie „gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht“ (BGH, Urteil v. 28.06.2011, XI ZR 349/10, juris, Rn. 37). Dies verneint der BGH insbesondere dann, wenn in den Text der Musterbelehrung weitere Textteile eingeführt oder vorgesehene Textteile weggelassen werden.
39Angesichts der hier erkennbaren Einfügungen kann sich die Beklagte daher auch nicht mehr auf § 14 I, III BGB-InfoV berufen, weil das verwendete Formular dem Muster in der zum Belehrungszeitpunkt gültigen Fassung nicht vollständig entsprach (BGH, Urteil v. 28.06.2011, IX ZR 349/10, juris, Rn. 37). Vorliegend ist unter dem Abschnitt „Finanzierte Geschäfte“ weiterer Text in die Musterbelehrung eingefügt worden. So findet sich der 3. Satz unter diesem Abschnitt („Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks (…)“) nicht in der bis zum 31.03.2008 gültigen Musterbelehrung. Zwar sieht Hinweis 8 zu dem bis zum 31.03.2008 gültigen Muster vor, dass die Hinweise für finanzierte Geschäfte entfallen können, wenn kein verbundenes Geschäft vorliegt. Hieraus folgt aber nicht, dass es bei Verwendung unbeachtlich ist, ob insoweit von dem Muster abgewichen wird.
40Allerdings vertritt das OLG Frankfurt (ähnlich auch OLG Bamberg, Beschl. v. 01.06.2015, 6 U 13/15, KE 4, Bl. 111ff. d. A. – die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung enthält dabei unter „finanzierte Geschäfte“ die gleiche Abweichung mit S. 3 wie vorliegend) eine andere Auffassung und führt aus: "Auf die Abweichung bei dem Passus zu den finanzierten Geschäften kann es – ungeachtet des Umfangs der Veränderung angesichts der obigen Maßstäbe des BGH – indessen wohl schon deshalb nicht ankommen, weil es sich hier nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Landgerichts nicht um ein verbundenes Geschäft handelt, so dass die dahingehende Widerrufsbelehrung gegenstandslos ist und ins Leere geht, mithin keinerlei Wirkung entfalten konnte und schlicht überflüssig ist. Insoweit ist diese Passage für „eine ordnungsgemäße Information des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht“ ohne jeden Belang. Es kann deshalb dahinstehen, ob in dieser Veränderung überhaupt eine inhaltliche Bearbeitung liegt.“ (OLG Frankfurt, Urteil vom 07. Juli 2014 – 23 U 172/13 –, juris, Rn. 42). In dem Rechtsstreit des OLG Frankfurt ist zurzeit Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision anhängig (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2015 – XI ZA 18/14 –, juris). Die Entscheidungen der OLG Frankfurt und OLG Bamberg sind nicht mit der Rechtsprechung des BGH kompatibel. Sobald ein Passus in eine Widerrufsbelehrung eingebracht wird, kann diese den Verbraucher verwirren. Es trifft nicht zu, dass eine inhaltliche Änderung nur überflüssig und daher ohne Belang sei, wie das OLG Frankfurt ausführt. Dies würde bedeuten, dass jegliche Regelung unter der Überschrift „finanzierte Geschäfte“ eingebracht und die Musterformulierungen beliebig geändert werden könnten, nur weil es sich in dem konkreten Fall nicht um ein verbundenes Geschäft gehandelt hat. Dagegen hat der BGH ausdrücklich, auch in der Entscheidung aus dem Jahr 2012, in dem die Fiktionswirkung von §§ 14, 16, Anlage 2 BGB-InfoV trotz irreführender Formulierung bestätigt wurde, ausgeführt, dass die Fiktionswirkung an die Verwendung des Musters geknüpft sei (BGH, Urteil vom 15.08.2012, VIII ZR 378/11, juris, Rn. 10, 14). In der vorherigen Entscheidung aus dem Jahr 2011 hat der BGH zudem ausdrücklich ausgeführt, dass die Fiktionswirkung nicht gelte, wenn das Gericht bereits „durch einen Vergleich beider Texte ohne Weiteres selbst feststellen kann, (dass die verwendete Belehrung) ihrem Wortlaut nach nicht in jeder Hinsicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der seinerzeit geltenden Fassung“ entspreche (BGH, Urteil vom 28.06.2011 - AZ: XI ZR 349/10, juris, Rn. 38). Das OLG Köln und das OLG Stuttgart verneinen die Fiktion des §§ 14, 16, Anlage 2 BGB-InfoV demgemäß bereits bei geringeren Abweichungen, auch unter dem Abschnitt „finanzierte Geschäfte“, sind allerdings auch jeweils zu dem Fall eines verbundenen Vertrages ergangen (OLG Köln, Urteil vom 23. Januar 2013 – 13 U 217/11; OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Dezember 2011 –6 U 79/11; jeweils juris).
41Gestützt wird die dargelegte Auffassung von den Ausführungen des LG Essen (Urteil vom 09.10.2014, 6 O 214/14, juris, Rn. 31): „Maßgeblich ist, ob der Wortlaut der Belehrung in jeder Hinsicht vollständig dem Muster in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoVO entspricht. Dies ist vorliegend nicht erfolgt. Vielmehr ist die Belehrung jedenfalls für finanzierte Grundstücksgeschäfte abweichend von der Musterbelehrung umgesetzt worden.“ Auch das Urteil des LG Essen ist zu einem Fall von nicht verbundenen Verträgen ergangen (vgl. Rn. 9). Zwar hat der auch für die Kammer zuständige Berufungssenat des Oberlandesgerichts Hamm in der bereits angesprochenen Entscheidung vom 25.03.2015 (31 U 155/14) das klageabweisende Urteil des Landgerichts Essen abgeändert und die beklagte Bank antragsgemäß verurteilt, jedoch unter ausdrücklicher Übernahme der Argumentation des Landgerichts zu den Gründen für die Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung (juris Rz. 13-14). Im Ergebnis hat das OLG Hamm damit die Unwirksamkeit der Belehrung bei einem nicht verbundenen Geschäft entscheidend auf die Fehlerhaftigkeit der Belehrung über verbundene Geschäfte gestützt.
42Die Kammer vertritt überdies entgegen der Ansicht der Landgerichte Nürnberg-Fürth (Urteil v. 22.09.2014, 10 O #####/####), Koblenz (Urteil v. 13.11.2014, 3 O 113/14) und Tübingen (Urteil v. 17.04.2015, 3 O 248/14) mit dem Oberlandesgericht München (Urteil v. 21.10.2013, 19 U #####/####) die Ansicht, dass auch die Fußnote 2 „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung führt. Eine solche Fußnote ist in der BGB-InfoV nicht vorgesehen. Soweit die Beklagte meint, diese Fußnote richte sich offensichtlich an ihre Mitarbeiter, die nach Prüfung die jeweils einschlägige Frist einsetzen sollten, erklärt dies nicht, warum die Fußnote dann in der Ausfertigung für den Kunden verblieben ist. Eine solche Fußnote kann beim Verbraucher ganz offensichtlich zu weiteren Unklarheiten hinsichtlich des Fristbeginns führen, weil sie die Fehlvorstellung wecken kann, dass der Verbraucher selbst die Frist im Einzelfall noch prüfen solle.
433.
44Der Kläger hat sein Widerrufsrecht auch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment).
45Zwar liegt das Zeitmoment vor. Der Kläger hatte seit Vertragsschluss nahezu 6 Jahre Zeit seine Willenserklärung zu widerrufen. Es fehlt aber am Umstandsmoment. Ein Recht kann nach § 242 BGB verwirkt werden, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, und der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde, und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 09. Januar 2014 – I-14 U 55/13, 14 U 5514 U 55/13 –, juris, Rn. 17). Die Rechtsprechung hat dies teilweise angenommen, wenn der Verbraucher seit Ablösung des Darlehensvertrags bis zum Widerruf 5 Jahre verstreichen lässt und der Darlehensgeber aufgrund einer beiderseitigen Auflösung des Darlehensvertrags sowie Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung darauf vertrauen kann, dass alle Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllt wurden (etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 09. Januar 2014 – I-14 U 55/13, 14 U 5514 U 55/13 –, juris, Rn. 17; LG Essen, Urteil vom 09.10.2014, 6 O 214/14, juris, Rn. 37). Demgegenüber führt aber der BGH aus, dass eine Bank ein schutzwürdiges Vertrauen dann nicht in Anspruch nehmen kann, wenn sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Verbraucher keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt hat (BGH, Urteil vom 07. Mai 2014, IV ZR 76/11, juris, Rn. 39). Dies entspricht auch der gesetzgeberischen Wertung, die kein Erlöschen des Widerrufsrechts nach einer bestimmten Zeit vorsieht. Dementsprechend führt auch das OLG Hamm richtigerweise aus, dass diese Wertung nicht unterlaufen werden kann, indem „(…) man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung unter Hinweis auf § 242 BGB zu entziehen.“ (OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14 u.a., juris, Rn. 16). Dieser Argumentation von BGH und OLG Hamm schließt sich die Kammer an.
46Weiter ist der Argumentation des OLG Hamm folgend anzunehmen, dass die Beklagte hier „ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Kläger in wirksamer Form nachzubelehren“ (OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14 u.a., juris, Rn. 16).
473.
48Der Kläger hat hinsichtlich des Antrages zu 1) auch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2010, § 818 Abs. 1 BGB. Der Betrag stand der Beklagten ab dem 03.06.2010 zur Nutzung zur Verfügung. § 818 Abs. 1 BGB stellt dabei für einen Zinsanspruch ab dem 03.06.2010 die einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage dar. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 291 BGB oder §§ 280, 286, 288 BGB, vielmehr begründen diese nur Zinsansprüche ab späteren Zeitpunkten.
49Der Anspruch besteht auch in der beantragten Höhe. Zwar ist ein Anspruch gem. § 818 Abs. 1 BGB grundsätzlich auf Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Nutzungen beschränkt. „Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss.“ (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 – XI ZR 348/13, juris, Rn. 71). Diese Rechtsprechung ist, zumindest hinsichtlich des Anspruches aus § 818 BGB, auch auf vorliegende Konstellation übertragbar (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14 u.a., juris, Rn. 17). Die Vermutung ist hier auch nicht erschüttert oder widerlegt. Der Kläger argumentiert zum Teil mit einem höheren Zinssatz von 12,25 % aufgrund der Möglichkeit von Dispo-Krediten. Er beantragt aber nur den gesetzlich vorgesehen Satz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, sodass zu seinen Gunsten die tatsächliche Vermutung eingreift.
