Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 27. Juni 2014 - I-16 U 149/13
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. Juli 2013 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landesgerichts Düsseldorf - Az.: 9 O 423/12 - geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 53.136,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. August 2012 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann eine Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe :
2I.
3Mit vorliegender Klage macht die Klägerin - ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR) - gegen den Beklagten einen Auseinandersetzungsfehlbetrag in Höhe von 53.136,66 € zuzüglich Zinsen geltend. Sie stützt sich hierbei auf einen Beschluss ihrer Gesellschafterversammlung vom 29. Juni 2011, welcher die Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit der Gesellschaft feststellte und für die Gesellschafter die Alternativen „Sanieren“ (unter Leistung des anteiligen Sanierungsbetrages) oder „Ausscheiden“ (Unter Bezahlung des anteiligen Auseinandersetzungsfehlbetrages) vorsah.
4Die Klägerin wurde 1995 mit einem Eigenkapital in Höhe von 11.644.672,61 € gegründet; ihr traten 188 Gesellschafter bei. Zweck der Gesellschaft war die Errichtung und Bewirtschaftung eines öffentlich geförderten Wohnungsbauvorhabens in Berlin-B…, … Weg. Der Beklagte trat der Klägerin mit Erklärung vom 29. November/21. Dezember 1995 bei und zeichnete eine Beteiligung in Höhe von 51.129,19 €.
5Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin beinhaltet unter anderem folgende Regelungen:
6§ 3
7Beitragspflicht und sonstige Pflichten der Gesellschafter
8(1) Jeder Gesellschafter ist verpflichtet,
9[...]
10- die persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu übernehmen und Nachschüsse bei fehlender Liquidität zu leisten, jedoch nur stets quotal entsprechend seiner Beteiligung an der Gesellschaft,
11[...]
12(3) Erfüllt ein Gesellschafter seine Pflichten nicht, so kann er aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden (§ 14 AVB II).
13[...]
14§ 4
15Beteiligung an der Gesellschaft
16[...]
17(2) Es ist vorgesehen, so viele Gesellschafter in die Gesellschaft aufzunehmen, dass eine Gesamtbeitragspflicht von DM 23.525.000,00 besteht. Die Gesamtbeitragspflicht entspricht dem für die Finanzierung des Investitionsvorhabens geplanten Eigenkapital (Nominalkapital der Gesellschaft). Zu einer notwendigen Nachfinanzierung kann das Nominalkapital um bis zu 10% erhöht werden durch Beitragserhöhung der Gesellschafter oder durch Aufnahme weiterer Gesellschafter.
18[...]
19(5) Die Beteiligungsquote kann sich verringern, sofern der Gesellschafter bei einer Beitragserhöhung nach Absatz 2 nicht mitwirkt.
20§ 8
21Gesellschafterbeschlüsse
22[...]
23(8) Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Der Gesellschaftsvertrag kann nur mit mindestens 75% der abgegebenen Stimmen geändert werden.
24§ 14
25Ausschluss eines Gesellschafters
26(1) Die Gesellschafter können durch Beschluss einen Gesellschafter aus wichtigem Grunde aus der Gesellschaft ausschließen.
27(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
28[...]
29c) ein Gesellschafter seiner Nachschusspflicht nach § 3 Abs. 1 AVB II nicht nachkommt;
30[...]
31(3) Ein Gesellschafter scheidet aus in den Fällen des
32- a) und b) rückwirkend mit dem Tage des Beitritts
33- c) an dem Tag, an dem ein Dritter an der Stelle des ausgeschlossenen in die Gesellschaft aufgenommen wurde,
34[...]
35(4) Wird ein Gesellschafter ausgeschlossen, hat er die Einlage so lange stehen zu lassen, bis an seiner Stelle ein neuer Gesellschafter aufgenommen wurde und die Einlage geleistet hat. Darüber hinaus kann Schadensersatz geltend gemacht werden.
36[...]
37Zur Finanzierung der Fondsimmobilie schloss die Klägerin mit der damaligen W… H… AG im Jahre 1996 insgesamt drei Darlehensverträge mit einem Volumen von insgesamt rund 10,6 Mio. € ab. Darüber hinaus wurden ihr mit Bewilligungsbescheid der I… B… vom 28. September 1995 ein Aufwendungszuschuss in Höhe von rund 12 Mio. € sowie zwei Darlehen in Höhe von insgesamt rund 6,2 Mio. € gewährt. Bei der Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Fondsimmobilie gingen alle Beteiligten davon aus, dass die Klägerin eine staatliche Grundförderung über 15 Jahre und nachfolgend eine Anschlussförderung über weitere 15 Jahre erhält. Entgegen dieser Annahme entschied das Land Berlin im Jahr 2003, das Institut der Anschlussförderung ersatzlos zu streichen. Ohne diese Anschlussförderung reichten die Einnahmen der Klägerin nicht aus, um die anfallenden Darlehensraten zu bedienen. Ihre Bankverbindlichkeiten beliefen sich zum 31. Mai 2011 auf 21.274.658,40 €, was einer Verschuldungsquote von rund 183 % des gezeichneten Eigenkapitals entsprach; ihre Verbindlichkeiten überstiegen ihre Vermögenswerte um rund 196,4 %. Die Klägerin hatte nach Fortfall der Anschlussförderung und unter Zugrundelegung der am Markt durchsetzbaren Mieten eine nicht ausgleichbare, jährliche liquiditätsmäßige Unterdeckung von durchschnittlich 1.170.000,- €. Auch unter Berücksichtigung der Ende Mai 2011 noch bestehenden Liquiditätsreserven wäre eine Zahlungsunfähigkeit der Klägerin spätestens im 2. Quartal 2013 unabwendbar gewesen.
38Auf Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin wurde ein Sanierungskonzept entwickelt. In der Gesellschafterversammlung vom 3. Februar 2010 wurden die Gesellschafter über die Probleme und Handlungsoptionen der Gesellschaft anhand des Sanierungskonzepts informiert. Am 8. Juni 2011 wurden sie zu einer Gesellschafterversammlung am 29. Juni 2011 eingeladen, auf der die Situation der Gesellschaft, die verschiedenen Handlungsoptionen und deren Implikationen, einschließlich des Sanierungskonzepts im Einzelnen vorgestellt und erörtert wurden. Die Gesellschafter fassten am 29. Juni 2011 einen Feststellungsbeschluss mit 95,86% der zu berücksichtigenden Stimmen, wonach die sanierungsbedürftige Gesellschaft sanierungsfähig, das den Gesellschaftern vorab übersandte Sanierungskonzept tragfähig und die Zuführung frischen Kapitals unvermeidlicher Bestandteil einer Sanierung sei. Ferner fassten die Gesellschafter einen Beschluss zur Umsetzung des Sanierungskonzepts, der insbesondere folgende Sanierungsschritte enthielt:
39• Herabsetzung des bestehenden (und vollständig verbrauchten) Nominalkapitals der Klägerin von 11.657.454,91 € auf 11.657,45 € (1 Promille);
40• Kapitalerhöhung des herabgesetzten Kapitals um 7.300.000,00 € auf bis zu 7.311.657,45 €;
41• Aufforderung der Gesellschafter zur - freiwilligen – Übernahme der Kapitalerhöhung entsprechend ihrer quotalen Beteiligung;
42• Ausschluss derjenigen Gesellschafter, die nicht bis zum Einzahlungsstichtag – spätestens bis zum Sanierungsstichtag - sich an der Kapitalerhöhung beteiligt haben.
43Dieser Beschluss wurde mit 100 % der abgegebenen Stimmen gefasst. Der Beklagte war auf der Gesellschafterversammlung weder persönlich anwesend noch vertreten.
44Bei einer Zerschlagung der Klägerin im Jahr 2013 statt ihrer Sanierung hätte sich das Haftungsrisiko der Gesellschafter zwischen 121,9 % und 230,63 % des gezeichneten Eigenkapitals belaufen. Die Sanierung wurde mittlerweile erfolgreich umgesetzt. Die sanierungswilligen Gesellschafter zahlten jeweils ihren quotalen Anteil an der Kapitalerhöhung und übernahmen - entsprechend ihrer Beteiligungsquote - die auf die nicht mitwirkungsbereiten Gesellschafter entfallenden Anteil an der Kapitalerhöhung. Der Beklagte zahlte seinen Anteil an der Erhöhung bis zum Sanierungsstichtag am 7. Februar 2012 nicht. Seine Beteiligungsquote belief sich zu diesem Stichtag auf 0,4390780 %. Auf Grundlage einer Auseinandersetzungsbilanz zum 6. Februar 2012, die mit einem Fehlbetrag in Höhe von 12.101.875,02 € schloss, macht die Klägerin einen Auseinandersetzungsfehlbetrag in Höhe von 53.136,66 € geltend. Ohne Erfolg forderte sie den Beklagten mit Schreiben vom 17. Juli 2012 unter Fristsetzung bis zum 10. August 2012 zur Zahlung auf.
45Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 29. Juni 2012 wirksam aus der Gesellschaft ausgeschieden. Er sei aus gesellschaftlicher Treuepflicht verpflichtet gewesen, seinem Ausscheiden zuzustimmen. Der Verbleib der nicht zahlungswilligen Gesellschafter sei den übrigen Gesellschaftern nicht zumutbar, da sie andernfalls - bei erfolgreicher Sanierung – einen Gewinnanteil erhielten, der allein durch den Einsatz der zahlenden Gesellschafter möglich geworden sei. Auf § 14 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages könne sich der Beklagte nicht berufen, denn sie fordere gerade keinen Nachschuss auf Grundlage von § 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages. Das durch die Gesellschafter gemäß der Sanierungsbeschlüsse beschlossene Ausscheiden der nicht freiwillig mitwirkungsbereiten Gesellschafter unterfalle keiner der Kategorien von § 14 Abs. 2 der Gesellschaftsvertrages, sondern stelle sich als konkrete Ausformung des allgemeinen gesellschaftsrechtlichen, in § 14 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages normierten Grundsatzes der Möglichkeit des Ausschlusses eines Gesellschafters aus wichtigem Grund dar. Überdies hätten die Gesellschafter entschieden, dass sie den Anteil des Beklagten durch Anwachsen quotal übernehmen.
46Die Klägerin hat beantragt,
47den Beklagten zu verurteilen, an sie 53.136,66 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. August 2012 zu zahlen,
48Der Beklagte hat beantragt,
49die Klage abzuweisen.
50Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, er sei von der Klägerin ohne die gebotene Aufklärung über das Risiko des Wegfalls der Anschlussförderung in die Investition gelockt und damit getäuscht worden. Er sei aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 29. Juni 2011 - jedenfalls zurzeit - noch nicht wirksam aus der Klägerin ausgeschieden. Dies ergebe sich aus § 14 Abs. 2 lit. c) in Verbindung mit § 14 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages. Danach könne ein Gesellschafter zwar aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn er seiner Nachschusspflicht gemäß § 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages nicht nachkomme, er scheide aber erst an dem Tag aus, an dem ein Dritter an seiner Stelle in die Gesellschaft aufgenommen worden sei. Damit enthalte der Gesellschaftsvertrag eine konkrete Regelung, wie mit nicht nachschussbereiten Gesellschaftern verfahren werde und dementsprechend habe eine Erwartungshaltung dahingehend bestanden. An den gesellschaftsvertraglichen Regelungen müssten sich die Gesellschafter festhalten lassen und könnten sich nicht darauf berufen, dass er die Zustimmung zu seinem Ausschluss nach Treu und Glauben auch dann habe erteilen müssen, wenn kein Dritter gefunden worden sei, der seinen Anteil mit allen Rechten und Pflichten übernehme.
