Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 03. Nov. 2017 - 3 U 129/17

bei uns veröffentlicht am03.11.2017
vorgehend
Landgericht Bamberg, 2 O 522/16, 31.07.2017

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tenor

1. Dem Kläger wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung versagt.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 31.07.2017, Aktenzeichen 2 O 522/16, wird als unzulässig verworfen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.622,25 € festgesetzt.

Gründe

Das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 31.07.2017 wurde dem Kläger am 04.08.2017 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 18.08.2017, eingegangen bei dem Oberlandesgericht Bamberg am selben Tag, legte der Kläger Berufung ein (Bl. 179 d.A.). Mit Schriftsatz vom 06.10.2017, eingegangen bei dem Oberlandesgericht Bamberg am selben Tag, beantragte Rechtsanwältin ... für den Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Verlängerung der Berufungsfrist bis einschließlich 27.10.2017. Zur Begründung führte sie aus, der mit ihr in einer Bürogemeinschaft tätige Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt Z. hätte beabsichtigt, am 04.10.2017 einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu stellen. Am 04.10.2017 sei Rechtsanwalt Z. plötzlich und unvorhersehbar an einer fieberhaften Virusinfektion erkrankt. In der Bürogemeinschaft sei für unvorhergesehenen Ausfall gegenseitige Vertretung vereinbart. Sie selbst sei aber am 04.10.2017 ebenfalls plötzlich und unvorhersehbar an einer Virusinfektion erkrankt und bis einschließlich 05.10.2017 bettlägerig gewesen (Bl. 194 f. d.A.). Zum Zwecke der Glaubhaftmachung wurde ein ärztliches Attest vom 04.10.2017 vorgelegt, wonach der Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt Z. „an einem fieberhaften Virusinfekt erkrankt und voraussichtlich vom 04.10. - 06.10.2017 nicht arbeitsfähig“ sei (Bl. 196 d.A.).

Auf den weiteren Inhalt des Schreibens vom 06.10.2017 wird Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückzuweisen. Auf den Inhalt des Schreibens vom 26.10.2017 (Bl. 199 f. d.A.) wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 27.10.2017, eingegangen bei dem Oberlandesgericht Bamberg am selben Tag, hat der klägerische Prozessbevollmächtigte die Berufung begründet (Bl. 201 ff. d.A.). Auch auf den Inhalt dieses Schriftsatzes wird Bezug genommen.

II.

1. Die beantragte Wiedereinsetzung ist zu versagen, da der Kläger nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Versäumung der am 04.10.2017 abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist nicht auf einem ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht (§ 233 ZPO).

Im Rahmen seiner Organisationspflichten hat ein Rechtsanwalt grundsätzlich auch Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle seiner Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen vornimmt. Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt nur dann durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er eine solche Situation vorhersehen kann. Wird er hingegen unvorhersehbar krank, gereicht ihm die unterbliebene Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden, wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar war (BGH, Beschluss vom 27. September 2016 - XI ZB 12/14, NJW-RR 2017, 308 - 310; BGH, Beschlüsse vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12, WM 2014, 865, vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10, NJW 2013, 3183 und vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10). Im Falle der unvorhergesehen Erkrankung muss der Rechtsanwalt aber alle ihm möglichen Maßnahmen ergreifen, um wenigstens eine Fristverlängerung zu erlangen. Dass ihm auch dies nicht möglich war, hat er glaubhaft zu machen (BGH Beschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14, NJW 2015, 171). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumnis von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war (BGH Beschluss vom 27. September 2016 - XI ZB 12/14).

Dies ist hier der Fall. Bereits das vorgelegte Attest vorm 04.10.2017 lässt Raum für Zweifel an der unverschuldeten Fristversäumnis, da darin lediglich bescheinigt wird, der Prozessbevollmächtigte sei „voraussichtlich“ vom 04.10.2017 bis 06.10.2017 nicht arbeitsfähig.

Daneben wurde klägerseits nicht glaubhaft gemacht, dass die allgemeinen Vorkehrungen für fristwahrende Schritte bei unvorhergesehenem Ausfall getroffen wurden. Die vage Formulierung im Schriftsatz vom 06.10.2017, es sei „gegenseitige Vertretung“ vereinbart worden, genügt hierfür nicht.

Schließlich wurde auch der plötzliche und unvorhersehbare Ausfall der Rechtsanwältin X. infolge einer Virusinfektion vom 04.10.2017 bis 05.10.2017 nicht glaubhaft gemacht.

2. Da die Wiedereinsetzung zu versagen war, ist die Berufungsbegründung verspätet.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 03. Nov. 2017 - 3 U 129/17

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 03. Nov. 2017 - 3 U 129/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZB 12/14 vom 27. September 2016 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 I, 236 Abs. 2 Satz 1 C, § 238 a) Die Prüfung der angegebenen Wiedereinsetzungsgründe erfolgt v

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2014 - XII ZB 736/12

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 736/12 vom 5. März 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 D Zur Pflicht eines Rechtsanwalts, für eine Vertretung bei Erkrankung zu sorgen. BGH, Beschluss vom

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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 12/14
vom
27. September 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 I, 236 Abs. 2 Satz 1 C, § 238

a) Die Prüfung der angegebenen Wiedereinsetzungsgründe erfolgt von Amts
wegen. Wiedereinsetzungsgründe unterliegen daher nicht der Parteidisposition
und können nicht unstreitig gestellt werden.

