Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 01. Okt. 2015 - L 7 SO 118/14

bei uns veröffentlicht am01.10.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. November 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012 streitig.
Der 1939 geborene Kläger ist seit 1969 geschieden. Der Kläger bezieht seit 1. August 2004 eine Altersrente nebst Zuschuss zur privaten Krankenversicherung und zwar ab Juli 2009 in Höhe von 532,92 EUR, ab Januar 2011 von 534,41 EUR, ab Juli 2011 von 539,71 EUR und ab Juli 2012 von 551,50 EUR. Der Kläger ist bei der Versicherung zum Basistarif (ab 1. Januar 2009) privat kranken- und pflegeversichert und musste im streitgegenständlichen Zeitraum monatliche Beiträge in Höhe von 316,24 EUR, ab Januar 2011 von 315,88 EUR, ab Juli 2011 von 323,92 EUR und ab Januar 2012 von 333,73 EUR aufbringen.
Die Versorgungsverwaltung stellte bei dem Kläger ab 15. Oktober 2008 einen Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie die Merkzeichen „G“ und „B“ fest und erhöhte den GdB zum 4. November 2009 auf 90.
Bis zur Zwangsversteigerung der vormals in seinem Eigentum stehenden Wohnung Ü. bewohnte der Kläger diese mit der am 22. November 1943 geborenen C.B.. C.B. mietete zum 1. März 2004 eine Zwei-Zimmerwohnung (ca. 63,44 m²) in L. für die eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 550,00 EUR (410,00 EUR Grundmiete + 20,00 EUR Stellplatz + 120,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung) zu entrichten war. Der Kläger schloss unter dem 6. April 2004 mit C.B. einen „Unter-Mietvertrag“ für die Zeit ab 5. April 2004. Darin verpflichtet er sich, an C.B. eine monatliche Miete von 205,00 EUR sowie eine monatliche Betriebskostenvorauszahlung von 80,00 EUR zu entrichten. Weiterhin verpflichtete er sich, an C.B. für die Mitbenutzung der Küche einschließlich Herd, Geschirrspüler, Kühlschrank und Waschmaschine einen Betrag von monatlich 20,00 EUR, für individuellen Stromverbrauch von monatlich 15,00 EUR, für den individuellen Verbrauch an Kaltwasser, Warmwasser und Abwasser von monatlich 15,00 EUR und monatliche Gebühren für Müllabfuhr von 7,00 EUR zu zahlen. Der Untermietvertrag enthält u.a. folgenden Zusatz:
„Es wird weiter festgestellt, dass es sich bei diesem Untermietverhältnis um eine reine Wohngemeinschaft - Notlösung handelt, weil die Wohnung des Klägers in Ü. im Februar 2004 versteigert wurde. Lebenshaltung und Lebenshaltungskosten der Parteien sind strikt getrennt. Ein finanzielles und persönliches Eintreten füreinander ist ausdrücklich ausgeschlossen, es handelt sich um kein eheähnliches Verhältnis.“
Der Kläger bezieht seit 1. April 2004 Leistungen der Sozialhilfe, ab 1. Juli 2004 der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dabei ging der Beklagte zunächst nicht von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und C.B. aus. Der Beklagte berücksichtigte zunächst einen „Mischregelsatz“ und ab Juli 2008 den Regelbedarf für Alleinstehende (vgl. Bescheide vom 24. Juni 2008, 18. Juli 2008).
Aufgrund eines Schlaganfalls befand sich der Kläger vom 17. Juli bis zum 24. Juli 2008 in stationärer Behandlung (Entlassbericht der Klinik; Diagnosen: embolisch bedingter RMCA-Infarkt, Vorhofflimmern, diskrete Hemiparese links, visueller Neglect nach links, homonyme Hemianopsie nach links, Anosognosie, arterielle Hypertonie mit hypertensiver Entgleisung) und vom 18. August bis zum 21. September 2008 zur medizinischen Rehabilitation (Entlassbericht der Kliniken vom 22. September 2008; Diagnosen: diskrete beinbetonte Hemiparese links, ausgeprägte räumlich-konstruktive Störung und leichte Apraxie, embolischer RMCA-Infarkt, chronisches Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie). In dem Entlassbericht der Kliniken wurde C.B. als Lebensgefährtin, Partnerin, langjährige Lebensgefährtin, Lebenspartnerin sowie beide als Paar bezeichnet.
Am 5. August 2008 beantragte der Kläger unter Vorlage eines Attests des Arztes Dr. vom 31. Juli 2008, wonach dieser aufgrund arterieller Hypertonie eine natriumdefinierte Kost benötige, eine monatliche Krankenkostzulage in Höhe von 25,56 EUR. Für die Zeit vom 1. August 2008 bis zum 31. Juli 2009 berücksichtigte der Beklagte einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von monatlich 25,56 EUR.
Mit Schreiben vom 3. November 2008 teilte der Kläger mit, dass sich C.B. bereit erklärt habe, seine Betreuung, Begleitung und Versorgung seit seinem Schlaganfall im Juli 2008 zu übernehmen. Diese habe ihn auch während der stationären Aufenthalte laufend besucht. C.B. fahre ihn laufend zu wöchentlichen Blutuntersuchungen, zum Arzt und zur Apotheke. Mit seinem Fortzahlungsantrag vom 2. Juni 2009 legte der Kläger ein weiteres Attest des Arztes Dr. vom 19. Mai 2009 vor, worin dieser dem Kläger weiterhin aufgrund der arteriellen Hypertonie die Notwendigkeit einer natriumdefinierten Kost bescheinigte. Mit Bescheid vom 29. Juni 2009 betreffend den Bewilligungsabschnitt vom 1. August 2009 bis zum 31. Juli 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger weiter Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, lehnte jedoch die Gewährung eines Ernährungsmehrbedarfs ab.
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Am 2. Juli 2009 reichte der Kläger erneut eine ärztliche Bescheinigung des Arztes Dr. vom 30. Juni 2009 über eine lebenslange Notwendigkeit einer natriumdefinierten Kost ein. Der Beklagte blieb bei seiner Ablehnung eines Ernährungsmehrbedarfs (Bescheide vom 30. Juni 2009 und 25. August 2009) und stützte sich dabei auf die Empfehlungen des Vereins. Bei dem Krankheitsbild des Klägers sei eine gesunde Vollkost, die über den normalen Regelsatz abgedeckt sei, völlig ausreichend.
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Der Kläger und C.B. mieteten zum 1. Oktober 2009 eine Zwei-Zimmerwohnung (62 m²) in der Seniorenwohnanlage. Seitdem haben sie eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 285,20 EUR nebst Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 140,00 EUR (ab 1. Juli 2011 von 160,00 EUR) und eine Leistungsbereitstellungspauschale für die Vorhaltung eines Betreuungs- und Serviceangebots in Höhe von 75,00 EUR zu entrichten.
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In der Zeit vom 2. Januar 2010 bis zum 8. Januar 2010 befand sich der Kläger erneut in stationärer Behandlung; in dem Entlassbericht der Kliniken vom 15. Januar 2010 wurde C.B. als „Ehefrau“ bezeichnet.
13 
Nachdem der Beklagte vom Umzug des Klägers Kenntnis erlangt und dieser den Mietvertrag für die Wohnung eingereicht hatte, forderte der Beklagte mit Schreiben vom 7. April 2010 den Kläger auf, eine Erklärung über das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft vollständig auszufüllen sowie Unterlagen betreffend C.B., insbesondere zu deren Einkommens- und Vermögensverhältnissen, vorzulegen. Mit Schreiben vom 12. April 2012 nahm der Kläger dahingehend Stellung, dass eine „Bezugs- und Bedarfsgemeinschaft“ nicht existiere. C.B. und er hätten finanziell nichts miteinander zu tun. C.B., mit der er gemeinsam die Wohnung in der Seniorenresidenz angemietet habe, betreue und begleite ihn als Schwerbehinderten „ehrenamtlich“. Die Betreuung und Begleitung sei aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes erforderlich und habe absolut nichts mit einer „Bezugsgemeinschaft“ oder einem „eheähnlichen Verhältnis“ zu tun. Sie nutzten die Wohnung gemeinsam in einer Wohngemeinschaft. Nach zwei Schlaganfällen und einem epileptischen Anfall sei es ihm nicht möglich, für C.B. persönlich oder finanziell einzustehen. C.B. sei 66 Jahre alt und leide ebenfalls an einer chronischen Erkrankung. Sie sei nicht in der Lage, finanziell für ihn zu sorgen. Es bestehe kein „eheähnliches Verhältnis“, keine „eheähnliche Gemeinschaft“. Die finanziellen Belange würden separat geregelt. Er - der Kläger - benötige eine natriumarme Kost. Er legte eine Rentenanpassungsmitteilung der DRV für C.B. zum 1. Juli 2009 (monatlicher Rentenzahlbetrag 540,36 EUR; lt. Schreiben der DRV vom 16. Juli 2012 ab Juli 2012 560,13 EUR) sowie eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung des Finanzamts für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 vor. Mit Schreiben vom 18. Mai 2012 brachte der Kläger ergänzend vor, dass jeder seine Miete, Betriebs- und Betreuungskosten separat zahle. Es bestehe weder ein gemeinsames Konto noch eine gemeinsame Kasse, ebenso wenig eine gemeinsame Versicherung, eine Kontovollmacht, ein gemeinsames Wirtschaften und eine Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen zu verfügen. Gemeinsame Planungen und Anschaffungen gebe es nicht. Sämtliche Einnahmen würden ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse und eigener Verpflichtungen verwendet. Das Zusammenleben in der Wohngemeinschaft diene der Bewältigung seiner gesundheitlichen Notsituation. Eine gemeinsame Haushaltsführung und eine gemeinsame haushaltliche Tätigkeit fänden nicht statt. C.B. habe außer der kleinen Rente sonst keine Einnahmen, kein Vermögen und keinen Immobilienbesitz, keine Versicherung, keine Kapitallebensversicherung und Sterbegeldversicherung. Ein weiteres Ausforschen von C.B. sei unzulässig und werde von ihr abgelehnt. C.B. habe die bei Einzug in die neue Wohnung zu zahlende Kaution finanziert und die Umzugskosten getragen, wobei sämtliche Einrichtungsgegenstände C.B. gehörten.
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Ausweislich eines Aktenvermerks vom 25. Mai 2010 gelangte der Beklagte zu der Einschätzung, dass das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft derzeit nicht bewiesen werden könne. Mit Bescheid vom 26. Mai 2010 bewilligte er dem Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. Juli 2010 und berücksichtigte dabei u.a. den Regelbedarf für Alleinstehende. In dem Bescheid wies er darauf hin, dass aufgrund des langjährigen Zusammenlebens und der Anmietung einer gemeinsamen Wohnung erhebliche Zweifel am Nichtbestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft bestünden, allerdings Gegenteiliges derzeit nicht bewiesen werden könne. Er forderte den Kläger auf, Nachweise bzw. Kontoauszüge, aus denen ein getrenntes Wirtschaften hervorgehe, einen Wohnungsgrundriss sowie Nachweise über die Vermögensverhältnisse der C.B. vorzulegen. Einen Hausbesuch des Beklagten zur Ermittlung der Wohnverhältnisse lehnte der Kläger wiederholt ab (z.B. Schreiben vom 5. Juli 2010,12. Juli 2010, 15. September 2010).
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Mit seinem Fortzahlungsantrag vom 8. Juni 2010, mit dem er auch eine kostenaufwändige Ernährung beantragte, reichte der Kläger u.a. einen Grundriss für die von ihm bewohnte Wohnung ein. Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der C.B. machte er nicht. Der Beklagte bewilligte dem Kläger für den Bewilligungsabschnitt vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII und zwar in Höhe von 225,12 EUR, ab Januar 2011 248,83 EUR, ab März 2011 284,20 EUR, im Mai 2011 326,61 EUR und ab Juni 2011 248,83 EUR (Bescheide vom 21. Juli 2010, 15. Dezember 2010, 11. Januar 2011, 25. März 2011, 29. April 2011, 11. Mai 2011). Dabei berücksichtigte der Beklagte einen Regelbedarf in Höhe von 323,00 EUR abzüglich eines Warmwasseranteils in Höhe von 5,82 EUR (August bis Dezember 2010) bzw. ab Januar 2011 328,00 EUR, einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 54,91 EUR bzw. ab Januar 2011 55,76 EUR, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 144,09 EUR bzw. ab 1. Januar 2011 149,38 EUR sowie die hälftigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung einschließlich der Betreuungspauschale in Höhe von 250,10 EUR und zweier Betriebskostennachzahlungen (März 2011: 35,37 EUR; Mai 2011: 77,78 EUR). Einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung legte er der Bedarfsberechnung nicht zugrunde.
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Gegen den Bescheid vom 21. Juli 2010 und die Änderungsbescheide vom 15. Dezember 2010, 11. Januar 2011 und 11. Mai 2011 legte der Kläger Widerspruch ein und begehrte höhere Grundsicherungsleistungen. Ihm stehe der Regelbedarf für Alleinstehende zu. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien vollständig zu übernehmen. Auch stehe ihm ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung zu.
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Mit Schreiben vom 9. August 2010 reichte der Kläger eine von ihm und C.B. unterschriebene „Erklärung über Vermögen im Ausland“ sowie eine ausschließlich von ihm unterzeichnete „Erklärung über das Vermögen“ ein.
18 
Auf den Weiterbewilligungsantrag, in dem der Kläger erneut einen ernährungsbedingten Mehrbedarf wegen chronischer arterieller Hypertonie geltend machte und Atteste des Dr. vom 19. Mai 2011 und 6. Juni 2011 vorlegte, bewilligte der Beklagte für den Bewilligungsabschnitt vom 1. August 2011 bis zum 31. Juli 2012 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII und zwar in Höhe von 253,53 EUR (Bescheide vom 22. Juni 2011 und 8. Juli 2011). Dabei legte der Beklagte seiner Bedarfsberechnung einen Regelbedarf in Höhe von 328,00 EUR, einen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 55,76 EUR, Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 149,38 EUR, die hälftigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nebst Betreuungspauschale in Höhe von 260,10 EUR zugrunde. Einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung lehnte er unter Bezugnahme auf die Empfehlung des Vereins ab. Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein.
19 
Der Beklagte wies die klägerischen Widersprüche gegen seine Entscheidungen betreffend die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012 zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. August 2011).
20 
Dagegen hat der Kläger am 24. August 2011 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Auf den gleichzeitig angebrachten einstweiligen Rechtsschutzantrag hat das SG mit Beschluss vom 28. September 2011 (S 3 SO 2320/11 ER) den Beklagten verpflichtet, dem Kläger vorläufig für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Juli 2012, längstens bis zum Abschluss des Klageverfahrens, weitere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren, die sich aus der Berücksichtigung des halben Basistarifs seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung als Bedarf ergeben.
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Mit Bescheid vom 24. Oktober 2011 hat der Beklagte den Beschluss des SG umgesetzt und dem Kläger ab 1. Januar 2009 vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung des halben Basistarifs der privaten Kranken- und Pflegeversicherung gewährt sowie den Nachzahlungsbetrag an die Krankenversicherung ausbezahlt. Mit Bescheid vom 2. Dezember 2011 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Juli 2012 nun Grundsicherungsleistungen in Höhe von 448,41 EUR und berücksichtigte die vom Kläger ab Januar 2012 geschuldeten Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 333,73 EUR.
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Auf Anfrage des Beklagten hat Dr. vom Gesundheitsamt des Beklagten mit Schreiben vom 29. November 2011 zu dem geltend gemachten ernährungsbedingten Mehrbedarf dahingehend Stellung genommen, dass aus ernährungsmedizinischer Sicht bei den vorliegenden Erkrankungen bezüglich der arteriellen Hypertonie salzarm gekocht werden müsse und besondere salzreiche Speisen gemieden werden müssten. Eine übliche salzarme Vollkost sei zu empfehlen. Auch bezüglich der Medikation mit Marcumar sei von einer üblichen Vollkost nicht abzuweichen. Es sei nicht nötig, dass die betroffenen Patienten einer speziellen Ernährung bedürften. Der Kläger müsse lediglich darauf achten, Nahrungsmittel mit einem hohen Vitamin-K-Gehalt nicht im Übermaß zu konsumieren. Aus ärztlicher Sicht bedingten die Gesundheitsstörungen weder im Einzelnen noch in der Summe einen Mehrbedarf bei der Ernährung.
23 
Der Beklagte hat dem Kläger die Stellungnahme des Gesundheitsamtes übersandt und darauf hingewiesen, dass ein Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung nicht bewilligt werden könne (Schreiben vom 6. Dezember 2011). Mit Bescheid vom 19. Dezember 2011 hat der Beklagte nun den vom Kläger in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 zu entrichtenden monatlichen Beitrag zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 323,92 EUR berücksichtigt. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2011 hat er die Erhöhung des Regelsatzes zum 1. Januar 2012 umgesetzt und dem Kläger einen monatlichen Leistungsbetrag in Höhe von 448,41 EUR (Regelbedarf 337,00 EUR, Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII 57,29 EUR, Aufwendungen für Unterkunft und Heizung einschließlich Betreuungspauschale 260,10 EUR) bewilligt. Mit Bescheid vom 2. Juli 2012 hat der Beklagte die zum 1. Juli 2012 eingetretene Rentenerhöhung berücksichtigt und u.a. für Juli 2012 einen Leistungsbetrag von 436,62 EUR bewilligt. Schließlich hat er mit Bescheid vom 4. Juli 2012 für Juli 2012 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 128,75 EUR im Hinblick auf eine Betriebskostennachzahlung gewährt.
24 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19. November 2013 den Klaganspruch insoweit anerkannt, als der Kläger die Berücksichtigung des halben Basistarifs seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung als Bedarf verlangt. Das SG hat C.B. als Zeugin vernommen und die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem SG am 19. November 2013 Bezug genommen (Bl. 52/56 der SG-Akten).
25 
Das SG hat zur Begründung der Klageabweisung u.a. ausgeführt, dass die angefochtenen Bescheide nicht weitergehend rechtswidrig, als der Beklagte dies bereits anerkannt habe, seien. Insbesondere habe der Kläger keinen höheren Anspruch unter dem Gesichtspunkt, dass bei ihm vom Regelbedarf eines Alleinstehenden auszugehen wäre. Für die Zeit vom 1. August bis zum 31. Dezember 2010 sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte von einem Regelsatz von 323,00 EUR (90% des Eckregelsatzes von 359,00 EUR) ausgegangen sei. Der Kläger und C.B. hätten in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt, sodass der Kläger keine höheren Leistungen erhalten könne, als wenn er verheiratet wäre (§ 20 Satz 1 SGB XII). Nach der aus der Beweisaufnahme gewonnenen Überzeugung des Gerichts habe zwischen dem Kläger und C.B. eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorgelegen. Diese hätten nicht lediglich in einem Haushalt zusammengewohnt, sondern diesen über die bloße Wohngemeinschaft hinaus auch gemeinsam im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft geführt. Darüber hinaus liege auch eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vor. Die Beziehung des Klägers und der Zeugin C.B. sei auf Dauer angelegt, sie bestehe seit 1970. Die Partner hätten seitdem jeweils gemeinsam die Wohnung gewechselt. Daneben bestehe keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art. Sie benutzten ihre relativ kleine Wohnung gemeinsam, getrennte Lebensbereiche gebe es nicht. Auch gestalteten sie ihren Tagesablauf weitgehend gemeinsam. Für ein „Einstehen“ spreche insbesondere, dass sich die Beziehung auch trotz Krankheit und Behinderung des Klägers zumindest fortgesetzt, vielleicht sogar intensiviert habe. So kümmere sich C.B. um die Belange des Klägers. Dieses Verhältnis gehe weit über die behauptete ehrenamtliche Pflege des Klägers hinaus. Dem Umstand, dass der Kläger mit C.B. mehr als 40 Jahre in einer Wohnung zusammenlebe, komme ein großes Übergewicht bei der Überzeugungsbildung der Kammer zu. Liege damit eine eheähnliche Lebensgemeinschaft vor, so habe der Beklagte beim Kläger zu Recht einen Regelbedarf in Höhe von maximal 90% des Eckregelsatzes angesetzt. Für weitere bislang nicht berücksichtigte Bedarfe oder eine abweichende Festlegung des Regelsatzes bestünden keine Anhaltspunkte. Für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2012 bestimme sich der Regelbedarf nach der Anlage zu § 28 SGB XII. Nach dieser Anlage bestimme die Regelbedarfsstufe 2 die Leistung für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führten. Sie sei ab 1. Januar 2011 mit 328,00 EUR ausgewiesen.
26 
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 10. Dezember 2013 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 9. Januar 2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Es bestehe keine Ehe, keine eingetragene Lebenspartnerschaft, kein eheähnliches Verhältnis, keine Bezugsgemeinschaft, sondern nur eine Wohngemeinschaft, die in der Not altersbedingt und aus gesundheitlichen Gründen gebildet worden sei, wobei das gemeinsame Wohnen im Wesentlichen zu dem Zweck und der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung erfolgt sei (§ 36 Satz 3 SGB XII a.F.; nunmehr § 39 Satz 3 SGB XII). Es könne nicht angehen, dass das SG die Umstände und Verhältnisse, die vor dem Schlaganfall bzw. vor dem Eintritt der Schwerbehinderung gegeben gewesen seien, als maßgeblich dem Urteil zugrunde lege. Ein Zusammenleben in einer Wohnung sowie eine notwendige Begleitung, Versorgung und Betreuung auf ärztliche Empfehlung sei kein Indiz dafür, dass eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe. Zudem sei eine Kürzung des Regelbedarfs nicht zulässig, weil es nur einen Leistungsberechtigten gebe. Es bestehe kein Anlass, die Einkommens- und Vermögenssituation der C.B. offenzulegen.
27 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
28 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. November 2013 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 21. Juli 2010, 29. April 2011, 22. Juni 2011, 8. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2011 sowie der Bescheide vom 28. Dezember 2011 und 2. Juli 2012 zu verurteilen, ihm höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII unter Berücksichtigung des Regelbedarfs für Alleinstehende und eines entsprechenden Mehrbedarfs wegen Gehbehinderung sowie eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012 zu gewähren.
29 
Der Beklagte beantragt,
30 
die Berufung zurückzuweisen.
31 
Der Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil des SG.
32 
Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 25. November 2014 für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwalt D. beigeordnet. Mit Verfügung vom 27. November 2014 hat der Berichterstatter den Klägerbevollmächtigten aufgefordert, mitzuteilen, bei welchem Arzt der Kläger in der Zeit von August 2010 bis Juli 2012 in ärztlicher Behandlung gewesen ist, und ihn aufgefordert, eine Schweigepflichtentbindungserklärung des Klägers vorzulegen. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2014 hat der Kläger verschiedene Unterlagen, u.a. eine gegenüber dem Versorgungsamt des Landratsamts unter dem 11. November 2009 erteilte Entbindungserklärung in einem Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch (SGB ) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) vorgelegt. Mit Verfügung vom 5. Februar 2015 hat der Berichterstatter den Bevollmächtigten des Klägers (zugestellt am 9. Februar 2015) aufgefordert, binnen zwei Wochen die bereits angeforderte Schweigepflichtentbindungserklärung vorzulegen, und darauf hingewiesen, dass weitere Ermittlungen, insbesondere hinsichtlich eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung, nur mit der geforderten Mitwirkung des Klägers möglich seien. Sollte der Kläger seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht nachkommen, könne dies dazu führen, dass der Senat anspruchsbegründende Tatsachen nicht feststellen könne, was zu Lasten des Klägers gehen könne.
33 
Einstweilige Rechtsschutzverfahren des Klägers bezüglich höherer Grundsicherungsleistungen für die Vergangenheit ab 21. Juli 2010 und vorläufiger Grundsicherungsleistungen ab August 2014 hatten keinen Erfolg (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. April 2014 - L 7 SO 1567/14 ER-B -; vom 21. August 2014 - L 7 SO 3348/ 14 ER-B -; vom 19. November 2014 - L 7 SO 4479/14 ER-B -; vom 3. März 2015 - L 7 SO 560/15 ER-B -).
34 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten und die Verfahrensakten des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
36 
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG). Denn der Kläger begehrt mit seiner Berufung laufende Leistungen für mehr als 1 Jahr, nämlich für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012.
37 
2. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bilden die Bescheide vom 21. Juli 2010, 29. April 2011, 22. Juni 2011, 8. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2011 (§ 95 SGG) sowie die gem. § 96 SGG einzubeziehenden Bescheide vom 28. Dezember 2011 und 2. Juli 2012, mit denen der Beklagte Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, u.a. einen Regelsatz nach Regelbedarfsstufe 2 und einen entsprechenden Mehrbedarf wegen Gehbehinderung gewährt und die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Gestalt des Regelbedarfs für Alleinstehende und eines entsprechenden Mehrbedarfs wegen Gehbehinderung sowie eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012. Der Kläger hat sein Begehren - in Einklang mit den durch die angefochtenen Bescheide geregelten Bewilligungsabschnitten - auf den Zeitraum von August 2010 bis Juli 2012 ausdrücklich beschränkt (Niederschrift des SG vom 19. November 2013). Im Recht der Sozialhilfe bilden der Regelsatz und die Mehrbedarfe i.S. des § 30 SGB XII eigenständig abgrenzbare Streitgegenstände, die zum alleinigen Inhalt eines Rechtsstreits gemacht werden können (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 2008 - B 8/9b SO 10/06 R - BSGE 101, 217 - juris Rdnr. 12 ff.; Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 8/08 R - BSGE 103, 181 - juris Rdnr. 13; Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 3/11 R - juris Rdnr. 11). Höhere Kosten für Unterkunft und Heizung hat der Kläger für den streitigen Zeitraum nicht geltend gemacht, zumal der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum die auf den Kläger entfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (einschließlich Betreuungspauschale) vollständig übernommen hat. Nachdem der Beklagte vor dem SG in der mündlichen Verhandlung den Klaganspruch hinsichtlich der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe des halben Basistarifs anerkannt und der Kläger dieses Teilanerkenntnis angenommen hatte, verfolgt er insoweit auch keine Ansprüche mehr.
38 
Demnach sind die Änderungsbescheide vom 15. Dezember 2010 (Änderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung), vom 25. März 2011 (Betriebskostennachzahlung), 11. Mai 2011 (Betriebskostennachzahlung), 24. Oktober 2011 (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) und 19. Dezember 2011 (Änderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung), 4. Juli 2012 (Betriebskostennachzahlung) nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens. Ebenso wenig ist der Bescheid vom 19. Juli 2012 betreffend den (anschließenden) Bewilligungsabschnitte ab 1. August 2012 Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden.
39 
3. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Gestalt des Regelbedarfs für Alleinstehende und eines entsprechenden Mehrbedarfs wegen Gehbehinderung sowie eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012 zu.
40 
a. Gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a SGB XII übersteigen, sind zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 Satz 2 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung ; § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2012 gültigen Fassung). Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten (§ 20 SGB XII); § 39 Satz 1 SGB XII ist nicht anzuwenden (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB XII).
41 
Ob der Kläger, der die Altersgrenze erreicht hat, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten kann, zum Kreis der Leistungsberechtigten gehört, lässt der Senat offen. Insbesondere bedarf es vorliegend keiner Feststellungen dazu, ob und ggf. in welcher Höhe C.B. über Einkommen und Vermögen verfügt hat, das dem Kläger als ihrem eheähnlichen Lebenspartner zuzurechnen wäre. Denn der Kläger hat jedenfalls keinen Anspruch auf höhere als die vom Beklagten bewilligten Leistungen.
42 
b. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen u.a. den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII a.F. (§ 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII a.F.) bzw. die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII42 Nr. 1 SGB XII) und die Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII a.F. bzw. § 42 Nr. 2 SGB XII).
43 
aa. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB XII entsprechend dem Regelsatz bzw. Regelbedarf für Alleinstehende und auf einen höheren Mehrbedarf wegen der Gehbehinderung nach § 30 Abs. 1 SGB XII.
44 
Gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme der zusätzlichen Leistung für die Schule nach § 28a SGB XII a.F. sowie von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 29 SGB XII a.F. und der Sonderbedarfe nach den §§ 30 bis 34 SGB XII a.F. nach Regelsätzen erbracht; die Landesregierungen setzen durch Rechtsverordnung die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 SGB XII a.F. fest (§ 28 Abs. 2 Satz 1SGB XII a.F.). Nach § 1 Satz 1 der Verordnung der Landesregierung über die Festsetzung der Regelsätze in der Sozialhilfe Baden-Württemberg vom 26. Mai 2009 (Regelsätze-VO BW) sind die monatlichen Regelsätze für den Haushaltsvorstand und für allein stehende Personen auf 359,00 EUR (Nr. 1) und für Haushaltsangehörige auf 215,00 EUR, 251,00 EUR bzw. 287,00 EUR festgesetzt worden. Leben Ehegatten oder Lebenspartner zusammen, beträgt der Regelsatz 323,00 EUR (§ 1 Satz 2 Regelsätze-VO BW).
45 
Nach § 27a Abs. 3 SGB XII sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII ergeben, monatliche Regelsätze zu gewähren (Satz 1). Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen (Satz 2). Nach der Anlage zu § 28 SGB XII betragen die Leistungen ab 1. Januar 2011 nach Regelbedarfsstufe 1 364,00 EUR und nach Regelbedarfsstufe 2 328,00 EUR sowie ab 1. Januar 2012 374,00 EUR bzw. 337,00 EUR. Der Regelbedarfsstufe 1 sind erwachsene leistungsberechtigte Personen, die als alleinstehende oder alleinerziehende Personen einen eigenen Haushalt führen, zuzuordnen. Regelbedarfsstufe 2 gilt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr. 2 SGB XII i.V.m. § 30 Abs. 1 SGB XII wegen einer Gehbehinderung ab, der dem Kläger dem Grunde nach unstreitig zusteht.
46 
Der Kläger ist nicht alleinstehend. Er hat jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum mit C.B. eine eheähnliche Gemeinschaft gebildet, so dass der Beklagte zutreffend den Regelsatz für Partner bzw. den Regelbedarf nach Regelbedarfsstufe 2 (monatlich 323,00 EUR, ab Januar 2011 328,00 EUR und ab Januar 2012 337,00 EUR) und den sich daraus ableitenden Mehrbedarf wegen Gehbehinderung nach § 30 Abs. 1 SGB XII (54,91 EUR, ab Januar 2011 55,76 EUR und ab Januar 2012 57,29 EUR) angesetzt hat. Der Abzug der Warmwasserpauschale in Höhe von monatlich 5,82 EUR in der Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2010 hat der seinerzeit gültigen Rechtslage entsprochen (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 16/10 R - juris 14 m.w.N.).
47 
Eine eheähnliche Gemeinschaft ist nach der Rechtsprechung des BVerfG dadurch charakterisiert, dass sie eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau darstellt, die daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt (vgl. auch zum Folgenden z.B. Urteil vom 17. November 1992 - 1 BvL 8/87 - juris Rdnr. 92 ff.). Sie zeichnet sich durch innere Bindungen aus, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- bzw. Wohngemeinschaft hinausgehen. Die Annahme einer eheähnlichen bzw. lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft ist also gerechtfertigt, wenn die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten bei einer Bedürftigkeitsprüfung vergleichbar. Folglich führt nicht jede Wohn- und Lebensgemeinschaft zur Annahme einer eheähnlichen bzw. lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, sondern es kommt auf den subjektiven Willen zur Bildung einer solchen zwar nicht rechtlich, aber sittlich als verbindlich empfundenen Gemeinschaft an. Nach der an die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung anknüpfenden Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 34/12 R - juris Rdnr. 16 ff.; Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 11a/7a AL 52/06 R - juris Rdnr. 17 ff.; vgl. ferner Grube in ders./Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 20 Rdnr. 9 ff.; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 20 Rdnr. 12 ff.; Schoch in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 20 Rdnr. 3 ff.; Voelzke in jurisPK-SGB XII, § 20 Rdnr. 19 ff.) sprechen für eine eheähnliche Gemeinschaft u.a. deren Dauerhaftigkeit und Kontinuität, eine gemeinsame Wohnung, eine bestehende Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, das Zusammenleben mit Kindern, die gemeinsame Versorgung von Angehörigen bzw. die Befugnis, über Einkommen und Vermögen des Partners verfügen zu können, wobei diese Kriterien nicht kumulativ vorliegen müssen und eine längere Dauer des Zusammenlebens das gewichtigste Indiz für eine eheähnliche bzw. lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft darstellt.
48 
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger mit C.B. im hier streitgegenständlichen Zeitraum eine eheähnliche Gemeinschaft gebildet hat. Zwar hat der Kläger durchgehend geltend gemacht, dass keine eheähnliche Gemeinschaft mit C.B. bestehe. So hat er behauptet, es handele sich um eine reine Wohngemeinschaft, die sich in der Not (Zwangsversteigerung seiner Eigentumswohnung im Jahr 2004) altersbedingt und aus gesundheitlichen Gründen (Infarkt im Jahr 2008) gebildet habe und im Wesentlichen der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung diene. Zudem sei C.B. weder bereit noch in der Lage, für ihn einzustehen. Sie hätten finanziell nichts miteinander zu tun. Demgegenüber ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger und C.B. seit vielen Jahren eine eheähnliche Gemeinschaft bilden.
49 
Zur Überzeugung des Senats sind der Kläger und C.B. Partner. Von einer Partnerschaft ist auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt (BSG, Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 34/12 R - juris Rdnr. 20). Zudem muss es sich um eine auf Dauer angelegte Bindung handeln, was bei einem Zusammenleben in einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft zu bejahen ist (Voelzke, a.a.O., Rdnr. 22). Ausweislich der glaubhaften Bekundungen der C.B. vor dem SG im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19. November 2013, die der Kläger nicht ansatzweise in Frage gestellt hat, so dass kein Anlass für eine erneute Vernehmung des C.B. als Zeugin bestanden hat, lebt sie mit dem Kläger seit 1970 durchgehend zusammen, hatte während dieser Zeit keine andere Beziehung und hätte den Kläger, wenn dieser eine andere Beziehung eingegangen wäre, verlassen. Der Kläger ist seit 1969 geschieden und hat nach den Bekundungen der C.B. gleichfalls keine anderweitige Beziehung gehabt. Im Hinblick auf die Dauer des Zusammenwohnens mit mehrmaligen Umzügen (nachweislich Anfang 2004 und September 2009) bestehen keinerlei Zweifel an der erforderlichen Dauerhaftigkeit. Im Übrigen haben sich der Kläger und C.B. gegenüber Dritten selbst als in Partnerschaft lebend beschrieben. So ist bspw. im Entlassbericht der Kliniken vom 22. September 2008 eindrücklich von seiner „Lebensgefährtin“, „Partnerin“, einer „langjährige(n) Lebensgefährtin“, „Lebenspartnerin“ und dem „Paar“ die Rede. Im Entlassbericht der Kliniken vom 15. Januar 2010 ist C.B. sogar als „Ehefrau“ bezeichnet worden.
50 
Auch hat im streitigen Zeitraum zwischen dem Kläger und C.B. eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden. Erforderlich ist dabei grundsätzlich, dass die Partner in einer der Ehe vergleichbaren Weise - wie in einer Ehewohnung - eine häusliche Gemeinschaft bilden und gemeinsam wirtschaften (BSG, a.a.O. Rdnr. 22 f.). Vorliegend wohnt der Kläger mit C.B. in einer 2-Zimmer-Wohnung zusammen und nutzt mit ihr gemeinsam die vorhandenen Räumlichkeiten, wie Küche, Bad, Schlafzimmer und Wohnzimmer. Dies folgt für den Senat aus den Bekundungen der Zeugin C.B. vor dem SG sowie dem genannten Entlassbericht vom 22. September 2008, in dem festgehalten worden ist, dass der Infarkt des Antragstellers am 17. Juli 2008 im gemeinsamen Bett aufgetreten und von C.B. bemerkt worden ist.
51 
Auch wirtschaften sie gemeinsam. Entscheidend ist insoweit, dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner abhängig ist (BSG, Urteil vom 23. August 2012, a.a.O. Rdnr. 23). Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, was allerdings nicht bedeutet, dass der finanzielle Anteil der Beteiligung am Haushalt oder der Wert der Haushaltsführung selbst gleichwertig sein müssen. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen. Ausgehend von den zeugenschaftlichen Bekundungen der C.B. erledigen sie gemeinsam die notwendigen Einkäufe, essen gemeinsam und C.B. besorgt - nunmehr im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers - allein den Haushalt. Zudem teilen sie sich die Kosten der Haushaltsführung (Lebensmittel und Unterkunftskosten) hälftig. Der Kläger selbst hat wiederholt betont, dass C.B. ihn betreue und begleite. Danach haben sich der Kläger und C.B. entsprechend ihrer körperlichen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Haushaltsführung aufgeteilt.
52 
Schließlich ist der Senat davon überzeugt, dass neben diesen objektiven Merkmalen der eheähnlichen Partnerschaft auch das subjektive Element des gemeinsamen Willens, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, im streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegen hat. Es hat nach Auffassung des Senats eine enge personale Bindung dergestalt bestanden, dass ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden konnte. Bereits das BVerfG hat in der zitierten Entscheidung vom 17. November 1992 darauf hingewiesen, dass sich die problematischen inneren Tatsachen häufig nur anhand von Indizien (Hinweistatsachen) feststellen lassen. Es ist folglich anhand von objektiv vorliegenden Tatsachen zu ermitteln, ob der Schluss auf eine innere Bindung im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gerechtfertigt ist. Als solche Hinweistatsachen hat das BVerfG z.B. die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen, angesehen. Die genannten Indizien sind weder abschließend, noch müssen sie kumulativ vorliegen, sondern der Sozialleistungsträger bzw. das Gericht muss sich seine Überzeugung aufgrund einer Bewertung der vorliegenden Tatsachen bilden.
53 
Vorliegend sprechen die Indizien nach Auffassung des Senats für das Bestehen eines Einstandswillens. Zwar haben der Kläger und C.B. jeweils in ihrem Namen geführte Konten, über die sie - nach ihren Angaben - nicht wechselseitig verfügen können. Auch hat der Kläger angegeben, es lägen keine gemeinsamen Versicherungen vor und Anschaffungen würden nicht gemeinsam getätigt. Jedoch ist zunächst entscheidend zu berücksichtigen, dass der Kläger seit 1970 mit C.B. zusammenlebt und mit ihr mehrfach umgezogen ist (vgl. zur herausragenden Bedeutung dieses Kriteriums bspw. Voelzke, a.a.O., Rdnr. 37; Hohm, a.a.O., Rdnr. 16; Schoch, a.a.O., Rdnr. 18). Nach der Zwangsversteigerung der in seinem Eigentum stehenden Wohnung Anfang 2004 haben sie gemeinsam in der Wohnung gewohnt, ab Oktober 2009 in der Seniorenwohnanlage. Den entsprechenden Mietvertrag für die letztgenannte Wohnung mit den mietvertraglichen Verpflichtungen (Miete, Kaution) haben sie gemeinsam abgeschlossen. C.B. hat - den Angaben des Klägers zufolge (Schreiben vom 10. Oktober 2009 und 18. Mai 2009) - die Kaution für die Wohnung allein bezahlt und die Kosten des Umzugs - einschließlich des Transports seiner „wenigen persönlichen Sachen (Bett und Wäsche)“ - übernommen. Der Kläger und C.B. nutzen die Wohnung gemeinsam, es gibt keine klar abgrenzbaren Wohnbereiche. Der Kläger, der nach eigenen Angaben über wenige persönliche Dinge verfügt, darf die der C.B. gehörenden Wohnungsgegenstände unentgeltlich mitbenutzen. Bspw. hat C.B. für die gemeinsame Wohnung einen Fernseher angeschafft. C.B. pflegt, unterstützt und begleitet den Kläger. Auch bei der Finanzierung von Arzneimitteln hat sie den Kläger bis zur Erstattung durch dessen private Krankenversicherung unterstützt (Aktenvermerk des Beklagten vom 6. August 2008). Nach den Bekundungen der C.B. verbringen sie den Tag miteinander, gehen zusammen einkaufen, essen gemeinsam etc. Gerade die täglichen umfangreichen Unterstützungs- und Hilfeleistungen der C.B., die sie unentgeltlich gegenüber dem gesundheitlich erheblich eingeschränkten Kläger (GdB 90, Merkzeichen G und B) seit dem Infarkt im Juli 2008 erbringt und die weit über ein „ehrenamtliches“ Engagement hinausgehen, zeigen anschaulich, dass sie in den Not- und Wechselfällen des Lebens für ihren Partner - den Kläger - einsteht und Verantwortung übernommen hat.
54 
Dass der Kläger die Behauptung aufstellt und ständig wiederholt, eine eheähnliche Gemeinschaft liege nicht vor und es fehle an dem Einstandswillen, steht der vorgenommenen Würdigung nicht entgegen. Dabei ist auch zu beachten, dass der Kläger hinsichtlich seines Zusammenlebens mit C.B. jedenfalls unvollständige Angaben gemacht hat. So hat der Kläger bei Antragstellung im Jahr 2004 durch seine Angaben und die Vorlage des Untermietvertrages versucht den Eindruck zu vermitteln, er habe erst wegen der Zwangsversteigerung seiner Wohnung mit C.B. übergangsweise eine gemeinsame Wohnung begründet, obwohl er zuvor mit C.B. seit 1970 zusammen gewohnt und gemeinsam mit ihr die durch C.B. zum 1. März 2004 angemietete Wohnung bezogen hatte. Vor diesem Hintergrund ist auch seine Behauptung, wegen der Pflege und Betreuung durch C.B. im Hinblick auf seinen Infarkt im Jahr 2008 sei eine Wohngemeinschaft begründet worden, weder glaubhaft noch nachvollziehbar. Vielmehr ist festzustellen, dass der Kläger und C.B. seit mehr als 40 Jahren - trotz verschiedener Schwierigkeiten (Wohnungsverlust des Klägers, gesundheitliche Einschränkungen) - ununterbrochen zusammenleben.
55 
Im Übrigen hat der Kläger dem Beklagten die Durchführung eines Hausbesuchs nicht ermöglicht. Hinweise auf die dargestellten Indizien lassen sich durch einen Hausbesuch ermitteln (vgl. Grube, a.a.O., Rdnr. 15; Hohm, a.a.O., Rdnr. 25; Voelzke, a.a.O., Rdnr. 55 m.w.N.), da eine Besichtigung der Räumlichkeiten als regelmäßigem Aufenthaltsort der Partner Rückschlüsse auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zulassen kann. Die Besichtigung der Wohnverhältnisse der Gemeinschaft durch den Träger der Sozialhilfe gehört als Maßnahme der Augenscheineinnahme nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zu den zulässigen Maßnahmen der Sachaufklärung. Zwar korrespondiert mit diesem Beweismittel keine Mitwirkungspflicht des Leistungsberechtigten, jedoch bedeutet dies nicht, dass bei der Beweiswürdigung keine nachteiligen Folgerungen aus der Verweigerung eines Hausbesuchs gezogen werden dürfen (Voelzke, a.a.O.). Der Kläger hat im Jahr 2010 mehrmals und ausdrücklich die Durchführung eines Hausbesuchs abgelehnt und damit dem Beklagten eine Prüfung der Wohnverhältnisse verwehrt, obwohl das lange Zusammenleben, die gemeinschaftlichen Umzüge, die Betreuung des Kläger durch C.B. - bspw. auch während der stationären Krankenhausbehandlung und der stationären medizinischen Rehabilitation (Schreiben vom 3. November 2008) - durchaus Anlass zu der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft gegeben haben.
56 
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die eheähnliche Gemeinschaft des Klägers mit C.B. vor oder im streitgegenständlichen Zeitraum gelöst worden ist. Ob Ehepaare und Lebenspartner dauernd getrennt leben, bestimmt sich nicht nach § 1567 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung eigenständig nach Sinn und Zweck sozialhilferechtlicher Vorschriften und Maßstäbe (bspw. Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 27 Rdnr. 14 m.w.N.). Ein Getrenntleben liegt danach vor, wenn sich aus den die Beziehung der Ehegatten zueinander kennzeichnenden Gesamtumständen ergibt, dass mindestens einer von ihnen den Willen hat, sich vom anderen Ehegatten unter Aufgabe der bisherigen Lebensgemeinschaft auf Dauer zu trennen. Maßgebend ist, ob die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Ehe- oder Lebenspartner nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben ist und der Wille, füreinander einzustehen, nicht mehr besteht. Nicht bereits die (krankheitsbedingte) dauerhafte Unfähigkeit, einen Willen zur Fortführung der Gemeinschaft zu fassen und zu realisieren, sondern erst der aktive Wille, die eheliche Gemeinschaft aufzugeben, führt zu einem Getrenntleben. Daher führt allein die Unterbringung in einem Pflegeheim nicht zu einem Getrenntleben i.S. der sozialhilferechtlichen Vorschriften (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 22. Juli 2010 - L 7 SO 3067/10 ER-B -; Hessisches LSG, Urteil vom 25. November 2011 - L 7 SO 194/09 - juris Rdnr. 19 ff.; ferner BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 49/09 R - juris Rdnr. 14; Coseriu, a.a.O., Rdnr. 16; Grube, a.a.O., § 19 Rdnr. 15 und § 27 Rdnr. 11 f.; Wahrendorf, ebenda, § 43 Rdnr. 10; Schoch, a.a.O., § 27 Rdnr. 22). Bei einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ist zu berücksichtigen, dass eine solche jederzeit ohne ein rechtlich geregeltes Verfahren aufgelöst werden kann (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. April 2009 - L 23 SO 37/09 B ER - juris Rdnr. 24; Hohm, a.a.O., Rdnr. 22; Voelzke, a.a.O., § 20 Rdnr. 33). Ohne rechtlichen Hinderungsgrund kann der nicht verheiratete Partner jederzeit sein bisheriges Verhalten ändern und sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwenden. Eine hinreichend sichere Feststellung ist jedoch nur dann möglich, wenn die Entscheidung zur Beendigung durch äußere Umstände hinreichend klar dokumentiert wird. Die bloße Erklärung, die Partnerschaft aufgelöst zu haben, genügt nicht (Hohm, a.a.O.; Voelzke, a.a.O., Rdnr. 34).
57 
Eine derartige Verhaltensänderung seitens des Klägers oder der C.B. ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ihr Verhalten lässt nicht erkennen, dass sie den Willen zur Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft vor oder im streitgegenständlichen Zeitraum aufgegeben haben. Dagegen spricht, dass C.B. als Zeugin vor dem SG noch im November 2013, mithin mehr als 1 Jahr nach dem Ende des hier streitigen Bewilligungsabschnitts, eindrücklich ein partnerschaftliches Zusammenleben in der 2-Zimmer-Wohnung beschrieben hat. Die ständige Wiederholung seiner pauschalen Behauptung, es habe keine eheähnliche Gemeinschaft bestanden und C.B. verwende die ihr zur Verfügung stehenden Mittel ausschließlich für eigene Zwecke und Bedürfnisse, genügt nicht. Ebenso wenig begründet der - wiederholte - Verweis auf die Gesundheitseinschränkungen und Behinderungen (bspw. durch den Schlaganfall) und eine daraus resultierende Pflegebedürftigkeit eine nach außen dokumentierte Trennung des seit 1970 durchgehend zusammenwohnenden Paares. Eine vom Kläger geltend gemachte erhebliche Pflegebedürftigkeit besagt, dass er in einem bestimmten Umfang der Hilfe im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung bedarf (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung -), jedoch nicht, dass eine Beendigung der Partnerschaft eingetreten ist.
58 
Demnach steht fest, dass eine Einstandsgemeinschaft im Sinne einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen dem Kläger und C.B. bestanden hat. Damit findet die Regelung des § 39 SGB XII, auf dessen Satz 3 der Kläger wiederholt verwiesen hat, von vornherein keine Anwendung (vgl. nur Becker in jurisPK-SGB XII, § 39 Rdnr. 10 f.; Voelzke, a.a.O., Rdnr. 50; vgl. auch § 43 Abs. 1 Halbs. 2 SGB XII). Auch ist - entgegen der Auffassung des Kläger - für das Vorliegen einer Einstandsgemeinschaft nicht maßgeblich, ob seine Partnerin (C.B.) selbst Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII bezieht. Deshalb hat der Klägerin keinen Anspruch auf einen Regelbedarf für Alleinstehende und einen entsprechenden Mehrbedarfs wegen Gehbehinderung nach § 30 Abs. 1 SGB XII. Anhaltspunkte für das Vorliegen abweichender Bedarfe sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
59 
bb. Ein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII ist zu Gunsten des Klägers ebenso nicht zu berücksichtigen. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum an gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelitten hat, die eine besondere Ernährung erforderlich gemacht haben, deren Kosten höher sind als dies für Personen ohne solche Einschränkungen der Fall ist.
60 
Nach § 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Nach der Parallelvorschrift im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) wird bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt (§ 21 Abs. 5 SGB II). Damit wird zwar der Kreis der Anspruchsberechtigten in § 21 Abs. 5 SGB II und § 30 Abs. 5 SGB XII jeweils anders definiert, jedoch bestehen zwischen den beiden Normen keine inhaltlichen Unterschiede. Die Vorschriften sind gleich auszulegen (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 18 ff.; Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 11/10 R - juris Rdnr. 24). Voraussetzung für den Rechtsanspruch auf einen Mehrbedarf ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine besondere Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher sind als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. bspw. Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 48/12 R - juris Rdnr. 12 und Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 65/12 R - juris Rdnr. 13 jeweils m.w.N.). Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder einer drohenden Erkrankung oder Behinderung und der Notwendigkeit einer besonderen Ernährung vorliegen und diese besondere „Krankenkost“ muss gegenüber der in der Bevölkerung üblichen, im Regelfall zum Ausdruck kommenden Ernährung kostenaufwändiger sein (BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, a. a. O.). Der Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aus medizinischen Gründen soll helfen, im Hinblick auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums eine Ernährung zu finanzieren, mit der der Verlauf einer (bestehenden) gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Abmilderung von deren Folgen, Verhinderung oder Hinauszögern einer Verschlechterung oder deren (drohenden) Eintretens beeinflusst werden kann (BSG, Urteil vom 20. Februar 2014, a.a.O. Rdnr. 15). Dabei ist zu beachten, dass § 30 Abs. 5 SGB XII lediglich den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung erfasst. Der notwendige Bedarf für Ernährung wird als ein Teil der Regelleistung bzw. des Regelbedarfs typisierend zuerkannt, wobei von der Deckung der laufenden Kosten eines typischen Leistungsberechtigten im Rahmen eines soziokulturellen Existenzminimums für eine ausreichende ausgewogene Ernährung im Sinne einer ausreichenden Zufuhr von Proteinen, Fetten, Kohlehydraten, Mineralstoffen und Vitaminen ausgegangen wird (BSG, Urteil vom 20. Februar 2014, a.a.O., Rdnr. 13). Damit gilt im Ergebnis eine Vollkosternährung als vom Regelbedarf gedeckt, weil es sich hierbei um eine ausgewogene Ernährungsweise handelt, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 24).
61 
Nach der Rechtsprechung des BSG haben die Gerichte einen streitig gebliebenen krankheitsbedingten Mehrbedarf im Einzelfall aufzuklären (dazu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, a.a.O. Rdnr. 15; ferner Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 11/10 R - juris Rdnr. 24). Dazu ist zunächst zu überprüfen, welches besondere Ernährungsbedürfnis ernährungsmedizinisch, d.h. durch die Erkrankung, begründet ist. Erst wenn feststeht, welches medizinisch begründete Ernährungsbedürfnis im Einzelfall besteht, kommt es darauf an, ob hierdurch auch höhere Kosten entstehen. Die Beweislast hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen trägt der Kläger (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 20. September 2012 - B 8 SO 15/11 R - BSGE 112, 67 - juris Rdnr. 24; vom 28. August 2011 - B 8 SO 29/10 R - juris Rdnr. 13; vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - juris Rdnr. 32; vgl. ferner Müller in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 103 Rdnr. 45). Denn grundsätzlich trägt derjenige die objektive Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen.
62 
Nach den vorhandenen medizinischen Unterlagen, auf die der Kläger mehrmals verwiesen hat, steht für den Senat fest, dass der Kläger an einer Epilepsie, einer diskret beinbetonten Hemiparese links, einer ausgeprägten räumlich-konstruktiven Störung und leichten Apraxie, einem embolischen RMCA-Infarkt, einem chronischen Vorhofflimmern und einer arteriellen Hypertonie leidet (Entlassberichte der Neurologischen Klinik vom 22. September 2008 und vom 15. Januar 2010). Im Hinblick auf die arterielle Hypertonie hat der behandelnde Arzt Dr. in den vom Kläger vorgelegten Attesten jeweils eine natriumdefinierte Kost befürwortet. Der Arzt des Gesundheitsamtes Dr. hat in seiner Stellungnahme vom 29. November 2011 in Auseinandersetzung mit den ärztlichen Attesten des Dr. für den Senat überzeugend begründet, dass die genannten Erkrankungen des Klägers keine besondere Ernährungsform erforderlich machen, sondern eine salzreduzierte Vollkost ausreicht. Die empfohlene Kost entspricht in ihrer Zusammensetzung einer gesunden Vollkost bzw. gesunden Mischkost. Diese Kostform ist sowohl für Gesunde als auch Personen mit den Erkrankungen des Klägers empfehlenswert. Dieses Ergebnis steht in Einklang mit den Empfehlungen des Deutschen Vereins, die nach der Rechtsprechung des BSG als Orientierungshilfe dienen und insbesondere zu einem Abgleich mit den Ergebnissen der Amtsermittlung führen können (z.B. BSG, Urteil vom 22. November 2011 - B 4 AS 138/10 R - juris Rdnr. 23 m.w.N.). Nach den DV-Empfehlungen Krankenkostzulage (4. Aufl. 2014) ist nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin u.a. bei den Erkrankungen Hyperlipidämie (Erhöhung der Blutfette), Hypertonie (Bluthochdruck), kardiale und renale Ödeme (Gewebswasseransammlungen bei Herz- oder Nierenerkrankung), Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit - Typ II und Typ I, konventionell und intensiviert konventionell behandelt) regelmäßig eine „Vollkost“ angezeigt und in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Aufwand zu verneinen. Danach ist beim Kläger keine besondere Krankenkost erforderlich. Im Übrigen hat der Kläger dem Senat auch eine weitere Aufklärung des medizinischen Sachverhalts zu den im streitgegenständlichen Zeitraum bestehenden Erkrankungen und der aus medizinischen Gründen erforderlichen Ernährung verwehrt. Denn er hat - trotz mehrfacher Aufforderung und Hinweis auf die Folgen - seine behandelnden Ärzte nicht von der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. § 203 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch) entbunden, so dass der Senat insbesondere Dr. K. nicht ergänzend, insbesondere zu den medizinischen Gründen seiner von den DV-Empfehlungen Krankenkostzulage abweichenden Beurteilung, befragen konnte. Die gegenüber dem Versorgungsamt des Landratsamtes Konstanz erteilte Schweigepflichtentbindungserklärung vom 11. November 2009 bezieht sich nur auf Ermittlungen des Versorgungsamtes und nicht des Senats. Für andere Ermittlungen, insbesondere durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, hat kein Anlass bestanden, weil bei den in den Verwaltungs- und Gerichtsakten dokumentierten Erkrankungen entsprechend den DV-Empfehlungen Krankenkostzulage eine gesunde Vollkost ausreichend ist.
63 
Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gem. § 30 Abs. 5 SGB XII ein Mehrbedarf zu gewähren ist, braucht der Senat den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw. den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf des Klägers nicht zu ermitteln (so z.B. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 24). Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 5 SGB XII sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt sind (BSG a.a.O.). Die Ernährung mit einer sogenannten „Vollkost“ unterfällt nicht § 30 Abs. 5 SGB XII, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern auf eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild der gesunden Menschen Bezug nimmt (BSG a.a.O.). Die auch dem Kläger anempfohlene Vollkost im Sinne einer salzarmen Kost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten.
64 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
65 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
35 
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
36 
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG). Denn der Kläger begehrt mit seiner Berufung laufende Leistungen für mehr als 1 Jahr, nämlich für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012.
37 
2. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bilden die Bescheide vom 21. Juli 2010, 29. April 2011, 22. Juni 2011, 8. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2011 (§ 95 SGG) sowie die gem. § 96 SGG einzubeziehenden Bescheide vom 28. Dezember 2011 und 2. Juli 2012, mit denen der Beklagte Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, u.a. einen Regelsatz nach Regelbedarfsstufe 2 und einen entsprechenden Mehrbedarf wegen Gehbehinderung gewährt und die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Gestalt des Regelbedarfs für Alleinstehende und eines entsprechenden Mehrbedarfs wegen Gehbehinderung sowie eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012. Der Kläger hat sein Begehren - in Einklang mit den durch die angefochtenen Bescheide geregelten Bewilligungsabschnitten - auf den Zeitraum von August 2010 bis Juli 2012 ausdrücklich beschränkt (Niederschrift des SG vom 19. November 2013). Im Recht der Sozialhilfe bilden der Regelsatz und die Mehrbedarfe i.S. des § 30 SGB XII eigenständig abgrenzbare Streitgegenstände, die zum alleinigen Inhalt eines Rechtsstreits gemacht werden können (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 2008 - B 8/9b SO 10/06 R - BSGE 101, 217 - juris Rdnr. 12 ff.; Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 8/08 R - BSGE 103, 181 - juris Rdnr. 13; Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 3/11 R - juris Rdnr. 11). Höhere Kosten für Unterkunft und Heizung hat der Kläger für den streitigen Zeitraum nicht geltend gemacht, zumal der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum die auf den Kläger entfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (einschließlich Betreuungspauschale) vollständig übernommen hat. Nachdem der Beklagte vor dem SG in der mündlichen Verhandlung den Klaganspruch hinsichtlich der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe des halben Basistarifs anerkannt und der Kläger dieses Teilanerkenntnis angenommen hatte, verfolgt er insoweit auch keine Ansprüche mehr.
38 
Demnach sind die Änderungsbescheide vom 15. Dezember 2010 (Änderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung), vom 25. März 2011 (Betriebskostennachzahlung), 11. Mai 2011 (Betriebskostennachzahlung), 24. Oktober 2011 (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) und 19. Dezember 2011 (Änderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung), 4. Juli 2012 (Betriebskostennachzahlung) nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens. Ebenso wenig ist der Bescheid vom 19. Juli 2012 betreffend den (anschließenden) Bewilligungsabschnitte ab 1. August 2012 Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden.
39 
3. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Gestalt des Regelbedarfs für Alleinstehende und eines entsprechenden Mehrbedarfs wegen Gehbehinderung sowie eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2012 zu.
40 
a. Gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a SGB XII übersteigen, sind zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 Satz 2 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung ; § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2012 gültigen Fassung). Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten (§ 20 SGB XII); § 39 Satz 1 SGB XII ist nicht anzuwenden (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB XII).
41 
Ob der Kläger, der die Altersgrenze erreicht hat, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten kann, zum Kreis der Leistungsberechtigten gehört, lässt der Senat offen. Insbesondere bedarf es vorliegend keiner Feststellungen dazu, ob und ggf. in welcher Höhe C.B. über Einkommen und Vermögen verfügt hat, das dem Kläger als ihrem eheähnlichen Lebenspartner zuzurechnen wäre. Denn der Kläger hat jedenfalls keinen Anspruch auf höhere als die vom Beklagten bewilligten Leistungen.
42 
b. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen u.a. den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII a.F. (§ 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII a.F.) bzw. die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII42 Nr. 1 SGB XII) und die Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII a.F. bzw. § 42 Nr. 2 SGB XII).
43 
aa. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB XII entsprechend dem Regelsatz bzw. Regelbedarf für Alleinstehende und auf einen höheren Mehrbedarf wegen der Gehbehinderung nach § 30 Abs. 1 SGB XII.
44 
Gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme der zusätzlichen Leistung für die Schule nach § 28a SGB XII a.F. sowie von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 29 SGB XII a.F. und der Sonderbedarfe nach den §§ 30 bis 34 SGB XII a.F. nach Regelsätzen erbracht; die Landesregierungen setzen durch Rechtsverordnung die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 SGB XII a.F. fest (§ 28 Abs. 2 Satz 1SGB XII a.F.). Nach § 1 Satz 1 der Verordnung der Landesregierung über die Festsetzung der Regelsätze in der Sozialhilfe Baden-Württemberg vom 26. Mai 2009 (Regelsätze-VO BW) sind die monatlichen Regelsätze für den Haushaltsvorstand und für allein stehende Personen auf 359,00 EUR (Nr. 1) und für Haushaltsangehörige auf 215,00 EUR, 251,00 EUR bzw. 287,00 EUR festgesetzt worden. Leben Ehegatten oder Lebenspartner zusammen, beträgt der Regelsatz 323,00 EUR (§ 1 Satz 2 Regelsätze-VO BW).
45 
Nach § 27a Abs. 3 SGB XII sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII ergeben, monatliche Regelsätze zu gewähren (Satz 1). Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen (Satz 2). Nach der Anlage zu § 28 SGB XII betragen die Leistungen ab 1. Januar 2011 nach Regelbedarfsstufe 1 364,00 EUR und nach Regelbedarfsstufe 2 328,00 EUR sowie ab 1. Januar 2012 374,00 EUR bzw. 337,00 EUR. Der Regelbedarfsstufe 1 sind erwachsene leistungsberechtigte Personen, die als alleinstehende oder alleinerziehende Personen einen eigenen Haushalt führen, zuzuordnen. Regelbedarfsstufe 2 gilt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr. 2 SGB XII i.V.m. § 30 Abs. 1 SGB XII wegen einer Gehbehinderung ab, der dem Kläger dem Grunde nach unstreitig zusteht.
46 
Der Kläger ist nicht alleinstehend. Er hat jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum mit C.B. eine eheähnliche Gemeinschaft gebildet, so dass der Beklagte zutreffend den Regelsatz für Partner bzw. den Regelbedarf nach Regelbedarfsstufe 2 (monatlich 323,00 EUR, ab Januar 2011 328,00 EUR und ab Januar 2012 337,00 EUR) und den sich daraus ableitenden Mehrbedarf wegen Gehbehinderung nach § 30 Abs. 1 SGB XII (54,91 EUR, ab Januar 2011 55,76 EUR und ab Januar 2012 57,29 EUR) angesetzt hat. Der Abzug der Warmwasserpauschale in Höhe von monatlich 5,82 EUR in der Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2010 hat der seinerzeit gültigen Rechtslage entsprochen (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 16/10 R - juris 14 m.w.N.).
47 
Eine eheähnliche Gemeinschaft ist nach der Rechtsprechung des BVerfG dadurch charakterisiert, dass sie eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau darstellt, die daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt (vgl. auch zum Folgenden z.B. Urteil vom 17. November 1992 - 1 BvL 8/87 - juris Rdnr. 92 ff.). Sie zeichnet sich durch innere Bindungen aus, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- bzw. Wohngemeinschaft hinausgehen. Die Annahme einer eheähnlichen bzw. lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft ist also gerechtfertigt, wenn die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten bei einer Bedürftigkeitsprüfung vergleichbar. Folglich führt nicht jede Wohn- und Lebensgemeinschaft zur Annahme einer eheähnlichen bzw. lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, sondern es kommt auf den subjektiven Willen zur Bildung einer solchen zwar nicht rechtlich, aber sittlich als verbindlich empfundenen Gemeinschaft an. Nach der an die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung anknüpfenden Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 34/12 R - juris Rdnr. 16 ff.; Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 11a/7a AL 52/06 R - juris Rdnr. 17 ff.; vgl. ferner Grube in ders./Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 20 Rdnr. 9 ff.; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 20 Rdnr. 12 ff.; Schoch in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 20 Rdnr. 3 ff.; Voelzke in jurisPK-SGB XII, § 20 Rdnr. 19 ff.) sprechen für eine eheähnliche Gemeinschaft u.a. deren Dauerhaftigkeit und Kontinuität, eine gemeinsame Wohnung, eine bestehende Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, das Zusammenleben mit Kindern, die gemeinsame Versorgung von Angehörigen bzw. die Befugnis, über Einkommen und Vermögen des Partners verfügen zu können, wobei diese Kriterien nicht kumulativ vorliegen müssen und eine längere Dauer des Zusammenlebens das gewichtigste Indiz für eine eheähnliche bzw. lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft darstellt.
48 
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger mit C.B. im hier streitgegenständlichen Zeitraum eine eheähnliche Gemeinschaft gebildet hat. Zwar hat der Kläger durchgehend geltend gemacht, dass keine eheähnliche Gemeinschaft mit C.B. bestehe. So hat er behauptet, es handele sich um eine reine Wohngemeinschaft, die sich in der Not (Zwangsversteigerung seiner Eigentumswohnung im Jahr 2004) altersbedingt und aus gesundheitlichen Gründen (Infarkt im Jahr 2008) gebildet habe und im Wesentlichen der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung diene. Zudem sei C.B. weder bereit noch in der Lage, für ihn einzustehen. Sie hätten finanziell nichts miteinander zu tun. Demgegenüber ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger und C.B. seit vielen Jahren eine eheähnliche Gemeinschaft bilden.
49 
Zur Überzeugung des Senats sind der Kläger und C.B. Partner. Von einer Partnerschaft ist auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt (BSG, Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 34/12 R - juris Rdnr. 20). Zudem muss es sich um eine auf Dauer angelegte Bindung handeln, was bei einem Zusammenleben in einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft zu bejahen ist (Voelzke, a.a.O., Rdnr. 22). Ausweislich der glaubhaften Bekundungen der C.B. vor dem SG im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19. November 2013, die der Kläger nicht ansatzweise in Frage gestellt hat, so dass kein Anlass für eine erneute Vernehmung des C.B. als Zeugin bestanden hat, lebt sie mit dem Kläger seit 1970 durchgehend zusammen, hatte während dieser Zeit keine andere Beziehung und hätte den Kläger, wenn dieser eine andere Beziehung eingegangen wäre, verlassen. Der Kläger ist seit 1969 geschieden und hat nach den Bekundungen der C.B. gleichfalls keine anderweitige Beziehung gehabt. Im Hinblick auf die Dauer des Zusammenwohnens mit mehrmaligen Umzügen (nachweislich Anfang 2004 und September 2009) bestehen keinerlei Zweifel an der erforderlichen Dauerhaftigkeit. Im Übrigen haben sich der Kläger und C.B. gegenüber Dritten selbst als in Partnerschaft lebend beschrieben. So ist bspw. im Entlassbericht der Kliniken vom 22. September 2008 eindrücklich von seiner „Lebensgefährtin“, „Partnerin“, einer „langjährige(n) Lebensgefährtin“, „Lebenspartnerin“ und dem „Paar“ die Rede. Im Entlassbericht der Kliniken vom 15. Januar 2010 ist C.B. sogar als „Ehefrau“ bezeichnet worden.
50 
Auch hat im streitigen Zeitraum zwischen dem Kläger und C.B. eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden. Erforderlich ist dabei grundsätzlich, dass die Partner in einer der Ehe vergleichbaren Weise - wie in einer Ehewohnung - eine häusliche Gemeinschaft bilden und gemeinsam wirtschaften (BSG, a.a.O. Rdnr. 22 f.). Vorliegend wohnt der Kläger mit C.B. in einer 2-Zimmer-Wohnung zusammen und nutzt mit ihr gemeinsam die vorhandenen Räumlichkeiten, wie Küche, Bad, Schlafzimmer und Wohnzimmer. Dies folgt für den Senat aus den Bekundungen der Zeugin C.B. vor dem SG sowie dem genannten Entlassbericht vom 22. September 2008, in dem festgehalten worden ist, dass der Infarkt des Antragstellers am 17. Juli 2008 im gemeinsamen Bett aufgetreten und von C.B. bemerkt worden ist.
51 
Auch wirtschaften sie gemeinsam. Entscheidend ist insoweit, dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner abhängig ist (BSG, Urteil vom 23. August 2012, a.a.O. Rdnr. 23). Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, was allerdings nicht bedeutet, dass der finanzielle Anteil der Beteiligung am Haushalt oder der Wert der Haushaltsführung selbst gleichwertig sein müssen. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen. Ausgehend von den zeugenschaftlichen Bekundungen der C.B. erledigen sie gemeinsam die notwendigen Einkäufe, essen gemeinsam und C.B. besorgt - nunmehr im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers - allein den Haushalt. Zudem teilen sie sich die Kosten der Haushaltsführung (Lebensmittel und Unterkunftskosten) hälftig. Der Kläger selbst hat wiederholt betont, dass C.B. ihn betreue und begleite. Danach haben sich der Kläger und C.B. entsprechend ihrer körperlichen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Haushaltsführung aufgeteilt.
52 
Schließlich ist der Senat davon überzeugt, dass neben diesen objektiven Merkmalen der eheähnlichen Partnerschaft auch das subjektive Element des gemeinsamen Willens, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, im streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegen hat. Es hat nach Auffassung des Senats eine enge personale Bindung dergestalt bestanden, dass ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden konnte. Bereits das BVerfG hat in der zitierten Entscheidung vom 17. November 1992 darauf hingewiesen, dass sich die problematischen inneren Tatsachen häufig nur anhand von Indizien (Hinweistatsachen) feststellen lassen. Es ist folglich anhand von objektiv vorliegenden Tatsachen zu ermitteln, ob der Schluss auf eine innere Bindung im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gerechtfertigt ist. Als solche Hinweistatsachen hat das BVerfG z.B. die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen, angesehen. Die genannten Indizien sind weder abschließend, noch müssen sie kumulativ vorliegen, sondern der Sozialleistungsträger bzw. das Gericht muss sich seine Überzeugung aufgrund einer Bewertung der vorliegenden Tatsachen bilden.
53 
Vorliegend sprechen die Indizien nach Auffassung des Senats für das Bestehen eines Einstandswillens. Zwar haben der Kläger und C.B. jeweils in ihrem Namen geführte Konten, über die sie - nach ihren Angaben - nicht wechselseitig verfügen können. Auch hat der Kläger angegeben, es lägen keine gemeinsamen Versicherungen vor und Anschaffungen würden nicht gemeinsam getätigt. Jedoch ist zunächst entscheidend zu berücksichtigen, dass der Kläger seit 1970 mit C.B. zusammenlebt und mit ihr mehrfach umgezogen ist (vgl. zur herausragenden Bedeutung dieses Kriteriums bspw. Voelzke, a.a.O., Rdnr. 37; Hohm, a.a.O., Rdnr. 16; Schoch, a.a.O., Rdnr. 18). Nach der Zwangsversteigerung der in seinem Eigentum stehenden Wohnung Anfang 2004 haben sie gemeinsam in der Wohnung gewohnt, ab Oktober 2009 in der Seniorenwohnanlage. Den entsprechenden Mietvertrag für die letztgenannte Wohnung mit den mietvertraglichen Verpflichtungen (Miete, Kaution) haben sie gemeinsam abgeschlossen. C.B. hat - den Angaben des Klägers zufolge (Schreiben vom 10. Oktober 2009 und 18. Mai 2009) - die Kaution für die Wohnung allein bezahlt und die Kosten des Umzugs - einschließlich des Transports seiner „wenigen persönlichen Sachen (Bett und Wäsche)“ - übernommen. Der Kläger und C.B. nutzen die Wohnung gemeinsam, es gibt keine klar abgrenzbaren Wohnbereiche. Der Kläger, der nach eigenen Angaben über wenige persönliche Dinge verfügt, darf die der C.B. gehörenden Wohnungsgegenstände unentgeltlich mitbenutzen. Bspw. hat C.B. für die gemeinsame Wohnung einen Fernseher angeschafft. C.B. pflegt, unterstützt und begleitet den Kläger. Auch bei der Finanzierung von Arzneimitteln hat sie den Kläger bis zur Erstattung durch dessen private Krankenversicherung unterstützt (Aktenvermerk des Beklagten vom 6. August 2008). Nach den Bekundungen der C.B. verbringen sie den Tag miteinander, gehen zusammen einkaufen, essen gemeinsam etc. Gerade die täglichen umfangreichen Unterstützungs- und Hilfeleistungen der C.B., die sie unentgeltlich gegenüber dem gesundheitlich erheblich eingeschränkten Kläger (GdB 90, Merkzeichen G und B) seit dem Infarkt im Juli 2008 erbringt und die weit über ein „ehrenamtliches“ Engagement hinausgehen, zeigen anschaulich, dass sie in den Not- und Wechselfällen des Lebens für ihren Partner - den Kläger - einsteht und Verantwortung übernommen hat.
54 
Dass der Kläger die Behauptung aufstellt und ständig wiederholt, eine eheähnliche Gemeinschaft liege nicht vor und es fehle an dem Einstandswillen, steht der vorgenommenen Würdigung nicht entgegen. Dabei ist auch zu beachten, dass der Kläger hinsichtlich seines Zusammenlebens mit C.B. jedenfalls unvollständige Angaben gemacht hat. So hat der Kläger bei Antragstellung im Jahr 2004 durch seine Angaben und die Vorlage des Untermietvertrages versucht den Eindruck zu vermitteln, er habe erst wegen der Zwangsversteigerung seiner Wohnung mit C.B. übergangsweise eine gemeinsame Wohnung begründet, obwohl er zuvor mit C.B. seit 1970 zusammen gewohnt und gemeinsam mit ihr die durch C.B. zum 1. März 2004 angemietete Wohnung bezogen hatte. Vor diesem Hintergrund ist auch seine Behauptung, wegen der Pflege und Betreuung durch C.B. im Hinblick auf seinen Infarkt im Jahr 2008 sei eine Wohngemeinschaft begründet worden, weder glaubhaft noch nachvollziehbar. Vielmehr ist festzustellen, dass der Kläger und C.B. seit mehr als 40 Jahren - trotz verschiedener Schwierigkeiten (Wohnungsverlust des Klägers, gesundheitliche Einschränkungen) - ununterbrochen zusammenleben.
55 
Im Übrigen hat der Kläger dem Beklagten die Durchführung eines Hausbesuchs nicht ermöglicht. Hinweise auf die dargestellten Indizien lassen sich durch einen Hausbesuch ermitteln (vgl. Grube, a.a.O., Rdnr. 15; Hohm, a.a.O., Rdnr. 25; Voelzke, a.a.O., Rdnr. 55 m.w.N.), da eine Besichtigung der Räumlichkeiten als regelmäßigem Aufenthaltsort der Partner Rückschlüsse auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zulassen kann. Die Besichtigung der Wohnverhältnisse der Gemeinschaft durch den Träger der Sozialhilfe gehört als Maßnahme der Augenscheineinnahme nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zu den zulässigen Maßnahmen der Sachaufklärung. Zwar korrespondiert mit diesem Beweismittel keine Mitwirkungspflicht des Leistungsberechtigten, jedoch bedeutet dies nicht, dass bei der Beweiswürdigung keine nachteiligen Folgerungen aus der Verweigerung eines Hausbesuchs gezogen werden dürfen (Voelzke, a.a.O.). Der Kläger hat im Jahr 2010 mehrmals und ausdrücklich die Durchführung eines Hausbesuchs abgelehnt und damit dem Beklagten eine Prüfung der Wohnverhältnisse verwehrt, obwohl das lange Zusammenleben, die gemeinschaftlichen Umzüge, die Betreuung des Kläger durch C.B. - bspw. auch während der stationären Krankenhausbehandlung und der stationären medizinischen Rehabilitation (Schreiben vom 3. November 2008) - durchaus Anlass zu der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft gegeben haben.
56 
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die eheähnliche Gemeinschaft des Klägers mit C.B. vor oder im streitgegenständlichen Zeitraum gelöst worden ist. Ob Ehepaare und Lebenspartner dauernd getrennt leben, bestimmt sich nicht nach § 1567 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung eigenständig nach Sinn und Zweck sozialhilferechtlicher Vorschriften und Maßstäbe (bspw. Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 27 Rdnr. 14 m.w.N.). Ein Getrenntleben liegt danach vor, wenn sich aus den die Beziehung der Ehegatten zueinander kennzeichnenden Gesamtumständen ergibt, dass mindestens einer von ihnen den Willen hat, sich vom anderen Ehegatten unter Aufgabe der bisherigen Lebensgemeinschaft auf Dauer zu trennen. Maßgebend ist, ob die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Ehe- oder Lebenspartner nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben ist und der Wille, füreinander einzustehen, nicht mehr besteht. Nicht bereits die (krankheitsbedingte) dauerhafte Unfähigkeit, einen Willen zur Fortführung der Gemeinschaft zu fassen und zu realisieren, sondern erst der aktive Wille, die eheliche Gemeinschaft aufzugeben, führt zu einem Getrenntleben. Daher führt allein die Unterbringung in einem Pflegeheim nicht zu einem Getrenntleben i.S. der sozialhilferechtlichen Vorschriften (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 22. Juli 2010 - L 7 SO 3067/10 ER-B -; Hessisches LSG, Urteil vom 25. November 2011 - L 7 SO 194/09 - juris Rdnr. 19 ff.; ferner BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 49/09 R - juris Rdnr. 14; Coseriu, a.a.O., Rdnr. 16; Grube, a.a.O., § 19 Rdnr. 15 und § 27 Rdnr. 11 f.; Wahrendorf, ebenda, § 43 Rdnr. 10; Schoch, a.a.O., § 27 Rdnr. 22). Bei einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ist zu berücksichtigen, dass eine solche jederzeit ohne ein rechtlich geregeltes Verfahren aufgelöst werden kann (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. April 2009 - L 23 SO 37/09 B ER - juris Rdnr. 24; Hohm, a.a.O., Rdnr. 22; Voelzke, a.a.O., § 20 Rdnr. 33). Ohne rechtlichen Hinderungsgrund kann der nicht verheiratete Partner jederzeit sein bisheriges Verhalten ändern und sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwenden. Eine hinreichend sichere Feststellung ist jedoch nur dann möglich, wenn die Entscheidung zur Beendigung durch äußere Umstände hinreichend klar dokumentiert wird. Die bloße Erklärung, die Partnerschaft aufgelöst zu haben, genügt nicht (Hohm, a.a.O.; Voelzke, a.a.O., Rdnr. 34).
57 
Eine derartige Verhaltensänderung seitens des Klägers oder der C.B. ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ihr Verhalten lässt nicht erkennen, dass sie den Willen zur Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft vor oder im streitgegenständlichen Zeitraum aufgegeben haben. Dagegen spricht, dass C.B. als Zeugin vor dem SG noch im November 2013, mithin mehr als 1 Jahr nach dem Ende des hier streitigen Bewilligungsabschnitts, eindrücklich ein partnerschaftliches Zusammenleben in der 2-Zimmer-Wohnung beschrieben hat. Die ständige Wiederholung seiner pauschalen Behauptung, es habe keine eheähnliche Gemeinschaft bestanden und C.B. verwende die ihr zur Verfügung stehenden Mittel ausschließlich für eigene Zwecke und Bedürfnisse, genügt nicht. Ebenso wenig begründet der - wiederholte - Verweis auf die Gesundheitseinschränkungen und Behinderungen (bspw. durch den Schlaganfall) und eine daraus resultierende Pflegebedürftigkeit eine nach außen dokumentierte Trennung des seit 1970 durchgehend zusammenwohnenden Paares. Eine vom Kläger geltend gemachte erhebliche Pflegebedürftigkeit besagt, dass er in einem bestimmten Umfang der Hilfe im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung bedarf (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung -), jedoch nicht, dass eine Beendigung der Partnerschaft eingetreten ist.
58 
Demnach steht fest, dass eine Einstandsgemeinschaft im Sinne einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen dem Kläger und C.B. bestanden hat. Damit findet die Regelung des § 39 SGB XII, auf dessen Satz 3 der Kläger wiederholt verwiesen hat, von vornherein keine Anwendung (vgl. nur Becker in jurisPK-SGB XII, § 39 Rdnr. 10 f.; Voelzke, a.a.O., Rdnr. 50; vgl. auch § 43 Abs. 1 Halbs. 2 SGB XII). Auch ist - entgegen der Auffassung des Kläger - für das Vorliegen einer Einstandsgemeinschaft nicht maßgeblich, ob seine Partnerin (C.B.) selbst Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII bezieht. Deshalb hat der Klägerin keinen Anspruch auf einen Regelbedarf für Alleinstehende und einen entsprechenden Mehrbedarfs wegen Gehbehinderung nach § 30 Abs. 1 SGB XII. Anhaltspunkte für das Vorliegen abweichender Bedarfe sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
59 
bb. Ein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII ist zu Gunsten des Klägers ebenso nicht zu berücksichtigen. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum an gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelitten hat, die eine besondere Ernährung erforderlich gemacht haben, deren Kosten höher sind als dies für Personen ohne solche Einschränkungen der Fall ist.
60 
Nach § 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Nach der Parallelvorschrift im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) wird bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt (§ 21 Abs. 5 SGB II). Damit wird zwar der Kreis der Anspruchsberechtigten in § 21 Abs. 5 SGB II und § 30 Abs. 5 SGB XII jeweils anders definiert, jedoch bestehen zwischen den beiden Normen keine inhaltlichen Unterschiede. Die Vorschriften sind gleich auszulegen (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 18 ff.; Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 11/10 R - juris Rdnr. 24). Voraussetzung für den Rechtsanspruch auf einen Mehrbedarf ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine besondere Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher sind als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. bspw. Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 48/12 R - juris Rdnr. 12 und Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 65/12 R - juris Rdnr. 13 jeweils m.w.N.). Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder einer drohenden Erkrankung oder Behinderung und der Notwendigkeit einer besonderen Ernährung vorliegen und diese besondere „Krankenkost“ muss gegenüber der in der Bevölkerung üblichen, im Regelfall zum Ausdruck kommenden Ernährung kostenaufwändiger sein (BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, a. a. O.). Der Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aus medizinischen Gründen soll helfen, im Hinblick auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums eine Ernährung zu finanzieren, mit der der Verlauf einer (bestehenden) gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Abmilderung von deren Folgen, Verhinderung oder Hinauszögern einer Verschlechterung oder deren (drohenden) Eintretens beeinflusst werden kann (BSG, Urteil vom 20. Februar 2014, a.a.O. Rdnr. 15). Dabei ist zu beachten, dass § 30 Abs. 5 SGB XII lediglich den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung erfasst. Der notwendige Bedarf für Ernährung wird als ein Teil der Regelleistung bzw. des Regelbedarfs typisierend zuerkannt, wobei von der Deckung der laufenden Kosten eines typischen Leistungsberechtigten im Rahmen eines soziokulturellen Existenzminimums für eine ausreichende ausgewogene Ernährung im Sinne einer ausreichenden Zufuhr von Proteinen, Fetten, Kohlehydraten, Mineralstoffen und Vitaminen ausgegangen wird (BSG, Urteil vom 20. Februar 2014, a.a.O., Rdnr. 13). Damit gilt im Ergebnis eine Vollkosternährung als vom Regelbedarf gedeckt, weil es sich hierbei um eine ausgewogene Ernährungsweise handelt, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 24).
61 
Nach der Rechtsprechung des BSG haben die Gerichte einen streitig gebliebenen krankheitsbedingten Mehrbedarf im Einzelfall aufzuklären (dazu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, a.a.O. Rdnr. 15; ferner Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 11/10 R - juris Rdnr. 24). Dazu ist zunächst zu überprüfen, welches besondere Ernährungsbedürfnis ernährungsmedizinisch, d.h. durch die Erkrankung, begründet ist. Erst wenn feststeht, welches medizinisch begründete Ernährungsbedürfnis im Einzelfall besteht, kommt es darauf an, ob hierdurch auch höhere Kosten entstehen. Die Beweislast hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen trägt der Kläger (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 20. September 2012 - B 8 SO 15/11 R - BSGE 112, 67 - juris Rdnr. 24; vom 28. August 2011 - B 8 SO 29/10 R - juris Rdnr. 13; vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - juris Rdnr. 32; vgl. ferner Müller in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 103 Rdnr. 45). Denn grundsätzlich trägt derjenige die objektive Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen.
62 
Nach den vorhandenen medizinischen Unterlagen, auf die der Kläger mehrmals verwiesen hat, steht für den Senat fest, dass der Kläger an einer Epilepsie, einer diskret beinbetonten Hemiparese links, einer ausgeprägten räumlich-konstruktiven Störung und leichten Apraxie, einem embolischen RMCA-Infarkt, einem chronischen Vorhofflimmern und einer arteriellen Hypertonie leidet (Entlassberichte der Neurologischen Klinik vom 22. September 2008 und vom 15. Januar 2010). Im Hinblick auf die arterielle Hypertonie hat der behandelnde Arzt Dr. in den vom Kläger vorgelegten Attesten jeweils eine natriumdefinierte Kost befürwortet. Der Arzt des Gesundheitsamtes Dr. hat in seiner Stellungnahme vom 29. November 2011 in Auseinandersetzung mit den ärztlichen Attesten des Dr. für den Senat überzeugend begründet, dass die genannten Erkrankungen des Klägers keine besondere Ernährungsform erforderlich machen, sondern eine salzreduzierte Vollkost ausreicht. Die empfohlene Kost entspricht in ihrer Zusammensetzung einer gesunden Vollkost bzw. gesunden Mischkost. Diese Kostform ist sowohl für Gesunde als auch Personen mit den Erkrankungen des Klägers empfehlenswert. Dieses Ergebnis steht in Einklang mit den Empfehlungen des Deutschen Vereins, die nach der Rechtsprechung des BSG als Orientierungshilfe dienen und insbesondere zu einem Abgleich mit den Ergebnissen der Amtsermittlung führen können (z.B. BSG, Urteil vom 22. November 2011 - B 4 AS 138/10 R - juris Rdnr. 23 m.w.N.). Nach den DV-Empfehlungen Krankenkostzulage (4. Aufl. 2014) ist nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin u.a. bei den Erkrankungen Hyperlipidämie (Erhöhung der Blutfette), Hypertonie (Bluthochdruck), kardiale und renale Ödeme (Gewebswasseransammlungen bei Herz- oder Nierenerkrankung), Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit - Typ II und Typ I, konventionell und intensiviert konventionell behandelt) regelmäßig eine „Vollkost“ angezeigt und in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Aufwand zu verneinen. Danach ist beim Kläger keine besondere Krankenkost erforderlich. Im Übrigen hat der Kläger dem Senat auch eine weitere Aufklärung des medizinischen Sachverhalts zu den im streitgegenständlichen Zeitraum bestehenden Erkrankungen und der aus medizinischen Gründen erforderlichen Ernährung verwehrt. Denn er hat - trotz mehrfacher Aufforderung und Hinweis auf die Folgen - seine behandelnden Ärzte nicht von der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. § 203 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch) entbunden, so dass der Senat insbesondere Dr. K. nicht ergänzend, insbesondere zu den medizinischen Gründen seiner von den DV-Empfehlungen Krankenkostzulage abweichenden Beurteilung, befragen konnte. Die gegenüber dem Versorgungsamt des Landratsamtes Konstanz erteilte Schweigepflichtentbindungserklärung vom 11. November 2009 bezieht sich nur auf Ermittlungen des Versorgungsamtes und nicht des Senats. Für andere Ermittlungen, insbesondere durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, hat kein Anlass bestanden, weil bei den in den Verwaltungs- und Gerichtsakten dokumentierten Erkrankungen entsprechend den DV-Empfehlungen Krankenkostzulage eine gesunde Vollkost ausreichend ist.
63 
Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gem. § 30 Abs. 5 SGB XII ein Mehrbedarf zu gewähren ist, braucht der Senat den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw. den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf des Klägers nicht zu ermitteln (so z.B. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 24). Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 5 SGB XII sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt sind (BSG a.a.O.). Die Ernährung mit einer sogenannten „Vollkost“ unterfällt nicht § 30 Abs. 5 SGB XII, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern auf eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild der gesunden Menschen Bezug nimmt (BSG a.a.O.). Die auch dem Kläger anempfohlene Vollkost im Sinne einer salzarmen Kost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten.
64 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
65 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 01. Okt. 2015 - L 7 SO 118/14

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 01. Okt. 2015 - L 7 SO 118/14

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 01. Okt. 2015 - L 7 SO 118/14 zitiert 33 §§.

