Landgericht Tübingen Beschluss, 09. Sept. 2015 - 5 T 162/15

bei uns veröffentlicht am09.09.2015

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Tübingen vom 20.05.2015, Az. 2 M 715/15, aufgehoben und die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsersuchen vom 1.12.2014 für unzulässig erklärt.

2. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Gründe

 
I.
Am 8.12.2014 ist beim Gerichtsvollzieher beim AG Tübingen ein Vollstreckungsersuchen eingegangen. Im Kopf des Schreibens findet sich links das Wort „Südwestrundfunk“ (ohne Angabe von Rechtsform und Anschrift) sowie rechts das Logo des „ARD ZDF Deutschlandradio - Beitragsservice“ (künftig: Beitragsservice) nebst sämtlichen Adress- und Kontaktdaten. Auf Seite 2 findet sich die Grußformel „mit freundlichen Grüßen Südwestrundfunk“, Seite 3 schließt nach der Aufstellung betreffend Festsetzungsbescheiden mit einem Hinweis auf die elektronische Datenverarbeitungsanlage.
Dieses Ersuchen stellt den zugrundeliegenden Vorgang dar; es werden Zahlungsrückstände und „Bescheide“ aufgelistet, ohne allerdings in der entsprechenden Aufstellung eine den Bescheid erlassende Behörde anzugeben.
In der Sache selbst wurden Anträge gem. § 802 I, 802 b, 802 f, 802 l, 900 ZPO gestellt.
II.
Der Gerichtsvollzieher hat die Eintragungsanordnung nach erfolgloser Zahlungsaufforderung noch nicht erlassen, jedoch zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen. Das Vollstreckungsersuchen hat er wie folgt bezeichnet: „Zwangsvollstreckungssache ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice, … Köln, gegen Herrn. …“. Hiergegen hat der Schuldner Rechtsmittel gem. § 766 ZPO eingelegt, das vom Amtsgericht mit angegriffenem Beschluss vom 20.5.2015, in dem „-Beitragsservice - ARD ZDF Deutschlandradio, … Köln“ als Gläubigerin im Rubrum erscheint, zurückgewiesen wurde.
III.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Einzelrichterzuständigkeit ist gegeben. Im eine frühere Entscheidung des LG Tübingen (5 T 81/14) aufhebenden Beschluss vom 11.6.2015 hat der Bundesgerichtshof grundlegende Fragen zur Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen beantwortet.
3. Der angefochtene Beschluss war danach unter Zugrundelegung der Grundsätze der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.6.2015 (I ZB 64/14) aus tatsächlichen Gründen aufzuheben und die Zwangsvollstreckung aus dem verfahrensgegenständlichen Vollstreckungsersuchen für unzulässig zu erklären. Weder der Gläubiger noch die Vollstreckungsbehörde sind ausreichend bezeichnet. Der Fall unterscheidet sich in tatsächlicher Hinsicht vom durch den BGH entschiedenen Fall darin, dass der Gerichtsvollzieher dort als Gläubigerin einen „SWR ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice Köln“ angenommen hat, während der Gerichtsvollzieher hier von einem Gläubiger „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“ ausgegangen ist. .
4. Der Gläubiger muss so genau bezeichnet sein, dass er richtig festgestellt werden kann. Der Schuldner muss erkennen können, gegen wen ggf. Vollstreckungsgegenklage zu erheben wäre, auf wessen Forderung er zahlen muss. Die Bezeichnung wäre jedenfalls unzureichend, wenn ein Rechtsmittel des Schuldners bei Übernahme der Bezeichnung an der korrekten Passivlegitimation scheitern würde (vgl. BayVGH, 8.9.2005, 7 C 05.2201, juris-Rn. 2). Unklarheiten gehen zu Lasten des Gläubigers; die Angabe der vertretenden Person ist dagegen, wenn ansonsten sichere Feststellbarkeit gegeben ist, dabei nicht zwingend (vgl. Zöller, ZPO, § 750 Rn. 3 u. 4). Für die Frage, wer Partei eines Vollstreckungsauftrags ist, ist auch nicht allein die Parteibezeichnung ausschlaggebend, sondern auch deren Feststellbarkeit aufgrund anderer Umstände (BGH a.a.O., Rn. 21), auch aus dem vorangegangenen Verfahren. An diesen Erfordernissen war der Beschwerdesachverhalt zu messen.
5. Die Parteibezeichnung „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“ (früher GEZ) ist unzutreffend; der Beitragsservice ist weder rechts- noch parteifähig und nicht Gläubiger der Forderung. Im verfahrenseinleitenden Antrag ist der Beitragsservice mit allen für ein gerichtliches Verfahren erforderlichen Daten angegeben. Lediglich am oberen Rand und in der Grußformel ist ohne weitere Angaben das Wort Südwestrundfunk angegeben. Dass der Beitragsservice hier Forderungen des Südwestrundfunks beitreibt, wird mit keinem Wort erwähnt. Auch ein Rückschluss vom Absender des Ersuchens auf den Gläubiger hilft nicht weiter. Als Absender ist zweifelsfrei derjenige anzusehen, dessen postalische Angaben aufgedruckt sind. Dies war der Beitragsservice. Im hier zu entscheidenden Fall taucht zudem auch das Wort „Landesrundfunkanstalt“ nicht auf; soweit der Bundesgerichtshof hieran die Konkretisierung des Südwestrundfunks anknüpft, fehlt vorliegend dieser Anknüpfungspunkt. Im Übrigen erscheint ein solcher Rückschluss fragwürdig, da der Name „Südwestrundfunk“ – anders als Hessischer Rundfunk oder Bayerischer Rundfunk, auch aus sich heraus keinen Rückschluss auf die Rundfunkanstalt eines Landes zulässt (16 Bundesländer, 11 Landesrundfunkanstalten, ein Deutschlandradio, 14 Landesmedienanstalten, ARD/ZDF als Nicht-Landesrundfunkanstalten, Deutsche Welle als nicht-beitragsbeteiligter öff. Sender). Das Vollstreckungsersuchen nimmt auch auf seiner Rückseite, auf der die Gesetzesfundstellen der Länder angegeben sind, keine Zuordnung bestimmter Regionen zu einer Landesrundfunkanstalt vor. So dürfte kaum ohne weiteres erkennbar sein, dass die zuständige Landesrundfunkanstalt für Bad Honnef der WDR, für Remagen dagegen der SWR in Stuttgart, für Osnabrück der NDR und für Münster der WDR oder für Salzwedel der MDR und für das erheblich südlicher gelegene Göttingen der NDR sein dürfte.