51Mit dem am 9. Juli 2013 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat dazu die Ansicht vertreten, dass die vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 19. Oktober 2009 - Az.: II ZR 240/08 - („Ausscheiden oder Sanieren“) dargestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar seien, da es sich vorliegend nicht um eine OHG, sondern um eine GbR gehandelt habe. Von einem Kaufmann könne erwartet werden, dass er das wirtschaftliche Risiko überblicke, während ein in wirtschaftlichen Dingen häufig unerfahrener Gesellschafter einer GbR eingehender Belehrung bedürfe. Zudem regelten die §§ 3 Abs. 3, 14 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages nach ihrem Wortlaut abschließend das Szenario fehlender Liquidität, dass nämlich der Gesellschafter entsprechend seiner Beteiligung Nachschüsse leisten müsse und für den Fall, dass dies nicht geschehe, mit dem Tag ausscheide, an dem ein Dritter an seine Stelle in die Gesellschaft aufgenommen werde. Es sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Erfordernis der Übernahme des Anteils durch einen Dritten um keine bloße Formalie handele, da nach § 14 Abs. 4 nach der Übernahme die Einlage an den Gesellschafter zurückzuzahlen sei. Würde der streitige Ausschließungstatbestand Wirkung zum Nachteil des Beklagten entfalten, so verlöre diese den beschriebenen Schutz.
52Dieses Urteil greift die Klägerin mit der Berufung an und trägt zur Begründung ihres Rechtsmittels vor, aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 19. Oktober 2009 - Az.: II ZR 240/08 - ergebe sich nicht, dass im Hinblick auf die Grundsätze „Sanieren oder Ausscheiden“ zwischen den unterschiedlichen Rechtsformen der Personengesellschaften habe differenziert werden sollen. Dass der Bundesgerichtshof die vom Landgericht vorgenommene Einschränkung auf die OHG gerade nicht gewollt habe, folge auch aus der Entscheidung vom 25. Januar 2011 - Az.: II ZR 122/09 -. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass ein Gesellschafter aufgrund der §§ 3 Abs. 3, 14 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages habe darauf vertrauen dürfen, nicht ohne Eintritt eines neuen Gesellschafters aus der Gesellschaft auszuscheiden. Bei den §§ 14 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages handele es sich um die verbleibenden Gesellschafter und nicht etwa den ausgeschlossenen Gesellschaften schützende Vorschriften, auf die sich der Beklagte daher nicht berufen könne. § 14 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages sei nur für den Fall anwendbar, dass der ausgeschlossene Gesellschafter Anspruch auf Zahlung eines Abfindungsguthabens habe. Im Übrigen vertieft die Klägerin ihre erstinstanzlichen Ausführungen zur Inanspruchnahme des Beklagten.
53Die Klägerin beantragt,
54das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 9. Juli 2013 - Az.: 9 O 423/12 - aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie 53.136,66 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. August 2012 zu zahlen.
55Der Beklagte beantragt,
56die Berufung zurückzuweisen.
57Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages.
58Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
59II.
60Die zulässige Berufung ist begründet.
61A.
62Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufungsbegründung genügt auch den formalen Erfordernissen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, denn die Klägerin rügt Rechtsverletzungen im Sinne des § 546 ZPO durch das Landgericht, die - als zutreffend unterstellt - entscheidungserheblich sind.
63B.
64Die Berufung hat Erfolg. Der Klägerin steht der mit vorliegender Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 53.136,66 € gegen den Beklagten aus § 739 BGB in Verbindung mit § 14 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages (im Folgenden: GV) zu. Weil der Beklagte die Kapitalerhöhung nicht gezeichnet hat, ist er zum 6. Februar 2012 als Gesellschafter ausgeschieden und daher verpflichtet, den sich aus der Auseinandersetzungsbilanz ergebenden Fehlbetrag in Höhe der Klageforderung nebst Zinsen zu zahlen.
651.
66Soweit der Beklagte im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens gegen die Klageforderung eingewendet hat, er sei darüber getäuscht worden, dass ein Rechtsanspruch der Klägerin auf Gewährung der Anschlussförderung nicht bestanden habe, verfängt dies nicht.
67a) Die von dem Beklagten behauptete Täuschung ist nicht feststellbar, denn dem von ihm in Bezug genommenen Prospekt kann nicht die Aussage entnommen werden, dass der Klägerin ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Anschlussförderung zusteht. Der Prospekt enthält keine unrichtige Darstellung über die Frage der Anschlussförderung. Ihm ist zu entnehmen, dass die Förderung „zunächst für 15 Jahre verbindlich zugesagt“ worden ist; für die Zeit „danach“ sei von einer Anschlussförderung auszugehen. Diese Formulierung lässt erkennen, dass die Klägerin selbst die Erwartung hatte, eine Anschlussförderung zu erhalten. Die Behauptung einer rechtsverbindlichen Zusage liegt darin nicht. Dass schon die dargestellte Erwartungshaltung der Klägerin falsch gewesen sein soll, trägt der Beklagte nicht vor. Den weiteren Angaben im Prospekt ist zu entnehmen, dass eine Anschlussförderung bislang nicht bewilligt wurde. Zwar weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass der Prospekt keinen eindeutigen Hinweis darauf enthält, dass ein grundsätzlicher Anspruch auf Anschlussförderung nicht besteht. Das Fehlen eines solchen Hinweises begründet aber keine Täuschung, denn der Prospekt gibt zutreffend die Rechtsgrundlagen für eine Anschlussförderung wieder. In diesem Zusammenhang weist der Prospekt insbesondere darauf hin, dass kein Anspruch auf Anschlussförderung besteht, wenn den Mietern die Bezahlung der Kostenmiete ohne Förderung zugemutet werden kann. Bei der gebotenen - objektiven - Betrachtungsweise konnte auf Grundlage des gesamten Prospektinhalts bei dem Beklagten nicht der Eindruck entstehen, dass die Klägerin einen Rechtsanspruch auf Gewährung der Anschlussförderung hat.
68b) Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13. Juni 2014 ausgeführt hat, er fühle sich deshalb getäuscht, weil ihm in einem seiner Beteiligung vorangegangenen Gespräch von Herrn Dr. G… - dem Beklagten zufolge dem eigentlichen „Macher“ des in Rede stehenden Fonds - zugesagt worden sei, dass er nur mit seiner Einlage hafte, verhilft auch dies nicht zum Erfolg. Unabhängig davon, dass es sich hierbei um ein neues Verteidigungsmittel handelt, das nur unter den engen Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist, vermag der Senat auf Grundlage der Ausführungen des Klägers eine Täuschung nicht festzustellen, denn der Kläger hat zugleich eingeräumt, er habe gewusst, dass die mit der Beteiligung verbundenen steuerlichen Vorteile eine unbegrenzte Haftung voraussetzen. Soweit er in diesem Zusammenhang darauf verwiesen hat, er habe darauf vertraut, dass die Klägerin gegenüber dem Finanzamt so „getrickst“ habe, dass er tatsächlich nur mit seiner Einlage hafte, ist dieses Vertrauen nicht schutzwürdig. Bei dem Beklagten handelt es sich nach dem Eindruck, den sich der Senat in der mündlichen Verhandlung verschaffen konnte, um einen erfahrenen Anleger, der genau über die rechtliche Konstruktion der Beteiligung sowie deren Risiken und die damit verbundenen steuerlichen Vorteile informiert war
69c) Letztlich kann die Frage, ob eine Täuschung vorliegt, allerdings offen bleiben, da der Beklagte nicht dargetan hat, welche ihm günstige Rechtsfolge er daraus herzuleiten sucht. Er hat nicht vorgetragen, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB erklärt zu haben. Soweit sein Vortrag dahingehend zu verstehen sein sollte, dass er die Rückabwicklung seiner Beteiligung begehrt, ist dem entgegen zu halten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf den Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft anwendbar sind mit der Folge, dass der fehlerhafte Beitritt als wirksam zu behandeln ist, wenn er - wie vorliegend geschehen - bereits in Vollzug gesetzt wurde. Der betreffende Anleger kann sich lediglich für die Zukunft von der Gesellschaftsbeteiligung lösen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010, Az.: I ZR 465/07, NJW-RR 2010, 1402 - 1404 mit weiteren Nachweisen). Dass der Beklagte insoweit von einem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hätte, ist weder von ihm vorgetragen noch sonst ersichtlich.
702.
71Grundlage des Ausscheidens des Beklagten ist der Beschluss der Gesellschafter vom 29. Juni 2011. Dieser Beschluss der Gesellschafterversammlung ist formell wirksam gefasst worden. Dagegen sind vom Beklagten auch keine Einwände erhoben worden.
723.
73Über die formelle Wirksamkeit hinaus muss der Beschluss, mit dem der neue Ausschließungsgrund in den Gesellschaftsvertrag eingefügt wurde, auch gegenüber dem Beklagten materiell wirksam sein (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009, Az.: II ZR 240/08, zitiert nach juris, Rn.15). Dies ist vorliegend zu bejahen.
74a) Der Beschluss sah unter Ziffer 7.5.1 vor, dass diejenigen Gesellschafter, die bis zum Einzahlungsstichtag – spätestens jedoch bis zum Sanierungsstichtag – nicht einen Anteil in Höhe ihres jeweiligen Gesellschafterbeitrags auf den Erhöhungsbeitrag übernahmen und bewirkten, aus der Gesellschaft ausscheiden, ohne dass es einer weiteren Erklärung der Gesellschaft bedurfte. Die neue Regelung legt also das zwangsweise Ausscheiden derjenigen Gesellschafter fest, die sich an der - ebenfalls am 29. Juni 2011 unter Ziffer 7.4.2 beschlossenen - freiwilligen Kapitalerhöhung nicht beteiligten.
75b) Der Entzug der Gesellschafterstellung durch zwangsweises Ausscheiden ist nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters möglich. Die Zustimmung kann dabei sowohl antizipiert durch eine eindeutige Regelung im Gesellschaftsvertrag erfolgen oder durch Zustimmung zu einem Beschluss, durch den - nachträglich eine Ausschlussregelung in den Gesellschaftsvertrag eingefügt wird (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009, Az.: II ZR 240/08, zitiert nach juris, Rn. 16, Urteil vom 25. Januar 2011, Az.: II ZR 122/09, zitiert nach juris, Rn. 18; Goette, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Auflage, § 119 Rn. 59). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Versäumung der Beanstandungsfrist ersetzt diese Zustimmung nicht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009, Az.: II ZR 240/08, zitiert nach juris, Rn. 16, Urteil vom 5. März 2007, Az.: II ZR 282/05, zitiert nach juris, Rn. 15).