b) Zur Glaubhaftmachung eines plötzlich und unerwartet aufgetretenen krankheitsbedingten
Ausfalls des Prozessbevollmächtigten.
BGH, Beschluss vom 27. September 2016 - XI ZB 12/14 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
ECLI:DE:BGH:2016:270916BXIZB12.14.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 29. September 2014 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 45.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank wegen der angeblichen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten bei Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das klageabweisende Urteil ist dem Kläger am 20. Februar 2014 zugestellt worden. Am 11. März 2014 hat er Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung ist auf Antrag des Klägers zweimal, zuletzt bis zum 23. Juni 2014 (Montag) verlängert worden. Am 23. Juni 2014 hat der Kläger eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungfrist bis zum 7. Juli 2014 beantragt, weil der allein sachbearbeitende Rechtsanwalt K. erneut an einer schweren Infektion arbeitsunfähig erkrankt sei. Auf Nachfrage des Gerichts hat sich die Beklagte mit einer weiteren Fristverlängerung nicht einverstanden erklärt. Daraufhin hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts das Fristverlängerungsgesuch mit Verfügung vom 1. Juli 2014, dem Kläger zugestellt am 4. Juli 2014, zurückgewiesen.
3
Am 7. Juli 2014 ist eine Berufungsbegründung eingegangen verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist. Zur Begründung dieses Antrags hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt , der allein sachbearbeitende Rechtsanwalt K. habe die Ausarbeitung der Berufungsbegründung für das Wochenende am 21. und 22. Juni 2014 eingeplant gehabt, sei jedoch an diesem Wochenende erneut an einer schweren Infektion erkrankt, so dass er am Erstellen einer Berufungsbegründung wegen Arbeitsunfähigkeit verhindert gewesen sei. Dem anderen Rechtsanwalt der prozessbevollmächtigten Kanzlei, Rechtsanwalt G. , sei die Ausarbeitung der Berufungsbegründung am Tag des Fristablaufs (23. Juni 2014) nicht möglich gewesen, weil er selbst mit einer Vielzahl zu bearbeitender fristgebundener Schriftsätze ausgelastet gewesen sei. Eine Rücksprache mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenseite sei an diesem Tag nicht möglich gewesen, weil dieser persönlich nicht zu erreichen gewesen sei.
4
Mit Verfügung vom 30. Juli 2014 hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts dem Kläger bis zum 29. August 2014 Gelegenheit gegeben, die Erkrankung des Rechtsanwalts K. und ihre Unvorhersehbarkeit ergänzend glaubhaft zu machen. Er hat zudem darauf hingewiesen, dass eine im Fristverlängerungsantrag vom 23. Juni 2014 angekündigte ärztliche Bescheinigung bislang nicht eingereicht worden sei. Innerhalb der gesetzten Frist hat der Kläger aus- geführt, dass sein Prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt K. , wie gerichtsbekannt sei, seit geraumer Zeit mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen habe.Nach Bewilligung der zweiten Fristverlängerung sei er am "6. Juni 2013" (gemeint offensichtlich: 6. Juni 2014) erneut an einer schweren Infektion, begleitet von Fieber, Erschöpfungszuständen und völliger Dehydrierung mit voraussichtlicher Arbeitsunfähigkeit bis 20. Juni 2014 erkrankt. Zur Glaubhaftmachung werde eine ärztliche Bescheinigung vom 6. Juni 2014 vorgelegt. Trotz der wiederholt auftretenden Erkrankung sei es in der Vergangenheit stets so gewesen, dass die Erkrankung spätestens nach zwei Wochen wieder abgeklungen sei, so dass er wieder arbeitsfähig gewesen sei. Die Genesung sei diesmal aber nicht so wie erwartet verlaufen, vielmehr sei völlig überraschend und unvorhersehbar am Wochenende des 21./22. Juni 2014 ein Rückfall bzw. ein erneuter Ausbruch der Infektionskrankheit bei ihm aufgetreten, so dass er an der für dieses Wochenende geplanten Erstellung der Berufungsbegründung wegen erneut eingetretener Arbeitsunfähigkeit verhindert gewesen sei. Hierüber habe er seinen Kanzleikollegen, Rechtsanwalt G. , am 23. Juni 2014 um 9.00 Uhr in Kenntnis gesetzt. Eine ärztliche Bescheinigung über den Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit habe innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt werden können, weil sich der behandelnde Arzt derzeit in Urlaub befinde. Sie könne aber nachgereicht werden, sofern der Senat hierauf bestehe.
5
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers unter Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht ausreichend glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO), dass sein Rechtsanwalt wegen eines überraschenden Rückfalls am Wochenende des 21. und 22. Juni 2014 krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen sei. Die anwaltliche Versicherung seines Kollegen habe aus dessen eigener Wahrnehmung lediglich beinhaltet, dass ihm die erneute Erkrankung am 23. Juni 2014 fernmündlich mitgeteilt worden sei. Die mit Schriftsatz vom 29. August 2014 vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 6. Juni 2014 sei für die Zeit nach dem 20. Juni 2014 ohne Aussagekraft. Für den maßgeblichen Zeitraum vom 21. bis 23. Juni 2014 sei trotz des Hinweises des Gerichts bis heute keine ärztliche Bescheinigung eingereicht worden, obwohl dies auch bei einer zeitweisen urlaubsbedingten Abwesenheit des behandelnden Arztes möglich gewesen sein müsse.
6
Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (Senatsbeschluss vom 9. November 2004 - XI ZB 6/04, BGHZ 161, 86, 87 mwN), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) nicht erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht vielmehr in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und verletzt weder den Anspruch des Klägers auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) noch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
8
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, er habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht auf einem ihm zuzurechnenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht (§ 233 ZPO).
9
a) Ein Rechtsanwalt hat im Rahmen seiner Organisationspflichten grundsätzlich auch dafür Vorkehrungen zu treffen, dass im Falle seiner Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen wahrnimmt (BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10, NJW 2011, 1601 Rn. 18). Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt aber nur dann durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er eine solche Situation vorhersehen kann. Wird er dagegen unvorhergesehen krank, gereicht ihm die unterbliebene Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden, wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar war (BGH, Beschlüsse vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12, WM 2014, 865 Rn. 9, vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10, NJW 2013, 3183 Rn. 10 und vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10, aaO).
10
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe entgegen § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht glaubhaft gemacht, dass Rechtsanwalt K. über den 20. Juni 2014 hinaus arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, ist nicht zu beanstanden.
11
aa) Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Berufungsgericht hätte den vom Kläger behaupteten plötzlichen krankheitsbedingten und nicht anderweitig ersetzbaren Ausfall seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zugrunde legen müssen, weil die Beklagte dieses Vorbringen nicht bestritten habe, übersieht sie, dass die Prüfung der angegebenen Wiedereinsetzungsgründe von Amts wegen erfolgt (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 233 Rn. 20). Wiedereinsetzungsgründe unterliegen daher nicht der Parteidisposition und können nicht unstreitig gestellt werden (BeckOK ZPO/Wendtland, § 238 Rn. 4; Grandel in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 238 Rn. 2; MünchKomm- ZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 238 Rn. 3; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Aufl., § 233 Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 238 Rn. 1).
12
bb) Die Frage, ob die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen im Sinne von § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht sind, bestimmt sich nach den zu § 294 ZPO entwickelten Grundsätzen. Danach genügt ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung; die Behauptung ist glaubhaft gemacht, sofern eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft. Die Feststellung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit unterliegt dem Grundsatz der freien Würdigung des gesamten Vorbringens (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2016 - VI ZB 4/16, VI ZVI ZB 7/16, juris Rn. 10 und vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, juris Rn. 12). Grundsätzlich ist die Beweiswürdigung dem Tatrichter vorbehalten. An dessen Feststellungen ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO gebunden; es kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig, rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, aaO).
13