10 
6. Die Frage, wer Partei und Gläubiger ist, kann grundsätzlich auch aus den sonstigen Umständen entnommen werden (BGH a.a.O., Rn. 23). Solche Umstände wären dann ausreichend gemäß der Entscheidung des BGH gegeben, wenn - ohne den Datenblock des Beitragsservice - nur die dargestellten Worte „Südwestrundfunk“ und/oder die diesbezügliche Grußformel vorhanden gewesen wären. Dann hätte sich aus den Umständen, „Rundfunk“ und „Rundfunkbeiträge“, ergeben können, dass nur der Südwestrundfunk als Gläubiger und Partei gemeint sein konnte. Die Adressdaten wären ermittelbar gewesen.
11 
7. Vorliegend ist jedoch einerseits der Beitragsservice (mit allen erforderlichen Daten), andererseits der Südwestrundfunk (ohne Daten) erwähnt. Selbst nach einer berichtigenden Ergänzung (um jedenfalls die Anschrift) stünden im vorliegenden Fall auf dem Ersuchen dann zwei denkbare Gläubiger alternativ zur Auswahl: SWR und Beitragsservice. Wenn einer davon der richtige Gläubiger wäre, müssten somit weitere Umstände vorhanden sein, die dem Schuldner ein Ausscheiden des unzutreffenden und eine Auswahl des zutreffenden Gläubigers ermöglichen würden. Die Frage der Gläubigerstellung muss sich dabei insgesamt auch ohne materielle Prüfung aus der Bezeichnung beantworten lassen. Das Vollstreckungsgericht ist weder befugt noch in der Lage, zunächst selbst die materielle Prüfung vorzunehmen, wer Forderungsinhaber sein könnte, und aus dieser Prüfung dann die Gläubigerstellung herzuleiten.
12 
8. An derartigen Umständen fehlt es. Die Unklarheit in Bezug auf die Auswahl zwischen Südwestrundfunk und Beitragsservice ergibt sich auch aus folgenden - teils abstrakten, teils konkreten - Erwägungen:
13 
- Der Senat des Bundesgerichtshofs musste im zitierten Verfahren selbst erst durch aufwändige Aufklärung den (möglichen) einen Gläubiger (SWR, Anstalt d. ö. R.) ermitteln.
14 
- Der erfahrene Gerichtsvollzieher nahm vorliegend selbst – abweichend vom vom BGH entschiedenen Fall - fälschlich ausschließlich den Beitragsservice als Gläubiger an.
15 
- Ein - unproblematisch und ohne Mehraufwand anbringbarer - Vertretungs- oder Inkassozusatz fehlt. (Anders, d.h. mit Zusatz, dass im Auftrag des Hessischen Rundfunks gehandelt werde, VG Kassel, 22.6.2015, 1 L 677/15.KS).
16 
- Anders als beim Bayerischen Rundfunk sind die Adressdaten des Südwestrundfunks nicht angegeben (vgl. VG München, 19.9.2014, M 6a K 14.1156, LG Nürnberg 16 T 4208/14 v. 26.8.2014).
17 
- Der Beitragsservice schreibt gegenüber dem Gericht, obwohl nicht rechtsfähig, von „unserem Ersuchen“.
18 
- Der Beitragsservice suggeriert auf seiner Internetseite, die bei der Recherche herangezogen werden könnte, entgegen Angaben an anderen Stellen, rechtsfähig zu sein. (Angabe, Rechteinhaber – Copyright – zu sein).
19 
- Nicht einmal das primäre Zahlungsaufforderungsschreiben des Beitragsservice weist darauf hin, wer Gläubiger ist; dieser wird nicht mit einem Wort erwähnt (vgl. Musterschreiben http://www.rundfunkbeitrag.de/e175/e1581/Musterbrief.pdf).
20 
- Auch diverse Landgerichte nehmen aufgrund der falschen, zumindest unklaren Fassung der Ersuchen bei gleichartiger Sachlage falsche Gläubigerbenennungen ins Rubrum auf: „Beitragsservice“ (vgl. LG Hechingen, 3 T 62/14 v. 3.7.2014, ebenso LG Ellwangen, 1.8.2014, 1 T 131/14; nicht rechtsfähig), „Südwestrundfunk ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“ bzw. „WDR ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“ (vgl. LG Konstanz A 62 14/15 v. 16.2.2015 und LG Stuttgart 10 T 164/14 v. 11.3.2014 sowie LG Detmold, 1.8.2014, 3 T 108/14; in dieser Kombination nicht existent), „… Körperschaft d. ö. Rechts“ (LG Nürnberg 16 T 4208/14 v. 26.8.2014; um falsche Rechtsform ergänzt)
21 
- Die einzige einschlägige Kommentierung (Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. A. 2012), auf die auch der Bundesgerichtshof zurückgreift und die trotz des Umstandes, dass die Kommentierung durch eine Mitarbeiterin der Beschwerdegegnerin erfolgte, als wissenschaftliche Meinung mit besonderer praktischer Sachkunde angesehen werden kann, kommt hinsichtlich der Gläubigerstellung zum Ergebnis, dass Gläubigerin gerade nicht entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und nun auch des Bundesgerichtshofs die Landesrundfunkanstalt ist, sondern die Landesrundfunkanstalt zusammen mit dem ZDF, dem Deutschlandradio und der Medienanstalt (Tucholke, in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. A. 2012, § 10 RBStV, Rn. 4). Ohne dass es hierauf dann noch ankäme, wird darauf hingewiesen, dass das Gericht im Rubrum entsprechend der BGH-Entscheidung noch eine mögliche Gläubigerstellung der Landesrundfunkanstalt ausweist. Für die abweichende Kommentierung von Tucholke zur Gläubigerstellung diesem Punkt spricht allerdings sowohl der klare Wortlaut von § 10 I RBStV als auch der Gesamtsystematik von § 10 RBStV, wonach in Abs. 1 der Gläubiger, in Abs. 2 die Inkassostelle bzw. der Empfangsberechtigte und in Abs. 5 die Vollstreckungsbehörde beschrieben werden.