76c) Trotz Fehlens dieser Zustimmung ist der Beklagte jedoch aus gesellschafterliche Treuepflicht verpflichtet gewesen, sich so behandeln zu lassen, als habe er dem Beschluss zugestimmt. Er verhält sich treuwidrig, weil er zwar an den Sanierungsbemühungen nicht teilnehmen, aber dennoch Gesellschafter der Klägerin bleiben will.
77aa) Die Gesellschafter übernehmen mit der Gründung oder dem Beitritt zu einer GbR die gemeinsame Verpflichtung, ihr Handeln an dem von der Gesellschaft verfolgten Zweck auszurichten und seine Verwirklichung zu fördern (vgl. Ulmer, in: Münchner Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 705 Rn. 142). Mit der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses unterliegen sie außerdem der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern. Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht umfasst in positiver Hinsicht das Gebot, die Interessen der Gesellschaft zu wahren und in negativer Hinsicht die Verpflichtung, alles zu unterlassen, was diese schädigt (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013, Az.: II ZR 150/12, zitiert nach juris, Rn. 16; Urteil vom 21. Oktober 1985, Az.: II ZR 57/85, NJW-RR 1986, 256 - 258). Zwar ist ein Gesellschafter im Allgemeinen nicht verpflichtet, einer seine Gesellschafterstellung aufhebenden Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009, Az.: II ZR 240/08, zitiert nach juris, Rn. 23). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich jedoch in besonders gelagerten Ausnahmefällen für jeden einzelnen Gesellschafter aus der gesellschafterlichen Treuepflicht etwas Abweichendes ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011, Az.: II ZR 122/09, zitiert nach juris, Rn. 20; Urteil vom 19. Oktober 2009, Az.: II ZR 240/08, zitiert nach juris, Rn. 23; Urteil vom 21. Oktober 1985, Az.: II ZR 57/85, NJW-RR 1986, 256 - 257; Urteil vom 26. Januar 1961, Az.: II ZR 240/59, NJW 1961, 724 - 725). Eine Zustimmungspflicht kommt dann in Betracht, wenn sie mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder auf die bestehenden Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander dringend erforderlich ist und die Änderung des Gesellschaftsvertrages dem Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar ist. Die Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters kann daher nur angenommen werden, wenn dem schützenswerte Belange des Gesellschafters nicht entgegenstehen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009, Az.: II ZR 240/08, zitiert nach juris, Rn. 23 mit weiteren Nachweisen, Urteil vom 25. Januar 2011, Az.: II ZR 122/09, zitiert nach juris, Rn. 20). Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Sanieren oder Ausscheiden“ dahingehend präzisiert, dass, wenn die Gesellschafter einer zahlungsunfähigen und überschuldeten Publikumspersonengesellschaft mit der im Gesellschaftsvertrag für Änderungen des Vertrags vereinbarten Mehrheit beschließen, die Gesellschaft in der Weise zu sanieren, dass das Kapital „herabgesetzt“ und jedem Gesellschafter freigestellt wird, eine neue Beitragspflicht einzugehen („Kapitalerhöhung“), und ein nicht sanierungswilliger Gesellschafter aber aus der Gesellschaft ausscheiden muss, die nicht zahlungsbereiten Gesellschafter aus gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht jedenfalls dann verpflichtet sind, diesem Gesellschafterbeschluss zuzustimmen, wenn sie infolge ihrer mit dem Ausscheiden verbundenen Pflicht, den auf sie entfallenden Auseinandersetzungsfehlbetrag zu leisten, finanziell nicht schlechter stehen, als sie im Falle der sofortigen Liquidation stünden (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009, Az.: II ZR 240/08, zitiert nach juris, Leitsatz). Die Frage, ob eine gesellschafterliche Treuepflicht besteht, kann dabei stets nur anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (siehe hierzu Strohn ZInsO 2013, 12 (13)).
78bb) Dies zugrunde gelegt, hat das Landgericht zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass die dargestellten Grundsätze im Streitfall deshalb keine Anwendung fänden, weil es sich um eine Publikumsgesellschaft in Gestalt einer GbR und nicht einer OHG – wie in dem vom Bundesgerichtshof im Jahr 2009 entschiedenen Fall - handele. Das Landgericht hebt dabei hervor, dass von einem Kaufmann erwartet werden könne, dass er eigenständig ein von ihm eingegangenes wirtschaftliches Risiko überblicke, während ein in wirtschaftlichen Angelegenheiten häufig unerfahrener Gesellschafter bürgerlichen Rechts einer Publikumsgesellschaft eingehender Belehrung bedarf. Für die vom Landgericht angenommene Differenzierung besteht keine Veranlassung. Publikumsgesellschaften sind Personengesellschaften, die zum Zwecke der Kapitalsammlung eine unbestimmte Vielzahl rein kapitalistisch beteiligter und persönlich nicht miteinander verbundener Gesellschafter aufgrund eines vorformulierten Gesellschaftsvertrags aufnehmen. Betreibt die Gesellschaft kein Handelsgewerbe, so kann – z.B. bei einem Immobilienfonds – eine GbR gegründet werden (Schöne, in: Bamberger/Roth, BGB, § 705, Rn. 192, Sprau, in: Palandt, BGB, 72. Auflage, § 705 Rn. 47). Die Frage, ob die Publikumspersonengesellschaft also als OHG oder als GbR geführt wird, richtet sich damit maßgeblich danach, ob die Gesellschaft ein Handelsgewerbe ausübt. Demgegenüber ist – entgegen der Annahme des Landgerichts – weder der Beitritt zur OHG Kaufleuten vorbehalten, noch ist Ausfluss dessen, dass eine Publikumspersonengesellschaft eine GbR ist, dass ihr „in wirtschaftlichen Angelegenheiten häufiger unerfahrenere“ Personen beitreten. Schließlich hat auch der Bundesgerichtshof in seinem Leitsatz zur Entscheidung „Sanieren oder Ausscheiden“ allgemein auf Publikumspersonengesellschaften abgestellt. Darüber hinaus betraf die Folgeentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25. Januar 2011- Az.: II ZR 122/09 -, in der er eine gesellschafterliche Treuepflicht im Ergebnis verneinte, einen Immobilienfonds in Form einer GbR, ohne dass der BGH diesem Gesichtspunkt für die Frage der Anwendbarkeit von ihm in der Entscheidung „Sanieren oder Ausscheiden“ entwickelten Grundsätze eine Bedeutung zugemessen hätte.
794.
80Die Annahme einer gesellschafterlichen Treuepflicht des Beklagten scheidet auch nicht aufgrund der Regelungen des Gesellschaftsvertrages aus. Die gesellschafterliche Treuepflicht, die gerade auch zwischen den Gesellschaftern untereinander besteht, findet ihre Grenze in der Wahrnehmung berechtigter Eigeninteressen des Gesellschafters, da dieser nur insoweit den Gesellschaftsinteressen verpflichtet ist, als er sich im Gesellschaftsvertrag verpflichtet hat. Grundlage einer gesellschafterlichen Treuepflicht eines Gesellschafters kann mithin nur die auf dem konkreten Gesellschaftsverhältnis beruhende berechtigte Erwartungshaltung der übrigen Gesellschafter sein (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011, Az.: II ZR 122/09, zitiert nach juris, Rn. 21 mit weiteren Nachweisen; Ulmer, in: Münchner Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 705 Rn. 222). Erlaubt das einzelne Gesellschaftsverhältnis keine berechtigte Erwartungshaltung gegenüber einzelnen Gesellschaftern, so besteht auch keine Treuepflicht, diese zu erfüllen (vgl. BGH, a.a.O.). Der Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht rechtfertigt es nicht, in eine sachlich nicht unvertretbare gesellschaftsrechtliche Regelung ändernd einzugreifen, nur weil dies für angemessener erachtet wird (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011, Az.: II ZR 122/09, zitiert nach juris, Rn. 21 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 10. Juni 1965, Az.: II ZR 6/63, BGHZ 44, 40 (42)).
81Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Rechtsauffassung ist es nicht erforderlich, dass die Treuepflicht auf einer ausdrücklichen gesellschaftsvertraglichen Regelung basiert. Das Erfordernis einer derartigen positiven Regelung im Gesellschaftsvertrag würde die Bezugnahme auf die gesellschafterliche Treuepflicht überflüssig machen, weil sich in diesem Fall die Verpflichtung bereits aus dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrages bzw. dessen Auslegung ergäbe. Der Bundesgerichtshof stellt in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2011 - Az.: II ZR 122/09 - entscheidend auf die auf dem Gesellschaftsvertrag basierende Erwartungshaltung der Gesellschafter ab. Dementsprechend hat er in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2009 - Az.: II ZR 240/08 - die Treuepflicht auf die Erwartungshaltung der risikobereiten Gesellschafter gegründet; eine Haltung die gerechtfertigt war, weil es ihnen nicht zumutbar war, die Gesellschaft mit den nicht zur weiteren Investition bereiten Gesellschaftern fortzusetzen. Zur Feststellung der berechtigten Erwartungshaltung aller Gesellschafter ist es nicht erforderlich, dass diese positiv im Gesellschaftsvertrag niedergelegt ist. Dies würde den Anwendungsbereich der Treuepflicht unnötig einengen und wäre überdies funktionswidrig. Die Konkretisierung der Treuepflicht hat vielmehr im Wege einer Interessenabwägung zu erfolgen, die - und darin liegt die Bedeutung dieser Unterscheidung - auch dann möglich bleibt, wenn sich im Gesellschaftsvertrag oder in sonstigen Umständen kein Anknüpfungspunkt für „berechtigte Erwartungen“ bestimmter Gesellschafter finden lässt.
825.
83Eine berechtigte Erwartungshaltung der Gesellschafter, die eine Kapitalerhöhung mittragen in der Weise, dass die Gesellschafter entweder hieran teilnehmen oder aber ausscheiden, kann sich von vornherein nicht ergeben, wenn der Gesellschaftsvertrag eine anderslautende Regelung beinhaltet. Aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrages ergab sich für die Gesellschafter jedoch nicht, dass trotz fehlender Mitwirkung an einer Kapitalerhöhung die Gesellschafterstellung des sich nicht beteiligenden Gesellschafters unberührt bleiben sollte. Insbesondere enthält § 4 Abs. 2 und 5 GV keine solche Bestimmung.