Diesen Anforderungen hat das Berufungsgericht genügt. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, trifft die ärztliche Bescheinigung vom 6. Juni 2014, die bestätigt, dass Rechtsanwalt K. wegen einer erneut aufgetretenen Magen -Darm-Infektion begleitet von Fieber, Erschöpfungszuständen und völliger Dehydrierung bis "mindestens" zum 20. Juni 2014 nicht in der Lage sei, Behörden - und Gerichtstermine wahrzunehmen, noch keine Aussage über eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum danach. Die im Fristverlängerungsantrag vom 23. Juni 2014 abgegebene anwaltliche Versicherung des Rechtsanwalt G. bezog sich, wie er auf Nachfrage des Berufungsgerichts klargestellt hat, nur auf den Umstand, dass ihm sein Kollege an diesem Tag seine erneute Erkrankung fernmündlich mitgeteilt habe. Entgegen der bereits im Fristverlängerungsgesuch am 23. Juni 2014 gemachten Ankündigung und trotz des richterlichen Hinweises vom 30. Juli 2014 hat der Kläger in seiner ergänzenden Stellungnahme weder weitere Mittel der Glaubhaftmachung zu dem Vortrag vorgelegt, noch um Fristverlängerung hierfür nachgesucht.
14
c) Selbst wenn man, wie die Rechtsbeschwerde dies reklamiert, davon ausginge, dass der Bescheinigung auch für den Zeitraum nach dem 20. Juni 2014 noch Aussagekraft zukomme, weil sie einen "mindestens" bis zu diesem Tag andauernden Zustand attestiere, so hätte der Kläger damit immer noch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumnis nicht auf einem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumnis von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschlüsse vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, NJW 2011, 1972 Rn. 8 und vom 8. April 2014 - VI ZB 1/13, WM 2014, 1252 Rn. 7). Dies ist hier der Fall. Die Bescheinigung ist jedenfalls nicht geeignet, die Darstellung des Klägers glaubhaft zu machen, ein "Rückfall bzw. erneuter Ausbruch der Infektionskrankheit" ab dem 21. Juni 2014 sei "völlig überraschend und unvorhersehbar" gekommen. Auf Grundlage der ärztlichen Bescheinigung besteht vielmehr die Möglichkeit, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinen krankheitsbedingten Ausfall über den 20. Juni 2014 hinaus hätte vorhersehen und die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist durch geeignete Maßnahmen, wie die Einschaltung eines Vertreters deutlich vor dem 23. Juni 2014, hätte abwenden können.
15
2. Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) und den An- spruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es die bis zum 29. August 2014 gesetzte Frist nicht nochmals verlängert habe, um ihm die Möglichkeit zu geben, "die angebotene Arztbescheinigung oder ein vergleichbares Beweismittel" vorzulegen, greift ebenfalls nicht durch.
16
a) Das Berufungsgericht hat seinen Pflichten aus § 139 ZPO genügt, indem es unmissverständliche Hinweise erteilt hat und auch ausreichend Gelegenheit gegeben hat, darauf zu reagieren. Es hat mit Verfügung vom 30. Juli 2014 deutlich gemacht, dass die Erkrankung von Rechtsanwalt K. und deren Unvorhersehbarkeit noch nicht ausreichend glaubhaft gemacht sind und hierfür Gelegenheit bis zum 29. August 2014 gegeben. Rechtsanwalt G. hat in seiner an diesem Tag eingereichten Stellungnahme zwar anwaltlich versichert , eine Bescheinigung des behandelnden Arztes über den Fortbestand der Erkrankung seines Kollegen derzeit nicht einreichen zu können, weil sich der Arzt noch in Urlaub befinde. Er hat jedoch nicht - auch nicht konkludent - die Verlängerung der Frist beantragt, um dies von sich aus nachzuholen, sondern im Gegenteil deutlich gemacht, die ärztliche Bescheinigung nur vorzulegen, "sofern der Senat darauf besteht". Tatsächlich hat er eine ärztliche Bescheinigung auch bis zum Verwerfungsbeschluss, der erst einen Monat später erging, nicht nachgereicht. Vor diesem Hintergrund konnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht ihn dazu erneut auffordern wird und ihm hierfür von sich aus noch eine weitere Frist setzen wird. Schon gar nicht konnte er erwarten, dass die Frist verlängert wird, um „ver- gleichbare Beweismittel“ einzureichen. Insoweit hat er noch nicht einmal Gründe vorgebracht, die ihn daran hätten hindern können, dies binnen der hierfür gesetzten Frist zu tun. Insbesondere konnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch nicht davon ausgehen, das fehlende Verschulden durch die der ergänzenden Stellungnahme beigefügte ärztliche Bescheinigung vom 6. Juni 2014 bereits ausreichend glaubhaft gemacht zu haben. Diese verhält sich of- fensichtlich nicht zu der Frage, warum die Fortdauer der bereits seit 6. Juni 2014 andauernden Erkrankung über den 20. Juni 2014 hinaus unvorhersehbar gewesen sein sollte. Das Berufungsgericht hat in der Verfügung vom 30. Juli 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch die Unvorhersehbarkeit der Erkrankung glaubhaft zu machen ist.
17
b) Unabhängig davon kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Entscheidung auf dem dem Berufungsgericht von der Rechtsbeschwerde zur Last gelegten Gehörsverstoß beruht.
18
aa) Wird von einer Partei die Verletzung einer Hinweispflicht geltend gemacht , so hat sie darzulegen, wie sie auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte, insbesondere was sie im Einzelnen vorgetragen hätte und wie sie weiter vorgegangen wäre (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2016 - VI ZB 4/16, VI ZVI ZB 7/16, juris Rn. 14 und vom 18. Mai 2011 - IV ZB 6/10, juris Rn. 12; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 253/07, NJW 2009, 148 Rn. 10 mwN). Die mangels eines richterlichen Hinweises zunächst unterbliebene Ergänzung eines das Wiedereinsetzungsgesuch begründenden Vortrags oder seiner Glaubhaftmachung kann dabei auch noch nach Ablauf der Antragsfrist im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgen (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2016 - VI ZB 4/16, VI ZB 7/16, aaO, vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, NJW 2016, 874 Rn. 9 und vom 10. März 2011 - VII ZB 28/10, NJW-RR 2011, 790 Rn. 10 f.).
19
bb) In der Rechtsbeschwerdebegründung macht der Kläger geltend, er hätte bei Setzen einer Nachfrist die der Rechtsbeschwerdebegründung beigefügte anwaltliche Versicherung des Rechtsanwalt K. vorgelegt und die weiteren ärztlichen Atteste der Augenklinik des Universitätsklinikums Erlangen vom 11. August 2014 und eines Augenarztes vom 15. Oktober 2014. Selbst wenn man davon ausginge, das Berufungsgericht hätte, um dem Anspruch auf recht- liches Gehör zu genügen, aufgrund der mitgeteilten urlaubsbedingten Abwesenheit des behandelnden Arztes von sich aus eine weitere Nachfrist setzen müssen, um dessen angekündigtes Attest nachzureichen, macht der Kläger gar nicht geltend, dass er ein solches innerhalb dieser Nachfrist überhaupt eingereicht hätte.
20
cc) Zudem sind weder die nun vorgelegte anwaltliche Versicherung noch die Atteste geeignet, glaubhaft zu machen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht verschuldet hat.
21
Die augenärztlichen Atteste verhalten sich zu einem operativen Eingriff mit anschließendem stationären Aufenthalt Mitte August 2014 bzw. dem postoperativen Zustand nach einer Netzhautablösung im November 2014. Sie lassen daher keine Rückschlüsse auf einen krankheitsbedingten Ausfall aufgrund einer Ende Juni 2014 unvorhersehbar eingetretenen Magen-Darm-Infektion zu.
22
Der anwaltlichen Versicherung des Rechtsanwalt K. ist zu entnehmen , dass er sich seit Januar 2012 aufgrund einer wiederholt auftretenden Magen -Darm-Infektion mit schwerwiegenden Begleiterscheinungen (u.a. Fieber sowie Dehydrierung) und Erschöpfungszuständen in ärztlicher Behandlung befindet und dass am 6. Juni 2014 erneut eine solche schwere Infektion begleitet von Fieber, Erschöpfungszuständen und Dehydrierung auftrat. Sein Zustand habe sich "etwa bis zum 19. Juni 2014" wieder gebessert, so dass er davon ausgegangen sei, die Berufungsbegründung am 21. und 22. Juni 2014, also innerhalb der am 23. Juni 2014 ablaufenden Frist, fertigen zu können. Am 21. und 22. Juni 2014 habe er aber einen unvorhergesehenen Rückfall erlitten und sei deshalb gesundheitlich außer Stande gewesen, die Berufungsbegründung anzufertigen. Damit hat der Kläger immer noch keinen Sachverhalt vorge- tragen und glaubhaft gemacht, der ein schuldhaftes Verhalten seines Prozessbevollmächtigten ausschließt. Dem glaubhaft gemachten Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, dass der krankheitsbedingte Ausfall vor Fristablauf plötzlich und unerwartet auftrat. Es stellt sich vielmehr so dar, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers von einer bereits länger andauernden und zudem wiederholt auftretenden Erkrankung - trotz zwischenzeitlich eingetretener Besserung - nicht so schnell wieder genesen ist, wie von ihm erhofft. Dass dies auch anders hätte kommen können, war keinesfalls unvorhersehbar, zumal das bereits eingeholte ärztliche Attest davon ausging, der Zustand dauere "mindestens" bis zum 20. Juni 2014 (Freitag) an. Damit hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht bis zum letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist untätig bleiben dürfen, sondern die zwischenzeitlich eingetretene Besserung, sollte er dazu in der Lage gewesen sein, nutzen müssen, um den fristgebundenen Schriftsatz anzufertigen, oder aber deutlich früher seinen Kanzleikollegen um Vertretung bitten müssen. Dass die Frist auf diese Weise nicht hätte gewahrt werden können, ist nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht.
Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 03.02.2014 - 10 O 5983/12 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 29.09.2014 - 14 U 606/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 736/12
vom
5. März 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Pflicht eines Rechtsanwalts, für eine Vertretung bei Erkrankung zu sorgen.
BGH, Beschluss vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12 - OLG Köln
LG Bonn
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2014 durch den Vorsitzenden
Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter, Dr. NeddenBoeger
und Dr. Botur