22 
- Der Schuldner kann auch nicht auf andere Umstände, beispielsweise die Internetseite des Beitragsservice oder dessen dort herunterladbare Broschüre, zurückgreifen, aus denen sich die Person des Gläubigers ergeben könnte. Bei den dortigen Informationen finden sich Angaben zur Höhe und zum Schuldner, nicht aber zum Gläubiger (und auch nicht zur Vollstreckungsbehörde, die nur abstrakt erwähnt aber nicht näher bestimmt wird: „Die Vollstreckungsbehörde wird beauftragt …“). Explizit werden dagegen die Tätigkeiten des Beitragsservice dargestellt, ohne Hinweis darauf, für wen die Tätigkeit erfolgt: „Der Beitragsservice ... erhebt den Rundfunkbeitrag ...“; „Der Beitragsservice ... ist Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und zuständig für Fragen rund um den Rundfunkbeitrag.“; „Der Beitragsservice erhebt den Rundfunkbeitrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio ...“; lediglich bei den Kontonummern, die als mehrfach nachgeordnete Information sichtbar wird, tauchen neben einem allgemeinen Konto in Köln, Sitz des Beitragsservice, neun Rundfunkanstalten auf; für alle Kunden gilt jedoch bundesweit dieselbe Gläubigeridentifikationsnummer des Beitragsservice DE3000100000001272.
23 
9. Die Aufstellung zeigt, dass im vorliegenden konkreten Fall eindeutige Umstände, wie sie der Bundesgerichtshof verlangt (BGH a.a.O., Rn. 23), selbst dann in Bezug auf die Auswahl zwischen Beitragsservice und SWR nicht vorliegen, wenn das Ersuchen um die SWR-Daten ergänzt würde. Aus dem Ersuchen lässt sich der Gläubiger ohne intensive materielle Prüfung nicht ersehen. Insbesondere stellt auch die Grußformel kein eindeutiges Kriterium dar, nach dem der Südwestrundfunk zutreffend und der Beitragsservice unzutreffend erscheinen muss, da für dieselbe Forderung bei der Zahlungsaufforderung die Grußformel „Mit freundlichen Grüßen Ihr Beitragsservice“ Verwendung findet. Eine wirksame Parteibezeichnung (als allgemeine Voraussetzung im Vollstreckungsverfahren, vgl. BGH a.a.O., Rn. 16) fehlt und ist auch den Umständen nicht zu entnehmen.
24 
10. Daneben leidet das vorliegende Vollstreckungsersuchen an einem durchgreifenden formalen Mangel: Das Vollstreckungsersuchen muss die Bezeichnung der Vollstreckungsbehörde enthalten (BGH a.a.O., Rn. 29). Die Bezeichnung muss so genau sein, dass zumindest der Gerichtsvollzieher als Adressat in die Lage versetzt wird, das Ersuchen einer Vollstreckungsbehörde, d.h. der Behörde, die den zu vollstreckenden Verwaltungsakt erlassen hat, zuzuordnen (BGH a.a.O.).
25 
11. Vorliegend enthielt das Ersuchen zwei denkbare Vollstreckungsbehörden: Den ohne weitere Angaben erwähnten Südwestrundfunk und den mit allen relevanten Daten versehenen Beitragsservice. Tatsächlich ist der Südwestrundfunk Vollstreckungsbehörde (§ 10 V RBStV). Im konkret vorliegenden Fall ist dieser gegenüber der massiven Dominanz des Beitragsservice so untergeordnet erwähnt, sodass nur profunde Kenntnisse von § 10 RBStV zur Identifizierung des SWR als Vollstreckungsbehörde führen. Aus der Sicht des konkreten Empfängers und dessen maßgeblicher objektiver Würdigung (vgl. BGH a.a.O., Rn. 31) war im konkreten Fall festzustellen, dass der Obergerichtsvollzieher als Adressat, gerade nicht in der Lage war, die Behörde zu bestimmen, sondern stattdessen den Beitragsservice als Behörde angenommen hatte,, wie gerichtsbekannt auch andere Gerichtsvollzieher. Da auch nicht angegeben ist, wer, d.h. welche Behörde, den dem Ersuchen zugrundeliegenden Verwaltungsakt erlassen hat, konnte auch dieser Umstand zur Ermittlung der Behörde nicht beitragen.
26 
Im Übrigen drängt sich gerade im Rundfunkbereich auch keineswegs die Behördeneigenschaft des „SWR“ auf. Nach außen hin tritt der „SWR“ bzw. treten die Landesrundfunkanstalten nicht anders auf als beispielsweise das ZDF oder RTL (alle mit Werbung, Vergütungen außerhalb der Besoldung im öff. Dienst, Programmstruktur). Dass in der Sendergruppe ARD, SWR, NDR, BR, ZDF, SAT1, 3SAT, RTL und arte sich zwar letztlich 7 öffentlich-rechtliche Sender, darunter nur 1 landesbezogene Landesrundfunkanstalt und 2 Mehr-Länder-Landesrundfunkanstalten, befinden, nur drei der genannten öffentlich rechtlichen Sender Behörden mit Beitragsfestsetzungsbefugnis sind und wiederum nur ein Teil davon zugleich – teilweise in Teilflächen des Sendegebiets - Vollstreckungsbehörde, kann schwerlich als offenkundig angesehen werden. Schließlich ist zu sehen, dass keineswegs zwingend die Landesrundfunkanstalt auch zugleich Vollstreckungsbehörde ist Die gleiche Problematik betrifft auch die Gläubigerermittlung.
27 