84a) Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages einer GbR richtet sich grundsätzlich nach den in §§ 133, 157 BGB normierten, für die Auslegung von Rechtsgeschäften geltenden Maßstäben (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1995, Az.: II ZR 87/94, NJW 1995, 3313 – 3314; Urteil vom 21. Januar 1957, Az.: II ZR 147/56, WM 1957, 512 – 514; Ulmer, in: Münchner Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 705 Rn. 171; Habermeier, in: Staudinger, BGB Neubearbeitung 2012, § 705 Rn. 13). Der Gesellschaftsvertrag einer GbR ist grundsätzlich subjektiv auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2005, Az.: II ZR 194/03, NJW 2005, 2618 – 2620; Urteil vom 18. Mai 1998, Az.: II ZR 19/97, WM 1998, 1535 – 1537; Urteil vom 28. September 1995, Az.: II ZR 87/94, NJW 1995, 3313 – 3314). Allerdings gelten für die Auslegung von Verträgen von Publikumspersonengesellschaften nach allgemeiner Meinung Besonderheiten, da diese Verträge typischerweise von einigen mit den Gesellschaftern nicht oder nur zu kleinen Teilen identischen Personen erstellt werden und zum Beitritt für eine meist große Zahl über den Kapitalmarkt geworbener, untereinander nicht verbundener Anleger offenstehen. Daher richtet sich die Auslegung dieser Verträge nach objektiven, an Wortlaut, Systematik und auch Zielsetzung orientierten Kriterien (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2007, Az.: II ZR 73/06, zitiert nach juris, Rn. 18, Urteil vom 9. Februar 2009, Az.: II ZR 231/07, zitiert nach juris, Rn. 14, Ulmer, in: Münchner Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 705 Rn. 174b, Sprau, in: Palandt, BGB, 72. Auflage, § 705 Rn. 14). Der Prospekt, den der Beklagte erwähnt, kann angesichts der notwendigen objektiven Auslegung nicht herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2005, Az.: II ZR 354/03, zitiert nach juris Rn. 27). Das Gleiche gilt für den Inhalt des von dem Beklagten behaupteten Gesprächs mit Dr. G…. Auch dieses ist für die objektive Auslegung der Regelungen des Gesellschaftsvertrages unerheblich. Auf die von dem Beklagten nochmals mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 17. Juni 2014 dargelegte „subjektive“ Erwartungshaltung zum Zeitpunkt der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung kommt es daher nicht an. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht angezeigt, denn die Voraussetzungen des § 156 ZPO liegen nicht vor.
85b) § 4 Abs. 2 Satz 1 GV legt die Gesamtbeitragspflicht fest, die nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GV dem für die Finanzierung des Investitionsvorhabens geplanten Eigenkapital entspricht. Für eine notwendige Nachfinanzierung kann das Nominalkapital um bis zu 10 % durch Beitragserhöhung der Gesellschafter oder durch Aufnahme weiterer Gesellschafter erhöht werden. Nach § 4 Abs. 5 GV kann sich die Beteiligungsquote verringern, sofern der Gesellschafter bei einer Beitragserhöhung nach § 4 Abs. 2 GV nicht mitwirkt. Die Regelung beschränkt sich mit der Bezugnahme auf das für die Finanzierung des Investitionsvorhabens geplanten Eigenkapitals auf die Investitionsphase. Nur für diese Phase regelt § 4 Abs. 5 eine Verwässerung der Beteiligungsquote für den Fall, dass sich ein Gesellschafter nicht beteiligt. Demgegenüber wird die Bewirtschaftungsphase von diesen Regelungen nicht erfasst. Für diese Phase sieht § 3 Abs. 1, 2. Spiegelstrich GV vielmehr vor, dass die Gesellschafter verpflichtet sind, Nachschüsse bei fehlender Liquidität quotal entsprechend seiner Beteiligung zu leisten (so auch Senatsurteil vom 7. März 2014, Az.: I-16 U 117/13; KG Berlin, Urteil vom 23. Januar 2014, Az.: 19 U 68/12 und insoweit auch: OLG München, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az.: 24 U 348/13). Gemäß § 14 Abs. 2 lit. c) GV stellt die Verletzung der Nachschusspflicht einen wichtigen Grund für den Ausschluss eines Gesellschafters dar. Es kann vorliegend dahin stehen, ob die Regelung in § 3 Abs. 1, 2. Spiegelstrich GV in Verbindung mit § 14 Abs. 2 lit. c) GV deshalb unwirksam ist, weil Umfang und Fälligkeit der darin normierten Nachschusspflicht nicht abschließend festgelegt sind (siehe dazu Münchner Kommentar-Schäfer, BGB, 6. Auflage, § 707 Rn. 4; Palandt-Sprau, BGB, 72. Auflage, § 707 Rn. 3; BGH, Urteil vom 25. Mai 2009, Az.: II ZR 259/08, NJW-RR 2009, 1264 - 1267). Nach der von dem Senat vertretenen Auffassung kommt es nicht darauf an, ob eine unwirksame Regelung im Gesellschaftsvertrag geeignet ist, eine Erwartungshaltung zu begründen (siehe dazu OLG München, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az.: 24 U 348/13). Denn jedenfalls bestätigt sie das obige Ergebnis, dass § 4 Abs. 2, 5 GV die Bewirtschaftungsphase nicht erfasst, für die im Vertrag ein anderes Regelungskonzept – wenn auch unwirksam - vorgesehen war. Im Ergebnis fehlte es damit an einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, wonach die zahlungswilligen Gesellschafter von vorneherein nur erwarten konnten, dass die nicht zahlungswilligen Gesellschafter lediglich eine Verwässerung ihres Anteils in Kauf nehmen mussten, aber mit diesem verringerten Anteil Gesellschafter bleiben konnten (vgl. Senatsurteil vom 7. März 2014, Az.: I-16 U 117/13).
866.
87Die Erwartungshaltung der Gesellschafter, dass die einzelnen Gesellschafter entweder an der Kapitalerhöhung teilnehmen oder ausscheiden, begründet sich daraus, dass die sanierungsbedürftige Gesellschaft sanierungswürdig war. Das heißt, es bestanden reale wirtschaftliche Aussichten auf ein Fortbestehen der Gesellschaft und zumindest eine erhebliche Reduzierung der bereits eingetretenen Verluste möglicherweise sogar langfristig gesehen der Gewinnerzielung. Diesem schutzwürdigen Interesse der Gesellschafter, die Gesellschaft nicht zu liquidieren, sondern bestehen zu lassen, standen auch kein berechtigtes Interesse des Beklagten gegenüber, das eine solche Maßnahme für ihn unzumutbar gemacht hätte.
88a) Im Ausgangspunkt ist festzustellen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Beschlusses sanierungsbedürftig war. Dies ist von der Klägerin substantiiert vorgetragen und vom Beklagten nicht bestritten worden. Im Übrigen war die Sanierungsbedürftigkeit auch Gegenstand des den Gesellschaftern vor der Gesellschaftsversammlung vom 29. Juni 2011 übergebenen Sanierungskonzepts. Die Bankverbindlichkeiten der Klägerin beliefen sich zum 31. Mai 2011 auf 21.274.658,40 €, was einer Verschuldungsquote von rund 183 % des gezeichneten Eigenkapitals entspricht. Die Verbindlichkeiten der Klägerin überstiegen deren Vermögenswerte um rund 196,4 %. Nach Fortfall der Anschlussförderung und unter Zugrundelegung der am Markt durchsetzbaren Mieten wies die Klägerin eine nicht ausgleichbare jährliche liquiditätsmäßige Unterdeckung in Höhe von durchschnittlich 1.170.000,- € auf.
89b) Der Annahme der Sanierungsbedürftigkeit steht auch nicht entgegen, dass sie zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 29. Juni 2011 noch nicht zahlungsunfähig war. Hierzu hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, unter Berücksichtigung der Ende Mai 2011 noch bestehenden Liquiditätsreserven wäre die Zahlungsunfähigkeit spätestens im 2. Quartal 2013 unabwendbar gewesen. Voraussetzung für den Ausschließungsbeschluss ist indes nicht, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorgelegen hat. Der Bundesgerichtshof hat zwar in der Entscheidung „Sanieren oder Ausscheiden“ die Zahlungsunfähigkeit, die dort vorlag, als Merkmal der Sanierungsbedürftigkeit aufgeführt. Ein Verständnis der Entscheidung dahingehend, dass – erst – die eingetretene Zahlungsunfähigkeit, nicht aber die drohende Zahlungsunfähigkeit die Sanierungsbedürftigkeit einer Publikumspersonengesellschaft als Voraussetzung einer Sanierung nach den Grundsätzen „Sanieren oder Ausscheiden“ begründet, würde jedoch bedeuten, dass die Gesellschaft mit der Sanierung warten muss, bis Zahlungsunfähigkeit tatsächlich eingetreten ist. Ein solches Zuwarten, das die Sanierung erschwert, liegt jedoch weder im Interesse der zahlungswilligen noch der zahlungsunwilligen Gesellschafter angesichts der damit einhergehenden Verschärfung der finanziellen Situation. Für eine Gleichbehandlung der Zahlungsunfähigkeit sowie der drohenden Zahlungsunfähigkeit spricht die vergleichende Überlegung, dass nach § 18 InsO die drohende Zahlungsunfähigkeit ebenso wie die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO ein Eröffnungsgrund gemäß § 16 InsO darstellt. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25. Januar 2011 - Az.: II ZR 122/09 - ein Sachverhalt zugrunde lag, in dem der Gesellschaft ebenfalls die Zahlungsunfähigkeit drohte, ohne dass der Bundesgerichtshof deshalb die Grundsätze aus der Entscheidung „Sanieren oder Ausscheiden“ für nicht anwendbar erachtet hätte.
90c) Die Sanierungsfähigkeit der Klägerin steht zwischen den Parteien außer Streit. Vergleicht man die wirtschaftlichen Folgen einer sofortigen Liquidation mit denen der Sanierung, zeigt sich anhand der Haftungsquote der einzelnen Gesellschafter bei Liquidation von 121,91 % bis 230,63 % des ursprünglichen Eigenkapitals und der zusätzlichen Beteiligung von 53,2 % bei Sanierung, dass dies wirtschaftlich sinnvoll war. Die Sanierungsfähigkeit wird letztlich auch durch die erfolgreiche Sanierung belegt.
91d) Schützenswerte Belange des Beklagten sind nicht vernachlässigt worden.
92aa) Der Beklagte wird durch sein Ausscheiden nicht schlechter gestellt, als er im Falle der von ihm favorisierten Liquidation gestanden hätte. Wie der Senat bereits dargelegt hat, betrug die Haftung der Gesellschafter für den Fall der Liquidation zwischen 121,91 % und 230,63 % des ursprünglichen Eigenkapitals. Demgegenüber wurde für den Fall einer Sanierung eine Beteiligung in Höhe von 53,2 % des ursprünglichen Eigenkapitals prognostiziert, die sich letztlich auf 62,62 % belief. Ein Vergleich dieser Haftungs- bzw. Beteiligungsquoten lässt den eingeschlagenen Weg der Sanierung als wirtschaftlich sinnvoll erscheinen, so dass - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009, Az.: II ZR 240/08, NJW 2010, 65 - 69; Urteil vom 25. Januar 2011, Az.: II ZR 122/09, NJW 2011, 1667 - 1670) - eine Schlechterstellung des Beklagten aufgrund seines Ausscheidens gegenüber dem Fall der Liquidation der Klägerin nicht angenommen werden kann.