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 96


(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 90 Einzusetzendes Vermögen


(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. (2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung1.eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage od

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 21 Mehrbedarfe


(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. (2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrb

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 82 Begriff des Einkommens


(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören1.Leistungen nach diesem Buch,2.die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 19 Leistungsberechtigte


(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. (2)

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 28 Ermittlung der Regelbedarfe


(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt. (2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Abs

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 95


Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

Strafgesetzbuch - StGB | § 203 Verletzung von Privatgeheimnissen


(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als 1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilbe

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 41 Leistungsberechtigte


(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen n

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 30 Mehrbedarf


(1) Für Personen, die1.die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder2.die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sindund durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunte

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 21 Beweismittel


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Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 42 Bedarfe


Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen: 1. die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,2. die zusätzlichen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 27a Notwendiger Lebensunterhalt, Regelbedarfe und Regelsätze


(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedür

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 29 Festsetzung und Fortschreibung der Regelsätze


(1) Werden die Regelbedarfsstufen nach § 28 neu ermittelt, gelten diese als neu festgesetzte Regelsätze (Neufestsetzung), solange die Länder keine abweichende Neufestsetzung vornehmen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn die Regelbedarfe nach § 28a fortge

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 43 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten od

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1567 Getrenntleben


(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr,

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 28a Fortschreibung der Regelbedarfsstufen


(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben. (2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbeda

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 40 Verordnungsermächtigung


Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates1.die für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a und für die Fortschreibung de

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 36 Sonstige Hilfen zur Sicherung der Unterkunft


(1) Schulden können nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 39 Vermutung der Bedarfsdeckung


Lebt eine nachfragende Person gemeinsam mit anderen Personen in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft, so wird vermutet, dass sie gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft) und dass die nachfragende Person von den anderen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 20 Eheähnliche Gemeinschaft


Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. § 39 gilt entsprechend.

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bei uns veröffentlicht am 11.10.2018

Tenor I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der Zwischenregelung verpflichtet, der Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis 31.12.2018, längstens jedoch bis zur erneuten Eilentscheidung des Sozialgerichts Bayreuth, Leistungen

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(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. § 39 gilt entsprechend.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Schulden können nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

(2) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe oder der Stelle, die von ihm zur Wahrnehmung der in Absatz 1 bestimmten Aufgaben beauftragt wurde, unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung sowie
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit des Mieters beruht. Die übermittelten Daten dürfen auch für entsprechende Zwecke der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

Lebt eine nachfragende Person gemeinsam mit anderen Personen in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft, so wird vermutet, dass sie gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft) und dass die nachfragende Person von den anderen Personen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Soweit nicht gemeinsam gewirtschaftet wird oder die nachfragende Person von den Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft keine ausreichenden Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, ist ihr Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Satz 1 gilt nicht

1.
für Schwangere oder Personen, die ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreuen und mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammenleben, oder
2.
für Personen, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches sind oder im Sinne des § 61a pflegebedürftig sind und von in Satz 1 genannten Personen betreut werden; dies gilt auch, wenn die genannten Voraussetzungen einzutreten drohen und das gemeinsame Wohnen im Wesentlichen zum Zweck der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung erfolgt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme der Beiträge für die freiwillige Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung der Klägerin für den Monat Juni 2009 sowie der darauf entfallenden Säumniszuschläge und der Mahngebühr durch die Beklagte.

2

Die 1966 geborene Klägerin bezog bis Mai 2006 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) von der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) F Nachdem vom ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit F festgestellt worden war, dass sie ab 1.6.2006 voraussichtlich länger als sechs Monate vermindert oder nicht erwerbsfähig sei, bewilligte die Beklagte vom 1.6.2006 an Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), zuletzt für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis 31.5.2009, verlängert bis 30.6.2009 (Bescheide vom 4.7.2007 und vom 15.5.2009). Vom Beginn des Bezugs von HLU an war die Klägerin bei der B Ersatzkasse (BEK) freiwillig versichertes Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und pflichtversichert in der sozialen Pflegeversicherung; die im jeweiligen Monat fälligen Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigte die Beklagte bei der Bewilligung von HLU in voller Höhe.

3

Ab 1.7.2009 bezog die Klägerin wieder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheid vom 28.5.2009). Von diesem Zeitpunkt an war sie wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) II pflichtversichertes Mitglied in der GKV und der sozialen Pflegeversicherung. Die BEK forderte sie mit bestandskräftigem Mahnbescheid vom 28.7.2009 auf, die am 15.7.2009 fällig gewordenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Juni 2009 in Höhe von insgesamt 155,99 Euro zuzüglich Säumniszuschläge von insgesamt 1,50 Euro und einer Mahngebühr von 2 Euro (insgesamt 159,49 Euro) zu zahlen. Die Klägerin beantragte daraufhin am 31.7.2009 bei der Beklagten die Übernahme dieser Beträge; dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 4.8.2009; Widerspruchsbescheid vom 8.10.2009).

4

Ein danach bei der ARGE F gestellter Antrag auf Übernahme der Beiträge für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung für Juni 2009 blieb ebenfalls erfolglos (Bescheid vom 1.2.2010; Widerspruchsbescheid vom 8.4.2010; Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.8.2010). Das Berufungsverfahren beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 7 AS 4297/10) ist noch anhängig und ruht.

5

Die gegen die Entscheidung der Beklagten beim SG Freiburg erhobene Klage auf Zahlung der Beiträge für Juni 2009 und der darauf entfallenden Säumniszuschläge und der Mahngebühr hatte keinen Erfolg (Urteil des SG vom 5.5.2010). Die Berufung hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 22.12.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Bedarf der Klägerin gemäß § 32 Abs 2 und 3 SGB XII iVm § 19 Abs 1 SGB XII sei im Hinblick auf die Übernahme der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung für den Monat Juni 2009 erst mit Fälligkeit dieser Beiträge am 15.7.2009 und damit zu einem Zeitpunkt entstanden, als diese wegen des Alg-II-Anspruchs nicht mehr nach § 19 Abs 1 SGB XII leistungsberechtigt gewesen sei(§ 5 Abs 2 SGB II). Der Beitragsanspruch der BEK für Juni 2009 sei zwar gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) im Juni entstanden; gemäß § 10 Abs 1 Satz 2 der einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27.10.2008 (Die Beiträge 2009, 183 ff) seien diese Beiträge allerdings erst bis zum 15. des dem Beitragsmonat folgenden Monats (Fälligkeitstag) zu zahlen.

6

Die Klägerin rügt eine fehlerhafte Anwendung der §§ 19, 32 SGB XII. Die Beiträge zur Sozialversicherung würden grundsätzlich mit ihrer Entstehung fällig, sodass bereits im Juni 2009 auch der Anspruch auf Erstattung der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung entstanden sei. Zwar schulde der Versicherte die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erst zum 15. des Folgemonats. Dieses Entgegenkommen der Krankenkasse den Versicherten gegenüber betreffe allerdings lediglich die Innenbeziehung zwischen Krankenkasse und Versichertem. Die Angemessenheit der betreffenden Beiträge sei unbestritten. Da sie (die Klägerin) abwechselnd im SGB-II- und SGB-XII-Leistungsbezug und weder Einkommen noch Vermögen in Aussicht gewesen sei, entstehe eine unbillige Härte, wenn sie allein durch den Wechsel zwischen den Leistungssystemen auf den Versicherungsbeiträgen für Juni 2009 "sitzen bleibe". Diese Beträge seien weder aus dem Regelsatz noch durch Ansparleistungen aufzubringen. Für sie (die Klägerin) sei durch keinen Hinweis der Beklagten möglich gewesen, die Einstellung der Leistungen bezüglich der Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge rechtzeitig zu erkennen. Deshalb habe sie auch zusätzlich ein Anspruch auf Übernahme fälliger Mahngebühren und Säumniszuschläge.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 4.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 159,49 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG lässt sich nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der Beiträge für Juni 2009 (einschließlich der Zuschläge) gegen die Beklagte hat.

11

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 4.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2009 (§ 95 SGG), mit dem die Übernahme für die im Juni 2009 entstandenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (einschließlich der Mahngebühr und der Säumniszuschläge) abgelehnt worden ist; eine beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor Erlass eines Widerspruchsbescheids gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder die Festsetzung ihrer Art und Höhe erfolgt in Baden-Württemberg dabei abweichend von § 116 Abs 2 SGB XII nicht(vgl § 9 Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt Baden-Württemberg 469 - ). Gegen diesen Bescheid wendet sich die Klägerin mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zur Abtrennbarkeit von Leistungsansprüchen im Sinne eines eigenen Streitgegenstands (vgl nur BSGE 103, 181 ff RdNr 13 mwN = SozR 4-3500 § 42 Nr 2) haben Beklagte, SG und LSG vorliegend zu Recht lediglich darüber und nicht insgesamt über die der Klägerin zu gewährenden Sozialhilfeleistungen entschieden. § 28 SGB XII unterscheidet ausdrücklich zwischen dem Regelsatz, den Leistungen für Unterkunft und Heizung und den Sonderbedarfen nach den §§ 30 bis 34 SGB XII(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung; vgl ab 1.1.2011 § 27a Abs 2 SGB XII). Damit ist eine streitgegenständliche Beschränkung auf die Übernahme der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und dafür angefallene Säumniszuschläge und Mahngebühren möglich (so bereits BSGE 109, 281 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 32 Nr 1) und vorliegend durch die Klägerin auch eindeutig erklärt.

12

Die Beklagte (ein Stadtkreis) ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe der für die Erbringung der Hilfe zum Lebensunterhalt sachlich und örtlich zuständige Träger (§§ 3, 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm §§ 1, 2 AGSGB XII)und mangels Anordnung des Behördenprinzips (§ 70 Nr 3 SGG)die richtige Beklagte (§ 70 Nr 1 SGG).

13

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Das Jobcenter F (als Rechtsnachfolger der im Juli 2009 für die Leistungserbringung nach dem SGB II zuständig gewesenen ARGE F) war nicht nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG beizuladen (sog echte notwendige Beiladung). Dies wäre nur der Fall, wenn Dritte an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann; diese Voraussetzungen sind im Verhältnis zum Jobcenter F nicht erfüllt. Über eine Beiladung des Jobcenters F auf Grundlage des § 75 Abs 2 2. Alt SGG (sog unechte notwendige Beiladung) war mangels Rüge im Revisionsverfahren (s zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN) nicht zu befinden. Das LSG wird ggf eine Beiladung auf dieser Grundlage vorzunehmen haben, weil bei Bedürftigkeit alternative Ansprüche der Klägerin nach dem SGB II wegen der Beitragsforderung für Juni 2009, die im Juli 2009 fällig geworden ist, gegenüber dem Jobcenter F bestehen können (zum Fall der notwendigen unechten Beiladung des Trägers der Sozialhilfe, soweit Ansprüche gegen den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht bestehen, vgl bereits BSGE 97, 242 ff RdNr 11 ff mwN = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Einer Beiladung stünde nicht entgegen, wenn die Ansprüche zwischen der Klägerin und dem Beizuladenden noch anderweitig rechtshängig wären, weil mit der Beiladung eine umfassende und zeitnahe Klärung der Ansprüche der Klägerin herbeigeführt und die Gefahr widersprechender Entscheidungen vermieden werden könnte (vgl BSG SozR 2200 § 1239 RVO Nr 2 S 9).

14

Ein Anspruch gegen die Beklagte kommt nur in Betracht, wenn die Klägerin (entgegen der vom LSG nicht überprüften Annahme der Beklagten und des Jobcenters F) im Juli 2009 zwar hilfebedürftig, nicht aber wieder erwerbsfähig war. Wenn die weiteren, zur Klärung eines Anspruchs auf HLU für Juli 2009 notwendigen Ermittlungen des LSG ergeben, dass eine Leistungsberechtigung nach § 19 Abs 1 SGB XII iVm §§ 27 Abs 1 ff SGB XII im Monat Juli 2009 bestand, würde sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch an § 32 SGB XII messen. In diesem Fall wäre die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Übernahme der Beiträge (Krankenversicherung; Pflegeversicherung) nicht (bzw nicht zeitgerecht) nachgekommen; hierdurch wären die Säumniszuschläge (vgl § 26 Abs 1 SGB IV) und die Mahngebühr (vgl § 19 Abs 2 Satz 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz iVm Art 87 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz) angefallen, sodass die Beklagte auch diese Kosten zu übernehmen hätte (näher dazu später). War die Klägerin dagegen im Juli 2009 (wieder) Leistungsberechtigte nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und dabei insbesondere erwerbsfähig iS des § 8 Abs 1 SGB II, ergäbe sich ein Anspruch auf Übernahme der Beiträge nur gegenüber dem Jobcenter F, nicht aber gegenüber der Beklagten(§ 21 SGB XII iVm § 5 Abs 2 SGB II).

15

Welche Anspruchsnorm des SGB XII einschlägig wäre, steht nach den Feststellungen des LSG nicht fest. Als Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung durch den Sozialhilfeträger kommt einerseits § 19 Abs 1 SGBXII (idF, die die Norm durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 32 Abs 1 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens vom 20.7.2007 - BGBl I 1595 - erhalten hat) in Betracht, der die Übernahme der Beiträge im Falle einer Versicherungsberechtigung im Sinne einer sog freiwilligen Weiterversicherung (§ 9 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung -) regelt. Andererseits kann sich ein solcher Anspruch auch aus § 32 Abs 2 SGB XII ergeben, wenn eine Versicherungsberechtigung in der GKV aus § 9 Abs 1 Nr 2 bis 8 SGB V folgt. Das LSG hat § 32 Abs 2 SGB XII als einzig denkbare Anspruchsgrundlage herangezogen. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt liegt es aber nahe, dass die Klägerin während des dem Bezug von Leistungen der HLU vorangegangenen Bezugs von Alg II mindestens zwölf Monate pflichtversichertes Mitglied der GKV war (vgl § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V idF, die die Norm durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954 - erhalten hat) und sich ihr Recht zur freiwilligen Versicherung ab dem 1.6.2006 aus § 9 Abs 1 Nr 1 SGB V ergab.

16

Nach beiden denkbaren Anspruchsgrundlagen besteht ein Anspruch für freiwillig Versicherte in der GKV auf Übernahme der Beiträge gegen den Sozialhilfeträger nur, soweit die Personen die Voraussetzungen des § 19 Abs 1 SGB XII erfüllen(vgl § 32 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII wie § 32 Abs 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII). Liegen diese Voraussetzungen vor, ergäbe sich jedenfalls vorliegend für den Fall, dass § 32 Abs 2 SGB XII einschlägig ist, kein Raum für eine Ermessensentscheidung des Trägers, wie sie dem Wortlaut von § 32 Abs 2 SGB XII abweichend von Abs 1 entspräche(vgl zur Problematik der in § 32 Abs 2 SGB XII vorgesehenen Ermessenentscheidung allgemein Holzhey in juris PraxisKommentar SGB XII, § 32 SGB XII RdNr 31, und Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 32 RdNr 20, Stand Dezember 2011, die von einer Ermessensreduzierung auf Null als Regelfall ausgehen; enger noch Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 32 SGB XII RdNr 11; einen Anwendungsbereich für eine regelmäßige Ermessensausübung sehen dagegen Bieritz-Harder in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 32 SGB XII RdNr 19 f; Dauber in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 32 SGB XII RdNr 15, Stand September 2011; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 32 SGB XII RdNr 38 und Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 32 SGB XII RdNr 36, Stand November 2008). Nachdem die Beklagte während der gesamten Bezugszeit der HLU die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung übernommen hat, kann sie schon aus Gründen des Vertrauensschutzes - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nicht mehr abweichend entscheiden. Ob im Rahmen des § 32 Abs 2 SGB XII die Angemessenheit der Beiträge seit der Änderung des Gesetzes ab 1.4.2007 zu prüfen ist (vgl § 32 Abs 2 SGB XII aF und BT-Drucks 16/3100, S 189 zu Art 10), kann gegenwärtig offenbleiben, zumal sich keine Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit ergeben und auch die Beklagte solche zu keinem Zeitpunkt gesehen hat.

17

Der mit § 32 SGB XII abgedeckte, sozialhilferechtlich relevante Bedarf (Übernahme der Beiträge) wird allerdings nicht (schon) durch das Bestehen einer Krankenversicherung ausgelöst, sondern erst mit der aktuellen Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge, also mit ihrer Fälligkeit. Zwar entstehen die Beitragsansprüche in der GKV, auf die § 32 Abs 1 und 2 SGB XII als Bedarf Bezug nimmt, sobald ihre im Gesetz bestimmten Voraussetzungen vorliegen(vgl § 22 Abs 1 SGB IV); der wirksame, form- und fristgerechte Beitritt nach § 188 SGB V begründet dabei die freiwillige Versicherung nach § 9 SGB V und damit für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen(§ 223 Abs 1 SGB V). Erst der Eintritt der Fälligkeit der Beitragsansprüche, die in § 23 SGB IV(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007 - BGBl I 378 - erhalten hat) abweichend von § 271 Bürgerliches Gesetzbuch geregelt ist(dazu bereits BSGE 52, 152, 157 = SozR 2100 § 25 Nr 3 S 3), bedeutet aber, dass der Versicherungsträger als Anspruchsinhaber berechtigt ist, sofortige Zahlung zu verlangen und der Zahlungspflichtige verpflichtet ist, die Zahlung sofort zu bewirken. Erst mit Fälligkeit der Beiträge ist der Hilfebedürftige also einer Beitragsschuld ausgesetzt; an diese aktuelle Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge ist von dem Zweck des § 32 SGB XII als Teil der Hilfe zum Lebensunterhalt anzuknüpfen(zur Fälligkeit einer Forderung als maßgeblichem Zeitpunkt für den Bedarfsanfall bereits BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1 und BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 17).

18

Die durch die freiwillige Mitgliedschaft im Juni 2009 entstandenen Beiträge sind erst am 15.7.2009 fällig geworden. Dies regeln § 23 Abs 1 Satz 1 SGB IV iVm § 23 Abs 1 der Satzung der BEK (Stand 1.1.2009), die insoweit - ohne dass dies im Grundsatz zu beanstanden wäre (vgl SG Wiesbaden, Urteil vom 6.7.2011 - S 1 KR 52/10 -, mittlerweile bestätigt von BSG, Urteil vom 19.12.2012 - B 12 KR 20/11 R) - auf § 10 Abs 1 Satz 2 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler Bezug nehmen. Erst im Monat Juli gehören die Beiträge also zum Bedarf.

19

Bestand im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge ein Anspruch auf deren Übernahme, zählen auch die angefallenen Säumniszuschläge und die Mahngebühr zu den nach § 32 SGB XII übernahmefähigen Kosten. Das freiwillig versicherte Mitglied trägt und zahlt die Beiträge allein (§ 250 Abs 2, § 252 Abs 1 Satz 1 SGB V), auch wenn die Beiträge nach § 32 SGB XII übernommen werden(vgl auch § 32 Abs 1 Satz 3 SGB XII und § 32 Abs 5 Satz 5 SGB XII in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung). Damit treffen zwar grundsätzlich den Empfänger von Sozialhilfeleistungen selbst bei verspäteter Weiterleitung von erhaltenen Beiträgen an die Krankenkasse die Folgen des Zahlungsverzuges. Ist er dagegen mittellos, weil entsprechende Ansprüche vom Träger der Sozialhilfe rechtswidrig nicht (oder nicht rechtzeitig) gewährt worden sind, gehören auch die Säumnis- und Mahnkosten zu den übernahmefähigen Kosten, weil sie für den Hilfeempfänger unabwendbar waren (ähnlich zu Folgekosten bei verspäteter Gewährung eines Darlehens zur Abwendung von Mietschulden BSGE 106, 190 ff RdNr 35 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41).

20

So könnte die Sache hier liegen. Die Beklagte hatte Kenntnis von der Bedarfslage der Klägerin im Juli 2009; einerseits war ihr das Bestehen der freiwilligen Versicherung (auch) im Juni 2009 bekannt, andererseits waren schon während der gesamten Bezugszeit von HLU die Krankenversicherungsbeiträge erst mit ihrer Fälligkeit im Folgemonat gezahlt worden. Die Klärung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen - vor allem also der Erwerbsfähigkeit - fiel in den Verantwortungsbereich der Beklagten. War die entsprechende Sachverhaltsaufklärung objektiv fehlerhaft, stellen sich die Folgen eines solchen Verwaltungshandelns für die Klägerin als unabwendbar dar. Ob die Erhebung von Säumniszuschlägen und einer Mahngebühr rechtmäßig war, ist schon deshalb unerheblich, weil der Bescheid der BEK bestandskräftig geworden ist (vgl zum Verwaltungsaktcharakter der Mahngebühr BSGE 108, 229 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-4200 § 44b Nr 3).

21

Bestand dagegen ein Anspruch im Juli 2009 nicht, weil die Klägerin (wieder) erwerbsfähig und damit dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II war, wird das LSG Ansprüche der Klägerin gegen den (dann beizuladenden) Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II(idF, die die Norm rückwirkend zum 1.1.2009 durch Art 14b des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 - BGBl I 1990 - erhalten hat) zu prüfen haben.

22

Einem Anspruch nach § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II steht nicht schon entgegen, dass beim Wechsel vom Leistungssystem des SGB XII in das des SGB II aus dem Bezug von Alg II regelmäßig eine Pflichtmitgliedschaft in der GKV folgt und damit die freiwillige Mitgliedschaft in der GKV mit dem ersten Tag des Bezugs von Alg II endet(vgl § 191 Nr 2 SGB V). § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II setzt nach dem ersten Halbsatz für einen Anspruch auf Beitragszuschuss zwar voraus, dass der Bezieher von Alg II (oder von Sozialgeld) in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig (oder familienversichert) ist. Der Wortlaut bringt jedoch nur zum Ausdruck, dass überhaupt die Notwendigkeit zu einer (anderweitigen) Absicherung im Krankheitsfall bestehen muss. Unter Beachtung des in § 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) enthaltenen Optimierungsgebots(dazu BSG SozR 4-3500 § 30 Nr 4 RdNr 23 und § 44 Nr 2 RdNr 13, jeweils mwN) ist bei der Auslegung des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 1. Halbsatz SGB II auf den Monat abzustellen, für den die Beiträge zu entrichten sind; für diesen Monat (im Fall der Klägerin also für Juni 2009) besteht deshalb trotz einer später eingetretenen Pflichtversicherung die Notwendigkeit für die Absicherung durch eine freiwillige Mitgliedschaft in der GKV. Im Übrigen entsteht auch nach den Maßstäben des SGB II der Bedarf wegen der Beitragspflicht in der freiwilligen Krankenversicherung erst mit Fälligkeit des Beitrags für den vorangehenden Monat im laufenden Monat des Bezugs von Alg II (oder Sozialgeld). Es handelt sich bei dem Beitrag für den Vormonat also auch dann um einen tatsächlich im Bezugsmonat eingetretenen Bedarf nach dem SGB II, wenn die entsprechende Absicherung vor Beginn der Leistungsberechtigung nach dem SGB II vorgenommen worden ist (entsprechend für den Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung: BSGE 106, 190 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 17, Nr 50 RdNr 14 und Nr 58 RdNr 15). Diese Auslegung des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II ist zur Abwendung einer sonst eintretenden Deckungslücke geboten; denn es kann dem Hilfebedürftigen nach dem SGB II weder abverlangt werden, einen Betrag in dieser Höhe aus der Regelleistung zu bestreiten, noch sich wegen eines zur Existenzsicherung notwendigen Krankenversicherungsschutzes zu verschulden (vgl BSGE 107, 217 ff RdNr 33 = SozR 4-4200 § 26 Nr 1).

23

Für den von der Klägerin für Juni 2009 geschuldeten Beitrag (vgl § 59 Abs 4, § 60 Abs 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung -) zur sozialen Pflegeversicherung gilt im Ergebnis nichts anderes. Wegen der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung, die aufgrund der freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV als Pflichtbeiträge laufend für jeden Kalendertag entstehen (vgl § 20 Abs 3, § 49 Abs 1 und § 54 Abs 2 Satz 2 SGB XI), verweisen § 23 Abs 1 Satz 1 SGB IV iVm § 20 Abs 1 der Satzung der BEK - Pflegekasse - (Stand 1.1.2009) für die Fälligkeit ebenfalls auf die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler. Damit entsteht auch insoweit der zu deckende existenzsichernde Bedarf sowohl nach den Maßstäben des SGB XII als auch des SGB II erst mit Fälligkeit des laufenden Beitrags im Juli 2009. Ergeben die weiteren Ermittlungen des LSG, dass die Klägerin im Juli 2009 einen Anspruch auf Übernahme des Beitrags zur GKV nach § 32 Abs 1 oder Abs 2 SGB XII hat, besteht auch ein Anspruch auf die Übernahme des damit zusammenhängenden Beitrags zur Pflegeversicherung(vgl § 32 Abs 3 SGB XII), der in der vorliegenden Konstellation aus den dargelegten Gründen auch den auf diesen Beitrag entfallenden Säumniszuschlag und die Mahngebühr umfasst.

24

War die Klägerin dagegen im Juli 2009 Leistungsberechtigte nach dem SGB II, gehört der in diesem Monat fällig gewordene Beitrag zur Pflegeversicherung zum existenzsichernden Bedarf nach dem SGB II. Allerdings ist ein § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II entsprechender Anspruch wegen der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung im SGB II nicht geregelt. Lediglich für den Fall, dass bei Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung allein durch den Pflegeversicherungsbeitrag Hilfebedürftigkeit entsteht, ist in § 26 Abs 3 Satz 3 SGB II die Übernahme dieser Beiträge durch den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorgesehen. Im Übrigen hat der Gesetzgeber nur die Fälle einer Absicherung durch eine private Pflegeversicherung als regelungsbedürftig angesehen, obwohl insoweit keine Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung erkennbar sind. Die Regelung des § 26 SGB II ist für den Monat des Wechsels aus dem Leistungsbezug des SGB XII in das SGB II mithin lückenhaft. Auch insoweit darf nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers allerdings keine Deckungslücke zulasten des durchgehend Hilfebedürftigen hinsichtlich seiner existenzsichernden Bedarfe verbleiben. Die damit planwidrige Regelungslücke könnte durch eine analoge Anwendung des § 32 Abs 3 SGB XII mit dem Ergebnis geschlossen werden, dass bei Leistungsberechtigung nach dem SGB II auch die mit den Beiträgen für die Krankenversicherung zusammenhängenden Beiträge zur Pflegeversicherung (einschließlich der entstandenen Nebenkosten) vom Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu übernehmen sind.

25

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.

(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:


für den Geburtsjahrgangerfolgt eine Anhebung um Monateauf Vollendung eines Lebensalters von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.

(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.

(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:

1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede,
2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.

(3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.

(4) Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat

1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder
2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
Bei einer abweichenden Regelsatzfestsetzung nach Satz 1 Nummer 1 sind für die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben die sich nach § 5 Absatz 1 oder nach § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes für die jeweilige Abteilung ergebenden Beträge zugrunde zu legen. Beschränkt sich die anderweitige Bedarfsdeckung auf einzelne in die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben je Abteilung eingegangenen Verbrauchspositionen, sind die regelbedarfsrelevanten Beträge zugrunde zu legen, auf denen die in § 5 Absatz 1 und § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes genannten Beträge für die einzelnen Abteilungen beruhen. Für Leistungsberechtigte, denen Bedarfe nach § 34 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar. Für Leistungsberechtigte, die in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 leben und denen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar für Bedarfe, die durch einen Vertrag über die Überlassung von Wohnraum nach § 42a Absatz 5 Satz 6 Nummer 1, 3 und 4 gedeckt werden. Für Leistungsberechtigte, denen ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 anzuerkennen ist, ist Satz 1 für die dadurch abgedeckten Aufwendungen nicht anwendbar.

(5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a übersteigen, sind zu berücksichtigen.

(2) Zusätzlich zu den nach § 82 Absatz 2 vom Einkommen abzusetzenden Beträgen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen abzusetzen, soweit sie einen Betrag von 26 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(3) Die Verletztenrente nach dem Siebten Buch ist teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund eines in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erlittenen Gesundheitsschadens erbracht wird. Dabei bestimmt sich die Höhe des nicht zu berücksichtigenden Betrages nach der Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes, die für den Grad der Schädigungsfolgen zu zahlen ist, der der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent beträgt der nicht zu berücksichtigende Betrag zwei Drittel, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

(4) Erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel in einem Land nach § 29 Absatz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 festgesetzte und fortgeschriebene Regelsätze und sieht das Landesrecht in diesem Land für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel eine aufstockende Leistung vor, dann ist diese Leistung nicht als Einkommen nach § 82 Absatz 1 zu berücksichtigen.

(5) § 39 Satz 1 ist nicht anzuwenden.

Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. § 39 gilt entsprechend.

Lebt eine nachfragende Person gemeinsam mit anderen Personen in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft, so wird vermutet, dass sie gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft) und dass die nachfragende Person von den anderen Personen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Soweit nicht gemeinsam gewirtschaftet wird oder die nachfragende Person von den Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft keine ausreichenden Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, ist ihr Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Satz 1 gilt nicht

1.
für Schwangere oder Personen, die ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreuen und mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammenleben, oder
2.
für Personen, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches sind oder im Sinne des § 61a pflegebedürftig sind und von in Satz 1 genannten Personen betreut werden; dies gilt auch, wenn die genannten Voraussetzungen einzutreten drohen und das gemeinsame Wohnen im Wesentlichen zum Zweck der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung erfolgt.

(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a übersteigen, sind zu berücksichtigen.

(2) Zusätzlich zu den nach § 82 Absatz 2 vom Einkommen abzusetzenden Beträgen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen abzusetzen, soweit sie einen Betrag von 26 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(3) Die Verletztenrente nach dem Siebten Buch ist teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund eines in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erlittenen Gesundheitsschadens erbracht wird. Dabei bestimmt sich die Höhe des nicht zu berücksichtigenden Betrages nach der Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes, die für den Grad der Schädigungsfolgen zu zahlen ist, der der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent beträgt der nicht zu berücksichtigende Betrag zwei Drittel, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

(4) Erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel in einem Land nach § 29 Absatz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 festgesetzte und fortgeschriebene Regelsätze und sieht das Landesrecht in diesem Land für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel eine aufstockende Leistung vor, dann ist diese Leistung nicht als Einkommen nach § 82 Absatz 1 zu berücksichtigen.

(5) § 39 Satz 1 ist nicht anzuwenden.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:

1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,
2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b,
3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7,
4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a,
b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:

1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,
2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b,
3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7,
4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a,
b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:

1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,
2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b,
3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7,
4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a,
b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben.

(2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbedarfsstufen zuerst mit der sich nach Absatz 3 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (Basisfortschreibung) und das Ergebnis mit der sich nach Absatz 4 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (ergänzende Fortschreibung). Für nachfolgende Fortschreibungen ab dem Jahr 2024 sind jeweils die nicht gerundeten Eurobeträge, die sich aus der Basisfortschreibung des Vorjahres nach Absatz 3 ergeben haben, erneut nach Absatz 3 fortzuschreiben und die sich daraus ergebenden Eurobeträge mit der Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung nach Absatz 4 fortzuschreiben.

(3) Die Veränderungsrate für die Basisfortschreibung ergibt sich aus der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex). Für die Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate des Mischindexes wird die sich aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 70 Prozent und die sich aus der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 30 Prozent berücksichtigt. Maßgeblich ist jeweils die Veränderungsrate, die sich aus der Veränderung in dem Zwölfmonatszeitraum, der mit dem 1. Juli des Vorvorjahres beginnt und mit dem 30. Juni des Vorjahres endet, gegenüber dem davorliegenden Zwölfmonatszeitraum ergibt.

(4) Maßgeblich für die Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung der sich nach Absatz 3 ergebenden nicht gerundeten Eurobeträge der Regelbedarfsstufen ist jeweils die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorvorjahres. § 28 Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Ergeben sich aus der Fortschreibung nach den Absätzen 2 bis 4 für die Regelbedarfsstufen Eurobeträge, die niedriger als die im Vorjahr geltenden Eurobeträge sind, gelten die für das Vorjahr bestimmten Eurobeträge solange weiter, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragt das Statistische Bundesamt mit der Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate

1.
für den Zeitraum nach Absatz 3 für
a)
die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und
b)
die durchschnittliche Nettolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer,
2.
für den Zeitraum nach Absatz 4 für die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen.

(1) Werden die Regelbedarfsstufen nach § 28 neu ermittelt, gelten diese als neu festgesetzte Regelsätze (Neufestsetzung), solange die Länder keine abweichende Neufestsetzung vornehmen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn die Regelbedarfe nach § 28a fortgeschrieben werden.

(2) Nehmen die Länder eine abweichende Neufestsetzung vor, haben sie die Höhe der monatlichen Regelsätze entsprechend der Abstufung der Regelbedarfe nach der Anlage zu § 28 durch Rechtsverordnung neu festzusetzen. Sie können die Ermächtigung für die Neufestsetzung nach Satz 1 auf die zuständigen Landesministerien übertragen. Für die abweichende Neufestsetzung sind anstelle der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen, die sich nach § 28 aus der bundesweiten Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ergeben, entsprechend aus regionalen Auswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ermittelte Regelbedarfsstufen zugrunde zu legen. Die Länder können bei der Neufestsetzung der Regelsätze auch auf ihr Land bezogene besondere Umstände, die die Deckung des Regelbedarfs betreffen, berücksichtigen. Regelsätze, die nach Absatz 1 oder nach den Sätzen 1 bis 4 festgesetzt worden sind, können von den Ländern als Mindestregelsätze festgesetzt werden. § 28 Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt für die Festsetzung der Regelsätze nach den Sätzen 1 bis 4 entsprechend.

(3) Die Länder können die Träger der Sozialhilfe ermächtigen, auf der Grundlage von nach Absatz 2 Satz 5 bestimmten Mindestregelsätzen regionale Regelsätze festzusetzen; bei der Festsetzung können die Träger der Sozialhilfe regionale Besonderheiten sowie statistisch nachweisbare Abweichungen in den Verbrauchsausgaben berücksichtigen. § 28 Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt für die Festsetzung der Regelsätze nach Satz 1 entsprechend.

(4) Werden die Regelsätze nach den Absätzen 2 und 3 abweichend von den Regelbedarfsstufen nach § 28 festgesetzt, sind diese in den Jahren, in denen keine Neuermittlung der Regelbedarfe nach § 28 erfolgt, jeweils zum 1. Januar durch Rechtsverordnung der Länder mit der Veränderungsrate der Regelbedarfe fortzuschreiben, die sich nach der Rechtsverordnung nach § 40 ergibt.

(5) Die nach den Absätzen 2 und 3 festgesetzten und nach Absatz 4 fortgeschriebenen Regelsätze gelten als Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
die für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a und für die Fortschreibung des Teilbetrags nach § 34 Absatz 3a Satz 1 maßgeblichen Prozentsätze zu bestimmen und
2.
die Anlagen zu den §§ 28 und 34 um die sich durch die Fortschreibung nach Nummer 1 zum 1. Januar eines Jahres ergebenden Regelbedarfsstufen sowie um die sich aus der Fortschreibung nach § 34 Absatz 3a Satz 1 und 2 ergebenden Teilbeträge zu ergänzen.
Der Prozentsatz nach Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 28a Absatz 3 ist auf zwei Dezimalstellen zu berechnen; die zweite Dezimalstelle ist um eins zu erhöhen, wenn sich in der dritten Dezimalstelle eine der Ziffern von 5 bis 9 ergibt. Der Prozentsatz nach Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 28a Absatz 4 ist auf eine Dezimalstelle zu berechnen; die erste Dezimalstelle ist um eins zu erhöhen, wenn sich in der zweiten Dezimalstelle eine der Ziffern von 5 bis 9 ergibt. Die Bestimmungen nach Satz 1 erfolgen bis spätestens zum Ablauf des 31. Oktober des jeweiligen Jahres.

(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.

(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:

1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede,
2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.

(3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.

(4) Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat

1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder
2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
Bei einer abweichenden Regelsatzfestsetzung nach Satz 1 Nummer 1 sind für die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben die sich nach § 5 Absatz 1 oder nach § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes für die jeweilige Abteilung ergebenden Beträge zugrunde zu legen. Beschränkt sich die anderweitige Bedarfsdeckung auf einzelne in die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben je Abteilung eingegangenen Verbrauchspositionen, sind die regelbedarfsrelevanten Beträge zugrunde zu legen, auf denen die in § 5 Absatz 1 und § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes genannten Beträge für die einzelnen Abteilungen beruhen. Für Leistungsberechtigte, denen Bedarfe nach § 34 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar. Für Leistungsberechtigte, die in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 leben und denen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar für Bedarfe, die durch einen Vertrag über die Überlassung von Wohnraum nach § 42a Absatz 5 Satz 6 Nummer 1, 3 und 4 gedeckt werden. Für Leistungsberechtigte, denen ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 anzuerkennen ist, ist Satz 1 für die dadurch abgedeckten Aufwendungen nicht anwendbar.

(5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:

1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,
2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b,
3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7,
4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a,
b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Im Zusammenhang mit der Aufhebung von SGB II-Leistungen ist streitig, in welcher Höhe die Kosten des Warmwasserverbrauchs von den Gesamtkosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum von April 2008 bis September 2008 abgesetzt werden können.

2

Die Klägerin ist Mieterin einer 65,93 qm großen Wohnung mit einer beheizbaren Fläche von 52,43 qm. Ab 1.1.2008 betrug die Gesamtmiete 525,15 Euro monatlich (Nettokaltmiete iHv 303,94 Euro einschließlich Umlagen für Betriebskosten in Höhe von 105,96 Euro, für Zentralheizung in Höhe von 68,87 Euro, für Kabel in Höhe von 9,66 Euro, für den Aufzug in Höhe von 11,69 Euro und für Warmwasser in Höhe von 25,03 Euro). Heizung und Warmwasser werden insgesamt durch Fernwärme bereitgestellt. Der Anteil für Warmwasser wird nach der Quadratmeterfläche der Wohnungen ermittelt, nicht jedoch auf der Grundlage des individuellen Verbrauchs durch Warmwasserzähler umgelegt.

3

Der Beklagte bewilligte der Klägerin für den Zeitraum vom 1.4.2008 bis 30.9.2008 zunächst SGB II-Leistungen in Höhe von 425,91 Euro monatlich, wobei er als KdU eine Gesamtmiete in Höhe von 360 Euro monatlich berücksichtigte (Bescheid vom 29.2.2008). Nachdem die Klägerin einen Untermietvertrag mit R ab 15.2.2008 eingereicht hatte, bewilligte der Beklagte ihr neben den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iHv 171,46 Euro bzw - ab 1.7.2008 - iHv 175,46 Euro monatlich (Änderungsbescheid vom 23.5.2008) für den Zeitraum vom 1.5.2008 bis 30.9.2008 nur noch KdU in Höhe von 220 Euro monatlich. Mit den Bescheiden vom 10.7.2008 und 26.8.2008 hob er die Bescheide vom 29.2.2008 und 23.5.2008 "wegen Änderung der Verhältnisse gem. § 48 SGB X" teilweise auf. Er bewilligte SGB II-Leistungen für April/Mai 2008 iHv 304,38 Euro, für Juni 2008 iHv 231,06 Euro, für Juli 2008 iHv 232,89 Euro, für August 2008 iHv 125,89 Euro und für September 2008 iHv 96,23 Euro (Bescheid vom 26.8.2008). Dabei berücksichtigte er die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe (525,15 Euro monatlich), setzte einen Betrag für Warmwasser iHv 25,03 Euro, das Renteneinkommen, die Einkünfte aus Vermietung sowie Minderungsbeträge wegen der Absenkung von Leistungen nach § 31 SGB II ab. Im Übrigen wies er die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 23.5.2008, 10.7.2008 und 26.8.2008 als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 27.8.2008).

4

Das SG Berlin hat den Beklagten - entsprechend dem Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - verurteilt, "unter Abänderung des Bescheides vom 29.2.2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.5.2008, vom 10.7.2008 und vom 26.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.8.2008 von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich eine Pauschale für die Warmwasserbereitung für den Zeitraum April bis Juni 2008 von monatlich lediglich 6,56 Euro und für den Zeitraum Juli bis September 2008 von monatlich lediglich 6,63 Euro abzuziehen" (Urteil vom 21.4.2009). Die vom LSG Berlin-Brandenburg zugelassene Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg (Beschluss vom 29.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Beklagte dürfe von den tatsächlich an den Mieter zu zahlenden Kosten für die Warmwasserbereitung nur die im Regelsatz enthaltenen Pauschalen abziehen. Nach der Rechtsprechung des BSG, von der jedenfalls nicht zu Gunsten des Beklagten abzuweichen sei, seien separat erfasste Kosten für die Warmwasserbereitung nur dann von den an den Vermieter zu leistenden Nebenkosten abzuziehen und nicht als Kosten der Unterkunft iS des § 22 Abs 1 SGB II zu erstatten, wenn die tatsächlichen Kosten konkret erfasst werden könnten. Wie der vorliegende Fall zeige, könne mietvertraglich eine separate Berechnung der Warmwasserkosten vereinbart, die konkrete Umlage aber nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch, sondern nach dem quadratmetermäßigen Anteil am Gesamtverbrauch zu ermitteln sein. Zwar spreche viel dafür, die an den Vermieter zu zahlenden Kosten für die Warmwasserbereitung generell als Kosten für Unterkunft und Heizung anzusehen. Gegen die Argumentation des Beklagten sei aber einzuwenden, dass die Kosten der Warmwasserbereitung nicht generell bereits in der Regelleistung enthalten seien, sondern nur in Höhe des im Regelsatz hierfür vorgesehenen Betrags. Die konkrete Berücksichtigung widerspreche aber dem Prinzip der Regelleistung.

5

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und § 20 SGB II. Die Energiekosten für die Warmwasserbereitung seien als Kosten der Haushaltsenergie stets Bestandteil der Regelleistung und nicht der Kosten der Unterkunft und Heizung. Ob Aufwendungen des jeweiligen Mieters als Aufwendungen für Energiekosten für die Warmwasserbereitung anzusehen seien, ergebe sich aus der jeweiligen Vereinbarung im Mietvertrag in Verbindung mit der Heizkosten-Verordnung. Ließen sich aufgrund mietvertraglicher Vereinbarung die (voraussichtlichen) Aufwendungen des Mieters und Leistungsbeziehers als aufgeschlüsselte und abtrennbare Aufwendungen für Energiekosten der Warmwasserbereitung zuordnen, gehörten sie nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung, sondern zur Regelleistung. Die Bedarfseinordnung der Energiekosten der Warmwasserbereitung zur Regelleistung oder zu den Kosten der Unterkunft und Heizung könne nicht allein vom Vorhandensein bzw Fehlen technischer Vorrichtungen zur individuellen Verbrauchserfassung abhängen. Es entspreche nicht der Konzeption der Regelleistung als Pauschale, dass das LSG und das BSG die Verbrauchsposition Haushaltsenergie bzw einen Teil dieser Verbrauchsposition, die Energiekosten der Warmwasserbereitung, einer einzelnen juristischen Prüfung unterzögen, in dem ein pauschaler Wert für die in der Regelleistung enthaltenen Energiekosten der Warmwasserbereitung festgelegt werde.

6

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29.12.2009 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21.4.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie trägt vor, bei allen im Mietvertrag vorgesehenen Zahlungen an den Vermieter handele es sich um Kosten der Unterkunft und Heizung iS von § 22 SGB II. Rechtlich sei auch geklärt, dass die Kosten der Warmwasserbereitung als Kosten für Haushaltsenergie bereits im Regelsatz enthalten seien und nicht doppelt gewährt werden dürften. Ein entsprechender Anteil dürfe und müsse deshalb von den Kosten der Unterkunft abgezogen werden. Die Berechnung der Warmwasserpauschale folge dem praktischen Bedürfnis, einen konkreten Betrag zu benennen, der hierfür im Regelsatz vorgesehen sei.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat die allein von dem Beklagten eingelegte Berufung gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte die Bewilligung von SGB II-Leistungen in dem Zeitraum vom 1.4.2008 bis 30.9.2008 wegen der allein zwischen den Beteiligten streitigen Kosten des Warmwasserverbrauchs in unzutreffender Höhe aufgehoben hat.

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide vom 23.5.2008, 10.7.2008 und 26.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.8.2008, mit denen der Beklagte die mit dem Bescheid vom 29.2.2008 bewilligten Leistungen teilweise aufgehoben hat. Gegen diese Bescheide wendet sich die Klägerin zu Recht nur mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG), weil mit ihrer Aufhebung die im Bewilligungsbescheid vom 29.2.2008 enthaltene Verfügung über die Bewilligung von SGB II-Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.4.2008 bis 30.9.2008 wirksam bleibt. Zwar ist die Beschränkung auf eine reine Anfechtungsklage dem Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht unmittelbar zu entnehmen. Sie ergibt sich jedoch aus dem Umstand, dass mit den angefochtenen Bescheiden vom 23.5.2008, 10.7.2008 und 26.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.8.2008, deren Inhalt Ausgangspunkt für die Bestimmung des Streitgegenstands ist (vgl Behrend in Hennig, SGG, § 95 RdNr 27 mwN, Stand August 2009), jeweils teilweise die mit dem Bewilligungsbescheid vom 29.2.2008 - aber auch den weiteren Bescheiden - zuerkannten Leistungen aufgehoben wurden.

11

Mit ihrem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und dem Klageantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 21.4.2009 hat die anwaltlich vertretene Klägerin ihr Begehren - unter Akzeptanz der Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 29.2.2008 im Umfang des letzten Aufhebungsbescheids vom 26.8.2008 idF des Widerspruchsbescheids vom 27.8.2008 - ausdrücklich darauf beschränkt, dass sie in dem streitigen Zeitraum von April 2008 bis September 2008 wegen der geringeren Höhe der zu berücksichtigenden Warmwasserkosten um 18,47 Euro (Zeitraum: April bis Juni 2008) bzw um 18,40 Euro (Zeitraum: Juli bis September 2008) erhöhte SGB II-Leistungen erhalten müsse. Der Höhe nach ist die Überprüfung der angefochtenen Bescheide vom 23.5.2008, 10.7.2008 und 26.8.2008 idF des Widerspruchsbescheids vom 27.8.2008 daher darauf beschränkt, ob diese Aufhebungsbescheide gemäß § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 SGB III sowie § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X insoweit rechtswidrig waren und daher abzuändern sind. Die Klägerin hat sich gegen die Auslegung ihres Klagebegehrens im Sinne einer höhenmäßigen Begrenzung des Streitgegenstandes durch das SG nicht mit dem Rechtsmittel der Berufung gewandt, sondern im Klage, Berufungs- und Revisionsverfahren stets nur die Höhe des Abzugs für die Warmwasserkosten beanstandet.

12

2. Unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs 1 SGB X für eine Aufhebung des Bescheids vom 29.2.2008 für die Vergangenheit in dem mit den angefochtenen Bescheiden angenommenen Umfang sind das SG und LSG jedenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nur geringere Pauschalen für die Warmwasserbereitung als der von dem Beklagten zugrunde gelegte Betrag von 25,03 Euro abgesetzt werden können (vgl zur Höhe der abgesetzten Beträge unter 3).

13

Bei Anwendung des § 22 Abs 1 Halbs 1 SGB II sind grundsätzlich diejenigen tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen als Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigungsfähig, die auf einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden(vgl zu Nebenkosten, die ihrer Art nach in § 2 Betriebskostenverordnung aufgeführt sein müssen: BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R, BSGE 102, 274 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 23/06 R, SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 24). Es reicht regelmäßig aus, dass der Hilfebedürftige insofern einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R, BSGE 104, 179 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 24 RdNr 16; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 16). Entsprechend orientiert sich auch die Übernahme der Aufwendungen für die Warmwasserbereitung gemeinsam mit den Kosten für Heizung zunächst an den tatsächlichen Gegebenheiten. Erfolgt eine einheitliche Bereitstellung der Fernwärme für Heizung und Warmwasser, ist also eine zweifelsfreie Trennung der tatsächlichen Aufwendungen nach den normativ in § 20 SGB II enthaltenen Kosten für die Warmwasserbereitung und den nach § 22 SGB II zu erbringenden Aufwendungen für Heizung tatsächlich nicht möglich(Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 34), sind auch die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für Warmwasser als nicht bestimmbarer Anteil gemeinsam mit denen für Heizung zu bewerten und damit grundsätzlich in tatsächlich geschuldeter Höhe erstattungsfähig (vgl auch Hölzer in Sozialrecht aktuell 2009, 14, 15).

14

Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind von den tatsächlich aufzuwendenden Kosten der Unterkunft und Heizung dann die darin in nicht konkret bestimmbarer Höhe enthaltenen Kosten der Warmwasserbereitung in Abzug zu bringen, weil letztere Bestandteil der Regelleistung und daher mit der Leistung nach § 20 SGB II bereits abgegolten sind(BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 20 ff; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R, BSGE 102, 274 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 24; BSG Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 35/06 R RdNr 22; Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Leitfaden - Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, 2009, S 35 ff; vgl die Ergänzung des § 20 Abs 1 SGB II um den Bedarf "Haushaltsenergie" durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706). In Höhe desjenigen Anteils, mit dem über die Regelleistung der Bedarf für Kosten der Warmwasserversorgung gedeckt wird, würde der Hilfebedürftige doppelt Leistungen erhalten, gewährte der Grundsicherungsträger ihm zusätzlich die Kosten der Heizung in vollem Umfang. Diese - nur die Kosten für die Bereitung von Warmwasser betreffende - "Herausrechnung" aus der Regelleistung folgt dem praktischen Bedürfnis zur handhabbaren Ermittlung der ansonsten "zweifachen Bedarfsdeckung" bei dem regelmäßig anfallenden Bedarf an Warmwasser. Der Einwand des Beklagten, die Energiekosten für die Warmwasserbereitung seien als Kosten der Haushaltsenergie stets Bestandteil der Regelleistung, soweit sie in der mietvertraglichen Vereinbarung in einer festgestellten Höhe gesondert ausgewiesen würden, berücksichtigt nicht ausreichend, dass die im Mietvertrag berücksichtigten Kosten hier keine tatsächlichen Aufwendungen, sondern "fiktive Kosten" sind, die in unklarem Umfang auch Heizkosten beinhalten können. Die angemessenen Aufwendungen für Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden jedoch in tatsächlicher Höhe und gerade nicht pauschaliert übernommen. Soweit mit den Kosten für Heizung - tatsächlich und nicht abtrennbar - Kosten für die Warmwasserbereitung verbunden sind, greift der Grundsatz der tatsächlichen Bedarfsdeckung deshalb auch hinsichtlich dieser Kosten. Eine nicht auf dem tatsächlichen konkreten Verbrauch beruhende mietvertragliche Festlegung des Kostenanteils für Warmwasser kann deshalb nicht zu Lasten des Hilfebedürftigen zu einem Abzug führen, der über den Regelleistungsanteil für Warmwasser hinausgeht.

15

Trotz Bereitstellung zusammen mit der Energie für Heizung werden die Warmwasserkosten nur dann nicht gemeinsam mit den Kosten iS des § 22 SGB II bewertet, wenn sie gesondert und exakt auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs des Hilfebedürftigen berechnet werden können. Sind technische Vorrichtungen vorhanden, mit denen die Kosten für die Warmwasserbereitung separat erfasst werden können, sind die tatsächlichen Kosten hierfür von den gesamten Kosten für Heizung und Warmwasser getrennt berechenbar und in Abzug zu bringen (BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 5; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R, BSGE 104, 179 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 24). Nach den Feststellungen des LSG liegt ein derartiger Sachverhalt hier jedoch nicht vor.

16

3. Zwar hat das LSG den Abzugsbetrag für die Warmwasserkosten in unzutreffender Höhe berücksichtigt. Der Senat hat sich insofern bereits in seinem Urteil vom 22.9.2009 (B 4 AS 8/09 R, BSGE 104, 179 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 24 RdNr 28 ff) den Ausführungen des 14. Senats im Urteil vom 27.2.2008 (B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 24 f) angeschlossen und ist davon ausgegangen, dass die internen Verschiebungen des prozentualen Anteils der einzelnen Rechnungsposten durch die EVS 2003 keine Auswirkungen auf die Höhe der Regelleistung und damit auf die Höhe des Betrags haben, der den SGB II-Leistungsempfängern tatsächlich zur Verfügung stand. Die Erhöhung wirke sich daher gleichmäßig auf alle in die Regelleistung eingeflossenen Bedarfe, also auch die Haushaltsenergie, aus (BSG aaO). Soweit vorliegend zu Lasten der Klägerin ein höherer Betrag abgesetzt worden ist, konnte dies im Revisionsverfahren nicht korrigiert werden, weil die Klägerin nicht mit den ihr möglichen Rechtsmitteln der Berufung und Revision gegen das erstinstanzliche Urteil vorgegangen ist.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. September 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.6.2007 bis 31.12.2010.

2

Die 1947 geborene Klägerin wohnt seit 1975 mit dem 1941 geborenen L zusammen. 1986 zogen sie in ein gemeinsam finanziertes und im jeweils hälftigen Eigentum stehendes Eigenheim. Die laufenden Ausgaben für die Finanzierung des Hauses, die Versorgung mit Energie und den Telefonanschluss finanzieren die Klägerin und L seither über ein gemeinsames Konto. Darüber hinaus verfügen beide über eigene Konten, für die dem jeweils anderen eine Verfügungsvollmacht erteilt wurde. Für die das Hauseigentum und den Hausrat betreffenden Versicherungen (Wohngebäude-, Hausrat- und Haftpflichtversicherung) sind beide Versicherungsnehmer.

3

Der Beklagte bewilligte der Klägerin ab 20.5.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Durch Bescheid vom 14.6.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2007 lehnte er die Fortzahlung für die Zeit ab 1.6.2007 ab. Er ging vom Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft mit L aus. Hilfebedürftigkeit sei nicht gegeben. L bezog seinerzeit eine Altersrente aus der DRV (1705,75 Euro netto monatlich) sowie eine monatliche Firmenpension (230,24 Euro netto monatlich). Die Klägerin erfülle sowohl die Voraussetzungen des § 7 Abs 3a Nr 1 SGB II, wonach ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet werde, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenlebten, als auch des § 7 Abs 3a Nr 4 SGB II, wonach die Vermutungsregel zum Tragen komme, wenn Partner befugt seien, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung auch nicht widerlegt.

4

Nach Anhörung der Klägerin und Vernehmung des L als Zeugen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.4.2009) und das LSG hat die Berufung der Klägerin hiergegen zurückgewiesen (Urteil vom 8.9.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe für die Zeit ab Juni 2007 keinen Leistungsanspruch gegen den Beklagten, weil sie nicht hilfebedürftig iS des SGB II sei. Sie sei nicht außerstande, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen sowie aus dem Einkommen und Vermögen ihres Partners L, zu sichern. Voraussetzung für die Annahme einer Partnerschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Sozialhilfe- als auch Arbeitsförderungsrecht nur eine derart dichte und auf Dauer angelegte Verbindung, dass angenommen werden könne, die Partner fühlten sich so füreinander verantwortlich, dass sie zunächst ihren gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellten, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten. Seiner Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und L habe der Beklagte bereits in Anwendung der Vermutungsregel des § 7 Abs 3a Nr 4 SGB II genügt. Selbst nach dem unstreitigen tatsächlichen Vorbringen der Klägerin seien die Voraussetzungen für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft gegeben. Denn abgesehen davon, dass die Klägerin und L ein gemeinsames Girokonto unterhielten, über das die gemeinsamen Ausgaben für das Hausgrundstück getätigt würden, bestünden auch für die von beiden allein geführten Girokonten wechselseitige Vollmachten. Darauf, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen von der erteilten Vollmacht bislang niemals Gebrauch gemacht habe, komme es nicht an, denn bereits die diesbezügliche Verfügungsbefugnis genüge, um eine Partnerschaft zu indizieren. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Anknüpfung habe der Senat keine Zweifel. Das BVerfG (Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87) habe die Befugnis, über das Partnervermögen zu verfügen, als tragendes äußeres Anzeichen für das Bestehen eines gegenseitigen Einstandswillens bereits hervorgehoben. Ob daneben zusätzlich auch die Voraussetzungen der Vermutungsregel des § 7 Abs 3a Nr 1 SGB II vorlägen, lasse der Senat dahinstehen. Die Klägerin habe die bestehende Vermutung einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nicht widerlegen können. Insoweit werde auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Aus dem eigenen Vortrag der Klägerin sowie den Angaben des L lasse sich unstreitig entnehmen, dass beide etwa 1988/89 vereinbart hätten, ein weiteres Zusammenleben auf einer als "freundschaftlich" gekennzeichneten Basis zu versuchen. Sie sähen in der gemeinsamen Erhaltung des Wohnhauses eine die Zukunftsvorstellung prägende Lebensgrundlage. Zudem hätten beide anderweitige Beziehungen auch seit 1988/89 kaum jemals, allenfalls kurzzeitig und stets nur außerhalb der häuslichen Sphäre unterhalten, nicht zuletzt um eine Störung ihres internen Verhältnisses zu vermeiden. Das langjährige Zusammenleben der Klägerin mit L habe daher auch nach 1988/89 auf einer Beziehung beruht, die trotz einer in wesentlichen Teilen selbstständigen alltäglichen Lebensführung für beide eine existenziell wichtige und anderweitige partnerschaftliche Beziehungen ausschließende Bedeutung habe. Maßgeblich sei insoweit das Bestehen einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft, die daneben keine Lebensgemeinschaft gleicher Art zulasse und sich durch eine enge innere Bindung auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründe. Da hier von der nicht widerlegten Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft auszugehen sei, komme es nicht mehr darauf an, ob daneben eine den Alltag prägenden Gemeinschaftlichkeit der Haushaltsführung oder sexuelle Beziehungen bestünden. Der Senat lasse die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, weil der Klärung bedürfe, ob in Übereinstimmung mit der von ihm vertretenen Rechtsauffassung auch eine solche Beziehung als Partnerschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II anzusehen sei, in der es an einer indiziellen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ebenso wie an einer sexuellen Beziehung fehle, bei der jedoch der insoweit selbstständigen Lebensführung in einer langjährigen gemeinsamen Wohnung eine über Jahrzehnte aufrechterhaltene persönliche Beziehung zugrunde liege, neben der anderweitige Beziehungen lediglich sporadisch und außerhalb des häuslichen Bereichs eingegangen würden, und die mit einer existenziellen Verflechtung der wirtschaftlichen Sphären der Partner durch die gemeinsame Finanzierung des Wohneigentums einhergehe.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 7 Abs 3 Nr 3c, Abs 3a SGB II. Selbst bei Vorliegen der Vermutungstatbestände müsse berücksichtigt werden, dass eine Partnerschaft dann nicht bestehe, wenn jemand sein Einkommen oder Vermögen ausschließlich zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwende. Dies sei in der Person des Zeugen L der Fall. Ein Wille, für die Klägerin einzustehen, habe nicht bestanden. Die Bedienung der Hausschulden sei Jahr für Jahr strikt getrennt hälftig durch die Klägerin und L erfolgt. Ferner habe sie seit Einstellung der Leistungen nach dem SGB II ihren Lebensunterhalt in Form von monatlichen Abhebungen von dem Sparbuch ihrer Schwester bestritten. Durch Vorlage der Kontoauszüge und der Auszahlung des Lebensversicherungsvertrages habe sie die Vermutung des § 7 Abs 3a Nr 4 SGB II widerlegt. Aus dem Vorhandensein einer wechselseitigen Kontovollmacht, die auf Verlangen der Bank bei Abschluss der Darlehnsverträge für den Hauskauf ausgestellt worden sei und von der über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren noch niemals Gebrauch gemacht worden sei, könne nicht der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, entnommen werden. Das bloße Bestehen einer wechselseitigen Kontovollmacht erfülle nicht den Tatbestand des gemeinsamen Wirtschaftens aus einem Topf, welches für die Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft einer Einstehensgemeinschaft als Voraussetzung vorzuliegen habe.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. April 2009 und das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. September 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 14. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Juni 2007 bis 31. Dezember 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Herrn L zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet.

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Der Senat vermag nicht abschließend zu beurteilen, ob der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zustehen. Es kann nach den Feststellungen des LSG nicht erkannt werden, ob die Klägerin und L eine Bedarfsgemeinschaft bilden, in der das Einkommen und Vermögen des L bei der Berechnung des Alg II der Klägerin zu berücksichtigen ist und ihre Hilfebedürftigkeit damit entfällt. Insoweit mangelt es insbesondere an Feststellungen, die die Bewertung zulassen, dass die Klägerin und L in einer Partnerschaft sowie einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben. Sollte das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren das Vorliegen dieser beiden objektiven Tatbestandsmerkmale bejahen, wird es gleichwohl, insbesondere unter Beachtung der Revisionsbegründung, zu prüfen haben, ob die Vermutung einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen den beiden widerlegt ist.

11

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 14.6.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2007, mit dem der Beklagte die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab 1.6.2007 mangels Hilfebedürftigkeit der Klägerin aufgrund der Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des L abgelehnt hat. Die Klägerin hat den streitigen Zeitraum, für den sie Leistungen begehrt, in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat bis zum 31.12.2010 beschränkt. Sie bezieht seit dem 1.1.2011 eine Altersrente und ist damit ab diesem Zeitpunkt gemäß § 7 Abs 4 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.

12

2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Voraussetzungen der Nr 1, 2 und 4 des § 7 Abs 1 S 1 SGB II für einen Anspruch auf Alg II vorliegend gegeben sind. Ob bei der Klägerin auch Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II besteht, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. So mangelt es an Feststellungen des LSG, ob der Hilfebedarf der Klägerin durch Zuwendungen ihrer Schwester und/oder eigenes Einkommen sowie ggf ab wann gemindert oder gedeckt war. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung brauchte das LSG dies zwar keiner näheren Prüfung zu unterziehen, denn es hat das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft der Klägerin und L iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II bejaht, in der das Einkommen und Vermögen des L nach § 9 Abs 2 SGB II zur Bedarfsdeckung der Klägerin zu verwenden wäre, sodass ihre Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II entfallen sein könnte. Nach § 9 Abs 2 S 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt nach § 9 Abs 2 S 3 SGB II jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig(vgl hierzu nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 15). Das Vorliegen einer derartigen Bedarfsgemeinschaft vermag der Senat allerdings nach den Feststellungen des LSG im konkreten Fall nicht abschließend nachzuvollziehen.

13

Nach § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II(in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs 3a SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben(Nr 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nr 4). Ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen.

14

Es mangelt hier bereits an Feststellungen des LSG zum Vorliegen einer Partnerschaft zwischen der Klägerin und L sowie des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt. Das LSG hat bei seiner rechtlichen Prüfung unbeachtet gelassen, dass § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen normiert, die kumulativ vorliegen müssen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (siehe Hänlein in Gagel, SGB II, Stand 1/2009, § 7 RdNr 46 ff; S. Knickrehm in KSW, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 17; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 44 ff; Sächsisches LSG Urteil vom 7.1.2011 - L 7 AS 115/09 - juris RdNr 31; Sächsisches LSG Beschluss vom 10.9.2009 - L 7 AS 414/09 B ER - juris RdNr 58; Bayerisches LSG Beschluss vom 9.12.2009 - L 16 AS 779/09 B ER - juris RdNr 14). Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs 3a SGB II(siehe auch Wolff-Dellen in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl 2011, § 7 RdNr 31b). Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebendenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs 3a SGB II bei positiver Feststellung einer der dort aufgezählten vier Fälle - die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen(§ 20 SGB X bzw § 103 SGG) - allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden(BT-Drucks 16/1410, 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann.

15

Das SGB II knüpft insoweit an die bisherige Rechtslage und Rechtsprechung zu § 193 SGB III bzw § 137 AFG und § 122 BSHG an. Insbesondere die Notwendigkeit, dass für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwingend eine objektiv festzustellende Partnerschaft sowie Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft - neben dem subjektiven Einstehens- und Verantwortungswillen - gegeben sein muss, folgt dem bisherigen Konzept der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung bei existenzsichernden Transferleistungen.

16

§ 137 Abs 2a AFG(eingefügt zum 1.1.1986 durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG vom 20.12.1985, BGBl I 2484) regelte für den Bereich der Alhi vor Inkrafttreten des § 193 SGB III, dass Einkommen und Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, wie das Einkommen und Vermögen eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen sind. Nach der Rechtsprechung des BSG war eine eheähnliche Gemeinschaft iS des § 137 Abs 2a AFG gegeben, wenn zwei miteinander nicht verheiratete Personen, zwischen denen die Ehe jedoch rechtlich grundsätzlich möglich ist, so wie ein nicht getrennt lebendes Ehepaar in gemeinsamer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben, sie also in Übereinstimmung einen gemeinsamen Haushalt so führen, wie es für zusammenlebende Ehegatten typisch ist(BSG Urteil vom 24.3.1988 - 7 RAr 81/86 - BSGE 63, 120, 123 = SozR 4100 § 138 Nr 17; BSG Urteil vom 26.4.1989 - 7 RAr 116/87). Das BSG bezog sich hierbei (auch) auf die Vorschrift des früheren § 149 Abs 5 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung(AVAVG, idF vom 23.12.1956, BGBl I 1018 - Bekanntmachung der Neufassung vom 3.4.1957, BGBl I 321 - § 141e Abs 5 desselben Gesetzes idF vom 16.4.1956, BGBl I 243), wonach im Rahmen der dortigen Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi ebenfalls das Einkommen und Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, in gleicher Weise zu berücksichtigen war wie das Einkommen und Vermögen des Ehegatten. Diese Vorschrift hatte das BVerfG (Beschluss vom 16.12.1958 - 1 BvL 3/57, 4/57 und 8/58 - BVerfGE 9, 20 = SozR Nr 42 zu Art 3 GG) als mit dem GG vereinbar erklärt und als wesentliches Vergleichselement darauf abgestellt, dass in der eheähnlichen Gemeinschaft wie in einer Ehe "aus einem Topf" gewirtschaftet werde.

17

Ebenfalls auf das objektive Kriterium des "Wirtschaftens aus einem Topf" in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft stellte die Rechtsprechung im Bereich der Sozialhilfe ab (siehe nur BVerwG Urteil vom 27.2.1963 - BVerwGE 15, 306; BVerwG Urteil vom 20.1.1977 - BVerwGE 52, 11; BVerwG Urteil vom 20.11.1984 - BVerwGE 70, 278), wonach gemäß § 122 BSHG Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden durften als Ehegatten.

18

Zwar forderte das BVerfG in seinem Urteil vom 17.11.1992 (1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3)zu § 137 Abs 2a AFG, dass die Beziehungen in einer eheähnlichen Gemeinschaft über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen müssten. Die Partner müssten in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft dergestalt leben, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellten, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten. Demnach ist zusätzlich ein subjektives Element iS eines Verantwortungs- und Einstehenswillens erforderlich (wie ihn § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II iVm § 7 Abs 3a SGB II nunmehr auch ausdrücklich anführt). An dem Erfordernis einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft als Grundvoraussetzung änderte dies jedoch nichts. Im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG änderte sowohl das BSG als auch das BVerwG seine Rechtsprechung zwar. Sie bezogen die weiteren Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft mit ein. Das BSG ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass daneben weiter das Bestehen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Partnern erforderlich sei (siehe nur BSG Urteil vom 29.4.1998 - B 7 AL 56/97 R - SozR 3-4100 § 119 Nr 15; BSG Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 96/00 R - BSGE 90, 90, 94 = SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BSG Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 72/00 R - SozR 3-4300 § 144 Nr 10; BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 52/06 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 16 RdNr 17; ebenso in der Literatur Ebsen in Gagel, SGB III, Stand 7/1999, § 193 RdNr 54 ff; Henke in Hennig, AFG, Stand 7/1997, § 137 RdNr 33).