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. November 2012 wird auf Kosten der Klägerin verworfen. Wert: 89.685 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin begehrt Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist , die sie wegen einer Erkrankung ihres Prozessbevollmächtigten versäumt habe.
2
Das überwiegend klageabweisende Urteil des Landgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. Juli 2012 zugestellt worden. Hiergegen hat die Klägerin rechtzeitig Berufung eingelegt. Einen ersten Antrag zur Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hat ihr Prozessbevollmächtigter am 12. September 2012 mit der Begründung der Arbeitsüberlastung gestellt. Das Oberlandesgericht hat die Frist antragsgemäß bis zum 12. Oktober 2012 verlängert. Am 12. Oktober 2012 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. Oktober 2012 beantragt, weil er akut erkrankt sei. Auch diesem Antrag hat das Oberlan- desgericht stattgegeben. Einen Tag vor Ablauf der verlängerten Frist, am 16. Oktober 2012, hat der gegnerische Prozessbevollmächtigte dem Gericht sein Einverständnis mit einer weiteren Fristverlängerung für den Klägervertreter bis zum 22. Oktober 2012 erklärt, da dessen Büro mitgeteilt habe, dass dieser noch erkrankt sei. Einen Fristverlängerungsantrag hat der Klägervertreter bis zum Ablauf des 17. Oktober 2012 nicht gestellt. Das Oberlandesgericht hat am 19. Oktober 2012 darauf hingewiesen, dass zwar der Gegner einer Fristverlängerung zugestimmt habe, jedoch kein rechtzeitiger Fristverlängerungsantrag vorliege, so dass die Frist verstrichen und die Berufung als unzulässig zu verwerfen sei. Die Berufungsbegründung ist schließlich am 22. Oktober 2012 beim Oberlandesgericht eingegangen. Dort hat der Klägervertreter "formell ergänzend gebeten, den Fristverlängerungsantrag bis heute anzunehmen", zumal die Gegenseite der Verlängerung zugestimmt habe. Weiter hat der Klägervertreter "äußerst vorsorglich" Wiedereinsetzung "aus Gründen akuter unvorhergesehener Krankheit" beantragt.
3
Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2012 hat der Klägervertreter nochmals Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt und vorgetragen, seine Krankheit habe sich gerade im Lauf des letzten Tages der Frist, dem 17. Oktober 2012, massiv verschlimmert. Eine Vertretung durch einen anderen Anwalt sei nicht möglich gewesen. Er sei als Einzelanwalt tätig. Rechtsanwalt D., von dem er Büroräume am Ort seiner Zweigstelle angemietet habe, sei in der ganzen Woche ortsabwesend gewesen, auch bestehe keine allgemeine Vertretungsregelung mit ihm.
4
Das Oberlandesgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und zugleich die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
6
Sie ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Klägerin nicht aufzuzeigen vermag, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich wäre, § 574 Abs. 2 ZPO. Der angefochtene Beschluss verletzt die Klägerin weder in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (ständige Rechtsprechung, Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07 - FamRZ 2008, 1605 Rn. 6 mwN).
7
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , die Versäumung der Frist beruhe auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, welches ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen sei. Ein Rechtsanwalt müsse durch geeignete organisatorische Maßnahmen vorausschauend Vorsorge für den Fall seiner vorhersehbaren oder unvorhersehbaren Abwesenheit treffen, insbesondere durch Bestellung eines Vertreters. Ein Verschulden sei nur dann zu verneinen, wenn der krankheitsbedingte Ausfall für den Prozessbevollmächtigten nicht vorhersehbar gewesen sei und infolge der Erkrankung weder ein Verlängerungsantrag gestellt noch ein Vertreter habe bestellt werden können. Es sei nicht ersichtlich, dass der Prozessbe- vollmächtigte der Klägerin seine krankheitsbedingte Verhinderung nicht habe vorhersehen können. Schon seinen Fristverlängerungsantrag vom 12. Oktober 2012 habe er mit Erkrankung begründet. Ferner habe er am 16. Oktober 2012 über sein Büro die Zustimmung der Gegenseite zu einer weiteren Fristverlängerung wegen Erkrankung eingeholt. Wenn aber der schon seit einigen Tagen erkrankte Anwalt bereits am 16. Oktober 2012 habe absehen können, dass er krankheitsbedingt nicht in der Lage sein werde, bis zum Fristablauf am nächsten Tag die Berufungsbegründung einzureichen, hätte er Vorkehrungen treffen müssen, dass jedenfalls ein Fristverlängerungsantrag rechtzeitig bei Gericht gestellt werde. Dass er keine Vertretungsregelung mit Rechtsanwalt D. getroffen habe, vermöge ihn nicht zu entlasten, da er grundsätzlich verpflichtet sei, eine Vertretung für Fälle seiner Abwesenheit zu organisieren. Es sei nicht ersichtlich , dass es nicht möglich gewesen wäre, einen anderen Rechtsanwalt kurzfristig mit der Vertretung in dieser Einzelsache zu betrauen.
8
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung und den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
9
a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass ein Rechtsanwalt im Rahmen seiner Organisationspflichten grundsätzlich auch dafür Vorkehrungen zu treffen hat, dass im Falle einer Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen wahrnimmt (BGH Beschluss vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10 - NJW 2011, 1601 Rn. 18). Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er eine solche Situation vorhersehen kann. Wird er dagegen unvorhergesehen krank, gereicht ihm eine unterbleibende Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden, wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar war (BGH Beschlüsse vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10 - NJW 2011, 1601 Rn. 18; vom 6. Juli 2009 - II ZB 1/09 - NJW 2009, 3037 Rn. 10 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08 - FamRZ 2008, 2271 Rn. 9).
10
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin war bereits seit mehreren Tagen erkrankt, wie sein Fristverlängerungsantrag vom 12. Oktober 2012 und die Mitteilung des gegnerischen Prozessbevollmächtigten vom 16. Oktober 2012 belegen. Er wusste also mindestens seit dem 16. Oktober 2012, dass er durch seine Erkrankung gehindert sein würde, die am nächsten Tag ablaufende Frist zur Berufungsbegründung einzuhalten. Warum es ihm in dieser Zeit nicht möglich gewesen sein soll, zumindest eine Fristverlängerung zu beantragen, mit der der Gegner bereits einverstanden war, oder einen Kollegen damit zu beauftragen , trägt die Klägerin nicht vor. Insofern hilft dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Vortrag, die Erkrankung habe sich im Lauf des 17. Oktober 2012 massiv verschlimmert, nicht weiter, da er nicht erklärt, wieso er sich nicht um eine Vertretung für einen solchen Verlängerungsantrag bemüht hat. Die Rechtsbeschwerde führt erfolglos an, die Frist wäre auch dann versäumt worden , wenn mit Rechtsanwalt D. eine allgemeine Vertretungsregelung bestanden hätte, da dieser in der Woche vom 12. bis 18. Oktober 2012 ortsabwesend gewesen sei. Die Klägerin trägt nämlich nicht vor, dass diese Ortsabwesenheit unvorhersehbar gewesen sei oder dass es ihrem Prozessbevollmächtigten nicht möglich und zumutbar gewesen sei, einen anderen Vertreter zu beauftragen; dies insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Erkrankung nicht plötzlich und unvorhergesehen eintrat, sondern bereits seit einigen Tagen bestand.
11
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde musste das Berufungsgericht den Schriftsatz des gegnerischen Rechtsanwalts vom 16. Oktober 2012, mit dem dieser sein Einverständnis mit einer nochmaligen Fristverlängerung erklärte, nicht dahin auslegen, dass er für den Klägervertreter, seinen Gegner, Fristverlängerung beantragt. Die Frage, ob der Prozessgegner antragsberechtigt für eine Fristverlängerung zu Gunsten der Gegenpartei ist (vgl. Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 224 Rn. 6; Hk-ZPO/Wöstmann 4. Aufl. § 224 Rn. 5; a.A. MünchKommZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 225 Rn. 1), kann dahinstehen.
Denn jedenfalls hat der Gegner keinen Antrag auf Fristverlängerung für die Klägerin gestellt. Die Erklärung, mit der Verlängerung der Frist für den Gegner einverstanden zu sein, kann nicht als Antrag auf Fristverlängerung ausgelegt werden. Auch wenn Prozesshandlungen grundsätzlich auslegungsfähig sind, müssen Anträge eindeutig als solche formuliert sein. Die Einverständniserklärung mit einer Fristverlängerung für den Gegner gleichzeitig als Fristverlängerungsantrag auszulegen, wäre eine unzulässige Auslegung über den eindeutigen Wortlaut der Erklärung hinaus.
12
c) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, dass das Oberlandesgericht seinen Rechtsausführungen keinen Sachverhalt vorangestellt hat. Denn das Fehlen einer gesonderten Darstellung des Sachverhalts im Beschluss des Oberlandesgerichts kann hier hingenommen werden, weil sich die prozessualen Vorgänge, auf die es ankommt, nämlich der für die Wiedereinsetzung und die Verwerfung der Berufung maßgebliche Sachverhalt und das Rechtsschutzziel, mit ausreichender Deutlichkeit aus den Beschlussgründen ergeben (vgl. BGH Beschlüsse vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12 - NJW-RR 2013, 1077 Rn. 5 mwN und vom 12. Juli 2004 - II ZB 3/03 - NJW-RR 2005, 78).
13
