Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 07. Okt. 2016 - I - 22 U 79/16
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. Februar 2016 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg - Az.: 22 O 74/15 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin, ein Hoch- und Tiefbauunternehmen mit Sitz in A., macht mit vorliegender Klage einen Anspruch auf Anpassung von Einheitspreisen gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B geltend.
4Die Beklagte war Bauherrin des Bauvorhabens „Neubau einer Tageseinrichtung für Menschen mit Behinderung in B.“. Am 18. September 2013 beauftragte die Beklagte die Klägerin für dieses Bauvorhaben mit Erd-, Mauer- und Betonarbeiten zu einem Preis in Höhe von 1.396.600,51 €. Ziffer 3. des Einheitspreisvertrages vom 18. September 2013 (Anlage K 1) lautet:
5„3. Vertragsgrundlagen: Auftrags-LV laut Anlage, Bauzeitenplan C.,
6Allgemeine Vertragsbedingungen, Zusätzlich technische Vorschriften Ziffer 5“
7Auf Seite 2 des Auftrags-Leistungsverzeichnis (Anlage K 1) findet sich unter der Überschrift „Sonstige Vereinbarungen“ folgender Passus:
8„1. Die VOB/B ist Vertragsbestandteil. Für Abschlagszahlungen gilt § 16 VOB/B.“
9Auf Seite 4 des Auftrags-Leistungsverzeichnis vereinbarten die Parteien unter der Überschrift „Allgemeine Vertragsbedingungen“ in Ziffer 1.:
10„1. Vertragsgrundlagen
111.1. der schriftlich abgeschlossene Werkvertrag
121.2. das Leistungsverzeichnis des Architekten einschließlich der dort aufgeführten zusätzlichen technischen Vorschriften
131.3. diese allgemeinen Vertragsbedingungen
141.4. die Baupläne und die zusätzlichen Angaben des Architekten und der Sonderfachleute
151.5. die VOB Teile B und C in der jeweils neusten Fassung
16(…)
171.9. subsidiär gelten die Bestimmungen des BGB’s über den Werkvertrag
18Bei Widersprüchen gilt für die Auslegung vorstehende Reihenfolge.“
19und Ziffer 3. des Auftrags-Leistungsverzeichnis lautet:
20„3. Vergütung
213.1. Die dem Angebot des Auftraggebers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich
22Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich. (…)“
23Gegenstand des Auftrags-Leistungsverzeichnisses war unter anderem das Schließen von Decken- und Wandöffnungen (Positionen 06.02.16 bis 06.02.21 sowie 06.03.16 bis 06.03.20). Diese Leistungen hat die Klägerin aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, nicht ausgeführt und dementsprechend auch nicht abgerechnet.
24Während der Ausführung der Erd-, Mauer- und Betonarbeiten kam es zu Mehr- und Minderleistungen. Im Vergleich mit den im Auftrags-Leistungsverzeichnis angegebenen Mengen ermittelte die Klägerin einerseits einen Mehrumsatz von 103.057,68 €, andererseits einen Minderumsatz von 244.551,13 €, wobei sie Massenänderung von weniger als 10 % außer Betracht ließ. Sie errechnete daraus eine Differenz in Höhe von 141.493,45 € („Umsatzreduzierung“). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage K 4 verwiesen.
25Am 6. Mai 2014 fand ein Abnahmetermin statt. Nach Erledigung der im Abnahmeprotokoll (Anlage K 2) aufgeführten Restarbeiten erstellte die Klägerin unter dem 17. Dezember 2014 ihre Schlussrechnung, die einen Betrag in Höhe von 1.170.352,37 netto auswies. Die Schlussrechnung, die dem von der Beklagten zur Entgegennahme bevollmächtigten Architekten D. am 19. Dezember 2014 zuging, enthielt in Position 10 im Hinblick auf die Umsatzreduzierung einen „Umlagenausgleich“.
26Die Beklagte, vertreten durch ihren Architekten D., prüfte die Schlussrechnung und ermittelte einen Betrag in Höhe von 1.137.927,75 € netto. Den von der Klägerin unter Position 10 in Ansatz gebrachten „Umlagenausgleich“ strich die Beklagte; sie zahlte am 2. April 2015 auf die Schlussrechnung einen Betrag in Höhe von 11.558,60 €.
27Gegenstand der vorliegenden Klage ist der „Umlagenausgleich“, den die Klägerin unter Berücksichtigung eines geschuldeten Auszahlungsbetrages nach Schlussrechnungsprüfung in Höhe von 19.936,98 € unter Abzug tatsächlich gezahlter 11.558,60 € mit 8.377,98 € beziffert. Daneben verlangt sie Zahlung eines Betrages in Höhe von 404,95 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft sowie Verzugszinsen im Hinblick auf den erst am 2. April 2015 auf die Schlussrechnung gezahlten Betrag in Höhe von 11.558,60 € und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 120.423,44 €, den sie dem ihrer Schlussrechnung ausgewiesenen Restbetrag entnimmt.
28Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, aufgrund der Umsatzreduzierung gegenüber der Auftragssumme stehe ihr gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B ein Anspruch auf Ausgleich der Unterdeckungsbeträge für ihre Baustellengemeinkosten, Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn zu. Hierzu behauptet sie unter Hinweis auf Anlage K 5, der Deckungsanteil für Baustellengemeinkosten, Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn betrage ausweislich ihrer ursprünglichen Kalkulation 20,77 % des jeweiligen Einheitspreises. Auch unter Berücksichtigung der beauftragten Nachträge verbleibe ein Unterdeckungsbetrag in Höhe von 7.425,71 €. Wegen der näheren Einzelheiten der Berechnung wird auf die Ausführungen auf Seite 7 bis 9 der Klageschrift vom 9. Juli 2015 verwiesen.
29Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, die von der Klägerin begehrte Preisanpassung gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B sei durch die in Ziffer 3.1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen getroffene Regelung ausgeschlossen. Aber selbst wenn § 2 Abs. 3 VOB/B einschlägig wäre, dann habe die Klägerin für den Fall, dass ihr kein angemessener Ausgleich von Mindermengen durch Mehrmengen und durch Nachtragsbeauftragungen gewährt worden sei, vom Auftraggeber die Vereinbarung eines erhöhten Einheitspreises für die tatsächlich ausgeführte Leistung zu verlangen. Falls sich die Parteien nicht einig würden, müsse der neue Einheitspreis vom Gericht festgelegt werden. Dazu habe die Klägerin nichts vorgetragen. Für eine schlüssige Klage habe sie darzulegen, welche einzelnen Positionen sie in Bezug auf die Einheitspreise aus welchem Grund erhöht haben möchte. Daran fehle es. Vielmehr habe die Klägerin eine neue Position in die Schlussrechnung aufgenommen, wonach sie einen pauschalen Umlagenausgleich begehre. Die als Anlage K 5 vorgelegte Urkalkulation hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
31Das Landgericht hat entschieden, dass der Klägerin von der Beklagten im Hinblick auf eine Unterdeckung nicht die Zahlung eines Betrages in Höhe von 8.377,98 € verlangen kann. Ein Anspruch aus § 2 Abs. 3 VOB/B, auf den sich die Klägerin berufe, scheide aus, da diese Vorschrift von den Parteien in dem von ihnen geschlossenen Vertrag wirksam durch die Vergütungsklausel unter Ziffer 3.1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen abbedungen worden sei. Da die Preise gemäß Ziffer 3.1. grundsätzlich Festpreise sein und für die gesamte Vertragsdauer verbindlich sein sollten, sollte eine Abänderungsmöglichkeit gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B ersichtlich ausscheiden, denn eine solche würde der vorgenannten Verbindlichkeit ersichtlich gerade widersprechen. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen sollten den Regelungen der VOB/B vorgehen, da die Allgemeinen Vertragsbedingungen in Ziffer 1.3., die VOB/B hingegen erst in Ziffer 1.5. erwähnt seien und gemäß Ziffer 1. diese Reihenfolge bei Widersprüchen maßgeblich sein solle. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe die Klausel dahingehend verstanden und verstehen dürfen, dass eine Preisanpassung nur ausgeschlossen sei bei Gründen, die aus ihrer Risikosphäre stammen, lasse sich eine derartige Einschränkung der Klausel nicht entnehmen. Darauf, dass § 2 Abs. 3 VOB/B in Ziffer 3.1. nicht genannt werde, komme es im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut und das sich hieraus für einen redlichen Vertragspartner erkennbare Interesse, eine Preisabänderung zu verhindern, nicht an. Soweit die Klägerin einwende, mit der Regelung in Ziffer 3.1. sei beabsichtigt gewesen, Preisanpassungen bei unverändertem Leistungsumfang aufgrund gestiegener Material- und Lohnkosten auszuschließen, hätte es dieser Klausel nicht bedurft, da ein vereinbarter Preis - gleichgültig, ob Einheitspreis, Pauschalpreis oder vereinbarter Stundenlohn - prinzipiell ohnehin ein Festpreis sei. Die Klausel in Ziffer 3.1. sei auch nicht überraschend oder mehrdeutig. Der Ausschluss von § 2 Abs. 3 VOB/B stelle keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne von § 307 BGB dar. Die Kammer schließe sich insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 1993, 2738 - 2739) an. Soweit der Bundesgerichtshof offen gelassen habe, ob eine vom Auftraggeber gestellte Formularklausel, die jegliche Anpassung von Einheitspreisen bei Mengenänderungen verbiete und so umfassend formuliert sei, dass damit auch Ansprüche des Auftragnehmers auf Preisanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss ausgeschlossen seien, gegen § 307 BGB verstoße, bedürfe diese Frage auch vorliegend keiner Entscheidung. Denn bei der gebotenen Auslegung könne nicht davon ausgegangen werden, dass Schadensersatzansprüche ausgeschlossen seien. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich Ziffer 3.1. unter der Überschrift „Vergütung“ befinde, also erkennbar die Regelung von Vergütungsansprüchen und gerade keine Schadensersatzansprüche zum Gegenstand habe. Die Voraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 313 BGB seien, unabhängig von der Frage, ob dieser von den Parteien gemäß Ziffer 3.1. abbedungen worden sei, nicht dargetan. Auch das Vorliegen eines Schadensersatzanspruches gemäß §§ 280, 241 BGB lasse sich dem Klägervortrag nicht entnehmen. Weil die Beklagte keinen Umlagenausgleich schulde, stehe der Klägerin auch kein Anspruch auf Zahlung von 440,95 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft zu. Ein Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 206,62 € aus 11.558,60 € sei für die Zeit vom 20. Januar 2012 bis 20. April 2015 zuzuerkennen, weil sich die Beklagte ab dem 20. Januar 2015 im Schuldnerverzug befunden habe. Die Klägerin könne auch Freistellung von Rechtsanwaltskosten verlangen, allerdings nur aus einem Gegenstandswert von 11.558,60 €.
32Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihr erstinstanzliches Begehren im Umfang der Klageabweisung weiterverfolgt, wobei sie den geltend gemachten Freistellunganspruch wegen vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten auf einen Streitwert von 19.936,58 € beschränkt.
33Zur Begründung ihres Rechtsmittels führt die Klägerin aus, entgegen dem Landgericht gehe § 2 Abs. 3 VOB/B der Regelung in Ziffer 3.1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen vor, denn auf der zweiten Seite des Deckblattes des Auftrags-Leistungsverzeichnisses sei vereinbart, dass die VOB/B Vertragsbestandteil sei. Dieses Deckblatt gehöre zum Werkvertrag, so dass sie laut Ziffer 1. den Vertragsbedingungen selbst vorgingen. Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung von Ziffer 3.1. sei fehlerhaft. Richtig sei, dass die Formulierung („Die vereinbarten Einheitspreise sind Festpreise“) auch im Zusammenhang mit dem formularmäßigen Ausschluss des § 2 Abs. 3 VOB/B verwendet werde. Dann finde sich jedoch stets ein Zusatz, der einen deutlichen Hinweis auf den Ausschluss des § 2 Abs. 3 VOB/B gebe. Einen solchen Zusatz enthalte die vorliegende Klausel nicht. Allerdings enthalte die Klausel die weitere Beschreibung („und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich“), wobei die Dauer des Vertrages nur für in diesem Zusammenhang entstehende Material- und Lohnkosten bedeutsam sei, wohingegen die Änderung der Massen nicht von der Vertragsdauer abhängig sei. Dies spreche dafür, dass die Formulierung in Ziffer 3.1. als deklaratorischer Hinweis für das Nichtvereinbaren von Gleitklauseln zu verstehen sei. Hierfür spreche auch, dass die Parteien mit der Erwähnung der VOB/B im Deckblatt zum Auftrags-Leistungsverzeichnis dieser einen hohen Stellenwert hätten einräumen wollen, so dass sie, wenn sie von dem geschlossenen, ausgewogenen und beiden Vertragsparteien dienlichen System der VOB/B hätten abweichen wollen, dies klar und eindeutig hätten formulieren müssen. Aber selbst wenn man in Ziffer 3.1. einen Ausschluss des § 2 Abs. 3 VOB/B erblicken wolle, halte diese Klausel nicht der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB stand, denn sie sei überraschend und mehrdeutig. Weil die Klausel nicht auf § 2 Abs. 3 VOB/B Bezug nehmen, werde dem Auftragnehmer das mit der Klausel übernommene Risiko nicht verdeutlicht. Die Klausel verstoße auch gegen § 307 Abs. 2 BGB, da sie keine Einschränkung auf Ansprüche aus § 2 Abs. 3 VOB/B enthalte und damit auch Ansprüche auf Schadensersatz und wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage erfasse. Die Unwirksamkeit der Klausel führe nach Auffassung des Bundesgerichtshofes auch nicht zwingend zur Anwendbarkeit der Regelungen des BGB. Weil die Parteien im Streitfall das ausgewogene System der VOB/B für ihre vertraglichen Vereinbarungen gewollt hätten, sei § 2 Abs. 3 VOB/B im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung statt der unwirksamen Klausel in Ziffer 3.1. anzuwenden.
34Die Klägerin trägt weiter vor, zwischenzeitlich habe sie der Beklagten eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 69.635,96 € gestellt. Da diese übergeben worden sei, sei der Betrag von 440,95 € unbedingt zur Zahlung fällig und auch zu verzinsen.
35Die Klägerin beantragt,
36das Urteil des Landgerichts Duisburg - 22 O 74/15 - vom 12.02.2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 8.377,97 € brutto nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2015 sowie weitere 440,95 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten seit dem 2. Mai 2016 zu zahlen sowie sie von weiteren außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 159,40 € freizustellen.
37Die Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
41II.
42Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
43A.
44Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von weiteren 8.377,97 € gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B gegen die Beklagte zu.
45Mit Recht hat das Landgericht entschieden, dass die Preisanpassungsmöglichkeit gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B bei Mengenänderungen durch Ziffer 3.1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen („Die dem Angebot des Auftragsnehmers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich.“)wirksam abbedungen wurde.
46Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO durch das Landgericht, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
47Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsinstanz rechtfertigen keine abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
481.
49Soweit das Landgericht in den angegriffenen Urteilsgründen ausgeführt hat, Ziffer 3.1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen habe Vorrang vor der Bestimmung des§ 2 Abs. 3 VOB/B, hält dies der rechtlichen Nachprüfung stand.
50Dieser Vorrang ergibt sich aus Ziffer 1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen, denn die Parteien haben die maßgeblichen Vertragsgrundlagen in Ziffer 1.1. bis Ziffer 1.9. in eine bestimmte Reihenfolge gestellt und ausdrücklich vereinbart, dass bei Widersprüchen für die Auslegung diese Reihenfolge gilt. Da die Regelungen der VOB/B gemäß Ziffer 1.5. den Allgemeinen Vertragsbedingungen gemäß Ziffer 1.3. nachgeordnet sind, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Klausel in Ziffer 3.1. nach dem Willen der Parteien der Bestimmung des § 2 Abs. 3 VOB/B vorgehen sollte. Nach dem objektiven Empfängerhorizont sind danach die Allgemeinen Vertragsbedingungen vorrangig und die Regelungen der VOB/B nur insoweit einschlägig, als sie den vorrangigen Regelungen nicht widersprechen. Dieses funktionelle Rangverhältnis entspricht im Übrigen auch der Systematik des Bürgerlichen Rechts und den Grundsätzen der allgemeinen Vertragsauslegung, wonach auf die allgemeinere Bestimmung erst zurückzugriffen werden kann, wenn keine speziellere Regelung einschlägig ist. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen sind ohne Zweifel die spezielleren Regelungen gegenüber den Bestimmungen der VOB/B.
51Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich auf der zweiten Seite des Deckblattes zur Auftragserteilung unter der Überschrift „Sonstige Vereinbarungen“ unter 1. ein Passus befindet, wonach die VOB Vertragsbestandteil sein soll. Es trifft zwar zu, dass dieser Passus mit der Platzierung auf der zweiten Seite des Deckblatts den Allgemeinen Vertragsbedingungen und damit auch Ziffer 1. „räumlich/textlich“ vorangestellt war. Diese bloße Anordnung innerhalb des Vertragstextes ändert aber nichts an dem funktionellen Rangverhältnis, das sich - wie der Wortlaut der Klausel eindeutig und unmissverständlich zeigt - allein aus Ziffer 1. ergeben soll.
522.
53Nicht zu beanstanden ist auch die vom Landgericht vorgenommene Auslegung von Ziffer 3.1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen, der zufolge eine Preisanpassung bei Mengenänderungen gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B ausgeschlossen sein soll.
54Die dagegen von Berufung erhobenen Einwendungen verfangen nicht. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass das Landgericht allgemeine Grundsätze der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unberücksichtigt gelassen hat. Die Kammer hat weder gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln unbeachtet gelassen, noch gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen. Dem Landgericht sind auch im Übrigen bei der Auslegung keinerlei Verfahrensfehler unterlaufen. Die Klägerin setzt mit ihrer Berufung schlicht ihre eigene Deutung an die Stelle derjenigen Interpretation, die auch nach Auffassung des Senats maßgeblich ist.
55Im Einzelnen gilt Folgendes:
562.1.
57Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Grundsatz der objektiven Auslegung gilt(vgl. Schlosser, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 305c, Rn. 126 ff.; Roloff, in: Erman, BGB, 14. Auflage, § 305c, Rn. 20 ff.; Lapp/Salamon, in: Herberger/ Martinek/Rüßmann/Weth, juris-PK-BGB, 7. Auflage, Stand: 08.04.2016, § 305c, Rn. 63 ff.; Basedow, in: Münchner Kommentar, BGB, 7. Auflage, § 305c Rn. 22 ff.).Damit ist gemeint, dass der Sinngehalt der AGB-Klausel „nach objektiven Maßstäben, losgelöst von der zufälligen Gestaltung des Einzelfalles und den individuellen Vorstellungen der Vertragsparteien, unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise“ (so BGH, Urteil vom 29. Oktober 1956, Az.: II ZR 64/56, BGHZ 22, 109 (113)) zu ermitteln ist .
58a. Allerdings ist der objektiven Auslegung die Prüfung vorzuschalten, ob die fragliche Klausel von den Parteien übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 2009, Az.: V ZR 201/08, NJW-RR 2010, 63 - 64; Urteil vom Urteil vom 12. Oktober 2007, Az.: V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251 - 254; Urteil vom 22. März 2002, Az.: V ZR 405/00, NJW 2002, 2102 - 2103).
59Anlass für eine solche Prüfung besteht im Streitfall jedoch nicht. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Parteien Ziffer 3.1. übereinstimmend in dem von der Klägerin dargestellten Sinn verstanden haben mit der Folge, dass dieser Wille der objektiven Auslegung der Klausel vorginge (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 2009, Az.: V ZR 201/08, NJW-RR 2010, 63 - 64; Urteil vom 22. März 2002, Az.: V ZR 405/00, NJW 2002, 2102 - 2103). Dem Vorbringen der Klägerin kann nur entnommen werden, dass sie davon ausgegangen war, lediglich bei unverändertem Leistungsumfangsei eine Preisanpassung ausgeschlossen. Dass auch die Beklagte dieses Verständnis von der in Ziffer 3.1. getroffenen Regelung hatte, ist gerade nicht feststellbar.
60b. Die Auslegung hat daher unter Berücksichtigung der Verhältnisse zu erfolgen, wie sie bei den Verwendern der streitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und dem von ihnen angesprochenen Kundenkreis typischerweise gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2011, Az.: III ZR 35/10, BGHZ 188, 351 (356); Urteil vom 29. Mai 2008, Az.: III ZR 330/07, NJW 2008, 2495 - 2496 ). Auszugehen ist dabei von den durchschnittlichen Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten redlicher (gedachter) Vertragsparteien, die ihrem Geschäftsverkehr eine allgemeine Grundlage geben wollen und über keine rechtliche Vorbildung zu verfügen brauchen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 2008, Az.: III ZR 330/07, NJW 2008, 2495 - 2496) . Es kommt mithin darauf an, welchen Inhalt die Klausel hat, sofern man sie als allgemeine Lösung des in ihr behandelten, typischen, stets wiederkehrenden Interessengegensatzes würdigt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1973, Az.: IV ZR 158/71, BGHZ 60, 377 (380)). Außer Betracht bleiben solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2002, Az.: IV ZR 60/01, BGHZ 152, 262 (265)). Dabei ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Seiten gerecht werdenden Ergebnis führt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012, Az.: IX ZR 30/10, NJW-RR 2013, 51 – 52 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
612.2.
62Nach Maßgabe dieser Grundsätze war Ziffer 3.1. („Die dem Angebot des Auftragsnehmers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich.“) nach dem Wortlaut aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise dahin auszulegen, dass bei Mengenabweichungen eine Änderung der Einheitspreise gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B ausgeschlossen sein soll.
63a. Im rechtlichen Ausgangspunkt ist festzustellen, dass die Parteien unter dem 18. September 2013 einen Einheitspreisvertrag geschlossen haben. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass die geschuldete Leistung ihrer Art nach beschrieben und mit geschätzten Vordersätzen/Mengenansätzen - in Einzelpositionen gegliedert - zum Einheitspreis angeboten wird (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004, Az.: VII ZR 190/03, NJW-RR 2005, 246 - 247). Abgerechnet werden nur die tatsächlich ausgeführten Leistungen, § 2 Abs. 2 VOB/B (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 5. Teil Rn. 168 mit weiteren Nachweisen). Das bedeutet, der Einheitspreisvertrag lässt bewusst Spielraum für Quantitätsabweichungen (vgl. Weick, in: Nicklisch/Weick, VOB Teil B, 3. Auflage, § 2 Rn. 32). Die Mengen können sich im Verlauf der Bauausführung ändern, ohne dass es zu einem den vorgesehenen Leistungsinhalt ändernden, nachträglichen Eingriff des Auftraggebers kommt (vgl. Keldungs, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 19. Auflage, § 2 Abs. 3 VOB/B Rn. 6). Dem Einheitspreisvertrag ist mithin wesensimmanent, dass die Gesamtvergütung bei Vertragsschluss nicht summenmäßig fixiert ist, sondern sich erst nach Ermittlung der tatsächlich ausgeführten Leistungen ergibt.
64Dabei beruht die in § 2 Abs. 3 VOB/B getroffene Regelung auf der Erkenntnis, dass die Kalkulation des Auftragnehmers von einem bestimmten, durch das Leistungsverzeichnis umrissenen Rahmen des Leistungsumfangs bei den einzelnen Positionen ausgeht (vgl. Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 5. Auflage, Rn. 2185). Die Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten werden ebenso sowie sonstige Allgemeinkosten als Fixkosten auf die einzelnen Positionen umverteilt und in die Einheitspreise eingerechnet. Verändern sich die Mengenansätze bei den Einzelpositionen in größerem Umfang nach oben oder unten, stimmt die ursprüngliche Kalkulation nicht mehr. Bei spürbar größeren Mengen als im Vertrag vorgesehen würde der Auftragnehmer häufig besser gestellt, wohingegen er bei erheblich kleineren Mengen Nachteile hinnehmen müsste (vgl. Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 5. Auflage, Rn. 2185; Kapellmann, in: Kapellmann/ Messerschmidt, VOB, § 2 VOB/B Rn. 141). Diesen Interessengegensatz, der durch Mehr- oder Mindermengen bei gleich bleibendem Leistungsziel aus Kostenüberdeckung oder Kostenunterdeckung entstehen kann, versucht § 2 Abs. 3 VOB/B dadurch auszugleichen, dass bei Mengenabweichungen von mehr als 10 % eine Bindung an den Einheitspreis entfallen soll. Die Regelung besagt nicht, dass Mengenabweichungen bis zu einem bestimmten Umfang bei der Berechnung der Vergütung unberücksichtigt bleiben und damit gar nicht zu bezahlen sind, sondern regelt nur die Höhe des Einheitspreises. Es wird nur die Grenze, von der an die Parteien eine Anpassung des Einheitspreises an die veränderten Verhältnisse verlangen können, verbindlich auf 10 % festgelegt.
65Von diesem Blickwinkel aus betrachtet, kann es aus Gründen der Verlässlichkeit, Klarheit und Vorhersehbarkeit ohne weiteres im Sinne der maßgeblichen Verkehrskreise sein, dass der vertraglich vereinbarte Einheitspreis absprachegemäß auch dann (noch) gelten, wenn Mengenabweichungen von mehr als 10 % gegeben sind. Der hier angesprochene Kundenkreis kann ein im Rahmen der Privatautonomie ohne Zweifel schützenswertes Interesse daran haben, den Automatismus des § 2 Abs. 3 VOB/B vertraglich abzubedingen, um die Grenze, bei deren Überschreitung eine Vergütungsanpassung vorzunehmen ist, weiter nach hinten zu verschieben. Dies entspricht auch allgemeiner Übung, denn in Bauverträgen wird häufig eine Anpassung des Einheitspreises bei Mengenabweichungen vertraglich abbedungen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage, Rn. 1505; Funke, in: Jansen, Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage, § 2 Abs. 3 VOB/B, Rn. 72; OLG Köln, Beschluss vom 11. September 2014, Az.: 19 U 55/14, zitiert nach juris, Rn. 6).
66b. Von dieser Möglichkeit haben die Parteien vorliegend Gebrauch gemacht, indem sie die dem Angebot der Klägerin zugrunde liegenden Preise als „Festpreise“ bezeichnet und diese als „für die gesamte Vertragsdauer verbindlich“ festlegt haben. Ist die Klausel - nach den Maßstäben der objektiven Auslegung - als allgemeine Lösung des dargestellten, beim Einheitspreisvertrag typischerweise vorliegenden und stets wiederkehrenden Interessengegensatzes zu würdigen, so liegt darin ein Ausschluss des Preisanpassungsrechts gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B. Dass die Parteien insoweit eine Vergütungsvereinbarung treffen wollten, ergibt sich unzweideutig aus der systematischen Stellung der in Rede stehenden Klausel unter der Überschrift „Vergütung“. Auch wenn § 2 Abs. 3 VOB/B in Ziffer 3.1. keine ausdrückliche Erwähnung gefunden hat, so konnte die Klausel nach der gebotenen objektivierten Betrachtungsweise von einem redlichen Vertragspartner nur so verstanden werden, dass genau diese speziell auf den Einheitspreisvertrag zugeschnittene Preisanpassungsmöglichkeit ausgeschlossen sein sollte.
67c. Soweit die Berufung die gegenteilige Ansicht vertritt, haftet sie in einer §§ 133, 157 BGB widersprechenden Art und Weise am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks und übersieht, dass der Erfahrungssatz gilt, dass die Vertragsschließenden auch bei einem unzulänglichen oder widerspruchsvollen Wortlaut mit dem Vertragsschluss einen bestimmten wirtschaftlichen Zweck ins Auge gefasst und verfolgt haben und mit der von ihnen gewählten Formulierung zum Ausdruck haben bringen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1986, Az.: VIII ZR 184/85, NJW-RR 1987, 239 - 240; Urteil vom 23. Februar 1956, Az.: II ZR 207/54, BGHZ 20, 109 (110)). Hinzu kommt, dass Rechtskenntnisse und sonstige bei den angesprochenen Verkehrskreisen typischerweise vorliegende Kenntnisse bei der Auslegung zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998, Az.: I ZR 162/96, NJW 1999, 1711 - 1714). Dementsprechend ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Parteien um die Preisanpassungsmöglichkeit des § 2 Abs. 3 VOB/B wussten und genau diese ausschließen wollten, weil sie im Interesse der Rechtssicherheit eine wechselseitige Bindung an die vertraglich vereinbarten Einheitspreise auch über die 10%-Grenze hinaus bewirken wollten. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Parteien - so die Berufung - die VOB/B als ausgewogene und ihnen beide dienliche Vertragsbedienungen erachtet haben mögen. Dies mag grundsätzlich so gewesen sein, schließt aber nicht aus, dass die Parteien die besondere Regelung des § 2 Abs. 3 VOB/B für nicht sachgerecht erachtet und deshalb in Ziffer 3.1. etwas anderes vereinbart haben.
68aa. Die von der Klägerin vorgenommeine Auslegung, wonach bei unverändertem Leistungsumfang eine Preisanpassung aufgrund gestiegener Stoff- und Lohnkosten ausgeschlossen sein sollte, ist schon durch den Wortlaut von Ziffer 3.1. nicht gedeckt. Einen irgendwie gearteten Bezug zu Preisgleitklauseln weist die von den Parteien verwendete Formulierung nicht im Ansatz auf. Hinzu kommt, dass die in Rede stehende Vertragsklausel bei der von der Klägerin vorgenommenen Auslegung rechtlich und wirtschaftlich ohne jeden Sinn wäre, da sich der Einheitspreis - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - ohnehin als Festpreis darstellt, der vom Auftragnehmer nicht einseitig aufgrund gestiegener Stoff- und Lohnkosten erhöht werden kann.
69Die Berufung übersieht, dass grundsätzlich diejenige Auslegung vorzuziehen ist, nach welcher einer Vertragsklausel Bedeutung zukommt und die sie nicht als sinnlos oder überflüssig erscheinen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2005, Az.: II ZR 194/03, NJW 2005, 2618 - 2620). Bei der von der Klägerin vorgenommenen Auslegung bleibt offen, welchen Zweck die Parteien überhaupt mit der in Ziffer 3.1. getroffenen Regelung verfolgt haben sollten. Sie hat auch keine plausible Möglichkeit aufgezeigt, welchen anderen Sinn die in Rede stehende Klausel gehabt haben sollte. Dafür, dass Ziffer 3.1. als bloß deklaratorischer Hinweis für das Nichtvereinbaren von Preisgleitklauseln zu verstehen ist, spricht nichts.
70bb. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, die in Rede stehende Klausel enthalte den in besonderer Art und Weise zu berücksichtigenden Zusatz, wonach die Preise „für die gesamte Vertragsdauer verbindlich“ bleiben. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht wird auch mit dem Hinweis auf die Vertragsdauer kein ausreichender inhaltlicher Bezug zu Lohn- und Stoffkostensteigerungen hergestellt, sondern mit dieser Formulierung nach dem Empfängerhorizont eines objektiven Dritten schlicht die Verbindlichkeit der vereinbarten Einheitspreise nochmals herausgestellt. Die Klausel greift insoweit den das dispositive Recht beherrschenden Grundsatz auf, nach dem die Preisvereinbarung der Parteien bei Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2010, Az.: VIII ZR 304/08, NJW 2010, 2793 - 2796).
71Insgesamt stellt die Interpretation der Klägerin eine nach Auffassung des Senats fernliegende Deutung der Klausel dar. Allein sinnvoll und bestätigt durch die Interessenlage der Parteien sowie durch die in die Auslegung einzubeziehenden Begleitumstände ist vielmehr die Auslegung, dass die Preisanpassungsmöglichkeit gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B abbedungen wird. Der Grundsatz der kundenfeindlisten Auslegung, wonach bei mehreren Auslegungsvarianten von derjenigen auszugehen ist, die zur Unwirksamkeit führt (siehe BGH, Beschluss vom 4. November 2015, Az.: VII ZR 282/14, NJW-RR 2016, 29 - 31) ist im Streitfall nicht einschlägig, weil verschiedene Auslegungsvarianten - wie dargetan - gerade nicht bestehen.
723.
73Der Senat stimmt mit dem Landgericht auch darin überein, dass die streitbefangene Regelung in Ziffer 3.1. der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB standhält.
743.1.
75Nach den insoweit rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts handelt es sich bei der in Rede stehenden Klausel in Ziffer 3.1. um eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsbestimmung, sondern um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB.
763.2.
77Soweit die in Rede stehende Klausel die Preisanpassungsmöglichkeiten gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B bei Mengenänderungen ausschließt, führt dies nicht zu einer Unwirksamkeit nach § 307 BGB.
78a. Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Letzteres ist der Fall, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2010, Az.: III ZR 207/08, NJW 2010, 57 - 60; Urteil vom 12. Februar 2009, Az.: III ZR 179/08, NJW 2009, 1334 - 1337; Urteil vom 8. Juli 1993, Az.: VII ZR 79/92, NJW 1993, 2738 - 2739 mit weiteren Nachweisen).
79Gemessen daran, beeinträchtigt die in Rede stehende Klausel die Klägerin als Auftragnehmerin nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Die Klausel trägt vielmehr dem beiderseitigen Interesse der Vertragsparteien an der besonderen Vertragsgestaltung in Form eines Einheitspreisvertrages Rechnung. Die Parteien haben ihrem rechtsgeschäftlichen Willen Ausdruck verliehen, auch dann nach den vertraglich vereinbarten Einheitspreisen abrechnen zu wollen, wenn sich Mengen einzelner Positionen um mehr als 10 % erhöhen. Sie haben damit letztlich nur das umgesetzt, was dem Einheitspreisvertrag nach seiner Konzeption ohnehin wesensimmanent ist. Von einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin kann keine Rede sein, weil sich die streitbefangene Regelung in Ziffer 3.1. sowohl auf die Erhöhung als auch die Herabsetzung der Einheitspreise bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1993, Az.: VII ZR 79/92, NJW 1993, 2738 - 2739; OLG Köln, Beschluss vom 11. September 2014, Az.: 19 U 55/14, zitiert nach juris, Rn. 6; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage, Rn. 1505; Keldungs, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 19. Auflage, § 2 Abs. 3 VOB/B, Rn. 10; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 5. Teil, Rn. 175). Daraus folgt, dass der Ausschluss des Preisanpassungsrechts gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B beide Parteien gleichermaßen betrifft, denn Mengenunterschreitungen können zu einem gravierenden finanziellen Nachteil auf Seiten des Auftragnehmers führen, während dieser bei spürbar größeren Mengen als ursprünglich im Vertrag vorgesehen besser gestellt wird. Durch Ziffer 3.1. wird das Risiko von Mengenabweichungen auf beide Parteien in gleicher Weise verteilt, ohne dass hierdurch grundlegende Anforderungen an das Erfordernis der Waffengleichheit missachtet werden. Es trifft daher nicht zu, dass die Risikoverteilung allein nachhaltig zu Lasten des Auftragnehmers verändert wird (andere Ansicht: Funke, in: Jansen, Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage, § 2 Abs. 3 Rn. 73; Weick, in: Nicklisch/Weick, VOB Teil B, 3. Auflage, § 2 Abs. 3 Rn. 35).
80b. Eine unangemessene Benachteiligung liegt auch nicht deshalb vor, weil die in Rede stehende Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Das hat der Bundesgerichtshof unter Hinweis darauf entschieden, dass Maßstab der Inhaltskontrolle nicht die VOB/B, sondern das Gesetz ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1993, Az.: VII ZR 79/92, NJW 1993, 2738 - 2739). Der Senat teilt die vom Bundesgerichtshof vertretene Auffassung, wonach mit dem Ausschluss des Preisanpassungsrechts gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B letztlich nur die Rechtslage des Werkvertragsrechts gemäß §§ 631 ff. BGB wiederhergestellt wird, die eine solche Preisanpassung bei Mengenänderungen nicht kennt (zustimmend auch Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 5. Auflage, Rn. 2201; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, Rn. 175; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage, Rn. 1505; Keldungs, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 19. Auflage, § 2 Abs. 3 VOB/B, Rn. 10). Die gegenteilige Meinung überzeugt nicht.
