Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 22. Juli 2016 - I-16 U 109/15
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 21.05.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Wuppertal – 4 O 397/14 – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 59.349,88 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen der Kläger zu 11% und die Beklagte zu 89%.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger begehrt Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung und Nutzungsersatz aus einem widerrufenen Darlehensvertrag.
4Die Parteien schlossen am 12.04.2006 einen Darlehensvertrag mit Festzinsvereinbarung. Die Nettodarlehenssumme betrug 400.000 Euro. Dem schriftlichen Vertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt. Wegen der Einzelheiten des Vertrages und der Widerrufsbelehrung wird auf die zu den Akten gereichten Kopien Bezug genommen (Bl. 19 ff.). Der Vertrag diente der Finanzierung des Objekts … in S…. Es handelte sich um eine Halle, die an die … Ortsgruppe vermietet war, bei welcher der Kläger Mitglied ist. Der Kläger war zudem Eigentümer eines Objekts in der … Straße in S…, welches er mit seiner Familie bewohnte, sowie zweier Eigentumswohnungen in einem Objekt in der …-Straße in S…. Mitte des Jahres 2012 erkundigte sich der Kläger bei der Beklagten, ob und wie er den Darlehnsvertrag durch Rückzahlung beenden und erledigen könne, weil er sich mit dem Gedanken trage, das Objekt zu verkaufen. Die Beklage wies darauf hin, dass eine Vertragsaufhebung nur gegen Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Betracht komme. Die Beklagte berechnete eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 59.349,88 €, welche der Kläger am 28.12.2012 zusammen mit der Sondertilgung bezahlte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.12.2014 erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehnsvertrags.
5Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Widerrufsbelehrung sei im Hinblick auf die Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ fehlerhaft. Auch sei das Vertragsverhältnis nicht beendet, sondern lediglich der Vertragsumfang modifiziert bzw. umgestaltet worden. Zudem sei die Vorfälligkeitsentschädigung – unter Bezugnahme auf Berechnungen der Verbraucherzentrale Hamburg – um 3.491,58 Euro zu hoch berechnet. Neben der Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung stehe ihm hierauf Nutzungsersatz in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 28.12.2012 bis zum 31.12.2014, also insgesamt 5.405,47 Euro sowie der Ersatz vorprozessualer Anwaltskosten aus einem Streitwert von 64.755,35 Euro in Höhe von 1.954,46 zu.
6Er hat beantragt,
71.
8die Beklagte zu verurteilen, an ihn 59.349,88 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen,
92.
10die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.405,47 Euro zu zahlen,
113.
12die Beklagte zu verurteilen, 1.954,46 Euro vorgerichtlicher Rechtsanwaltsvergütung unter Befreiung des Klägers von der Verbindlichkeit an Herrn Rechtsanwalt … H…, … , … zu zahlen.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie ist der Ansicht, der Kläger sei im Hinblick auf seine Vermietungstätigkeit kein Verbraucher. Das Widerrufsrecht sei zudem durch Vertragsaufhebung erloschen. Im Übrigen sei das Widerrufsrecht verwirkt.
16Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils, die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen, soweit diese den vorgenannten Feststellungen nicht widersprechen.
17Das Landgericht hat die Klage mit dem am 21.05.2015 verkündeten Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung folge nicht aus §§ 346 Abs. 1, 355, 357 Satz 1 BGB a.F. Der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht mehr wirksam widerrufen können, denn er sei zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung bereits seit zwei Jahren aufgehoben und abgewickelt gewesen. Die Parteien hätten Ende 2012 einen Aufhebungsvertrag geschlossen, der nach §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen sei, dass eine endgültige Beendigung der vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien gewollt war. Ein bereits abgewickeltes Rechtsverhältnis könne nicht mehr gestaltet werden. Eine Widerrufsmöglichkeit nach einer Vertragsaufhebung sei auch nach dem Sinn und Zweck nicht geboten. Denn die Möglichkeit des Widerrufs solle vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher übereilt und ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen sei. Durch die einvernehmliche Aufhebung des Vertrages erkennen die Parteien anders als im Falle einer Anfechtung oder Kündigung indes ihre Bindung für die Vergangenheit an. Ein (teilweiser) Rückzahlungsanspruch ergebe sich auch nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Rechtsgrund für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung sei die wirksame Einigung der Parteien auch über deren Höhe. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit nach § 138 Abs. 2, Abs. 1 BGB bestünden nicht. Selbst wenn die Vorfälligkeitsentschädigung um 3.491,58 Euro zu hoch berechnet worden sei, erfülle dies weder die objektiven Voraussetzungen des Wuchertatbestands noch des wucherähnlichen Rechtsgeschäfts. Eine darüber hinausgehende Überprüfung der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung sei nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 490 Abs. 2 BGB bei der hier frei ausgehandelten Vereinbarung der Parteien nicht vorlägen.
18Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 22.05.2015 zugestellte Urteil richtet sich der Kläger mit seiner am 02.06.2015 eingelegten und am 07.07.2015 begründeten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter verfolgt. Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass zwischen den Parteien streitig sei, ob das Vertragsverhältnis überhaupt beendet sei und falls ja, ob dies durch eine Vertragsmodifikation oder aber durch eine Vertragsaufhebung beendet wurde. Es liege hier keine Beendigung vor, da der Darlehensvertrag nicht vollständig abgewickelt worden sei. Jedenfalls liege aber lediglich eine Modifikation des ursprünglichen Vertrages vor. Im Übrigen könne ein bereits beendeter Darlehensvertrag auch noch widerrufen werden. Der Widerruf sei auch schon deswegen nicht verwirkt, da er noch innerhalb der dreijährigen Regelverjährungszeit getätigt worden sei. Ein Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien könne auch kein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung sein, da ein solcher nicht geschlossen wurde. Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung sei zwischen den Parteien auch nicht ausgehandelt, sondern von der Beklagten einseitig berechnet worden.
19Der Kläger beantragt,
20unter Abänderung des am 21.05.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Wuppertal zu 4 O 397/14 die Beklagte zu verurteilen,
211.
22an ihn 59.349,88 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen,
232.
24an ihn 5.405,47 Euro zu zahlen,
253.
26ihn in Höhe von 1.954,46 Euro von der Verbindlichkeit gegenüber Herrn Rechtsanwalt … H…, …, … freizustellen.
27Die Beklagte beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Bezugnahme auf dessen Ausführungen und ihr erstinstanzliches Vorbringen. Darüber hinaus könne sich der Kläger als Unternehmer nicht auf verbraucherschützende Normen berufen. Dass er als Unternehmer gehandelt habe, ergebe sich bereits aus dem Zusatz im Darlehensvertrag „umsatzsteuerfreie Finanzdienstleistung“, die nur für einen Unternehmer von Belang sei. Das Widerrufsrecht sei in jedem Fall verwirkt, da ein unbefristetes Recht dem BGB fremd sei. Für das Zeitmoment sei auf den Zeitpunkt der Belehrung abzustellen. Bis zum Widerruf waren seitdem 8 Jahre verstrichen. Im Hinblick auf die Umstände komme der Aufhebungsvereinbarung der Parteien eine besondere Bedeutung zu. Die Beklagte habe mit einem Widerruf nicht mehr rechnen müssen, da sie sich mit dem Kläger einvernehmlich und abschließend geeinigt hatte. Die Beklagte habe hierauf auch vertraut und habe das Darlehen bilanziell ausgebucht und Refinanzierungsmittel zurückgeführt. Wenn sie von einer möglichen Inanspruchnahme ausgegangen wäre, hätte sie Rückstellungen bilden müssen. Auch sei eine Ausübung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB treuwidrig, da der Kläger nur eine formale Rechtsposition ausnutze. Zum Nutzungsersatz habe der BGH entschieden, dass eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für Realkredite nicht gelte. Bei einem Realdarlehen bestehe gerade keine tatsächliche Vermutung für eine bestimmte Verzinsung, so dass es konkreten Vortrages bedürfe, an dem es indes mangele.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst deren Anlagen Bezug genommen.
31II.
32Die zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend begründet.
33A.
34Die Berufung ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden.
35B.
36Die Berufung ist überwiegend begründet. Das angegriffene Urteil beruht in der Anwendung der §§ 355, 242 BGB auf einer Rechtsverletzung (§§ 513, 546 ZPO), ist jedoch hinsichtlich der Abweisung der Ansprüche auf Nutzungsersatz und vorprozessuale Anwaltskosten im Ergebnis nicht zu beanstanden.
37I.
38Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von € 59.349,88 gemäß §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 355 Abs. 1 Satz 1, 495 Abs. 1 BGB in der bis zum 10.06.2010 gültigen Fassung.
391.
40Auf das vorliegende Vertragsverhältnis findet § 495 BGB in der vom 01.08.2002 bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung, §§ 355, 357 BGB in der vom 08.12.2004 bis 10.06.2010 geltenden Fassung, §§ 14 und 16 BGB-InfoV in der vom 01.09.2002 bis 10.06.2010 geltenden Fassung (fortan jeweils: a.F.) Anwendung, weil der Darlehensvertrag im Jahr 2006 und damit vor dem 11.06.2010 geschlossen worden ist, Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 15.08.2012, VIII ZR 378/11, Juris Rn. 9; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 229 § 22 Rn. 3 EGBGB). Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV ist angesichts der Aushändigung der Widerrufsbelehrung im Jahr 2006 in der vom 08.12.2004 bis 31.03.2008 geltenden Fassung zu berücksichtigen, § 16 BGB-InfoV a.F.
412.
42Der Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten Verbraucher gem. § 13 BGB, da er als natürliche Person den streitgegenständlichen Vertrag zu Zwecken abgeschlossen hat, die weder einer gewerblichen, noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Eine gewerbliche Tätigkeit in diesem Sinne ist eine planmäßige und auf Dauer angelegte wirtschaftlich selbständige Tätigkeit unter Teilnahme am Wettbewerb (BGH, Urteil vom 23.10.2001, XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80-89, Rn. 23 m.w.N.). Zu den gewerblichen Betätigungen gehört daher nicht die Verwaltung eigenen Vermögens (vgl. BGH, Urteil vom 23.10.2001, XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80-89, Rn. 23; BGH, Urteil vom 10.06.1974, VII ZR 44/73, BGHZ 63, 32-35, Rn. 15; 74, 273, 276; BGH, Urteil vom 18.04.1963 - VII ZR 37/62, NJW 1963, 1397), die auch dann grundsätzlich dem privaten Bereich zugerechnet wird, wenn es sich um die Anlage beträchtlichen Kapitals handelt. Die Aufnahme von Fremdmitteln kann insbesondere beim Immobilienerwerb zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehören und lässt daher nicht zwangsläufig auf ein Gewerbe schließen (BGH, Urteil vom 23.09.1992, IV ZR 196/91, BGHZ 119, 252-257, Rn. 15). Das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist vielmehr der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGH, Urteil vom 23.10.2001, XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80-89, Rn. 23; BGH, Urteil vom 25.04.1988, II ZR 185/87, BGHZ 104, 205-211, Rn. 13; BGH, Urteil vom 23.09.1992, IV ZR 196/91, BGHZ 119, 252-257, Rn. 15; BGH, Urteil vom 25.09.1967, VII ZR 46/65, NJW 1967, 2353). Damit ist die Verwaltung lediglich vierer Immobilien, von denen eine selbstgenutzt und zwei vermietet sind, dem privaten Bereich zuzuordnen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger hierfür ein eigenes Büro oder eine Organisation unterhält, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Der handschriftliche Zusatz im Darlehensvertrag dazu, dass eine umsatzsteuerfreie Finanzdienstleistung vorliegt, ändert daran nichts, zumal das Darlehen in demselben Vertragsdokument auch als Verbraucherdarlehen bezeichnet wird.
43Auch das weitergehende Bestreiten der Verbrauchereigenschaft durch die Beklagte steht deren Feststellung angesichts der vorgenannten unstreitigen Umstände nicht entgegen. Zwar trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt (BGH, Urteil vom 11.07.2007, VIII ZR 110/06, NJW 2007, 2619, Rn. 13). Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nach der negativen Formulierung des Gesetzes nicht zu Lasten des Verbrauchers (BGH, Urteil vom 30.09.2009, VIII ZR 7/09, WRP 2010, 103, 104).
443.
45Die Vorschriften über den Widerruf nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB a.F. sind ungeachtet der zuvor erfolgten vorzeitigen Darlehensablösung anwendbar.
46a)
47Die vorzeitige Ablösung des Darlehens erfolgte entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aufgrund einer Einigung der Parteien darüber, dass damit alle etwaigen wechselseitigen Verpflichtungen endgültig erledigt wären. Denn ein derartiger, auf einen Vergleich (§ 779 BGB), einen Erlass oder ein negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 BGB) gerichteter Parteiwille kann der Einigung über die vorzeitige Ablösung des Darlehens nicht entnommen werden. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Erklärungen der Parteien im Hinblick auf die vorzeitige Ablösung des Darlehens insoweit nach §§ 133, 157 BGB auszulegen.
48Gemäß §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist – trotz des in § 133 BGB enthaltenen Verbots der Buchstabeninterpretation – bei der Bestimmung des maßgeblichen Inhalts der Erklärung vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 27.01.2010, VIII ZR 58/09; BGH, Urteil vom 14.02.2007, IV ZR 150/05; BGH, Urteil vom 31.01.1995, XI ZR 56/94). Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist dabei so auszulegen, wie der Erklärungsempfänger sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte von seinem Empfängerhorizont aus verstehen musste. In einem weiteren Schritt sind sodann die Begleitumstände heranzuziehen, soweit sie einen Schluss auf Sinn und Zweck der Erklärung zulassen, und es sich um Umstände handelt, welche der anderen Partei bekannt oder zumindest erkennbar waren (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.2000, XIII ZR 275/98). Wichtige Anhaltspunkte können in diesem Zusammenhang die Entstehungsgeschichte der auszulegenden Vereinbarung sein, ebenso Äußerungen der Parteien oder in bestimmten Geschäftsbereichen übliche Usancen (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 133 Rdnr. 16/17). Zu berücksichtigen ist ferner die Interessenlage der Parteien und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck, wobei im Zweifel derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben ist, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2005, XII ZR 241/03).
49Weder ist ein Vertragswortlaut vorgetragen, der eine endgültige Abgeltung aller wechselseitigen Verpflichtungen nahe legen könnte, noch ist nach der Entstehungsgeschichte oder Interessenlage der Parteien von einem solchen Vertragsinhalt auszugehen. Nach der Entstehung der – offenbar nicht schriftlich fixierten – Einigung wird vielmehr deutlich, dass die Parteien andere Verpflichtungen als den Rückzahlungs- und Zinsanspruch der Beklagten weder in den Blick genommen noch geregelt haben, als der Kläger sich Mitte 2012 nach der Möglichkeit einer vorzeitigen Ablösung erkundigte und die Beklagte sich daraufhin gegen Zahlung der streitgegenständlichen Vorfälligkeitsentschädigung zu einer vorzeitigen Ablösung bereit erklärte. Auch die im Zeitpunkt der Einigung bestehende Interessenlage der Parteien deutet nicht auf eine solche Einigung hin. Denn es ist nicht zu erwarten, dass der Kläger den Weg der Ablösung gegen Vorfälligkeitsentschädigung gewählt hätte, wenn ihm zu diesem Zeitpunkt bereits die Möglichkeit des Darlehenswiderrufs bekannt gewesen wäre, beispielsweise aufgrund einer von der Beklagten in diesem Zusammenhang erteilten Nachbelehrung über das noch nicht erloschene Widerrufsrecht (hierzu nachfolgend), mit dem sie jederzeit die noch nicht abgelaufene Widerrufsfrist hätte in Gang setzen können.
50b)
51Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht die vorzeitige Ablösung des Darlehens im Jahre 2012 dem in 2014 erklärten Widerruf der Verbrauchererklärung, auch nicht deswegen entgegen, weil ein für die Ausübung des Gestaltungsrechts vorausgesetztes Schuldverhältnis damit nicht mehr bestanden hätte. Dabei kommt es auch nicht auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage an, ob die vorzeitige Ablösung aufgrund einer Vertragsaufhebung oder einer Vertragsmodifikation erfolgte.
52aa)
53Die wohl herrschende Auffassung und die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung geht von einer Anwendbarkeit des Widerrufsrechts auch auf einvernehmlich abgelöste oder gekündigte Verbraucherdarlehensverträge aus, wenn der Verbraucher bei der Ablösung in Unkenntnis seines fortbestehenden Widerrufsrechts handelte (OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2015, 31 U 64/15, Juris Rn. 24; OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14, Juris Rn. 15; OLG Zweibrücken, Hinweisbeschluss vom 10.05.2012, 7 U 84/09, Juris Rn. 11; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.03.2014, 17 W 11/14, Juris Rn. 13; BeckOK-BGB/Müller-Christmann, 38. Ed. 2015, Rn. 13; ganz allgemein für die Anwendung beim gekündigten Vertrag Palandt/Grüneberg, 75. Aufl. 2016, § 355 BGB, Rn. 2; jurisPK-BGB/Hönninger, 7. Aufl. 2014, § 355 BGB, Rn. 10). Der Bundesgerichtshof hat für den Widerruf von Versicherungsverträgen entschieden, dass eine Kündigung des Vertrages in Unkenntnis des Widerrufsrechts der späteren Ausübung des Widerrufsrechts nicht entgegensteht (Urteil vom 18.10.2013, IV ZR 52/12, Juris Rn. 24; BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101, Juris Rn. 36).
54Für diese Auffassung wird angeführt, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht durch eine Kündigung des Vertrages nicht verliere, wenn er sein Wahlrecht zwischen dem ihm günstigeren Widerrufsrecht und anderer Möglichkeiten der Vertragsbeendigung (Ablösungsvertrag, Kündigung) mangels ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht nicht sachgerecht ausüben könne (BGH, a.a.O.). Die gegenteilige Auffassung werde dem Verbraucherschutz nicht gerecht (OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2015, a.a.O.). Die vollständige beiderseitige Erfüllung eines Verbraucherdarlehensvertrages stünde dem Widerruf gerade nicht entgegen, da es anders als (früher) zum Haustürwiderrufsgesetz gerade keine entsprechende gesetzliche Anordnung gebe (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10.5.2012, 7 U 84/09, Juris Rn. 11). Auch habe der Verbraucher zwischen Anfechtungsrecht und Widerrufsrecht die Wahl (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2009, VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235, Juris Rn. 17 m.w.N. und unter Hinweis auf Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG Nr. L 144, S. 19). Schließlich stünde nach herrschender Auffassung nicht einmal die anfängliche Nichtigkeit der Anwendbarkeit des Widerrufsrechts entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2009, VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235, Juris Rn. 12 ff.; MüKo-BGB/Fritsche, 7. Aufl. 2016, § 355 Rn. 33; BeckOK-BGB/Müller-Christmann, 38. Ed. 2015, § 355 Rn. 12; Erman/Koch, BGB, 14. Aufl. 2014, § 355 Rn. 6; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB, Rn. 53; Petersen, JZ 2010, 315; Skamel, ZGS 2010, 106; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 495 Rn. 13 ff.; a.A. Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 30; Faust, JuS 2010, 442, 444). Für die Anfechtung nichtiger Verträge sei dies seit jeher anerkannt (h.M., vgl. Kipp, FS Martitz, 1911, S. 211; MüKo-BGB/Busche, 7. Aufl. 2015, § 142 Rn. 12; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl. 2009, § 142 Rn. 7; Flume BGB AT II § 31, 6, S. 566 f.).
55bb)
56Demgegenüber lehnt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf schon die Anwendbarkeit der Widerrufsvorschriften unter Hinweis darauf ab, dass das als besonderes Rücktrittsrecht ausgestaltete Widerrufsrecht der Umgestaltung eines bestehenden Schuldverhältnisses diene und daher keine Anwendung finden könne, wenn der Vertrag bereits anderweitig in Wegfall geraten sei, beispielsweise indem er durch einen anderen Vertrag ersetzt worden sei (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.01.2012, I-6 W 221/11, Juris Rn. 15; dem folgend LG Siegen, Urteil vom 10.10.2014, 2 O 406/13, Juris Rn. 20 ff.; LG Essen, Urteil vom 24.04.2014, 6 O 12/14, Juris Rn. 30). Die Rechtsprechung zum Widerruf von Versicherungsverträgen stehe nicht entgegen, da der Bundesgerichtshof jedenfalls im Ergebnis auch dazu gelange, dass nach vollständiger beiderseitiger Leistungserbringung keine Widerrufsmöglichkeit mehr bestehe (LG Siegen, a.a.O.). Auch die Rechtsprechung zum Widerruf von nichtigen Verträgen stehe nicht entgegen, da es insoweit um die Wahl zwischen unterschiedlichen Rückabwicklungsmöglichkeiten gehe, der Darlehensnehmer bei einer Aufhebungsvereinbarung aber gerade privatautonom die Bindung an die Verträge anerkenne; auch erfordere der Schutz des Verbrauchers vor übereiltem Vertragsschluss die Widerrufsmöglichkeit nicht mehr, wenn der Verbraucher die grundsätzliche Widerrufsmöglichkeit kannte und die Belehrung nicht in Bezug auf die Frist missverständlich gewesen sei (LG Essen, a.a.O.). Auch wird die Ansicht vertreten, dass die vorstehend zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Widerruf von Versicherungsverträgen auf das Verbraucherkreditrecht nicht übertragbar sei. Die versicherungsrechtlichen Vorschriften dienten dem Ziel, dem Verbraucher die Möglichkeit einzuräumen, die wettbewerbsrechtliche Vielfalt des Marktes zu nutzen, während der Verbraucherschutz den Verbraucher vor übereilten Entscheidungen schützen solle (vgl. Wahlers in WM 2015, 1043, 1047).
57cc)
58Der Senat folgt der erstgenannten Auffassung. Weder der Wortlaut, noch die Gesetzessystematik oder die dogmatische Einordung des Widerrufs stehen der Anwendung der Widerrufsvorschriften auf einen gekündigten Vertrag entgegen, so dass entsprechend dem gesetzlichen Ziel des Verbraucherschutzes der Anwendung der Widerrufsregeln der Vorzug zu geben ist.
59Wortlaut oder Gesetzessystematik der §§ 355, 495 BGB a.F. enthalten keine Anwendungseinschränkungen auf laufende (Darlehens-)Verträge. Im Gegenteil ist der Widerruf auf die vom Verbraucher abgegebene Vertragserklärung gerichtet und kann beispielsweise schon vor Wirksamwerden des Vertrages erklärt werden und so das Entstehen wechselseitiger vertraglicher Pflichten schon im Vorhinein verhindern (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. 2016, § 355 Rn. 7). Es wäre daher reine Begriffsjurisprudenz, für das Entstehen eines Rückabwicklungsschuldverhältnisses ein Schuldverhältnis mit noch bestehenden wechselseitigen Pflichten vorauszusetzen (so auch Faust, JuS 2010, 442, 443). Dass die dogmatische Einordnung des Widerrufs als rücktrittsähnliches Gestaltungsrecht, das zu einem Rückgewährschuldverhältnis führt, der Anwendung der Widerrufsvorschriften nicht entgegensteht, zeigt im Übrigen die Rechtsprechung zum Widerruf nichtiger Verträge (BGH, Urteil vom 25.11.2009, a.a.O), die ihrerseits auf eine lange dogmatische Tradition der Anfechtbarkeit auch nichtiger Verträge zurückreicht (BGH, Urteil vom 21.06.1955, V ZR 53/54; Kipp, a.a.O.; Flume a.a.O.). Soweit Kaiser gegen den Widerruf nichtiger Verträge einwendet, dieser sei fragwürdig, da dem Verbraucherschutz in diesem Zusammenhang zwar ohne weiteres der Vorrang vor den Interessen des Unternehmers gegeben werden könne, nicht aber vor dem im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Abwicklung auch über § 817 Satz 2 BGB geschützten Allgemeininteresse (Staudinger/Kaiser a.a.O.), teilt der Senat diese Bedenken nicht. Angesichts des hohen gesetzlichen Stellenwertes des Verbraucherschutzes ist es durchaus folgerichtig, gerade in diesem Bereich die dem Verbraucher vorteilhaftere Rückabwicklung über den Widerruf auch dann zuzulassen, wenn auch der Verbraucher die Sittenwidrigkeit des Geschäftes kannte, wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall über den Kauf eines Radarwarngeräts (BGH, Urteil vom 25.11.2009, a.a.O.). Besonders gelagerte Fälle, in denen es dem Verbraucher beispielsweise nur auf die Schädigung des Unternehmers ankommt, können auch bei grundsätzlicher Anwendbarkeit der Widerrufsvorschriften über den in § 242 BGB geregelten Grundsatz von Treu und Glauben einer angemessenen Lösung zugeführt werden (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2009, a.a.O.). In seiner aktuellen Fassung erkennt das Gesetz für den Fall der Formnichtigkeit des Verbraucherdarlehensvertrages ausdrücklich an, dass Widerruf und Nichtigkeit nebeneinander geltend gemacht werden können, ist doch in § 356b Abs. 2 BGB bestimmt, dass die Widerrufsfrist bei Fehlen der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB noch nicht beginnt, was jedoch gem. § 494 Abs. 1 BGB zugleich zur Nichtigkeit des Vertrages führt (gleiches galt für die davor gültige Fassung, vgl. Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 495 Rn. 13). Auch hat der Gesetzgeber, wie die Materialien des Gesetzes zeigen, die Widerrufsmöglichkeit bei einem beendeten Vertrag gesehen und in seiner Tragweite erkannt, zur Abhilfe aber für die Zukunft Musterbelehrungen und für die Vergangenheit die Möglichkeit der Nachbelehrung als ausreichend angesehen (vgl. Lechner, WM 2015, 2165 mit einer ausführlichen Darstellung der Materialien).