19

Dass auch nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II ein "Wirtschaften aus einem Topf" vorab als Voraussetzung für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zu prüfen ist, zeigt auch die Entwicklung des § 7 SGB II sowie die Gesetzesbegründung hierzu. In § 7 Abs 3 Nr 3b SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, BT-Drucks 15/1516, 52) hieß es zunächst "Zur Bedarfsgemeinschaft gehören als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen … b) die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt". Die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) zum 1.8.2006 erfolgte Änderung des § 7 Abs 3 Nr 3b SGB II sollte lediglich bewirken, dass auch Partner einer nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft eine Bedarfsgemeinschaft bilden können und damit eine Schlechterstellung von Ehepartnern, Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft aber auch Partnern einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaft im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensanrechnung aufheben(vgl BT-Drucks 16/1410, 19). Auswirkungen auf die bis dahin aufgestellten Voraussetzungen einer "eheähnlichen Gemeinschaft" waren damit nicht verbunden. Vielmehr ließen sich nun diese Voraussetzungen auch auf nicht eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften übertragen. Mit der gleichzeitigen Einfügung des § 7 Abs 3a SGB II hat der Gesetzgeber lediglich zu dem vom BVerfG geforderten wechselseitigen Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, eine Vermutungsregelung eingefügt, ohne hierdurch die objektiven Voraussetzungen einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten Partnern zu verändern.

20

a) Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von BVerfG (Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3)und BSG (s nur BSG BSGE 90, 90, 100 = SozR 3-4100 § 119 Nr 26, RdNr 39)auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen (s Hänlein in Gagel SGB II/SGB III, Stand 01/2009, § 7 SGB II RdNr 47; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 45). Anhand dieser Kriterien wird das LSG nunmehr - ohne gleichzeitige Einbeziehung des subjektiven Merkmals des Einstehens- und Verantwortungswillens - aufgrund der objektiven Gegebenheiten eine insoweit eigenständige Beweiswürdigung vornehmen müssen. Dabei wird es insbesondere die von ihm selbst dargelegten Aspekte der fehlenden sexuellen Beziehungen zwischen der Klägerin und L, der nur seltenen anderweitigen partnerschaftlichen Beziehungen beider Beteiligter und des Pflegens von anderen Beziehungen nur außerhalb des gemeinsamen häuslichen Bereichs in seine Wertung einzubeziehen haben.

21

b) Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II erfordert - wie bereits dargelegt - das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II stellt damit bereits vom Wortlaut her(im Gegensatz zu § 7 Abs 3 Nr 3a und b SGB II für den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten bzw Lebenspartner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, siehe auch BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16, RdNr 14)auf zwei Elemente ab, nämlich das Zusammenleben und kumulativ das Wirtschaften aus einem Topf (BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 6 RdNr 15; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 3; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 5/09 R - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 16; s auch Hackethal in jurisPK-SGB II, Stand 15.8.2011, § 7 RdNr 56; Hänlein in Gagel, SGB II, Stand 1/2009, § 7 RdNr 47; S. Knickrehm in KSW, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 17; A. Loose in GK-SGB II, Stand 7/2010, § 7 RdNr 7 RdNr 56.1; Sauer in Sauer, SGB II, § 7 RdNr 25; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 46; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 1/2012, § 7 RdNr 216).

22

Unter "Zusammenleben" in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes "Zusammenwohnen", wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen. Andererseits ist es für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht ehelich verbundenen Partnern zwingend, dass sie in "einer Wohnung" zusammenleben. Auch bei einer Ehe ist die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft; jedoch kann bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (Ehewohnung) eine solche iS des § 1353 BGB sein(Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl 2010, § 1353 BGB RdNr 6 ff; MünchkommBGB, 5. Aufl 2010, § 1565 RdNr 23; BGH, Urteil vom 7.11.2001 - XII ZR 247/00 - NJW 2002, 671; s auch BSGE 105, 291 = SozR 3-4200 § 7 Nr 16, RdNr 13). Haben die Ehegatten bei oder nach der Eheschließung einvernehmlich ein Lebensmodell gewählt, das eine häusliche Gemeinschaft nicht vorsieht, kann allein der Wille, diese auf absehbare Zeit nicht herzustellen, ein Getrenntleben nach familienrechtlichen Grundsätzen nicht begründen (Staudinger/Rauscher, BGB, 2004, § 1567 RdNr 51). Hier ist vielmehr regelmäßig der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten erforderlich, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs 1 BGB). Da es bei einer nichtehelichen Partnerschaft an der einzig durch die Eheschließung bereits nach außen dokumentierte Verbundenheit mangelt und dort diese nur dann verneint werden kann, wenn sie ausdrücklich nach außen hin dokumentiert wird, erfordert die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten bzw nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnern umgekehrt, dass deren Verbundenheit durch das Zusammenleben in einer Wohnung nach außen erkennbar wird.

23

Zusätzlich bedarf es zum zweiten des gemeinsamen Wirtschaftens. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen dabei über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und ggf Gemeinschaftsräumen hinaus. Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet noch keine Wirtschaftsgemeinschaft. Entscheidend insoweit ist, dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner abhängig ist. Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, was allerdings nicht bedeutet, dass der finanzielle Anteil der Beteiligung am Haushalt oder der Wert der Haushaltsführung selbst gleichwertig sein müssen. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen.

24

Hierzu mangelt es an Feststellungen des LSG. Es hat das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen der Klägerin und L im Ergebnis offen gelassen. Das LSG wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren die von ihm benannten Aspekte der gemeinsamen Finanzierung des Hauses sowie der Unterhaltungs- und Betriebskosten hierfür, die gegenseitige Erteilung von Kontovollmachten, die getrennten Haushaltskassen und im Wesentlichen getrennte Zubereitung und Einnahme der Mahlzeiten einerseits, aber ua auch die sich aus dem Vorbringen der Klägerin und den Akten ergebenden Erkenntnisse zur Haushaltsführung an sich, sei es die Organisation des Einkaufs, das Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie der Finanzierungshilfen durch die Schwester der Klägerin in seine Wertung einzubeziehen haben.

25

c) Sind die unter a) und b) benannten objektiven Voraussetzungen gegeben, gilt es den Einstehens- und Verantwortungswillen der Partner festzustellen. Diesen hat das LSG zwar für den Senat bindend, weil nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen (§ 163 SGG), bejaht. Es wird in der erneuten Entscheidung jedoch die Ausführungen der Klägerin in der Revisionsbegründung einer zusätzlichen Betrachtung unter dem Aspekt der Widerlegbarkeit der Vermutung zu unterziehen haben.

26

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

(2) Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.

Tatbestand

1

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Zeit vom 5.1.2005 bis 30.6.2005.

2

Die 1954 geborene, SGB II-Leistungen beziehende Klägerin heiratete am 5.1.2005 den 1936 geborenen H M . Beide lebten nach der Eheschließung - wie bisher - in ihren früheren Wohnungen, führten getrennte Haushalte und vereinbarten den Güterstand der Gütertrennung. Die Klägerin, die keine Absicht zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft hatte, verbrachte weiterhin drei- bis viermal wöchentlich Zeit mit ihrem Ehemann mit Gesprächen, Spaziergängen und Fernsehen. Gelegentlich wurden gemeinsame Mahlzeiten eingenommen.

3

Die Beklagte hatte der Klägerin bereits vor ihrer Eheschließung SGB II-Leistungen vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 in Höhe von 659,50 Euro monatlich bewilligt (Bescheid vom 10.11.2004). Diesen Bescheid hob sie mit Wirkung vom 5.1.2005 auf, weil die Klägerin nach ihrer Heirat nicht mehr hilfebedürftig sei. Unter Berücksichtigung der Pension ihres Ehemannes und der gesetzlich vorgesehenen Abzüge ergebe sich ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 1 521,62 Euro, das den Bedarf der Eheleute in Höhe von 936,50 Euro übersteige (Bescheid vom 27.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 31.3.2005).

4

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat das klageabweisende Urteil des SG Osnabrück geändert sowie den Bescheid vom 27.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.3.2005 aufgehoben (Urteil des SG vom 20.9.2006; Urteil des LSG vom 24.3.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Bescheid vom 27.1.2005 sei rechtswidrig, weil in den tatsächlichen Verhältnissen keine wesentliche Änderung iS des § 48 SGB X eingetreten sei. Die Klägerin bilde trotz Eheschließung keine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann, weil sie von ihm dauernd getrennt lebe und als alleinstehend iS des SGB II zu betrachten sei. Der Begriff des Getrenntlebens sei nicht ausschließlich im Sinn der Kriterien des § 1567 Abs 1 Satz 1 BGB zu verstehen, weil das Familienrecht mit dieser Definition in erster Linie Unterhaltsansprüche auf der Basis einer zuvor existierenden häuslichen und ehelichen Gemeinschaft begründe. Das Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft werde in § 7 Abs 3 SGB II nur als Zusammenkunft von Personen mit bestimmten persönlichen Zuordnungsmerkmalen zum Hauptleistungsberechtigten definiert. Neben dem personalen Bezug würden weitere Anforderungen inhaltlicher Art nicht gestellt. Eine Partnerschaft zwischen Mann und Frau, die vor der Eheschließung keine Bedarfsgemeinschaft darstelle, werde nicht allein durch die Heirat automatisch zu einer solchen, wenn sich in tatsächlicher Hinsicht nichts geändert habe. Das "dauernd getrennt lebend" iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II bestimme sich eigenständig nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift und ihres normativen Zusammenhangs mit § 2 Abs 2 Satz 1 SGB II. Es sei Absicht des Gesetzgebers, sich mit dem fürsorgerechtlichen Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft insgesamt von familienrechtlichen Einstandspflichten mit dem Ziel zu lösen, das SGB II als letztes soziales Auffangnetz zu etablieren. Mit dem Merkmal des Nichtgetrenntlebens von Ehegatten im Rahmen der Bildung von Bedarfsgemeinschaften knüpfe der Gesetzgeber wegen des Nachrangs von Grundsicherungsleistungen an die durch Ehe und Familie typischerweise gegebene wirtschaftliche und sonstige Lebenssituation an. Für die eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II prägende Einstandspflicht sei von Bedeutung, ob eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehe, wobei dem räumlichen Zusammenhang ein gewichtiges Indiz zukomme. Wenn die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Ehepartner nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben sei, liege keine Bedarfsgemeinschaft vor. Es könne nicht festgestellt werden, dass zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann eine Lebensgemeinschaft im Sinne einer räumlichen, persönlichen und geistigen Gemeinschaft wie bei Eheleuten bestehe. Auch Anhaltspunkte für eine Wirtschaftsgemeinschaft seien nicht erkennbar. Zwar möge die Absicht eines Zusammenlebens im Rahmen einer häuslichen Gemeinschaft üblicherweise dem Bild einer Ehe entsprechen. Dies schließe aber nicht aus, dass in Einzelfällen Lebensgestaltungen und Interessenlagen gegeben seien, die für eine Heirat ohne häusliche Gemeinschaft sprächen.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II. Das LSG berücksichtige nicht die hier vorliegende besondere Gestaltungsform der Ehe, in der unstreitig eine häusliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten von vornherein nicht bestanden habe bzw bestehe und bei der es sich für (wenigstens) einen Ehepartner um eine sog Versorgungs- oder Zweckehe gehandelt habe und bis zum Tod handeln solle. Bei fehlender häuslicher Gemeinschaft sei entscheidend für das Getrenntleben der nach außen erkennbare Trennungswille, dh der Wille, die Lebensgemeinschaft und damit auch die diese kennzeichnende Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft dauerhaft nicht fortsetzen zu wollen. Würden Ehen zu einem bestimmten Zweck, hier dem der Versorgung, eingegangen, könne es schon aus Gründen der Gleichbehandlung im Ergebnis nicht gerechtfertigt sein, dass die Eheleute - jedenfalls solange ihre Ehe in der vereinbarten Form "funktioniere" - nur die mit der Eheschließung verbundenen Vorteile, nicht jedoch auch die hieraus entstehenden Pflichten oder Nachteile, wie zB die Behandlung als Bedarfsgemeinschaft, in Kauf nehmen wollten. Anders als im "Normalfall" des Getrenntlebens bestehe in diesen Fällen die Lebensgemeinschaft in der vereinbarten Form fort und auch die Ehe solle dauerhaft bis zum Tod bestehen, weil sonst die gerade für die Zeit nach dem Tod des Ehepartners erwartete Versorgung nicht in der erhofften Form eintreten könne.

6

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 24. März 2009 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Osnabrück vom 20. September 2006 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) . Aufgrund fehlender Sachverhaltsfeststellungen des LSG zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ehemanns der Klägerin und dem Bedarf der Ehegatten insgesamt kann der Senat nicht beurteilen, ob und in welchem Umfang die Beklagte die Bewilligung der SGB II-Leistungen mit Wirkung vom 5.1.2005 wegen einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse aufheben durfte. Anders als vom LSG angenommen, bildete die Klägerin aber mit ihrem Ehemann ab der Heirat eine Bedarfsgemeinschaft iS des SGB II. Das Berufungsurteil beruht insofern auf einer unzutreffenden Rechtsansicht zum Begriff des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II, weil dieser ausgehend von der Typik dieser Regelung nach familienrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen ist.

10

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 27.1.2005, gegen den sich die Klägerin zu Recht (nur) mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) wendet; mit der Aufhebung dieses Bescheides bleibt die im Bewilligungsbescheid vom 10.11.2004 enthaltene Verfügung über die Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 wirksam. Bei der Prüfung, ob die Aufhebung zu Recht erfolgte, ist bei der hier vorliegenden reinen Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage zu dem Zeitpunkt maßgebend, in dem der angefochtene Verwaltungsakt erlassen worden ist (BSG, Urteil vom 20.4.1993 - 2 RU 52/92 - SozR 3-1500 § 54 Nr 18 S 46 mwN) . Gegenstand der Überprüfung des LSG-Urteils im Revisionsverfahren sind daher die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides im Januar 2005, nicht die Frage, ob zu einem späteren Zeitpunkt von einem Getrenntleben zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann ausgegangen werden kann.

11

2. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung ist § 40 Abs 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X. Hiernach ist, soweit in den Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 SGB III ist dabei mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat(§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Dabei genügt es, dass nicht der Hilfebedürftige selbst, sondern - wie hier - eine andere Person, deren wirtschaftliche Verhältnisse für den Leistungsanspruch rechtserheblich sind, Einkommen oder Vermögen erzielt hat (BSG, Urteil vom 11.1.1989 - 10 RKg 12/87 - SozR 1300 § 48 Nr 53 S 149). Neben der Frage, ob wegen des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft dem Grunde nach eine Einkommensanrechnung erfolgen kann, setzt § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auch eine Prüfung voraus, in der der Einfluss der Erzielung von Einkommen auf die Leistungshöhe vorzunehmen ist. Die letzte Prüfung hat das LSG unterlassen, weil es davon ausging, dass die Klägerin und H M auch nach ihrer Heirat keine Bedarfsgemeinschaft bildeten.

12

3.a) Die Klägerin bildete jedoch mit ihrem Ehemann mit Wirkung ab 5.1.2005 eine Bedarfsgemeinschaft, weil sie nicht zeitgleich mit der Eheschließung von ihm iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II dauernd getrennt lebte. Nach § 7 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II in der Normfassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ua der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II) .

13

b) Bei der Auslegung des Begriffs des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II folgt der Senat den Grundsätzen, die zum familienrechtlichen Begriff des "Getrenntlebens" entwickelt worden sind. Neben einer räumlichen Trennung setzt dies einen Trennungswillen voraus. Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II nicht unmittelbar entnehmen, wann ein Getrenntleben iS des SGB II vorliegt. Gegen ein enges Verständnis dieses Begriffs in dem Sinne, dass Ehegatten nur dann nicht dauernd getrennt leben, wenn sie räumlich zusammen leben, jede räumliche Trennung also bereits ein Getrenntleben beinhaltet, spricht, dass sich das Getrenntleben auf die Ehe iS des § 1353 BGB beziehen muss. Da § 1353 Abs 1 BGB mit der Bestimmung einer Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft nur die Grundstrukturen der Ehe, nicht jedoch die Art und Weise vorgibt, in der sich das Zusammenleben der Ehegatten vollzieht, ist die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft; jedoch kann bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (Ehewohnung) eine solche iS des § 1353 BGB sein(Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl 2010, § 1353 BGB RdNr 6 ff; MünchkommBGB/Ey, § 1565 RdNr 23, 5. Aufl 2010; BGH, Urteil vom 7.11.2001 - XII ZR 247/00 - NJW 2002, 671). Haben die Ehegatten - wie hier - bei oder nach der Eheschließung einvernehmlich ein Lebensmodell gewählt, das eine häusliche Gemeinschaft nicht vorsieht, kann allein der Wille, diese auf absehbare Zeit nicht herzustellen, ein Getrenntleben nach familienrechtlichen Grundsätzen nicht begründen (Staudinger/Rauscher, BGB, 2004, § 1567 RdNr 51). Vielmehr muss regelmäßig der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs 1 BGB). In der hier vorliegenden Ausgangskonstellation kommt es nach familienrechtlichen Maßstäben für eine Trennung entsprechend darauf an, ob einer der Partner die bisherige Form der Lebensgemeinschaft ohne gemeinsamen Lebensmittelpunkt nicht mehr aufrecht erhalten will, das Eheband also lösen will (Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl 2010, § 1567 RdNr 5; KG Berlin, Beschluss vom 12.8.1981 - 3 WF 3833/81 - NJW 1982, 112; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.3.1981 - 7 WF 32/81 - FamRZ 1981, 677). Für die Annahme eines Getrenntlebens reicht es also entgegen der Rechtsansicht des LSG nicht aus, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Lebensgemeinschaft iS einer räumlichen, persönlichen und geistigen Gemeinschaft sowie eine Wirtschaftsgemeinschaft von vornherein nicht bestanden hat. Erforderlich ist vielmehr ein Wille zur Änderung des einvernehmlich gewählten Ehemodells. Ein solcher Trennungswille lag jedoch nach den Feststellungen des LSG im Januar 2005 weder bei der Klägerin noch bei ihrem Ehemann vor.

14

c) Aus dem systematischen Kontext des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II mit den Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft folgt nicht, dass dem SGB II ein anderer Begriff des Getrenntlebens zugrunde liegt. Auch das SGB II geht davon aus, dass eine Bedarfsgemeinschaft bei Eheleuten (noch) bestehen kann, wenn diese, zB wegen des pflegebedürftigen Aufenthalts eines Ehegatten in einem Heim, räumlich voneinander getrennt leben (für die Konstellation der vorübergehenden räumlichen Trennung nach bisherigem Zusammenleben so auch: Spellbrink in Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2 Aufl 2007, § 7 RdNr 41; bei räumlicher Trennung nicht gemeinsam wirtschaftender Ehegatten: Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, II.7 RdNr 16, Stand August 2006; für die Konstellation einer räumlichen Trennung ohne Trennungswillen: S. Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl 2009, § 7 SGB II, RdNr 17). Der Grundgedanke der Bedarfsgemeinschaft beruht auf der Annahme, dass in dieser Gemeinschaft alle Mitglieder füreinander Verantwortung auch im finanziellen Sinne übernehmen. Erst nachrangig, wenn die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ihren Bedarf nicht gemeinsam decken können, sind Grundsicherungsleistungen zu gewähren (vgl § 9 Abs 1 Satz 1 SGB I; § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II). Die Vermutung einer gegenseitigen Bedarfsdeckung hat der Gesetzgeber des SGB II dabei nicht vorrangig mit dem Vorhandensein von Unterhaltsansprüchen verbunden, sondern an die in § 7 Abs 3 SGB II im Einzelnen aufgeführten tatsächlichen Umstände geknüpft(vgl BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 39) . Bei Eheleuten verlangt er - im Unterschied etwa zur Konstellation der eheähnlichen Lebensgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II) - gerade nicht das gemeinsame Leben in einem Haushalt.

15

d) Mit dem Anknüpfen an den Status der Ehe in § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II unterstellt der Gesetzgeber im Sinne einer verwaltungspraktischen Anwendung der SGB II-Vorschriften vielmehr regelmäßig das Vorhandensein einer durch Ehe und Familie typischerweise gegebenen wirtschaftlichen und sonstigen Lebenssituation(vgl in anderem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 26.1.1995 - 5 C 8/93 - BVerwGE 97, 344). Dabei liegt es im Wesen einer typisierenden gesetzlichen Verallgemeinerung, dass mit dem Bezug auf bestimmte tatsächliche Verhältnisse bzw sozialtypische Befunde eine weite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einbeziehende Betrachtung stattfindet. Hierbei darf sich der Gesetzgeber grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen auszunehmen (BVerfG, Beschluss vom 11.1.2005 - 2 BvR 167/02 - BVerfGE 112, 164, 280 f; BVerfG, Beschluss vom 13.2.2008 - 2 BvL 1/06 - BVerfGE 120, 125 ff, 155). Es soll gerade nicht bei jeder Gestaltungsform der Ehe im Einzelfall geprüft werden, ob mit ihr auch eine bestimmte Form des Zusammenlebens und Wirtschaftens verbunden ist. Auch bei der hier vorliegenden Ehe ohne gemeinsamen räumlichen Lebensmittelpunkt wird daher die hiermit typischerweise verbundene wirtschaftliche und sonstige Lebenssituation unterstellt. Wie sich weiter aus den §§ 1360, 1361 und 1567 BGB ergibt, geht das BGB von der grundsätzlich auch im SGB II zu beachtenden Vermutung des Nichtgetrenntlebens von Ehegatten aus(Hohm in Gemeinschaftskommentar SGB II, § 7 RdNr 51, Stand 8/2008). Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II liegt entsprechend nur dann nicht (mehr) vor, wenn ein Getrenntleben festgestellt worden ist, was hier - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall ist.

16

e) Auch aus dem das SGB II prägenden Grundsatz der Subsidiarität, § 3 Abs 3 SGB II(vgl hierzu BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 39; BSG, Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 7) lässt sich nicht ableiten, dass der Begriff des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" iS von § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II abweichend von familienrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen ist. Nach der Neuordnung der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums durch das SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ) und das SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27. Dezember 2003 ) wird - bezogen auf Unterhaltsansprüche von Ehegatten - dem Nachranggrundsatz des SGB II entweder über die Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft oder nach Maßgabe des § 33 SGB II Geltung verschafft. Der Anspruchsübergang nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB II setzt einen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch voraus. Ginge der SGB II-Träger in Abweichung von familienrechtlichen Grundsätzen in der vorliegenden Fallkonstellation von einem Getrenntleben der Eheleute aus, könnte der Nachranggrundsatz weder über die Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft noch effektiv über § 33 SGB II umgesetzt werden, weil nach familienrechtlichen Maßstäben kein Anspruch auf Trennungsunterhalt, sondern nur ein solcher auf Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360a BGB gegeben ist. Dieser steht jedoch grundsätzlich im Ermessen der Ehegatten und ist - mit Ausnahme eines Taschen- und Wirtschaftsgeldes - regelmäßig nicht auf eine Geldrente gerichtet, über die der Empfänger frei verfügen kann (Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Aufl 2008, § 3 RdNr 1; BGH, Urteil vom 22.1.2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363; vgl zum fraglichen Übergang von Ansprüchen auf Naturalunterhalt: Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 33 RdNr 21). Insofern ist die vom LSG zur Auslegung des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II herangezogene Rechtsprechung des BVerwG auf das SGB II nicht übertragbar, weil sie wesentlich mit der Durchsetzbarkeit des sozialhilferechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs der nicht getrennt lebenden Ehegatten(§ 29 BSHG bzw § 19 Abs 5 SGB XII) zur Verwirklichung des Nachranggrundsatzes begründet worden ist (vgl BVerwG, Urteil vom 26.1.1995 - 5 C 8/93 - BVerwGE 97, 344 ff, 347).

17

4. Allerdings lässt sich aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob und ggf in welchem Umfang die Beklagte wegen des Wegfalls der Hilfebedürftigkeit der Klägerin die Bewilligung von SGB II-Leistungen gänzlich aufheben durfte. Für die Frage, in welchem Umfang die Hilfebedürftigkeit der Klägerin mit Wirkung vom Zeitpunkt der Heirat am 5.1.2005 entfallen ist, sind Feststellungen zur Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens ihres Ehemannes und seines Bedarfs, insbesondere auch seiner Kosten für Unterkunft und Heizung und möglicher Mehrbedarfe, erforderlich. Dabei wird zu prüfen sein, ob die tatsächlichen (Gesamt-) Aufwendungen der Klägerin und ihres Ehemannes iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II angemessen sind. Es sind die tatsächlichen Mietaufwendungen beider Eheleute mit den Wohnungsmieten für Zwei-Personen-Haushalte im maßgeblichen Vergleichsraum abzugleichen. Auch soweit die Unterkunftskosten den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, kann nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II eine weitere (befristete) Kostenübernahme durch die Beklagte erfolgen. Insofern ist zu prüfen, ob und ggf nach welchem Zeitablauf den Eheleuten eine Senkung der Unterkunfts- und Heizkosten möglich und subjektiv zumutbar war (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 29 f) , wobei auch zu berücksichtigen ist, dass Hilfebedürftige nur dann eine Kostensenkungsobliegenheit trifft, wenn sie Kenntnis hiervon hatten (vgl hierzu im Einzelnen Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 15 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Ergibt eine Gegenüberstellung des Gesamtbedarfs mit dem Einkommen der Bedarfsgemeinschaft eine Differenz zugunsten des Gesamtbedarfs, besteht in diesem Umfang ein weiterhin der (vollständigen) Aufhebung der Bewilligung entgegenstehender Leistungsanspruch der Klägerin.

18

5. Das angefochtene Urteil ist daher gemäß § 170 Abs 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das LSG zurückzuverweisen.

Lebt eine nachfragende Person gemeinsam mit anderen Personen in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft, so wird vermutet, dass sie gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft) und dass die nachfragende Person von den anderen Personen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Soweit nicht gemeinsam gewirtschaftet wird oder die nachfragende Person von den Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft keine ausreichenden Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, ist ihr Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Satz 1 gilt nicht

1.
für Schwangere oder Personen, die ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreuen und mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammenleben, oder
2.
für Personen, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches sind oder im Sinne des § 61a pflegebedürftig sind und von in Satz 1 genannten Personen betreut werden; dies gilt auch, wenn die genannten Voraussetzungen einzutreten drohen und das gemeinsame Wohnen im Wesentlichen zum Zweck der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung erfolgt.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist alleinstehend und bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung, die durch zwei Gas-Einzelöfen und einen Heizlüfter im Bad beheizt wird. Im Oktober 2004 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Alg II und legte dabei eine Bescheinigung ihrer Hausärztin vor, wonach bei ihr aufgrund eines Diabetes mellitus Typ I Krankenkost (Diabeteskost) erforderlich sei.

3

Mit Bescheid vom 13.11.2004 bewilligte der Beklagte Alg II von Januar bis Mai 2005 in Höhe von 794,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 777,16 Euro, wobei er neben einem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 134 Euro einen monatlichen Mehrbedarf von 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ I berücksichtigte. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gering sei und ihr einschließlich Praxisgebühr und Zuzahlung monatliche Kosten in Höhe von mindestens 50 Euro entstünden. Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2005 bewilligte der Beklagte daraufhin für die Zeit von Januar bis Mai 2005 monatlich 795,23 Euro und für Juni 2005 775,18 Euro. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies er als unbegründet zurück.

4

Am 1.3.2005 erhob die Klägerin Klage zum SG und begründete ihre Klage insbesondere damit, dass eine Anpassung des seit 1997 nicht erhöhten Mehrbedarfsbetrages zu erfolgen habe, die Regelleistung in Höhe von 345 Euro zu gering sei und zusätzliche Stromkosten von monatlich 11 Euro zu berücksichtigen seien, weil sie ihr Bad mit einem Heizlüfter beheize. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 4.3.2005, 7.9.2005 und 15.11.2005 zuletzt Leistungen für Januar und Februar in Höhe von monatlich 806,33 Euro, für März 689,26 Euro, für April 810,33 Euro, für Mai 802,82 Euro und für Juni 2005 782,72 Euro bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beklagte am 29.6.2006 ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, der Klägerin über die mit Bescheid vom 15.11.2005 zuerkannten Leistungen hinaus für März 2005 Leistungen in Höhe von 795,23 Euro (gemäß dem Widerspruchsbescheid), für Mai 2005 in Höhe von 807,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 784,46 Euro (gemäß dem Bescheid vom 4.3.2005) zu bewilligen. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen. Mit Urteil vom 29.6.2006 hat das SG die darüber hinausgehende Klage abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 15.12.2006 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie einen Bedarf habe, der in der Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Insofern werde auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen, wonach ein Mehrbetrag für kostenaufwändige Ernährung nach dem Krankheitsbild der Klägerin nicht gerechtfertigt sei und die Kosten für Arztbesuche und Zuzahlungen im Regelbetrag enthalten seien.

6

Auf die Revision der Klägerin hat das BSG mit Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - das Urteil des LSG vom 15.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, da es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehle, insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für eine kostenaufwändige Krankenernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II.

7

Das LSG hat hierauf die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Außerdem hat das LSG ein gerichtliches Sachverständigengutachten bei dem Internisten Dr. S. eingeholt. Mit Urteil vom 23.10.2009 hat das LSG der Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zugesprochen. Insoweit sei bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) ein Anteil an den Stromkosten, der für eine angemessene Beheizung des Bades mittels des vorhandenen Heizlüfters erforderlich sei, ergänzend zu berücksichtigen. Der konkrete Stromverbrauch des Heizlüfters zur Beheizung des Bades - etwa über einen getrennten Zähler - werde nicht erfasst. Die vom SG berücksichtigte Betriebsdauer des Heizlüfters von einer halben Stunde täglich sei sehr knapp bemessen, weshalb zu Gunsten der Klägerin im Rahmen der Schätzung eine volle Stunde zugrunde gelegt werde. Insgesamt belaufe sich die der Klägerin zustehende Nachzahlung für Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 60,69 Euro. Im Übrigen hat das LSG die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibe es jedoch bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro monatlich. Eine Verrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung komme nicht in Betracht.

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 21 Abs 5 SGB II. Das Tatbestandsmerkmal "medizinische Gründe" in § 21 Abs 5 SGB II umfasse auch nicht krankheitsbedingte und in der körperlichen Verfassung eines Menschen liegende Umstände, die ärztlich festgestellt werden könnten. Vorliegend bestehe ein erhöhter Grundumsatz bzw ein erhöhter Kalorienverbrauch, der zu einer finanziellen Mehrbelastung führe, welche die bereits monatlich gewährten 25,56 Euro deutlich übersteige. Weder der Wortlaut der Norm noch die Gesetzesbegründung würden die Beschränkung auf Gesundheitsschäden hergeben. Ausgehend von ihren Angaben, wonach sie bereits seit ihrer Kindheit habe sehr viel essen müssen, hätte das LSG eine individuelle Kaloriemetrie zur Ermittlung ihres erhöhten Grundbedarfs durchführen müssen. Der Hinweis des LSG auf die Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gehe fehl, da ein pauschaler Regelleistungsbetrag nur den durchschnittlichen Bedarf decke. Die vorliegend erforderliche Vollkost lasse sich nicht aus dem Regelsatz finanzieren. Auch hierzu fehle es an Feststellungen des LSG. Es liege eine Verletzung des § 170 Abs 5 SGG vor, da das LSG insoweit entgegen der Rechtsprechung des BSG die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 herangezogen und hieraus abgeleitet habe, dass Vollkost aus dem Regelsatz finanzierbar sei. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfs, der nicht von den Leistungen nach § 20 SGB II erfasst werde, jedoch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken sei. Schließlich sei der vom LSG errechnete Betrag für die Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen fehlerhafter Anwendung der Rundungsregel des § 41 Abs 2 SGB II um 1 Euro zu niedrig.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 13. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005, dieser in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 4. März 2005, 7. September 2005 und 15. November 2005 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

12

1. Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 nach den Feststellungen des LSG leistungsberechtigt als erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Damit hat sie Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II, idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954).

13

2. Die Klägerin hat weder wegen eines erhöhten Kalorienbedarfs noch aufgrund einer etwaigen Ernährung mit sog "Vollkost" einen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

14

a) Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten nach § 21 Abs 5 SGB II einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dieser ergänzt die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 21 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er umfasst Bedarfe, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind (§ 21 Abs 1 SGB II).

15

Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Die Gewährung des Mehrbedarfs allein kann damit nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

16

b) Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Es muss also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

17

aa) Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 21 Abs 5 SGB II bewusst an den Rechtszustand des § 23 Abs 4 BSHG angeknüpft. Danach war für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur war ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs (Hofmann in: LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Unter der Geltung des BSHG wurde die kostenaufwändige Ernährung gemäß § 23 Abs 4 BSHG deshalb auch als "Krankenkostzulage" bezeichnet(vgl Knopp/Fichtner, BSHG, 5. Aufl 1983, § 23 RdNr 22; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl 1997, § 23 RdNr 30; Schoch, Sozialhilfe, 3. Aufl 2001, S 167; Hofmann in LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; Linhart, BSHG § 23 RdNr 14 - Stand 39. EL, Juli 2004).

18

Wie in der früheren Sozialhilfe, dem Referenzsystem für das SGB II (BT-Drucks 15/1514 S 1), wollte der Gesetzgeber auch im Rahmen des Alg II einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung vorsehen. In der Gesetzesbegründung ist unter Bezugnahme auf den Rechtszustand des BSHG zum Tatbestandsmerkmal "aus medizinischen Gründen" ausgeführt worden: "Wie in der Sozialhilfe ist auch im Rahmen des Arbeitslosengeldes II ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung vorgesehen. Hierbei ist eine Präzisierung dahin gehend vorgenommen worden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen ist. Zur Angemessenheit des Mehrbedarfs können die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden." (BT-Drucks 15/1516, S 57).

19

Auch die vergleichende Betrachtung der Vorschriften des § 21 Abs 5 SGB II und des § 30 Abs 5 des SGB XII bestätigt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung erforderlich ist. Die Definition des Kreises der Anspruchsberechtigten ist in § 21 Abs 5 SGB II zwar anders formuliert als in § 30 Abs 5 SGB XII, der dem früheren § 23 Abs 4 BSHG nachgebildet ist. Gemäß § 30 Abs 5 SGB XII in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Hingegen sind auch anspruchsberechtigt erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer aufwendigen Ernährung bedürfen. Wie aufgezeigt, sollte nach der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs 5 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) mit der Formulierung klargestellt werden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen sei.

20

Folglich hat der Gesetzgeber inhaltliche Unterschiede zwischen § 21 Abs 5 SGB II und § 30 Abs 5 SGB XII nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Leistungen ist es in beiden Fällen, durch die krankheitsbedingte besondere Ernährung drohende oder bestehende Gesundheitsschäden abzuwenden oder zu verhindern (Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 49 f; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II § 21 RdNr 32, 34; Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25; Simon in: jurisPK-SGB XII, § 30 RdNr 92; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Anspruchsvoraussetzung bei § 21 Abs 5 SGB II ist daher immer das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung. Dementsprechend hat auch das BSG bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bislang stets von "Krankenernährung" oder "krankheitsbedingtem Mehrbedarf" gesprochen(BSG vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R) und ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nur vorliegen, wenn eine oder mehrere Erkrankungen eine kostenaufwändige Ernährung bedingen (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; vgl auch BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

21

bb) Der von der Klägerin behauptete erhöhte Kalorienbedarf ist nach den Feststellungen des LSG nicht auf eine Krankheit, also auf einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, zurückzuführen. Nach diesen Feststellungen liegen bei der Klägerin zwar verschiedene Krankheiten, insbesondere ein Diabetes mellitus Typ I vor; diese verursachen jedoch weder einen erhöhten Kalorienbedarf noch einen anderen Ernährungsmehrbedarf iS des § 21 Abs 5 SGB II. Das LSG hat den Sachverhalt vollständig und ausreichend ermittelt, indem es sachverständige Zeugenauskünfte sowie ein internistisches ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt hat, um sich die erforderliche Sachkunde zu verschaffen. Damit hat das LSG von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben, Gebrauch gemacht (vgl BSG vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO). Ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt nicht vor.

22

Nach den Feststellungen, die das LSG nach ausreichenden Ermittlungen des Sachverhalts getroffen hat, liegen keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Krankenkost vor. Das LSG konnte nach der vorgenommenen eigenständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Prüfung der Umstände des Einzelfalles dahinstehen lassen, ob die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären ( § 20 SGB X bzw § 103 SGG ), nicht aufgehoben. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall.

23

Unabhängig von der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend zB Sächsisches LSG vom 27.8.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.6.2009 - L 7 AS 250/08; Bayerisches LSG vom 23.4.2009 - L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2010 - L 19 <20> AS 50/09 - und vom 4.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Empfehlungen 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe dienen und es sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (so bereits zu den Empfehlungen 1997: BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 7 f). Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es auch keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse auch mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn diese Zeiträume betreffen, die vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lagen (so bereits Sächsisches LSG vom 26.2.2009 - L 2 AS 152/07; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08). Wenn dann - wie vorliegend - nach dem Ergebnis der im Einzelfall durchgeführten Amtsermittlung eine Abweichung von den Empfehlungen nicht festzustellen ist (vgl zu diesem Gesichtspunkt auch BVerfG vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - juris RdNr 19), ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich.

24

cc) Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II ein Mehrbedarf zu gewähren ist, hat das LSG zu Recht davon abgesehen, den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf der Klägerin zu ermitteln. Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, ist § 21 Abs 5 SGB II jedoch kein Auffangtatbestand(Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 24).

25

dd) Die Ernährung mit einer sog "Vollkost" bei Diabetes mellitus I/II unterfällt nicht § 21 Abs 5 SGB II, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern um eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt.

26

Die Vollkost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten. Auch insoweit gilt, dass für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, § 21 Abs 5 SGB II kein Auffangtatbestand ist.

27

3. Der Sache nach ist das Begehren der Klägerin demnach darauf gerichtet, für ihren geltend gemachten individuellen Ernährungsbedarf eine höhere Regelleistung zu erstreiten. Dieses Begehren hat gleichfalls keinen Erfolg.

28

a) Im streitgegenständlichen Zeitraum besteht lediglich ein Anspruch auf eine monatliche Regelleistung in Höhe von 345 Euro. Zwar hat das BVerfG die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, ua die des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht. Vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber wurde lediglich verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 ff - juris RdNr 210 ff; BVerfG vom 18.2.2010 - 1 BvR 1523/08; BVerfG vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09; BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R). Folglich ist im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die der Klägerin im Jahre 2005 bewilligte Regelleistung in Höhe von 345 Euro für den hier streitigen Zeitraum hinzunehmen ist (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R - juris RdNr 16).

29

b) Zudem hat das BVerfG ausgeführt, die Regelleistung reiche zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums aus: "Für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro nach § 20 Abs 2 1. Halbsatz SGB II aF kann eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden, weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist. So kommt beispielsweise eine Untersuchung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu dem Ergebnis, dass die Beträge des § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung für 'Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren' sowie für 'Beherbergungsdienstleistungen, Gaststättenbesuche' die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken können (vgl seine Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3. Aufl., sub III 2 )" (RdNr 152 des Urteils vom 9.2.2010).

30

c) Eine abweichende Bedarfsermittlung kommt nicht in Betracht. Nach dem Leistungssystem des SGB II ist eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung nicht vorgesehen (vgl dazu BSG 18.6.2008 - B 14 AS 22/07 R - BSGE 101, 70 76 f = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 S 65 f). Dies gilt sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers. Bei der Ernährung handelt es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gedeckt werden soll. Es ist konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II, eine abweichende Festsetzung der Bedarfe, wie sie § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, gerade nicht vorzusehen. Folglich gestattet es das SGB II nicht, außerhalb von § 21 Abs 5 SGB II einen individuellen Ernährungsbedarf bedarfserhöhend geltend zu machen.

31

Der Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung entspricht im Übrigen auch dem Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit einer Pauschalierung der Regelleistung im SGB II verband. Die pauschalierte Regelleistung sollte gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Diese sind darauf angewiesen, mit dem in der Regelleistung pauschaliert enthaltenen Betrag ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Außerhalb der gemäß § 21 SGB II gewährten Mehrbedarfe und der gemäß § 23 Abs 3 SGB II aF - in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung - gewährten einmaligen Leistungen sind monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Das System des SGB II ist insofern abschließend (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 91 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 45).

32

In diesem vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten System der pauschalierten Regelleistung ist weder - wie von der Klägerin begehrt - eine individuelle Kaloriemetrie vorzunehmen, noch durch eine isolierte Herausnahme und Überprüfung einzelner Bedarfspositionen zu prüfen, ob eine bestimmte individuell gewünschte Ernährungsweise von einer bestimmten Bedarfsposition der Regelleistung direkt erfasst und abgebildet wird. Das BVerfG hat hierzu im Urteil vom 9.2.2010, aaO, RdNr 205 ausgeführt: "Die Gewährung einer Regelleistung als Festbetrag ist grundsätzlich zulässig. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (vgl BVerfGE 87, 234 <255 f>; 100, 59 <90>; 195 <205>). Dies gilt auch für Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Allerdings verlangt Art 1 Abs 1 GG , der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt wird. Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar. Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich ist […], kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotenzial zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten ist.“

33

Folglich ist nicht individuell zu ermitteln, ob eine bestimmte Ernährungsweise, die nicht von § 21 Abs 5 SGB II umfasst wird, sondern aus der Regelleistung zu bestreiten ist, im Einzelnen von der entsprechenden Bedarfsposition gedeckt wird. Denn es ist Sache des Hilfebedürftigen selbst, über die Verwendung des bewilligten Festbetrages im Einzelnen zu bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen.

34

4. Ansprüche auf Gewährung einer von der Regelleistung abweichenden Leistung auf der Grundlage sonstiger Anspruchsgrundlagen bestehen gleichfalls nicht.

35

a) Die Klägerin kann keinen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 73 SGB XII herleiten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich auch der 14. Senat des BSG angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zugleich muss auch der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert sein (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242, 250 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22 f; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 19 f). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil es sich bei der Ernährung mit ausgewogener Mischkost bzw sog "Vollkost" um einen typischen, innerhalb des SGB II zu befriedigenden Bedarf handelt.

36

b) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die durch eine Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (aaO) geschaffene Härtefallregelung, die der Gesetzgeber mittlerweile mWv 3.6.2010 in § 21 Abs 6 SGB II geregelt hat(Gesetz vom 27.5.2010, BGBl I 671). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (insbesondere RdNr 207) klargestellt, dass der von ihm verfassungsrechtlich abgeleitete, zusätzliche Anspruch immer dann notwendig werde, wenn ein bestimmter fortlaufender atypischer Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II nicht gedeckt werden könne. Nach den Feststellungen des LSG kann die Klägerin keinen derartigen besonderen Bedarf geltend machen.

37

5. Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen höheren Leistungsbetrag mit Rücksicht auf die fehlerhafte Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II durch das LSG. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der Ansatz des LSG hinsichtlich der hier ausnahmsweise als KdU anteilig zu berücksichtigenden Stromkosten nicht zu beanstanden ist. Das LSG hat jedoch nicht beachtet, dass lediglich Endzahlbeträge der monatlichen Leistung nach § 41 Abs 2 SGB II zu runden sind, Zwischenberechnungsschritte aber von der Rundung ausgenommen sind(vgl BSG SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 25).

38

Aus einer fehlerhaften Anwendung der Rundungsregelung folgt hier schon deshalb kein höherer Zahlbetrag, weil der Beklagte - wie bereits ausgeführt worden ist - bei der Leistungsbewilligung einen Betrag von monatlich 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung in Ansatz gebracht hatte, auf den die Klägerin keinen Anspruch hatte. Zwar folgt hieraus nicht, dass die Bescheide durch den erkennenden Senat zu Lasten der Klägerin zu ändern waren, denn einer solchen Änderung steht das Verbot der reformatio in peius entgegen (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 8; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274, 281 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 S 130). Da jedoch im Verfahren der Anspruch auf Alg II einschließlich der angemessenen KdU insgesamt streitig ist, kann die Klägerin einen höheren Zahlbetrag nur beanspruchen, wenn der Verfügungssatz der Bewilligung von Alg II sich insoweit der Höhe nach als unrichtig erweist. Insoweit ist die Höhe der Leistung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

39

Dem steht nicht entgegen, dass das BSG eine Beschränkung des Klagebegehrens auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw die Kosten für Unterkunft für zulässig erachtet hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18), denn die Klägerin hat eine Beschränkung ihres Klagebegehrens nicht vorgenommen. Eine (Teil-)Bestandskraft ist hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des zuerkannten Mehrbedarfs folglich nicht eingetreten.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005.

2

Der 1982 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H"). Bis einschließlich Januar 2005 zahlte sein Vater Unterhalt. Der Kläger erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und bewohnt mit seiner Mutter eine gemeinsame Wohnung. Bis 31.12.2004 bezog er Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII(Bescheid vom 28.4.2005 für Januar 2005, vom 4.4.2005 für Februar bis Juni 2005, vom 23.6.2005 für Juli 2005 und vom 12.7.2005 für August 2005 bis Juni 2006, alle Bescheide erlassen von der Stadt Bad Schwartau im Namen und im Auftrag des Beklagten; Widerspruchsbescheid des Beklagten nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 5.10.2005).

3

Die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, "dem Kläger seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro im Monat zu gewähren", hatte teilweise Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat den Beklagten verurteilt, "dem Kläger für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren" und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 21.1.2008). Die Berufung mit dem Antrag, "den Beklagten zu verurteilen, ihm - dem Kläger - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes/Alleinstehenden sowie unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens 100 Euro im Monat und unter Berücksichtigung der Beiträge für Sterbe-, Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Haftpflichtversicherung zu gewähren" hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 9.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Berufung sei hinsichtlich der geltend gemachten Versicherungsbeiträge schon unzulässig, weil der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt habe. Die Berufung im Übrigen sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Eckregelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er weder dem zusammen mit seiner Mutter bestehenden Haushalt vorstehe noch neben seiner Mutter einen eigenen Haushalt in der gemeinsam mit ihr bewohnten Wohnung führe. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei insoweit nicht zu folgen. Dem Kläger stehe auch kein über den bereits bewilligten Betrag von 27,50 Euro (wegen Psoriasis) hinausgehender Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung wegen der geltend gemachten Allergien zu. Den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei ein Mehrbedarf nicht zu entnehmen, sodass sein tatsächlicher Mehrbedarf konkret festzustellen sei. Ein Mehrbedarf wegen der Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie sei im Alter des Klägers unwahrscheinlich; letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Die pauschale Bescheinigung des Hausarztes sei zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet. Der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien.

4

Mit seiner Revision macht der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats eine Verletzung der §§ 42 Satz 1, 28 SGB XII iVm der Regelsatzverordnung (RSV) sowie einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) geltend. Wegen der nach Art 3 GG gebotenen Gleichbehandlung könne eine den reduzierten Eckregelsatz begründende Haushaltsersparnis nur dann angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII bildeten. Daneben rügt der Kläger Verfahrensfehler sowie einen Verstoß gegen § 33 SGB XII. Zu Unrecht habe das LSG hinsichtlich der Versicherungsbeiträge die Berufung als unzulässig angesehen. Mangels Beschränkung des Streitgegenstandes hätte das LSG über die geltend gemachten Versicherungsbeiträge materiell entscheiden müssen. Übernahmefähig seien jedenfalls die Beiträge für die Sterbegeldversicherung nach § 33 SGB XII. Soweit es den ernährungsbedingten Mehrbedarf betreffe, rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 42 Satz 1 Nr 3, 30 Abs 5 SGB XII. Der ernährungsbedingte Mehraufwand lasse sich betragsmäßig nicht verallgemeinern. Zu diesem Schluss komme zwar auch das LSG; es habe dann aber die ihm obliegende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, weil es kein Sachverständigengutachten zu der von ihm angezweifelten Kuhmilchallergie des damals anwaltlich nicht vertretenen Klägers eingeholt habe, das einen Mehrbedarf von zumindest 100 Euro bestätigt hätte.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Bescheide vom 4.4.2005, 28.4.2005 und 23.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Entgegen der Auffassung des LSG war die Berufung insgesamt zulässig. Ob der Kläger in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG zu Grund und Höhe der Leistungen - auch des ernährungsbedingten Mehraufwands - sowie zur Zuständigkeit des Beklagten nicht abschließend entschieden werden, auch wenn ihm entgegen den Ausführungen des LSG im streitbefangenen Zeitraum der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und für Alleinstehende in Höhe von 100 vH (Eckregelsatz) an Stelle des Regelsatzes für Haushaltsangehörige in Höhe von 80 vH des Eckregelsatzes zusteht.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Bescheide vom 4.4.2005, vom 28.4.2005 und vom 23.6.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.10.2005 (§ 95 SGG), soweit (höhere) Leistungen für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 abgelehnt worden sind. Der Bescheid vom 28.4.2005 betrifft die Grundsicherungsleistung für den Monat Januar 2005, der Bescheid vom 4.4.2005 die Grundsicherungsleistung für die Zeit vom Februar 2005 bis 30.6.2005. Insoweit ersetzen diese Bescheide durch jeweils höhere Leistungsbewilligungen als zuvor den Bescheid vom 23.12.2004, mit dem ursprünglich die Leistung für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 bewilligt worden war, aber auch die Bescheide vom 10.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Januar 2005) und vom 3.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Februar 2005), die sich damit erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -). So wird in den Bescheiden vom 4.4.2005 und vom 28.4.2005 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bescheide "alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII" aufheben, "soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen". Der Bescheid vom 4.4.2005 nennt zwar nur die Leistung für den Monat Februar 2005 in Höhe von 602,92 Euro; Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist aber der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Danach regelt der Bescheid die Leistung nicht nur für den Monat Februar 2005, sondern für die Zeit bis zum Ende des ursprünglich durch den Bescheid vom 23.12.2004 vorgesehenen Bewilligungszeitraums bis 30.6.2005. Dies zeigt schon die Bezeichnung als "Bescheid über die Änderung von laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung", die, ginge es nur um den vergangenen Monat Februar 2005, nicht nachvollziehbar wäre. Auch der Änderungsgrund, nämlich "Anerkennung des Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung ab dem 1.2.2005" zeigt, dass nicht nur der Monat Februar 2005, sondern die gesamte Zeit ab 1.2.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts gemeint ist. Gleiches gilt auch für die Anlage zum Bescheid, die die Bedarfsberechnung "ab dem Monat 02/05" mitteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 23.6.2005, der Leistungen für den Monat Juli 2005 regelt. Dieser ist nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden(vgl dazu Urteil des Senats vom 14.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr 10). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hingegen nicht der Bescheid vom 12.7.2005, der die Leistungen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 30.6.2006 regelt. Zwar war auch dieser Bescheid nach der Rechtsprechung des Senats (aaO) Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG und nicht - wie das LSG meint - mangels Widerspruch bestandskräftig geworden. Mit seiner Revision hat der Kläger aber den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.7.2005 begrenzt.

11

Entgegen der Auffassung des LSG hat der Kläger den Streitgegenstand nicht auf Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt. Wenn er in der ersten Instanz beantragt hat, den Beklagten zu höheren Leistungen zu verurteilen, "insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro", so ist hierin nicht eine Beschränkung des Streitgegenstandes zu sehen, sondern nur eine - entbehrliche - Beschreibung des von ihm für einschlägig erachteten Leistungsgrundes (vgl dazu BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R). Erst recht wird dies vorliegend durch das Wort "insbesondere" deutlich, das der Annahme einer abschließenden Aufzählung (oder Begrenzung) des Begehrens entgegensteht. Auch haben die Beteiligten einzelne Teile des Anspruchs gerade nicht durch Teilvergleich oder -anerkenntnis geregelt (vgl dazu: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 14). Mangels entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes ist damit die vom LSG gezogene Schlussfolgerung, die Berufung sei hinsichtlich der Versicherungsbeiträge unzulässig, falsch.

12

Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Richtiger Beklagter ist der Landrat des Kreises Ostholstein als beteiligtenfähige Behörde iS von § 70 Nr 3 SGG. Danach sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt (Behördenprinzip). Eine entsprechende Bestimmung enthält § 5 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 2.11.1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt 144, in der Bekanntmachung vom 4.8.1965, GVBl 53, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 14.3.2011 - GVBl 72). Behörde in diesem Sinne ist der Landrat (vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 f = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSGE 100, 131 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Hieran ändert auch nichts, dass die Leistungsbescheide von der Stadt Bad Schwartau erlassen wurden, die nach der Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe vom 15.1.2003 tätig geworden ist; denn die Heranziehung durch die genannte Satzung erfolgt nicht in einem auftragsähnlichen Verhältnis zum Handeln in eigenem Namen (zu dieser Voraussetzung: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f), sondern nach § 1 der Heranziehungssatzung wurde diese vielmehr "beauftragt" und wurde erkennbar "im Namen des Kreises Ostholstein" und damit für dessen beteiligtenfähige Behörde, den Landrat, tätig.

13

Bei der Entscheidung, ob dem Kläger höhere Leistungen zustehen, sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen (vgl dazu BSGE 99, 262 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 82 Nr 3) gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben) in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 zu prüfen. Danach können Personen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1) oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann(Nr 2), auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhalten. Der Anspruch besteht nur, sofern der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann (§ 19 Abs 2 Satz 1 SGB XII).

14

Der Senat vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Kreis Ostholstein der hier örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe ist (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) vom 15.12.2005 (GVBl 568) iVm § 97 SGB XII ist der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zuständig; örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 1 AG-SGB XII die Kreise und kreisfreien Städte. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei gemäß § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten, zu dem jegliche Feststellungen des LSG fehlen. Diese wird es ggf nachzuholen haben, zumal - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - der Kläger Mitte 2004 seinen Hauptwohnsitz in Hamburg genommen hat und seine Mutter angibt, man halte sich (nur) "in den Ferien und am Wochenende in Bad Schwartau auf".

15

Unberücksichtigt bleiben kann allerdings, wenn der Beklagte der zuständige Leistungsträger ist, dass die Heranziehungssatzung vom 15.1.2003 naturgemäß keine Regelungen über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu den Aufgaben nach dem noch nicht existierenden SGB XII treffen konnte. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers sollte die Rechtsgrundlage für den Erlass der Satzung (§ 4 Abs 3 Nr 1 GSiG iVm § 2 des Gesetzes zur Ausführung des GSiG vom 30.11.2002 - GVBl 239) nämlich zunächst nicht entfallen. Dies zeigt schon Art 15 Haushaltsstrukturgesetz (vom 15.12.2005 - GVBl 568), mit dem das AG-GSiG aufgehoben wurde. Die Aufhebung erfolgte nach Art 17 Haushaltsstrukturgesetz nicht rückwirkend zum 1.1.2005 oder zumindest mit dem Tag nach der Veröffentlichung, sondern erst zum 1.1.2007. Dementsprechend ist die abweichend (vgl § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -) von § 88 Abs 1 Satz 2 SGB X auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 4 AG-SGB XII vom 15.12.2005 (GVBl 568) zulässigerweise ergangene Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 13.12.2006 erst am 1.1.2007 in Kraft getreten ist (§ 6 der Heranziehungssatzung vom 13.12.2006) und die alte Satzung behielt bis zu diesem Zeitpunkt ihre gesetzliche Grundlage. Die Satzung vom 15.1.2003 erfasst nach ihrem Sinn und Zweck dann unabhängig von der Bezeichnung des Gesetzes alle Aufgaben im Zusammenhang mit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - also auch die nach §§ 41 ff SGB XII für die Zeit ab dem 1.1.2005. Welche rechtlichen Konsequenzen eine Beauftragung ohne gesetzliche Ermächtigung hätte, kann deshalb dahinstehen. Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).

16

Das LSG hat auch zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs keine Feststellungen getroffen; diese wird es nachholen müssen. In der Sache geht es dem Kläger um insgesamt höhere Leistungen (siehe oben). Insoweit hat das LSG jedenfalls zu Unrecht den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen bei der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt. Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305) und ggf dem auf diesen Bedarf anzurechnenden Einkommen (§§ 82 ff SGB XII idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch), hier den an den Kläger erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen (vgl dazu BSGE 99, 137 ff RdNr 23 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11).

17

Der maßgebliche Regelsatz beträgt 345 Euro, nicht aber - wovon der Beklagte zu Unrecht ausgeht - 276 Euro. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1 Satz 2 der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(idF vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand Anspruch auf 100 % des Regelsatzes; dieser betrug nach § 1 der Schleswig-Holsteinischen Regelsatzverordnung nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.12.2004 (GVBl 505) bzw (für Juli 2005) nach § 1 der Landesverordnung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.8.2005 (GVBl 331) 345 Euro; der Regelsatz für den Haushaltsvorstand gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV). Die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige betragen nach § 3 Abs 2 RSV bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vH (Nr 1) und nach Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2).

18

Der Kläger ist kein Haushaltsangehöriger im Sinne der RSV. Die abgestufte Regelsatzhöhe beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242). Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw GSiG abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet(BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; BSGE 106, 62 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Gutzler in juris Praxiskommentar SGB XII , § 28 SGB XII RdNr 42), dass seit dem 1.1.2005 mit dem Systemwechsel durch das Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden(anders für das bis zum 31.12.2004 geltende Recht des BSHG BSGE 104, 207 ff RdNr 18 f = SozR 4-3530 § 6 Nr 1).

19

Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig. Er lebte deshalb nicht in einer eine Bedarfs- oder Einsatzgemeinschaft rechtfertigenden Beziehung zu seiner Mutter. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(in der hier maßgebenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) gehören nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger im streitigen Zeitraum - in Bedarfsgemeinschaften einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688 S 13). Betroffen ist hier ein Zeitraum vor der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II. Die Regelung gilt nicht rückwirkend, was nicht zuletzt § 68 Abs 1 SGB II belegt, wonach § 7 SGB II in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung sogar weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 1.7.2006 beginnen (Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 15/08 R - RdNr 15).

20

Ebenso wenig lebt der Kläger mit seiner Mutter in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, sodass dem Kläger - unterstellt, er hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 durchgängig statt 276 Euro (80 % des Eckregelsatzes für Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahres an) nominal 345 Euro zustehen (vgl auch BSGE 106, 62 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).

21

Die vom LSG hiergegen erhobene Kritik, die sich insbesondere auf die Regelungen der RSV stützt, verkennt die Tragweite von Art 3 GG. Es kann insbesondere nicht eingewandt werden, der Gesetzgeber habe auch die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 SGB II auf erwerbsfähige Hilfebedürftige ab dem 25. Lebensjahr zu erweitern. Bis zu einer etwaigen Änderung ist eine verfassungsrechtlich gebotene Harmonisierung nur möglich, indem der Kläger als Alleinstehender im Sinne der RSV zu behandeln ist, nicht aber, indem die RSV die Auslegung des SGB II diktiert. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010, wonach der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst zu verankern ist (BVerfGE 125, 175 ff, 223 und 256; vgl auch Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 40 SGB XII RdNr 18). Ob für die Zeit ab 1.1.2011 im Hinblick auf die Regelungen des Regelbedarfsermittlungsgesetzes vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine andere Wertung vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

22

Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nicht erkennbar, dass sich aus der Gewährung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Sinne einer Besserstellung gegenüber Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II ergäbe. Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass eine Mutter und ihr in Haushaltsgemeinschaft lebendes erwachsenes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, insgesamt nur 180 % des Regelsatzes bzw der Regelleistung erhielten, so bezieht sich das nur auf die seit dem 1.7.2006 geltende Rechtslage (Gesetz vom 24.3.2006 - BGBl I 558), die ab diesem Zeitpunkt ggf auf das SGB XII zu übertragen wäre. Ebenso falsch ist die Auffassung des LSG, dass die Mutter, wenn sie Leistungsbezieherin nach dem SGB II wäre, nur 80 % des Eckregelsatzes beanspruchen könnte. Die Auffassung des LSG schließlich, es gebe keinen sachlichen Grund für einen höheren Leistungsanspruch des Klägers im Verhältnis zu einem in Bedarfsgemeinschaft oder in gemischter Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehepaares, weil hier wie da von einer Haushaltsersparnis auszugehen sei, verkennt die gesetzgeberische Entscheidung zu den Personenbeziehungen, bei denen im Falle eines Zusammenlebens von Einsparungen auszugehen ist. Der Senat hat nicht die sozialpolitische Sinnhaftigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung zu bewerten und ggf eine Korrektur vorzunehmen.

23

Soweit es die Versicherungsbeiträge betrifft, wird das LSG jedenfalls für den Monat Januar, in dem der Kläger Unterhaltsleistungen bezogen hat, zu prüfen haben, inwieweit die Beiträge als mögliche Abzüge vom Einkommen gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (vgl § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII; dazu BSGE 104, 207 ff RdNr 20 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). Für die Zeit ab Februar 2005 ist - sieht man von der Sterbegeldversicherung ab - mangels Einkommens des Klägers eine "Berücksichtigung" der Versicherungsbeiträge im Sinne einer Übernahme durch den Beklagten nicht möglich. Soweit Versicherungsbeiträge Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts und die Beiträge angemessen sind, werden sie im Übrigen in der Regel pauschal durch den Regelsatz abgegolten. Etwas anderes gilt nach § 33 Abs 2 SGB XII allerdings für ein angemessenes Sterbegeld. Nach § 33 SGB XII(idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) können die erforderlichen Kosten übernommen werden, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf ein angemessenes Sterbegeld zu erfüllen. Zwar umfasste die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 SGB XII(in den hier maßgebenden Fassungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bzw ab 30.3.2005 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005) bis 31.12.2008 nicht Leistungen nach § 33 SGB XII(erst mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2008, 2933 - wurden mit Wirkung vom 1.1.2009 die Vorsorgebeiträge entsprechend § 33 SGB XII in den Katalog des § 42 Satz 1 SGB XII aufgenommen). Die Übernahme der Kosten für ein angemessenes Sterbegeld scheidet deswegen aber nicht aus. Soweit § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII einen Vorrang der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt, gilt dies nur, soweit §§ 41 ff SGB XII Leistungen auch tatsächlich vorsehen; einen Ausschluss von Leistungen des Dritten Kapitels regelt § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff). Ob die Voraussetzungen des § 33 SGB XII vorliegen, wird das LSG deshalb ggf prüfen müssen.

24

Das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben. Nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6). Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28). Das LSG hat zu der behaupteten Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie lediglich ausgeführt, diese seien im Alter des Klägers unwahrscheinlich, Letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, woher das LSG ausreichende Sachkunde über Therapiemöglichkeiten von Allergien besitzt, ist es für einen ernährungsbedingten Mehraufwand nicht entscheidend, ob ein bestimmtes Nahrungsmittel bei der Ernährung weggelassen werden kann; dies ist bei einer Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel selbstverständlich. Entscheidend ist vielmehr, ob und durch welche Nahrungsmittel es ersetzt werden muss und ob hierdurch Mehrkosten entstehen. Wenn - wovon das LSG zu Recht ausgeht - insoweit eine pauschale Bescheinigung des Hausarztes zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet ist, hätte es sich aufgedrängt, weitere Ermittlungen zu einem etwaigen Mehrbedarf anzustellen und dabei nicht die einzelne Allergie isoliert betrachten. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen. Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.

25

Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob - unterstellt, der Kläger hat einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII - aus anderen Gründen eine höhere Leistung zu erbringen ist und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Januar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Freiburg zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1.10.2010 bis 31.3.2011 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung wegen einer Laktoseintoleranz.

2

Bei der 1998 geborenen Klägerin, die mit ihrer 1970 geborenen Mutter in einer Wohnung lebt und wie diese Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezieht, besteht eine Laktoseintoleranz. Am 27.12.2010 beantragte sie unter Vorlage eines ärztlichen Attests beim beklagten Jobcenter die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung. Sie dürfe wegen der Laktoseintoleranz Milch und Milchprodukte nicht bzw nur in sehr kleinen Mengen zu sich nehmen und sei auf laktosefreie Diätnahrung angewiesen, die teurer sei als normale Milchprodukte. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die angegebene Krankheit keinen nach § 21 Abs 5 SGB II unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts darstelle und nicht im Katalog der Mehrbedarfe für eine kostenaufwändige Ernährung enthalten sei. Bei einer Laktoseintoleranz seien laktosehaltige Nahrungsmittel zu meiden oder zu reduzieren, wodurch keine gravierend höheren Kosten entstünden (Bescheid vom 7.1.2011; Widerspruchsbescheid vom 2.3.2011).

3

Hiergegen haben die Klägerin und ihre Mutter Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben und geltend gemacht, die Laktoseintoleranz führe zu höheren Kosten für Ernährung und damit zu einem Anspruch auf die Gewährung ernährungsbedingten Mehrbedarfs; das SG Bremen beziffere diesen Bedarf auf 53 Euro. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.1.2012). Die Klage der Mutter sei unzulässig, weil diese durch die Ablehnung nicht beschwert sei. Die Klage der Klägerin sei unbegründet. Sie leide zwar nachgewiesenermaßen an einer Laktoseintoleranz, diese Krankheit bringe jedoch keinen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung mit sich. Der Milchzuckerunverträglichkeit könne durch die Vermeidung von laktosehaltiger Kost begegnet werden. Alle anderen Grundnahrungsmittel könnten konsumiert werden. Als Orientierungshilfe für einen etwaigen Mehrbedarf seien die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 heranzuziehen. Dort werde ein Mehrbedarf für Erkrankungen, die keiner spezifischen Diät, sondern sogenannter Vollkost bedürften, verneint. Etwas anderes gelte nur für die aufgeführten verzehrenden Erkrankungen. Damit sei die Laktoseunverträglichkeit nicht vergleichbar, es handele sich um eine weit verbreitete Lebensmittelunverträglichkeit, bei der lediglich auf ausreichende Zufuhr von Kalzium durch andere Lebensmittel geachtet werden müsse. Im Übrigen böten wegen der weiten Verbreitung der Erkrankung auch viele Discounter zu günstigen Preisen laktosefreie Milchprodukte an. Die Klägerin habe keine Besonderheiten, insbesondere auch keine von den Empfehlungen abweichende Bedarfe substanziiert geltend gemacht, weshalb von weiteren Ermittlungen vorliegend abgesehen werden könne. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Klägerin minderjährig sei, denn die Regelsätze für Kinder und Jugendliche seien bei der Neuberechnung der Regelsätze auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 neu ermittelt und kinderspezifische Bedarfe berücksichtigt worden. Damit sei für den vorliegend einschlägigen Zeitraum auch für Kinder und Jugendliche eine verlässliche Bezugsgröße vorhanden.

4

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision macht nur noch die Klägerin eine Verletzung von § 21 Abs 5 SGB II geltend. Das SG habe die Klage aufgrund unzutreffender tatsächlicher Annahmen abgewiesen. Es handele sich hier ausnahmsweise um Tatsachen, die der Beurteilung des Revisionsgerichts unterlägen. Die unzutreffenden tatbestandlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts hinsichtlich der Frage, ob die Ernährung mit laktosefreier Kost kostenaufwändiger sei als laktosehaltige Nahrung, beruhe zwar auf verfahrensfehlerhafter Ermittlung, die vorliegend nicht gerügt werden könne. Allerdings seien die Mehrkosten am Nahrungsmittelmarkt keine individuelle Tatsache, sondern eine Rechtstatsache, die für die Auslegung, dh die Bestimmung des Inhalts des § 21 Abs 5 SGB II benötigt werde, weshalb die unzutreffenden Feststellungen des SG in Bezug auf die Kosten laktosefreier Ernährung der revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht entzogen seien.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Januar 2012 und den Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. März 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011 höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen medizinisch erforderlicher kostenaufwändiger Ernährung zu gewähren.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das Urteil des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Sprungrevision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des SG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz > ) begründet. Soweit die Klägerin die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.10.2010 bis 31.3.2011 geltend macht, kann auf Grundlage der Feststellungen des SG nicht abschließend entschieden werden, ob ihr ein weitergehender Anspruch zusteht.

9

1. Streitgegenstand im Revisionsverfahren ist noch das Begehren der Klägerin, für die Zeit vom 1.10.2010 bis zum 31.3.2011 höheres Sozialgeld zu erhalten. Ihre Mutter hat die von ihr ursprünglich eingelegte Revision zurückgenommen. Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung, auf den sie ihr Begehren in der Sache stützt, kann entgegen der Auffassung des SG nicht in zulässiger Weise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens bestimmt werden. Zudem kann eine ablehnende Entscheidung hinsichtlich eines bestimmten Bedarfs wegen der in § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II vorgeschriebenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen grundsätzlich keine Bindungswirkung für zukünftige Bewilligungsabschnitte entfalten(vgl nur BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 14 f mwN). Dem hat die Klägerin Rechnung getragen und im Revisionsverfahren höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen besonders kostenaufwändiger Ernährung allein noch für den Zeitraum vom 1.10.2010 bis 31.3.2011 beantragt. Offen bleiben kann, ob auch unter Neufassung der §§ 19 bis 22 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz) vom 24.3.2011 (BGBl I 453) zum 1.1.2011 die Höhe von Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung weiterhin in prozessual zulässiger Weise getrennt von der Höhe der Leistungen für Regelbedarfe und Mehrbedarfe geltend gemacht werden kann; für eine solche Einschränkung gibt der Vortrag der Klägerin keinen Anhalt.

10

Gegenstand des Verfahrens sind neben dem Bescheid vom 7.1.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.3.2011 auch die Bewilligungsbescheide, die für die Klägerin die Höhe des Sozialgelds im streitigen Bewilligungszeitraum regeln. Neben dem Bescheid, der zum 1.10.2010 ergangen ist, ist auch ein ggf mit Inkrafttreten des RBEG zum 1.1.2011 ergangener Änderungsbescheid für die Zeit vom 1.1.2011 bis zum 31.3.2011 Gegenstand des Verfahrens geworden. Das SG wird diese Bescheide, die bislang nicht aktenkundig sind, in seine Prüfung einzubeziehen haben. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Klägerin den Mehrbedarf zwar erst am 27.12.2010 beim Beklagten geltend gemacht hat, sich aus ihrem weitergehenden Vortrag aber ergibt, dass dieser aus ihrer Sicht seit Oktober 2010 bestanden hat. Da ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht nur auf gesonderten Antrag hin gewährt wird (vgl nur Urteil des Senats vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN),ist vom SG zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Geltendmachung des Bedarfs bereits bestandskräftig gewordene Bescheide unter dem Blickwinkel der §§ 44, 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch zu ändern sind.

11

2. Die Revision ist auch im Übrigen zulässig. Mit ihrer Rüge, das SG sei fehlerhaft zu dem Schluss gekommen, bei einer Laktoseintoleranz handele es sich nicht um eine Erkrankung, die einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung auslösen könne, macht die Klägerin nicht nur einen Verfahrensmangel geltend. Sie behauptet damit zwar auch, das SG habe den Sachverhalt im Einzelfall, nämlich bezogen auf die Auswirkungen der Erkrankung bei ihr, nicht zutreffend ermittelt (§ 103 SGG; zur Verpflichtung zur Amtsermittlung im Hinblick auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 5 SGB II vgl BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 14 RdNr 17). Mit einer solchen Rüge ist sie im Fall der Sprungrevision ausgeschlossen (vgl § 161 Abs 4 SGG). Sie hat aber ausreichend iS des § 164 Abs 2 SGG dargelegt, dass sich die Feststellungen des SG zu den ernährungsbedingten Einschränkungen wegen einer Laktoseintoleranz nicht auf den Einzelfall beschränkten, sondern vom Gericht (unzutreffend) als generelle Tatsachen (Rechtstatsachen) aufgrund des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes bei der Anwendung von § 21 Abs 5 SGB II unterstellt worden seien. Verstöße gegen das Prozessrecht (hier die unzureichende Aufklärung des Sachverhalts nach § 103 SGG), die sich nur als prozessuale Konsequenz aus der fehlerhaften Anwendung des materiellen Rechts ergeben, bleiben auch mit der Sprungrevision rügbar(Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 161 RdNr 10b; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 344). Ob die dabei von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zum ernährungsbedingten Mehrbedarf wegen Laktoseintoleranz angesichts der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu anderen Erkrankungen (dazu sogleich) noch grundsätzliche Bedeutung haben, kann dahin stehen, denn der Senat ist an die Zulassung der Sprungrevision durch das SG gebunden.

12

3. Nach § 21 Abs 5 SGB II erhalten Leistungsberechtigte, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Voraussetzung für den Rechtsanspruch auf einen Mehrbedarf ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine besondere Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher ("aufwändiger") sind als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (vgl BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10 RdNr 21; BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 16; BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 14 RdNr 15, jeweils mwN). Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder einer drohenden Erkrankung oder Behinderung und der Notwendigkeit einer besonderen Ernährung vorliegen und diese besondere "Krankenkost" muss gegenüber der in der Bevölkerung üblichen, im Regelbedarf zum Ausdruck kommenden Ernährung kostenaufwändiger sein.

13

a) Die bei der Klägerin festgestellte Laktoseintoleranz (vgl ICD-10-GM E73) stellt eine gesundheitliche Beeinträchtigung iS des § 21 Abs 5 SGB II, nämlich eine Krankheit im Sinne eines regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustands dar. Unerheblich für den Begriff der gesundheitlichen Störung ist die Frage, wie verbreitet dieser krankhafte Zustand in der Bevölkerung ist, solange es sich um einen für sich genommen regelwidrigen Zustand handelt. Die von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angesprochene weite Verbreitung der Laktoseintoleranz (insbesondere in asiatischen Ländern) kann allenfalls Anlass für die Prüfung geben, ob und in welchen Fällen durch die gesundheitliche Beeinträchtigung und das damit medizinisch begründete besondere Ernährungsbedürfnis auch höhere Kosten anfallen.

14

b) Ob die bei der Klägerin bestehende Laktoseintoleranz ein besonderes, medizinisch begründetes Ernährungsbedürfnis mit sich bringt, lässt sich auf Grundlage der Feststellungen des SG nicht beurteilen. Die Annahme des SG, eine Laktoseintoleranz begründe von vornherein keinen Mehrbedarf, weil lediglich bestimmte Nahrungsmittel vermieden und durch andere, vom Regelbedarf abgedeckte Grundnahrungsmittel ersetzt werden müssten, vermengt die bereits dargestellten Prüfungsschritte in unzutreffender Weise mit einander; insoweit hat das SG die Maßstäbe des § 21 Abs 5 SGB II verkannt.

15

Wie die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate bereits entschieden haben, haben die Gerichte einen streitig gebliebenen krankheitsbedingten Mehrbedarf im Einzelfall aufzuklären (so bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 und BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R; vgl zur Laktoseintoleranz auch BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R - Juris RdNr 24). Dazu ist zunächst zu überprüfen, welches besondere Ernährungsbedürfnis medizinisch, dh durch die Erkrankung, begründet ist. Insbesondere wenn ein besonderes Ernährungsbedürfnis abhängig von der Schwere der Erkrankung ausgelöst wird, sind die Erfordernisse an die besondere Ernährung im jeweiligen Einzelfall zu überprüfen. Erst wenn feststeht, welches medizinisch begründete Ernährungsbedürfnis im Einzelfall besteht, kommt es darauf an, ob hierdurch auch höhere Kosten entstehen (dazu unter c). Die erforderlichen Prüfungsschritte wird das SG nach Zurückverweisung ausgehend von dem vorgelegten Attest nachzuholen haben.

16

Bei der Prüfung eines besonderen, medizinisch begründeten Ernährungsbedürfnisses lässt nicht schon die fehlende Auflistung der entsprechenden Erkrankung in den Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 ( Mehrbedarfsempfehlungen 2008) den Schluss zu, dass es sich nicht um eine Erkrankung handelt, die einen Mehrbedarf auslösen kann. Der Senat schließt sich der Auffassung des 4. Senats an, wonach die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 weder nach ihrer Konzeption noch nach ihrer Entstehungsgeschichte die Anforderungen an antizipierte Sachverständigengutachten erfüllen, die von den Gerichten in normähnlicher Weise angewandt werden könnten (vgl BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 14). Wenn weit verbreitete Erkrankungen wie die Laktoseintoleranz in den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 nicht genannt sind, kann dieser Umstand damit nur eine Orientierungshilfe sein, die den Umfang der Ermittlungen im Einzelfall steuert.

17

c) Auch wegen der Kosten, die aus einem besonderen, medizinisch begründeten Ernährungsbedürfnis entstehen, stellt § 21 Abs 5 SGB II erkennbar auf die Umstände des Einzelfalles ab. Dies lässt sich schon daraus ersehen, dass - abweichend von den in § 21 Abs 1 bis 4 SGB II genannten Fallgruppen eines Mehrbedarfs - keine Pauschalen für die entstehenden Bedarfe normiert sind. Im Anwendungsbereich des § 21 Abs 5 SGB II sind deshalb Fälle kaum denkbar, in denen sich für eine bestimmte Erkrankung, die - wie die Laktoseintoleranz - Einfluss auf die Ernährung haben, ein besonderer Kostenaufwand abschließend als generelle Tatsache (Rechtstatsache) mit Gültigkeit für jeden Einzelfall verneinen lässt(vgl bereits BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10). Ohnehin lassen die Ausführungen des SG, eine Laktoseintoleranz sei in allen denkbaren Fällen ohne höheren Kostenaufwand zu kompensieren, in keiner Weise erkennen, worauf es diese Schlussfolgerung stützt. Für das von ihm genannte Gutachten eines "Prof. Dr. H." lässt sich eine Quelle nicht finden; auch im Übrigen lassen sich die von dem SG getroffenen Schlüsse nicht auf allgemeinkundige Tatsachen zurückführen. Zwar ist denkbar, dass mit zunehmendem Alter eines Kindes sich Nahrungsmittel, die Milchzucker enthalten, besser vermeiden lassen. Je weiter außerdem eine Erkrankung, die eine besondere Ernährung erfordert, verbreitet ist, umso mehr wird dies das Ernährungsverhalten der gesamten Bevölkerung beeinflussen. Dies mag zu günstigeren Preisen für Ersatz- oder Ergänzungsnahrungsmittel (wie etwa die vom SG genannten laktosefreien Milchprodukte) führen und - sofern ein bestimmtes Ernährungsverhalten allgemein üblich wird - ggf auch die Höhe des Regelbedarfs mitbestimmen. Ob der Klägerin im Einzelfall nicht gleichwohl ein Mehrbedarf zusteht, lässt sich aber allein mit solchen Annahmen nicht ausschließen.