d) Die Rechtsbeschwerde irrt ebenfalls, wenn sie meint, das Oberlandesgericht hätte gemäß § 139 ZPO vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin weiteren Vortrag verlangen müssen, welcher Art dessen Krankheit war, da eine Bettlägerigkeit die Fristversäumung entschuldigen würde. Alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, sind innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO) vorzutragen. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, dürfen nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94 - NJW 1994, 2097, 2098). Hat das Wiedereinsetzungsgesuch - wie im vorliegenden Fall - bereits eine in sich geschlossene, an sich nicht ergänzungsbedürftig erscheinende Sachdarstellung enthalten, besteht kein Anlass für eine weitere Aufklärung durch das Gericht nach § 139 ZPO. Es liegt vielmehr in der Verantwortung des Rechtsanwalts, alle für die Erfüllung seiner Sorgfaltspflicht sprechenden Tatsachen vorzutragen. Dem ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht nachgekommen. Dessen Verschulden hat das Oberlandesgericht der Klägerin zutreffend nach § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 04.07.2012 - 1 O 330/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.11.2012 - 1 U 73/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 533/10
vom
7. August 2013
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Sorgfaltspflichten eines Rechtsanwalts bei plötzlich auftretender Erkrankung.
BGH, Beschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10 - OLG Celle
AG Dannenberg (Elbe)
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. August 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des 18. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 12. Oktober 2010 aufgehoben. Dem Beteiligten zu 1 wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dannenberg (Elbe) vom 21. Juni 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute und streiten in einem am 1. Juli 2009 eingeleiteten Verfahren um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die drei gemeinsamen Kinder. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat mit Beschluss vom 21. Juni 2010 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Kinder auf die Mutter übertragen. Dieser Beschluss ist dem Vater am 25. Juni 2010 zugestellt worden. Am 26. Juli 2010 (einem Montag) hat er hiergegen beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt, beim Oberlandesgericht ist die Beschwerde mit den Akten am 30. Juli 2010 eingegangen. Auf den Hinweis der Senatsvorsitzenden , dass die Beschwerde verspätet beim Oberlandesgericht eingegangen sei, hat der Vater Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, sein Verfahrensbevollmächtigter habe am Tag des Fristablaufs noch prüfen wollen, ob die Beschwerde beim Amts- oder beim Oberlandesgericht einzulegen sei, und habe zur Sicherheit je einen Beschwerdeschriftsatz an das Amtsgericht und an das Oberlandesgericht fertig gestellt und unterschrieben. Sein Verfahrensbevollmächtigter sei am Abend des Fristablaufs gegen 19.45 Uhr zunächst nach Hause gefahren und habe beabsichtigt, später noch einmal in die Kanzlei zu fahren, um die Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts abschließend zu prüfen und den richtigen Schriftsatz zu faxen. Daran sei er jedoch durch eine plötzlich aufgetretene Magen-Darm-Erkrankung gehindert gewesen. Er habe daher seine Ehefrau, die ebenfalls Volljuristin sei, gebeten, in die Kanzlei zu fahren und den vorbereiteten Schriftsatz an das Oberlandesgericht zu faxen. Diese habe jedoch um 22.10 Uhr versehentlich den ebenfalls unterschriebenen Schriftsatz an das Amtsgericht gesendet.
2
Das Oberlandesgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und zugleich die Beschwerde verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Vaters.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden , weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 9).
4
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 3 Satz 2, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), denn der angefochtene Beschluss verletzt den Rechtsbeschwerdeführer in seinem Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ), welcher es den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. hierzu BGHZ 151, 221 = NJW 2002, 3029, 3031 und Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338 Rn. 8 mwN).
5
2. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , den Verfahrensbevollmächtigten des Vaters treffe ein Verschulden an der Fristversäumung, da er den Anforderungen an eine wirksame Ausgangskontrolle nicht genügt habe. Hierbei könne dahingestellt bleiben, ob die Büroorganisation in der Kanzlei grundsätzlich den Anforderungen an eine wirksame Ausgangskontrolle genüge, da trotz der konkret an die Ehefrau des Verfahrensbevollmächtigten erteilten Einzelweisung, die vorbereitete und an das Oberlandesgericht gerichtete Beschwerdeschrift an dieses zu übermitteln, eine Ausgangskontrolle nicht entbehrlich gewesen sei. Hierzu seien der Ausdruck und die Vorlage eines Sendeberichts notwendig gewesen, um überprüfen zu können , welcher Schriftsatz tatsächlich an welches Gericht übermittelt worden sei. Das gelte umso mehr, als der Verfahrensbevollmächtigte zwei an unterschiedliche Gerichte adressierte Schriftsätze unterschrieben und hinterlegt habe. Diese Anforderungen an eine wirksame Ausgangskontrolle müssten auch vor dem Hintergrund der vorliegend an die Ehefrau des Verfahrensbevollmächtigten erteilten Weisung Geltung beanspruchen.
6
3. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Beschwerdegericht stellt nur darauf ab, dass der Verfahrensbevollmächtigte des Vaters keine wirksame Ausgangskontrolle vorgenommen habe. Ob dessen plötzlich aufgetretene Erkrankung unabhängig hiervon das Wiedereinsetzungsgesuch rechtfertigen kann, zieht das Beschwerdegericht dagegen unter Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht in Erwägung.
7
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen , dass der Rechtsanwalt in seinem Büro eine Ausgangskontrolle zu schaffen hat, durch die gewährleistet wird, dass Frist wahrende Schriftsätze rechtzeitig beim zuständigen Gericht eingehen. Bei der Übermittlung per Telefax kommt der Rechtsanwalt dieser Verpflichtung nur dann nach, wenn er seinen Büroangestellten die Weisung erteilt, sich einen Sendebericht ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10 - NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 mwN; BGH Beschluss vom 12. Juni 2012 - VI ZB 54/11 - NJW-RR 2012, 1267 Rn. 7). Die Ausgangskontrolle anhand eines Sendeberichts dient nicht nur dazu, Fehler bei der Übermittlung auszuschließen. Vielmehr soll damit ebenso die Feststellung ermöglicht werden, ob der Schriftsatz überhaupt übermittelt worden ist (Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10 - NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12; BGH Beschluss vom 16. Juni 1998 - XI ZB 13/98 - VersR 1999, 996).
8
Ob die in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten praktizierte Ausgangskontrolle beim Versand fristgebundener Schriftsätze per Telefax generell ordnungsgemäß organisiert ist, hat das Beschwerdegericht hier allerdings zu Recht als unerheblich angesehen, weil der Verfahrensbevollmächtigte außer- halb seiner allgemeinen Kanzleiorganisation eine Einzelanweisung zur Übersendung des Beschwerdeschriftsatzes erteilt hat.
9
b) Dem Rechtsanwalt kann nicht vorgeworfen werden, einen Sendebericht nicht am Abend des Fristablaufs kontrolliert zu haben, da er plötzlich und unvorhergesehen erkrankt war. Diesen Umstand hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft nicht in seine Erwägungen einbezogen.
10
Ein Rechtsanwalt hat zwar im Rahmen seiner Organisationspflichten grundsätzlich auch dafür Vorkehrungen zu treffen, dass im Falle einer Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen wahrnimmt (BGH Beschluss vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10 - NJW 2011, 1601 Rn. 18). Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt aber nur dann durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er eine solche Situation vorhersehen kann. Wird er dagegen unvorhergesehen krank, gereicht ihm eine unterbleibende Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden, wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar war (BGH Beschlüsse vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10 - NJW 2011, 1601 Rn. 18; vom 6. Juli 2009 - II ZB 1/09 - NJW 2009, 3037 Rn. 10 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08 - FamRZ 2008, 2271 Rn. 9). So liegt der Fall hier. Der Rechtsbeschwerdeführer hat glaubhaft gemacht , dass sein Anwalt am Abend des Fristablaufs plötzlich und unvorhergesehen an einer Magen-Darm-Grippe mit Fieber erkrankt war und deshalb nicht wie vorgesehen nochmals ins Büro fahren konnte, um den Beschwerdeschriftsatz selbst abzuschicken. Angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit (nach 22 Uhr) und der Tatsache, dass der Verfahrensbevollmächtigte ausweislich seines Briefkopfes als Einzelanwalt in Bürogemeinschaft tätig ist, war die Erreichung und Bestellung eines Vertreters erkennbar aussichtslos. Angesichts dieser Umstände hat er mit der Beauftragung seiner Ehefrau, das Fax an das Oberlandesgericht zu senden, schon eine Maßnahme getroffen, zu der er im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand nicht verpflichtet war. Allein deshalb kann ihm der dann bei der Ausgangskontrolle aufgetretene Fehler nicht angelastet werden (vgl. hierzu BGH Beschluss vom 6. Juli 2009 - II ZB 1/09 - NJW 2009, 3037 Rn. 10 und Senatsbeschluss vom 26. November 1997 - XII ZB 150/97 - NJW-RR 1998, 639).