50Zwar argumentiert das LG Nürnberg-Fürth in einer jüngerern Urteil gegen eine solche Vermutung (Urteil vom 27. Oktober 2014 – 10 O #####/#### –, juris, Rn. 52). Allerdings ist die Rechtsprechung des LG Nürnberg-Fürth zu §§ 357, 346 BGB ergangen und zu einem Fall, in dem nur die Nutzungsentschädigung herausgefordert wurde, nicht aber die Vorfälligkeitsentschädigung. Die Rechtsprechung des LG Nürnberg-Fürth ist daher nicht übertragbar.
51Auch die von der Beklagten vorgelegte Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank, nach der der effektive Jahreszins p.a. für Wohnbaukredite seit Juni 2010 von 3,78 auf 2,51 % gefallen ist, bei einer Steigerung im Jahr 2011, entkräftet die Vermutung nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte das ihr zur Verfügung stehende Geld auch anderweitig als für Wohnbaukredite investiert, sodass diese reine Zinsaufstellung wenig aussagekräftig ist.
524.
53Der Kläger hat entsprechend dem Antrag zu 2) auch Anspruch auf die Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, §§ 286, 257, 250, 249 BGB. Dabei ist unerheblich, dass die tatsächliche Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der Beklagten bestritten wird. Der Anspruch auf Freistellung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. § 257 BGB hat sich durch die ernsthafte und endgültige Ablehnung der Beklagten, die Rückabwicklung des Vertrags vorzunehmen und so zumindest auch konkludent vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen, in einen Zahlungsanspruch gewandelt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03. September 2013 – I-4 U 58/13, 4 U 58/4 U 58/13 –, juris, Rn. 26). Es ist kommt insofern auch nicht mehr darauf an, ob die Klägerin entsprechend ihrer Behauptung schon bezahlt hat und deshalb schon aus diesem Grunde einen Zahlungsanspruch geltend machen kann. Mit Schreiben vom 21.10.2014 wurde die Beklagte auch zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bis zum 05.11.2015 aufgefordert. Spätestens am 06.11.2015 ist sie somit in Verzug geraten, sodass ab diesem Zeitpunkt auch ein Zinsanspruch besteht, §§ 280 Abs. 1, 286, 288, 187 Abs. 1 (analog) BGB.
546.
55Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
56Der Streitwert wird auf 8.185,14 EUR festgesetzt.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Siegen Urteil, 24. Juli 2015 - 2 O 350/14
Urteilsbesprechungen zu Landgericht Siegen Urteil, 24. Juli 2015 - 2 O 350/14
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht die Rückabwicklung eines mit der beklagten Bank im Rahmen eines Fondsbeitritts abgeschlossenen Darlehensvertrages.
- 2
- Die Klägerin und ihr Ehemann wurden im November/Dezember 2000 von einem Vermittler geworben, sich über einen Treuhänder an dem geschlossenen Immobilienfonds "G. fonds GbR" (nachfolgend : Fonds) zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen sie mit der Beklagten am 22./29. Dezember 2000 einen tilgungsfreien Darlehens- vertrag über 93.333,33 DM. Dem Darlehensvertrag war auf einer besonderen Seite eine von der Klägerin und ihrem Ehemann gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz beigefügt, die die Wirksamkeit des Widerrufs an die Rückzahlung des Darlehensbetrags knüpfte. Zur Absicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs traten die Klägerin und ihr Ehemann der Beklagten unter anderem ihre Ansprüche aus zwei Lebensversicherungen ab. In der Folgezeit zahlte die Beklagte das Darlehen aus.
- 3
- Mit Schreiben vom 3. September 2007 unterbreitete die Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann ein Angebot zur Prolongation des Darlehens, wobei sie alternativ den Abschluss einer zusätzlichen Zahlungsausfallversicherung anbot. Dem Schreiben waren zwei Widerrufsbelehrungen beigefügt, die als "Widerrufsbelehrung" und "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" bezeichnet waren und dieselbe Darlehensvertragsnummer enthielten. Die "Widerrufsbelehrung" trug zusätzlich die Kennzeichnung "Anlage zur Prolongation". Die "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" lautet auszugsweise wie folgt: "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb eines Monats ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen - eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und - die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags zur Verfügung gestellt wurde."
- 4
- In dem Anschreiben heißt es ab dem vierten Absatz unter anderem: "Unterzeichnen Sie bitte das von Ihnen gewählte Prolongationsangebot … sowie die angeheftete Widerrufsbelehrung an den jeweils hierfür vorgesehenen Stellen und senden Sie es uns bis spätestens zum 20.09.2007 zurück.
- 5
- Die Klägerin und ihr Ehemann nahmen das Prolongationsangebot nicht an, sondern kündigten das Darlehen mit Schreiben vom 25. September 2007 zum 31. Dezember 2007. Mit Schreiben vom 23. November 2007 erklärten sie den Widerruf ihrer auf den Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärungen.
- 6
- Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte aus eigenem und von ihrem Ehemann abgetretenem Recht auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen abzüglich der Fondsausschüttungen und Steuervorteile in Höhe von verbleibenden 10.715,05 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung des Fondsanteils und auf Rückübertragung der Lebensversicherungen in Anspruch. Außerdem begehrt sie die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen, und die Freistellung von etwaigen Steuernachforderungen, die aus der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung herrühren.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
- 8
- Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
- 9
- 1. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Ordnungsgemäßheit der Nachbelehrung eine Zulassung der Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung oder gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die von der Beklagten der Klägerin und ihrem Ehemann mit Schreiben vom 3. September 2007 erteilte Nachbelehrung nicht ordnungsgemäß war und daher die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht in Gang setzen konnte. Der Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225 und vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292).
- 10
- a) Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB (in der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung) i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB ist eine nachträgliche Widerrufsbelehrung auch in Bezug auf - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) geschlossene Altverträge möglich (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 25). Die Nachbelehrung unterliegt denselben gesetzlichen Anforderungen wie eine rechtzeitige Belehrung. Sie muss umfassend , unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf auch die nachträgliche Widerrufsbelehrung keine zusätzlichen Erklärungen enthalten, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Belehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den Verbraucher verwirren können (vgl. hierzu Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 14 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 f., jeweils mwN). Eine Nachbelehrung muss zudem nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB einen für den Verbraucher erkennbaren Bezug zu seiner früheren Vertragserklärung aufweisen, der ihm deutlich macht, dass ein Belehrungsmangel im Nachhinein ausgeglichen werden soll (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 26).
- 11
- b) Eine diesen Maßgaben entsprechende Nachbelehrung hat die Beklagte - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht erteilt. Die Widerrufsfrist hatte daher gemäß § 361a Abs. 1 Satz 3 BGB aF, § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der hier anwendbaren Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850) im September 2007 nicht zu laufen begonnen. Aufgrund dessen konnten die Klägerin und ihr Ehemann ihr Widerrufsrecht mit ihrem am 23. November 2007 erklärten Widerruf noch wirksam ausüben.
- 12
- (1) Die Beklagte hat für die Belehrung kein Formular verwendet, das dem Muster gemäß § 14 Abs. 1 Anlage 2 BGB-InfoV entspricht. Aus der BGBInformationspflichten -Verordnung kann sie schon aus diesem Grund keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten (Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 13 mwN).
- 13
- (2) Das von der Beklagten verwendete Belehrungsformular ist fehlerhaft, weil es - wie der Senat mit Urteil vom 10. März 2009 (XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 ff.) für ein gleichlautendes Formular der Beklagten entschieden und im Einzelnen begründet hat - den Verbraucher nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist belehrt, indem es das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne (bereits) mit der Übersendung des Vertragsantrags des Unternehmers, d.h. hier der Beklagten. Dieser Entscheidung lag zwar der Fall einer Belehrung bei Vertragsschluss zugrunde. Für die Verwendung des Formulars im Rahmen der Nachbelehrung gilt aber nichts anderes. Denn in dem Fall, in dem der Verbraucher nur die Vertragserklärung des Unternehmers erhalten hat, ist die erteilte Belehrung aufgrund ihrer missverständlichen Fassung objektiv geeignet, den Verbraucher - hier die Klägerin und ihren Ehemann - über den Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig zu informieren.
- 14
- (3) Darüber hinaus ist die Nachbelehrung auch deshalb nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil der Klägerin und ihrem Ehemann nicht hinreichend deutlich gemacht wurde, dass sie ihre ursprünglichen Darlehensvertragserklärungen noch widerrufen konnten.
- 15
- Das Belehrungsformular bezieht sich bei isolierter Betrachtung auf eine "Vertragserklärung" der Klägerin und ihres Ehemanns, womit mangels Datierung die ursprüngliche Darlehensvertragserklärung, aber auch die Erklärung zur Verlängerung des Darlehens gemeint sein kann. Letzteres ergibt sich daraus, dass auch in der anderen, als "Anlage zur Prolongation" bezeichneten Widerrufsbelehrung der Begriff "Vertragserklärung" verwendet wird. Soweit in der Nachbelehrung die genaue Darlehensnummer aufgeführt ist, ist dies ohne Aussagekraft , weil auch - wie sich unter anderem aus der anderen Widerrufsbelehrung ergibt - die Darlehensprolongation unter dieser Nummer bearbeitet wurde. Allein aus dem Umstand, dass zwei Widerrufsbelehrungen übersandt wurden, von denen sich eine auf die Darlehensprolongation bezog, musste sich für die Klägerin und ihren Ehemann nicht ohne weiteres der Schluss aufdrängen, dass die andere Widerrufsbelehrung für ihre ursprünglichen Vertragserklärungen vom Dezember 2000 gelten sollte. Denn insoweit waren die Klägerin und ihr Ehemann ebenfalls bereits im Besitz einer solchen Belehrung.