18

Das SG wird außerdem über die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom beklagten Jobcenter höheres Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 aufgrund eines geltend gemachten Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

2

Die im Jahr 1955 geborene, alleinlebende Klägerin bezieht seit dem 1.1.2005 Alg II. Nachdem ihr Hausarzt das Vorliegen einer Eisenmangelanämie bescheinigt hatte, bewilligte ihr der Beklagte bis zum 31.3.2009 einen monatlichen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 30,68 Euro, im anschließenden Bewilligungsabschnitt jedoch nicht mehr. Für die Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II in Höhe von monatlich 359 Euro Regelleistung und 564,80 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung, lehnte aber einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung ab, weil sie aufgrund der Eisenmangelanämie Vollkost benötige, die nach neueren medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen und unter Berücksichtigung der neuen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 (kurz: Mehrbedarfsempfehlungen 2008 ) nur eine ausgewogene Ernährung erfordere, die aus dem Ernährungsanteil in der Regelleistung finanziert werden könne (Bescheid vom 22.9.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009).

3

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Mainz (SG) hat dieses verschiedene ärztliche Unterlagen sowie ein ärztliches Gutachten von Dr. S, nach dem bei der Klägerin insbesondere eine Sprue, die eine glutenfreie Kost erfordere, sowie eine Eisenmangelanämie vorliegen, beigezogen. Das SG hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 72,00 Euro monatlich zu gewähren, und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.12.2011). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt ab- sowie die Anschlussberufung der Klägerin, mit der sie einen höheren Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung begehrt hatte, zurückgewiesen (Urteil vom 26.6.2012). Ein Mehrbedarfsanspruch wegen kostenaufwändiger Ernährung bestehe trotz der Erkrankungen an Zöliakie/Sprue und Eisenmangelanämie nicht, obwohl die Zöliakie/Sprue durch das Gutachten von Dr. S vom 10.9.2010 und den Befundbericht von Dr. K vom 30.5.2010 eindeutig belegt sei. Wegen der Zöliakie/Sprue bestehe schon deshalb kein Anspruch, weil sie der Klägerin während des streitgegenständlichen Zeitraums nicht bekannt gewesen sei und eine durch sie veranlasste besondere und kostenaufwändige Ernährung nicht stattgefunden habe. Die rückwirkende Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II komme nicht in Betracht. Eine krankheitsangemessene besondere Ernährung könne nicht für die Vergangenheit nachgeholt werden. Der Umstand, dass die Klägerin wegen ihrer gesundheitlichen Leiden auf ihre Ernährung geachtet und höherpreisige Lebensmittel konsumiert habe, begründe keinen Mehrbedarf. Die Ernährungsweise der Klägerin sei in der strittigen Zeit nicht auf ihre Erkrankung abgestimmt gewesen, weil zu dieser Zeit noch keine zutreffende Krankheitsdiagnose vorgelegen habe und die Besserung der Symptome erst eingetreten sei, als sie, ernährungsmedizinisch geschult, später zu speziell glutenfreier Kost übergegangen sei. Wegen der Eisenmangelanämie, an der die Klägerin leide und bereits im streitgegenständlichen Zeitraum gelitten habe, habe keine Notwendigkeit einer besonderen, kostenaufwändigen Ernährung bestanden.

4

Mit ihrer Revision macht die Klägerin die Verletzung von § 21 Abs 5 SGB II geltend. Ein Mehrbedarfsanspruch bestehe auch dann, wenn der Leistungsberechtigte zwar keine Kenntnis von der konkreten Krankheit habe, sich aber aufgrund krankheitsbedingter Beschwerden kostenaufwändiger ernähre und erst später eine Krankheit diagnostiziert werde, deren Heilung bzw Linderung der damit einhergehenden Beschwerden eine kostenaufwändige Ernährung erfordere. Der Wortlaut der Norm setze keine subjektive Kenntnis des Leistungsberechtigten von der den Mehrbedarf auslösenden Erkrankung im Zeitpunkt der Antragstellung voraus. Es sei allein sein objektiver Gesundheitszustand maßgeblich und daher auch die erst nach Antragstellung erkannte Krankheit anspruchsauslösend. Die Argumentation des LSG, dass die krankheitsbedingte Ernährung nicht nachgeholt werden könne, gehe fehl, da bei ihr - der Klägerin - ernährungsbedingte Kosten aufgelaufen seien. Sie habe nicht nur eine Vollwert-Diät-Kost eingehalten, sondern sich auch eiweißhaltig, eisen- und vitaminreich ernährt und aufgrund der andauernden Beschwerden verschiedenste kostenaufwändige Diäten eingehalten. Da der Regelsatz an der untersten Schwelle des Existenzminimums angesiedelt sei und demzufolge jegliche Mehrbelastung der Leistungsberechtigten zu einer Unterschreitung des Existenzminimums führe, müsse auch eine fälschlicherweise, aber nachvollziehbar angenommene Belastung ausgeglichen werden. Die Kausalität zwischen der Zöliakie/Sprue und der eingehaltenen kostenaufwändigen Ernährung habe vorgelegen, da diese Erkrankung letztlich für ihre Beschwerden im streitigen Bewilligungszeitraum verantwortlich gewesen sei. Die Unsicherheit, aufgrund welcher Erkrankung letztlich ein ernährungsbedingter Mehrbedarf vorliege, könne nicht zu Lasten des Leistungsberechtigten gehen. Bei Vorlage eines ärztlichen Attestes, in dem eine bestimmte Erkrankung genannt werde, die nicht in den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 enthalten ist, sei der Leistungsträger zur weiteren Amtsermittlung durch individuelle Begutachtung sowohl bezüglich der Erkrankung als auch des durch sie ausgelösten Ernährungsbedarfs und dessen Kosten verpflichtet.

5

Die Klägerin beantragt,
 das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Juni 2012 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 16. Dezember 2011 zurückzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,
 die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin gegen das Urteil des LSG ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat zu Recht auf die Berufung des beklagten Jobcenters das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt abgewiesen, denn die Klägerin hat für den strittigen Zeitraum keinen Anspruch auf höheres Alg II wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II.

8

Prozessrechtliche Hindernisse stehen einer Entscheidung nicht entgegen. Die Klägerin hat zu Recht eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 22.9.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2009 erhoben, weil der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Mehrbedarf nach §§ 19, 21 Abs 5 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Modernisierung des Arbeitsmarktes vom 24.12.2003, BGBl I 2954, zuletzt geändert durch Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2.3.2009, BGBl I 416; im Folgenden SGB II aF) kein eigenständiger Streitgegenstand im Rahmen der Bewilligung von Alg II ist (stRspr: BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 50/07 R - BSGE 102, 290-295 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 12; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 54/08 R - BSGE 104, 48-57 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, RdNr 11; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15 RdNr 9; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - RdNr 11 f).

9

1. Rechtsgrundlagen für den von der Klägerin geltend gemachten und vom LSG verneinten Anspruch auf höheres Alg II aufgrund eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sind § 19 Satz 1, §§ 7, 21 Abs 5 SGB II aF. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

10

Zwar erfüllte die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 die Grundvoraussetzungen nach § 7 SGB II, um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, auch hatte sie rechtzeitig einen Fortzahlungsantrag auf Alg II gemäß § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II aF gestellt, jedoch sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II aF für einen Anspruch auf Mehrbedarf nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG nicht gegeben, wie sich aus dem Zusammenhang des Mehrbedarfs mit dem Regelbedarf(dazu 2.) und den Voraussetzungen des Mehrbedarfs im Einzelnen (dazu 3.) ergibt.

11

Nach § 21 Abs 5 SGB II aF erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Die seit dem 1.1.2011 geltende Neufassung des § 21 Abs 5 SGB II, nach der bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt wird, beinhaltet, wie sich aus dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung ergibt, keine inhaltliche Änderung, sondern nur eine redaktionelle Anpassung(BT-Drucks 17/3404 S 97).

12

2. Die Konkretisierung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II muss im Zusammenhang mit § 20 SGB II erfolgen, der den Regelbedarf, früher Regelleistung, in Form einer pauschalierten Leistung vorsieht. Denn § 20 SGB II umfasst die für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums wesentlichen und üblichen Bedarfslagen und Bedürfnisse des täglichen Lebens, wie sich aus der nicht abschließenden Aufzählung in seinem Abs 1 - "insbesondere" Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, einen Teil der Haushaltsenergie sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens - ergibt. Grundlage für die Ermittlung der regelbedarfsrelevanten Anteile der einzelnen Bedarfsabteilungen und damit der Höhe des Regelbedarfs insgesamt sind die statistisch ermittelten Ausgaben und das Verbrauchsverhalten von Haushalten in unteren Einkommensgruppen auf der Datengrundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Die typisierend anerkannten Bedarfe gelten mit den in den Absätzen 2 bis 3 (aF) bzw bis 4 (nF) vorgesehenen Pauschalen als befriedigt (vgl § 3 Abs 3 Halbs 2 SGB II). Die Typisierung von existenzsichernden Bedarfen sowie deren Deckung durch einen pauschalen Festbetrag ist vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als verfassungskonform bestätigt worden (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 41 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175, RdNr 205).

13

Der notwendige Bedarf für Ernährung ist als ein Teil dieses Regelbedarfs typisierend zuerkannt worden, wobei von der Deckung der laufenden Kosten eines typischen Leistungsberechtigten im Rahmen eines soziokulturellen Existenzminimums für eine ausreichende ausgewogene Ernährung im Sinne einer ausreichenden Zufuhr von Proteinen, Fetten, Kohlehydraten, Mineralstoffen und Vitaminen ausgegangen wurde (vgl Saitzek in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 20 RdNr 44; Busse in MEDSACH 2009, 142, 142; Adolph in Adolph/Linhart, SGB II/SGB XII, Stand 8/2013, § 21 RdNr 56). Damit gilt im Ergebnis eine Vollkosternährung als vom Regelbedarf gedeckt, weil es sich hierbei um eine ausgewogene Ernährungsweise handelt, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt (vgl Mehrbedarfsempfehlungen 2008, S 19, auf die das BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 31 BvL 3/09, 1 BvL 41 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 RdNr 152 verweist; BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 25, 26; Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 2014, § 21 SGB II RdNr 34; von Boetticher/Münder in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 21 RdNr 24).

14

Nach dem Ziel der Pauschalierung soll der Leistungsberechtigte über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen eigenverantwortlich entscheiden (vgl § 20 Abs 1 S 4 SGB II nF sowie zur alten Rechtslage bereits § 1 Abs 2 S 1 SGB II aF)und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen, was ihm auch zumutbar ist (vgl BVerfG, aaO). Zudem ist es dem Leistungsberechtigten zumutbar, in unregelmäßigen Abständen entstehende Bedarfe - zB für Bekleidung, langlebige Gebrauchsgüter usw - vom Regelbedarf zu decken (vgl hierzu nun ausdrücklich § 20 Abs 1 S 4 SGB II nF) und dies bei seinem individuellen Verbrauchsverhalten, zB durch Ansparungen, zu berücksichtigen.

15

Da § 20 SGB II keine im Einzelfall abweichende Bedarfsermittlung und -festsetzung zulässt, soll nach § 21 SGB II für bestimmte, laufende, aufgrund besonderer Lebensumstände bestehende Bedarfe, die nicht (ggf ausreichend) vom Regelbedarf abgedeckt sind, Zugang zu zusätzlichen Leistungen eröffnet werden(§ 21 Abs 1 SGB II; BT-Drucks 15/1516 S 57). Als einer dieser Mehrbedarfe soll der wegen kostenaufwändiger Ernährung aus medizinischen Gründen nach § 21 Abs 5 SGB II helfen, im Hinblick auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums eine Ernährung zu finanzieren, mit der der Verlauf einer (bestehenden) gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Abmilderung von deren Folgen, Verhinderung oder Hinauszögern einer Verschlechterung oder deren (drohenden) Eintretens beeinflusst werden kann(vgl BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 20; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 52).

16

3. Unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs setzt der Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 5 SGB II zunächst eine erwerbsfähige, hilfebedürftige - heute eine leistungsberechtigte - Person voraus(vgl für Sozialgeldbezieher § 28 SGB II aF bzw § 19 Abs 1 Satz 2, 3, § 23 SGB II nF), was nach dem oben Gesagten vorliegend erfüllt ist. Weitere Voraussetzungen sind medizinische Gründe, womit gesundheitliche Beeinträchtigungen gemeint sind (dazu a), eine kostenaufwändige Ernährung (dazu b), ein Ursachenzusammenhang zwischen den medizinischen Gründen und der kostenaufwändigen Ernährung (dazu c), ohne dass es auf deren Einhaltung ankommt (dazu d); hinzu kommt die Kenntnis der betreffenden Person von diesem medizinisch bedingten besonderen Ernährungsbedürfnis, die im Unterschied zu den zuvor genannten anderen Voraussetzungen hier fehlte (dazu e) (vgl zu den ersten Voraussetzungen: BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 17 bis 20; Behrend in jurisPK-SGB II, Online-Ausgabe, § 21 RdNr 55, Stand Einzelkommentierung 11/2013; von Boetticher/Münder in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 21 RdNr 24; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 52; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 5/2011, K § 21 RdNr 60; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, Stand 11/2009, § 21 RdNr 34; Busse, MEDSACH 2009, 142).

17

a) Die Voraussetzung "medizinische Gründe" lag vor, weil die bei der Klägerin nach den bindenden Feststellungen des LSG im streitgegenständlichen Zeitraum bestehende Eisenmangelanämie eine Krankheit ist und damit eine gesundheitliche Beeinträchtigung iS des § 21 Abs 5 SGB II gegeben war. Hinsichtlich der Zöliakie/Sprue hat das LSG keine klaren Feststellungen getroffen, ist aber davon ausgegangen, dass diese Erkrankung zwar unerkannt war, aber "anscheinend tatsächlich" bei der Klägerin im streitigen Zeitraum vorhanden war. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Aufklärung dieser Frage scheidet aus, weil die Entscheidung des LSG sich im Hinblick auf die Verneinung der Voraussetzung "Kenntnis" als zutreffend erweist (vgl § 170 Abs 1 Satz 2 SGG). Für die Prüfung der weiteren Voraussetzungen ist aber zugunsten der Klägerin vom objektiven Vorliegen auch dieser Erkrankung im strittigen Zeitraum auszugehen.

18

b) Eine glutenfreie Ernährung - als hier in Betracht kommende, besondere Kostform - ist, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, eine kostenaufwändige Ernährung iS des § 21 Abs 5 SGB II, für eine Vollkosternährung gilt dies aber nicht(siehe oben 2.).

19

Ausgehend von der Konkretisierung des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in Relation zum Regelbedarf ist kostenaufwändiger iS des § 21 Abs 5 SGB II eine Ernährung, die von dem im Regelbedarf umfassten typisierten Bedarf abweicht und von diesem nicht gedeckt ist(so im Ergebnis auch BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10; BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12). Da die Vollkosternährung vom Regelbedarf gedeckt ist, besteht eine kostenaufwändige Ernährung iS des § 21 Abs 5 SGB II grundsätzlich nur bei einer besonderen, von der Vollkost abweichenden Ernährung(sform). Dass eine glutenfreie Kost eine solche kostenaufwändige Ernährung ist, folgt aus den Mehrbedarfsempfehlungen 2008. Bei diesen handelt es sich zwar nicht um ein antizipiertes Sachverständigengutachten, das normähnlich angewandt werden kann, sie können jedoch als Orientierungshilfe herangezogen werden, von der fachlich begründet abgewichen werden darf (vgl ausführlich BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 14 RdNr 18 ff; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15 RdNr 16; von Boetticher/Münder in Münder-LPK, SGB II, 5. Aufl 2013, § 21 RdNr 25; Herold-Tews in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl 2011, § 21 RdNr 30; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 57). Anhaltspunkte für eine Abweichung sind vorliegend nicht zu erkennen.

20

Eine andere in Betracht kommende kostenaufwändigere Ernährung der Klägerin als eine glutenfreie hat das LSG nicht festgestellt. Es hat lediglich ausgeführt, dass die Klägerin wegen gesundheitlicher Leiden auf ihre Ernährung geachtet und höherpreisige Lebensmittel konsumiert habe. Dies beinhaltet jedoch nicht die Feststellung einer besonderen, von der Vollkosternährung abweichenden Ernährung. Aufklärungsrügen wurden von der Klägerin im Revisionsverfahren nicht erhoben. Aus dem Vorbringen der Revision, der Beklagte habe seine Amtsermittlungspflichten verletzt, folgt nichts anderes, weil es nicht Aufgabe des Jobcenters ist, der leistungsberechtigten Person Kenntnis von ihrem konkreten Ernährungsbedarf zu verschaffen.

21

c) Der Ursachenzusammenhang zwischen einer Zöliakie/Sprue und einer glutenfreien Ernährung ergibt sich aus den Feststellungen des LSG, die ihrerseits auf den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 beruhen.

22

Diese aus dem Wortlaut der Norm ("aus ... Gründen") folgende und in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1516 S 57) bestätigte Voraussetzung des Ursachenzusammenhangs ist - wie auch sonst im Sozialrecht - nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilen (vgl zB BSG Urteil vom 9.5.2012 - B 5 R 68/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 18; BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 14/06 R - SozR 4-4100 § 128 Nr 6; zusammenfassend BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 17 ff) und muss zwischen einem medizinischen Grund und der besonderen, kostenaufwändigen Ernährung bestehen (BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 16; Behrend in jurisPK-SGB II, Online-Ausgabe, § 21 RdNr 64.1, Stand Einzelkommentierung 11/2013; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, Stand 11/2009, § 21 RdNr 34).

23

d) Die tatsächliche Einhaltung einer solchen Ernährung oder ggf der Nachweis tatsächlicher Mehraufwendungen seitens des Anspruchstellers ist keine Anspruchsvoraussetzung. Auch wenn § 21 Abs 5 SGB II anders als die übrigen in den Absätzen 2 bis 4 und 7 geregelten typisierten Mehrbedarfe keine prozentual am Regelbedarf orientierte pauschalierte Höhe des Mehrbedarfs vorsieht(so auch Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 2014, § 21 SGB II RdNr 29; Gerenkamp in Mergler/Zink, SGB II, Band 2, Stand April 2013, § 21 RdNr 6; O. Loose in Hohm-GK-SGB II, Stand 7/2012, § 21 RdNr 3), hat der Gesetzgeber das Erfordernis eines zweckentsprechenden Einsatzes der konkreten Leistung in § 21 SGB II nicht normiert, obwohl ihm die Möglichkeit einer solchen Regelung bekannt war(vgl § 29 Abs 4 SGB II nF, § 24a S 4 SGB II aF).

24

Vielmehr sind die bislang geprüften Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bereits beim Vorliegen der objektiven Bedarfslage erfüllt, zumal das Jobcenter im Entscheidungszeitpunkt vor oder bei Beginn des Bewilligungsabschnittes allein die objektive Bedarfslage beurteilen kann und nicht auch die Frage, ob tatsächlich - in dem in der Zukunft liegenden Bewilligungsabschnitt - eine kostenaufwändige Ernährung durchgeführt werden wird. Bei einer Entscheidung über einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum kann nichts anderes gelten, wenn die mit der Antragstellung begehrte Leistung rechtswidrigerweise abgelehnt wurde, der Leistungsberechtigte innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt und sich im Rechtsbehelfsverfahren der Mehrbedarf bestätigt hat, er mithin bis dahin bereits wegen fehlender Geldmittel nicht gedeckt werden konnte. Zwar kann bei einer durch das Gericht nach Ablauf des streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitts und damit den Leistungsträger nachträglich verpflichtenden Gewährung des Mehrbedarfs dessen Zweck nicht mehr erreicht werden, da die besondere Ernährung für diesen Zeitraum nicht mehr nachholbar und damit auch die Einflussnahme auf die gesundheitliche Beeinträchtigung nicht mehr möglich ist (vgl LSG Hamburg Urteil vom 27.6.2013 - L 4 AS 287/10 - Juris RdNr 23; Hessisches LSG Urteil vom 21.3.2013 - L 6 AS 665/10 - Juris RdNr 30). In diesen Fällen ist aber dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Grundgesetz) Vorrang zu geben, da andernfalls der Sozialleistungsträger durch unberechtigtes Bestreiten des Anspruchs den Beginn der Leistung oder gar den ab Antragstellung entstandenen Anspruch vereiteln könnte und so die Einklagbarkeit abgelehnter Leistungen nicht effektiv wäre (vgl bereits BVerwG Urteil vom 14.9.1972 - V C 62.72, V B 35.72 - BVerwGE 40, 343; BVerwG Urteil vom 30.4.1992 - 5 C 12/87 - BVerwGE 90, 154). Die Entscheidung des 8. Senats des BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R (BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17) steht hierzu nicht im Widerspruch, weil diese im Kontext der Anwendbarkeit von § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch im Sozialhilferecht zu sehen ist.

25

e) Der Anspruch der Klägerin scheitert daran, dass sie nach den unangegriffenen und für den Senat bindenden Feststellungen des LSG im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31.3.2010 keine Kenntnis von ihrem Bedarf an glutenfreier und damit kostenaufwändiger Ernährung hatte.

26

Zwar ist dem Wortlaut des § 21 Abs 5 SGB II nicht ausdrücklich die Kenntnis der betreffenden Person von ihrem objektiv bestehenden und medizinisch begründeten besonderen Ernährungsbedarf zu entnehmen, diese weitere Voraussetzung folgt jedoch aus dem subjektive Elemente beinhaltenden Wort "bedürfen", der Zusammenschau mit den anderen Mehrbedarfen und den Sonderbedarfen sowie dem Sinn und Zweck des ernährungsbedingten Mehrbedarfs.

27

Wie sich aus dem Wortlaut des § 21 Abs 5 SGB II ergibt, muss die betreffende Person der kostenaufwändigen Ernährung "bedürfen". Dieses Tatbestandsmerkmal knüpft zunächst an eine objektive Bedarfslage an, die sich aus einer wertenden Berücksichtigung des aktuellen Stands der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklung zur Sicherung des physischen Existenzminimums ergibt und daran orientiert, was hiernach als notwendig betrachtet wird, wie etwa das Ersetzen von allergenhaltigen durch allergenfreie Nahrungsmittel oder der ersatzlose Verzicht auf allergenhaltige Nahrungsmittel. Diese Wertungen fließen in der Bundesrepublik Deutschland aktuell etwa in die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge zusammen mit Ernährungsmedizinern erarbeiteten Mehrbedarfsempfehlungen 2008 ein, nach denen bei einer Zöliakie/Sprue eine glutenfreie, spezielle Kost notwendig ist. Darüber hinaus enthält der Begriff des "Bedürfens" auch ein subjektives Element, das auf die Handlungsnotwendigkeiten des jeweiligen Anspruchstellers verweist.

28

Für die Mehrbedarfe nach § 21 Abs 2 bis 4 SGB II und § 21 Abs 6 und 7 SGB II nF hingegen ist allein die objektive Bedarfslage anspruchsauslösend, da lediglich an den objektiven Umstand der Schwangerschaft(Abs 2), des Zusammenlebens mit und die Alleinerziehung von minderjährigen Kindern (Abs 3), der Erbringung bestimmter Leistungen für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte (Abs 4), des im Einzelfall unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfes (Abs 6) und der Warmwassererzeugung durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen (Abs 7) als Tatbestandsvoraussetzung angeknüpft wird. Gleiches gilt für die Sonderbedarfe in Form der Einmalleistungen nach § 23 Abs 3 SGB II aF(Erstausstattungen und mehrtägige Klassenfahrten) bzw § 24 Abs 3 SGB II nF(Erstausstattungen und Anschaffung/Reparatur orthopädischer Schuhe, Reparatur/Miete von therapeutischen Geräten, Reparatur von therapeutischen Ausrüstungen) und die Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II nF. Hiervon grenzt sich § 21 Abs 5 SGB II ab, in dem er nicht allein auf den "Bedarf" für kostenaufwändige Ernährung abstellt, sondern auch darauf, dass die betreffenden Personen dieser Ernährung "bedürfen", womit auf ein subjektives Element abgestellt wird.

29

Im Gegensatz zu Leistungsberechtigten mit den zuvor genannten objektiv bestehenden Bedarfslagen muss der gesundheitlich beeinträchtigten Person der objektiv bestehende besondere, jedenfalls von der ausgewogenen Ernährung in Form der Vollkost und damit vom Regelbedarf abweichende Ernährungsbedarf bekannt sein. Ohne Kenntnis des Zusammenhangs zwischen den gesundheitlichen Einschränkungen und einer bestimmten Ernährungsempfehlung, also der bedarfsauslösenden Umstände, besteht kein "Bedürfnis" der Person, eine besondere Kostform einzuhalten und hierfür höhere Beträge als im Regelbedarf eingepreist aufzuwenden, weil sie um die Handlungsnotwendigkeiten nicht weiß, der zu folgen der Mehrbedarf ermöglichen soll. Dies erfordert kein Wissen des Leistungsberechtigten um die genaue medizinische Ursache im Sinne einer zutreffenden Diagnose, wohl aber um die aus medizinischen Gründen einzuhaltende besondere - zB glutenfreie - Ernährung. Der Sinn und Zweck des Mehrbedarfsanspruchs würde leer laufen, wenn dem Leistungsberechtigten trotz fehlender Kenntnis seines objektiv bestehenden besonderen medizinisch begründeten Ernährungsbedarfs die Mehrbedarfsleistung gewährt würde, weil die bezweckte Möglichkeit, auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch eine besondere Ernährung Einfluss zu nehmen und damit den objektiven Bedarf zu decken, bei fehlender Kenntnis nicht umgesetzt werden kann.

30

Dass der Klägerin in der strittigen Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 nicht bekannt war, dass sie an Zöliakie/Sprue litt, hat das LSG ausführlich begründet unter Hinweis auf die eingeholten ärztlichen Unterlagen, einschließlich des Gutachtens von Dr. S vom 10.9.2010, sowie die mündliche Anhörung der Klägerin vor dem Senat. Von Seiten der Klägerin wurden insofern keine Rügen erhoben.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist alleinstehend und bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung, die durch zwei Gas-Einzelöfen und einen Heizlüfter im Bad beheizt wird. Im Oktober 2004 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Alg II und legte dabei eine Bescheinigung ihrer Hausärztin vor, wonach bei ihr aufgrund eines Diabetes mellitus Typ I Krankenkost (Diabeteskost) erforderlich sei.

3

Mit Bescheid vom 13.11.2004 bewilligte der Beklagte Alg II von Januar bis Mai 2005 in Höhe von 794,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 777,16 Euro, wobei er neben einem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 134 Euro einen monatlichen Mehrbedarf von 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ I berücksichtigte. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gering sei und ihr einschließlich Praxisgebühr und Zuzahlung monatliche Kosten in Höhe von mindestens 50 Euro entstünden. Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2005 bewilligte der Beklagte daraufhin für die Zeit von Januar bis Mai 2005 monatlich 795,23 Euro und für Juni 2005 775,18 Euro. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies er als unbegründet zurück.

4

Am 1.3.2005 erhob die Klägerin Klage zum SG und begründete ihre Klage insbesondere damit, dass eine Anpassung des seit 1997 nicht erhöhten Mehrbedarfsbetrages zu erfolgen habe, die Regelleistung in Höhe von 345 Euro zu gering sei und zusätzliche Stromkosten von monatlich 11 Euro zu berücksichtigen seien, weil sie ihr Bad mit einem Heizlüfter beheize. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 4.3.2005, 7.9.2005 und 15.11.2005 zuletzt Leistungen für Januar und Februar in Höhe von monatlich 806,33 Euro, für März 689,26 Euro, für April 810,33 Euro, für Mai 802,82 Euro und für Juni 2005 782,72 Euro bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beklagte am 29.6.2006 ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, der Klägerin über die mit Bescheid vom 15.11.2005 zuerkannten Leistungen hinaus für März 2005 Leistungen in Höhe von 795,23 Euro (gemäß dem Widerspruchsbescheid), für Mai 2005 in Höhe von 807,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 784,46 Euro (gemäß dem Bescheid vom 4.3.2005) zu bewilligen. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen. Mit Urteil vom 29.6.2006 hat das SG die darüber hinausgehende Klage abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 15.12.2006 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie einen Bedarf habe, der in der Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Insofern werde auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen, wonach ein Mehrbetrag für kostenaufwändige Ernährung nach dem Krankheitsbild der Klägerin nicht gerechtfertigt sei und die Kosten für Arztbesuche und Zuzahlungen im Regelbetrag enthalten seien.

6

Auf die Revision der Klägerin hat das BSG mit Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - das Urteil des LSG vom 15.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, da es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehle, insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für eine kostenaufwändige Krankenernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II.

7

Das LSG hat hierauf die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Außerdem hat das LSG ein gerichtliches Sachverständigengutachten bei dem Internisten Dr. S. eingeholt. Mit Urteil vom 23.10.2009 hat das LSG der Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zugesprochen. Insoweit sei bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) ein Anteil an den Stromkosten, der für eine angemessene Beheizung des Bades mittels des vorhandenen Heizlüfters erforderlich sei, ergänzend zu berücksichtigen. Der konkrete Stromverbrauch des Heizlüfters zur Beheizung des Bades - etwa über einen getrennten Zähler - werde nicht erfasst. Die vom SG berücksichtigte Betriebsdauer des Heizlüfters von einer halben Stunde täglich sei sehr knapp bemessen, weshalb zu Gunsten der Klägerin im Rahmen der Schätzung eine volle Stunde zugrunde gelegt werde. Insgesamt belaufe sich die der Klägerin zustehende Nachzahlung für Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 60,69 Euro. Im Übrigen hat das LSG die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibe es jedoch bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro monatlich. Eine Verrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung komme nicht in Betracht.

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 21 Abs 5 SGB II. Das Tatbestandsmerkmal "medizinische Gründe" in § 21 Abs 5 SGB II umfasse auch nicht krankheitsbedingte und in der körperlichen Verfassung eines Menschen liegende Umstände, die ärztlich festgestellt werden könnten. Vorliegend bestehe ein erhöhter Grundumsatz bzw ein erhöhter Kalorienverbrauch, der zu einer finanziellen Mehrbelastung führe, welche die bereits monatlich gewährten 25,56 Euro deutlich übersteige. Weder der Wortlaut der Norm noch die Gesetzesbegründung würden die Beschränkung auf Gesundheitsschäden hergeben. Ausgehend von ihren Angaben, wonach sie bereits seit ihrer Kindheit habe sehr viel essen müssen, hätte das LSG eine individuelle Kaloriemetrie zur Ermittlung ihres erhöhten Grundbedarfs durchführen müssen. Der Hinweis des LSG auf die Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gehe fehl, da ein pauschaler Regelleistungsbetrag nur den durchschnittlichen Bedarf decke. Die vorliegend erforderliche Vollkost lasse sich nicht aus dem Regelsatz finanzieren. Auch hierzu fehle es an Feststellungen des LSG. Es liege eine Verletzung des § 170 Abs 5 SGG vor, da das LSG insoweit entgegen der Rechtsprechung des BSG die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 herangezogen und hieraus abgeleitet habe, dass Vollkost aus dem Regelsatz finanzierbar sei. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfs, der nicht von den Leistungen nach § 20 SGB II erfasst werde, jedoch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken sei. Schließlich sei der vom LSG errechnete Betrag für die Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen fehlerhafter Anwendung der Rundungsregel des § 41 Abs 2 SGB II um 1 Euro zu niedrig.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 13. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005, dieser in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 4. März 2005, 7. September 2005 und 15. November 2005 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

12

1. Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 nach den Feststellungen des LSG leistungsberechtigt als erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Damit hat sie Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II, idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954).

13

2. Die Klägerin hat weder wegen eines erhöhten Kalorienbedarfs noch aufgrund einer etwaigen Ernährung mit sog "Vollkost" einen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

14

a) Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten nach § 21 Abs 5 SGB II einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dieser ergänzt die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 21 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er umfasst Bedarfe, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind (§ 21 Abs 1 SGB II).

15

Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Die Gewährung des Mehrbedarfs allein kann damit nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

16

b) Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Es muss also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

17

aa) Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 21 Abs 5 SGB II bewusst an den Rechtszustand des § 23 Abs 4 BSHG angeknüpft. Danach war für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur war ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs (Hofmann in: LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Unter der Geltung des BSHG wurde die kostenaufwändige Ernährung gemäß § 23 Abs 4 BSHG deshalb auch als "Krankenkostzulage" bezeichnet(vgl Knopp/Fichtner, BSHG, 5. Aufl 1983, § 23 RdNr 22; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl 1997, § 23 RdNr 30; Schoch, Sozialhilfe, 3. Aufl 2001, S 167; Hofmann in LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; Linhart, BSHG § 23 RdNr 14 - Stand 39. EL, Juli 2004).

18

Wie in der früheren Sozialhilfe, dem Referenzsystem für das SGB II (BT-Drucks 15/1514 S 1), wollte der Gesetzgeber auch im Rahmen des Alg II einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung vorsehen. In der Gesetzesbegründung ist unter Bezugnahme auf den Rechtszustand des BSHG zum Tatbestandsmerkmal "aus medizinischen Gründen" ausgeführt worden: "Wie in der Sozialhilfe ist auch im Rahmen des Arbeitslosengeldes II ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung vorgesehen. Hierbei ist eine Präzisierung dahin gehend vorgenommen worden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen ist. Zur Angemessenheit des Mehrbedarfs können die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden." (BT-Drucks 15/1516, S 57).

19

Auch die vergleichende Betrachtung der Vorschriften des § 21 Abs 5 SGB II und des § 30 Abs 5 des SGB XII bestätigt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung erforderlich ist. Die Definition des Kreises der Anspruchsberechtigten ist in § 21 Abs 5 SGB II zwar anders formuliert als in § 30 Abs 5 SGB XII, der dem früheren § 23 Abs 4 BSHG nachgebildet ist. Gemäß § 30 Abs 5 SGB XII in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Hingegen sind auch anspruchsberechtigt erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer aufwendigen Ernährung bedürfen. Wie aufgezeigt, sollte nach der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs 5 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) mit der Formulierung klargestellt werden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen sei.

20

Folglich hat der Gesetzgeber inhaltliche Unterschiede zwischen § 21 Abs 5 SGB II und § 30 Abs 5 SGB XII nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Leistungen ist es in beiden Fällen, durch die krankheitsbedingte besondere Ernährung drohende oder bestehende Gesundheitsschäden abzuwenden oder zu verhindern (Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 49 f; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II § 21 RdNr 32, 34; Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25; Simon in: jurisPK-SGB XII, § 30 RdNr 92; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Anspruchsvoraussetzung bei § 21 Abs 5 SGB II ist daher immer das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung. Dementsprechend hat auch das BSG bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bislang stets von "Krankenernährung" oder "krankheitsbedingtem Mehrbedarf" gesprochen(BSG vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R) und ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nur vorliegen, wenn eine oder mehrere Erkrankungen eine kostenaufwändige Ernährung bedingen (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; vgl auch BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

21

bb) Der von der Klägerin behauptete erhöhte Kalorienbedarf ist nach den Feststellungen des LSG nicht auf eine Krankheit, also auf einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, zurückzuführen. Nach diesen Feststellungen liegen bei der Klägerin zwar verschiedene Krankheiten, insbesondere ein Diabetes mellitus Typ I vor; diese verursachen jedoch weder einen erhöhten Kalorienbedarf noch einen anderen Ernährungsmehrbedarf iS des § 21 Abs 5 SGB II. Das LSG hat den Sachverhalt vollständig und ausreichend ermittelt, indem es sachverständige Zeugenauskünfte sowie ein internistisches ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt hat, um sich die erforderliche Sachkunde zu verschaffen. Damit hat das LSG von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben, Gebrauch gemacht (vgl BSG vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO). Ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt nicht vor.

22

Nach den Feststellungen, die das LSG nach ausreichenden Ermittlungen des Sachverhalts getroffen hat, liegen keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Krankenkost vor. Das LSG konnte nach der vorgenommenen eigenständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Prüfung der Umstände des Einzelfalles dahinstehen lassen, ob die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären ( § 20 SGB X bzw § 103 SGG ), nicht aufgehoben. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall.

23

Unabhängig von der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend zB Sächsisches LSG vom 27.8.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.6.2009 - L 7 AS 250/08; Bayerisches LSG vom 23.4.2009 - L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2010 - L 19 <20> AS 50/09 - und vom 4.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Empfehlungen 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe dienen und es sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (so bereits zu den Empfehlungen 1997: BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 7 f). Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es auch keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse auch mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn diese Zeiträume betreffen, die vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lagen (so bereits Sächsisches LSG vom 26.2.2009 - L 2 AS 152/07; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08). Wenn dann - wie vorliegend - nach dem Ergebnis der im Einzelfall durchgeführten Amtsermittlung eine Abweichung von den Empfehlungen nicht festzustellen ist (vgl zu diesem Gesichtspunkt auch BVerfG vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - juris RdNr 19), ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich.

24

cc) Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II ein Mehrbedarf zu gewähren ist, hat das LSG zu Recht davon abgesehen, den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf der Klägerin zu ermitteln. Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, ist § 21 Abs 5 SGB II jedoch kein Auffangtatbestand(Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 24).

25

dd) Die Ernährung mit einer sog "Vollkost" bei Diabetes mellitus I/II unterfällt nicht § 21 Abs 5 SGB II, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern um eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt.

26

Die Vollkost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten. Auch insoweit gilt, dass für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, § 21 Abs 5 SGB II kein Auffangtatbestand ist.

27

3. Der Sache nach ist das Begehren der Klägerin demnach darauf gerichtet, für ihren geltend gemachten individuellen Ernährungsbedarf eine höhere Regelleistung zu erstreiten. Dieses Begehren hat gleichfalls keinen Erfolg.

28

a) Im streitgegenständlichen Zeitraum besteht lediglich ein Anspruch auf eine monatliche Regelleistung in Höhe von 345 Euro. Zwar hat das BVerfG die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, ua die des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht. Vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber wurde lediglich verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 ff - juris RdNr 210 ff; BVerfG vom 18.2.2010 - 1 BvR 1523/08; BVerfG vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09; BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R). Folglich ist im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die der Klägerin im Jahre 2005 bewilligte Regelleistung in Höhe von 345 Euro für den hier streitigen Zeitraum hinzunehmen ist (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R - juris RdNr 16).

29

b) Zudem hat das BVerfG ausgeführt, die Regelleistung reiche zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums aus: "Für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro nach § 20 Abs 2 1. Halbsatz SGB II aF kann eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden, weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist. So kommt beispielsweise eine Untersuchung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu dem Ergebnis, dass die Beträge des § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung für 'Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren' sowie für 'Beherbergungsdienstleistungen, Gaststättenbesuche' die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken können (vgl seine Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3. Aufl., sub III 2 )" (RdNr 152 des Urteils vom 9.2.2010).

30

c) Eine abweichende Bedarfsermittlung kommt nicht in Betracht. Nach dem Leistungssystem des SGB II ist eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung nicht vorgesehen (vgl dazu BSG 18.6.2008 - B 14 AS 22/07 R - BSGE 101, 70 76 f = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 S 65 f). Dies gilt sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers. Bei der Ernährung handelt es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gedeckt werden soll. Es ist konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II, eine abweichende Festsetzung der Bedarfe, wie sie § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, gerade nicht vorzusehen. Folglich gestattet es das SGB II nicht, außerhalb von § 21 Abs 5 SGB II einen individuellen Ernährungsbedarf bedarfserhöhend geltend zu machen.

31

Der Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung entspricht im Übrigen auch dem Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit einer Pauschalierung der Regelleistung im SGB II verband. Die pauschalierte Regelleistung sollte gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Diese sind darauf angewiesen, mit dem in der Regelleistung pauschaliert enthaltenen Betrag ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Außerhalb der gemäß § 21 SGB II gewährten Mehrbedarfe und der gemäß § 23 Abs 3 SGB II aF - in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung - gewährten einmaligen Leistungen sind monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Das System des SGB II ist insofern abschließend (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 91 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 45).

32

In diesem vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten System der pauschalierten Regelleistung ist weder - wie von der Klägerin begehrt - eine individuelle Kaloriemetrie vorzunehmen, noch durch eine isolierte Herausnahme und Überprüfung einzelner Bedarfspositionen zu prüfen, ob eine bestimmte individuell gewünschte Ernährungsweise von einer bestimmten Bedarfsposition der Regelleistung direkt erfasst und abgebildet wird. Das BVerfG hat hierzu im Urteil vom 9.2.2010, aaO, RdNr 205 ausgeführt: "Die Gewährung einer Regelleistung als Festbetrag ist grundsätzlich zulässig. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (vgl BVerfGE 87, 234 <255 f>; 100, 59 <90>; 195 <205>). Dies gilt auch für Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Allerdings verlangt Art 1 Abs 1 GG , der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt wird. Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar. Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich ist […], kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotenzial zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten ist.“

33

Folglich ist nicht individuell zu ermitteln, ob eine bestimmte Ernährungsweise, die nicht von § 21 Abs 5 SGB II umfasst wird, sondern aus der Regelleistung zu bestreiten ist, im Einzelnen von der entsprechenden Bedarfsposition gedeckt wird. Denn es ist Sache des Hilfebedürftigen selbst, über die Verwendung des bewilligten Festbetrages im Einzelnen zu bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen.

34

4. Ansprüche auf Gewährung einer von der Regelleistung abweichenden Leistung auf der Grundlage sonstiger Anspruchsgrundlagen bestehen gleichfalls nicht.

35

a) Die Klägerin kann keinen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 73 SGB XII herleiten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich auch der 14. Senat des BSG angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zugleich muss auch der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert sein (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242, 250 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22 f; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 19 f). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil es sich bei der Ernährung mit ausgewogener Mischkost bzw sog "Vollkost" um einen typischen, innerhalb des SGB II zu befriedigenden Bedarf handelt.

36

b) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die durch eine Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (aaO) geschaffene Härtefallregelung, die der Gesetzgeber mittlerweile mWv 3.6.2010 in § 21 Abs 6 SGB II geregelt hat(Gesetz vom 27.5.2010, BGBl I 671). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (insbesondere RdNr 207) klargestellt, dass der von ihm verfassungsrechtlich abgeleitete, zusätzliche Anspruch immer dann notwendig werde, wenn ein bestimmter fortlaufender atypischer Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II nicht gedeckt werden könne. Nach den Feststellungen des LSG kann die Klägerin keinen derartigen besonderen Bedarf geltend machen.

37

5. Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen höheren Leistungsbetrag mit Rücksicht auf die fehlerhafte Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II durch das LSG. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der Ansatz des LSG hinsichtlich der hier ausnahmsweise als KdU anteilig zu berücksichtigenden Stromkosten nicht zu beanstanden ist. Das LSG hat jedoch nicht beachtet, dass lediglich Endzahlbeträge der monatlichen Leistung nach § 41 Abs 2 SGB II zu runden sind, Zwischenberechnungsschritte aber von der Rundung ausgenommen sind(vgl BSG SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 25).

38

Aus einer fehlerhaften Anwendung der Rundungsregelung folgt hier schon deshalb kein höherer Zahlbetrag, weil der Beklagte - wie bereits ausgeführt worden ist - bei der Leistungsbewilligung einen Betrag von monatlich 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung in Ansatz gebracht hatte, auf den die Klägerin keinen Anspruch hatte. Zwar folgt hieraus nicht, dass die Bescheide durch den erkennenden Senat zu Lasten der Klägerin zu ändern waren, denn einer solchen Änderung steht das Verbot der reformatio in peius entgegen (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 8; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274, 281 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 S 130). Da jedoch im Verfahren der Anspruch auf Alg II einschließlich der angemessenen KdU insgesamt streitig ist, kann die Klägerin einen höheren Zahlbetrag nur beanspruchen, wenn der Verfügungssatz der Bewilligung von Alg II sich insoweit der Höhe nach als unrichtig erweist. Insoweit ist die Höhe der Leistung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

39

Dem steht nicht entgegen, dass das BSG eine Beschränkung des Klagebegehrens auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw die Kosten für Unterkunft für zulässig erachtet hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18), denn die Klägerin hat eine Beschränkung ihres Klagebegehrens nicht vorgenommen. Eine (Teil-)Bestandskraft ist hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des zuerkannten Mehrbedarfs folglich nicht eingetreten.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005.

2

Der 1982 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H"). Bis einschließlich Januar 2005 zahlte sein Vater Unterhalt. Der Kläger erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und bewohnt mit seiner Mutter eine gemeinsame Wohnung. Bis 31.12.2004 bezog er Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII(Bescheid vom 28.4.2005 für Januar 2005, vom 4.4.2005 für Februar bis Juni 2005, vom 23.6.2005 für Juli 2005 und vom 12.7.2005 für August 2005 bis Juni 2006, alle Bescheide erlassen von der Stadt Bad Schwartau im Namen und im Auftrag des Beklagten; Widerspruchsbescheid des Beklagten nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 5.10.2005).

3

Die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, "dem Kläger seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro im Monat zu gewähren", hatte teilweise Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat den Beklagten verurteilt, "dem Kläger für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren" und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 21.1.2008). Die Berufung mit dem Antrag, "den Beklagten zu verurteilen, ihm - dem Kläger - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes/Alleinstehenden sowie unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens 100 Euro im Monat und unter Berücksichtigung der Beiträge für Sterbe-, Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Haftpflichtversicherung zu gewähren" hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 9.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Berufung sei hinsichtlich der geltend gemachten Versicherungsbeiträge schon unzulässig, weil der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt habe. Die Berufung im Übrigen sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Eckregelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er weder dem zusammen mit seiner Mutter bestehenden Haushalt vorstehe noch neben seiner Mutter einen eigenen Haushalt in der gemeinsam mit ihr bewohnten Wohnung führe. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei insoweit nicht zu folgen. Dem Kläger stehe auch kein über den bereits bewilligten Betrag von 27,50 Euro (wegen Psoriasis) hinausgehender Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung wegen der geltend gemachten Allergien zu. Den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei ein Mehrbedarf nicht zu entnehmen, sodass sein tatsächlicher Mehrbedarf konkret festzustellen sei. Ein Mehrbedarf wegen der Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie sei im Alter des Klägers unwahrscheinlich; letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Die pauschale Bescheinigung des Hausarztes sei zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet. Der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien.

4

Mit seiner Revision macht der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats eine Verletzung der §§ 42 Satz 1, 28 SGB XII iVm der Regelsatzverordnung (RSV) sowie einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) geltend. Wegen der nach Art 3 GG gebotenen Gleichbehandlung könne eine den reduzierten Eckregelsatz begründende Haushaltsersparnis nur dann angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII bildeten. Daneben rügt der Kläger Verfahrensfehler sowie einen Verstoß gegen § 33 SGB XII. Zu Unrecht habe das LSG hinsichtlich der Versicherungsbeiträge die Berufung als unzulässig angesehen. Mangels Beschränkung des Streitgegenstandes hätte das LSG über die geltend gemachten Versicherungsbeiträge materiell entscheiden müssen. Übernahmefähig seien jedenfalls die Beiträge für die Sterbegeldversicherung nach § 33 SGB XII. Soweit es den ernährungsbedingten Mehrbedarf betreffe, rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 42 Satz 1 Nr 3, 30 Abs 5 SGB XII. Der ernährungsbedingte Mehraufwand lasse sich betragsmäßig nicht verallgemeinern. Zu diesem Schluss komme zwar auch das LSG; es habe dann aber die ihm obliegende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, weil es kein Sachverständigengutachten zu der von ihm angezweifelten Kuhmilchallergie des damals anwaltlich nicht vertretenen Klägers eingeholt habe, das einen Mehrbedarf von zumindest 100 Euro bestätigt hätte.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Bescheide vom 4.4.2005, 28.4.2005 und 23.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Entgegen der Auffassung des LSG war die Berufung insgesamt zulässig. Ob der Kläger in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG zu Grund und Höhe der Leistungen - auch des ernährungsbedingten Mehraufwands - sowie zur Zuständigkeit des Beklagten nicht abschließend entschieden werden, auch wenn ihm entgegen den Ausführungen des LSG im streitbefangenen Zeitraum der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und für Alleinstehende in Höhe von 100 vH (Eckregelsatz) an Stelle des Regelsatzes für Haushaltsangehörige in Höhe von 80 vH des Eckregelsatzes zusteht.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Bescheide vom 4.4.2005, vom 28.4.2005 und vom 23.6.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.10.2005 (§ 95 SGG), soweit (höhere) Leistungen für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 abgelehnt worden sind. Der Bescheid vom 28.4.2005 betrifft die Grundsicherungsleistung für den Monat Januar 2005, der Bescheid vom 4.4.2005 die Grundsicherungsleistung für die Zeit vom Februar 2005 bis 30.6.2005. Insoweit ersetzen diese Bescheide durch jeweils höhere Leistungsbewilligungen als zuvor den Bescheid vom 23.12.2004, mit dem ursprünglich die Leistung für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 bewilligt worden war, aber auch die Bescheide vom 10.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Januar 2005) und vom 3.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Februar 2005), die sich damit erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -). So wird in den Bescheiden vom 4.4.2005 und vom 28.4.2005 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bescheide "alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII" aufheben, "soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen". Der Bescheid vom 4.4.2005 nennt zwar nur die Leistung für den Monat Februar 2005 in Höhe von 602,92 Euro; Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist aber der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Danach regelt der Bescheid die Leistung nicht nur für den Monat Februar 2005, sondern für die Zeit bis zum Ende des ursprünglich durch den Bescheid vom 23.12.2004 vorgesehenen Bewilligungszeitraums bis 30.6.2005. Dies zeigt schon die Bezeichnung als "Bescheid über die Änderung von laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung", die, ginge es nur um den vergangenen Monat Februar 2005, nicht nachvollziehbar wäre. Auch der Änderungsgrund, nämlich "Anerkennung des Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung ab dem 1.2.2005" zeigt, dass nicht nur der Monat Februar 2005, sondern die gesamte Zeit ab 1.2.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts gemeint ist. Gleiches gilt auch für die Anlage zum Bescheid, die die Bedarfsberechnung "ab dem Monat 02/05" mitteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 23.6.2005, der Leistungen für den Monat Juli 2005 regelt. Dieser ist nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden(vgl dazu Urteil des Senats vom 14.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr 10). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hingegen nicht der Bescheid vom 12.7.2005, der die Leistungen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 30.6.2006 regelt. Zwar war auch dieser Bescheid nach der Rechtsprechung des Senats (aaO) Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG und nicht - wie das LSG meint - mangels Widerspruch bestandskräftig geworden. Mit seiner Revision hat der Kläger aber den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.7.2005 begrenzt.

11

Entgegen der Auffassung des LSG hat der Kläger den Streitgegenstand nicht auf Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt. Wenn er in der ersten Instanz beantragt hat, den Beklagten zu höheren Leistungen zu verurteilen, "insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro", so ist hierin nicht eine Beschränkung des Streitgegenstandes zu sehen, sondern nur eine - entbehrliche - Beschreibung des von ihm für einschlägig erachteten Leistungsgrundes (vgl dazu BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R). Erst recht wird dies vorliegend durch das Wort "insbesondere" deutlich, das der Annahme einer abschließenden Aufzählung (oder Begrenzung) des Begehrens entgegensteht. Auch haben die Beteiligten einzelne Teile des Anspruchs gerade nicht durch Teilvergleich oder -anerkenntnis geregelt (vgl dazu: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 14). Mangels entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes ist damit die vom LSG gezogene Schlussfolgerung, die Berufung sei hinsichtlich der Versicherungsbeiträge unzulässig, falsch.

12

Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Richtiger Beklagter ist der Landrat des Kreises Ostholstein als beteiligtenfähige Behörde iS von § 70 Nr 3 SGG. Danach sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt (Behördenprinzip). Eine entsprechende Bestimmung enthält § 5 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 2.11.1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt 144, in der Bekanntmachung vom 4.8.1965, GVBl 53, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 14.3.2011 - GVBl 72). Behörde in diesem Sinne ist der Landrat (vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 f = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSGE 100, 131 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Hieran ändert auch nichts, dass die Leistungsbescheide von der Stadt Bad Schwartau erlassen wurden, die nach der Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe vom 15.1.2003 tätig geworden ist; denn die Heranziehung durch die genannte Satzung erfolgt nicht in einem auftragsähnlichen Verhältnis zum Handeln in eigenem Namen (zu dieser Voraussetzung: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f), sondern nach § 1 der Heranziehungssatzung wurde diese vielmehr "beauftragt" und wurde erkennbar "im Namen des Kreises Ostholstein" und damit für dessen beteiligtenfähige Behörde, den Landrat, tätig.

13

Bei der Entscheidung, ob dem Kläger höhere Leistungen zustehen, sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen (vgl dazu BSGE 99, 262 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 82 Nr 3) gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben) in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 zu prüfen. Danach können Personen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1) oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann(Nr 2), auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhalten. Der Anspruch besteht nur, sofern der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann (§ 19 Abs 2 Satz 1 SGB XII).

14

Der Senat vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Kreis Ostholstein der hier örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe ist (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) vom 15.12.2005 (GVBl 568) iVm § 97 SGB XII ist der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zuständig; örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 1 AG-SGB XII die Kreise und kreisfreien Städte. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei gemäß § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten, zu dem jegliche Feststellungen des LSG fehlen. Diese wird es ggf nachzuholen haben, zumal - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - der Kläger Mitte 2004 seinen Hauptwohnsitz in Hamburg genommen hat und seine Mutter angibt, man halte sich (nur) "in den Ferien und am Wochenende in Bad Schwartau auf".

15

Unberücksichtigt bleiben kann allerdings, wenn der Beklagte der zuständige Leistungsträger ist, dass die Heranziehungssatzung vom 15.1.2003 naturgemäß keine Regelungen über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu den Aufgaben nach dem noch nicht existierenden SGB XII treffen konnte. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers sollte die Rechtsgrundlage für den Erlass der Satzung (§ 4 Abs 3 Nr 1 GSiG iVm § 2 des Gesetzes zur Ausführung des GSiG vom 30.11.2002 - GVBl 239) nämlich zunächst nicht entfallen. Dies zeigt schon Art 15 Haushaltsstrukturgesetz (vom 15.12.2005 - GVBl 568), mit dem das AG-GSiG aufgehoben wurde. Die Aufhebung erfolgte nach Art 17 Haushaltsstrukturgesetz nicht rückwirkend zum 1.1.2005 oder zumindest mit dem Tag nach der Veröffentlichung, sondern erst zum 1.1.2007. Dementsprechend ist die abweichend (vgl § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -) von § 88 Abs 1 Satz 2 SGB X auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 4 AG-SGB XII vom 15.12.2005 (GVBl 568) zulässigerweise ergangene Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 13.12.2006 erst am 1.1.2007 in Kraft getreten ist (§ 6 der Heranziehungssatzung vom 13.12.2006) und die alte Satzung behielt bis zu diesem Zeitpunkt ihre gesetzliche Grundlage. Die Satzung vom 15.1.2003 erfasst nach ihrem Sinn und Zweck dann unabhängig von der Bezeichnung des Gesetzes alle Aufgaben im Zusammenhang mit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - also auch die nach §§ 41 ff SGB XII für die Zeit ab dem 1.1.2005. Welche rechtlichen Konsequenzen eine Beauftragung ohne gesetzliche Ermächtigung hätte, kann deshalb dahinstehen. Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).

16

Das LSG hat auch zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs keine Feststellungen getroffen; diese wird es nachholen müssen. In der Sache geht es dem Kläger um insgesamt höhere Leistungen (siehe oben). Insoweit hat das LSG jedenfalls zu Unrecht den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen bei der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt. Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305) und ggf dem auf diesen Bedarf anzurechnenden Einkommen (§§ 82 ff SGB XII idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch), hier den an den Kläger erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen (vgl dazu BSGE 99, 137 ff RdNr 23 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11).

17

Der maßgebliche Regelsatz beträgt 345 Euro, nicht aber - wovon der Beklagte zu Unrecht ausgeht - 276 Euro. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1 Satz 2 der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(idF vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand Anspruch auf 100 % des Regelsatzes; dieser betrug nach § 1 der Schleswig-Holsteinischen Regelsatzverordnung nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.12.2004 (GVBl 505) bzw (für Juli 2005) nach § 1 der Landesverordnung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.8.2005 (GVBl 331) 345 Euro; der Regelsatz für den Haushaltsvorstand gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV). Die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige betragen nach § 3 Abs 2 RSV bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vH (Nr 1) und nach Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2).

18

Der Kläger ist kein Haushaltsangehöriger im Sinne der RSV. Die abgestufte Regelsatzhöhe beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242). Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw GSiG abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet(BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; BSGE 106, 62 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Gutzler in juris Praxiskommentar SGB XII , § 28 SGB XII RdNr 42), dass seit dem 1.1.2005 mit dem Systemwechsel durch das Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden(anders für das bis zum 31.12.2004 geltende Recht des BSHG BSGE 104, 207 ff RdNr 18 f = SozR 4-3530 § 6 Nr 1).

19

Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig. Er lebte deshalb nicht in einer eine Bedarfs- oder Einsatzgemeinschaft rechtfertigenden Beziehung zu seiner Mutter. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(in der hier maßgebenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) gehören nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger im streitigen Zeitraum - in Bedarfsgemeinschaften einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688 S 13). Betroffen ist hier ein Zeitraum vor der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II. Die Regelung gilt nicht rückwirkend, was nicht zuletzt § 68 Abs 1 SGB II belegt, wonach § 7 SGB II in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung sogar weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 1.7.2006 beginnen (Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 15/08 R - RdNr 15).

20

Ebenso wenig lebt der Kläger mit seiner Mutter in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, sodass dem Kläger - unterstellt, er hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 durchgängig statt 276 Euro (80 % des Eckregelsatzes für Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahres an) nominal 345 Euro zustehen (vgl auch BSGE 106, 62 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).

21

Die vom LSG hiergegen erhobene Kritik, die sich insbesondere auf die Regelungen der RSV stützt, verkennt die Tragweite von Art 3 GG. Es kann insbesondere nicht eingewandt werden, der Gesetzgeber habe auch die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 SGB II auf erwerbsfähige Hilfebedürftige ab dem 25. Lebensjahr zu erweitern. Bis zu einer etwaigen Änderung ist eine verfassungsrechtlich gebotene Harmonisierung nur möglich, indem der Kläger als Alleinstehender im Sinne der RSV zu behandeln ist, nicht aber, indem die RSV die Auslegung des SGB II diktiert. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010, wonach der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst zu verankern ist (BVerfGE 125, 175 ff, 223 und 256; vgl auch Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 40 SGB XII RdNr 18). Ob für die Zeit ab 1.1.2011 im Hinblick auf die Regelungen des Regelbedarfsermittlungsgesetzes vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine andere Wertung vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

22

Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nicht erkennbar, dass sich aus der Gewährung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Sinne einer Besserstellung gegenüber Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II ergäbe. Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass eine Mutter und ihr in Haushaltsgemeinschaft lebendes erwachsenes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, insgesamt nur 180 % des Regelsatzes bzw der Regelleistung erhielten, so bezieht sich das nur auf die seit dem 1.7.2006 geltende Rechtslage (Gesetz vom 24.3.2006 - BGBl I 558), die ab diesem Zeitpunkt ggf auf das SGB XII zu übertragen wäre. Ebenso falsch ist die Auffassung des LSG, dass die Mutter, wenn sie Leistungsbezieherin nach dem SGB II wäre, nur 80 % des Eckregelsatzes beanspruchen könnte. Die Auffassung des LSG schließlich, es gebe keinen sachlichen Grund für einen höheren Leistungsanspruch des Klägers im Verhältnis zu einem in Bedarfsgemeinschaft oder in gemischter Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehepaares, weil hier wie da von einer Haushaltsersparnis auszugehen sei, verkennt die gesetzgeberische Entscheidung zu den Personenbeziehungen, bei denen im Falle eines Zusammenlebens von Einsparungen auszugehen ist. Der Senat hat nicht die sozialpolitische Sinnhaftigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung zu bewerten und ggf eine Korrektur vorzunehmen.

23

Soweit es die Versicherungsbeiträge betrifft, wird das LSG jedenfalls für den Monat Januar, in dem der Kläger Unterhaltsleistungen bezogen hat, zu prüfen haben, inwieweit die Beiträge als mögliche Abzüge vom Einkommen gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (vgl § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII; dazu BSGE 104, 207 ff RdNr 20 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). Für die Zeit ab Februar 2005 ist - sieht man von der Sterbegeldversicherung ab - mangels Einkommens des Klägers eine "Berücksichtigung" der Versicherungsbeiträge im Sinne einer Übernahme durch den Beklagten nicht möglich. Soweit Versicherungsbeiträge Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts und die Beiträge angemessen sind, werden sie im Übrigen in der Regel pauschal durch den Regelsatz abgegolten. Etwas anderes gilt nach § 33 Abs 2 SGB XII allerdings für ein angemessenes Sterbegeld. Nach § 33 SGB XII(idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) können die erforderlichen Kosten übernommen werden, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf ein angemessenes Sterbegeld zu erfüllen. Zwar umfasste die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 SGB XII(in den hier maßgebenden Fassungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bzw ab 30.3.2005 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005) bis 31.12.2008 nicht Leistungen nach § 33 SGB XII(erst mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2008, 2933 - wurden mit Wirkung vom 1.1.2009 die Vorsorgebeiträge entsprechend § 33 SGB XII in den Katalog des § 42 Satz 1 SGB XII aufgenommen). Die Übernahme der Kosten für ein angemessenes Sterbegeld scheidet deswegen aber nicht aus. Soweit § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII einen Vorrang der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt, gilt dies nur, soweit §§ 41 ff SGB XII Leistungen auch tatsächlich vorsehen; einen Ausschluss von Leistungen des Dritten Kapitels regelt § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff). Ob die Voraussetzungen des § 33 SGB XII vorliegen, wird das LSG deshalb ggf prüfen müssen.

24

Das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben. Nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6). Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28). Das LSG hat zu der behaupteten Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie lediglich ausgeführt, diese seien im Alter des Klägers unwahrscheinlich, Letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, woher das LSG ausreichende Sachkunde über Therapiemöglichkeiten von Allergien besitzt, ist es für einen ernährungsbedingten Mehraufwand nicht entscheidend, ob ein bestimmtes Nahrungsmittel bei der Ernährung weggelassen werden kann; dies ist bei einer Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel selbstverständlich. Entscheidend ist vielmehr, ob und durch welche Nahrungsmittel es ersetzt werden muss und ob hierdurch Mehrkosten entstehen. Wenn - wovon das LSG zu Recht ausgeht - insoweit eine pauschale Bescheinigung des Hausarztes zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet ist, hätte es sich aufgedrängt, weitere Ermittlungen zu einem etwaigen Mehrbedarf anzustellen und dabei nicht die einzelne Allergie isoliert betrachten. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen. Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.

25

Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob - unterstellt, der Kläger hat einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII - aus anderen Gründen eine höhere Leistung zu erbringen ist und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung der Kosten für den Einbau eines Aufzugs im Haus der Eltern des Klägers im Jahre 2007.

2

Der 2002 geborene Kläger lebt mit seinen Eltern im 1. und 2. Obergeschoss des elterlichen Hauses; er ist erheblich behindert und leidet unter anderem an einer Teilparese beider unterer Extremitäten. Bei ihm sind seit seiner Geburt ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, aG, B und H anerkannt. Im Februar 2005 beantragten die Eltern des Klägers für diesen die Übernahme der Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls zur Verbindung vom Erdgeschoss in das 1. Obergeschoss des Hauses. Die Kosten hierfür beliefen sich nach Angaben des Vaters des Klägers im Gerichtsverfahren auf insgesamt 37 959 Euro (einschließlich Eigenleistungen). Von der Abteilung Wohnungswesen des Beklagten hat der Vater des Klägers für den Fahrstuhleinbau 15 000 Euro als Darlehen ("Reduzierung von Barrieren im Wohnungsbestand") erhalten, und die Pflegekasse hat dem Kläger einen Zuschuss in Höhe von 2557 Euro bewilligt.

3

Der Beklagte lehnte die Gewährung von Eingliederungshilfe ab, weil die Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern der Kostenübernahme entgegenstehe (Bescheid vom 5.10.2006; Widerspruchsbescheid vom 25.1.2007). Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Münster vom 23.11.2009; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20.4.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Aufbringung der Mittel für den Einbau des Aufzugs sei den Eltern zumindest aus dem Vermögen zuzumuten, weil das Vermögen des Vaters die Kosten für den Einbau des Personenaufzugs überstiegen habe. Der Vater des Klägers sei Eigentümer eines Bauernhofs, in dem die Familie wohne, und weiterer Grundstücksflächen; im Verwaltungsverfahren habe er zudem angegeben, über Vermögen von mehr als 37 726 Euro zu verfügen. § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 iVm Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), wonach bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme in der Gemeinschaft ermöglichen solle, Vermögen unberücksichtigt bleibe, finde keine Anwendung; die in § 55 Abs 2 Nr 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) aufgeführte Hilfe ua zum Umbau einer Wohnung werde von der Norm nicht erfasst. Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung verlangten eine Förderungsmaßnahme mit unmittelbarer Investition in den behinderten Menschen selbst.

4

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 iVm Satz 2 SGB XII, der seines Erachtens auch auf allgemeine Maßnahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX (Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung), die den besonderen Bedürfnissen des behinderten Menschen entsprechen, anzuwenden sei.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 5.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.1.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls zu erstatten.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Es fehlen ua ausreichende tatsächliche Feststellungen des LSG zu der Einkommens- und Vermögenssituation und zu den Kosten der Umbaumaßnahme.

9

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere war nicht die Pflegekasse notwendig beizuladen. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Eine notwendige Beiladung der Pflegekasse unter diesem Gesichtspunkt käme überhaupt nur im Hinblick auf § 14 SGB IX in Betracht, wenn sie, nicht der Beklagte, der eigentlich zuständige Rehabilitationsträger wäre und der Beklagte den bei ihm gestellten Antrag nicht rechtzeitig weitergeleitet hätte(siehe dazu nur grundlegend BSGE 93, 283 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1) oder sie selbst der erstangegangene Leistungsträger wäre (vgl BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 10 ff). Allerdings ist die Pflegekasse kein Rehabilitationsträger iS des § 6 Abs 1 SGB IX; deshalb wäre sie auch nicht nach § 14 SGB IX für die Eingliederungshilfe mangels Weiterleitung eines zuerst bei ihr gestellten Antrags an den Sozialhilfeträger(§ 14 Abs 6, 1 und 2 SGB IX)zuständig geworden. Ihrer eigenen Leistungspflicht gemäß § 40 Abs 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) ist die Pflegekasse jedenfalls nachgekommen. Eine notwendige Beiladung der zuständigen Krankenkasse als Rehabilitationsträger (iVm § 14 SGB IX)scheidet schon deshalb aus, weil der Aufzug als fester Einbau in das Wohngebäude kein Hilfsmittel iS des § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) ist(vgl: BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 30; BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 1) und andere Leistungen der Krankenkasse nicht in Betracht kommen. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob es sich bei einem Hilfsmittel überhaupt um eine Leistung der Teilhabe im Rahmen des § 14 SGB IX handelt(vgl dazu das Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr 15). Über die Erforderlichkeit einer unechten notwendigen Beiladung (§ 75 Abs 2 Satz 1 2. Alt SGG) wäre ohnedies mangels Rüge (siehe zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN) im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden.

10

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 5.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.1.2007 (§ 95 SGG), soweit darin der Antrag auf Übernahme der Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich der Kläger mit einer auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG) gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 3, § 56 SGG).

11

Der Beklagte war und ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe für die Leistungserbringung sachlich und örtlich zuständig (§ 97 Abs 1 und 2, § 98 Abs 1, § 3 Abs 2 SGB XII iVm § 1 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 816 - und § 2 Abs 1 Nr 2 Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen - GVBl 816). Zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels dessen Berücksichtigung durch das LSG befugt.

12

Der Kläger hat einen Anspruch auf Kostenübernahme für den Einbau eines Fahrstuhls in das elterliche Haus als Maßnahme der Eingliederungshilfe nach § 19 Abs 3 iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(alle idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) iVm § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX allenfalls unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens, weil es sich nicht um eine privilegierte Maßnahme nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(ebenfalls idF des Gesetzes vom 27.12.2003) handelt. Dieser mögliche Anspruch ist gemäß § 10 Abs 3 SGB XII ein originärer Geldleistungsanspruch(vgl zu dieser Problematik das Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr 20), sodass § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX (Erstattung bei selbstbeschaffter Sachleistung) nicht anwendbar ist. Auf eine zusätzliche Eilbedürftigkeit bei Bedarfsdeckung auf eigene Rechnung kommt es nicht an (BSG, aaO, RdNr 21).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger bereits durch die Teilparese beider unterer Extremitäten in seiner körperlichen Funktion derart beeinträchtigt ist (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 1 Verordnung nach § 60 SGB XII idF, die diese durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat), dass er sich nicht ohne fremde Hilfe bewegen kann (s insoweit zum Erfordernis einer wertenden Betrachtung das Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R - RdNr 19).

14

Der Einbau eines Fahrstuhls zählt als Hilfe beim Umbau bzw der Ausstattung der Wohnung zu den Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, der mit der Eingliederungshilfeverordnung § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII konkretisiert, iVm § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX. Mit dem Einbau eines Fahrstuhls in das elterliche Wohnhaus kann auch ein Ziel der Eingliederungshilfe erreicht werden, nämlich den Kläger in die Gesellschaft einzugliedern, ihm insbesondere die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erst zu ermöglichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 2 SGB XII). Ob die Leistungen notwendig iS des § 4 Abs 1 SGB IX sind, ist demgegenüber anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilbar. Nach dieser Vorschrift ist im Einzelfall jede geeignete Eingliederungsmaßnahme darauf zu untersuchen, ob sie unentbehrlich zum Erreichen der Leistungsziele ist (vgl nur Luthe in juris Praxiskommentar SGB IX, § 4 RdNr 17 mwN). Es kann nicht abschließend entschieden werden, ob nicht bereits verfügbare Möglichkeiten der Selbsthilfe (Umzug der Familie in das Erdgeschoss) oder kostengünstigere Lösungen (etwa Treppenlifter) hätten gewählt werden können. Darauf käme es jedoch nicht an, wenn die Leistungsgewährung bereits an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers und/oder seiner Eltern scheitern würde.

15

Zu Recht hat nämlich der Beklagte die Übernahme von Kosten für den Fahrstuhleinbau von der Einkommens- und Vermögenssituation abhängig gemacht, ohne dass der Senat jedoch abschließend beurteilen kann, ob diese tatsächlich einem Kostenerstattungsanspruch entgegenstehen; auch die tatsächlich angefallenen Kosten sind nicht festgestellt. Nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII, der unabhängig von den Voraussetzungen des Abs 1 anzuwenden ist(Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R - RdNr 28), ist den in § 19 Abs 3 SGB XII genannten Personen - hier dem Kläger selbst und den Eltern - bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll, die Aufbringung der Mittel durch Einkommen nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten, und Leistungen sind gänzlich ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen(zu Letzterem § 92 Abs 2 Satz 2 SGB XII).

16

Für die Auslegung sind Historie und Entstehungsgeschichte der Norm allerdings unergiebig, weil sich der Gesetzgeber in den einzelnen Gesetzesbegründungen nur allgemein mit der notwendigen Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Kinder befasst hat, ohne den Katalog der Privilegierungstatbestände selbst näher zu erläutern bzw zu begründen (vgl: zur Einführung des § 43 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz BT-Drucks V/4429, S 3 zu Nr 15a unter Verweis auf Abschnitt A 3 Abs 3, S 2; zu Änderungen des § 43 Abs 2 BSHG BT-Drucks 7/308, S 14 zu Nr 17, und 14/5800, S 34 zu Art 15 Nr 9<§ 43> Buchst b; zur Einführung des SGB XII BT-Drucks 15/1514, S 66 zu § 87 des Entwurfs). Demgegenüber erlaubt der Wortlaut durchaus, wenn auch nicht ausschlaggebende, Rückschlüsse für die Auslegung des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII. Es fällt immerhin auf, das diese Norm bis auf die Bezeichnung der betroffenen Personengruppe (im SGB XII: behinderte noch nicht eingeschulte Menschen; im SGB IX: behinderte Menschen) und die im SGB IX enthaltene nähere Umschreibung der Hilfen ("Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten") § 55 Abs 2 Nr 3 SGB IX vergleichbar formuliert ist. Ob damit eine völlige Identität verbunden ist (so Behrend in jurisPK-SGB XII, § 92 SGB XII RdNr 29), kann offen bleiben. Jedenfalls verdeutlicht § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX, dass Umbaumaßnahmen, selbst wenn sie - so der Vortrag des Klägers - erst die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft an sich ermöglichen, nicht unter die ansonsten aufgeführten Hilfemaßnahmen des § 55 SGB IX fallen, und zwar selbst dann nicht, wenn sie erst den Besuch einer anderen Fördermaßnahme ermöglichen.

17

Nichts anderes kann für § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII gelten(so auch: Luthe in jurisPK-SGB IX § 55 RdNr 42; Lachwitz in Handkommentar zum SGB IX, 3. Aufl 2010, § 55 RdNr 43a; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, 4. Aufl 2012, § 92 SGB XII RdNr 21; Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 92 RdNr 14, Stand Dezember 2004). Für dieses Ergebnis ist es ohne Bedeutung, ob der Gesetzgeber mit dem Terminus der "Teilnahme" in § 55 Abs 2 Nr 3 SGB IX und § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII ein unreflektiertes Synonym zu dem der "Teilhabe" gewählt hat oder ob es sich um reflektierte unterschiedliche Termini handelt.

18

Dass die vorliegende Umbaumaßnahme nicht von § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII erfasst wird, deckt sich mit der Binnensystematik des § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII, der - mit Ausnahme der zu beurteilenden Nr 3 - ausdrücklich eine spezifische Fördermaßnahme voraussetzt, die über das Ermöglichen der reinen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hinausgeht (in Nr 1 heilpädagogische Maßnahmen für noch nicht eingeschulte Kinder; in Nr 2 Hilfen zur angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung; in Nr 4 Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit; in Nr 5 iVm § 26 SGB IX Leistungen zur medizinischen Rehabilitation; in Nr 6 iVm § 33 SGB IX Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben; in Nr 7 Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen bzw nach § 56 SGB XII vergleichbaren Beschäftigungsstätten; in Nr 8 sonstige Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten - wie etwa in Förderstätten nach § 136 Abs 4 SGB IX). All diesen Privilegierungsfällen ist gemeinsam, dass sie einen spezifischen Förderbedarf und eine entsprechende Förderung voraussetzen, zu dem die vermögens- und einkommensprivilegierte Hilfe einen (objektiv) finalen Bezug dergestalt aufweisen muss, dass der Schwerpunkt der zu erbringenden Leistung nicht allein oder vorrangig bei der allgemeinen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, sondern zumindest gleichwertig bei den von ihnen verfolgten beruflichen, schulischen, ausbildungsbezogenen und medizinischen Zielen liegt.

19

Demgemäß hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX, auf den § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 6 SGB XII expressis verbis verweist, entschieden, dass der Förderrahmen des § 33 Abs 3 Nr 1 und 6 iVm Abs 8 Nr 6 SGB IX (Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer behindertengerechten Wohnung in angemessenem Umfang) auf die durch die Berufsausübung beschränkte Bedarfslage begrenzt ist, sodass Umbaumaßnahmen, die sich nur mittelbar auf die Berufsausübung auswirken, zur persönlichen Lebensführung zählen und nicht im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben förderfähig sind(vgl BSGE 93, 283 ff RdNr 14 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1); Umbaumaßnahmen für die von Nr 6 betroffene Personengruppe mögen damit zwar generell nach §§ 53, 54 SGB XII im Rahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft förderfähig sein, sind jedoch nicht einkommens- und vermögensprivilegiert. Hinzu kommt, dass die Nrn 4, 7 und 8 des § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII voraussetzen, dass Leistungen in bestimmten Einrichtungen erbracht werden, und in Nr 5 der Norm für die medizinische Rehabilitation wegen der in § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII angeordneten "Koppelung" an den Leistungskatalog des SGB V Umbaumaßnahmen ausscheiden (siehe dazu oben). Auch für die von diesen gesetzlichen Regelungen betroffenen Personengruppen sind mithin Umbaumaßnahmen nur als nicht einkommens- und vermögensprivilegierte Eingliederungshilfe denkbar.

20

Vor diesem Hintergrund wäre es aus Gleichheitsgründen (Art 3 Abs 1 Grundgesetz ) nicht zu rechtfertigen, dies in den Fällen der Nrn 1 bis 3 anders zu sehen. Insbesondere kann Nr 3 nicht als allgemeine Auffangnorm für alle denkbaren gesellschaftsbezogenen Bedarfe zugunsten nicht eingeschulter behinderter Menschen verstanden werden; Nr 1 hätte dann keine eigenständige Bedeutung mehr. Zusammenfassend verlangt mithin § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII aus systematischen und teleologischen Gründen eine einschränkende Auslegung dahin, dass die Regelung spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen voraussetzt, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssen. Dies macht nicht zuletzt die Formulierung "noch nicht eingeschulte Menschen" deutlich. Es sollen also Personen erfasst werden, die (noch) nicht unter Nr 2 fallen, denen aber Maßnahmen angeboten werden können, die ihrem Bildungsstand entsprechen (vgl BT-Drucks 14/5800 S 34 zu Art 15 Nr 9 <§ 43> Buchst b). Darüber hinaus muss der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen.

21

Auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat - diesem Gedanken Rechnung tragend - die Übernahme von Taxibeförderungskosten für ein behindertes Kind zur Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (nur deshalb) als Leistung der Eingliederungshilfe gewertet, die unabhängig vom elterlichen Einkommen und Vermögenseinsatz zu gewähren ist, weil die geförderte Leistung unmittelbar mit einer konkreten (Bildungs-)Maßnahme bzw dem Schulbesuch verknüpft war und allein dieser spezifischen Fördermaßnahme diente (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 8; vgl auch BVerwGE 25, 28 ff zum ärztlich angeordneten Transport eines Behinderten in eine Anstalt zur stationären Behandlung). Diese enge Verknüpfung mit einer spezifischen anderen Maßnahme weist der Fahrstuhl im Elternhaus des Klägers gerade nicht auf; er erfüllt Funktionen der Teilhabe an der Gesellschaft auch ohne solche an der Person des Klägers ansetzende Förderung, und zwar - bei der erforderlichen wertenden Betrachtung - überwiegend. Selbst wenn der Kläger eine Maßnahme besuchen würde, verbliebe es doch objektiv bei der basalen Funktion des Aufzugs, überhaupt die Wohnung verlassen zu können, um am über das (enge) Familienleben hinausgehenden Gesellschaftsleben durch den Kontakt mit anderen teilnehmen zu können.