III.

11
Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 2 und 4, 621 e Abs. 3 Satz 2, 574 Abs. 1 Nr. 1, 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben. Hinsichtlich des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann der Senat selbst abschließend entscheiden (vgl. § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), weil die plötzliche Erkrankung des Verfahrensbevollmächtigten durch seine eigene eidesstattliche Versicherung sowie durch diejenige seiner Ehefrau glaubhaft gemacht worden ist. In der Sache selbst ist es dem Senat allerdings verwehrt, abschließend zu befinden, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist. Insoweit ist die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Botur Vorinstanzen:
AG Dannenberg (Elbe), Entscheidung vom 21.06.2010 - 51 F 219/09 -
OLG Celle, Entscheidung vom 12.10.2010 - 18 UF 92/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 81/10
vom
5. April 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist der Prozessbevollmächtigte einer Partei erkrankungsbedingt an der Einhaltung
der bereits um einen Monat verlängerten Berufungsbegründungsfrist gehindert
, ist für den Beginn der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1, 2 ZPO
der Wegfall der Erkrankung und nicht der Zeitpunkt maßgebend, in dem die
Gegenseite ihre Zustimmung zu einer erneuten Fristverlängerung verweigert
(im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03, NJW
2004, 1742, und vom 6. Juli 2009 - II ZB 1/09, NJW 2009, 3037).
BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10 - LG München I
AG München
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. April 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Achilles sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts München I - 14. Zivilkammer - vom 29. September 2010 aufgehoben. Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 10. Juli 2009 gewährt. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 35.366,03 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat den Beklagten auf Räumung einer angemieteten Doppelhaushälfte und auf Zahlung rückständiger Miete in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 27.389,61 € verurteilt und hinsichtlich des Räumungsantrags sowie eines weiteren Zahlungsantrags die Erledigung in der Hauptsache festgestellt. Das Urteil des Amtsgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 28. Juli 2009 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist am 28. August 2009 beim Landgericht eingegangen. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten hat der Vorsitzende der Berufungskammer die Frist zur Begründung der Berufung um einen Monat bis zum 28. Oktober 2009 verlängert. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2009, eingegangen beim Landgericht am selben Tag, hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten "unabhängig von einer Zustimmung der Gegenseite" um eine weitere Fristverlängerung für zwei Tage nachgesucht. Diesen Antrag hat er unter anwaltlicher Versicherung der Richtigkeit seiner Angaben damit begründet, dass er am 24. Oktober 2009 erkrankt aus dem Urlaub zurückgekehrt und außerdem seine Mitarbeiterin aufgrund einer schmerzhaften Verletzung am rechten Arm in ihrer Schreibfähigkeit eingeschränkt sei.
2
Der Vorsitzende der Berufungskammer hat die Klägerin mit Verfügung vom 28. Oktober 2009 zur Stellungnahme binnen dreier Tage aufgefordert. Am 30. Oktober 2009 ist die vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten zwischenzeitlich gefertigte Berufungsbegründung beim Landgericht eingegangen. Die Klägerin hat mit Anwaltsschriftsatz vom 13. November 2009 ihre Einwilligung zur beantragten Fristverlängerung verweigert. Mit einem am 1. Dezember 2009 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und hierbei unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nähere Ausführungen zur Art und Schwere seiner Erkrankung gemacht und die bereits beschriebene Verletzung seiner Mitarbeiterin durch ein ärztliches Attest belegt.
3
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2009 gestellte Wiedereinsetzungsantrag sei verfristet, weil die Erkrankung als Hindernis für die Fertigung der Berufungsbegründung am 30. Oktober 2009 geendet habe und hierdurch die Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Gang gesetzt worden sei. Den vor Fristablauf eingereichten Schriftsätzen könne kein konkludent gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entnommen werden, weil die dortigen Ausführungen nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Wiedereinsetzungsgrundes genügten. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Beklagten ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angegriffene Entscheidung verletzt die verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche des Beklagten auf Gewährleistung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Darlegung eines Wiedereinsetzungsgrundes überspannt und dadurch dem Beklagten den Zugang zur Rechtsmittelinstanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert (st. Rspr., vgl. nur BVerfGK 9, 225, 228; BGH, Be- schlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227; vom 24. Juni 2010 - V ZB 170/09, WuM 2010, 592 Rn. 4; jeweils mwN).
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Dem Beklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, weil er ohne Verschulden an einer fristgerechten Begründung der eingelegten Berufung gehindert war und rechtzeitig (§ 234 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO) einen ausreichend begründeten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat.
7
a) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass der Beklagte die - bis zum 28. Oktober 2009 verlängerte - Frist zur Begründung der Berufung versäumt hat. Die Berufungsbegründung ist erst am Freitag, dem 30. Oktober 2009, und damit nach Ablauf der nicht erneut verlängerten Frist beim Berufungsgericht eingegangen.
8
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch dem Beklagten eine Wiedereinsetzung in die versäumte Begründungsfrist versagt. Der Beklagte war infolge einer unvorhergesehenen Erkrankung seines als Einzelanwalt tätigen Prozessbevollmächtigten schuldlos daran gehindert, diese Frist zu wahren. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, der Beklagte habe diesen Hinderungsgrund nicht rechtzeitig in einer den Anforderungen an ein Wiedereinsetzungsgesuch genügenden Weise geltend gemacht.
9
aa) Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass die Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) mit dem Wegfall der eine Erstellung der Berufungsbegründung hindernden Erkrankung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten, also mit Ablauf des 30. Oktober 2009, in Gang gesetzt wurde. Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt nach § 234 Abs. 2 ZPO an dem Tage, an dem das Hindernis behoben ist. Das ist nicht erst dann der Fall, wenn das Hindernis nicht mehr besteht; die Frist beginnt vielmehr schon dann zu laufen, wenn das Weiterbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2008 - V ZB 29/08, juris Rn. 5; vom 25. Oktober 2005 - V ZB 111/05, BGHReport 2006, 255 unter II 2; vom 13. Juli 2004 - XI ZB 33/03, NJW-RR 2005, 76 unter [II] 1 a; jeweils mwN).
10
Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Beginn der Wiedereinsetzungsfrist nicht bis zum Zugang des Schriftsatzes der Klägerin vom 13. November 2009 hinausgeschoben, mit dem diese ihre Zustimmung zu der vom Beklagten am 28. Oktober 2009 beantragten erneuten Verlängerung der Begründungsfrist verweigert hat. Denn der Beklagte konnte im Hinblick auf die Bestimmung des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO von vornherein nicht darauf vertrauen , dass ihm ohne Einwilligung der Gegenseite eine zweite Fristverlängerung gewährt würde (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03, NJW 2004, 1742 unter 2). Nach dieser Vorschrift kann ohne Einverständnis des Gegners die Berufungsbegründungsfrist nur um bis zu einem Monat verlängert werden. Der ohne Einwilligung der Klägerin mögliche Verlängerungszeitraum war bereits durch die erste Fristverlängerung ausgeschöpft. Die somit erforderliche Zustimmung der Klägerin zu der am 28. Oktober 2009 erbetenen weiteren Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Tage hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten nicht eingeholt. In Anbetracht dieser Umstände war der Beklagte , dem das Verschulden seines Prozessvertreters nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, nicht bis zu dem Zeitpunkt, in dem er von der Zustimmungsverweigerung der Gegenseite Mitteilung erhielt, schuldlos an einer fristgerechten Einreichung der Berufungsbegründungsfrist gehindert.
11
An der Wahrung der bis 28. Oktober 2009 verlängerten Berufungsbegründungsfrist war er nur deswegen ohne Verschulden gehindert, weil sein als Einzelanwalt tätiger Prozessbevollmächtigter infolge einer unvorhergesehenen kurzfristigen Erkrankung an einer fristgerechten Fertigung der Berufungsbegründungsschrift gehindert war und diese daher erst am 30. Oktober 2009 bei Gericht einreichen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2009 - II ZB 1/09, NJW 2009, 3037 Rn. 7, 10). Da die Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) bereits mit Ablauf des 30. Oktober 2009 in Gang gesetzt wurde, war sie bereits vor Eingang des am 1. Dezember 2009 gestellten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verstrichen.
12
bb) Diese Fristversäumung ist jedoch unschädlich, weil der Beklagte bereits vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist konkludent ein Wiedereinsetzungsgesuch gestellt hat.
13
(1) Ein Wiedereinsetzungsantrag muss nicht ausdrücklich gestellt werden , er kann auch stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein (BGH, Beschlüsse vom 5. Februar 1975 - IV ZB 52/74, BGHZ 63, 389, 392 f.; vom 17. Januar 2006 - XI ZB 4/05, NJW 2006, 1518 Rn. 13). Hierzu reicht aus, dass die Partei konkludent zum Ausdruck bringt, dass sie das Verfahren trotz verspäteter Einreichung der Rechtsmittel- oder Begründungsschrift fortsetzen will (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2010 - XI ZB 19/09, juris Rn. 10; vom 5. Februar 1975 - IV ZB 52/74, aaO; jeweils mwN). Diese Voraussetzungen erfüllt der am 30. Oktober 2009 bei Gericht eingegangene Berufungsbegründungsschriftsatz, was auch das Berufungsgericht nicht verkennt. Dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten war bewusst, dass am 30. Oktober 2009 die bis zum 28. Oktober 2009 verlängerte Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen und eine weitere Fristverlängerung nicht erfolgt war. Gleichwohl erstrebte er - wie der Inhalt der Berufungsbegründung zeigt - eine Fortsetzung des Berufungsverfahrens mit dem Ziel der Aufhebung des angefochtenen Urteils.
14
(2) Die ergänzende Deutung der Berufungsbegründung als konkludent gestelltes Wiedereinsetzungsgesuch scheitert auch nicht daran, dass dieser Schriftsatz keine Angaben zu den Wiedereinsetzungsgründen enthält. Einer Darlegung der Wiedereinsetzungsgründe bedarf es nicht, wenn diese bereits aktenkundig sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Februar 1975 - IV ZB 52/74, aaO; vom 17. Januar 2006 - XI ZB 4/05, aaO Rn. 14). Diese Voraussetzungen sind - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - im Streitfall erfüllt. Denn der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat bereits in seinem Fristverlängerungsantrag vom 28. Oktober 2009 die maßgeblichen Hinderungsgründe für eine rechtzeitige Fertigstellung der Berufungsbegründung aufgeführt. Der in seinem Briefkopf als Inhaber einer Einzelkanzlei ausgewiesene Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat vorgetragen, dass er am 24. Oktober 2010 erkrankt aus dem Urlaub zurückgekehrt und seine Mitarbeiterin zeitgleich wegen einer schmerzhaften Verletzung am rechten Arm in ihrer Schreibfähigkeit eingeschränkt sei, weswegen eine Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Tage notwendig werde. Dies genügt den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus denen sich die Gründe für die Fristversäumnis ergeben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. März 2005 - II ZB 31/03, NJW-RR 2005, 793 unter II 3; vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07, NJW 2008, 3501 Rn. 15; vom 21. Oktober 2010 - IX ZB 73/10, NJW 2011, 458 Rn. 17; jeweils mwN). Zwar sind die Angaben etwas allgemein gehalten, insbesondere ist die Art und Schwere der Erkrankung des Prozessbevollmächtigten nicht näher beschrieben worden. Diese Lücken sind jedoch unschädlich. Der Antragsteller hat sich zur Begründung der Fristversäumnis auf einen bestimmten Sachverhalt (eigene Erkrankung und Verletzung seiner Mitarbeiterin) festgelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07, aaO mwN). Anders als das Berufungsgericht meint, war der Beklagte nicht daran gehindert, nähere Einzelheiten zu diesem Sachverhalt auch noch nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist vorzutragen.
15
(3) Zwar sind nach § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO an sich alle Tatsachen , die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der Antragsfrist vorzutragen. Jedoch dürfen erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, noch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 12. Juni 2001 - X ZB 14/01, BGHReport 2001, 982; vom 29. Januar 2002 - VI ZB 28/01, BGHReport 2002, 434; vom 13. Juni 2007 - XII ZB 232/06, NJW 2007, 3212 Rn. 8; vom 21. Oktober 2010 - IX ZB 73/10, aaO; jeweils mwN). Um solche Angaben handelt es sich bei den im Schriftsatz vom 1. Dezember 2009 geschilderten Einzelheiten der krankheitsbedingten Verhinderung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten und dessen Mitarbeiterin. Das Berufungsgericht hätte im Hinblick auf die erkennbar fehlende Konkretisierung der beim Prozessbevollmächtigten der Beklagten aufgetretenen Krankheitssymptome vor einer Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch auf eine entsprechende Ergänzung des bisherigen Vorbringens hinwirken müssen. Ein unzulässiges Nachschieben neuer Tatsachen ist mit diesen ergänzenden Angaben nicht verbunden (vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. Mai 1999 - VII ZB 6/99, NJW 1999, 2284 unter 3 c mwN). Auch eine Glaubhaftmachung der vorgetragenen Tatsachen ist rechtzeitig erfolgt, denn sie braucht nach § 236 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO nicht im Antrag enthalten zu sein, sondern kann auch noch im Verfahren selbst nachgeholt werden (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 20. März 1996 - VIII ZB 7/96, NJW 1996, 1682 unter II 1 a).
16
cc) Auf sein rechtzeitig gestelltes und ordnungsgemäß begründetes Gesuch ist dem Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Ver- säumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren (§ 233 ZPO). Er war ohne eigenes oder ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten daran gehindert, die Berufungsbegründung vor Ablauf der bis 28. Oktober 2009 verlängerten Frist einzureichen. Der Beklagte hat vorgetragen und durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung glaubhaft gemacht, dass sein Prozessbevollmächtigter im Hinblick auf dessen plötzliche Erkrankung unverschuldet daran gehindert war, die bis zum 28. Oktober 2009 verlängerte Begründungsfrist einzuhalten.
17
(1) Den Ausführungen im Schriftsatz vom 1. Dezember 2009 ist zu entnehmen , dass sein Prozessbevollmächtigter unmittelbar nach dessen Urlaubsrückkehr am Abend des 24. Oktober 2009 an einer Magen-Darmgrippe, begleitet von starken Schwindelattacken, erkrankte und sich deswegen am Montag, dem 26. Oktober 2009, in ärztliche Behandlung begab. Ausweislich der ärztlichen Bescheinigung vom 27. November 2009 war er aufgrund dieser Beschwerden im Zeitraum vom 26. Oktober 2009 bis 30. Oktober 2009 arbeitsunfähig erkrankt. Weiter hat der Beklagte dargelegt, dass seinem Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf dessen Erkrankung eine rechtzeitige und ordnungsgemäße Erstellung der Berufungsbegründung trotz entsprechender Arbeitsversuche nicht möglich war und die Einschaltung eines Vertreters in Anbetracht der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und des Umfangs des zu bearbeitenden Prozessstoffes nicht in Betracht kam. Erschwerend kam hinzu, dass nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Beklagten auch die Mitarbeiterin seines Prozessbevollmächtigten aufgrund einer am 27. Oktober 2009 erlittenen Verletzung am rechten Arm an diesem Tag und an den darauf folgenden Tagen in ihrer Schreibfähigkeit stark eingeschränkt war.
18
(2) In Anbetracht dieser unvorhersehbar aufgetretenen und akuten Erkrankung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten bestand auch keine Ver- pflichtung zur Beauftragung eines Vertreters. Ein Rechtsanwalt hat zwar im Rahmen seiner Organisationspflichten grundsätzlich auch dafür Vorkehrungen zu treffen, dass im Falle seiner Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen vornimmt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 1996 - II ZB 7/95, NJW 1996, 1540 unter II 1 b; vom 17. März 2005 - IX ZB 74/04, juris Rn. 5; vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rn. 9; jeweils mwN). Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt aber nur dann durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er eine solche Situation vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, aaO; vom 6. Juli 2009 - II ZB 1/09, aaO Rn. 10). Wird er dagegen unvorhergesehen krank, gereicht ihm eine unterbleibende Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden, wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 2000 - XI ZB 20/99, juris Rn. 12; vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, aaO Rn. 9, 12; vom 6. Juli 2009 - II ZB 1/09, aaO; jeweils mwN).
19
So liegen die Dinge hier. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ist am Abend seiner Urlaubsrückkehr plötzlich an einer schweren MagenDarmgrippe erkrankt, die bei ihm auch Schwindelattacken auslöste. Die Einschaltung eines Vertreters war im Hinblick auf die erst kurz vor Fristablauf eingetretene Erkrankung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten und in Anbetracht des Umfangs der Sache nicht zumutbar. Der Vertreter hätte sich binnen zweier Tage (vom 26. Oktober bis 28. Oktober 2009) mit einem ihm bislang nicht bekannten Prozessstoff - gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Beklagten - vertraut machen und eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung erstellen müssen, wobei er zudem wegen der eingeschränkten Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten des Beklagten auf eine eigene Schreibkraft hätte zurückgreifen müssen. Bei dieser Sachlage durfte der Pro- zessbevollmächtigte des Beklagten von der Beauftragung eines Vertreters absehen.
20
Damit beruht die Fristversäumung nicht auf einem vorwerfbaren Verhalten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Da er die versäumte Prozesshandlung auch rechtzeitig - mit am 30. August 2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz - nachgeholt hat, steht einer Wiedereinsetzung nichts im Wege. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 10.07.2009 - 412 C 34269/08 -
LG München I, Entscheidung vom 29.09.2010 - 14 S 16479/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB257/14
vom
22. Oktober 2014
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Rechtsanwalt alle ihm
dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist
ergreifen. An einer schuldhaften Fristversäumung fehlt es nur dann, wenn infolge
der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag
gestellt werden konnte; dies ist glaubhaft zu machen (im
Anschluss an BGH Beschluss vom 7. März 2013 - I ZB 67/12 - NJW-RR 2013,
1011).
BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach-Rheydt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Oktober 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. April 2014 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen. Wert: 200.000 €