- 16
- Einen Bezug der Nachbelehrung zu den im Dezember 2000 abgegebenen Darlehensvertragserklärungen stellt erst das Begleitschreiben vom 3. September 2007 her. Der entsprechende Passus ist damit Teil der Widerrufsbelehrung und an dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB zu messen. Dessen Anforderungen wird er nicht gerecht. Es fehlt bereits an einer drucktechnisch deutlichen Gestaltung (vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 24 mwN) und einem unmissverständlichen Hinweis, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre ursprünglichen Vertragserklärungen widerrufen konnten. Vielmehr ist die Textstelle ohne drucktechnische Hervorhebung in die Ausführungen zu der angebotenen Darlehensprolongation und den Folgen einer Nichtverlängerung eingebettet, so dass auch für den verständigen Verbraucher und Darlehensnehmer die Gefahr besteht, diese Passage zu überlesen oder zumindest deren Bedeutungsgehalt, nämlich die nach wie vor bestehende Widerrufsmöglichkeit trotz der bereits im Dezember 2000 erfolgten Belehrung, nicht zu erkennen. Die in dem Schreiben nur beiläufig geäußerte Bitte um Kenntnisnahme der Belehrung genügt zur Beseitigung dieser Gefahr nicht, sondern erhöht sie eher.
- 17
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann sich auch nicht auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO berufen.
- 18
- a) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet, dass das Berufungsgericht das tatsächliche Vorbringen der Beklagten zur Erteilung der Nach- belehrung im September 2007 unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen hat, kann dies dahingestellt bleiben. Insoweit fehlt es bereits an der Entscheidungserheblichkeit des gerügten Rechtsfehlers. Das Berufungsgericht hat - wie oben zu II 1 ausgeführt - rechtsfehlerfrei mit einer eigenständigen Begründung die Nachbelehrung als nicht ordnungsgemäß beurteilt.
- 19
- b) Ohne Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde schließlich geltend , dass es zur Frage der Ordnungsgemäßheit der streitgegenständlichen Nachbelehrung divergierende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte gebe. Das Berufungsgericht hat die Nachbelehrung zu Recht und in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung als fehlerhaft angesehen. Dass andere Oberlandesgerichte dies anders beurteilt haben, kann eine Zulassung der Revision im vorliegenden Rechtsstreit nicht rechtfertigen. Zudem beruht die Divergenz nicht auf einer Abweichung von einem rechtlichen Obersatz, sondern auf einem unterschiedlichen Subsumtionsvorgang (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 16. September 2003 - XI ZR 238/02, NJW 2004, 1167 mwN).
Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 18.05.2009 - 6 O 20/08 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 14.04.2010 - 13 U 128/09 -
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Gründe
Oberlandesgericht Bamberg
Az.: 6 U 13/15
2 O 415/14 LG Bamberg
In dem Rechtsstreit
1) ...
- Kläger und Berufungskläger -
2) ...
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter zu 1 und 2: ...
gegen
...
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigter: ...
wegen Feststellung
erlässt das Oberlandesgericht Bamberg - 6. Zivilsenat - durch den Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
am
folgenden
Beschluss:
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Bamberg
2. Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis einschließlich
Gründe:
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Bamberg
Gründe:
Widerrufsbelehrung zu Darlehen Nr. ...
Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform(z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse).
Es folgen die Kontaktdaten der Beklagten wie Postadresse, Faxnummer, E-Mail-Adresse und Internet-Adresse ...]
Widerrufsfolgen
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen.
Finanzierte Geschäfte
Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind oder wenn wir über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.
Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert, gilt Folgendes: ...“
[... Es folgen Ort, Datum, Unterschriften ...]
1. Es wird festgestellt, dass die Darlehensverträge Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04./04.05.2006 und Nummer 02 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0222) vom 11.05.2006 durch Rechtsanwaltsschreiben vom 25.08.2014 rechtswirksam widerrufen worden sind.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Darlehensverträge Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04704.05
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern den Schaden zu ersetzen, der sich aus der Weigerung gemäß Schreiben der Beklagten vom 17.09.2014, ein Widerrufsrecht für die Darlehensverträge Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04704.05
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.358,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
die Klage abzuweisen.
Dieser Mangel steht einem Erlöschen des Widerrufsrechts nicht entgegen. Die erteilte Belehrung gilt vielmehr gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV als ordnungsgemäß. Nach dieser Bestimmung genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in Textform verwandt wird (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11). In diesem Fall kann sich der Verwender auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV berufen (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10).
a) Unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ wird in der Klammer noch einmal die Vorgabe aus Ziffer 3 der Gestaltungshinweise wiederholt
b) Unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ werden die Vorgaben zum Ausfüllen der Musterbelehrung nicht umgesetzt. Denn gemäß Ziffer 9 der Gestaltungshinweise hätte bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks Satz 2 der Musterbelehrung durch den entsprechenden Hinweis
„Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus geht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, in dem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußertes übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt“
ersetzt werden müssen. Stattdessen war, obwohl es sich hier um ein Grundstücksgeschäft handelt, Satz 2 zur Belehrung über das finanzierte Geschäft unverändert geblieben; der vorzitierte Satz 2, wie er bei den finanzierten Erwerb eines Grundstücks in der zitierten Form hätte übernommen werden müssen, war inhaltlich und redaktionell von der Beklagten völlig überarbeitet worden. Insbesondere wurde der amtliche Mustertext in die „Wir-Form“ abgeändert.
„(...) Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstückgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. (...)“
Die Fußnote Ziffer „1“ wurde nach den Worten „Widerrufsbelehrung zu“ angebracht.
„Hinweis: Jeder Verbraucher erhält ein Exemplar der Widerrufsbelehrung.“
Zu oben a): Der Text des Gestaltungshinweises 3 wurde wortgleich in der Widerrufsbelehrung aufgenommen. Er stellt daher keine inhaltliche Abweichung dar. Bei der Übernahme des Textes aus dem Gestaltungshinweis handelt es sich um keine inhaltliche Änderung der Widerrufsbelehrung. Der Text entspricht wörtlich dem Verordnungstext im Gestaltungshinweis 3. Das Muster sieht auch nicht vor, dass diese Angaben im Belehrungsmuster nicht enthalten sein dürfen. Zu berücksichtigen ist lediglich, dass durch diese Angabe keine Verwirrung des Verbrauchers entstehen darf oder die Deutlichkeit beeinträchtigt. Dies ist nicht der Fall. Bei der Aufnahme des Gestaltungshinweises 3 handelt es sich ersichtlich um einen verdeutlichenden Hinweis. Dieser Hinweis ist in einer Art und Weise gestaltet, die sich vom sonstigen Inhalt der Belehrung deutlich abgrenzt. Den Gestaltungshinweis 3 hat die Beklagte nicht nur in Klammern gesetzt, sondern anders als den übrigen Text innerhalb des Rahmens kursiv gedruckt. Damit ist auch für einen unbefangenen rechtsunkundigen Leser, auf den abzustellen ist (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1217, 1218), ohne weiteres erkennbar gewesen, dass dieser Teil des Textes sich nicht an ihn unmittelbar richtet (vgl. z. B. OLG Schleswig-Holstein
Bei der von den Klägern beanstandeten Fußnote handelt es sich um keine inhaltliche Bearbeitung der Widerrufsbelehrung, welche die Gesetzlichkeitsfiktion gem. § 14 BGB-lnfoV beseitigen würde.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 27.06.2013 - 2-25 O 512/10 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 07.07.2014 - 23 U 172/13 -
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückzahlung gezahlter Vorfälligkeitsentschädigungen nach Abrechnung zweier Darlehen.
3Die Parteien schlossen am 07.05.2009 zwei Verbraucher-Darlehensverträge (Nr. … und Nr. …) über einen Betrag von 334.000 € und 186.000 €. Die Darlehen waren mit 4,15 % bzw. 4,59 % zu verzinsen, wobei dieser Zinssatz jeweils bis zum 30.04.2019 gebunden war. Beide Darlehen wurden zur Finanzierung von Immobilien aufgenommen. Wegen der näheren Einzelheiten der Verträge wird auf die in der Akte befindlichen Kopien (Bl. 3 ff. der Akte) Bezug genommen. Den Darlehensverträgen war jeweils auch eine Widerrufsbelehrung beigefügt. Auch insoweit wird wegen des näheren Inhaltes auf die in der Akte befindlichen Kopien (Bl. 8, 14 der Akte) Bezug genommen.
4Zur Absicherung der Darlehen sollten 4 neue Grundschulden bestellt werden.
5Die Darlehen wurden ausbezahlt.
6Im August 2011 vereinbarten die Parteien, dass sich der Kläger vorzeitig von den beiden Darlehen gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung sollte lösen dürfen. Dementsprechend erteilte die Beklagte dem Kläger am 24.08.2011 eine Abrechnung über die beiden Darlehensverträge, in welcher sie auch die jeweils für die beiden Darlehensverträge zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung (8.774,95 € für das Darlehen … und 8.891,43 € für das Darlehen …) auswies.
7Am 15.09.2011 zahlte der Kläger die Vorfälligkeitsentschädigungen an die Beklagte.
8Mit Schriftsatz vom 05.11.2013 erklärten die Klägervertreter den Widerruf der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des Klägers. Mit Schriftsatz vom gleichen Tage forderten die Klägervertreter die Rückzahlung der von dem Kläger gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen nebst 5 % Zinsen seit dem 15.09.2011.
9Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 16.12.2013 ab. Mit Schreiben vom 02.06.2014 forderten die Klägervertreter abermals Rückzahlung der beiden Vorfälligkeitsentschädigungen, jedoch abermals erfolglos.
10Der Kläger ist der Ansicht, dass die ihm gegenüber erteilten Widerrufsbelehrungen fehlerhaft gewesen seien, so dass er mit Erklärung vom 05.11.2013 wirksam beide Darlehensverträge habe widerrufen können. Ferner meint der Kläger, dass in der Widerrufsbelehrung zu Unrecht ein Absatz über „finanzierte Geschäfte“ enthalten sei. Dies sei – so die Auffassung des Klägers – insoweit falsch, als es sich bei den Darlehensverträgen – unstreitig – nicht um solche handele, die mit anderen Geschäften verbunden seien. Schließlich ist der Kläger der Ansicht, dass der Text der Widerrufsbelehrungen nicht vollständig mit dem Muster nach Anl. 2 der BGB-InfoVO übereinstimme.
11Vor diesem Hintergrund seien – so die Auffassung des Klägers – die bereits gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen zurückzugewähren. Von diesen macht der Kläger jeweils nur eine Teilforderung i.H.v. 2.999 € für das Darlehen Nr. … und i.H.v. 3.000 € für das Darlehen Nr. … geltend.