81Die in der Literatur vertreten Ansicht (vgl. Funke, in: Jansen, Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage, § 2 Abs. 3 Rn. 74), der Einheitspreisvertrag weiche bereits als solcher von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Werkvertrags ab, weil sich die Parteien darüber einig seien, dass die in den Vordersätzen aufgeführten Leistungen nur vorläufig angegeben seien und später nach den tatsächlich erbrachten Leistungen abgerechnet werden solle, verkennt, dass nach dem gesetzlichen Leitbild des Werkvertragsrecht der Unternehmer für den werkvertraglichen Erfolg einzustehen und der Besteller den vereinbarten Werklohn zu zahlen hat. Haben die Parteien von einer Vereinbarung des § 2 Abs. 3 VOB/B oder einer entsprechenden anderweitigen Individualvereinbarung abgesehen, ist eine Anpassung des vereinbarten Werklohns - sei es in Form eines Pauschalpreises oder Einheitspreises - bei Mengenänderungen nur nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage möglich (so BGH, Urteil vom 8. Juli 1993, Az.: VII ZR 79/92, NJW 1993, 2783 - 2739).
82Soweit in der Literatur gegen die vom Bundesgerichtshof vertretene Auffassung argumentiert wird, wenn die Parteien gerade vereinbaren, dass nicht nach Pauschalvertragsmuster abgerechnet werden soll und deshalb einen Einheitspreisvertrag schließen, wollen sie sich nicht gleichzeitig „durch die Hintertür“ nach Pauschalvertragsregeln behandeln lassen (so Kapellmann, in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 Rn. 141), übersieht diese Argumentation, dass auch dann, wenn das Preisanpassungsrechts gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B abbedungen wurde, immer noch - und damit im Gegensatz zum Pauschalpreisevertrag - nach tatsächlich ausgeführten Mengen abgerechnet wird.
83c. Der Ausschluss der Preisanpassungsmöglichkeiten gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B in Ziffer 3.1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen begründet auch keinen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
84Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob die Klausel zu einer Gefährdung des Vertragszwecks führen würde, wenn damit Nachforderungen jeglicher Art ausgeschlossen wären. Ein solcher Mangel betrifft nicht die Wirksamkeit der Klausel als solche, sondern ist im Wege der Auslegung zu beheben (vgl. Senat, Urteil vom 20. Januar 1995, Az.: 22 U 190/93, BauR 1995, 861 - 862). Die Klausel in Ziffer 3.1. ist dahin auszulegen, dass Ansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage und Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nicht ausgeschlossen sind, so dass eine die Erreichung des Vertragszwecks gefährdende Einschränkung wesentlicher Rechte des Auftragnehmers zu verneinen ist.
85aa. Weder der Wortlaut von Ziffer 3.1. („Die dem Angebot des Auftragsnehmers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich.“) und deren systematische Stellung noch der Sinn und Zweck der Regelung lassen den Schluss zu, dass über das Preisanpassungsrecht gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B auch die deutlich weitergehenden Ansprüche gemäß § 313 BGB und §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB ausgeschlossen sein sollen. Festzustellen ist, dass es sich bei der in Rede stehenden Klausel - wie dargetan - um eine Vergütungsvereinbarung handelt. Dahingegen stellt sich der Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage als gesetzliche Ausformung des Gedankens von Treu und Glauben dar (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Auflage, § 313 Rn. 1) und der Anspruch wegen Verschulden bei Vertragsverhandlungen ist seinem Wesen nach ein Schadensersatzanspruch. In Anbetracht dessen hätte es, um eine Preisanpassung unter Heranziehung anderer Anspruchsgrundlagen unter der Überschrift „Vergütung“ auszuschließen, einer vollkommen eindeutigen Formulierung in Ziffer 3.1. bedurft. Daran fehlt es.
86Der Ausschluss jedweder Preisanpassungsmöglichkeit entspricht auch nicht der typisierten Interessenlage der maßgeblichen Verkehrskreise. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die allgemeinen Anspruchsgrundlagen aus § 313 BGB und §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB ist - im Gegensatz zu § 2 Abs. 3 VOB/B - nicht eine bloße Mengenabweichung von mehr als 10 %, sondern es müssen weitere Voraussetzungen vorliegen, die eine Anpassung des Vertrages an veränderte Verhältnisse erlauben. So kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage überhaupt nur in Betracht, wenn es sich um eine derart einschneidende Änderung handelt, dass ein Festhalten an der ursprünglichen Regelung zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde und das Festhalten an der ursprünglichen Regelung für die betroffene Partei deshalb unzumutbar wäre (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1993, Az.: VII ZR 24/92, BauR 1993, 458 - 465 mit weiteren Nachweisen). Eine Anpassung des vereinbarten Einheitspreises ist folglich nur möglich, wenn die sogenannte Opfergrenze für eine Partei so deutlich überschritten ist, dass die Vergütung unter Berücksichtigung der veränderten Umstände in keinem vertretbaren Verhältnis zur Gegenleistung steht. Hier haben die Parteien durch den Ausschluss von § 2 Abs. 3 VOB/B vereinbart, dass es bei einer Mengenabweichung von mehr als 10 % nicht automatisch zu einer Preisanpassung kommen soll. Das erlaubt indes nicht den Schluss, dass damit zugleich auch für jeden denkbaren anderen Fall - beispielsweise bei Mengenabweichungen von mehr als 50 % - eine Preisanpassungsmöglichkeit ausgeschlossen sein sollte. Dies gilt erst recht für den Fall, dass der Auftraggeber schuldhaft die Mengen unsorgfältig ausgeschrieben oder bewusst überhöhte Vordersätze angegeben hat, und damit ein Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss in Betracht kommt. Bei der gebotenen objektivierten Auslegung kann nicht davon ausgegangen werden, dass verständige Vertragsparteien auf eine solche Regelung, die zu völlig unangemessenen und mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbaren Ergebnissen führt, eingelassen hätten. Eine sachgerechte allgemeine Lösung des beim Einheitspreisvertrag typischerweise vorhandenen Interessengegensatzes liegt darin sicherlich nicht.
87Gegen einen Ausschluss von Ansprüchen wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage und Verschuldens bei Vertragsverhandlungen durch Ziffer 3.1. spricht im Übrigen auch, dass deren Anwendungsbereich nicht nur im Hinblick auf die Frage von Mengenänderungen eröffnet sein kann, sondern auch bei sonstigen Störungen eine Vertragsanpassung ermöglichen. Ein derart weitreichender Ausschluss von Rechten entspricht nicht den durchschnittlichen Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten redlicher (gedachter) Vertragsparteien, die ihrem Geschäftsverkehr eine allgemeine Grundlage geben wollen.
88bb. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg argumentieren, mit der streitgegenständlichen Klausel seien aufgrund der allgemein gehaltenen Formulierung zugleich auch Ansprüche aus § 2 Abs. 5 VOB/B ausgeschlossen, was einen Verstoß gegen § 307 BGB begründe (vgl. Keldungs, in: Ingenstau/Korbion, VOB A und B, 19. Auflage, § 2 Abs. 5 VOB/B Rn. 2 mit weiteren Nachweisen). Die Preisänderung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B bei Leistungsänderungen ist zu unterscheiden von der Mengenänderung gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B. Entscheidendes Kriterium für die Anwendung des § 2 Abs. 5 VOB/B ist eine Anordnung des Auftraggebers. § 2 Abs. 5 VOB/B betrifft nur solche Preisgrundlagenänderungen, die durch ein dem Auftraggeber zurechenbares Verhalten herbeigeführt werden. Dafür, dass die streitgegenständliche Klausel auch für diesen - hier nicht gegebenen - Fall eine Preisänderung ausgeschlossen sein sollte, spricht in Anbetracht der bloß allgemein gehaltenen Formulierung, die in keiner Weise auf eine Einwirkung des Auftraggebers Bezug nimmt, nichts.
89d. Nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen stellt sich Ziffer 3.1. auch nicht als überraschende oder mehrdeutige Klausel im Sinne von § 305c BGB dar. Im Gegenteil führt der Ausschluss des Preisanpassungsrechts gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B nur dazu, dass eine Abrechnung nach tatsächlichen Massen und anhand des vereinbarten Einheitspreises erfolgt. Eine Klausel, die das Gepräge eines Einheitspreisvertrages bewahrt, ist keineswegs überraschend.
903.3.
91Dem wirksamen Ausschluss des § 2 Abs. 3 VOB/B durch die in Ziffer 3.1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen getroffene Regelung steht auch nicht entgegen, dass die Parteien in Ziffer 1.5. die Geltung der VOB/B als Ganzes vereinbart haben.Entscheidend ist, dass - wie dargetan - nach dem Willen der Parteien die Bestimmungen der Allgemeinen Vertragsbedingungen Vorrang vor den Bestimmungen der VOB/B genießen sollen. Im Übrigen wäre nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Folge einer solchen vertraglichen Bestimmung allein, dass die VOB/B in diesem Fall als Ganzes gegebenenfalls nicht mehr vereinbart ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2004, Az.: VII ZR 419/02, NJW 2004, 1597 - 1598; Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 5. Auflage, Rn. 2201). Ob dadurch der Kernbereich der VOB/B betroffen und der mit der VOB/B bezweckte billige Interessenausgleich zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber nicht mehr gewährleistet ist, kann offen bleiben. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist allein entscheidend, dass die vertraglichen Bestimmungen zum Ausschluss von § 2 Abs. 3 VOB/B wirksam ist; auf die Geltung der übrigen Vorschriften kommt es nicht an.
92B.
93Sonstige Anspruchsgrundlagen für den geltend gemachten Zahlungsanspruch in Höhe von 8.8377,97 € sind nicht ersichtlich.
941.
95Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Anpassung des Einheitspreises gemäß § 313 BGB nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist nicht gegeben. Insoweit wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen, die von der Klägerin in der Berufungsinstanz nicht angegriffen werden und daher auch nicht zur Überprüfung durch den Senat standen.
962.
97Das Gleiche gilt für einen Anspruch aus Verschulden wegen Vertragsverhandlungen gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB, dessen Voraussetzungen von der Klägerin nicht ansatzweise dargetan sind.
98C.
99Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 440,95 € zu.
100Weil § 2 Abs. 3 VOB/B in Ziffer 3.1. der Allgemeinen Vertragsbedingungen wirksam abbedungen wurde, kann die Klägerin keine Anpassung der Einheitspreise in Gestalt des unter Position 10 der Schlussrechnung in Ansatz gebrachten „Umlagenausgleiches“ verlangen. Der in Rede stehende Betrag in Höhe von 440,95 € stellt sich nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin als Teil des „Umlagenausgleiches“ dar. Hiervon ist auch das Landgericht in den Gründen der angefochtenen Entscheidung ausgegangen, ohne dass die Klägerin mit ihrer Berufung hiergegen Einwände erhoben hat.
101D.
102Der Klägerin steht auch kein weitergehender Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert von 19.936,58 € zu, denn die Beklagte schuldete - wie dargetan - keinen „Umlagenausgleich“ gemäß Position 10 der Schlussrechnung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen.
103II.
1041.
105Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
1062.
107Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
1083.
109Die Revision war zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 BGB vorliegen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts erfordert vorliegend eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
1104.
111Streitwert für das Berufungsverfahren: 8.377,97 €.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 07. Okt. 2016 - I - 22 U 79/16
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 07. Okt. 2016 - I - 22 U 79/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 07. Okt. 2016 - I - 22 U 79/16 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von 206,62 Euro aus einem Betrag von 11.558,60 Euro brutto für den Zeitraum 20.01.2015 bis 20.04.2015 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 805,20 € freizustellen
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 90% und die Beklagte zu 10%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1 2
Landgericht Duisburg
3im namen des volkes
4Urteil
522 O 74/15 |
Verkündet am 12.02.2016 , Justizbeschäftigte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle |
In dem Rechtsstreit
7hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg
8auf die mündliche Verhandlung vom 11.12.2015
9durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht L
10und die Handelsrichter B und H
11für R e c h t erkannt:
12Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von 206,62 Euro aus einem Betrag von 11.558,60 Euro brutto für den Zeitraum 20.01.2015 bis 20.04.2015 zu zahlen. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 805,20 € freizustellen Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 90% und die Beklagte zu 10%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. |
T a t b e s t a n d
13Die Klägerin ist ein Hoch- und Tiefbauunternehmen mit Sitz in L2. Die Beklagte betreibt mehrere X in E. Sie ist Bauherrin des Bauvorhabens „O in E, B2-Straße“. Die Klägerin wurde für dieses Bauvorhaben mit Erd-, Mauer- und Betonarbeiten beauftragt.
14Gemäß der Auftragserteilung (Anlage B1 zur Klageerwiderung) sollten Vertragsgrundlagen unter anderem „diese Allgemeinen Vertragsbedingungen“ (Ziffer 1.3) und „die VOB Teile B und C in der jeweils neuesten Fassung“ (Ziffer 1.5) sein. Bei Widersprüchen sollte für die Auslegung die vorstehende Reihenfolge gelten. Hinsichtlich der Vergütung (Ziffer 3) war Folgendes geregelt: „Die dem Angebot des Auftragnehmers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich.“
15Gemäß den Positionen 06.02.16 bis 06.02.21 sowie 06.03.16 bis 06.03.20 war unter anderem das Schließen der Decken- und Wandöffnungen Bestandteil des Auftragsleistungsverzeichnisses.
16Nachdem die Klägerin Leistungen ausgeführt hatte, fand am 06.05.2014 die Abnahme der Arbeiten statt, worüber ein Abnahmeprotokoll (Blatt 15 f. GA) erstellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin die Decken- und Wandöffnungen gemäß den vorgenannten Positionen des Auftragsleistungsverzeichnisses noch nicht geschlossen. Auch bei der Abnahme wurden diese Arbeiten nicht vorbehalten oder auch nur thematisiert. Sie sind bis heute noch nicht erledigt.
17Nach Ausführung der im Abnahmeprotokoll aufgeführten Restarbeiten stellte die Klägerin unter dem 17.12.2014 ihre Schlussrechnung, die mit einem Nettorechnungsbetrag in Höhe von 1.170.352,37 € endete. Am 19.12.2014 ging diese dem von der Beklagten zur Entgegennahme bevollmächtigten Architekten, E2 G, zu. Am 20.04.2014 übersandte die Beklagte die geprüfte Schlussrechnung an die Klägerin, wobei der Nettorechnungsbetrag mit 1.137.927,75 € endete (Blatt 17 GA). Mit dieser Übersendung ging auch ein Betrag in Höhe von 11.558,60 Euro brutto bei der Klägerin ein, den Herr E2 G freigegeben hatte.
18Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B im Hinblick auf eine Unterdeckung einen Umlageausgleich, wobei sie unter Berücksichtigung eines angeblich geschuldeten Auszahlungsbetrages nach Schlussrechnungsprüfung in Höhe von 19.936,98 € unter Abzug tatsächlich gezahlter 11.558,60 Euro einen Betrag in Höhe von 8.377,98 € errechnet. Weiterhin begehrt sie Zahlung eines Betrages in Höhe von 440,95 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft über denselben Betrag im Hinblick auf die angeblich zu Unrecht gekürzte Summe in Höhe von 8.818,92 € brutto. Ebenso verlangt sie Verzugszinsen im Hinblick auf den erst am 02.04.2015 beklagtenseits gezahlten Betrag in Höhe von 11.558,60 € und außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 120.423,44 €, den sie dem in ihrer Schlussrechnung ausgewiesenen Restzahlungsbetrag entnimmt.
19Sie trägt vor, der Unterdeckungsbetrag, der sich allein aus der Unterschreitung des beauftragten Umsatzes ergebe, betrage 23.855,80 €, wovon im Hinblick auf Nachträge ein Umlagedeckungsanteil in Höhe von 16.430,09 € abzuziehen sei, so dass ein Unterdeckungsbetrag in Höhe von 7.425,71 € verbleibe.
20Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird insoweit auf die Klageschrift, Blatt 3 ff. und die Anlagen zur Klageschrift K 4 und K 5 (Blatt 18 ff. GA) Bezug genommen.
21Die Klägerin beantragt,
221) die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 8.377,97 € brutto auf die Schlussrechnung vom 17.12.2014 zu zahlen, zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2015; 2) die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie 440,95 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft in derselben Höhe an sie zu zahlen; 3) die Beklagte zu verurteilen, an sie Verzugszinsen in Höhe von 206,62 € aus dem Betrag von 11.558,60 € brutto für den Zeitraum vom 20.01.2015 bis 20.04.2015 zu zahlen; 4) die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.084,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen. |
Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen. |
Sie trägt vor, im Hinblick auf Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen seien Vertragsanpassungen, unter anderem solche nach § 2 Nr. 3 VOB/B, ausgeschlossen; hätte die Klägerin die nach dem Vertrag vereinbarte Werkleistung hinsichtlich des Schließens der Wand- und Deckenaussparungen erbracht, wären ihr weitere 17.183,28 € brutto zugeflossen und die Differenz zwischen der Vergabesumme und der Abrechnungssumme wäre auf restliche 21.008,48 € geschmolzen, so dass bereits insoweit kein Raum für die Anpassung der Einheitspreise bestehe; um die Klage schlüssig erscheinen zu lassen, hätte die Klägerin darlegen müssen, welche einzelnen Positionen sie in Beziehung auf die Einheitspreise erhöht haben möchte und weshalb; da sie keinen Umlageausgleich schulde, sei auch der Klageantrag gerichtet auf Zahlung Zug um Zug gegen Stellung der Bürgschaft unbegründet; Verzugszinsen könne die Klägerin nicht verlangen, da sie die nach dem Vertrag vereinbarte Bauleistung, nämlich Wandaussparungen und Deckenaussparungen zu schließen, nicht erbracht habe.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
27Die Klage hat lediglich in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg.
28I.
29Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 8.377,97 € brutto nebst Zinsen.
301.)
31Ein Anspruch gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B, auf den sich die Klägerin beruft, scheidet aus. Die Vorschrift ist von den Parteien in dem von ihnen geschlossenen Vertrag wirksam abbedungen worden.
32a)
33Die Allgemeinen Vertragsbedingungen enthalten unter Ziffer 3.1 „Vergütung“ die Regelung, wonach die dem Angebot des Auftragnehmers zugrunde liegenden Preise grundsätzlich Festpreise sind und für die gesamte Vertragsdauer verbindlich bleiben. Dies kann bei gebotener Auslegung nicht anders verstanden werden, als dass die Vorschrift des § 2 Nr. 3 VOB/B abbedungen wurde. Denn gemäß Ziffer 1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen „Vertragsgrundlagen“ sollte zwar auch die VOB/B zu diesen Grundlagen gehören. Dies sollte aber für die Allgemeinen Vertragsbedingungen selbst (Ziffer 1.3) ebenfalls gelten. Die Regelung in Ziffer 1.3 sollte aber derjenigen in Ziffer 1.5 vorgehen, wie sich aus den Vertragsbedingungen ergibt. Danach sollte nämlich bei Widersprüchen für die Auslegung diese Reihenfolge gelten.
34Die vorgenannten Regelungen widersprechen sich. Ziffer 3.1 der Vertragsbedingungen kann nur im vorgenannten Sinne verstanden werden.
35Allgemeine Geschäftsbedingungen, die vorliegend mit den hier streitgegenständlichen Allgemeinen Vertragsbedingungen in Rede stehen, sind nach zutreffender Auffassung objektiv auszulegen, was bedeutet, dass der Sinngehalt der AGB-Klausel nach objektiven Maßstäben, losgelöst von der zufälligen Gestaltung des Einzelfalls und den individuellen Vorstellungen der Vertragsparteien, unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise zu ermitteln ist (BGH, NJW, 1956, 1915). Die Auslegung hat daher unter Berücksichtigung der Verhältnisse zu erfolgen, wie sie bei den Verwendern der streitigen AGB und dem von ihnen angesprochenen Kundenkreis typischerweise gegeben sind (BGH, NJW, 1980, 1947; NJW, 2011, 2122). Auszugehen ist dabei von den durchschnittlichen Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten redlicher (gedachter) Vertragsparteien, die ihrem Geschäftsverkehr eine allgemeine Grundlage geben wollen und über keine rechtliche Vorbildung zu verfügen brauchen. Es kommt mithin darauf an, welchen Inhalt die Klausel hat, sofern man sie als allgemeine Lösung des in ihr behandelten, typischen, stets wiederkehrenden Interessengegensatzes würdigt (vgl. BGH, NJW, 1973, 1194; MüKo-Basedow, BGB, 7. Auflage, 2016, § 305 c BGB, Rn. 22).
36Vorliegend kann nach diesen Grundsätzen die Vergütungsklausel unter Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen aber nur dahingehend verstanden werden, dass mit dieser Regelung eine entsprechende Vertragsanpassung gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B ausgeschlossen sein sollte. Wenn die Klausel nämlich dahingehend lautet, dass die Preise grundsätzlich Festpreise sind und für die gesamte Vertragsdauer verbindlich bleiben, sollte eine Abänderungsmöglichkeit gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B ersichtlich ausscheiden, denn eine solche würde der vorgenannten Verbindlichkeit ersichtlich gerade widersprechen.
37Soweit klägerseits ausgeführt wird, die Klägerin habe die Regelung jedenfalls ausschließlich so verstanden und aufgrund ihres Wortlauts auch so verstehen dürfen, dass es sich bei ihren Angebotspreisen um Festpreise handelt, die nicht aus Gründen angepasst werden können, die ihrer Risikosphäre entstammen, lässt sich eine derartige Einschränkung ersichtlich nicht der Klausel entnehmen. Einem redlichen, zu den von der Klägerin angesprochenen Verkehrskreisen gehörenden Vertragspartner musste daher klar sein, dass sich diese Klausel auch auf eine Abänderungsmöglichkeit aus den Gründen des § 2 Abs. 3 VOB/B bezieht.
38Darauf, dass diese Vorschrift nicht in Ziffer 3.1 genannt wird, kann es im Hinblick auf ihren eindeutigen Wortlaut und dem sich hieraus für einen redlichen Vertragspartner der Beklagten erkennbaren Interesse, eine Preisabänderung zu verhindern, nicht ankommen. Dementsprechend enthält auch eine entsprechende beispielsallgemeine Geschäftsbedingung (Beck`scher VOB-Kommentar/Jansen, Teil B, 3. Auflage, 2014, § 2 Abs. 3 VOB/B, Fußnote 108) keinen ausdrücklichen Hinweis auf die VOB/B.
39Es kommt hinzu, dass ein vereinbarter Preis, gleichgültig ob Einheitspreis, Pauschalpreis oder vereinbarter Stundenlohn, prinzipiell ohnehin ein Festpreis ist (Beck`scher VOB-Kommentar/Funke, Teil B, 3. Auflage, 2013, Vorbemerkung § 2, Rn. 240). Soweit die Klägerin daher geltend macht, die Regelung in den Allgemeinen Vertragsbedingungen habe dazu führen sollen, dass Preisanpassungen jedenfalls bei unverändertem Leistungsumfang beispielsweise aufgrund gestiegener Stoff- oder Lohnkosten ausgeschlossen seien, hätte es der Klausel in Ziffer 3.1 nicht bedurft. Ebenso wenig war sie zur Fixierung der vereinbarten Einheitspreise erforderlich.
40Soweit klägerseits weiterhin ausgeführt wird, Ziffer 3.1 habe Lohn- und Materialpreisgleitklauseln ausschließen sollen, stehen vorliegend solche Klauseln nicht in Rede. Dass unter Berücksichtigung der nach dem Vorgesagten für die Auslegung maßgeblichen, objektiven Maßstäbe etwas anderes gilt, ist weder vorgetragen, noch sonst wie ersichtlich.
41Im Übrigen enthält Ziffer 1 der Vertragsbedingungen eine Regelung, wonach entgegenstehende Bedingungen des Auftragnehmers unwirksam sein sollten und nicht anerkannt werden. Da sich diese Klausel ersichtlich auf die in Ziffer 1 zuvor genannten Vertragsgrundlagen bezieht, zu denen auch die VOB/B gehören sollte, wären Lohn- und Materialpreisgleitklauseln, die insbesondere nicht mit § 2 Abs. 3 VOB/B vereinbar sind, daher ohnehin ausgeschlossen.
42Dann wäre - sieht man einmal von dem nur unter sehr engen Voraussetzungen einschlägigen Ausnahmefall einer Abänderungsmöglichkeit gemäß § 313 BGB ab, wobei offenbleiben kann, ob sich diese Klausel überhaupt auf § 313 BGB bezieht - die in Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen enthaltene Regelung, würde man sie nicht auf die Abänderungsmöglichkeit gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B beziehen, aber letztlich überflüssig.
43Es ist aber anerkannt, dass derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben ist, nach welcher einer Vertragsbestimmung Bedeutung zukommt und die sie nicht als sinnlos erscheinen lässt (BGH, NJW, 2005, 2618, 2619; MüKo-Busche, BGB, 7. Auflage, 2015, § 133 BGB, Rn. 63).
44b)
45Die Regelung in Ziffer 3.1 ist auch nicht überraschend oder mehrdeutig.
46Insbesondere erscheint sie nicht an ungewöhnlicher Stelle, denn sie hat die zu zahlende Vergütung zum Gegenstand und findet sich daher in dem entsprechenden Abschnitt der Allgemeinen Vertragsbedingungen.
47Im Hinblick hierauf und auf den Umstand, dass sich in Ziffer 1 eine ausdrückliche Regelung für den Fall von Widersprüchen in den Vertragsgrundlagen befindet, bedurfte es nach dem Vorgesagten auch keines ausdrücklichen Hinweises auf § 2 Abs. 3 VOB/B.
48c)
49Der Ausschluss von § 2 Abs. 3 VOB/B ist auch wirksam.
50Er stellt keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne von § 307 BGB dar.
51Wie der BGH (NJW 1993, 2738, 2739) ausgeführt hat, führt ein formularmäßiger Ausschluss der Preisanpassungsmöglichkeiten gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B nicht zur Unwirksamkeit. Dem schließt sich die Kammer an.
52Soweit der BGH es in der vorgenannten Entscheidung offengelassen hat, ob eine vom Auftraggeber gestellte Formularklausel, die jegliche Anpassung von Einheitspreisen bei Mengenänderungen verbietet und so umfassend formuliert ist, dass damit auch Ansprüche des Auftragnehmers auf Preisanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss ausgeschlossen sind, gegen § 9 AGB a.F., also gegen § 307 BGB n.F, verstößt, bedarf diese Frage auch vorliegend keiner Entscheidung. Denn jedenfalls davon, dass vorgenannte Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sein sollen, kann bei gebotener Auslegung nicht ausgegangen werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich Ziffer 3.1 unter der Überschrift „Vergütung“ befindet, also erkennbar die Regelung von Vergütungsansprüchen und gerade keine Schadensersatzansprüche zum Gegenstand hat.
532.)
54Die Voraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 313 BGB sind, unabhängig von der Frage, ob dieser von den Parteien gemäß Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen abbedungen worden ist, nicht dargetan.
553.)
56Auch das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 280, 241 BGB lässt sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen.
57II.
58Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Zahlung von 440,95 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft in derselben Höhe hat. Ein Umlageausgleich ist nämlich gerade nicht geschuldet.
59III.
60Allerdings steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 206,62 € aus 11.558,60 € brutto für den Zeitraum 20.01.2015 bis 20.04.2015 gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B zu.
61Ausgehend davon, dass die Schlussrechnung bei dem beklagtenseits beauftragten Architekten E2 G am 19.12.2014 einging, befand sich die Beklagte gemäß der vorstehenden Regelung ab dem 20.01.2015 im Schuldnerverzug.
62Die Klägerin hat auch insoweit ihre vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt.
63Der Beklagten steht im Hinblick auf die nicht ausgeführten Leistungen hinsichtlich des Schließens von Wand- und Deckenaussparungen kein Zurückbehaltungsrecht zu. Zwar ergibt sich aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Leistungsverzeichnis, dass entsprechende Arbeiten geschuldet waren. Der Umstand, dass diese klägerseits nicht durchgeführt worden sind, rechtfertigt aber nicht die Annahme einer mangelhaften Leistung. Vielmehr steht hinsichtlich der im Übrigen erbrachten Leistungen eine Teilleistung in Rede. Eine Teilleistung liegt vor, wenn es sich bei natürlicher Betrachtungsweise um eine noch nicht vollständig beendete, sondern in Zahl und Ausdehnung fortzuführende Leistung handelt (Kleine-Möller-Merl-Oelmeier-Merl, Handbuch des privaten Baurechts, 2. Auflage, 1997, § 12, Rn. 229). So liegt der Fall aber im Hinblick auf die durchzuführenden Schließungen.
64Hinsichtlich nicht erbrachter Leistungen steht dem Auftraggeber nach Ansicht des Gerichts aber ein Leistungsverweigerungsrecht nur zu, wenn diese berechnet worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.1993, Az. VII ZR 185/91, Rn. 14, zit. nach Juris). Die Verzugsvoraussetzung „Erfüllung der vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtung“ durch den Auftragnehmer zielt nämlich in erster Linie auf die im Synallagma stehende Verpflichtung des Auftragnehmers ab, somit die von ihm zu erfüllende Leistungsverpflichtung im Hinblick auf die vertragsgegenständliche Leistung (vgl. Beck`scher VOB-Kommentar-/Kandel, Teil B, 3. Auflage, 2013, § 16 Abs. 5 VOB/B, Rn. 40). Ist aber eine noch ausstehende Teilleistung nicht abgerechnet, ist insoweit das Gegenseitigkeitsverhältnis nicht betroffen.
65IV.
66Der Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus den §§ 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B in Verbindung mit § 286 BGB.
67Gemäß den eigenen Ausführungen in der Klageschrift geht die Klägerin selbst lediglich von einem nach Schlussrechnungsprüfung auszuzahlenden Betrag in Höhe von 19.936,58 Euro aus, der allerdings gemäß den vorstehenden Ausführungen auf die beklagtenseits dann tatsächlich gezahlten 11.558,60 € zu reduzieren ist. Dann steht der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes ein entsprechender Anspruch auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten aber lediglich ausgehend von diesem Streitwert zu.
68Dieser Anspruch ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gemäß § 291 BGB zu verzinsen. Ein Freistellungsanspruch ist keine Geldschuld, denn er verhilft dem Gläubiger höchstens mittelbar dazu, Geld zu vereinnahmen (vgl. MüKo/Ernst, BGB, 7. Aufl., 2016, § 288 BGB, Rn. 13).
69Für eine analoge Anwendung dieser Norm besteht vorliegend kein Anlass.
70V.
71Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
72Streitwert: bis 12.000,00 €.
73L B H
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von 206,62 Euro aus einem Betrag von 11.558,60 Euro brutto für den Zeitraum 20.01.2015 bis 20.04.2015 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 805,20 € freizustellen
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 90% und die Beklagte zu 10%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1 2
Landgericht Duisburg
3im namen des volkes
4Urteil
522 O 74/15 |
Verkündet am 12.02.2016 , Justizbeschäftigte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle |
In dem Rechtsstreit
7hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg
8auf die mündliche Verhandlung vom 11.12.2015
9durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht L
10und die Handelsrichter B und H
11für R e c h t erkannt:
12Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von 206,62 Euro aus einem Betrag von 11.558,60 Euro brutto für den Zeitraum 20.01.2015 bis 20.04.2015 zu zahlen. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 805,20 € freizustellen Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 90% und die Beklagte zu 10%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. |
T a t b e s t a n d
13Die Klägerin ist ein Hoch- und Tiefbauunternehmen mit Sitz in L2. Die Beklagte betreibt mehrere X in E. Sie ist Bauherrin des Bauvorhabens „O in E, B2-Straße“. Die Klägerin wurde für dieses Bauvorhaben mit Erd-, Mauer- und Betonarbeiten beauftragt.
14Gemäß der Auftragserteilung (Anlage B1 zur Klageerwiderung) sollten Vertragsgrundlagen unter anderem „diese Allgemeinen Vertragsbedingungen“ (Ziffer 1.3) und „die VOB Teile B und C in der jeweils neuesten Fassung“ (Ziffer 1.5) sein. Bei Widersprüchen sollte für die Auslegung die vorstehende Reihenfolge gelten. Hinsichtlich der Vergütung (Ziffer 3) war Folgendes geregelt: „Die dem Angebot des Auftragnehmers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich.“
15Gemäß den Positionen 06.02.16 bis 06.02.21 sowie 06.03.16 bis 06.03.20 war unter anderem das Schließen der Decken- und Wandöffnungen Bestandteil des Auftragsleistungsverzeichnisses.
16Nachdem die Klägerin Leistungen ausgeführt hatte, fand am 06.05.2014 die Abnahme der Arbeiten statt, worüber ein Abnahmeprotokoll (Blatt 15 f. GA) erstellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin die Decken- und Wandöffnungen gemäß den vorgenannten Positionen des Auftragsleistungsverzeichnisses noch nicht geschlossen. Auch bei der Abnahme wurden diese Arbeiten nicht vorbehalten oder auch nur thematisiert. Sie sind bis heute noch nicht erledigt.
17Nach Ausführung der im Abnahmeprotokoll aufgeführten Restarbeiten stellte die Klägerin unter dem 17.12.2014 ihre Schlussrechnung, die mit einem Nettorechnungsbetrag in Höhe von 1.170.352,37 € endete. Am 19.12.2014 ging diese dem von der Beklagten zur Entgegennahme bevollmächtigten Architekten, E2 G, zu. Am 20.04.2014 übersandte die Beklagte die geprüfte Schlussrechnung an die Klägerin, wobei der Nettorechnungsbetrag mit 1.137.927,75 € endete (Blatt 17 GA). Mit dieser Übersendung ging auch ein Betrag in Höhe von 11.558,60 Euro brutto bei der Klägerin ein, den Herr E2 G freigegeben hatte.
18Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B im Hinblick auf eine Unterdeckung einen Umlageausgleich, wobei sie unter Berücksichtigung eines angeblich geschuldeten Auszahlungsbetrages nach Schlussrechnungsprüfung in Höhe von 19.936,98 € unter Abzug tatsächlich gezahlter 11.558,60 Euro einen Betrag in Höhe von 8.377,98 € errechnet. Weiterhin begehrt sie Zahlung eines Betrages in Höhe von 440,95 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft über denselben Betrag im Hinblick auf die angeblich zu Unrecht gekürzte Summe in Höhe von 8.818,92 € brutto. Ebenso verlangt sie Verzugszinsen im Hinblick auf den erst am 02.04.2015 beklagtenseits gezahlten Betrag in Höhe von 11.558,60 € und außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 120.423,44 €, den sie dem in ihrer Schlussrechnung ausgewiesenen Restzahlungsbetrag entnimmt.
19Sie trägt vor, der Unterdeckungsbetrag, der sich allein aus der Unterschreitung des beauftragten Umsatzes ergebe, betrage 23.855,80 €, wovon im Hinblick auf Nachträge ein Umlagedeckungsanteil in Höhe von 16.430,09 € abzuziehen sei, so dass ein Unterdeckungsbetrag in Höhe von 7.425,71 € verbleibe.
20Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird insoweit auf die Klageschrift, Blatt 3 ff. und die Anlagen zur Klageschrift K 4 und K 5 (Blatt 18 ff. GA) Bezug genommen.