Gründe:

I.

1
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist.
2
In dem Verfahren wird die Antragsgegnerin von der Antragstellerin, ihrer ehemaligen Schwiegermutter, auf Rückzahlung von 200.000 € in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat dem Zahlungsantrag mit einem an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 19. November 2013 zugestellten Beschluss stattgegeben. Hiergegen hat die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin am 20. November 2013 Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt. Mit am 3. Februar 2014 zugestellter Verfügung vom 22. Januar 2014 hat das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nicht begründet worden sei; am 17. Februar 2014 ist die Beschwerdebegründung eingegangen.
3
Am 14. Februar 2014 hat die Antragsgegnerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist beantragt und ausgeführt, ihr Verfahrensbevollmächtigter habe am 18. Januar 2014 (einem Samstag) mit der Erstellung der Beschwerdebegründung begonnen. Am 19. Januar 2014 sei er jedoch an einer Seitenstrangangina mit hohem Fieber erkrankt und bis einschließlich 27. Januar 2014 arbeits-, verhandlungs- und handlungsunfähig gewesen. Für den Fall einer schwerwiegenden Erkrankung sei die Kanzleiangestellte des Verfahrensbevollmächtigten angewiesen, einen der beiden mit diesem in Bürogemeinschaft tätigen Rechtsanwälte als Vertreter einzuschalten. Sei dies nicht möglich, habe sie Gerichte und Behörden in den Angelegenheiten, in denen ein Fristablauf erfolge, unverzüglich über die Erkrankung in Kenntnis zu setzen und Fristverlängerung zu beantragen. Die Kanzleiangestellte habe am 20. Januar 2014 aber keinen der beiden anderen Rechtsanwälte erreicht und entgegen ihrer sonst stets absolut gewissenhaften, sorgfältigen und zuverlässigen Arbeitsweise auch verabsäumt, die Fristen zu kontrollieren.
4
Mit Verfügung vom 20. Februar 2014 hat das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass das vom 29. Januar 2014 datierende ärztliche Attest zur Glaubhaftmachung einer Erkrankung des Verfahrensbevollmächtigten nicht ausreichend sei, und der Antragsgegnerin auferlegt, weiter zur Erkrankung des Verfahrensbevollmächtigten sowie zur Verhinderung der beiden Bürogemeinschafts -Anwälte am 20. Januar 2014 vorzutragen und diese Angaben glaubhaft zu machen.
5
Nach Eingang der mit Anlagen versehenen Stellungnahme des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht der Antragsgegnerin mit dem angefochtenen Beschluss Wiedereinsetzung versagt und die Beschwerde verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.

II.

6
Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
7
1. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragsgegnerin als unzulässig verworfen, weil die Beschwerdebegründungsfrist bei Eingang der Beschwerdebegründung abgelaufen gewesen sei. Der Antragsgegnerin sei auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist zu gewähren. Ihr entsprechender Antrag sei unbegründet. Sie habe nicht glaubhaft gemacht, ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen zu sein. Vielmehr beruhe die Fristversäumung auf einem ihr zuzurechnenden Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten. Es sei bereits nicht glaubhaft gemacht, dass der Verfahrensbevollmächtigte sich am 20. Januar 2014 (einem Montag) zu einem Arzt habe begeben müssen und begeben habe. Das erste eingereichte Attest datiere vom 29. Januar 2014, die auf die gerichtliche Auflage vorgelegte ärztliche Bescheinigung trage kein Datum. Es ergebe sich weder aus der Bescheinigung noch aus dem Stellungnahmeschriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten, ob dieser am 20. Januar 2014 überhaupt bei einem Arzt gewesen sei und gegebenenfalls bei welchem sowie ob schon an diesem Tag eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden sei.
8
Selbst wenn der Verfahrensbevollmächtigte aber am 20. Januar 2014 erkrankt gewesen sein sollte, sei nicht glaubhaft gemacht, dass er ein Fristverlängerungsgesuch nicht mehr rechtzeitig habe stellen können. Wenn er nämlich entsprechend dem Vortrag der Antragsgegnerin in der Lage gewesen sein sollte , die nur etwa zwei Kilometer vom Sitz seiner Kanzlei entfernte Praxis des Dr. S. aufzusuchen und seine Kanzleimitarbeiterin telefonisch von seiner Erkrankung zu verständigen, sei nicht ersichtlich, warum er nicht auch in seiner Kanzlei einen vorbereiteten Verlängerungsantrag habe unterschreiben oder sich von seiner Kanzleimitarbeiterin einen solchen zur Unterschrift nach Hause habe bringen lassen können. Ebenso wenig sei glaubhaft gemacht, dass die beiden mit dem Verfahrensbevollmächtigten in Bürogemeinschaft tätigen Rechtsanwälte nicht noch telefonisch, per SMS oder E-Mail hätten gebeten werden können, nach ihren Auswärtsterminen noch in der Kanzlei einen Verlängerungsantrag zu unterschreiben und diesen an das Gericht zu faxen. Hinzu komme, dass die der Kanzleimitarbeiterin erteilte Anweisung unzureichend gewesen sei, weil sie dahin habe lauten müssen, auf jeden Fall einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu erreichen, wenn wie hier das Fristverlängerungsgesuch nur durch einen solchen gestellt werden könne.
9
2. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt die Antragsgegnerin nicht in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten , den Verfahrensbeteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 2. April 2014 - XII ZB 486/12 - FamRZ 2014, 1012 Rn. 6 mwN). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt auch kein entscheidungserheblicher Verstoß des Beschwerdegerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor.
10
Das Beschwerdegericht hat zutreffend erkannt, dass die Antragsgegnerin die Beschwerdebegründung erst nach dem Ende der am 20. Januar 2014 ablaufenden Zweimonatsfrist des § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG eingereicht hat. Auch die Entscheidung des Beschwerdegerichts, der Antragsgegnerin eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu versagen, hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
a) Wie die Rechtsbeschwerde allerdings zu Recht rügt, hat das Beschwerdegericht bei seiner Beurteilung der Frage, ob eine bereits am 20. Januar 2014 vorliegende Erkrankung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin glaubhaft gemacht ist, Vortrag der Antragsgegnerin unberücksichtigt gelassen.
12
aa) Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt die Verpflichtung des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dass diesem Erfordernis genügt wurde, müssen auch die Entscheidungsgründe erkennen lassen (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 9/10 - GuT 2011, 309 Rn. 3 und BGH Beschluss vom 31. Juli 2013 - VII ZR 11/12 - NJW-RR 2013, 1240 Rn. 11 f.).
13
bb) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde insoweit, das Beschwerdegericht habe gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, weil im Schriftsatz vom 10. März 2014 von Bescheinigungen die Rede, jedoch nur eine (weitere) Bescheinigung des Dr. S. beigefügt gewesen sei und daher Anlass zu weiterer Nachfrage bestanden habe.
14
Das Beschwerdegericht konnte diesen Schriftsatz ohne weiteres so verstehen , dass sich der Plural auf die bereits vorliegende Bescheinigung des Dr. S. sowie die dem Schriftsatz beigefügten Bescheinigungen des Dr. S. einerseits und der A.-Klinik andererseits bezog. Dass es tatsächlich noch eine dritte ärztliche Bescheinigung des Dr. S. gab, die nunmehr mit der Rechtsbeschwerde vorgelegt wird und die (als einzige) das Ausstellungsdatum 20. Januar 2014 trägt, war fernliegend. Eine Nachfragepflicht des Beschwerdegerichts bestand daher nicht.
15
cc) Zutreffend macht die Rechtsbeschwerde hingegen geltend, das Beschwerdegericht habe bei seinen die Glaubhaftmachung der Erkrankung des Rechtsanwalts betreffenden Erwägungen Vorbringen im Schriftsatz vom 10. März 2014 übergangen. Denn bei den entsprechenden Erwägungen in der angegriffenen Entscheidung ist ersichtlich nicht berücksichtigt, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin dort ausgeführt hatte, er habe sich am 20. Januar 2014 zu Dr. S. in ambulante Behandlung begeben, der dann die Arbeits - und Verhandlungsunfähigkeit festgestellt habe.
16
Entgegen den Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung hatte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin dies allerdings lediglich schriftsätzlich vorgetragen, nicht aber anwaltlich versichert. Hierzu hätte es jedenfalls einer Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben bedurft (vgl. BGH Beschluss vom 18. Mai 2011 - IV ZB 6/10 - NJOZ 2011, 1809 Rn. 11). Eine solche auf den Arztbesuch bezogene Versicherung enthält der Schriftsatz vom 10. März 2014 nicht. Ob das Beschwerdegericht gleichwohl im Rahmen der Beurteilung nach § 294 ZPO zu dem Ergebnis hätte gelangen können, dass die vorgelegten beiden Bescheinigungen des Dr. S. im Zusammenspiel mit diesen Angaben zur Glaubhaftmachung einer bereits am 20. Januar 2014 bestehenden Erkrankung ausreichten, kann aber dahinstehen.
17
b) Denn der Gehörsverstoß hat sich schon deshalb nicht in entscheidungserheblicher Weise ausgewirkt, weil die die Entscheidung selbständig tragenden alternativen Ausführungen des Beschwerdegerichts dazu, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin einen Fristverlängerungsantrag hätte stellen müssen, die Verneinung eines Wiedereinsetzungsgrundes (§ 233 ZPO) und die Versagung der Wiedereinsetzung rechtfertigen.
18
aa) Ein Rechtsanwalt, der die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft, hat wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss er sich aber auch in diesem Fall nur durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er einen solchen Ausfall vorhersehen kann. Er ist daher selbst dann, wenn er eine Frist bis zum letzten Tag ausschöpfen will, nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen (BGH Beschlüsse vom 7. März 2013 - I ZB 67/12 - NJW-RR 2013, 1011 Rn. 7 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08 - FamRZ 2008, 2271 Rn. 9, jeweils mwN; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12 - FamRZ 2014, 829 Rn. 9 und vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10 - FamRZ 2013, 1722 Rn. 10).
19
Auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Rechtsanwalt aber alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen (BGH Beschlüsse vom 7. März 2013 - I ZB 67/12 - NJWRR 2013, 1011 Rn. 8 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08 - FamRZ 2008, 2271 Rn. 12). Der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten Tag der Frist rechtfertigt für sich genommen deshalb eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr fehlt es an einem dem Verfahrensbeteiligten gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte (BGH Beschluss vom 7. März 2013 - I ZB 67/12 - NJW-RR 2013, 1011 Rn. 8; Musielak/Grandel ZPO 11. Aufl. § 233 Rn. 9; vgl. auch Senatsbeschluss vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12 - FamRZ 2014, 829 Rn. 9). Auch dies ist glaubhaft zu machen.
20
bb) Nach diesen Maßgaben ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden , dass das Beschwerdegericht eine Wiedereinsetzung abgelehnt hat, weil der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin keinen Fristverlängerungsantrag gestellt hat.
21
Es hat rechtsfehlerfrei als nicht glaubhaft gemacht erachtet, dass die Erkrankung ihn auch hinderte, am 20. Januar 2014 die Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist zu beantragen, auf deren Gewährung als erstmalige Verlängerung er auch hätte vertrauen dürfen. Den (nunmehr vier) ärztlichen Bescheinigungen lässt sich nichts dazu entnehmen, weshalb es dem Verfahrensbevollmächtigten am 20. Januar 2014 nicht möglich und zumutbar gewesen sein soll, einen Schriftsatz mit dem entsprechenden Antrag fertigen zu lassen und diesen zu unterschreiben. Die drei Bescheinigungen des Dr. S. attestieren lediglich Arbeitsunfähigkeit, was nicht ausreichend ist (vgl. BVerfG NJW-RR 2007, 1717, 1718); der Bericht der H.-Klinik verhält sich nur zum Zeitraum 23. bis 26. Januar 2014. Der - nicht durch eine hierauf bezogene anwaltliche Versicherung glaubhaft gemachte - schriftsätzliche Vortrag des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin behandelt nicht die Frage, ob es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht einmal möglich war, einen Fristverlängerungsantrag zu stellen. Wie das Beschwerdegericht zutreffend feststellt, war der Verfahrensbevollmächtigte an diesem Tag nach der eidesstattlichen Versicherung seiner Kanzleikraft zu einem Telefonat mit seiner Kanzlei und nach seinen An- gaben auch dazu in der Lage, die unweit seiner Kanzlei befindliche Arztpraxis aufzusuchen. Wie er im Schriftsatz vom 10. März 2014 geschildert hat, führte erst eine Zustandsverschlechterung dazu, dass er sich am 23. Januar 2014 in stationäre Behandlung begab. Schließlich enthält auch die Rechtsbeschwerdebegründung hierzu nichts Weiterführendes.
22
cc) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, etwaige Versäumnisse des Rechtsanwalts hätten sich nicht ausgewirkt, weil Grund für die Fristversäumung allein das der Antragsgegnerin nicht zuzurechnende einmalige Fehlverhalten der Kanzleiangestellten gewesen sei. Nur weil diese den Fristenkalender nicht kontrolliert habe, sei ein Verlängerungsantrag unterblieben.
23
Das Fehlverhalten der Kanzleiangestellten schließt ein eigenes Verschulden des Rechtsanwalts schon deshalb nicht aus, weil diesem nach dem zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags gehaltenen Vortrag die Akte bereits seit dem 15. Januar 2014 zur Fertigung der Beschwerdebegründung vorlag, mit der er nach seinen Angaben im Übrigen auch schon am 18. Januar 2014 begonnen hatte. Mithin war dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin der Fristablauf bekannt, ohne dass es auf eine Fristenkontrolle durch sein Personal ankam.
24
c) Das Beschwerdegericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin seiner Kanzleimitarbeiterin erteilte allgemeine Anweisung, bei Nichterreichen der beiden mit ihm in Bürogemeinschaft tätigen Rechtsanwälte selbst Fristverlängerung zu beantragen, unzureichend war. Sie wird Fällen wie dem vorliegenden, in denen Anwaltszwang herrscht, in keiner Weise gerecht. Inwiefern dieser Organisationsmangel (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 18. Mai 1994 - XII ZB 62/94 - FamRZ 1994, 1520) hier ein die Wiedereinsetzung hinderndes Anwaltsverschulden begründet , bedarf nach Vorstehendem jedoch keiner Entscheidung.
Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach-Rheydt, Entscheidung vom 15.11.2013 - 17 F 421/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.04.2014 - II-5 UF 196/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 12/14
vom
27. September 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 I, 236 Abs. 2 Satz 1 C, § 238