12Der Kläger beantragt,
13die Beklagte zu verurteilen, an ihn – den Kläger – 5.999 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.12.2011 zu zahlen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Widerruf nicht fristgerecht erklärt worden sei. Außerdem meint die Beklagte, dass sie den Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt habe.
17Ferner meint die Beklagte, dass das Widerrufsrecht – selbst wenn ein solches bestehen sollte – jedenfalls durch einvernehmliche Aufhebung der beiden Darlehensverträge gegen Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen erloschen sei. Zudem sei ein etwaiges Widerrufsrecht des Klägers unter dem Aspekt unzulässiger Rechtsausübung verwirkt, weil er den Widerruf erst nach über 2 Jahren nach vollständiger Vertragsaufhebung der Darlehensverträge erklärt habe.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
20A.
21Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der von ihm gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen.
22I.
23Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 5.999 € aus §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1, 357 Abs. 1 S. 1, 346 ff. BGB.
24Der Kläger erklärte zwar mit anwaltlichem Schreiben vom 05.11.2013 den Widerruf der mit der Beklagten am 07.05.2009 wirksam geschlossenen Darlehensverträge, dieser Widerruf ist jedoch nicht wirksam.
251.
26Der Kläger hatte grundsätzlich ein Widerrufsrecht.
27Es handelte sich bei den Darlehensverträgen vom 07.05.209 um Verbraucherdarlehensverträge im Sinne der §§ 491 ff. BGB, so dass der Kläger gemäß § 495 Abs. 1 BGB als Darlehensnehmer ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB - hier in der Fassung vom 02.12.2004, gültig bis zum 10.06.2010 - hatte. Die Darlehensverträge enthielten dementsprechend auch jeweils eine Widerrufsbelehrung.
282.
29Sein Widerrufsrecht konnte der Kläger auch grundsätzlich noch ausüben. Denn ein Widerrufsrecht kann ein Verbraucher auch nach - längst eingetretenem - Ablauf der in der Widerrufsbelehrung genannten zweiwöchigen Widerrufsfrist noch wirksam ausüben, wenn der Lauf der Frist nicht wirksam in Gang gesetzt wurde. Die Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, sobald dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist, § 355 Abs. 2 S. 1 BGB. Dabei muss die Widerrufsbelehrung umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, das Widerrufsrecht auszuüben (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 19.11.2012, Az. 31 U 97/12). Läuft die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht, gilt grundsätzlich keinerlei Frist, so dass der Kläger vorbehaltlich anderer Einwendungen und Einreden seine Willenserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrages unbegrenzt widerrufen konnte. Voraussetzung hierfür ist indes, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Ob die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß und fehlerfrei war, ist zweifelhaft, bedarf letztlich aber - dazu unter 3) - keiner Entscheidung durch die Kammer.
30Die Darstellung des Beginns der Widerrufsfrist begegnet keinen Bedenken. Insbesondere ist klar und deutlich, dass die Widerrufsfrist nur zu laufen beginnt, wenn der Kläger seine Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages abgegeben und ein Exemplar der Widerrufsbelehrung in Textform erhalten hat. Ebenso begegnet es keinen Bedenken, dass als Empfänger der Widerrufsbelehrung die „T“ angegeben wurde und nicht – wie im Handelsregister als Firma der Beklagten eingetragen – die „T1“. Der Kläger hat insoweit nicht hinreichend dargetan, dass die besagte Bezeichnung zur Irreführung eines Verbrauchers geeignet gewesen wäre. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es zwei verschiedene Kreditinstitute unter den Namen „T“ einerseits und „T1“ andererseits gäbe, so dass eine Verwechslungsgefahr und damit die Gefahr einer Fehlleitung des Widerrufs bestünde.
31Bedenken gegen die Ordnungsgemäßheit der Belehrung ergeben sich aber aus dem Gesichtspunkt, dass in den streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen Allgemeine Hinweise zur finanzierten Geschäften mit den speziellen Hinweisen zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken vermischt werden. So wird unter der Überschrift „finanzierte Geschäfte“ der nach dem Muster der BGB-InfoVO für allgemeine finanzierte Geschäfte vorgesehene Satz 2 mit folgendem Inhalt aufgeführt:
32„Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind oder wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen.“
33Dieser Satz ist bei einem finanzierten Erwerb von Grundstücken ausweislich des Gestaltungshinweises Nr. 10 zum Muster der Widerrufsbelehrung in der BGB-InfoVO durch folgenden Satz zu ersetzen:
34„Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“
35Eine solche Ersetzung hat in den streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung jedoch nicht stattgefunden; vielmehr ist der spezielle, für finanzierte Grundstückserwerber vorgesehene Satz direkt hinter den für allgemeine finanzierte Geschäfte vorgesehenen Satz 2 ergänzt worden. Dies hat die Folge, dass der Verbraucher eine eigene Subsumtionsleistung dahingehend erbringen muss, welche Art von Geschäft in seinem speziellen Fall vorliegt und welche Regelung damit für ihn einschlägig ist. Dies dürfte dem Erfordernis der Unmissverständlichkeit und Eindeutigkeit nicht entsprechen. Zudem handelte es sich im vorliegenden Fall bei beiden Darlehen um solche, die der Finanzierung eines Immobilienerwerbs dienten, so dass die Ersetzung gemäß dem Gestaltungshinweises Nr. 10 zwingend hätte vorgenommen werden müssen.
36Da es sich vorliegend um Darlehen zur Finanzierung eines Immobilienerwerbs handelt, erscheint die Belehrung auch noch in weiteren Punkten als falsch. Denn ausweislich des Gestaltungshinweises Nr. 10 sind bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Parenthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend zu entfernen. Auch dies ist nicht erfolgt. Stattdessen sind die betreffenden Passagen in den Widerrufsbelehrungen belassen worden, allerdings im Zusammenhang mit Darlehensverträgen, die die Überlassung einer Sache finanzieren. Auch insoweit stellt sich abermals die Frage, ob eine Widerrufsbelehrung immer noch hinreichend eindeutig ist, wenn sie dem Verbraucher eine Subsumtionsleistung abverlangt.
37Die Beklagte kann sich diesem Zusammenhang auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Denn die Widerrufsbelehrung weicht – wie bereits gezeigt – teilweise von der Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zur BGB-InfoVO in der Fassung mit Geltung vom 01.04.2008 bis 03.08.2009 ab. Ein Unternehmer kann sich aber auf die Schutzwirkung des § 14 I BGB-InfoVO nur berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 I BGB-InfoVO in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2012, Az. 31 U 97/12). Maßgeblich ist, ob der Wortlaut der Belehrung in jeder Hinsicht vollständig dem Muster in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoVO entspricht. Dies ist vorliegend nicht erfolgt. Vielmehr ist die Belehrung jedenfalls für finanzierte Grundstücksgeschäfte abweichend von der Musterbelehrung umgesetzt worden.
38Ob die Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich war oder im Hinblick auf die den Verbraucher abverlangte Subsumtionsleistung den Erfordernissen der Unmissverständlichkeit und Eindeutigkeit nachgereicht wird, kann aber letztlich – wie oben angedeutet – dahinstehen.
393.
40Ein Widerruf war nämlich nicht mehr wirksam möglich, weil der Kläger, indem er mit der Beklagten den streitgegenständlichen Darlehensvertrag einvernehmlich aufhob, sein Widerrufsrecht verwirkt hat (§ 242 BGB). Dazu im Einzelnen:
41Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGHZ 97, 212 ff., Palandt-Grüneberg, 73. Aufl. 2014, § 242 Rnr. 87).
42a)
43Das Zeitmoment ist gegeben, denn seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Widerspruchsrechtes sind mehrere Jahre vergangen. Der Kläger konnte sein Widerrufsrecht seit Abschluss der Darlehensverträge am 07.05.2009 ausüben. Den Widerruf erklärte er jedoch erst mit Schreiben vom 05.11.2013, mithin etwa 4 ½ Jahre später. Diese Zeitspanne ist insbesondere mit Blick auf die vom Gesetz bei ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung vorgesehene Widerrufsfrist von 2 Wochen ausgesprochen lang. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahe kommt, die erforderliche Zeitspanne mindert, so etwa die Nichtgeltendmachung des Anspruchs bei einer Abrechnung oder bei Verhandlungen (Palandt-Grüneberg, 73. Aufl. 2014, § 242 Rnr. 93). Ein derartiges Verhalten lag im Abschluss des Aufhebungsvertrages (hierzu näher sogleich).
44b)
45Das Umstandsmoment wurde durch den Abschluss der Aufhebungsverträge zwischen dem Kläger und der Beklagten im August 2011 erfüllt.
46aa)
47Die Parteien schlossen einvernehmlich Verträge zur Aufhebung der Darlehensverträge, die sodann vollständig abgewickelt wurden. Der Kläger zahlte die Vorfälligkeitsentschädigungen bereits am 15.09.2011 und damit nur gut 2 Wochen nach Abschluss der Aufhebungsverträge. Aufgrund des Verhaltens des Klägers in den Vertragsverhandlungen, der Abgabe seiner Willenserklärung auf Abschluss der Aufhebungsverträge sowie der prompten Zahlung der vereinbarten Vorfälligkeitsentschädigungen konnte und durfte die Beklagte sich darauf einrichten, der Kläger werde sein vermeintliches Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen. Der Kläger wählte unter mehreren ihm grundsätzlich zur Verfügung stehenden Gestaltungsmöglichkeiten zur Beendigung des Darlehensvertrages den Aufhebungsvertrag. Um die weitere – zumindest denkbare – Gestaltungsmöglichkeit eines Widerrufs des Darlehensvertrages wusste der Kläger, weil er die Widerrufsbelehrungen unstreitig erhalten hatte. Gleichwohl entschied er sich für den Abschluss von Aufhebungsverträgen. Vor diesem Hintergrund musste die Beklagte nicht damit rechnen, dass der Kläger Jahre später versuchen würde, die durch die Aufhebungsverträge längst beendeten und abgewickelten Darlehensverträge noch nachträglich zu widerrufen.
48bb)
49Sinn und Zweck der verbraucherschützenden Normen über das Widerrufsrecht stehen einer Verwirkung des Widerrufsrechts durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht entgegen.