60Auch sind die vom Bundesgerichtshof zum Widerruf von Versicherungsverträgen angestellten Erwägungen auf das Widerrufsrecht bei Verbraucherkrediten übertragbar. Sinn und Zweck des Widerrufsrechts nach § 495 BGB ist es, dem Verbraucher aufgrund der regelmäßig gegebenen Komplexität und wirtschaftlichen Bedeutung eines Darlehensvertrages eine Bedenkzeit einzuräumen, um zu entscheiden, ob er wirklich an dem Vertrag festhalten will, und ihn damit vor der Eingehung übereilter, nicht hinreichend bedachter Verpflichtungen zu schützen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl. 2016, § 495 Rn. 1; Staudinger/Reuter, BGB, Neubearb. 2012, § 495 Rn. 1; Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl. 2014, § 495 Rn. 1). Entscheidend sind hier jedoch nicht die damit teilweise unterschiedlichen Ziele des Verbraucherschutzes im Versicherungsrecht einerseits und im Verbraucherkreditrecht andererseits, sondern der Umstand, dass ohne Kenntnis des Widerrufsrechts ein Vertrag aufgehoben wurde (vgl. Duchstein, NJW 2015, 1409). Ist die Belehrung nicht ordnungsgemäß, ist die dem Verbraucher eingeräumte Bedenkzeit nach der gesetzlichen Konzeption unbegrenzt, bis der Darlehensgeber eine ordnungsgemäße Nachbelehrung erteilt. Bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht ist damit also auch für den späteren Zeitpunkt einer Ablösungsvereinbarung oder Kündigung nicht sichergestellt, dass dem Verbraucher sein fortbestehendes Widerrufsrecht bewusst ist und er damit die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag abwägen kann (so zur Kündigung des Versicherungsvertrages BGH, Urteil vom 16.10.2013, a.a.O.).
614.
62Der am 22.12.2014 erklärte Widerruf erfolgte rechtzeitig gem. §§ 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. Bei Ausübung des Widerrufsrechts war die zweiwöchige Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen und das Widerrufsrecht nicht nach § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB a.F. erloschen, da der Kläger eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zuvor nicht erhalten hatte.
63a)
64Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung enthielt entgegen § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. keine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht. Denn eine Belehrung, die sich – wie hier – hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränkt, dass die Frist frühestens mit Erhalt dieser Belehrung beginnt, ist nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend, weil die Verwendung des Wortes „frühestens“ es dem Verbraucher nicht ermöglicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen (st. Rechtspr. BGH, Urt. vom 09.12.2009 – VIII ZR 219/08, Juris Rn. 13, 15; BGH, Urt. v. 01.12.2010 – VIII ZR 82/10, Juris Rn. 12; BGH, Urt. v. 02.02.2011 – VIII ZR 103/10, Juris Rn. 14; BGH, Urt. v. 28.06.2011 – XI ZR 349/10, Juris Rn. 34; BGH, Urt. v. 01.03.2012 – III ZR 83/11, Juris Rn. 15; BGH, Urt. v. 15.08.2012 – VIII ZR 378/11, Juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 17.01.2013 – III ZR 145/12, Juris Rn. 10; BGH, Beschl. v. 10.01.2015 – II ZR 163/14, Juris Rn. 14).
65Darauf, dass eine für sich genommen missverständliche Belehrung aufgrund der konkreten Abläufe bei der Übergabe der Dokumente gar nicht zu einer Fehlvorstellung geführt haben dürfte, etwa weil sowohl die Vertragsurkunde bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Parteien unterzeichnet und sofort zusammen mit der Widerrufsbelehrung übergeben wurde, kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass die Belehrung selbst nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. deutlich gestaltet sein muss. Es widerspräche dem Grundsatz einer umfassenden, unmissverständlichen und für den Verbraucher eindeutigen Belehrung, wenn sich deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit erst aus weiteren, außerhalb der Belehrung liegenden Umständen ergeben würde. Daher stellt der Bundesgerichtshof auch nicht auf die konkreten Umstände des Vertragsschlusses ab, die er ausdrücklich dahinstehen lässt, sondern darauf, dass die Belehrung eine unzutreffende Vorstellung hervorrufen kann (BGH, Urteil vom 10.03.2009, XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123, Juris Rn. 16).
66b)
67Die fehlerhafte Widerrufsbelehrung gilt auch nicht als ordnungsgemäß gem. § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. Dabei könnte sich der Verwender auch dann auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, wenn das danach vorgegebene Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH, Urteil vom 15.08.2012, VIII ZR 378/11, Juris Rn. 14; BGH, Beschluss vom 20.11.2012, II ZR 264/10, Juris Rn. 6; BGH, Urteil vom 18.03.2014, II ZR 109/13, Juris Rn. 15). Die Beklagte hat ein Formular verwendet, das nicht dem Muster der Anlage 2 entspricht.
68Verwendet der Unternehmer für die Belehrung das Muster der Anlage 2, darf er in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen (§ 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F.). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. nur dann greift, wenn der Unternehmer ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht, nicht aber, wenn der Unternehmer den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll, und selbst dann, wenn die Abweichungen von der Musterbelehrung nur in der Aufnahme von insoweit zutreffenden Zusatzinformationen zugunsten des Belehrungsempfängers bestehen (st. Rechtspr. BGH, Urteil vom 23.06.2009, XI ZR 156/08, Juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 09.12.2009, VIII ZR 219/08, Juris Rn. 20; BGH, Urteil vom 01.12.2010, VIII ZR 82/10, Juris Rn. 15 f.; BGH, Urteil vom 02.02.2011, VIII ZR 103/10, Juris Rn. 21; BGH, Urteil vom 01.03.2012, III ZR 83/11, Juris Rn. 17; BGH, Urteil vom 18.03.2014, II ZR 109/13, Juris Rn. 15 ff.; BGH, Beschluss vom 10.02.2015, II ZR 163/14, Juris Rn. 8 ff.).
69Nach dieser Maßgabe weicht die von den Beklagten verwendete Belehrung von dem Muster nach Anlage 2 zur BGB-InfoV a.F. ab, was der nachstehenden Gegenüberstellung von Musterbelehrung (jeweils links) und verwendeter Belehrung (jeweils rechts) zu entnehmen ist.
70aa)
71Nach dem Gestaltungshinweis zur Musterbelehrung können die Hinweise für finanzierte Geschäfte insgesamt entfallen, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt. Die Beklagte hat sich entschieden, von dieser Option keinen Gebrauch zu machen und hat Belehrungen zu finanzierten Geschäften aufgenommen. Dabei hat sie sich in zunächst zulässiger Weise an der vorgegebenen Belehrung für den Darlehensvertrag orientiert und Überschrift sowie ersten Satz unverändert wiedergegeben:
72(Muster) |
(Beklagte) |
„Finanzierte Geschäfte Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.“ |
„Finanzierte Geschäfte Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.“ |
Für den zweiten Satz sieht die Musterbelehrung zwei Alternativen vor, die die Beklagte indes kumulativ hintereinanderstellt:
74(Muster) |
(Beklagte) |
„Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung und Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen.“ Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist Satz 2 der vorstehenden Hinweise durch den folgenden Satz zu ersetzen: „Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“ |
„Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung und Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind und wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer begünstigen.“ |
Hierin liegt eine inhaltliche Abweichung von dem vorgegebenen Muster, aufgrund derer sich die Beklagte nicht mehr auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann. Zwar wird teilweise vertreten, dass eine solche Kumulation nicht zum Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion führe (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2015, I-22 U 17/15, Juris Rn. 71; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 26.02.2015, 5 U 175/14, Juris Rn. 26; LG Kiel, Urteil vom 04.09.2014, 12 O 27/14). Das Landgericht Kiel begründet dies lediglich damit, dass Änderungen in optionalen Teilen der Belehrung unschädlich seien, was – wie nachfolgend dargestellt wird – unzutreffend ist. Der 22. Zivilsenat stellt demgegenüber darauf ab, dass sich eine inhaltliche Änderung nicht ergäbe, da lediglich der speziellere Satz neben den allgemeineren gestellt werde (OLG Düsseldorf, a.a.O.; so auch Schleswig-Holsteinisches OLG, a.a.O.). Dem kann jedoch aufgrund des eindeutigen Wortlautes der Musterbelehrung und dem bei der Beurteilung der Identität von Belehrung und Muster anzulegenden formalen Maßstab nicht gefolgt werden. Es kommt nach der aufgezeigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gerade nicht darauf an, ob eine Bedeutungsänderung vorgenommen wird. Durch die Verwendung zweier statt eines vorgesehenen Satzes wird das Muster einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen. Der Fall ist nicht anders zu behandeln, als die vom Bundesgerichtshof entschiedene Hinzufügung zutreffender ergänzender Informationen (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.2014, II ZR 109/13, Juris Rn. 17).
76bb)
77Zudem hat die Beklagte den hinzugesetzten Satz mit den nachfolgend unterstrichenen Abweichungen vom Muster formuliert:
78(Muster) |
(Beklagte) |
Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist Satz 2 der vorstehenden Hinweise durch den folgenden Satz zu ersetzen: „Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“ |
„Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind und wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer begünstigen.“ |
(1)
80Die Übernahme von Teilen des Textes des Gestaltungshinweises in die Belehrung stellt eine inhaltliche Bearbeitung dar. Der von der Beklagten verwendete erste Halbsatz „Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts“ ist aus dem Gestaltungshinweis und nicht aus dem darin vorgegebenen Mustertext entnommen. Es liegt ein unzulässiger erläuternder Zusatz im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vor.
81(2)
82Aufgrund der Verwendung des Wortes „und“ statt wie im Muster „oder“ suggeriert die Belehrung der Beklagten, dass von einer wirtschaftlichen Einheit nur dann auszugehen sei, wenn kummulativ die Vertragspartner identisch sind und der Darlehensgeber darüber hinaus auch noch das Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, während es sich nach der Musterbelehrung insoweit um Alternativen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit handelt. Es liegt eine sinnentstellende Veränderung des Musters vor.
83(3)
84Auch der von der Beklagten vorgenommene sprachliche „Perspektivenwechsel“ von der im Muster – an dieser Stelle unverständlicher Weise – verwendeten 3. Person Singular zur 1. Person Plural ist mit einer Abänderung des vorgegebenen Textes sowohl in den Verbformen als auch in den Personalpronomen verbunden. Die Auffassung, dass ein „Perspektivenwechsel“ zulässig sei (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2015, I-22 U 17/15, Juris Rn. 67; OLG Frankfurt, Urteil vom 07.07.2014, 23 U 172/13, Juris Rn. 40 ff.; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 26.02.2015, 5 U 175/14, Juris Rn. 27), ist schon allgemein abzulehnen, da auch hier textliche Änderungen vorgenommen werden, die nach dem vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsatz, dass mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähigen Grenzen zulässiger Änderungen gezogen werden können, unzulässig sind. Darüber hinaus ist jedenfalls die Umformulierung von „die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind“ zu „wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind“ eine inhaltliche Bearbeitung, die nicht mehr als unbeachtlich angesehen werden kann. Das Ersetzen des Wortes „identisch“ durch eine Umschreibung stellt ungeachtet der Frage, ob diese den ursprünglichen Sinn verändert oder nicht, eine inhaltliche Änderung des Textes dar (a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2015, I-22 U 17/15, Juris Rn. 67). Dies gilt erst Recht, da mit der Formulierung auch eine Sinnänderung verbunden ist, was der 22. Zivilsenat in der genannten Entscheidung übersieht. Denn in der denkbaren Fallkonstellation von zwei Darlehensnehmern mit einem verbundenen Geschäft, an dem nur einer der Darlehensnehmer beteiligt ist, wäre nach der Musterbelehrung (unzutreffend) keine Identität der Vertragsparteien anzunehmen, während nach der von der Beklagten verwendeten Formulierung die Darlehensgeberin für den betreffenden Darlehensnehmer (zutreffend) als „Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages“ angesprochen wäre.
85(4)
86Auch hat die Beklagte bei der Umformulierung das Wort „einseitig“ im Satzteil „oder den Veräußerer einseitig begünstigt“ weggelassen. Auch hierin liegt zum einen ein inhaltlicher Eingriff, zum anderen auch eine Sinnveränderung, da der Aussagegehalt zumindest abgeschwächt wird.
87cc)
88Die vorstehend dargestellten Änderungen im Absatz zu finanzierten Geschäften führen auch ungeachtet dessen zum Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion, dass die Beklagte den gesamten Absatz zu finanzierten Geschäften nach dem Gestaltungshinweis hätte weglassen können. Entgegen dem 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt kommt es nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. gerade nicht darauf an, dass die Widerrufsbelehrung, soweit sie in dem beanstandeten Teil nach den Gestaltungshinweisen ebenso gut hätte weggelassen werden können, gegenstandslos sei und ins Leere gehe, keinerlei Wirkung entfalten könne, schlicht überflüssig sei und daher für „eine ordnungsgemäße Information des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht“ ohne jeden Belang sei (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.07.2014, 23 U 172/13, Juris Rn. 42). Entscheidend für die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ist nämlich gerade nicht die Frage, ob der wiedergegebene Text für den Verbraucher von Belang ist, sondern allein die unveränderte Übernahme des vom Verordnungsgeber vorgegebenen Textes. Dies hat der Bundesgerichtshof für die Frage einer Abweichung im Abschnitt für verbundene Geschäfte, der im Streitfall vom Unternehmer auch hätte weggelassen werden können, bereits ausdrücklich entschieden (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2011, XI ZR 349/10, Juris Rn. 39; so auch mit überzeugenden Überlegungen OLG Frankfurt, Urteil vom 27.01.2016, 17 U 16/15, Juris Rn. 29).
895.
90Der Kläger war an der Ausübung des Widerrufsrechts entgegen der Annahme des Landgerichts auch nicht nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB wegen Verwirkung gehindert. Die langjährige Vertragsdurchführung zusammen mit der nur geringfügigen Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung und der vorzeitigen Ablösung des Darlehens führt hier entgegen dem Landgericht vor dem Hintergrund des zeitlichen Verlaufs weder jeweils für sich genommen, noch zusammen zur Annahme eines Verwirkungstatbestandes.
91Die Verwirkung ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens, bei der der Verstoß gegen Treu und Glauben in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung liegt (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 87 m.w.N.). Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit der Untätigkeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 06.03.1986, III ZR 195/84, BGHZ 97, 212, 220 f.; BGH, Urteil vom 20.10.1988, VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290, 298; BGH, Urteil vom 12.03.2008, XII ZR 147/05, Juris Rn. 22; BGH, Urteil vom 20.07.2010, EnZR 23/09, Juris Rn. 20; BGH, Urteil vom 29.01.2013, Juris Rn. 13; BGH, Urteil vom 23.01.2014, VII ZR 177/13, Juris Rn. 13 m.w.N.; BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, Juris Rn. 39). Zeit- und Umstandsmoment stehen dabei insoweit in einer Wechselwirkung, als ein besonders gewichtiges Umstandsmoment einen geringeren Zeitablauf ausreichen lässt und bei großem Zeitablauf die Anforderungen an das Umstandsmoment geringer werden (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2000, X ZR 150/98, BGHZ 146, 217, Juris Rn. 43; BGH, Urteil vom 19.10.2005, XII ZR 224/03, Juris Rn. 23).
92Auch das Widerrufsrecht des Verbrauchers unterliegt wie jedes Recht grundsätzlich der Verwirkung (Palandt/Grüneberg, a.a.O., Rn. 88).
93a)
94Teile der obergerichtlichen Rechtsprechung nehmen in derartigen Fallkonstellationen Verwirkung an:
95- 96
Verwirkung sei anzunehmen, wenn der Verbraucher zwar eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten habe, diese jedoch nicht geeignet gewesen sei, ihn von einem Widerruf abzuhalten, zudem seit Vertragsschluss geraume Zeit verstrichen sei und die fraglichen Verträge auf Wunsch der Verbraucher bereits drei Jahre vor Erklärung des Widerrufs vollständig abgewickelt waren und die Beklagte nach so langer Zeit darauf vertrauen konnte, dass diese Schuldverhältnisse komplett erledigt seien und sie auch davon ausgehen durfte, dass jedenfalls ein Widerruf nicht mehr zu erwarten stehe (OLG Hamburg, Urteil vom 26.02.2014, 13 U 71/13, BeckRS 2015, 10772, Rn. 21, 23 f.).
- 97
8 ½ Jahre nach Erhalt einer – möglicherweise – fehlerhaften Widerrufsbelehrung müsse die Darlehensgeberin nicht mehr mit einem Widerruf rechnen, wenn der Lebenssachverhalt wegen vollständiger Erfüllung der beiderseitigen Vertragspflichten (seit ca. ½ Jahr) sich als abgeschlossen darstelle, wobei der unmissverständliche Wortlaut der Widerrufsbelehrung („innerhalb von zwei Wochen“) bei vernünftiger Betrachtung nicht geeignet war, den Kläger von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (OLG Frankfurt, Urteil vom 19.11.2014, 19 U 74/14, Juris Rn. 45 ff.; ähnlich OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.03.2014, 17 W 11/14, Juris Rn. 14 ff.).
- 98
5 Jahre nach Darlehensaufnahme könne die Kreditgeberin auf eine 4 Jahre zurück liegende vorzeitige Ablösung des Darlehens mit vollständiger beiderseitiger Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen vertrauen, wobei das schutzwürdige Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts nicht dadurch ausgeschlossen werde, dass den Darlehensnehmern die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung und das daraus folgende grundsätzliche Fortbestehen des Widerrufsrechts bis zur vollständigen Erfüllung ihrer Vertragspflichten möglicherweise nicht bekannt war (OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2014, I-14 U 55/13, Juris Rn. 19 ff.).
- 99
Mehr als 6 Jahre nach Vorlage der nur formal missverständlichen Widerrufserklärung und 4 Jahre nach vollständiger beiderseitiger Erfüllung des Leasingvertrages durfte der Unternehmer auf den Bestand der beiderseitigen Vertragserfüllung vertrauen (KG Berlin, Urteil vom 16.08.2012, 8 U 101/12, Juris Rn. 5 ff.).
- 100
Mehr als 7 Jahre nach Erteilung einer den Fristbeginn fehlerhaft darstellenden Widerrufsbelehrung und 5 Jahre nach vollständiger Rückzahlung der Darlehensvaluta müsse die Beklagte nicht mehr mit dem Widerruf und einer sich daran knüpfenden Rückabwicklung rechnen, sondern dürfe auf den Bestand der beiderseitigen Vertragserfüllung vertrauen (OLG Köln, Urteil vom 25.01.2012, I-13 U 30/11, Juris Rn. 21 ff.).
b)
102Der Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass weder eine nur in Einzelheiten fehlerhafte Widerrufsbelehrung, noch eine langjährige Vertragserfüllung durch den Verbraucher, noch eine vorzeitige Ablösung oder Kündigung des Darlehens Umstände darstellen, aus denen der Unternehmer nach den bislang diskutierten Zeitspannen ein Vertrauen in den Fortbestand des erfüllten Darlehensvertrages ableiten kann. Entscheidend gegen die Annahme von Verwirkung unter diesen Umständen sprechen die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze und die in den hier anwendbaren Widerrufsvorschriften zum Ausdruck kommenden Wertungen des deutschen und europäischen Normgebers.
103aa)
104Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich, dass die vorgenannten Kriterien allein nicht ausreichen, das Umstandsmoment anzunehmen.
105Es ist schon deswegen zu verneinen, weil die Beklagte die Situation des ewigen Widerspruchsrechts selbst dadurch herbeigeführt hat, dass sie die Klägerin nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt hat (BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, Juris Rn. 39; BGH, Urteil vom 29.07.2015, IV ZR 384/14, Juris Rn. 31, jeweils zum Widerruf eines Versicherungsvertrages; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2014, I-31 U 74/14, Juris Rn. 14; OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14, Juris Rn. 16; Bülow, WM 2015, 1829, 1831).
106Soweit die anderslautende obergerichtliche Rechtsprechung auch daran anknüpfen will, dass eine Widerrufsbelehrung erteilt war und der Verbraucher daher „grundsätzlich“ über das ihm zustehende Widerrufsrecht in Kenntnis gesetzt war, verkennt sie, dass die mit der unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile grundsätzlich der Geschäftspartner des Verbrauchers zu tragen hat (BGH, Urteil vom 18.10.2004, II ZR 352/02, Juris Rn. 23 zum HaustürWG; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2014, I-31 U 74/14, Juris Rn. 14; OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14, Juris Rn. 16; OLG Oldenburg, Urteil vom 28.05.2009, 14 U 60/08, Juris Rn. 50).
107Auch fehlt es an dem für eine Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestand, wenn der Schuldner (hier der Empfänger des Widerrufs) davon ausgehen muss, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß (vgl. etwa BGH, Urteil vom 15.09.1999, I ZR 57/97, Juris Rn. 24).
108Konkret für den Verbraucherwiderruf hat der Bundesgerichtshof die Annahme von Verwirkung unter anderem deswegen abgelehnt, weil die Verbraucher aufgrund der Belehrungen, die ihnen erteilt worden sind, keinen Anlass zu der Annahme hatten, nach Ablauf der darin genannten Fristen stehe ihnen noch ein Widerrufsrecht zu (BGH, Urteil vom 12.12.2005, II ZR 327/04, Juris Rn. 25 zum HaustürWG). Genau so verhält es sich aber dann, wenn der Verbraucher eine Widerrufsbelehrung erhält, die beispielsweise „nur“ im Hinblick auf den konkreten Fristbeginn unklar ist. Wie die Gegenauffassung zutreffend ausführt, ist der Verbraucher aufgrund der mitgeteilten Länge der Frist ungeachtet des genauen Fristbeginns jedenfalls zeitnah nach Vertragsschluss der Meinung, ein Widerrufsrecht stehe ihm wegen Fristablaufs nicht mehr zu.