12. Es fehlt somit aus tatsächlichen Gründen an der alternativlosen und für den Gerichtsvollzieher als Adressaten erforderlichen eindeutigen Erkennbarkeit der Vollstreckungsbehörde, was wiederum zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen musste.
28 
13. Auf die Frage, ob – wie bei allen anderen gesetzlichen Abgaben (Steuern, Gebühren, Beiträge) unabhängig von gesetzlicher Fälligkeit ein anfänglicher (originärer, primärer, die Abgabenhöhe mit Gründen und Rechtsmittelbelehrung festsetzender) Leistungsbescheid/Verwaltungsakt vor der Festsetzung von Säumniszuschlägen erforderlich ist (- vom BGH a.a.O. Rn. 49/53 verneint-), kam es danach nicht mehr an. Der Beitrag wird gesetzlich ab dem Zeitpunkt geschuldet, in dem die Voraussetzungen dafür vorliegen. Soweit § 12 I RBStV von „fällig“ spricht, ist systematisch nicht der Beginn des für die Beitragsschuld relevanten Zeitpunkts gemeint. Insoweit wurde durch den Beitragsstaatsvertrag lediglich im Rahmen des bestehenden öffentlich. rechtlichen Abgabenrechts formal ein Beitrag geschaffen, ohne dass damit die im öffentlich-rechtlichen Abgabenrecht durchgängig vorausgesetzte Bescheidsnotwendigkeit tangiert würde. Im Übrigen zeigt sich der Umstand, dass in § 7, 10 RBStV nur der Beginn der Beitragspflicht, nicht aber der verzugsrelevante Zeitpunkt der Zahlungsfälligkeit (§ 12 I RBStV) gemeint, schon im Staatsvertrag selbst: Zu zahlen sind die Beiträge erst in der Mitte eines Dreimonatszeitraums. Der Umstand, dass später rückständige Beiträge errechnet und zur Vollstreckung festgesetzt werden, hat damit nichts zu tun. Der originäre Bescheid hat die Aufgabe, klar zu definieren wer Gläubiger ist, wer Schuldner ist (- d.h. gegen welchen von mehreren Wohnungsinhabern der Bescheid sich richtet -), in welcher Höhe der Beitrag geschuldet wird, ob und aus welchen Gründen der Wohnungsbegriff erfüllt ist, wann ggf. fiktiv die Beitragspflicht beginnt (- ggf. bis zu 30 Tage vor Beginn der Wohnungsinhaberschaft -), wann (in der Mitte welchen Monats, drei Monate ab echtem oder fiktivem Einzug, Mitte der drei Monate oder Mitte des mittleren Monats(Z. B.: Einzug 28.2. = Beitragspflichtbeginn 1.2.; Dreimonatszeitraum 28.2. – 28.5. oder 1.2. – 30.4.; letzterer unterstellt: Mitte = 15.3. oder 16.3. (= Mitte des mittleren Monats) oder 16.3. oder 17.3. (= Mitte des Dreimonatszeitraums); das Beispiel zeigt, dass auch dieses Gesetz nicht ohne definierenden Bescheid für jeden Beitragspflichtigen selbsterklärend ist) -) und auf welches Konto (der Gläubigerin) schuldbefreiend bezahlt werden soll, alles versehen mit Begründung und Rechtsmittelbelehrung. Nicht anders verhält es sich bei jeder anderen öffentlich-rechtliche Abgabe (§§ 21, 32 Kommunalabgabengesetz, §§ 218 ff Abgabenordnung, § 27 Grundsteuergesetz für die Festsetzung für mehrere Schuldperioden). Erst infolge eines Festsetzungsbescheids werden der Gläubiger, Beitragshöhe und rechtliche Grundlage nebst Einordnung mit Rechtsmittelbelehrung unter Angabe der Überweisungsdaten benannt. Hiervon geht auch uneingeschränkt § 10 VI RBStV mit Verweis auf das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz aus. Die Systematik von §§ 13, 14 LVwVG bestätigt, dass bei wiederkehrenden Leistungen zunächst der Verwaltungsakt steht, dem eine Mahnung folgt; danach schließen sich ggf. ein Bescheid über offene Abgaben/Zuschläge als konkreter Titel und das Vollstreckungsersuchen als Ersatz für dessen vollstreckbare Ausfertigung an.
29 
Die Bundesregierung erläutert dies (VMBl 1957 S. 630) anschaulich: „Dem Schuldner ist zunächst ein Leistungsbescheid zu erteilen, in dem er zur Leistung aufgefordert wird. In dem Leistungsbescheid ist dem Schuldner bekanntzugeben, welche Leistung er schuldet. … Der Leistungsbescheid ist mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.“ Die vom Bundesgerichtshof vertretene Ansicht findet, was – ohne Wertung zumindest offenlegungswürdig erscheint - in der zitierten Literatur ausschließlich durch eine Mitarbeiterin der Beschwerdegegnerin bzw. ihrer Vorgängerin (Tucholke in Beck`scher Kommentar zum Rundfunkrecht) sowie nun in einer Anmerkung zum BGH-Beschluss durch Engelhart-Kehle und Seiß, ausweislich der Parallelakte Beitragsreferentinnen des verfahrensbetroffenen SWR, Rückhalt. Soweit in BVerfG, 1 BvR 829/06 auch noch eine Kommentierung durch Hermann/Lausen zitiert wird, stammt diese von einem Intendanten und einem Mitarbeiter des (vgl. http://www.urheberrecht.org/institut/members/) durch die Rundfunkanstalten unterstützten Instituts.
30 
Es wird abschließend vorsorglich darauf hingewiesen, dass es in diesem Verfahren nicht um die Verfassungsgemäßheit der Rundfunkfinanzierung geht, sondern lediglich um (formale) Fragen der Zwangsvollstreckung des konkreten Vorgangs (= konkretes Vollstreckungsersuchen) und die Frage, ob „wie bei jeder anderen Zwangsvollstreckungsmaßnahme“ (LG Detmold, 21.11.2012, 3 T 187/12) alle formalen Voraussetzungen vorliegen, basierend auf bis 2014 verwendeten Bescheids- und Antragsmuster der Gläubigerin.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Tübingen Beschluss, 09. Sept. 2015 - 5 T 162/15