50(1)
51Es ist ohnehin zweifelhaft, ob nach Ausübung von Gestaltungsrechten wie der Kündigung eines Vertrages oder dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages überhaupt noch die Möglichkeit des Widerrufs besteht: So führte das OLG Hamm im Beschluss vom 31.08.2011 (20 U 81/11, zitiert nach juris, dort Rnr. 15f.) aus, ein Widerruf sei nach vollständiger Vertragsbeendigung und -abwicklung nicht mehr möglich. Das Widerspruchs- bzw. Widerrufsrecht solle vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt, ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen sei. Mache der Verbraucher aber von seinem Wahlrecht zwischen mehreren Gestaltungsrechten Gebrauch und entscheide sich für ein anderes Gestaltungsrecht als den Widerruf, sei diese Wahl für ihn bindend. So bringe ein Verbraucher beispielsweise durch Erklärung der Kündigung zum Ausdruck, dass er die vertragliche Bindung nicht ex tunc (also rückwirkend), sondern nur ex nunc (also für die Zukunft) beseitigen wolle bzw. im Umkehrschluss eine Bindung für die Vergangenheit gerade anerkenne. Bei dieser Sachlage bestehe auch im Sinne des wohlverstandenen Verbraucherschutzes für die rückwirkende Zulassung eines Widerspruchs- bzw. Widerrufsrechts kein Raum.
52Ebenso entschied das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 18.01.2012, 6 W 221/11, BeckRS 2012, 08128): Schließlich und vor allem handele es sich bei dem in Betracht kommenden Widerrufsrecht seiner Natur um ein besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht. Wie letzteres diene das Widerrufsrecht daher der Umgestaltung eines noch bestehenden Schuldverhältnisses und könne deshalb keine Anwendung finden, wenn der Vertrag, um dessen Widerruf es gehe, bereits auf andere Weise zum Wegfall gekommen sei. Dies sei indes durch nachfolgende Verträge geschehen, die die ursprünglichen Verträge nicht nur erweitert, sondern vollständig ersetzt hätten.
53Im Ergebnis übereinstimmend entschied das OLG Köln (Urteil vom 25.01.2012, 13 U 30/11, BKR 2012, 162), das ebenfalls von einer Verwirkung des Widerrufsrechts ausging. Im Hinblick auf das Zeitmoment komme es nicht darauf an, ob der Verbraucher von dem trotz Fristablaufs tatsächlich - d.h. aus rechtlichen Gründen - fortbestehenden Widerrufsrecht Kenntnis gehabt habe. Das sei jedenfalls dann unbedenklich, wenn es nicht um eine (vollständig) fehlende, sondern nur um eine formal missverständliche und allein deshalb nicht ordnungsgemäße Widerrufsfrist gehe. Angesichts der vollständigen, beiderseitigen Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Aufhebungsvertrag sei auch das sog. Umstandsmoment erfüllt. Dieser Wertung stehe nicht entgegen, dass § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. dem Verbraucher im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung grundsätzlich ein unbefristetes Widerrufsrecht einräume. Dies bedeute lediglich, dass das Widerrufsrecht des nicht ordnungsgemäß belehrten Verbrauchers keiner gesetzlichen Ausübungs- oder Ausschlussfrist unterliege, nicht aber, dass es ungeachtet der Grundsätze von Treu und Glauben gleichsam unbegrenzt ausgeübt werden könne. Auch habe die Beklagte selbst dann auf die Nichtgeltendmachung des Widerrufsrechts vertrauen dürfen, wenn der Kläger keine Kenntnis vom noch bestehenden Widerrufsrecht gehabt habe. Denn der Kläger habe eine - wenn auch nicht ordnungsgemäße - Widerrufsbelehrung erhalten. Diese habe einen durchschnittlichen Verbraucher aber über das Bestehen eines befristeten Widerrufsrechts als solches nicht im Unklaren gelassen.
54Die Kammer verkennt nicht, dass in der Rechtsprechung die wirksame Ausübung eines Widerrufsrechts auch nach Abwicklung des zu Grunde liegenden Vertrages für möglich gehalten wird: So entschied der BGH in einem Urteil vom 07.05.2014 (Az. IV ZR 76/11, zitiert nach juris, dort Rnr. 35 ff.), die vom dortigen Kläger ausgesprochene Kündigung des Vertrages stehe dem späteren Widerspruch nicht entgegen. Da der Kläger über sein Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt worden sei, könne er sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch nicht sachgerecht ausüben. Verwirkung sei nicht eingetreten, da es am Umstandsmoment fehle. Ein schutzwürdiges Vertrauen könne die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchserklärung erteilte.
55Ähnlich führt das OLG Hamm (Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13, zitiert nach juris, dort Rnr. 26) aus, dem Widerruf des Vertrags stehe nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch einen weiteren Vertrag abgelöst worden sei. Sei eine Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß erteilt worden, so werde die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt. Der Widerruf könne daher unbefristet erfolgen, dies sogar dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt sei. Die gegenteilige Ansicht werde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht. Ebenso entschied das Landgericht Mönchengladbach, Urteil vom 24. April 2014,10 O 272/13 (Blatt 133 ff. d.A.).
56(2)
57Die Kammer schließt sich gleichwohl der erstgenannten Auffassung an, wonach ein Widerrufsrecht jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn der Verbraucher eine - wenn auch nicht vollständig ordnungsgemäße - Widerrufsbelehrung erhalten und vor dem Widerruf mit dem Kreditinstitut einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat und dieser Aufhebungsvertrag vollständig abgewickelt worden ist.
58Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor übereilten Entscheidungen zu schützen und ihm selbst nach Abschluss des Vertrages noch eine gewisse Bedenkzeit zur gründlichen Abwägung des Für und Wider zu gewähren (Palandt-Grüneberg, 73. Aufl. 2014, § 355 Rnr. 2). Vor diesem Hintergrund ist die grundsätzlich immerhin, aber auch nur zwei Wochen betragende Widerrufsmöglichkeit zu sehen. Die Bestimmung, wonach der Lauf der Widerrufsfrist erst bei ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung beginnt und das Widerrufsrecht sonst unbefristet besteht, dient dabei nicht originär dazu, dem Verbraucher eine unbefristete Bedenkzeit zu ermöglichen, sondern stellt eine scharfe Sanktionierung des Verwenders der Widerrufsbelehrung dar, um ihn zur Verwendung ordnungsgemäßer Belehrungen zu bewegen. Keinesfalls ist es Sinn und Zweck dieser Norm, dem Verbraucher den Widerruf eines Vertrages aus rein wirtschaftlichen Motiven auch nach langen Jahren der vertragsgemäßen Erfüllung durch beide Seiten zu ermöglichen. Gerade dies wird jedoch derzeit in den Print- und sonstigen Medien gerichtsbekanntermaßen umfangreich propagiert.
59Gerade im vorliegenden Fall gebietet es das Verbraucherschutzrecht aus mehreren Gründen nicht, dem Kläger noch ein Widerrufsrecht nach Abschluss und Abwicklung des Aufhebungsvertrages einzuräumen. Zum einen durfte die Beklagte aufgrund des Abschlusses der Aufhebungsverträge schutzwürdig auf das Bestehen dieser Verträge vertrauen, da durch die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss eine Zäsur herbeigeführt wurde, die in der vollständigen Beendigung des Darlehensvertrages ex nunc bestand. Indem der Kläger die Aufhebung der Darlehensverträge vereinbarte, machte er von einer im Zuge der Privatautonomie bestehenden Möglichkeit Gebrauch, die Verträge gerade nicht durch einen Widerruf ex nunc in ein Abwicklungsschuldverhältnis umzuwandeln. Vielmehr erkannte der Kläger durch Abschluss der ex nunc wirkenden Aufhebungsverträge eigenverantwortlich seine Bindung aus den Darlehensverträgen für die Vergangenheit an. Anders als bei einseitigem Ausüben eines Wahlrechtes zwischen zwei einseitigen Gestaltungsrechten – wie der Kündigung und dem Widerruf (dazu BGH, Urteil vom 16.10.2013, IV ZR 52/12, zitiert nach juris, dort Rn. 24 mit weiteren, auch abweichenden Nachweisen) – hat der Kläger hier eine einvernehmliche zweiseitige Regelung mit der Beklagten zur Beendigung der Darlehensverträge getroffen und damit einen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Dies gilt umso mehr, als die Aufhebungsverträge vollständig durch Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen und Entlassung des Klägers aus den Darlehensverbindlichkeiten abgewickelt worden sind. Eine einseitige Widerrufsmöglichkeit nach einvernehmlich vertraglich vereinbarter Aufhebung der Darlehensverträge ist auch aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht geboten. Über die bereits oben weiter ausgeführten Argumente hinaus, denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt, ist außerdem zu berücksichtigen, dass der Kläger ersichtlich nicht handelte, um sich von einem übereilt abgeschlossenen Darlehensvertrag zu lösen, sondern um die Vorfälligkeitsentschädigungen - wie hier beantragt – zurück zu erhalten, nachdem er zuvor die Darlehensverträge aufgehoben hat.
60cc)
61Die Beklagte hat sich im Vertrauen auf die mit dem Kläger abgeschlossenen Aufhebungsverträge auch so in ihren Maßnahmen eingerichtet, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Widerrufsrechtes des Klägers ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Die Beklagte hat nicht mehr rückgängig zu machende Vermögensdispositionen dergestalt getroffen, dass sie die ausgehandelten und erhaltenen Vorfälligkeitsentschädigungen in ihr Finanzsystem eingebucht und die Darlehensverträge bei sich ausgebucht hat. Es ist der Beklagten nicht zuzumuten, die bereits seit zwei Jahren wieder in ihrem Finanzkreislauf befindlichen Vorfälligkeitsentschädigungen auszubuchen und an den Kläger zurückzuzahlen.
62II.
63Ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der mit der Klageforderung geltend gemachten Beträge aus einer anderen Rechtsgrundlage ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt keine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten vor, da sowohl die Darlehensverträge als auch die Aufhebungsverträge Rechtsgründe für die Zahlungen des Klägers darstellen (§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alternative BGB).
64B.
65Mangels Anspruchs auf Rückzahlung gegen die Beklagte hat der Kläger auch keinen Anspruch auf etwaige Zinszahlungen, §§ 280, 286, 288 BGB.
66C.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückzahlung gezahlter Vorfälligkeitsentschädigungen nach Abrechnung zweier Darlehen.