109bb)
110Auch die Gesetzessystematik und Gesetzgebungshistorie schließen es aus, unter den vorgenannten Umständen einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand des Unternehmers anzuerkennen. Besonders im Zusammenhang mit dem hier streitgegenständlichen Widerrufsrecht sind aufgrund des Verhaltens des Gesetzgebers an die Annahme einer Verwirkung hohe Anforderungen zu stellen, da dieser in Kenntnis des ewigen Widerrufsrechts eine gesetzliche Regelung zur zeitlichen Beschränkung – anders als in anderen Bereichen – gerade (noch) nicht vorgesehen hat (vgl. Lechner, WM 2015, 2165 ff.; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2147). Dieser Wille des deutschen Gesetzgebers geht über die europarechtlichen Anforderungen hinaus (vgl. Lechner, ebd.), so dass es nicht darauf ankommt, dass bei dem hier in Rede stehenden grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen das Europarecht der Annahme der Verwirkung nicht grundsätzlich entgegen stehen mag (vgl. auch Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl. 2009, § 355 Rn. 34). Daraus folgt, dass eine Verwirkung nur in verzichtsähnlichen Fällen in Betracht kommt (Soergel/Pfeiffer, a.a.O.). Soweit die entgegenstehende obergerichtliche Rechtsprechung eine verzichtsähnliche Interessenlage damit begründen will, dass der Verbraucher bei vorzeitiger Ablösung des Darlehens durch die dazu geschlossene Vereinbarung die Gültigkeit des Vertrages anerkenne, verkennt sie, dass eine solche Wertung nur dann zuträfe, wenn der Verbraucher hierbei in Kenntnis des fortbestehenden Widerrufsrechts handeln würde (vgl. Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2149). Schließlich folgt aus § 355 Abs. 2 BGB a.F., dass der Unternehmer es bei fehlender oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung jederzeit selbst in der Hand hat, durch eine Nachbelehrung den Fristbeginn herbeizuführen, was der Möglichkeit entgegensteht, durch bloßes Abwarten in den Genuss des für die Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestands kommen zu können (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2014, I-31 U 74/14, Juris Rn. 14; OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015, I-31 U 155/14, Juris Rn. 16; OLG Oldenburg, Urteil vom 28.05.2009, 14 U 60/08, Juris Rn. 50; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. 2016, § 355 Rn. 107; Soergel/Pfeiffer, a.a.O.; Bülow, WM 2015, 1829, 1831). Hinzu kommt, dass die vollständige beiderseitige Erfüllung nur in den gesetzlichen Ausnahmefällen von §§ 356 Abs. 4 Sätze 1 und 2, Abs. 5 BGB sowie § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG zum Erlöschen des Widerrufsrechts führt und die anderslautenden Altregelungen von § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG sowie § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nicht den Weg in das modernisierte Schuldrecht gefunden haben, so dass in der gemäß § 242 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung dieser Umstand ein schützenswertes Vertrauen des Unternehmers nicht stützt (Bülow, ebenda; vgl. auch BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, Juris Rn. 37; BGH, Urteil vom 29.07.2015, IV ZR 384/14, Juris Rn. 30).
111c)
112Selbst wenn man aber entgegen der Auffassung des Senats eine Verwirkung in der hier diskutierten Fallkonstellation grundsätzlich für denkbar hielte, ist sie anhand der Umstände des Falles hier jedenfalls zu verneinen.
113Selbst wenn man die hier vorliegenden Umstände ausreichen ließe, ist jedenfalls das Zeitmoment noch nicht gegeben. Als frühester Anknüpfungspunkt für das Zeitmoment mag insoweit die Frist von sieben Jahren nach Darlehensrückführung in Betracht kommen, wenn die Bank die mit dem Kunden ausgetauschten Schriftstücke nach § 257 Abs. 4 und 5 HGB vernichten darf (so Duchstein, NJW 2015, 1409, 1412; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2147; abzulehnen daher auch die viel zu weitgehende Entscheidung LG Krefeld, Urteil vom 13.04.2016, 2 O 276/15, MDR 2016, 538 f.).
114Auch ist nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten angeführten Dispositionen, die sie im Vertrauen auf eine endgültige Abwicklung des Vertrages getroffen haben will, ausreichen, um bei Durchgreifen des Widerrufsrechts einen unzumutbaren Nachteil für die Beklagte zu sehen. Welcher unzumutbare Nachteil aus der bilanziellen oder buchhalterischen Behandlung des Darlehens entstehen mag, ist nicht erkennbar. Soweit die Beklagte anführt, sie hätte andernfalls Rückstellungen gebildet bzw. bilden müssen beruft sie sich gerade nicht auf getroffene, sondern unterlassene Dispositionen. Worin der unzumutbare Nachteil bestehen soll, dass für die Summe von knapp 60.000 Euro in 2012 keine Rückstellungen gebildet wurden, ist darüber hinaus weder vorgetragen, noch ersichtlich. Soweit sich die Beklagte auf die Rückführung von Refinanzierungsmitteln beruft, ist schon nicht konkret vorgetragen, was sie wann in welcher Größenordnung im Vertrauen auf die endgültige Abwicklung des Darlehens veranlasst haben will. Soweit sie damit zum Ausdruck bringen will, dass sie die bei Ablösung des Darlehens erhaltenen Beträge ihrerseits zur Tilgung von aufgenommenen Darlehen verwendet habe, anstatt hiermit Rückstellungen für den Fall des Widerrufs zu bilden, geltend die vorstehenden Ausführungen zu den Rückstellungen.
1156.
116Die Beklagte schuldet demnach die Rückgewähr der von den Klägern erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen gem. § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB. Hierzu gehört auch die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 59.349,88 Euro als Ablösung der künftig zu erbringenden Zinsleistungen. Dass die Klägerin daneben eine Rückzahlung der zuvor gezahlten Zinsen und der insgesamt erbrachten Tilgungen nicht fordert, steht ihr frei, § 308 Abs. 1 ZPO, ebenso wie die Beklagte ihrerseits eine Rückzahlung der Darlehensvaluta weder als Zug-um-Zug-Leistung, noch durch Aufrechnung geltend macht.
117Einen Anspruch auf Herausgabe von der Beklagten gezogener Nutzungen hat auf die vor dem Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen nach § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB hat der Kläger demgegenüber nicht ausreichend dargelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei Verbraucherdarlehen eine tatsächliche Vermutung, dass ein Kreditinstitut Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat (BGH, Urteil vom 10.03.2009, XI ZR 33/08, = BGHZ 180, 123-134, Juris Rn. 29), was jedoch nicht für Realkredite gilt (BGH, Urteil vom 19.09.2006, XI ZR 242/05, Juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 18.02.1992, XI ZR 134/91, Juris Rn. 14). Das Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur tatsächlichen Vermutung gezogener Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beruht auf den §§ 252 BGB, 287 ZPO sowie auf den Ergebnissen der Untersuchung, die § 11 Abs. 1 des am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Verbraucherkreditgesetzes (VerbrKrG) zugrunde liegen (vgl. Begründung zu § 10 des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 11/5462, abgedruckt bei Seibert, Handbuch zum Verbraucherkreditgesetz S. 137, 138). Auf Grundpfandkredite, die erfahrungsgemäß in der Regel niedriger verzinslich sind als Verbraucherkredite, sind die vorgenannten Ergebnisse über die Refinanzierungskosten sowie den Kreditbearbeitungsaufwand einer Bank nicht ohne weiteres übertragbar. Der Gesetzgeber hat deshalb grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite von der Regelung des § 11 VerbrKrG ausgenommen, wenn sie zu den für solche Kredite üblichen Bedingungen gewährt sind (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG). Die wertende Feststellung des Gesetzgebers, § 11 Abs. 1 VerbrKrG passe für solche Kredite nicht, weil die Verzugszinsregelung für die Bank "in vielen Fällen des Realkredits zu günstig" wäre (vgl. Begründung zu § 2 des Regierungsentwurfs, Seibert aaO S. 126), kann bei der Schadensschätzung nach §§ 252 BGB, 287 ZPO nicht unberücksichtigt bleiben. Ohne Nachweis eines entsprechenden Verzögerungsschadens gemäß den in BGHZ 104, 337, 344 ff. niedergelegten Grundsätzen kann die Klägerin bei abstrakter Schadensberechnung Verzugszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz daher nur dann beanspruchen, wenn der gekündigte Kredit nicht zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt worden sein sollte (BGH, Urteil vom 18.02.1992, XI ZR 134/91, Rn. 14). Hierfür ist nichts ersichtlich. Tatsachen, die dem Senat eine Schätzung der von der Beklagten gezogenen Nutzungen nach § 287 ZPO erlauben würden, hat der Kläger nicht vorgetragen.
118II.
119Auf die Hauptforderung kann der Kläger antragsgemäß Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 verlangen, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
120Einen Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten hat der Kläger nicht. Ein solcher käme allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Verzuges nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB in Betracht. Indes ist nicht dargelegt, dass sich die Beklagte vor der Beauftragung des Klägervertreters mit der vorprozessualen Wahrnehmung der Interessen des Klägers in Verzug befand, ist doch schon die Widerrufserklärung selbst vom Klägervertreter erklärt.
121C.
122Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
123Die Revision wird zugelassen, da der Senat in der Frage, ob die Vorschriften über das Widerrufsrecht auf vorzeitig durch eine Vereinbarung der Parteien beendete Darlehensverträge anwendbar sind, von der Auffassung des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf abweicht, § 543 Abs. 2 ZPO.
124Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO wird der Streitwert für das Verfahren beider Instanzen einheitlich auf59.349,88 Euro festgesetzt. Der Anspruch auf Nutzungsersatz bleibt für die Bestimmung des Streitwertes nach § 43 Abs. 1 GKG – der insoweit § 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO entspricht – als Nebenforderung außer Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016, XI ZR 366/15, Juris Rn. 17).
125L… |
S… |
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Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 22. Juli 2016 - I-16 U 109/15
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 22. Juli 2016 - I-16 U 109/15 zitiert oder wird zitiert von 28 Urteil(en).
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.
(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Rechtsanwältin in H. . Die Beklagte vertreibt Lampen über das Internet. Am 7. Oktober 2007 bestellte die Klägerin über die Internetplattform der Beklagten unter anderem drei Lampen zu einem Gesamtpreis von 766 €. Sie gab dabei als Liefer- und Rechnungsadresse an: "Kanzlei Dr. B. ....".
- 2
- In ihrer Bestelleingangsbestätigung vom 7. Oktober 2007 räumte die Beklagte der Klägerin ein Widerrufsrecht von 14 Tagen ein; die Widerrufsfrist begann mit Erhalt der Bestätigung. Die Klägerin bezahlte und erhielt die bestellten Lampen. Mit E-Mail-Schreiben vom 19./21. November 2007 widerrief die Kläge- rin ihre Vertragserklärungen mit der Begründung, sie habe die Lampen als Verbraucherin bestellt und sei - was zwischen den Parteien außer Streit steht - nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1, § 312d Abs. 1, § 312b Abs. 1 BGB belehrt worden. Die Beklagte wies den Widerruf als verspätet zurück.
- 3
- Das Amtsgericht hat sich - im weiteren Verfahren unangegriffen - nach Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die bestellten Lampen für die Privatwohnung der Klägerin bestimmt waren, und hat der auf Zahlung von 766 € sowie Feststellung des Annahmeverzugs hinsichtlich der zurückzugebenden Lampen gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (LG Hamburg, CR 2009, 261) ist der Auffassung, der Klägerin stehe kein Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1, § 312d Abs. 1, § 312b Abs. 1 BGB zu, da sie bezüglich des Lampenkaufs nicht als Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB gehandelt habe. Ob ein Verbraucherhandeln vorliege, sei nach dem objektiven Empfängerhorizont zur Zeit des Vertragsschlusses zu beurteilen. Dies gebiete der Verkehrsschutz, der nicht grundsätzlich nachrangig zu den Belangen des Verbraucherschutzes sei. Der Kunde habe es in der Hand, sich in Zweifelsfällen klar und eindeutig zu verhalten, wäh- rend sich der Verkäufer im Hinblick auf Gewährleistungsausschlüsse und Belehrungspflichten auf das Auftreten seines Geschäftspartners verlassen müsse. Stelle man auf den objektiven Empfängerhorizont ab, könnten auch Abgrenzungsprobleme bei sowohl für den privaten wie auch den geschäftlichen Bereich nutzbaren Wirtschaftsgütern vermieden werden. Dies entspreche auch allgemeinen Auslegungsgrundsätzen für empfangsbedürftige Willenserklärungen , nach denen es nicht auf den inneren Willen des Erklärenden ankomme, sondern auf den durch normative Auslegung zu bestimmenden objektiven Erklärungsgehalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers. Im hier zu entscheidenden Fall habe die Beklagte das Auftreten der Klägerin beim Kaufvertragsschluss so verstehen müssen, dass sie als Rechtsanwältin für freiberufliche Zwecke gehandelt habe. Entscheidend hierfür sei, dass die Klägerin die Kanzleianschrift nicht nur als Lieferadresse, sondern auch als Rechnungsadresse angegeben habe.
II.
- 6
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Wirksamkeit des von der Klägerin erklärten Widerrufs mit der Begründung verneint, die Klägerin habe die ihr von der Beklagten gelieferten Lampen nicht als Verbraucherin bestellt.
- 7
- 1. Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Danach hat die Klägerin bei der Bestellung der Lampen objektiv als Verbraucherin gehandelt, denn der Zweck ihres Handelns - die Ausstattung ihrer Privatwohnung mit den bestellten Lampen - ist, wie auch das Berufungsgericht nicht ver- kennt, objektiv nicht ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin , sondern ihrem privaten Lebensbereich zuzurechnen.
- 8
- 2. Der Wortlaut des § 13 BGB lässt allerdings nicht erkennen, ob für die Abgrenzung von Verbraucher- und Unternehmerhandeln allein objektiv auf den von der handelnden Person verfolgten Zweck abzustellen ist (so MünchKommBGB /Micklitz, 5. Aufl., § 13 Rdnr. 35; PWW/Prütting, BGB, 4. Aufl., § 13 Rdnr. 9; Jauernig/Jauernig, BGB, 13. Aufl., § 13 Rdnr. 3; Schmidt-Räntsch in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. § 13 Rdnr. 9), wie die Revision unter Hinweis auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 162, 253 ff.; BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 295/06, NJW 2008, 435) meint, oder ob es - wie das Berufungsgericht annimmt - für die Zurechnung des Handelns auf die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände ankommt (so auch Palandt /Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 13 Rdnr. 4; AnwK-BGB/Ring, § 13 Rdnr. 30; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl., § 42 Rdnr. 41; vgl. auch K.Schmidt, JuS 2006, 1, 8; wohl auch Staudinger/Weick, BGB (2004), § 13 Rdnr. 42, 64).
- 9
- Der erkennende Senat hat die Frage bislang offen gelassen (Senatsurteil vom 22. Dezember 2004 - VIII ZR 91/04, NJW 2005, 1045, unter II 2 a m.w.N.). Sie bedarf auch hier keiner Entscheidung.
- 10
- a) Aus der vom Gesetzgeber gewählten negativen Formulierung des zweiten Halbsatzes der Vorschrift des § 13 BGB wird deutlich, dass rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen ist und etwa verbleibende Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen ist, zugunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden sind.
- 11
- b) Eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt daher nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Zwar trägt der Verbraucher die Darlegungs - und Beweislast dafür, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt (Senatsurteil vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 110/06, NJW 2007, 2619, Tz. 13). Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nach der negativen Formulierung des Gesetzes nicht zu Lasten des Verbrauchers. Es kann daher - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht darauf ankommen, ob der Erklärende sich dem anderen Teil eindeutig als Verbraucher zu erkennen gibt. Vielmehr ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen. Anders ist dies nur dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus der Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist.
- 12
- c) An solchen Umständen fehlt es im vorliegenden Fall. Die Angabe der Anschrift der Rechtsanwaltskanzlei als Lieferanschrift für die bestellten Lampen mag schon darin eine nahe liegende Erklärung finden, dass die Klägerin an Arbeitstagen zu den üblichen Postzustellzeiten unter ihrer Privatanschrift nicht erreichbar war. Auch die Angabe der Anschrift "Kanzlei Dr. B. " in Verbindung mit dem hiervon abweichenden Namen der Klägerin als Rechnungsadresse lässt keinen eindeutigen und zweifelsfreien Schluss auf eine Bestellung der Lampen zu selbständigen freiberuflichen Zwecken zu. Denn hieraus konnte die Beklagte allenfalls erkennen, dass die Klägerin in der Rechtsanwaltskanzlei beschäftigt war. Damit blieb aus der verständigen Sicht der Beklagten jedenfalls offen, ob es sich bei der Klägerin um eine dort tätige Rechtsanwältin oder um eine angestellte Kanzleimitarbeiterin, etwa die Bürovorsteherin oder eine Rechtsanwaltsgehilfin, handelte.
- 13
- 3. Auch nach den für unternehmensbezogene Geschäfte entwickelten Regeln (dazu etwa BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 - II ZR 311/88, WM 1990, 600, unter II 1) kann aus der Sicht der Beklagten das Handeln der Klägerin nicht deren freiberuflicher Tätigkeit als Rechtsanwältin zugerechnet werden. Die Beklagte hat stets die Klägerin persönlich, nicht den Inhaber und Namensgeber der Kanzlei Dr. B. als ihre Vertragspartnerin angesehen. Dass sie ungeachtet der Namensverschiedenheit die Klägerin für die Kanzleiinhaberin gehalten habe , hat die Beklagte nicht behauptet.
III.
- 14
- Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur Endentscheidung reif, da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind. Der Senat entscheidet daher in der Sache selbst (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Klägerin den Kaufvertrag wirksam widerrufen hat (§§ 312d, 355 BGB) und somit die Klage auf Kaufpreisrückzahlung und Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begründet ist, ist die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende amtsgerichtliche Urteil zurückzuweisen. Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
AG Hamburg-Wandsbek, Entscheidung vom 13.06.2008 - 716A C 11/08 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.12.2008 - 309 S 96/08 -
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten, nachdem die Klägerin ursprünglich die Zahlung von 300 € aus einem Vergleich verlangt hatte und die Beklagte in erster Instanz die Einrede der Verjährung erhoben hat, um die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache.
- 2
- Die Beklagte mietete von der Klägerin mit Vertrag vom 26. November 1996 eine Wohnung in H. . Wie im Mietvertrag vorgesehen, zahlte die Beklagte eine Kaution von 1.800 DM (920,33 €). Das Mietverhältnis endete zum 31. Juli 2003. Im Anschluss hieran machte die Klägerin Schadensersatzansprü- che in Höhe von 926 € wegen Schäden an der Wohnung sowie eine Restmietforderung für den Monat Juli 2003 in Höhe von 316,39 €, mithin insgesamt 1.242,39 € geltend. Mit Anwaltsschreiben vom 16. Dezember 2003 forderte die Klägerin die Beklagte nach vorangegangenem Schriftwechsel erneut zur Zahlung des oben genannten Gesamtbetrages auf, erklärte hilfsweise mit dieser Forderung die Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch der Beklagten bis zu dessen Höhe und unterbreitete der Beklagten den Vorschlag, die Gesamtforderungen von 1.242,39 € mit der Mietkaution abzugelten. Der hierauf bezogene Teil des Schreibens lautet: "Um vorliegenden Bagatellstreit abzuschließen, schlagen wir für unsere Mandantschaft vergleichsweise vor, die mit Schreiben vom 09.10.2003 aufgemachten Ansprüche in Höhe von 1.242,39 EUR mit der Mietkaution abzugelten. Insoweit bitten wir höflichst um Rückäußerung, ob diesem Vergleichsvorschlag näher getreten wird."
- 3
- Hierauf teilte die Beklagte durch Anwaltsschreiben vom 13. Januar 2004 mit, die von der Klägerin vertretenen Ansichten könnten nicht geteilt werden und die aufgestellten Forderungen seien überzogen, gleichwohl werde ein Einigungsvorschlag unterbreitet. Hierzu wird im genannten Schreiben ausgeführt: "Wir wollen uns zunächst nicht weiter mit Ihren Ausführungen auseinandersetzen und schlagen Ihrer Mandantschaft - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - namens und in Vollmacht unserer Mandantin ausschließlich im Interesse einer endgültigen und einvernehmlichen Erledigung der Sache vor, dass unsere Mandantin an Ihre Mandantschaft einen Betrag in Höhe von EUR 300,00 zur Abgeltung aller Ansprüche im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis gemäß Mietvertrag vom 26.11.1996 und dessen Beendigung zahlt. Wir weisen Sie vorsorglich darauf hin, dass dieses Vergleichsangebot nur für den Fall einer endgültigen Erledigung der Sache abgegeben wird […]."
- 4
- Die Beklagte ging zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass ihr Anspruch auf Herausgabe des verpfändeten Mietkautionssparbuchs nicht gegenüber der Klägerin , sondern gegenüber deren Geschäftsführer bestehe.
- 5
- Mit Anwaltsschreiben vom 9. Februar 2004 erklärte die Klägerin die Annahme des Vergleichsvorschlags der Beklagten. Sie führte hierzu aus, das Vergleichsangebot der Beklagten werde so verstanden, dass diese zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche 300 € zahle, womit auch gemeint sei, dass die Klägerin keine Betriebskostenabrechnung mehr erstellen und auf einen zu erwartenden Nachforderungsbetrag ebenso verzichten werde wie die Beklagte auf die Rückgewähr der Mietkaution.
- 6
- Mit Anwaltsschreiben vom selben Tage teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie könne deren mit dem vorgenannten Schreiben unterbreiteten "(Gegen) Vorschlag" nicht nachvollziehen, da ihrerseits zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt oder erklärt worden sei, auf die Herausgabe des Mietkautionssparbuchs zu verzichten. Zugleich forderte die Beklagte die Klägerin zur Herausgabe dieses Sparbuchs auf.
- 7
- Eine im Jahre 2006 von der Beklagten erhobene Klage gegen die Klägerin auf Rückzahlung der Mietkaution wurde mit der Begründung abgewiesen, die Parteien hätten am 9. Februar 2004 eine umfassende Einigung erzielt, welche auch den Kautionsrückzahlungsanspruch umfasse. Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Berufung nahm diese, nachdem das Berufungsgericht auf die fehlende Erfolgsaussicht der Berufung hingewiesen hatte, zurück.
- 8
- Die Klägerin hat die Beklagte vorliegend auf Zahlung des Vergleichsbetrages von 300 € nebst Prozesszinsen in Anspruch genommen. Die Beklagte hat im Prozess die Einrede der - unstreitig bereits vorprozessual eingetretenen - Verjährung erhoben. Daraufhin hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Haupt- sache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.
- 9
- Das Amtsgericht hat die auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits gerichtete Klage abgewiesen. Auf die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 10
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 11
- Das Berufungsgericht (LG Halle, Urteil vom 24. Februar 2009 - 2 S 228/08, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 12
- Die auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache gerichtete Klage sei begründet, da die Zahlungsklage bis zur Erhebung der Verjährungseinrede zulässig und begründet gewesen sei.
- 13
- Die Beklagte habe sich in dem von ihr mit Schreiben vom 13. Januar 2004 angebotenen und von der Klägerin angenommenen Vergleich wirksam zur Zahlung von 300 € verpflichtet. Diese Verpflichtung sei nicht durch Anfechtung des Rechtsgeschäfts rückwirkend entfallen.
- 14
- Mit der Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte sei die Klage unbegründet geworden, da die Verjährung des Klageanspruchs bereits ein- getreten gewesen sei. Bei der Verjährungsfrist sei auf die ursprünglichen Forderungen aus dem Mietverhältnis und nicht auf den später abgeschlossenen Vergleich abzustellen, da dieser nicht zu einer Umschaffung des ursprünglichen Rechtsverhältnisses geführt habe. Die Verjährung sei demgemäß schon vor der Beantragung des Mahnbescheids eingetreten. Dies ändere jedoch nichts an der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Eine Erledigung der Hauptsache trete auch dann ein, wenn die Verjährungsfrist für den Klageanspruch bereits vor Erhebung der Klage vollendet gewesen sei, sich die beklagte Partei jedoch erstmals im Prozess auf die Verjährung berufe. Die fehlende Durchsetzbarkeit des Anspruchs (§ 214 Abs. 1 BGB) und damit die materiell-rechtliche Wirkung, welche die Unbegründetheit der Klage zur Folge habe, werde nicht durch den Eintritt der Verjährung, sondern erst durch die Erhebung der Verjährungseinrede herbeigeführt. Die mit der Erhebung der Verjährungseinrede verbundenen Rückwirkungen, wonach die Forderung bereits ab dem Zeitpunkt des Verjährungseintritts nicht mehr durchsetzbar sei und ein Verzugsschaden nicht geltend gemacht werden könne, änderten hieran nichts. Denn diese Rückwirkung trete ebenfalls erst mit Erhebung der Verjährungseinrede ein. Dementsprechend habe der Bundesgerichtshof für den vergleichbaren Fall der im Prozess erfolgten Aufrechnungserklärung die Erledigungswirkung nicht an deren materiell-rechtlicher Rückwirkung (§ 389 BGB) scheitern lassen, da diese Wirkungen erst mit der Aufrechnungserklärung einträten und das Vorliegen der Aufrechnungslage allein, wenn und solange die Aufrechnung nicht erklärt werde , noch nicht zum Erlöschen der beiderseitigen Forderungen führe (BGHZ 155, 392, 398 f.).