Urteilsbesprechungen zu Landgericht Tübingen Beschluss, 09. Sept. 2015 - 5 T 162/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 766 Erinnerung gegen Art und Weise der Zwangsvollstreckung


(1) Über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr zu beobachtende Verfahren betreffen, entscheidet das Vollstreckungsgericht. Es ist befugt, die im § 732 Abs. 2 b

Abgabenordnung - AO 1977 | § 218 Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden
Landgericht Tübingen Beschluss, 09. Sept. 2015 - 5 T 162/15 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 766 Erinnerung gegen Art und Weise der Zwangsvollstreckung


(1) Über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr zu beobachtende Verfahren betreffen, entscheidet das Vollstreckungsgericht. Es ist befugt, die im § 732 Abs. 2 b

Abgabenordnung - AO 1977 | § 218 Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden

Referenzen - Urteile

Landgericht Tübingen Beschluss, 09. Sept. 2015 - 5 T 162/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Landgericht Tübingen Beschluss, 09. Sept. 2015 - 5 T 162/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Sept. 2014 - 6a K 14.1156

bei uns veröffentlicht am 19.09.2014

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsle

Landgericht Detmold Beschluss, 01. Aug. 2014 - 3 T 108/14

bei uns veröffentlicht am 01.08.2014

Tenor Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die vom Gläubiger am 03.09.2013 beantragte Abnahme der Vermögensauskunft nicht länger mit der Begründung zu verweigern, es fehle an einem Nachweis dafür, dass
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landgericht Tübingen Beschluss, 09. Sept. 2015 - 5 T 162/15.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Feb. 2016 - M 26 E 16.105

bei uns veröffentlicht am 17.02.2016

Tenor I. Für die vorliegende Streitsache ist der Verwaltungsrechtsweg unzulässig. II. Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht A. verwiesen. III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. Dez. 2017 - M 6 E 17.4829

bei uns veröffentlicht am 12.12.2017

Tenor I. Für die vorliegende Streitsache ist der Verwaltungsrechtsweg unzulässig. II. Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht Rosenheim verwiesen. III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 15. März 2016 - M 26 K 15.2682

bei uns veröffentlicht am 15.03.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung o

Amtsgericht Mannheim Beschluss, 13. Okt. 2016 - 7 M 45/16

bei uns veröffentlicht am 13.10.2016

Tenor Die am 17.08.2016 eingelegte Erinnerung der Schuldnerin wird zurückgewiesen. Die Schuldnerin hat die Kosten der Erinnerung zu tragen. Gründe   I. 1 Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung w

Referenzen

(1) Über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr zu beobachtende Verfahren betreffen, entscheidet das Vollstreckungsgericht. Es ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.

(2) Dem Vollstreckungsgericht steht auch die Entscheidung zu, wenn ein Gerichtsvollzieher sich weigert, einen Vollstreckungsauftrag zu übernehmen oder eine Vollstreckungshandlung dem Auftrag gemäß auszuführen, oder wenn wegen der von dem Gerichtsvollzieher in Ansatz gebrachten Kosten Erinnerungen erhoben werden.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wurde beim Beklagten bis einschließlich Dezember 2012 als Rundfunkteilnehmerin nur mit einem Radiogerät geführt. Hierfür wurden Rundfunkgebühren bis einschließlich Dezember 2012 entrichtet.

Anlässlich der Umstellung auf den neuen Rundfunkbeitrag ab 1. Januar 2013 wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom ... Februar 2013 an den Beklagten und teilte mit, sie werde den Rundfunkbeitrag nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung bezahlen. So wie viele Experten gehe sie davon aus, dass der neue Rundfunkbeitrag rechtswidrig sei. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag als seine Rechtsgrundlage sei unter Verstoß insbesondere gegen verfassungsrechtliche Vorschriften zustande gekommen. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom ... Mai 2013 mit, eine Zahlung der Rundfunkbeiträge unter Vorbehalt könne er nicht akzeptieren und erinnerte die Klägerin mit weiterem Schreiben vom ... Juni 2013 daran, dass sie unter Anrechnung eines Zahlungseingangs rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von a. Euro schulde.

Weil auch in der Folgezeit die Rundfunkbeiträge nicht vollständig bezahlt wurden, setzte der Beklagte mit Bescheid vom ... Januar 2014 unter Berücksichtigung von Zahlungseingängen zuletzt vom ... Oktober 2013 in Höhe von b. Euro für den Zeitraum April 2013 bis einschließlich Juni 2013 rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von c. Euro zuzüglich eines Säumniszuschlags von 8,00 Euro, insgesamt d. Euro gegenüber der Klägerin fest. Mit weiterem Bescheid vom ... Februar 2014 wurden rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von insgesamt e. Euro festgesetzt. Während gegen diesen Bescheid kein Rechtsbehelf ergriffen wurde, legte die Klägerin gegen den Bescheid vom ... Januar 2014 mit Telefax vom ... Februar 2014 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom ... Februar 2014, zur Post gegeben am ... Februar 2014, als unbegründet zurückwies.

Mit Schreiben vom ... März 2014, das per Telefax am ... März 2014 einging, erhob die Klägerin zum Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage mit dem Antrag,

den Gebühren-/Beitragsbescheid vom ... Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ... Februar 2014 aufzuheben.

Des Weiteren beantragte sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage. Nachdem die Beteiligten das unter dem Aktenzeichen ... geführte Eilverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, stellte das Gericht dieses Verfahren mit Beschluss vom ... April 2014 ein und entschied, dass billigem Ermessen entsprechend die Antragstellerin die Kosten dieses Verfahrens zu tragen habe. Die gegen die Kostenentscheidung erhobene Anhörungsrüge der Antragstellerin wies das Gericht mit Beschluss vom ... Juni 2014 zurück.

Wie schon zur Begründung ihres Widerspruchs macht die Klägerin zur Klagebegründung umfangreiche Ausführungen insbesondere dazu, weshalb aus ihrer Sicht der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verfassungswidrig sei.

Beim neuen Rundfunkbeitrag handle es sich auch nach Meinung vieler Rechtsexperten nicht um einen Beitrag, sondern in Wahrheit um eine Steuer. Eine solche einzuführen hätten die Länder jedoch nicht die Gesetzgebungskompetenz, so dass bereits deshalb der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag rechtswidrig sei. Der Beitrag verstoße auch gegen die sogenannte „negative Handlungsfreiheit“. Das Recht, seiner freien Entscheidung gemäß Rundfunkleistungen (bewusst) nicht in Anspruch zu nehmen und sich stattdessen seiner Persönlichkeit entsprechend frei zu entfalten, werde ausgehebelt. Die Klägerin höre Radio und sei bereit, auch in Zukunft hierfür zu zahlen. Sie darüber hinaus zwingen zu wollen, auch für Fernsehen zu zahlen, das sie weder nutze noch unterstützen wolle, greife in ihre allgemeine Handlungsfreiheit ein. Wenn sie gezwungen werde, zukünftig den vollen Rundfunkbeitrag zu zahlen, könne sie sich daneben bisher genutzte andere Informationsquellen wie Tageszeitungen nicht mehr leisten, was ebenfalls einen Grundrechtsverstoß darstelle.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz bestehe darin, dass eine ... m² große, von nur einer Person mit einem Radio bewohnte Wohnung ebenso viel zahlen solle wie ein Haus mit 10 Zimmern, in welchem gegebenenfalls eine Vielzahl von Rundfunkgeräten von vielen dort wohnenden Personen benutzt würden.