3Die Parteien schlossen am 07.05.2009 zwei Verbraucher-Darlehensverträge (Nr. … und Nr. …) über einen Betrag von 334.000 € und 186.000 €. Die Darlehen waren mit 4,15 % bzw. 4,59 % zu verzinsen, wobei dieser Zinssatz jeweils bis zum 30.04.2019 gebunden war. Beide Darlehen wurden zur Finanzierung von Immobilien aufgenommen. Wegen der näheren Einzelheiten der Verträge wird auf die in der Akte befindlichen Kopien (Bl. 3 ff. der Akte) Bezug genommen. Den Darlehensverträgen war jeweils auch eine Widerrufsbelehrung beigefügt. Auch insoweit wird wegen des näheren Inhaltes auf die in der Akte befindlichen Kopien (Bl. 8, 14 der Akte) Bezug genommen.
4Zur Absicherung der Darlehen sollten 4 neue Grundschulden bestellt werden.
5Die Darlehen wurden ausbezahlt.
6Im August 2011 vereinbarten die Parteien, dass sich der Kläger vorzeitig von den beiden Darlehen gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung sollte lösen dürfen. Dementsprechend erteilte die Beklagte dem Kläger am 24.08.2011 eine Abrechnung über die beiden Darlehensverträge, in welcher sie auch die jeweils für die beiden Darlehensverträge zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung (8.774,95 € für das Darlehen … und 8.891,43 € für das Darlehen …) auswies.
7Am 15.09.2011 zahlte der Kläger die Vorfälligkeitsentschädigungen an die Beklagte.
8Mit Schriftsatz vom 05.11.2013 erklärten die Klägervertreter den Widerruf der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des Klägers. Mit Schriftsatz vom gleichen Tage forderten die Klägervertreter die Rückzahlung der von dem Kläger gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen nebst 5 % Zinsen seit dem 15.09.2011.
9Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 16.12.2013 ab. Mit Schreiben vom 02.06.2014 forderten die Klägervertreter abermals Rückzahlung der beiden Vorfälligkeitsentschädigungen, jedoch abermals erfolglos.
10Der Kläger ist der Ansicht, dass die ihm gegenüber erteilten Widerrufsbelehrungen fehlerhaft gewesen seien, so dass er mit Erklärung vom 05.11.2013 wirksam beide Darlehensverträge habe widerrufen können. Ferner meint der Kläger, dass in der Widerrufsbelehrung zu Unrecht ein Absatz über „finanzierte Geschäfte“ enthalten sei. Dies sei – so die Auffassung des Klägers – insoweit falsch, als es sich bei den Darlehensverträgen – unstreitig – nicht um solche handele, die mit anderen Geschäften verbunden seien. Schließlich ist der Kläger der Ansicht, dass der Text der Widerrufsbelehrungen nicht vollständig mit dem Muster nach Anl. 2 der BGB-InfoVO übereinstimme.
11Vor diesem Hintergrund seien – so die Auffassung des Klägers – die bereits gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen zurückzugewähren. Von diesen macht der Kläger jeweils nur eine Teilforderung i.H.v. 2.999 € für das Darlehen Nr. … und i.H.v. 3.000 € für das Darlehen Nr. … geltend.
12Der Kläger beantragt,
13die Beklagte zu verurteilen, an ihn – den Kläger – 5.999 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.12.2011 zu zahlen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Widerruf nicht fristgerecht erklärt worden sei. Außerdem meint die Beklagte, dass sie den Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt habe.
17Ferner meint die Beklagte, dass das Widerrufsrecht – selbst wenn ein solches bestehen sollte – jedenfalls durch einvernehmliche Aufhebung der beiden Darlehensverträge gegen Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen erloschen sei. Zudem sei ein etwaiges Widerrufsrecht des Klägers unter dem Aspekt unzulässiger Rechtsausübung verwirkt, weil er den Widerruf erst nach über 2 Jahren nach vollständiger Vertragsaufhebung der Darlehensverträge erklärt habe.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
20A.
21Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der von ihm gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen.
22I.
23Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 5.999 € aus §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1, 357 Abs. 1 S. 1, 346 ff. BGB.
24Der Kläger erklärte zwar mit anwaltlichem Schreiben vom 05.11.2013 den Widerruf der mit der Beklagten am 07.05.2009 wirksam geschlossenen Darlehensverträge, dieser Widerruf ist jedoch nicht wirksam.
251.
26Der Kläger hatte grundsätzlich ein Widerrufsrecht.
27Es handelte sich bei den Darlehensverträgen vom 07.05.209 um Verbraucherdarlehensverträge im Sinne der §§ 491 ff. BGB, so dass der Kläger gemäß § 495 Abs. 1 BGB als Darlehensnehmer ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB - hier in der Fassung vom 02.12.2004, gültig bis zum 10.06.2010 - hatte. Die Darlehensverträge enthielten dementsprechend auch jeweils eine Widerrufsbelehrung.
282.
29Sein Widerrufsrecht konnte der Kläger auch grundsätzlich noch ausüben. Denn ein Widerrufsrecht kann ein Verbraucher auch nach - längst eingetretenem - Ablauf der in der Widerrufsbelehrung genannten zweiwöchigen Widerrufsfrist noch wirksam ausüben, wenn der Lauf der Frist nicht wirksam in Gang gesetzt wurde. Die Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, sobald dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist, § 355 Abs. 2 S. 1 BGB. Dabei muss die Widerrufsbelehrung umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, das Widerrufsrecht auszuüben (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 19.11.2012, Az. 31 U 97/12). Läuft die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht, gilt grundsätzlich keinerlei Frist, so dass der Kläger vorbehaltlich anderer Einwendungen und Einreden seine Willenserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrages unbegrenzt widerrufen konnte. Voraussetzung hierfür ist indes, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Ob die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß und fehlerfrei war, ist zweifelhaft, bedarf letztlich aber - dazu unter 3) - keiner Entscheidung durch die Kammer.
30Die Darstellung des Beginns der Widerrufsfrist begegnet keinen Bedenken. Insbesondere ist klar und deutlich, dass die Widerrufsfrist nur zu laufen beginnt, wenn der Kläger seine Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages abgegeben und ein Exemplar der Widerrufsbelehrung in Textform erhalten hat. Ebenso begegnet es keinen Bedenken, dass als Empfänger der Widerrufsbelehrung die „T“ angegeben wurde und nicht – wie im Handelsregister als Firma der Beklagten eingetragen – die „T1“. Der Kläger hat insoweit nicht hinreichend dargetan, dass die besagte Bezeichnung zur Irreführung eines Verbrauchers geeignet gewesen wäre. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es zwei verschiedene Kreditinstitute unter den Namen „T“ einerseits und „T1“ andererseits gäbe, so dass eine Verwechslungsgefahr und damit die Gefahr einer Fehlleitung des Widerrufs bestünde.
31Bedenken gegen die Ordnungsgemäßheit der Belehrung ergeben sich aber aus dem Gesichtspunkt, dass in den streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen Allgemeine Hinweise zur finanzierten Geschäften mit den speziellen Hinweisen zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken vermischt werden. So wird unter der Überschrift „finanzierte Geschäfte“ der nach dem Muster der BGB-InfoVO für allgemeine finanzierte Geschäfte vorgesehene Satz 2 mit folgendem Inhalt aufgeführt:
32„Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind oder wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen.“
33Dieser Satz ist bei einem finanzierten Erwerb von Grundstücken ausweislich des Gestaltungshinweises Nr. 10 zum Muster der Widerrufsbelehrung in der BGB-InfoVO durch folgenden Satz zu ersetzen:
34„Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“
35Eine solche Ersetzung hat in den streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung jedoch nicht stattgefunden; vielmehr ist der spezielle, für finanzierte Grundstückserwerber vorgesehene Satz direkt hinter den für allgemeine finanzierte Geschäfte vorgesehenen Satz 2 ergänzt worden. Dies hat die Folge, dass der Verbraucher eine eigene Subsumtionsleistung dahingehend erbringen muss, welche Art von Geschäft in seinem speziellen Fall vorliegt und welche Regelung damit für ihn einschlägig ist. Dies dürfte dem Erfordernis der Unmissverständlichkeit und Eindeutigkeit nicht entsprechen. Zudem handelte es sich im vorliegenden Fall bei beiden Darlehen um solche, die der Finanzierung eines Immobilienerwerbs dienten, so dass die Ersetzung gemäß dem Gestaltungshinweises Nr. 10 zwingend hätte vorgenommen werden müssen.
36Da es sich vorliegend um Darlehen zur Finanzierung eines Immobilienerwerbs handelt, erscheint die Belehrung auch noch in weiteren Punkten als falsch. Denn ausweislich des Gestaltungshinweises Nr. 10 sind bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Parenthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend zu entfernen. Auch dies ist nicht erfolgt. Stattdessen sind die betreffenden Passagen in den Widerrufsbelehrungen belassen worden, allerdings im Zusammenhang mit Darlehensverträgen, die die Überlassung einer Sache finanzieren. Auch insoweit stellt sich abermals die Frage, ob eine Widerrufsbelehrung immer noch hinreichend eindeutig ist, wenn sie dem Verbraucher eine Subsumtionsleistung abverlangt.
37Die Beklagte kann sich diesem Zusammenhang auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Denn die Widerrufsbelehrung weicht – wie bereits gezeigt – teilweise von der Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zur BGB-InfoVO in der Fassung mit Geltung vom 01.04.2008 bis 03.08.2009 ab. Ein Unternehmer kann sich aber auf die Schutzwirkung des § 14 I BGB-InfoVO nur berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 I BGB-InfoVO in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2012, Az. 31 U 97/12). Maßgeblich ist, ob der Wortlaut der Belehrung in jeder Hinsicht vollständig dem Muster in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoVO entspricht. Dies ist vorliegend nicht erfolgt. Vielmehr ist die Belehrung jedenfalls für finanzierte Grundstücksgeschäfte abweichend von der Musterbelehrung umgesetzt worden.
38Ob die Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich war oder im Hinblick auf die den Verbraucher abverlangte Subsumtionsleistung den Erfordernissen der Unmissverständlichkeit und Eindeutigkeit nachgereicht wird, kann aber letztlich – wie oben angedeutet – dahinstehen.
393.
40Ein Widerruf war nämlich nicht mehr wirksam möglich, weil der Kläger, indem er mit der Beklagten den streitgegenständlichen Darlehensvertrag einvernehmlich aufhob, sein Widerrufsrecht verwirkt hat (§ 242 BGB). Dazu im Einzelnen:
41Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGHZ 97, 212 ff., Palandt-Grüneberg, 73. Aufl. 2014, § 242 Rnr. 87).