- 15
- Billigkeitsgesichtspunkte sprächen nicht dagegen, eine Erledigung im prozessualen Sinne auch dann anzunehmen, wenn die Klage aus Gründen unzulässig oder unbegründet werde, die im Verantwortungsbereich des Klägers lägen. Dadurch entstehende Kostennachteile der beklagten Partei könnten nach deren Zustimmung zur Erledigung im Rahmen der gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung abgewendet werden. Dagegen hätten Billigkeitserwägungen keinen Einfluss auf den Eintritt der Erledigung. Es bestehe auch kein Anlass, aus Billigkeitserwägungen die Erhebung der Verjährungseinrede gegenüber einem bei Klageerhebung bereits verjährten Anspruch allein deshalb nicht als erledigendes Ereignis im prozessualen Sinne zu behandeln, weil die beklagte Partei in diesem Fall stets vor Kostennachteilen geschützt werden müsse. Denn jedenfalls dann, wenn der Schuldner vor Beginn des Prozesses von der Verjährungseinrede keinen Gebrauch gemacht habe, obwohl Anlass hierzu bestanden habe, könne dem Kläger regelmäßig kein die Kostentragungspflicht in jedem Fall begründender Vorwurf daraus gemacht werden, die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs zumindest versucht zu haben. Ob der Geltendmachung der verjährten Forderung im Einzelfall billigenswerte Erwägungen des Klägers zugrunde gelegen hätten, sei im Rahmen der gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung zu klären, sofern der Beklagte sich der Erledigungserklärung des Klägers anschließe und damit von der Möglichkeit Gebrauch mache, eine für ihn günstige Kostenentscheidung zu erwirken.
II.
- 16
- Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
- 17
- Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht angenommen, dass die Erhebung der Einrede der Verjährung auch gegenüber einer bei Klageerhebung bereits verjährten Forderung ein erledigendes Ereignis darstellt. Nicht gefolgt werden kann jedoch seiner Auffassung, die Zahlungsklage sei bis zum Zeitpunkt der Erhebung der Verjährungseinrede (zulässig und) begründet gewesen.
- 18
- 1. Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGHZ 155, 392, 395; 106, 359, 366 f.). Ein erledigendes Ereignis ist der Eintritt einer Tatsache mit Auswirkungen auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage (BGHZ 155, 392, 398).
- 19
- Zu der Frage, ob die Erhebung der Einrede der Verjährung auch gegenüber einer bei Klageerhebung bereits verjährten Forderung ein erledigendes Ereignis darstellt, werden sowohl in der Rechtsprechung der Instanzgerichte als auch in der Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten.
- 20
- a) Nach der überwiegenden Auffassung der Instanzgerichte und der Literatur stellt die Erhebung der Einrede der Verjährung ein erledigendes Ereignis dar. Für die Frage, ob eine Erledigung der Hauptsache vorliege, sei es grundsätzlich ohne Bedeutung, auf welchen Umständen die nachträglich eingetretene Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Klage beruhe. Eine Erledigung der Hauptsache könne auch dann eintreten, wenn die Klage aus Gründen unzulässig oder unbegründet werde, die allein im Verantwortungsbereich des Klägers lägen. Daher könne auch die Verjährung der Klageforderung zur Erledigung des Rechtsstreits führen, obwohl es der Kläger selbst in der Hand gehabt hätte, den Eintritt der Verjährung zu vermeiden (vgl. OLG Frankfurt a.M., MDR 2002, 778, 779, WRP 1982, 422 und WRP 1979, 799, 801; OLG Karlsruhe, WRP 1985, 288; OLG Hamburg, MD 1985, 951, 952 f.; OLG München, WRP 1987, 267, 268; OLG Düsseldorf, WRP 1980, 701, 702; OLG Stuttgart, NJW-RR 1996, 1520; OLG Nürnberg, WRP 1980, 232, 233; OLG Celle, WRP 1983, 96 und GRUR 1987, 716; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91a Rdnr. 6; Prütting /Gehrlein/Hausherr, ZPO, § 91a Rdnr. 8 und 11; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 30. Aufl., § 91a Rdnr. 5; Saenger/Gierl, Hk-ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdnr. 7; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 91a Rdnr. 59 - "Verjährung" ; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 130 Rdnr. 2; El-Gayar, MDR 1998, 698 f.; Meller-Hannich, JZ 2005, 656, 663; Peters, NJW 2001, 2289 f.; Wernecke, JA 2004, 331, 334; Thesen, WRP 1981, 304, 305). Eine Erledigung der Hauptsache trete deshalb auch dann ein, wenn die Verjährungsfrist für den Klageanspruch bereits bei Erhebung der Klage abgelaufen gewesen sei, sich der Beklagte jedoch erstmals im Prozess auf die Verjährung berufe (OLG Frankfurt a.M., aaO; Prüttung/Gehrlein/Hausherr, aaO, Rdnr. 11; Peters, aaO; Meller-Hannich, aaO; Wernecke, aaO; offengelassen: OLG Nürnberg , aaO). Gründe, die Kosten des Rechtsstreits trotz Eintritts eines erledigenden Ereignisses dem Kläger - in den Fällen der übereinstimmenden Erledigungserklärung - aus Billigkeitserwägungen aufzuerlegen, können nach dieser Auffassung etwa dann gegeben sein, wenn der Kläger einen bereits verjährten Anspruch rechtshängig gemacht hat, ohne dass der Beklagte Gelegenheit gehabt hatte, die Verjährung zu prüfen und bereits vorprozessual geltend zu machen (OLG Frankfurt a.M., aaO; Wernecke, aaO; vgl. auch Meller-Hannich, aaO; aA Peters, aaO, 2291).
- 21
- b) Nach anderer Auffassung handelt es sich bei der Erhebung der Einrede der Verjährung nicht um ein erledigendes Ereignis. Umstände, deren Eintritt der Kläger beeinflussen könne, insbesondere solche, die auf einem Verhalten des Klägers selbst beruhten und deren Eintritt er hätte verhindern können, müssten als Erledigungsereignisse außer Betracht bleiben. Bei der Verjährung liege es alleine an dem Gläubiger, der den geltend gemachten Anspruch habe verjähren lassen, dass letzterer infolge der Verjährungseinrede unbegründet geworden sei. Es bestehe kein überzeugender Grund, den Kläger vor den Folgen seines Verhaltens zu schützen. Eine Klage werde zwar erst dann unbegründet , wenn der Beklagte eine begründete Verjährungseinrede erhebe. Voraussetzung sei allerdings, dass die Verjährungsfrist auch abgelaufen sei, der Kläger also die Verjährung nicht durch die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen unterbrochen habe (OLG Koblenz, WRP 1982, 657, 658; OLG Schleswig, NJW-RR 1986, 38 f.; OLG Hamm, WRP 1977, 199 f.; OLG Hamburg, WRP 1982, 161, das diese Rechtsprechung aber aufgegeben hat, vgl. OLG Hamburg , MD 1985, aaO; MünchKommZPO/Lindacher, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdnr. 152; Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdnr. 33; Ulrich, WRP 1990, 651, 654; Bork, WRP 1987, 8, 12). Begründet wird diese Auffassung auch damit, dass die Geltendmachung der Einrede im Prozess auf den Zeitpunkt des Verjährungseintritts zurückwirke (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91a Rdnr. 58 - "Verjährung"; El-Gayar, MDR 1998, aaO, S. 699). Die Verjährungseinrede führe deshalb dazu, dass die ab Verjährungseintritt bestehende Undurchsetzbarkeit des Anspruchs beachtlich werde und die Klage damit ab dem Zeitpunkt des Verjährungseintritts als unbegründet anzusehen sei. Werde ein bereits verjährter Anspruch eingeklagt und erhebe der Beklagte danach erstmals die Verjährungseinrede, so werde die Klage dadurch nicht unbegründet , vielmehr sei sie dies aufgrund der genannten Rückwirkung bereits vor Klageerhebung gewesen (El-Gayar, aaO). Auch unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten sei es nicht sachgerecht, den Kläger für eine nachlässige Prozessführung zu begünstigen (vgl. OLG Schleswig, aaO; OLG Koblenz, aaO; vgl. auch MünchKommZPO/Lindacher, aaO). Sinn und Zweck sowohl des § 91a ZPO als auch der Erledigungsentscheidung bei einseitiger Erledigungserklärung sei es, den Kläger vor ungerechtfertigten Nachteilen zu bewahren, wenn eine ursprünglich zulässige und begründete Klage ohne sein Zutun unzulässig oder unbegründet werde (vgl. OLG Schleswig, aaO; OLG Koblenz, aaO).
- 22
- c) Eine weitere Auffassung unterscheidet danach, ob der Eintritt der Verjährung vor oder nach Erhebung der Klage oder der Beantragung einer einstweiligen Verfügung erfolgt ist. Nach dieser Auffassung stellt die Einrede der Verjährung gegenüber einer bereits vor Verfahrensbeginn verjährten Forderung kein erledigendes Ereignis dar, während ein solches im Falle des erst während des laufenden Verfahrens erfolgenden Verjährungseintritts bejaht wird (Zöller /Vollkommer, aaO, Rdnr. 5 und 58 - "Verjährung"; El-Gayar, aaO, S. 698; Hase, WRP 1985, 254, 255 f.).
- 23
- d) Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob die Erhebung der Einrede der Verjährung auch gegenüber einer bei Klageerhebung bereits verjährten Forderung ein erledigendes Ereignis darstellt, noch nicht entschieden. Er hatte sich allerdings bereits mit der vergleichbaren Frage zu befassen, ob die im Prozess erfolgte Aufrechnungserklärung auch dann ein erledigendes Ereignis darstellt , wenn die Aufrechnungslage bereits vor Rechtshängigkeit der Klageforderung bestand (BGHZ 155, 392, 396 ff.). Auch über die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn das erledigende Ereignis in den Verursachungs- oder Verantwortungsbereich des Klägers fällt, hatte der Bundesgerichtshof bereits zu entscheiden (BGH, Urteil vom 13. Mai 1993 - I ZR 113/91, NJW-RR 1993, 1319, unter [II] 2 b - Radio Stuttgart).
- 24
- aa) In der erwähnten Grundsatzentscheidung vom 17. Juli 2003 zur Aufrechnungserklärung bei schon vor Rechtshängigkeit bestehender Aufrechnungslage (BGHZ 155, aaO) hat sich der Bundesgerichtshof der Auffassung angeschlossen, dass trotz der in § 389 BGB vorgesehenen materiell-rechtlichen Rückwirkung der Aufrechnungserklärung nicht die Aufrechnungslage, sondern erst die Aufrechnung als solche, also die Aufrechnungserklärung, das erledigende Ereignis darstelle. Die materiell-rechtliche Wirkung, die bei der Aufrechnung die Geltendmachung der Klageforderung berühre, sei deren Erlöschen. Dieser Erfolg werde aber, wie § 389 BGB eindeutig besage, (erst) durch die Aufrechnung, d.h. durch die Aufrechnungserklärung (§ 388 Satz 1 BGB) "bewirkt" und nicht (bereits) durch die Aufrechnungslage. Das Vorliegen einer Aufrechnungslage führe, wenn und solange die Aufrechnung nicht erklärt werde, noch nicht zum Erlöschen der beiderseitigen Forderungen. Trete die Erlöschenswirkung erst mit der Erklärung der Aufrechnung ein, so sei die Klage bis dahin zulässig und begründet gewesen. Die von § 389 BGB angeordnete Fiktion ("gilt") der Rückwirkung des Erlöschens auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage ändere daran nichts. Diese Fiktion der Rückwirkung habe lediglich zur Folge , dass nicht nur die Hauptforderungen erlöschen, sondern auch Ansprüche etwa auf Verzugszinsen für den Zeitraum bis zur Erklärung der Aufrechnung, die ohne die Rückwirkung nach wie vor bestünden, ab dem Zeitpunkt der Aufrechnungslage wegfielen. Diese materiell-rechtliche Rückwirkung trete aber gleichfalls erst mit Abgabe der Aufrechnungserklärung ein. Sie stehe damit der Auffassung, dass prozessual die Aufrechnungserklärung und nicht die Aufrechnungslage das erledigende Ereignis darstelle, nicht entgegen. Weder die Abwägung der Interessen der Beteiligten noch sonstige Billigkeitserwägungen rechtfertigten ein abweichendes Ergebnis. Es sei grundsätzlich dem beklagten Schuldner zur freien Entscheidung überlassen, ob und wann er durch Erklärung der Aufrechnung (§ 388 Satz 1 BGB) die Erlöschenswirkung (mit der materiellrechtlichen Folge des § 389 BGB) eintreten lassen wolle. Fordere ihn der Kläger vorprozessual zur Zahlung auf, so könne der Schuldner, dem die Aufrechnungslage bekannt sei, durch Erklärung der Aufrechnung vor Rechtshängigkeit eine etwaige Klage von Anfang an unbegründet machen. Sehe der Kläger von einer vorprozessualen Aufforderung ab, könnten ihm gemäß § 93 ZPO die Prozesskosten zur Last fallen. Im Falle einer übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien könne im Rahmen der gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung bei der Verteilung der Kostenlast berücksichtigt werden, ob und gegebenenfalls welcher Partei es billigerweise zuzumuten gewesen sei, die Aufrechnung bereits vorgerichtlich zu erklären.
- 25
- bb) Im Urteil vom 13. Mai 1993 (I ZR 113/91, aaO) hat sich der Bundesgerichtshof ausgehend von einem während des Prozesses durch Aufgabe der Benutzung des Titels erloschenen Werktitelschutzes mit der Frage der Auswirkungen eines vom Kläger verursachten erledigenden Ereignisses befasst. Er ist der oben unter 1 b angeführten Mindermeinung, die für die Frage der Wirksamkeit einer einseitigen Erledigungserklärung auch darauf abheben will, ob das Ereignis, auf das sie sich bezieht, in den Verursachungs- bzw. Verantwortungsbereich des Klägers selbst fällt, nicht beigetreten. Diese Auffassung vernachlässige mit ihrer im Wesentlichen auf Billigkeitserwägungen gründenden Argumentation , dass die befürchteten Kostennachteile der beklagten Partei nach deren Zustimmung zur Erledigung ohne weiteres auch im Rahmen der nach § 91 a ZPO ohnehin nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung abgewendet werden können. Mit Recht stelle die herrschende Meinung daher nur auf den objektiven Eintritt des Ereignisses und nicht auf die Frage einer subjektiven Verantwortlichkeit ab (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1984 - VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, unter 3).
- 26
- 2. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hält der Senat bezüglich der im Streitfall entscheidenden Frage die unter 1 a dargestellte überwiegende Auffassung für zutreffend. Die erstmalige Erhebung der Einrede der Verjährung im Laufe des Verfahrens stellt ein erledigendes Ereignis dar. Dies gilt auch dann, wenn die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist.
- 27
- Der Eintritt der Verjährung hat für sich genommen weder Auswirkungen auf das Bestehen noch auf die Durchsetzbarkeit des Anspruchs (vgl. BGHZ 156, 269, 271; MünchKommBGB/Grothe, 5. Aufl., vor § 194 Rdnr. 5 und § 214 Rdnr. 1; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 214 Rdnr. 1/2). Der Schuldner ist ab dem Verjährungseintritt lediglich berechtigt, dauerhaft die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 100/04, WM 2004, 2443, unter II 2 c; Palandt/Ellenberger, aaO), was dem Anspruch die Durchsetzbarkeit nimmt (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 144/06, BauR 2008, 666, unter IV 3 d; Meller-Hannich, aaO, S. 661). Die Verjährung berührt nach der Konzeption des Bürgerlichen Gesetzbuchs mithin weder den anspruchsbegründenden Tatbestand noch das Bestehen des Rechts des Gläubigers; im Rechtsstreit hat deshalb, selbst wenn die verjährungsbegründenden Umstände als solche vom Kläger selbst vorgetragen werden, auf Antrag Versäumnisurteil gegen den ausgebliebenen Beklagten zu ergehen (BGHZ 156, aaO). An dieser Konzeption hat der Gesetzgeber bei der Novellierung des Verjährungsrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz festgehalten (BGHZ 156, aaO).
- 28
- Ob der Schuldner von der ihm nach Verjährungseintritt zustehenden Einrede der Verjährung Gebrauch macht, steht in seinem freien Belieben (MünchKommBGB /Grothe, aaO). Erhebt der Beklagte erstmals während des Prozesses die Einrede der Verjährung, so wird hierdurch für den Kläger ein Hindernis geschaffen, den geltend gemachten Anspruch erfolgreich durchzusetzen. Seine ursprünglich zulässige und begründete Klage wird durch die Erhebung der Einrede unbegründet. Erst letztere und nicht bereits der Eintritt der Verjährung führt zur sachlichen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (vgl. BGHZ 155, 392, 398 f., zur Aufrechnungserklärung).
- 29
- a) Dass die Verjährungseinrede materiell-rechtlich - etwa hinsichtlich des Verzuges (vgl. hierzu BGHZ 104, 6, 11; 48, 249, 250) - auch auf den Zeitpunkt des Verjährungseintritts zurückwirkt (Meller-Hannich, aaO, S. 658; El-Gayar, aaO), ändert hieran nichts (ebenso Stein/Jonas/Bork, aaO, Rdnr. 6, hinsichtlich der materiell-rechtlichen Rückwirkung bei der Aufrechnungserklärung) und hat insbesondere nicht zur Folge, dass die Klage im Falle der Einredeerhebung als von Anfang an unbegründet zu gelten hat (Meller-Hannich, aaO, S. 663; aA ElGayar , aaO). Wie der Bundesgerichtshof in dem oben unter 1 d aa erwähnten Urteil vom 17. Juli 2003 (BGHZ 155, aaO) hinsichtlich der im Prozess erfolgten Aufrechnungserklärung bereits entschieden hat, tritt die materiell-rechtliche Rückwirkung erst durch die Aufrechnungserklärung ein. Letzterer kommt mithin die Bedeutung des erledigenden Ereignisses im Prozess zu. Es besteht kein sachlicher Grund, dies bei der Einrede der Verjährung anders zu behandeln. In beiden Fällen ist es alleine dem Schuldner überlassen, ob er von der genannten Möglichkeit der Anspruchsabwehr Gebrauch macht. Zudem weist die Verjährungseinrede eine Ähnlichkeit mit der Aufrechnungserklärung insoweit auf, als sie ebenfalls die materielle Rechtslage - mit der entsprechenden Folge für die Begründetheit der Klage - ändert und einen rechtsgeschäftsähnlichen Charakter (vgl. hierzu BGHZ 156, aaO) hat (vgl. Meller-Hannich, aaO; Wernecke, aaO; ElGayar , aaO; Letzterer allerdings mit entgegengesetzter Schlussfolgerung).
- 30
- b) Für die Bewertung der Verjährungseinrede als erledigendes Ereignis ist es ohne Belang, dass der Kläger mit der gerichtlichen Geltendmachung eines bereits verjährten Anspruchs einen wesentlichen Verursachungsbeitrag für die spätere Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache geleistet hat. Wie vom Bundesgerichtshof bereits entschieden, ist bei der Frage, ob ein erledigendes Ereignis vorliegt, allein auf den objektiven Eintritt des Ereignisses und nicht auf die Frage einer subjektiven Verantwortlichkeit abzustellen; auf Billigkeitserwägungen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (BGH, Urteil vom 13. Mai 1993, aaO; Urteil vom 6. Dezember 1984, aaO; ebenso OLG Frankfurt a.M., aaO; OLG Düsseldorf, aaO; OLG München, aaO; OLG Karlsruhe, aaO; Meller-Hannich, aaO, S. 664; El-Gayar, aaO). Billigkeitsgesichtspunkte können im Rahmen einer nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO Bedeutung erlangen, sofern sich der Beklagte - anders als im vorliegenden Fall - der Erledigungserklärung des Klägers anschließt.
- 31
- 3. Das Berufungsgericht hat mithin zu Recht der Erhebung der Verjährungseinrede auch im Falle der bereits vor Rechtshängigkeit eingetretenen Verjährung die Eignung als erledigendes Ereignis beigemessen. Nicht frei von Rechtsfehlern ist hingegen seine auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung über die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, bei der es zu der Bewertung gelangt ist, die Klage sei bis zum Zeitpunkt der Erhebung der Verjährungseinrede zulässig und begründet gewesen, da zwischen den Parteien ein Vergleich wirksam zustande gekommen sei und der Klägerin aus diesem ein Anspruch auf Zahlung von 300 € zugestanden habe. Diese Auslegung der im Rahmen der vorgerichtlichen Verhandlungen der Parteien über eine gütliche Einigung abgegebenen Willenserklärungen weist revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler auf und bindet den Senat daher nicht (vgl. BGHZ 150, 32, 37; BGH, Urteile vom 23. Januar 2009 - V ZR 197/07, NJW 2009, 1810, Tz. 8; vom 8. Januar 2009 - IX ZR 229/07, NJW 2009, 840, Tz. 9).
- 32
- a) Das Berufungsgericht ist - ohne dies im Einzelnen zu begründen - bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass sich die Beklagte durch das mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.Januar 2004 unterbreitete, von der Klägerin durch Anwaltsschreiben vom 9. Februar 2004 angenommene Vergleichangebot zur Zahlung des ursprünglich eingeklagten Betrages von 300 € verpflichtet hat und durch diesen Vergleich alle Ansprüche im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis der Parteien und dessen Beendigung einschließlich des Kautionsrückzahlungsanspruchs der Beklagten abgegolten sein sollten. Dies beruht auf durchgreifenden Rechtsfehlern.
- 33
- aa) Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (Senatsurteil vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, unter II 2 a m.w.N.; MünchKommBGB/Busche, aaO, § 133 Rdnr. 56) und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 150, 32, 37; 121, 13, 16; Senatsurteil vom 17. Januar 2001 - VIII ZR 186/99, WM 2001, 1031, unter II 1 b bb). Bei seiner Willenserforschung hat der Tatrichter aber auch den mit der Absprache verfolgten Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - V ZR 208/06, NJW-RR 2008, 683, Tz. 7 m.w.N.). Dabei sind empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (BGHZ 103, 275, 280; 36, 30, 33; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - I ZR 23/06, NJW 2009, 774, Tz. 25).
- 34
- bb) Diesen Anforderungen wird die Auslegung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Zwar spricht, wovon auch die Revision ausgeht, der Wortlaut des im Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 13. Januar 2004 enthaltenen Vergleichsangebots dafür, dass von der vorgesehenen Abgeltung sämtliche Ansprüche aus dem Mietverhältnis und damit auch der Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution umfasst sein könnten. In diese Richtung weisen bereits die Eingangsformulierung des Vergleichsangebots, wonach der Vergleichsvorschlag im Interesse einer endgültigen und einvernehmlichen Erledigung der Sache erfolge, sowie der anschließende Hinweis, das Vergleichsangebot werde nur für den Fall einer endgültigen Erledigung der Sache abgegeben. Für eine Erstreckung auf sämtliche Ansprüche aus dem Mietverhältnis der Parteien spricht schließlich auch die Formulierung des Vergleichsvorschlags selbst, wonach die Beklagte sich "zur Abgeltung aller Ansprüche im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis gemäß Mietvertrag vom 26.11.1996 und dessen Beendigung" verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 300 € zu zahlen.
- 35
- Bereits im Rahmen der am Wortlaut orientierten Auslegung hätte das Berufungsgericht allerdings berücksichtigen müssen, dass nicht isoliert auf den Wortlaut des unmittelbar auf den Vergleichsabschluss bezogenen Teils des Schreibens der Beklagten vom 13. Januar 2004 abgestellt werden darf, sondern auch der weitere Inhalt dieses Schreibens in die Auslegung einzufließen hat. So wird in den vorhergehenden Absätzen ausgeführt, dass die von der Klägerin geforderte Restmiete für Juli 2003 nicht geschuldet werde und die Schadensersatzforderung "maßlos überzogen" sei. Angesichts dieses Inhalts des Schreibens drängt sich bereits bei der Auslegung anhand des Wortlauts auf, dass der Vergleichsvorschlag der Beklagten nicht so zu verstehen war, dass diese ein Angebot unterbreiten wollte, welches wirtschaftlich zu ihrem Nachteil über dasjenige der Klägerin hinausging.