21Die Klägerin beantragt,
221) die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 8.377,97 € brutto auf die Schlussrechnung vom 17.12.2014 zu zahlen, zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2015; 2) die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie 440,95 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft in derselben Höhe an sie zu zahlen; 3) die Beklagte zu verurteilen, an sie Verzugszinsen in Höhe von 206,62 € aus dem Betrag von 11.558,60 € brutto für den Zeitraum vom 20.01.2015 bis 20.04.2015 zu zahlen; 4) die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.084,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen. |
Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen. |
Sie trägt vor, im Hinblick auf Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen seien Vertragsanpassungen, unter anderem solche nach § 2 Nr. 3 VOB/B, ausgeschlossen; hätte die Klägerin die nach dem Vertrag vereinbarte Werkleistung hinsichtlich des Schließens der Wand- und Deckenaussparungen erbracht, wären ihr weitere 17.183,28 € brutto zugeflossen und die Differenz zwischen der Vergabesumme und der Abrechnungssumme wäre auf restliche 21.008,48 € geschmolzen, so dass bereits insoweit kein Raum für die Anpassung der Einheitspreise bestehe; um die Klage schlüssig erscheinen zu lassen, hätte die Klägerin darlegen müssen, welche einzelnen Positionen sie in Beziehung auf die Einheitspreise erhöht haben möchte und weshalb; da sie keinen Umlageausgleich schulde, sei auch der Klageantrag gerichtet auf Zahlung Zug um Zug gegen Stellung der Bürgschaft unbegründet; Verzugszinsen könne die Klägerin nicht verlangen, da sie die nach dem Vertrag vereinbarte Bauleistung, nämlich Wandaussparungen und Deckenaussparungen zu schließen, nicht erbracht habe.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
27Die Klage hat lediglich in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg.
28I.
29Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 8.377,97 € brutto nebst Zinsen.
301.)
31Ein Anspruch gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B, auf den sich die Klägerin beruft, scheidet aus. Die Vorschrift ist von den Parteien in dem von ihnen geschlossenen Vertrag wirksam abbedungen worden.
32a)
33Die Allgemeinen Vertragsbedingungen enthalten unter Ziffer 3.1 „Vergütung“ die Regelung, wonach die dem Angebot des Auftragnehmers zugrunde liegenden Preise grundsätzlich Festpreise sind und für die gesamte Vertragsdauer verbindlich bleiben. Dies kann bei gebotener Auslegung nicht anders verstanden werden, als dass die Vorschrift des § 2 Nr. 3 VOB/B abbedungen wurde. Denn gemäß Ziffer 1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen „Vertragsgrundlagen“ sollte zwar auch die VOB/B zu diesen Grundlagen gehören. Dies sollte aber für die Allgemeinen Vertragsbedingungen selbst (Ziffer 1.3) ebenfalls gelten. Die Regelung in Ziffer 1.3 sollte aber derjenigen in Ziffer 1.5 vorgehen, wie sich aus den Vertragsbedingungen ergibt. Danach sollte nämlich bei Widersprüchen für die Auslegung diese Reihenfolge gelten.
34Die vorgenannten Regelungen widersprechen sich. Ziffer 3.1 der Vertragsbedingungen kann nur im vorgenannten Sinne verstanden werden.
35Allgemeine Geschäftsbedingungen, die vorliegend mit den hier streitgegenständlichen Allgemeinen Vertragsbedingungen in Rede stehen, sind nach zutreffender Auffassung objektiv auszulegen, was bedeutet, dass der Sinngehalt der AGB-Klausel nach objektiven Maßstäben, losgelöst von der zufälligen Gestaltung des Einzelfalls und den individuellen Vorstellungen der Vertragsparteien, unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise zu ermitteln ist (BGH, NJW, 1956, 1915). Die Auslegung hat daher unter Berücksichtigung der Verhältnisse zu erfolgen, wie sie bei den Verwendern der streitigen AGB und dem von ihnen angesprochenen Kundenkreis typischerweise gegeben sind (BGH, NJW, 1980, 1947; NJW, 2011, 2122). Auszugehen ist dabei von den durchschnittlichen Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten redlicher (gedachter) Vertragsparteien, die ihrem Geschäftsverkehr eine allgemeine Grundlage geben wollen und über keine rechtliche Vorbildung zu verfügen brauchen. Es kommt mithin darauf an, welchen Inhalt die Klausel hat, sofern man sie als allgemeine Lösung des in ihr behandelten, typischen, stets wiederkehrenden Interessengegensatzes würdigt (vgl. BGH, NJW, 1973, 1194; MüKo-Basedow, BGB, 7. Auflage, 2016, § 305 c BGB, Rn. 22).
36Vorliegend kann nach diesen Grundsätzen die Vergütungsklausel unter Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen aber nur dahingehend verstanden werden, dass mit dieser Regelung eine entsprechende Vertragsanpassung gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B ausgeschlossen sein sollte. Wenn die Klausel nämlich dahingehend lautet, dass die Preise grundsätzlich Festpreise sind und für die gesamte Vertragsdauer verbindlich bleiben, sollte eine Abänderungsmöglichkeit gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B ersichtlich ausscheiden, denn eine solche würde der vorgenannten Verbindlichkeit ersichtlich gerade widersprechen.
37Soweit klägerseits ausgeführt wird, die Klägerin habe die Regelung jedenfalls ausschließlich so verstanden und aufgrund ihres Wortlauts auch so verstehen dürfen, dass es sich bei ihren Angebotspreisen um Festpreise handelt, die nicht aus Gründen angepasst werden können, die ihrer Risikosphäre entstammen, lässt sich eine derartige Einschränkung ersichtlich nicht der Klausel entnehmen. Einem redlichen, zu den von der Klägerin angesprochenen Verkehrskreisen gehörenden Vertragspartner musste daher klar sein, dass sich diese Klausel auch auf eine Abänderungsmöglichkeit aus den Gründen des § 2 Abs. 3 VOB/B bezieht.
38Darauf, dass diese Vorschrift nicht in Ziffer 3.1 genannt wird, kann es im Hinblick auf ihren eindeutigen Wortlaut und dem sich hieraus für einen redlichen Vertragspartner der Beklagten erkennbaren Interesse, eine Preisabänderung zu verhindern, nicht ankommen. Dementsprechend enthält auch eine entsprechende beispielsallgemeine Geschäftsbedingung (Beck`scher VOB-Kommentar/Jansen, Teil B, 3. Auflage, 2014, § 2 Abs. 3 VOB/B, Fußnote 108) keinen ausdrücklichen Hinweis auf die VOB/B.
39Es kommt hinzu, dass ein vereinbarter Preis, gleichgültig ob Einheitspreis, Pauschalpreis oder vereinbarter Stundenlohn, prinzipiell ohnehin ein Festpreis ist (Beck`scher VOB-Kommentar/Funke, Teil B, 3. Auflage, 2013, Vorbemerkung § 2, Rn. 240). Soweit die Klägerin daher geltend macht, die Regelung in den Allgemeinen Vertragsbedingungen habe dazu führen sollen, dass Preisanpassungen jedenfalls bei unverändertem Leistungsumfang beispielsweise aufgrund gestiegener Stoff- oder Lohnkosten ausgeschlossen seien, hätte es der Klausel in Ziffer 3.1 nicht bedurft. Ebenso wenig war sie zur Fixierung der vereinbarten Einheitspreise erforderlich.
40Soweit klägerseits weiterhin ausgeführt wird, Ziffer 3.1 habe Lohn- und Materialpreisgleitklauseln ausschließen sollen, stehen vorliegend solche Klauseln nicht in Rede. Dass unter Berücksichtigung der nach dem Vorgesagten für die Auslegung maßgeblichen, objektiven Maßstäbe etwas anderes gilt, ist weder vorgetragen, noch sonst wie ersichtlich.
41Im Übrigen enthält Ziffer 1 der Vertragsbedingungen eine Regelung, wonach entgegenstehende Bedingungen des Auftragnehmers unwirksam sein sollten und nicht anerkannt werden. Da sich diese Klausel ersichtlich auf die in Ziffer 1 zuvor genannten Vertragsgrundlagen bezieht, zu denen auch die VOB/B gehören sollte, wären Lohn- und Materialpreisgleitklauseln, die insbesondere nicht mit § 2 Abs. 3 VOB/B vereinbar sind, daher ohnehin ausgeschlossen.
42Dann wäre - sieht man einmal von dem nur unter sehr engen Voraussetzungen einschlägigen Ausnahmefall einer Abänderungsmöglichkeit gemäß § 313 BGB ab, wobei offenbleiben kann, ob sich diese Klausel überhaupt auf § 313 BGB bezieht - die in Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen enthaltene Regelung, würde man sie nicht auf die Abänderungsmöglichkeit gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B beziehen, aber letztlich überflüssig.
43Es ist aber anerkannt, dass derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben ist, nach welcher einer Vertragsbestimmung Bedeutung zukommt und die sie nicht als sinnlos erscheinen lässt (BGH, NJW, 2005, 2618, 2619; MüKo-Busche, BGB, 7. Auflage, 2015, § 133 BGB, Rn. 63).
44b)
45Die Regelung in Ziffer 3.1 ist auch nicht überraschend oder mehrdeutig.
46Insbesondere erscheint sie nicht an ungewöhnlicher Stelle, denn sie hat die zu zahlende Vergütung zum Gegenstand und findet sich daher in dem entsprechenden Abschnitt der Allgemeinen Vertragsbedingungen.
47Im Hinblick hierauf und auf den Umstand, dass sich in Ziffer 1 eine ausdrückliche Regelung für den Fall von Widersprüchen in den Vertragsgrundlagen befindet, bedurfte es nach dem Vorgesagten auch keines ausdrücklichen Hinweises auf § 2 Abs. 3 VOB/B.
48c)
49Der Ausschluss von § 2 Abs. 3 VOB/B ist auch wirksam.
50Er stellt keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne von § 307 BGB dar.
51Wie der BGH (NJW 1993, 2738, 2739) ausgeführt hat, führt ein formularmäßiger Ausschluss der Preisanpassungsmöglichkeiten gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B nicht zur Unwirksamkeit. Dem schließt sich die Kammer an.
52Soweit der BGH es in der vorgenannten Entscheidung offengelassen hat, ob eine vom Auftraggeber gestellte Formularklausel, die jegliche Anpassung von Einheitspreisen bei Mengenänderungen verbietet und so umfassend formuliert ist, dass damit auch Ansprüche des Auftragnehmers auf Preisanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss ausgeschlossen sind, gegen § 9 AGB a.F., also gegen § 307 BGB n.F, verstößt, bedarf diese Frage auch vorliegend keiner Entscheidung. Denn jedenfalls davon, dass vorgenannte Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sein sollen, kann bei gebotener Auslegung nicht ausgegangen werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich Ziffer 3.1 unter der Überschrift „Vergütung“ befindet, also erkennbar die Regelung von Vergütungsansprüchen und gerade keine Schadensersatzansprüche zum Gegenstand hat.
532.)
54Die Voraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 313 BGB sind, unabhängig von der Frage, ob dieser von den Parteien gemäß Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen abbedungen worden ist, nicht dargetan.
553.)
56Auch das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 280, 241 BGB lässt sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen.
57II.
58Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Zahlung von 440,95 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft in derselben Höhe hat. Ein Umlageausgleich ist nämlich gerade nicht geschuldet.
59III.
60Allerdings steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 206,62 € aus 11.558,60 € brutto für den Zeitraum 20.01.2015 bis 20.04.2015 gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B zu.
61Ausgehend davon, dass die Schlussrechnung bei dem beklagtenseits beauftragten Architekten E2 G am 19.12.2014 einging, befand sich die Beklagte gemäß der vorstehenden Regelung ab dem 20.01.2015 im Schuldnerverzug.
62Die Klägerin hat auch insoweit ihre vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt.
63Der Beklagten steht im Hinblick auf die nicht ausgeführten Leistungen hinsichtlich des Schließens von Wand- und Deckenaussparungen kein Zurückbehaltungsrecht zu. Zwar ergibt sich aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Leistungsverzeichnis, dass entsprechende Arbeiten geschuldet waren. Der Umstand, dass diese klägerseits nicht durchgeführt worden sind, rechtfertigt aber nicht die Annahme einer mangelhaften Leistung. Vielmehr steht hinsichtlich der im Übrigen erbrachten Leistungen eine Teilleistung in Rede. Eine Teilleistung liegt vor, wenn es sich bei natürlicher Betrachtungsweise um eine noch nicht vollständig beendete, sondern in Zahl und Ausdehnung fortzuführende Leistung handelt (Kleine-Möller-Merl-Oelmeier-Merl, Handbuch des privaten Baurechts, 2. Auflage, 1997, § 12, Rn. 229). So liegt der Fall aber im Hinblick auf die durchzuführenden Schließungen.
64Hinsichtlich nicht erbrachter Leistungen steht dem Auftraggeber nach Ansicht des Gerichts aber ein Leistungsverweigerungsrecht nur zu, wenn diese berechnet worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.1993, Az. VII ZR 185/91, Rn. 14, zit. nach Juris). Die Verzugsvoraussetzung „Erfüllung der vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtung“ durch den Auftragnehmer zielt nämlich in erster Linie auf die im Synallagma stehende Verpflichtung des Auftragnehmers ab, somit die von ihm zu erfüllende Leistungsverpflichtung im Hinblick auf die vertragsgegenständliche Leistung (vgl. Beck`scher VOB-Kommentar-/Kandel, Teil B, 3. Auflage, 2013, § 16 Abs. 5 VOB/B, Rn. 40). Ist aber eine noch ausstehende Teilleistung nicht abgerechnet, ist insoweit das Gegenseitigkeitsverhältnis nicht betroffen.
65IV.
66Der Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus den §§ 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B in Verbindung mit § 286 BGB.
67Gemäß den eigenen Ausführungen in der Klageschrift geht die Klägerin selbst lediglich von einem nach Schlussrechnungsprüfung auszuzahlenden Betrag in Höhe von 19.936,58 Euro aus, der allerdings gemäß den vorstehenden Ausführungen auf die beklagtenseits dann tatsächlich gezahlten 11.558,60 € zu reduzieren ist. Dann steht der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes ein entsprechender Anspruch auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten aber lediglich ausgehend von diesem Streitwert zu.
68Dieser Anspruch ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gemäß § 291 BGB zu verzinsen. Ein Freistellungsanspruch ist keine Geldschuld, denn er verhilft dem Gläubiger höchstens mittelbar dazu, Geld zu vereinnahmen (vgl. MüKo/Ernst, BGB, 7. Aufl., 2016, § 288 BGB, Rn. 13).
69Für eine analoge Anwendung dieser Norm besteht vorliegend kein Anlass.
70V.
71Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
72Streitwert: bis 12.000,00 €.
73L B H
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 2. November 2005 kauften die Kläger von dem Beklagten ein Baugrundstück. Der Vertrag enthält hierzu folgende, von dem Beklagten in vielen Verträgen verwendete vorformulierte Bestimmungen: „§ 4 Kaufpreis … In dem Kaufpreis sind die Kosten der Ver- und Entsorgungsleitungen für Schmutzwasser sowie Gas, Strom und Telekom bis an die Grundstücksgrenze bzw. zu dem Hausanschlußschacht auf dem Grundstück des Käufers, die Kosten der straßenbaulichen Erschließung und der Ausgleichsmaßnahme nach dem Bundesnaturschutzgesetz sowie die Vermessungskosten enthalten. … § 5 Kosten der Erschließung Die Vertragsparteien sind darüber einig, dass die Erschließung nicht die Herstellung der Hausanschlüsse für Schmutzwasser, Gas (..), Strom (..) und Telekom erfaßt. Die Durchführung der Netz- und Hausanschlüsse und die Bezahlung ist Sache des Käufers. Dies gilt ebenso für den Beitrag der Anschlußleitung/ Hausanschluß für Frischwasser gemäß Verbandsatzung des Wasserbeschaffungsverbandes Mittelschwansen. Der Notar belehrte die Parteien ausführlich über die Kostenverteilung.“
- 2
- Den Klägern wurden von dem Elektroversorgungsunternehmen und dem Wasserbeschaffungsverband mit der Abrechnung der Hausanschlüsse auch Baukostenzuschüsse nach den einschlägigen Verordnungen über die Versorgungsbedingungen in Höhe von 526,18 € und 1.083,59 € in Rechnung gestellt.
- 3
- Sie verlangen von dem Beklagten die Erstattung dieser Beträge. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landgericht hat die Berufung nach Durchführung einer - hinsichtlich der Zeugenaussagen nicht protokollierten - Beweisaufnahme zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht entnimmt dem Kaufvertrag im Wege der Auslegung eine Pflicht des Beklagten, den Klägern die verauslagten Baukostenzuschüsse zu erstatten. Diese Zuschüsse seien Teil der Kosten für die Erstellung des Leitungsnetzes, die nach § 4 des Vertrages der Beklagte zu tragen habe. Auf die Kläger entfielen nach § 5 des Vertrages als Hausanschlusskosten nur die für die Herstellung der Leitungen auf ihrem Grundstück entstehenden Kosten.
- 5
- Zweifel bei der Auslegung der nicht eindeutigen Vertragsklauseln, die auch durch die durchgeführte Beweisaufnahme nicht ausgeräumt worden seien, gingen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Beklagten, da es sich um vorformulierte Bestimmungen handele, die der Beklagte bereits zuvor in einer Vielzahl von Kaufverträgen verwendet habe.
II.
- 6
- Das angefochtene Urteil unterliegt schon deswegen der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht rügt - die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen entgegen § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO nicht protokolliert hat. Damit fehlt es an der für eine revisionsrechtliche Prüfung notwendigen Feststellung eines Teils der tatsächlichen Grundlagen (BGHZ 40, 84, 86; BGH, Urt. v. 21. April 1993, XII ZR 126/91, NJW-RR 1993, 1034; Beschl. v. 24. Juni 2003, VI ZR 309/02, NJW 2003, 3057). Der Senat kann nicht prüfen, ob die Aussagen der Zeugen von dem Berufungsgericht rechtsfehlerfrei berücksichtigt worden sind.
- 7
- 1. Nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO ist die Aussage eines Zeugen zu protokollieren. Es genügt nicht, dass - wie hier - lediglich in das Protokoll aufgenommen wird, der Zeuge habe sich zur Sache geäußert (vgl. BGH, Urt. v. 11. Juli 2001, VIII ZR 215/00, NJW 2001, 3269, 3270). Eine Protokollierung war auch nicht entbehrlich. Es liegt weder ein Fall von § 161 Abs. 1 ZPO vor, noch ist ersichtlich, dass die Aussagen der schon in erster Instanz vernommenen Zeugen ohne jede Abweichung geblieben wären, so dass eine erneute Protokollierung hätte unterbleiben können (§ 160 Abs. 3 Nr. 4 Halbs. 2 ZPO).
- 8
- 2. Eine Verletzung der Protokollierungspflicht hat nur dann nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Folge, wenn sich der Inhalt der Zeugenaussagen aus dem Urteil selbst klar ergibt und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Zeuge bei der Vernehmung weitere Erklärungen abgegeben hat, die erheblich sein könnten. Allerdings muss sich die Wiedergabe der Aussagen dann deutlich von deren Würdigung abheben und den gesamten Inhalt der Bekundungen erkennen lassen (BGHZ 40, 84, 86; BGH, Urt. v. 19. September 1986, I ZR 179/84, NJW 1987, 1200, 1201; Beschl. v. 24. Juni 2003, VI ZR 309/02, aaO). Daran fehlt es hier. Die Aussagen der Zeugen finden nur im Zusammenhang mit ihrer Würdigung Erwähnung, und das zudem offensichtlich nur auszugsweise.
III.
- 9
- Für die erneute Befassung des Berufungsgerichts mit der Sache weist der Senat auf folgendes hin.
- 10
- 1. Auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die grundsätzlich nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise verstanden werden (Senat, Urt. v. 8. November 2002, V ZR 78/02, VIZ 2003, 240, 241), ist der Auslegung die Prüfung vorgeschaltet, ob die Vertragsklausel von den Parteien übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist (Senat, Urt. v. 22. März 2002, V ZR 405/00, NJW 2002, 2102, 2103). Ist das der Fall, geht der übereinstimmende Wille der objektiven Auslegung vor (BGHZ 113, 251, 259; Senat, Urt. v. 22. März 2002, V ZR 405/00, aaO). Anlass für eine solche Prüfung besteht hier deswegen, weil es sich um einen notariell beurkundeten Vertrag handelt, bei dem es nicht fern liegt, dass beide Parteien eine möglicherweise nicht ohne weiteres zu verstehende Vertragsbestimmung übereinstimmend so verstanden haben, wie sie von dem Notar erläutert worden ist.
- 11
- Das Berufungsgericht wird daher zunächst zu prüfen haben, ob auf Grund der von dem Beklagten behaupteten Erläuterung durch den Notar anzunehmen ist, dass die Parteien die Regelungen der §§ 4 und 5 des Vertrages übereinstimmend verstanden haben. Für eine solche Annahme reicht es aus, wenn eine Partei ihren Willen äußert und die andere Partei dies erkennt und in Kenntnis dessen den Vertrag abschließt (Senat, Urt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373). So kann es sein, wenn die Beweiswürdigung ergibt, dass der Notar den Klägern erläutert hat, dass § 5 des Vertrages so zu verstehen sei, dass die Käufer die Kosten nicht nur der Hausanschlüsse, sondern auch für die erstmalige Erstellung der Leitungen entstehenden Kosten zu tragen hätten, die den Grundstückseigentümern von den Versorgungsträgern als Beiträge oder als Baukostenzuschüsse auferlegt würden. Die von dem Beklagten gewollte Kostenverteilung wäre dann Vertragsinhalt geworden, auch wenn die Kläger sich dieses Verständnis nicht zu Eigen gemacht haben.
- 12
- 2. Lässt sich kein übereinstimmender Wille feststellen, geht dies insoweit zu Lasten desjenigen, der sich auf das übereinstimmende Verständnis der Vertragsklausel berufen hat. Die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB kommt nicht zum Tragen.
- 13
- Es ist stattdessen der Vertragsinhalt im Wege der Auslegung zu bestimmen. Dabei ist § 305 c Abs. 2 BGB nicht schon dann anzuwenden, wenn Streit über die Auslegung besteht. Die Norm kommt vielmehr erst zur Anwendung, wenn nach Ausschöpfung der für die Auslegung von AGBen in Betracht kommenden Methoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 112, 65, 68 f.; BGH, Urt. v. 9. Juli 2003, IV ZR 74/02, NJW-RR 2003, 1247, 1248; Urt. v. 15. November 2006, VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504, 506). Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es von vornherein von einer „gebotene(n) eingeschränkte(n), verbraucherfreundlichsten Auslegung nach § 305 c Abs. 2 BGB“ ausgegangen ist.
- 14
- 3. Im Rahmen der Auslegung kann auch zu prüfen sein, ob eine Vertragsklausel gegen das Transparenzgebot verstößt, etwa unter dem Gesichtspunkt, ob sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen zu fordern ist (BGHZ 136, 394, 401).
Vorinstanzen:
AG Eckernförde, Entscheidung vom 31.07.2007 - 6 C 85/07 -
LG Kiel, Entscheidung vom 12.09.2008 - 8 S 125/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 23. Februar 1968 verkaufte der Kläger der Beklagten, einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft, zwei Grundstücke in H. . Der Kaufpreis setzt sich aus einer einmaligen Zahlung von 65.000 DM und einer monatlichen zu entrichtenden Rente von 1.800 DM mit einer Laufzeit von 60 Jahren zusammen. Über ihre Anpassung und deren Begrenzung ist in den durch die Landeszentralbank genehmigten Klauseln unter § 2 Abs. 2 und 3 des Kaufvertrags folgendes bestimmt: (2) Die Rente soll wertbeständig sein. Als Maßstab hierfür wird der Lebenshaltungskostenindex zugrunde gelegt, wie er monatlich vom Statistischen Bundesamt im Bundesanzeiger veröffentlicht wird (Vergleichsbasis 1962, mittlere Verbrauchergruppe). Sollte sich der Index gegenüber dem Stand vom April 1968 um mehr als 10 % verändern, so ändert sich die Höhe der Rente im gleichen Verhältnis. Die Änderung tritt jeweils mit dem Monatsersten ein, der auf das schriftliche Änderungsverlangen einer Seite folgt. Eine Anpassung kann erstmals zum 1. April 1973 und dann jeweils alle fünf Jahre verlangt werden. (3) Als obere Grenze der Rente gilt bei einer Veränderung jedoch, solange die zur Förderung des Wohnungsbaues gewährten öffentlichen Mittel noch nicht getilgt sind, der Betrag, den die H. Wohnungsbaukasse bzw. eine vom Senat der Freien und Hansestadt H. beauftragte entsprechende Stelle im Rahmen der Mietfestsetzung für öffentlich geförderte Wohnungen für das auf dem verkauften Grundstück errichtete Bauvorhaben anerkennen muss. Die Käuferin ist zur planmäßigen Tilgung der zur Förderung des Wohnungsbaues gewährten öffentlichen Mittel verpflichtet.
- 2
- Die Beklagte bebaute die Grundstücke unter Inanspruchnahme öffentlicher Förderdarlehen, deren planmäßige Tilgung noch andauert. Seither wurde die Kaufpreisrente dreimal erhöht, zuletzt mit Wirkung zum 1. Juni 1993 auf monatlich 4.467,34 DM. Mit Anwaltsschreiben vom 29. Dezember 2004 verlangte der Kläger, die Rente entsprechend dem zwischenzeitlichen Anstieg des Lebenshaltungskosten - und des Verbraucherpreisindexes um weitere 17 % auf 2.672,42 € (5.226,79 DM) zu erhöhen. Die Beklagte lehnt dies unter Berufung auf die in § 2 Abs. 3 des Kaufvertrags bestimmte Obergrenze ab.
- 3
- Das Amtsgericht hat der – lediglich auf den Erhöhungsbetrag für die Monate Januar und Februar 2005 (insgesamt 776,62 €) gerichteten – Klage stattgegeben ; die Berufung hat zur Abweisung der Klage geführt. Mit der – von dem Landgericht zugelassenen – Revision möchte der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet. Es ist der Ansicht, § 2 Abs. 3 des Kaufvertrages sei dahin auszulegen, dass eine Erhöhung der Kaufpreisrente auf den Betrag begrenzt werde, der bei der Ermittlung der Kostenmiete nach der jeweils geltenden Fassung der Zweiten Berechnungsverordnung als Kostenfaktor im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu berücksichtigen sei. Die den Kläger weder unangemessen benachteiligende noch das Verständlichkeitsgebot verletzende Klausel schließe eine weitere Erhöhung aus. Nach dem substantiierten Vortrag der Beklagten, dem der Kläger nicht hinreichend entgegen getreten sei, könne eine solche Erhöhung aufgrund der derzeitigen Zinslage im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht berücksichtigt werden. Der Beklagten sei es auch nicht verwehrt, sich auf die vereinbarte Obergrenze zu berufen. Dass sie dies bei den ersten drei Rentenerhöhungen unterlassen habe, rechtfertige noch nicht die Annahme, die Regelung über die Obergrenze sei konkludent abbedungen worden.
II.
- 5
- Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung überwiegend nicht stand.
- 6
- 1. § 2 Abs. 3 des Kaufvertrages steht einer Erhöhung der Kaufpreisrente nicht entgegen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Beklagte noch auf die darin enthaltene Obergrenze berufen kann und ob sie das Erreichen dieser Grenze überhaupt hinreichend dargetan hat. Denn nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Kappungsklausel um eine allgemeine Geschäftsbedingung. Aus dieser kann die Beklagte jedoch schon deshalb nichts für sich herleiten, weil die Regelung – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – gegen das Transparenzgebot verstößt.
- 7
- a) Die Auslegung der Klausel unterliegt uneingeschränkter revisionsgerichtlicher Kontrolle. Das gilt selbst dann, wenn die Klausel nur in H. verwendet worden sein sollte. Nachdem die Revision nicht mehr nur gegen die von den Oberlandesgerichten erlassenen (§ 545 Abs. 1 ZPO a.F.), sondern gegen alle Berufungsurteile stattfindet (§ 542 Abs. 1 ZPO), ist die revisionsgerichtliche Prüfung nicht mehr auf allgemeine Geschäftsbedingungen beschränkt, die über den räumlichen Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden (vgl. BGHZ 163, 321, 323 f.).
- 8
- b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners zu Grunde zu legen, und es kommt nicht auf die individuelle Interessenlage im Einzelfall an, sondern auf die typisierten Interessen des Verwenders und seiner Vertragspartner (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urt. v. 8. November 2002, V ZR 78/02, WM 2003, 1241, 1242 m.w.N.).
- 9
- aa) Auf dieser Grundlage ist § 2 Abs. 3 mit dem Berufungsgericht dahin auszulegen, dass die Erhöhung der Kaufpreisrente auf den Rentenbetrag begrenzt wird, der nach den jeweils geltenden Berechnungsvorschriften als Fremdkapitalkosten bei der Ermittlung der zulässigen Kostenmiete für öffentlich geförderten Wohnraum in Ansatz gebracht werden kann, und zwar bis zur vollständigen (planmäßigen) Tilgung der zur Förderung des Wohnungsbaues gewährten öffentlichen Mittel und dem damit einhergehenden Auslaufen der Mietpreisbindung. Eine andere Auslegung kommt nicht ernsthaft in Betracht. Das gilt insbesondere für die von der Revision erwogene Interpretation, nach der die Kaufpreisrente ihre Grenze erst in der insgesamt erzielbaren Kostenmiete finden soll. Schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut stellt die Klausel nicht auf das Ergebnis der Mietfestsetzung und damit die volle Kostenmiete ab, sondern nur auf denjenigen Rentenbetrag, der als Kostenfaktor bei der Festsetzung dieser Miete zu berücksichtigen ist. Zudem entspricht nur diese Auslegung dem für ein Wohnbauunternehmen wie die Beklagte typischen und erkennbar auch mit der Klausel verfolgten Interesse, nachträglich entstehende Mehrkosten durch eine entsprechende Erhöhung der Kostenmiete an ihre Mieter weitergeben zu können. Eine Begrenzung der Rente auf die volle Kostenmiete würde diesem Interesse nicht gerecht, was sich einem durchschnittlichen Vertragspartner auch ohne Kenntnis des konkreten Bauvorhabens erschließt.
- 10
- bb) Entgegen der Auffassung der Revision haben die Parteien § 2 Abs. 3 auch nicht übereinstimmend im Sinne der von dem Kläger ins Feld geführten Auslegung mit der Folge verstanden, dass dieser Wille der objektiven Auslegung der Klausel vorginge (vgl. Senat, Urt. v. 22. März 2002, V ZR 405/00, NJW 2002, 2102, 2103 m.w.N.). Dem Vortrag des Klägers kann nur entnommen werden, dass er von diesem Verständnis ausgegangen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den ersten drei Rentenerhöhungen zugestimmt hat, ohne sich auf die nach dem objektiven Sinn der Klausel maßgebende Obergrenze zu berufen. Unerheblich ist auch, ob der Beklagten die von ihr behauptete Überschreitung dieser Grenze bewusst war. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, folgte daraus noch nicht, dass sie sich von demselben – objektiv fern liegenden – Vertragsverständnis leiten ließ wie der Kläger.
- 11
- c) Der im Wege der Auslegung ermittelte Inhalt der Kappungsklausel ist mit dem Transparenzgebot unvereinbar.
- 12
- aa) Ob die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB auch dann zugrunde zu legen sind, wenn die Anwendbarkeit des AGBGesetzes durch die Übergangsvorschrift des § 28 Abs. 1 und 2 AGBG ausgeschlossen war (so etwa Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., Art. 229 § 5 EGBGB Rdn. 7), kann jedenfalls mit Blick auf das nunmehr in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierte Transparenzgebot offen bleiben, weil mit der Kodifizierung dieses von der Rechtsprechung bereits vor Geltung des AGB-Gesetzes entwickelten Gebots (vgl. dazu etwa BGH, Urt. v. 2. März 1978, VII ZR 104/77, WM 1978, 723 m.w.N.) keine inhaltliche Änderung bezweckt wurde (BGH, Urt. v. 23. Februar 2005, IV ZR 273/03, NJW-RR 2005, 902, 903 m.w.N.).
- 13
- bb) Die Heranziehung des Transparenzgebots ist vorliegend auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 2 Abs. 3 des Kaufvertrags die Kaufpreisrente begrenzt und damit die Höhe der von der Beklagten zu erbringenden Hauptleistung regelt. Denn zum einen entspricht die Regelung des § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB, nach der das Transparenzgebot auch für Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen gilt, in der Sache ebenfalls der bisherigen Rechtsprechung (BGHZ 165, 12, 20 f.). Zum anderen unterlagen Wertsicherungsklauseln als bloße Preisnebenabreden ohnehin der Kontrolle sowohl nach § 9 AGBG (vgl. BGHZ 93, 358, 361) als auch nach § 242 BGB (vgl. Senat, Urt. v. 11. Dezember 1981, V ZR 222/80, NJW 1982, 2381, 2382). Das gilt umso mehr, als dem Transparenzgebot gerade bei derartigen Nebenabreden besondere Bedeutung zu kommt (BGHZ 112, 115, 117). Das Gesetz geht nämlich davon aus, dass der Vertragspartner des Verwenders der – einer materiellen Inhaltskontrolle entzogenen – Preisvereinbarung besondere Aufmerksamkeit widmet und insoweit seine Verhandlungsmöglichkeiten und Marktchancen interessengerecht wahrnimmt. Das kann er jedoch nur, wenn der Vertragsinhalt ihm ein vollständiges und wahres Bild vermittelt und ihn so auch zum Marktvergleich befähigt. Bei Nebenabreden, die zu zusätzlichen Belastungen führen, ist daher in erhöhtem Maße darauf zu achten, dass der Vertragspartner ihre Bedeutung nicht verkennt, sondern möglichst mühelos und ohne weitere Erläuterung versteht (BGHZ, aaO, 117 f.), was insbesondere auch für den Umfang einer Mehrbelastung gilt (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 144/03, NJW-RR 2004, 263, 264 m.w.N.). Dabei richten sich die Anforderungen, die an die Transparenz einer solchen Klausel zu stellen sind, danach, in welchem Maße die Regelung den Erwartungen eines durchschnittlichen Vertragspartners widerspricht (BGHZ, aaO, 118). Sie dürfen den Verwender zwar nicht überfordern, verpflichten ihn aber, von mehreren ohne unangemessene Ausweitung des Textumfangs möglichen Klauselfassungen diejenige zu wählen, bei der die belastende Wirkung einer Regelung nicht unterdrückt, sondern deutlich gemacht wird (BGHZ, aaO, 119).
- 14
- cc) Diesen Maßstäben wird die Kappungsklausel nicht gerecht, weil ein durchschnittlicher Vertragspartner nicht mit der gebotenen Deutlichkeit den Umfang der langjährigen Begrenzung erkennen kann. Weder weist § 2 Abs. 3 die Obergrenze betragsmäßig aus noch wird deren Berechnung erläutert. Die Klausel verweist lediglich auf den Betrag, den die Beklagte im Rahmen der Mietfestsetzung für öffentlich geförderte Wohnungen auf ihre Mieter abwälzen kann. Dem kann der Vertragspartner nur entnehmen, dass er das Risiko einer Überschreitung des insoweit zulässigen Kostenansatzes tragen soll. Die damit verbundene Belastung kann er anhand der Klausel nicht einschätzen. Er ist vielmehr darauf angewiesen, die maßgeblichen Berechnungsvorschriften und den danach zulässigen Kostenansatz selbst zu ermitteln. Eine solche Verweisung auf nicht im Einzelnen bezeichnete Gesetze oder Verordnungen kann zwar im Einzelfall unschädlich sein (vgl. etwa Senat, Urt. v. 14. November 2003, aaO, 264 und Urt. v. 7. Juli 2006, V ZR 246/05, NZM 2006, 835 f.). Hier verletzt sie das Transparenzgebot jedoch in zweifacher Hinsicht.