22

Der Rechtsanspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe läuft bei der gewonnenen Auslegung nicht ins Leere, denn die Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII auf spezifische Förderungsmaßnahmen erfolgt ausschließlich auf der Ebene des zumutbaren Einkommens- und Vermögenseinsatzes. Die Norm zieht damit eine Trennlinie zwischen dem Verantwortungsbereich des Staates und dem der von § 19 Abs 3 SGB XII erfassten Person. Umbaumaßnahmen der vorliegenden Art werden mithin nicht generell dem Anwendungsbereich der §§ 53, 54 SGB XII entzogen, sondern es wird lediglich normativ definiert, bei welchen spezifischen Fördermaßnahmen ein erhöhtes gesellschaftliches Allgemeininteresse und damit eine Gesamtverantwortung der Gesellschaft anzunehmen ist, die eine finanzielle Entlastung der Familie rechtfertigt.

23

Ist mithin Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen, so fehlen Feststellungen des LSG dazu für eine abschließende Entscheidung. Selbst wenn man dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts noch entnehmen könnte, dass der Kläger selbst weder Einkommen noch Vermögen hat, enthält das angefochtene Urteil zur Situation der Mutter keine und zu der des Vaters nur unzureichende Angaben. Einkommen des Vaters als abhängig Beschäftigten wird "für das Jahr 2004 mit 38 203,08 Euro" und "für das Jahr 2005 voraussichtlich mit 42 069,35 Euro" angegeben. Für "Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von etwa 20 000 Euro jährlich" wird lediglich auf einen Aktenvermerk verwiesen und dabei nicht einmal mitgeteilt, welches Jahr betroffen ist. Abzustellen ist jedoch auf die Einkommenssituation zum Zeitpunkt der Entstehung der einzelnen Kosten (Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr 19 mwN). Dazu fehlen indes Feststellungen des LSG; nach den im Gerichtsverfahren vorgelegten Rechnungen war dies erst nach dem Jahr 2005 und nach Ablehnung der Leistung durch den Beklagten der Fall. Es dürfte zwar wahrscheinlich sein, dass die Einkommensgrenze der §§ 85, 86 SGB XII überschritten war und deshalb nicht § 88 SGB XII (Einsatz des Einkommens unter der Einkommensgrenze), sondern § 87 SGB XII (Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze) zur Anwendung kommt; eine genaue Beurteilung des danach zugrunde zu legenden Kriteriums des angemessenen Umfangs der Berücksichtigung ist jedoch nicht möglich.

24

Nichts anderes gilt im Ergebnis für zu berücksichtigendes Vermögen des Vaters, der bislang eine genaue Auskunft darüber verweigert hat. In diesem Punkt hat das LSG weder eine Beweislastentscheidung - zu Ungunsten des Klägers, weil die Bedürftigkeit zu den Anspruchsvoraussetzungen zählt - getroffen, noch sein Urteil auf fehlende prozessuale Mitwirkung gestützt; vielmehr hat es formuliert, der Vater sei Eigentümer eines Bauernhofes, in dem die Familie wohne, nebst Grundstücksflächen. Außerdem habe er im Verwaltungsverfahren - also wohl vor Entstehung der Kosten - angegeben, Vermögen in Höhe von mehr als 37 726 Euro zu besitzen. Abgesehen davon, dass es sich damit nicht um eine tatsächliche Feststellung zum wirklichen Wert und den vorhandenen Gegenständen des Vermögens zum Zeitpunkt des Bedarfsanfalls handelt, ist in keiner Weise nachvollziehbar, ob bzw inwieweit es sich um nichtprivilegiertes und verwertbares Vermögen handelt, sodass nicht einmal überschlägig angenommen werden kann, dass das einzusetzende Vermögen mit Sicherheit den Bedarf des Klägers überstieg.

25

Einem denkbaren - wenn auch wenig wahrscheinlichen - Kostenerstattungsanspruch würde nicht entgegenstehen, dass oder wenn die Eltern (bzw der Vater) des Klägers die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss (vgl nur das Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R - RdNr 26 mwN). Ob der Kläger im Falle des Klageerfolgs seinen Eltern (bzw seinem Vater) die Auslagen erstatten müsste, ist bei vorliegender Konstellation ohne Bedeutung (BSG, aaO, RdNr 27); eine Rückerstattung ist bei realitätsnaher Sichtweise ohnedies unüblich und kann bei Selbsthilfe im Rahmen von Einsatzgemeinschaften des § 19 Abs 1, 2 oder 3 SGB XII auch nicht zur Voraussetzung gemacht werden; ansonsten würde die normative Wertung konterkariert (BSG aaO). Allenfalls wäre an eine als Einkommen zu berücksichtigende Zuwendung aus unterhaltsrechtlicher Sicht zu denken, was aber im Hinblick auf den Umfang der Kosten kaum von der Unterhaltspflicht erfasst sein dürfte. Die Annahme einer Zuwendung aus sittlicher Pflicht verbietet sich aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes; aus dem gleichen Grund ist eine besondere Härte iS des § 84 Abs 2 SGB XII (keine Berücksichtigung von Zuwendungen Dritter ohne rechtliche bzw sittliche Pflicht) zu bejahen.

26

Entweder als Einkommen oder als Vermögen (zur Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen siehe nur Schmidt in jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII RdNr 20 ff mwN)des Klägers (wenn bei Bedarfsanfall noch vorhanden) ist jedoch der von der Pflegekasse gezahlte Zuschuss zu berücksichtigen. Dies gilt nicht in gleicher Weise für das dem Vater gewährte (Bau-)Darlehen in Höhe von 15 000 Euro; dessen Berücksichtigung als Einkommen würde jedenfalls ausscheiden, weil diese Einnahme nicht zur endgültigen Verwendung verbleibt (vgl nur BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr 52 RdNr 17 mwN). Eine abschließende Entscheidung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt untunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), weil nicht absehbar ist, ob es auf die Beurteilung dieser Rechtsfragen überhaupt ankommen wird.

27

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung höherer Leistungen nach dem SGB II infolge eines vom Kläger geltend gemachten krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs in den Zeiträumen vom 1.12.2005 bis 30.6.2006 und 1.1.2007 bis 31.12.2007.

2

Die Agentur für Arbeit bewilligte dem Kläger im Dezember 2004 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.4.2005. Ab dem 1.1.2005 war der Kreis K als zugelassener kommunaler Träger nach § 6a SGB II zuständiger Träger. Die Beklagte ist vom Kreis K durch Satzung gemäß § 6 Abs 2 S 1 SGB II iVm § 5 Abs 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 (AG SGB II NRW) zur Aufgabenerfüllung in eigenem Namen herangezogen. Sie lehnte den Fortzahlungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 20.4.2005 zunächst ganz ab und bewilligte auf den Widerspruch des Klägers mit Änderungsbescheid vom 5.7.2005 die Regelleistung nach dem SGB II zunächst für die Monate Mai bis Juli 2005 und mit Bescheid vom 22.7.2005 vom 1.8.2005 bis 31.12.2005. Mit Bescheid der Beklagten vom 20.12.2005 wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Regelleistung) für den Zeitraum 1.1.2006 bis 30.6.2006 bewilligt.

3

Am 23.12.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II. Er legte eine ärztliche Bescheinigung auf dem hierfür von der Verwaltung vorgesehenen Formular vor, wonach er an Hyperlipidämie, Hyperuricämie/Gicht sowie Hypertonie (kardiale/renale Ödeme) leide und auf lipidsenkende, purinreduzierte und natriumdefinierte Kost angewiesen sei. Der Kläger übergab der Beklagten in der Folge in einem versiegelten Umschlag ärztliche Unterlagen, welche diese verschlossen an den Amtsarzt Sch beim Kreis K weiterleitete. Nachdem der Amtsarzt der Beklagten mitgeteilt hatte, aus den ihm vorliegenden Unterlagen würden sich unter Berücksichtigung des üblicherweise zugrunde gelegten Begutachtungsleitfadens kein Mehrbedarf ergeben, lehnte diese den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 28.2.2006 ab. Der Kreis K wies den hiergegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.5.2006 zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum SG "wegen der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II § 21, ab Dezember 2005". Er benötige wegen der vorliegenden Erkrankungen kostenaufwändige Ernährung, was eine finanzielle Mehrbelastung darstelle. Er nahm zur Begründung außerdem Bezug auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (Stand 1997).

4

Mit Bescheid der Beklagten vom 3.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Kreises K vom 16.4.2007 wurde ein erneuter Antrag des Klägers auf Berücksichtigung eines krankheitsbedingten Ernährungsaufwandes vom 28.12.2006 abgelehnt. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum SG. Mit Bescheid der Beklagten vom 15.12.2006 in der Gestalt eines weiteren Widerspruchsbescheids des Kreises K vom 16.4.2007 wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (nur Regelleistung, ohne KdU) für den Zeitraum 1.1.2007 bis 31.12.2007 bewilligt. Hiergegen erhob der Kläger ebenfalls Klage zum SG mit dem Begehren, "Leistungen in gesetzlicher Höhe nach § 22 SGB II zu erbringen".

5

Das SG hat mit Urteilen vom 11.3.2008 die Klagen abgewiesen, da im Zeitraum 1.5.2005 bis 31.12.2007 kein Anspruch auf einen krankheitsbedingten Mehrbedarf bestehe. Die hiergegen am 26.6.2008 und 30.6.2008 eingelegten Berufungen hat das LSG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Beschluss vom 22.7.2009 hat das LSG die Berufungen des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die begehrte Verpflichtung der Beklagten zur höheren Leistungsgewährung sei für die Zeiträume vom 1.5.2005 bis 30.11.2005 und 1.6.2006 bis 31.12.2006 unzulässig. Soweit der Kläger für die Zeit von Dezember 2005 bis Mai 2006 sowie ab dem 1.1.2007 höhere Leistungen begehre, seien die zulässigen Klagen unbegründet. Nach den Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins 2008 erforderten die beim Kläger bestehenden Erkrankungen - Hyperlipidämie, Hyperuricämie und Hypertonie - sämtlich lediglich eine Vollkost, deren Beschaffung keine erhöhten Kosten verursache. Zu diesem Ergebnis sei auch der von der Beklagten gehörte Arzt Sch gelangt, dessen Darlegungen der Senat urkundsbeweislich würdige.

6

Mit der hiergegen vom Senat zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, durch die Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins werde die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, nicht aufgehoben. Außerdem hätten die Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins (Stand 1997) Berücksichtigung finden müssen, da die überarbeiteten Empfehlungen erst nach dem vorliegend streitgegenständlichen Zeitraum veröffentlicht worden seien. Nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins 1997 sei für die beim Kläger bestehenden Erkrankungen Hyperlipidämie, Hyperuricämie und Hypertonie ein krankheitsbedingter Mehrbedarf anzuerkennen. Aufgrund der divergierenden Ergebnisse der Mehrbedarfsempfehlungen 1997 und 2008 sei in jedem Fall eine Sachaufklärung im Einzelfall geboten, die auch die unterschiedlichen Auffassungen der Mehrbedarfsempfehlungen 1997 und 2008 miteinbeziehen und würdigen müsse. Nachdem das LSG offen gelassen habe, ob die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen seien und diese lediglich als Orientierungshilfe angesehen habe, habe das Gericht die in Anspruch genommene Sachkunde nachvollziehbar darlegen müssen.

7

Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2009 und die Urteile des Sozialgerichts Duisburg vom 11. März 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 22. Juli 2005, 20. Dezember 2005 und 8. Februar 2006, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Mai 2006 und vom 15. Dezember 2006 und 3. Januar 2007, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. April 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeiträume vom 1. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 und vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2007 höhere Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu gewähren, unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet(§ 170 Abs 2 SGG). Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind Ansprüche auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in den Zeiträumen 1.12.2005 bis 30.6.2006 und 1.1.2007 bis 31.12.2007.

10

1. Die beklagte Stadt G ist im vorliegenden Fall passiv legitimiert. Die Stadt G ist gegenüber den Hilfebedürftigen im Außenverhältnis materiell zur Erbringung der Leistungen nach dem SGB II verpflichtet (§ 5 Abs 2 AG-SGB II NRW idF vom 16.12.2004, GVBl NRW 2004, 821 iVm § 6 Abs 2 S 1 SGB II, § 6a Abs 2 SGB II iVm § 1 Abs 1 Kommunalträger-Zulassungsverordnung idF vom 24.9.2004, BGBl I 2349; vgl auch BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 56/06 R - RdNr 15 f). Im sozialgerichtlichen Verfahren ist derjenige Rechtsträger passiv legitimiert, der auch materiell verpflichtet ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 69 RdNr 4),ohne dass an dieser Stelle erörtert werden muss, in welchem Umfang eine Heranziehung zur "Durchführung" der Aufgaben nach dem SGB II möglich ist (vgl Luthe in: Hauck/Noftz, SGB II, § 6 RdNr 16 Stand 37. Ergänzungslieferung VI/11; Rixen in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 6 RdNr 11).

11

2. Die Beteiligten haben den Streitgegenstand bereits im Verwaltungsverfahren in rechtlich zulässiger Weise getrennt, als die KdU gesondert behandelt wurden und daher in anderen Verfahren zu prüfen sind. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit den Bewilligungsbescheiden vom 22.7.2005 und 20.12.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 1.8.2005 bzw ab 1.1.2006 sowie mit Bewilligungsbescheid vom 15.12.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 1.1.2007 jeweils nur in Form der Regelleistung bewilligt hatte und der Kläger in den laufenden Widerspruchsverfahren weiterhin einen krankheitsbedingten Mehrbedarf geltend machte, war es insoweit zulässig, dass der Kreis K in den laufenden Widerspruchsverfahren zunächst entschied, dass keine höhere Regelleistung zu gewähren war (Widerspruchsbescheide vom 19.5.2006 und 16.4.2007). Insbesondere ist der Antrag des Klägers vom 23.12.2005 auf Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs auch als Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.12.2005 auszulegen, gerichtet auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im dortigen Bewilligungszeitraum 1.1.2006 bis 30.6.2006.

12

Die Entscheidungen der Verwaltung zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können allerdings jeweils nicht in weitere unterschiedliche Streitgegenstände aufgespalten werden (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R = SozR 4-4200 § 21 Nr 9 mwN). Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II und kann damit nicht allein Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (Senatsurteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R, s auch BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen). Daraus folgt für das vorliegende Verfahren, dass das Begehren des Klägers im Rahmen der jeweiligen Widerspruchsverfahren auf Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs gemeinsam mit der Regelleistung zu behandeln und insoweit auf die jeweiligen Bewilligungszeiträume (§ 41 Abs 1 S 4 SGB II) abzustellen und zu prüfen ist, ob in den hier streitigen Zeiträumen insgesamt Anspruch auf Gewährung einer höheren Leistung besteht (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 16 mwN; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - RdNr 14 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

13

3. a) Die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R = SozR 4-4200 § 21 Nr 9 mwN). Ob dem Kläger in den streitbefangenen Zeiträumen höhere Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, kann der Senat wegen fehlender Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Es fehlen insoweit bereits Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II(idF des Gesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014) in den jeweiligen streitgegenständlichen Zeiträumen.

14

b) Auch zur Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Mehrbedarf wegen Krankenkost hat, fehlt es an ausreichenden Feststellungen. Die von dem Kläger erhobene Verfahrensrüge ist zulässig und begründet (§ 103 SGG).

15

Nach § 21 Abs 5 SGB II(idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist. Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen (s dazu das Urteil des Senats vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl auch Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Ob diese Voraussetzungen bei dem Kläger vorliegen, kann anhand der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden.

16

Es liegt insoweit ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) vor. Das LSG hat von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben (vgl zu diesem Maßstab BSG Beschluss vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG Beschluss des Großen Senats vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO), keinen ausreichenden Gebrauch gemacht, indem zB sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers oder medizinische Sachverständigengutachten eingeholt wurden (vgl BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

17

Die Vorinstanzen sind vorliegend davon ausgegangen, dass zwar beim Kläger verschiedene Krankheiten vorliegen, diese jedoch keinen Mehrbedarf bedingen, ohne dass ausreichend deutlich ist, worauf diese Feststellungen bzw die Sachkunde beruht. Der Kläger hat angegeben, er leide an Hyperlipidämie, Hyperuricämie und Hypertonie und vorgetragen, ihm sei vom behandelnden Arzt lipidsenkende, purinreduzierte und natriumdefinierte Kost verordnet worden, was eine finanzielle Mehrbelastung darstelle. Er hat außerdem hausärztliche Bescheinigungen vorgelegt, wonach er Krankenkost benötige. Dieses Vorbringen ist ausreichend substantiiert, um die Verpflichtung zur Amtsermittlung auszulösen. Weder das SG noch das LSG haben den Kläger befragt, welche Krankheiten vorliegen und bei welchen Ärzten er in Behandlung ist. Der Kläger wurde auch nicht aufgefordert, seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, damit die Gerichte sachverständige Zeugenauskünfte einholen können, nach denen dann zu entscheiden gewesen wäre, ob ggf medizinische oder ernährungswissenschaftliche Sachverständigengutachten einzuholen sind. Während des Verwaltungsverfahrens ist zwar eine amtsärztliche Stellungnahme eingeholt worden. Das vom LSG herangezogene Schreiben des Amtsarztes Sch vom 25.1.2006 ist nicht allein zur Überzeugungsbildung geeignet, weil es dort lediglich heißt, dass aufgrund vorliegender hausärztlicher Angaben die Gewährung eines Mehrbedarfs nach dem üblicherweise zugrunde gelegten Begutachtungsleitfaden nicht in Betracht komme. Mangels Mitteilung der Tatsachengrundlage ist die vom Amtsarzt Sch mitgeteilte Würdigung nicht nachvollziehbar.

18

Auch mit den Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 (<vgl NDV 2008, 503 ff> Mehrbedarfsempfehlungen 2008) allein konnte das LSG die Frage nicht beantworten. Die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 sind keine antizipierten Sachverständigengutachten, weshalb die Gerichte sie nicht in normähnlicher Weise anwenden können. Antizipierte Sachverständigengutachten geben über den konkreten Einzelfall hinaus die Erfahrungen und den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine bestimmte Frage wieder. Voraussetzung für eine gerichtliche Verwertung ist, dass das antizipierte Sachverständigengutachten auf wissenschaftlicher Grundlage von Fachgremien ausschließlich aufgrund der zusammengefassten Sachkunde und Erfahrung ihrer sachverständigen Mitglieder erstellt worden ist, dass es immer wiederkehrend angewendet und von Gutachtern, Verwaltungsbehörden, Versicherungsträgern, Gerichten sowie Betroffenen anerkannt und akzeptiert wird (BSG Urteil vom 2.5.2001 - B 2 U 24/00 R = SozR 3-2200 § 581 Nr 8 mwN; vgl auch Gusy, NuR 1987, 156 ff; Keller, SGb 2003, 254 ff; Siefert, ASR 2011, 45 ff).

19

Ob die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind, wird nicht einheitlich beantwortet (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Teilweise wird die Annahme eines antizipierten Sachverständigengutachtens befürwortet (vgl etwa LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.2.2009 - L 9 B 339/08 AS; LSG Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 19.12.2008 - L 8 B 386/08), teilweise wird dies verneint (Krauß in Hauck/Noftz, § 21 RdNr 64, 36. Ergänzungslieferung V/11; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40, 40. Ergänzungslieferung November 2010; Siefert, ASR 2011, 45 <49>; Kohte in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 21 RdNr 17).

20

Die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 sind schon ihrer Konzeption nach keine antizipierten Sachverständigengutachten. Sie erheben selbst nicht diesen Anspruch, indem sie zu Recht betonen, dass es auf den jeweiligen Einzelfall ankomme (zu diesem Aspekt vgl Krauß in Hauck/Noftz, § 21 RdNr 64, 36. Ergänzungslieferung V/1), dass insoweit die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung bestehe, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 20 SGB X), dass der Katalog der Krankheiten in den Empfehlungen nicht abschließend sei, dass es bei der Bestimmung und Anerkennung eines Mehrbedarfs naturgemäß Beurteilungs- und Bewertungsdifferenzen in Wissenschaft und Praxis der Medizin gebe und dass sich ernährungswissenschaftliche und diätetische Anschauungen und Erkenntnisse wandeln könnten (vgl die Erläuterungen Löher, NDV 2008, 503 <504, 506, 509>). Die Verwaltung und die Gerichte dürfen daher die Aussagen in den Empfehlungen weder normähnlich anwenden noch als allgemeingültige Tatsachen heranziehen. Allgemeinkundige Tatsachen sind nur solche, von denen verständige und erfahrene Menschen regelmäßig ohne Weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich aus allgemein zugänglichen, zuverlässigen Quellen unschwer überzeugen können oder auch solche, die in einem größeren oder kleineren Bezirk einer beliebig großen Menge bekannt sind oder wahrnehmbar waren und über die man sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde unterrichten kann (vgl BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R unter Hinweis auf BSG Urteil vom 5.3.2002 - B 2 U 27/01 R - ZfS 2002, 237).

21

Es fehlt außerdem an der immer wiederkehrenden Anwendung und langfristigen allgemeinen Akzeptanz der Empfehlungen. Dies ergibt sich schon aus der wechselvollen Entstehungsgeschichte der Mehrbedarfsempfehlungen, die binnen eines Jahrzehnts in der überarbeiteten Fassung zu deutlich geänderten Ergebnissen kommen und die erforderliche allgemeine Akzeptanz (noch) gar nicht entwickeln konnten. Bei der Erstellung der Mehrbedarfsempfehlungen, die schon im früheren Recht der Sozialhilfe nach § 23 Abs 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Anwendung fanden(vgl BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R = SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 25), haben Wissenschaftler aus medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Fachbereichen zusammengearbeitet. Die Mehrbedarfsempfehlungen wurden 1997 in überarbeiteter Form ausgegeben und sahen seinerzeit - unter Berufung auf eine einheitliche Auffassung der medizinischen Wissenschaft und auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse - medizinische Krankenkost für eine Reihe von Erkrankungen vor. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II die Mehrbedarfsempfehlungen 1997 herangezogen werden(BT-Drucks 15/1516, S 57). Hierauf wurde den Mehrbedarfsempfehlungen 1997 zunächst der auch von der Beklagten angewandte "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung (Krankenkostzulagen) gem. § 23 Abs 4 BSHG"(Verlag Landschaftsverband Westfalen-Lippe 2002 ), entwickelt von Ärzten der kommunalen Gesundheitsämter, gegenübergestellt, der für deutlich weniger Erkrankungen Krankenkost anerkannte, und auf den das SG seine Entscheidung wesentlich stützte. Jedoch hat das BVerfG eine Abweichung von den Mehrbedarfsempfehlungen 1997 zu Lasten der Rechtsuchenden als begründungspflichtig angesehen und überdies ausgeführt, dass der auch von der Beklagten verwendete Begutachtungsleitfaden 2002 hierfür nicht ausreichend sei (BVerfG Beschluss vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - RdNr 8 f; zur Kritik am Begutachtungsleitfaden s auch OVG Niedersachen Beschluss vom 13.10.2003 - 12 LA 385/03 = NDV-RD 2003, 130 m Anm Höft-Dzemski). Die überarbeiteten Mehrbedarfsempfehlungen 2008 sahen dann - wiederum unter Berufung auf eine einheitliche Auffassung der medizinischen Wissenschaft und auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse - für deutlich weniger Erkrankungen Krankenkost vor, als die Mehrbedarfsempfehlungen 1997.

22

Auch durch die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 wird deshalb die Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären (§ 20 SGB X bzw § 103 SGG), nicht aufgehoben. Mithin haben die Instanzgerichte jeweils den genauen krankheitsbedingten Mehrbedarf der Kläger im Einzelnen aufzuklären (so bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 und BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R). Dies haben die Vorinstanzen nicht in ausreichendem Maße getan.

23

Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 ersetzen daher nicht allein eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall, sondern dienen nur als Orientierungshilfe, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; Behrend in jursPK-SGB II, 3. Aufl 2011, § 21 RdNr 64). Sie stehen nicht am Anfang, sondern erst am Ende der von Amts wegen durchzuführenden Einzelfallermittlungen und können insbesondere zu einem Abgleich mit den Ergebnissen der Amtsermittlung führen. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind dann ggf weitere Ermittlungen medizinischer und ggf ernährungswissenschaftlicher Art (vgl dazu BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen) entbehrlich, wenn die Ergebnisse der individuellen behördlichen und gerichtlichen Amtsermittlungen keine Abweichungen von den Empfehlungen des Deutschen Vereins erkennen lassen. Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (Senatsurteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, so auch bereits BSG Urteile vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn der streitgegenständliche Zeitraum vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lag. Auch dies hat der Senat bereits entschieden (Urteil vom 10.5.2011, aaO).

24

4. Das LSG wird auch den Kreis K am Verfahren zu beteiligen haben. Soweit ein Vorverfahren stattfindet, ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 95 SGG). Entgegen den Ausführungen des LSG hat nicht die Beklagte, sondern jeweils der Kreis K die Widerspruchsbescheide erlassen (§ 6 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB II idF des Gesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014). Eine Entscheidung kann nur einheitlich gegenüber der Beklagten und dem Leistungsträger, dem Kreis K, ergehen.

25

Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2.
Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung,
3.
Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten,
3a.
Organ oder Mitglied eines Organs einer Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechtsanwälten oder europäischen niedergelassenen Rechtsanwälten oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Patentanwälten oder niedergelassenen europäischen Patentanwälten im Zusammenhang mit der Beratung und Vertretung der Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Berufsausübungsgesellschaft im Bereich der Wirtschaftsprüfung, Buchprüfung oder Hilfeleistung in Steuersachen oder ihrer rechtsanwaltlichen oder patentanwaltlichen Tätigkeit,
4.
Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,
5.
Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
6.
staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder
7.
Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Amtsträger oder Europäischer Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
4.
Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates,
5.
öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder
6.
Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Einem Geheimnis im Sinne des Satzes 1 stehen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse eines anderen gleich, die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfaßt worden sind; Satz 1 ist jedoch nicht anzuwenden, soweit solche Einzelangaben anderen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bekanntgegeben werden und das Gesetz dies nicht untersagt.

(2a) (weggefallen)

(3) Kein Offenbaren im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen Geheimnisse den bei ihnen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen zugänglich machen. Die in den Absätzen 1 und 2 Genannten dürfen fremde Geheimnisse gegenüber sonstigen Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Personen erforderlich ist; das Gleiche gilt für sonstige mitwirkende Personen, wenn diese sich weiterer Personen bedienen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der in den Absätzen 1 und 2 Genannten mitwirken.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm bei der Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Tätigkeit als mitwirkende Person oder als bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen tätiger Datenschutzbeauftragter bekannt geworden ist. Ebenso wird bestraft, wer

1.
als in den Absätzen 1 und 2 genannte Person nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind,
2.
als im Absatz 3 genannte mitwirkende Person sich einer weiteren mitwirkenden Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, bedient und nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, oder
3.
nach dem Tod der nach Satz 1 oder nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichteten Person ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart, das er von dem Verstorbenen erfahren oder aus dessen Nachlass erlangt hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.

(6) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist alleinstehend und bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung, die durch zwei Gas-Einzelöfen und einen Heizlüfter im Bad beheizt wird. Im Oktober 2004 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Alg II und legte dabei eine Bescheinigung ihrer Hausärztin vor, wonach bei ihr aufgrund eines Diabetes mellitus Typ I Krankenkost (Diabeteskost) erforderlich sei.

3

Mit Bescheid vom 13.11.2004 bewilligte der Beklagte Alg II von Januar bis Mai 2005 in Höhe von 794,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 777,16 Euro, wobei er neben einem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 134 Euro einen monatlichen Mehrbedarf von 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ I berücksichtigte. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gering sei und ihr einschließlich Praxisgebühr und Zuzahlung monatliche Kosten in Höhe von mindestens 50 Euro entstünden. Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2005 bewilligte der Beklagte daraufhin für die Zeit von Januar bis Mai 2005 monatlich 795,23 Euro und für Juni 2005 775,18 Euro. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies er als unbegründet zurück.

4

Am 1.3.2005 erhob die Klägerin Klage zum SG und begründete ihre Klage insbesondere damit, dass eine Anpassung des seit 1997 nicht erhöhten Mehrbedarfsbetrages zu erfolgen habe, die Regelleistung in Höhe von 345 Euro zu gering sei und zusätzliche Stromkosten von monatlich 11 Euro zu berücksichtigen seien, weil sie ihr Bad mit einem Heizlüfter beheize. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 4.3.2005, 7.9.2005 und 15.11.2005 zuletzt Leistungen für Januar und Februar in Höhe von monatlich 806,33 Euro, für März 689,26 Euro, für April 810,33 Euro, für Mai 802,82 Euro und für Juni 2005 782,72 Euro bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beklagte am 29.6.2006 ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, der Klägerin über die mit Bescheid vom 15.11.2005 zuerkannten Leistungen hinaus für März 2005 Leistungen in Höhe von 795,23 Euro (gemäß dem Widerspruchsbescheid), für Mai 2005 in Höhe von 807,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 784,46 Euro (gemäß dem Bescheid vom 4.3.2005) zu bewilligen. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen. Mit Urteil vom 29.6.2006 hat das SG die darüber hinausgehende Klage abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 15.12.2006 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie einen Bedarf habe, der in der Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Insofern werde auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen, wonach ein Mehrbetrag für kostenaufwändige Ernährung nach dem Krankheitsbild der Klägerin nicht gerechtfertigt sei und die Kosten für Arztbesuche und Zuzahlungen im Regelbetrag enthalten seien.

6

Auf die Revision der Klägerin hat das BSG mit Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - das Urteil des LSG vom 15.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, da es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehle, insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für eine kostenaufwändige Krankenernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II.

7

Das LSG hat hierauf die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Außerdem hat das LSG ein gerichtliches Sachverständigengutachten bei dem Internisten Dr. S. eingeholt. Mit Urteil vom 23.10.2009 hat das LSG der Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zugesprochen. Insoweit sei bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) ein Anteil an den Stromkosten, der für eine angemessene Beheizung des Bades mittels des vorhandenen Heizlüfters erforderlich sei, ergänzend zu berücksichtigen. Der konkrete Stromverbrauch des Heizlüfters zur Beheizung des Bades - etwa über einen getrennten Zähler - werde nicht erfasst. Die vom SG berücksichtigte Betriebsdauer des Heizlüfters von einer halben Stunde täglich sei sehr knapp bemessen, weshalb zu Gunsten der Klägerin im Rahmen der Schätzung eine volle Stunde zugrunde gelegt werde. Insgesamt belaufe sich die der Klägerin zustehende Nachzahlung für Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 60,69 Euro. Im Übrigen hat das LSG die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibe es jedoch bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro monatlich. Eine Verrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung komme nicht in Betracht.

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 21 Abs 5 SGB II. Das Tatbestandsmerkmal "medizinische Gründe" in § 21 Abs 5 SGB II umfasse auch nicht krankheitsbedingte und in der körperlichen Verfassung eines Menschen liegende Umstände, die ärztlich festgestellt werden könnten. Vorliegend bestehe ein erhöhter Grundumsatz bzw ein erhöhter Kalorienverbrauch, der zu einer finanziellen Mehrbelastung führe, welche die bereits monatlich gewährten 25,56 Euro deutlich übersteige. Weder der Wortlaut der Norm noch die Gesetzesbegründung würden die Beschränkung auf Gesundheitsschäden hergeben. Ausgehend von ihren Angaben, wonach sie bereits seit ihrer Kindheit habe sehr viel essen müssen, hätte das LSG eine individuelle Kaloriemetrie zur Ermittlung ihres erhöhten Grundbedarfs durchführen müssen. Der Hinweis des LSG auf die Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gehe fehl, da ein pauschaler Regelleistungsbetrag nur den durchschnittlichen Bedarf decke. Die vorliegend erforderliche Vollkost lasse sich nicht aus dem Regelsatz finanzieren. Auch hierzu fehle es an Feststellungen des LSG. Es liege eine Verletzung des § 170 Abs 5 SGG vor, da das LSG insoweit entgegen der Rechtsprechung des BSG die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 herangezogen und hieraus abgeleitet habe, dass Vollkost aus dem Regelsatz finanzierbar sei. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfs, der nicht von den Leistungen nach § 20 SGB II erfasst werde, jedoch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken sei. Schließlich sei der vom LSG errechnete Betrag für die Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen fehlerhafter Anwendung der Rundungsregel des § 41 Abs 2 SGB II um 1 Euro zu niedrig.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 13. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005, dieser in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 4. März 2005, 7. September 2005 und 15. November 2005 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

12

1. Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 nach den Feststellungen des LSG leistungsberechtigt als erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Damit hat sie Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II, idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954).

13

2. Die Klägerin hat weder wegen eines erhöhten Kalorienbedarfs noch aufgrund einer etwaigen Ernährung mit sog "Vollkost" einen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

14

a) Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten nach § 21 Abs 5 SGB II einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dieser ergänzt die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 21 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er umfasst Bedarfe, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind (§ 21 Abs 1 SGB II).

15

Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Die Gewährung des Mehrbedarfs allein kann damit nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

16

b) Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Es muss also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

17

aa) Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 21 Abs 5 SGB II bewusst an den Rechtszustand des § 23 Abs 4 BSHG angeknüpft. Danach war für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur war ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs (Hofmann in: LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Unter der Geltung des BSHG wurde die kostenaufwändige Ernährung gemäß § 23 Abs 4 BSHG deshalb auch als "Krankenkostzulage" bezeichnet(vgl Knopp/Fichtner, BSHG, 5. Aufl 1983, § 23 RdNr 22; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl 1997, § 23 RdNr 30; Schoch, Sozialhilfe, 3. Aufl 2001, S 167; Hofmann in LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; Linhart, BSHG § 23 RdNr 14 - Stand 39. EL, Juli 2004).

18

Wie in der früheren Sozialhilfe, dem Referenzsystem für das SGB II (BT-Drucks 15/1514 S 1), wollte der Gesetzgeber auch im Rahmen des Alg II einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung vorsehen. In der Gesetzesbegründung ist unter Bezugnahme auf den Rechtszustand des BSHG zum Tatbestandsmerkmal "aus medizinischen Gründen" ausgeführt worden: "Wie in der Sozialhilfe ist auch im Rahmen des Arbeitslosengeldes II ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung vorgesehen. Hierbei ist eine Präzisierung dahin gehend vorgenommen worden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen ist. Zur Angemessenheit des Mehrbedarfs können die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden." (BT-Drucks 15/1516, S 57).

19

Auch die vergleichende Betrachtung der Vorschriften des § 21 Abs 5 SGB II und des § 30 Abs 5 des SGB XII bestätigt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung erforderlich ist. Die Definition des Kreises der Anspruchsberechtigten ist in § 21 Abs 5 SGB II zwar anders formuliert als in § 30 Abs 5 SGB XII, der dem früheren § 23 Abs 4 BSHG nachgebildet ist. Gemäß § 30 Abs 5 SGB XII in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Hingegen sind auch anspruchsberechtigt erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer aufwendigen Ernährung bedürfen. Wie aufgezeigt, sollte nach der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs 5 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) mit der Formulierung klargestellt werden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen sei.

20

Folglich hat der Gesetzgeber inhaltliche Unterschiede zwischen § 21 Abs 5 SGB II und § 30 Abs 5 SGB XII nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Leistungen ist es in beiden Fällen, durch die krankheitsbedingte besondere Ernährung drohende oder bestehende Gesundheitsschäden abzuwenden oder zu verhindern (Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 49 f; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II § 21 RdNr 32, 34; Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25; Simon in: jurisPK-SGB XII, § 30 RdNr 92; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Anspruchsvoraussetzung bei § 21 Abs 5 SGB II ist daher immer das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung. Dementsprechend hat auch das BSG bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bislang stets von "Krankenernährung" oder "krankheitsbedingtem Mehrbedarf" gesprochen(BSG vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R) und ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nur vorliegen, wenn eine oder mehrere Erkrankungen eine kostenaufwändige Ernährung bedingen (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; vgl auch BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

21

bb) Der von der Klägerin behauptete erhöhte Kalorienbedarf ist nach den Feststellungen des LSG nicht auf eine Krankheit, also auf einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, zurückzuführen. Nach diesen Feststellungen liegen bei der Klägerin zwar verschiedene Krankheiten, insbesondere ein Diabetes mellitus Typ I vor; diese verursachen jedoch weder einen erhöhten Kalorienbedarf noch einen anderen Ernährungsmehrbedarf iS des § 21 Abs 5 SGB II. Das LSG hat den Sachverhalt vollständig und ausreichend ermittelt, indem es sachverständige Zeugenauskünfte sowie ein internistisches ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt hat, um sich die erforderliche Sachkunde zu verschaffen. Damit hat das LSG von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben, Gebrauch gemacht (vgl BSG vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO). Ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt nicht vor.

22

Nach den Feststellungen, die das LSG nach ausreichenden Ermittlungen des Sachverhalts getroffen hat, liegen keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Krankenkost vor. Das LSG konnte nach der vorgenommenen eigenständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Prüfung der Umstände des Einzelfalles dahinstehen lassen, ob die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären ( § 20 SGB X bzw § 103 SGG ), nicht aufgehoben. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall.

23

Unabhängig von der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend zB Sächsisches LSG vom 27.8.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.6.2009 - L 7 AS 250/08; Bayerisches LSG vom 23.4.2009 - L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2010 - L 19 <20> AS 50/09 - und vom 4.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Empfehlungen 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe dienen und es sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (so bereits zu den Empfehlungen 1997: BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 7 f). Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es auch keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse auch mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn diese Zeiträume betreffen, die vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lagen (so bereits Sächsisches LSG vom 26.2.2009 - L 2 AS 152/07; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08). Wenn dann - wie vorliegend - nach dem Ergebnis der im Einzelfall durchgeführten Amtsermittlung eine Abweichung von den Empfehlungen nicht festzustellen ist (vgl zu diesem Gesichtspunkt auch BVerfG vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - juris RdNr 19), ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich.

24

cc) Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II ein Mehrbedarf zu gewähren ist, hat das LSG zu Recht davon abgesehen, den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf der Klägerin zu ermitteln. Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, ist § 21 Abs 5 SGB II jedoch kein Auffangtatbestand(Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 24).

25

dd) Die Ernährung mit einer sog "Vollkost" bei Diabetes mellitus I/II unterfällt nicht § 21 Abs 5 SGB II, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern um eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt.

26

Die Vollkost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten. Auch insoweit gilt, dass für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, § 21 Abs 5 SGB II kein Auffangtatbestand ist.

27

3. Der Sache nach ist das Begehren der Klägerin demnach darauf gerichtet, für ihren geltend gemachten individuellen Ernährungsbedarf eine höhere Regelleistung zu erstreiten. Dieses Begehren hat gleichfalls keinen Erfolg.

28

a) Im streitgegenständlichen Zeitraum besteht lediglich ein Anspruch auf eine monatliche Regelleistung in Höhe von 345 Euro. Zwar hat das BVerfG die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, ua die des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht. Vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber wurde lediglich verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 ff - juris RdNr 210 ff; BVerfG vom 18.2.2010 - 1 BvR 1523/08; BVerfG vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09; BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R). Folglich ist im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die der Klägerin im Jahre 2005 bewilligte Regelleistung in Höhe von 345 Euro für den hier streitigen Zeitraum hinzunehmen ist (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R - juris RdNr 16).

29

b) Zudem hat das BVerfG ausgeführt, die Regelleistung reiche zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums aus: "Für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro nach § 20 Abs 2 1. Halbsatz SGB II aF kann eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden, weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist. So kommt beispielsweise eine Untersuchung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu dem Ergebnis, dass die Beträge des § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung für 'Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren' sowie für 'Beherbergungsdienstleistungen, Gaststättenbesuche' die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken können (vgl seine Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3. Aufl., sub III 2 )" (RdNr 152 des Urteils vom 9.2.2010).

30

c) Eine abweichende Bedarfsermittlung kommt nicht in Betracht. Nach dem Leistungssystem des SGB II ist eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung nicht vorgesehen (vgl dazu BSG 18.6.2008 - B 14 AS 22/07 R - BSGE 101, 70 76 f = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 S 65 f). Dies gilt sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers. Bei der Ernährung handelt es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gedeckt werden soll. Es ist konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II, eine abweichende Festsetzung der Bedarfe, wie sie § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, gerade nicht vorzusehen. Folglich gestattet es das SGB II nicht, außerhalb von § 21 Abs 5 SGB II einen individuellen Ernährungsbedarf bedarfserhöhend geltend zu machen.

31

Der Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung entspricht im Übrigen auch dem Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit einer Pauschalierung der Regelleistung im SGB II verband. Die pauschalierte Regelleistung sollte gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Diese sind darauf angewiesen, mit dem in der Regelleistung pauschaliert enthaltenen Betrag ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Außerhalb der gemäß § 21 SGB II gewährten Mehrbedarfe und der gemäß § 23 Abs 3 SGB II aF - in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung - gewährten einmaligen Leistungen sind monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Das System des SGB II ist insofern abschließend (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 91 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 45).

32

In diesem vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten System der pauschalierten Regelleistung ist weder - wie von der Klägerin begehrt - eine individuelle Kaloriemetrie vorzunehmen, noch durch eine isolierte Herausnahme und Überprüfung einzelner Bedarfspositionen zu prüfen, ob eine bestimmte individuell gewünschte Ernährungsweise von einer bestimmten Bedarfsposition der Regelleistung direkt erfasst und abgebildet wird. Das BVerfG hat hierzu im Urteil vom 9.2.2010, aaO, RdNr 205 ausgeführt: "Die Gewährung einer Regelleistung als Festbetrag ist grundsätzlich zulässig. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (vgl BVerfGE 87, 234 <255 f>; 100, 59 <90>; 195 <205>). Dies gilt auch für Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Allerdings verlangt Art 1 Abs 1 GG , der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt wird. Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar. Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich ist […], kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotenzial zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten ist.“

33

Folglich ist nicht individuell zu ermitteln, ob eine bestimmte Ernährungsweise, die nicht von § 21 Abs 5 SGB II umfasst wird, sondern aus der Regelleistung zu bestreiten ist, im Einzelnen von der entsprechenden Bedarfsposition gedeckt wird. Denn es ist Sache des Hilfebedürftigen selbst, über die Verwendung des bewilligten Festbetrages im Einzelnen zu bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen.

34

4. Ansprüche auf Gewährung einer von der Regelleistung abweichenden Leistung auf der Grundlage sonstiger Anspruchsgrundlagen bestehen gleichfalls nicht.

35

a) Die Klägerin kann keinen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 73 SGB XII herleiten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich auch der 14. Senat des BSG angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zugleich muss auch der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert sein (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242, 250 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22 f; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 19 f). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil es sich bei der Ernährung mit ausgewogener Mischkost bzw sog "Vollkost" um einen typischen, innerhalb des SGB II zu befriedigenden Bedarf handelt.

36

b) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die durch eine Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (aaO) geschaffene Härtefallregelung, die der Gesetzgeber mittlerweile mWv 3.6.2010 in § 21 Abs 6 SGB II geregelt hat(Gesetz vom 27.5.2010, BGBl I 671). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (insbesondere RdNr 207) klargestellt, dass der von ihm verfassungsrechtlich abgeleitete, zusätzliche Anspruch immer dann notwendig werde, wenn ein bestimmter fortlaufender atypischer Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II nicht gedeckt werden könne. Nach den Feststellungen des LSG kann die Klägerin keinen derartigen besonderen Bedarf geltend machen.

37

5. Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen höheren Leistungsbetrag mit Rücksicht auf die fehlerhafte Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II durch das LSG. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der Ansatz des LSG hinsichtlich der hier ausnahmsweise als KdU anteilig zu berücksichtigenden Stromkosten nicht zu beanstanden ist. Das LSG hat jedoch nicht beachtet, dass lediglich Endzahlbeträge der monatlichen Leistung nach § 41 Abs 2 SGB II zu runden sind, Zwischenberechnungsschritte aber von der Rundung ausgenommen sind(vgl BSG SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 25).

38

Aus einer fehlerhaften Anwendung der Rundungsregelung folgt hier schon deshalb kein höherer Zahlbetrag, weil der Beklagte - wie bereits ausgeführt worden ist - bei der Leistungsbewilligung einen Betrag von monatlich 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung in Ansatz gebracht hatte, auf den die Klägerin keinen Anspruch hatte. Zwar folgt hieraus nicht, dass die Bescheide durch den erkennenden Senat zu Lasten der Klägerin zu ändern waren, denn einer solchen Änderung steht das Verbot der reformatio in peius entgegen (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 8; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274, 281 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 S 130). Da jedoch im Verfahren der Anspruch auf Alg II einschließlich der angemessenen KdU insgesamt streitig ist, kann die Klägerin einen höheren Zahlbetrag nur beanspruchen, wenn der Verfügungssatz der Bewilligung von Alg II sich insoweit der Höhe nach als unrichtig erweist. Insoweit ist die Höhe der Leistung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

39

Dem steht nicht entgegen, dass das BSG eine Beschränkung des Klagebegehrens auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw die Kosten für Unterkunft für zulässig erachtet hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18), denn die Klägerin hat eine Beschränkung ihres Klagebegehrens nicht vorgenommen. Eine (Teil-)Bestandskraft ist hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des zuerkannten Mehrbedarfs folglich nicht eingetreten.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme der Beiträge für die freiwillige Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung der Klägerin für den Monat Juni 2009 sowie der darauf entfallenden Säumniszuschläge und der Mahngebühr durch die Beklagte.

2

Die 1966 geborene Klägerin bezog bis Mai 2006 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) von der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) F Nachdem vom ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit F festgestellt worden war, dass sie ab 1.6.2006 voraussichtlich länger als sechs Monate vermindert oder nicht erwerbsfähig sei, bewilligte die Beklagte vom 1.6.2006 an Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), zuletzt für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis 31.5.2009, verlängert bis 30.6.2009 (Bescheide vom 4.7.2007 und vom 15.5.2009). Vom Beginn des Bezugs von HLU an war die Klägerin bei der B Ersatzkasse (BEK) freiwillig versichertes Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und pflichtversichert in der sozialen Pflegeversicherung; die im jeweiligen Monat fälligen Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigte die Beklagte bei der Bewilligung von HLU in voller Höhe.

3

Ab 1.7.2009 bezog die Klägerin wieder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheid vom 28.5.2009). Von diesem Zeitpunkt an war sie wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) II pflichtversichertes Mitglied in der GKV und der sozialen Pflegeversicherung. Die BEK forderte sie mit bestandskräftigem Mahnbescheid vom 28.7.2009 auf, die am 15.7.2009 fällig gewordenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Juni 2009 in Höhe von insgesamt 155,99 Euro zuzüglich Säumniszuschläge von insgesamt 1,50 Euro und einer Mahngebühr von 2 Euro (insgesamt 159,49 Euro) zu zahlen. Die Klägerin beantragte daraufhin am 31.7.2009 bei der Beklagten die Übernahme dieser Beträge; dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 4.8.2009; Widerspruchsbescheid vom 8.10.2009).

4

Ein danach bei der ARGE F gestellter Antrag auf Übernahme der Beiträge für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung für Juni 2009 blieb ebenfalls erfolglos (Bescheid vom 1.2.2010; Widerspruchsbescheid vom 8.4.2010; Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.8.2010). Das Berufungsverfahren beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 7 AS 4297/10) ist noch anhängig und ruht.

5

Die gegen die Entscheidung der Beklagten beim SG Freiburg erhobene Klage auf Zahlung der Beiträge für Juni 2009 und der darauf entfallenden Säumniszuschläge und der Mahngebühr hatte keinen Erfolg (Urteil des SG vom 5.5.2010). Die Berufung hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 22.12.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Bedarf der Klägerin gemäß § 32 Abs 2 und 3 SGB XII iVm § 19 Abs 1 SGB XII sei im Hinblick auf die Übernahme der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung für den Monat Juni 2009 erst mit Fälligkeit dieser Beiträge am 15.7.2009 und damit zu einem Zeitpunkt entstanden, als diese wegen des Alg-II-Anspruchs nicht mehr nach § 19 Abs 1 SGB XII leistungsberechtigt gewesen sei(§ 5 Abs 2 SGB II). Der Beitragsanspruch der BEK für Juni 2009 sei zwar gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) im Juni entstanden; gemäß § 10 Abs 1 Satz 2 der einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27.10.2008 (Die Beiträge 2009, 183 ff) seien diese Beiträge allerdings erst bis zum 15. des dem Beitragsmonat folgenden Monats (Fälligkeitstag) zu zahlen.

6

Die Klägerin rügt eine fehlerhafte Anwendung der §§ 19, 32 SGB XII. Die Beiträge zur Sozialversicherung würden grundsätzlich mit ihrer Entstehung fällig, sodass bereits im Juni 2009 auch der Anspruch auf Erstattung der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung entstanden sei. Zwar schulde der Versicherte die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erst zum 15. des Folgemonats. Dieses Entgegenkommen der Krankenkasse den Versicherten gegenüber betreffe allerdings lediglich die Innenbeziehung zwischen Krankenkasse und Versichertem. Die Angemessenheit der betreffenden Beiträge sei unbestritten. Da sie (die Klägerin) abwechselnd im SGB-II- und SGB-XII-Leistungsbezug und weder Einkommen noch Vermögen in Aussicht gewesen sei, entstehe eine unbillige Härte, wenn sie allein durch den Wechsel zwischen den Leistungssystemen auf den Versicherungsbeiträgen für Juni 2009 "sitzen bleibe". Diese Beträge seien weder aus dem Regelsatz noch durch Ansparleistungen aufzubringen. Für sie (die Klägerin) sei durch keinen Hinweis der Beklagten möglich gewesen, die Einstellung der Leistungen bezüglich der Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge rechtzeitig zu erkennen. Deshalb habe sie auch zusätzlich ein Anspruch auf Übernahme fälliger Mahngebühren und Säumniszuschläge.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 4.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 159,49 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG lässt sich nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der Beiträge für Juni 2009 (einschließlich der Zuschläge) gegen die Beklagte hat.

11

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 4.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2009 (§ 95 SGG), mit dem die Übernahme für die im Juni 2009 entstandenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (einschließlich der Mahngebühr und der Säumniszuschläge) abgelehnt worden ist; eine beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor Erlass eines Widerspruchsbescheids gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder die Festsetzung ihrer Art und Höhe erfolgt in Baden-Württemberg dabei abweichend von § 116 Abs 2 SGB XII nicht(vgl § 9 Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt Baden-Württemberg 469 - ). Gegen diesen Bescheid wendet sich die Klägerin mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zur Abtrennbarkeit von Leistungsansprüchen im Sinne eines eigenen Streitgegenstands (vgl nur BSGE 103, 181 ff RdNr 13 mwN = SozR 4-3500 § 42 Nr 2) haben Beklagte, SG und LSG vorliegend zu Recht lediglich darüber und nicht insgesamt über die der Klägerin zu gewährenden Sozialhilfeleistungen entschieden. § 28 SGB XII unterscheidet ausdrücklich zwischen dem Regelsatz, den Leistungen für Unterkunft und Heizung und den Sonderbedarfen nach den §§ 30 bis 34 SGB XII(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung; vgl ab 1.1.2011 § 27a Abs 2 SGB XII). Damit ist eine streitgegenständliche Beschränkung auf die Übernahme der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und dafür angefallene Säumniszuschläge und Mahngebühren möglich (so bereits BSGE 109, 281 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 32 Nr 1) und vorliegend durch die Klägerin auch eindeutig erklärt.

12

Die Beklagte (ein Stadtkreis) ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe der für die Erbringung der Hilfe zum Lebensunterhalt sachlich und örtlich zuständige Träger (§§ 3, 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm §§ 1, 2 AGSGB XII)und mangels Anordnung des Behördenprinzips (§ 70 Nr 3 SGG)die richtige Beklagte (§ 70 Nr 1 SGG).

13

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Das Jobcenter F (als Rechtsnachfolger der im Juli 2009 für die Leistungserbringung nach dem SGB II zuständig gewesenen ARGE F) war nicht nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG beizuladen (sog echte notwendige Beiladung). Dies wäre nur der Fall, wenn Dritte an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann; diese Voraussetzungen sind im Verhältnis zum Jobcenter F nicht erfüllt. Über eine Beiladung des Jobcenters F auf Grundlage des § 75 Abs 2 2. Alt SGG (sog unechte notwendige Beiladung) war mangels Rüge im Revisionsverfahren (s zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN) nicht zu befinden. Das LSG wird ggf eine Beiladung auf dieser Grundlage vorzunehmen haben, weil bei Bedürftigkeit alternative Ansprüche der Klägerin nach dem SGB II wegen der Beitragsforderung für Juni 2009, die im Juli 2009 fällig geworden ist, gegenüber dem Jobcenter F bestehen können (zum Fall der notwendigen unechten Beiladung des Trägers der Sozialhilfe, soweit Ansprüche gegen den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht bestehen, vgl bereits BSGE 97, 242 ff RdNr 11 ff mwN = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Einer Beiladung stünde nicht entgegen, wenn die Ansprüche zwischen der Klägerin und dem Beizuladenden noch anderweitig rechtshängig wären, weil mit der Beiladung eine umfassende und zeitnahe Klärung der Ansprüche der Klägerin herbeigeführt und die Gefahr widersprechender Entscheidungen vermieden werden könnte (vgl BSG SozR 2200 § 1239 RVO Nr 2 S 9).

14

Ein Anspruch gegen die Beklagte kommt nur in Betracht, wenn die Klägerin (entgegen der vom LSG nicht überprüften Annahme der Beklagten und des Jobcenters F) im Juli 2009 zwar hilfebedürftig, nicht aber wieder erwerbsfähig war. Wenn die weiteren, zur Klärung eines Anspruchs auf HLU für Juli 2009 notwendigen Ermittlungen des LSG ergeben, dass eine Leistungsberechtigung nach § 19 Abs 1 SGB XII iVm §§ 27 Abs 1 ff SGB XII im Monat Juli 2009 bestand, würde sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch an § 32 SGB XII messen. In diesem Fall wäre die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Übernahme der Beiträge (Krankenversicherung; Pflegeversicherung) nicht (bzw nicht zeitgerecht) nachgekommen; hierdurch wären die Säumniszuschläge (vgl § 26 Abs 1 SGB IV) und die Mahngebühr (vgl § 19 Abs 2 Satz 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz iVm Art 87 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz) angefallen, sodass die Beklagte auch diese Kosten zu übernehmen hätte (näher dazu später). War die Klägerin dagegen im Juli 2009 (wieder) Leistungsberechtigte nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und dabei insbesondere erwerbsfähig iS des § 8 Abs 1 SGB II, ergäbe sich ein Anspruch auf Übernahme der Beiträge nur gegenüber dem Jobcenter F, nicht aber gegenüber der Beklagten(§ 21 SGB XII iVm § 5 Abs 2 SGB II).

15

Welche Anspruchsnorm des SGB XII einschlägig wäre, steht nach den Feststellungen des LSG nicht fest. Als Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung durch den Sozialhilfeträger kommt einerseits § 19 Abs 1 SGBXII (idF, die die Norm durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 32 Abs 1 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens vom 20.7.2007 - BGBl I 1595 - erhalten hat) in Betracht, der die Übernahme der Beiträge im Falle einer Versicherungsberechtigung im Sinne einer sog freiwilligen Weiterversicherung (§ 9 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung -) regelt. Andererseits kann sich ein solcher Anspruch auch aus § 32 Abs 2 SGB XII ergeben, wenn eine Versicherungsberechtigung in der GKV aus § 9 Abs 1 Nr 2 bis 8 SGB V folgt. Das LSG hat § 32 Abs 2 SGB XII als einzig denkbare Anspruchsgrundlage herangezogen. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt liegt es aber nahe, dass die Klägerin während des dem Bezug von Leistungen der HLU vorangegangenen Bezugs von Alg II mindestens zwölf Monate pflichtversichertes Mitglied der GKV war (vgl § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V idF, die die Norm durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954 - erhalten hat) und sich ihr Recht zur freiwilligen Versicherung ab dem 1.6.2006 aus § 9 Abs 1 Nr 1 SGB V ergab.

16

Nach beiden denkbaren Anspruchsgrundlagen besteht ein Anspruch für freiwillig Versicherte in der GKV auf Übernahme der Beiträge gegen den Sozialhilfeträger nur, soweit die Personen die Voraussetzungen des § 19 Abs 1 SGB XII erfüllen(vgl § 32 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII wie § 32 Abs 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII). Liegen diese Voraussetzungen vor, ergäbe sich jedenfalls vorliegend für den Fall, dass § 32 Abs 2 SGB XII einschlägig ist, kein Raum für eine Ermessensentscheidung des Trägers, wie sie dem Wortlaut von § 32 Abs 2 SGB XII abweichend von Abs 1 entspräche(vgl zur Problematik der in § 32 Abs 2 SGB XII vorgesehenen Ermessenentscheidung allgemein Holzhey in juris PraxisKommentar SGB XII, § 32 SGB XII RdNr 31, und Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 32 RdNr 20, Stand Dezember 2011, die von einer Ermessensreduzierung auf Null als Regelfall ausgehen; enger noch Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 32 SGB XII RdNr 11; einen Anwendungsbereich für eine regelmäßige Ermessensausübung sehen dagegen Bieritz-Harder in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 32 SGB XII RdNr 19 f; Dauber in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 32 SGB XII RdNr 15, Stand September 2011; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 32 SGB XII RdNr 38 und Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 32 SGB XII RdNr 36, Stand November 2008). Nachdem die Beklagte während der gesamten Bezugszeit der HLU die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung übernommen hat, kann sie schon aus Gründen des Vertrauensschutzes - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nicht mehr abweichend entscheiden. Ob im Rahmen des § 32 Abs 2 SGB XII die Angemessenheit der Beiträge seit der Änderung des Gesetzes ab 1.4.2007 zu prüfen ist (vgl § 32 Abs 2 SGB XII aF und BT-Drucks 16/3100, S 189 zu Art 10), kann gegenwärtig offenbleiben, zumal sich keine Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit ergeben und auch die Beklagte solche zu keinem Zeitpunkt gesehen hat.

17

Der mit § 32 SGB XII abgedeckte, sozialhilferechtlich relevante Bedarf (Übernahme der Beiträge) wird allerdings nicht (schon) durch das Bestehen einer Krankenversicherung ausgelöst, sondern erst mit der aktuellen Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge, also mit ihrer Fälligkeit. Zwar entstehen die Beitragsansprüche in der GKV, auf die § 32 Abs 1 und 2 SGB XII als Bedarf Bezug nimmt, sobald ihre im Gesetz bestimmten Voraussetzungen vorliegen(vgl § 22 Abs 1 SGB IV); der wirksame, form- und fristgerechte Beitritt nach § 188 SGB V begründet dabei die freiwillige Versicherung nach § 9 SGB V und damit für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen(§ 223 Abs 1 SGB V). Erst der Eintritt der Fälligkeit der Beitragsansprüche, die in § 23 SGB IV(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007 - BGBl I 378 - erhalten hat) abweichend von § 271 Bürgerliches Gesetzbuch geregelt ist(dazu bereits BSGE 52, 152, 157 = SozR 2100 § 25 Nr 3 S 3), bedeutet aber, dass der Versicherungsträger als Anspruchsinhaber berechtigt ist, sofortige Zahlung zu verlangen und der Zahlungspflichtige verpflichtet ist, die Zahlung sofort zu bewirken. Erst mit Fälligkeit der Beiträge ist der Hilfebedürftige also einer Beitragsschuld ausgesetzt; an diese aktuelle Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge ist von dem Zweck des § 32 SGB XII als Teil der Hilfe zum Lebensunterhalt anzuknüpfen(zur Fälligkeit einer Forderung als maßgeblichem Zeitpunkt für den Bedarfsanfall bereits BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1 und BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 17).

18

Die durch die freiwillige Mitgliedschaft im Juni 2009 entstandenen Beiträge sind erst am 15.7.2009 fällig geworden. Dies regeln § 23 Abs 1 Satz 1 SGB IV iVm § 23 Abs 1 der Satzung der BEK (Stand 1.1.2009), die insoweit - ohne dass dies im Grundsatz zu beanstanden wäre (vgl SG Wiesbaden, Urteil vom 6.7.2011 - S 1 KR 52/10 -, mittlerweile bestätigt von BSG, Urteil vom 19.12.2012 - B 12 KR 20/11 R) - auf § 10 Abs 1 Satz 2 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler Bezug nehmen. Erst im Monat Juli gehören die Beiträge also zum Bedarf.

19

Bestand im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge ein Anspruch auf deren Übernahme, zählen auch die angefallenen Säumniszuschläge und die Mahngebühr zu den nach § 32 SGB XII übernahmefähigen Kosten. Das freiwillig versicherte Mitglied trägt und zahlt die Beiträge allein (§ 250 Abs 2, § 252 Abs 1 Satz 1 SGB V), auch wenn die Beiträge nach § 32 SGB XII übernommen werden(vgl auch § 32 Abs 1 Satz 3 SGB XII und § 32 Abs 5 Satz 5 SGB XII in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung). Damit treffen zwar grundsätzlich den Empfänger von Sozialhilfeleistungen selbst bei verspäteter Weiterleitung von erhaltenen Beiträgen an die Krankenkasse die Folgen des Zahlungsverzuges. Ist er dagegen mittellos, weil entsprechende Ansprüche vom Träger der Sozialhilfe rechtswidrig nicht (oder nicht rechtzeitig) gewährt worden sind, gehören auch die Säumnis- und Mahnkosten zu den übernahmefähigen Kosten, weil sie für den Hilfeempfänger unabwendbar waren (ähnlich zu Folgekosten bei verspäteter Gewährung eines Darlehens zur Abwendung von Mietschulden BSGE 106, 190 ff RdNr 35 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41).

20

So könnte die Sache hier liegen. Die Beklagte hatte Kenntnis von der Bedarfslage der Klägerin im Juli 2009; einerseits war ihr das Bestehen der freiwilligen Versicherung (auch) im Juni 2009 bekannt, andererseits waren schon während der gesamten Bezugszeit von HLU die Krankenversicherungsbeiträge erst mit ihrer Fälligkeit im Folgemonat gezahlt worden. Die Klärung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen - vor allem also der Erwerbsfähigkeit - fiel in den Verantwortungsbereich der Beklagten. War die entsprechende Sachverhaltsaufklärung objektiv fehlerhaft, stellen sich die Folgen eines solchen Verwaltungshandelns für die Klägerin als unabwendbar dar. Ob die Erhebung von Säumniszuschlägen und einer Mahngebühr rechtmäßig war, ist schon deshalb unerheblich, weil der Bescheid der BEK bestandskräftig geworden ist (vgl zum Verwaltungsaktcharakter der Mahngebühr BSGE 108, 229 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-4200 § 44b Nr 3).

21

Bestand dagegen ein Anspruch im Juli 2009 nicht, weil die Klägerin (wieder) erwerbsfähig und damit dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II war, wird das LSG Ansprüche der Klägerin gegen den (dann beizuladenden) Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II(idF, die die Norm rückwirkend zum 1.1.2009 durch Art 14b des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 - BGBl I 1990 - erhalten hat) zu prüfen haben.

22

Einem Anspruch nach § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II steht nicht schon entgegen, dass beim Wechsel vom Leistungssystem des SGB XII in das des SGB II aus dem Bezug von Alg II regelmäßig eine Pflichtmitgliedschaft in der GKV folgt und damit die freiwillige Mitgliedschaft in der GKV mit dem ersten Tag des Bezugs von Alg II endet(vgl § 191 Nr 2 SGB V). § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II setzt nach dem ersten Halbsatz für einen Anspruch auf Beitragszuschuss zwar voraus, dass der Bezieher von Alg II (oder von Sozialgeld) in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig (oder familienversichert) ist. Der Wortlaut bringt jedoch nur zum Ausdruck, dass überhaupt die Notwendigkeit zu einer (anderweitigen) Absicherung im Krankheitsfall bestehen muss. Unter Beachtung des in § 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) enthaltenen Optimierungsgebots(dazu BSG SozR 4-3500 § 30 Nr 4 RdNr 23 und § 44 Nr 2 RdNr 13, jeweils mwN) ist bei der Auslegung des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 1. Halbsatz SGB II auf den Monat abzustellen, für den die Beiträge zu entrichten sind; für diesen Monat (im Fall der Klägerin also für Juni 2009) besteht deshalb trotz einer später eingetretenen Pflichtversicherung die Notwendigkeit für die Absicherung durch eine freiwillige Mitgliedschaft in der GKV. Im Übrigen entsteht auch nach den Maßstäben des SGB II der Bedarf wegen der Beitragspflicht in der freiwilligen Krankenversicherung erst mit Fälligkeit des Beitrags für den vorangehenden Monat im laufenden Monat des Bezugs von Alg II (oder Sozialgeld). Es handelt sich bei dem Beitrag für den Vormonat also auch dann um einen tatsächlich im Bezugsmonat eingetretenen Bedarf nach dem SGB II, wenn die entsprechende Absicherung vor Beginn der Leistungsberechtigung nach dem SGB II vorgenommen worden ist (entsprechend für den Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung: BSGE 106, 190 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 17, Nr 50 RdNr 14 und Nr 58 RdNr 15). Diese Auslegung des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II ist zur Abwendung einer sonst eintretenden Deckungslücke geboten; denn es kann dem Hilfebedürftigen nach dem SGB II weder abverlangt werden, einen Betrag in dieser Höhe aus der Regelleistung zu bestreiten, noch sich wegen eines zur Existenzsicherung notwendigen Krankenversicherungsschutzes zu verschulden (vgl BSGE 107, 217 ff RdNr 33 = SozR 4-4200 § 26 Nr 1).

23

Für den von der Klägerin für Juni 2009 geschuldeten Beitrag (vgl § 59 Abs 4, § 60 Abs 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung -) zur sozialen Pflegeversicherung gilt im Ergebnis nichts anderes. Wegen der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung, die aufgrund der freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV als Pflichtbeiträge laufend für jeden Kalendertag entstehen (vgl § 20 Abs 3, § 49 Abs 1 und § 54 Abs 2 Satz 2 SGB XI), verweisen § 23 Abs 1 Satz 1 SGB IV iVm § 20 Abs 1 der Satzung der BEK - Pflegekasse - (Stand 1.1.2009) für die Fälligkeit ebenfalls auf die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler. Damit entsteht auch insoweit der zu deckende existenzsichernde Bedarf sowohl nach den Maßstäben des SGB XII als auch des SGB II erst mit Fälligkeit des laufenden Beitrags im Juli 2009. Ergeben die weiteren Ermittlungen des LSG, dass die Klägerin im Juli 2009 einen Anspruch auf Übernahme des Beitrags zur GKV nach § 32 Abs 1 oder Abs 2 SGB XII hat, besteht auch ein Anspruch auf die Übernahme des damit zusammenhängenden Beitrags zur Pflegeversicherung(vgl § 32 Abs 3 SGB XII), der in der vorliegenden Konstellation aus den dargelegten Gründen auch den auf diesen Beitrag entfallenden Säumniszuschlag und die Mahngebühr umfasst.

24

War die Klägerin dagegen im Juli 2009 Leistungsberechtigte nach dem SGB II, gehört der in diesem Monat fällig gewordene Beitrag zur Pflegeversicherung zum existenzsichernden Bedarf nach dem SGB II. Allerdings ist ein § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II entsprechender Anspruch wegen der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung im SGB II nicht geregelt. Lediglich für den Fall, dass bei Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung allein durch den Pflegeversicherungsbeitrag Hilfebedürftigkeit entsteht, ist in § 26 Abs 3 Satz 3 SGB II die Übernahme dieser Beiträge durch den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorgesehen. Im Übrigen hat der Gesetzgeber nur die Fälle einer Absicherung durch eine private Pflegeversicherung als regelungsbedürftig angesehen, obwohl insoweit keine Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung erkennbar sind. Die Regelung des § 26 SGB II ist für den Monat des Wechsels aus dem Leistungsbezug des SGB XII in das SGB II mithin lückenhaft. Auch insoweit darf nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers allerdings keine Deckungslücke zulasten des durchgehend Hilfebedürftigen hinsichtlich seiner existenzsichernden Bedarfe verbleiben. Die damit planwidrige Regelungslücke könnte durch eine analoge Anwendung des § 32 Abs 3 SGB XII mit dem Ergebnis geschlossen werden, dass bei Leistungsberechtigung nach dem SGB II auch die mit den Beiträgen für die Krankenversicherung zusammenhängenden Beiträge zur Pflegeversicherung (einschließlich der entstandenen Nebenkosten) vom Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu übernehmen sind.

25

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.

(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:


für den Geburtsjahrgangerfolgt eine Anhebung um Monateauf Vollendung eines Lebensalters von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.

(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.

(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:

1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede,
2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.

(3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.

(4) Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat

1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder
2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
Bei einer abweichenden Regelsatzfestsetzung nach Satz 1 Nummer 1 sind für die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben die sich nach § 5 Absatz 1 oder nach § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes für die jeweilige Abteilung ergebenden Beträge zugrunde zu legen. Beschränkt sich die anderweitige Bedarfsdeckung auf einzelne in die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben je Abteilung eingegangenen Verbrauchspositionen, sind die regelbedarfsrelevanten Beträge zugrunde zu legen, auf denen die in § 5 Absatz 1 und § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes genannten Beträge für die einzelnen Abteilungen beruhen. Für Leistungsberechtigte, denen Bedarfe nach § 34 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar. Für Leistungsberechtigte, die in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 leben und denen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar für Bedarfe, die durch einen Vertrag über die Überlassung von Wohnraum nach § 42a Absatz 5 Satz 6 Nummer 1, 3 und 4 gedeckt werden. Für Leistungsberechtigte, denen ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 anzuerkennen ist, ist Satz 1 für die dadurch abgedeckten Aufwendungen nicht anwendbar.

(5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a übersteigen, sind zu berücksichtigen.

(2) Zusätzlich zu den nach § 82 Absatz 2 vom Einkommen abzusetzenden Beträgen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen abzusetzen, soweit sie einen Betrag von 26 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(3) Die Verletztenrente nach dem Siebten Buch ist teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund eines in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erlittenen Gesundheitsschadens erbracht wird. Dabei bestimmt sich die Höhe des nicht zu berücksichtigenden Betrages nach der Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes, die für den Grad der Schädigungsfolgen zu zahlen ist, der der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent beträgt der nicht zu berücksichtigende Betrag zwei Drittel, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

(4) Erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel in einem Land nach § 29 Absatz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 festgesetzte und fortgeschriebene Regelsätze und sieht das Landesrecht in diesem Land für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel eine aufstockende Leistung vor, dann ist diese Leistung nicht als Einkommen nach § 82 Absatz 1 zu berücksichtigen.

(5) § 39 Satz 1 ist nicht anzuwenden.

Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. § 39 gilt entsprechend.

Lebt eine nachfragende Person gemeinsam mit anderen Personen in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft, so wird vermutet, dass sie gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft) und dass die nachfragende Person von den anderen Personen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Soweit nicht gemeinsam gewirtschaftet wird oder die nachfragende Person von den Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft keine ausreichenden Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, ist ihr Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Satz 1 gilt nicht

1.
für Schwangere oder Personen, die ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreuen und mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammenleben, oder
2.
für Personen, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches sind oder im Sinne des § 61a pflegebedürftig sind und von in Satz 1 genannten Personen betreut werden; dies gilt auch, wenn die genannten Voraussetzungen einzutreten drohen und das gemeinsame Wohnen im Wesentlichen zum Zweck der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung erfolgt.

(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a übersteigen, sind zu berücksichtigen.

(2) Zusätzlich zu den nach § 82 Absatz 2 vom Einkommen abzusetzenden Beträgen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen abzusetzen, soweit sie einen Betrag von 26 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(3) Die Verletztenrente nach dem Siebten Buch ist teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund eines in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erlittenen Gesundheitsschadens erbracht wird. Dabei bestimmt sich die Höhe des nicht zu berücksichtigenden Betrages nach der Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes, die für den Grad der Schädigungsfolgen zu zahlen ist, der der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent beträgt der nicht zu berücksichtigende Betrag zwei Drittel, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

(4) Erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel in einem Land nach § 29 Absatz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 festgesetzte und fortgeschriebene Regelsätze und sieht das Landesrecht in diesem Land für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel eine aufstockende Leistung vor, dann ist diese Leistung nicht als Einkommen nach § 82 Absatz 1 zu berücksichtigen.

(5) § 39 Satz 1 ist nicht anzuwenden.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:

1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,
2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b,
3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7,
4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a,
b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:

1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,
2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b,
3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7,
4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a,
b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:

1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,
2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b,
3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7,
4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a,
b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben.

(2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbedarfsstufen zuerst mit der sich nach Absatz 3 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (Basisfortschreibung) und das Ergebnis mit der sich nach Absatz 4 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (ergänzende Fortschreibung). Für nachfolgende Fortschreibungen ab dem Jahr 2024 sind jeweils die nicht gerundeten Eurobeträge, die sich aus der Basisfortschreibung des Vorjahres nach Absatz 3 ergeben haben, erneut nach Absatz 3 fortzuschreiben und die sich daraus ergebenden Eurobeträge mit der Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung nach Absatz 4 fortzuschreiben.

(3) Die Veränderungsrate für die Basisfortschreibung ergibt sich aus der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex). Für die Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate des Mischindexes wird die sich aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 70 Prozent und die sich aus der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 30 Prozent berücksichtigt. Maßgeblich ist jeweils die Veränderungsrate, die sich aus der Veränderung in dem Zwölfmonatszeitraum, der mit dem 1. Juli des Vorvorjahres beginnt und mit dem 30. Juni des Vorjahres endet, gegenüber dem davorliegenden Zwölfmonatszeitraum ergibt.

(4) Maßgeblich für die Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung der sich nach Absatz 3 ergebenden nicht gerundeten Eurobeträge der Regelbedarfsstufen ist jeweils die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorvorjahres. § 28 Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Ergeben sich aus der Fortschreibung nach den Absätzen 2 bis 4 für die Regelbedarfsstufen Eurobeträge, die niedriger als die im Vorjahr geltenden Eurobeträge sind, gelten die für das Vorjahr bestimmten Eurobeträge solange weiter, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragt das Statistische Bundesamt mit der Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate

1.
für den Zeitraum nach Absatz 3 für
a)
die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und
b)
die durchschnittliche Nettolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer,
2.
für den Zeitraum nach Absatz 4 für die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen.

(1) Werden die Regelbedarfsstufen nach § 28 neu ermittelt, gelten diese als neu festgesetzte Regelsätze (Neufestsetzung), solange die Länder keine abweichende Neufestsetzung vornehmen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn die Regelbedarfe nach § 28a fortgeschrieben werden.

(2) Nehmen die Länder eine abweichende Neufestsetzung vor, haben sie die Höhe der monatlichen Regelsätze entsprechend der Abstufung der Regelbedarfe nach der Anlage zu § 28 durch Rechtsverordnung neu festzusetzen. Sie können die Ermächtigung für die Neufestsetzung nach Satz 1 auf die zuständigen Landesministerien übertragen. Für die abweichende Neufestsetzung sind anstelle der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen, die sich nach § 28 aus der bundesweiten Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ergeben, entsprechend aus regionalen Auswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ermittelte Regelbedarfsstufen zugrunde zu legen. Die Länder können bei der Neufestsetzung der Regelsätze auch auf ihr Land bezogene besondere Umstände, die die Deckung des Regelbedarfs betreffen, berücksichtigen. Regelsätze, die nach Absatz 1 oder nach den Sätzen 1 bis 4 festgesetzt worden sind, können von den Ländern als Mindestregelsätze festgesetzt werden. § 28 Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt für die Festsetzung der Regelsätze nach den Sätzen 1 bis 4 entsprechend.

(3) Die Länder können die Träger der Sozialhilfe ermächtigen, auf der Grundlage von nach Absatz 2 Satz 5 bestimmten Mindestregelsätzen regionale Regelsätze festzusetzen; bei der Festsetzung können die Träger der Sozialhilfe regionale Besonderheiten sowie statistisch nachweisbare Abweichungen in den Verbrauchsausgaben berücksichtigen. § 28 Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt für die Festsetzung der Regelsätze nach Satz 1 entsprechend.

(4) Werden die Regelsätze nach den Absätzen 2 und 3 abweichend von den Regelbedarfsstufen nach § 28 festgesetzt, sind diese in den Jahren, in denen keine Neuermittlung der Regelbedarfe nach § 28 erfolgt, jeweils zum 1. Januar durch Rechtsverordnung der Länder mit der Veränderungsrate der Regelbedarfe fortzuschreiben, die sich nach der Rechtsverordnung nach § 40 ergibt.

(5) Die nach den Absätzen 2 und 3 festgesetzten und nach Absatz 4 fortgeschriebenen Regelsätze gelten als Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
die für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a und für die Fortschreibung des Teilbetrags nach § 34 Absatz 3a Satz 1 maßgeblichen Prozentsätze zu bestimmen und
2.
die Anlagen zu den §§ 28 und 34 um die sich durch die Fortschreibung nach Nummer 1 zum 1. Januar eines Jahres ergebenden Regelbedarfsstufen sowie um die sich aus der Fortschreibung nach § 34 Absatz 3a Satz 1 und 2 ergebenden Teilbeträge zu ergänzen.
Der Prozentsatz nach Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 28a Absatz 3 ist auf zwei Dezimalstellen zu berechnen; die zweite Dezimalstelle ist um eins zu erhöhen, wenn sich in der dritten Dezimalstelle eine der Ziffern von 5 bis 9 ergibt. Der Prozentsatz nach Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 28a Absatz 4 ist auf eine Dezimalstelle zu berechnen; die erste Dezimalstelle ist um eins zu erhöhen, wenn sich in der zweiten Dezimalstelle eine der Ziffern von 5 bis 9 ergibt. Die Bestimmungen nach Satz 1 erfolgen bis spätestens zum Ablauf des 31. Oktober des jeweiligen Jahres.