93bb) Soweit in der Argumentation des Beklagten anklingt, es sei treuwidrig, wenn der nicht sanierungswillige Gesellschafter durch den drohenden Ausschluss letztlich gezwungen werde, an einer Kapitalerhöhung teilzunehmen, verkennt er die bereits dargestellte Funktionsweise der beschlossenen Sanierung: Jeder Gesellschafter konnte sich entscheiden, ob er einen Sanierungsbeitrag erneut riskieren wollte, verbunden mit der Chance, dass die Klägerin mittelfristig wieder in die Gewinnzone gelangen könnte, aber auch andererseits mit dem jedem Sanierungsversuch immanenten Risiko, auch noch diesen Betrag im Falle des Scheiterns zu verlieren, oder ob er lieber sofort als anteiligen Auseinandersetzungsfehlbetrag des bereits einmal eingezahlten Kapitals aufbringen und danach für die Zukunft von jeder Zahlungsverpflichtung frei sein wollte. Zwischen diesen Handlungsalternativen konnte jeder Gesellschafter frei wählen. Ein Zwang, sich zu beteiligen, bestand, wie der Fall des Beklagten belegt, nicht.
94cc) Den sanierungswilligen und zahlungsbereiten Gesellschaftern war es auch nicht zumutbar, die Gesellschaft mit den nicht zur Investition weiteren Kapitals bereiten Gesellschaftern fortzusetzen. Denn andernfalls hätte derjenige Gesellschafter, der sich nicht an der freiwilligen Kapitalerhöhung beteiligte, zwar eine Verringerung seiner quotalen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen hinnehmen müssen. Allerdings hätte er aber, für den Fall der erfolgreichen Sanierung, mit seinem – verringerten – Anteil an dem Gewinn der Klägerin partizipiert, ohne selbst einen finanziellen Einsatz dafür geleistet zu haben. Diesen Gewinnanteil hätte er jedoch ohne den Einsatz der sanierungswilligen Gesellschafter niemals erlangen können. Ferner wäre er – wiederum ohne eigenen finanziellen Einsatz, aufgrund der Risikobereitschaft der zahlungswilligen Gesellschafter – zusätzlich – jedenfalls teilweise - von Gesellschaftsschulden frei geworden. Eine solche Finanzierung der Schuldenfreiheit unter gleichzeitiger Ermöglichung einer Gewinnteilnahme ist den finanzierenden Gesellschaftern nicht zumutbar und daher von diesen nicht hinzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2009, Az.: II ZR 240/08, zitiert nach juris, Rn. 31).
95dd) Es kommt auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob es sich bei dem Beklagten, was letztlich offen bleibt, um einen Kleinanleger handelt. Zwar hat der Treuepflichtgrundsatz eine umso größere Bedeutung, je enger der persönliche Zusammenschluss ist und je größer das Mitspracherecht des einzelnen Gesellschafters ist (Ulmer, in: Münchner Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 705 Rn. 185). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch anerkannt, dass auch den Minderheitsgesellschafter in der Publikumspersonengesellschaft Treuepflichten treffen können (BGH, Urteil vom 20. März 1995, Az.: II ZR 205/94, NJW 1995, 1739 - 1749). Dementsprechend betrafen die Urteile des Bundesgerichtshofes vom 19.10.2009 - Az.: II ZR 240/08 - und vom 25. Januar 2011 - Az.: II ZR 122/09 - ebenfalls Kleinanleger.
967.
97Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Ansicht knüpft der Gesellschaftsvertrag auch keine zusätzlichen Anforderungen an sein Ausscheiden aus der Gesellschaft. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, er könne gemäß § 3 Abs. 1, 2. Spiegelstrich GV in Verbindung mit § 14 Abs. 2 lit. c) GV zwar durch Beschluss aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, jedoch gemäß § 14 Abs. 3, 2. Spiegelstrich GV nur dann, wenn ein Dritter an seine Stelle in die Gesellschaft aufgenommen werde und weil dies nicht geschehen sei, sei er - jedenfalls zurzeit - noch Gesellschafter.
98a) Dieser Argumentation vermag sich der Senat schon deshalb nicht anzuschließen, weil die von der Gesellschafterversammlung beschlossene Teilnahme an der Kapitalerhöhung – nach vorheriger Herabsetzung des Eigenkapitals - ihre Rechtsgrundlage nicht in § 3 Abs. 1 2. Spiegelstrich GV, auf den § 14 Abs. 2 lit. c) GV ausdrücklich verweist, findet, sondern freiwillig war. Jeder Gesellschafter konnte sich frei entscheiden, ob er einen Betrag in Höhe von – prognostiziert – 53,3 % des ursprünglichen Eigenkapitals erneut riskieren wollte, verbunden einerseits mit der Chance, dass die Klägerin mittelfristig wieder in die Gewinnzone gelangen könnte, aber andererseits auch mit dem jedem Sanierungsversuch immanenten Risiko, auch noch diesen Betrag im Falle des Scheiterns zu verlieren, oder ob er lieber sofort als anteiligen Auseinandersetzungsfehlbetrag – prognostiziert – von 121,91 5% des bereits einmal eingezahlten Kapitals aufbringen und danach für die Zukunft von jeder Zahlungsverpflichtung frei seien wollte. Eine Kapitalerhöhung ist mit einer Nachschusspflicht auch nicht gleichzusetzen, denn während ein Nachschuss die Beteiligungsverhältnisse unverändert lässt, führt die Kapitalerhöhung zu deren Verschiebung, was Auswirkungen auf die Gesellschafterstellung hat. Weil es im Streitfall nicht um eine Nachschusspflicht, sondern um eine freiwillige Kapitalerhöhung geht, richtet sich das Ausscheiden des Beklagten nicht nach § 14 Abs. 2 lit. c) GV mit der Folge, dass für die Anwendung des § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV, der auf § 14 Abs. 2 lit. c) GV ausdrücklich Bezug nimmt, kein Raum bleibt.
99b) Aus § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV kann auch kein Rechtsgedanke hergeleitet werden, wonach die gleichzeitige Stellung eines Folgegesellschafters in jedem Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters als zusätzlich vertraglich vereinbartes Erfordernis für das Wirksamwerden des Ausscheidens vorliegen müsste. Dagegen spricht bereits, dass § 14 Abs. 2 GV in den lit. a) bis e) verschiedene Fälle des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Gesellschaft regelt und lediglich für einen einzigen Fall, nämlich den des § 14 Abs. 2 lit. c) GV, der Tag des Ausscheidens derjenige Tag bestimmt wird, an dem ein Dritter an die Stelle des Ausgeschlossenen aufgenommen wurde (§ 14 Abs. 3, 2. Spiegelstrich GV). In allen anderen Fällen knüpft § 14 Abs. 3 GV im Hinblick auf den Zeitpunkt des Ausscheidens keineswegs an die Aufnahme eines Dritten an, sondern erachtet den Tag des Beitritts (§ 14 Abs. 3, 1. Spiegelstrich GV) oder die Beschlussfassung der Gesellschafter (§ 14 Abs. 3, 3. Spiegelstrich GV) für maßgeblich. Von einem allgemeinen Rechtsgedanken kann daher nicht die Rede sein. Gegen die Annahme eines allgemeinen Rechtsgedankens spricht überdies, dass sich § 14 Abs. 2 GV als konkrete Ausgestaltung („insbesondere“) des in § 14 Abs. 1 GV normierten, allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsatzes darstellt, wonach ein Gesellschafter aus wichtigem Grund durch Gesellschafterbeschluss aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann. § 14 Abs. 1 GV enthält jedoch gerade keine Regelung im Hinblick auf den Zeitpunkt des Ausscheidens. Es gilt daher die gesetzliche Regelung des § 737 BGB und der ausgeschlossene Gesellschafter scheidet mit Zugang der Erklärung unmittelbar aus (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 72. Auflage, § 738 Rn. 4). Dies gilt auch für den Streitfall, da das durch die Gesellschafter am 29. Juni 2011 beschlossene Ausscheiden der nicht freiwillig mitwirkungsbereiten Gesellschafter keinem der in § 14 Abs. 2 GV geregelten Fälle unterfällt. Die Unanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV auf den vorliegenden Fall ergibt sich darüber hinaus auch aus dogmatischen und teleologischen Erwägungen, wobei es entscheidend auf das systematische Regelungsgefüge des § 14 Abs. 3 GV ankommt. Gemäß § 14 Abs. 3 1. Spiegelstrich GV soll der Gesellschafter im Falle der Nichterfüllung seiner Pflichten bei Zeichnung seiner Beteiligung rückwirkend mit dem Tag seines Austritts ausscheiden. Diese Regelung ist sinnvoll, da sich die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt noch in der Investitionsphase befindet und damit den ausgeschlossenen Gesellschafter ohne weiteres durch einen neuen Gesellschafter ersetzen kann. Zugleich wird zu Gunsten der übrigen Gesellschafter sicher gestellt, dass die Zeichnungsphase nicht geschlossen wird, bevor das erforderliche Kapital auch tatsächlich eingegangen ist. Für den Fall des Ausscheidens wegen Nichterfüllung der Nachschusspflicht gemäß § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV soll der Gesellschafter erst ausscheiden, wenn feststeht, dass die Nachschusspflicht durch einen Dritten übernommen wird. Auch diese Regelung ist sinnvoll, denn sie dient der Erhaltung der ursprünglichen Haftungsverhältnisse. Bei einer Schieflage der Gesellschaft bedeutet die Anwachsung eines Gesellschaftsanteils ein zusätzliches Haftungsrisiko, also eine Belastung der anderen Gesellschafter, die durch diese Regelung vermieden werden soll. Dies zugrunde gelegt, ist eine analoge Anwendung des § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV auf den Fall einer freiwilligen Kapitalerhöhung systemwidrig. Die mit § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV bezweckte Erhaltung der Haftungsverhältnisse spielt keine Rolle, da eine freiwillige Kapitalerhöhung - wie dargestellt - zu einer Verschiebung der Beteiligungsverhältnisse führt. Schließlich liefe die Anwendung des § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV auf die hier in Rede stehende Fallkonstellation auch dem Schutzzweck der Norm zuwider. Auf Grundlage der dargestellten Erwägungen ist festzustellen, dass § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV nicht die Interessen des Gesellschafters im Blick hat, der seiner Nachschusspflicht nicht nachkommt und deshalb aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird, sondern dem Schutz der verbleibenden Gesellschafter dient. Mithin vermag der Beklagte aus § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV keine für ihn günstige Rechtsfolge herzuleiten, weil die Regelung nach ihrem Sinn und Zweck nicht dem Schutz seiner Interessen dient. Für dieses Verständnis spricht auch § 14 Abs. 4 GV, der einen weiteren Schutzmechanismus zu Gunsten der verbleibenden Gesellschafter enthält. § 14 Abs. 4 GV soll verhindern, dass der ausgeschlossene Gesellschafter sein Auseinandersetzungsguthaben geltend machen kann, bevor der neu eintretende Gesellschafter seine Einlage geleistet hat. Diese Regelung stellt zu Gunsten der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter sicher, dass sich die Vermögenslage der Gesellschaft durch den ausgeschlossenen Gesellschafter nicht zusätzlich verschlechtert wird und der Gesellschaft Liquidität zu einem Zeitpunkt entzogen wird, in dem sie gerade benötigt wird. Mit der Einlage im Sinne des § 14 Abs. 4 GV ist der Betrag gemeint, der dem ausgeschlossenen Gesellschafter in Anwendung des § 17 GV noch zusteht, also sein Abfindungsguthaben. Daraus folgt, § 14 Abs. 4 GV ist nur dann anwendbar, soweit noch ein Anspruch des Gesellschafters auf Zahlung eines Abfindungsguthabens besteht. § 14 Abs. 4 GV zielt daher nicht darauf ab, dem ausgeschlossenen Gesellschafter unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft einen Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage einzuräumen, sondern macht die Zahlung eines etwaig bestehenden Abfindungsguthabens von einem gleichwertigen Ersatz (Leistung der Einlage durch einen neuen Gesellschafter) abhängig. Damit bezweckt auch die in § 14 Abs. 4 GV getroffene Regelung den Schutz der Gesellschaft und der verbleibenden Gesellschafter und dient nicht dem Interesse des ausgeschlossenen Gesellschafters, so dass sich der Beklagte darauf nicht berufen kann. Im Übrigen geht der Hinweis des Landgerichts auf § 14 Abs. 4 GV auch deshalb fehl, weil die Verbindlichkeiten der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen übersteigen. Es ist daher kein Abfindungsguthaben vorhanden, welches an den Beklagten ausgezahlt werden könnte.