- 15
- (1) Zum einen fehlt in der Kappungsklausel ein unmissverständlicher Hinweis darauf, dass der Kostenansatz nach den im Zeitpunkt der jeweiligen Ren- tenerhöhung geltenden Vorschriften berechnet wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar auch eine solche dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Recht dem Transparenzgebot genügen (vgl. etwa BGH, Urt. v. 5. November 2003, VIII ZR 10/03, NJW 2004, 1598, 1600 und Urt. v. 3. März 2004, VIII ZR 153/03, NZM 2004, 379). Sie muss aber eindeutig als solche erkennbar sein. Denn mit ihr wird dem Vertragspartner auch das Risiko künftiger Rechtsänderungen aufgebürdet, so dass er den Umfang der auf ihn zukommenden Belastung nicht einmal anhand der bei Vertragsschluss geltenden Vorschriften abschließend ermitteln kann. Daran fehlt es hier.
- 16
- (2) Zum anderen verstößt § 2 Abs. 3 auch deshalb gegen das Transparenzgebot , weil die Begrenzung der Kaufpreisrente den vertraglich vorausgesetzten Erwartungen des Vertragspartners in hohem Maß zuwiderläuft und auch von daher in der Klausel selbst hätte deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen.
- 17
- (a) Nach § 2 Abs. 2 des Kaufvertrags soll die Rente gemessen an dem Lebenshaltungskostenindex für die mittlere Verbrauchergruppe wertbeständig sein. Der typische Zweck einer solchen Wertsicherungsklausel besteht darin, den Kaufkraftschwund des Geldes aufzufangen und dadurch das Wertgleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung zu erhalten (Senat, Urt. v. 9. März 1990, V ZR 197/88, NJW-RR 1990, 780, 781). Darüber hinaus begründet die regelmäßige Anpassung der Kaufpreisrente an die allgemeinen Lebenshaltungskosten die Erwartung des Vertragspartners, dass er mit der Rente während der gesamten Laufzeit einen gleich bleibenden Teil seines Lebensunterhalts bestreiten kann.
- 18
- (b) Demgegenüber wird die in § 2 Abs. 3 des Kaufvertrags vorgesehene Obergrenze nach den insoweit unverändert gebliebenen Vorschriften der Zweiten Berechnungsverordnung und damit durch die hypothetische Zinslast be- stimmt, die von der Beklagten zu tragen wäre, wenn sie die beiden Grundstücke zum Verkehrswert erworben und den Kaufpreis durch ein erstrangig gesichertes Hypothekendarlehen finanziert hätte. Die für den Erwerb der Baugrundstücke zu entrichtende Kaufpreisrente gehört als Rentenschuld zu den Fremdkapitalkosten im Sinne von § 21 Abs. 1 Nr. 3 II. BV (vgl. Pergande/Feulner in FischerDieskau u.a., Wohnungsbaurecht, Stand Februar 1993, § 21 II. BV Anm. 6; ebenso schon Pergande/Schwender, Die Zweite Berechnungsverordnung in der Fassung vom 1. August 1963 [Sonderdruck], § 21 Anm. 6). Als solche kann sie bei der Ermittlung der Kostenmiete zwar grundsätzlich voll in Ansatz gebracht werden, höchstens jedoch mit dem Betrag, der einer Verzinsung zu dem im Zeitpunkt nach § 4 II. BV – also bei Antragstellung oder spätestens bei der Bewilligung der Fördermittel – marktüblichen Zinssatz für erste Hypotheken entspricht (§ 21 Abs. 4 II. BV). Für die Berechnung dieser Verzinsung ist der kapitalisierte Rentenbetrag zugrunde zu legen, der nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 II. BV als Fremdmittel im Finanzierungsplan ausgewiesen ist (vgl. Pergande/Feulner, aaO ). Dabei begrenzt § 13 Abs. 3 II. BV die Kapitalisierung der Kaufpreisrente auf den Betrag, der bei den Gesamtkosten für die Gegenleistung angesetzt ist. Das wiederum kann nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 II. BV höchstens der Verkehrswert sein, den die beiden Grundstücke zu dem nach § 4 II. BV maßgebenden Zeitpunkt der Antragstellung oder der Bewilligung hatten (vgl. Pergande /Schwender, aaO [Sonderdruck], § 13 Anm. 5 und in Fischer-Dieskau u.a., aaO, Stand September 1974, § 13 II. BV Anm. 5). Gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 II. BV bleibt der Ansatz der Kaufpreisrente auch bei einer nachträglichen Rentenerhöhung auf die hypothetische Verzinsung des Verkehrswerts begrenzt, nur mit dem Unterschied, dass es in diesem Fall auf den marktüblichen Zinssatz im Zeitpunkt der Erhöhung ankommt. Als fiktiver Kapitalbetrag ist dagegen nach wie vor der anfängliche Verkehrswert zugrunde zu legen. Denn dieser Wert bleibt gemäß § 11 Abs. 2 II. BV für die Gesamtkosten maßgebend und darf deshalb nach § 13 Abs. 3 II. BV auch weiterhin nicht überschritten werden (vgl. Heix in Fischer-Dieskau u.a., aaO, Stand Juli 2000, § 23 II. BV Anm. 4 Nr. 1 und 2; Pergande/Schwender, aaO, § 23 Anm. 3; Roquette, Mieten- und Berechnungsverordnungen, § 23 II. BV Rdn. 10 f.). Eine weitergehende Erhöhung des Kostenansatzes, wie sie § 23 Abs. 2 Satz 2 bis 4 II. BV bei erhöhten Erbbauzinsen zulässt, ist für Rentenschulden nicht vorgesehen und darum nach § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 II. BV ausgeschlossen (vgl. Heix in Fischer-Dieskau u.a., aaO, Stand November 2000, § 4a II. BV Anm. 4 Nr. 1 und 4; Pergande/Schwender, aaO [Sonderdruck], § 4a Anm. 3).
- 19
- (c) Nach diesen für einen durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Vertragspartner ohnehin schwer zu durchschauenden Vorschriften führt die Kappungsklausel in § 2 Abs. 3 des Kaufvertrags dazu, dass sich die Kaufpreisrente von vornherein nur bis zu dem Betrag erhöhen kann, den die Beklagte für die Verzinsung des ursprünglichen Verkehrswerts der beiden Grundstücke aufwenden müsste. Ist diese Grenze einmal erreicht, kann ein weiterer Anstieg der Lebenshaltungskosten im Rahmen der Rentenanpassung nur noch berücksichtigt werden, wenn und soweit der aktuelle Zinssatz für erstrangige Hypotheken den bei Beantragung oder Bewilligung der Fördermittel üblichen Zinssatz zufällig gerade übersteigt. Und selbst im Fall einer solchen Zinserhöhung wird deren Effekt dadurch erheblich verringert, dass der zu verzinsende Betrag auf den anfänglichen Verkehrswert der beiden Grundstücke beschränkt bleibt. Im Ergebnis ist die Wertbeständigkeit der Kaufpreisrente damit allenfalls vorübergehend gesichert, während der Lebenshaltungskostenindex nach aller Erfahrung stetig ansteigt (Senat, Urt. v. 17. November 2006, V ZR 71/06, NJW 2007, 294, 295). Entgegen der Erwartung des Vertragspartners wird der Kaufkraftschwund des Geldes also nicht dauerhaft aufgefangen, so dass weder das Wertgleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung erhalten noch die Eignung der Rente zur Bestreitung des Lebensunterhalts gewährleistet bleibt.
- 20
- Ob die Kappungsklausel damit – wie die Revision meint – sogar den Vertragszweck vereitelt (nunmehr § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB), bedarf hier keiner Ent- scheidung. Denn ihre belastende Wirkung weicht so stark von der durch die Wertsicherungsklausel begründeten Erwartung des Vertragspartners ab, dass sie nach dem Transparenzgebot jedenfalls nicht durch die – zudem bloß mittelbare – Verweisung auf die für die Kostenmiete maßgeblichen Berechnungsvorschriften verdeckt werden darf. Vielmehr müsste in der Klausel selbst zum Ausdruck kommen, dass die Obergrenze nach den schon bei Vertragsschluss geltenden Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung der hypothetischen Verzinsung des anfänglichen Verkehrswerts zu dem marktüblichen Zinssatz für erstrangige Hypotheken entspricht. Eine solche Klarstellung wäre der Beklagten ohne unangemessene Ausweitung des Textumfangs ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen.
- 21
- 2. Der Verstoß gegen das Transparenzgebot berührt nicht die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen, weil das Festhalten an ihm für die Beklagte keine unzumutbare Härte bedeutet (vgl. dazu nunmehr § 306 Abs. 1 u. 3 BGB). Zwar kann die durch den Wegfall der Kappungsgrenze entstandene Lücke weder durch die Anwendung gesetzlicher Vorschriften noch durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden, weil mehrere Gestaltungsmöglichkeiten denkbar sind und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, für welche Alternative sich die Parteien redlicherweise entschieden hätten (vgl. BGH, Urt. v. 12. Juli 1989, VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115, 116 m.w.N.; Senatsurt. v. 22. Februar 2002, V ZR 26/01, NJW-RR 2002, 1136, 1137). Dies wiederum führt dazu, dass das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung gestört ist, weil die Beklagte nunmehr ein Risiko trifft, das sie bei der Eingehung des Vertrages so nicht einkalkuliert hat. Indessen war für die Beklagte als gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen ohne weiteres vorhersehbar, dass die Klausel des § 2 Abs. 3 – zumal mit ihrer dynamischen Verweisung – für einen durchschnittlichen Vertragspartner nicht durchschaubar sein konnte. Das steht der Annahme einer unzumutbaren Härte entgegen (vgl. Senatsurt. aaO).
III.
- 22
- Nach allem unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen noch getroffen werden müssen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar hat das Amtsgericht, auf dessen Feststellungen das Berufungsurteil verweist, den Anstieg des Lebenshaltungskostenindexes in der Zeit von Juni 1993 bis Dezember 1999 und des Verbraucherpreisindexes in der Zeit von Januar 2000 bis November 2004 festgestellt. Maßgeblich ist jedoch, wie sich die Verhältnisse seit dem 1. April 1993 entwickelt haben, wobei der Verbraucherpreisindex erst für die Zeit ab Januar 2003 zugrunde zu legen ist.
- 23
- 1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 des Kaufvertrags ändert sich die Kaufpreisrente in dem gleichen Verhältnis wie der Lebenshaltungskostenindex. Die Änderung tritt aber nur ein, wenn sich dieser Index gegenüber dem Stand vom April 1968 um mehr als 10 % verändert hat. Der hierfür maßgebliche Zeitpunkt ergibt sich aus Satz 5 der Klausel. Danach kann eine Anpassung der Rente erstmals zum 1. April 1973 und dann jeweils alle fünf Jahre verlangt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung handelt es sich dabei nicht um Mindestfristen , sondern um feste Stichtage. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Bestimmung des Satzes 4, nach der die Änderung am ersten Tag des Monats eintritt , der auf das schriftliche Änderungsverlangen folgt. Sie macht den Eintritt der Rentenanpassung zwar von einer unbefristeten Gestaltungserklärung abhängig, regelt aber nicht den für die Anpassung selbst maßgeblichen Zeitpunkt.
- 24
- 2. Der Verbraucherpreisindex darf erst für die Zeit ab 1. Januar 2003 herangezogen werden. Erst ab diesem Zeitpunkt steht der vertraglich vereinbarte Maßstab nicht mehr zur Verfügung mit der Folge, dass eine Lücke vorliegt, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung (dazu Palandt/Heinrichs, aaO, § 245 Rdn. 29a, m.w.N.) zu schließen ist (vgl. auch Reul, DNotZ 2003, 92, 99 f.).
- 25
- 3. Die erforderlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht zu treffen. Die Ermittlung der maßgeblichen Indexzahlen ist dem Tatrichter vorbehalten (vgl. Senat, Urt. v. 4. Mai 1990, V ZR 21/89, NJW 1990, 2620, 2621 f. – insoweit in BGHZ 111, 214 ff. nicht abgedruckt).
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 27.10.2005 - 14 C 143/05 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 03.11.2006 - 332 S 77/05 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig - 13. Zivilkammer - vom 3. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 20. Oktober 1992 verkaufte die L. R. GmbH, gesetzlich vertreten durch die Namensvorgängerin der Klägerin, an den Beklagten ein Grundstück in R. für investive Zwekke. Der Beklagte verpflichtete sich in dem Vertrag, ein näher bezeichnetes Vorhaben bis zum 31. Dezember 1995 fertigzustellen und "dabei etwa DM 3.500.000 zu marktüblichen Konditionen in den Kaufgegenstand und in den
auf dem Kaufgegenstand geführten Gewerbebetrieb zu investieren". Für den Fall der nicht fristgerechten Durchführung der versprochenen Maßnahme, bei einem erheblichen Abweichen davon oder im Falle des Widerrufs des Investitionsvorrangbescheids ist eine Vertragsstrafe von 25 % des bei Fristablauf nicht investierten Teils der geschuldeten Investitionssumme vereinbart. Die Klägerin ist aus diesem Vertragsstrafenversprechen unmittelbar berechtigt.
Der Vertrag enthält ferner die Klausel, daß etwaige im Investitionsvorrangbescheid erteilte Auflagen oder Bestimmungen, die von den Vertragsvereinbarungen abweichen, an deren Stelle treten sollen. Für diesen Fall wurde dem Beklagten ein Rücktrittsrecht zugebilligt.
Am 30. November 1993 erließ die Klägerin einen Investitionsvorrangbescheid mit der Auflage, daß sich der Beklagte verpflichtete,
"a) im Falle des Widerrufs des Investitionsvorrangbescheides aa) den Vermögensgegenstand zurückzuübertragen und bb) für den Fall der Nichtdurchführung der vertraglich zugesagten Investitionen innerhalb der vorgegebenen Frist eine Vertragsstrafe in Höhe von 25 % der vertraglich zugesagten und bei Fristablauf noch nicht investierten Investitionssumme zu zahlen."
Der Beklagte wurde als Eigentümer des gekauften Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. In den Kaufgegenstand investierte er innerhalb der Frist lediglich 62.368,50 DM netto (= 71.723,28 DM brutto). Die Klägerin macht die Vertragsstrafe geltend. Ihrer auf Zahlung von 859.407,87 DM nebst Zinsen (ausgehend von der Nettoinvestition des Beklagten) gerichteten Klage hat das
Landgericht in Höhe von 857.069,05 DM nebst Zinsen (berechnet nach der Bruttoinvestition des Beklagten) stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Vertragsstrafe sei nach den durch die Auflagen des Investitionsvorrangbescheids modifizierten Vertragsbestimmungen nur dann verwirkt, wenn der Beklagte nicht nur die zugesagten Investitionen nicht fristgerecht vorgenommen habe, sondern wenn auûerdem der Investitionsvorrangbescheid widerrufen worden sei. Dies ergebe sich zwar nicht zwingend aus den Bestimmungen. Da diese jedoch unklar seien, müsse sich die Klägerin nach § 5 AGBG diese für den Beklagten günstigste Auslegungsmöglichkeit entgegenhalten lassen. Mangels Widerrufs des Investitionsvorrangbescheids sei eine Vertragsstrafe folglich nicht geschuldet.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Vertragsstrafenregelung handele es sich um
einen Teil Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die die Klägerin bzw. die Verkäuferin dem Vertrag zugrunde gelegt habe. Hiervon durfte das Berufungsgericht auch ohne ausdrücklichen Vortrag des Beklagten ausgehen, da ihm aufgrund einer Vielzahl von Verfahren bekannt war, daû die Klägerin sich in Grundstückskaufverträgen, die investiven Zwecken dienen, zur Sicherung der versprochenen Investitionen inhaltlich gleichartiger Vertragsstrafenregelungen bedient. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 3. April 1998, V ZR 6/97, NJW 1998, 2600). Zwar mag es vorkommen, daû einzelne Klauseln in solchen Verträgen nicht vorformuliert sind. Dann aber wäre es Sache der Klägerin gewesen, darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, daû das bei den hier maûgeblichen Klauseln der Fall ist (Senat aaO; BGHZ 83, 54, 58). Daran fehlt es.
2. Zu Recht rügt die Revision jedoch die Anwendung des § 5 AGBG.
a) Zweifelhaft ist schon, ob überhaupt Raum für eine Auslegung ist, was indes Voraussetzung für die Anwendung der Unklarheitenregelung (§ 5 AGBG) ist. Denn diese Regelung greift nur ein, wenn man mit Mitteln der Auslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt. Einer Auslegung vorgeschaltet ist jedoch die Prüfung, ob die fragliche Klausel von den Parteien übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist. Ist das der Fall, so geht dieser übereinstimmende Wille nicht nur der Auslegung einer Individualvereinbarung vor, sondern auch der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGHZ 113, 251, 259; BGH, Urt. v. 9. März 1995, III ZR 55/94, NJW 1995, 1494, 1496). Das Verständnis der Parteien ist dann wie eine Individualvereinbarung zu behandeln, die nach § 4 AGBG Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat.
Hier spricht viel dafür, daû die Parteien die Vertragsstrafenregelung übereinstimmend in dem Sinn verstanden haben, daû sie schon dann eingreift, wenn der Beklagte innerhalb der Frist nicht vertragsgemäû investierte. Daû zusätzlich der Widerruf des Investitionsvorrangbescheids ergehen muûte, hat vorprozessual niemand auch nur in Erwägung gezogen. Gestritten wurde vielmehr darum, ob der Beklagte Investitionen vorgenommen hat, die den vertraglich geschuldeten gleichzustellen sind, und ob eine Befreiung von der Vertragsstrafenverpflichtung wegen nicht voraussehbarer dringender betrieblicher Erfordernisse (§ 9 Abs. 3 des Vertrages) anzunehmen ist.
b) Jedenfalls bestehen aber auch keine Zweifel bei der Auslegung, die es rechtfertigen, ein für die Klägerin ungünstiges Verständnis der Vertragsstrafenregelung zugrunde zu legen.
Das Berufungsgericht verkennt nicht, daû § 5 AGBG nur eingreift, wenn nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 91, 98; BGH, Urt. v. 11. März 1997, X ZR 146/94, NJW 1997, 3434, 3435). Zu Unrecht bejaht es diese Voraussetzungen aber im vorliegenden Fall. Daû die Vertragsstrafe nur dann verwirkt ist, wenn neben dem Ausbleiben der versprochenen Investitionen innerhalb der vereinbarten Frist auch der Investitionsvorrangbescheid widerrufen worden ist, kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden.
aa) Allerdings scheint der Wortlaut der Nr. 5 a des Investitionsvorrangbescheids für diese Deutung zu sprechen. Von ihm wäre aber nur auszugehen,
wenn er an die Stelle der vertraglichen Regelung getreten wäre, die - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - den Widerruf des Investitionsvorrangbescheids nur als alternative Möglichkeit, die Vertragsstrafe zu verlangen, behandelt. Unabhängig von einem Widerruf wird die Vertragsstrafe nach dem Vertrag auch dann fällig, wenn der Beklagte nicht vertragsgemäû investiert hat.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann aber nicht angenommen werden, daû der Wortlaut des Investitionsvorrangbescheids maûgeblich ist. Zwar sieht § 8 Nr. 5 Abs. 2 des notariellen Vertrages vor, daû Bestimmungen des Bescheids, die von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen, an deren Stelle treten sollen. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich indes , daû hiermit nur solche Bestimmungen gemeint sind, die eine für den Beklagten im Verhältnis zum Vertrag ungünstigere Regelung enthalten. Das folgt daraus, daû eine Änderung des Vertrages durch Übernahme von Auflagen oder Bestimmungen aus dem Investitionsvorrangbescheid für den Beklagten ein Rücktrittsrecht begründen sollte. Führt die Vertragsänderung zu einer Verschlechterung der Situation des Beklagten, so stellt ein Rücktrittsrecht einen angemessenen und naheliegenden Ausgleich dar. Verbessert die Vertragsänderung hingegen die Stellung des Beklagten, so gibt es für eine Rücktrittsmöglichkeit keine Rechtfertigung. Letzteres wäre aber die Folge, legte man den Wortlaut des Investitionsvorrangbescheides zugrunde und verlangte man neben der Nichterfüllung der Investitionszusage für die Verwirkung der Vertragsstrafe auch den Widerruf des Bescheides.
bb) Unabhängig davon läût aber auch der Wortlaut des Investitionsvorrangbescheids bei verständiger Würdigung nicht die Deutung zu, daû entgegen der vertraglichen Regelung der Widerruf des Bescheides keine alternative
Möglichkeit für die Verwirkung der Vertragsstrafe darstellen sollte, sondern zu der Nichterfüllung der Investitionspflicht hinzutreten muû. Darin läge nämlich keine vernünftige Regelung, und dies entspräche nicht den Interessen der Parteien.
Die Vereinbarung der Vertragsstrafe dient dem Ziel, der Durchsetzung des Anspruchs auf Vornahme der Investitionen Nachdruck zu verleihen. Die Verbindung von Nichterfüllung dieser Pflicht und Verwirkung der Strafe ist augenscheinlich. Daû die Strafe auch - alternativ - verwirkt sein sollte, wenn der Investitionsvorrangbescheid widerrufen wurde, bedeutet inhaltlich nichts wesentlich anderes; denn der Widerruf setzt seinerseits die Nichterfüllung der Investitionszusage voraus (§ 15 Abs. 1 Satz 1 InVorG). Die Alternativität erleichtert aber die Durchsetzung. Weist die Klägerin die Nichterfüllung nach, kann sie die Vertragsstrafe verlangen, ohne den Widerruf abwarten zu müssen; ist widerrufen worden, kann sie die Strafe allein mit Rücksicht darauf verlangen , ohne die Nichterfüllung darlegen zu müssen. Eine kumulative Verbindung dieser beiden Voraussetzungen erschwert demgegenüber die Geltendmachung der Vertragsstrafe, ohne daû dafür ein Grund ersichtlich ist und obwohl inhaltlich allein entscheidend bleibt, daû die Investitionszusage nicht erfüllt wurde. Angesichts dessen kann nicht angenommen werden, daû mit der Formulierung im Investitionsvorrangbescheid eine sachliche Änderung gegenüber dem Vertrag beabsichtigt war. Gemeint war vielmehr dasselbe. Miûlungen ist nur die sprachliche Fassung.
3. Daû der Beklagte die versprochenen Investitionen nur zu einem geringen Teil fristgerecht erbracht hat, so daû die Vertragsstrafe im Umfang der Nichterfüllung verwirkt ist, hat das Landgericht bejaht. Seinen - auch im übrigen
zutreffenden - Erwägungen liegt eine Vertragsauslegung zugrunde, der das Berufungsgericht beigetreten ist und die keine Rechtsfehler aufweist. Sie entspricht dem Wortlaut und berücksichtigt die Begleitumstände und steht insbesondere - entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäuûerten Auffassung der Revisionserwiderung - nicht im Widerspruch zu dem Investitionsvorrangbescheid. Der Senat tritt dieser Auslegung bei. Richtig ist auch, daû die Fiktion des § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG, beruhend darauf, daû ein Widerruf des Bescheides nicht mehr möglich ist, nur den Verlust des Rückübertragungsanspruchs zur Folge hat, nicht aber auch den der Vertragsstrafe (vgl. Rapp, in: RVI, § 13 InVorG Rdn. 37a, 37b).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 2. November 2005 kauften die Kläger von dem Beklagten ein Baugrundstück. Der Vertrag enthält hierzu folgende, von dem Beklagten in vielen Verträgen verwendete vorformulierte Bestimmungen: „§ 4 Kaufpreis … In dem Kaufpreis sind die Kosten der Ver- und Entsorgungsleitungen für Schmutzwasser sowie Gas, Strom und Telekom bis an die Grundstücksgrenze bzw. zu dem Hausanschlußschacht auf dem Grundstück des Käufers, die Kosten der straßenbaulichen Erschließung und der Ausgleichsmaßnahme nach dem Bundesnaturschutzgesetz sowie die Vermessungskosten enthalten. … § 5 Kosten der Erschließung Die Vertragsparteien sind darüber einig, dass die Erschließung nicht die Herstellung der Hausanschlüsse für Schmutzwasser, Gas (..), Strom (..) und Telekom erfaßt. Die Durchführung der Netz- und Hausanschlüsse und die Bezahlung ist Sache des Käufers. Dies gilt ebenso für den Beitrag der Anschlußleitung/ Hausanschluß für Frischwasser gemäß Verbandsatzung des Wasserbeschaffungsverbandes Mittelschwansen. Der Notar belehrte die Parteien ausführlich über die Kostenverteilung.“
- 2
- Den Klägern wurden von dem Elektroversorgungsunternehmen und dem Wasserbeschaffungsverband mit der Abrechnung der Hausanschlüsse auch Baukostenzuschüsse nach den einschlägigen Verordnungen über die Versorgungsbedingungen in Höhe von 526,18 € und 1.083,59 € in Rechnung gestellt.
- 3
- Sie verlangen von dem Beklagten die Erstattung dieser Beträge. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landgericht hat die Berufung nach Durchführung einer - hinsichtlich der Zeugenaussagen nicht protokollierten - Beweisaufnahme zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht entnimmt dem Kaufvertrag im Wege der Auslegung eine Pflicht des Beklagten, den Klägern die verauslagten Baukostenzuschüsse zu erstatten. Diese Zuschüsse seien Teil der Kosten für die Erstellung des Leitungsnetzes, die nach § 4 des Vertrages der Beklagte zu tragen habe. Auf die Kläger entfielen nach § 5 des Vertrages als Hausanschlusskosten nur die für die Herstellung der Leitungen auf ihrem Grundstück entstehenden Kosten.
- 5
- Zweifel bei der Auslegung der nicht eindeutigen Vertragsklauseln, die auch durch die durchgeführte Beweisaufnahme nicht ausgeräumt worden seien, gingen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Beklagten, da es sich um vorformulierte Bestimmungen handele, die der Beklagte bereits zuvor in einer Vielzahl von Kaufverträgen verwendet habe.
II.
- 6
- Das angefochtene Urteil unterliegt schon deswegen der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht rügt - die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen entgegen § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO nicht protokolliert hat. Damit fehlt es an der für eine revisionsrechtliche Prüfung notwendigen Feststellung eines Teils der tatsächlichen Grundlagen (BGHZ 40, 84, 86; BGH, Urt. v. 21. April 1993, XII ZR 126/91, NJW-RR 1993, 1034; Beschl. v. 24. Juni 2003, VI ZR 309/02, NJW 2003, 3057). Der Senat kann nicht prüfen, ob die Aussagen der Zeugen von dem Berufungsgericht rechtsfehlerfrei berücksichtigt worden sind.
- 7
- 1. Nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO ist die Aussage eines Zeugen zu protokollieren. Es genügt nicht, dass - wie hier - lediglich in das Protokoll aufgenommen wird, der Zeuge habe sich zur Sache geäußert (vgl. BGH, Urt. v. 11. Juli 2001, VIII ZR 215/00, NJW 2001, 3269, 3270). Eine Protokollierung war auch nicht entbehrlich. Es liegt weder ein Fall von § 161 Abs. 1 ZPO vor, noch ist ersichtlich, dass die Aussagen der schon in erster Instanz vernommenen Zeugen ohne jede Abweichung geblieben wären, so dass eine erneute Protokollierung hätte unterbleiben können (§ 160 Abs. 3 Nr. 4 Halbs. 2 ZPO).
- 8
- 2. Eine Verletzung der Protokollierungspflicht hat nur dann nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Folge, wenn sich der Inhalt der Zeugenaussagen aus dem Urteil selbst klar ergibt und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Zeuge bei der Vernehmung weitere Erklärungen abgegeben hat, die erheblich sein könnten. Allerdings muss sich die Wiedergabe der Aussagen dann deutlich von deren Würdigung abheben und den gesamten Inhalt der Bekundungen erkennen lassen (BGHZ 40, 84, 86; BGH, Urt. v. 19. September 1986, I ZR 179/84, NJW 1987, 1200, 1201; Beschl. v. 24. Juni 2003, VI ZR 309/02, aaO). Daran fehlt es hier. Die Aussagen der Zeugen finden nur im Zusammenhang mit ihrer Würdigung Erwähnung, und das zudem offensichtlich nur auszugsweise.
III.
- 9
- Für die erneute Befassung des Berufungsgerichts mit der Sache weist der Senat auf folgendes hin.
- 10
- 1. Auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die grundsätzlich nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise verstanden werden (Senat, Urt. v. 8. November 2002, V ZR 78/02, VIZ 2003, 240, 241), ist der Auslegung die Prüfung vorgeschaltet, ob die Vertragsklausel von den Parteien übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist (Senat, Urt. v. 22. März 2002, V ZR 405/00, NJW 2002, 2102, 2103). Ist das der Fall, geht der übereinstimmende Wille der objektiven Auslegung vor (BGHZ 113, 251, 259; Senat, Urt. v. 22. März 2002, V ZR 405/00, aaO). Anlass für eine solche Prüfung besteht hier deswegen, weil es sich um einen notariell beurkundeten Vertrag handelt, bei dem es nicht fern liegt, dass beide Parteien eine möglicherweise nicht ohne weiteres zu verstehende Vertragsbestimmung übereinstimmend so verstanden haben, wie sie von dem Notar erläutert worden ist.
- 11
- Das Berufungsgericht wird daher zunächst zu prüfen haben, ob auf Grund der von dem Beklagten behaupteten Erläuterung durch den Notar anzunehmen ist, dass die Parteien die Regelungen der §§ 4 und 5 des Vertrages übereinstimmend verstanden haben. Für eine solche Annahme reicht es aus, wenn eine Partei ihren Willen äußert und die andere Partei dies erkennt und in Kenntnis dessen den Vertrag abschließt (Senat, Urt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373). So kann es sein, wenn die Beweiswürdigung ergibt, dass der Notar den Klägern erläutert hat, dass § 5 des Vertrages so zu verstehen sei, dass die Käufer die Kosten nicht nur der Hausanschlüsse, sondern auch für die erstmalige Erstellung der Leitungen entstehenden Kosten zu tragen hätten, die den Grundstückseigentümern von den Versorgungsträgern als Beiträge oder als Baukostenzuschüsse auferlegt würden. Die von dem Beklagten gewollte Kostenverteilung wäre dann Vertragsinhalt geworden, auch wenn die Kläger sich dieses Verständnis nicht zu Eigen gemacht haben.
- 12
- 2. Lässt sich kein übereinstimmender Wille feststellen, geht dies insoweit zu Lasten desjenigen, der sich auf das übereinstimmende Verständnis der Vertragsklausel berufen hat. Die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB kommt nicht zum Tragen.
- 13
- Es ist stattdessen der Vertragsinhalt im Wege der Auslegung zu bestimmen. Dabei ist § 305 c Abs. 2 BGB nicht schon dann anzuwenden, wenn Streit über die Auslegung besteht. Die Norm kommt vielmehr erst zur Anwendung, wenn nach Ausschöpfung der für die Auslegung von AGBen in Betracht kommenden Methoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 112, 65, 68 f.; BGH, Urt. v. 9. Juli 2003, IV ZR 74/02, NJW-RR 2003, 1247, 1248; Urt. v. 15. November 2006, VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504, 506). Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es von vornherein von einer „gebotene(n) eingeschränkte(n), verbraucherfreundlichsten Auslegung nach § 305 c Abs. 2 BGB“ ausgegangen ist.
- 14
- 3. Im Rahmen der Auslegung kann auch zu prüfen sein, ob eine Vertragsklausel gegen das Transparenzgebot verstößt, etwa unter dem Gesichtspunkt, ob sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen zu fordern ist (BGHZ 136, 394, 401).
Vorinstanzen:
AG Eckernförde, Entscheidung vom 31.07.2007 - 6 C 85/07 -
LG Kiel, Entscheidung vom 12.09.2008 - 8 S 125/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig - 13. Zivilkammer - vom 3. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 20. Oktober 1992 verkaufte die L. R. GmbH, gesetzlich vertreten durch die Namensvorgängerin der Klägerin, an den Beklagten ein Grundstück in R. für investive Zwekke. Der Beklagte verpflichtete sich in dem Vertrag, ein näher bezeichnetes Vorhaben bis zum 31. Dezember 1995 fertigzustellen und "dabei etwa DM 3.500.000 zu marktüblichen Konditionen in den Kaufgegenstand und in den
auf dem Kaufgegenstand geführten Gewerbebetrieb zu investieren". Für den Fall der nicht fristgerechten Durchführung der versprochenen Maßnahme, bei einem erheblichen Abweichen davon oder im Falle des Widerrufs des Investitionsvorrangbescheids ist eine Vertragsstrafe von 25 % des bei Fristablauf nicht investierten Teils der geschuldeten Investitionssumme vereinbart. Die Klägerin ist aus diesem Vertragsstrafenversprechen unmittelbar berechtigt.
Der Vertrag enthält ferner die Klausel, daß etwaige im Investitionsvorrangbescheid erteilte Auflagen oder Bestimmungen, die von den Vertragsvereinbarungen abweichen, an deren Stelle treten sollen. Für diesen Fall wurde dem Beklagten ein Rücktrittsrecht zugebilligt.
Am 30. November 1993 erließ die Klägerin einen Investitionsvorrangbescheid mit der Auflage, daß sich der Beklagte verpflichtete,
"a) im Falle des Widerrufs des Investitionsvorrangbescheides aa) den Vermögensgegenstand zurückzuübertragen und bb) für den Fall der Nichtdurchführung der vertraglich zugesagten Investitionen innerhalb der vorgegebenen Frist eine Vertragsstrafe in Höhe von 25 % der vertraglich zugesagten und bei Fristablauf noch nicht investierten Investitionssumme zu zahlen."
Der Beklagte wurde als Eigentümer des gekauften Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. In den Kaufgegenstand investierte er innerhalb der Frist lediglich 62.368,50 DM netto (= 71.723,28 DM brutto). Die Klägerin macht die Vertragsstrafe geltend. Ihrer auf Zahlung von 859.407,87 DM nebst Zinsen (ausgehend von der Nettoinvestition des Beklagten) gerichteten Klage hat das
Landgericht in Höhe von 857.069,05 DM nebst Zinsen (berechnet nach der Bruttoinvestition des Beklagten) stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Vertragsstrafe sei nach den durch die Auflagen des Investitionsvorrangbescheids modifizierten Vertragsbestimmungen nur dann verwirkt, wenn der Beklagte nicht nur die zugesagten Investitionen nicht fristgerecht vorgenommen habe, sondern wenn auûerdem der Investitionsvorrangbescheid widerrufen worden sei. Dies ergebe sich zwar nicht zwingend aus den Bestimmungen. Da diese jedoch unklar seien, müsse sich die Klägerin nach § 5 AGBG diese für den Beklagten günstigste Auslegungsmöglichkeit entgegenhalten lassen. Mangels Widerrufs des Investitionsvorrangbescheids sei eine Vertragsstrafe folglich nicht geschuldet.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Vertragsstrafenregelung handele es sich um
einen Teil Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die die Klägerin bzw. die Verkäuferin dem Vertrag zugrunde gelegt habe. Hiervon durfte das Berufungsgericht auch ohne ausdrücklichen Vortrag des Beklagten ausgehen, da ihm aufgrund einer Vielzahl von Verfahren bekannt war, daû die Klägerin sich in Grundstückskaufverträgen, die investiven Zwecken dienen, zur Sicherung der versprochenen Investitionen inhaltlich gleichartiger Vertragsstrafenregelungen bedient. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 3. April 1998, V ZR 6/97, NJW 1998, 2600). Zwar mag es vorkommen, daû einzelne Klauseln in solchen Verträgen nicht vorformuliert sind. Dann aber wäre es Sache der Klägerin gewesen, darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, daû das bei den hier maûgeblichen Klauseln der Fall ist (Senat aaO; BGHZ 83, 54, 58). Daran fehlt es.