- 36
- cc) Erst recht legen, wie die Revision zutreffend rügt, die Begleitumstände eine andere Auslegung als die des Berufungsgerichts nahe. Zwar hat das Berufungsgericht, anders als die Revision meint, das zuvor unterbreitete Vergleichsangebot der Klägerin vom 16. Dezember 2003, wie sich insbesondere aus den Ausführungen im letzten Absatz der Ziffer II 1 des Berufungsurteils ergibt , als Auslegungsmaterial berücksichtigt. Es hat hierbei den darin enthaltenen Auslegungsstoff jedoch nicht vollständig gewürdigt und hierdurch allgemein anerkannte Auslegungsregeln verletzt.
- 37
- Während die Klägerin angeboten hatte, die von ihr vorgerichtlich geforderte Zahlung von 1.242,39 € (Schadensersatz und Mietrückstand) mit der Mietkaution zu verrechnen, was bedeutet hätte, dass seitens der Beklagten außer der Einbuße der Mietkaution keine weitere Zahlung zu leisten gewesen wäre , geht das im Anschluss hieran erfolgte Angebot der Beklagten nach seinem isoliert betrachteten Wortlaut dahin, dass die Beklagte die Mietkaution nicht zurückerhält und darüber hinaus eine Zahlung von 300 € an die Klägerin leistet.
- 38
- Die Auslegung des Berufungsgerichts verstößt hiernach gegen den Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. hierzu BGHZ 137, 69, 72; 131, 136, 138; Senatsurteil vom 7. November 2001, aaO; BGH, Urteil vom 3. April 2000, aaO, unter B I 2 b bb). Auch wenn beiden Parteien erkennbar daran gelegen war, zu einer gütlichen Einigung hinsichtlich der aus dem beendeten Mietverhältnis noch bestehenden Ansprüche zu gelangen , steht angesichts des Gesamtinhalts des Vergleichsangebots der Beklagten außer Frage, dass diese die Forderungen der Klägerin als überhöht angesehen hat. Bei vernünftiger Betrachtung kann es daher keinesfalls im Interesse der Beklagten gelegen haben, über den Vergleichsvorschlag der Klägerin hinaus, der rund drei Viertel der von der Beklagten für "maßlos überzogen" erachteten Forderung betrug, zusätzlich 300 € zu zahlen. Hieran ändert der Umstand nichts, dass die Klägerin, wie sich ihrem Schreiben vom 9. Februar 2004 entnehmen lässt, davon ausging, bei einem so verstandenen Vergleichsinhalt ihrerseits von der Erstellung einer Betriebskostenabrechnung abzusehen und auf eine mögliche Nachforderung zu verzichten. Die Betriebskostenabrechung war nicht Gegenstand der Vergleichsverhandlungen der Parteien und insbesondere nicht des Vergleichsangebots der Beklagten vom 13. Januar 2004.
- 39
- b) Da das Vergleichsangebot der Beklagten mithin nicht den Inhalt hatte, von dem das Berufungsgericht ausgegangen ist und den die Klägerin bei ihrer mit Schreiben vom 9. Februar 2004 erklärten Annahme zugrunde gelegt hatte, fehlt es bereits an einer Einigung der Parteien, auf die die Klägerin den mit der Klage ursprünglich geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von 300 € hätte stützen können. Auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage der Anfechtung des Vergleichsangebots durch die Beklagte kommt es daher nicht an.
- 40
- Damit war die Klage bereits vor der Erhebung der Verjährungseinrede unbegründet. Für die durch das Berufungsgericht ausgesprochene Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist folglich kein Raum.
III.
- 41
- Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden , weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die auf Feststellung der Erledigung gerichtete Klage als unbegründet erweist, ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts, das die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat, zurückzuweisen. Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Fetzer Dr. Bünger
AG Halle (Saale), Entscheidung vom 15.08.2008 - 93 C 460/08 -
LG Halle, Entscheidung vom 24.02.2009 - 2 S 228/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein gewerbliches Mietverhältnis fortbesteht.
- 2
- Mit schriftlichem Vertrag vom 18. Januar 1989 vermietete die Rechtsvorgängerin des Klägers an die Rechtsvorgängerin der Beklagten ein erst zu erstellendes Ladenlokal.
- 3
- § 3 des von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gestellten Formularmietvertrages lautet: "(1) Das Mietverhältnis beginnt mit Übernahme des schlüsselfertigen Mietobjektes und läuft 12 Jahre … (2) Der Mieter ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung, die dem Vermieter spätestens 6 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses zugehen muß, die Verlängerung des Mietverhältnisses um 5 Jahre zu verlangen (Option). Dieses Recht kann der Mieter dreimal ausüben. Dem Mieter wird ein weiteres Optionsrecht eingeräumt (Vertragsverlängerung um 3 Jahre - Entscheidungsfrist wiederum 6 Monate
).
(3) Nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume) verlängert sich das Mietverhältnis jeweils um 5 Jahre, falls es nicht seitens einer Vertragspartei spätestens 12 Monate vor seiner Beendigung beendigt wird."- 4
- Das Mietverhältnis begann am 1. Juli 1990.
- 5
- Am 9. Oktober 1998 schrieb die Beklagte an die Klägerin: "… Wir teilen Ihnen mit, dass wir aus wirtschaftlichen Gründen das Mietobjekt zum 31.12.1998 schließen werden. Selbstverständlich ändert sich dadurch nichts an unseren mietvertraglichen Verpflichtungen, die wir auch weiter vollumfänglich erfüllen werden. In beiderseitigem Interesse schlagen wir schon jetzt gemeinsam zu prüfen vor, welche Anschlussverwertungen möglich sind."
- 6
- Zum 31. Dezember 1998 schloss die Beklagte das in den Mieträumen betriebene Filialgeschäft. Anfang Juli 2001 bat die Beklagte den Kläger, einer Untervermietung zuzustimmen. Im anschließenden Schriftwechsel vertrat die Beklagte die Auffassung, dass das Mietverhältnis mit dem 30. Juni 2002 durch Zeitablauf ende.
- 7
- Das Landgericht hat der Klage festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis über den 30. Juni 2002 hinaus fortbestehe und durch ordentliche Kündigung frühestens zum 30. Juni 2007 beendet werden könne, stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
- 9
- 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, das Mietverhältnis zwischen den Parteien sei mit Ablauf des 30. Juni 2002 beendet. Zu diesem Zeitpunkt sei die in § 3 Abs. 1 des Mietvertrages vereinbarte Mietzeit von 12 Jahren abgelaufen , ohne dass es einer vorherigen "Kündigung" des Vertragsverhältnisses durch die Parteien bedurft habe. Das Optionsrecht nach § 3 Abs. 2 des Vertrages habe die Beklagte nicht ausgeübt. Die in § 3 Abs. 3 vereinbarte Verlängerungsklausel sei nach Ablauf der fest vereinbarten ursprünglichen Mietzeit noch nicht anwendbar. Das ergebe eine Auslegung dieser Bestimmung. Bei § 3 Abs. 3 des Mietvertrages handele es sich um eine von der Unternehmensgrup- pe T. für eine Vielzahl von Verträgen verwendete Vertragsbedingung im Sinne von § 1 AGBG. Die Auslegung sei nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB dahin vorzunehmen, dass die Verlängerungsklausel nicht schon nach Ablauf der fest vereinbarten Mietzeit von 12 Jahren, sondern erst nach dieser zuzüglich der vier Optionszeiträume, also erst 30 Jahre nach Mietbeginn, zur Anwendung komme. Die Voraussetzungen des § 5 AGBG seien nicht erfüllt, weil nur eine einzige Auslegung vertretbar sei. Der Wortlaut führe allerdings zu keinem eindeutigen Ergebnis. Zwar lege die Formulierung "nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume) …" ein Verständnis nahe, dass damit der nach Ausübung aller der Mieterin vertraglich eingeräumten Optionsrechte verstrichene Zeitraum gemeint sei. Indessen erscheine aber auch eine Interpretation dahin möglich, dass die Verlängerungsklausel sowohl für die fest vereinbarte Mietzeit von 12 Jahren als auch für aufgrund Optionsausübung begründete weitere Vertragsabschlüsse gelten solle.
- 10
- Lasse der Wortlaut mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, so sei derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führe. Dem entspreche allein das Verständnis der Beklagten. Die Kumulation von Verlängerungsklausel , Kündigungsmöglichkeit zum Ablauf der festen Mietzeit für beide Parteien und Optionsrechte könne bei Vereinbarung einer festen Mietzeit zwar sinnvoll sein, weil sie dem Mieter die Möglichkeit gebe, durch seine Optionserklärung die Beendigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter zu verhindern. Entgegen der Auffassung des Klägers sei eine solche Kumulation aber nicht immer sinnvoll und im Zweifel nicht gewollt. Bei der hier vorliegenden Vertragsgestaltung führe sie zu Widersprüchlichkeiten, weil für beide Parteien die Frist nach § 3 Abs. 3 12 Monate, die Frist für die Option des Mieters nach § 3 Abs. 2 aber nur sechs Monate betrage. Lasse man die Verlängerungsklausel bereits nach Ablauf der zunächst vereinbarten Mietzeit von 12 Monaten und nicht erst nach Ablauf der Mietzeit zuzüglich der Optionszeiträume eingreifen, werde der Mieterin die in § 3 Abs. 2 eingeräumte Möglichkeit genommen, sich erst sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit zu entscheiden, ob sie von ihrem Optionsrecht Gebrauch machen wolle oder nicht. Bei Unentschiedenheit werde sie gezwungen, vorsorglich bereits 12 Monate vor dem vereinbarten Vertragsende einer Verlängerung des Mietvertrages zu widersprechen, um ein möglicherweise gegen ihren Willen erfolgendes Wirksamwerden der Verlängerungsklausel nach § 3 Abs. 3 des Vertrages zu verhindern. Entscheide sie sich später dann für eine Verlängerung des Vertrages und übe sie ihr Optionsrecht nach § 3 Abs. 2 aus, laufe sie Gefahr, dass ihr die Einrede widersprüchlichen Verhaltens entgegengesetzt werde.
- 11
- 2. Die Auslegung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 12
- a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Regelung in § 3 Abs. 3 des Mietvertrages um eine vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne von § 1 AGBG, die von der Unternehmensgruppe T. für eine Vielzahl von Verträgen verwendet worden ist. Der Senat kann die Klausel selbst auslegen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Unternehmensgruppe die Klausel über den Bezirk des Oberlandesgerichts hinaus verwendet hat, da nunmehr auch gegen Berufungsurteile der Landgerichte eine Revision stattfinden kann (vgl. Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - NJW 2005, 2919, 2921).
- 13
- b) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass bei der Auslegung vorformulierter Vertragsbedingungen die allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB gelten (MünchKomm/Basedow AGB-Gesetz 4. Aufl. § 5 Rdn. 1) und in erster Linie vom Wortlaut der Erklärung auszugehen ist (Palandt/Heinrichs BGB 65. Aufl. § 133 Rdn. 14 m.w.N.). Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, dass der Wortlaut hier zu keinem eindeutigen Ergebnis führt. Die Formulierung "nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume)" lässt die Auslegung zu, dass es erst nach Ausübung aller der Mieterin eingeräumter Optionsmöglichkeiten zu einer Verlängerung des Mietvertrages nach Abs. 3 kommen soll. Aber auch die Meinung, dass schon nach Ablauf der regulären Mietzeit von 12 Jahren eine Vertragsverlängerung gemäß Abs. 3 eintritt, wenn keine der Parteien ein Jahr vor Ablauf der Mietzeit die Beendigung erklärt, ist mit dem Wortlaut der Klausel ohne weiteres vereinbar. Lässt der Wortlaut mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, so ist, wie das Berufungsgericht richtig sieht, derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt (Palandt/Heinrichs aaO Rdn. 18 m.w.N.).
- 14
- Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Anwendung der Verlängerungsklausel bereits nach Ablauf der regulären Mietzeit führe zu Widersprüchlichkeiten , die den Interessen der Parteien entgegenstünden, teilt der Senat jedoch nicht. Zwar trifft es zu, dass bei dieser Auslegung der Mieter bereits 12 Monate vor dem vereinbarten Vertragsende eine Entscheidung treffen muss; auch kann es sein, dass ihm widersprüchliches Verhalten entgegengehalten wird, wenn er zunächst eine Verlängerung ablehnt, aber später seine Meinung ändert und von seinem Optionsrecht Gebrauch machen will. Das Berufungsgericht räumt bei seiner Interessenabwägung diesem Umstand aber ein Gewicht ein, das ihm bei ausgewogener Berücksichtigung der Interessen beider Parteien nicht zukommt.
- 15
- aa) Die Verlängerungsklausel mit der einjährigen "Kündigungsfrist" (§ 3 Abs. 3) und die Optionsregelung mit der Sechsmonatsfrist (§ 3 Abs. 2) stehen selbständig nebeneinander. Insbesondere ist das Verlängerungsrecht in Abs. 3 eigenständig und nicht als Unterfall des Optionsrechts geregelt. Dafür spricht bereits die Ausgestaltung beider Regelungen in jeweils selbständigen Absätzen. Aber auch inhaltlich beeinträchtigt die Verlängerungsklausel das Optionsrecht über den vom Berufungsgericht angeführten - eher seltenen und vom Mieter beherrschbaren - Fall hinaus nicht. Vielmehr kann der Mieter nach Ablauf der Verlängerung das ihm eingeräumte Optionsrecht uneingeschränkt ausüben. Wenn der Vermieter die Verlängerung nicht will und deshalb "kündigt", kommt das Optionsrecht zur Geltung. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung kann der Gesamtregelung auch nicht entnommen werden, dass der Mieter für jedwede Art der Vertragsverlängerung die Entscheidungsfreiheit bis sechs Monate vor Erreichen des regulären Vertragsendes haben sollte. Im Gegenteil müsste, käme die Verlängerungsklausel entsprechend der Auffassung des Berufungsgerichts erst nach Ablauf der gesamten Optionszeit zur Anwendung, der Mieter ebenfalls bereits ein Jahr vor Ablauf entscheiden, ob er nach Ende des letzten Optionszeitraumes die Verlängerung will.
- 16
- bb) Der Senat sieht keine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten, wenn sie sich spätestens ein Jahr und nicht erst sechs Monate vor Ablauf der regulären Mietzeit entscheiden muss, ob sie eine automatische Verlängerung nach § 3 Abs. 3 verhindern will. Entscheidet sie sich gegen eine Beendigung und damit für die Verlängerung, wird der Mietvertrag um weitere fünf Jahre fortgesetzt und die Beklagte behält im Anschluss daran die Optionsmöglichkeit nach § 3 Abs. 2. Ein Nachteil kann ihr überhaupt nur entstehen, wenn sie sich zunächst gegen die Verlängerung ausspricht, aber später ihr Optionsrecht dennoch ausüben will. Vor den Folgen eines solchen widersprüchlichen Verhaltens muss sie jedoch nicht durch eine zu Lasten des Vermieters gehende Interessenauslegung geschützt werden. Den vom Berufungsgericht geschilderten Entscheidungskonflikt im Falle der Unentschlossen- heit kann die Beklagte ohne Schwierigkeiten bewältigen. So kann sie etwa dem Einwand widersprüchlichen Verhaltens dadurch vorbeugen, dass sie sich bei Ablehnung der Verlängerung nach § 3 Abs. 3 das Optionsrecht ausdrücklich vorbehält. Will der Vermieter den Vertrag nicht fortsetzen und "kündigt" er deshalb seinerseits, dann entsteht auch bei dieser Auslegung für die Mieterin kein Nachteil, weil sie durch Ausübung ihres Optionsrechts die Verlängerung gegen den Willen des Vermieters erzwingen kann.
- 17
- cc) Geht man demgegenüber davon aus, dass sich der Vertrag nicht schon nach Ablauf der regulären Mietzeit (12 Jahre) automatisch verlängert, ist der Vorteil für die Mieterin gering. Zwar verbleiben ihr sechs Monate mehr an Bedenkzeit. Es ist aber eher fern liegend, dass die Entscheidung für sie dann leichter wird. Wenn sie nach elf Jahren unentschlossen ist, wird ihr die Entscheidung nach elfeinhalb Jahren in aller Regel nicht leichter fallen. Der Entscheidungsdruck könnte sich für sie sogar erhöhen. Macht sie nämlich von der ersten Option keinen Gebrauch, so verliert sie ihr gesamtes Optionsrecht endgültig.
- 18
- dd) Es darf auch nicht übersehen werden, dass die Mieterin bei dieser Auslegung neben dem (geringen) Nachteil, sich bereits ein Jahr vor Vertragsende entscheiden zu müssen, einen erheblichen Vorteil erlangt. Sie hat, wenn der Vermieter nicht "kündigt", die Möglichkeit, das Mietverhältnis über die in Abs. 2 eingeräumten Optionsmöglichkeiten hinaus um weitere fünf Jahre zu verlängern, ein Vorteil, der den vom Berufungsgericht hervorgehobenen Nachteil ausgleichen kann. "Kündigt" der Vermieter, so erleidet die Mieterin keinen Nachteil, weil ihr in jedem Falle 18 Jahre Optionsmöglichkeit gemäß Abs. 2 verbleiben.
- 19
- ee) Schließlich darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verlängerungsklausel mit der einjährigen "Kündigungsfrist" für beide Seiten gilt. Ein Entscheidungskonflikt kann auch beim Vermieter entstehen. Kündigt er nicht ein Jahr vor Ablauf der regulären Mietzeit, dann verlängert sich das Mietverhältnis ebenfalls um fünf Jahre. Entscheidet er sich für die Kündigung, so kann ihm die Mieterin mit der Ausübung der Option entgegentreten. Der Vermieter muss damit seine Entscheidung genauso früh wie die Mieterin treffen, ohne seinerseits die Möglichkeit einer Option zu haben, wenn die Mieterin sich gegen eine Fortsetzung entscheidet.
- 20
- ff) Letztlich kann die Verlängerungsmöglichkeit bereits am Ende der regulären Mietzeit auch zu einem gewissen Ausgleich der beiderseitigen Interessen führen. Die in Abs. 2 vorgesehene Optionsmöglichkeit begünstigt nämlich einseitig die Mieterin. Sie hat jeweils viereinhalb Jahre Zeit, um sich klar zu werden, ob sie die Option ausüben will, und muss ihre Entscheidung dem Vermieter erst sechs Monate vor Mietende mitteilen. Schöpft sie diese Möglichkeit voll aus, verbleiben dem Vermieter gerade sechs Monate Zeit zur Suche eines Nachmieters. Es wäre deshalb interessengerecht, wenn dem Vermieter bei der erstmaligen Verlängerung nach immerhin 12 Jahren gemäß § 3 Abs. 3 ein Jahr Zeit verbliebe, um einen neuen Mieter zu suchen.
- 21
- c) Aus den dargelegten Überlegungen hält der Senat eine vom Berufungsgericht abweichende Auslegung für möglich. Andererseits ist eine Auslegung zugunsten des Klägers ebenfalls nicht zwingend. Da nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt, geht nach § 5 AGBG die Unsicherheit zulasten der Beklagten, deren Rechtsvorgängerin die Klausel verwendet hat und die deshalb die Folgen der fehlenden Eindeutigkeit tragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1997 - X ZR 146/94 - NJW 1997, 3434, 3435). Das bedeutet, dass der Vertrag nach Ablauf der regulären Laufzeit mangels "Kündigung" um fünf Jahre verlängert wurde.
- 22
- d) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat die Beklagte nicht rechtzeitig einer Verlängerung nach Abs. 3 widersprochen. Das Berufungsgericht hat das Schreiben der Beklagten vom 9. Oktober 1998 nicht ausgelegt. Da weiterer Vortrag hierzu nicht zu erwarten ist, kann der Senat die Erklärung selbst auslegen (BGH, Urteil vom 19. März 1992 aaO). Sie ist nicht dahin zu verstehen, dass die Beklagte die Fortsetzung des Mietverhältnisses abgelehnt hat. Die Beklagte hat lediglich erklärt, in beiderseitigem Interesse solle die Möglichkeit der Anschlussverwertung geprüft werden. Eine Beendigung im Sinne von § 3 Abs. 3 ist darin nicht zu sehen. Die Beklagte hätte das Mietobjekt auch selbst verwerten können, weil ihr in § 5 die Möglichkeit der Untervermietung eingeräumt ist.
- 23
- 3. Das Landgericht hat der Feststellungsklage daher zu Recht stattgegeben. Diese Entscheidung kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen selbst treffen, da weiterer entscheidungserheblicher Sachvortrag nicht zu erwarten ist.
Vorinstanzen:
LG Offenburg, Entscheidung vom 26.03.2002 - 4 O 64/01 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 07.11.2003 - 14 U 74/02 -
Tenor
Das am 29.01.2015 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen (Aktenzeichen 6 O 357/14) wird auf die Berufung der Klägerin wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48.804,63 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 % vom 17.08.2012 bis zum 25.11.2014 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem 26.11.2014 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von den Kosten für die vorgerichtliche Inanspruchnahme der Kanzlei C in Höhe von 2.099,76 Euro freizustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2 3A)
4Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, Vorfälligkeitsentschädigungen i.H.v. 48.804,63 € zurückzuerstatten, die von der Klägerin an sie für die im Jahr 2012 erfolgte vorzeitige Ablösung dreier Darlehensverträge gezahlt wurden.
5Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.07.2014 hat die Klägerin die Darlehensverträge widerrufen.
6Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ein etwaiges Widerrufsrecht der Klägerin sei dadurch erloschen, dass die Parteien im Jahr 2012 Aufhebungsverträge abgeschlossen hätten.
7Im Übrigen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, ein etwaiges Widerrufsrecht der Klägerin sei verwirkt. Die Klägerin habe mehrere Jahre bis zur Geltendmachung des Widerspruchs verstreichen lassen. Zudem habe sie die Darlehensverträge erst 2 Jahre nach vollständiger Vertragsaufhebung widerrufen und eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt. Bei dieser Sachlage habe sie sich darauf einrichten dürfen, dass die Klägerin von einem etwaig ihr zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen wird. Zudem hat sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung berufen.
8Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich verfolgten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
9Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen. Das Widerrufsrecht der Klägerin sei mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung zwar nicht verfristet gewesen. Die Beklagte könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie nicht die Musterbelehrungen zu § 14 BGB-InfoVO verwandt habe. Die Klägerin habe gleichwohl ihr Widerrufsrecht nicht mehr wirksam ausüben können, weil es verwirkt gewesen sei.
10Das Zeitmoment sei gegeben, weil seit Abschluss der Darlehensverträge am 23./25.07.2007 bis zum Widerruf am 04.07.2014 bereits 6 ¾ Jahre vergangen gewesen seien.
11Das Umstandsmoment sei durch den Abschluss der Aufhebungsverträge im Juli bzw. August 2012 und der unmittelbar darauf von der Klägerin vorgenommenen Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen erfüllt worden. Insoweit setzt sich das Landgericht eingehend mit den in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Rechtsausführungen auseinander.
12Gegen diese Entscheidung richtet sich die Klägerin mit der Berufung.
13Sie ist der Auffassung, ihr Widerrufsrecht sei nicht verwirkt. Insbesondere sei ihr Widerrufsrecht nicht durch den Aufhebungsvertrag erloschen. Sie habe schließlich nichts von ihrem Widerrufsrecht gewusst. Zudem habe die Beklagte arglistig gehandelt, weil sie ihr in dem Schreiben vom 20.06.2012 nicht mitgeteilt habe, dass sie die Darlehensverträge auch ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung hätte beenden können.
14Im Übrigen ist die Klägerin der Meinung, dass die Beklagte nicht schutzbedürftig sei. Denn es sei schließlich die Beklagte gewesen, die ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Belehrung der Klägerin über das ihr zustehende Widerrufsrecht verletzt habe. Die Beklagte habe daher zu keiner Zeit davon ausgehen dürfen, dass sie den Vertrag nicht doch noch widerrufen werde.
15Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils,
161. die Beklagte zu verurteilen, an sie 48.804,63 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 2 % p.a. seit dem 17.08.2012 bis zum 25.11.2014 sowie weitere Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 26.11.2014 zu zahlen;
172. die Beklagte zu verurteilen, sie von den Kosten für die vorgerichtliche Inanspruchnahme der Kanzlei C i.H.v. 2.099,76 € freizustellen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
20Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung des Landgerichts und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Tatsachenvortrag. Sie bleibt bei ihrer Meinung, dass der Widerruf der Klägerin verwirkt gewesen sei, da er erst 7 Jahre nach Vertragsabschluss und 2 Jahre nach vollständiger Vertragsaufhebung ihr gegenüber erklärt worden sei.
21Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Partei nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
22B)
23Die Berufung ist begründet. Die Klage ist begründet.
24I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte gemäß §§ 346 ff., 357 Abs. 1 S. 1, 355 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung von 48.804,63 € zu, weil sie mit anwaltlichem Schreiben vom 04.07.2004 die im Jahre 2007 geschlossenen Darlehensverträge wirksam widerrufen hat.
251. Mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin die Darlehensverträge aus dem Jahr 2007 mit Schreiben vom 04.07.2014 wirksam widerrufen konnte, weil die Widerrufsbelehrungen fehlerhaft waren. Dieser Darstellung der Rechtslage tritt auch die Beklagte im Rahmen ihrer Berufungserwiderung nicht entgegen.
262. Die Beklagte kann sich entgegen ihrer Auffassung auch nicht auf § 14 Abs. 1 BGB-InfV berufen, weil sie in der Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag vom 30.01.2008 von der Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zur BGB-InfoV abgewichen ist. Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass sich ein Unternehmer nur dann auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV berufen kann, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 28.06.2011, Az.; XI ZR 349/10, Juris Rz. 37). Dies ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil die Belehrung für finanzierte Grundstücksgeschäfte abweichend von der Musterbelehrung umgesetzt wurde. Zudem enthält die Widerrufsbelehrung Zusätze. Weiterhin findet sich in der Überschrift - abweichend von der Musterwiderrufsbelehrung - ein Hinweis auf eine Fußnote, in der die Aufforderung enthalten ist „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ Schließlich ist auch der Klammerzusatz betreffend mögliche Angaben zum Widerrufsadressaten in den streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen in Fußnote 1 in der verwendeten Form zumindest gestalterisch in der Musterbelehrung nicht vorgesehen.
273. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Beklagten, durch den Jahr 2012 abgeschlossenen Aufhebungsvertrag seien die Widerrufsrechte der Klägerin erloschen. Ist eine Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß erteilt, so entspricht es ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt wird. Der Widerruf kann daher - unbefristet - erfolgen. Dies kann sogar dann geschehen, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht (vgl. nur Senat, Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13, Juris Rz. 26; Senat, Urteil vom Urteil vom 25.03.2015; 31 U 155/14; OLG Zweibrücken Beschluss vom 10.5.2012 Az. 7 U 84/09).
284. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist das Widerrufsrecht der Klägerin auch nicht verwirkt.
29Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11 Rz. 39). Außerdem fehlt es an konkretem Vortrag, dass und aus welchen Gründen sich die Beklagte, die – anders als die Klägerin – hätte erkennen können, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass Anleger Verträge nicht auch noch Jahre nach deren Abschluss und gegebenenfalls auch dann noch widerrufen, wenn der betreffende Darlehensvertrag zwischenzeitlich einvernehmlich aufgehoben worden ist. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte in der Lage gewesen wäre, die Klägerin in wirksamer Form nachzubelehren (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass es eine gesetzgeberische Entscheidung war, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehlt. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung durch die Berufung auf § 242 BGB zu entziehen.
30Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln vom 25.01.2012 (13 U 30/11), des KG, Urteil vom 16.08.2012 (8 U 101/2012) und des OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2014 (14 U 55/13). Diese Entscheidungen beruhen jeweils auf die von den genannten Gerichten getroffen Feststellungen tatsächlicher Art und können daher nicht einschränkungslos auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden (Senat, Hinweisschreiben vom 25.08.2014, 31 U 74/14).
315. Infolge des Widerrufs der auf Abschluss des Darlehensverträge im Jahr 2007 und der Restschuldversicherungen gerichteten Willenserklärungen der Klägerin sind die zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge gemäß § 358 Abs. 1 i.V.m. §§ 358 Abs. 4, 347, 346 BGB rückabzuwickeln. Der Klägerin steht daher ein Anspruch auf Erstattung der von ihr an die Beklagte gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung zu
32II. Schließlich kann die Klägerin auch gemäß § 280 Abs. 1 BGB die Freistellung von den von ihr zu zahlenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren verlangen. Dadurch, dass die Beklagte der Klägerin eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erteilt hat, hat sie eine Pflichtverletzung begangen, die sie zum Schadensersatz verpflichtet (§ 280 Abs. 1 BGB). Der Höhe nach hat die Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch nicht angegriffen.
33III. Bis zum 25.11.2014 einschließlich kann die Klägerin die geltend gemachten Zinsen i.H.v. 2 % als Nutzungsersatz verlangen (§ 346 Abs. 1 BGB). Mit Rechtshängigkeit der Klageforderung steht der Klägerin ab dem 26.11.2014 gemäß §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu.
34IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Z. 10, 711 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.10.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.999,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2 3A)
4Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte im Hinblick auf die vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge mit der Nr. #### und #### ein Anspruch auf Rückzahlung von dem Kläger geleisteter Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 5.999 € zusteht.
5Wegen des weiteren Tatsachenvortrags einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
6Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
7Mit dieser Entscheidung ist der Kläger nicht einverstanden. Fehlerhaft sei die Auffassung des Landgerichts, dass das ihm zustehende Widerrufsrecht verwirkt sei. Für die Beurteilung des Argumentes könne nicht auf den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Darlehensverträge und der Erklärung des Widerrufs abgestellt werden, da die Beklagte den Kläger habe ordnungsgemäß nachbelehren können und müssen. Zudem sei auch das Umstandsmoment nicht gegeben, da die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie ihm keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt habe.
8Der Kläger beantragt,
9das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.999 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
12Sie verteidigt die angefochtene scheint Entscheidung und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.
13Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Partei nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
14B)
15Die Berufung ist begründet. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 346, 357, 355 Abs. 3 S. 3 BGB Zahlung eines Teilberags von 5.999 € verlangen.
16I. Der Kläger hat die Darlehensverträge vom 07.05.2009 mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.11.2013 wirksam widerrufen. Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB 6 Monate nach Vertragsschluss erloschen, weil der Kläger von der Beklagten nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB). Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprochen hat. Insbesondere hätten entsprechend der Nr. 10 der Gestaltungshinweise die allgemeinen Hinweise zu finanzierten Geschäften durch die speziellen Hinweise zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken ersetzt werden müssen. Ebenso hat das Landgericht mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass nach dem Gestaltungshinweises Nr. 10 bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Paranthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend hätten entfernt werden müssen.
17II. Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Weicht nämlich die Widerrufsbelehrung – wie aufgezeigt – teilweise von der Belehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV in der Fassung vom 01.04.2008 bis zum 03.08.2009 ab, kann sich ein Unternehmer nicht mehr auf die Schutzwirkung des §§ 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV berufen (vgl. BGH NJW 2011, 1061; BGH NJW-RR 2012, 183).
18III. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass das Widerrufsrecht des Klägers durch die im Jahr 2009 erfolgte Vertragsaufhebung gegenstandslos geworden sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats steht einem Widerruf des Vertrags nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch einen weiteren Vertrag abgelöst worden ist (vgl. Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13). Da dem Kläger keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt worden ist, kann der Widerruf – unbefristet – erfolgen. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht (vgl. auch OLG Zweibrücken Beschluss vom 10.5.2012 Az. 7 U 84/09).
19IV. Die Forderung des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11 Rz. 39). Außerdem fehlt es an konkretem Vortrag, dass und aus welchen Gründen sich die Beklagte, die ohne weiteres hätte erkennen können, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass Anleger Verträge nicht auch noch Jahre nach deren Abschluss und gegebenenfalls auch dann noch widerrufen, wenn der betreffende Darlehensvertrag zwischenzeitlich einvernehmlich aufgehoben worden ist. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Kläger in wirksamer Form nachzubelehren (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass es eine gesetzgeberische Entscheidung war, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehlt. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung unter Hinweis auf § 242 BGB zu entziehen. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln vom 25.01.2012 (13 U 30/11), KG, Urteil vom 16.08.2012 (8 U 101/2012) und OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2014 (14 U 55/13). Diese Entscheidungen beruhen jeweils auf die von den genannten Gerichten getroffen Feststellungen tatsächlicher Art und können daher nicht einschränkungslos auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden (Senat, Hinweisschreiben vom 25.08.2014, 31 U 74/14).
20V. Die begehrten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz kann der Kläger - wie zuletzt beantragt - als Nutzungsersatz nach § 818 I BGB ab dem 05.12.2011 verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 I BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/123, Juris Rz. 71).
21VI. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
22(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
Tenor
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu voll streckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt Rückabwicklung einer Vorfälligkeitsentschädigungszahlung aufgrund des Widerrufs von Darlehensverträgen, nachdem diese Darlehensverträge einvernehmlich vorzeitig aufgehoben und abgelöst worden sind.
3Am 02.10.2003 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Darlehensvertrag mit der Nr. 652014903 in Höhe von 79.800 Euro und einen Darlehensvertrag mit der Nr. 652232760 über 25.200 Euro ab. Der Abschluss der Verträge erfolgte in den Geschäftsräumen der Beklagten in H, wobei der Klägerin jeweils eine Widerrufsbelehrung über Haustürgeschäfte überreicht wurde.
4Am 13.03.2008 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen weiteren Darlehensvertrag mit der Nr. 0652255738 über 30.000 Euro ab. Dieser löste den Darlehensvertrag mit der Nr. -760 ab. Hinsichtlich des Darlehens -903 vereinbarten die Parteien mit Vertrag ebenfalls vom 13.03.2008 eine Zinsneuvereinbarung von 4,9% zum 01.11.2008.
5Hinsichtlich der beiden noch bestehenden Darlehen -903 und -738 trafen die Parteien unter dem 30.11.2012 jeweils eine Vereinbarung über eine vorzeitige Rückzahlung. Für das Darlehen mit der Nummer 0652014903 wurde eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 9.904,93 Euro, für das Darlehen mit der Nr. 0652255738 in Höhe von 3.471,30 Euro vereinbart. Am 09.01.2013 löste die Klägerin ihre laufenden Darlehen -738 und -903 ab und führte diese einschließlich der Vorfälligkeitsentschädigung zurück.
6Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.04.2013 erklärte die Klägerin den Widerruf. Mit weiterem Schreiben vom 28.10.2013 erklärte die Klägerin erneut den Widerruf und forderte die Beklagte zur Rückerstattung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen auf. Die Beklagte lehnte die Rückerstattung der Vorfälligkeitsentschädigungen mit der Begründung ab, dass ein Widerruf nicht möglich sei, da die Darlehensverträge durch die Vereinbarung zur vorzeitigen Rückführung des Darlehens erloschen seien.
7Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Anspruch auf Rückerstattung der Vorfälligkeitsentgelte zu, da sie die Darlehensverträge wirksam widerrufen habe. Die zweiwöchige Widerrufsfrist habe nie zu laufen begonnen, da sie vor Abschluss der Darlehensverträge fehlerhaft über ihr Widerrufsrecht aus § 495 I i.V.m. § 355 BGB belehrt worden sei und die Widerrufsbelehrungen rechtliche Fehler enthalten würden. Ihr Widerrufsrecht sei auch nicht verwirkt. Sie habe ihr Widerrufsrecht bis zum April 2013 nicht gekannt.
8Auf Grund ihres erklärten Widerrufs bestehe kein Rechtsgrund für die beiden geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen. Sie behauptet zudem, durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht zu haben, sich von dem Vertragsverhältnis lösen zu wollen. Als sie 2008 nicht in der Lage gewesen sei, das Darlehen vollständig aus den Mitteln ihres Hausverkaufs abzulösen, habe sie das Anschlussdarlehen abschließen müssen. In diesem Zusammenhang sei ihr mitgeteilt worden, dass eine vorzeitige Ablösung des Darlehensvertrages nur dann möglich sei, wenn die Anschlussfinanzierung ebenfalls bei der Beklagten vorgenommen werde und zusätzlich eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werde. Bei der Zinsvereinbarung am 13.03.2008 habe die Beklagte ebenfalls die Möglichkeit, sich vom Darlehensvertrag zu lösen, verneint.
9Die Klägerin beantragt,
101) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 14.213,35 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
112) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 79,16 Euro zu zahlen,
123) die Beklagte zu verurteilen, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin in Höhe von 1.034,11 Euro zu zahlen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Die Beklagte ist der Ansicht, die Vorfälligkeitsentgelte stünden ihr auf Grund der Aufhebungsvereinbarungen vom 30.11.2012 zu. Die Klägerin sei nicht mehr zum Widerruf der Darlehensverträge berechtigt. Die ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrungen hätten die jeweiligen Widerrufsfristen in Gang gesetzt. Diese seien zum Zeitpunkt der Erklärung nicht nur bereits abgelaufen gewesen, ein Widerruf nach den Aufhebungsvereinbarungen und Ablösungen sei darüber hinaus nicht mehr möglich. Die Aufhebungsvereinbarungen hätten eine gesonderte Rechtsgrundlage für eine Vorfälligkeitsvereinbarung geschaffen. Es gebe keinen Anspruch auf Rückzahlung der vorbehaltlos geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen. Darüber hinaus sei der Widerruf auf Grund des langen Zeitablaufs bis zum erklärten Widerruf verwirkt.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18I.
19Die zulässige Klage ist unbegründet.
201)
21Der Klägerin stehen keine Rückzahlungsansprüche aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zu, da die Zahlungen der Vorfälligkeitsentgelte durch die Klägerin nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sind. Rechtsgrund für die Zahlungen waren die Aufhebungsvereinbarungen vom 30.11.2012 zu den beiden Darlehen, die am 09.01.2013 vollständig abgelöst wurden. Es kann dahinstehen, ob eine wirksame Widerrufsbelehrung zu den Darlehensverträgen vorlag, da der Widerruf erst zu einem Zeitpunkt erklärt wurde, als die Parteien einvernehmlich bereits die beiden Darlehensverträge aufgehoben hatten und die Ablösung vollständig erfolgt war.
22a)
23Die Kammer vertritt die Auffassung, dass die Rückabwicklung nach Widerruf grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommt, wenn der Vertrag, um den es geht, bereits durch einvernehmliche Vertragsaufhebung zum Wegfall gekommen ist. Bei dem Widerrufsrecht handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, dessen Ausübung einseitig und unmittelbar auf ein bestehendes Rechtsverhältnis einwirkt und dieses verändert. Gerade weil es aus einem bestehenden Rechtsverhältnis erwächst, handelt es sich um ein unselbständiges Gestaltungsrecht, das auf Erwerb, Änderung oder Aufhebung der Rechtsstellung gerichtet ist. Ein nicht mehr bestehendes, weil bereits abgewickeltes, Rechtsverhältnis kann jedoch nicht mehr gestaltet werden.
24Diese Frage ist allerdings höchstrichterlich ungeklärt. Die von der Klägerin für sich in Anspruch genommene Entscheidung des BGH vom 24.11.2009 (XI ZR 260/08) äußert sich nur zur zeitlichen Geltung von § 2 Abs. 1 S. 4 HwiG a.F. und trifft sonst keine weitere Aussage zur Möglichkeit des Widerrufs nach Vertragsaufhebung. Eine Entscheidung des IV. Zivilsenates v. 16.10.2013 (IV ZR 52/12) befasst sich mit einem Lebensversicherungsvertrag und spricht i.E. eher dafür, eine Widerrufsmöglichkeit nach vollständiger Abwicklung abzulehnen. Der 20. Zivilsenat des OLG Hamm hat in einer Entscheidung vom 31.08.2011 (20 U 81/11) für einen Lebensversicherungsvertrag entschieden, dass ein Widerruf nach Kündigung nicht möglich sei. Eine Entscheidung eines Bankensenates des OLG Hamm zu diesem Themenkreis ist der Kammer nicht bekannt. Das OLG Düsseldorf hat den Widerruf eines Darlehensvertrages für grundsätzlich ausgeschlossen gehalten, wenn das Darlehensverhältnis bereits auf andere Weise zum Wegfall gekommen ist (Beschluss v. 18.01.12, 6 W 221/11) – so auch das LG Essen mit Urteil v. 24.04.2014, 6 O 12/14 (Bl. 181 d.A.). In einer Entscheidung vom 09.01.2014 (14 U 55/13) hat das OLG Düsseldorf Verwirkung angenommen (allerdings bei einem Zeitraum von knapp 5 Jahren zwischen Vertragsaufhebung und Widerrufserklärung). Auch der 17. Zivilsenat des OLG Frankfurt (17 W 11/14) geht in einem Beschluss v. 10.03.14 von Verwirkung (bei erheblich kürzerer Zeitspanne) aus (Anlage KE 12 der Beklagten).
25b)
26Bei dem Widerrufsrecht handelt es sich seiner Natur nach um ein besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht. Wie dieses dient es der Umgestaltung eines noch bestehenden Schuldverhältnisses und kann deshalb keine Anwendung finden, wenn der Vertrag, um dessen Widerruf es geht, bereits auf andere Weise zum Wegfall gekommen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2012 – 6 W 221/11 –, m.w.N., juris, so auch Landgericht Essen, Urteil vom 24.04.2014 , -6 O 12/14-).
27Ein Widerruf ist folglich nach vollständiger Vertragsbeendigung und -abwicklung nicht mehr möglich. Das Widerrufsrecht soll vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt, ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen ist. Soweit der Verbraucherschutz es gebietet, besteht das Widerrufsrecht nach der Rechtsprechung des BGH zwar auch bei einem anfechtbaren oder nichtigen Vertrag, da es in einem solchen Fall der Schutzzweck des Widerrufsrechts gebietet, dem Verbraucher die Möglichkeit zu erhalten, sich durch Ausübung eines an keine materiellen Voraussetzungen gebundenen, einfach auszuübenden Rechts einseitig vom Vertrag zu lösen, ohne mit dem Unternehmer in eine rechtliche Auseinandersetzung über die Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit des Vertrages eintreten zu müssen (vgl. BGH Urt. v. 25.11.2009, -VIII ZR 318/08-, juris). Der BGH führt in der v.g. Entscheidung aber zugleich aus, dass es in diesem Zusammenhang darum geht, dem Verbraucher die Wahl zu erhalten, ob er den Vertrag mit der Rechtsfolge der Rückabwicklung nach §§ 346 ff BGB widerruft oder sich für eine Anfechtung bzw. Nichtigkeit des Vertrages mit der daraus resultierenden bereicherungsrechtlichen Abwicklung nach §§ 812 ff BGB entscheidet (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 31. August 2011 – 20 U 81/11–, juris).
28c)
29Im vorliegenden Streitfall wurden der ursprüngliche Kreditvertrag vom 02.10.2003 Nr. -903 wie auch der dem Vertrag Nr. -760 nachfolgende Vertrag Nr. -738, der diesen vollständig ersetzt hat, einvernehmlich aufgehoben und abgelöst. Für deren Widerruf ist daher schon deshalb kein Raum mehr, weil sie nach der ausdrücklichen Ablösungsvereinbarung ohnehin keinen Bestand mehr haben. Die Klägerin hat sich bereits fünf Monate vor der anwaltlichen Widerrufserklärung für eine andere Möglichkeit entschieden, sich von dem Vertrag zu lösen. Sie hat von ihrem etwaigen Wahlrecht bereits Gebrauch gemacht und durch die Wahl der Aufhebung zugleich zum Ausdruck gebracht, dass sie diese Bindung nicht ex tunc (also rückwirkend), sondern nur ex nunc (also für die Zukunft) beseitigen will bzw. im Umkehrschluss eine Bindung für die Vergangenheit gerade anerkannt. Das OLG Hamm hat in einem Fall, indem sich eine Klägerin für die Kündigung einer Lebensversicherung entschieden hat, ausgeführt, dass bei dieser Sachlage auch im Sinne des wohlverstandenen Verbraucherschutzes für die rückwirkende Zulassung eines Widerrufsrechts kein Raum bestehe (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 31. August 2011 – 20 U 81/11 –, juris).
30d)
31Der IV. Zivilsenat des BGH hat zwar mit Urteil vom 16.10.2013 hinsichtlich eines Lebensversicherungsvertrages ausgeführt, dass der Versicherungsnehmer sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerruf bereits mangels ausreichender Belehrung über sein Widerrufsrecht nicht sachgerecht ausüben könne. Bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht sei nämlich nicht sichergestellt, dass dem Versicherungsnehmer zur Zeit der Kündigung bewusst ist, neben dem Kündigungsrecht ein Recht zum Widerruf zu haben, um so die Vor- und Nachteile einer Kündigung gegen die eines Widerrufs abwägen zu können. Im Ergebnis spricht sich der Senat mit dieser Entscheidung jedoch, konform zu der des 20. Zivilsenats des OLG Hamm vom 31.08.2011, überzeugend dafür aus, eine Widerrufsmöglichkeit nach vollständiger Abwicklung -wie hier vorliegend- abzulehnen. Zwar könne der Widerrufsberechtigte auch nach Beendigung eines Vertrages und Erlöschen der beiderseitigen Leistungspflichten noch ein Interesse an einer Rückabwicklung des Vertrages haben; daher schließe die Kündigung einen späteren Widerruf nicht generell aus. Nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung solle jedoch auch Rechtssicherheit geschaffen und ein insgesamt abgeschlossener Sachverhalt nicht rückwirkend wieder aufgegriffen werden. Wenn ein Schuldverhältnis bereits durch einen "lückenlosen" Leistungsaustausch zwischen den Parteien abgewickelt worden sei, bestehe für einen Widerruf kein Anlass mehr (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 – IV ZR 52/12 –, juris).
322)
33Nach der einvernehmlichen Rückabwicklung der Darlehensverträge verbleibt für die Ausübung des Widerrufsrechts zudem auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB kein Raum, da dieses Recht zum Zeitpunkt der Ausübung verwirkt war.
34Verwirkung tritt ein, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einstellen durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (vgl. BGH, Urteil v. 18.10.2004, -II ZR 352/02-, juris). Eine Verwirkung vor Ablauf der Verjährungsfrist kann nur aus besonderen Gründen gegeben sein, bei einer langen Verjährungsfrist bzw. einer an sich unbefristet möglichen Rechtsausübung kommt es auf die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von dem Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestand und das Ausmaß des Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten an (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.03.2014, -17 W 11/14-, juris).
35Die Beklagte musste angesichts der getroffenen Aufhebungsvereinbarungen vom 30.11.2012 sowie der vollständigen beiderseitigen Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen am 09.01.2013 im April 2013 nicht mehr mit einem Widerruf rechnen. Sie durfte schutzwürdig auf den Bestand der getroffenen Vereinbarungen vertrauen. Für die Frage des schutzwürdigen Vertrauens ist es ohne Bedeutung, ob die Klägerin eine mögliche Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung und das daraus folgende grundsätzliche Fortbestehen des Widerrufsrechts bis zur vollständigen Erfüllung der Vertragspflichten bekannt war. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Klägerin zumindest Widerrufsbelehrungen erhalten hat, welche einen durchschnittlichen Verbraucher über das Bestehen eines befristeten Widerrufsrechts als solches nicht im Unklaren lassen konnte (vgl. bei einem Zeitraum von 2 Wochen zwischen Vertragsaufhebung und Widerrufserklärung: OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.03.2014, -17 W 11/14-, bei einem Zeitraum von 5 Jahren zwischen Vertragaufhebung und Widerrufserklärung: OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2014, -14 U 55/13-, juris).
36II.
37Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
39Der Streitwert wird auf 14.213,35 EUR festgesetzt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Kläger nahmen zur Finanzierung eines Eigenheimes in F 2005 und 2006 insgesamt drei Darlehen bei der Beklagten in Anspruch. Zwei Darlehensverträge schlossen die Parteien am 05.08.2005 ab, und zwar zum einen den Vertrag Nr. … über 220.000 € (1,5 % Tilgung pro Jahr, 4,3 % Zinsen pro Jahr, monatliche Rate 1.063,33 €), zum anderen den Vertrag Nr. … über 160.000 € (1,5 % Tilgung pro Jahr, 3,8 % Zinsen pro Jahr, monatliche Rate 706,67 €). Einen dritten Darlehensvertrag Nr. … über 30.000 € schlossen die Parteien am 20.04.2006, hierbei handelte es sich um ein Darlehen der L (2 % Zinsen pro Jahr, quartalsweise Rate 475,45 €). Die Darlehensverträge enthielten jeweils Widerrufsbelehrungen. In diesen hieß es übereinstimmend unter anderem: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen… widerrufen“, wobei hinter „Wochen“ eine Fußnote gesetzt war, in der es wie folgt hieß: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Weiter lautet die Formulierung: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Darlehensverträge wird auf Anlage K3 (Bl. 26 - 28 d. A.) verwiesen.