100c) Schließlich teilt der Senat die von der Klägerin vertretene Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV - seine Anwendbarkeit unterstellt - gegeben sind, weil „ein Dritter“ an die Stelle des Beklagten in die Gesellschaft aufgenommen wurde. Indem die Gesellschafter auf der Gesellschafterversammlung vom 29. Juni 2011 beschlossen haben, dass die nicht an der Kapitalerhöhung mitwirkungsbereiten Gesellschafter aus der Klägerin ausscheiden, haben sie zugleich- konkludent - den Beschluss gefasst, die Gesellschaftsanteile einschließlich die darauf entfallenden Sanierungsbeträge der nicht mitwirkungsbereiten Gesellschafter zu übernehmen. Dass „ein Dritter“ im Sinne des § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV auch die verbleibenden Gesellschafter sein können, bedarf keiner näheren Darlegungen, denn dieser Punkt ist zwischen den Parteien auch nicht streitig. Gemäß § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die gesetzliche Rechtsfolge des Ausscheidens eines Gesellschaft aus einer GbR die Anwachsung der Anteile auf die verbleibenden Gesellschafter. Diese Rechtsfolge greift hier ein, weil die Gesellschafter in dem Beschluss vom 29. Juni 2011 keine anderweitige Regelung getroffen haben. Mithin haben die sanierungsbereiten Gesellschafter mit der Beschlussfassung zugleich - inzident - ihrem übereinstimmenden Willen Ausdruck verliehen, die Gesellschaftsanteile der ausgeschlossenen Gesellschafter übernehmen zu wollen. Dies reicht im Rahmen des § 14 Abs. 3 2. Spiegelstrich GV aus. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass die sich an der Sanierung beteiligenden Gesellschafter nicht nur den auf sie entfallenden quotal erforderlichen Sanierungsbeitrag geleistet, sondern darüber hinaus auch den Sanierungsbeitrag der nicht mitwirkungsbereiten Gesellschafter anteilig mit übernommen haben. Mithin ist der Beklagte als Gesellschafter der Klägerin ausgeschieden und somit verpflichtet, den sich aus der Auseinandersetzungsbilanz ergebenden Fehlbetrag zu zahlen.
1018.
102Die von der Klägerin vorgelegte Auseinandersetzungsbilanz zum 6. Februar 2012, die am 31. Mai 2012 erstellt wurde, weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 12.101.875,02 € auf. Gegen die Richtigkeit der Berechnung bestehen keine Bedenken erhoben; solche sind auch von dem Beklagten nicht erhoben worden. Bei Multiplikation der Beteiligungsquote des Beklagten (0,4390780 %) mit dem Auseinandersetzungsfehlbetrag (12.101.875,02 €) ergibt sich die Klageforderung.
1039.
104Der Anspruch auf Zinsen ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Der Beklagte hat den Auseinandersetzungsfehlbetrag trotz des Schreibens vom 17. Juli 2012 mit Fristsetzung bis zum 10. August 2012 nicht gezahlt.
105III.
106Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
107Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
108Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen, da der Senat mit der getroffenen Entscheidung von dem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 12. Dezember 2013 - Az.: 24 U 348/13 -, das in einem parallel gelagerten Sachverhalt ergangen ist, abweicht, so dass die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich macht.
109Streitwert des Berufungsverfahrens: 53.136,66 €
110D… Dr. W… Dr. S…
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 27. Juni 2014 - I-16 U 149/13
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 27. Juni 2014 - I-16 U 149/13 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
Reicht der Wert des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden und der Einlagen nicht aus, so hat der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis seines Anteils am Verlust aufzukommen.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Dem Rechtsstreit liegt eine Auseinandersetzung der Parteien über wechselseitige Ansprüche aus der Beendigung einer zwischen ihnen bestehenden Steuerberaterpraxis zugrunde.
Die Parteien haben sich mit Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zu dem gemeinsamen Betrieb einer Steuerberaterpraxis zusammengeschlossen
mit zuletzt hälftiger Gewinnbeteiligung. Im Februar/März 2001 warf der Beklagte der Klägerin eine Untreuehandlung vor. Im Hinblick auf diesen von der Klägerin bestrittenen Vorwurf hat der Beklagte der Klägerin am 13. Juli 2001 ein Schreiben übergeben, mit dem er für den 31. Juli 2001 eine Gesellschafterversammlung einberief mit dem Tagesordnungspunkt "Ausschließung der Gesellschafterin M.-H.". Dem angedrohten Ausschluß kam die Klägerin zuvor , indem sie mit Schreiben vom 27. Juli 2001 das Gesellschaftsverhältnis fristlos kündigte. Seit dem 31. Juli 2001 betreibt sie eine eigene Steuerberaterpraxis. Ebenfalls am 27. Juli 2001 schrieb sie die Mandanten der Gesellschaft an, wies auf die fristlose Kündigung und ihre neue Praxisanschrift hin und bot unter Beifügung einer Vollmacht an, weiterhin in steuerlichen Angelegenheiten zur Verfügung zu stehen.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage vom Beklagten die Erstattung von Zahlungen, die sie nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft auf deren Steuerschulden erbracht hat. Der Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin für Schäden, die ihm durch die seiner Ansicht nach unberechtigte fristlose Kündigung der Klägerin sowie die Mandantenmitnahme entstanden sind.
Das Landgericht hat der Klage und - in eingeschränktem Umfang - der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufungen der Parteien hat das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen und der Klage nur in Form der Feststellung, daß die gezahlten Beträge in die zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz einzustellen seien, stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte das Widerklagebegehren weiter. Mit der Anschlußrevision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des ihrem Zahlungsantrag stattgebenden erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten ist begründet und führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Die von der Klägerin nach ihrem Ausscheiden geleisteten Zahlungen unterlägen im Hinblick auf die zwischen den Parteien durchzuführende Auseinandersetzung ihrer gesellschaftsrechtlichen Beziehungen einer Durchsetzungssperre. Die Leistungsklage sei in ein Feststellungsbegehren, die Forderung als unselbständigen Posten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen, umzudeuten und in diesem Umfang begründet.
Die Widerklage sei unbegründet, da das Wettbewerbsverbot in § 7 des Sozietätsvertrages vom 27. Dezember 1991 im Hinblick auf die Regelung in § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam sei.
II. Zur Revision des Beklagten:
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abweisung der Widerklage halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den - in der Berufungsinstanz unstreitigen - Vortrag der Parteien, ihrem Vertragsverhältnis sei der Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen und nicht der irrtümlich vom Landgericht herangezogene Vertragsentwurf, unberücksichtigt lassen müssen.
Da unstreitiger neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen ist (BGH, Urt. v. 18. November 2004 - XI ZR 229/03, NJW 2005, 291, 292 f. m.w.Nachw.), war das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gehalten, seiner Entscheidung den unstreitig das vertragliche Verhältnis der Parteien regelnden Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen.
2. Das Berufungsgericht durfte jedoch die Frage, ob der Beklagte die Übernahme der Gesellschaft erklärt hat, eine Möglichkeit, die ihm in § 16 Abs. 3 (d) des Sozietätsvertrages für den Fall der Kündigung einer zweigliedrigen Gesellschaft eröffnet ist, nicht unentschieden lassen. Denn nur im Fall der Übernahme kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots aus § 7 des Vertrages in Betracht. Liegt keine Übernahme vor, richtet sich die Auseinandersetzung der Parteien, bezogen auf die ehemals gemeinsamen Mandatsverhältnisse, nach § 21 des Sozietätsvertrages. Diese Regelung enthält kein Wettbewerbsverbot, sondern sieht in § 21 Abs. 3 vor, daß die Mandanten durch Rundschreiben aufzufordern sind mitzuteilen, mit welchem der Gesellschafter sie das Beratungsverhältnis fortzusetzen wünschen.
a) Hat der Beklagte die Übernahme erklärt, kommt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen Verstoßes der Klägerin gegen das Wettbewerbsverbot in § 7 des Vertrages grundsätzlich in Betracht. § 7 des Vertrages, der ein Wettbewerbsverbot in Form einer Mandantenschutzklausel enthält, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht wegen Widersprüchlichkeit zu § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam. § 7 enthält ein wirksames, nämlich ein in zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreitendes (s. allg. zu diesen Anforderungen Sen.Urt. v. 8. Mai 2000 - II ZR 308/98, ZIP 2000,
1337, 1338 f.) vertragliches Wettbewerbsverbot. Deshalb kann ein auf die Verletzung von § 7 des Vertrages gestützter Schadensersatzanspruch nicht mit der vom Berufungsgericht herangezogenen Begründung abgelehnt werden.
aa) Zwar ist die Auslegung eines Vertrages grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht prüft nur, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83). Gemessen hieran ist die Auslegung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, da sie gegen wesentliche Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) verstößt.
bb) Da neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist und weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat die Vertragsbestimmungen selbst auslegen.
§ 7 des Vertrages trägt die Überschrift "Wettbewerbsverbot, Mandantenschutz" und lautet wie folgt:
"1. (a) Den Gesellschaftern ist es untersagt, sich außerhalb der Gesellschaft in deren Tätigkeitsbereich selbständig, unselbständig oder beratend zu betätigen, auch nicht gelegentlich oder mittelbar. ... (b) Das Wettbewerbsverbot endet zwei Jahre nach dem Ausscheiden des Gesellschafters. Es ist beschränkt auf den OFD-Bezirk und die Mandanten, die von der Gesellschaft laufend betreut werden oder in den letzten zwei Jahren vor dem Ausscheiden beraten wurden. ..."