Ein Eingriff in das Recht der Eltern, ihre Kinder ihren Vorstellungen gemäß zu erziehen, liege darin, dass sie gezwungen werden sollten, Fernsehprogramme zu nutzen, obwohl dies der Entwicklung von Kindern abträglich sei. Rundfunk wirke desintegrierend und kommunikationszerstörend bereits innerhalb von Familien, was erst recht für die Gesellschaft insgesamt gelte. Es sei der Klägerin nicht zuzumuten, Rundfunkleistungen zu bezahlen, durch die ihre Familie oder Dritte, mit denen ihre Familie in Kontakt komme, geschädigt würden. Fernsehen sei leistungsmindernd und verursache größeren volkswirtschaftlichen Schaden als es Nutzen bringe.

Das Fernsehen befördere insbesondere gesellschaftliche Konformitäten und Moden, denen Kinder dann schon im Kindergarten und auf dem Pausenhof ausgesetzt seien. Durch die Rundfunkabgabe werde man gezwungen, gesellschaftliche bzw. werbetechnische Formungen und Verhältnisse mitzufinanzieren, die man gegebenenfalls ablehne. Das Recht auf die freie Wahl von Inhalten und Methoden der Kindererziehung werde auch dadurch eingeschränkt, dass das Geld für die Rundfunkabgabe nicht mehr für Mal-, Tanz-, Sport-, Bastel- oder Töpferkurse, Kindergruppen oder Vorlesekurse zur Verfügung stehe, ebenso wenig wie für gesunde Ernährung, Schmetterlingsausstellungen, Tierparks oder Theaterbesuche. Wenn der Staat mit der sogenannten „Herdprämie“ die Nichtnutzung staatlicher Einrichtungen (Kindertagesstätten) honoriere, so müsse er das gleichermaßen gegenüber denjenigen tun, die das staatliche Rundfunk- und Fernsehangebot nicht nutzten.

Es liege auch ein Verstoß gegen die Glaubensfreiheit aus Art. 4 GG vor. Wie allgemein bekannt sei, würden durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten insbesondere große Sportereignisse wie Olympia, Tour de France oder Fußballweltmeisterschaften mit erheblichen Geldmitteln unterstützt. Während der Vorbereitung und Durchführung dieser Veranstaltungen komme es zu erheblichen Straftaten, Korrup-tion, Verstöße gegen den freien Wettbewerb und zahlreiche Menschenrechtsverletzungen. Es sei der Klägerin aus Gewissensgründen nicht zuzumuten, all das mit ihren Rundfunkbeiträgen zu fördern und zu ermöglichen.

Der Rundfunkbeitrag verstoße auch gegen das Kostendeckungsprinzip. Für die vom Rundfunk zu erbringende sogenannte Grundversorgung sei ein Beitrag in dieser Höhe auf keinen Fall erforderlich.

Es sei rechtswidrig gewesen, der Klägerin gegenüber überhaupt einen Bescheid zu erlassen, da sie angeboten habe, den geforderten Rundfunkbeitrag unter Vorbehalt zu bezahlen, bis geklärt sei, ob er verfassungskonform sei oder nicht. Außerdem sei der den Bescheid erlassende Beitragsservice kein Hoheitsträger und zum Erlass solcher Bescheide überhaupt nicht befugt. Die gegenüber dem ursprünglichen Beitrag für ein Hörfunkgerät eingetretene Beitragserhöhung von rund 300% sei völlig unverhältnismäßig und sittenwidrig. Der Rundfunkbeitrag diene auch nicht der Finanzierung eines „staatsfreien“ Rundfunks. Vielmehr sei dieser vom Staat, Beamten und Politikern durchsetzt, die maßgebliche Entscheidungen einschließlich von Personalentscheidungen beeinflussten oder treffen würden. Schließlich sei die Erhebung eines Säumniszuschlags in Höhe von 8,00 Euro unverhältnismäßig und entspreche nicht dem Kostendeckungsprinzip.

Auf das umfangreiche Vorbringen der Klägerin im Übrigen, insbesondere auch im Telefax vom ... April 2014, wird ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

Der Beklagte legte mit Schriftsatz vom ... März 2014, eingegangen am ... März 2014, die Verwaltungsakte vor und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Mit Schreiben vom ... Mai 2014 informierte das Gericht über die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 über die Popularklagen gegen den Rundfunkbeitrag.

Mit Ladung vom ... Juli 2014 bestimmte das Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung auf den ... August 2014. Die Klägerin verlangte daraufhin, den anberaumten Termin gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung - ZPO - aufzuheben und auf einen Zeitpunkt außerhalb der Schulferien zu verlegen. Auf die Aufforderung des Gerichts vom ... Juli 2014 mitzuteilen, weshalb sie verhindert sei, reagierte die Klägerin, indem sie mit Schreiben ohne Datum darauf hinwies, ihrem Antrag auf Terminverlegung sei nach § 227 Abs. 3 Satz 1 ZPO ohne weiteres zu entsprechen. Dies lehnte das Gericht mit Schreiben vom ... Juli 2014 unter Hinweis darauf ab, dass die Vorschrift des § 227 Abs. 3 Satz 1 ZPO gemäß § 102 Abs. 4 VwGO auf den Verwaltungsprozess nicht anwendbar sei. Nachdem die Klägerin daraufhin Hinderungsgründe für ihre Teilnahme am für den ... August 2014 anberaumten Termin mit undatiertem Schreiben, eingegangen am ... August 2014, glaubhaft gemacht hatte, wurde der Termin auf den ... September 2014 verlegt.

Das Gericht hat am ... September 2014 zur Sache mündlich verhandelt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ... September 2014 ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

Gründe

Die Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom ... Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ... Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).

1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom ... September 2014 entschieden werden, obwohl auf Seiten des Beklagten niemand erschienen ist. Der Beklagte wurde ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom ... August 2014 ordnungsgemäß geladen; in der Ladung vom ... Juli 2014, und der neuen Terminsbestimmung vom ... August 2014 wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Falle des Ausbleibens eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO).