(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.

(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:

1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede,
2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.

(3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.

(4) Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat

1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder
2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
Bei einer abweichenden Regelsatzfestsetzung nach Satz 1 Nummer 1 sind für die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben die sich nach § 5 Absatz 1 oder nach § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes für die jeweilige Abteilung ergebenden Beträge zugrunde zu legen. Beschränkt sich die anderweitige Bedarfsdeckung auf einzelne in die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben je Abteilung eingegangenen Verbrauchspositionen, sind die regelbedarfsrelevanten Beträge zugrunde zu legen, auf denen die in § 5 Absatz 1 und § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes genannten Beträge für die einzelnen Abteilungen beruhen. Für Leistungsberechtigte, denen Bedarfe nach § 34 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar. Für Leistungsberechtigte, die in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 leben und denen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar für Bedarfe, die durch einen Vertrag über die Überlassung von Wohnraum nach § 42a Absatz 5 Satz 6 Nummer 1, 3 und 4 gedeckt werden. Für Leistungsberechtigte, denen ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 anzuerkennen ist, ist Satz 1 für die dadurch abgedeckten Aufwendungen nicht anwendbar.

(5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:

1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,
2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b,
3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7,
4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a,
b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Im Zusammenhang mit der Aufhebung von SGB II-Leistungen ist streitig, in welcher Höhe die Kosten des Warmwasserverbrauchs von den Gesamtkosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum von April 2008 bis September 2008 abgesetzt werden können.

2

Die Klägerin ist Mieterin einer 65,93 qm großen Wohnung mit einer beheizbaren Fläche von 52,43 qm. Ab 1.1.2008 betrug die Gesamtmiete 525,15 Euro monatlich (Nettokaltmiete iHv 303,94 Euro einschließlich Umlagen für Betriebskosten in Höhe von 105,96 Euro, für Zentralheizung in Höhe von 68,87 Euro, für Kabel in Höhe von 9,66 Euro, für den Aufzug in Höhe von 11,69 Euro und für Warmwasser in Höhe von 25,03 Euro). Heizung und Warmwasser werden insgesamt durch Fernwärme bereitgestellt. Der Anteil für Warmwasser wird nach der Quadratmeterfläche der Wohnungen ermittelt, nicht jedoch auf der Grundlage des individuellen Verbrauchs durch Warmwasserzähler umgelegt.

3

Der Beklagte bewilligte der Klägerin für den Zeitraum vom 1.4.2008 bis 30.9.2008 zunächst SGB II-Leistungen in Höhe von 425,91 Euro monatlich, wobei er als KdU eine Gesamtmiete in Höhe von 360 Euro monatlich berücksichtigte (Bescheid vom 29.2.2008). Nachdem die Klägerin einen Untermietvertrag mit R ab 15.2.2008 eingereicht hatte, bewilligte der Beklagte ihr neben den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iHv 171,46 Euro bzw - ab 1.7.2008 - iHv 175,46 Euro monatlich (Änderungsbescheid vom 23.5.2008) für den Zeitraum vom 1.5.2008 bis 30.9.2008 nur noch KdU in Höhe von 220 Euro monatlich. Mit den Bescheiden vom 10.7.2008 und 26.8.2008 hob er die Bescheide vom 29.2.2008 und 23.5.2008 "wegen Änderung der Verhältnisse gem. § 48 SGB X" teilweise auf. Er bewilligte SGB II-Leistungen für April/Mai 2008 iHv 304,38 Euro, für Juni 2008 iHv 231,06 Euro, für Juli 2008 iHv 232,89 Euro, für August 2008 iHv 125,89 Euro und für September 2008 iHv 96,23 Euro (Bescheid vom 26.8.2008). Dabei berücksichtigte er die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe (525,15 Euro monatlich), setzte einen Betrag für Warmwasser iHv 25,03 Euro, das Renteneinkommen, die Einkünfte aus Vermietung sowie Minderungsbeträge wegen der Absenkung von Leistungen nach § 31 SGB II ab. Im Übrigen wies er die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 23.5.2008, 10.7.2008 und 26.8.2008 als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 27.8.2008).

4

Das SG Berlin hat den Beklagten - entsprechend dem Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - verurteilt, "unter Abänderung des Bescheides vom 29.2.2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.5.2008, vom 10.7.2008 und vom 26.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.8.2008 von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich eine Pauschale für die Warmwasserbereitung für den Zeitraum April bis Juni 2008 von monatlich lediglich 6,56 Euro und für den Zeitraum Juli bis September 2008 von monatlich lediglich 6,63 Euro abzuziehen" (Urteil vom 21.4.2009). Die vom LSG Berlin-Brandenburg zugelassene Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg (Beschluss vom 29.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Beklagte dürfe von den tatsächlich an den Mieter zu zahlenden Kosten für die Warmwasserbereitung nur die im Regelsatz enthaltenen Pauschalen abziehen. Nach der Rechtsprechung des BSG, von der jedenfalls nicht zu Gunsten des Beklagten abzuweichen sei, seien separat erfasste Kosten für die Warmwasserbereitung nur dann von den an den Vermieter zu leistenden Nebenkosten abzuziehen und nicht als Kosten der Unterkunft iS des § 22 Abs 1 SGB II zu erstatten, wenn die tatsächlichen Kosten konkret erfasst werden könnten. Wie der vorliegende Fall zeige, könne mietvertraglich eine separate Berechnung der Warmwasserkosten vereinbart, die konkrete Umlage aber nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch, sondern nach dem quadratmetermäßigen Anteil am Gesamtverbrauch zu ermitteln sein. Zwar spreche viel dafür, die an den Vermieter zu zahlenden Kosten für die Warmwasserbereitung generell als Kosten für Unterkunft und Heizung anzusehen. Gegen die Argumentation des Beklagten sei aber einzuwenden, dass die Kosten der Warmwasserbereitung nicht generell bereits in der Regelleistung enthalten seien, sondern nur in Höhe des im Regelsatz hierfür vorgesehenen Betrags. Die konkrete Berücksichtigung widerspreche aber dem Prinzip der Regelleistung.

5

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und § 20 SGB II. Die Energiekosten für die Warmwasserbereitung seien als Kosten der Haushaltsenergie stets Bestandteil der Regelleistung und nicht der Kosten der Unterkunft und Heizung. Ob Aufwendungen des jeweiligen Mieters als Aufwendungen für Energiekosten für die Warmwasserbereitung anzusehen seien, ergebe sich aus der jeweiligen Vereinbarung im Mietvertrag in Verbindung mit der Heizkosten-Verordnung. Ließen sich aufgrund mietvertraglicher Vereinbarung die (voraussichtlichen) Aufwendungen des Mieters und Leistungsbeziehers als aufgeschlüsselte und abtrennbare Aufwendungen für Energiekosten der Warmwasserbereitung zuordnen, gehörten sie nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung, sondern zur Regelleistung. Die Bedarfseinordnung der Energiekosten der Warmwasserbereitung zur Regelleistung oder zu den Kosten der Unterkunft und Heizung könne nicht allein vom Vorhandensein bzw Fehlen technischer Vorrichtungen zur individuellen Verbrauchserfassung abhängen. Es entspreche nicht der Konzeption der Regelleistung als Pauschale, dass das LSG und das BSG die Verbrauchsposition Haushaltsenergie bzw einen Teil dieser Verbrauchsposition, die Energiekosten der Warmwasserbereitung, einer einzelnen juristischen Prüfung unterzögen, in dem ein pauschaler Wert für die in der Regelleistung enthaltenen Energiekosten der Warmwasserbereitung festgelegt werde.

6

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29.12.2009 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21.4.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie trägt vor, bei allen im Mietvertrag vorgesehenen Zahlungen an den Vermieter handele es sich um Kosten der Unterkunft und Heizung iS von § 22 SGB II. Rechtlich sei auch geklärt, dass die Kosten der Warmwasserbereitung als Kosten für Haushaltsenergie bereits im Regelsatz enthalten seien und nicht doppelt gewährt werden dürften. Ein entsprechender Anteil dürfe und müsse deshalb von den Kosten der Unterkunft abgezogen werden. Die Berechnung der Warmwasserpauschale folge dem praktischen Bedürfnis, einen konkreten Betrag zu benennen, der hierfür im Regelsatz vorgesehen sei.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat die allein von dem Beklagten eingelegte Berufung gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte die Bewilligung von SGB II-Leistungen in dem Zeitraum vom 1.4.2008 bis 30.9.2008 wegen der allein zwischen den Beteiligten streitigen Kosten des Warmwasserverbrauchs in unzutreffender Höhe aufgehoben hat.

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide vom 23.5.2008, 10.7.2008 und 26.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.8.2008, mit denen der Beklagte die mit dem Bescheid vom 29.2.2008 bewilligten Leistungen teilweise aufgehoben hat. Gegen diese Bescheide wendet sich die Klägerin zu Recht nur mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG), weil mit ihrer Aufhebung die im Bewilligungsbescheid vom 29.2.2008 enthaltene Verfügung über die Bewilligung von SGB II-Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.4.2008 bis 30.9.2008 wirksam bleibt. Zwar ist die Beschränkung auf eine reine Anfechtungsklage dem Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht unmittelbar zu entnehmen. Sie ergibt sich jedoch aus dem Umstand, dass mit den angefochtenen Bescheiden vom 23.5.2008, 10.7.2008 und 26.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.8.2008, deren Inhalt Ausgangspunkt für die Bestimmung des Streitgegenstands ist (vgl Behrend in Hennig, SGG, § 95 RdNr 27 mwN, Stand August 2009), jeweils teilweise die mit dem Bewilligungsbescheid vom 29.2.2008 - aber auch den weiteren Bescheiden - zuerkannten Leistungen aufgehoben wurden.

11

Mit ihrem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und dem Klageantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 21.4.2009 hat die anwaltlich vertretene Klägerin ihr Begehren - unter Akzeptanz der Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 29.2.2008 im Umfang des letzten Aufhebungsbescheids vom 26.8.2008 idF des Widerspruchsbescheids vom 27.8.2008 - ausdrücklich darauf beschränkt, dass sie in dem streitigen Zeitraum von April 2008 bis September 2008 wegen der geringeren Höhe der zu berücksichtigenden Warmwasserkosten um 18,47 Euro (Zeitraum: April bis Juni 2008) bzw um 18,40 Euro (Zeitraum: Juli bis September 2008) erhöhte SGB II-Leistungen erhalten müsse. Der Höhe nach ist die Überprüfung der angefochtenen Bescheide vom 23.5.2008, 10.7.2008 und 26.8.2008 idF des Widerspruchsbescheids vom 27.8.2008 daher darauf beschränkt, ob diese Aufhebungsbescheide gemäß § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 SGB III sowie § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X insoweit rechtswidrig waren und daher abzuändern sind. Die Klägerin hat sich gegen die Auslegung ihres Klagebegehrens im Sinne einer höhenmäßigen Begrenzung des Streitgegenstandes durch das SG nicht mit dem Rechtsmittel der Berufung gewandt, sondern im Klage, Berufungs- und Revisionsverfahren stets nur die Höhe des Abzugs für die Warmwasserkosten beanstandet.

12

2. Unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs 1 SGB X für eine Aufhebung des Bescheids vom 29.2.2008 für die Vergangenheit in dem mit den angefochtenen Bescheiden angenommenen Umfang sind das SG und LSG jedenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nur geringere Pauschalen für die Warmwasserbereitung als der von dem Beklagten zugrunde gelegte Betrag von 25,03 Euro abgesetzt werden können (vgl zur Höhe der abgesetzten Beträge unter 3).

13

Bei Anwendung des § 22 Abs 1 Halbs 1 SGB II sind grundsätzlich diejenigen tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen als Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigungsfähig, die auf einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden(vgl zu Nebenkosten, die ihrer Art nach in § 2 Betriebskostenverordnung aufgeführt sein müssen: BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R, BSGE 102, 274 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 23/06 R, SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 24). Es reicht regelmäßig aus, dass der Hilfebedürftige insofern einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R, BSGE 104, 179 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 24 RdNr 16; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 16). Entsprechend orientiert sich auch die Übernahme der Aufwendungen für die Warmwasserbereitung gemeinsam mit den Kosten für Heizung zunächst an den tatsächlichen Gegebenheiten. Erfolgt eine einheitliche Bereitstellung der Fernwärme für Heizung und Warmwasser, ist also eine zweifelsfreie Trennung der tatsächlichen Aufwendungen nach den normativ in § 20 SGB II enthaltenen Kosten für die Warmwasserbereitung und den nach § 22 SGB II zu erbringenden Aufwendungen für Heizung tatsächlich nicht möglich(Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 34), sind auch die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für Warmwasser als nicht bestimmbarer Anteil gemeinsam mit denen für Heizung zu bewerten und damit grundsätzlich in tatsächlich geschuldeter Höhe erstattungsfähig (vgl auch Hölzer in Sozialrecht aktuell 2009, 14, 15).

14

Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind von den tatsächlich aufzuwendenden Kosten der Unterkunft und Heizung dann die darin in nicht konkret bestimmbarer Höhe enthaltenen Kosten der Warmwasserbereitung in Abzug zu bringen, weil letztere Bestandteil der Regelleistung und daher mit der Leistung nach § 20 SGB II bereits abgegolten sind(BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 20 ff; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R, BSGE 102, 274 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 24; BSG Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 35/06 R RdNr 22; Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Leitfaden - Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, 2009, S 35 ff; vgl die Ergänzung des § 20 Abs 1 SGB II um den Bedarf "Haushaltsenergie" durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706). In Höhe desjenigen Anteils, mit dem über die Regelleistung der Bedarf für Kosten der Warmwasserversorgung gedeckt wird, würde der Hilfebedürftige doppelt Leistungen erhalten, gewährte der Grundsicherungsträger ihm zusätzlich die Kosten der Heizung in vollem Umfang. Diese - nur die Kosten für die Bereitung von Warmwasser betreffende - "Herausrechnung" aus der Regelleistung folgt dem praktischen Bedürfnis zur handhabbaren Ermittlung der ansonsten "zweifachen Bedarfsdeckung" bei dem regelmäßig anfallenden Bedarf an Warmwasser. Der Einwand des Beklagten, die Energiekosten für die Warmwasserbereitung seien als Kosten der Haushaltsenergie stets Bestandteil der Regelleistung, soweit sie in der mietvertraglichen Vereinbarung in einer festgestellten Höhe gesondert ausgewiesen würden, berücksichtigt nicht ausreichend, dass die im Mietvertrag berücksichtigten Kosten hier keine tatsächlichen Aufwendungen, sondern "fiktive Kosten" sind, die in unklarem Umfang auch Heizkosten beinhalten können. Die angemessenen Aufwendungen für Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden jedoch in tatsächlicher Höhe und gerade nicht pauschaliert übernommen. Soweit mit den Kosten für Heizung - tatsächlich und nicht abtrennbar - Kosten für die Warmwasserbereitung verbunden sind, greift der Grundsatz der tatsächlichen Bedarfsdeckung deshalb auch hinsichtlich dieser Kosten. Eine nicht auf dem tatsächlichen konkreten Verbrauch beruhende mietvertragliche Festlegung des Kostenanteils für Warmwasser kann deshalb nicht zu Lasten des Hilfebedürftigen zu einem Abzug führen, der über den Regelleistungsanteil für Warmwasser hinausgeht.

15

Trotz Bereitstellung zusammen mit der Energie für Heizung werden die Warmwasserkosten nur dann nicht gemeinsam mit den Kosten iS des § 22 SGB II bewertet, wenn sie gesondert und exakt auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs des Hilfebedürftigen berechnet werden können. Sind technische Vorrichtungen vorhanden, mit denen die Kosten für die Warmwasserbereitung separat erfasst werden können, sind die tatsächlichen Kosten hierfür von den gesamten Kosten für Heizung und Warmwasser getrennt berechenbar und in Abzug zu bringen (BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 5; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R, BSGE 104, 179 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 24). Nach den Feststellungen des LSG liegt ein derartiger Sachverhalt hier jedoch nicht vor.

16

3. Zwar hat das LSG den Abzugsbetrag für die Warmwasserkosten in unzutreffender Höhe berücksichtigt. Der Senat hat sich insofern bereits in seinem Urteil vom 22.9.2009 (B 4 AS 8/09 R, BSGE 104, 179 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 24 RdNr 28 ff) den Ausführungen des 14. Senats im Urteil vom 27.2.2008 (B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 24 f) angeschlossen und ist davon ausgegangen, dass die internen Verschiebungen des prozentualen Anteils der einzelnen Rechnungsposten durch die EVS 2003 keine Auswirkungen auf die Höhe der Regelleistung und damit auf die Höhe des Betrags haben, der den SGB II-Leistungsempfängern tatsächlich zur Verfügung stand. Die Erhöhung wirke sich daher gleichmäßig auf alle in die Regelleistung eingeflossenen Bedarfe, also auch die Haushaltsenergie, aus (BSG aaO). Soweit vorliegend zu Lasten der Klägerin ein höherer Betrag abgesetzt worden ist, konnte dies im Revisionsverfahren nicht korrigiert werden, weil die Klägerin nicht mit den ihr möglichen Rechtsmitteln der Berufung und Revision gegen das erstinstanzliche Urteil vorgegangen ist.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. September 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.6.2007 bis 31.12.2010.

2

Die 1947 geborene Klägerin wohnt seit 1975 mit dem 1941 geborenen L zusammen. 1986 zogen sie in ein gemeinsam finanziertes und im jeweils hälftigen Eigentum stehendes Eigenheim. Die laufenden Ausgaben für die Finanzierung des Hauses, die Versorgung mit Energie und den Telefonanschluss finanzieren die Klägerin und L seither über ein gemeinsames Konto. Darüber hinaus verfügen beide über eigene Konten, für die dem jeweils anderen eine Verfügungsvollmacht erteilt wurde. Für die das Hauseigentum und den Hausrat betreffenden Versicherungen (Wohngebäude-, Hausrat- und Haftpflichtversicherung) sind beide Versicherungsnehmer.

3

Der Beklagte bewilligte der Klägerin ab 20.5.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Durch Bescheid vom 14.6.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2007 lehnte er die Fortzahlung für die Zeit ab 1.6.2007 ab. Er ging vom Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft mit L aus. Hilfebedürftigkeit sei nicht gegeben. L bezog seinerzeit eine Altersrente aus der DRV (1705,75 Euro netto monatlich) sowie eine monatliche Firmenpension (230,24 Euro netto monatlich). Die Klägerin erfülle sowohl die Voraussetzungen des § 7 Abs 3a Nr 1 SGB II, wonach ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet werde, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenlebten, als auch des § 7 Abs 3a Nr 4 SGB II, wonach die Vermutungsregel zum Tragen komme, wenn Partner befugt seien, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung auch nicht widerlegt.

4

Nach Anhörung der Klägerin und Vernehmung des L als Zeugen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.4.2009) und das LSG hat die Berufung der Klägerin hiergegen zurückgewiesen (Urteil vom 8.9.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe für die Zeit ab Juni 2007 keinen Leistungsanspruch gegen den Beklagten, weil sie nicht hilfebedürftig iS des SGB II sei. Sie sei nicht außerstande, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen sowie aus dem Einkommen und Vermögen ihres Partners L, zu sichern. Voraussetzung für die Annahme einer Partnerschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Sozialhilfe- als auch Arbeitsförderungsrecht nur eine derart dichte und auf Dauer angelegte Verbindung, dass angenommen werden könne, die Partner fühlten sich so füreinander verantwortlich, dass sie zunächst ihren gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellten, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten. Seiner Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und L habe der Beklagte bereits in Anwendung der Vermutungsregel des § 7 Abs 3a Nr 4 SGB II genügt. Selbst nach dem unstreitigen tatsächlichen Vorbringen der Klägerin seien die Voraussetzungen für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft gegeben. Denn abgesehen davon, dass die Klägerin und L ein gemeinsames Girokonto unterhielten, über das die gemeinsamen Ausgaben für das Hausgrundstück getätigt würden, bestünden auch für die von beiden allein geführten Girokonten wechselseitige Vollmachten. Darauf, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen von der erteilten Vollmacht bislang niemals Gebrauch gemacht habe, komme es nicht an, denn bereits die diesbezügliche Verfügungsbefugnis genüge, um eine Partnerschaft zu indizieren. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Anknüpfung habe der Senat keine Zweifel. Das BVerfG (Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87) habe die Befugnis, über das Partnervermögen zu verfügen, als tragendes äußeres Anzeichen für das Bestehen eines gegenseitigen Einstandswillens bereits hervorgehoben. Ob daneben zusätzlich auch die Voraussetzungen der Vermutungsregel des § 7 Abs 3a Nr 1 SGB II vorlägen, lasse der Senat dahinstehen. Die Klägerin habe die bestehende Vermutung einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nicht widerlegen können. Insoweit werde auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Aus dem eigenen Vortrag der Klägerin sowie den Angaben des L lasse sich unstreitig entnehmen, dass beide etwa 1988/89 vereinbart hätten, ein weiteres Zusammenleben auf einer als "freundschaftlich" gekennzeichneten Basis zu versuchen. Sie sähen in der gemeinsamen Erhaltung des Wohnhauses eine die Zukunftsvorstellung prägende Lebensgrundlage. Zudem hätten beide anderweitige Beziehungen auch seit 1988/89 kaum jemals, allenfalls kurzzeitig und stets nur außerhalb der häuslichen Sphäre unterhalten, nicht zuletzt um eine Störung ihres internen Verhältnisses zu vermeiden. Das langjährige Zusammenleben der Klägerin mit L habe daher auch nach 1988/89 auf einer Beziehung beruht, die trotz einer in wesentlichen Teilen selbstständigen alltäglichen Lebensführung für beide eine existenziell wichtige und anderweitige partnerschaftliche Beziehungen ausschließende Bedeutung habe. Maßgeblich sei insoweit das Bestehen einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft, die daneben keine Lebensgemeinschaft gleicher Art zulasse und sich durch eine enge innere Bindung auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründe. Da hier von der nicht widerlegten Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft auszugehen sei, komme es nicht mehr darauf an, ob daneben eine den Alltag prägenden Gemeinschaftlichkeit der Haushaltsführung oder sexuelle Beziehungen bestünden. Der Senat lasse die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, weil der Klärung bedürfe, ob in Übereinstimmung mit der von ihm vertretenen Rechtsauffassung auch eine solche Beziehung als Partnerschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II anzusehen sei, in der es an einer indiziellen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ebenso wie an einer sexuellen Beziehung fehle, bei der jedoch der insoweit selbstständigen Lebensführung in einer langjährigen gemeinsamen Wohnung eine über Jahrzehnte aufrechterhaltene persönliche Beziehung zugrunde liege, neben der anderweitige Beziehungen lediglich sporadisch und außerhalb des häuslichen Bereichs eingegangen würden, und die mit einer existenziellen Verflechtung der wirtschaftlichen Sphären der Partner durch die gemeinsame Finanzierung des Wohneigentums einhergehe.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 7 Abs 3 Nr 3c, Abs 3a SGB II. Selbst bei Vorliegen der Vermutungstatbestände müsse berücksichtigt werden, dass eine Partnerschaft dann nicht bestehe, wenn jemand sein Einkommen oder Vermögen ausschließlich zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwende. Dies sei in der Person des Zeugen L der Fall. Ein Wille, für die Klägerin einzustehen, habe nicht bestanden. Die Bedienung der Hausschulden sei Jahr für Jahr strikt getrennt hälftig durch die Klägerin und L erfolgt. Ferner habe sie seit Einstellung der Leistungen nach dem SGB II ihren Lebensunterhalt in Form von monatlichen Abhebungen von dem Sparbuch ihrer Schwester bestritten. Durch Vorlage der Kontoauszüge und der Auszahlung des Lebensversicherungsvertrages habe sie die Vermutung des § 7 Abs 3a Nr 4 SGB II widerlegt. Aus dem Vorhandensein einer wechselseitigen Kontovollmacht, die auf Verlangen der Bank bei Abschluss der Darlehnsverträge für den Hauskauf ausgestellt worden sei und von der über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren noch niemals Gebrauch gemacht worden sei, könne nicht der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, entnommen werden. Das bloße Bestehen einer wechselseitigen Kontovollmacht erfülle nicht den Tatbestand des gemeinsamen Wirtschaftens aus einem Topf, welches für die Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft einer Einstehensgemeinschaft als Voraussetzung vorzuliegen habe.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. April 2009 und das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. September 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 14. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Juni 2007 bis 31. Dezember 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Herrn L zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet.

10

Der Senat vermag nicht abschließend zu beurteilen, ob der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zustehen. Es kann nach den Feststellungen des LSG nicht erkannt werden, ob die Klägerin und L eine Bedarfsgemeinschaft bilden, in der das Einkommen und Vermögen des L bei der Berechnung des Alg II der Klägerin zu berücksichtigen ist und ihre Hilfebedürftigkeit damit entfällt. Insoweit mangelt es insbesondere an Feststellungen, die die Bewertung zulassen, dass die Klägerin und L in einer Partnerschaft sowie einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben. Sollte das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren das Vorliegen dieser beiden objektiven Tatbestandsmerkmale bejahen, wird es gleichwohl, insbesondere unter Beachtung der Revisionsbegründung, zu prüfen haben, ob die Vermutung einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen den beiden widerlegt ist.

11

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 14.6.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2007, mit dem der Beklagte die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab 1.6.2007 mangels Hilfebedürftigkeit der Klägerin aufgrund der Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des L abgelehnt hat. Die Klägerin hat den streitigen Zeitraum, für den sie Leistungen begehrt, in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat bis zum 31.12.2010 beschränkt. Sie bezieht seit dem 1.1.2011 eine Altersrente und ist damit ab diesem Zeitpunkt gemäß § 7 Abs 4 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.

12

2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Voraussetzungen der Nr 1, 2 und 4 des § 7 Abs 1 S 1 SGB II für einen Anspruch auf Alg II vorliegend gegeben sind. Ob bei der Klägerin auch Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II besteht, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. So mangelt es an Feststellungen des LSG, ob der Hilfebedarf der Klägerin durch Zuwendungen ihrer Schwester und/oder eigenes Einkommen sowie ggf ab wann gemindert oder gedeckt war. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung brauchte das LSG dies zwar keiner näheren Prüfung zu unterziehen, denn es hat das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft der Klägerin und L iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II bejaht, in der das Einkommen und Vermögen des L nach § 9 Abs 2 SGB II zur Bedarfsdeckung der Klägerin zu verwenden wäre, sodass ihre Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II entfallen sein könnte. Nach § 9 Abs 2 S 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt nach § 9 Abs 2 S 3 SGB II jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig(vgl hierzu nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 15). Das Vorliegen einer derartigen Bedarfsgemeinschaft vermag der Senat allerdings nach den Feststellungen des LSG im konkreten Fall nicht abschließend nachzuvollziehen.

13

Nach § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II(in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs 3a SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben(Nr 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nr 4). Ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen.

14

Es mangelt hier bereits an Feststellungen des LSG zum Vorliegen einer Partnerschaft zwischen der Klägerin und L sowie des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt. Das LSG hat bei seiner rechtlichen Prüfung unbeachtet gelassen, dass § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen normiert, die kumulativ vorliegen müssen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (siehe Hänlein in Gagel, SGB II, Stand 1/2009, § 7 RdNr 46 ff; S. Knickrehm in KSW, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 17; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 44 ff; Sächsisches LSG Urteil vom 7.1.2011 - L 7 AS 115/09 - juris RdNr 31; Sächsisches LSG Beschluss vom 10.9.2009 - L 7 AS 414/09 B ER - juris RdNr 58; Bayerisches LSG Beschluss vom 9.12.2009 - L 16 AS 779/09 B ER - juris RdNr 14). Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs 3a SGB II(siehe auch Wolff-Dellen in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl 2011, § 7 RdNr 31b). Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebendenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs 3a SGB II bei positiver Feststellung einer der dort aufgezählten vier Fälle - die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen(§ 20 SGB X bzw § 103 SGG) - allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden(BT-Drucks 16/1410, 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann.

15

Das SGB II knüpft insoweit an die bisherige Rechtslage und Rechtsprechung zu § 193 SGB III bzw § 137 AFG und § 122 BSHG an. Insbesondere die Notwendigkeit, dass für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwingend eine objektiv festzustellende Partnerschaft sowie Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft - neben dem subjektiven Einstehens- und Verantwortungswillen - gegeben sein muss, folgt dem bisherigen Konzept der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung bei existenzsichernden Transferleistungen.

16

§ 137 Abs 2a AFG(eingefügt zum 1.1.1986 durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG vom 20.12.1985, BGBl I 2484) regelte für den Bereich der Alhi vor Inkrafttreten des § 193 SGB III, dass Einkommen und Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, wie das Einkommen und Vermögen eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen sind. Nach der Rechtsprechung des BSG war eine eheähnliche Gemeinschaft iS des § 137 Abs 2a AFG gegeben, wenn zwei miteinander nicht verheiratete Personen, zwischen denen die Ehe jedoch rechtlich grundsätzlich möglich ist, so wie ein nicht getrennt lebendes Ehepaar in gemeinsamer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben, sie also in Übereinstimmung einen gemeinsamen Haushalt so führen, wie es für zusammenlebende Ehegatten typisch ist(BSG Urteil vom 24.3.1988 - 7 RAr 81/86 - BSGE 63, 120, 123 = SozR 4100 § 138 Nr 17; BSG Urteil vom 26.4.1989 - 7 RAr 116/87). Das BSG bezog sich hierbei (auch) auf die Vorschrift des früheren § 149 Abs 5 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung(AVAVG, idF vom 23.12.1956, BGBl I 1018 - Bekanntmachung der Neufassung vom 3.4.1957, BGBl I 321 - § 141e Abs 5 desselben Gesetzes idF vom 16.4.1956, BGBl I 243), wonach im Rahmen der dortigen Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi ebenfalls das Einkommen und Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, in gleicher Weise zu berücksichtigen war wie das Einkommen und Vermögen des Ehegatten. Diese Vorschrift hatte das BVerfG (Beschluss vom 16.12.1958 - 1 BvL 3/57, 4/57 und 8/58 - BVerfGE 9, 20 = SozR Nr 42 zu Art 3 GG) als mit dem GG vereinbar erklärt und als wesentliches Vergleichselement darauf abgestellt, dass in der eheähnlichen Gemeinschaft wie in einer Ehe "aus einem Topf" gewirtschaftet werde.

17

Ebenfalls auf das objektive Kriterium des "Wirtschaftens aus einem Topf" in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft stellte die Rechtsprechung im Bereich der Sozialhilfe ab (siehe nur BVerwG Urteil vom 27.2.1963 - BVerwGE 15, 306; BVerwG Urteil vom 20.1.1977 - BVerwGE 52, 11; BVerwG Urteil vom 20.11.1984 - BVerwGE 70, 278), wonach gemäß § 122 BSHG Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden durften als Ehegatten.

18

Zwar forderte das BVerfG in seinem Urteil vom 17.11.1992 (1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3)zu § 137 Abs 2a AFG, dass die Beziehungen in einer eheähnlichen Gemeinschaft über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen müssten. Die Partner müssten in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft dergestalt leben, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellten, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten. Demnach ist zusätzlich ein subjektives Element iS eines Verantwortungs- und Einstehenswillens erforderlich (wie ihn § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II iVm § 7 Abs 3a SGB II nunmehr auch ausdrücklich anführt). An dem Erfordernis einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft als Grundvoraussetzung änderte dies jedoch nichts. Im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG änderte sowohl das BSG als auch das BVerwG seine Rechtsprechung zwar. Sie bezogen die weiteren Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft mit ein. Das BSG ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass daneben weiter das Bestehen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Partnern erforderlich sei (siehe nur BSG Urteil vom 29.4.1998 - B 7 AL 56/97 R - SozR 3-4100 § 119 Nr 15; BSG Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 96/00 R - BSGE 90, 90, 94 = SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BSG Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 72/00 R - SozR 3-4300 § 144 Nr 10; BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 52/06 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 16 RdNr 17; ebenso in der Literatur Ebsen in Gagel, SGB III, Stand 7/1999, § 193 RdNr 54 ff; Henke in Hennig, AFG, Stand 7/1997, § 137 RdNr 33).

19

Dass auch nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II ein "Wirtschaften aus einem Topf" vorab als Voraussetzung für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zu prüfen ist, zeigt auch die Entwicklung des § 7 SGB II sowie die Gesetzesbegründung hierzu. In § 7 Abs 3 Nr 3b SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, BT-Drucks 15/1516, 52) hieß es zunächst "Zur Bedarfsgemeinschaft gehören als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen … b) die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt". Die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) zum 1.8.2006 erfolgte Änderung des § 7 Abs 3 Nr 3b SGB II sollte lediglich bewirken, dass auch Partner einer nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft eine Bedarfsgemeinschaft bilden können und damit eine Schlechterstellung von Ehepartnern, Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft aber auch Partnern einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaft im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensanrechnung aufheben(vgl BT-Drucks 16/1410, 19). Auswirkungen auf die bis dahin aufgestellten Voraussetzungen einer "eheähnlichen Gemeinschaft" waren damit nicht verbunden. Vielmehr ließen sich nun diese Voraussetzungen auch auf nicht eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften übertragen. Mit der gleichzeitigen Einfügung des § 7 Abs 3a SGB II hat der Gesetzgeber lediglich zu dem vom BVerfG geforderten wechselseitigen Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, eine Vermutungsregelung eingefügt, ohne hierdurch die objektiven Voraussetzungen einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten Partnern zu verändern.

20

a) Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von BVerfG (Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3)und BSG (s nur BSG BSGE 90, 90, 100 = SozR 3-4100 § 119 Nr 26, RdNr 39)auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen (s Hänlein in Gagel SGB II/SGB III, Stand 01/2009, § 7 SGB II RdNr 47; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 45). Anhand dieser Kriterien wird das LSG nunmehr - ohne gleichzeitige Einbeziehung des subjektiven Merkmals des Einstehens- und Verantwortungswillens - aufgrund der objektiven Gegebenheiten eine insoweit eigenständige Beweiswürdigung vornehmen müssen. Dabei wird es insbesondere die von ihm selbst dargelegten Aspekte der fehlenden sexuellen Beziehungen zwischen der Klägerin und L, der nur seltenen anderweitigen partnerschaftlichen Beziehungen beider Beteiligter und des Pflegens von anderen Beziehungen nur außerhalb des gemeinsamen häuslichen Bereichs in seine Wertung einzubeziehen haben.

21

b) Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II erfordert - wie bereits dargelegt - das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II stellt damit bereits vom Wortlaut her(im Gegensatz zu § 7 Abs 3 Nr 3a und b SGB II für den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten bzw Lebenspartner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, siehe auch BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16, RdNr 14)auf zwei Elemente ab, nämlich das Zusammenleben und kumulativ das Wirtschaften aus einem Topf (BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 6 RdNr 15; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 3; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 5/09 R - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 16; s auch Hackethal in jurisPK-SGB II, Stand 15.8.2011, § 7 RdNr 56; Hänlein in Gagel, SGB II, Stand 1/2009, § 7 RdNr 47; S. Knickrehm in KSW, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 17; A. Loose in GK-SGB II, Stand 7/2010, § 7 RdNr 7 RdNr 56.1; Sauer in Sauer, SGB II, § 7 RdNr 25; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 46; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 1/2012, § 7 RdNr 216).

22

Unter "Zusammenleben" in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes "Zusammenwohnen", wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen. Andererseits ist es für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht ehelich verbundenen Partnern zwingend, dass sie in "einer Wohnung" zusammenleben. Auch bei einer Ehe ist die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft; jedoch kann bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (Ehewohnung) eine solche iS des § 1353 BGB sein(Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl 2010, § 1353 BGB RdNr 6 ff; MünchkommBGB, 5. Aufl 2010, § 1565 RdNr 23; BGH, Urteil vom 7.11.2001 - XII ZR 247/00 - NJW 2002, 671; s auch BSGE 105, 291 = SozR 3-4200 § 7 Nr 16, RdNr 13). Haben die Ehegatten bei oder nach der Eheschließung einvernehmlich ein Lebensmodell gewählt, das eine häusliche Gemeinschaft nicht vorsieht, kann allein der Wille, diese auf absehbare Zeit nicht herzustellen, ein Getrenntleben nach familienrechtlichen Grundsätzen nicht begründen (Staudinger/Rauscher, BGB, 2004, § 1567 RdNr 51). Hier ist vielmehr regelmäßig der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten erforderlich, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs 1 BGB). Da es bei einer nichtehelichen Partnerschaft an der einzig durch die Eheschließung bereits nach außen dokumentierte Verbundenheit mangelt und dort diese nur dann verneint werden kann, wenn sie ausdrücklich nach außen hin dokumentiert wird, erfordert die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten bzw nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnern umgekehrt, dass deren Verbundenheit durch das Zusammenleben in einer Wohnung nach außen erkennbar wird.

23

Zusätzlich bedarf es zum zweiten des gemeinsamen Wirtschaftens. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen dabei über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und ggf Gemeinschaftsräumen hinaus. Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet noch keine Wirtschaftsgemeinschaft. Entscheidend insoweit ist, dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner abhängig ist. Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, was allerdings nicht bedeutet, dass der finanzielle Anteil der Beteiligung am Haushalt oder der Wert der Haushaltsführung selbst gleichwertig sein müssen. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen.

24

Hierzu mangelt es an Feststellungen des LSG. Es hat das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen der Klägerin und L im Ergebnis offen gelassen. Das LSG wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren die von ihm benannten Aspekte der gemeinsamen Finanzierung des Hauses sowie der Unterhaltungs- und Betriebskosten hierfür, die gegenseitige Erteilung von Kontovollmachten, die getrennten Haushaltskassen und im Wesentlichen getrennte Zubereitung und Einnahme der Mahlzeiten einerseits, aber ua auch die sich aus dem Vorbringen der Klägerin und den Akten ergebenden Erkenntnisse zur Haushaltsführung an sich, sei es die Organisation des Einkaufs, das Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie der Finanzierungshilfen durch die Schwester der Klägerin in seine Wertung einzubeziehen haben.

25

c) Sind die unter a) und b) benannten objektiven Voraussetzungen gegeben, gilt es den Einstehens- und Verantwortungswillen der Partner festzustellen. Diesen hat das LSG zwar für den Senat bindend, weil nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen (§ 163 SGG), bejaht. Es wird in der erneuten Entscheidung jedoch die Ausführungen der Klägerin in der Revisionsbegründung einer zusätzlichen Betrachtung unter dem Aspekt der Widerlegbarkeit der Vermutung zu unterziehen haben.

26

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

(2) Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.

Tatbestand

1

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Zeit vom 5.1.2005 bis 30.6.2005.

2

Die 1954 geborene, SGB II-Leistungen beziehende Klägerin heiratete am 5.1.2005 den 1936 geborenen H M . Beide lebten nach der Eheschließung - wie bisher - in ihren früheren Wohnungen, führten getrennte Haushalte und vereinbarten den Güterstand der Gütertrennung. Die Klägerin, die keine Absicht zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft hatte, verbrachte weiterhin drei- bis viermal wöchentlich Zeit mit ihrem Ehemann mit Gesprächen, Spaziergängen und Fernsehen. Gelegentlich wurden gemeinsame Mahlzeiten eingenommen.

3

Die Beklagte hatte der Klägerin bereits vor ihrer Eheschließung SGB II-Leistungen vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 in Höhe von 659,50 Euro monatlich bewilligt (Bescheid vom 10.11.2004). Diesen Bescheid hob sie mit Wirkung vom 5.1.2005 auf, weil die Klägerin nach ihrer Heirat nicht mehr hilfebedürftig sei. Unter Berücksichtigung der Pension ihres Ehemannes und der gesetzlich vorgesehenen Abzüge ergebe sich ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 1 521,62 Euro, das den Bedarf der Eheleute in Höhe von 936,50 Euro übersteige (Bescheid vom 27.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 31.3.2005).

4

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat das klageabweisende Urteil des SG Osnabrück geändert sowie den Bescheid vom 27.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.3.2005 aufgehoben (Urteil des SG vom 20.9.2006; Urteil des LSG vom 24.3.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Bescheid vom 27.1.2005 sei rechtswidrig, weil in den tatsächlichen Verhältnissen keine wesentliche Änderung iS des § 48 SGB X eingetreten sei. Die Klägerin bilde trotz Eheschließung keine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann, weil sie von ihm dauernd getrennt lebe und als alleinstehend iS des SGB II zu betrachten sei. Der Begriff des Getrenntlebens sei nicht ausschließlich im Sinn der Kriterien des § 1567 Abs 1 Satz 1 BGB zu verstehen, weil das Familienrecht mit dieser Definition in erster Linie Unterhaltsansprüche auf der Basis einer zuvor existierenden häuslichen und ehelichen Gemeinschaft begründe. Das Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft werde in § 7 Abs 3 SGB II nur als Zusammenkunft von Personen mit bestimmten persönlichen Zuordnungsmerkmalen zum Hauptleistungsberechtigten definiert. Neben dem personalen Bezug würden weitere Anforderungen inhaltlicher Art nicht gestellt. Eine Partnerschaft zwischen Mann und Frau, die vor der Eheschließung keine Bedarfsgemeinschaft darstelle, werde nicht allein durch die Heirat automatisch zu einer solchen, wenn sich in tatsächlicher Hinsicht nichts geändert habe. Das "dauernd getrennt lebend" iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II bestimme sich eigenständig nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift und ihres normativen Zusammenhangs mit § 2 Abs 2 Satz 1 SGB II. Es sei Absicht des Gesetzgebers, sich mit dem fürsorgerechtlichen Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft insgesamt von familienrechtlichen Einstandspflichten mit dem Ziel zu lösen, das SGB II als letztes soziales Auffangnetz zu etablieren. Mit dem Merkmal des Nichtgetrenntlebens von Ehegatten im Rahmen der Bildung von Bedarfsgemeinschaften knüpfe der Gesetzgeber wegen des Nachrangs von Grundsicherungsleistungen an die durch Ehe und Familie typischerweise gegebene wirtschaftliche und sonstige Lebenssituation an. Für die eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II prägende Einstandspflicht sei von Bedeutung, ob eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehe, wobei dem räumlichen Zusammenhang ein gewichtiges Indiz zukomme. Wenn die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Ehepartner nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben sei, liege keine Bedarfsgemeinschaft vor. Es könne nicht festgestellt werden, dass zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann eine Lebensgemeinschaft im Sinne einer räumlichen, persönlichen und geistigen Gemeinschaft wie bei Eheleuten bestehe. Auch Anhaltspunkte für eine Wirtschaftsgemeinschaft seien nicht erkennbar. Zwar möge die Absicht eines Zusammenlebens im Rahmen einer häuslichen Gemeinschaft üblicherweise dem Bild einer Ehe entsprechen. Dies schließe aber nicht aus, dass in Einzelfällen Lebensgestaltungen und Interessenlagen gegeben seien, die für eine Heirat ohne häusliche Gemeinschaft sprächen.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II. Das LSG berücksichtige nicht die hier vorliegende besondere Gestaltungsform der Ehe, in der unstreitig eine häusliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten von vornherein nicht bestanden habe bzw bestehe und bei der es sich für (wenigstens) einen Ehepartner um eine sog Versorgungs- oder Zweckehe gehandelt habe und bis zum Tod handeln solle. Bei fehlender häuslicher Gemeinschaft sei entscheidend für das Getrenntleben der nach außen erkennbare Trennungswille, dh der Wille, die Lebensgemeinschaft und damit auch die diese kennzeichnende Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft dauerhaft nicht fortsetzen zu wollen. Würden Ehen zu einem bestimmten Zweck, hier dem der Versorgung, eingegangen, könne es schon aus Gründen der Gleichbehandlung im Ergebnis nicht gerechtfertigt sein, dass die Eheleute - jedenfalls solange ihre Ehe in der vereinbarten Form "funktioniere" - nur die mit der Eheschließung verbundenen Vorteile, nicht jedoch auch die hieraus entstehenden Pflichten oder Nachteile, wie zB die Behandlung als Bedarfsgemeinschaft, in Kauf nehmen wollten. Anders als im "Normalfall" des Getrenntlebens bestehe in diesen Fällen die Lebensgemeinschaft in der vereinbarten Form fort und auch die Ehe solle dauerhaft bis zum Tod bestehen, weil sonst die gerade für die Zeit nach dem Tod des Ehepartners erwartete Versorgung nicht in der erhofften Form eintreten könne.

6

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 24. März 2009 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Osnabrück vom 20. September 2006 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) . Aufgrund fehlender Sachverhaltsfeststellungen des LSG zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ehemanns der Klägerin und dem Bedarf der Ehegatten insgesamt kann der Senat nicht beurteilen, ob und in welchem Umfang die Beklagte die Bewilligung der SGB II-Leistungen mit Wirkung vom 5.1.2005 wegen einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse aufheben durfte. Anders als vom LSG angenommen, bildete die Klägerin aber mit ihrem Ehemann ab der Heirat eine Bedarfsgemeinschaft iS des SGB II. Das Berufungsurteil beruht insofern auf einer unzutreffenden Rechtsansicht zum Begriff des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II, weil dieser ausgehend von der Typik dieser Regelung nach familienrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen ist.

10

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 27.1.2005, gegen den sich die Klägerin zu Recht (nur) mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) wendet; mit der Aufhebung dieses Bescheides bleibt die im Bewilligungsbescheid vom 10.11.2004 enthaltene Verfügung über die Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 wirksam. Bei der Prüfung, ob die Aufhebung zu Recht erfolgte, ist bei der hier vorliegenden reinen Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage zu dem Zeitpunkt maßgebend, in dem der angefochtene Verwaltungsakt erlassen worden ist (BSG, Urteil vom 20.4.1993 - 2 RU 52/92 - SozR 3-1500 § 54 Nr 18 S 46 mwN) . Gegenstand der Überprüfung des LSG-Urteils im Revisionsverfahren sind daher die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides im Januar 2005, nicht die Frage, ob zu einem späteren Zeitpunkt von einem Getrenntleben zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann ausgegangen werden kann.

11

2. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung ist § 40 Abs 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X. Hiernach ist, soweit in den Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 SGB III ist dabei mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat(§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Dabei genügt es, dass nicht der Hilfebedürftige selbst, sondern - wie hier - eine andere Person, deren wirtschaftliche Verhältnisse für den Leistungsanspruch rechtserheblich sind, Einkommen oder Vermögen erzielt hat (BSG, Urteil vom 11.1.1989 - 10 RKg 12/87 - SozR 1300 § 48 Nr 53 S 149). Neben der Frage, ob wegen des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft dem Grunde nach eine Einkommensanrechnung erfolgen kann, setzt § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auch eine Prüfung voraus, in der der Einfluss der Erzielung von Einkommen auf die Leistungshöhe vorzunehmen ist. Die letzte Prüfung hat das LSG unterlassen, weil es davon ausging, dass die Klägerin und H M auch nach ihrer Heirat keine Bedarfsgemeinschaft bildeten.

12

3.a) Die Klägerin bildete jedoch mit ihrem Ehemann mit Wirkung ab 5.1.2005 eine Bedarfsgemeinschaft, weil sie nicht zeitgleich mit der Eheschließung von ihm iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II dauernd getrennt lebte. Nach § 7 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II in der Normfassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ua der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II) .

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b) Bei der Auslegung des Begriffs des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II folgt der Senat den Grundsätzen, die zum familienrechtlichen Begriff des "Getrenntlebens" entwickelt worden sind. Neben einer räumlichen Trennung setzt dies einen Trennungswillen voraus. Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II nicht unmittelbar entnehmen, wann ein Getrenntleben iS des SGB II vorliegt. Gegen ein enges Verständnis dieses Begriffs in dem Sinne, dass Ehegatten nur dann nicht dauernd getrennt leben, wenn sie räumlich zusammen leben, jede räumliche Trennung also bereits ein Getrenntleben beinhaltet, spricht, dass sich das Getrenntleben auf die Ehe iS des § 1353 BGB beziehen muss. Da § 1353 Abs 1 BGB mit der Bestimmung einer Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft nur die Grundstrukturen der Ehe, nicht jedoch die Art und Weise vorgibt, in der sich das Zusammenleben der Ehegatten vollzieht, ist die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft; jedoch kann bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (Ehewohnung) eine solche iS des § 1353 BGB sein(Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl 2010, § 1353 BGB RdNr 6 ff; MünchkommBGB/Ey, § 1565 RdNr 23, 5. Aufl 2010; BGH, Urteil vom 7.11.2001 - XII ZR 247/00 - NJW 2002, 671). Haben die Ehegatten - wie hier - bei oder nach der Eheschließung einvernehmlich ein Lebensmodell gewählt, das eine häusliche Gemeinschaft nicht vorsieht, kann allein der Wille, diese auf absehbare Zeit nicht herzustellen, ein Getrenntleben nach familienrechtlichen Grundsätzen nicht begründen (Staudinger/Rauscher, BGB, 2004, § 1567 RdNr 51). Vielmehr muss regelmäßig der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs 1 BGB). In der hier vorliegenden Ausgangskonstellation kommt es nach familienrechtlichen Maßstäben für eine Trennung entsprechend darauf an, ob einer der Partner die bisherige Form der Lebensgemeinschaft ohne gemeinsamen Lebensmittelpunkt nicht mehr aufrecht erhalten will, das Eheband also lösen will (Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl 2010, § 1567 RdNr 5; KG Berlin, Beschluss vom 12.8.1981 - 3 WF 3833/81 - NJW 1982, 112; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.3.1981 - 7 WF 32/81 - FamRZ 1981, 677). Für die Annahme eines Getrenntlebens reicht es also entgegen der Rechtsansicht des LSG nicht aus, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Lebensgemeinschaft iS einer räumlichen, persönlichen und geistigen Gemeinschaft sowie eine Wirtschaftsgemeinschaft von vornherein nicht bestanden hat. Erforderlich ist vielmehr ein Wille zur Änderung des einvernehmlich gewählten Ehemodells. Ein solcher Trennungswille lag jedoch nach den Feststellungen des LSG im Januar 2005 weder bei der Klägerin noch bei ihrem Ehemann vor.

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c) Aus dem systematischen Kontext des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II mit den Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft folgt nicht, dass dem SGB II ein anderer Begriff des Getrenntlebens zugrunde liegt. Auch das SGB II geht davon aus, dass eine Bedarfsgemeinschaft bei Eheleuten (noch) bestehen kann, wenn diese, zB wegen des pflegebedürftigen Aufenthalts eines Ehegatten in einem Heim, räumlich voneinander getrennt leben (für die Konstellation der vorübergehenden räumlichen Trennung nach bisherigem Zusammenleben so auch: Spellbrink in Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2 Aufl 2007, § 7 RdNr 41; bei räumlicher Trennung nicht gemeinsam wirtschaftender Ehegatten: Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, II.7 RdNr 16, Stand August 2006; für die Konstellation einer räumlichen Trennung ohne Trennungswillen: S. Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl 2009, § 7 SGB II, RdNr 17). Der Grundgedanke der Bedarfsgemeinschaft beruht auf der Annahme, dass in dieser Gemeinschaft alle Mitglieder füreinander Verantwortung auch im finanziellen Sinne übernehmen. Erst nachrangig, wenn die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ihren Bedarf nicht gemeinsam decken können, sind Grundsicherungsleistungen zu gewähren (vgl § 9 Abs 1 Satz 1 SGB I; § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II). Die Vermutung einer gegenseitigen Bedarfsdeckung hat der Gesetzgeber des SGB II dabei nicht vorrangig mit dem Vorhandensein von Unterhaltsansprüchen verbunden, sondern an die in § 7 Abs 3 SGB II im Einzelnen aufgeführten tatsächlichen Umstände geknüpft(vgl BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 39) . Bei Eheleuten verlangt er - im Unterschied etwa zur Konstellation der eheähnlichen Lebensgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II) - gerade nicht das gemeinsame Leben in einem Haushalt.

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d) Mit dem Anknüpfen an den Status der Ehe in § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II unterstellt der Gesetzgeber im Sinne einer verwaltungspraktischen Anwendung der SGB II-Vorschriften vielmehr regelmäßig das Vorhandensein einer durch Ehe und Familie typischerweise gegebenen wirtschaftlichen und sonstigen Lebenssituation(vgl in anderem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 26.1.1995 - 5 C 8/93 - BVerwGE 97, 344). Dabei liegt es im Wesen einer typisierenden gesetzlichen Verallgemeinerung, dass mit dem Bezug auf bestimmte tatsächliche Verhältnisse bzw sozialtypische Befunde eine weite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einbeziehende Betrachtung stattfindet. Hierbei darf sich der Gesetzgeber grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen auszunehmen (BVerfG, Beschluss vom 11.1.2005 - 2 BvR 167/02 - BVerfGE 112, 164, 280 f; BVerfG, Beschluss vom 13.2.2008 - 2 BvL 1/06 - BVerfGE 120, 125 ff, 155). Es soll gerade nicht bei jeder Gestaltungsform der Ehe im Einzelfall geprüft werden, ob mit ihr auch eine bestimmte Form des Zusammenlebens und Wirtschaftens verbunden ist. Auch bei der hier vorliegenden Ehe ohne gemeinsamen räumlichen Lebensmittelpunkt wird daher die hiermit typischerweise verbundene wirtschaftliche und sonstige Lebenssituation unterstellt. Wie sich weiter aus den §§ 1360, 1361 und 1567 BGB ergibt, geht das BGB von der grundsätzlich auch im SGB II zu beachtenden Vermutung des Nichtgetrenntlebens von Ehegatten aus(Hohm in Gemeinschaftskommentar SGB II, § 7 RdNr 51, Stand 8/2008). Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II liegt entsprechend nur dann nicht (mehr) vor, wenn ein Getrenntleben festgestellt worden ist, was hier - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall ist.

16

e) Auch aus dem das SGB II prägenden Grundsatz der Subsidiarität, § 3 Abs 3 SGB II(vgl hierzu BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 39; BSG, Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 7) lässt sich nicht ableiten, dass der Begriff des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" iS von § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II abweichend von familienrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen ist. Nach der Neuordnung der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums durch das SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ) und das SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27. Dezember 2003 ) wird - bezogen auf Unterhaltsansprüche von Ehegatten - dem Nachranggrundsatz des SGB II entweder über die Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft oder nach Maßgabe des § 33 SGB II Geltung verschafft. Der Anspruchsübergang nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB II setzt einen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch voraus. Ginge der SGB II-Träger in Abweichung von familienrechtlichen Grundsätzen in der vorliegenden Fallkonstellation von einem Getrenntleben der Eheleute aus, könnte der Nachranggrundsatz weder über die Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft noch effektiv über § 33 SGB II umgesetzt werden, weil nach familienrechtlichen Maßstäben kein Anspruch auf Trennungsunterhalt, sondern nur ein solcher auf Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360a BGB gegeben ist. Dieser steht jedoch grundsätzlich im Ermessen der Ehegatten und ist - mit Ausnahme eines Taschen- und Wirtschaftsgeldes - regelmäßig nicht auf eine Geldrente gerichtet, über die der Empfänger frei verfügen kann (Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Aufl 2008, § 3 RdNr 1; BGH, Urteil vom 22.1.2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363; vgl zum fraglichen Übergang von Ansprüchen auf Naturalunterhalt: Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 33 RdNr 21). Insofern ist die vom LSG zur Auslegung des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II herangezogene Rechtsprechung des BVerwG auf das SGB II nicht übertragbar, weil sie wesentlich mit der Durchsetzbarkeit des sozialhilferechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs der nicht getrennt lebenden Ehegatten(§ 29 BSHG bzw § 19 Abs 5 SGB XII) zur Verwirklichung des Nachranggrundsatzes begründet worden ist (vgl BVerwG, Urteil vom 26.1.1995 - 5 C 8/93 - BVerwGE 97, 344 ff, 347).

17

4. Allerdings lässt sich aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob und ggf in welchem Umfang die Beklagte wegen des Wegfalls der Hilfebedürftigkeit der Klägerin die Bewilligung von SGB II-Leistungen gänzlich aufheben durfte. Für die Frage, in welchem Umfang die Hilfebedürftigkeit der Klägerin mit Wirkung vom Zeitpunkt der Heirat am 5.1.2005 entfallen ist, sind Feststellungen zur Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens ihres Ehemannes und seines Bedarfs, insbesondere auch seiner Kosten für Unterkunft und Heizung und möglicher Mehrbedarfe, erforderlich. Dabei wird zu prüfen sein, ob die tatsächlichen (Gesamt-) Aufwendungen der Klägerin und ihres Ehemannes iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II angemessen sind. Es sind die tatsächlichen Mietaufwendungen beider Eheleute mit den Wohnungsmieten für Zwei-Personen-Haushalte im maßgeblichen Vergleichsraum abzugleichen. Auch soweit die Unterkunftskosten den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, kann nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II eine weitere (befristete) Kostenübernahme durch die Beklagte erfolgen. Insofern ist zu prüfen, ob und ggf nach welchem Zeitablauf den Eheleuten eine Senkung der Unterkunfts- und Heizkosten möglich und subjektiv zumutbar war (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 29 f) , wobei auch zu berücksichtigen ist, dass Hilfebedürftige nur dann eine Kostensenkungsobliegenheit trifft, wenn sie Kenntnis hiervon hatten (vgl hierzu im Einzelnen Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 15 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Ergibt eine Gegenüberstellung des Gesamtbedarfs mit dem Einkommen der Bedarfsgemeinschaft eine Differenz zugunsten des Gesamtbedarfs, besteht in diesem Umfang ein weiterhin der (vollständigen) Aufhebung der Bewilligung entgegenstehender Leistungsanspruch der Klägerin.

18

5. Das angefochtene Urteil ist daher gemäß § 170 Abs 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das LSG zurückzuverweisen.

Lebt eine nachfragende Person gemeinsam mit anderen Personen in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft, so wird vermutet, dass sie gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft) und dass die nachfragende Person von den anderen Personen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Soweit nicht gemeinsam gewirtschaftet wird oder die nachfragende Person von den Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft keine ausreichenden Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, ist ihr Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Satz 1 gilt nicht

1.
für Schwangere oder Personen, die ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreuen und mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammenleben, oder
2.
für Personen, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches sind oder im Sinne des § 61a pflegebedürftig sind und von in Satz 1 genannten Personen betreut werden; dies gilt auch, wenn die genannten Voraussetzungen einzutreten drohen und das gemeinsame Wohnen im Wesentlichen zum Zweck der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung erfolgt.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist alleinstehend und bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung, die durch zwei Gas-Einzelöfen und einen Heizlüfter im Bad beheizt wird. Im Oktober 2004 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Alg II und legte dabei eine Bescheinigung ihrer Hausärztin vor, wonach bei ihr aufgrund eines Diabetes mellitus Typ I Krankenkost (Diabeteskost) erforderlich sei.

3

Mit Bescheid vom 13.11.2004 bewilligte der Beklagte Alg II von Januar bis Mai 2005 in Höhe von 794,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 777,16 Euro, wobei er neben einem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 134 Euro einen monatlichen Mehrbedarf von 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ I berücksichtigte. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gering sei und ihr einschließlich Praxisgebühr und Zuzahlung monatliche Kosten in Höhe von mindestens 50 Euro entstünden. Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2005 bewilligte der Beklagte daraufhin für die Zeit von Januar bis Mai 2005 monatlich 795,23 Euro und für Juni 2005 775,18 Euro. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies er als unbegründet zurück.

4

Am 1.3.2005 erhob die Klägerin Klage zum SG und begründete ihre Klage insbesondere damit, dass eine Anpassung des seit 1997 nicht erhöhten Mehrbedarfsbetrages zu erfolgen habe, die Regelleistung in Höhe von 345 Euro zu gering sei und zusätzliche Stromkosten von monatlich 11 Euro zu berücksichtigen seien, weil sie ihr Bad mit einem Heizlüfter beheize. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 4.3.2005, 7.9.2005 und 15.11.2005 zuletzt Leistungen für Januar und Februar in Höhe von monatlich 806,33 Euro, für März 689,26 Euro, für April 810,33 Euro, für Mai 802,82 Euro und für Juni 2005 782,72 Euro bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beklagte am 29.6.2006 ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, der Klägerin über die mit Bescheid vom 15.11.2005 zuerkannten Leistungen hinaus für März 2005 Leistungen in Höhe von 795,23 Euro (gemäß dem Widerspruchsbescheid), für Mai 2005 in Höhe von 807,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 784,46 Euro (gemäß dem Bescheid vom 4.3.2005) zu bewilligen. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen. Mit Urteil vom 29.6.2006 hat das SG die darüber hinausgehende Klage abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 15.12.2006 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie einen Bedarf habe, der in der Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Insofern werde auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen, wonach ein Mehrbetrag für kostenaufwändige Ernährung nach dem Krankheitsbild der Klägerin nicht gerechtfertigt sei und die Kosten für Arztbesuche und Zuzahlungen im Regelbetrag enthalten seien.

6

Auf die Revision der Klägerin hat das BSG mit Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - das Urteil des LSG vom 15.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, da es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehle, insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für eine kostenaufwändige Krankenernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II.

7

Das LSG hat hierauf die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Außerdem hat das LSG ein gerichtliches Sachverständigengutachten bei dem Internisten Dr. S. eingeholt. Mit Urteil vom 23.10.2009 hat das LSG der Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zugesprochen. Insoweit sei bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) ein Anteil an den Stromkosten, der für eine angemessene Beheizung des Bades mittels des vorhandenen Heizlüfters erforderlich sei, ergänzend zu berücksichtigen. Der konkrete Stromverbrauch des Heizlüfters zur Beheizung des Bades - etwa über einen getrennten Zähler - werde nicht erfasst. Die vom SG berücksichtigte Betriebsdauer des Heizlüfters von einer halben Stunde täglich sei sehr knapp bemessen, weshalb zu Gunsten der Klägerin im Rahmen der Schätzung eine volle Stunde zugrunde gelegt werde. Insgesamt belaufe sich die der Klägerin zustehende Nachzahlung für Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 60,69 Euro. Im Übrigen hat das LSG die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibe es jedoch bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro monatlich. Eine Verrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung komme nicht in Betracht.

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 21 Abs 5 SGB II. Das Tatbestandsmerkmal "medizinische Gründe" in § 21 Abs 5 SGB II umfasse auch nicht krankheitsbedingte und in der körperlichen Verfassung eines Menschen liegende Umstände, die ärztlich festgestellt werden könnten. Vorliegend bestehe ein erhöhter Grundumsatz bzw ein erhöhter Kalorienverbrauch, der zu einer finanziellen Mehrbelastung führe, welche die bereits monatlich gewährten 25,56 Euro deutlich übersteige. Weder der Wortlaut der Norm noch die Gesetzesbegründung würden die Beschränkung auf Gesundheitsschäden hergeben. Ausgehend von ihren Angaben, wonach sie bereits seit ihrer Kindheit habe sehr viel essen müssen, hätte das LSG eine individuelle Kaloriemetrie zur Ermittlung ihres erhöhten Grundbedarfs durchführen müssen. Der Hinweis des LSG auf die Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gehe fehl, da ein pauschaler Regelleistungsbetrag nur den durchschnittlichen Bedarf decke. Die vorliegend erforderliche Vollkost lasse sich nicht aus dem Regelsatz finanzieren. Auch hierzu fehle es an Feststellungen des LSG. Es liege eine Verletzung des § 170 Abs 5 SGG vor, da das LSG insoweit entgegen der Rechtsprechung des BSG die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 herangezogen und hieraus abgeleitet habe, dass Vollkost aus dem Regelsatz finanzierbar sei. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfs, der nicht von den Leistungen nach § 20 SGB II erfasst werde, jedoch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken sei. Schließlich sei der vom LSG errechnete Betrag für die Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen fehlerhafter Anwendung der Rundungsregel des § 41 Abs 2 SGB II um 1 Euro zu niedrig.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 13. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005, dieser in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 4. März 2005, 7. September 2005 und 15. November 2005 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

12

1. Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 nach den Feststellungen des LSG leistungsberechtigt als erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Damit hat sie Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II, idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954).

13

2. Die Klägerin hat weder wegen eines erhöhten Kalorienbedarfs noch aufgrund einer etwaigen Ernährung mit sog "Vollkost" einen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

14

a) Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten nach § 21 Abs 5 SGB II einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dieser ergänzt die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 21 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er umfasst Bedarfe, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind (§ 21 Abs 1 SGB II).

15

Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Die Gewährung des Mehrbedarfs allein kann damit nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

16

b) Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Es muss also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

17

aa) Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 21 Abs 5 SGB II bewusst an den Rechtszustand des § 23 Abs 4 BSHG angeknüpft. Danach war für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur war ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs (Hofmann in: LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Unter der Geltung des BSHG wurde die kostenaufwändige Ernährung gemäß § 23 Abs 4 BSHG deshalb auch als "Krankenkostzulage" bezeichnet(vgl Knopp/Fichtner, BSHG, 5. Aufl 1983, § 23 RdNr 22; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl 1997, § 23 RdNr 30; Schoch, Sozialhilfe, 3. Aufl 2001, S 167; Hofmann in LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; Linhart, BSHG § 23 RdNr 14 - Stand 39. EL, Juli 2004).

18

Wie in der früheren Sozialhilfe, dem Referenzsystem für das SGB II (BT-Drucks 15/1514 S 1), wollte der Gesetzgeber auch im Rahmen des Alg II einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung vorsehen. In der Gesetzesbegründung ist unter Bezugnahme auf den Rechtszustand des BSHG zum Tatbestandsmerkmal "aus medizinischen Gründen" ausgeführt worden: "Wie in der Sozialhilfe ist auch im Rahmen des Arbeitslosengeldes II ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung vorgesehen. Hierbei ist eine Präzisierung dahin gehend vorgenommen worden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen ist. Zur Angemessenheit des Mehrbedarfs können die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden." (BT-Drucks 15/1516, S 57).

19

Auch die vergleichende Betrachtung der Vorschriften des § 21 Abs 5 SGB II und des § 30 Abs 5 des SGB XII bestätigt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung erforderlich ist. Die Definition des Kreises der Anspruchsberechtigten ist in § 21 Abs 5 SGB II zwar anders formuliert als in § 30 Abs 5 SGB XII, der dem früheren § 23 Abs 4 BSHG nachgebildet ist. Gemäß § 30 Abs 5 SGB XII in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Hingegen sind auch anspruchsberechtigt erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer aufwendigen Ernährung bedürfen. Wie aufgezeigt, sollte nach der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs 5 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) mit der Formulierung klargestellt werden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen sei.

20

Folglich hat der Gesetzgeber inhaltliche Unterschiede zwischen § 21 Abs 5 SGB II und § 30 Abs 5 SGB XII nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Leistungen ist es in beiden Fällen, durch die krankheitsbedingte besondere Ernährung drohende oder bestehende Gesundheitsschäden abzuwenden oder zu verhindern (Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 49 f; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II § 21 RdNr 32, 34; Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25; Simon in: jurisPK-SGB XII, § 30 RdNr 92; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Anspruchsvoraussetzung bei § 21 Abs 5 SGB II ist daher immer das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung. Dementsprechend hat auch das BSG bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bislang stets von "Krankenernährung" oder "krankheitsbedingtem Mehrbedarf" gesprochen(BSG vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R) und ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nur vorliegen, wenn eine oder mehrere Erkrankungen eine kostenaufwändige Ernährung bedingen (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; vgl auch BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

21

bb) Der von der Klägerin behauptete erhöhte Kalorienbedarf ist nach den Feststellungen des LSG nicht auf eine Krankheit, also auf einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, zurückzuführen. Nach diesen Feststellungen liegen bei der Klägerin zwar verschiedene Krankheiten, insbesondere ein Diabetes mellitus Typ I vor; diese verursachen jedoch weder einen erhöhten Kalorienbedarf noch einen anderen Ernährungsmehrbedarf iS des § 21 Abs 5 SGB II. Das LSG hat den Sachverhalt vollständig und ausreichend ermittelt, indem es sachverständige Zeugenauskünfte sowie ein internistisches ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt hat, um sich die erforderliche Sachkunde zu verschaffen. Damit hat das LSG von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben, Gebrauch gemacht (vgl BSG vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO). Ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt nicht vor.

22

Nach den Feststellungen, die das LSG nach ausreichenden Ermittlungen des Sachverhalts getroffen hat, liegen keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Krankenkost vor. Das LSG konnte nach der vorgenommenen eigenständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Prüfung der Umstände des Einzelfalles dahinstehen lassen, ob die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären ( § 20 SGB X bzw § 103 SGG ), nicht aufgehoben. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall.

23

Unabhängig von der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend zB Sächsisches LSG vom 27.8.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.6.2009 - L 7 AS 250/08; Bayerisches LSG vom 23.4.2009 - L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2010 - L 19 <20> AS 50/09 - und vom 4.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Empfehlungen 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe dienen und es sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (so bereits zu den Empfehlungen 1997: BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 7 f). Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es auch keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse auch mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn diese Zeiträume betreffen, die vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lagen (so bereits Sächsisches LSG vom 26.2.2009 - L 2 AS 152/07; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08). Wenn dann - wie vorliegend - nach dem Ergebnis der im Einzelfall durchgeführten Amtsermittlung eine Abweichung von den Empfehlungen nicht festzustellen ist (vgl zu diesem Gesichtspunkt auch BVerfG vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - juris RdNr 19), ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich.

24

cc) Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II ein Mehrbedarf zu gewähren ist, hat das LSG zu Recht davon abgesehen, den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf der Klägerin zu ermitteln. Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, ist § 21 Abs 5 SGB II jedoch kein Auffangtatbestand(Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 24).

25

dd) Die Ernährung mit einer sog "Vollkost" bei Diabetes mellitus I/II unterfällt nicht § 21 Abs 5 SGB II, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern um eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt.

26

Die Vollkost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten. Auch insoweit gilt, dass für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, § 21 Abs 5 SGB II kein Auffangtatbestand ist.

27

3. Der Sache nach ist das Begehren der Klägerin demnach darauf gerichtet, für ihren geltend gemachten individuellen Ernährungsbedarf eine höhere Regelleistung zu erstreiten. Dieses Begehren hat gleichfalls keinen Erfolg.

28

a) Im streitgegenständlichen Zeitraum besteht lediglich ein Anspruch auf eine monatliche Regelleistung in Höhe von 345 Euro. Zwar hat das BVerfG die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, ua die des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht. Vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber wurde lediglich verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 ff - juris RdNr 210 ff; BVerfG vom 18.2.2010 - 1 BvR 1523/08; BVerfG vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09; BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R). Folglich ist im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die der Klägerin im Jahre 2005 bewilligte Regelleistung in Höhe von 345 Euro für den hier streitigen Zeitraum hinzunehmen ist (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R - juris RdNr 16).

29

b) Zudem hat das BVerfG ausgeführt, die Regelleistung reiche zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums aus: "Für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro nach § 20 Abs 2 1. Halbsatz SGB II aF kann eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden, weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist. So kommt beispielsweise eine Untersuchung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu dem Ergebnis, dass die Beträge des § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung für 'Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren' sowie für 'Beherbergungsdienstleistungen, Gaststättenbesuche' die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken können (vgl seine Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3. Aufl., sub III 2 )" (RdNr 152 des Urteils vom 9.2.2010).

30

c) Eine abweichende Bedarfsermittlung kommt nicht in Betracht. Nach dem Leistungssystem des SGB II ist eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung nicht vorgesehen (vgl dazu BSG 18.6.2008 - B 14 AS 22/07 R - BSGE 101, 70 76 f = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 S 65 f). Dies gilt sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers. Bei der Ernährung handelt es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gedeckt werden soll. Es ist konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II, eine abweichende Festsetzung der Bedarfe, wie sie § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, gerade nicht vorzusehen. Folglich gestattet es das SGB II nicht, außerhalb von § 21 Abs 5 SGB II einen individuellen Ernährungsbedarf bedarfserhöhend geltend zu machen.

31

Der Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung entspricht im Übrigen auch dem Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit einer Pauschalierung der Regelleistung im SGB II verband. Die pauschalierte Regelleistung sollte gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Diese sind darauf angewiesen, mit dem in der Regelleistung pauschaliert enthaltenen Betrag ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Außerhalb der gemäß § 21 SGB II gewährten Mehrbedarfe und der gemäß § 23 Abs 3 SGB II aF - in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung - gewährten einmaligen Leistungen sind monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Das System des SGB II ist insofern abschließend (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 91 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 45).

32

In diesem vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten System der pauschalierten Regelleistung ist weder - wie von der Klägerin begehrt - eine individuelle Kaloriemetrie vorzunehmen, noch durch eine isolierte Herausnahme und Überprüfung einzelner Bedarfspositionen zu prüfen, ob eine bestimmte individuell gewünschte Ernährungsweise von einer bestimmten Bedarfsposition der Regelleistung direkt erfasst und abgebildet wird. Das BVerfG hat hierzu im Urteil vom 9.2.2010, aaO, RdNr 205 ausgeführt: "Die Gewährung einer Regelleistung als Festbetrag ist grundsätzlich zulässig. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (vgl BVerfGE 87, 234 <255 f>; 100, 59 <90>; 195 <205>). Dies gilt auch für Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Allerdings verlangt Art 1 Abs 1 GG , der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt wird. Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar. Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich ist […], kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotenzial zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten ist.“

33

Folglich ist nicht individuell zu ermitteln, ob eine bestimmte Ernährungsweise, die nicht von § 21 Abs 5 SGB II umfasst wird, sondern aus der Regelleistung zu bestreiten ist, im Einzelnen von der entsprechenden Bedarfsposition gedeckt wird. Denn es ist Sache des Hilfebedürftigen selbst, über die Verwendung des bewilligten Festbetrages im Einzelnen zu bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen.

34

4. Ansprüche auf Gewährung einer von der Regelleistung abweichenden Leistung auf der Grundlage sonstiger Anspruchsgrundlagen bestehen gleichfalls nicht.

35

a) Die Klägerin kann keinen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 73 SGB XII herleiten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich auch der 14. Senat des BSG angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zugleich muss auch der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert sein (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242, 250 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22 f; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 19 f). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil es sich bei der Ernährung mit ausgewogener Mischkost bzw sog "Vollkost" um einen typischen, innerhalb des SGB II zu befriedigenden Bedarf handelt.

36

b) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die durch eine Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (aaO) geschaffene Härtefallregelung, die der Gesetzgeber mittlerweile mWv 3.6.2010 in § 21 Abs 6 SGB II geregelt hat(Gesetz vom 27.5.2010, BGBl I 671). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (insbesondere RdNr 207) klargestellt, dass der von ihm verfassungsrechtlich abgeleitete, zusätzliche Anspruch immer dann notwendig werde, wenn ein bestimmter fortlaufender atypischer Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II nicht gedeckt werden könne. Nach den Feststellungen des LSG kann die Klägerin keinen derartigen besonderen Bedarf geltend machen.

37

5. Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen höheren Leistungsbetrag mit Rücksicht auf die fehlerhafte Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II durch das LSG. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der Ansatz des LSG hinsichtlich der hier ausnahmsweise als KdU anteilig zu berücksichtigenden Stromkosten nicht zu beanstanden ist. Das LSG hat jedoch nicht beachtet, dass lediglich Endzahlbeträge der monatlichen Leistung nach § 41 Abs 2 SGB II zu runden sind, Zwischenberechnungsschritte aber von der Rundung ausgenommen sind(vgl BSG SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 25).

38

Aus einer fehlerhaften Anwendung der Rundungsregelung folgt hier schon deshalb kein höherer Zahlbetrag, weil der Beklagte - wie bereits ausgeführt worden ist - bei der Leistungsbewilligung einen Betrag von monatlich 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung in Ansatz gebracht hatte, auf den die Klägerin keinen Anspruch hatte. Zwar folgt hieraus nicht, dass die Bescheide durch den erkennenden Senat zu Lasten der Klägerin zu ändern waren, denn einer solchen Änderung steht das Verbot der reformatio in peius entgegen (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 8; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274, 281 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 S 130). Da jedoch im Verfahren der Anspruch auf Alg II einschließlich der angemessenen KdU insgesamt streitig ist, kann die Klägerin einen höheren Zahlbetrag nur beanspruchen, wenn der Verfügungssatz der Bewilligung von Alg II sich insoweit der Höhe nach als unrichtig erweist. Insoweit ist die Höhe der Leistung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

39

Dem steht nicht entgegen, dass das BSG eine Beschränkung des Klagebegehrens auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw die Kosten für Unterkunft für zulässig erachtet hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18), denn die Klägerin hat eine Beschränkung ihres Klagebegehrens nicht vorgenommen. Eine (Teil-)Bestandskraft ist hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des zuerkannten Mehrbedarfs folglich nicht eingetreten.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005.

2

Der 1982 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H"). Bis einschließlich Januar 2005 zahlte sein Vater Unterhalt. Der Kläger erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und bewohnt mit seiner Mutter eine gemeinsame Wohnung. Bis 31.12.2004 bezog er Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII(Bescheid vom 28.4.2005 für Januar 2005, vom 4.4.2005 für Februar bis Juni 2005, vom 23.6.2005 für Juli 2005 und vom 12.7.2005 für August 2005 bis Juni 2006, alle Bescheide erlassen von der Stadt Bad Schwartau im Namen und im Auftrag des Beklagten; Widerspruchsbescheid des Beklagten nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 5.10.2005).

3

Die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, "dem Kläger seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro im Monat zu gewähren", hatte teilweise Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat den Beklagten verurteilt, "dem Kläger für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren" und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 21.1.2008). Die Berufung mit dem Antrag, "den Beklagten zu verurteilen, ihm - dem Kläger - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes/Alleinstehenden sowie unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens 100 Euro im Monat und unter Berücksichtigung der Beiträge für Sterbe-, Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Haftpflichtversicherung zu gewähren" hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 9.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Berufung sei hinsichtlich der geltend gemachten Versicherungsbeiträge schon unzulässig, weil der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt habe. Die Berufung im Übrigen sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Eckregelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er weder dem zusammen mit seiner Mutter bestehenden Haushalt vorstehe noch neben seiner Mutter einen eigenen Haushalt in der gemeinsam mit ihr bewohnten Wohnung führe. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei insoweit nicht zu folgen. Dem Kläger stehe auch kein über den bereits bewilligten Betrag von 27,50 Euro (wegen Psoriasis) hinausgehender Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung wegen der geltend gemachten Allergien zu. Den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei ein Mehrbedarf nicht zu entnehmen, sodass sein tatsächlicher Mehrbedarf konkret festzustellen sei. Ein Mehrbedarf wegen der Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie sei im Alter des Klägers unwahrscheinlich; letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Die pauschale Bescheinigung des Hausarztes sei zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet. Der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien.