42a)
43Das Zeitmoment ist gegeben, denn seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Widerspruchsrechtes sind mehrere Jahre vergangen. Der Kläger konnte sein Widerrufsrecht seit Abschluss der Darlehensverträge am 07.05.2009 ausüben. Den Widerruf erklärte er jedoch erst mit Schreiben vom 05.11.2013, mithin etwa 4 ½ Jahre später. Diese Zeitspanne ist insbesondere mit Blick auf die vom Gesetz bei ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung vorgesehene Widerrufsfrist von 2 Wochen ausgesprochen lang. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahe kommt, die erforderliche Zeitspanne mindert, so etwa die Nichtgeltendmachung des Anspruchs bei einer Abrechnung oder bei Verhandlungen (Palandt-Grüneberg, 73. Aufl. 2014, § 242 Rnr. 93). Ein derartiges Verhalten lag im Abschluss des Aufhebungsvertrages (hierzu näher sogleich).
44b)
45Das Umstandsmoment wurde durch den Abschluss der Aufhebungsverträge zwischen dem Kläger und der Beklagten im August 2011 erfüllt.
46aa)
47Die Parteien schlossen einvernehmlich Verträge zur Aufhebung der Darlehensverträge, die sodann vollständig abgewickelt wurden. Der Kläger zahlte die Vorfälligkeitsentschädigungen bereits am 15.09.2011 und damit nur gut 2 Wochen nach Abschluss der Aufhebungsverträge. Aufgrund des Verhaltens des Klägers in den Vertragsverhandlungen, der Abgabe seiner Willenserklärung auf Abschluss der Aufhebungsverträge sowie der prompten Zahlung der vereinbarten Vorfälligkeitsentschädigungen konnte und durfte die Beklagte sich darauf einrichten, der Kläger werde sein vermeintliches Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen. Der Kläger wählte unter mehreren ihm grundsätzlich zur Verfügung stehenden Gestaltungsmöglichkeiten zur Beendigung des Darlehensvertrages den Aufhebungsvertrag. Um die weitere – zumindest denkbare – Gestaltungsmöglichkeit eines Widerrufs des Darlehensvertrages wusste der Kläger, weil er die Widerrufsbelehrungen unstreitig erhalten hatte. Gleichwohl entschied er sich für den Abschluss von Aufhebungsverträgen. Vor diesem Hintergrund musste die Beklagte nicht damit rechnen, dass der Kläger Jahre später versuchen würde, die durch die Aufhebungsverträge längst beendeten und abgewickelten Darlehensverträge noch nachträglich zu widerrufen.
48bb)
49Sinn und Zweck der verbraucherschützenden Normen über das Widerrufsrecht stehen einer Verwirkung des Widerrufsrechts durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht entgegen.
50(1)
51Es ist ohnehin zweifelhaft, ob nach Ausübung von Gestaltungsrechten wie der Kündigung eines Vertrages oder dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages überhaupt noch die Möglichkeit des Widerrufs besteht: So führte das OLG Hamm im Beschluss vom 31.08.2011 (20 U 81/11, zitiert nach juris, dort Rnr. 15f.) aus, ein Widerruf sei nach vollständiger Vertragsbeendigung und -abwicklung nicht mehr möglich. Das Widerspruchs- bzw. Widerrufsrecht solle vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt, ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen sei. Mache der Verbraucher aber von seinem Wahlrecht zwischen mehreren Gestaltungsrechten Gebrauch und entscheide sich für ein anderes Gestaltungsrecht als den Widerruf, sei diese Wahl für ihn bindend. So bringe ein Verbraucher beispielsweise durch Erklärung der Kündigung zum Ausdruck, dass er die vertragliche Bindung nicht ex tunc (also rückwirkend), sondern nur ex nunc (also für die Zukunft) beseitigen wolle bzw. im Umkehrschluss eine Bindung für die Vergangenheit gerade anerkenne. Bei dieser Sachlage bestehe auch im Sinne des wohlverstandenen Verbraucherschutzes für die rückwirkende Zulassung eines Widerspruchs- bzw. Widerrufsrechts kein Raum.
52Ebenso entschied das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 18.01.2012, 6 W 221/11, BeckRS 2012, 08128): Schließlich und vor allem handele es sich bei dem in Betracht kommenden Widerrufsrecht seiner Natur um ein besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht. Wie letzteres diene das Widerrufsrecht daher der Umgestaltung eines noch bestehenden Schuldverhältnisses und könne deshalb keine Anwendung finden, wenn der Vertrag, um dessen Widerruf es gehe, bereits auf andere Weise zum Wegfall gekommen sei. Dies sei indes durch nachfolgende Verträge geschehen, die die ursprünglichen Verträge nicht nur erweitert, sondern vollständig ersetzt hätten.
53Im Ergebnis übereinstimmend entschied das OLG Köln (Urteil vom 25.01.2012, 13 U 30/11, BKR 2012, 162), das ebenfalls von einer Verwirkung des Widerrufsrechts ausging. Im Hinblick auf das Zeitmoment komme es nicht darauf an, ob der Verbraucher von dem trotz Fristablaufs tatsächlich - d.h. aus rechtlichen Gründen - fortbestehenden Widerrufsrecht Kenntnis gehabt habe. Das sei jedenfalls dann unbedenklich, wenn es nicht um eine (vollständig) fehlende, sondern nur um eine formal missverständliche und allein deshalb nicht ordnungsgemäße Widerrufsfrist gehe. Angesichts der vollständigen, beiderseitigen Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Aufhebungsvertrag sei auch das sog. Umstandsmoment erfüllt. Dieser Wertung stehe nicht entgegen, dass § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. dem Verbraucher im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung grundsätzlich ein unbefristetes Widerrufsrecht einräume. Dies bedeute lediglich, dass das Widerrufsrecht des nicht ordnungsgemäß belehrten Verbrauchers keiner gesetzlichen Ausübungs- oder Ausschlussfrist unterliege, nicht aber, dass es ungeachtet der Grundsätze von Treu und Glauben gleichsam unbegrenzt ausgeübt werden könne. Auch habe die Beklagte selbst dann auf die Nichtgeltendmachung des Widerrufsrechts vertrauen dürfen, wenn der Kläger keine Kenntnis vom noch bestehenden Widerrufsrecht gehabt habe. Denn der Kläger habe eine - wenn auch nicht ordnungsgemäße - Widerrufsbelehrung erhalten. Diese habe einen durchschnittlichen Verbraucher aber über das Bestehen eines befristeten Widerrufsrechts als solches nicht im Unklaren gelassen.
54Die Kammer verkennt nicht, dass in der Rechtsprechung die wirksame Ausübung eines Widerrufsrechts auch nach Abwicklung des zu Grunde liegenden Vertrages für möglich gehalten wird: So entschied der BGH in einem Urteil vom 07.05.2014 (Az. IV ZR 76/11, zitiert nach juris, dort Rnr. 35 ff.), die vom dortigen Kläger ausgesprochene Kündigung des Vertrages stehe dem späteren Widerspruch nicht entgegen. Da der Kläger über sein Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt worden sei, könne er sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch nicht sachgerecht ausüben. Verwirkung sei nicht eingetreten, da es am Umstandsmoment fehle. Ein schutzwürdiges Vertrauen könne die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchserklärung erteilte.
55Ähnlich führt das OLG Hamm (Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13, zitiert nach juris, dort Rnr. 26) aus, dem Widerruf des Vertrags stehe nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch einen weiteren Vertrag abgelöst worden sei. Sei eine Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß erteilt worden, so werde die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt. Der Widerruf könne daher unbefristet erfolgen, dies sogar dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt sei. Die gegenteilige Ansicht werde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht. Ebenso entschied das Landgericht Mönchengladbach, Urteil vom 24. April 2014,10 O 272/13 (Blatt 133 ff. d.A.).
56(2)
57Die Kammer schließt sich gleichwohl der erstgenannten Auffassung an, wonach ein Widerrufsrecht jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn der Verbraucher eine - wenn auch nicht vollständig ordnungsgemäße - Widerrufsbelehrung erhalten und vor dem Widerruf mit dem Kreditinstitut einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat und dieser Aufhebungsvertrag vollständig abgewickelt worden ist.
58Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor übereilten Entscheidungen zu schützen und ihm selbst nach Abschluss des Vertrages noch eine gewisse Bedenkzeit zur gründlichen Abwägung des Für und Wider zu gewähren (Palandt-Grüneberg, 73. Aufl. 2014, § 355 Rnr. 2). Vor diesem Hintergrund ist die grundsätzlich immerhin, aber auch nur zwei Wochen betragende Widerrufsmöglichkeit zu sehen. Die Bestimmung, wonach der Lauf der Widerrufsfrist erst bei ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung beginnt und das Widerrufsrecht sonst unbefristet besteht, dient dabei nicht originär dazu, dem Verbraucher eine unbefristete Bedenkzeit zu ermöglichen, sondern stellt eine scharfe Sanktionierung des Verwenders der Widerrufsbelehrung dar, um ihn zur Verwendung ordnungsgemäßer Belehrungen zu bewegen. Keinesfalls ist es Sinn und Zweck dieser Norm, dem Verbraucher den Widerruf eines Vertrages aus rein wirtschaftlichen Motiven auch nach langen Jahren der vertragsgemäßen Erfüllung durch beide Seiten zu ermöglichen. Gerade dies wird jedoch derzeit in den Print- und sonstigen Medien gerichtsbekanntermaßen umfangreich propagiert.