2. Der Bescheid vom ... Januar 2014 ist formell nicht zu beanstanden. Insbesondere trifft es nicht zu, dass er bereits deshalb rechtswidrig sei, weil er vom Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio erstellt wurde. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid als Briefkopf auf der linken Seite den Bayerischen Rundfunk unter Nennung dessen Adresse in A... als diejenige Stelle benennt, von welcher der Bescheid stammt. Ebenso ist er mit Bayerischer Rundfunk unterschrieben (elektronische Unterschrift). Nach § 2 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Rundfunkbeitragssatzung) vom 19. Dezember 2012 (in Kraft getreten 1.1.2013) veröffentlicht im Staatsanzeiger (StAnz Nr. 51-52/2012) bedienen sich die Rundfunkanstalten, darunter auch der Beklagte, des Beitragsservice zur Erledigung ihrer Aufgaben, ohne dass dieser dadurch selbst zum Hoheitsträger oder zu der öffentlich-rechtlichen Körperschaft würde, von welcher der Beitragsbescheid oder Widerspruchsbescheid stammt. Vielmehr handelt es sich um eine nicht rechtsfähige öffentlich-rechtliche Verwaltungsgemeinschaft, die nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der jeweiligen Rundfunkanstalt handelt, in deren Einzugsgebiet der Beitragsschuldner seinen (Wohn-) Sitz hat. Diese Organisation der Erledigung von Aufgaben der Rundfunkanstalten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Landesrundfunkanstalten müssen sich alles, was der Beitragsservice in ihrem Namen tut oder unterlässt, rechtlich zurechnen lassen und hierfür auch rechtlich einstehen. Jedwede rechtliche Beziehung entsteht oder besteht ebenfalls nur zu der örtlich zuständigen Landesrundfunkanstalt. Rechtliche Nachteile für den Rundfunkteilnehmer und Beitragsschuldner entstehen durch die Beauftragung des Beitragsservice demnach nicht.

3. Der Bescheid vom ... Januar 2014 ist auch materiell rechtmäßig. Als Inhaberin einer Wohnung hat die Klägerin Rundfunkbeiträge für den hier maßgeblichen Zeitraum April bis einschließlich Juni 2013 in der festgesetzten Höhe einschließlich des Säumniszuschlags zu zahlen.

3.1 Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist seit dem 1. Januar 2013 der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011 [GVBl S. 258], § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [GVBl S. 566], zuletzt geändert durch Art. 6 Nr. 8 des Fünfzehnten Rundfunkänderungs-staatsvertrags vom 7.6.2011).

Im privaten Bereich ist nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,98 Euro pro Monat zu entrichten (ebenso BayVGH, B. v. 3.12.2013 - 7 ZB 13.1817 - juris Rn. 16). Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV).

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Klägerin wird als Inhaber ihrer Wohnung zum Rundfunkbeitrag herangezogen.

3.2 Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 15. Mai 2014 (BayVerfGH U. v. 15.5.2014, Az. Vf. 8-VII-12 und Vf. 24-VII-12, DVBl 2014, 848-854; die Entscheidung ist im Volltext veröffentlicht unter www.bayern. verfassungsgerichtshof.de) auf zwei Popularklagen hin unanfechtbar und für alle bayerischen Verfassungsorgane, Gerichte und Behörden bindend (Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof - VfGHG -) insbesondere entschieden, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RBStV über die Erhebung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung mit der Bayerischen Verfassung - BV - vereinbar sei (Leitsatz Nr. 1). Die Norm verstoße nicht gegen die Rundfunkempfangsfreiheit, die allgemeine Handlungsfreiheit, den allgemeinen Gleichheitssatz oder das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen (Rn. 62). Bei dem Rundfunkbeitrag handele es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe, die zu regeln in die Gesetzgebungskompetenz der Länder falle. Sie sei sowohl im privaten wie auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern werde als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben (Leitsatz Nr. 2). Die Abgabe habe den Charakter einer Vorzugslast; dem stehe nicht entgegen, dass auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfunkempfangsgeräte befinden, zahlungspflichtig seien. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwinge den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollten (Leitsatz Nr. 3). Im privaten Bereich werde mit der Anbindung der Beitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung (§ 3 Abs. 1 RBStV) die Möglichkeit der Rundfunknutzung als abzugeltender Vorteil sachgerecht erfasst (Leitsatz Nr. 4).

Das Recht aus Art. 112 Abs. 2 BV auf Rundfunkempfangsfreiheit werde nicht beeinträchtigt (Rn. 63). Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) sei ebenfalls nicht verletzt (Rn. 65), insbesondere weil das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV nicht wegen eines Wider-spruchs zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes verletzt sei (Rn. 68). Der Freistaat Bayern habe mit seiner Zustimmung zum RBStV von seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 70 Grundgesetz - GG - Gebrauch gemacht, ohne dabei die durch die Finanzverfassung des GG gezogenen Grenzen zu überschreiten (Rn. 70). Die Zahlungspflichten im privaten und nicht privaten Bereich seien verhältnismäßig (Rn. 97).

Die Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV (Rn. 101). Indem der Gesetzgeber für jede Wohnung deren Inhaber ohne weitere Unterscheidung einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlege, habe er nicht wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt. Anknüpfungspunkt für die Rundfunkbeitragspflicht sei die Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusammenlebenden Personen zugeordnet werde. Durch den Wohnungsbegriff würden verschiedene Lebenssachverhalte - von dem allein lebenden „Medienverweigerer“ über die „typische Familie“ bis hin zur „medienaffinen“ Wohngemeinschaft - normativ zusammengefasst und einer einheitlichen Beitragspflicht unterworfen, die sämtliche Möglichkeiten der Rundfunknutzung einschließlich der mobilen und derjenigen in einem privaten Kraftfahrzeug abdecke und die vorbehaltlich der Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen des § 4 RBStV unausweichlich sei. Diese Typisierung für den privaten Bereich beruhe auf einleuchtenden, sachlich vertretbaren Gründen und sei auch unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit nicht zu beanstanden (Rn. 105 ff).

Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt der Bayerische Verfassungsgerichtshof sodann noch klar, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Programmangebot im Rahmen seines klassischen Funktionsauftrags, zur Meinungs- und Willensbildung beizutragen, zu unterhalten und zu informieren sowie eine kulturelle Verantwortung wahrzunehmen, als allgemein zugängliche Informationsquelle im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG bereitstelle (Rn. 72).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 verwiesen.

3.3 Hieraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der Bescheid vom ... Januar 2014 auch materiell rechtmäßig ist. Die Klägerin war für den Zeitraum April bis einschließlich Juni 2013 verpflichtet, einen monatlichen Rundfunkbeitrag in Höhe von f... Euro zu bezahlen. Das folgt daraus, dass sie zu diesem Zeitpunkt Inhaberin einer Wohnung war und damit Beitragsschuldnerin im Sinne des § 2 Abs. 1 RBStV ist. Insoweit hat sie Einwände gegen den vorliegenden Bescheid auch nicht erhoben. Gründe, die ausnahmsweise zu einer Befreiung von der Beitragspflicht oder einer Ermäßigung hätten führen können bzw. müssen, liegen nicht vor.