3Im Jahre 2012 baten die Kläger um Ablösung der Darlehensverträge zum 01.09.2012. Die Beklagte erklärte sich hierzu bereit, errechnete für die drei Darlehensverträge jeweils Vorfälligkeitsentschädigungen und unterbreitete entsprechende Angebote mit mehreren Schreiben vom 06.07.2012. Hinsichtlich des genauen Inhalts und der Berechnungen wird auf die Anlagen K5 (Bl. 30 - 55 d. A.) Bezug genommen. Dieses Angebot zum Abschluss eines Auflösungsvertrags nahmen die Kläger mit Schreiben vom 01.08.2012 an. Die Kläger zahlten die vereinbarten Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe der ursprünglichen Klageforderung (= 26.194,04 €).
4Nach Beratung durch die Verbraucherzentrale I erklärten die Kläger den Widerruf der drei Darlehensverträge mit Schreiben vom 27.08.2013 und forderten die Beklagte zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe der Klageforderung bis zum 15.09.2013 auf. Die Beklagte widersprach dem Widerruf, zahlte aber nach weiterem Schriftverkehr die – wegen eines jederzeitigen Kündigungsrechts der Kläger hinsichtlich des L-Darlehens unstreitig zu Unrecht – begehrte Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen in Höhe von 214,94 € zurück.
5Darüber hinaus erklärten die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 die Anfechtung ihrer Annahme der Ablösungsverträge wegen Täuschung über Grund und Höhe der Vorfälligkeitsentschädigungen.
6Die Kläger meinen, sowohl ihr Widerruf der Darlehensverträge als auch ihre Anfechtung der Ablösungsverträge seien wirksam.
7Die Widerrufsbelehrungen seien unwirksam, sie hätten den Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. nicht genügt. Der Hinweis, die Widerrufsfrist begänne „frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung“ sei nicht hinreichend und daher unrichtig. Verwirrend sei außerdem der Fußnotenhinweis „2“ hinter „innerhalb von zwei Wochen“ mit dem Inhalt „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Aus diesem Grund hätten sie – die Kläger – auch zum Zeitpunkt des Widerrufs am 27.08.2013 ein Widerrufsrecht noch wirksam ausüben können, zumal es die Beklagte pflichtwidrig unterlassen habe, sie – die Kläger – später über ihr noch vorhandenes Widerrufsrecht aufzuklären.
8Die Beklagte habe ferner bei Abschluss der Ablösungsverträge über mehrere Punkte arglistig getäuscht. Erstens sei ein Widerruf der Verträge möglich gewesen. Zweitens sei der Beklagten kein Schaden in behaupteter Höhe durch die Ablösung der Verträge entstanden. Sie habe über die Höhe der Verwaltungskosten, die Werte für das entfallene Risiko und die Höhe der Zinssätze vorsätzlich getäuscht und habe keine Bearbeitungsentgelte in Höhe von 300,- € und abstrakt berechnete Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen verlangen können. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die Klageschrift (Bl. 12 f. d. A.) verwiesen. Außerdem habe es der Zustimmung der L1-Bank zur Ablösung nicht bedurft; jenes Darlehen habe im Gegenteil – unstreitig – jederzeit ohne Kosten abgelöst werden dürfen.
9Die Vorfälligkeitsentschädigung sei insgesamt deutlich zu hoch berechnet; hinsichtlich der verwendeten Berechnungsmethoden und -grundlagen bedürfe es ohnehin einer Korrektur der allzu bankenfreundlichen Rechtsprechung des BGH. Diese sei für die Zukunft zu erwarten und sei im Rechtsstreit BGH XI ZR 512/11 nur deswegen nicht erfolgt, weil die beklagte Bank die Forderung der Kläger anerkannt habe, um ein begründetes Urteil zu vermeiden. Der Senat habe in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass die Banken bei Berechnung ihrer Vorfälligkeitsentschädigung jedenfalls auf den gesetzlichen Verzugsschaden gemäß § 503 Abs. 2 BGB – 2,5 % pro Jahr – beschränkt seien.
10Die Kläger meinen ferner, die Beklagte habe einen zu geringen eigenen Zinserlös angesetzt; hier sei anhand des Jahresberichts 2012 der Beklagten von einem Zinssatz von 6 % auszugehen; ihre Wiederanlagezinssätze seien darüber hinaus falsch berechnet. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnungsweisen wird auf die Klageschrift (Bl. 11 f. d. A.) verwiesen. Auch habe die Beklagte die Darlehen nicht laufzeitkongruent refinanziert. Sie habe ferner fälschlich einen Erhalt der Vorfälligkeitsentschädigung bereits am 01.09.2012 angenommen.
11Hinsichtlich des L-Darlehens habe die Beklagte keinen eigenen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung, da die gezahlten Gelder nicht der Beklagten zugestanden hätten, sie also keinen Schaden erlitten habe. Die Beklagte wisse dies, weise aber – so die Behauptung der Kläger – ihre Mitarbeiter dennoch an, systematisch auch für diese Darlehen Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen.
12Die Kläger sind schließlich der Ansicht, sie seien auf Nachfrage beim Abschluss der Darlehensverträge pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt worden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen könne.
13Die Kläger beantragen nach Rücknahme der Klage in Höhe von 214,94 € betreffend die Vorfälligkeitsentschädigung aus dem L-Darlehen nunmehr,
141. die Beklagte zu verurteilen, an sie 25.976,10 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2013 zu zahlen,
152. die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.872,35 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie ist der Auffassung, dass die Kläger die Darlehensverträge nicht hätten wirksam widerrufen können, da die Verträge bereits durch Aufhebungsverträge, die erfüllt worden seien, vollständig beendet worden seien. Der Zweck des Widerrufs lasse sich seitdem nicht mehr erreichen. Außerdem sei das Widerrufsrecht nach 8 bzw. 7 ½ Jahren nach Abschluss der Darlehensverträge verwirkt.
19Die Aufhebungsverträge seien wirksam, und zwar auch hinsichtlich der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung, da diese zwischen den Parteien vereinbart und die abschließenden Beträge daher von den Klägern akzeptiert worden seien. Die Beklagte meint, auf die Frage, ob die Berechnung durch sie – die Beklagte – richtig und entsprechend der Rechtsprechung des BGH erfolgt sei, komme es daher nicht an. Dies finde seinen Grund darin, dass die Kläger kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung der Darlehensverträge gehabt hätten, sie – die Beklagte – einer Aufhebung also nicht habe zustimmen müssen. Ohnehin seien die Berechnungen korrekt abstrakt nach Maßgabe des Urteils des BGH zum Aktenzeichen XI ZR 27/00 – Aktiv-Passiv-Methode – erfolgt. Im Hinblick auf die Details der Berechnungsweise wird auf die Klageerwiderung (Bl. 88 ff. d. A.) verwiesen.
20Die Kläger hätten die Aufhebungsverträge nicht wirksam angefochten. Es fehle an einer arglistigen Täuschung. Sie – die Beklagte – habe insbesondere nicht über ein etwaig noch bestehendes Widerrufsrecht der Kläger, von dem sie ohnehin keine Kenntnis gehabt habe bzw. hätte haben müssen, aufklären müssen. Die Beklagte behauptet, über die Bearbeitungsentgelte in Höhe von 300,- € hätten sich die Parteien geeinigt. Hinsichtlich der Forderung nach einer Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen liege ein Versehen vor, weil sie – die Beklagte – übersehen habe, dass das Darlehen jederzeit ohne Kosten auflösbar gewesen sei – deswegen habe sie den Betrag schließlich zurückgezahlt.
21Die Beklagte vertritt zudem die Ansicht, die Anfechtung der Kläger beziehe sich lediglich auf die Aufhebungsverträge, so dass die Darlehensverträge nach wie vor wirksam seien und die Kläger ohnehin Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen hätten – selbst wenn die Anfechtung „Erfolg“ hätte.
22Wegen des weiteren Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
23Entscheidungsgründe
24Die zulässige Klage ist nicht begründet.
251)
26Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung als von der Beklagten empfangene Leistung gemäß §§ 355 Abs. 1 Satz 1, 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB. Der von den Klägern erklärte Widerruf der Darlehensverträge war nicht wirksam. Im Einzelnen:
27a) Die Parteien schlossen insgesamt drei Darlehensverträge, wobei der Vertrag über die Gewährung eines Darlehens durch die L und die für die Aufhebung dieses Vertrags gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung nicht mehr streitgegenständlich ist, nachdem die Kläger ihre Klage in Höhe eines Betrages von 214,94 € zurückgenommen haben (§ 269 ZPO).
28b) Die Kläger erklärten mit Schreiben vom 27.08.2013 den Widerruf der Darlehensverträge. Der Wortlaut des Schreibens ist insofern klar und eindeutig, auch wenn die Kläger im Anschluss lediglich die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung forderten. Die Kläger machten jedoch darüber hinaus deutlich – vgl. §§ 133, 157 BGB –, dass ihnen aus der vollständigen Aufhebung der Verträge aufgrund ihres Widerrufs noch weitergehende Ansprüche auf Zahlung der von ihnen geleisteten Zinsen usw. zustünden.
29Es handelte sich jeweils um Verbraucherdarlehensverträge im Sinne der §§ 491ff. BGB, so dass den Klägern als Darlehensnehmern grundsätzlich ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB – hier in der Fassung vom 02.12.2004, gültig bis zum 10.06.2010 – zustand (§ 495 Abs. 1 BGB). Die Darlehensverträge enthalten dementsprechend jeweils eine Widerrufsbelehrung.
30Auch ist die Rechtsauffassung der Kläger zutreffend, dass die Widerrufsbelehrungen missverständlich waren und daher die Frist von 14 Tagen gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. nicht in Gang setzen konnten. Die Belehrungen entsprachen nicht den Erfordernissen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. So ist die Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ unvollständig, weil nicht ausgeführt wird, wann sie spätestens beginnt bzw. welche anderen Anknüpfungspunkte es für den Beginn der Frist geben kann (vgl. BGH, Urteil vom 17.01.2013, III ZR 145/12, zitiert nach juris, dort Rnr. 10; OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2012, 31 U 97/12). Auch die Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ hinter der Frist „von zwei Wochen“ ist aus sich heraus nicht verständlich und bürdet dem Verbraucher eine Prüfungspflicht auf, die er nicht zu tragen hat und außerdem schon mangels genauer weiterer Angaben zum Fristbeginn nicht erfüllen kann.
31c) Ein Widerruf war jedoch nicht mehr möglich, nachdem die Darlehensverträge durch Vertrag aufgehoben und abgewickelt wurden.
32Die Kläger schlossen mit der Beklagten durch Schreiben vom 06.07.2012 und 01.08.2012 Verträge zur Aufhebung der drei Darlehensverträge. Die Verträge wurden vollständig abgewickelt. Unter diesen Umständen ist der Widerruf der Darlehensverträge ausgeschlossen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 31.08.2011, 20 U 81/11, zitiert nach juris, dort Rnr. 15f.).
33Indem die Kläger die Aufhebung der Darlehensverträge vereinbarten, machten sie von einer im Zuge der Privatautonomie bestehenden Möglichkeit Gebrauch, die Verträge gerade nicht durch einen Widerruf ex nunc in ein Abwicklungsschuldverhältnis umzuwandeln. Vielmehr erkannten die Kläger dadurch eigenverantwortlich ihre Bindung für die Vergangenheit an. Anders als im Falle einer Kündigung oder Anfechtung, die auf gleiche bzw. ähnliche Rechtsfolgen wie ein Widerruf gerichtet wären (dazu BGH, Urteil vom 16.10.2013, IV ZR 52/12, zitiert nach juris, dort Rnr. 24 mit weiteren, auch abweichenden Nachweisen) – nämlich bei Anfechtung die rückwirkende Wirkung (ex tunc) – ist eine Widerrufsmöglichkeit nach Aufhebung der Darlehensverträge durch vertragliche Vereinbarung auch aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht geboten. Das Widerrufsrecht soll vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt und ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen ist. Als die Kläger den Widerruf erklärten, erfolgte dies nicht nur acht Jahre nach Abschluss der Darlehensverträge, sondern auch deutlich nach Abschluss der Aufhebungsverträge. Die Kläger handelten nicht, um sich von übereilt abgeschlossenen Darlehensverträgen zu lösen, sondern um jedenfalls die Vorfälligkeitsentschädigung zurück zu erhalten. Sie befanden sich zudem schon bei Vertragsschluss nicht in völliger Unkenntnis eines Widerrufsrechts. Vielmehr ist eine Belehrung erfolgt. Diese war zwar missverständlich, jedoch nur im Hinblick auf die Widerrufsfrist, nicht auf das Bestehen eines Widerrufsrechts als solches.
342)
35Die Kläger haben ferner keinen Anspruch auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB.
36Die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung war eine Leistung der Kläger an die Beklagte zur Erfüllung der Aufhebungsverträge. Für diese Leistung besteht nach wie vor ein Rechtsgrund in Form der wirksamen Aufhebungsverträge. Diese sind nicht durch Anfechtung der Kläger rückwirkend nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB).
37Ein Anfechtungsgrund für die mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 fristgerecht im Sinne der § 143 Abs. 1, § 124 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB erklärte Anfechtung der Kläger bestand nicht.
38Die Beklagte täuschte die Kläger bei Abschluss der Aufhebungsverträge nicht arglistig (§ 123 Abs. 1, 1. Alt. BGB); dies ergibt sich weder aus dem Parteivorbringen noch aus den sonstigen Umständen des Sachverhalts.
39Arglistig täuscht, wer zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums täuscht, wobei der Täuschende die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder für möglich halten muss (Palandt-Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014, § 123 Rnr. 2, 11). Der Täuschende muss also nicht absichtlich, wohl aber mindestens vorsätzlich handeln. Dabei stellt nicht jede unrichtige Angabe eine Täuschung dar.
40a) Die Mitarbeiter der Beklagten mussten die Kläger bei Abschluss der Darlehensverträge nicht über die Möglichkeit, dass ggf. eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden könne, aufklären. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist weder Hauptpflicht des Darlehensvertrags noch sonst zwingende Folge des Abschlusses eines Darlehensvertrags. Im Gegenteil entstand der Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigung erst mit Abschluss der Aufhebungsverträge.
41b) Die Vorfälligkeitsentschädigung ist zudem weder nicht grundlegend falsch berechnet noch zu hoch, sondern orientiert sich vielmehr durchgängig an den Grundsätzen der Entscheidung des BGH vom 07.11.2000 zum Az. XI ZR 27/00. Die Beklagte übervorteilt die Kläger nicht rechtswidrig, indem sie sich an dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert, auch wenn mittlerweile andere, für die Darlehensnehmer günstigere Rechtsauffassungen wie jene der Kläger existieren mögen.
42Insbesondere ist der von den Klägern herangezogene, dem Anerkenntnisurteil des BGH vom 17.01.2013 zum Az. XI ZR 512/11 zugrunde liegende Rechtsstreit mit dem streitgegenständlichen nicht vergleichbar, so dass sich aus dessen Umständen keine andere, für die Kläger vorteilhaftere Rechtsanwendung ergibt. Jenem Fall der Geltendmachung einer Vorfälligkeitsentschädigung lag nämlich kein Aufhebungsvertrag zugrunde, sondern die Kündigung eines Darlehens durch die Bank wegen Nichtzahlung von Raten. Neben der Forderung der Vorfälligkeitsentschädigung hatte die Bank auch die Zwangsvollstreckung in das Grundstück (erfolgreich) betrieben und gleichzeitig Verzugszinsen geltend gemacht. Diese doppelte Anspruchshaltung der Bank lehnte der BGH ab. Im vorliegenden Fall forderte die Beklagte jedoch „lediglich“ eine Vorfälligkeitsentschädigung und keine weiteren Verzugszinsen; darüber hinaus liegt diesem Anspruch keine Kündigung der Bank, sondern jeweils – wie bereits ausgeführt – ein Aufhebungsvertrag zugrunde.
43c) Die konkrete, von der Beklagten vorgenommene Anwendung der Aktiv-Passiv-Methode bei Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung begegnet keinen Bedenken. Sie orientiert sich an der aktuellen Rechtsprechung des BGH (vgl. oben
44b)). Hinsichtlich der Details der Berechnungsweise wird auf die Darstellung in der Klageerwiderung (Bl. 88-91 d. A.) verwiesen.
45Im Einzelnen:
46Insbesondere folgt aus der zitierten Rechtsprechung des BGH, dass eine abstrakte Berechnung des der Bank entstandenen Schadens möglich und rechtmäßig ist. Die Beklagte war folglich nicht verpflichtet, den von ihr bei Darlehensgewährungen zugrunde gelegten durchschnittlichen Zinssatz oder aber besonders hohe, von ihr erhaltene Zinssätze wie beispielsweise bei Überziehungskrediten für die Berechnung zu verwenden.
47Darüber hinaus musste die Beklagte keine weitere Berechnung zum tatsächlichen Aufhebungsdatum vornehmen, das geringfügig nach dem im Angebot der Kläger benannten Tag lag. Die Beklagte berechnete nämlich für die verzögerte Ablösung nach dem 01.09.2012 Tageszinsen.
48Ferner erscheinen die durch die Beklagte angesetzten Verwaltungskosten von lediglich 1,25 €/Monat für EDV realistisch und damit im Sinne des § 287 ZPO schätzbar. Werden Darlehen – wie hier – regelmäßig bedient, beschränken sich die Verwaltungskosten der Bank in der Regel auf die monatlichen Kosten für die Anschaffung, den Unterhalt und die Wartung und Kontrolle von Computerprogrammen, die die monatlichen Zahlungseingänge zuordnen, verbuchen und kontrollieren. Dagegen ist der von den Klägern „ins Blaue hinein“ behauptete Betrag von 45 € monatlichen Verwaltungskosten weder durch Sachvortrag untermauert noch sonst für die Kammer nachvollziehbar. Gleiches gilt hinsichtlich des Vortrags zu den Risikokosten. Ebenso ist nicht deutlich, aus welchem Grunde die Beklagte zwangsläufig einen EURIBOR-Zinssatz für die Laufzeit von 3 Monaten hätte zugrunde legen sollen, zumal dies nicht der Laufzeit der Darlehen entsprach.
49Das Bearbeitungsentgelt wurde zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart, und zwar bereits zu Beginn der Verhandlungen über den Abschluss von Aufhebungsverträgen. Es wurde individualvertraglich und damit wirksam vereinbart. Zudem betrifft es nicht einen Teil der Vorfälligkeitsentschädigung, sondern einen anderen Schadensposten der Beklagten, nämlich im Wesentlichen die Kosten für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sowie für die Verhandlungen und für den Schriftverkehr mit den Klägern. Das Entgelt war schließlich auch nicht unangemessen hoch (§ 287 ZPO).
50Unklar bleibt darüber hinaus bereits nach dem Vortrag der Kläger, inwiefern die Beklagte über die Berechnungsgrundlagen bewusst getäuscht haben sollte. Die Berechnungen wurden vollständig offen gelegt und konnten durch die Kläger vor Abschluss des Aufhebungsvertrages im Einzelnen überprüft werden, ggf. unter Zuhilfenahme rechtlichen Beistandes.
51d) Eine arglistige Täuschung der Beklagten lässt sich schließlich auch nicht aus der Forderung einer Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen herleiten. Diese erfolgte zwar unberechtigt. Die Beklagte hat hierzu jedoch ausgeführt, ihre Mitarbeiter seien irrtümlich von einem möglichen Anspruch auch im Hinblick auf jenes Darlehen ausgegangen. Dies bestreiten die Kläger zwar, treten für ihre Behauptung einer systematischen unberechtigten Forderung von Vorfälligkeitsentschädigungen durch die Beklagte jedoch keinen Beweis an. Die anschließende Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung für dieses Darlehen nach vorgerichtlichem Schriftverkehr bestätigt zudem den Vortrag der Beklagten.
52e) Darüber hinaus fehlt es am Vortrag der Kläger zum Vorsatz der Mitarbeiter der Beklagten hinsichtlich einer Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB.
533)
54Andere Zahlungsansprüche der Kläger sind nicht erkennbar. Insbesondere scheiden aufgrund der obigen Ausführungen zu Ziffer 2) Ansprüche wegen Verletzung einer Nebenpflicht zur korrekten Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung aus. Abgesehen davon, dass die Kläger der Vorfälligkeitsentschädigung in dieser Höhe mitsamt ihrer Berechnung durch Annahme des Aufhebungsvertrags zustimmten, erscheinen die Bedenken der Kläger gegen die Berechnung nicht durchgreifend.
554)
56Mangels Anspruch auf Zahlung der Hauptforderung haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung der beantragten Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (§§ 280 Abs. 1 Satz 1, 286, 288 Abs. 1, 249 ff. BGB).
575)
58Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Widerrufsfrist beginnt auch nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat.
(2) Enthält bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag die dem Darlehensnehmer nach Absatz 1 zur Verfügung gestellte Urkunde die Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 nicht, beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben gemäß § 492 Absatz 6. Enthält bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag die dem Darlehensnehmer nach Absatz 1 zur Verfügung gestellte Urkunde die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht nach § 492 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 247 § 6 Absatz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche nicht, beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben gemäß § 492 Absatz 6. In den Fällen der Sätze 1 und 2 beträgt die Widerrufsfrist einen Monat. Das Widerrufsrecht bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss oder nach dem in Absatz 1 genannten Zeitpunkt, wenn dieser nach dem Vertragsschluss liegt.
(3) Die Widerrufsfrist beginnt im Falle des § 494 Absatz 7 bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag erst, wenn der Darlehensnehmer die dort bezeichnete Abschrift des Vertrags erhalten hat.
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
(1) Der Verbraucherdarlehensvertrag und die auf Abschluss eines solchen Vertrags vom Verbraucher erteilte Vollmacht sind nichtig, wenn die Schriftform insgesamt nicht eingehalten ist oder wenn eine der in Artikel 247 §§ 6 und 10 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben fehlt.
(2) Ungeachtet eines Mangels nach Absatz 1 wird der Verbraucherdarlehensvertrag gültig, soweit der Darlehensnehmer das Darlehen empfängt oder in Anspruch nimmt. Jedoch ermäßigt sich der dem Verbraucherdarlehensvertrag zugrunde gelegte Sollzinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz, wenn die Angabe des Sollzinssatzes, des effektiven Jahreszinses oder des Gesamtbetrags fehlt.
(3) Ist der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben, so vermindert sich der dem Verbraucherdarlehensvertrag zugrunde gelegte Sollzinssatz um den Prozentsatz, um den der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben ist.
(4) Nicht angegebene Kosten werden vom Darlehensnehmer nicht geschuldet. Ist im Vertrag nicht angegeben, unter welchen Voraussetzungen Kosten oder Zinsen angepasst werden können, so entfällt die Möglichkeit, diese zum Nachteil des Darlehensnehmers anzupassen.
(5) Wurden Teilzahlungen vereinbart, ist deren Höhe vom Darlehensgeber unter Berücksichtigung der verminderten Zinsen oder Kosten neu zu berechnen.
(6) Fehlen im Vertrag Angaben zur Laufzeit oder zum Kündigungsrecht, ist der Darlehensnehmer jederzeit zur Kündigung berechtigt. Fehlen Angaben zu Sicherheiten, so können Sicherheiten nicht gefordert werden; dies gilt nicht bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen, wenn der Nettodarlehensbetrag 75 000 Euro übersteigt. Fehlen Angaben zum Umwandlungsrecht bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen in Fremdwährung, so kann das Umwandlungsrecht jederzeit ausgeübt werden.
(7) Der Darlehensgeber stellt dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung, in der die Vertragsänderungen berücksichtigt sind, die sich aus den Absätzen 2 bis 6 ergeben.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Da beide Parteien ihre Rechtsmittel mit der Kostenfolge des nach § 565 ZPO in der Revisionsinstanz entsprechend anwendbaren § 516 Abs. 3 ZPO zurückgenommen haben, sind die Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens verhältnismäßig zu teilen, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO analog.