2. Zu Recht rügt die Revision jedoch die Anwendung des § 5 AGBG.
a) Zweifelhaft ist schon, ob überhaupt Raum für eine Auslegung ist, was indes Voraussetzung für die Anwendung der Unklarheitenregelung (§ 5 AGBG) ist. Denn diese Regelung greift nur ein, wenn man mit Mitteln der Auslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt. Einer Auslegung vorgeschaltet ist jedoch die Prüfung, ob die fragliche Klausel von den Parteien übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist. Ist das der Fall, so geht dieser übereinstimmende Wille nicht nur der Auslegung einer Individualvereinbarung vor, sondern auch der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGHZ 113, 251, 259; BGH, Urt. v. 9. März 1995, III ZR 55/94, NJW 1995, 1494, 1496). Das Verständnis der Parteien ist dann wie eine Individualvereinbarung zu behandeln, die nach § 4 AGBG Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat.
Hier spricht viel dafür, daû die Parteien die Vertragsstrafenregelung übereinstimmend in dem Sinn verstanden haben, daû sie schon dann eingreift, wenn der Beklagte innerhalb der Frist nicht vertragsgemäû investierte. Daû zusätzlich der Widerruf des Investitionsvorrangbescheids ergehen muûte, hat vorprozessual niemand auch nur in Erwägung gezogen. Gestritten wurde vielmehr darum, ob der Beklagte Investitionen vorgenommen hat, die den vertraglich geschuldeten gleichzustellen sind, und ob eine Befreiung von der Vertragsstrafenverpflichtung wegen nicht voraussehbarer dringender betrieblicher Erfordernisse (§ 9 Abs. 3 des Vertrages) anzunehmen ist.
b) Jedenfalls bestehen aber auch keine Zweifel bei der Auslegung, die es rechtfertigen, ein für die Klägerin ungünstiges Verständnis der Vertragsstrafenregelung zugrunde zu legen.
Das Berufungsgericht verkennt nicht, daû § 5 AGBG nur eingreift, wenn nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 91, 98; BGH, Urt. v. 11. März 1997, X ZR 146/94, NJW 1997, 3434, 3435). Zu Unrecht bejaht es diese Voraussetzungen aber im vorliegenden Fall. Daû die Vertragsstrafe nur dann verwirkt ist, wenn neben dem Ausbleiben der versprochenen Investitionen innerhalb der vereinbarten Frist auch der Investitionsvorrangbescheid widerrufen worden ist, kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden.
aa) Allerdings scheint der Wortlaut der Nr. 5 a des Investitionsvorrangbescheids für diese Deutung zu sprechen. Von ihm wäre aber nur auszugehen,
wenn er an die Stelle der vertraglichen Regelung getreten wäre, die - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - den Widerruf des Investitionsvorrangbescheids nur als alternative Möglichkeit, die Vertragsstrafe zu verlangen, behandelt. Unabhängig von einem Widerruf wird die Vertragsstrafe nach dem Vertrag auch dann fällig, wenn der Beklagte nicht vertragsgemäû investiert hat.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann aber nicht angenommen werden, daû der Wortlaut des Investitionsvorrangbescheids maûgeblich ist. Zwar sieht § 8 Nr. 5 Abs. 2 des notariellen Vertrages vor, daû Bestimmungen des Bescheids, die von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen, an deren Stelle treten sollen. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich indes , daû hiermit nur solche Bestimmungen gemeint sind, die eine für den Beklagten im Verhältnis zum Vertrag ungünstigere Regelung enthalten. Das folgt daraus, daû eine Änderung des Vertrages durch Übernahme von Auflagen oder Bestimmungen aus dem Investitionsvorrangbescheid für den Beklagten ein Rücktrittsrecht begründen sollte. Führt die Vertragsänderung zu einer Verschlechterung der Situation des Beklagten, so stellt ein Rücktrittsrecht einen angemessenen und naheliegenden Ausgleich dar. Verbessert die Vertragsänderung hingegen die Stellung des Beklagten, so gibt es für eine Rücktrittsmöglichkeit keine Rechtfertigung. Letzteres wäre aber die Folge, legte man den Wortlaut des Investitionsvorrangbescheides zugrunde und verlangte man neben der Nichterfüllung der Investitionszusage für die Verwirkung der Vertragsstrafe auch den Widerruf des Bescheides.
bb) Unabhängig davon läût aber auch der Wortlaut des Investitionsvorrangbescheids bei verständiger Würdigung nicht die Deutung zu, daû entgegen der vertraglichen Regelung der Widerruf des Bescheides keine alternative
Möglichkeit für die Verwirkung der Vertragsstrafe darstellen sollte, sondern zu der Nichterfüllung der Investitionspflicht hinzutreten muû. Darin läge nämlich keine vernünftige Regelung, und dies entspräche nicht den Interessen der Parteien.
Die Vereinbarung der Vertragsstrafe dient dem Ziel, der Durchsetzung des Anspruchs auf Vornahme der Investitionen Nachdruck zu verleihen. Die Verbindung von Nichterfüllung dieser Pflicht und Verwirkung der Strafe ist augenscheinlich. Daû die Strafe auch - alternativ - verwirkt sein sollte, wenn der Investitionsvorrangbescheid widerrufen wurde, bedeutet inhaltlich nichts wesentlich anderes; denn der Widerruf setzt seinerseits die Nichterfüllung der Investitionszusage voraus (§ 15 Abs. 1 Satz 1 InVorG). Die Alternativität erleichtert aber die Durchsetzung. Weist die Klägerin die Nichterfüllung nach, kann sie die Vertragsstrafe verlangen, ohne den Widerruf abwarten zu müssen; ist widerrufen worden, kann sie die Strafe allein mit Rücksicht darauf verlangen , ohne die Nichterfüllung darlegen zu müssen. Eine kumulative Verbindung dieser beiden Voraussetzungen erschwert demgegenüber die Geltendmachung der Vertragsstrafe, ohne daû dafür ein Grund ersichtlich ist und obwohl inhaltlich allein entscheidend bleibt, daû die Investitionszusage nicht erfüllt wurde. Angesichts dessen kann nicht angenommen werden, daû mit der Formulierung im Investitionsvorrangbescheid eine sachliche Änderung gegenüber dem Vertrag beabsichtigt war. Gemeint war vielmehr dasselbe. Miûlungen ist nur die sprachliche Fassung.
3. Daû der Beklagte die versprochenen Investitionen nur zu einem geringen Teil fristgerecht erbracht hat, so daû die Vertragsstrafe im Umfang der Nichterfüllung verwirkt ist, hat das Landgericht bejaht. Seinen - auch im übrigen
zutreffenden - Erwägungen liegt eine Vertragsauslegung zugrunde, der das Berufungsgericht beigetreten ist und die keine Rechtsfehler aufweist. Sie entspricht dem Wortlaut und berücksichtigt die Begleitumstände und steht insbesondere - entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäuûerten Auffassung der Revisionserwiderung - nicht im Widerspruch zu dem Investitionsvorrangbescheid. Der Senat tritt dieser Auslegung bei. Richtig ist auch, daû die Fiktion des § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG, beruhend darauf, daû ein Widerruf des Bescheides nicht mehr möglich ist, nur den Verlust des Rückübertragungsanspruchs zur Folge hat, nicht aber auch den der Vertragsstrafe (vgl. Rapp, in: RVI, § 13 InVorG Rdn. 37a, 37b).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von den Kosten des Revisionsrechtszugs haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger - eine qualifizierte Einrichtung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 4 UKlaG - beanstandete sechs Klauseln der von dem beklagten Telekommunikationsunternehmen in Verträgen mit Verbrauchern über Mobilfunkleistungen verwendeten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen c. Sprechtarif".
- 2
- Zu den beanstandeten Klauseln gehören die folgenden im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen drei Klauseln: "7. Nutzung durch Dritte … 7.2 Der Kunde hat auch die Preise zu zahlen, die durch [befugte oder] unbefugte Nutzung der überlassenen Leistungen durch Dritte entstanden sind, wenn und soweit er diese Nutzung zu vertreten hat. 7.3 Nach Verlust der c. Karte hat der Kunde nur die Verbindungspreise zu zahlen, die bis zum Eingang der Meldung über den Verlust der Karte bei c. angefallen sind. Das gleiche gilt für Preise über Dienste, zu denen c. den Zugang vermittelt. … 11. Verzug … 11.2 Ist der Kunde mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe von mindestens 15,50 € in Verzug, kann c. den Mobilfunkanschluss auf Kosten des Kunden sperren. [Der Kunde bleibt in diesem Fall verpflichtet, die monatlichen Preise zu zahlen.]"
- 3
- Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens bezüglich der von der Beklagten verwendeten Klauseln Nr. 7.2 und 7.3 abgewiesen. Die weitergehende Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
- 4
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen der Kläger sein Unterlassungsbegehren bezüglich der Klauseln Nr. 7.2 und 7.3 und die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag hinsichtlich der Klausel Nr. 11.2 weiter.
Entscheidungsgründe
- 5
- I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte hinsichtlich der Klauseln Nr. 7.2 und 7.3 in ihren Verträgen verneint. Auch unter Zugrundelegung der kundenfeindlichsten Auslegung dieser Klauseln handele es sich insoweit nicht um eine Schadensersatzpauschalierung. Demgemäß seien die Klauseln auch nicht an § 309 Nr. 5 BGB zu messen. Die in den Klauseln enthaltene rechtsgeschäftliche Zurechnung desjenigen Nutzerverhaltens unbefugter Dritter, das vom Kunden zu vertreten sei und vor dem Eingang seiner Meldung über den Verlust der ihn identifizierenden Chipkarte bei der Beklagten erfolge, benachteilige die Kunden nicht unangemessen im Sinne des § 307 BGB.
- 6
- Hinsichtlich der Klausel Nr. 11.2 stehe dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Diese Klausel halte einer Inhaltskontrolle nicht stand. Die Regelung in Nr. 11.2 gehe über § 320 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 321 Abs. 1 Satz 1 BGB hinaus. Die bei weiter laufender Grundgebühr ohne Androhung mögliche vollständige Sperrung des Telefonanschlusses, sobald der Kunde mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 15,50 € in Verzug geraten sei, benachteilige ihn unangemessen. Dies gelte selbst dann, wenn der durchschnittliche monatliche Umsatz der Beklagten aus Mobilfunklaufzeitverträgen mit Privatkunden bei ca. 15 € im Monat ohne Mehrwertsteuer liegen sollte. Für den Festnetzbereich ergebe sich aus § 45k Abs. 2 TKG, dass die Durchführung einer Sperre wegen Zahlungsverzugs nur bei einem rückständigen Betrag von 75 € möglich sei. Es sei nicht ersichtlich, warum dieser Betrag im Mobilfunkbereich auf wenig mehr als 1/5 reduziert werden dürfe.
- 7
- Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg.
- 8
- Das Berufungsgericht hat zutreffend einen Unterlassungsanspruch des Klägers bezüglich der Verwendung der Klauseln Nr. 7.2 - die nur angegriffen wird, soweit sie die unbefugte Nutzung durch Dritte erfasst - und 7.3 in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten im c. Sprechtarif verneint. Beide Klauseln halten einer Inhaltskontrolle stand.
- 9
- 1. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klauseln Nr. 7.2 und 7.3 nicht eine Schadensersatzpauschalierung enthalten, sondern eine Verpflichtung zur Zahlung des vertraglich vereinbarten Entgelts.
- 10
- a) Im Zusammenhang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt der Grundsatz der objektiven Auslegung. Danach sind diese ausgehend von den Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (Senatsurteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 330/07, NJW 2008, 2495 Rn. 19 mwN). Nur wenn nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung, bei der im Verbandsprozess die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen ist (Senatsurteil aaO Rn. 20 mwN). Völlig fern liegende Auslegungsmöglichkeiten, von denen eine Gefährdung des Rechtsverkehrs ernsthaft nicht zu befürchten ist, haben dabei außer Betracht zu bleiben (BGH, Urteil vom 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93, NJW 1994, 1798, 1799 mwN).
- 11
- b) Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers ist eine Auslegung der Klauseln Nr. 7.2 und 7.3 als pauschalierter Schadensersatz zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, aber so fern liegend, dass eine solche Sichtweise außer Betracht zu bleiben hat.
- 12
- Der Abschnitt, in dem die betreffenden Klauseln stehen, ist mit "Nutzung durch Dritte" überschrieben und enthält keinerlei Bezug zu schadensersatzrechtlichen Klauseln. Insbesondere ist entgegen der Auffassung des Klägers unerheblich, dass die unmittelbar davor stehenden Klauseln Nr. 6 und 7.1 Pflichten des Schuldners aus dem Schuldverhältnis regeln. Schon die Überschrift "Pflichten und Obliegenheiten des Kunden" der - sehr umfänglichen - Klausel Nr. 6 zeigt, dass sie in keinem inneren sachlichen Zusammenhang mit der Klausel Nr. 7 steht. Soweit die Klausel 7.1 es dem Kunden verbietet, ohne vorherige Erlaubnis von c. die überlassenen Leistungen Dritten zum alleinigen Gebrauch oder zur gewerblichen Nutzung zu überlassen, wird dabei keine Aussage zu irgendwelchen finanziellen Konsequenzen für den Kunden im Falle eines Verstoßes gemacht. Demgegenüber wird, worauf die Revisionserwiderung zu Recht aufmerksam macht, vor allem dadurch, dass die Klausel 7.2 in gleicher Weise sowohl die befugte wie die unbefugte Nutzung durch Dritte erfasst, besonders deutlich, dass es sich hierbei um eine Vergütungsregelung handelt.
- 13
- Auch der Umstand, dass bei einer Nutzung durch Dritte der Kunde nur bei Vertretenmüssen zur Zahlung verpflichtet ist, rechtfertigt nicht den Schluss, es handele sich bei der Klausel um die Begründung eines pauschalierten Schadensersatzanspruchs. Vielmehr ist die Formulierung ersichtlich an den inzwischen außer Kraft getretenen § 16 Abs. 3 Satz 3 der TelekommunikationsKundenschutzverordnung (TKV) vom 11. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2910) angelehnt , wonach Verbindungsentgelte vom Kunden nicht gefordert werden konnten, wenn der Netzzugang in einem vom Kunden nicht zu vertretenden Umfang benutzt wurde (vgl. auch Senatsurteil vom 4. März 2004 - III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 205).
- 14
- Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass nunmehr § 45i Abs. 4 TKG nicht mehr auf das Tatbestandsmerkmal des Vertretenmüssens, sondern auf das der Zurechenbarkeit abstellt. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt (BT-Drucks. 15/5213 S. 22), entspricht die Regelung des § 45i TKG in großen Teilen § 16 TKV. Eine inhaltliche Änderung war mit der geänderten Formulierung nicht beabsichtigt.
- 15
- 2. Unter Zugrundelegung des obigen Auslegungsergebnisses halten die angegriffenen Klauseln auch im Übrigen einer Inhaltskontrolle stand.
- 16
- a) Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 5 BGB scheidet aus, da es sich nicht um die Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzes handelt.
- 17
- b) Die Klauseln sind auch nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
- 18
- aa) Die Klausel Nr. 7.2 benachteiligt die Kunden der Beklagten nicht in unangemessener Weise.
- 19
- (1) Der Senat hat schon zum Telefondienstvertrag im Festnetzbereich ausgeführt, dass auch bei der Nutzung der Telefondienstleistungen durch Dritte eine Entgeltpflicht des Anschlussinhabers in Betracht kommt, wenn er die Nutzung des Dritten zu vertreten hat (Senatsurteil vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 19). An diesen Grundsätzen, die der Senat an § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV ausgerichtet hat, hat sich durch das Inkrafttreten des § 45i Abs. 4 TKG und das Außerkrafttreten von § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV nichts geändert. Wie bereits ausgeführt hat der Gesetzgeber insoweit mit § 45i TKG den Regelungsgehalt des § 16 TKV im Wesentlichen übernommen.
- 20
- (2) Die Abgrenzung der Risikobereiche im Hinblick auf das Vertretenmüssen im Festnetzbereich ist auch beim Mobilfunkvertrag angemessen (vgl. Schöpflin, BB 1997, 106, 111; Eckert in Schuster, Vertragshandbuch Telemedia , 2001, S. 524 Rn. 90; wohl auch Hahn MMR 1999, 586, 589 ff; siehe auch Kropf/Harder in Spindler, Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, Teil 5 Rn. 104 ff, die jedoch eine Höchstbetragsbegrenzung im Fall der unverzüglichen Anzeige des Verlusts der SIM-Karte beim Telefonanbieter für erforderlich halten). Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Klägers, die Grundsätze über die Haftung des Inhabers eines Festnetzanschlusses für die Inanspruchnahme von Telefondienstleistungen durch Dritte könnten nicht auf den Mobilfunkvertrag übertragen werden.
- 21
- Die Interessenlage im Hinblick auf die unberechtigte Nutzung durch Dritte unterscheidet sich beim Mobilfunkvertrag nicht grundlegend von derjenigen beim Festnetzvertrag. Auch bei der Erbringung von Mobilfunkdienstleistungen handelt es sich um ein praktisch vollständig technisiertes, anonymes Massengeschäft. Die Beklagte nimmt von der konkreten Person des die Mobilfunkdienstleistung Abrufenden ebenso wenig Kenntnis wie beim Festnetzanschluss. Sie kann deshalb nicht beurteilen, ob das Abrufen der Mobilfunkdienstleistung mit Billigung des Kunden erfolgt. Sie muss sich darauf verlassen können, dass dieser beim Gebrauch seines Mobiltelefons die erforderlichen Vorkehrungen trifft, damit Unbefugte keinen Zugriff auf Mobilfunkdienstleistungen mittels der ihm überlassenen SIM-Karte erhalten. Vom Mobilfunkkunden zu verlangen, nach seinen Möglichkeiten eine unbefugte Nutzung Dritter zu unterbinden, benachteiligt diesen nicht unangemessen. Eine andere Frage ist, wie die Sorgfaltspflichten , die dem Kunden in seiner Risikosphäre obliegen, im Einzelnen beschaffen sind. Den besonderen Gefährdungen, etwa hinsichtlich des Verlusts der SIM-Karte, gegebenenfalls einschließlich des Mobiltelefons, die sich gerade aus dem Umstand ergeben, dass die Mobilfunkdienstleistung an jedem Ort und damit auch außerhalb der geschützten Sphäre der Wohnung des Anschlussinhabers zur Verfügung steht, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Kunden nicht überspannt werden. Dies stellt jedoch die Wirksamkeit der hier fraglichen Allgemeinen Geschäftsbedingung unter dem Blickwinkel einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden der Beklagten nicht in Frage.
- 22
- (3) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Klägers, im Falle einfachster Fahrlässigkeit sei die Haftung des Kunden auf das negative Interesse zu begrenzen. Ein Anhaltspunkt dafür ergibt sich aus dem dispositiven Schuldrecht nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein Kunde für die von ihm zu vertre- tende Nutzung des Mobilfunkanschlusses in vollem Umfang einzustehen hat. Eine Einschränkung der Leistungsverpflichtung des Kunden erfordert Treu und Glauben nicht, da die Beklagte als Anbieter der Mobilfunkdienstleistung keinerlei Verschulden an der unberechtigten Nutzung durch Dritte in diesen Fällen trifft.
- 23
- bb) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des Klägers, die Klausel Nr. 7.3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sei unwirksam, da sie den unzutreffenden Eindruck erwecke, der Kunde müsse bis zur Meldung des Verlusts der Mobilfunkkarte verschuldensunabhängig die Verbindungspreise zahlen. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht insofern davon ausgegangen, dass die objektive Auslegung der Klausel ergibt, dass hier nur eine zeitliche Begrenzung bei der Ermittlung der zu zahlenden Entgelte festgelegt ist, und damit eine bloße Besserstellung des Kunden. Dies folgt daraus, dass die Klausel Nr. 7.3 nur einen Sonderfall der allgemein in Nr. 7.2 geregelten unbefugten Nutzung der überlassenen Leistungen durch Dritte darstellt. Die von der Klägerin angeführte Auslegung ist zwar theoretisch möglich, jedoch so fern liegend, dass eine Gefährdung des Rechtsverkehrs nicht zu befürchten ist und sie deshalb außer Betracht zu bleiben hat.
- 24
- Eine Unwirksamkeit der Klausel Nr. 7.3 ergibt sich auch nicht deshalb, weil dort keine Begrenzung der Haftung der Höhe nach vorgesehen ist. Dies macht der Kläger im Verfahren selbst nicht geltend. Soweit dies jedoch in der Literatur vertreten wird (Kropf/Harder aaO Rn. 112; a.A. Schöpflin aaO), ist dem nicht zu folgen. Begründet wird dies damit, dass der Kunde in hohem Maße schutzdürftig sei, da er bei unverzüglicher Meldung des SIM-Kartenverlusts selbst alles zur Schadensminderung getan habe, während das grundsätzlich dem Mobilfunkgeschäft anhaftende, vom Verwender der Allgemeinen Ge- schäftsbedingungen gesetzte Missbrauchsrisiko in den Vordergrund trete. Hiergegen spricht jedoch, dass eine Haftung des Kunden für das Gebührenaufkommen durch die unberechtigte Nutzung der Mobilfunkdienstleistungen durch unbefugte Dritte ohnehin nur im Falle eines Vertretenmüssens dieser Inanspruchnahme begründet ist; in einem solchen Fall lässt jedoch das Verschulden des Kunden Überlegungen zur Verteilung der Risiken nach Verantwortungsund Verursachungssphären in den Hintergrund treten. Das allgemeine Gefährdungspotential des Mobilfunkgeschäfts ist im Übrigen nicht allein der Risikosphäre des Verwenders zuzuordnen; denn der Kunde nimmt die Mobilfunkdienstleistung in Kenntnis dieser Gefährdung in Anspruch und nur er kann in seinem Zugriffsbereich die notwendigen Vorkehrungen gegen die Inanspruchnahme durch unbefugte Dritte ergreifen. Dem berechtigten Schutzbedürfnis des Kunden ist dadurch Rechnung zu tragen, dass im Einzelfall die an den Kunden zu stellenden Sorgfaltsanforderungen nicht überspannt werden dürfen.
- 25
- Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
- 26
- Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Satzes 1 der Klausel Nr. 11.2 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu.
- 27
- a) Die Klausel unterliegt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle , da sie das gesetzliche Zurückbehaltungsrecht nach §§ 320, 321 BGB ergänzt.
- 28
- Die b) Klausel ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, da sie die jeweiligen Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
- 29
- aa) Bei der in Nr. 11.2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelten Sperre des Mobilfunkanschlusses handelt es sich der Sache nach um ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf eine Vergütung für bereits zeitlich vorangegangene erbrachte Mobilfunkdienstleistungen, mit der sich der Kunde in Verzug befindet. Gesetzliches Leitbild, an dem die hier fragliche Klausel zu messen ist, sind die §§ 320, 321, 273 BGB. Bei einer Sperre des Mobilfunkanschlusses handelt es sich nicht um eine Beendigung des Vertragsverhältnisses, sondern lediglich um eine grundsätzlich auf vorübergehende Dauer angelegte Suspendierung der Leistungsverpflichtung der Beklagten. Das Recht zur Sperre entfällt, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Das beruht ebenso wie bei den gesetzlichen Leistungsverweigerungsrechten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch auf dem Grundgedanken, dass jede Vertragspartei das Recht hat, die ihr obliegende Leistung zu verweigern, bis die ihr gebührende Gegenleistung erbracht ist (vgl. Senatsurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 179/08, NJW 2009, 1334 Rn. 18).
- 31
- (1) Die Anwendung der Norm ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte hinsichtlich der von ihr zu erbringenden Mobilfunkdienstleistungen zur Vorleistung verpflichtet ist. Trotz Vorleistungspflicht kann der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB zustehen. Dies beruht darauf , dass es sich bei einem Mobilfunkvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 2003 - III ZR 54/02, NJW 2003, 1237, 1238), das inhaltlich einem Dauerlieferungsvertrag entspricht. Denn die Beklagte muss ständig leistungsbereit sein, um die einzelnen vom Kunden abzurufenden , vergütungspflichtigen Dienstleistungen zu erbringen, ohne dass diese zuvor genau bestimmt sind (vgl. zum Dauerlieferungsvertrag Staudinger/Otto, BGB, Neubearbeitung 2009, § 320 Rn. 44; MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 320 Rn. 7). Die synallagmatische Verknüpfung der Leistungspflichten der Vertragsparteien des Mobilfunkvertrags ist deshalb hinsichtlich aller zu erbringender Teilleistungen beider Parteien gegeben. Dementsprechend ist es möglich, das Zurückbehaltungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB hinsichtlich noch zu erbringender Mobilfunkdienstleistungen auszuüben, auch wenn die mit ihr zeitlich korrespondierende (Teil-)Zahlungsforderung noch nicht entstanden oder fällig geworden ist; es genügt, dass die (fällige) Zahlung für zeitlich nicht korrespondierende vorangegangene zeitliche Abschnitte nicht erbracht worden ist (Schöpflin, aaO S. 110; Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 205; Kropf/ Harder, aaO Rn. 164; vgl. auch Blank, Die Rechtsbeziehungen zwischen Anbietern und Endkunden im Sprachtelefondienst nach der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes , 2002, S. 196 f; a.A. Eckert, aaO S. 535 f Rn. 107; Grosskopf/Taubert, CR 1998, 603, 609: § 273 BGB ist einschlägig).
- 32
- (2) Unter Berücksichtigung der kundenfeindlichsten Auslegung weicht die hier streitgegenständliche Klausel Nr. 11.2 Satz 1 in einer Treu und Glauben widersprechenden Weise von § 320 Abs. 2 BGB ab. Danach darf ein Gläubiger nicht seine gesamte Leistung zurückbehalten, wenn nur ein verhältnismäßig geringfügiger Teil der Gegenleistung offen steht. Die Klausel Nr. 11.2 nennt hier einen festen Betrag in Höhe von 15,50 €. Nach Meinung der Beklagten soll dieser - absolut gesehen kleine - Betrag deshalb als nicht verhältnismäßig geringfügig anzusehen sein, weil er dem monatlichen Netto-Durchschnittsumsatz aus Mobilfunklaufzeitverträgen mit Privatkunden entspreche. Dem ist zum einen entgegen zu halten, dass Durchschnittswerte lediglich einen Mittelwert darstellen , der in nicht wenigen Fällen erheblich überschritten wird.
- 33
- Zum anderen kommt entscheidend hinzu, dass die Beklagte mit dem Betrag von 15,50 € in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur knapp über 20 % des Betrages als Voraussetzung für die Sperre angesetzt hat, den der Gesetzgeber im Festnetzbereich in § 45k Abs. 2 Satz 1 TKG in Höhe von 75 € festgeschrieben hat. Zwar ist § 45k Abs. 2 TKG nicht auf Mobilfunkverträge anwendbar (Senatsurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 179/08, NJW 2009, 1334 Rn. 18). Gleichwohl kann die Wertung des Gesetzgebers bei Telefondienstleistungsverträgen im Festnetzbereich bei der Beurteilung der Angemessenheit Allgemeiner Geschäftsbedingungen für den Mobilfunkbereich nicht außer Acht gelassen werden (vgl. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 307 BGB Rn. 167; jeweils zu § 19 TKV Landgericht München I, CR 2008, 31, 32; Köhler, Der Mobilfunkvertrag aaO; Kropf/Harder, aaO; wohl auch Grosskopf /Taubert, aaO S. 608 f; a.A. Kessel in Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, 2008, § 45k Rn. 9; Eckert aaO S. 534 ff Rn. 107). Hierbei ist insbesondere im Blick zu behalten, dass kein sachlicher Grund dafür vorhanden ist, die vom Gesetzgeber für angemessen erachtete Summe bei Mobilfunkverträgen deutlich geringer anzusetzen. Die Interessenlage bei beiden Verträgen weicht nicht in entscheidender Weise voneinander ab. Die Beeinträchtigung der Kundeninteressen durch die Sperrung des Mobilfunkvertrags kann nicht mit der Begründung als wesentlich geringer erachtet werden, bei dem Mobilfunkgerät handele es sich grundsätzlich um ein Zweitgerät und der Kunde werde daher durch die Sperrung nicht gänzlich vom Telefonverkehr ausgeschlossen. Aufgrund der Verbreitung des Mobilfunks kann nicht mehr generell angenommen werden, es bestehe im Regelfall daneben noch ein Festnetzanschluss. Mobilfunkunternehmen richten ihre Werbung auch gerade darauf aus, mit Festnetzdienstleistungen in Konkurrenz zu treten (vgl. Landgericht München I aaO). Im Übrigen bringt für viele Kunden, die häufig unterwegs sind und immer erreichbar sein müssen, die Sperre des Mobilfunkanschlusses keine geringeren Nachteile mit sich als die Sperre ihres Festnetzanschlusses. Darüber hinaus können Mobilfunkdienstleistungen jedenfalls nicht als durchgehend preislich günstiger bezeichnet werden, so dass es auch insoweit nicht gerechtfertigt ist, im Mobilfunkbereich von den vom Gesetzgeber als angemessen angesehenen Werten im Festnetzbereich erheblich nach unten abzuweichen.
- 34
- vorliegend Ob eine unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten auch deshalb anzunehmen ist, weil nach Nr. 11.2 - im Unterschied zu der nach § 45k Abs. 2 Satz 1 TKG für den Festnetzbereich geltenden Rechtslage - eine Sperre auch ohne eine mindestens zwei Wochen zuvor erteilte schriftliche Androhung erfolgen kann, kann dahinstehen.
- 35
- (3) Dieser Wertung kann die Beklagte auch nicht mit dem Argument begegnen , dass bereits bei einem Verzug von 15,50 € der Schluss gerechtfertigt sei, ihr Anspruch auf die Gegenleistung sei wegen mangelnder Leistungsfähigkeit als gefährdet anzusehen (§ 321 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ein solcher Schluss ist insbesondere dann nicht gerechtfertigt, wenn es sich um eine Teilleistung handelt , die sich - wie hier - als geringfügig im Sinne des § 320 Abs. 2 BGB darstellt.
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 17.06.2009 - 26 O 150/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 22.01.2010 - 6 U 119/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, welche unter der Bezeichnung "Studio " ein Sportstudio betreibt, die Verwendung einer Klausel in ihren vorformulierten Mitgliedsverträgen zu unterlassen.
- 2
- Der Kläger ist ein nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 4 UKlaG in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragener Verbraucherverband; er beanstandet (inzwischen nur noch) die Verwendung der Klausel unter Nummer 10 der Mitgliedsverträge der Beklagten, die folgenden Wortlaut hat: "Das Mitglied erteilt dem Studio , soweit keine Überweisung vereinbart wird, bis auf Widerruf die Berechtigung, den Beitrag per Bankeinzug monatlich abzubuchen."
- 3
- Im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang damit ist direkt unter der einzeiligen Nummer 11 die Angabe der maßgeblichen Konto- und Bankdaten des Kunden vorgesehen.
- 4
- Der Kläger hält diese Bestimmung nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB für unwirksam, weil sich aufgrund der Verwendung des Begriffes "abzubuchen" aus der maßgeblichen Sicht der Kunden die Verpflichtung und Zustimmung ergebe , am Abbuchungsauftragsverfahren teilzunehmen. Eine solche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteilige den Vertragspartner aber unangemessen und sei daher rechtswidrig.
- 5
- Das Landgericht hat die Beklagte in Bezug auf eine weitere, von dem Kläger beanstandete Vertragsklausel durch Teil-Anerkenntnisurteil antragsgemäß verurteilt, hinsichtlich der noch im Streit befindlichen Nummer 10 der Mitgliedsverträge die Klage aber abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein über den zuerkannten Teil hinaus gehendes Unterlassungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, grundsätzlich sei es zulässig, einen Verbraucher durch eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verpflichten, am Lastschriftverfahren, und zwar in der Form des Einzugsermächtigungsverfahrens , teilzunehmen, jedenfalls, wenn, wie hier, die Beklagte von ihren Kunden regelmäßig einen Mitgliedsbeitrag in monatlich gleich bleibender Höhe fordere. Nummer 10 des Vertragsformulares enthalte aber nur eine Einzugsermächtigung, nicht dagegen die Erklärung zur Teilnahme an dem den Kunden unangemessen benachteiligenden Abbuchungsauftragsverfahren. Dabei sei von ausschlaggebender Bedeutung, dass das Vertragsformular der Beklagten weder bereits eine Willenserklärung der Kunden gegenüber der eigenen Bank, wie dies für das Abbuchungsauftragsverfahren notwendig sei, noch eine Verpflichtung, einen derartigen Auftrag zu erteilen, enthalte. Mit der Verwendung des Wortes "abzubuchen" sei keine Zuordnung zum Abbuchungsauftragsverfahren verbunden. Dieser Begriff werde vielmehr für jede Art der Belastungsbuchung durch Lastschriften verwendet. Da somit die vorgenommene Auslegung der beanstandeten Vertragsklausel im Sinne der Erteilung einer Einzugsermächtigung eindeutig sei, komme der Gesichtspunkt der "kundenfeindlichsten Auslegung" nicht zum Tragen.
- 8
- Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
II.
- 9
- 1. a) Der Kläger ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) klagebefugt, weil er in die vom Bundesverwaltungsamt geführte Liste der qualifizierten Einrichtungen (gemäß dem zum damaligen Zeitpunkt geltenden § 22a Abs. 1 AGBG) eingetragen ist.
- 10
- b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Wirksamkeit der beanstandeten Klausel in den vorformulierten Mitgliedsverträgen der Beklagten sind in der Revisionsinstanz auch insoweit uneingeschränkt überprüfbar, als sie auf einer Auslegung beruhen.
- 11
- Seit der mit der Zivilprozessnovelle 2002 geschaffenen Statthaftigkeit der Revision auch gegen Urteile des Landgerichts kann das Revisionsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen grundsätzlich auch dann selbst auslegen, wenn die Klausel nur im Bezirk eines Oberlandesgerichts angewendet wird. Denn es genügt, dass eine unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Berufungsgerichte - verschiedene Landgerichte, verschiedene Oberlandesgerichte oder ein Landgericht und ein Oberlandesgericht - denkbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - NJW 2005, 2919, 2921).
- 12
- 2. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die formularmäßige Verpflichtung eines Verbrauchers zur Erteilung einer Einzugsermächtigung sei grundsätzlich zulässig.
- 13
- Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Januar 1996 (XII ZR 271/04 - NJW 1996, 988, 989 f.) kann dabei jedenfalls dann nicht von einer unangemessenen Benachteiligung der Vertragspartner des Verwenders ausgegangen werden, wenn es sich um die Sollstellung geringfügiger Beträge handelt oder wenn es um größere Beträge geht, die in regelmäßigen und gleich bleibender, von vornherein feststehender Höhe eingezogen werden, wie dies auch bei den Mitgliedsbeiträgen eines Fitnessstudios üblicherweise der Fall ist.
- 14
- Dem ist der erkennende Senat mit Urteil vom 23. Januar 2003 (III ZR 54/02 - NJW 2003, 1237) gefolgt und hat lediglich für die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Anbieters von Mobilfunkdienstleistungen im Hinblick auf die dabei zu berücksichtigenden - hier nicht relevanten - Besonderheiten Einschränkungen dahingehend für erforderlich gehalten, dass dem Kunden zwischen Zugang der Rechnung und dem Einzug des Rechnungsbetrages ausreichend Zeit - mindestens fünf Werktage - verbleiben müsse, um die Rechnung zu prüfen und gegebenenfalls für eine ausreichende Deckung seines Girokontos zu sorgen.
- 15
- 3. An der danach grundsätzlich zulässigen bindenden Vorgabe der Zahlungsweise in Form des Einzugsermächtigungsverfahrens in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist festzuhalten, bringt doch die Teilnahme an dieser weit verbreiteten (vgl. die Hinweise z.B. bei: van Gelder, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechtshandbuch Band I, 3. Auflage 2007, § 58 Rn. 152; Strube, in: Assies/Beule/Heise/Strube, Bank- und Kapitalmarktrecht, 1. Auflage 2008, Kapitel 3, Rn. 113) Art des Lastschriftverfahrens für den Verwender und Zahlungsempfänger erhebliche Rationalisierungseffekte, vor allem Organisations- und Buchungsvorteile mit sich und ist spürbar kostengünstiger (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1996, aaO, S. 989).