3.4 Die gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom ... Januar 2014 erhobenen Einwände greifen nicht durch.

(1) Insbesondere hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit für das erkennende Gericht bindender Wirkung in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2014 (a. a. O.) festgestellt, dass es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer handelt. Der Gleichheitssatz ist nicht verletzt, auch nicht dadurch, dass nicht unterschieden wird, wie viele Personen tatsächlich in einer Wohnung zusammenleben, in welcher Beziehung sie zueinander stehen oder ob die Bewohner auch außerhalb der Wohnung von der Möglichkeit des Rundfunkempfangs durch Nutzung mobiler Geräte Gebrauch machen. Darüber hinaus hat es der Bayerische Verfassungsgerichtshof zwar als Ungleichbehandlung erkannt, gleichwohl aber für hinnehmbar erklärt, wenn Obdachlose oder Bewohner von Pflegeheimen nicht zum Rundfunkbeitrag herangezogen werden (BayVerfGH v. 15.5.2014, a. a. O., Rn. 113 f.).

(2) Das Recht, das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht oder zum Teil nicht zu nutzen, indem jemand nur Radioprogramme, nicht aber Fernsehprogramme nutzt, wird durch die Beitragspflicht nicht eingeschränkt. Es steht jedermann auch zukünftig frei, ganz auf die Nutzung des Angebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu verzichten oder es nur teilweise zu nutzen. Umgekehrt ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, auch diejenigen zur Zahlung des vollen Rundfunkbeitrags heranzuziehen, die schon bisher oder in Zukunft das Programmangebot gar nicht oder nur teilweise nutzen wollen, da der abzugeltende Vorteil in der Verfügbarkeit des gesamten Angebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sehen ist (BayVerfGH v. 15.5.2014, a. a. O. Rn. 78, 80 und 111 sowie Leitsatz Nr. 3).

Daraus folgt zugleich, dass es der Klägerin auch in Hinblick auf die Erziehung ihrer Kinder nach wie vor frei steht, diesen das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gar nicht oder nur in von ihr bestimmtem Umfang zugänglich zu machen. Die Verpflichtung zur Zahlung des Rundfunkbeitrags schränkt sie in dieser Entscheidung in keiner Weise ein.

(3) Soweit die Klägerin vorträgt, die Verpflichtung zur Zahlung des vollen Rundfunkbeitrags nehme ihr den notwendigen finanziellen Spielraum, um sich neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zusätzlich noch aus anderen Informationsquellen zu informieren, ist dem schon deshalb nicht weiter nachzugehen, weil dieser Vortrag unsubstantiiert ist. Die Klägerin hat nicht vorgetragen und schon gar nicht glaubhaft gemacht, dass ihr nach Abzug des Rundfunkbeitrags nur noch so wenig finanzielle Mittel verbleiben, dass diese das Niveau der Sozialleistungen (Hartz IV oder Grundsicherung im Alter) nicht übersteigen. Doch selbst wenn ihr nur finanzielle Mittel in dieser Höhe zur Verfügung stünden, ist darauf zu verweisen, dass selbst diese Bedarfssätze - wenn auch nur geringen - Spielraum z. B. für die Beschaffung wenigstens einer Tageszeitung und für den Besuch kultureller Veranstaltungen enthalten. Einen allgemeinen Rechtsanspruch darauf, unabhängig von den Kosten jedes ihr genehme Informationsmedium nutzen zu dürfen und dafür die notwendigen finanziellen Mittel - von wem auch immer - zu erhalten, hat die Klägerin nicht. Vielmehr muss sie sich wie jedermann sonst auf das beschränken, was die ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel erlauben.

(4) Soweit vorgetragen wird, die Erhebung des Rundfunkbeitrags sei deshalb unzulässig, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Programmauftrag nicht oder nur schlecht erfülle, greift auch dieser Einwand nicht durch. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist nicht zu prüfen und zu entscheiden, ob diese Einwände in der Sache zutreffen. Es ist zunächst Aufgabe der hierzu berufenen Gremien, insbesondere der Rundfunkräte, Programmkommissionen und Programmbeiräte, über die Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu wachen und erforderlichenfalls entsprechend Einfluss auf die Programmgestaltung zu nehmen. Sollten die hierzu berufenen Gremien ihren Kontrollpflichten nicht oder nur ungenügend nachkommen, stehen entsprechende rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, insbesondere steht der Weg zu den Verfassungsgericht offen (siehe z. B. BVerfG U. v. 25.03.2014, 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11, DVBl 2014, 649-655; BVerfG U. v.11.09.2007, 1 BvR 2270/05, 1 BvR 809/06, 1 BvR 830/06, DVBl 2007, 1292-1294).

3.5 Auch die Festsetzung des Säumniszuschlags in Höhe von 8,00 Euro ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Säumniszuschlags ist § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge - Rundfunkbeitragssatzung - vom 19. Dezember 2012, in Kraft getreten am 1. Januar 2013 (veröffentlicht im Bayerischen Staatsanzeiger vom 21.12.2012, StAnz Nr. 51-52/2012, S. 3; § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV). Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 Euro fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Rundfunkbeitragssatzung).

Vorliegend hatte die Klägerin die für den festgesetzten Zeitraum fälligen Rundfunkbeiträge - unstreitig - nicht vollständig bezahlt, so dass der Beklagte einen Säumniszuschlag festsetzen durfte. Die Festsetzung ist auch der Höhe nach zutreffend, weil die Klägerin c. Euro Rundfunkbeiträge schuldet, wovon 1% weniger als 8,00 Euro sind, so dass der Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 Euro anzusetzen war. Die Klägerin war auch säumig, da der Beklagte nicht verpflichtet ist, die Zahlung von Rundfunkbeiträgen nur teilweise oder unter Vorbehalt zu akzeptieren. Mit Blick auf die Regelung zur Rückforderung ohne Rechtsgrund geleisteter Beiträge in § 10 Abs. 3 RBStV besteht für solch einen Vorbehalt auch kein schützenswertes Bedürfnis.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und die Abwendungsbefugnis haben ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung - ZPO -.

5. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die vom Gläubiger am 03.09.2013 beantragte Abnahme der Vermögensauskunft nicht länger mit der Begründung zu verweigern, es fehle an einem Nachweis dafür, dass der Schuldnerin die Gebührenbescheide des Gläubigers zugestellt worden seien.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 294,70 EUR werden der Schuldnerin auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.