§ 20 trägt die Überschrift "Abfindung" und lautet in Abs. 2 (d) wie folgt:
"Übernimmt der ausscheidende Gesellschafter Mandate der Gesellschaft - sei es aufgrund einverständlicher Regelung, sei es daß die Mandanten eine Fortsetzung des Mandats mit der Gesellschaft ablehnen und den Ausscheidenden zu beauftragen beabsichtigen - wird der nach Buchstabe c zu ermittelnde Wert der Mandate auf das Abfindungsguthaben angerechnet. ..." Bei seiner Auslegung hat das Berufungsgericht die gesetzlichen Regeln, wonach der objektive Sinn der Bestimmungen zu ermitteln ist, nur scheinbar beachtet. Es hat nicht genügend berücksichtigt, daß nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, eine vertragliche Bestimmung solle nach dem Willen der Parteien einen bestimmten, rechtserheblichen Inhalt haben. Deshalb ist einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als ganz oder teilweise sinnlos erweisen würde (Sen.Urt. v. 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536). Ein sinnvolles Nebeneinander der beiden Regelungen ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ohne weiteres möglich. Sieht - wie hier - § 20 die Zulässigkeit von Mandatsmitnahmen unter bestimmten Voraussetzungen vor, folgt daraus bei objektiver, beiderseits interessengerechter Auslegung zugleich, daß in diesen Fällen kein Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 7 des Vertrages vorliegt. Erfüllt hingegen die Mandantenmitnahme die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 (d) nicht, liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Warum eine derart sinnerhaltende Auslegung dem Parteiwillen nicht entsprechen sollte, ist nicht ersichtlich.
b) Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts enthält die Regelung in § 7 keine gemäß § 723 Abs. 3 BGB unzulässige Kündigungsbeschränkung. Es
handelt sich dabei nicht um eine Regelung, die dem fristlos Kündigenden vermögensrechtliche Verpflichtungen auferlegt, die im Ergebnis dazu führen, daß er nicht mehr frei entscheiden kann, ob er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht oder nicht (siehe hierzu BGHZ 126, 226, 230 f.). Mit der Regelung sind auch im Falle der fristlosen Kündigung keine unzumutbaren vermögensrechtlichen Verpflichtungen verbunden. Der Kündigende wird ausreichend geschützt einerseits durch den Abfindungsanspruch, in dessen Ermittlung der Wert der bei der Gesellschaft verbleibenden Mandate einfließt (§ 20 Abs. 2 (c) des Vertrages), andererseits dadurch, daß er einen darüber hinausgehenden Schaden ersetzt verlangen kann, wenn das Verhalten des oder der Mitgesellschafter ursächlich für seine fristlose Kündigung war (Sen.Urt. v. 16. Februar 1967 - II ZR 171/65, WM 1967, 419; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 723 Rdn. 52 m.w.Nachw.).
bb) Angesichts der Wirksamkeit der Regelung in § 7 stünde dem auf die Verletzung des Wettbewerbsverbots gestützten Schadensersatzanspruch des Beklagten der Einwand des rechtsmißbräuchlichen Verhaltens entgegen, wenn er, wie die Klägerin behauptet, ihre Kündigung durch ein gegen die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten verstoßendes Verhalten veranlaßt ("provoziert" ) hätte. Diese Möglichkeit ist, wie das Berufungsgericht im Zusammenhang mit seinen Hilfserwägungen angedeutet hat, nicht ausgeschlossen. Hierzu sind weitere Feststellungen des Berufungsgerichts erforderlich.
cc) Sollte nach ergänzender Sachaufklärung eine Übernahme der Gesellschaft durch den Beklagten nicht festgestellt werden können, kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen § 7 nicht in Betracht, da für diesen Fall in § 21 Abs. 3 des Vertrages eine Sonderregelung ohne Wettbewerbsverbot oder Mandantenschutzklausel zwischen den Parteien getroffen worden ist.
dd) Das Berufungsgericht wird weiter zu prüfen haben, ob dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter fristloser Kündigung seitens der Klägerin zusteht, da der Beklagte, wie die Revision zu Recht rügt, sein Schadensersatzbegehren auch auf diesen Gesichtspunkt der vertraglichen Treuepflichtverletzung gestützt hat. Bei dieser Prüfung wird es ebenfalls das vorausgegangene, die Kündigung der Klägerin auslösende Verhalten des Beklagten zu würdigen haben.
III. Zur Anschlußrevision der Klägerin:
Die Anschlußrevision ist zulässig aber unbegründet. Das Berufungsgericht ist zu Recht von dem Bestehen einer Durchsetzungssperre hinsichtlich der Erstattungsansprüche der Klägerin ausgegangen. Hiergegen wendet sich die Anschlußrevision ohne Erfolg.
1. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 - II ZR 249/96, ZIP 1997, 2120) - was auch die Anschlußrevision nicht verkennt - davon aus, daß beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Durchsetzung einzelner Forderungen grundsätzlich ausgeschlossen ist, diese vielmehr lediglich unselbständige Posten in der zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz darstellen. Zwar gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos (siehe zu möglichen Ausnahmen Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 aaO S. 2121 m.w.Nachw.). Ein Ausnahmefall liegt hier entgegen der Ansicht der Anschlußrevision nicht vor. Diese will die Durchbrechung der Durchsetzungssperre damit begründen, daß die Auseinandersetzungsbilanz auf den - hier revisionsrechtlich mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Klägerin zu unterstellenden - Tag des Ausscheidens der Klägerin, den 31. Juli 2001, zu erstellen sei, die Zah-
lungen von der Klägerin jedoch erst Ende 2001 erbracht worden seien und daher in die Auseinandersetzungsbilanz nicht einzustellen seien.
2. Dem kann nicht gefolgt werden. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Leistung der Klägerin an, sondern darauf, daß die Klägerin mit der Zahlung eine Steuerschuld der Gesellschaft aus der Zeit vor ihrem Ausscheiden beglichen hat, für die sie ebenso wie der Beklagte haftet und die daher als aus dem Gesellschaftsvermögen zu berichtigende Schuld in der Auseinandersetzungsbilanz zu berücksichtigen ist. Ein Ausgleich der Zahlung außerhalb der Auseinandersetzungsbilanz würde möglicherweise - wenn z.B. das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden nicht ausreicht - dazu führen , daß die Klägerin zur Rückzahlung in Form des Verlustausgleichs verpflichtet wäre. Genau dieses Hin- und Herzahlen soll durch das Einstellen in die Bilanz vermieden werden.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 20 des Landgerichts Berlin vom 7. Februar 2002 abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Das Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2001 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt mit Ausnahme der durch die Säumnis verursachten Kosten, die die Beklagten im Verhältnis 1/ 3 Beklagter zu 1 und 2/ 3 Beklagter zu 2 zu tragen haben.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten als Gesellschafter der als geschlossener Immobilienfonds ausgestalteten Klägerin zur Zahlung von als Nachschuß oder Sonderzahlung bezeichneten Geldbeträgen verpflichtet sind.
Die Klägerin ist eine im Jahr 1992 zum Zweck des Erwerbs des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks D. Straße 60 in B., zu dessen Instandsetzung , Modernisierung, zum Ausbau des Dachgeschosses und zur anschließenden Vermietung gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Im notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag heißt es in § 4 u.a.:
"I. Das Gesellschaftskapital (Bareinlage) wird mit insgesamt 4.006.200,00 DM festgesetzt. Dieser Betrag entspricht den zur Durchführung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesellschaftereinlagen."
In § 5 (Kapitalverwendung) ist u.a. bestimmt:
"Neben den in § 4 (I) bezeichneten Bareinlagen, die 30 % der für die Durchführung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Geldmittel ausmachen werden, nimmt die Gesellschaft durch sämtliche Mitgesellschafter - entsprechend dem Verhältnis der Gesellschaftereinlagen zueinander - Fremdmittel auf, um die Investitionen mit dem Gesellschaftszweck entsprechend durchführen zu können. Dabei dürfen die Gesamtkosten bis zur vollständigen Durchführung des Bauvorhabens 13.354.000,00 DM (ohne Damnen und Bankbearbeitungsgebühren für die Zwischen- und
Endfinanzierung) nicht übersteigen, es sei denn, daß die Gesellschafter mehrheitlich einen höheren Gesamtaufwand beschließen."
Nach § 12 Nr. I b des Gesellschaftsvertrages (GV) beschließt die Gesellschafterversammlung über die Feststellung der Jahresabrechnung. Gemäß § 14 Nr. I GV besteht die Jahresabrechnung aus Jahresabschluß und Wirtschaftsplan. Zum Wirtschaftsplan heißt es in § 14 Nr. 3 GV:
"Der Wirtschaftsplan ist der Haushaltsplan der Gesellschaft für das jeweils folgende Jahr. Er enthält die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft. Außerdem werden darin die erforderlichen Nachschußbeiträge der Gesellschafter sowie die Instandhaltungsrücklagen verbindlich festgesetzt."
Am 7. September 1992 erklärten die Beklagten ihren Beitritt zur Klägerin. Sie wurden von dem Vermittler über ihr siebentägiges Widerrufsrecht belehrt. In der privatschriftlichen Beitrittserklärung war die notarielle Bestätigung der Erklärung vorgesehen, die dann auch am 14. September 1992 erfolgte, ohne daß die notariell beurkundete Beitrittserklärung eine Belehrung über ein Widerrufsrecht enthielt.
Am 11. Dezember 1992 hoben die Parteien die Beitrittserklärungen vom 14. September 1992 wieder auf und ersetzten sie durch eine gemeinsame notarielle Beitritts- und Vollmachtserklärung.
Die Gesellschafterversammlung der Klägerin faßte in den Jahren 1996 bis 2000 im Zusammenhang mit der Beschlußfassung über den jeweiligen Wirtschaftsplan Beschlüsse über Nachschußverpflichtungen und Sonderzahlungen
der Gesellschafter. Den daraus folgenden Zahlungsverpflichtungen kamen die Beklagten überwiegend nicht nach.
Das Landgericht hat die auf Zahlung der ausstehenden Nachschüsse und Sonderzahlungen gerichtete Klage in vollem Umfang, das Berufungsgericht überwiegend zugesprochen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Abweisung der Klage.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
Der Beitritt der Beklagten zu der Klägerin sei wirksam. Die Beklagten seien zur Erfüllung der Nachzahlungsansprüche der Klägerin verpflichtet. Der Wirksamkeit der die Nachzahlungsverpflichtung begründenden Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen stehe nicht entgegen, daß sie keine Grundlage im Gesellschaftsvertrag hätten und nicht einstimmig gefaßt seien. Denn nach der gesamten Konzeption der Gesellschaft, wie sie im Gesellschaftsvertrag deutlich zum Ausdruck gekommen sei, habe sich die Beitragspflicht der Gesellschafter nicht auf den bei ihrem Beitritt summenmäßig festgelegten Betrag beschränkt. Die Beklagten hätten sich nach dem Gesellschaftsvertrag vielmehr verpflichtet, das zur Erreichung des Gesellschaftszwecks jeweils Erforderliche nachzuschießen. Die Beschlüsse über die Nachschußverpflichtungen seien entsprechend den Regelungen in §§ 12, 14 Nr. 3 GV gefaßt worden. Den For-
derungen der Klägerin stehe auch weder eine Durchsetzungssperre noch ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten entgegen.