a) Die Prüfung der angegebenen Wiedereinsetzungsgründe erfolgt von Amts
wegen. Wiedereinsetzungsgründe unterliegen daher nicht der Parteidisposition
und können nicht unstreitig gestellt werden.

b) Zur Glaubhaftmachung eines plötzlich und unerwartet aufgetretenen krankheitsbedingten
Ausfalls des Prozessbevollmächtigten.
BGH, Beschluss vom 27. September 2016 - XI ZB 12/14 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
ECLI:DE:BGH:2016:270916BXIZB12.14.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 29. September 2014 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 45.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank wegen der angeblichen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten bei Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das klageabweisende Urteil ist dem Kläger am 20. Februar 2014 zugestellt worden. Am 11. März 2014 hat er Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung ist auf Antrag des Klägers zweimal, zuletzt bis zum 23. Juni 2014 (Montag) verlängert worden. Am 23. Juni 2014 hat der Kläger eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungfrist bis zum 7. Juli 2014 beantragt, weil der allein sachbearbeitende Rechtsanwalt K. erneut an einer schweren Infektion arbeitsunfähig erkrankt sei. Auf Nachfrage des Gerichts hat sich die Beklagte mit einer weiteren Fristverlängerung nicht einverstanden erklärt. Daraufhin hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts das Fristverlängerungsgesuch mit Verfügung vom 1. Juli 2014, dem Kläger zugestellt am 4. Juli 2014, zurückgewiesen.
3
Am 7. Juli 2014 ist eine Berufungsbegründung eingegangen verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist. Zur Begründung dieses Antrags hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt , der allein sachbearbeitende Rechtsanwalt K. habe die Ausarbeitung der Berufungsbegründung für das Wochenende am 21. und 22. Juni 2014 eingeplant gehabt, sei jedoch an diesem Wochenende erneut an einer schweren Infektion erkrankt, so dass er am Erstellen einer Berufungsbegründung wegen Arbeitsunfähigkeit verhindert gewesen sei. Dem anderen Rechtsanwalt der prozessbevollmächtigten Kanzlei, Rechtsanwalt G. , sei die Ausarbeitung der Berufungsbegründung am Tag des Fristablaufs (23. Juni 2014) nicht möglich gewesen, weil er selbst mit einer Vielzahl zu bearbeitender fristgebundener Schriftsätze ausgelastet gewesen sei. Eine Rücksprache mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenseite sei an diesem Tag nicht möglich gewesen, weil dieser persönlich nicht zu erreichen gewesen sei.
4
Mit Verfügung vom 30. Juli 2014 hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts dem Kläger bis zum 29. August 2014 Gelegenheit gegeben, die Erkrankung des Rechtsanwalts K. und ihre Unvorhersehbarkeit ergänzend glaubhaft zu machen. Er hat zudem darauf hingewiesen, dass eine im Fristverlängerungsantrag vom 23. Juni 2014 angekündigte ärztliche Bescheinigung bislang nicht eingereicht worden sei. Innerhalb der gesetzten Frist hat der Kläger aus- geführt, dass sein Prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt K. , wie gerichtsbekannt sei, seit geraumer Zeit mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen habe.Nach Bewilligung der zweiten Fristverlängerung sei er am "6. Juni 2013" (gemeint offensichtlich: 6. Juni 2014) erneut an einer schweren Infektion, begleitet von Fieber, Erschöpfungszuständen und völliger Dehydrierung mit voraussichtlicher Arbeitsunfähigkeit bis 20. Juni 2014 erkrankt. Zur Glaubhaftmachung werde eine ärztliche Bescheinigung vom 6. Juni 2014 vorgelegt. Trotz der wiederholt auftretenden Erkrankung sei es in der Vergangenheit stets so gewesen, dass die Erkrankung spätestens nach zwei Wochen wieder abgeklungen sei, so dass er wieder arbeitsfähig gewesen sei. Die Genesung sei diesmal aber nicht so wie erwartet verlaufen, vielmehr sei völlig überraschend und unvorhersehbar am Wochenende des 21./22. Juni 2014 ein Rückfall bzw. ein erneuter Ausbruch der Infektionskrankheit bei ihm aufgetreten, so dass er an der für dieses Wochenende geplanten Erstellung der Berufungsbegründung wegen erneut eingetretener Arbeitsunfähigkeit verhindert gewesen sei. Hierüber habe er seinen Kanzleikollegen, Rechtsanwalt G. , am 23. Juni 2014 um 9.00 Uhr in Kenntnis gesetzt. Eine ärztliche Bescheinigung über den Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit habe innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt werden können, weil sich der behandelnde Arzt derzeit in Urlaub befinde. Sie könne aber nachgereicht werden, sofern der Senat hierauf bestehe.
5
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers unter Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht ausreichend glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO), dass sein Rechtsanwalt wegen eines überraschenden Rückfalls am Wochenende des 21. und 22. Juni 2014 krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen sei. Die anwaltliche Versicherung seines Kollegen habe aus dessen eigener Wahrnehmung lediglich beinhaltet, dass ihm die erneute Erkrankung am 23. Juni 2014 fernmündlich mitgeteilt worden sei. Die mit Schriftsatz vom 29. August 2014 vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 6. Juni 2014 sei für die Zeit nach dem 20. Juni 2014 ohne Aussagekraft. Für den maßgeblichen Zeitraum vom 21. bis 23. Juni 2014 sei trotz des Hinweises des Gerichts bis heute keine ärztliche Bescheinigung eingereicht worden, obwohl dies auch bei einer zeitweisen urlaubsbedingten Abwesenheit des behandelnden Arztes möglich gewesen sein müsse.
6
Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (Senatsbeschluss vom 9. November 2004 - XI ZB 6/04, BGHZ 161, 86, 87 mwN), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) nicht erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht vielmehr in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und verletzt weder den Anspruch des Klägers auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) noch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
8
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, er habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht auf einem ihm zuzurechnenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht (§ 233 ZPO).
9
a) Ein Rechtsanwalt hat im Rahmen seiner Organisationspflichten grundsätzlich auch dafür Vorkehrungen zu treffen, dass im Falle seiner Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen wahrnimmt (BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10, NJW 2011, 1601 Rn. 18). Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt aber nur dann durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er eine solche Situation vorhersehen kann. Wird er dagegen unvorhergesehen krank, gereicht ihm die unterbliebene Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden, wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar war (BGH, Beschlüsse vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12, WM 2014, 865 Rn. 9, vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10, NJW 2013, 3183 Rn. 10 und vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10, aaO).
10
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe entgegen § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht glaubhaft gemacht, dass Rechtsanwalt K. über den 20. Juni 2014 hinaus arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, ist nicht zu beanstanden.
11
aa) Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Berufungsgericht hätte den vom Kläger behaupteten plötzlichen krankheitsbedingten und nicht anderweitig ersetzbaren Ausfall seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zugrunde legen müssen, weil die Beklagte dieses Vorbringen nicht bestritten habe, übersieht sie, dass die Prüfung der angegebenen Wiedereinsetzungsgründe von Amts wegen erfolgt (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 233 Rn. 20). Wiedereinsetzungsgründe unterliegen daher nicht der Parteidisposition und können nicht unstreitig gestellt werden (BeckOK ZPO/Wendtland, § 238 Rn. 4; Grandel in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 238 Rn. 2; MünchKomm- ZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 238 Rn. 3; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Aufl., § 233 Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 238 Rn. 1).
12
bb) Die Frage, ob die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen im Sinne von § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht sind, bestimmt sich nach den zu § 294 ZPO entwickelten Grundsätzen. Danach genügt ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung; die Behauptung ist glaubhaft gemacht, sofern eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft. Die Feststellung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit unterliegt dem Grundsatz der freien Würdigung des gesamten Vorbringens (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2016 - VI ZB 4/16, VI ZVI ZB 7/16, juris Rn. 10 und vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, juris Rn. 12). Grundsätzlich ist die Beweiswürdigung dem Tatrichter vorbehalten. An dessen Feststellungen ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO gebunden; es kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig, rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, aaO).
13
Diesen Anforderungen hat das Berufungsgericht genügt. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, trifft die ärztliche Bescheinigung vom 6. Juni 2014, die bestätigt, dass Rechtsanwalt K. wegen einer erneut aufgetretenen Magen -Darm-Infektion begleitet von Fieber, Erschöpfungszuständen und völliger Dehydrierung bis "mindestens" zum 20. Juni 2014 nicht in der Lage sei, Behörden - und Gerichtstermine wahrzunehmen, noch keine Aussage über eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum danach. Die im Fristverlängerungsantrag vom 23. Juni 2014 abgegebene anwaltliche Versicherung des Rechtsanwalt G. bezog sich, wie er auf Nachfrage des Berufungsgerichts klargestellt hat, nur auf den Umstand, dass ihm sein Kollege an diesem Tag seine erneute Erkrankung fernmündlich mitgeteilt habe. Entgegen der bereits im Fristverlängerungsgesuch am 23. Juni 2014 gemachten Ankündigung und trotz des richterlichen Hinweises vom 30. Juli 2014 hat der Kläger in seiner ergänzenden Stellungnahme weder weitere Mittel der Glaubhaftmachung zu dem Vortrag vorgelegt, noch um Fristverlängerung hierfür nachgesucht.
14
c) Selbst wenn man, wie die Rechtsbeschwerde dies reklamiert, davon ausginge, dass der Bescheinigung auch für den Zeitraum nach dem 20. Juni 2014 noch Aussagekraft zukomme, weil sie einen "mindestens" bis zu diesem Tag andauernden Zustand attestiere, so hätte der Kläger damit immer noch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumnis nicht auf einem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumnis von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschlüsse vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, NJW 2011, 1972 Rn. 8 und vom 8. April 2014 - VI ZB 1/13, WM 2014, 1252 Rn. 7). Dies ist hier der Fall. Die Bescheinigung ist jedenfalls nicht geeignet, die Darstellung des Klägers glaubhaft zu machen, ein "Rückfall bzw. erneuter Ausbruch der Infektionskrankheit" ab dem 21. Juni 2014 sei "völlig überraschend und unvorhersehbar" gekommen. Auf Grundlage der ärztlichen Bescheinigung besteht vielmehr die Möglichkeit, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinen krankheitsbedingten Ausfall über den 20. Juni 2014 hinaus hätte vorhersehen und die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist durch geeignete Maßnahmen, wie die Einschaltung eines Vertreters deutlich vor dem 23. Juni 2014, hätte abwenden können.
15
2. Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) und den An- spruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es die bis zum 29. August 2014 gesetzte Frist nicht nochmals verlängert habe, um ihm die Möglichkeit zu geben, "die angebotene Arztbescheinigung oder ein vergleichbares Beweismittel" vorzulegen, greift ebenfalls nicht durch.
16
a) Das Berufungsgericht hat seinen Pflichten aus § 139 ZPO genügt, indem es unmissverständliche Hinweise erteilt hat und auch ausreichend Gelegenheit gegeben hat, darauf zu reagieren. Es hat mit Verfügung vom 30. Juli 2014 deutlich gemacht, dass die Erkrankung von Rechtsanwalt K. und deren Unvorhersehbarkeit noch nicht ausreichend glaubhaft gemacht sind und hierfür Gelegenheit bis zum 29. August 2014 gegeben. Rechtsanwalt G. hat in seiner an diesem Tag eingereichten Stellungnahme zwar anwaltlich versichert , eine Bescheinigung des behandelnden Arztes über den Fortbestand der Erkrankung seines Kollegen derzeit nicht einreichen zu können, weil sich der Arzt noch in Urlaub befinde. Er hat jedoch nicht - auch nicht konkludent - die Verlängerung der Frist beantragt, um dies von sich aus nachzuholen, sondern im Gegenteil deutlich gemacht, die ärztliche Bescheinigung nur vorzulegen, "sofern der Senat darauf besteht". Tatsächlich hat er eine ärztliche Bescheinigung auch bis zum Verwerfungsbeschluss, der erst einen Monat später erging, nicht nachgereicht. Vor diesem Hintergrund konnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht ihn dazu erneut auffordern wird und ihm hierfür von sich aus noch eine weitere Frist setzen wird. Schon gar nicht konnte er erwarten, dass die Frist verlängert wird, um „ver- gleichbare Beweismittel“ einzureichen. Insoweit hat er noch nicht einmal Gründe vorgebracht, die ihn daran hätten hindern können, dies binnen der hierfür gesetzten Frist zu tun. Insbesondere konnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch nicht davon ausgehen, das fehlende Verschulden durch die der ergänzenden Stellungnahme beigefügte ärztliche Bescheinigung vom 6. Juni 2014 bereits ausreichend glaubhaft gemacht zu haben. Diese verhält sich of- fensichtlich nicht zu der Frage, warum die Fortdauer der bereits seit 6. Juni 2014 andauernden Erkrankung über den 20. Juni 2014 hinaus unvorhersehbar gewesen sein sollte. Das Berufungsgericht hat in der Verfügung vom 30. Juli 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch die Unvorhersehbarkeit der Erkrankung glaubhaft zu machen ist.
17
b) Unabhängig davon kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Entscheidung auf dem dem Berufungsgericht von der Rechtsbeschwerde zur Last gelegten Gehörsverstoß beruht.
18
aa) Wird von einer Partei die Verletzung einer Hinweispflicht geltend gemacht , so hat sie darzulegen, wie sie auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte, insbesondere was sie im Einzelnen vorgetragen hätte und wie sie weiter vorgegangen wäre (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2016 - VI ZB 4/16, VI ZVI ZB 7/16, juris Rn. 14 und vom 18. Mai 2011 - IV ZB 6/10, juris Rn. 12; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 253/07, NJW 2009, 148 Rn. 10 mwN). Die mangels eines richterlichen Hinweises zunächst unterbliebene Ergänzung eines das Wiedereinsetzungsgesuch begründenden Vortrags oder seiner Glaubhaftmachung kann dabei auch noch nach Ablauf der Antragsfrist im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgen (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2016 - VI ZB 4/16, VI ZB 7/16, aaO, vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, NJW 2016, 874 Rn. 9 und vom 10. März 2011 - VII ZB 28/10, NJW-RR 2011, 790 Rn. 10 f.).
19
bb) In der Rechtsbeschwerdebegründung macht der Kläger geltend, er hätte bei Setzen einer Nachfrist die der Rechtsbeschwerdebegründung beigefügte anwaltliche Versicherung des Rechtsanwalt K. vorgelegt und die weiteren ärztlichen Atteste der Augenklinik des Universitätsklinikums Erlangen vom 11. August 2014 und eines Augenarztes vom 15. Oktober 2014. Selbst wenn man davon ausginge, das Berufungsgericht hätte, um dem Anspruch auf recht- liches Gehör zu genügen, aufgrund der mitgeteilten urlaubsbedingten Abwesenheit des behandelnden Arztes von sich aus eine weitere Nachfrist setzen müssen, um dessen angekündigtes Attest nachzureichen, macht der Kläger gar nicht geltend, dass er ein solches innerhalb dieser Nachfrist überhaupt eingereicht hätte.
20
cc) Zudem sind weder die nun vorgelegte anwaltliche Versicherung noch die Atteste geeignet, glaubhaft zu machen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht verschuldet hat.
21
Die augenärztlichen Atteste verhalten sich zu einem operativen Eingriff mit anschließendem stationären Aufenthalt Mitte August 2014 bzw. dem postoperativen Zustand nach einer Netzhautablösung im November 2014. Sie lassen daher keine Rückschlüsse auf einen krankheitsbedingten Ausfall aufgrund einer Ende Juni 2014 unvorhersehbar eingetretenen Magen-Darm-Infektion zu.
22
Der anwaltlichen Versicherung des Rechtsanwalt K. ist zu entnehmen , dass er sich seit Januar 2012 aufgrund einer wiederholt auftretenden Magen -Darm-Infektion mit schwerwiegenden Begleiterscheinungen (u.a. Fieber sowie Dehydrierung) und Erschöpfungszuständen in ärztlicher Behandlung befindet und dass am 6. Juni 2014 erneut eine solche schwere Infektion begleitet von Fieber, Erschöpfungszuständen und Dehydrierung auftrat. Sein Zustand habe sich "etwa bis zum 19. Juni 2014" wieder gebessert, so dass er davon ausgegangen sei, die Berufungsbegründung am 21. und 22. Juni 2014, also innerhalb der am 23. Juni 2014 ablaufenden Frist, fertigen zu können. Am 21. und 22. Juni 2014 habe er aber einen unvorhergesehenen Rückfall erlitten und sei deshalb gesundheitlich außer Stande gewesen, die Berufungsbegründung anzufertigen. Damit hat der Kläger immer noch keinen Sachverhalt vorge- tragen und glaubhaft gemacht, der ein schuldhaftes Verhalten seines Prozessbevollmächtigten ausschließt. Dem glaubhaft gemachten Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, dass der krankheitsbedingte Ausfall vor Fristablauf plötzlich und unerwartet auftrat. Es stellt sich vielmehr so dar, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers von einer bereits länger andauernden und zudem wiederholt auftretenden Erkrankung - trotz zwischenzeitlich eingetretener Besserung - nicht so schnell wieder genesen ist, wie von ihm erhofft. Dass dies auch anders hätte kommen können, war keinesfalls unvorhersehbar, zumal das bereits eingeholte ärztliche Attest davon ausging, der Zustand dauere "mindestens" bis zum 20. Juni 2014 (Freitag) an. Damit hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht bis zum letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist untätig bleiben dürfen, sondern die zwischenzeitlich eingetretene Besserung, sollte er dazu in der Lage gewesen sein, nutzen müssen, um den fristgebundenen Schriftsatz anzufertigen, oder aber deutlich früher seinen Kanzleikollegen um Vertretung bitten müssen. Dass die Frist auf diese Weise nicht hätte gewahrt werden können, ist nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht.
Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 03.02.2014 - 10 O 5983/12 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 29.09.2014 - 14 U 606/14 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.