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Mit seiner Revision macht der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats eine Verletzung der §§ 42 Satz 1, 28 SGB XII iVm der Regelsatzverordnung (RSV) sowie einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) geltend. Wegen der nach Art 3 GG gebotenen Gleichbehandlung könne eine den reduzierten Eckregelsatz begründende Haushaltsersparnis nur dann angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII bildeten. Daneben rügt der Kläger Verfahrensfehler sowie einen Verstoß gegen § 33 SGB XII. Zu Unrecht habe das LSG hinsichtlich der Versicherungsbeiträge die Berufung als unzulässig angesehen. Mangels Beschränkung des Streitgegenstandes hätte das LSG über die geltend gemachten Versicherungsbeiträge materiell entscheiden müssen. Übernahmefähig seien jedenfalls die Beiträge für die Sterbegeldversicherung nach § 33 SGB XII. Soweit es den ernährungsbedingten Mehrbedarf betreffe, rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 42 Satz 1 Nr 3, 30 Abs 5 SGB XII. Der ernährungsbedingte Mehraufwand lasse sich betragsmäßig nicht verallgemeinern. Zu diesem Schluss komme zwar auch das LSG; es habe dann aber die ihm obliegende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, weil es kein Sachverständigengutachten zu der von ihm angezweifelten Kuhmilchallergie des damals anwaltlich nicht vertretenen Klägers eingeholt habe, das einen Mehrbedarf von zumindest 100 Euro bestätigt hätte.

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Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Bescheide vom 4.4.2005, 28.4.2005 und 23.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Entgegen der Auffassung des LSG war die Berufung insgesamt zulässig. Ob der Kläger in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG zu Grund und Höhe der Leistungen - auch des ernährungsbedingten Mehraufwands - sowie zur Zuständigkeit des Beklagten nicht abschließend entschieden werden, auch wenn ihm entgegen den Ausführungen des LSG im streitbefangenen Zeitraum der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und für Alleinstehende in Höhe von 100 vH (Eckregelsatz) an Stelle des Regelsatzes für Haushaltsangehörige in Höhe von 80 vH des Eckregelsatzes zusteht.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Bescheide vom 4.4.2005, vom 28.4.2005 und vom 23.6.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.10.2005 (§ 95 SGG), soweit (höhere) Leistungen für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 abgelehnt worden sind. Der Bescheid vom 28.4.2005 betrifft die Grundsicherungsleistung für den Monat Januar 2005, der Bescheid vom 4.4.2005 die Grundsicherungsleistung für die Zeit vom Februar 2005 bis 30.6.2005. Insoweit ersetzen diese Bescheide durch jeweils höhere Leistungsbewilligungen als zuvor den Bescheid vom 23.12.2004, mit dem ursprünglich die Leistung für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 bewilligt worden war, aber auch die Bescheide vom 10.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Januar 2005) und vom 3.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Februar 2005), die sich damit erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -). So wird in den Bescheiden vom 4.4.2005 und vom 28.4.2005 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bescheide "alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII" aufheben, "soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen". Der Bescheid vom 4.4.2005 nennt zwar nur die Leistung für den Monat Februar 2005 in Höhe von 602,92 Euro; Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist aber der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Danach regelt der Bescheid die Leistung nicht nur für den Monat Februar 2005, sondern für die Zeit bis zum Ende des ursprünglich durch den Bescheid vom 23.12.2004 vorgesehenen Bewilligungszeitraums bis 30.6.2005. Dies zeigt schon die Bezeichnung als "Bescheid über die Änderung von laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung", die, ginge es nur um den vergangenen Monat Februar 2005, nicht nachvollziehbar wäre. Auch der Änderungsgrund, nämlich "Anerkennung des Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung ab dem 1.2.2005" zeigt, dass nicht nur der Monat Februar 2005, sondern die gesamte Zeit ab 1.2.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts gemeint ist. Gleiches gilt auch für die Anlage zum Bescheid, die die Bedarfsberechnung "ab dem Monat 02/05" mitteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 23.6.2005, der Leistungen für den Monat Juli 2005 regelt. Dieser ist nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden(vgl dazu Urteil des Senats vom 14.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr 10). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hingegen nicht der Bescheid vom 12.7.2005, der die Leistungen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 30.6.2006 regelt. Zwar war auch dieser Bescheid nach der Rechtsprechung des Senats (aaO) Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG und nicht - wie das LSG meint - mangels Widerspruch bestandskräftig geworden. Mit seiner Revision hat der Kläger aber den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.7.2005 begrenzt.

11

Entgegen der Auffassung des LSG hat der Kläger den Streitgegenstand nicht auf Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt. Wenn er in der ersten Instanz beantragt hat, den Beklagten zu höheren Leistungen zu verurteilen, "insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro", so ist hierin nicht eine Beschränkung des Streitgegenstandes zu sehen, sondern nur eine - entbehrliche - Beschreibung des von ihm für einschlägig erachteten Leistungsgrundes (vgl dazu BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R). Erst recht wird dies vorliegend durch das Wort "insbesondere" deutlich, das der Annahme einer abschließenden Aufzählung (oder Begrenzung) des Begehrens entgegensteht. Auch haben die Beteiligten einzelne Teile des Anspruchs gerade nicht durch Teilvergleich oder -anerkenntnis geregelt (vgl dazu: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 14). Mangels entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes ist damit die vom LSG gezogene Schlussfolgerung, die Berufung sei hinsichtlich der Versicherungsbeiträge unzulässig, falsch.

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Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Richtiger Beklagter ist der Landrat des Kreises Ostholstein als beteiligtenfähige Behörde iS von § 70 Nr 3 SGG. Danach sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt (Behördenprinzip). Eine entsprechende Bestimmung enthält § 5 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 2.11.1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt 144, in der Bekanntmachung vom 4.8.1965, GVBl 53, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 14.3.2011 - GVBl 72). Behörde in diesem Sinne ist der Landrat (vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 f = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSGE 100, 131 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Hieran ändert auch nichts, dass die Leistungsbescheide von der Stadt Bad Schwartau erlassen wurden, die nach der Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe vom 15.1.2003 tätig geworden ist; denn die Heranziehung durch die genannte Satzung erfolgt nicht in einem auftragsähnlichen Verhältnis zum Handeln in eigenem Namen (zu dieser Voraussetzung: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f), sondern nach § 1 der Heranziehungssatzung wurde diese vielmehr "beauftragt" und wurde erkennbar "im Namen des Kreises Ostholstein" und damit für dessen beteiligtenfähige Behörde, den Landrat, tätig.

13

Bei der Entscheidung, ob dem Kläger höhere Leistungen zustehen, sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen (vgl dazu BSGE 99, 262 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 82 Nr 3) gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben) in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 zu prüfen. Danach können Personen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1) oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann(Nr 2), auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhalten. Der Anspruch besteht nur, sofern der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann (§ 19 Abs 2 Satz 1 SGB XII).

14

Der Senat vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Kreis Ostholstein der hier örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe ist (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) vom 15.12.2005 (GVBl 568) iVm § 97 SGB XII ist der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zuständig; örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 1 AG-SGB XII die Kreise und kreisfreien Städte. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei gemäß § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten, zu dem jegliche Feststellungen des LSG fehlen. Diese wird es ggf nachzuholen haben, zumal - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - der Kläger Mitte 2004 seinen Hauptwohnsitz in Hamburg genommen hat und seine Mutter angibt, man halte sich (nur) "in den Ferien und am Wochenende in Bad Schwartau auf".

15

Unberücksichtigt bleiben kann allerdings, wenn der Beklagte der zuständige Leistungsträger ist, dass die Heranziehungssatzung vom 15.1.2003 naturgemäß keine Regelungen über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu den Aufgaben nach dem noch nicht existierenden SGB XII treffen konnte. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers sollte die Rechtsgrundlage für den Erlass der Satzung (§ 4 Abs 3 Nr 1 GSiG iVm § 2 des Gesetzes zur Ausführung des GSiG vom 30.11.2002 - GVBl 239) nämlich zunächst nicht entfallen. Dies zeigt schon Art 15 Haushaltsstrukturgesetz (vom 15.12.2005 - GVBl 568), mit dem das AG-GSiG aufgehoben wurde. Die Aufhebung erfolgte nach Art 17 Haushaltsstrukturgesetz nicht rückwirkend zum 1.1.2005 oder zumindest mit dem Tag nach der Veröffentlichung, sondern erst zum 1.1.2007. Dementsprechend ist die abweichend (vgl § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -) von § 88 Abs 1 Satz 2 SGB X auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 4 AG-SGB XII vom 15.12.2005 (GVBl 568) zulässigerweise ergangene Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 13.12.2006 erst am 1.1.2007 in Kraft getreten ist (§ 6 der Heranziehungssatzung vom 13.12.2006) und die alte Satzung behielt bis zu diesem Zeitpunkt ihre gesetzliche Grundlage. Die Satzung vom 15.1.2003 erfasst nach ihrem Sinn und Zweck dann unabhängig von der Bezeichnung des Gesetzes alle Aufgaben im Zusammenhang mit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - also auch die nach §§ 41 ff SGB XII für die Zeit ab dem 1.1.2005. Welche rechtlichen Konsequenzen eine Beauftragung ohne gesetzliche Ermächtigung hätte, kann deshalb dahinstehen. Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).

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Das LSG hat auch zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs keine Feststellungen getroffen; diese wird es nachholen müssen. In der Sache geht es dem Kläger um insgesamt höhere Leistungen (siehe oben). Insoweit hat das LSG jedenfalls zu Unrecht den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen bei der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt. Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305) und ggf dem auf diesen Bedarf anzurechnenden Einkommen (§§ 82 ff SGB XII idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch), hier den an den Kläger erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen (vgl dazu BSGE 99, 137 ff RdNr 23 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11).

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Der maßgebliche Regelsatz beträgt 345 Euro, nicht aber - wovon der Beklagte zu Unrecht ausgeht - 276 Euro. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1 Satz 2 der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(idF vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand Anspruch auf 100 % des Regelsatzes; dieser betrug nach § 1 der Schleswig-Holsteinischen Regelsatzverordnung nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.12.2004 (GVBl 505) bzw (für Juli 2005) nach § 1 der Landesverordnung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.8.2005 (GVBl 331) 345 Euro; der Regelsatz für den Haushaltsvorstand gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV). Die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige betragen nach § 3 Abs 2 RSV bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vH (Nr 1) und nach Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2).

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Der Kläger ist kein Haushaltsangehöriger im Sinne der RSV. Die abgestufte Regelsatzhöhe beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242). Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw GSiG abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet(BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; BSGE 106, 62 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Gutzler in juris Praxiskommentar SGB XII , § 28 SGB XII RdNr 42), dass seit dem 1.1.2005 mit dem Systemwechsel durch das Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden(anders für das bis zum 31.12.2004 geltende Recht des BSHG BSGE 104, 207 ff RdNr 18 f = SozR 4-3530 § 6 Nr 1).

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Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig. Er lebte deshalb nicht in einer eine Bedarfs- oder Einsatzgemeinschaft rechtfertigenden Beziehung zu seiner Mutter. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(in der hier maßgebenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) gehören nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger im streitigen Zeitraum - in Bedarfsgemeinschaften einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688 S 13). Betroffen ist hier ein Zeitraum vor der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II. Die Regelung gilt nicht rückwirkend, was nicht zuletzt § 68 Abs 1 SGB II belegt, wonach § 7 SGB II in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung sogar weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 1.7.2006 beginnen (Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 15/08 R - RdNr 15).

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Ebenso wenig lebt der Kläger mit seiner Mutter in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, sodass dem Kläger - unterstellt, er hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 durchgängig statt 276 Euro (80 % des Eckregelsatzes für Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahres an) nominal 345 Euro zustehen (vgl auch BSGE 106, 62 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).

21

Die vom LSG hiergegen erhobene Kritik, die sich insbesondere auf die Regelungen der RSV stützt, verkennt die Tragweite von Art 3 GG. Es kann insbesondere nicht eingewandt werden, der Gesetzgeber habe auch die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 SGB II auf erwerbsfähige Hilfebedürftige ab dem 25. Lebensjahr zu erweitern. Bis zu einer etwaigen Änderung ist eine verfassungsrechtlich gebotene Harmonisierung nur möglich, indem der Kläger als Alleinstehender im Sinne der RSV zu behandeln ist, nicht aber, indem die RSV die Auslegung des SGB II diktiert. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010, wonach der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst zu verankern ist (BVerfGE 125, 175 ff, 223 und 256; vgl auch Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 40 SGB XII RdNr 18). Ob für die Zeit ab 1.1.2011 im Hinblick auf die Regelungen des Regelbedarfsermittlungsgesetzes vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine andere Wertung vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

22

Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nicht erkennbar, dass sich aus der Gewährung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Sinne einer Besserstellung gegenüber Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II ergäbe. Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass eine Mutter und ihr in Haushaltsgemeinschaft lebendes erwachsenes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, insgesamt nur 180 % des Regelsatzes bzw der Regelleistung erhielten, so bezieht sich das nur auf die seit dem 1.7.2006 geltende Rechtslage (Gesetz vom 24.3.2006 - BGBl I 558), die ab diesem Zeitpunkt ggf auf das SGB XII zu übertragen wäre. Ebenso falsch ist die Auffassung des LSG, dass die Mutter, wenn sie Leistungsbezieherin nach dem SGB II wäre, nur 80 % des Eckregelsatzes beanspruchen könnte. Die Auffassung des LSG schließlich, es gebe keinen sachlichen Grund für einen höheren Leistungsanspruch des Klägers im Verhältnis zu einem in Bedarfsgemeinschaft oder in gemischter Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehepaares, weil hier wie da von einer Haushaltsersparnis auszugehen sei, verkennt die gesetzgeberische Entscheidung zu den Personenbeziehungen, bei denen im Falle eines Zusammenlebens von Einsparungen auszugehen ist. Der Senat hat nicht die sozialpolitische Sinnhaftigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung zu bewerten und ggf eine Korrektur vorzunehmen.

23

Soweit es die Versicherungsbeiträge betrifft, wird das LSG jedenfalls für den Monat Januar, in dem der Kläger Unterhaltsleistungen bezogen hat, zu prüfen haben, inwieweit die Beiträge als mögliche Abzüge vom Einkommen gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (vgl § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII; dazu BSGE 104, 207 ff RdNr 20 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). Für die Zeit ab Februar 2005 ist - sieht man von der Sterbegeldversicherung ab - mangels Einkommens des Klägers eine "Berücksichtigung" der Versicherungsbeiträge im Sinne einer Übernahme durch den Beklagten nicht möglich. Soweit Versicherungsbeiträge Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts und die Beiträge angemessen sind, werden sie im Übrigen in der Regel pauschal durch den Regelsatz abgegolten. Etwas anderes gilt nach § 33 Abs 2 SGB XII allerdings für ein angemessenes Sterbegeld. Nach § 33 SGB XII(idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) können die erforderlichen Kosten übernommen werden, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf ein angemessenes Sterbegeld zu erfüllen. Zwar umfasste die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 SGB XII(in den hier maßgebenden Fassungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bzw ab 30.3.2005 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005) bis 31.12.2008 nicht Leistungen nach § 33 SGB XII(erst mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2008, 2933 - wurden mit Wirkung vom 1.1.2009 die Vorsorgebeiträge entsprechend § 33 SGB XII in den Katalog des § 42 Satz 1 SGB XII aufgenommen). Die Übernahme der Kosten für ein angemessenes Sterbegeld scheidet deswegen aber nicht aus. Soweit § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII einen Vorrang der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt, gilt dies nur, soweit §§ 41 ff SGB XII Leistungen auch tatsächlich vorsehen; einen Ausschluss von Leistungen des Dritten Kapitels regelt § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff). Ob die Voraussetzungen des § 33 SGB XII vorliegen, wird das LSG deshalb ggf prüfen müssen.

24

Das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben. Nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6). Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28). Das LSG hat zu der behaupteten Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie lediglich ausgeführt, diese seien im Alter des Klägers unwahrscheinlich, Letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, woher das LSG ausreichende Sachkunde über Therapiemöglichkeiten von Allergien besitzt, ist es für einen ernährungsbedingten Mehraufwand nicht entscheidend, ob ein bestimmtes Nahrungsmittel bei der Ernährung weggelassen werden kann; dies ist bei einer Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel selbstverständlich. Entscheidend ist vielmehr, ob und durch welche Nahrungsmittel es ersetzt werden muss und ob hierdurch Mehrkosten entstehen. Wenn - wovon das LSG zu Recht ausgeht - insoweit eine pauschale Bescheinigung des Hausarztes zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet ist, hätte es sich aufgedrängt, weitere Ermittlungen zu einem etwaigen Mehrbedarf anzustellen und dabei nicht die einzelne Allergie isoliert betrachten. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen. Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.

25

Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob - unterstellt, der Kläger hat einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII - aus anderen Gründen eine höhere Leistung zu erbringen ist und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Januar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Freiburg zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1.10.2010 bis 31.3.2011 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung wegen einer Laktoseintoleranz.

2

Bei der 1998 geborenen Klägerin, die mit ihrer 1970 geborenen Mutter in einer Wohnung lebt und wie diese Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezieht, besteht eine Laktoseintoleranz. Am 27.12.2010 beantragte sie unter Vorlage eines ärztlichen Attests beim beklagten Jobcenter die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung. Sie dürfe wegen der Laktoseintoleranz Milch und Milchprodukte nicht bzw nur in sehr kleinen Mengen zu sich nehmen und sei auf laktosefreie Diätnahrung angewiesen, die teurer sei als normale Milchprodukte. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die angegebene Krankheit keinen nach § 21 Abs 5 SGB II unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts darstelle und nicht im Katalog der Mehrbedarfe für eine kostenaufwändige Ernährung enthalten sei. Bei einer Laktoseintoleranz seien laktosehaltige Nahrungsmittel zu meiden oder zu reduzieren, wodurch keine gravierend höheren Kosten entstünden (Bescheid vom 7.1.2011; Widerspruchsbescheid vom 2.3.2011).

3

Hiergegen haben die Klägerin und ihre Mutter Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben und geltend gemacht, die Laktoseintoleranz führe zu höheren Kosten für Ernährung und damit zu einem Anspruch auf die Gewährung ernährungsbedingten Mehrbedarfs; das SG Bremen beziffere diesen Bedarf auf 53 Euro. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.1.2012). Die Klage der Mutter sei unzulässig, weil diese durch die Ablehnung nicht beschwert sei. Die Klage der Klägerin sei unbegründet. Sie leide zwar nachgewiesenermaßen an einer Laktoseintoleranz, diese Krankheit bringe jedoch keinen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung mit sich. Der Milchzuckerunverträglichkeit könne durch die Vermeidung von laktosehaltiger Kost begegnet werden. Alle anderen Grundnahrungsmittel könnten konsumiert werden. Als Orientierungshilfe für einen etwaigen Mehrbedarf seien die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 heranzuziehen. Dort werde ein Mehrbedarf für Erkrankungen, die keiner spezifischen Diät, sondern sogenannter Vollkost bedürften, verneint. Etwas anderes gelte nur für die aufgeführten verzehrenden Erkrankungen. Damit sei die Laktoseunverträglichkeit nicht vergleichbar, es handele sich um eine weit verbreitete Lebensmittelunverträglichkeit, bei der lediglich auf ausreichende Zufuhr von Kalzium durch andere Lebensmittel geachtet werden müsse. Im Übrigen böten wegen der weiten Verbreitung der Erkrankung auch viele Discounter zu günstigen Preisen laktosefreie Milchprodukte an. Die Klägerin habe keine Besonderheiten, insbesondere auch keine von den Empfehlungen abweichende Bedarfe substanziiert geltend gemacht, weshalb von weiteren Ermittlungen vorliegend abgesehen werden könne. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Klägerin minderjährig sei, denn die Regelsätze für Kinder und Jugendliche seien bei der Neuberechnung der Regelsätze auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 neu ermittelt und kinderspezifische Bedarfe berücksichtigt worden. Damit sei für den vorliegend einschlägigen Zeitraum auch für Kinder und Jugendliche eine verlässliche Bezugsgröße vorhanden.

4

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision macht nur noch die Klägerin eine Verletzung von § 21 Abs 5 SGB II geltend. Das SG habe die Klage aufgrund unzutreffender tatsächlicher Annahmen abgewiesen. Es handele sich hier ausnahmsweise um Tatsachen, die der Beurteilung des Revisionsgerichts unterlägen. Die unzutreffenden tatbestandlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts hinsichtlich der Frage, ob die Ernährung mit laktosefreier Kost kostenaufwändiger sei als laktosehaltige Nahrung, beruhe zwar auf verfahrensfehlerhafter Ermittlung, die vorliegend nicht gerügt werden könne. Allerdings seien die Mehrkosten am Nahrungsmittelmarkt keine individuelle Tatsache, sondern eine Rechtstatsache, die für die Auslegung, dh die Bestimmung des Inhalts des § 21 Abs 5 SGB II benötigt werde, weshalb die unzutreffenden Feststellungen des SG in Bezug auf die Kosten laktosefreier Ernährung der revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht entzogen seien.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Januar 2012 und den Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. März 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011 höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen medizinisch erforderlicher kostenaufwändiger Ernährung zu gewähren.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das Urteil des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Sprungrevision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des SG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz > ) begründet. Soweit die Klägerin die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.10.2010 bis 31.3.2011 geltend macht, kann auf Grundlage der Feststellungen des SG nicht abschließend entschieden werden, ob ihr ein weitergehender Anspruch zusteht.

9

1. Streitgegenstand im Revisionsverfahren ist noch das Begehren der Klägerin, für die Zeit vom 1.10.2010 bis zum 31.3.2011 höheres Sozialgeld zu erhalten. Ihre Mutter hat die von ihr ursprünglich eingelegte Revision zurückgenommen. Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung, auf den sie ihr Begehren in der Sache stützt, kann entgegen der Auffassung des SG nicht in zulässiger Weise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens bestimmt werden. Zudem kann eine ablehnende Entscheidung hinsichtlich eines bestimmten Bedarfs wegen der in § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II vorgeschriebenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen grundsätzlich keine Bindungswirkung für zukünftige Bewilligungsabschnitte entfalten(vgl nur BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 14 f mwN). Dem hat die Klägerin Rechnung getragen und im Revisionsverfahren höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen besonders kostenaufwändiger Ernährung allein noch für den Zeitraum vom 1.10.2010 bis 31.3.2011 beantragt. Offen bleiben kann, ob auch unter Neufassung der §§ 19 bis 22 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz) vom 24.3.2011 (BGBl I 453) zum 1.1.2011 die Höhe von Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung weiterhin in prozessual zulässiger Weise getrennt von der Höhe der Leistungen für Regelbedarfe und Mehrbedarfe geltend gemacht werden kann; für eine solche Einschränkung gibt der Vortrag der Klägerin keinen Anhalt.

10

Gegenstand des Verfahrens sind neben dem Bescheid vom 7.1.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.3.2011 auch die Bewilligungsbescheide, die für die Klägerin die Höhe des Sozialgelds im streitigen Bewilligungszeitraum regeln. Neben dem Bescheid, der zum 1.10.2010 ergangen ist, ist auch ein ggf mit Inkrafttreten des RBEG zum 1.1.2011 ergangener Änderungsbescheid für die Zeit vom 1.1.2011 bis zum 31.3.2011 Gegenstand des Verfahrens geworden. Das SG wird diese Bescheide, die bislang nicht aktenkundig sind, in seine Prüfung einzubeziehen haben. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Klägerin den Mehrbedarf zwar erst am 27.12.2010 beim Beklagten geltend gemacht hat, sich aus ihrem weitergehenden Vortrag aber ergibt, dass dieser aus ihrer Sicht seit Oktober 2010 bestanden hat. Da ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht nur auf gesonderten Antrag hin gewährt wird (vgl nur Urteil des Senats vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN),ist vom SG zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Geltendmachung des Bedarfs bereits bestandskräftig gewordene Bescheide unter dem Blickwinkel der §§ 44, 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch zu ändern sind.

11

2. Die Revision ist auch im Übrigen zulässig. Mit ihrer Rüge, das SG sei fehlerhaft zu dem Schluss gekommen, bei einer Laktoseintoleranz handele es sich nicht um eine Erkrankung, die einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung auslösen könne, macht die Klägerin nicht nur einen Verfahrensmangel geltend. Sie behauptet damit zwar auch, das SG habe den Sachverhalt im Einzelfall, nämlich bezogen auf die Auswirkungen der Erkrankung bei ihr, nicht zutreffend ermittelt (§ 103 SGG; zur Verpflichtung zur Amtsermittlung im Hinblick auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 5 SGB II vgl BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 14 RdNr 17). Mit einer solchen Rüge ist sie im Fall der Sprungrevision ausgeschlossen (vgl § 161 Abs 4 SGG). Sie hat aber ausreichend iS des § 164 Abs 2 SGG dargelegt, dass sich die Feststellungen des SG zu den ernährungsbedingten Einschränkungen wegen einer Laktoseintoleranz nicht auf den Einzelfall beschränkten, sondern vom Gericht (unzutreffend) als generelle Tatsachen (Rechtstatsachen) aufgrund des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes bei der Anwendung von § 21 Abs 5 SGB II unterstellt worden seien. Verstöße gegen das Prozessrecht (hier die unzureichende Aufklärung des Sachverhalts nach § 103 SGG), die sich nur als prozessuale Konsequenz aus der fehlerhaften Anwendung des materiellen Rechts ergeben, bleiben auch mit der Sprungrevision rügbar(Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 161 RdNr 10b; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 344). Ob die dabei von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zum ernährungsbedingten Mehrbedarf wegen Laktoseintoleranz angesichts der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu anderen Erkrankungen (dazu sogleich) noch grundsätzliche Bedeutung haben, kann dahin stehen, denn der Senat ist an die Zulassung der Sprungrevision durch das SG gebunden.

12

3. Nach § 21 Abs 5 SGB II erhalten Leistungsberechtigte, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Voraussetzung für den Rechtsanspruch auf einen Mehrbedarf ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine besondere Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher ("aufwändiger") sind als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (vgl BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10 RdNr 21; BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 16; BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 14 RdNr 15, jeweils mwN). Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder einer drohenden Erkrankung oder Behinderung und der Notwendigkeit einer besonderen Ernährung vorliegen und diese besondere "Krankenkost" muss gegenüber der in der Bevölkerung üblichen, im Regelbedarf zum Ausdruck kommenden Ernährung kostenaufwändiger sein.

13

a) Die bei der Klägerin festgestellte Laktoseintoleranz (vgl ICD-10-GM E73) stellt eine gesundheitliche Beeinträchtigung iS des § 21 Abs 5 SGB II, nämlich eine Krankheit im Sinne eines regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustands dar. Unerheblich für den Begriff der gesundheitlichen Störung ist die Frage, wie verbreitet dieser krankhafte Zustand in der Bevölkerung ist, solange es sich um einen für sich genommen regelwidrigen Zustand handelt. Die von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angesprochene weite Verbreitung der Laktoseintoleranz (insbesondere in asiatischen Ländern) kann allenfalls Anlass für die Prüfung geben, ob und in welchen Fällen durch die gesundheitliche Beeinträchtigung und das damit medizinisch begründete besondere Ernährungsbedürfnis auch höhere Kosten anfallen.

14

b) Ob die bei der Klägerin bestehende Laktoseintoleranz ein besonderes, medizinisch begründetes Ernährungsbedürfnis mit sich bringt, lässt sich auf Grundlage der Feststellungen des SG nicht beurteilen. Die Annahme des SG, eine Laktoseintoleranz begründe von vornherein keinen Mehrbedarf, weil lediglich bestimmte Nahrungsmittel vermieden und durch andere, vom Regelbedarf abgedeckte Grundnahrungsmittel ersetzt werden müssten, vermengt die bereits dargestellten Prüfungsschritte in unzutreffender Weise mit einander; insoweit hat das SG die Maßstäbe des § 21 Abs 5 SGB II verkannt.

15

Wie die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate bereits entschieden haben, haben die Gerichte einen streitig gebliebenen krankheitsbedingten Mehrbedarf im Einzelfall aufzuklären (so bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 und BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R; vgl zur Laktoseintoleranz auch BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R - Juris RdNr 24). Dazu ist zunächst zu überprüfen, welches besondere Ernährungsbedürfnis medizinisch, dh durch die Erkrankung, begründet ist. Insbesondere wenn ein besonderes Ernährungsbedürfnis abhängig von der Schwere der Erkrankung ausgelöst wird, sind die Erfordernisse an die besondere Ernährung im jeweiligen Einzelfall zu überprüfen. Erst wenn feststeht, welches medizinisch begründete Ernährungsbedürfnis im Einzelfall besteht, kommt es darauf an, ob hierdurch auch höhere Kosten entstehen (dazu unter c). Die erforderlichen Prüfungsschritte wird das SG nach Zurückverweisung ausgehend von dem vorgelegten Attest nachzuholen haben.

16

Bei der Prüfung eines besonderen, medizinisch begründeten Ernährungsbedürfnisses lässt nicht schon die fehlende Auflistung der entsprechenden Erkrankung in den Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 ( Mehrbedarfsempfehlungen 2008) den Schluss zu, dass es sich nicht um eine Erkrankung handelt, die einen Mehrbedarf auslösen kann. Der Senat schließt sich der Auffassung des 4. Senats an, wonach die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 weder nach ihrer Konzeption noch nach ihrer Entstehungsgeschichte die Anforderungen an antizipierte Sachverständigengutachten erfüllen, die von den Gerichten in normähnlicher Weise angewandt werden könnten (vgl BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 14). Wenn weit verbreitete Erkrankungen wie die Laktoseintoleranz in den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 nicht genannt sind, kann dieser Umstand damit nur eine Orientierungshilfe sein, die den Umfang der Ermittlungen im Einzelfall steuert.

17

c) Auch wegen der Kosten, die aus einem besonderen, medizinisch begründeten Ernährungsbedürfnis entstehen, stellt § 21 Abs 5 SGB II erkennbar auf die Umstände des Einzelfalles ab. Dies lässt sich schon daraus ersehen, dass - abweichend von den in § 21 Abs 1 bis 4 SGB II genannten Fallgruppen eines Mehrbedarfs - keine Pauschalen für die entstehenden Bedarfe normiert sind. Im Anwendungsbereich des § 21 Abs 5 SGB II sind deshalb Fälle kaum denkbar, in denen sich für eine bestimmte Erkrankung, die - wie die Laktoseintoleranz - Einfluss auf die Ernährung haben, ein besonderer Kostenaufwand abschließend als generelle Tatsache (Rechtstatsache) mit Gültigkeit für jeden Einzelfall verneinen lässt(vgl bereits BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10). Ohnehin lassen die Ausführungen des SG, eine Laktoseintoleranz sei in allen denkbaren Fällen ohne höheren Kostenaufwand zu kompensieren, in keiner Weise erkennen, worauf es diese Schlussfolgerung stützt. Für das von ihm genannte Gutachten eines "Prof. Dr. H." lässt sich eine Quelle nicht finden; auch im Übrigen lassen sich die von dem SG getroffenen Schlüsse nicht auf allgemeinkundige Tatsachen zurückführen. Zwar ist denkbar, dass mit zunehmendem Alter eines Kindes sich Nahrungsmittel, die Milchzucker enthalten, besser vermeiden lassen. Je weiter außerdem eine Erkrankung, die eine besondere Ernährung erfordert, verbreitet ist, umso mehr wird dies das Ernährungsverhalten der gesamten Bevölkerung beeinflussen. Dies mag zu günstigeren Preisen für Ersatz- oder Ergänzungsnahrungsmittel (wie etwa die vom SG genannten laktosefreien Milchprodukte) führen und - sofern ein bestimmtes Ernährungsverhalten allgemein üblich wird - ggf auch die Höhe des Regelbedarfs mitbestimmen. Ob der Klägerin im Einzelfall nicht gleichwohl ein Mehrbedarf zusteht, lässt sich aber allein mit solchen Annahmen nicht ausschließen.

18

Das SG wird außerdem über die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom beklagten Jobcenter höheres Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 aufgrund eines geltend gemachten Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

2

Die im Jahr 1955 geborene, alleinlebende Klägerin bezieht seit dem 1.1.2005 Alg II. Nachdem ihr Hausarzt das Vorliegen einer Eisenmangelanämie bescheinigt hatte, bewilligte ihr der Beklagte bis zum 31.3.2009 einen monatlichen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 30,68 Euro, im anschließenden Bewilligungsabschnitt jedoch nicht mehr. Für die Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II in Höhe von monatlich 359 Euro Regelleistung und 564,80 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung, lehnte aber einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung ab, weil sie aufgrund der Eisenmangelanämie Vollkost benötige, die nach neueren medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen und unter Berücksichtigung der neuen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 (kurz: Mehrbedarfsempfehlungen 2008 ) nur eine ausgewogene Ernährung erfordere, die aus dem Ernährungsanteil in der Regelleistung finanziert werden könne (Bescheid vom 22.9.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009).

3

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Mainz (SG) hat dieses verschiedene ärztliche Unterlagen sowie ein ärztliches Gutachten von Dr. S, nach dem bei der Klägerin insbesondere eine Sprue, die eine glutenfreie Kost erfordere, sowie eine Eisenmangelanämie vorliegen, beigezogen. Das SG hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 72,00 Euro monatlich zu gewähren, und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.12.2011). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt ab- sowie die Anschlussberufung der Klägerin, mit der sie einen höheren Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung begehrt hatte, zurückgewiesen (Urteil vom 26.6.2012). Ein Mehrbedarfsanspruch wegen kostenaufwändiger Ernährung bestehe trotz der Erkrankungen an Zöliakie/Sprue und Eisenmangelanämie nicht, obwohl die Zöliakie/Sprue durch das Gutachten von Dr. S vom 10.9.2010 und den Befundbericht von Dr. K vom 30.5.2010 eindeutig belegt sei. Wegen der Zöliakie/Sprue bestehe schon deshalb kein Anspruch, weil sie der Klägerin während des streitgegenständlichen Zeitraums nicht bekannt gewesen sei und eine durch sie veranlasste besondere und kostenaufwändige Ernährung nicht stattgefunden habe. Die rückwirkende Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II komme nicht in Betracht. Eine krankheitsangemessene besondere Ernährung könne nicht für die Vergangenheit nachgeholt werden. Der Umstand, dass die Klägerin wegen ihrer gesundheitlichen Leiden auf ihre Ernährung geachtet und höherpreisige Lebensmittel konsumiert habe, begründe keinen Mehrbedarf. Die Ernährungsweise der Klägerin sei in der strittigen Zeit nicht auf ihre Erkrankung abgestimmt gewesen, weil zu dieser Zeit noch keine zutreffende Krankheitsdiagnose vorgelegen habe und die Besserung der Symptome erst eingetreten sei, als sie, ernährungsmedizinisch geschult, später zu speziell glutenfreier Kost übergegangen sei. Wegen der Eisenmangelanämie, an der die Klägerin leide und bereits im streitgegenständlichen Zeitraum gelitten habe, habe keine Notwendigkeit einer besonderen, kostenaufwändigen Ernährung bestanden.

4

Mit ihrer Revision macht die Klägerin die Verletzung von § 21 Abs 5 SGB II geltend. Ein Mehrbedarfsanspruch bestehe auch dann, wenn der Leistungsberechtigte zwar keine Kenntnis von der konkreten Krankheit habe, sich aber aufgrund krankheitsbedingter Beschwerden kostenaufwändiger ernähre und erst später eine Krankheit diagnostiziert werde, deren Heilung bzw Linderung der damit einhergehenden Beschwerden eine kostenaufwändige Ernährung erfordere. Der Wortlaut der Norm setze keine subjektive Kenntnis des Leistungsberechtigten von der den Mehrbedarf auslösenden Erkrankung im Zeitpunkt der Antragstellung voraus. Es sei allein sein objektiver Gesundheitszustand maßgeblich und daher auch die erst nach Antragstellung erkannte Krankheit anspruchsauslösend. Die Argumentation des LSG, dass die krankheitsbedingte Ernährung nicht nachgeholt werden könne, gehe fehl, da bei ihr - der Klägerin - ernährungsbedingte Kosten aufgelaufen seien. Sie habe nicht nur eine Vollwert-Diät-Kost eingehalten, sondern sich auch eiweißhaltig, eisen- und vitaminreich ernährt und aufgrund der andauernden Beschwerden verschiedenste kostenaufwändige Diäten eingehalten. Da der Regelsatz an der untersten Schwelle des Existenzminimums angesiedelt sei und demzufolge jegliche Mehrbelastung der Leistungsberechtigten zu einer Unterschreitung des Existenzminimums führe, müsse auch eine fälschlicherweise, aber nachvollziehbar angenommene Belastung ausgeglichen werden. Die Kausalität zwischen der Zöliakie/Sprue und der eingehaltenen kostenaufwändigen Ernährung habe vorgelegen, da diese Erkrankung letztlich für ihre Beschwerden im streitigen Bewilligungszeitraum verantwortlich gewesen sei. Die Unsicherheit, aufgrund welcher Erkrankung letztlich ein ernährungsbedingter Mehrbedarf vorliege, könne nicht zu Lasten des Leistungsberechtigten gehen. Bei Vorlage eines ärztlichen Attestes, in dem eine bestimmte Erkrankung genannt werde, die nicht in den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 enthalten ist, sei der Leistungsträger zur weiteren Amtsermittlung durch individuelle Begutachtung sowohl bezüglich der Erkrankung als auch des durch sie ausgelösten Ernährungsbedarfs und dessen Kosten verpflichtet.

5

Die Klägerin beantragt,
 das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Juni 2012 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 16. Dezember 2011 zurückzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,
 die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin gegen das Urteil des LSG ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat zu Recht auf die Berufung des beklagten Jobcenters das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt abgewiesen, denn die Klägerin hat für den strittigen Zeitraum keinen Anspruch auf höheres Alg II wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II.

8

Prozessrechtliche Hindernisse stehen einer Entscheidung nicht entgegen. Die Klägerin hat zu Recht eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 22.9.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2009 erhoben, weil der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Mehrbedarf nach §§ 19, 21 Abs 5 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Modernisierung des Arbeitsmarktes vom 24.12.2003, BGBl I 2954, zuletzt geändert durch Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2.3.2009, BGBl I 416; im Folgenden SGB II aF) kein eigenständiger Streitgegenstand im Rahmen der Bewilligung von Alg II ist (stRspr: BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 50/07 R - BSGE 102, 290-295 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 12; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 54/08 R - BSGE 104, 48-57 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, RdNr 11; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15 RdNr 9; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - RdNr 11 f).

9

1. Rechtsgrundlagen für den von der Klägerin geltend gemachten und vom LSG verneinten Anspruch auf höheres Alg II aufgrund eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sind § 19 Satz 1, §§ 7, 21 Abs 5 SGB II aF. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

10

Zwar erfüllte die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 die Grundvoraussetzungen nach § 7 SGB II, um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, auch hatte sie rechtzeitig einen Fortzahlungsantrag auf Alg II gemäß § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II aF gestellt, jedoch sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II aF für einen Anspruch auf Mehrbedarf nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG nicht gegeben, wie sich aus dem Zusammenhang des Mehrbedarfs mit dem Regelbedarf(dazu 2.) und den Voraussetzungen des Mehrbedarfs im Einzelnen (dazu 3.) ergibt.

11

Nach § 21 Abs 5 SGB II aF erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Die seit dem 1.1.2011 geltende Neufassung des § 21 Abs 5 SGB II, nach der bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt wird, beinhaltet, wie sich aus dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung ergibt, keine inhaltliche Änderung, sondern nur eine redaktionelle Anpassung(BT-Drucks 17/3404 S 97).

12

2. Die Konkretisierung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II muss im Zusammenhang mit § 20 SGB II erfolgen, der den Regelbedarf, früher Regelleistung, in Form einer pauschalierten Leistung vorsieht. Denn § 20 SGB II umfasst die für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums wesentlichen und üblichen Bedarfslagen und Bedürfnisse des täglichen Lebens, wie sich aus der nicht abschließenden Aufzählung in seinem Abs 1 - "insbesondere" Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, einen Teil der Haushaltsenergie sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens - ergibt. Grundlage für die Ermittlung der regelbedarfsrelevanten Anteile der einzelnen Bedarfsabteilungen und damit der Höhe des Regelbedarfs insgesamt sind die statistisch ermittelten Ausgaben und das Verbrauchsverhalten von Haushalten in unteren Einkommensgruppen auf der Datengrundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Die typisierend anerkannten Bedarfe gelten mit den in den Absätzen 2 bis 3 (aF) bzw bis 4 (nF) vorgesehenen Pauschalen als befriedigt (vgl § 3 Abs 3 Halbs 2 SGB II). Die Typisierung von existenzsichernden Bedarfen sowie deren Deckung durch einen pauschalen Festbetrag ist vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als verfassungskonform bestätigt worden (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 41 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175, RdNr 205).

13

Der notwendige Bedarf für Ernährung ist als ein Teil dieses Regelbedarfs typisierend zuerkannt worden, wobei von der Deckung der laufenden Kosten eines typischen Leistungsberechtigten im Rahmen eines soziokulturellen Existenzminimums für eine ausreichende ausgewogene Ernährung im Sinne einer ausreichenden Zufuhr von Proteinen, Fetten, Kohlehydraten, Mineralstoffen und Vitaminen ausgegangen wurde (vgl Saitzek in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 20 RdNr 44; Busse in MEDSACH 2009, 142, 142; Adolph in Adolph/Linhart, SGB II/SGB XII, Stand 8/2013, § 21 RdNr 56). Damit gilt im Ergebnis eine Vollkosternährung als vom Regelbedarf gedeckt, weil es sich hierbei um eine ausgewogene Ernährungsweise handelt, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt (vgl Mehrbedarfsempfehlungen 2008, S 19, auf die das BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 31 BvL 3/09, 1 BvL 41 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 RdNr 152 verweist; BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 25, 26; Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 2014, § 21 SGB II RdNr 34; von Boetticher/Münder in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 21 RdNr 24).

14

Nach dem Ziel der Pauschalierung soll der Leistungsberechtigte über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen eigenverantwortlich entscheiden (vgl § 20 Abs 1 S 4 SGB II nF sowie zur alten Rechtslage bereits § 1 Abs 2 S 1 SGB II aF)und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen, was ihm auch zumutbar ist (vgl BVerfG, aaO). Zudem ist es dem Leistungsberechtigten zumutbar, in unregelmäßigen Abständen entstehende Bedarfe - zB für Bekleidung, langlebige Gebrauchsgüter usw - vom Regelbedarf zu decken (vgl hierzu nun ausdrücklich § 20 Abs 1 S 4 SGB II nF) und dies bei seinem individuellen Verbrauchsverhalten, zB durch Ansparungen, zu berücksichtigen.

15

Da § 20 SGB II keine im Einzelfall abweichende Bedarfsermittlung und -festsetzung zulässt, soll nach § 21 SGB II für bestimmte, laufende, aufgrund besonderer Lebensumstände bestehende Bedarfe, die nicht (ggf ausreichend) vom Regelbedarf abgedeckt sind, Zugang zu zusätzlichen Leistungen eröffnet werden(§ 21 Abs 1 SGB II; BT-Drucks 15/1516 S 57). Als einer dieser Mehrbedarfe soll der wegen kostenaufwändiger Ernährung aus medizinischen Gründen nach § 21 Abs 5 SGB II helfen, im Hinblick auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums eine Ernährung zu finanzieren, mit der der Verlauf einer (bestehenden) gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Abmilderung von deren Folgen, Verhinderung oder Hinauszögern einer Verschlechterung oder deren (drohenden) Eintretens beeinflusst werden kann(vgl BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 20; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 52).

16

3. Unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs setzt der Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 5 SGB II zunächst eine erwerbsfähige, hilfebedürftige - heute eine leistungsberechtigte - Person voraus(vgl für Sozialgeldbezieher § 28 SGB II aF bzw § 19 Abs 1 Satz 2, 3, § 23 SGB II nF), was nach dem oben Gesagten vorliegend erfüllt ist. Weitere Voraussetzungen sind medizinische Gründe, womit gesundheitliche Beeinträchtigungen gemeint sind (dazu a), eine kostenaufwändige Ernährung (dazu b), ein Ursachenzusammenhang zwischen den medizinischen Gründen und der kostenaufwändigen Ernährung (dazu c), ohne dass es auf deren Einhaltung ankommt (dazu d); hinzu kommt die Kenntnis der betreffenden Person von diesem medizinisch bedingten besonderen Ernährungsbedürfnis, die im Unterschied zu den zuvor genannten anderen Voraussetzungen hier fehlte (dazu e) (vgl zu den ersten Voraussetzungen: BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 17 bis 20; Behrend in jurisPK-SGB II, Online-Ausgabe, § 21 RdNr 55, Stand Einzelkommentierung 11/2013; von Boetticher/Münder in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 21 RdNr 24; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 52; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 5/2011, K § 21 RdNr 60; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, Stand 11/2009, § 21 RdNr 34; Busse, MEDSACH 2009, 142).

17

a) Die Voraussetzung "medizinische Gründe" lag vor, weil die bei der Klägerin nach den bindenden Feststellungen des LSG im streitgegenständlichen Zeitraum bestehende Eisenmangelanämie eine Krankheit ist und damit eine gesundheitliche Beeinträchtigung iS des § 21 Abs 5 SGB II gegeben war. Hinsichtlich der Zöliakie/Sprue hat das LSG keine klaren Feststellungen getroffen, ist aber davon ausgegangen, dass diese Erkrankung zwar unerkannt war, aber "anscheinend tatsächlich" bei der Klägerin im streitigen Zeitraum vorhanden war. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Aufklärung dieser Frage scheidet aus, weil die Entscheidung des LSG sich im Hinblick auf die Verneinung der Voraussetzung "Kenntnis" als zutreffend erweist (vgl § 170 Abs 1 Satz 2 SGG). Für die Prüfung der weiteren Voraussetzungen ist aber zugunsten der Klägerin vom objektiven Vorliegen auch dieser Erkrankung im strittigen Zeitraum auszugehen.

18

b) Eine glutenfreie Ernährung - als hier in Betracht kommende, besondere Kostform - ist, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, eine kostenaufwändige Ernährung iS des § 21 Abs 5 SGB II, für eine Vollkosternährung gilt dies aber nicht(siehe oben 2.).

19

Ausgehend von der Konkretisierung des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in Relation zum Regelbedarf ist kostenaufwändiger iS des § 21 Abs 5 SGB II eine Ernährung, die von dem im Regelbedarf umfassten typisierten Bedarf abweicht und von diesem nicht gedeckt ist(so im Ergebnis auch BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10; BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12). Da die Vollkosternährung vom Regelbedarf gedeckt ist, besteht eine kostenaufwändige Ernährung iS des § 21 Abs 5 SGB II grundsätzlich nur bei einer besonderen, von der Vollkost abweichenden Ernährung(sform). Dass eine glutenfreie Kost eine solche kostenaufwändige Ernährung ist, folgt aus den Mehrbedarfsempfehlungen 2008. Bei diesen handelt es sich zwar nicht um ein antizipiertes Sachverständigengutachten, das normähnlich angewandt werden kann, sie können jedoch als Orientierungshilfe herangezogen werden, von der fachlich begründet abgewichen werden darf (vgl ausführlich BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 14 RdNr 18 ff; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15 RdNr 16; von Boetticher/Münder in Münder-LPK, SGB II, 5. Aufl 2013, § 21 RdNr 25; Herold-Tews in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl 2011, § 21 RdNr 30; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 57). Anhaltspunkte für eine Abweichung sind vorliegend nicht zu erkennen.

20

Eine andere in Betracht kommende kostenaufwändigere Ernährung der Klägerin als eine glutenfreie hat das LSG nicht festgestellt. Es hat lediglich ausgeführt, dass die Klägerin wegen gesundheitlicher Leiden auf ihre Ernährung geachtet und höherpreisige Lebensmittel konsumiert habe. Dies beinhaltet jedoch nicht die Feststellung einer besonderen, von der Vollkosternährung abweichenden Ernährung. Aufklärungsrügen wurden von der Klägerin im Revisionsverfahren nicht erhoben. Aus dem Vorbringen der Revision, der Beklagte habe seine Amtsermittlungspflichten verletzt, folgt nichts anderes, weil es nicht Aufgabe des Jobcenters ist, der leistungsberechtigten Person Kenntnis von ihrem konkreten Ernährungsbedarf zu verschaffen.

21

c) Der Ursachenzusammenhang zwischen einer Zöliakie/Sprue und einer glutenfreien Ernährung ergibt sich aus den Feststellungen des LSG, die ihrerseits auf den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 beruhen.

22

Diese aus dem Wortlaut der Norm ("aus ... Gründen") folgende und in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1516 S 57) bestätigte Voraussetzung des Ursachenzusammenhangs ist - wie auch sonst im Sozialrecht - nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilen (vgl zB BSG Urteil vom 9.5.2012 - B 5 R 68/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 18; BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 14/06 R - SozR 4-4100 § 128 Nr 6; zusammenfassend BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 17 ff) und muss zwischen einem medizinischen Grund und der besonderen, kostenaufwändigen Ernährung bestehen (BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 16; Behrend in jurisPK-SGB II, Online-Ausgabe, § 21 RdNr 64.1, Stand Einzelkommentierung 11/2013; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, Stand 11/2009, § 21 RdNr 34).

23

d) Die tatsächliche Einhaltung einer solchen Ernährung oder ggf der Nachweis tatsächlicher Mehraufwendungen seitens des Anspruchstellers ist keine Anspruchsvoraussetzung. Auch wenn § 21 Abs 5 SGB II anders als die übrigen in den Absätzen 2 bis 4 und 7 geregelten typisierten Mehrbedarfe keine prozentual am Regelbedarf orientierte pauschalierte Höhe des Mehrbedarfs vorsieht(so auch Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 2014, § 21 SGB II RdNr 29; Gerenkamp in Mergler/Zink, SGB II, Band 2, Stand April 2013, § 21 RdNr 6; O. Loose in Hohm-GK-SGB II, Stand 7/2012, § 21 RdNr 3), hat der Gesetzgeber das Erfordernis eines zweckentsprechenden Einsatzes der konkreten Leistung in § 21 SGB II nicht normiert, obwohl ihm die Möglichkeit einer solchen Regelung bekannt war(vgl § 29 Abs 4 SGB II nF, § 24a S 4 SGB II aF).

24

Vielmehr sind die bislang geprüften Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bereits beim Vorliegen der objektiven Bedarfslage erfüllt, zumal das Jobcenter im Entscheidungszeitpunkt vor oder bei Beginn des Bewilligungsabschnittes allein die objektive Bedarfslage beurteilen kann und nicht auch die Frage, ob tatsächlich - in dem in der Zukunft liegenden Bewilligungsabschnitt - eine kostenaufwändige Ernährung durchgeführt werden wird. Bei einer Entscheidung über einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum kann nichts anderes gelten, wenn die mit der Antragstellung begehrte Leistung rechtswidrigerweise abgelehnt wurde, der Leistungsberechtigte innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt und sich im Rechtsbehelfsverfahren der Mehrbedarf bestätigt hat, er mithin bis dahin bereits wegen fehlender Geldmittel nicht gedeckt werden konnte. Zwar kann bei einer durch das Gericht nach Ablauf des streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitts und damit den Leistungsträger nachträglich verpflichtenden Gewährung des Mehrbedarfs dessen Zweck nicht mehr erreicht werden, da die besondere Ernährung für diesen Zeitraum nicht mehr nachholbar und damit auch die Einflussnahme auf die gesundheitliche Beeinträchtigung nicht mehr möglich ist (vgl LSG Hamburg Urteil vom 27.6.2013 - L 4 AS 287/10 - Juris RdNr 23; Hessisches LSG Urteil vom 21.3.2013 - L 6 AS 665/10 - Juris RdNr 30). In diesen Fällen ist aber dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Grundgesetz) Vorrang zu geben, da andernfalls der Sozialleistungsträger durch unberechtigtes Bestreiten des Anspruchs den Beginn der Leistung oder gar den ab Antragstellung entstandenen Anspruch vereiteln könnte und so die Einklagbarkeit abgelehnter Leistungen nicht effektiv wäre (vgl bereits BVerwG Urteil vom 14.9.1972 - V C 62.72, V B 35.72 - BVerwGE 40, 343; BVerwG Urteil vom 30.4.1992 - 5 C 12/87 - BVerwGE 90, 154). Die Entscheidung des 8. Senats des BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R (BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 17) steht hierzu nicht im Widerspruch, weil diese im Kontext der Anwendbarkeit von § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch im Sozialhilferecht zu sehen ist.

25

e) Der Anspruch der Klägerin scheitert daran, dass sie nach den unangegriffenen und für den Senat bindenden Feststellungen des LSG im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31.3.2010 keine Kenntnis von ihrem Bedarf an glutenfreier und damit kostenaufwändiger Ernährung hatte.

26

Zwar ist dem Wortlaut des § 21 Abs 5 SGB II nicht ausdrücklich die Kenntnis der betreffenden Person von ihrem objektiv bestehenden und medizinisch begründeten besonderen Ernährungsbedarf zu entnehmen, diese weitere Voraussetzung folgt jedoch aus dem subjektive Elemente beinhaltenden Wort "bedürfen", der Zusammenschau mit den anderen Mehrbedarfen und den Sonderbedarfen sowie dem Sinn und Zweck des ernährungsbedingten Mehrbedarfs.

27

Wie sich aus dem Wortlaut des § 21 Abs 5 SGB II ergibt, muss die betreffende Person der kostenaufwändigen Ernährung "bedürfen". Dieses Tatbestandsmerkmal knüpft zunächst an eine objektive Bedarfslage an, die sich aus einer wertenden Berücksichtigung des aktuellen Stands der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklung zur Sicherung des physischen Existenzminimums ergibt und daran orientiert, was hiernach als notwendig betrachtet wird, wie etwa das Ersetzen von allergenhaltigen durch allergenfreie Nahrungsmittel oder der ersatzlose Verzicht auf allergenhaltige Nahrungsmittel. Diese Wertungen fließen in der Bundesrepublik Deutschland aktuell etwa in die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge zusammen mit Ernährungsmedizinern erarbeiteten Mehrbedarfsempfehlungen 2008 ein, nach denen bei einer Zöliakie/Sprue eine glutenfreie, spezielle Kost notwendig ist. Darüber hinaus enthält der Begriff des "Bedürfens" auch ein subjektives Element, das auf die Handlungsnotwendigkeiten des jeweiligen Anspruchstellers verweist.

28

Für die Mehrbedarfe nach § 21 Abs 2 bis 4 SGB II und § 21 Abs 6 und 7 SGB II nF hingegen ist allein die objektive Bedarfslage anspruchsauslösend, da lediglich an den objektiven Umstand der Schwangerschaft(Abs 2), des Zusammenlebens mit und die Alleinerziehung von minderjährigen Kindern (Abs 3), der Erbringung bestimmter Leistungen für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte (Abs 4), des im Einzelfall unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfes (Abs 6) und der Warmwassererzeugung durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen (Abs 7) als Tatbestandsvoraussetzung angeknüpft wird. Gleiches gilt für die Sonderbedarfe in Form der Einmalleistungen nach § 23 Abs 3 SGB II aF(Erstausstattungen und mehrtägige Klassenfahrten) bzw § 24 Abs 3 SGB II nF(Erstausstattungen und Anschaffung/Reparatur orthopädischer Schuhe, Reparatur/Miete von therapeutischen Geräten, Reparatur von therapeutischen Ausrüstungen) und die Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II nF. Hiervon grenzt sich § 21 Abs 5 SGB II ab, in dem er nicht allein auf den "Bedarf" für kostenaufwändige Ernährung abstellt, sondern auch darauf, dass die betreffenden Personen dieser Ernährung "bedürfen", womit auf ein subjektives Element abgestellt wird.

29

Im Gegensatz zu Leistungsberechtigten mit den zuvor genannten objektiv bestehenden Bedarfslagen muss der gesundheitlich beeinträchtigten Person der objektiv bestehende besondere, jedenfalls von der ausgewogenen Ernährung in Form der Vollkost und damit vom Regelbedarf abweichende Ernährungsbedarf bekannt sein. Ohne Kenntnis des Zusammenhangs zwischen den gesundheitlichen Einschränkungen und einer bestimmten Ernährungsempfehlung, also der bedarfsauslösenden Umstände, besteht kein "Bedürfnis" der Person, eine besondere Kostform einzuhalten und hierfür höhere Beträge als im Regelbedarf eingepreist aufzuwenden, weil sie um die Handlungsnotwendigkeiten nicht weiß, der zu folgen der Mehrbedarf ermöglichen soll. Dies erfordert kein Wissen des Leistungsberechtigten um die genaue medizinische Ursache im Sinne einer zutreffenden Diagnose, wohl aber um die aus medizinischen Gründen einzuhaltende besondere - zB glutenfreie - Ernährung. Der Sinn und Zweck des Mehrbedarfsanspruchs würde leer laufen, wenn dem Leistungsberechtigten trotz fehlender Kenntnis seines objektiv bestehenden besonderen medizinisch begründeten Ernährungsbedarfs die Mehrbedarfsleistung gewährt würde, weil die bezweckte Möglichkeit, auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch eine besondere Ernährung Einfluss zu nehmen und damit den objektiven Bedarf zu decken, bei fehlender Kenntnis nicht umgesetzt werden kann.

30

Dass der Klägerin in der strittigen Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.3.2010 nicht bekannt war, dass sie an Zöliakie/Sprue litt, hat das LSG ausführlich begründet unter Hinweis auf die eingeholten ärztlichen Unterlagen, einschließlich des Gutachtens von Dr. S vom 10.9.2010, sowie die mündliche Anhörung der Klägerin vor dem Senat. Von Seiten der Klägerin wurden insofern keine Rügen erhoben.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist alleinstehend und bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung, die durch zwei Gas-Einzelöfen und einen Heizlüfter im Bad beheizt wird. Im Oktober 2004 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Alg II und legte dabei eine Bescheinigung ihrer Hausärztin vor, wonach bei ihr aufgrund eines Diabetes mellitus Typ I Krankenkost (Diabeteskost) erforderlich sei.

3

Mit Bescheid vom 13.11.2004 bewilligte der Beklagte Alg II von Januar bis Mai 2005 in Höhe von 794,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 777,16 Euro, wobei er neben einem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 134 Euro einen monatlichen Mehrbedarf von 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ I berücksichtigte. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gering sei und ihr einschließlich Praxisgebühr und Zuzahlung monatliche Kosten in Höhe von mindestens 50 Euro entstünden. Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2005 bewilligte der Beklagte daraufhin für die Zeit von Januar bis Mai 2005 monatlich 795,23 Euro und für Juni 2005 775,18 Euro. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies er als unbegründet zurück.

4

Am 1.3.2005 erhob die Klägerin Klage zum SG und begründete ihre Klage insbesondere damit, dass eine Anpassung des seit 1997 nicht erhöhten Mehrbedarfsbetrages zu erfolgen habe, die Regelleistung in Höhe von 345 Euro zu gering sei und zusätzliche Stromkosten von monatlich 11 Euro zu berücksichtigen seien, weil sie ihr Bad mit einem Heizlüfter beheize. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 4.3.2005, 7.9.2005 und 15.11.2005 zuletzt Leistungen für Januar und Februar in Höhe von monatlich 806,33 Euro, für März 689,26 Euro, für April 810,33 Euro, für Mai 802,82 Euro und für Juni 2005 782,72 Euro bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beklagte am 29.6.2006 ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, der Klägerin über die mit Bescheid vom 15.11.2005 zuerkannten Leistungen hinaus für März 2005 Leistungen in Höhe von 795,23 Euro (gemäß dem Widerspruchsbescheid), für Mai 2005 in Höhe von 807,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 784,46 Euro (gemäß dem Bescheid vom 4.3.2005) zu bewilligen. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen. Mit Urteil vom 29.6.2006 hat das SG die darüber hinausgehende Klage abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 15.12.2006 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie einen Bedarf habe, der in der Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Insofern werde auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen, wonach ein Mehrbetrag für kostenaufwändige Ernährung nach dem Krankheitsbild der Klägerin nicht gerechtfertigt sei und die Kosten für Arztbesuche und Zuzahlungen im Regelbetrag enthalten seien.

6

Auf die Revision der Klägerin hat das BSG mit Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - das Urteil des LSG vom 15.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, da es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehle, insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für eine kostenaufwändige Krankenernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II.

7

Das LSG hat hierauf die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Außerdem hat das LSG ein gerichtliches Sachverständigengutachten bei dem Internisten Dr. S. eingeholt. Mit Urteil vom 23.10.2009 hat das LSG der Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zugesprochen. Insoweit sei bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) ein Anteil an den Stromkosten, der für eine angemessene Beheizung des Bades mittels des vorhandenen Heizlüfters erforderlich sei, ergänzend zu berücksichtigen. Der konkrete Stromverbrauch des Heizlüfters zur Beheizung des Bades - etwa über einen getrennten Zähler - werde nicht erfasst. Die vom SG berücksichtigte Betriebsdauer des Heizlüfters von einer halben Stunde täglich sei sehr knapp bemessen, weshalb zu Gunsten der Klägerin im Rahmen der Schätzung eine volle Stunde zugrunde gelegt werde. Insgesamt belaufe sich die der Klägerin zustehende Nachzahlung für Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 60,69 Euro. Im Übrigen hat das LSG die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibe es jedoch bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro monatlich. Eine Verrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung komme nicht in Betracht.

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 21 Abs 5 SGB II. Das Tatbestandsmerkmal "medizinische Gründe" in § 21 Abs 5 SGB II umfasse auch nicht krankheitsbedingte und in der körperlichen Verfassung eines Menschen liegende Umstände, die ärztlich festgestellt werden könnten. Vorliegend bestehe ein erhöhter Grundumsatz bzw ein erhöhter Kalorienverbrauch, der zu einer finanziellen Mehrbelastung führe, welche die bereits monatlich gewährten 25,56 Euro deutlich übersteige. Weder der Wortlaut der Norm noch die Gesetzesbegründung würden die Beschränkung auf Gesundheitsschäden hergeben. Ausgehend von ihren Angaben, wonach sie bereits seit ihrer Kindheit habe sehr viel essen müssen, hätte das LSG eine individuelle Kaloriemetrie zur Ermittlung ihres erhöhten Grundbedarfs durchführen müssen. Der Hinweis des LSG auf die Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gehe fehl, da ein pauschaler Regelleistungsbetrag nur den durchschnittlichen Bedarf decke. Die vorliegend erforderliche Vollkost lasse sich nicht aus dem Regelsatz finanzieren. Auch hierzu fehle es an Feststellungen des LSG. Es liege eine Verletzung des § 170 Abs 5 SGG vor, da das LSG insoweit entgegen der Rechtsprechung des BSG die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 herangezogen und hieraus abgeleitet habe, dass Vollkost aus dem Regelsatz finanzierbar sei. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfs, der nicht von den Leistungen nach § 20 SGB II erfasst werde, jedoch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken sei. Schließlich sei der vom LSG errechnete Betrag für die Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen fehlerhafter Anwendung der Rundungsregel des § 41 Abs 2 SGB II um 1 Euro zu niedrig.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 13. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005, dieser in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 4. März 2005, 7. September 2005 und 15. November 2005 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

12

1. Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 nach den Feststellungen des LSG leistungsberechtigt als erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Damit hat sie Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II, idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954).

13

2. Die Klägerin hat weder wegen eines erhöhten Kalorienbedarfs noch aufgrund einer etwaigen Ernährung mit sog "Vollkost" einen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

14

a) Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten nach § 21 Abs 5 SGB II einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dieser ergänzt die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 21 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er umfasst Bedarfe, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind (§ 21 Abs 1 SGB II).

15

Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Die Gewährung des Mehrbedarfs allein kann damit nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

16

b) Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Es muss also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

17

aa) Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 21 Abs 5 SGB II bewusst an den Rechtszustand des § 23 Abs 4 BSHG angeknüpft. Danach war für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur war ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs (Hofmann in: LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Unter der Geltung des BSHG wurde die kostenaufwändige Ernährung gemäß § 23 Abs 4 BSHG deshalb auch als "Krankenkostzulage" bezeichnet(vgl Knopp/Fichtner, BSHG, 5. Aufl 1983, § 23 RdNr 22; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl 1997, § 23 RdNr 30; Schoch, Sozialhilfe, 3. Aufl 2001, S 167; Hofmann in LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; Linhart, BSHG § 23 RdNr 14 - Stand 39. EL, Juli 2004).

18

Wie in der früheren Sozialhilfe, dem Referenzsystem für das SGB II (BT-Drucks 15/1514 S 1), wollte der Gesetzgeber auch im Rahmen des Alg II einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung vorsehen. In der Gesetzesbegründung ist unter Bezugnahme auf den Rechtszustand des BSHG zum Tatbestandsmerkmal "aus medizinischen Gründen" ausgeführt worden: "Wie in der Sozialhilfe ist auch im Rahmen des Arbeitslosengeldes II ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung vorgesehen. Hierbei ist eine Präzisierung dahin gehend vorgenommen worden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen ist. Zur Angemessenheit des Mehrbedarfs können die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden." (BT-Drucks 15/1516, S 57).

19

Auch die vergleichende Betrachtung der Vorschriften des § 21 Abs 5 SGB II und des § 30 Abs 5 des SGB XII bestätigt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung erforderlich ist. Die Definition des Kreises der Anspruchsberechtigten ist in § 21 Abs 5 SGB II zwar anders formuliert als in § 30 Abs 5 SGB XII, der dem früheren § 23 Abs 4 BSHG nachgebildet ist. Gemäß § 30 Abs 5 SGB XII in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Hingegen sind auch anspruchsberechtigt erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer aufwendigen Ernährung bedürfen. Wie aufgezeigt, sollte nach der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs 5 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) mit der Formulierung klargestellt werden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen sei.

20

Folglich hat der Gesetzgeber inhaltliche Unterschiede zwischen § 21 Abs 5 SGB II und § 30 Abs 5 SGB XII nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Leistungen ist es in beiden Fällen, durch die krankheitsbedingte besondere Ernährung drohende oder bestehende Gesundheitsschäden abzuwenden oder zu verhindern (Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 49 f; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II § 21 RdNr 32, 34; Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25; Simon in: jurisPK-SGB XII, § 30 RdNr 92; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Anspruchsvoraussetzung bei § 21 Abs 5 SGB II ist daher immer das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung. Dementsprechend hat auch das BSG bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bislang stets von "Krankenernährung" oder "krankheitsbedingtem Mehrbedarf" gesprochen(BSG vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R) und ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nur vorliegen, wenn eine oder mehrere Erkrankungen eine kostenaufwändige Ernährung bedingen (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; vgl auch BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

21

bb) Der von der Klägerin behauptete erhöhte Kalorienbedarf ist nach den Feststellungen des LSG nicht auf eine Krankheit, also auf einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, zurückzuführen. Nach diesen Feststellungen liegen bei der Klägerin zwar verschiedene Krankheiten, insbesondere ein Diabetes mellitus Typ I vor; diese verursachen jedoch weder einen erhöhten Kalorienbedarf noch einen anderen Ernährungsmehrbedarf iS des § 21 Abs 5 SGB II. Das LSG hat den Sachverhalt vollständig und ausreichend ermittelt, indem es sachverständige Zeugenauskünfte sowie ein internistisches ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt hat, um sich die erforderliche Sachkunde zu verschaffen. Damit hat das LSG von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben, Gebrauch gemacht (vgl BSG vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO). Ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt nicht vor.

22

Nach den Feststellungen, die das LSG nach ausreichenden Ermittlungen des Sachverhalts getroffen hat, liegen keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Krankenkost vor. Das LSG konnte nach der vorgenommenen eigenständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Prüfung der Umstände des Einzelfalles dahinstehen lassen, ob die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären ( § 20 SGB X bzw § 103 SGG ), nicht aufgehoben. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall.

23

Unabhängig von der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend zB Sächsisches LSG vom 27.8.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.6.2009 - L 7 AS 250/08; Bayerisches LSG vom 23.4.2009 - L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2010 - L 19 <20> AS 50/09 - und vom 4.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Empfehlungen 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe dienen und es sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (so bereits zu den Empfehlungen 1997: BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 7 f). Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es auch keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse auch mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn diese Zeiträume betreffen, die vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lagen (so bereits Sächsisches LSG vom 26.2.2009 - L 2 AS 152/07; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08). Wenn dann - wie vorliegend - nach dem Ergebnis der im Einzelfall durchgeführten Amtsermittlung eine Abweichung von den Empfehlungen nicht festzustellen ist (vgl zu diesem Gesichtspunkt auch BVerfG vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - juris RdNr 19), ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich.

24

cc) Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II ein Mehrbedarf zu gewähren ist, hat das LSG zu Recht davon abgesehen, den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf der Klägerin zu ermitteln. Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, ist § 21 Abs 5 SGB II jedoch kein Auffangtatbestand(Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 24).

25

dd) Die Ernährung mit einer sog "Vollkost" bei Diabetes mellitus I/II unterfällt nicht § 21 Abs 5 SGB II, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern um eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt.

26

Die Vollkost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten. Auch insoweit gilt, dass für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, § 21 Abs 5 SGB II kein Auffangtatbestand ist.

27

3. Der Sache nach ist das Begehren der Klägerin demnach darauf gerichtet, für ihren geltend gemachten individuellen Ernährungsbedarf eine höhere Regelleistung zu erstreiten. Dieses Begehren hat gleichfalls keinen Erfolg.

28

a) Im streitgegenständlichen Zeitraum besteht lediglich ein Anspruch auf eine monatliche Regelleistung in Höhe von 345 Euro. Zwar hat das BVerfG die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, ua die des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht. Vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber wurde lediglich verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 ff - juris RdNr 210 ff; BVerfG vom 18.2.2010 - 1 BvR 1523/08; BVerfG vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09; BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R). Folglich ist im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die der Klägerin im Jahre 2005 bewilligte Regelleistung in Höhe von 345 Euro für den hier streitigen Zeitraum hinzunehmen ist (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R - juris RdNr 16).

29

b) Zudem hat das BVerfG ausgeführt, die Regelleistung reiche zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums aus: "Für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro nach § 20 Abs 2 1. Halbsatz SGB II aF kann eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden, weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist. So kommt beispielsweise eine Untersuchung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu dem Ergebnis, dass die Beträge des § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung für 'Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren' sowie für 'Beherbergungsdienstleistungen, Gaststättenbesuche' die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken können (vgl seine Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3. Aufl., sub III 2 )" (RdNr 152 des Urteils vom 9.2.2010).

30

c) Eine abweichende Bedarfsermittlung kommt nicht in Betracht. Nach dem Leistungssystem des SGB II ist eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung nicht vorgesehen (vgl dazu BSG 18.6.2008 - B 14 AS 22/07 R - BSGE 101, 70 76 f = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 S 65 f). Dies gilt sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers. Bei der Ernährung handelt es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gedeckt werden soll. Es ist konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II, eine abweichende Festsetzung der Bedarfe, wie sie § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, gerade nicht vorzusehen. Folglich gestattet es das SGB II nicht, außerhalb von § 21 Abs 5 SGB II einen individuellen Ernährungsbedarf bedarfserhöhend geltend zu machen.

31

Der Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung entspricht im Übrigen auch dem Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit einer Pauschalierung der Regelleistung im SGB II verband. Die pauschalierte Regelleistung sollte gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Diese sind darauf angewiesen, mit dem in der Regelleistung pauschaliert enthaltenen Betrag ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Außerhalb der gemäß § 21 SGB II gewährten Mehrbedarfe und der gemäß § 23 Abs 3 SGB II aF - in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung - gewährten einmaligen Leistungen sind monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Das System des SGB II ist insofern abschließend (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 91 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 45).

32

In diesem vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten System der pauschalierten Regelleistung ist weder - wie von der Klägerin begehrt - eine individuelle Kaloriemetrie vorzunehmen, noch durch eine isolierte Herausnahme und Überprüfung einzelner Bedarfspositionen zu prüfen, ob eine bestimmte individuell gewünschte Ernährungsweise von einer bestimmten Bedarfsposition der Regelleistung direkt erfasst und abgebildet wird. Das BVerfG hat hierzu im Urteil vom 9.2.2010, aaO, RdNr 205 ausgeführt: "Die Gewährung einer Regelleistung als Festbetrag ist grundsätzlich zulässig. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (vgl BVerfGE 87, 234 <255 f>; 100, 59 <90>; 195 <205>). Dies gilt auch für Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Allerdings verlangt Art 1 Abs 1 GG , der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt wird. Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar. Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich ist […], kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotenzial zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten ist.“

33

Folglich ist nicht individuell zu ermitteln, ob eine bestimmte Ernährungsweise, die nicht von § 21 Abs 5 SGB II umfasst wird, sondern aus der Regelleistung zu bestreiten ist, im Einzelnen von der entsprechenden Bedarfsposition gedeckt wird. Denn es ist Sache des Hilfebedürftigen selbst, über die Verwendung des bewilligten Festbetrages im Einzelnen zu bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen.

34

4. Ansprüche auf Gewährung einer von der Regelleistung abweichenden Leistung auf der Grundlage sonstiger Anspruchsgrundlagen bestehen gleichfalls nicht.

35

a) Die Klägerin kann keinen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 73 SGB XII herleiten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich auch der 14. Senat des BSG angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zugleich muss auch der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert sein (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242, 250 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22 f; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 19 f). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil es sich bei der Ernährung mit ausgewogener Mischkost bzw sog "Vollkost" um einen typischen, innerhalb des SGB II zu befriedigenden Bedarf handelt.

36

b) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die durch eine Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (aaO) geschaffene Härtefallregelung, die der Gesetzgeber mittlerweile mWv 3.6.2010 in § 21 Abs 6 SGB II geregelt hat(Gesetz vom 27.5.2010, BGBl I 671). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (insbesondere RdNr 207) klargestellt, dass der von ihm verfassungsrechtlich abgeleitete, zusätzliche Anspruch immer dann notwendig werde, wenn ein bestimmter fortlaufender atypischer Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II nicht gedeckt werden könne. Nach den Feststellungen des LSG kann die Klägerin keinen derartigen besonderen Bedarf geltend machen.

37

5. Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen höheren Leistungsbetrag mit Rücksicht auf die fehlerhafte Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II durch das LSG. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der Ansatz des LSG hinsichtlich der hier ausnahmsweise als KdU anteilig zu berücksichtigenden Stromkosten nicht zu beanstanden ist. Das LSG hat jedoch nicht beachtet, dass lediglich Endzahlbeträge der monatlichen Leistung nach § 41 Abs 2 SGB II zu runden sind, Zwischenberechnungsschritte aber von der Rundung ausgenommen sind(vgl BSG SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 25).

38

Aus einer fehlerhaften Anwendung der Rundungsregelung folgt hier schon deshalb kein höherer Zahlbetrag, weil der Beklagte - wie bereits ausgeführt worden ist - bei der Leistungsbewilligung einen Betrag von monatlich 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung in Ansatz gebracht hatte, auf den die Klägerin keinen Anspruch hatte. Zwar folgt hieraus nicht, dass die Bescheide durch den erkennenden Senat zu Lasten der Klägerin zu ändern waren, denn einer solchen Änderung steht das Verbot der reformatio in peius entgegen (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 8; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274, 281 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 S 130). Da jedoch im Verfahren der Anspruch auf Alg II einschließlich der angemessenen KdU insgesamt streitig ist, kann die Klägerin einen höheren Zahlbetrag nur beanspruchen, wenn der Verfügungssatz der Bewilligung von Alg II sich insoweit der Höhe nach als unrichtig erweist. Insoweit ist die Höhe der Leistung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

39

Dem steht nicht entgegen, dass das BSG eine Beschränkung des Klagebegehrens auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw die Kosten für Unterkunft für zulässig erachtet hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18), denn die Klägerin hat eine Beschränkung ihres Klagebegehrens nicht vorgenommen. Eine (Teil-)Bestandskraft ist hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des zuerkannten Mehrbedarfs folglich nicht eingetreten.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005.

2

Der 1982 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H"). Bis einschließlich Januar 2005 zahlte sein Vater Unterhalt. Der Kläger erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und bewohnt mit seiner Mutter eine gemeinsame Wohnung. Bis 31.12.2004 bezog er Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII(Bescheid vom 28.4.2005 für Januar 2005, vom 4.4.2005 für Februar bis Juni 2005, vom 23.6.2005 für Juli 2005 und vom 12.7.2005 für August 2005 bis Juni 2006, alle Bescheide erlassen von der Stadt Bad Schwartau im Namen und im Auftrag des Beklagten; Widerspruchsbescheid des Beklagten nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 5.10.2005).

3

Die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, "dem Kläger seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro im Monat zu gewähren", hatte teilweise Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat den Beklagten verurteilt, "dem Kläger für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren" und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 21.1.2008). Die Berufung mit dem Antrag, "den Beklagten zu verurteilen, ihm - dem Kläger - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes/Alleinstehenden sowie unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens 100 Euro im Monat und unter Berücksichtigung der Beiträge für Sterbe-, Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Haftpflichtversicherung zu gewähren" hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 9.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Berufung sei hinsichtlich der geltend gemachten Versicherungsbeiträge schon unzulässig, weil der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt habe. Die Berufung im Übrigen sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Eckregelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er weder dem zusammen mit seiner Mutter bestehenden Haushalt vorstehe noch neben seiner Mutter einen eigenen Haushalt in der gemeinsam mit ihr bewohnten Wohnung führe. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei insoweit nicht zu folgen. Dem Kläger stehe auch kein über den bereits bewilligten Betrag von 27,50 Euro (wegen Psoriasis) hinausgehender Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung wegen der geltend gemachten Allergien zu. Den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei ein Mehrbedarf nicht zu entnehmen, sodass sein tatsächlicher Mehrbedarf konkret festzustellen sei. Ein Mehrbedarf wegen der Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie sei im Alter des Klägers unwahrscheinlich; letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Die pauschale Bescheinigung des Hausarztes sei zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet. Der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien.