59Gerade im vorliegenden Fall gebietet es das Verbraucherschutzrecht aus mehreren Gründen nicht, dem Kläger noch ein Widerrufsrecht nach Abschluss und Abwicklung des Aufhebungsvertrages einzuräumen. Zum einen durfte die Beklagte aufgrund des Abschlusses der Aufhebungsverträge schutzwürdig auf das Bestehen dieser Verträge vertrauen, da durch die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss eine Zäsur herbeigeführt wurde, die in der vollständigen Beendigung des Darlehensvertrages ex nunc bestand. Indem der Kläger die Aufhebung der Darlehensverträge vereinbarte, machte er von einer im Zuge der Privatautonomie bestehenden Möglichkeit Gebrauch, die Verträge gerade nicht durch einen Widerruf ex nunc in ein Abwicklungsschuldverhältnis umzuwandeln. Vielmehr erkannte der Kläger durch Abschluss der ex nunc wirkenden Aufhebungsverträge eigenverantwortlich seine Bindung aus den Darlehensverträgen für die Vergangenheit an. Anders als bei einseitigem Ausüben eines Wahlrechtes zwischen zwei einseitigen Gestaltungsrechten – wie der Kündigung und dem Widerruf (dazu BGH, Urteil vom 16.10.2013, IV ZR 52/12, zitiert nach juris, dort Rn. 24 mit weiteren, auch abweichenden Nachweisen) – hat der Kläger hier eine einvernehmliche zweiseitige Regelung mit der Beklagten zur Beendigung der Darlehensverträge getroffen und damit einen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Dies gilt umso mehr, als die Aufhebungsverträge vollständig durch Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen und Entlassung des Klägers aus den Darlehensverbindlichkeiten abgewickelt worden sind. Eine einseitige Widerrufsmöglichkeit nach einvernehmlich vertraglich vereinbarter Aufhebung der Darlehensverträge ist auch aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht geboten. Über die bereits oben weiter ausgeführten Argumente hinaus, denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt, ist außerdem zu berücksichtigen, dass der Kläger ersichtlich nicht handelte, um sich von einem übereilt abgeschlossenen Darlehensvertrag zu lösen, sondern um die Vorfälligkeitsentschädigungen - wie hier beantragt – zurück zu erhalten, nachdem er zuvor die Darlehensverträge aufgehoben hat.
60cc)
61Die Beklagte hat sich im Vertrauen auf die mit dem Kläger abgeschlossenen Aufhebungsverträge auch so in ihren Maßnahmen eingerichtet, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Widerrufsrechtes des Klägers ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Die Beklagte hat nicht mehr rückgängig zu machende Vermögensdispositionen dergestalt getroffen, dass sie die ausgehandelten und erhaltenen Vorfälligkeitsentschädigungen in ihr Finanzsystem eingebucht und die Darlehensverträge bei sich ausgebucht hat. Es ist der Beklagten nicht zuzumuten, die bereits seit zwei Jahren wieder in ihrem Finanzkreislauf befindlichen Vorfälligkeitsentschädigungen auszubuchen und an den Kläger zurückzuzahlen.
62II.
63Ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der mit der Klageforderung geltend gemachten Beträge aus einer anderen Rechtsgrundlage ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt keine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten vor, da sowohl die Darlehensverträge als auch die Aufhebungsverträge Rechtsgründe für die Zahlungen des Klägers darstellen (§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alternative BGB).
64B.
65Mangels Anspruchs auf Rückzahlung gegen die Beklagte hat der Kläger auch keinen Anspruch auf etwaige Zinszahlungen, §§ 280, 286, 288 BGB.
66C.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.10.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.999,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2 3A)
4Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte im Hinblick auf die vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge mit der Nr. #### und #### ein Anspruch auf Rückzahlung von dem Kläger geleisteter Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 5.999 € zusteht.
5Wegen des weiteren Tatsachenvortrags einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
6Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
7Mit dieser Entscheidung ist der Kläger nicht einverstanden. Fehlerhaft sei die Auffassung des Landgerichts, dass das ihm zustehende Widerrufsrecht verwirkt sei. Für die Beurteilung des Argumentes könne nicht auf den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Darlehensverträge und der Erklärung des Widerrufs abgestellt werden, da die Beklagte den Kläger habe ordnungsgemäß nachbelehren können und müssen. Zudem sei auch das Umstandsmoment nicht gegeben, da die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie ihm keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt habe.
8Der Kläger beantragt,
9das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.999 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
12Sie verteidigt die angefochtene scheint Entscheidung und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.
13Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Partei nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
14B)
15Die Berufung ist begründet. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 346, 357, 355 Abs. 3 S. 3 BGB Zahlung eines Teilberags von 5.999 € verlangen.
16I. Der Kläger hat die Darlehensverträge vom 07.05.2009 mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.11.2013 wirksam widerrufen. Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB 6 Monate nach Vertragsschluss erloschen, weil der Kläger von der Beklagten nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB). Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprochen hat. Insbesondere hätten entsprechend der Nr. 10 der Gestaltungshinweise die allgemeinen Hinweise zu finanzierten Geschäften durch die speziellen Hinweise zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken ersetzt werden müssen. Ebenso hat das Landgericht mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass nach dem Gestaltungshinweises Nr. 10 bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Paranthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend hätten entfernt werden müssen.
17II. Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Weicht nämlich die Widerrufsbelehrung – wie aufgezeigt – teilweise von der Belehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV in der Fassung vom 01.04.2008 bis zum 03.08.2009 ab, kann sich ein Unternehmer nicht mehr auf die Schutzwirkung des §§ 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV berufen (vgl. BGH NJW 2011, 1061; BGH NJW-RR 2012, 183).
18III. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass das Widerrufsrecht des Klägers durch die im Jahr 2009 erfolgte Vertragsaufhebung gegenstandslos geworden sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats steht einem Widerruf des Vertrags nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch einen weiteren Vertrag abgelöst worden ist (vgl. Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13). Da dem Kläger keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt worden ist, kann der Widerruf – unbefristet – erfolgen. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht (vgl. auch OLG Zweibrücken Beschluss vom 10.5.2012 Az. 7 U 84/09).
19IV. Die Forderung des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11 Rz. 39). Außerdem fehlt es an konkretem Vortrag, dass und aus welchen Gründen sich die Beklagte, die ohne weiteres hätte erkennen können, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass Anleger Verträge nicht auch noch Jahre nach deren Abschluss und gegebenenfalls auch dann noch widerrufen, wenn der betreffende Darlehensvertrag zwischenzeitlich einvernehmlich aufgehoben worden ist. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Kläger in wirksamer Form nachzubelehren (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass es eine gesetzgeberische Entscheidung war, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehlt. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung unter Hinweis auf § 242 BGB zu entziehen. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln vom 25.01.2012 (13 U 30/11), KG, Urteil vom 16.08.2012 (8 U 101/2012) und OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2014 (14 U 55/13). Diese Entscheidungen beruhen jeweils auf die von den genannten Gerichten getroffen Feststellungen tatsächlicher Art und können daher nicht einschränkungslos auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden (Senat, Hinweisschreiben vom 25.08.2014, 31 U 74/14).
20V. Die begehrten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz kann der Kläger - wie zuletzt beantragt - als Nutzungsersatz nach § 818 I BGB ab dem 05.12.2011 verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 I BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/123, Juris Rz. 71).
21VI. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
22(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.10.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.999,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2 3A)
4Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte im Hinblick auf die vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge mit der Nr. #### und #### ein Anspruch auf Rückzahlung von dem Kläger geleisteter Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 5.999 € zusteht.
5Wegen des weiteren Tatsachenvortrags einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
6Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
7Mit dieser Entscheidung ist der Kläger nicht einverstanden. Fehlerhaft sei die Auffassung des Landgerichts, dass das ihm zustehende Widerrufsrecht verwirkt sei. Für die Beurteilung des Argumentes könne nicht auf den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Darlehensverträge und der Erklärung des Widerrufs abgestellt werden, da die Beklagte den Kläger habe ordnungsgemäß nachbelehren können und müssen. Zudem sei auch das Umstandsmoment nicht gegeben, da die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie ihm keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt habe.
8Der Kläger beantragt,
9das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.999 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
12Sie verteidigt die angefochtene scheint Entscheidung und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.
13Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Partei nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
14B)
15Die Berufung ist begründet. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 346, 357, 355 Abs. 3 S. 3 BGB Zahlung eines Teilberags von 5.999 € verlangen.
16I. Der Kläger hat die Darlehensverträge vom 07.05.2009 mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.11.2013 wirksam widerrufen. Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB 6 Monate nach Vertragsschluss erloschen, weil der Kläger von der Beklagten nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB). Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprochen hat. Insbesondere hätten entsprechend der Nr. 10 der Gestaltungshinweise die allgemeinen Hinweise zu finanzierten Geschäften durch die speziellen Hinweise zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken ersetzt werden müssen. Ebenso hat das Landgericht mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass nach dem Gestaltungshinweises Nr. 10 bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Paranthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend hätten entfernt werden müssen.
17II. Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Weicht nämlich die Widerrufsbelehrung – wie aufgezeigt – teilweise von der Belehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV in der Fassung vom 01.04.2008 bis zum 03.08.2009 ab, kann sich ein Unternehmer nicht mehr auf die Schutzwirkung des §§ 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV berufen (vgl. BGH NJW 2011, 1061; BGH NJW-RR 2012, 183).
18III. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass das Widerrufsrecht des Klägers durch die im Jahr 2009 erfolgte Vertragsaufhebung gegenstandslos geworden sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats steht einem Widerruf des Vertrags nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch einen weiteren Vertrag abgelöst worden ist (vgl. Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13). Da dem Kläger keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt worden ist, kann der Widerruf – unbefristet – erfolgen. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht (vgl. auch OLG Zweibrücken Beschluss vom 10.5.2012 Az. 7 U 84/09).
19IV. Die Forderung des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11 Rz. 39). Außerdem fehlt es an konkretem Vortrag, dass und aus welchen Gründen sich die Beklagte, die ohne weiteres hätte erkennen können, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass Anleger Verträge nicht auch noch Jahre nach deren Abschluss und gegebenenfalls auch dann noch widerrufen, wenn der betreffende Darlehensvertrag zwischenzeitlich einvernehmlich aufgehoben worden ist. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Kläger in wirksamer Form nachzubelehren (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass es eine gesetzgeberische Entscheidung war, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehlt. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung unter Hinweis auf § 242 BGB zu entziehen. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln vom 25.01.2012 (13 U 30/11), KG, Urteil vom 16.08.2012 (8 U 101/2012) und OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2014 (14 U 55/13). Diese Entscheidungen beruhen jeweils auf die von den genannten Gerichten getroffen Feststellungen tatsächlicher Art und können daher nicht einschränkungslos auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden (Senat, Hinweisschreiben vom 25.08.2014, 31 U 74/14).
20V. Die begehrten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz kann der Kläger - wie zuletzt beantragt - als Nutzungsersatz nach § 818 I BGB ab dem 05.12.2011 verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 I BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/123, Juris Rz. 71).
21VI. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
22(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.