- 16
- Für den Verbraucher ist diese Form der bargeldlosen Zahlung ebenfalls von Vorteil, er wird von der Überwachung der Fälligkeitstermine entbunden und kann sich passiv verhalten. Darüber hinaus ist die Einzugsermächtigung für ihn risikolos, weil er der Belastung seines Kontos durch Widerruf entgegentreten kann und das Insolvenzrisiko bei unberechtigtem Einzug bei der Gläubigerbzw. der Schuldnerbank verbleibt; die für ihn damit verbundenen Nachteile fallen dagegen nicht maßgeblich ins Gewicht (zu den Einzelheiten eingehend: BGH, Urteil vom 10. Januar 1996, aaO; vgl. auch Staudinger/Coester, BGB Neubearbeitung 2006, § 307 Rn. 525; van Gelder, aaO, § 56 Rn. 65 ff.; H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Auflage, 2006, Anh. zu § 310, Rn. 521).
- 17
- 4. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die das Abbuchungsverfahren (Abbuchungsauftragsverfahren) vorsehen, benachteiligen den Verbraucher dagegen regelmäßig unangemessen. Denn bei dieser zweiten Art des Lastschriftverfahrens erteilt er seiner Bank (der Zahlstelle) im Voraus einen Auftrag im Sinne einer (General-)Weisung nach § 675 Abs. 1, § 665 BGB, Lastschriften des darin bezeichneten Gläubigers einzulösen. Die Bank belastet dementsprechend das Konto mit seiner - des Kontoinhabers - Zustimmung. Darum kann er nach Einlösung der Lastschrift die Kontobelastung nicht mehr rückgängig machen (vgl. BGHZ 95, 103, 105), so dass das Abbuchungsverfahren für den Bezogenen ganz erhebliche Gefahren mit sich bringt und deshalb in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich nicht wirksam vereinbart werden kann (BGH, Urteil vom 10. Januar 1996, aaO, S. 989; OLG Branden- burg NJW-RR 2002, 1640, 1641; Hadding/Häuser, in: MünchKommHGB, Band 5, 2001, Recht des Zahlungsverkehrs, Rn. C 112).
- 18
- 5. Die Auslegung des Berufungsgerichts, die von der Beklagten in ihren Vertragsformularen verwendete Lastschriftklausel (Nummer 10) benachteilige ihre Vertragspartner nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil damit lediglich eine Einzugsermächtigung vereinbart werde, dagegen eine Verpflichtung zur Teilnahme am Abbuchungsauftragsverfahren darin nicht gesehen und die Bestimmung so auch nicht verstanden werden könne , erweist sich indes als rechtsfehlerfrei. Entgegen der Auffassung der Revision ist nicht davon auszugehen, dass bei der Auslegung an dem Bedeutungsgehalt der Klausel maßgebliche Zweifel bestehen bleiben und der Kunde sich für verpflichtet halten könnte, einen Abbuchungsauftrag zu erteilen.
- 19
- a) Nach ständiger Rechtsprechung gilt im Zusammenhang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Grundsatz der objektiven Auslegung. Danach sind diese ausgehend von den Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (st. Rspr.; BGHZ 77, 116, 118; 102, 384, 389 f.; BGH, Urteile vom 19. Januar 2005 - XII ZR 107/01 - NJW 2005, 1183, 1184 und vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06 - NJW 2007, 504, 505; Basedow, in: MünchKomm BGB, 5. Auflage 2007, § 305c BGB, Rn. 22 f.).
- 20
- wenn Nur nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden Zweifel verbleiben und mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar sind, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB, bei der im Verbandsprozess die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 23. Januar 2003, aaO, S. 1238), zur Anwendung (BGHZ 112, 65, 68 f.; BGH, Urteile vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02 - NJW-RR 2003, 1247 und vom 15. November 2006, aaO, S. 506.; BAG BB 2006, 386 f.; 2532; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage 2008, § 305c Rn. 18).
- 21
- b) Selbst wenn der Wortlaut der Nummer 10 des Vertragsformulars der Beklagten wegen Verwendung der auf den ersten Blick gegensätzlich wirkenden Begriffe "Bankeinzug" und "abbuchen" noch nicht eindeutig erscheinen mag, hat das Berufungsgericht bei der vorzunehmenden Auslegung unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze und des gesamten Inhalts des Vertragsformulars Inhalt und Tragweite der Klausel nicht verkannt; das ermittelte Ergebnis ist im Sinne der Erteilung einer Einzugsermächtigung zutreffend.
- 22
- aa) Nach allgemein verbreitetem Verständnis verbindet der Verbraucher mit dem Einzugsermächtigungs- oder Einzugsverfahren eine Erklärung gegenüber seinem Vertragspartner, mit der diesem gestattet werden soll, anstelle einer Barzahlung oder einer Überweisung durch Vorlage einer entsprechenden Lastschrift bei der Bank des Zahlungspflichtigen die Begleichung fällig werdender Beträge zu veranlassen.
- 23
- Im Hinblick auf die Verkehrsüblichkeit und das weit häufigere Vorkommen (vgl. van Gelder, aaO; Strube, aaO) dieser Variante des Lastschriftverfahrens ist deshalb grundsätzlich das bekanntere und schuldnerfreundlichere Einzugsermächtigungsverfahren als vereinbart anzusehen.
- 24
- bb) Demgegenüber ist die Annahme, es sei die "weitere" Abwicklungsform des Lastschriftverfahrens, das Abbuchungsauftragsverfahren, vereinbart worden, regelmäßig fern liegend. Eine andere Beurteilung wäre nur dann gerechtfertigt , wenn dies deutlich zum Ausdruck kommt oder aus der Klausel oder sonstigen Umständen hervorgeht, der Schuldner solle verpflichtet sein, seiner Bank, der Zahlstelle, sogar eine generelle Anweisung zu erteilen, Lastschriften im Abbuchungsauftragsverfahren einzulösen (vgl. Hadding/Häuser, aaO, Rn. C 109; LG Berlin WM 1975, 530, 531). Für ein derartiges Verständnis finden sich jedoch in dem Vertragsformular keine Anhaltspunkte.
- 25
- (1) Bei dieser Beurteilung ist außerdem von maßgeblicher Bedeutung, dass aus Sicht des Verbrauchers ausschließlich eine entsprechende - insoweit abschließende - Willenserklärung gegenüber dem Gläubiger, dem Vertragspartner , abzugeben ist, während das Abbuchungsauftragsverfahren eine Willenserklärung ausdrücklich gegenüber der Bank des Kunden erfordert. Das Vertragsformular der Beklagten enthält aber ersichtlich nur Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien. Auch sonst ist weder der Klausel noch dem übrigen Vertragsinhalt eine Verpflichtung des Schuldners zu entnehmen, seiner Bank über die bereits im Vertrag enthaltenen Erklärungen hinaus nunmehr noch einen Abbuchungsauftrag zu erteilen.
- 26
- (2) Dies gilt umso mehr, wenn, wie hier, das dem Kunden im Zusammenhang mit dem Einzugsermächtigungsverfahren vertraute Wort "Bankein- zug" verwendet wird und alle Umstände nur auf diese Art des Lastschriftverfahrens hindeuten.
- 27
- So wird dieser Begriff in Nummer 10 selbst und zuvor schon in Nummer 8 des Vertragsformulars benutzt, so dass er für den Verbraucher im Vordergrund steht und ihm nach allgemeinem Sprachverständnis deutlich macht, es handele sich hierbei um die ihm aus der Erfüllung einer Vielzahl von regelmäßig wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen des täglichen Lebens geläufige und unter diesem Begriff bekannte Form des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.
- 28
- (3) Zwar mag die im Vertragsformular vorgesehene Angabe der Kontodaten für sich allein noch kein ausreichender Hinweis darauf sein, dass es sich lediglich um das Einziehungsermächtigungsverfahren handelt, weil die Beklagte zur Einreichung von Lastschriften auch im Abbuchungsauftragsverfahren die Bankdaten ihrer Kunden ebenfalls benötigte.
- 29
- Indes ist gerade in Verbindung mit dem Wort "Bankeinzug" und dem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit den Kontodaten davon auszugehen , dass sich mit dieser Angabe und der entsprechenden Erklärung nur gegenüber der Beklagten die Annahme verstärkt, der Kunde habe die Abwicklung der Begleichung des Mitgliedsbeitrages nunmehr in vollem Umfang in die Hand der Beklagten gegeben, die von ihm geforderte Verpflichtung insoweit bereits vollständig erfüllt und er - der Kunde - müsse nun nichts weiter dazu beitragen.
- 30
- c) Etwas anderes ergibt sich nicht durch die Verwendung des Wortes "abzubuchen" am Ende der beanstandeten Vertragsklausel.
- 31
- Dies bewirkt keine zwangsläufige Zuordnung zum Abbuchungsauftragsverfahren und lässt keine Zweifel an dem sich für den Kunden aus den aufgeführten Umständen erschließenden Bedeutungsgehalt, nur eine Einzugsermächtigung erteilt zu haben, aufkommen. Der Begriff beschreibt vielmehr die Abwicklung bei der Bank und macht nach allgemeinem und so verstandenem Sprachgebrauch lediglich den Vorgang des Einlösens der Lastschrift und die Belastung des Kontos auf Initiative des Zahlungsempfängers, hier der Beklagten , gegenüber der Bank des Kunden deutlich.
- 32
- Im Übrigen werden die Begriffe "Abbuchen" und "Einlösen" im Zusammenhang mit dem Lastschriftverfahren und seinen beiden Arten entgegen der Auffassung der Revision sowohl in der Fachliteratur als auch umgangssprachlich synonym verwendet, ohne dass dabei dem Wort "Abbuchen" eine Zuordnung zu dem und ein Hinweischarakter gerade auf das Abbuchungsauftragsverfahren zukommt (vgl. z.B. die vorgeschlagene Formulierung in formularmäßigen Mustertexten für eine Einziehungsermächtigung: "Ich ermächtige … von meinem Konto einzuziehen" - so van Gelder, aaO, § 57 Rn. 3 - sowie für einen Abbuchungsauftrag : "Hiermit bitte ich, die … eingehenden Lastschriften zu Lasten … Girokonto Nr. … einzulösen" - van Gelder, aaO, § 57 Rn. 57; vgl. zur Verwendung der Begriffe auch Strube, aaO - dort wird das Wort Abbuchen ebenfalls ohne weiteres im Zusammenhang mit einer Einziehungsermächtigung benutzt).
- 33
- Diesen beiden Begriffen ist deshalb lediglich gemein, dass sie im allgemeinen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit der Belastung eines Kontos unterschiedslos verwendet und den bloßen "Buchungsvorgang" bei der Bank beschreiben.
Harsdorf-Gebhardt Hucke
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.05.2005 - 10 O 274/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.06.2007 - 15 U 66/05 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach §§ 13 Abs. 2 Nr. 1, 22a AGBG, §§ 4, 16 Abs. 4 UKlaG eingetragen ist. Der Beklagte ist ein bundesweit tätiges Krankenversicherungsunternehmen. Er verwendet Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung(AVB). In deren Teil I heißt es unter anderem (insoweit wortgleich mit entsprechenden Bestimmungen in den empfohlenen Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung/MB/KK 94): "§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten , Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. Er gewährt im Versicherungsfall
a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen , ... (2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen ... (3) Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus dem Versicherungsschein, späteren schriftlichen Vereinbarungen , den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Musterbedingungen mit Anhang, Tarif mit Tarifbedingungen) sowie den gesetzlichen Vorschriften ...
§ 4 Umfang der Leistungspflicht I. ... (2) Der versicherten Person steht die Wahl unter den niedergelassenen approbierten Ärzten und Zahnärzten frei. Soweit die Tarifbedingungen nichts anderes bestimmen, dürfen Heilpraktiker im Sinne des deutschen Heilpraktikergesetzes in Anspruch genommen werden ...
(6) Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für Untersuchungs - oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Er leistet darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen; der Versicherer kann jedoch seine Leistungen auf den Betrag herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandener schulmedizinischer Methoden oder Arzneimittel angefallen wäre." Der Kläger hält § 4 I (6) AVB mit Ausnahme des letzten Halbsatzes wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG für unwirksam und nimmt den Beklagten im Wege der Verbandsklage auf Unterlassung in Anspruch. Das Landgericht (NVersZ 2000, 274) und das Oberlandesgericht (VersR 2001, 849) haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Die beanstandete Klausel ist wirksam. Sie hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, § 307 Abs. 1 und 2 BGB n.F. stand.
I. Das Berufungsgericht nimmt an, die beanstandete Klausel sei nicht gemäß § 8 AGBG der Inhaltskontrolle entzogen. Bei der im Verbandsprozeß vorzunehmenden kundenfeindlichsten Auslegung sei § 4 I
(6) Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 AVB ("oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen") dahin zu verstehen, daß bei unheilbaren und/oder wenig erforschten Krankheiten die Kosten alternativer Methoden nur dann übernommen würden, wenn keine schulmedizinischen Ansätze vorhanden seien. Da schwer vorstellbar sei, daß es Krankheiten gebe, zu deren Behandlung überhaupt kein schulmedizinischer Ansatz vorhanden sei, führe die Klausel bei den genannten Krankheiten praktisch zu einem Ausschluß für Leistungen auf Kosten alternativer Methoden. Dies stelle eine wesentliche Einschränkung der vertraglichen Rechte des Versicherungsnehmers dar, die den Vertragszweck im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG gefährde. Die Klausel verstoße auch gegen das Transparenzgebot. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei nicht durchschaubar, daß der Beklagte entgegen der umfassenden Leistungszusage in § 1 I (1), (2) AVB eine Leistungspflicht uneingeschränkt nur bei Kosten schulmedizinischer Behandlungen übernehmen, Kosten alternativ-medizinischer Methoden jedoch nur bei vom Versicherungsnehmer zu beweisender Gleichwertigkeit, bei unheilbaren und/oder unerforschten Krankheiten dagegen überhaupt nicht erstatten wolle.
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
1. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht darin, daß § 8 AGBG, jetzt § 307 Abs. 3 BGB n.F., die Kontrolle nicht hindert, weil die Klausel das schon in § 1 I (1), (2) AVB gegebene Hauptleistungsversprechen durch nähere Konkretisierung ausgestaltet. Solche Klauseln sind kon-
trollfähig (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 1 a und 2 und vom 22. November 2000 - IV ZR 235/99 - VersR 2001, 184 unter A II 1).
2. Das Berufungsgericht hat auch richtig gesehen, daß vor der Prüfung der Klausel ihr Inhalt durch Auslegung zu ermitteln ist.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85). Auch im Verbandsklageverfahren rechtfertigen danach theoretisch denkbare, praktisch aber völlig fernliegende und nicht ernstlich in Betracht zu ziehende Auslegungsmöglichkeiten kein Klauselverbot (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1998 - III ZR 226/97 - NJW 1999, 276 unter 3 b, aa m.w.N.; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. § 5 Rdn. 6, 26).
b) Danach ist die Klausel wie folgt auszulegen.
aa) § 4 I (6) Satz 1 AVB regelt die Leistungspflicht für Untersuchungs - oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Nach Satz 2 Halbs. 1 umfaßt die Leistungspflicht "darüber hinaus" in zwei Fällen auch andere Methoden und Arzneimittel.
bb) Die 1. Alternative in Satz 2 betrifft die Erstattung von Aufwendungen , die bei einer Heilbehandlung unter Anwendung von Methoden und Arzneimitteln der alternativen Medizin entstehen. Das ergibt sich für den verständigen Versicherungsnehmer ohne weiteres schon aus der Gegenüberstellung von Satz 1 und der nunmehr gewählten Umschreibung der Leistungspflicht für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben. Aus dem Erfordernis der auf Satz 1 verweisenden "ebenso erfolgversprechenden" Bewährung in der Praxis entnimmt der Versicherungsnehmer zweierlei. Zum einen müssen Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich aufgrund praktischer Erfahrung grundsätzlich geeignet sein, den angestrebten Erfolg der Heilbehandlung im Sinne des § 1 (1), (2) AVB (vgl. dazu BGHZ 133, 208, 211) ebenso zu bewirken wie Methoden und Arzneimittel der Schulmedizin. Zum anderen kommt es nur auf die gleiche Erfolgsprognose ("erfolgversprechend") und nicht darauf an, daß sich die Heilbehandlungen etwa in Art, Ausführung und Dauer gleichen.
cc) Die 2. Alternative bezieht sich demgemäß auf Heilbehandlungen , für die zum einen keine schulmedizinischen Methoden und Arzneimittel im Sinne von Satz 1 und zum anderen keine ebenso erfolgversprechenden anderen Methoden und Arzneimittel im Sinne der 1. Alternative von Satz 2 Halbs. 1 zur Verfügung stehen. Gibt es aber weder schulmedizinisch überwiegend anerkannte noch andere ebenso erfolgversprechende Methoden und Arzeimittel, wird der Versicherungsnehmer den Anwendungsbereich der 2. Alternative auf Methoden und Arzneimittel beziehen, die insbesondere im Bereich der unheilbaren oder unerforschten Krankheiten angewandt werden, gleichviel ob die Behand-
lungsansätze der Schulmedizin oder der Alternativmedizin zuzuordnen sind.
Danach ist für den vom Berufungsgericht gewählten Auslegungsansatz von vornherein kein Raum. Denn seine Auslegung würde zu dem einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht mehr verständlichen und sinnwidrigen Ergebnis führen, daß das in Satz 2 Halbsatz 1 enthaltene Leistungsversprechen für Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin für die 2. Alternative ohne jeden Inhalt wäre.
3. In dieser Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle stand. Der Prüfung ist einerseits § 307 Abs. 1 und 2 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung zugrunde zu legen, weil der erhobene Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00 - WM 2002, 1989 unter II 1). Andererseits ist auch § 9 AGBG noch zu beachten, da eine Verurteilung, die Verwendung der Klausel zu unterlassen, den Beklagten auch daran hindern würde, sich bei der Abwicklung früher geschlossener Verträge auf die Klausel zu berufen (vgl. BGHZ 127, 35, 38; BGH, Urteil vom 18. April 2002 - III ZR 199/01 - NJW 2002, 2386 unter II). Die beanstandete Klausel hat weder eine Gefährdung des Vertragszwecks noch sonst eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers zur Folge (ebenso OLG Köln VersR 2001, 851; für eine Wirksamkeit der Klausel ferner OLG Frankfurt VersR 2001, 848 und OLG Karlsruhe VersR 2001, 180), auch nicht in Form eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot.
a) Die Regelung über die Leistungspflicht für Methoden und Arzneimittel , die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind oder die
sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben, ist nicht zu beanstanden. Sie beachtet die Anforderungen im Senatsurteil vom 23. Juni 1993 (BGHZ 123, 83, 88, 92).
Danach entspricht es dem billigenswerten Interesse des Versicherers wie den berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers, daß nur Kosten für diejenigen Behandlungsmethoden erstattet werden, die sich in der Praxis als erfolgversprechend bewährt haben, wenn solche Methoden für die zu behandelnde Krankheit zur Verfügung stehen. Das sind einerseits Methoden, die in der Schulmedizin zumindest überwiegende Anerkennung gefunden haben, andererseits Methoden der alternativen Medizin, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben.
Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers liegt auch nicht darin, daß er darlegen und beweisen muß, daß die angewandten Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben wie die der Schulmedizin. Seiner Darlegungslast kann er zunächst dadurch genügen , daß er eine Stellungnahme des behandelnden Arztes vorlegt. Demgegenüber wird der Versicherer, der dennoch die Leistung verweigert, dies redlicherweise zu begründen haben. Beweisen muß der Versicherungsnehmer im Streitfall nur das, was er auch ohne die beanstandete Klausel zu beweisen hätte, daß nämlich die Heilbehandlung medizinisch notwendig war im Sinne von § 1 I (2) AVB (vgl. BGHZ 133, 208, 211). Er hat darüber hinaus auch sonst zu beweisen, daß seine Aufwendungen für die Behandlung unter den Umfang des Versicherungsschutzes fallen
(§ 1 I (3) AVB und die dort genannten weiteren Vereinbarungen und Bestimmungen
).
b) Die Regelung über die Leistungspflicht für den Fall, daß weder von der Schulmedizin überwiegend anerkannte Methoden und Arzneimittel noch ebenso erfolgversprechende der Alternativmedizin zur Verfügung stehen (Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2), ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Danach besteht bei unheilbaren und noch nicht erforschten Krankheiten dann ein Erstattungsanspruch, wenn eine medizinisch notwendige Heilbehandlung durchgeführt worden ist, und zwar unabhängig davon, ob ihr schulmedizinische oder alternativmedizinische Ansätze zugrunde liegen. Die Klausel entspricht den Grundsätzen, die in den Senatsentscheidungen vom 23. Juni 1993 (BGHZ 123, 83, 89, 90, 92) und vom 10. Juli 1996 (BGHZ 133, 208 ff.) für die Leistungspflicht bei derartigen Krankheiten ausgesprochen worden sind.
c) Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht vor. Die Klausel enthält bei zutreffender Auslegung nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers eine auch für ihn durchschaubare abgestufte Regelung der Leistungspflicht für schulmedizinische und nicht schulmedizinische Behandlungen (so zutreffend OLG Köln VersR 2001, 851 ff.).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Frau RiBGH Ambrosius kann Dr. Kessal-Wulf wegen Krankheit nicht unterschreiben. Terno
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- R. (fortan Schuldner) trat mit einer als Abtretungsvertrag bezeichneten Abrede vom 10. Oktober 2000 seine Forderung aus dem Sparguthaben Konto-Nummer bei der B. B. (künftig Bank) in Höhe von 80.000 DM (= 40.903,35 €) zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der V. (fortan V) als Kautionsversicherer an diese ab. In der Vereinbarung war festgehalten, dass die Abtretung gegenstandslos werde, wenn die V schriftlich mitteile, dass sie daraus keine Ansprüche mehr geltend machen werde.
- 2
- Die Klägerin gewährte der S mbH aufgrund des Darlehensvertrages vom 26. Januar 2004 ein Darlehen in Höhe von 50.000 €. Nach diesem Vertrag hatte der Gesellschafter St. , der Ehemann der Klägerin, seine Rentenversicherung als Sicherheit einzusetzen. Mit als Vertragsänderung zum Darlehensvertrag bezeichneter Abrede vom 10. Februar 2004 vereinbarten die Beteiligten einen Sicherheitenaustausch. Danach trat der Schuldner sein Sparkonto bei der B. in Höhe von 41.761,34 € "unwiderruflich" als neue Sicherheit für das Darlehen an die Klägerin ab. Am 9. Juli 2007 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Verwalter kündigte das Sparguthaben des Schuldners mit Schreiben vom 27. November 2007 gegenüber der Bank. Die V teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 31. März 2008 mit, sie benötige die Sicherheit in Höhe von 14.011,91 €, der darüber hinausgehende Betrag werde freigegeben. Mit Schreiben vom 22. April 2009 erklärte die V abschließend, sie leite aus der Sicherheit keine Ansprüche mehr her. Das Sparguthaben in Höhe von 41.761,34 € wurde auf ein Konto des Beklagten überwiesen.
- 3
- Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Auszahlung des eingezogenen Betrages und Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klage lediglich in Höhe von 857,99 € und wegen der außergerichtlichen Kosten hinsichtlich eines Freistellungsbetrages von 48,70 € für begründet angesehen und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageansprüche weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Als der Schuldner am 10. Februar 2004 die Forderung gegen die erneut abgetreten habe, sei er nur in Höhe eines Betrages von 857,99 € verfügungsberechtigt gewesen. Im Übrigen habe er als Nichtberechtigter gehandelt. Insoweit sei die Abtretung unwirksam gewesen. Mit der Freigabeerklärung der V habe der Schuldner die Forderungen im Wege der Abtretung wiedererlangt. Ein in Betracht zu ziehender Forderungserwerb der Klägerin scheitere daran, dass diesem Erwerb keine Rückwirkung zukomme und deshalb die Bestimmung des § 91 InsO eingreife. Diese Vorschrift schließe den Erwerb von Rechten an Gegenständen der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus, wie der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 25. September 2003 (IX ZR 213/03, NZI 2004, 29) für eine vergleichbare Fallgestaltung entschieden habe.
- 6
- Die Frage nach einem Direkterwerb oder einem Durchgangserwerb stelle sich nur dann, wenn über ein erst künftig entstehendes Recht verfügt werde. Werde dagegen - wie hier - das Vollrecht durch einen Nichtberechtigten übertragen , so erhalte der Erwerber dieses Recht nur unter den in § 185 BGB genannten Voraussetzungen. Das bedeute, dass der Erwerb ohne Rückwirkung erfolge und deshalb in die Insolvenzmasse falle.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.
- 8
- 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Schuldner habe mit der Forderungsabtretung vom 10. Februar 2004 an die Klägerin als Nichtberechtigter gehandelt, ist zutreffend. Verfügt der Zedent über eine bereits abgetretene Forderung erneut durch eine zweite Abtretung, so handelt es sich bei der Zweitabtretung um die Verfügung eines Nichtberechtigten (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 - II ZR 311/88, NJW 1990, 2678, 2680; MünchKommBGB /Bayreuther, 6. Aufl., § 185 Rn. 18). Die zweite Abtretung kann allerdings wirksam werden, falls der Verfügende die Forderung durch Rückabtretung wiedererlangt , wobei eine Rückwirkung ausscheidet (BGH, Urteil vom 23. Mai 1962 - V ZR 123/60, BGHZ 37, 147, 151 f; ferner Beschluss vom 25. September 2003 - IX ZR 213/03, NZI 2004, 29, 30 f). Daher ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts zutreffend, dass - bezogen auf den Erwerb des Vollrechts nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners - eine Konvaleszenz ausscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2003, aaO).
- 9
- 2. Die Revision rügt aber mit Recht, diese rechtliche Beurteilung schöpfe den Prozessstoff nicht hinreichend aus. Das Berufungsgericht hat sich darauf beschränkt, die streitgegenständlichen Vereinbarungen vom 10. Oktober 2000 und vom 10. Februar 2004 - dem reinen Wortlaut folgend - als jeweils auf das Sparguthaben beschränkte Abtretungsvereinbarungen anzusehen. Dies verletzt das rechtliche Gebot einer beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 93/09, WRP 2011, 1302 Rn. 26 mwN).
- 10
- a) Hinsichtlich der Vertragsänderung vom 10. Februar 2004 geht es um die Auslegung einer Individualvereinbarung. Diese ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099; vom 13. März 2003 - IX ZR 199/00, NJW 2003, 2235, 2236, vom 29. Mai 2008 - IX ZR 45/07, WM 2008, 1456 Rn. 23). Das Revisionsgericht prüft lediglich nach, ob dieser die gesetzlichen Auslegungsregeln, die anerkannten Auslegungsgrundsätze , die Denkgesetze und die Erfahrungssätze beachtet hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - IX ZR 10/90, WM 1990, 1549, 1551; vom 29. März 2000 - VIII ZR 297/98, NJW 2000, 2508, 2509; vom 29. Mai 2008, aaO).
- 11
- Nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen hat der Tatrichter bei seiner Willenserforschung insbesondere den mit der Absprache verfolgten Zweck (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1989 - VI ZR 78/89, BGHZ 109, 19, 22; vom 16. Oktober 1997 - IX ZR 164/96, WM 1997, 2305, 2306; vom 17. März 2011, aaO Rn. 18) und die Interessenlage der Parteien (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1997 - XI ZR 260/96, BGHZ 137, 69, 72; vom 17. Mai 2004 - II ZR 261/01, WM 2004, 1286; vom 29. Mai 2008, aaO Rn. 24) zu berücksichtigen, ferner die sonstigen Begleitumstände, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (vgl. BGH, Urteil vom 18. Februar 1993 - IX ZR 108/92, ZIP 1993, 749, 750; vom 16. Oktober 1997, aaO). Dazu kann auch die Entstehungsgeschichte einer vertraglichen Vereinbarung gehören, jedenfalls soweit Entwürfe angefertigt oder Vorbesprechungen geführt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 1981 - IVa ZR 103/80, NJW 1981, 2295; vom 23. Februar 1987 - II ZR 183/86, NJW 1987, 2437, 2438). Schließlich darf der Auslegungsgrundsatz nicht vernachlässigt werden, wonach im Zweifel derjenigen Auslegung der Vorzug gebührt, welche die Nichtigkeit des Rechtsge- schäfts vermeidet (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. September 2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153, 158 f; vom 17. März 2011, aaO Rn. 26).
- 12
- b) Dem tragen die Auslegungserwägungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend Rechnung.
- 13
- aa) Eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Abrede vom 10. Februar 2004 fehlt, insbesondere mit dem in der Fassung als "unwiderrufliche" Abtretung zum Ausdruck kommenden verstärkten Bindungs- und Gewährleistungswillen des Sicherungsgebers. Die Revision weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, hieraus könne abgeleitet werden, der Schuldner habe seine nach der ersten Abtretung bei ihm verbliebene Rechtsposition vollständig und endgültig auf die Klägerin übertragen wollen. Mit den dem Schuldner zum Zeitpunkt der Abtretungserklärung vom 10. Februar 2004 zustehenden Rechten hat sich das Berufungsgericht nicht näher befasst. Es hat lediglich, dem Wortlaut der Vertragsurkunde vom 10. Februar 2004 folgend, die Frage der Abtretung der Guthabenforderung erörtert. Unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der beiderseits interessengerechten Auslegung liegt es hingegen nahe, dass der Schuldner nicht nur das bereits im Jahre 2000 an die V abgetretene Vollrecht, sondern auch die ihm verbliebenen Rechte aus der Sicherheitenabrede auf die Klägerin übertragen hat. Dieses Ergebnis lässt sich zudem auf den schon erwähnten Grundsatz stützen, wonach im Zweifel derjenigen Auslegung der Vorzug gebührt, welche die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet.
- 14
- bb) Das Berufungsgericht hat sich auch nicht mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt, der Bank sei im Dezember 2006 die Erklärung vom 10. Februar 2004 angezeigt worden. Das nachträgliche Verhalten von Ver- tragspartnern kann zwar den bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der wechselseitigen Vertragserklärungen nicht mehr beeinflussen (BGH, Urteil vom 24. Juni 1988 - V ZR 49/87, NJW 1988, 2878, 2879; vom 16. Oktober 1997, aaO). Es kann aber für die Auslegung bedeutsam sein, weil es Anhaltspunkte für den tatsächlichen Vertragswillen enthalten kann (BGH, Beschluss vom 24. November 1993 - BLw 57/93, WM 1994, 267, 268; Urteil vom 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, WM 1993, 1197, 1200; vom 16. Oktober 1997, aaO). Aus diesem Offenbarungsverhalten lässt sich möglicherweise ableiten, dass die Vertragsbeteiligten der Vereinbarung vom 10. Februar 2004 der Klägerin auch einen sicherungsrechtlichen Rückübertragungsanspruch des Schuldners zuweisen wollten (vgl. Bülow, WM 1998, 845 ff).
- 15
- cc) Dem Schuldner stand aus der Sicherheitenabrede gegenüber der V jedenfalls ein schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch hinsichtlich der abgetretenen Guthabenforderung zu, falls die gewährte Sicherheit endgültig nicht mehr bestimmungsgemäß in Anspruch zu nehmen war (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2011 - IX ZR 142/10, NZI 2012, 17 Rn. 12 ff; Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Aufl., § 90 Rn. 130). Möglicherweise kommt auch nach der Fassung der Vereinbarung, die Abtretung werde bei einer schriftlichen Freigabeerklärung gegenstandslos, in Betracht, dass die Übertragung an die V auflösend bedingt vereinbart wurde. Eine derartige Regelung ist allerdings in der Bankpraxis nicht üblich (vgl. Ganter, aaO Rn. 120), aber auch nicht ausgeschlossen. Besteht nur ein schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch des Sicherungsgebers, kann dieser selbst zur Sicherheit abgetreten werden (vgl. Ganter, aaO Rn. 130). Hierbei handelt es sich um eine aufschiebend bedingte Forderung, die dem Sicherungsnehmer, hier der Klägerin, ein Absonderungsrecht auch dann verschafft, wenn die Bedingung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Sicherungsgebers eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - IX ZR 116/92, BGHZ 123, 183, 190; Ganter, aaO Rn. 424; 127).
- 16
- 3. Nach den bisher getroffenen Feststellungen ist nicht auszuschließen, dass die Klägerin mit der Abtretung vom 10. Februar 2004 eine Rechtsposition erlangt hat, die ihr durch die Insolvenzeröffnung nicht mehr genommen werden konnte.
- 17
- a) Eine gesicherte Rechtsposition, die dem Erwerbsverbot des § 91 InsO standhält, erlangt der Zessionar allerdings nur, wenn der abgetretene Anspruch durch Wegfall des Sicherungszwecks im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits entstanden war (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2011, aaO Rn. 12; vom 26. Januar 2012 - IX ZR 191/10, ZIP 2012, 638 Rn. 29 ff). Entsteht die im Voraus abgetretene Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, kann der Zessionar gemäß § 91 Abs. 1 InsO grundsätzlich kein Forderungsrecht zu Lasten der Masse mehr erwerben; nur wenn er bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen Forderung erlangt hat, ist die Abtretung insolvenzfest (BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 8/07, NZI 2010, 682 Rn. 9 mwN; vom 26. Januar 2012, aaO). Gesichert ist eine Rechtsposition beispielsweise dann, wenn der Zedent und der Pfändungsschuldner sie ohne Zustimmung des Zessionars oder des Pfändungspfandgläubigers nicht mehr zerstören können (BGH, Urteil vom 26. Januar 2012, aaO; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 91 Rn. 22).
- 18
- b) Eine insolvenzfeste Rechtsposition erlangte die Klägerin daher nur, soweit im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung der Sicherungszweck bereits endgültig weggefallen und der Rückgewähranspruch aus der Sicherungsabrede deshalb fällig geworden war (vgl. dazu auch Freckmann BKR 2012, 133, 134 f).
III.
- 19
- Das Urteil des Berufungsgerichts unterliegt daher der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit es zum Nachteil der Klägerin erkannt hat. Die Sache ist, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird im Rahmen noch zu treffender tatrichterlicher Feststellungen im Einzelnen zu prüfen haben, ob die Abtretungsvereinbarung vom 10. Februar 2004 auch die dem Schuldner zustehenden Rückübertragungsansprüche gegenüber der V umfasste und diese insolvenzfest (§ 91 InsO) erworben werden konnten. Sollte dies der Fall sein, ist dem auf § 134 InsO gestützten Anfechtungseinwand des Beklagten nachzugehen. Schließlich hat das Berufungsgericht, sollte die geltend gemachte Anfechtung nicht durchgreifen, zu erwägen, ob Feststellungskosten nach § 170 Abs. 1, § 171 Abs. 1 InsO von dem vereinnahmten Sparguthaben in Ab- zug zu bringen sind. Diese stehen dem beklagten Verwalter im Regelfall zu (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - IX ZR 262/01, WM 2002, 1797, 1800).
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 21.04.2009 - 10 O 232/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 27.01.2010 - 7 U 86/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten restlichen Werklohn. Die Beklagten beauftragten die Klägerin mit Bauarbeiten an einem Bauvorhaben in W. unter Vereinbarung der VOB/B. Der Bauvertrag vom 3. März 1998, der auf ein Leistungsverzeichnis mit Einheitspreisen Bezug nimmt, weist eine Auftragssumme von brutto 320.000 DM aus. Der Beklagte ist der Auffassung , damit sei ein Höchstpreis vereinbart. Im Vertrag findet sich die hand-schriftliche Bezeichnung "Einheitspreisvertrag". Nr. 3.5. der von den Beklagten gestellten Vertragsklauseln lautet: "Auch bei einem Einheitspreisvertrag ist die Auftragssumme limitiert. Zusätzliche Leistungen werden nur nach schriftlich erteiltem Auftrag bezahlt." Die Klägerin rechnete die erbrachten Leistungen in ihrer Schlußrechnung vom 27. November 2000 mit 410.245,02 DM ab. Unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen und Kürzungen verlangt sie noch 91.011,60 DM. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 20.406,75 € uneingeschränkt und in Höhe von weiteren 9.884,39 € Zug um Zug gegen Stellen einer Gewährleistungsbürgschaft stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Zurückweisung der Berufung weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 EGBGB).I.