II. Das Urteil des Berufungsgerichts hält in wesentlichen Punkten der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht den Beitritt der Beklagten zur Klägerin für wirksam erachtet. Dagegen wird auch von der Revision nichts erinnert.
2. Von Rechtsfehlern beeinflußt ist jedoch die Ansicht des Berufungsgerichts , die Beklagten seien zu Nachschußleistungen und Sonderzahlungen verpflichtet. Dem steht § 707 BGB entgegen. Eine derartige Verpflichtung ist weder im Gesellschaftsvertrag vereinbart worden, noch konnte eine Beitragserhöhung im Wege des Mehrheitsbeschlusses wirksam herbeigeführt werden. Auch die gesellschafterliche Treuepflicht rechtfertigt den mit der Beitragserhöhung verbunden Eingriff in die Mitgliedschaft der Beklagten nicht.
a) Eine Verpflichtung der Gesellschafter, Nachschüsse zu leisten, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag, vielmehr erfordert jede Nachschußverpflichtung einen Gesellschafterbeschluß.
aa) Nach § 707 BGB besteht eine Nachschußpflicht der Gesellschafter über die vereinbarte Einlage hinaus regelmäßig nicht. Die Regelung in § 707 BGB ist jedoch dispositiv (MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 707 Rdn. 6). Sie greift u.a. dann nicht ein, wenn die Höhe der Beiträge im Gesellschaftsvertrag nicht ziffernmäßig fixiert ist, sondern in objektiv bestimmbarer, künftigen Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung tragender Weise ausgestaltet ist. Dies ist z.B. anzunehmen, wenn sich die Gesellschafter keine der Höhe nach festgeleg-
ten Beiträge versprochen, sondern sich ausdrücklich oder stillschweigend verpflichtet haben, entsprechend ihrer Beteiligung an der Gesellschaft das zur Erreichung des Gesellschaftszwecks Erforderliche beizutragen (Sen.Urt. v. 2. Juli 1979 - II ZR 132/78, WM 1979, 1282, 1283; v. 7. November 1960 - II ZR 216/59, WM 1961, 32, 34). In einem solchen Fall bedarf die Festlegung der Höhe und die Einforderung der Beiträge im Zweifel keines Gesellschafterbeschlusses , sondern ist Sache der Geschäftsführer (MünchKommBGB/Ulmer aaO Rdn. 3).
bb) Ein derartiger Sachverhalt ist hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegeben. Das kann der Senat selbst feststellen, weil der Gesellschaftsvertrag der Klägerin, bei der es sich um eine Publikumsgesellschaft handelt, objektiv auszulegen ist (Sen.Urt. v. 6. November 1981 - II ZR 213/80, ZIP 1982, 54, 55; v. 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391, 1393). Danach ergibt sich schon aus dem Gesellschaftsvertrag selbst, daß Nachschüsse einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß erfordern.
(1) Im Gesellschaftsvertrag sind die Einlagen der Gesellschafter betragsmäßig festgelegt. In § 4 Nr. I GV wird nicht nur das Gesellschaftskapital auf 4.006.200,00 DM festgesetzt, sondern zugleich bestimmt, daß dieser Betrag den zur Durchführung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesellschaftereinlagen entspricht. Das läßt keinen Raum für die Annahme, schon der Vertrag sehe eine über den bezifferten Eigenkapitalanteil hinausgehende, der Höhe nach nicht festgelegte Einlage vor.
(2) Bei der gebotenen objektiven Auslegung folgt zudem aus § 14 Nr. 3 i.V.m. § 12 Nr. I b GV, daß die Nachschußpflicht einen Gesellschafterbeschluß voraussetzt. Die in § 14 Nr. 3 GV ausdrücklich erwähnten Nachschußbeiträge werden zwar gemäß § 14 Nr. I GV durch den Geschäftsbesorger in den Wirt-
schaftsplan eingesetzt. Verbindlich festgesetzt werden sie aber gemäß § 12 Nr. I b i.V.m. § 14 GV durch den Beschluß der Gesellschafterversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses.
b) Die Gesellschafterbeschlüsse haben eine Nachzahlungspflicht nicht wirksam begründet, weil die in §§ 14 Nr. 3 i.V.m. § 12 Nr. I b GV vorgesehenen Möglichkeiten, die Beiträge nachträglich zu erhöhen, den Anforderungen nicht genügen, die der Senat hierfür aufgestellt hat.
aa) Beitragserhöhungen können nur mit der Zustimmung eines jeden Gesellschafters beschlossen werden, die, wie dies bei Publikumsgesellschaften häufig anzutreffen ist, auch antezipiert erteilt werden kann. Die Wirksamkeit der gesellschaftsvertraglichen Bestimmung hängt dann aber davon ab, ob sie eindeutig ist und Ausmaß und Umfang der möglichen zusätzlichen Belastung erkennen läßt (vgl. nur Senat, BGHZ 132, 263, 268). Das erfordert bei Beitragserhöhungen die Angabe einer Obergrenze oder sonstige Kriterien, die das Erhöhungsrisiko eingrenzen (st.Rspr.: Senat, BGHZ 66, 82, 85; siehe schon RGZ 87, 261, 265 f.). Dies gilt auch bei Publikumsgesellschaften (MünchKommBGB/Ulmer aaO § 709 Rdn. 94).
bb) Es ist bereits zweifelhaft, ob § 14 GV diesen Eindeutigkeitsanforderungen genügt. Denn die Klausel findet sich verborgen in dem Unterabschnitt über Jahresabrechnungen, obwohl § 4 Nr. I GV scheinbar abschließend die erforderliche Gesellschaftereinlage der Höhe nach festsetzt. Andererseits sind Nachschußverpflichtungen der Gesellschafter aber auch in anderen Vorschriften des Gesellschaftsvertrages (§ 13 Nr. 2 und § 17 Nr. 6 und Nr. 7) ausdrücklich erwähnt. Eine abschließende Entscheidung ist nicht veranlaßt.
cc) Denn jedenfalls ist der Klausel das Ausmaß des zulässigen Eingriffs nicht zu entnehmen. Es fehlt an der unabdingbaren Festsetzung einer Obergrenze für Beitragserhöhungen. Diese erforderliche Obergrenze ist an keiner Stelle des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich angesprochen. Sie läßt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht aus der in § 5 geregelten Höhe der Gesamtkosten des Bauvorhabens herleiten.
Aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt sich nämlich nicht, daß die Nachschußpflicht auf die Aufbringung dieser Gesamtkosten beschränkt sein sollte. Soweit sich dies aus dem Prospekt über die Gründung der Gesellschaft und deren Durchführung ergibt, kann dieser nicht - wie das Berufungsgericht meint - zur Auslegung des Gesellschaftsvertrages herangezogen werden. Denn der Gesellschaftsvertrag ist - wie ausgeführt (siehe oben II 2 a, bb) - objektiv auszulegen. Der Prospekt könnte daher nur herangezogen werden, wenn der Gesellschaftsvertrag auf ihn verweisen würde (vgl. dazu Goette, DStR 1996, 879, 880 f.). Weder im Vertrag noch in seinen Anlagen finden sich Hinweise auf den Prospekt.
Die Gesamtkosten des Bauvorhabens bilden aber darüber hinaus auch deshalb keine Obergrenze, weil sie ihrerseits nicht abschließend festgelegt sind, sondern gemäß § 5 durch Mehrheitsbeschluß erhöht werden können. Die Festlegung einer Obergrenze dient u.a. dazu, für den Minderheitsgesellschafter eine absolute Grenze seiner durch die Mitgliedschaft eintretenden Belastung zu bestimmen, die einer Änderung durch Mehrheitsentscheidu ngen entzogen ist. Sind aber - wie hier - die Gesamtkosten durch Mehrheitsbeschluß abänderbar, gibt es keine absolute, den Minderheitsgesellschafter schützende Eingriffsgrenze.
III. Das Berufungsurteil kann auch nicht mit einer anderen Begründung aufrechterhalten werden (§ 561 ZPO).
Zwar kann bei Fehlen eines antezipierten Einverständnisses im Gesellschaftsvertrag die gesellschafterliche Treuepflicht in Ausnahmefällen eine Zustimmung der Gesellschafter zu Beitragserhöhungen gebieten mit der Folge, daß § 707 BGB der Nachforderung nicht entgegensteht. Eine dahingehende Pflicht besteht hier jedoch nicht.
Ein Gesellschafter ist zur Hinnahme von Eingriffen in seine Mitgliedschaftsrechte nur dann verpflichtet, wenn diese im Gesellschaftsinteresse geboten und ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar sind (Sen.Urt. v. 10. Oktober 1994 - II ZR 18/94, ZIP 1994, 1942, 1943 f. m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 19. November 1984 - II ZR 102/84, GmbHR 1985, 188, 189). Dabei sind an die aus der Treuepflicht abgeleitete Verpflichtung , einer Beitragserhöhung zuzustimmen, besonders hohe Anforderungen zu stellen, da ein Gesellschafter grundsätzlich nicht zu neuen Vermögensopfern gezwungen werden kann (MünchKommBGB/Ulmer aaO § 705 Rdn. 233).
Derartige besondere Umstände sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere reicht dafür die Tatsache nicht aus, daß es sich bei der Klägerin um einen geschlossenen Immobilienfonds nach dem sog. Unterdeckungsmodell handelt, bei dem regelmäßig entstehende Liquiditätslücken der Gesellschaft durch Steuerrückzahlungen der Gesellschafter auszugleichen sind. Zum einen ist diese Fondsstruktur schon nicht dem Gesellschaftsvertrag selbst, sondern nur den Beispielrechnungen des Prospekts zu entnehmen, der - wie ausgeführt - zur Auslegung des Gesellschaftsvertrages nicht herangezogen werden kann. Zum anderen machen die erforderlichen Nachzahlungen in der Summe mehr als die gesamte ursprüngliche Gesellschaftereinlage der Beklagten aus. Dieser Nach-
zahlungspflicht konnten sich die Gesellschafter zudem nicht durch vorzeitige Kündigung der Gesellschaft entziehen, da ein Kündigungsrecht gemäß § 17 Nr. I GV erstmals zum 31. Dezember 2000 möglich war.
Die aus dem Nichtbestehen einer Zahlungsverpflichtung folgende Unbegründetheit der Klage konnte der Senat selbst feststellen und auf die Revision der Beklagten unter Aufhebung des Berufungsurteils die erstinstanzliche Entscheidung abändern und die Klage abweisen.
Goette Kraemer Münke
Gehrlein Caliebe
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund.
(2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.
(3) Wird bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, so ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der oder die Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder der Gesellschaft berechtigt sind.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, daß ein Eröffnungsgrund gegeben ist.
Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass, wenn ein Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.
(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe des § 732 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
(2) Der Wert des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.