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Mit seiner Revision macht der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats eine Verletzung der §§ 42 Satz 1, 28 SGB XII iVm der Regelsatzverordnung (RSV) sowie einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) geltend. Wegen der nach Art 3 GG gebotenen Gleichbehandlung könne eine den reduzierten Eckregelsatz begründende Haushaltsersparnis nur dann angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII bildeten. Daneben rügt der Kläger Verfahrensfehler sowie einen Verstoß gegen § 33 SGB XII. Zu Unrecht habe das LSG hinsichtlich der Versicherungsbeiträge die Berufung als unzulässig angesehen. Mangels Beschränkung des Streitgegenstandes hätte das LSG über die geltend gemachten Versicherungsbeiträge materiell entscheiden müssen. Übernahmefähig seien jedenfalls die Beiträge für die Sterbegeldversicherung nach § 33 SGB XII. Soweit es den ernährungsbedingten Mehrbedarf betreffe, rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 42 Satz 1 Nr 3, 30 Abs 5 SGB XII. Der ernährungsbedingte Mehraufwand lasse sich betragsmäßig nicht verallgemeinern. Zu diesem Schluss komme zwar auch das LSG; es habe dann aber die ihm obliegende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, weil es kein Sachverständigengutachten zu der von ihm angezweifelten Kuhmilchallergie des damals anwaltlich nicht vertretenen Klägers eingeholt habe, das einen Mehrbedarf von zumindest 100 Euro bestätigt hätte.

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Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Bescheide vom 4.4.2005, 28.4.2005 und 23.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Entgegen der Auffassung des LSG war die Berufung insgesamt zulässig. Ob der Kläger in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG zu Grund und Höhe der Leistungen - auch des ernährungsbedingten Mehraufwands - sowie zur Zuständigkeit des Beklagten nicht abschließend entschieden werden, auch wenn ihm entgegen den Ausführungen des LSG im streitbefangenen Zeitraum der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und für Alleinstehende in Höhe von 100 vH (Eckregelsatz) an Stelle des Regelsatzes für Haushaltsangehörige in Höhe von 80 vH des Eckregelsatzes zusteht.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Bescheide vom 4.4.2005, vom 28.4.2005 und vom 23.6.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.10.2005 (§ 95 SGG), soweit (höhere) Leistungen für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 abgelehnt worden sind. Der Bescheid vom 28.4.2005 betrifft die Grundsicherungsleistung für den Monat Januar 2005, der Bescheid vom 4.4.2005 die Grundsicherungsleistung für die Zeit vom Februar 2005 bis 30.6.2005. Insoweit ersetzen diese Bescheide durch jeweils höhere Leistungsbewilligungen als zuvor den Bescheid vom 23.12.2004, mit dem ursprünglich die Leistung für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 bewilligt worden war, aber auch die Bescheide vom 10.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Januar 2005) und vom 3.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Februar 2005), die sich damit erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -). So wird in den Bescheiden vom 4.4.2005 und vom 28.4.2005 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bescheide "alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII" aufheben, "soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen". Der Bescheid vom 4.4.2005 nennt zwar nur die Leistung für den Monat Februar 2005 in Höhe von 602,92 Euro; Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist aber der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Danach regelt der Bescheid die Leistung nicht nur für den Monat Februar 2005, sondern für die Zeit bis zum Ende des ursprünglich durch den Bescheid vom 23.12.2004 vorgesehenen Bewilligungszeitraums bis 30.6.2005. Dies zeigt schon die Bezeichnung als "Bescheid über die Änderung von laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung", die, ginge es nur um den vergangenen Monat Februar 2005, nicht nachvollziehbar wäre. Auch der Änderungsgrund, nämlich "Anerkennung des Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung ab dem 1.2.2005" zeigt, dass nicht nur der Monat Februar 2005, sondern die gesamte Zeit ab 1.2.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts gemeint ist. Gleiches gilt auch für die Anlage zum Bescheid, die die Bedarfsberechnung "ab dem Monat 02/05" mitteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 23.6.2005, der Leistungen für den Monat Juli 2005 regelt. Dieser ist nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden(vgl dazu Urteil des Senats vom 14.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr 10). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hingegen nicht der Bescheid vom 12.7.2005, der die Leistungen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 30.6.2006 regelt. Zwar war auch dieser Bescheid nach der Rechtsprechung des Senats (aaO) Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG und nicht - wie das LSG meint - mangels Widerspruch bestandskräftig geworden. Mit seiner Revision hat der Kläger aber den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.7.2005 begrenzt.

11

Entgegen der Auffassung des LSG hat der Kläger den Streitgegenstand nicht auf Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt. Wenn er in der ersten Instanz beantragt hat, den Beklagten zu höheren Leistungen zu verurteilen, "insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro", so ist hierin nicht eine Beschränkung des Streitgegenstandes zu sehen, sondern nur eine - entbehrliche - Beschreibung des von ihm für einschlägig erachteten Leistungsgrundes (vgl dazu BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R). Erst recht wird dies vorliegend durch das Wort "insbesondere" deutlich, das der Annahme einer abschließenden Aufzählung (oder Begrenzung) des Begehrens entgegensteht. Auch haben die Beteiligten einzelne Teile des Anspruchs gerade nicht durch Teilvergleich oder -anerkenntnis geregelt (vgl dazu: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 14). Mangels entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes ist damit die vom LSG gezogene Schlussfolgerung, die Berufung sei hinsichtlich der Versicherungsbeiträge unzulässig, falsch.

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Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Richtiger Beklagter ist der Landrat des Kreises Ostholstein als beteiligtenfähige Behörde iS von § 70 Nr 3 SGG. Danach sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt (Behördenprinzip). Eine entsprechende Bestimmung enthält § 5 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 2.11.1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt 144, in der Bekanntmachung vom 4.8.1965, GVBl 53, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 14.3.2011 - GVBl 72). Behörde in diesem Sinne ist der Landrat (vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 f = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSGE 100, 131 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Hieran ändert auch nichts, dass die Leistungsbescheide von der Stadt Bad Schwartau erlassen wurden, die nach der Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe vom 15.1.2003 tätig geworden ist; denn die Heranziehung durch die genannte Satzung erfolgt nicht in einem auftragsähnlichen Verhältnis zum Handeln in eigenem Namen (zu dieser Voraussetzung: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f), sondern nach § 1 der Heranziehungssatzung wurde diese vielmehr "beauftragt" und wurde erkennbar "im Namen des Kreises Ostholstein" und damit für dessen beteiligtenfähige Behörde, den Landrat, tätig.

13

Bei der Entscheidung, ob dem Kläger höhere Leistungen zustehen, sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen (vgl dazu BSGE 99, 262 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 82 Nr 3) gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben) in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 zu prüfen. Danach können Personen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1) oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann(Nr 2), auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhalten. Der Anspruch besteht nur, sofern der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann (§ 19 Abs 2 Satz 1 SGB XII).

14

Der Senat vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Kreis Ostholstein der hier örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe ist (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) vom 15.12.2005 (GVBl 568) iVm § 97 SGB XII ist der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zuständig; örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 1 AG-SGB XII die Kreise und kreisfreien Städte. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei gemäß § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten, zu dem jegliche Feststellungen des LSG fehlen. Diese wird es ggf nachzuholen haben, zumal - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - der Kläger Mitte 2004 seinen Hauptwohnsitz in Hamburg genommen hat und seine Mutter angibt, man halte sich (nur) "in den Ferien und am Wochenende in Bad Schwartau auf".

15

Unberücksichtigt bleiben kann allerdings, wenn der Beklagte der zuständige Leistungsträger ist, dass die Heranziehungssatzung vom 15.1.2003 naturgemäß keine Regelungen über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu den Aufgaben nach dem noch nicht existierenden SGB XII treffen konnte. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers sollte die Rechtsgrundlage für den Erlass der Satzung (§ 4 Abs 3 Nr 1 GSiG iVm § 2 des Gesetzes zur Ausführung des GSiG vom 30.11.2002 - GVBl 239) nämlich zunächst nicht entfallen. Dies zeigt schon Art 15 Haushaltsstrukturgesetz (vom 15.12.2005 - GVBl 568), mit dem das AG-GSiG aufgehoben wurde. Die Aufhebung erfolgte nach Art 17 Haushaltsstrukturgesetz nicht rückwirkend zum 1.1.2005 oder zumindest mit dem Tag nach der Veröffentlichung, sondern erst zum 1.1.2007. Dementsprechend ist die abweichend (vgl § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -) von § 88 Abs 1 Satz 2 SGB X auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 4 AG-SGB XII vom 15.12.2005 (GVBl 568) zulässigerweise ergangene Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 13.12.2006 erst am 1.1.2007 in Kraft getreten ist (§ 6 der Heranziehungssatzung vom 13.12.2006) und die alte Satzung behielt bis zu diesem Zeitpunkt ihre gesetzliche Grundlage. Die Satzung vom 15.1.2003 erfasst nach ihrem Sinn und Zweck dann unabhängig von der Bezeichnung des Gesetzes alle Aufgaben im Zusammenhang mit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - also auch die nach §§ 41 ff SGB XII für die Zeit ab dem 1.1.2005. Welche rechtlichen Konsequenzen eine Beauftragung ohne gesetzliche Ermächtigung hätte, kann deshalb dahinstehen. Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).

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Das LSG hat auch zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs keine Feststellungen getroffen; diese wird es nachholen müssen. In der Sache geht es dem Kläger um insgesamt höhere Leistungen (siehe oben). Insoweit hat das LSG jedenfalls zu Unrecht den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen bei der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt. Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305) und ggf dem auf diesen Bedarf anzurechnenden Einkommen (§§ 82 ff SGB XII idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch), hier den an den Kläger erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen (vgl dazu BSGE 99, 137 ff RdNr 23 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11).

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Der maßgebliche Regelsatz beträgt 345 Euro, nicht aber - wovon der Beklagte zu Unrecht ausgeht - 276 Euro. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1 Satz 2 der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(idF vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand Anspruch auf 100 % des Regelsatzes; dieser betrug nach § 1 der Schleswig-Holsteinischen Regelsatzverordnung nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.12.2004 (GVBl 505) bzw (für Juli 2005) nach § 1 der Landesverordnung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.8.2005 (GVBl 331) 345 Euro; der Regelsatz für den Haushaltsvorstand gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV). Die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige betragen nach § 3 Abs 2 RSV bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vH (Nr 1) und nach Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2).

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Der Kläger ist kein Haushaltsangehöriger im Sinne der RSV. Die abgestufte Regelsatzhöhe beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242). Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw GSiG abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet(BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; BSGE 106, 62 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Gutzler in juris Praxiskommentar SGB XII , § 28 SGB XII RdNr 42), dass seit dem 1.1.2005 mit dem Systemwechsel durch das Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden(anders für das bis zum 31.12.2004 geltende Recht des BSHG BSGE 104, 207 ff RdNr 18 f = SozR 4-3530 § 6 Nr 1).

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Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig. Er lebte deshalb nicht in einer eine Bedarfs- oder Einsatzgemeinschaft rechtfertigenden Beziehung zu seiner Mutter. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(in der hier maßgebenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) gehören nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger im streitigen Zeitraum - in Bedarfsgemeinschaften einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688 S 13). Betroffen ist hier ein Zeitraum vor der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II. Die Regelung gilt nicht rückwirkend, was nicht zuletzt § 68 Abs 1 SGB II belegt, wonach § 7 SGB II in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung sogar weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 1.7.2006 beginnen (Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 15/08 R - RdNr 15).

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Ebenso wenig lebt der Kläger mit seiner Mutter in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, sodass dem Kläger - unterstellt, er hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 durchgängig statt 276 Euro (80 % des Eckregelsatzes für Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahres an) nominal 345 Euro zustehen (vgl auch BSGE 106, 62 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).

21

Die vom LSG hiergegen erhobene Kritik, die sich insbesondere auf die Regelungen der RSV stützt, verkennt die Tragweite von Art 3 GG. Es kann insbesondere nicht eingewandt werden, der Gesetzgeber habe auch die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 SGB II auf erwerbsfähige Hilfebedürftige ab dem 25. Lebensjahr zu erweitern. Bis zu einer etwaigen Änderung ist eine verfassungsrechtlich gebotene Harmonisierung nur möglich, indem der Kläger als Alleinstehender im Sinne der RSV zu behandeln ist, nicht aber, indem die RSV die Auslegung des SGB II diktiert. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010, wonach der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst zu verankern ist (BVerfGE 125, 175 ff, 223 und 256; vgl auch Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 40 SGB XII RdNr 18). Ob für die Zeit ab 1.1.2011 im Hinblick auf die Regelungen des Regelbedarfsermittlungsgesetzes vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine andere Wertung vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

22

Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nicht erkennbar, dass sich aus der Gewährung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Sinne einer Besserstellung gegenüber Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II ergäbe. Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass eine Mutter und ihr in Haushaltsgemeinschaft lebendes erwachsenes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, insgesamt nur 180 % des Regelsatzes bzw der Regelleistung erhielten, so bezieht sich das nur auf die seit dem 1.7.2006 geltende Rechtslage (Gesetz vom 24.3.2006 - BGBl I 558), die ab diesem Zeitpunkt ggf auf das SGB XII zu übertragen wäre. Ebenso falsch ist die Auffassung des LSG, dass die Mutter, wenn sie Leistungsbezieherin nach dem SGB II wäre, nur 80 % des Eckregelsatzes beanspruchen könnte. Die Auffassung des LSG schließlich, es gebe keinen sachlichen Grund für einen höheren Leistungsanspruch des Klägers im Verhältnis zu einem in Bedarfsgemeinschaft oder in gemischter Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehepaares, weil hier wie da von einer Haushaltsersparnis auszugehen sei, verkennt die gesetzgeberische Entscheidung zu den Personenbeziehungen, bei denen im Falle eines Zusammenlebens von Einsparungen auszugehen ist. Der Senat hat nicht die sozialpolitische Sinnhaftigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung zu bewerten und ggf eine Korrektur vorzunehmen.

23

Soweit es die Versicherungsbeiträge betrifft, wird das LSG jedenfalls für den Monat Januar, in dem der Kläger Unterhaltsleistungen bezogen hat, zu prüfen haben, inwieweit die Beiträge als mögliche Abzüge vom Einkommen gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (vgl § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII; dazu BSGE 104, 207 ff RdNr 20 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). Für die Zeit ab Februar 2005 ist - sieht man von der Sterbegeldversicherung ab - mangels Einkommens des Klägers eine "Berücksichtigung" der Versicherungsbeiträge im Sinne einer Übernahme durch den Beklagten nicht möglich. Soweit Versicherungsbeiträge Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts und die Beiträge angemessen sind, werden sie im Übrigen in der Regel pauschal durch den Regelsatz abgegolten. Etwas anderes gilt nach § 33 Abs 2 SGB XII allerdings für ein angemessenes Sterbegeld. Nach § 33 SGB XII(idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) können die erforderlichen Kosten übernommen werden, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf ein angemessenes Sterbegeld zu erfüllen. Zwar umfasste die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 SGB XII(in den hier maßgebenden Fassungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bzw ab 30.3.2005 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005) bis 31.12.2008 nicht Leistungen nach § 33 SGB XII(erst mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2008, 2933 - wurden mit Wirkung vom 1.1.2009 die Vorsorgebeiträge entsprechend § 33 SGB XII in den Katalog des § 42 Satz 1 SGB XII aufgenommen). Die Übernahme der Kosten für ein angemessenes Sterbegeld scheidet deswegen aber nicht aus. Soweit § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII einen Vorrang der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt, gilt dies nur, soweit §§ 41 ff SGB XII Leistungen auch tatsächlich vorsehen; einen Ausschluss von Leistungen des Dritten Kapitels regelt § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff). Ob die Voraussetzungen des § 33 SGB XII vorliegen, wird das LSG deshalb ggf prüfen müssen.

24

Das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben. Nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6). Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28). Das LSG hat zu der behaupteten Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie lediglich ausgeführt, diese seien im Alter des Klägers unwahrscheinlich, Letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, woher das LSG ausreichende Sachkunde über Therapiemöglichkeiten von Allergien besitzt, ist es für einen ernährungsbedingten Mehraufwand nicht entscheidend, ob ein bestimmtes Nahrungsmittel bei der Ernährung weggelassen werden kann; dies ist bei einer Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel selbstverständlich. Entscheidend ist vielmehr, ob und durch welche Nahrungsmittel es ersetzt werden muss und ob hierdurch Mehrkosten entstehen. Wenn - wovon das LSG zu Recht ausgeht - insoweit eine pauschale Bescheinigung des Hausarztes zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet ist, hätte es sich aufgedrängt, weitere Ermittlungen zu einem etwaigen Mehrbedarf anzustellen und dabei nicht die einzelne Allergie isoliert betrachten. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen. Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.

25

Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob - unterstellt, der Kläger hat einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII - aus anderen Gründen eine höhere Leistung zu erbringen ist und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung der Kosten für den Einbau eines Aufzugs im Haus der Eltern des Klägers im Jahre 2007.

2

Der 2002 geborene Kläger lebt mit seinen Eltern im 1. und 2. Obergeschoss des elterlichen Hauses; er ist erheblich behindert und leidet unter anderem an einer Teilparese beider unterer Extremitäten. Bei ihm sind seit seiner Geburt ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, aG, B und H anerkannt. Im Februar 2005 beantragten die Eltern des Klägers für diesen die Übernahme der Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls zur Verbindung vom Erdgeschoss in das 1. Obergeschoss des Hauses. Die Kosten hierfür beliefen sich nach Angaben des Vaters des Klägers im Gerichtsverfahren auf insgesamt 37 959 Euro (einschließlich Eigenleistungen). Von der Abteilung Wohnungswesen des Beklagten hat der Vater des Klägers für den Fahrstuhleinbau 15 000 Euro als Darlehen ("Reduzierung von Barrieren im Wohnungsbestand") erhalten, und die Pflegekasse hat dem Kläger einen Zuschuss in Höhe von 2557 Euro bewilligt.

3

Der Beklagte lehnte die Gewährung von Eingliederungshilfe ab, weil die Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern der Kostenübernahme entgegenstehe (Bescheid vom 5.10.2006; Widerspruchsbescheid vom 25.1.2007). Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Münster vom 23.11.2009; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20.4.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Aufbringung der Mittel für den Einbau des Aufzugs sei den Eltern zumindest aus dem Vermögen zuzumuten, weil das Vermögen des Vaters die Kosten für den Einbau des Personenaufzugs überstiegen habe. Der Vater des Klägers sei Eigentümer eines Bauernhofs, in dem die Familie wohne, und weiterer Grundstücksflächen; im Verwaltungsverfahren habe er zudem angegeben, über Vermögen von mehr als 37 726 Euro zu verfügen. § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 iVm Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), wonach bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme in der Gemeinschaft ermöglichen solle, Vermögen unberücksichtigt bleibe, finde keine Anwendung; die in § 55 Abs 2 Nr 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) aufgeführte Hilfe ua zum Umbau einer Wohnung werde von der Norm nicht erfasst. Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung verlangten eine Förderungsmaßnahme mit unmittelbarer Investition in den behinderten Menschen selbst.

4

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 iVm Satz 2 SGB XII, der seines Erachtens auch auf allgemeine Maßnahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX (Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung), die den besonderen Bedürfnissen des behinderten Menschen entsprechen, anzuwenden sei.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 5.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.1.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls zu erstatten.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Es fehlen ua ausreichende tatsächliche Feststellungen des LSG zu der Einkommens- und Vermögenssituation und zu den Kosten der Umbaumaßnahme.

9

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere war nicht die Pflegekasse notwendig beizuladen. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Eine notwendige Beiladung der Pflegekasse unter diesem Gesichtspunkt käme überhaupt nur im Hinblick auf § 14 SGB IX in Betracht, wenn sie, nicht der Beklagte, der eigentlich zuständige Rehabilitationsträger wäre und der Beklagte den bei ihm gestellten Antrag nicht rechtzeitig weitergeleitet hätte(siehe dazu nur grundlegend BSGE 93, 283 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1) oder sie selbst der erstangegangene Leistungsträger wäre (vgl BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 10 ff). Allerdings ist die Pflegekasse kein Rehabilitationsträger iS des § 6 Abs 1 SGB IX; deshalb wäre sie auch nicht nach § 14 SGB IX für die Eingliederungshilfe mangels Weiterleitung eines zuerst bei ihr gestellten Antrags an den Sozialhilfeträger(§ 14 Abs 6, 1 und 2 SGB IX)zuständig geworden. Ihrer eigenen Leistungspflicht gemäß § 40 Abs 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) ist die Pflegekasse jedenfalls nachgekommen. Eine notwendige Beiladung der zuständigen Krankenkasse als Rehabilitationsträger (iVm § 14 SGB IX)scheidet schon deshalb aus, weil der Aufzug als fester Einbau in das Wohngebäude kein Hilfsmittel iS des § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) ist(vgl: BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 30; BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 1) und andere Leistungen der Krankenkasse nicht in Betracht kommen. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob es sich bei einem Hilfsmittel überhaupt um eine Leistung der Teilhabe im Rahmen des § 14 SGB IX handelt(vgl dazu das Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr 15). Über die Erforderlichkeit einer unechten notwendigen Beiladung (§ 75 Abs 2 Satz 1 2. Alt SGG) wäre ohnedies mangels Rüge (siehe zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN) im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden.

10

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 5.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.1.2007 (§ 95 SGG), soweit darin der Antrag auf Übernahme der Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich der Kläger mit einer auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG) gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 3, § 56 SGG).

11

Der Beklagte war und ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe für die Leistungserbringung sachlich und örtlich zuständig (§ 97 Abs 1 und 2, § 98 Abs 1, § 3 Abs 2 SGB XII iVm § 1 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 816 - und § 2 Abs 1 Nr 2 Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen - GVBl 816). Zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels dessen Berücksichtigung durch das LSG befugt.

12

Der Kläger hat einen Anspruch auf Kostenübernahme für den Einbau eines Fahrstuhls in das elterliche Haus als Maßnahme der Eingliederungshilfe nach § 19 Abs 3 iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(alle idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) iVm § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX allenfalls unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens, weil es sich nicht um eine privilegierte Maßnahme nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(ebenfalls idF des Gesetzes vom 27.12.2003) handelt. Dieser mögliche Anspruch ist gemäß § 10 Abs 3 SGB XII ein originärer Geldleistungsanspruch(vgl zu dieser Problematik das Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr 20), sodass § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX (Erstattung bei selbstbeschaffter Sachleistung) nicht anwendbar ist. Auf eine zusätzliche Eilbedürftigkeit bei Bedarfsdeckung auf eigene Rechnung kommt es nicht an (BSG, aaO, RdNr 21).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger bereits durch die Teilparese beider unterer Extremitäten in seiner körperlichen Funktion derart beeinträchtigt ist (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 1 Verordnung nach § 60 SGB XII idF, die diese durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat), dass er sich nicht ohne fremde Hilfe bewegen kann (s insoweit zum Erfordernis einer wertenden Betrachtung das Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R - RdNr 19).

14

Der Einbau eines Fahrstuhls zählt als Hilfe beim Umbau bzw der Ausstattung der Wohnung zu den Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, der mit der Eingliederungshilfeverordnung § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII konkretisiert, iVm § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX. Mit dem Einbau eines Fahrstuhls in das elterliche Wohnhaus kann auch ein Ziel der Eingliederungshilfe erreicht werden, nämlich den Kläger in die Gesellschaft einzugliedern, ihm insbesondere die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erst zu ermöglichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 2 SGB XII). Ob die Leistungen notwendig iS des § 4 Abs 1 SGB IX sind, ist demgegenüber anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilbar. Nach dieser Vorschrift ist im Einzelfall jede geeignete Eingliederungsmaßnahme darauf zu untersuchen, ob sie unentbehrlich zum Erreichen der Leistungsziele ist (vgl nur Luthe in juris Praxiskommentar SGB IX, § 4 RdNr 17 mwN). Es kann nicht abschließend entschieden werden, ob nicht bereits verfügbare Möglichkeiten der Selbsthilfe (Umzug der Familie in das Erdgeschoss) oder kostengünstigere Lösungen (etwa Treppenlifter) hätten gewählt werden können. Darauf käme es jedoch nicht an, wenn die Leistungsgewährung bereits an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers und/oder seiner Eltern scheitern würde.

15

Zu Recht hat nämlich der Beklagte die Übernahme von Kosten für den Fahrstuhleinbau von der Einkommens- und Vermögenssituation abhängig gemacht, ohne dass der Senat jedoch abschließend beurteilen kann, ob diese tatsächlich einem Kostenerstattungsanspruch entgegenstehen; auch die tatsächlich angefallenen Kosten sind nicht festgestellt. Nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII, der unabhängig von den Voraussetzungen des Abs 1 anzuwenden ist(Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R - RdNr 28), ist den in § 19 Abs 3 SGB XII genannten Personen - hier dem Kläger selbst und den Eltern - bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll, die Aufbringung der Mittel durch Einkommen nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten, und Leistungen sind gänzlich ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen(zu Letzterem § 92 Abs 2 Satz 2 SGB XII).

16

Für die Auslegung sind Historie und Entstehungsgeschichte der Norm allerdings unergiebig, weil sich der Gesetzgeber in den einzelnen Gesetzesbegründungen nur allgemein mit der notwendigen Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Kinder befasst hat, ohne den Katalog der Privilegierungstatbestände selbst näher zu erläutern bzw zu begründen (vgl: zur Einführung des § 43 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz BT-Drucks V/4429, S 3 zu Nr 15a unter Verweis auf Abschnitt A 3 Abs 3, S 2; zu Änderungen des § 43 Abs 2 BSHG BT-Drucks 7/308, S 14 zu Nr 17, und 14/5800, S 34 zu Art 15 Nr 9<§ 43> Buchst b; zur Einführung des SGB XII BT-Drucks 15/1514, S 66 zu § 87 des Entwurfs). Demgegenüber erlaubt der Wortlaut durchaus, wenn auch nicht ausschlaggebende, Rückschlüsse für die Auslegung des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII. Es fällt immerhin auf, das diese Norm bis auf die Bezeichnung der betroffenen Personengruppe (im SGB XII: behinderte noch nicht eingeschulte Menschen; im SGB IX: behinderte Menschen) und die im SGB IX enthaltene nähere Umschreibung der Hilfen ("Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten") § 55 Abs 2 Nr 3 SGB IX vergleichbar formuliert ist. Ob damit eine völlige Identität verbunden ist (so Behrend in jurisPK-SGB XII, § 92 SGB XII RdNr 29), kann offen bleiben. Jedenfalls verdeutlicht § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX, dass Umbaumaßnahmen, selbst wenn sie - so der Vortrag des Klägers - erst die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft an sich ermöglichen, nicht unter die ansonsten aufgeführten Hilfemaßnahmen des § 55 SGB IX fallen, und zwar selbst dann nicht, wenn sie erst den Besuch einer anderen Fördermaßnahme ermöglichen.

17

Nichts anderes kann für § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII gelten(so auch: Luthe in jurisPK-SGB IX § 55 RdNr 42; Lachwitz in Handkommentar zum SGB IX, 3. Aufl 2010, § 55 RdNr 43a; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, 4. Aufl 2012, § 92 SGB XII RdNr 21; Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 92 RdNr 14, Stand Dezember 2004). Für dieses Ergebnis ist es ohne Bedeutung, ob der Gesetzgeber mit dem Terminus der "Teilnahme" in § 55 Abs 2 Nr 3 SGB IX und § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII ein unreflektiertes Synonym zu dem der "Teilhabe" gewählt hat oder ob es sich um reflektierte unterschiedliche Termini handelt.

18

Dass die vorliegende Umbaumaßnahme nicht von § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII erfasst wird, deckt sich mit der Binnensystematik des § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII, der - mit Ausnahme der zu beurteilenden Nr 3 - ausdrücklich eine spezifische Fördermaßnahme voraussetzt, die über das Ermöglichen der reinen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hinausgeht (in Nr 1 heilpädagogische Maßnahmen für noch nicht eingeschulte Kinder; in Nr 2 Hilfen zur angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung; in Nr 4 Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit; in Nr 5 iVm § 26 SGB IX Leistungen zur medizinischen Rehabilitation; in Nr 6 iVm § 33 SGB IX Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben; in Nr 7 Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen bzw nach § 56 SGB XII vergleichbaren Beschäftigungsstätten; in Nr 8 sonstige Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten - wie etwa in Förderstätten nach § 136 Abs 4 SGB IX). All diesen Privilegierungsfällen ist gemeinsam, dass sie einen spezifischen Förderbedarf und eine entsprechende Förderung voraussetzen, zu dem die vermögens- und einkommensprivilegierte Hilfe einen (objektiv) finalen Bezug dergestalt aufweisen muss, dass der Schwerpunkt der zu erbringenden Leistung nicht allein oder vorrangig bei der allgemeinen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, sondern zumindest gleichwertig bei den von ihnen verfolgten beruflichen, schulischen, ausbildungsbezogenen und medizinischen Zielen liegt.

19

Demgemäß hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX, auf den § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 6 SGB XII expressis verbis verweist, entschieden, dass der Förderrahmen des § 33 Abs 3 Nr 1 und 6 iVm Abs 8 Nr 6 SGB IX (Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer behindertengerechten Wohnung in angemessenem Umfang) auf die durch die Berufsausübung beschränkte Bedarfslage begrenzt ist, sodass Umbaumaßnahmen, die sich nur mittelbar auf die Berufsausübung auswirken, zur persönlichen Lebensführung zählen und nicht im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben förderfähig sind(vgl BSGE 93, 283 ff RdNr 14 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1); Umbaumaßnahmen für die von Nr 6 betroffene Personengruppe mögen damit zwar generell nach §§ 53, 54 SGB XII im Rahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft förderfähig sein, sind jedoch nicht einkommens- und vermögensprivilegiert. Hinzu kommt, dass die Nrn 4, 7 und 8 des § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII voraussetzen, dass Leistungen in bestimmten Einrichtungen erbracht werden, und in Nr 5 der Norm für die medizinische Rehabilitation wegen der in § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII angeordneten "Koppelung" an den Leistungskatalog des SGB V Umbaumaßnahmen ausscheiden (siehe dazu oben). Auch für die von diesen gesetzlichen Regelungen betroffenen Personengruppen sind mithin Umbaumaßnahmen nur als nicht einkommens- und vermögensprivilegierte Eingliederungshilfe denkbar.

20

Vor diesem Hintergrund wäre es aus Gleichheitsgründen (Art 3 Abs 1 Grundgesetz ) nicht zu rechtfertigen, dies in den Fällen der Nrn 1 bis 3 anders zu sehen. Insbesondere kann Nr 3 nicht als allgemeine Auffangnorm für alle denkbaren gesellschaftsbezogenen Bedarfe zugunsten nicht eingeschulter behinderter Menschen verstanden werden; Nr 1 hätte dann keine eigenständige Bedeutung mehr. Zusammenfassend verlangt mithin § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII aus systematischen und teleologischen Gründen eine einschränkende Auslegung dahin, dass die Regelung spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen voraussetzt, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssen. Dies macht nicht zuletzt die Formulierung "noch nicht eingeschulte Menschen" deutlich. Es sollen also Personen erfasst werden, die (noch) nicht unter Nr 2 fallen, denen aber Maßnahmen angeboten werden können, die ihrem Bildungsstand entsprechen (vgl BT-Drucks 14/5800 S 34 zu Art 15 Nr 9 <§ 43> Buchst b). Darüber hinaus muss der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen.

21

Auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat - diesem Gedanken Rechnung tragend - die Übernahme von Taxibeförderungskosten für ein behindertes Kind zur Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (nur deshalb) als Leistung der Eingliederungshilfe gewertet, die unabhängig vom elterlichen Einkommen und Vermögenseinsatz zu gewähren ist, weil die geförderte Leistung unmittelbar mit einer konkreten (Bildungs-)Maßnahme bzw dem Schulbesuch verknüpft war und allein dieser spezifischen Fördermaßnahme diente (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 8; vgl auch BVerwGE 25, 28 ff zum ärztlich angeordneten Transport eines Behinderten in eine Anstalt zur stationären Behandlung). Diese enge Verknüpfung mit einer spezifischen anderen Maßnahme weist der Fahrstuhl im Elternhaus des Klägers gerade nicht auf; er erfüllt Funktionen der Teilhabe an der Gesellschaft auch ohne solche an der Person des Klägers ansetzende Förderung, und zwar - bei der erforderlichen wertenden Betrachtung - überwiegend. Selbst wenn der Kläger eine Maßnahme besuchen würde, verbliebe es doch objektiv bei der basalen Funktion des Aufzugs, überhaupt die Wohnung verlassen zu können, um am über das (enge) Familienleben hinausgehenden Gesellschaftsleben durch den Kontakt mit anderen teilnehmen zu können.

22

Der Rechtsanspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe läuft bei der gewonnenen Auslegung nicht ins Leere, denn die Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII auf spezifische Förderungsmaßnahmen erfolgt ausschließlich auf der Ebene des zumutbaren Einkommens- und Vermögenseinsatzes. Die Norm zieht damit eine Trennlinie zwischen dem Verantwortungsbereich des Staates und dem der von § 19 Abs 3 SGB XII erfassten Person. Umbaumaßnahmen der vorliegenden Art werden mithin nicht generell dem Anwendungsbereich der §§ 53, 54 SGB XII entzogen, sondern es wird lediglich normativ definiert, bei welchen spezifischen Fördermaßnahmen ein erhöhtes gesellschaftliches Allgemeininteresse und damit eine Gesamtverantwortung der Gesellschaft anzunehmen ist, die eine finanzielle Entlastung der Familie rechtfertigt.

23

Ist mithin Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen, so fehlen Feststellungen des LSG dazu für eine abschließende Entscheidung. Selbst wenn man dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts noch entnehmen könnte, dass der Kläger selbst weder Einkommen noch Vermögen hat, enthält das angefochtene Urteil zur Situation der Mutter keine und zu der des Vaters nur unzureichende Angaben. Einkommen des Vaters als abhängig Beschäftigten wird "für das Jahr 2004 mit 38 203,08 Euro" und "für das Jahr 2005 voraussichtlich mit 42 069,35 Euro" angegeben. Für "Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von etwa 20 000 Euro jährlich" wird lediglich auf einen Aktenvermerk verwiesen und dabei nicht einmal mitgeteilt, welches Jahr betroffen ist. Abzustellen ist jedoch auf die Einkommenssituation zum Zeitpunkt der Entstehung der einzelnen Kosten (Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr 19 mwN). Dazu fehlen indes Feststellungen des LSG; nach den im Gerichtsverfahren vorgelegten Rechnungen war dies erst nach dem Jahr 2005 und nach Ablehnung der Leistung durch den Beklagten der Fall. Es dürfte zwar wahrscheinlich sein, dass die Einkommensgrenze der §§ 85, 86 SGB XII überschritten war und deshalb nicht § 88 SGB XII (Einsatz des Einkommens unter der Einkommensgrenze), sondern § 87 SGB XII (Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze) zur Anwendung kommt; eine genaue Beurteilung des danach zugrunde zu legenden Kriteriums des angemessenen Umfangs der Berücksichtigung ist jedoch nicht möglich.

24

Nichts anderes gilt im Ergebnis für zu berücksichtigendes Vermögen des Vaters, der bislang eine genaue Auskunft darüber verweigert hat. In diesem Punkt hat das LSG weder eine Beweislastentscheidung - zu Ungunsten des Klägers, weil die Bedürftigkeit zu den Anspruchsvoraussetzungen zählt - getroffen, noch sein Urteil auf fehlende prozessuale Mitwirkung gestützt; vielmehr hat es formuliert, der Vater sei Eigentümer eines Bauernhofes, in dem die Familie wohne, nebst Grundstücksflächen. Außerdem habe er im Verwaltungsverfahren - also wohl vor Entstehung der Kosten - angegeben, Vermögen in Höhe von mehr als 37 726 Euro zu besitzen. Abgesehen davon, dass es sich damit nicht um eine tatsächliche Feststellung zum wirklichen Wert und den vorhandenen Gegenständen des Vermögens zum Zeitpunkt des Bedarfsanfalls handelt, ist in keiner Weise nachvollziehbar, ob bzw inwieweit es sich um nichtprivilegiertes und verwertbares Vermögen handelt, sodass nicht einmal überschlägig angenommen werden kann, dass das einzusetzende Vermögen mit Sicherheit den Bedarf des Klägers überstieg.

25

Einem denkbaren - wenn auch wenig wahrscheinlichen - Kostenerstattungsanspruch würde nicht entgegenstehen, dass oder wenn die Eltern (bzw der Vater) des Klägers die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss (vgl nur das Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R - RdNr 26 mwN). Ob der Kläger im Falle des Klageerfolgs seinen Eltern (bzw seinem Vater) die Auslagen erstatten müsste, ist bei vorliegender Konstellation ohne Bedeutung (BSG, aaO, RdNr 27); eine Rückerstattung ist bei realitätsnaher Sichtweise ohnedies unüblich und kann bei Selbsthilfe im Rahmen von Einsatzgemeinschaften des § 19 Abs 1, 2 oder 3 SGB XII auch nicht zur Voraussetzung gemacht werden; ansonsten würde die normative Wertung konterkariert (BSG aaO). Allenfalls wäre an eine als Einkommen zu berücksichtigende Zuwendung aus unterhaltsrechtlicher Sicht zu denken, was aber im Hinblick auf den Umfang der Kosten kaum von der Unterhaltspflicht erfasst sein dürfte. Die Annahme einer Zuwendung aus sittlicher Pflicht verbietet sich aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes; aus dem gleichen Grund ist eine besondere Härte iS des § 84 Abs 2 SGB XII (keine Berücksichtigung von Zuwendungen Dritter ohne rechtliche bzw sittliche Pflicht) zu bejahen.

26

Entweder als Einkommen oder als Vermögen (zur Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen siehe nur Schmidt in jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII RdNr 20 ff mwN)des Klägers (wenn bei Bedarfsanfall noch vorhanden) ist jedoch der von der Pflegekasse gezahlte Zuschuss zu berücksichtigen. Dies gilt nicht in gleicher Weise für das dem Vater gewährte (Bau-)Darlehen in Höhe von 15 000 Euro; dessen Berücksichtigung als Einkommen würde jedenfalls ausscheiden, weil diese Einnahme nicht zur endgültigen Verwendung verbleibt (vgl nur BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr 52 RdNr 17 mwN). Eine abschließende Entscheidung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt untunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), weil nicht absehbar ist, ob es auf die Beurteilung dieser Rechtsfragen überhaupt ankommen wird.

27

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung höherer Leistungen nach dem SGB II infolge eines vom Kläger geltend gemachten krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs in den Zeiträumen vom 1.12.2005 bis 30.6.2006 und 1.1.2007 bis 31.12.2007.

2

Die Agentur für Arbeit bewilligte dem Kläger im Dezember 2004 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.4.2005. Ab dem 1.1.2005 war der Kreis K als zugelassener kommunaler Träger nach § 6a SGB II zuständiger Träger. Die Beklagte ist vom Kreis K durch Satzung gemäß § 6 Abs 2 S 1 SGB II iVm § 5 Abs 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 (AG SGB II NRW) zur Aufgabenerfüllung in eigenem Namen herangezogen. Sie lehnte den Fortzahlungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 20.4.2005 zunächst ganz ab und bewilligte auf den Widerspruch des Klägers mit Änderungsbescheid vom 5.7.2005 die Regelleistung nach dem SGB II zunächst für die Monate Mai bis Juli 2005 und mit Bescheid vom 22.7.2005 vom 1.8.2005 bis 31.12.2005. Mit Bescheid der Beklagten vom 20.12.2005 wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Regelleistung) für den Zeitraum 1.1.2006 bis 30.6.2006 bewilligt.

3

Am 23.12.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II. Er legte eine ärztliche Bescheinigung auf dem hierfür von der Verwaltung vorgesehenen Formular vor, wonach er an Hyperlipidämie, Hyperuricämie/Gicht sowie Hypertonie (kardiale/renale Ödeme) leide und auf lipidsenkende, purinreduzierte und natriumdefinierte Kost angewiesen sei. Der Kläger übergab der Beklagten in der Folge in einem versiegelten Umschlag ärztliche Unterlagen, welche diese verschlossen an den Amtsarzt Sch beim Kreis K weiterleitete. Nachdem der Amtsarzt der Beklagten mitgeteilt hatte, aus den ihm vorliegenden Unterlagen würden sich unter Berücksichtigung des üblicherweise zugrunde gelegten Begutachtungsleitfadens kein Mehrbedarf ergeben, lehnte diese den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 28.2.2006 ab. Der Kreis K wies den hiergegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.5.2006 zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum SG "wegen der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II § 21, ab Dezember 2005". Er benötige wegen der vorliegenden Erkrankungen kostenaufwändige Ernährung, was eine finanzielle Mehrbelastung darstelle. Er nahm zur Begründung außerdem Bezug auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (Stand 1997).

4

Mit Bescheid der Beklagten vom 3.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Kreises K vom 16.4.2007 wurde ein erneuter Antrag des Klägers auf Berücksichtigung eines krankheitsbedingten Ernährungsaufwandes vom 28.12.2006 abgelehnt. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum SG. Mit Bescheid der Beklagten vom 15.12.2006 in der Gestalt eines weiteren Widerspruchsbescheids des Kreises K vom 16.4.2007 wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (nur Regelleistung, ohne KdU) für den Zeitraum 1.1.2007 bis 31.12.2007 bewilligt. Hiergegen erhob der Kläger ebenfalls Klage zum SG mit dem Begehren, "Leistungen in gesetzlicher Höhe nach § 22 SGB II zu erbringen".

5

Das SG hat mit Urteilen vom 11.3.2008 die Klagen abgewiesen, da im Zeitraum 1.5.2005 bis 31.12.2007 kein Anspruch auf einen krankheitsbedingten Mehrbedarf bestehe. Die hiergegen am 26.6.2008 und 30.6.2008 eingelegten Berufungen hat das LSG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Beschluss vom 22.7.2009 hat das LSG die Berufungen des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die begehrte Verpflichtung der Beklagten zur höheren Leistungsgewährung sei für die Zeiträume vom 1.5.2005 bis 30.11.2005 und 1.6.2006 bis 31.12.2006 unzulässig. Soweit der Kläger für die Zeit von Dezember 2005 bis Mai 2006 sowie ab dem 1.1.2007 höhere Leistungen begehre, seien die zulässigen Klagen unbegründet. Nach den Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins 2008 erforderten die beim Kläger bestehenden Erkrankungen - Hyperlipidämie, Hyperuricämie und Hypertonie - sämtlich lediglich eine Vollkost, deren Beschaffung keine erhöhten Kosten verursache. Zu diesem Ergebnis sei auch der von der Beklagten gehörte Arzt Sch gelangt, dessen Darlegungen der Senat urkundsbeweislich würdige.

6

Mit der hiergegen vom Senat zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, durch die Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins werde die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, nicht aufgehoben. Außerdem hätten die Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins (Stand 1997) Berücksichtigung finden müssen, da die überarbeiteten Empfehlungen erst nach dem vorliegend streitgegenständlichen Zeitraum veröffentlicht worden seien. Nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins 1997 sei für die beim Kläger bestehenden Erkrankungen Hyperlipidämie, Hyperuricämie und Hypertonie ein krankheitsbedingter Mehrbedarf anzuerkennen. Aufgrund der divergierenden Ergebnisse der Mehrbedarfsempfehlungen 1997 und 2008 sei in jedem Fall eine Sachaufklärung im Einzelfall geboten, die auch die unterschiedlichen Auffassungen der Mehrbedarfsempfehlungen 1997 und 2008 miteinbeziehen und würdigen müsse. Nachdem das LSG offen gelassen habe, ob die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen seien und diese lediglich als Orientierungshilfe angesehen habe, habe das Gericht die in Anspruch genommene Sachkunde nachvollziehbar darlegen müssen.

7

Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2009 und die Urteile des Sozialgerichts Duisburg vom 11. März 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 22. Juli 2005, 20. Dezember 2005 und 8. Februar 2006, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Mai 2006 und vom 15. Dezember 2006 und 3. Januar 2007, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. April 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeiträume vom 1. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 und vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2007 höhere Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu gewähren, unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet(§ 170 Abs 2 SGG). Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind Ansprüche auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in den Zeiträumen 1.12.2005 bis 30.6.2006 und 1.1.2007 bis 31.12.2007.

10

1. Die beklagte Stadt G ist im vorliegenden Fall passiv legitimiert. Die Stadt G ist gegenüber den Hilfebedürftigen im Außenverhältnis materiell zur Erbringung der Leistungen nach dem SGB II verpflichtet (§ 5 Abs 2 AG-SGB II NRW idF vom 16.12.2004, GVBl NRW 2004, 821 iVm § 6 Abs 2 S 1 SGB II, § 6a Abs 2 SGB II iVm § 1 Abs 1 Kommunalträger-Zulassungsverordnung idF vom 24.9.2004, BGBl I 2349; vgl auch BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 56/06 R - RdNr 15 f). Im sozialgerichtlichen Verfahren ist derjenige Rechtsträger passiv legitimiert, der auch materiell verpflichtet ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 69 RdNr 4),ohne dass an dieser Stelle erörtert werden muss, in welchem Umfang eine Heranziehung zur "Durchführung" der Aufgaben nach dem SGB II möglich ist (vgl Luthe in: Hauck/Noftz, SGB II, § 6 RdNr 16 Stand 37. Ergänzungslieferung VI/11; Rixen in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 6 RdNr 11).

11

2. Die Beteiligten haben den Streitgegenstand bereits im Verwaltungsverfahren in rechtlich zulässiger Weise getrennt, als die KdU gesondert behandelt wurden und daher in anderen Verfahren zu prüfen sind. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit den Bewilligungsbescheiden vom 22.7.2005 und 20.12.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 1.8.2005 bzw ab 1.1.2006 sowie mit Bewilligungsbescheid vom 15.12.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 1.1.2007 jeweils nur in Form der Regelleistung bewilligt hatte und der Kläger in den laufenden Widerspruchsverfahren weiterhin einen krankheitsbedingten Mehrbedarf geltend machte, war es insoweit zulässig, dass der Kreis K in den laufenden Widerspruchsverfahren zunächst entschied, dass keine höhere Regelleistung zu gewähren war (Widerspruchsbescheide vom 19.5.2006 und 16.4.2007). Insbesondere ist der Antrag des Klägers vom 23.12.2005 auf Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs auch als Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.12.2005 auszulegen, gerichtet auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im dortigen Bewilligungszeitraum 1.1.2006 bis 30.6.2006.

12

Die Entscheidungen der Verwaltung zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können allerdings jeweils nicht in weitere unterschiedliche Streitgegenstände aufgespalten werden (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R = SozR 4-4200 § 21 Nr 9 mwN). Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II und kann damit nicht allein Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (Senatsurteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R, s auch BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen). Daraus folgt für das vorliegende Verfahren, dass das Begehren des Klägers im Rahmen der jeweiligen Widerspruchsverfahren auf Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs gemeinsam mit der Regelleistung zu behandeln und insoweit auf die jeweiligen Bewilligungszeiträume (§ 41 Abs 1 S 4 SGB II) abzustellen und zu prüfen ist, ob in den hier streitigen Zeiträumen insgesamt Anspruch auf Gewährung einer höheren Leistung besteht (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 16 mwN; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - RdNr 14 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

13

3. a) Die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R = SozR 4-4200 § 21 Nr 9 mwN). Ob dem Kläger in den streitbefangenen Zeiträumen höhere Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, kann der Senat wegen fehlender Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Es fehlen insoweit bereits Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II(idF des Gesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014) in den jeweiligen streitgegenständlichen Zeiträumen.

14

b) Auch zur Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Mehrbedarf wegen Krankenkost hat, fehlt es an ausreichenden Feststellungen. Die von dem Kläger erhobene Verfahrensrüge ist zulässig und begründet (§ 103 SGG).

15

Nach § 21 Abs 5 SGB II(idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist. Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen (s dazu das Urteil des Senats vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl auch Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Ob diese Voraussetzungen bei dem Kläger vorliegen, kann anhand der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden.

16

Es liegt insoweit ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) vor. Das LSG hat von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben (vgl zu diesem Maßstab BSG Beschluss vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG Beschluss des Großen Senats vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO), keinen ausreichenden Gebrauch gemacht, indem zB sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers oder medizinische Sachverständigengutachten eingeholt wurden (vgl BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

17

Die Vorinstanzen sind vorliegend davon ausgegangen, dass zwar beim Kläger verschiedene Krankheiten vorliegen, diese jedoch keinen Mehrbedarf bedingen, ohne dass ausreichend deutlich ist, worauf diese Feststellungen bzw die Sachkunde beruht. Der Kläger hat angegeben, er leide an Hyperlipidämie, Hyperuricämie und Hypertonie und vorgetragen, ihm sei vom behandelnden Arzt lipidsenkende, purinreduzierte und natriumdefinierte Kost verordnet worden, was eine finanzielle Mehrbelastung darstelle. Er hat außerdem hausärztliche Bescheinigungen vorgelegt, wonach er Krankenkost benötige. Dieses Vorbringen ist ausreichend substantiiert, um die Verpflichtung zur Amtsermittlung auszulösen. Weder das SG noch das LSG haben den Kläger befragt, welche Krankheiten vorliegen und bei welchen Ärzten er in Behandlung ist. Der Kläger wurde auch nicht aufgefordert, seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, damit die Gerichte sachverständige Zeugenauskünfte einholen können, nach denen dann zu entscheiden gewesen wäre, ob ggf medizinische oder ernährungswissenschaftliche Sachverständigengutachten einzuholen sind. Während des Verwaltungsverfahrens ist zwar eine amtsärztliche Stellungnahme eingeholt worden. Das vom LSG herangezogene Schreiben des Amtsarztes Sch vom 25.1.2006 ist nicht allein zur Überzeugungsbildung geeignet, weil es dort lediglich heißt, dass aufgrund vorliegender hausärztlicher Angaben die Gewährung eines Mehrbedarfs nach dem üblicherweise zugrunde gelegten Begutachtungsleitfaden nicht in Betracht komme. Mangels Mitteilung der Tatsachengrundlage ist die vom Amtsarzt Sch mitgeteilte Würdigung nicht nachvollziehbar.

18

Auch mit den Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 (<vgl NDV 2008, 503 ff> Mehrbedarfsempfehlungen 2008) allein konnte das LSG die Frage nicht beantworten. Die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 sind keine antizipierten Sachverständigengutachten, weshalb die Gerichte sie nicht in normähnlicher Weise anwenden können. Antizipierte Sachverständigengutachten geben über den konkreten Einzelfall hinaus die Erfahrungen und den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine bestimmte Frage wieder. Voraussetzung für eine gerichtliche Verwertung ist, dass das antizipierte Sachverständigengutachten auf wissenschaftlicher Grundlage von Fachgremien ausschließlich aufgrund der zusammengefassten Sachkunde und Erfahrung ihrer sachverständigen Mitglieder erstellt worden ist, dass es immer wiederkehrend angewendet und von Gutachtern, Verwaltungsbehörden, Versicherungsträgern, Gerichten sowie Betroffenen anerkannt und akzeptiert wird (BSG Urteil vom 2.5.2001 - B 2 U 24/00 R = SozR 3-2200 § 581 Nr 8 mwN; vgl auch Gusy, NuR 1987, 156 ff; Keller, SGb 2003, 254 ff; Siefert, ASR 2011, 45 ff).

19

Ob die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind, wird nicht einheitlich beantwortet (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Teilweise wird die Annahme eines antizipierten Sachverständigengutachtens befürwortet (vgl etwa LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.2.2009 - L 9 B 339/08 AS; LSG Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 19.12.2008 - L 8 B 386/08), teilweise wird dies verneint (Krauß in Hauck/Noftz, § 21 RdNr 64, 36. Ergänzungslieferung V/11; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40, 40. Ergänzungslieferung November 2010; Siefert, ASR 2011, 45 <49>; Kohte in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 21 RdNr 17).

20

Die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 sind schon ihrer Konzeption nach keine antizipierten Sachverständigengutachten. Sie erheben selbst nicht diesen Anspruch, indem sie zu Recht betonen, dass es auf den jeweiligen Einzelfall ankomme (zu diesem Aspekt vgl Krauß in Hauck/Noftz, § 21 RdNr 64, 36. Ergänzungslieferung V/1), dass insoweit die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung bestehe, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 20 SGB X), dass der Katalog der Krankheiten in den Empfehlungen nicht abschließend sei, dass es bei der Bestimmung und Anerkennung eines Mehrbedarfs naturgemäß Beurteilungs- und Bewertungsdifferenzen in Wissenschaft und Praxis der Medizin gebe und dass sich ernährungswissenschaftliche und diätetische Anschauungen und Erkenntnisse wandeln könnten (vgl die Erläuterungen Löher, NDV 2008, 503 <504, 506, 509>). Die Verwaltung und die Gerichte dürfen daher die Aussagen in den Empfehlungen weder normähnlich anwenden noch als allgemeingültige Tatsachen heranziehen. Allgemeinkundige Tatsachen sind nur solche, von denen verständige und erfahrene Menschen regelmäßig ohne Weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich aus allgemein zugänglichen, zuverlässigen Quellen unschwer überzeugen können oder auch solche, die in einem größeren oder kleineren Bezirk einer beliebig großen Menge bekannt sind oder wahrnehmbar waren und über die man sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde unterrichten kann (vgl BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R unter Hinweis auf BSG Urteil vom 5.3.2002 - B 2 U 27/01 R - ZfS 2002, 237).

21

Es fehlt außerdem an der immer wiederkehrenden Anwendung und langfristigen allgemeinen Akzeptanz der Empfehlungen. Dies ergibt sich schon aus der wechselvollen Entstehungsgeschichte der Mehrbedarfsempfehlungen, die binnen eines Jahrzehnts in der überarbeiteten Fassung zu deutlich geänderten Ergebnissen kommen und die erforderliche allgemeine Akzeptanz (noch) gar nicht entwickeln konnten. Bei der Erstellung der Mehrbedarfsempfehlungen, die schon im früheren Recht der Sozialhilfe nach § 23 Abs 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Anwendung fanden(vgl BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R = SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 25), haben Wissenschaftler aus medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Fachbereichen zusammengearbeitet. Die Mehrbedarfsempfehlungen wurden 1997 in überarbeiteter Form ausgegeben und sahen seinerzeit - unter Berufung auf eine einheitliche Auffassung der medizinischen Wissenschaft und auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse - medizinische Krankenkost für eine Reihe von Erkrankungen vor. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II die Mehrbedarfsempfehlungen 1997 herangezogen werden(BT-Drucks 15/1516, S 57). Hierauf wurde den Mehrbedarfsempfehlungen 1997 zunächst der auch von der Beklagten angewandte "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung (Krankenkostzulagen) gem. § 23 Abs 4 BSHG"(Verlag Landschaftsverband Westfalen-Lippe 2002 ), entwickelt von Ärzten der kommunalen Gesundheitsämter, gegenübergestellt, der für deutlich weniger Erkrankungen Krankenkost anerkannte, und auf den das SG seine Entscheidung wesentlich stützte. Jedoch hat das BVerfG eine Abweichung von den Mehrbedarfsempfehlungen 1997 zu Lasten der Rechtsuchenden als begründungspflichtig angesehen und überdies ausgeführt, dass der auch von der Beklagten verwendete Begutachtungsleitfaden 2002 hierfür nicht ausreichend sei (BVerfG Beschluss vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - RdNr 8 f; zur Kritik am Begutachtungsleitfaden s auch OVG Niedersachen Beschluss vom 13.10.2003 - 12 LA 385/03 = NDV-RD 2003, 130 m Anm Höft-Dzemski). Die überarbeiteten Mehrbedarfsempfehlungen 2008 sahen dann - wiederum unter Berufung auf eine einheitliche Auffassung der medizinischen Wissenschaft und auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse - für deutlich weniger Erkrankungen Krankenkost vor, als die Mehrbedarfsempfehlungen 1997.

22

Auch durch die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 wird deshalb die Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären (§ 20 SGB X bzw § 103 SGG), nicht aufgehoben. Mithin haben die Instanzgerichte jeweils den genauen krankheitsbedingten Mehrbedarf der Kläger im Einzelnen aufzuklären (so bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 und BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R). Dies haben die Vorinstanzen nicht in ausreichendem Maße getan.

23

Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 ersetzen daher nicht allein eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall, sondern dienen nur als Orientierungshilfe, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; Behrend in jursPK-SGB II, 3. Aufl 2011, § 21 RdNr 64). Sie stehen nicht am Anfang, sondern erst am Ende der von Amts wegen durchzuführenden Einzelfallermittlungen und können insbesondere zu einem Abgleich mit den Ergebnissen der Amtsermittlung führen. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind dann ggf weitere Ermittlungen medizinischer und ggf ernährungswissenschaftlicher Art (vgl dazu BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen) entbehrlich, wenn die Ergebnisse der individuellen behördlichen und gerichtlichen Amtsermittlungen keine Abweichungen von den Empfehlungen des Deutschen Vereins erkennen lassen. Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (Senatsurteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, so auch bereits BSG Urteile vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn der streitgegenständliche Zeitraum vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lag. Auch dies hat der Senat bereits entschieden (Urteil vom 10.5.2011, aaO).

24

4. Das LSG wird auch den Kreis K am Verfahren zu beteiligen haben. Soweit ein Vorverfahren stattfindet, ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 95 SGG). Entgegen den Ausführungen des LSG hat nicht die Beklagte, sondern jeweils der Kreis K die Widerspruchsbescheide erlassen (§ 6 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB II idF des Gesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014). Eine Entscheidung kann nur einheitlich gegenüber der Beklagten und dem Leistungsträger, dem Kreis K, ergehen.

25

Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2.
Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung,
3.
Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten,
3a.
Organ oder Mitglied eines Organs einer Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechtsanwälten oder europäischen niedergelassenen Rechtsanwälten oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Patentanwälten oder niedergelassenen europäischen Patentanwälten im Zusammenhang mit der Beratung und Vertretung der Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Berufsausübungsgesellschaft im Bereich der Wirtschaftsprüfung, Buchprüfung oder Hilfeleistung in Steuersachen oder ihrer rechtsanwaltlichen oder patentanwaltlichen Tätigkeit,
4.
Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,
5.
Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
6.
staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder
7.
Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Amtsträger oder Europäischer Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
4.
Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates,
5.
öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder
6.
Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Einem Geheimnis im Sinne des Satzes 1 stehen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse eines anderen gleich, die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfaßt worden sind; Satz 1 ist jedoch nicht anzuwenden, soweit solche Einzelangaben anderen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bekanntgegeben werden und das Gesetz dies nicht untersagt.

(2a) (weggefallen)

(3) Kein Offenbaren im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen Geheimnisse den bei ihnen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen zugänglich machen. Die in den Absätzen 1 und 2 Genannten dürfen fremde Geheimnisse gegenüber sonstigen Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Personen erforderlich ist; das Gleiche gilt für sonstige mitwirkende Personen, wenn diese sich weiterer Personen bedienen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der in den Absätzen 1 und 2 Genannten mitwirken.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm bei der Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Tätigkeit als mitwirkende Person oder als bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen tätiger Datenschutzbeauftragter bekannt geworden ist. Ebenso wird bestraft, wer

1.
als in den Absätzen 1 und 2 genannte Person nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind,
2.
als im Absatz 3 genannte mitwirkende Person sich einer weiteren mitwirkenden Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, bedient und nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, oder
3.
nach dem Tod der nach Satz 1 oder nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichteten Person ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart, das er von dem Verstorbenen erfahren oder aus dessen Nachlass erlangt hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.

(6) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist alleinstehend und bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung, die durch zwei Gas-Einzelöfen und einen Heizlüfter im Bad beheizt wird. Im Oktober 2004 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Alg II und legte dabei eine Bescheinigung ihrer Hausärztin vor, wonach bei ihr aufgrund eines Diabetes mellitus Typ I Krankenkost (Diabeteskost) erforderlich sei.

3

Mit Bescheid vom 13.11.2004 bewilligte der Beklagte Alg II von Januar bis Mai 2005 in Höhe von 794,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 777,16 Euro, wobei er neben einem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 134 Euro einen monatlichen Mehrbedarf von 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ I berücksichtigte. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gering sei und ihr einschließlich Praxisgebühr und Zuzahlung monatliche Kosten in Höhe von mindestens 50 Euro entstünden. Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2005 bewilligte der Beklagte daraufhin für die Zeit von Januar bis Mai 2005 monatlich 795,23 Euro und für Juni 2005 775,18 Euro. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies er als unbegründet zurück.

4

Am 1.3.2005 erhob die Klägerin Klage zum SG und begründete ihre Klage insbesondere damit, dass eine Anpassung des seit 1997 nicht erhöhten Mehrbedarfsbetrages zu erfolgen habe, die Regelleistung in Höhe von 345 Euro zu gering sei und zusätzliche Stromkosten von monatlich 11 Euro zu berücksichtigen seien, weil sie ihr Bad mit einem Heizlüfter beheize. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 4.3.2005, 7.9.2005 und 15.11.2005 zuletzt Leistungen für Januar und Februar in Höhe von monatlich 806,33 Euro, für März 689,26 Euro, für April 810,33 Euro, für Mai 802,82 Euro und für Juni 2005 782,72 Euro bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beklagte am 29.6.2006 ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, der Klägerin über die mit Bescheid vom 15.11.2005 zuerkannten Leistungen hinaus für März 2005 Leistungen in Höhe von 795,23 Euro (gemäß dem Widerspruchsbescheid), für Mai 2005 in Höhe von 807,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 784,46 Euro (gemäß dem Bescheid vom 4.3.2005) zu bewilligen. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen. Mit Urteil vom 29.6.2006 hat das SG die darüber hinausgehende Klage abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 15.12.2006 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie einen Bedarf habe, der in der Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Insofern werde auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen, wonach ein Mehrbetrag für kostenaufwändige Ernährung nach dem Krankheitsbild der Klägerin nicht gerechtfertigt sei und die Kosten für Arztbesuche und Zuzahlungen im Regelbetrag enthalten seien.

6

Auf die Revision der Klägerin hat das BSG mit Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - das Urteil des LSG vom 15.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, da es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehle, insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für eine kostenaufwändige Krankenernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II.

7

Das LSG hat hierauf die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Außerdem hat das LSG ein gerichtliches Sachverständigengutachten bei dem Internisten Dr. S. eingeholt. Mit Urteil vom 23.10.2009 hat das LSG der Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zugesprochen. Insoweit sei bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) ein Anteil an den Stromkosten, der für eine angemessene Beheizung des Bades mittels des vorhandenen Heizlüfters erforderlich sei, ergänzend zu berücksichtigen. Der konkrete Stromverbrauch des Heizlüfters zur Beheizung des Bades - etwa über einen getrennten Zähler - werde nicht erfasst. Die vom SG berücksichtigte Betriebsdauer des Heizlüfters von einer halben Stunde täglich sei sehr knapp bemessen, weshalb zu Gunsten der Klägerin im Rahmen der Schätzung eine volle Stunde zugrunde gelegt werde. Insgesamt belaufe sich die der Klägerin zustehende Nachzahlung für Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 60,69 Euro. Im Übrigen hat das LSG die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibe es jedoch bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro monatlich. Eine Verrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung komme nicht in Betracht.

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 21 Abs 5 SGB II. Das Tatbestandsmerkmal "medizinische Gründe" in § 21 Abs 5 SGB II umfasse auch nicht krankheitsbedingte und in der körperlichen Verfassung eines Menschen liegende Umstände, die ärztlich festgestellt werden könnten. Vorliegend bestehe ein erhöhter Grundumsatz bzw ein erhöhter Kalorienverbrauch, der zu einer finanziellen Mehrbelastung führe, welche die bereits monatlich gewährten 25,56 Euro deutlich übersteige. Weder der Wortlaut der Norm noch die Gesetzesbegründung würden die Beschränkung auf Gesundheitsschäden hergeben. Ausgehend von ihren Angaben, wonach sie bereits seit ihrer Kindheit habe sehr viel essen müssen, hätte das LSG eine individuelle Kaloriemetrie zur Ermittlung ihres erhöhten Grundbedarfs durchführen müssen. Der Hinweis des LSG auf die Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gehe fehl, da ein pauschaler Regelleistungsbetrag nur den durchschnittlichen Bedarf decke. Die vorliegend erforderliche Vollkost lasse sich nicht aus dem Regelsatz finanzieren. Auch hierzu fehle es an Feststellungen des LSG. Es liege eine Verletzung des § 170 Abs 5 SGG vor, da das LSG insoweit entgegen der Rechtsprechung des BSG die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 herangezogen und hieraus abgeleitet habe, dass Vollkost aus dem Regelsatz finanzierbar sei. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfs, der nicht von den Leistungen nach § 20 SGB II erfasst werde, jedoch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken sei. Schließlich sei der vom LSG errechnete Betrag für die Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen fehlerhafter Anwendung der Rundungsregel des § 41 Abs 2 SGB II um 1 Euro zu niedrig.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 13. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005, dieser in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 4. März 2005, 7. September 2005 und 15. November 2005 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

12

1. Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 nach den Feststellungen des LSG leistungsberechtigt als erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Damit hat sie Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II, idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954).

13

2. Die Klägerin hat weder wegen eines erhöhten Kalorienbedarfs noch aufgrund einer etwaigen Ernährung mit sog "Vollkost" einen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

14

a) Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten nach § 21 Abs 5 SGB II einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dieser ergänzt die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 21 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er umfasst Bedarfe, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind (§ 21 Abs 1 SGB II).

15

Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Die Gewährung des Mehrbedarfs allein kann damit nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

16

b) Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Es muss also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

17

aa) Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 21 Abs 5 SGB II bewusst an den Rechtszustand des § 23 Abs 4 BSHG angeknüpft. Danach war für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur war ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs (Hofmann in: LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Unter der Geltung des BSHG wurde die kostenaufwändige Ernährung gemäß § 23 Abs 4 BSHG deshalb auch als "Krankenkostzulage" bezeichnet(vgl Knopp/Fichtner, BSHG, 5. Aufl 1983, § 23 RdNr 22; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl 1997, § 23 RdNr 30; Schoch, Sozialhilfe, 3. Aufl 2001, S 167; Hofmann in LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; Linhart, BSHG § 23 RdNr 14 - Stand 39. EL, Juli 2004).

18

Wie in der früheren Sozialhilfe, dem Referenzsystem für das SGB II (BT-Drucks 15/1514 S 1), wollte der Gesetzgeber auch im Rahmen des Alg II einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung vorsehen. In der Gesetzesbegründung ist unter Bezugnahme auf den Rechtszustand des BSHG zum Tatbestandsmerkmal "aus medizinischen Gründen" ausgeführt worden: "Wie in der Sozialhilfe ist auch im Rahmen des Arbeitslosengeldes II ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung vorgesehen. Hierbei ist eine Präzisierung dahin gehend vorgenommen worden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen ist. Zur Angemessenheit des Mehrbedarfs können die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden." (BT-Drucks 15/1516, S 57).

19

Auch die vergleichende Betrachtung der Vorschriften des § 21 Abs 5 SGB II und des § 30 Abs 5 des SGB XII bestätigt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung erforderlich ist. Die Definition des Kreises der Anspruchsberechtigten ist in § 21 Abs 5 SGB II zwar anders formuliert als in § 30 Abs 5 SGB XII, der dem früheren § 23 Abs 4 BSHG nachgebildet ist. Gemäß § 30 Abs 5 SGB XII in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Hingegen sind auch anspruchsberechtigt erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer aufwendigen Ernährung bedürfen. Wie aufgezeigt, sollte nach der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs 5 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) mit der Formulierung klargestellt werden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen sei.

20

Folglich hat der Gesetzgeber inhaltliche Unterschiede zwischen § 21 Abs 5 SGB II und § 30 Abs 5 SGB XII nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Leistungen ist es in beiden Fällen, durch die krankheitsbedingte besondere Ernährung drohende oder bestehende Gesundheitsschäden abzuwenden oder zu verhindern (Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 49 f; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II § 21 RdNr 32, 34; Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25; Simon in: jurisPK-SGB XII, § 30 RdNr 92; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Anspruchsvoraussetzung bei § 21 Abs 5 SGB II ist daher immer das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung. Dementsprechend hat auch das BSG bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bislang stets von "Krankenernährung" oder "krankheitsbedingtem Mehrbedarf" gesprochen(BSG vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R) und ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nur vorliegen, wenn eine oder mehrere Erkrankungen eine kostenaufwändige Ernährung bedingen (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; vgl auch BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

21

bb) Der von der Klägerin behauptete erhöhte Kalorienbedarf ist nach den Feststellungen des LSG nicht auf eine Krankheit, also auf einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, zurückzuführen. Nach diesen Feststellungen liegen bei der Klägerin zwar verschiedene Krankheiten, insbesondere ein Diabetes mellitus Typ I vor; diese verursachen jedoch weder einen erhöhten Kalorienbedarf noch einen anderen Ernährungsmehrbedarf iS des § 21 Abs 5 SGB II. Das LSG hat den Sachverhalt vollständig und ausreichend ermittelt, indem es sachverständige Zeugenauskünfte sowie ein internistisches ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt hat, um sich die erforderliche Sachkunde zu verschaffen. Damit hat das LSG von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben, Gebrauch gemacht (vgl BSG vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO). Ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt nicht vor.

22

Nach den Feststellungen, die das LSG nach ausreichenden Ermittlungen des Sachverhalts getroffen hat, liegen keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Krankenkost vor. Das LSG konnte nach der vorgenommenen eigenständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Prüfung der Umstände des Einzelfalles dahinstehen lassen, ob die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären ( § 20 SGB X bzw § 103 SGG ), nicht aufgehoben. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall.

23

Unabhängig von der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend zB Sächsisches LSG vom 27.8.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.6.2009 - L 7 AS 250/08; Bayerisches LSG vom 23.4.2009 - L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2010 - L 19 <20> AS 50/09 - und vom 4.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Empfehlungen 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe dienen und es sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (so bereits zu den Empfehlungen 1997: BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 7 f). Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es auch keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse auch mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn diese Zeiträume betreffen, die vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lagen (so bereits Sächsisches LSG vom 26.2.2009 - L 2 AS 152/07; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08). Wenn dann - wie vorliegend - nach dem Ergebnis der im Einzelfall durchgeführten Amtsermittlung eine Abweichung von den Empfehlungen nicht festzustellen ist (vgl zu diesem Gesichtspunkt auch BVerfG vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - juris RdNr 19), ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich.

24

cc) Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II ein Mehrbedarf zu gewähren ist, hat das LSG zu Recht davon abgesehen, den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf der Klägerin zu ermitteln. Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, ist § 21 Abs 5 SGB II jedoch kein Auffangtatbestand(Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 24).

25

dd) Die Ernährung mit einer sog "Vollkost" bei Diabetes mellitus I/II unterfällt nicht § 21 Abs 5 SGB II, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern um eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt.

26

Die Vollkost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten. Auch insoweit gilt, dass für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, § 21 Abs 5 SGB II kein Auffangtatbestand ist.

27

3. Der Sache nach ist das Begehren der Klägerin demnach darauf gerichtet, für ihren geltend gemachten individuellen Ernährungsbedarf eine höhere Regelleistung zu erstreiten. Dieses Begehren hat gleichfalls keinen Erfolg.

28

a) Im streitgegenständlichen Zeitraum besteht lediglich ein Anspruch auf eine monatliche Regelleistung in Höhe von 345 Euro. Zwar hat das BVerfG die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, ua die des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht. Vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber wurde lediglich verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 ff - juris RdNr 210 ff; BVerfG vom 18.2.2010 - 1 BvR 1523/08; BVerfG vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09; BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R). Folglich ist im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die der Klägerin im Jahre 2005 bewilligte Regelleistung in Höhe von 345 Euro für den hier streitigen Zeitraum hinzunehmen ist (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R - juris RdNr 16).

29

b) Zudem hat das BVerfG ausgeführt, die Regelleistung reiche zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums aus: "Für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro nach § 20 Abs 2 1. Halbsatz SGB II aF kann eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden, weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist. So kommt beispielsweise eine Untersuchung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu dem Ergebnis, dass die Beträge des § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung für 'Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren' sowie für 'Beherbergungsdienstleistungen, Gaststättenbesuche' die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken können (vgl seine Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3. Aufl., sub III 2 )" (RdNr 152 des Urteils vom 9.2.2010).

30

c) Eine abweichende Bedarfsermittlung kommt nicht in Betracht. Nach dem Leistungssystem des SGB II ist eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung nicht vorgesehen (vgl dazu BSG 18.6.2008 - B 14 AS 22/07 R - BSGE 101, 70 76 f = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 S 65 f). Dies gilt sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers. Bei der Ernährung handelt es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gedeckt werden soll. Es ist konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II, eine abweichende Festsetzung der Bedarfe, wie sie § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, gerade nicht vorzusehen. Folglich gestattet es das SGB II nicht, außerhalb von § 21 Abs 5 SGB II einen individuellen Ernährungsbedarf bedarfserhöhend geltend zu machen.

31

Der Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung entspricht im Übrigen auch dem Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit einer Pauschalierung der Regelleistung im SGB II verband. Die pauschalierte Regelleistung sollte gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Diese sind darauf angewiesen, mit dem in der Regelleistung pauschaliert enthaltenen Betrag ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Außerhalb der gemäß § 21 SGB II gewährten Mehrbedarfe und der gemäß § 23 Abs 3 SGB II aF - in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung - gewährten einmaligen Leistungen sind monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Das System des SGB II ist insofern abschließend (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 91 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 45).

32

In diesem vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten System der pauschalierten Regelleistung ist weder - wie von der Klägerin begehrt - eine individuelle Kaloriemetrie vorzunehmen, noch durch eine isolierte Herausnahme und Überprüfung einzelner Bedarfspositionen zu prüfen, ob eine bestimmte individuell gewünschte Ernährungsweise von einer bestimmten Bedarfsposition der Regelleistung direkt erfasst und abgebildet wird. Das BVerfG hat hierzu im Urteil vom 9.2.2010, aaO, RdNr 205 ausgeführt: "Die Gewährung einer Regelleistung als Festbetrag ist grundsätzlich zulässig. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (vgl BVerfGE 87, 234 <255 f>; 100, 59 <90>; 195 <205>). Dies gilt auch für Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Allerdings verlangt Art 1 Abs 1 GG , der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt wird. Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar. Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich ist […], kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotenzial zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten ist.“

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Folglich ist nicht individuell zu ermitteln, ob eine bestimmte Ernährungsweise, die nicht von § 21 Abs 5 SGB II umfasst wird, sondern aus der Regelleistung zu bestreiten ist, im Einzelnen von der entsprechenden Bedarfsposition gedeckt wird. Denn es ist Sache des Hilfebedürftigen selbst, über die Verwendung des bewilligten Festbetrages im Einzelnen zu bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen.

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4. Ansprüche auf Gewährung einer von der Regelleistung abweichenden Leistung auf der Grundlage sonstiger Anspruchsgrundlagen bestehen gleichfalls nicht.

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a) Die Klägerin kann keinen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 73 SGB XII herleiten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich auch der 14. Senat des BSG angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zugleich muss auch der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert sein (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242, 250 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22 f; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 19 f). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil es sich bei der Ernährung mit ausgewogener Mischkost bzw sog "Vollkost" um einen typischen, innerhalb des SGB II zu befriedigenden Bedarf handelt.

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b) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die durch eine Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (aaO) geschaffene Härtefallregelung, die der Gesetzgeber mittlerweile mWv 3.6.2010 in § 21 Abs 6 SGB II geregelt hat(Gesetz vom 27.5.2010, BGBl I 671). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (insbesondere RdNr 207) klargestellt, dass der von ihm verfassungsrechtlich abgeleitete, zusätzliche Anspruch immer dann notwendig werde, wenn ein bestimmter fortlaufender atypischer Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II nicht gedeckt werden könne. Nach den Feststellungen des LSG kann die Klägerin keinen derartigen besonderen Bedarf geltend machen.

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5. Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen höheren Leistungsbetrag mit Rücksicht auf die fehlerhafte Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II durch das LSG. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der Ansatz des LSG hinsichtlich der hier ausnahmsweise als KdU anteilig zu berücksichtigenden Stromkosten nicht zu beanstanden ist. Das LSG hat jedoch nicht beachtet, dass lediglich Endzahlbeträge der monatlichen Leistung nach § 41 Abs 2 SGB II zu runden sind, Zwischenberechnungsschritte aber von der Rundung ausgenommen sind(vgl BSG SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 25).

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Aus einer fehlerhaften Anwendung der Rundungsregelung folgt hier schon deshalb kein höherer Zahlbetrag, weil der Beklagte - wie bereits ausgeführt worden ist - bei der Leistungsbewilligung einen Betrag von monatlich 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung in Ansatz gebracht hatte, auf den die Klägerin keinen Anspruch hatte. Zwar folgt hieraus nicht, dass die Bescheide durch den erkennenden Senat zu Lasten der Klägerin zu ändern waren, denn einer solchen Änderung steht das Verbot der reformatio in peius entgegen (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 8; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274, 281 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 S 130). Da jedoch im Verfahren der Anspruch auf Alg II einschließlich der angemessenen KdU insgesamt streitig ist, kann die Klägerin einen höheren Zahlbetrag nur beanspruchen, wenn der Verfügungssatz der Bewilligung von Alg II sich insoweit der Höhe nach als unrichtig erweist. Insoweit ist die Höhe der Leistung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

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Dem steht nicht entgegen, dass das BSG eine Beschränkung des Klagebegehrens auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw die Kosten für Unterkunft für zulässig erachtet hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18), denn die Klägerin hat eine Beschränkung ihres Klagebegehrens nicht vorgenommen. Eine (Teil-)Bestandskraft ist hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des zuerkannten Mehrbedarfs folglich nicht eingetreten.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.