1. Das Landgericht ist nach Beweisaufnahme zur Ansicht gelangt, die Parteien hätten einen Einheitspreisvertrag geschlossen. Die Vertragsklausel Nr. 3.5 sei dahin zu verstehen, daß die der Klägerin zustehende Vergütung ohne Skonto und Nebenkosten auf 320.000 DM begrenzt sei. Das Berufungsgericht ist der Meinung, der Bauvertrag stelle nicht einen Einheitspreisvertrag mit Höchstpreisklausel, sondern einen gewöhnlichen Einheitspreisvertrag dar. Eine solche Höchstpreisklausel wäre zwar individualrechtlich möglich. Eine so verstandene Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wäre jedoch eine ungewöhnliche und seltene Form der Vergabe von Bauleistungen. Zu deren Wirksamkeit wäre deshalb eine eindeutige und unmißverständliche Formulierung erforderlich gewesen. Daran fehle es hier. Der Wortlaut müsse nicht notwendig im Sinne einer Vergütung der Summe als Höchstbetrag verstanden werden. Die Bedenken gegen die Eindeutigkeit der Klausel seien auch nicht durch das Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz ausgeräumt. Da keine Preisdeckelung vereinbart worden sei, sei nach den ermittelten Massen abzurechnen. 2. Dagegen wenden sich die Beklagten im Ergebnis ohne Erfolg.a) Die Verfahrensrüge der Beklagten, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die in erster Instanz erhobenen Beweise anders als das Landgericht gewürdigt, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 564 ZPO).
b) Die Beklagten beanstanden im Ergebnis ohne Erfolg, daß das Berufungsgericht die Klägerin nicht an die Auftragssumme von 320.000 DM für gebunden hält.
aa) Satz 1 der Klausel ist als Höchstpreisklausel zu verstehen. Sie begrenzt die Vergütung auf einen bestimmten Betrag, auch wenn sich bei einer Abrechnung nach Massen und Einheitspreisen ein höherer Betrag ergibt. Diese Klausel ist nicht Vertragsbestandteil geworden (§ 3 AGBG). Die Parteien haben in Nr. 1 unter „Vertragsgegenstand - Vertragsart“ den Vertrag als „Einheitspreisvertrag“ bezeichnet. Diese Bezeichnung ist handschriftlich eingetragen. Dem Vertrag liegt ein Leistungsverzeichnis zugrunde, das mit Einheitspreisen versehen ist. Bei der Vergütung der Bauleistungen wird die Auftragssumme als „Einheitspreissumme“ bezeichnet. Damit ist dem Vertrag das Gepräge eines Einheitspreisvertrages gegeben. Dieser zeichnet sich dadurch aus, daß nach tatsächlichen Massen und Einheitspreisen abgerechnet wird. Eine Klausel, die im weiteren Vertragstext diesen Abrechnungsmodus dadurch verändern will, daß sie eine Limitierung vorsieht, ist überraschend. Ein Auftragnehmer, der einen Einheitspreisvertrag geschlossen hat, muß nicht damit rechnen, daß durch das Klauselwerk des Auftraggebers der Charakter des Einheitspreisvertrages dahin verändert wird, daß die dem Einheitspreisvertrag innewohnende Möglichkeit eine von der Menge abhängige Vergütung zu verlangen ab einem bestimmten Höchstpreis ausgeschlossen ist. bb) Satz 2 der Vertragsklausel, wonach zusätzliche Leistungen nur nach "schriftlichem Auftrag" bezahlt werden, ist unwirksam (BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 53/03, BauR 2004, 488 = ZfBR 2004, 258 = NZBau 2004, 146). Ein Ausschluß aller Ansprüche aus vertraglich nicht vorgesehenen Leistungen benachteiligt den Auftraggeber unangemessen.
II.
1. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daß eine Begrenzung der Vergütung der Klägerin für die im Vertrag vorgesehenen Leistungen auf 320.000 DM nicht wirksam vereinbart worden ist. Demnach seien die Leistungen nach den durch Aufmaß ermittelten Massen abzurechnen. Danach stehe der Klägerin eine Restforderung von 30.291,14 € zu. Der Vergütungsanspruch für zusätzliche Leistungen richte sich nach § 2 Nr. 6 VOB/B. Dabei seien bei Klageerhebung auf der Basis der vom Architekten der Beklagten geprüften Rechnung nur 12.671,73 DM im Streit gewesen. In der Klageerwiderung hätten die Beklagten sich nicht mehr an das Ergebnis der Rechnungsprüfung durch den Architekten gehalten. Sie hätten vielmehr alle Massen, die über die in der Leistungsbeschreibung enthaltenen hinausgingen, teilweise pauschal, teilweise konkret bestritten. Die Beklagten seien nach Rechnungsprüfung durch ihren Architekten und Mitteilung des Ergebnisses dieser Prüfung an die Klägerin gehindert, über die vom Architekten vorgenommenen Kürzungen hinaus die der Schlußrechnung der Kläger zugrundeliegenden Massenansätze zu bestreiten. Sie seien vielmehr an die korrigierten Massenansätze gebunden. Der Architekt habe die Rechnung geprüft und mit Häkchen versehen. Damit seien die in der Abrechnung übernommenen Rechnungsposten verbindlich festgelegt worden. Die Beklagte zu 1 habe die geprüfte Schlußrechnung der Klägerin übersandt und damit zum Ausdruck gebracht, daß sie diese Rechnungsposten akzeptiere. Dies gelte auch, soweit der Architekt vermerkt habe, die Massenansätze seien nicht mehr zu kontrollieren. Die gerichtliche Prüfung sei demnach darauf zu beschränken , inwieweit die noch streitigen Kürzungen, die der Architekt vorgenommen habe, berechtigt seien.2. Dagegen wenden sich die Beklagten mit Erfolg. Der Prüfvermerk eines Architekten ist eine Wissenserklärung dem Auftraggeber gegenüber, daß die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist. Eine Wissenserklärung ist keine rechtsgeschäftliche Erklärung des Architekten namens seines Auftraggebers gegenüber dem Unternehmer und damit kein Angebot zum Abschluß eines kausalen Schuldanerkenntnisses (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 241/00, BauR 2002, 613 = ZfBR 2002, 345 = NZBau 2002, 345). Nichts anderes gilt, wenn der Architekt die Schlußrechnung prüft und mit Häkchen versieht. Daran ändert auch nichts, daß die Beklagte zu 1 die Rechnung an die Klägerin gesandt hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 241/00 aaO). Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen eines kausalen Schuldanerkenntnisses fehlen. Dieses setzt voraus, daß die Parteien mit der Vereinbarung das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewißheit entziehen wollten (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - VII ZR 215/93, NJW 1995, 960 = BauR 1995, 232 = ZfBR 1995, 82).
III.
Das Urteil hat demnach keinen Bestand, weil das Berufungsgericht den Beklagten versagt, sich gegen die Schlußrechnung auch hinsichtlich der Positionen zu verteidigen, die vom Architekten der Beklagten zu 1 geprüft sind. Die weitere Verhandlung gibt dem Berufungsgericht auch die Möglichkeit , sich mit den Einwendungen der Beklagten hinsichtlich der abgerechneten Böschungswinkelstützen zu befassen.Dressler Thode Wiebel Kuffer Kniffka
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Dem Rechtsstreit liegt eine Auseinandersetzung der Parteien über wechselseitige Ansprüche aus der Beendigung einer zwischen ihnen bestehenden Steuerberaterpraxis zugrunde.
Die Parteien haben sich mit Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zu dem gemeinsamen Betrieb einer Steuerberaterpraxis zusammengeschlossen
mit zuletzt hälftiger Gewinnbeteiligung. Im Februar/März 2001 warf der Beklagte der Klägerin eine Untreuehandlung vor. Im Hinblick auf diesen von der Klägerin bestrittenen Vorwurf hat der Beklagte der Klägerin am 13. Juli 2001 ein Schreiben übergeben, mit dem er für den 31. Juli 2001 eine Gesellschafterversammlung einberief mit dem Tagesordnungspunkt "Ausschließung der Gesellschafterin M.-H.". Dem angedrohten Ausschluß kam die Klägerin zuvor , indem sie mit Schreiben vom 27. Juli 2001 das Gesellschaftsverhältnis fristlos kündigte. Seit dem 31. Juli 2001 betreibt sie eine eigene Steuerberaterpraxis. Ebenfalls am 27. Juli 2001 schrieb sie die Mandanten der Gesellschaft an, wies auf die fristlose Kündigung und ihre neue Praxisanschrift hin und bot unter Beifügung einer Vollmacht an, weiterhin in steuerlichen Angelegenheiten zur Verfügung zu stehen.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage vom Beklagten die Erstattung von Zahlungen, die sie nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft auf deren Steuerschulden erbracht hat. Der Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin für Schäden, die ihm durch die seiner Ansicht nach unberechtigte fristlose Kündigung der Klägerin sowie die Mandantenmitnahme entstanden sind.
Das Landgericht hat der Klage und - in eingeschränktem Umfang - der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufungen der Parteien hat das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen und der Klage nur in Form der Feststellung, daß die gezahlten Beträge in die zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz einzustellen seien, stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte das Widerklagebegehren weiter. Mit der Anschlußrevision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des ihrem Zahlungsantrag stattgebenden erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten ist begründet und führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Die von der Klägerin nach ihrem Ausscheiden geleisteten Zahlungen unterlägen im Hinblick auf die zwischen den Parteien durchzuführende Auseinandersetzung ihrer gesellschaftsrechtlichen Beziehungen einer Durchsetzungssperre. Die Leistungsklage sei in ein Feststellungsbegehren, die Forderung als unselbständigen Posten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen, umzudeuten und in diesem Umfang begründet.
Die Widerklage sei unbegründet, da das Wettbewerbsverbot in § 7 des Sozietätsvertrages vom 27. Dezember 1991 im Hinblick auf die Regelung in § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam sei.
II. Zur Revision des Beklagten:
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abweisung der Widerklage halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den - in der Berufungsinstanz unstreitigen - Vortrag der Parteien, ihrem Vertragsverhältnis sei der Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen und nicht der irrtümlich vom Landgericht herangezogene Vertragsentwurf, unberücksichtigt lassen müssen.
Da unstreitiger neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen ist (BGH, Urt. v. 18. November 2004 - XI ZR 229/03, NJW 2005, 291, 292 f. m.w.Nachw.), war das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gehalten, seiner Entscheidung den unstreitig das vertragliche Verhältnis der Parteien regelnden Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen.
2. Das Berufungsgericht durfte jedoch die Frage, ob der Beklagte die Übernahme der Gesellschaft erklärt hat, eine Möglichkeit, die ihm in § 16 Abs. 3 (d) des Sozietätsvertrages für den Fall der Kündigung einer zweigliedrigen Gesellschaft eröffnet ist, nicht unentschieden lassen. Denn nur im Fall der Übernahme kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots aus § 7 des Vertrages in Betracht. Liegt keine Übernahme vor, richtet sich die Auseinandersetzung der Parteien, bezogen auf die ehemals gemeinsamen Mandatsverhältnisse, nach § 21 des Sozietätsvertrages. Diese Regelung enthält kein Wettbewerbsverbot, sondern sieht in § 21 Abs. 3 vor, daß die Mandanten durch Rundschreiben aufzufordern sind mitzuteilen, mit welchem der Gesellschafter sie das Beratungsverhältnis fortzusetzen wünschen.
a) Hat der Beklagte die Übernahme erklärt, kommt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen Verstoßes der Klägerin gegen das Wettbewerbsverbot in § 7 des Vertrages grundsätzlich in Betracht. § 7 des Vertrages, der ein Wettbewerbsverbot in Form einer Mandantenschutzklausel enthält, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht wegen Widersprüchlichkeit zu § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam. § 7 enthält ein wirksames, nämlich ein in zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreitendes (s. allg. zu diesen Anforderungen Sen.Urt. v. 8. Mai 2000 - II ZR 308/98, ZIP 2000,
1337, 1338 f.) vertragliches Wettbewerbsverbot. Deshalb kann ein auf die Verletzung von § 7 des Vertrages gestützter Schadensersatzanspruch nicht mit der vom Berufungsgericht herangezogenen Begründung abgelehnt werden.
aa) Zwar ist die Auslegung eines Vertrages grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht prüft nur, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83). Gemessen hieran ist die Auslegung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, da sie gegen wesentliche Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) verstößt.
bb) Da neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist und weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat die Vertragsbestimmungen selbst auslegen.
§ 7 des Vertrages trägt die Überschrift "Wettbewerbsverbot, Mandantenschutz" und lautet wie folgt:
"1. (a) Den Gesellschaftern ist es untersagt, sich außerhalb der Gesellschaft in deren Tätigkeitsbereich selbständig, unselbständig oder beratend zu betätigen, auch nicht gelegentlich oder mittelbar. ... (b) Das Wettbewerbsverbot endet zwei Jahre nach dem Ausscheiden des Gesellschafters. Es ist beschränkt auf den OFD-Bezirk und die Mandanten, die von der Gesellschaft laufend betreut werden oder in den letzten zwei Jahren vor dem Ausscheiden beraten wurden. ..."
§ 20 trägt die Überschrift "Abfindung" und lautet in Abs. 2 (d) wie folgt:
"Übernimmt der ausscheidende Gesellschafter Mandate der Gesellschaft - sei es aufgrund einverständlicher Regelung, sei es daß die Mandanten eine Fortsetzung des Mandats mit der Gesellschaft ablehnen und den Ausscheidenden zu beauftragen beabsichtigen - wird der nach Buchstabe c zu ermittelnde Wert der Mandate auf das Abfindungsguthaben angerechnet. ..." Bei seiner Auslegung hat das Berufungsgericht die gesetzlichen Regeln, wonach der objektive Sinn der Bestimmungen zu ermitteln ist, nur scheinbar beachtet. Es hat nicht genügend berücksichtigt, daß nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, eine vertragliche Bestimmung solle nach dem Willen der Parteien einen bestimmten, rechtserheblichen Inhalt haben. Deshalb ist einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als ganz oder teilweise sinnlos erweisen würde (Sen.Urt. v. 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536). Ein sinnvolles Nebeneinander der beiden Regelungen ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ohne weiteres möglich. Sieht - wie hier - § 20 die Zulässigkeit von Mandatsmitnahmen unter bestimmten Voraussetzungen vor, folgt daraus bei objektiver, beiderseits interessengerechter Auslegung zugleich, daß in diesen Fällen kein Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 7 des Vertrages vorliegt. Erfüllt hingegen die Mandantenmitnahme die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 (d) nicht, liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Warum eine derart sinnerhaltende Auslegung dem Parteiwillen nicht entsprechen sollte, ist nicht ersichtlich.
b) Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts enthält die Regelung in § 7 keine gemäß § 723 Abs. 3 BGB unzulässige Kündigungsbeschränkung. Es
handelt sich dabei nicht um eine Regelung, die dem fristlos Kündigenden vermögensrechtliche Verpflichtungen auferlegt, die im Ergebnis dazu führen, daß er nicht mehr frei entscheiden kann, ob er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht oder nicht (siehe hierzu BGHZ 126, 226, 230 f.). Mit der Regelung sind auch im Falle der fristlosen Kündigung keine unzumutbaren vermögensrechtlichen Verpflichtungen verbunden. Der Kündigende wird ausreichend geschützt einerseits durch den Abfindungsanspruch, in dessen Ermittlung der Wert der bei der Gesellschaft verbleibenden Mandate einfließt (§ 20 Abs. 2 (c) des Vertrages), andererseits dadurch, daß er einen darüber hinausgehenden Schaden ersetzt verlangen kann, wenn das Verhalten des oder der Mitgesellschafter ursächlich für seine fristlose Kündigung war (Sen.Urt. v. 16. Februar 1967 - II ZR 171/65, WM 1967, 419; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 723 Rdn. 52 m.w.Nachw.).
bb) Angesichts der Wirksamkeit der Regelung in § 7 stünde dem auf die Verletzung des Wettbewerbsverbots gestützten Schadensersatzanspruch des Beklagten der Einwand des rechtsmißbräuchlichen Verhaltens entgegen, wenn er, wie die Klägerin behauptet, ihre Kündigung durch ein gegen die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten verstoßendes Verhalten veranlaßt ("provoziert" ) hätte. Diese Möglichkeit ist, wie das Berufungsgericht im Zusammenhang mit seinen Hilfserwägungen angedeutet hat, nicht ausgeschlossen. Hierzu sind weitere Feststellungen des Berufungsgerichts erforderlich.
cc) Sollte nach ergänzender Sachaufklärung eine Übernahme der Gesellschaft durch den Beklagten nicht festgestellt werden können, kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen § 7 nicht in Betracht, da für diesen Fall in § 21 Abs. 3 des Vertrages eine Sonderregelung ohne Wettbewerbsverbot oder Mandantenschutzklausel zwischen den Parteien getroffen worden ist.
dd) Das Berufungsgericht wird weiter zu prüfen haben, ob dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter fristloser Kündigung seitens der Klägerin zusteht, da der Beklagte, wie die Revision zu Recht rügt, sein Schadensersatzbegehren auch auf diesen Gesichtspunkt der vertraglichen Treuepflichtverletzung gestützt hat. Bei dieser Prüfung wird es ebenfalls das vorausgegangene, die Kündigung der Klägerin auslösende Verhalten des Beklagten zu würdigen haben.
III. Zur Anschlußrevision der Klägerin:
Die Anschlußrevision ist zulässig aber unbegründet. Das Berufungsgericht ist zu Recht von dem Bestehen einer Durchsetzungssperre hinsichtlich der Erstattungsansprüche der Klägerin ausgegangen. Hiergegen wendet sich die Anschlußrevision ohne Erfolg.
1. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 - II ZR 249/96, ZIP 1997, 2120) - was auch die Anschlußrevision nicht verkennt - davon aus, daß beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Durchsetzung einzelner Forderungen grundsätzlich ausgeschlossen ist, diese vielmehr lediglich unselbständige Posten in der zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz darstellen. Zwar gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos (siehe zu möglichen Ausnahmen Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 aaO S. 2121 m.w.Nachw.). Ein Ausnahmefall liegt hier entgegen der Ansicht der Anschlußrevision nicht vor. Diese will die Durchbrechung der Durchsetzungssperre damit begründen, daß die Auseinandersetzungsbilanz auf den - hier revisionsrechtlich mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Klägerin zu unterstellenden - Tag des Ausscheidens der Klägerin, den 31. Juli 2001, zu erstellen sei, die Zah-
lungen von der Klägerin jedoch erst Ende 2001 erbracht worden seien und daher in die Auseinandersetzungsbilanz nicht einzustellen seien.
2. Dem kann nicht gefolgt werden. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Leistung der Klägerin an, sondern darauf, daß die Klägerin mit der Zahlung eine Steuerschuld der Gesellschaft aus der Zeit vor ihrem Ausscheiden beglichen hat, für die sie ebenso wie der Beklagte haftet und die daher als aus dem Gesellschaftsvermögen zu berichtigende Schuld in der Auseinandersetzungsbilanz zu berücksichtigen ist. Ein Ausgleich der Zahlung außerhalb der Auseinandersetzungsbilanz würde möglicherweise - wenn z.B. das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden nicht ausreicht - dazu führen , daß die Klägerin zur Rückzahlung in Form des Verlustausgleichs verpflichtet wäre. Genau dieses Hin- und Herzahlen soll durch das Einstellen in die Bilanz vermieden werden.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien streiten über die Vergütung von Erd- und Tiefbauarbeiten.
- 2
- Die Beklagte war von der Stadt H. mit der Erstellung einer Lärmschutzwand an einer Bundesstraße beauftragt worden und erteilte ihrerseits mit Schreiben vom 16. März 2011 der Klägerin als Nachunternehmerin den Auftrag, die erforderlichen Arbeiten vorzunehmen. In diesem Schreiben vom 16. März 2011 heißt es unter anderem wie folgt: "auf Grundlage der Ihnen bekannten Bau- und Leistungsbeschreibung einschl. aller Vorbemerkungen, der durch die Stadt H. genehmigten und freigegebenen Planunterlagen sowie der geführten Verhandlung vom 01.03.2011 erteilen wir den Auftrag zur Durchführung der Arbeiten wie folgt. … Die Preise sind Komplett-Preise incl. aller Materialien und Nebenleistungen und fix und fertiger Arbeit und haben Gültigkeit bis zur Beendigung dieser Baumaßnahme. Massenänderungen - auch über 10 % - sind vorbehalten und berechtigen nicht zur Preiskorrektur. Nachforderungen werden nur insoweit vergütet, wie sie von unserem Auftraggeber anerkannt werden. … Vertragsgrundlagen: - dieses Auftragsschreiben; - die Ihnen bekannte Bau- und Leistungsbeschreibung einschl. aller Vorbemerkungen, - das beiderseits anerkannte Subunternehmerangebot vom 01.03.2011; - die VOB, neueste Fassung; - das BGB einschl. AGB-Gesetz, neueste Fassung."
- 3
- Während der Ausführung der Arbeiten ergab sich, dass Leistungen einiger Positionen nicht benötigt wurden und damit entfielen. Bei anderen Positionen reduzierte sich die tatsächlich erforderliche Leistungsmenge gegenüber der beauftragten Menge. Darüber hinaus wurde die Baustraße in einer Größenordnung von 650 m² statt bei Auftragserteilung vorgesehener 9.750 m² zurückgebaut und der eingebrachte Naturschotter im Übrigen auf der Baustelle belassen.
- 4
- Die Klägerin erteilte unter dem 17. Februar 2012 ihre Schlussrechnung, in der wegen Mengenabweichungen ein Betrag von 83.046,87 € (Nachtrag Nr. 8) und wegen des Schotters ein Betrag von 59.212,91 € (Nachtrag Nr. 10) in Ansatz gebracht wurden. Die Beklagte erkannte diese Nachträge nicht an.
- 5
- Die Klägerin hat in erster Instanz eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 107.146,46 € nebst Zinsen beantragt. Hinsichtlich der Mindermengen hat die Klägerin behauptet, dass insoweit eine Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten und der kalkulatorischen Aufschläge für Wagnis und Gewinn in Höhe von 55.494,29 € vorliege. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten , dass § 2 Abs. 3 VOB/B nicht wirksam abbedungen worden sei, und sich auf diese Bestimmung gestützt.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht nach vorangegangenem Hinweisbeschluss mit Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Beschwerde der Klägerin, die ihre Zahlungsanträge weiterverfolgt.
II.
- 7
- 1. Das Berufungsgericht hat bezüglich des geltend gemachten Anspruchs auf Kompensation einer Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten und der Aufschläge für Wagnis und Gewinn in Höhe von 55.494,29 € im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Anspruch in Höhe von 55.494,29 € gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B nicht zu. Zutreffend gehe das Landgericht davon aus, dass diese Regelung durch die vertragliche Bestimmung "Massenänderungen - auch über 10 % - sind vorbehalten und berechtigen nicht zur Preiskorrektur" in der Vereinbarung vom 16. März 2011 wirksam abbedungen sei.
- 9
- Es könne nicht festgestellt werden, dass das Landgericht allgemeine Grundsätze der Vertragsauslegung nicht berücksichtigt habe oder die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruhe. Das Landgericht habe bei der Auslegung der Vertragsbestimmung auch den Sachverhalt richtig gewürdigt. Aus dem Umstand, dass sich im Anschluss an die genannte Vertragsbestimmung die Bestimmung "Nachforderungen werden nur insoweit vergütet, wie sie von unserem Auftraggeber anerkannt werden" befinde, sei nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung nicht zu schließen, dass in Bezug auf die Massenänderung Unklarheiten oder Widersprüchlichkeiten bestünden.
- 10
- Es sei im Übrigen anerkannt, dass in Formularverträgen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Anpassung des Einheitspreises bei Mengenabweichungen vertraglich abbedungen werden könne. Eine solche Regelung sei individualrechtlich möglich; sie begegne aber auch als Allgemeine Geschäftsbedingung keinen Bedenken im Hinblick auf § 307 BGB. Die Zulässigkeit einer solchen Regelung sei insbesondere auch dann zu bejahen, wenn die Re- gelung sich sowohl auf Erhöhungen als auch auf Herabsetzungen der Einheitspreise beziehe.
- 11
- Angesichts der Wirksamkeit des genannten Ausschlusses - auch im Fall der Annahme einer Allgemeinen Geschäftsbedingung - sei es unerheblich, ob sich die Parteien im Rahmen der Vertragsanbahnung ausdrücklich und individuell über den Ausschluss von § 2 Abs. 3 VOB/B verständigt hätten. Auf die streitige Behauptung der Klägerin, bei der Auftragsverhandlung vom 1. März 2011 sei ein Abbedingen von § 2 Abs. 3 VOB/B nicht Gegenstand der Vertragsverhandlung gewesen, komme es mithin für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Der Umstand, dass das Nachunternehmerangebot vom 1. März 2011 einen Ausschluss von § 2 Abs. 3 VOB/B nicht vorsehe, stehe dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Selbst wenn zunächst nach dem Nachunternehmerangebot kein Ausschluss von § 2 Abs. 3 VOB/B vorgesehen gewesen sei, sei die Ausschlussregelung durch das Auftragsbestätigungsschreiben und die Aufnahme der Arbeiten auf der Baustelle gemäß § 150 Abs. 2 BGB wirksam Vertragsgegenstand geworden. Davon gehe letztlich auch die Klägerin aus.
- 12
- Soweit die Klägerin - vor diesem Hintergrund - der Auffassung sei, dass aufgrund vorvertraglicher Verhandlungen der objektive Erklärungsempfängerhorizont der Beklagten im Rahmen der Vertragsauslegung hätte einbezogen werden müssen und angesichts dessen nicht davon auszugehen gewesen sei, dass § 2 Abs. 3 VOB/B abbedungen werden sollte, bleibe sie erfolglos. Dem stehe insbesondere nicht der Umstand entgegen, dass nach den Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen im Bereich des Ingenieurbaus (ZV) die Klägerin als Nachunternehmerin nicht schlechter zu stellen gewesen sei als die Beklagte gegenüber der Bauherrin.
- 13
- Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Vertragsbestimmungen im Auftragsschreiben vom 16. März 2011 einvernehmlich durch nachvertragliches Verhalten abgeändert worden seien. Soweit sich die Klägerin hierzu auf die Anlagen K5 bis K8 beziehe, vermöge sie eine nachträgliche Änderung des Vertrages nicht wirksam darzulegen. Weder das Schreiben der Beklagten vom 2. Dezember 2011 noch die Anmerkungen der Beklagten zum vorläufigen Prüfergebnis der Schlussrechnung im Schreiben vom 15. Mai 2012 ließen einen übereinstimmenden vertraglichen Abänderungswillen erkennen. Nichts Anderes gelte für die Besprechung der Parteien am 10. Oktober 2012 und die im Nachgang hierzu ausgetauschten Schreiben bzw. E-Mails (Anlage K 7 und Anlage K 8). Soweit die Klägerin behaupte, am 10. Oktober 2012 habe Herr M., der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten, Herrn H., Mitarbeiter der Klägerin, mitgeteilt, man habe sich bereits mit der Stadt H. bis auf ein paar Prozent geeinigt und werde den Nachtrag vergüten, liege darin keine wirksame Abänderung des "Vertragsausschlusses" bzw. - was die Klägerin selbst nicht reklamiere - ein Schuldanerkenntnis.
- 14
- Den Schreiben sei auch nicht zu entnehmen, dass die Klägerin berechtigterweise darauf habe vertrauen dürfen, dass der im Vertrag vorgesehene Ausschluss von § 2 Abs. 3 VOB/B nicht zum Tragen kommen werde. Selbst wenn insoweit der Klägerin eingeräumt werden könne, dass die Beklagte - jedenfalls nach dem Schreiben vom 2. Dezember 2011 - zunächst davon ausgegangen sei, verpflichtet zu sein, nach tatsächlichen Abrechnungsmengen abzurechnen , begründe dieses Verhalten keine Rechtsposition, auf die die Klägerin hätte vertrauen dürfen. Nichts Anderes ergebe sich für den Termin vom 10. Oktober 2012, zu dem die Klägerin selbst vortrage, dass der hier erörterte Nachtrag wegen Mengenänderungen nicht mehr weiter erörtert worden sei.
- 15
- Nicht jedes Abrechnungsverhalten, das mit den vertraglichen Bestimmungen nicht in Einklang zu bringen sei, berechtige dazu anzunehmen, der Vertragspartner werde von einer dem zuwider laufenden vertraglichen Bestimmung abrücken. Auch der Umstand, dass die Beklagte erst ca. zwei Jahre nach dem Auftragsschreiben (und nicht etwa nach Abnahme) mit Schreiben vom 11. März 2013 auf die fehlende Anwendbarkeit von § 2 Abs. 3 VOB/B abstelle, begründe kein widersprüchliches oder treuwidriges Verhalten. Hier fehle es bereits am erforderlichen Zeitmoment.
- 16
- Auch die hilfsweise von der Klägerin reklamierten Ansprüche griffen nicht. Ein Anspruch der Klägerin auf Preisanpassung gemäß § 313 Abs. 1, Abs. 2 BGB sei nicht gegeben. Auf die zutreffenden, nicht weiter ergänzungsbedürftigen Gründe des Landgerichts werde Bezug genommen. Für den darüber hinaus reklamierten Schadensersatzanspruch wegen falscher Ausschreibung , der auch grundsätzlich in Betracht komme, fehle es - ungeachtet der Anwendbarkeit von § 531 Abs. 2 ZPO - an hinreichend substantiiertem Vortrag.
- 17
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat teilweise Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Berufungsgerichts, als das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage bezüglich des Anspruchs auf Kompensation einer Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten und der Aufschläge für Wagnis und Gewinn in Höhe von 55.494,29 € nebst Zinsen zurückgewiesen hat, und in diesem zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht.
- 18
- a) Ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt vor, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Parteivorbringen nicht zur Kenntnis nimmt. Diese Voraussetzungen können auch dann erfüllt sein, wenn die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Parteivortrags erfassenden Wahrnehmung beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2010 - VII ZR 195/08, BauR 2010, 1792 Rn. 8; Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, BauR 2009, 1003 Rn. 3).
- 19
- b) So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat unter Beweisangebot (Zeuge H.) behauptet (Berufungsbegründung vom 26. Mai 2014, Seite 15), bei einem Abstimmungsgespräch am 10. Oktober 2012 in den Räumen der von der Stadt H. beauftragten Ingenieure K. habe Herr M., der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten, Herrn H., Mitarbeiter der Klägerin, mitgeteilt, man habe sich bereits mit der Stadt H. bis auf ein paar Prozent geeinigt und werde den betreffenden Nachtrag vergüten.
- 20
- Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich keine wirksame Abänderung des "Vertragsausschlusses" und auch - was die Klägerin selbst nicht reklamiere - kein Schuldanerkenntnis.
- 21
- Das Berufungsgericht hat damit den Inhalt des klägerischen Vortrags nicht vollständig ausgeschöpft. Es hat nicht erwogen, ob die behauptete Äußerung des Herrn M. als - im Rahmen der Vertragsauslegung relevantes (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - VII ZR 222/10, ZfBR 2012, 138 f., juris Rn. 9) - Indiz dafür anzusehen ist, dass die Parteien übereinstimmend von einer Anwendung des § 2 Abs. 3 VOB/B ausgegangen sind. Außerdem kann die Erklärung des Herrn M. auch dahin verstanden werden, die Beklagte habe sich zur Bezahlung des Nachtrags jedenfalls für den Fall bereit erklärt, dass dieser von der Stadt H. vergütet werden würde. Mit seiner jedenfalls den Sinn des genannten Vorbringens verfehlenden Wahrnehmung hat sich das Berufungsgericht in nicht mehr nachvollziehbarer Weise dem wesentlichen Kern des Vor- bringens der Klägerin verschlossen und damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen.
- 22
- c) Auf dieser Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs kann der angefochtene Beschluss, soweit die Abweisung der Klage bezüglich des Anspruchs auf Kompensation einer Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten und der Aufschläge für Wagnis und Gewinn in Höhe von 55.494,29 € nebst Zinsen bestätigt worden ist, auch beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, wenn es das betreffende unter Beweis (Zeuge H.) gestellte Vorbringen (Berufungsbegründung vom 26. Mai 2014, Seite 15) hinreichend berücksichtigt hätte, zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis gelangt wäre.
- 23
- 3. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich gegebenenfalls mit den weiteren Rügen der Klägerin in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung , soweit sie den geltend gemachten Anspruch auf Kompensation einer Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten und der Aufschläge für Wagnis und Gewinn betreffen, auseinanderzusetzen.
- 24
- 4. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Anwendbarkeitvon § 2 Abs. 3 VOB/B als Grundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Kompensation einer Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten und der Aufschläge für Wagnis und Gewinn noch unter anderem Gesichtspunkt in Betracht kommt:
- 25
- Sollte es sich, was das Berufungsgericht bisher offengelassen hat, bei der Klausel "Massenänderungen - auch über 10 % - sind vorbehalten und berechtigen nicht zur Preiskorrektur" um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung handeln, die nicht im Einzelnen ausgehandelt ist, so wäre diese Klausel wegen unangemessener Benachteiligung des Auftrag- nehmers unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Denn mit ihr wird bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 19 m.w.N.; Urteil vom 23. September 2009 - VIII ZR 344/08, NJW 2009, 3716 Rn. 8) nicht nur - wie bei der vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 8. Juli 1993 - VII ZR 79/92, BauR 1993, 723 beurteilten Klausel - eine Preisanpassung zugunsten des Auftragnehmers nach § 2 Abs. 3 VOB/B ausgeschlossen, sondern darüber hinaus auch eine Preisanpassung zugunsten des Auftragnehmers nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 21. September 1994 - 3 U 258/93, zitiert nach Baurechts-Report (BR) 11/94, S. 2; Markus in Markus/Kaiser/Kapellmann, AGB-Handbuch Bauvertragsklauseln, 4. Aufl., Rn. 279; Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 5. Aufl., Rn. 2201; vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. Juni 1997 - VII ZR 54/96, BauR 1997, 1036 unter I. 1.).
- 26
- Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls die vertraglichen Vereinbarungen dahingehend auszulegen haben, ob im Falle der Unwirksamkeit der Klausel "Massenänderungen - auch über 10 % - sind vorbehalten und berechtigen nicht zur Preiskorrektur" § 2 Abs. 3 VOB/B im Hinblick darauf gilt, dass die VOB/B im Schreiben der Beklagten vom 16. März 2011 als nachrangige Vertragsgrundlage genannt ist.
- 27
- 5. Soweit die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Beschluss des Berufungsgerichts im Übrigen zurückgewiesen worden ist, wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).
Eick Kartzke Graßnack Sacher Wimmer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 21.03.2014 - 32 O 354/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 07.11.2014 - 19 U 55/14 -
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrnehmung von Interessen der Verbraucher gehört. Er ist in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen (§ 4 Abs. 1 UKlaG in der Fassung des Art. 4 Abs. 14 Nr. 1 des Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamts für Justiz vom 17. Dezember 2006, BGBl. I 3171; bis zum 31. Dezember 2006 zuständige Behörde: Bundesverwaltungsamt) eingetragen. Die Beklagte betreibt unter anderem ein Fernmeldefestnetz für die Öffentlichkeit und erbringt Telekommunikationsdienstleistungen.