- 2
- Maßgeblich für die Verteilung der Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens unter den Parteien ist das Verhältnis der Werte ihrer Rechtsmittel. Der Kläger wollte mit seinen Rechtsmitteln den abgewiesenen Zahlungsantrag über 42.500 € (Hauptantrag zu III.) weiterverfolgen. Die Beklagte hat sich gegen das Berufungsurteil gewandt, soweit dem Hauptantrag zu II. und dem Hilfsantrag zu 1 in erster Stufe stattgegeben worden ist.
- 3
- Der wirtschaftliche Wert der berufungsgerichtlichen Feststellung zum Hauptantrag zu II., das Beteiligungsverhältnis zwischen den Parteien sei durch Widerruf des Klägers beendet worden, bemisst sich, da der Widerruf wegen der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft lediglich zur Beendigung der Beteiligung ex nunc führt, nach dem zu erwartenden Abfindungsguthaben des Klägers. Vor Durchführung der nötigen Berechnungen durch die Beklagte ist nicht ersichtlich, ob und in welcher Höhe dem Kläger ein Guthaben zusteht. Insbesondere kann dieses nicht ohne weiteres mit dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rückerstattung seiner Einlage gleichgesetzt werden. Wegen dieser Unsicherheit bewertet der Senat das Abwehrinteresse der Beklagten mit 1.000 €.
- 4
- In Bezug auf die Verurteilung der Beklagten zur Errechnung des Abfindungsguthabens nach dem Hilfsantrag zu 1 ist sie durch den voraussichtlichen Aufwand und die zu erwartenden Kosten beschwert. Angesichts dessen, dass die Beklagte nach § 17 Nr. 4 des atypisch stillen Gesellschaftsvertrags bei der Berechnung einen Wirtschaftsprüfer hinzuziehen muss, erscheint ein Betrag von 1.000 € angemessen.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2011 - 323 O 150/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.03.2014 - 11 U 201/12 -
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Tenor
-
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. März 2014 gemäß § 552a ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.
Gründe
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A.
- 1
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Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung von 31. Mai 2005 als atypisch stiller Gesellschafter an der Beklagten mit einem Betrag in Höhe von 50.000 € zzgl. eines Agios in Höhe von 3.000 €. Von seinem Einlagebetrag, den er zunächst vollständig bezahlte, erhielt er in der Folgezeit einen Betrag in Höhe von 10.500 € in Form von Ausschüttungen zurück. Am 5. Juli 2010 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Beteiligung.
- 2
-
Nach den in der Revisionsinstanz nicht mehr angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erfolgte die Vertragsanbahnung in einer Haustürsituation. In dem Zeichnungsschein der Beklagten ist der Kläger unter der Überschrift "Widerrufsbelehrung" wie folgt auf sein Widerrufsrecht hingewiesen worden:
-
"Widerrufsrecht. Sie können Ihre Beitrittserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: G. AG, , H. .
-
Widerrufsfolgen. Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungspflichten für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen.
-
Besondere Hinweise bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen. Bei Verträgen, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (z.B. Brief, Telefon, Telefax, Email, Internet etc.) abgeschlossen werden, beginnt die Frist zum Widerruf nicht vor Erfüllung der Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen gemäß § 312 c Abs. 2 BGB und dem Tag des Vertragsschlusses. Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist und Sie dem ausdrücklich zugestimmt haben."
- 3
-
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass das Beteiligungsverhältnis durch den Widerruf des Klägers beendet worden ist (Hauptantrag zu II.), und hat weiter der hilfsweise erhobenen Stufenklage auf Errechnung und Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens zum Stichtag des Widerrufs (Hilfsantrag zu 1) auf der ersten Stufe stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Belehrung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche, weil sie den Fristbeginn nicht zutreffend wiedergebe. Auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. August 2002 (BGBl. I 2002, 3009; im Folgenden: aF) könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie für die Belehrung nicht vollständig auf das Muster der Anlage 2 der BGB-InfoV in der maßgeblichen Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I 2004, 3110) zurückgegriffen, sondern dieses um zusätzliche Hinweise zu einem nicht vorliegenden Fernabsatzgeschäft ergänzt habe. Den Hauptantrag zu III. auf Rückzahlung der geleisteten Einlage in Höhe von 42.500 € hat das Berufungsgericht mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich um eine atypische mehr-gliedrige stille Gesellschaft und deshalb fänden die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung, die einer Rückabwicklung entgegenstünden. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil sich die Frage, ob die Einbeziehung der im konkreten Fall nicht einschlägigen Sonderregeln für einen Fernabsatzvertrag über Finanzdienstleistungen zum Wegfall der Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV aF führe, in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle stelle und deshalb von grundsätzlicher Bedeutung sei bzw. zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordere.
- 4
-
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen das Berufungsurteil, soweit das Berufungsgericht dem Feststellungsantrag und dem Hilfsantrag zu 1 stattgegeben hat. Die Revision des Klägers richtet sich dagegen, dass das Berufungsgericht seinen Hauptantrag zu III. abgewiesen hat. Ferner hat er Anschlussrevision und Nichtzulassungsbeschwerde für den Fall eingelegt, dass die Revision vom Berufungsgericht lediglich beschränkt zugelassen worden sei und er seinen Einwand, die Beteiligung sei in Form einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft erfolgt und deshalb führe sein Widerruf zur Rückabwicklung der Beteiligung und damit zum Erfolg seines Zahlungsantrags, nicht im Rahmen der zugelassenen Revision geltend machen könne.
-
B.
- 5
-
Die Revision der Beklagten ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat.
- 6
-
I. Ein Zulassungsgrund besteht nicht. Weder erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts noch stellen sich Fragen von grundsätzlicher Bedeutung.
- 7
-
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen unter anderem dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 156/09, ZIP 2010, 1080; Beschluss vom 3. Juni 2014 - II ZR 67/13, juris Rn. 3; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 314/13, juris Rn. 6). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
- 8
-
Es ist hinlänglich geklärt, dass die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF nur dann greift, wenn der Unternehmer ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht, nicht aber, wenn der Unternehmer den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Dies gilt selbst dann, wenn die Abweichungen von der Musterbelehrung nur in der Aufnahme von insoweit zutreffenden Zusatzinformationen zugunsten des Belehrungsempfängers bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2014 - II ZR 109/13, ZIP 2014, 913 Rn. 15 ff. mwN).
- 9
-
2. Eine solche inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung hat die Beklagte vorgenommen. Dabei kann dahinstehen, ob die für die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF schädliche Veränderung bereits darin liegt, dass die Beklagte Formulierungen aus den Gestaltungshinweisen 6 und 8 der Anlage 2 in ihre Widerrufsbelehrung übernommen hat, die in der vorliegenden Konstellation mangels Finanzdienstleistung und Fernabsatzgeschäft im Sinne des § 312b BGB in der damals geltenden Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I 2004, 3102, im Folgenden: aF) nicht einschlägig sind. Die Beklagte hat das Muster nämlich - wie der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann - zumindest an zwei weiteren Stellen einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen.
- 10
-
Die Beklagte definiert in Absatz 3 Satz 1 der Widerrufsbelehrung Fernabsatzgeschäfte als Verträge, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernabsatzkommunikationsmitteln (z.B. Brief, Telefon, Telefax, Email, Internet etc.) abgeschlossen werden. Eine solche Definition war weder in der Musterbelehrung noch in dem Gestaltungshinweis 8 zu Fernabsatzgeschäften vorgesehen. Zudem deckt sie sich nicht mit der vollständigen Definition in § 312b BGB aF und kann deshalb auch nicht als eine unter Umständen unschädliche bloße ergänzende Wiedergabe des Gesetzestextes angesehen werden. Vielmehr hat die Beklagte eine eigene, inhaltlich abweichende Definition aufgenommen. Nach § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB aF waren Fernabsatzverträge nämlich zum einen nur Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, und zum anderen liegen Fernabsatzgeschäfte, selbst dann wenn sie zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, nicht vor, wenn der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.
- 11
-
Ferner hat die Beklagte in Absatz 3 Satz 1 der Widerrufsbelehrung auf die Regelung des § 312c Abs. 2 BGB verwiesen, die in der damals geltenden Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I 2004, 3102, im Folgenden: aF) dem Unternehmer bei Fernabsatzgeschäften weitere Informationspflichten auferlegte. Einen Hinweis darauf sah die maßgebliche Musterbelehrung allerdings nicht vor, auch nicht in dem Gestaltungshinweis 8 zum Fernabsatzvertrag.
- 12
-
II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon ausgegangen, dass dem Kläger ein Widerrufsrecht zustand, das er auch rechtzeitig ausgeübt hat.
- 13
-
Die Vorschrift des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB in der damals geltenden Fassung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I 2002, 42, im Folgenden: aF) findet auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Beklagte der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 - C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung (vgl. Urteil vom 18. März 2014 - II ZR 109/13, ZIP 2014, 913 Rn. 10 mwN). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben bei dem Beitritt des Klägers die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB aF vorgelegen.
- 14
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Da sich die Beklagte aus den genannten Gründen nicht auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV aF berufen kann, konnte die verwendete Widerrufsbelehrung nur dann die Widerrufsfrist von zwei Wochen nach § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF in Gang setzen, wenn die Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF genügt hätte. Dies war, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht der Fall, weil die Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 187 BGB) entspricht (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 9 mwN).
- 15
-
Ferner genügte die Belehrung - wie der Senat selbst feststellen kann -auch deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil ein wirksamer Widerruf nach dem Vollzug des Beitritts gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft und damit zu einem etwaigen Abfindungsanspruch des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters entsprechend dem Wert seines Gesellschaftsanteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens führt, die Widerrufsbelehrung aber keinen Hinweis auf diese rechtlichen Folgen des Widerrufs enthält (vgl. Urteil vom 18. März 2014 - II ZR 109/13, ZIP 2014, 913 Rn. 11 mwN).
-
C.
- 16
-
Hinsichtlich der vom Kläger eingelegten Rechtsmittel weist der Senat auf folgendes hin:
- 17
-
I. Die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht erstreckt sich nicht auf die Abweisung des vom Kläger verfolgten Hauptantrags zu III. (Rückabwicklungsbegehren).
- 18
-
Die Entscheidungsformel des Berufungsurteils enthält zwar keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Die Beschränkung der Rechtsmittelzulassung kann sich aber auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Tenor im Licht der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich dies aus den Gründen klar ergibt.
- 19
-
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage, "ob die von der Beklagten verwandte Belehrung wegen der Einbeziehung der Sonderregelungen für einen Fernabsatzvertrag über Finanzdienstleistungen nicht der Schutzwirkung der Musterbelehrung unterliegt", der grundsätzlichen Klärung bedürfe. Da es nach der Entscheidung des Berufungsgerichts beim Zahlungsantrag nicht auf die Widerrufsbelehrung ankam, spricht dies schon vom Wortlaut her dafür, dass das Berufungsgericht die Klageabweisung insoweit nicht zur Überprüfung stellen wollte.
- 20
-
Eine solche Beschränkung ist auch zulässig. Die Zulassung der Revision kann zwar nicht auf einzelne Rechtsfragen oder Elemente des geltend gemachten Anspruchs begrenzt werden - und damit nicht auf die Frage, wie weit die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV aF reicht -, sondern nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, der Gegenstand eines Teilurteils oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann. Dafür reicht es indes aus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und - auch nach einer Zurückverweisung - kein Widerspruch zwischen dem noch zur Entscheidung stehenden und dem unanfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (BGH, Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 334/11, ZIP 2013, 62 Rn. 9; Urteil vom 3. Juni 2014 - II ZR 100/13, ZIP 2014, 1523 Rn. 10 jeweils mwN).
- 21
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Die Gefahr divergierender Entscheidungen droht in dieser Konstellation nicht. Der Erfolg aller Anträge setzt zwar die Wirksamkeit des Widerrufs voraus. Scheitert der Hauptantrag auf Zahlung wie vorliegend jedoch bereits aus anderen Gründen, bleibt diese Begründung stehen, selbst wenn der Senat hinsichtlich des Widerrufsrechts eine andere Ansicht vertreten und die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich des Feststellungsbegehrens und des Hilfsantrags abändern würde (vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Mai 1995 - V ZR 34/94, MDR 1996, 464 mwN zur Zulässigkeit eines Teilurteils, mit dem bei einer eventuellen Klagehäufung der Hauptantrag abgewiesen wird).
- 22
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II. Auch in der Sache haben die Rechtsmittel des Klägers keine Aussicht auf Erfolg, da die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich des Hauptantrags zu III. jedenfalls im Ergebnis zutreffend ist.
- 23
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Es ist ständige Rechtsprechung des Senats, dass die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft einem Rückabwicklungsbegehren des Anlegers auch in dem Fall entgegenstehen, in dem ihm ein Verbraucherwiderrufsrecht zusteht, wenn die fehlerhafte Gesellschaft bereits in Vollzug gesetzt ist. Das gilt auch für zweigliedrige stille Gesellschaften (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 255). Auf die von der Revision des Klägers zur Überprüfung gestellte Beurteilung des Berufungsgerichts, es handele sich im vorliegenden Fall um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft, kommt es daher nicht an. Soweit die Revision des Klägers die Unterscheidung zwischen zwei-und mehrgliedrigen stillen Gesellschaften im Hinblick auf die eine mehrgliedrige stille Gesellschaft betreffende Senatsentscheidung vom 19. November 2013 (II ZR 383/12, BGHZ 199, 104) in Abgrenzung zu früheren zweigliedrige stille Gesellschaften betreffende Senatsentscheidungen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2098; Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757) anspricht, geht es dort darum, ob die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft der Geltendmachung eines auf Rückgängigmachung der Beteiligung gerichteten Schadensersatzanspruchs entgegenstehen. Ein solcher Schadensersatzanspruch wird vom Kläger im vorliegenden Verfahren jedoch nicht geltend gemacht. Auch sein mit der Revision weiterverfolgter Hauptantrag zu III ist lediglich auf ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB aF gestützt.
-
Bergmann Strohn Drescher
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Born Sunder
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Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.10.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.999,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2 3A)
4Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte im Hinblick auf die vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge mit der Nr. #### und #### ein Anspruch auf Rückzahlung von dem Kläger geleisteter Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 5.999 € zusteht.
5Wegen des weiteren Tatsachenvortrags einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
6Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
7Mit dieser Entscheidung ist der Kläger nicht einverstanden. Fehlerhaft sei die Auffassung des Landgerichts, dass das ihm zustehende Widerrufsrecht verwirkt sei. Für die Beurteilung des Argumentes könne nicht auf den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Darlehensverträge und der Erklärung des Widerrufs abgestellt werden, da die Beklagte den Kläger habe ordnungsgemäß nachbelehren können und müssen. Zudem sei auch das Umstandsmoment nicht gegeben, da die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie ihm keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt habe.
8Der Kläger beantragt,
9das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.999 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
12Sie verteidigt die angefochtene scheint Entscheidung und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.
13Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Partei nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
14B)
15Die Berufung ist begründet. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 346, 357, 355 Abs. 3 S. 3 BGB Zahlung eines Teilberags von 5.999 € verlangen.
16I. Der Kläger hat die Darlehensverträge vom 07.05.2009 mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.11.2013 wirksam widerrufen. Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB 6 Monate nach Vertragsschluss erloschen, weil der Kläger von der Beklagten nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB). Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprochen hat. Insbesondere hätten entsprechend der Nr. 10 der Gestaltungshinweise die allgemeinen Hinweise zu finanzierten Geschäften durch die speziellen Hinweise zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken ersetzt werden müssen. Ebenso hat das Landgericht mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass nach dem Gestaltungshinweises Nr. 10 bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Paranthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend hätten entfernt werden müssen.
17II. Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Weicht nämlich die Widerrufsbelehrung – wie aufgezeigt – teilweise von der Belehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV in der Fassung vom 01.04.2008 bis zum 03.08.2009 ab, kann sich ein Unternehmer nicht mehr auf die Schutzwirkung des §§ 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV berufen (vgl. BGH NJW 2011, 1061; BGH NJW-RR 2012, 183).
18III. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass das Widerrufsrecht des Klägers durch die im Jahr 2009 erfolgte Vertragsaufhebung gegenstandslos geworden sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats steht einem Widerruf des Vertrags nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch einen weiteren Vertrag abgelöst worden ist (vgl. Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13). Da dem Kläger keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt worden ist, kann der Widerruf – unbefristet – erfolgen. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht (vgl. auch OLG Zweibrücken Beschluss vom 10.5.2012 Az. 7 U 84/09).
19IV. Die Forderung des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11 Rz. 39). Außerdem fehlt es an konkretem Vortrag, dass und aus welchen Gründen sich die Beklagte, die ohne weiteres hätte erkennen können, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass Anleger Verträge nicht auch noch Jahre nach deren Abschluss und gegebenenfalls auch dann noch widerrufen, wenn der betreffende Darlehensvertrag zwischenzeitlich einvernehmlich aufgehoben worden ist. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Kläger in wirksamer Form nachzubelehren (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass es eine gesetzgeberische Entscheidung war, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehlt. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung unter Hinweis auf § 242 BGB zu entziehen. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln vom 25.01.2012 (13 U 30/11), KG, Urteil vom 16.08.2012 (8 U 101/2012) und OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2014 (14 U 55/13). Diese Entscheidungen beruhen jeweils auf die von den genannten Gerichten getroffen Feststellungen tatsächlicher Art und können daher nicht einschränkungslos auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden (Senat, Hinweisschreiben vom 25.08.2014, 31 U 74/14).
20V. Die begehrten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz kann der Kläger - wie zuletzt beantragt - als Nutzungsersatz nach § 818 I BGB ab dem 05.12.2011 verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 I BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/123, Juris Rz. 71).
21VI. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
22(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.10.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.999,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2 3A)
4Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte im Hinblick auf die vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge mit der Nr. #### und #### ein Anspruch auf Rückzahlung von dem Kläger geleisteter Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 5.999 € zusteht.
5Wegen des weiteren Tatsachenvortrags einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
6Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
7Mit dieser Entscheidung ist der Kläger nicht einverstanden. Fehlerhaft sei die Auffassung des Landgerichts, dass das ihm zustehende Widerrufsrecht verwirkt sei. Für die Beurteilung des Argumentes könne nicht auf den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Darlehensverträge und der Erklärung des Widerrufs abgestellt werden, da die Beklagte den Kläger habe ordnungsgemäß nachbelehren können und müssen. Zudem sei auch das Umstandsmoment nicht gegeben, da die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie ihm keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt habe.
8Der Kläger beantragt,
9das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.999 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2011 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
12Sie verteidigt die angefochtene scheint Entscheidung und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.
13Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Partei nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
14B)
15Die Berufung ist begründet. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 346, 357, 355 Abs. 3 S. 3 BGB Zahlung eines Teilberags von 5.999 € verlangen.
16I. Der Kläger hat die Darlehensverträge vom 07.05.2009 mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.11.2013 wirksam widerrufen. Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB 6 Monate nach Vertragsschluss erloschen, weil der Kläger von der Beklagten nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB). Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprochen hat. Insbesondere hätten entsprechend der Nr. 10 der Gestaltungshinweise die allgemeinen Hinweise zu finanzierten Geschäften durch die speziellen Hinweise zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken ersetzt werden müssen. Ebenso hat das Landgericht mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass nach dem Gestaltungshinweises Nr. 10 bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Paranthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend hätten entfernt werden müssen.
17II. Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Weicht nämlich die Widerrufsbelehrung – wie aufgezeigt – teilweise von der Belehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV in der Fassung vom 01.04.2008 bis zum 03.08.2009 ab, kann sich ein Unternehmer nicht mehr auf die Schutzwirkung des §§ 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV berufen (vgl. BGH NJW 2011, 1061; BGH NJW-RR 2012, 183).
18III. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass das Widerrufsrecht des Klägers durch die im Jahr 2009 erfolgte Vertragsaufhebung gegenstandslos geworden sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats steht einem Widerruf des Vertrags nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch einen weiteren Vertrag abgelöst worden ist (vgl. Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13). Da dem Kläger keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt worden ist, kann der Widerruf – unbefristet – erfolgen. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht (vgl. auch OLG Zweibrücken Beschluss vom 10.5.2012 Az. 7 U 84/09).
19IV. Die Forderung des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11 Rz. 39). Außerdem fehlt es an konkretem Vortrag, dass und aus welchen Gründen sich die Beklagte, die ohne weiteres hätte erkennen können, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass Anleger Verträge nicht auch noch Jahre nach deren Abschluss und gegebenenfalls auch dann noch widerrufen, wenn der betreffende Darlehensvertrag zwischenzeitlich einvernehmlich aufgehoben worden ist. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Kläger in wirksamer Form nachzubelehren (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass es eine gesetzgeberische Entscheidung war, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehlt. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung unter Hinweis auf § 242 BGB zu entziehen. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln vom 25.01.2012 (13 U 30/11), KG, Urteil vom 16.08.2012 (8 U 101/2012) und OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.01.2014 (14 U 55/13). Diese Entscheidungen beruhen jeweils auf die von den genannten Gerichten getroffen Feststellungen tatsächlicher Art und können daher nicht einschränkungslos auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden (Senat, Hinweisschreiben vom 25.08.2014, 31 U 74/14).
20V. Die begehrten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz kann der Kläger - wie zuletzt beantragt - als Nutzungsersatz nach § 818 I BGB ab dem 05.12.2011 verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 I BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/123, Juris Rz. 71).
21VI. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
22(1) Der Unternehmer kann dem Verbraucher die Möglichkeit einräumen, das Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder eine andere eindeutige Widerrufserklärung auf der Webseite des Unternehmers auszufüllen und zu übermitteln. Macht der Verbraucher von dieser Möglichkeit Gebrauch, muss der Unternehmer dem Verbraucher den Zugang des Widerrufs unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen.
(2) Die Widerrufsfrist beginnt
- 1.
bei einem Verbrauchsgüterkauf, - a)
der nicht unter die Buchstaben b bis d fällt, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die Waren erhalten hat, - b)
bei dem der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat und die Waren getrennt geliefert werden, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die letzte Ware erhalten hat, - c)
bei dem die Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken geliefert wird, sobald der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück erhalten hat, - d)
der auf die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum gerichtet ist, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die erste Ware erhalten hat,
- 2.
bei einem Vertrag, der die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, die Lieferung von Fernwärme oder die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten zum Gegenstand hat, mit Vertragsschluss.
(3) Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Artikels 246b § 2 Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat. Das Widerrufsrecht erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem in Absatz 2 oder § 355 Absatz 2 Satz 2 genannten Zeitpunkt. Satz 2 ist auf Verträge über Finanzdienstleistungen nicht anwendbar.
(4) Das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen auch unter folgenden Voraussetzungen:
- 1.
bei einem Vertrag, der den Verbraucher nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat, - 2.
bei einem Vertrag, der den Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung, wenn der Verbraucher vor Beginn der Erbringung - a)
ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, - b)
bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag die Zustimmung nach Buchstabe a auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat und - c)
seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass sein Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer erlischt,
- 3.
bei einem Vertrag, bei dem der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um Reparaturarbeiten auszuführen, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung, wenn der Verbraucher die in Nummer 2 Buchstabe a und b genannten Voraussetzungen erfüllt hat, - 4.
bei einem Vertrag über die Erbringung von Finanzdienstleistungen, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt.
(5) Das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen über die Bereitstellung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten auch unter folgenden Voraussetzungen:
- 1.
bei einem Vertrag, der den Verbraucher nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn der Unternehmer mit der Vertragserfüllung begonnen hat, - 2.
bei einem Vertrag, der den Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn - a)
der Unternehmer mit der Vertragserfüllung begonnen hat, - b)
der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Vertragserfüllung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, - c)
der Verbraucher seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass durch seine Zustimmung nach Buchstabe b mit Beginn der Vertragserfüllung sein Widerrufsrecht erlischt, und - d)
der Unternehmer dem Verbraucher eine Bestätigung gemäß § 312f zur Verfügung gestellt hat.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren:
- 1.
Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, - 2.
die empfangenen Handelsbriefe, - 3.
Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe, - 4.
Belege für Buchungen in den von ihm nach § 238 Abs. 1 zu führenden Büchern (Buchungsbelege).
(2) Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen.
(3) Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, daß die Wiedergabe oder die Daten
- 1.
mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden, - 2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können.
(4) Die in Absatz 1 Nr. 1 und 4 aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren.
(5) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluß festgestellt, der Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a oder der Konzernabschluß aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.