- 2
- ihren In Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Telefonfestnetzanschlüsse verwendet die Beklagte folgende Klausel: "Das Vertragsverhältnis ist für beide Vertragspartner zum Schluss eines jeden Werktages kündbar. Die Kündigung muss der zuständigen Niederlassung der X oder dem Kunden mindestens sechs Werktage vor dem Tag, an dem sie wirksam werden soll, zugehen. Der Samstag gilt nicht als Werktag."
- 3
- Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (jetzt: Bundesnetzagentur ) hatte der Beklagten mit Beschluss vom 27. August 2004, der die Genehmigung eines Festnetztarifs betraf, eine Kündigungsfrist von höchstens sechs Werktagen gestattet.
- 4
- Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigungsklausel benachteilige die Kunden unangemessen, weil die darin der Beklagten zur Verfügung stehende Kündigungsfrist zu kurz bemessen sei, um rechtzeitig einen Zugang zum Telefonfestnetz durch einen anderen Anbieter zu erlangen.
- 5
- Mit seiner - auch wegen weiterer Klauseln erhobenen - Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, Satz 1 der oben zitierten Klausel beim Abschluss von Dauerschuldverhältnissen mit Verbrauchern über die Bereitstellung eines Zugangs zum öffentlichen Kommunikationsnetz zu verwenden oder sich hierauf zu berufen. Ferner hat sie Ersatz von Kosten für die vorgerichtliche Geltendmachung ihrer Unterlassungsansprüche verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage unter anderem in Bezug auf die vorgenannte Klausel abgewiesen. Mit seiner insoweit vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Unterlassungs- und Zahlungsanspruch hinsichtlich dieser Allgemeinen Geschäftsbedingung weiter.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die zulässige Revision ist unbegründet.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klageantrag sei dahin auszulegen , dass der Kläger der Sache nach nicht isoliert den ersten Satz, sondern die gesamte Klausel angreife.
- 8
- Die Klausel halte der Inhaltskontrolle stand. Sie führe nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Geschäftsbedingung könne nicht an § 45k TKG gemessen werden. Diese Bestimmung regle nicht die Frist für eine ordentliche Kündigung des Telefondienstvertrags, sondern für eine wegen Zahlungsverzugs zu verhängende Sperre des Telefonanschlusses. Durch eine solche werde der Telefonkunde aber härter als durch eine Kündigung getroffen, weil er vertraglich gebunden und insbesondere zur Zahlung des vereinbarten monatlichen Entgeltes verpflichtet bleibe. Auch sei die Klausel nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlich geregelten Kündigungsfristen unvereinbar. Zwar verkürze die Allgemeine Geschäftsbedingung die in § 621 Nr. 3 BGB bestimmte Kündigungsfrist auf etwa die Hälfte. Der in dieser Vorschrift geregelte Zeitraum zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung und ihrem Wirksamwerden sei jedoch keine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots, sondern beruhe auf einer reinen Zweckmäßigkeitsüberlegung des Gesetzgebers. Aber selbst wenn die in § 621 Nr. 3 BGB geregelte Kündigungsfrist, die sich an den Vergütungszeiträumen orientiere, zu den wesentlichen Grundgedanken des § 621 BGB zähle, habe die Berufung keinen Erfolg. Durch den Beschluss der damaligen Regulie- rungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 27. August 2004 sei der Beklagten aus kartellrechtlichen Gründen im Interesse der Mitbewerber eine Kündigungsfrist für ihre Kunden von höchstens sechs Werktagen gestattet worden. Hätte die Klage Erfolg, würden für die Kündigungen der Beklagten und ihrer Kunden unterschiedliche Fristen gelten. Dies würde zu einer Abweichung von dem wesentlichen in § 621 BGB enthaltenen Grundgedanken führen, dass für beide Vertragsparteien gleiche Kündigungsfristen bestünden. Überdies könnten die Parteien des Telefondienstleistungsvertrags ohne inhaltliche Änderung der Verpflichtungen der Beklagten auch eine wöchentliche Abrechnung vereinbaren, was gemäß § 621 Nr. 2 BGB eine Kündigungsfrist von einer Woche bewirkt hätte. Weiter entspreche die in der umstrittenen Klausel enthaltene Kündigungsfrist dem vor der Postreform maßgeblichen § 396 der Telekommunikationsordnung. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Kunde durch eine innerhalb der kurzen vereinbarten Frist ausgesprochene Kündigung nicht zwangsläufig in seiner telefonischen Grundversorgung beeinträchtigt werde, da er gegen die Beklagte als Erbringerin von Universaldienstleistungen im Sinne von § 78 TKG einen aus § 84 TKG folgenden Anspruch auf Zugang zum Sprachtelefondienst habe.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
- 10
- 1. Die zwischen den Parteien umstrittene Klausel unterliegt, soweit sie die Frist für die ordentliche Kündigung durch die Beklagte regelt, der Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB, obgleich die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation mit Beschluss vom 27. August 2004 diese Bedingung, für die die Beklagte ursprünglich eine Frist von drei Monaten vorgesehen hatte, nur "mit einer Kündigungsfrist von 6 Werktagen teilgenehmigt" hat. Zwar ist die Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen, soweit eine behördliche Genehmigung vorliegt, die eine abschließende Gestaltung der Rechtsbeziehungen der Vertragsbeteiligten bezweckt, und somit der privatautonome Spielraum des Verwenders beseitigt ist, wie es etwa bei der Entgeltregulierung nach §§ 27 ff TKG der Fall ist (Senatsurteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 467/04 - NJW 2007, 3344, 3345, Rn. 11, 12, 15). Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor. Aus der Begründung des Beschlusses ergibt sich, dass die Regulierungsbehörde die Verkürzung der Kündigungsfrist allein aus kartellrechtlichen Erwägungen vorgenommen hat. Die Beschlusskammer der Behörde war der Auffassung, die vorgesehene dreimonatige Kündigungsfrist binde die Kunden der Beklagten zu lange und beeinträchtige daher den Wettbewerb unter den Telefondienstanbietern. Hieraus ergibt sich, dass eine verbindliche Regelung nur für die Frist zur ordentlichen Kündigung durch die Kunden der Beklagten getroffen werden sollte. Deshalb kommt nur insoweit eine abschließende, den privatautonomen Spielraum des Verwenders ausschließende Gestaltung der Rechtsbeziehungen durch den Beschluss vom 27. August 2004 in Betracht. Die für die Kündigung durch die Beklagte geltende Frist ist hiervon hingegen nicht betroffen.
- 11
- 2. Bei der Beurteilung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs des Klägers ist zu berücksichtigen, dass sich die Rechtslage während des Rechtsstreits durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften vom 18. Februar 2007 (BGBl. I S. 106) geändert hat, so dass die umstrittene Klausel auch an den neuen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes zu messen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 160, 393, 395; BGH, Urteil vom 5. Februar 2004 - I ZR 90/01 - NJW-RR 2004, 841, 842).
- 12
- 3. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht mit Recht davon ausgegangen, dass die beanstandete Klausel nicht mit wesentlichen Grundgedanken des § 45k TKG unvereinbar ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
- 13
- a) Nach § 45k Abs. 1 und 2 Satz 1 TKG darf der Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste einen Festnetzanschluss im Fall des Zahlungsverzugs des Teilnehmers in Höhe von wenigstens 75 € nur dann sperren, wenn er dies mindestens zwei Wochen zuvor schriftlich angedroht hat. Sie ist unter Umständen auf bestimmte Leistungen zu beschränken (§ 45k Abs. 5 Satz 1 TKG). Gemäß § 45k Abs. 5 Satz 3 TKG darf eine auch ankommende Telekommunikationsverbindungen erfassende Vollsperrung des Netzzugangs frühestens eine Woche nach Sperrung der abgehenden Verbindungen erfolgen. Diese Regelungen setzen Anhang I Teil A lit. e) der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie, ABl. EG vom 24. April 2002, Nr. L 108/51) näher um, wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass bei Zahlungsverzug des Benutzers die vom Anbieter getroffenen Maßnahmen zur Unterbrechung des Dienstes oder Trennung vom Netz verhältnismäßig und nicht diskriminierend sind sowie rechtzeitig angekündigt werden (vgl. zur Umsetzung der Richtlinie durch das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften vom 18. Februar 2007: Begründung der Bundesregierung BT-Drucks. 16/2581 S. 1, 21).
- 14
- b) Der Revision ist einzuräumen, dass dem Anschlussinhaber nicht die in § 45k Abs. 1, 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 3 TKG bestimmten Reaktionsmöglichkeiten und Fristen verbleiben, um seine Grundversorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen sicherzustellen, wenn die Beklagte, statt eine Anschlusssperre gemäß § 45k Abs. 1 TKG vorzunehmen, eine ordentliche Kündigung ausspricht.
- 15
- Im Fall der Sperre ist diese zwei Wochen zuvor anzudrohen. Der Anschlussinhaber hat, wenn er die Einschränkung seiner Telekommunikationsmöglichkeiten vermeiden will, dann die Möglichkeit, innerhalb dieses Zeitraums den von der Beklagten geltend gemachten Anspruch zu begleichen, gegebenenfalls die Forderung gemäß § 45k Abs. 2 Satz 2 TKG zu beanstanden beziehungsweise den Durchschnittsbetrag nach § 45j TKG zu entrichten und/oder Rechtsschutz zu suchen. Überdies kann er seinerseits das Vertragsverhältnis mit der Beklagten ordentlich kündigen und über einen neuen Anbieter seinen Anschluss an das Fernmeldenetz sicherstellen. Auch hierfür hat er zwei Wochen Zeit.
- 16
- Demgegenüber hat der Anschlussinhaber im Fall der - überdies, anders als die Sperre (Mindestrückstand 75 €), an keine Voraussetzungen gebundenen - ordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte nur die Option, einen neuen Telefondienstvertrag zu schließen. Hierfür stehen ihm nach der von dem Kläger beanstandeten Klausel der Beklagten lediglich sechs Werktage ohne Samstag, das heißt in der Regel acht Kalendertage, zur Verfügung.
- 17
- c) Gleichwohl steht die angegriffene Kündigungsklausel nicht in einem Wertungswiderspruch zu § 45k TKG. Die Kündigung ist gegenüber der Sperre nach dieser Bestimmung ein aliud. Beide stehen unabhängig nebeneinander. Aus den Voraussetzungen für eine Sperre gemäß § 45k TKG lassen sich deshalb keine Einschränkungen für die Bestimmungen über die ordentliche Kündigung eines Telefondienstvertrags in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ableiten. Die Voraussetzungen einer fristlosen oder fristgerechten Kündigung richten sich vielmehr nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften (so auch Schadow in Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl., § 45k Rn. 4; Schlotter in Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz , § 45k Rn. 13; wohl auch Kessel in Arndt/Fetzer/Scherer, Telekommunikationsgesetz , § 45k Rn. 28; einschränkend für die außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs: Hahn MMR 1999, 586, 591; Lammich in Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 19 TKV Rn. 10).
- 18
- aa) Die Sperre gemäß § 45k TKG stellt, wie sich bereits aus dem Wortlaut seines Absatzes 1 ergibt, die fachgesetzliche Sonderregelung des allgemeinen zivilrechtlichen Leistungsverweigerungsrechts nach §§ 273, 320, 321 BGB dar (Begründung der Bundesregierung zu der Vorgängerregelung § 19 TKV = § 17 TKV-Entwurf, BR-Drucks. 551/97, S. 38; Dahlke in Beck'scher TKGKommentar , 3. Aufl., § 45k TKG-E 2005 Rn. 3; Kessel aaO Rn. 2; Schlotter aaO Rn. 1; von Westphalen/Grote/Pohle, Der Telefondienstvertrag, S. 56). Sie beruht , ebenso wie die Leistungsverweigerungsrechte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, auf dem Grundgedanken, dass jede Vertragspartei das Recht hat, die ihr obliegende Leistung zu verweigern, bis die ihr gebührende Gegenleistung erbracht ist (Dahlke aaO). Die Sperre gemäß § 45k TKG führt dementsprechend nicht zur Beendigung des Vertragsverhältnisses, sondern lediglich zu einer grundsätzlich auf vorübergehende Dauer angelegten und überdies nach Maßgabe des § 45k Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 108 Abs. 1 TKG (Zugang zu den Notrufnummern) eingeschränkten Suspendierung der Leistungsverpflichtung des Telefonanbieters. Das Leistungsverweigerungsrecht des Anbieters endet, sobald die Voraussetzungen der Sperre entfallen sind (§ 45k Abs. 5 Satz 2 TKG). Da sie den Fortbestand des Vertragsverhältnisses unberührt lässt, bleibt der Anschlussinhaber trotz der Sperre weiterhin zur Zahlung des nutzungsunabhängigen Grundentgelts verpflichtet (Dahlke aaO Rn. 16; vgl. auch Eckert in Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 540, Rn. 117; Imping in Spindler, Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, S. 362, Rn. 73; vgl. zum Mobilfunkvertrag, für den § 45k TKG nicht gilt, auch Köhler, Der Mobilfunkvertrag, S. 206; von Westphalen/Grote/Pohle aaO S. 242; vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 16, Satz 2 der Universaldienstrichtlinie).
- 19
- Die Rechtsfolgen einer Kündigung unterscheiden sich hiervon wesentlich. Sie führt, sobald sie wirksam wird, zu einer Vollbeendigung des Vertragsverhältnisses und dem Fortfall der beiderseitigen Leistungsverpflichtungen aus dem Telefondienstleistungsvertrag für die Zukunft (z.B.: Dahlke aaO Rn. 24). Der Anbieter ist nicht mehr verpflichtet, den Telefonanschluss bereitzuhalten. Umgekehrt entstehen gegen den bisherigen Anschlussinhaber keine Zahlungsansprüche mehr.
- 20
- § 45k TKG greift selbst den rechtssystematischen Unterschied zwischen der Anschlusssperre und der Kündigung des Telefondienstleistungsvertrags auf. In Absatz 1 der Bestimmung wird die Sperre legaldefiniert als das Recht des Anbieters, die von ihm zu erbringenden Leistungen an einen Teilnehmer ganz oder teilweise zu verweigern. Absatz 3 unterscheidet hiervon die (vollständige ) Einstellung der Leistung, welche (erst) zulässig ist, sobald die Kündigung des Vertragsverhältnisses wirksam wird. Für die Kündigung enthält das Telekommunikationsgesetz im Gegensatz zur Anschlusssperre keine Vorgaben.
- 21
- bb) Der von der Revision geltend gemachte Wertungswiderspruch der beanstandeten Klausel zu § 45k Abs. 2 TKG besteht nicht nur unter dem oben erörterten Blickwinkel der Rechtssystematik nicht. Dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vorgesehene Frist für eine ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses kürzer ist als die in § 45k Abs. 2 TKG bestimmte Frist für eine Anschlusssperre ist auch vom Ergebnis her sachlich zu rechtfertigen. Wie das Berufungsgericht mit Recht herausgestellt hat, wirkt sich die Sperre jedenfalls teilweise einschneidender zulasten des Anschlussinhabers aus als die ordentliche Kündigung. Das Leistungsverweigerungsrecht des Anbieters führt bei Fortbestehen der Rechtsbeziehung zum zeitweisen Fortfall des vertraglich vereinbarten Synallagmas. Während der Telefondienstanbieter von der Erbringung der ihm obliegenden vertraglichen Leistung weitgehend befreit ist, solange er den Anschluss sperren darf, bleibt sein Vertragspartner auch für diesen Zeitraum zur Zahlung des Grundentgelts verpflichtet (siehe oben aa), obgleich er den Anschluss trotz dessen Bereithaltung faktisch nicht oder nur für ankommende Gespräche nutzen kann. Demgegenüber entfallen mit dem Wirksamwerden einer Kündigung die Leistungsverpflichtungen beider Vertragspartner. Mag die ordentliche Kündigung des Telefondienstleistungsvertrags auch, was die Revision im Ansatz mit Recht anführt, in anderer Hinsicht für den Kunden belastender sein als eine Anschlusssperre (siehe oben b), rechtfertigt die Beeinträchtigung des Vertragssynallagmas, wenn der Anbieter nach § 45k Abs. 2 TKG verfährt, dass hierfür längere Fristen gelten als für die ordentliche Kündigung. Dies gilt umso mehr, als eine kurzfristige Vollbeendigung des Telefondienstleistungsvertrags, wie unter Nummer 6 noch näher auszuführen sein wird, für den Kunden keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung seines aus der Universaldienstrichtlinie abzuleitenden Rechts auf Grundversorgung mit Telefondienstleistungen (vgl. Art. 1 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 der Richtlinie) bedeutet.
- 22
- cc) Dies steht entgegen der Auffassung der Revision auch nicht in Widerspruch zu Anhang I Teil A lit. e) der Universaldienstrichtlinie. Die Richtlinie regelt in dieser Bestimmung zwar nicht nur die (vorübergehende) Unterbrechung des Dienstes, sondern auch die "endgültige Trennung vom Netz", die einer Vollbeendigung des Vertragsverhältnisses durch Kündigung entsprechen mag. Für diese enthält die Vorschrift jedoch lediglich die Voraussetzung, dass die Maßnahme "verhältnismäßig und nicht diskriminierend" sein muss und dass die Trennung vom Netz aufgrund nicht beglichener Rechnungen erst erfolgen sollte, nachdem dies dem Teilnehmer "rechtzeitig angekündigt wurde". Es soll gewährleistet werden, dass der Teilnehmer "rechtzeitig und angemessen auf eine bevorstehende Unterbrechung des Dienstes oder Trennung vom Netz hingewiesen wird". Konkrete Vorgaben über die hierbei zu beachtenden Fristen enthält die Richtlinie nicht. Auch ein Zeitraum von in der Regel acht Kalendertagen , wie sie die beanstandete Klausel für die ordentliche Kündigung vorsieht, ist noch verhältnismäßig und gewährleistet noch eine rechtzeitige Unterrichtung des Anschlussinhabers über die bevorstehende Trennung vom Netz (siehe hierzu näher unten Nummer 6).
- 23
- Auch an anderer Stelle enthält die Richtlinie keine Bestimmungen über Mindestfristen, die die Anbieter von Universaldiensten bei der Kündigung gegenüber ihren Kunden zu beachten haben. Art. 20 Abs. 2 lit. e) der Richtlinie bestimmt lediglich, dass Verträge zwischen den Anbietern und den Verbrauchern Regelungen über die Bedingungen für eine Verlängerung und Beendi- gung der Dienste und des Vertragsverhältnisses zu enthalten haben. Einzelheiten über diese Bedingungen regelt die Richtlinie nicht.
- 24
- Einer Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Art. 234 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 lit. b EGV) bedarf es nicht, da die Richtlinie hinsichtlich der Trennung vom Netz und ihrer Ankündigung durch den jeweiligen Telefondienstanbieter keine konkreten Vorgaben, sondern lediglich unbestimmte Rechtsbegriffe enthält und somit den nationalen Rechtsordnungen erhebliche Spielräume belässt, die hier offensichtlich nicht überschritten sind. Die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts ist deshalb derart offenkundig , dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt (acte clair, vgl. BGHZ 174, 273, 287, Rn. 34 m.w.N.; Senatsurteil vom 6. November 2008 - III ZR 279/07 - juris, Rn. 31, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
- 25
- 4. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass die von der Beklagten verwendete Klausel nicht im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zum Nachteil der Verbraucher von wesentlichen Grundgedanken des § 621 Nr. 3 BGB abweicht. Insbesondere ist dem Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision darin zuzustimmen, dass die Beklagte im Gegenteil bei Erfolg der Klage gezwungen würde, von dem § 621 BGB immanenten Grundsatz abzuweichen , dass für die Parteien eines Dienstvertrages grundsätzlich dieselben Fristen für eine ordentliche Kündigung gelten. Aufgrund des Beschlusses der früheren Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 27. August 2004 darf die Beklagte für die Kündigung durch ihre Kunden keine längere als die in der umstrittenen Klausel bestimmte Frist vorsehen. Dürfte sie selbst eine Kündigung nur innerhalb einer längeren Frist aussprechen, gälten für die Vertragsparteien unterschiedliche Zeiträume. Demgegenüber sieht § 621 BGB für beide Vertragsteile gleiche Kündigungsfristen vor.
- 26
- Zwar ist der Revision einzuräumen, dass asymmetrische Kündigungsfristen dem BGB nicht fremd sind (vergleiche § 573c BGB) und es dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen lediglich versagt ist, unter unangemessener Benachteiligung seines Vertragspartners asymmetrische Kündigungsfristen zu verwenden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2001 - XII ZR 273/98 - NJW 2001, 3480, 3482; OLG Koblenz MMR 2004,106 f). Hieraus folgt indessen nicht, dass der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Telefondienstverträgen gezwungen ist, seinen Kunden eine längere Kündigungsfrist einzuräumen als sich selbst. So beruht insbesondere § 573c Abs. 1 BGB, der für die ordentliche Kündigung von Verträgen über Wohnraum nach Ablauf von fünf Jahren für die ordentliche Kündigung des Vermieters eine längere Frist bestimmt als für den Mieter, auf dessen überwiegendem Interesse, bei lang andauernden Mietverhältnissen im Hinblick auf seine soziale Verwurzelung in der bisherigen Umgebung ausreichend Zeit für die Suche nach einer neuen Wohnung zu haben (BTDrucks. 14/4553, S. 67; Bamberger/Roth/Hannappel, BGB, 2. Aufl., § 573c Rn. 4). Diese spezifisch für Wohnraummietverhältnisse geltenden Erwägungen sind auf Telefondienstleistungsverträge nicht übertragbar.
- 27
- 5. Auch mit den wesentlichen Grundgedanken des § 84 Abs. 1 TKG ist die streitige Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten vereinbar. Nach dieser Vorschrift haben Endnutzer im Rahmen der Gesetze und der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmen, die Universaldienstleistungen anbieten, einen Anspruch darauf, dass diese Leistungen erbracht werden. Hieraus folgt für diese Unternehmen ein Kontrahierungszwang (z.B.: Cornils in Beck'scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 84 Rn. 2; Mager in Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, § 84 Rn. 10; Windthorst in Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl., § 84 Rn. 7).
- 28
- Dies bedeutet aber entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass die Beklagte lediglich zu Änderungskündigungen berechtigt wäre und gleichzeitig mit der Kündigungserklärung den Abschluss eines neuen Vertrags anbieten müsste. Der Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über die Erbringung von Telekommunikations-Universaldiensten ist gegen jedes Unternehmen gerichtet, das diese Leistungen anbietet (Cornils aaO Rn. 10; Mager aaO Rn. 7; Windthorst aaO Rn. 5 f) und nicht nur gegen die Beklagte. Hieraus folgt, dass eine Kündigung der Beklagten auch dann zu einer endgültigen Beendigung der vertraglichen Beziehungen zu dem betroffenen Kunden führen kann, wenn dieser seinen aus § 84 Abs. 1 TKG folgenden Anspruch auf Versorgung mit Telefondienstleistungen geltend machen will. Die Beklagte ist deshalb bei der ordentlichen Kündigung nicht auf Änderungskündigungen beschränkt, so dass die von ihr verwendete Klausel nicht gegen wesentliche Grundgedanken des § 84 Abs. 1 TKG verstößt.
- 29
- 6. Die vom Kläger beanstandete Klausel ist auch nicht gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Sie benachteiligt die Vertragspartner der Beklagten nicht entgegen Treu und Glauben unangemessen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (z.B. Senatsurteil BGHZ 175, 102 ,107 Rn. 19). Die für Kündigungen, die die Beklagte ausspricht, nach der streitigen Klausel geltende Frist von sechs Werktagen ohne Berücksichtigung des Samstags (= in der Regel acht Kalendertage ) ist noch angemessen, um den Anspruch des Anschlussinhabers auf Teilhabe an der Grundversorgung mit Telefondienstleistungen (§ 78 Abs. 2 TKG, Art. 1 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 der Universaldienstsrichtlinie) zu gewährleisten.
- 30
- a) Dies gilt selbst, wenn es, wie die Revision anführt, der Lebenserfahrung widerspricht, dass dem Anschlussnehmer sechs Werktage ohne Samstag nach einer Kündigung der Beklagten ausreichen, um übergangslos zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Es mag zutreffen, dass dieser Zeitraum oftmals nicht genügt, um einen neuen Anbieter auszuwählen, einen Vertrag mit diesem zu schließen und den Anschluss rechtzeitig vor der Leistungseinstellung durch die Beklagte freigeschaltet zu erhalten. Dem von einer Kündigung der Beklagten betroffenen Anschlussinhaber ist es aber zuzumuten, sich umgehend um einen anderweitigen Zugang zum Telefonfestnetz zu bemühen, wenn die Beklagte eine ordentliche Kündigung ausspricht. Hat er einen neuen Anbieter ausgewählt , ist die Beklagte verpflichtet, die Umschaltung des Anschlusses auf den neuen Anbieter unverzüglich vorzunehmen. Hieraus folgt, dass der Endnutzer, wenn er sich zügig um einen neuen Anschluss kümmert, allenfalls wenige Tage vom Zugang zum Telefonfestnetz abgeschnitten ist. Dies bedeutet für einen Verbraucher zwar eine lästige, jedoch angesichts der vielfältigen Kompensationsmöglichkeiten , insbesondere durch die zwischenzeitliche Nutzung mobiler Telefongeräte, keine unangemessene Beeinträchtigung. Aus dem Telekommunikationsgesetz ergibt sich kein Anspruch auf lückenlosen, jederzeitigen Zugang zu den Universaldienstleistungen.
- 31
- b) Dessen ungeachtet hat der Anschlussinhaber, wie das Berufungsgericht mit Recht herausgestellt hat, gegen die Beklagte aus § 84 Abs. 1 TKG einen Anspruch auf (Neu-)Abschluss eines Telefondienstleistungsvertrags. Die Geltendmachung dieses Kontrahierungsrechts benötigt noch weniger Zeit als der Abschluss eines Vertrages mit einem neuen Anbieter. Der Kunde wird re- gelmäßig in der Lage sein, seinen aus § 84 Abs. 1 TKG folgenden Anspruch auf Abschluss eines (neuen) Vertrags mit der Beklagten innerhalb der in der streitigen Klausel vorgesehenen Kündigungsfrist geltend zu machen. Er kann dann dem sich aus der Kündigung ergebenden Recht der Beklagten, ihre Leistungen einzustellen (§ 45k Abs. 3 TKG), den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB - dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est, vgl. z.B.: BGHZ 110, 30, 33; Senatsurteil vom 1. Februar 2007 - III ZR 289/06 - NJW-RR 2007, 823, 824 f, Rn. 15) entgegensetzen. Sollte es im Einzelfall nicht gelingen, den Kontrahierungsanspruch rechtzeitig vor der Trennung des Anschlusses vom Netz geltend zu machen, wäre die damit verbundene kurzzeitige Beeinträchtigung des Zugangs zur telefonischen Grundversorgung aus dem oben genannten Grund keine unangemessene Benachteiligung.
- 32
- c) Auch dies steht im Einklang mit der Universaldienstrichtlinie. Aus ihr folgt kein Anspruch des Endnutzers, ungeachtet einer Kündigung durch den Anbieter einen ununterbrochenen Zugang zu den Leistungen im Sinne ihrer Art. 1 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1, Art. 4 zu haben. Auch insoweit ist eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 lit. b EGV entbehrlich, weil die gemeinschaftsrechtliche Rechtslage eindeutig ist.
- 33
- 7. Da der Unterlassungsanspruch des Klägers in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren streitige Klausel unbegründet ist, kann er auch nicht Ersatz der insoweit angefallenen vorgerichtlichen Kosten verlangen.
Harsdorf-Gebhardt Hucke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.10.2007 - 26 O 95/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.06.2008 - 6 U 211/07 -
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt restlichen Werklohn. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die Schlußzahlungseinrede nach § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B wirksam erhoben hat. Die Beklagte beauftragte 1998 unter Vereinbarung der VOB/B die Klägerin mit der Erstellung der Betonsohle bei einem Neubauvorhaben. Nach § 14 Abs. 2 des Vertrages haftete der Auftragnehmer "für sämtliche Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die schuldhaft aus Anlaß seiner Arbeiten oder aus deren Folgen entstehen". Der Vertrag enthielt ferner Bestimmungen über die Aufgaben der Streithelferin, die das Projekt als Architektin betreute.Die Schlußrechnung der Klägerin wies einen Restwerklohn von 44.330,02 DM aus. Die Streithelferin kürzte die Rechnung auf 16.660,22 DM. Sie teilte der Klägerin schriftlich mit, die Beklagte werde diesen Betrag als Schlußzahlung im Sinne von § 16 VOB/B leisten und wies auf die Ausschlußwirkung hin. Die Beklagte überwies den Betrag an die Klägerin unter Bezugnahme auf die Schlußrechnung. Rund zweieinhalb Jahre später wandte sich die Klägerin gegen die Abrechnung der Streithelferin und bezifferte ihre noch offene Forderung mit 18.474,21 DM. Diesen Betrag hat die Klägerin eingeklagt. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 16.769,01 DM und Zinsen verurteilt. Auf die von der Streithelferin unterstützte Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob der vom Bauherrn beauftragte Architekt auch die Schlußzahlungserklärung für den Bauherrn abgeben dürfe, wenn er mit der Bauabrechnung befaßt und die nach außen in Erscheinung getretene maßgebende Stelle für alle die Abrechnung des Bauvorhabens betreffenden Angelegenheiten sei. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Beurteilung richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 EGBGB).I.
Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin könne ihren Werklohnanspruch nicht durchsetzen. Die Beklagte könne sich auf die Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schlußzahlung durch die Klägerin nach § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B berufen. Die Voraussetzungen hierfür lägen vor. Insbesondere sei die Streithelferin bevollmächtigt gewesen, die Schlußzahlungserklärung für die Beklagte abzugeben.II.
Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B anwendbar ist. Das ist, wie sich aus den ihm vorgelegten Vertragsunterlagen ergibt, nicht der Fall. Auf die Frage, ob die Streithelferin zur Abgabe der Schlußzahlungserklärung bevollmächtigt war, kommt es daher nicht an. 1. Die Beklagte hat das Vertragswerk gestellt. Sie ist deshalb die Verwenderin , zu deren Lasten die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorzunehmen ist. § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung , die der Inhaltskontrolle nicht standhält, weil sie den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt (BGH, Urteil vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, BGHZ 138, 176, 178). 2. Allerdings unterliegen die einzelnen Regelungen der VOB/B nach der Rechtsprechung des Senats zum Geltungsbereich des AGB-Gesetzes nicht der Inhaltskontrolle, wenn der Verwender die VOB/B ohne ins Gewicht fallende Einschränkung übernommen hat. Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde , daß die VOB/B einen billigen Interessenausgleich zwischen Auftrag-nehmer und Auftraggeber bezweckt. Würden einzelne Regelungen der Inhaltskontrolle unterzogen, so könnte der bezweckte Interessenausgleich gestört sein. Die VOB/B ist deshalb der Inhaltskontrolle entzogen worden, wenn der von ihr verwirklichte Interessenausgleich durch die Vertragsgestaltung nicht wesentlich beeinträchtigt worden ist (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1982 - VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135, 142). Die Inhaltskontrolle war eröffnet, wenn der Vertrag Regelungen vorsah, die in den Kernbereich der VOB/B eingreifen. Einen derartigen Eingriff hat der Senat bejaht bei Änderungen von § 1 Nr. 3 (Urteil vom 28. November 2002 - VII ZR 4/00, BauR 2003, 380, 381 = ZfBR 2003, 248 = NZBau 2003, 150), von § 2 Nr. 3 und Nr. 5 (Urteile vom 20. Dezember 1990 - VII ZR 248/89 = BauR 1991, 210 = ZfBR 1991, 101 und vom 25. Januar 1996 - VII ZR 233/94, BGHZ 131, 392, 397), von § 8 Nr. 1 (Urteil vom 28. November 2002 - VII ZR 4/00 aaO), von § 9 Nr. 3 (Urteil vom 28. September 1989 - VII ZR 167/88, BauR 1990, 81, 83 = ZfBR 1990, 18), der Abnahmeregelungen (Urteile vom 6. Juni 1991 - VII ZR 101/90, BauR 1991, 740, 741 = ZfBR 1991, 253; vom 17. November 1994 - VII ZR 245/93, BauR 1995, 234, 236 = ZfBR 1995, 77 und vom 25. Januar 1996 - VII ZR 233/94 aaO), von § 13 Nr. 7 Abs. 4 (Urteil vom 21. Juni 1990 - VII ZR 109/89, BGHZ 111, 394, 397) und von § 16 Nr. 1 (Urteil vom 14. Februar 1991 - VII ZR 291/89, BauR 1991, 473 = ZfBR 1991, 199). Diese Rechtsprechung hat teilweise insoweit Widerspruch erfahren, als keine klaren Abgrenzungskriterien entwickelt worden seien, unter welchen Voraussetzungen eine wesentliche Beeinträchtigung des in der VOB/B verwirklichten Interessenausgleichs angenommen werden könne (Siegburg, BauR 1993, 9, 10, 16; Bunte, Festschrift für Korbion S. 18; Anker/Zumschlinge, BauR 1995, 323, 325; Kraus/Vygen/Oppler, BauR 1999, 964, 967; Kraus, BauR 2001, 1, 10; vgl. auch Tomic, BauR 2001, 14, 16). Dem ist zuzustimmen. Aus der bisherigen Senatsrechtsprechung lassen sich keine greifbaren Kriterien dafür ableiten , wann eine von der VOB/B abweichende Regelung in deren Kernbereich
eingreift. Die vom Senat verwendeten Formulierungen haben sich nicht als brauchbares Abgrenzungskriterium erwiesen. Sie ermöglichen nicht die für den Rechtsverkehr erforderliche sichere Beurteilung, inwieweit ein vertragliches Regelwerk der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz unterliegt. Nötig ist aber eine Rechtsanwendung, die für die Vertragsparteien eine verläßliche Prognose ermöglicht. Aus den bisherigen Entscheidungen ergibt sich, daß der Bundesgerichtshof schon bei relativ geringfügigen Abweichungen einen Eingriff in den Kernbereich der VOB/B bejaht und tendenziell zu erkennen gegeben hat, daß grundsätzlich jede inhaltliche Abweichung einen Eingriff in die Ausgewogenheit der VOB/B darstellt. Diese Entwicklung ist im Interesse der Rechtssicherheit dahin abzuschließen, daß grundsätzlich jede inhaltliche Abweichung von der VOB/B als eine Störung des von ihr beabsichtigten Interessenausgleichs zu bewerten ist. Denn anderenfalls wäre die im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen notwendige Transparenz (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.) nicht zu gewährleisten. Die VOB/B ist demnach nur dann einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz entzogen, wenn sie als Ganzes vereinbart worden ist. Es kommt nicht darauf an, welches Gewicht der Eingriff hat. Damit ist die Inhaltskontrolle auch dann eröffnet, wenn nur geringfügige inhaltliche Abweichungen von der VOB/B vorliegen und auch unabhängig davon, ob eventuell benachteiligende Regelungen im vorrangigen Vertragswerk möglicherweise durch andere Regelungen "ausgeglichen" werden. Inwieweit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur VOB/B als Ganzes auch auf Fälle unter Geltung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts anwendbar ist, bleibt offen. 3. Ein Eingriff in die VOB/B liegt vor; er wäre allerdings auch bereits nach der bisherigen Senatsrechtsprechung relevant gewesen. § 14 Abs. 2 der Geschäftsbedingungen der Beklagten weicht von § 13 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 2
VOB/B ab. Der Auftragnehmer schuldet Schadensersatz unabhängig von der Erheblichkeit eines Mangels und unabhängig von den einschränkenden Tatbeständen des § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B. Damit unterliegen die Regelungen der VOB/B der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG.
III.
Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben, es ist aufzuheben. Da zur Höhe des Anspruchs noch Feststellungen zu treffen sind, war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.Dressler Prof. Dr. Thode ist urlaubs- Kuffer bedingt verhindert zu unterschreiben Dressler Kniffka Bauner
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, - 2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder - 3.
der Mieter - a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder - b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, - 2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder - 3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.
(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.