Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 12. Juni 2014 - I- 24 U 119/13
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 29.04.2013 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung iHvon 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
G r ü n d e:
2I.
3Der Kläger vermietete an die Beklagte gem. Mietvertrag vom 29.05.1989 (Anl. K1, GA 5ff.) Räumlichkeiten im Gebäude R-Straße in W. für die Ausstellung und den Verkauf von Schwimmbadartikeln, Sauna, Solarien & Whirlpools. Mit Zustimmung des Klägers wurden die Räumlichkeiten ab dem 01.03.2008 zum Betrieb eines Matratzengeschäfts untervermietet.
4Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 10.02.2010 unter Berufung auf Mängel fristlos (BA LG Wuppertal 1O 307/10, Bl. 61). Die Untermieterin gab der Beklagte die Räumlichkeiten am 28.02.2010 und die Beklagte dem Kläger am 10.3.2010 zurück. Im Verfahren LG Wuppertal 1 O 307/10 = OLG Düsseldorf 24 U 149/11 führten die Parteien einen Rechtsstreit unter anderem auch darüber, ob die fristlose Kündigung vom 10.02.2010 das Mietverhältnis wirksam beendet hat. Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme über das Vorliegen der gerügten Mängel (richterliche Inaugenscheinnahme, Zeugenbeweis) die fristlose Kündigung für wirksam erachtet. Das Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 19.06.2012 entschieden, dass die fristlose Kündigung zwar wegen der Mängel gerechtfertigt gewesen wäre, allerdings wegen Fehlens einer zuvor gesetzten Abhilfefrist unwirksam war.
5Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger die Zahlung der rückständigen Mieten für den Zeitraum Februar bis Dezember 2010 iHvon € 28.287,12 nebst Zinsen begehrt. Demgegenüber hat die Beklagte unter Berufung auf die im Verfahren LG Wuppertal 1O 307/10 festgestellten Mängel eine Minderung der Mieten auf Null geltend gemacht. In Anbetracht einer vertraglichen Minderungsausschlussklausel hat sie u.a. hilfswiderklagend beantragt, den Kläger für den Fall und in Höhe der Stattgabe der Klage zu verurteilen, an sie € 28.287,12 nebst Zinsen zu zahlen
6Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 29.4.2013 (GA 209-212) verwiesen.
7Das Landgericht Wuppertal hat mit angefochtenem Urteil vom 29.04.2013 die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zur Zahlung verurteilt und auf die Hilfswiderklage ausgesprochen, dass der Kläger verurteilt werde, an die Beklagte unter der Bedingung, dass die Beklagte Zahlungen auf die Klageforderung nachweist, einen Betrag in Höhe der nachgewiesenen Zahlungen, insgesamt jedoch maximal € 28.287,12 nebst Zinsen zu zahlen.
8Wegen der weiteren Gründe wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (GA 212-218) Bezug genommen.
9Gegen das ihm am 23.05.2013 zugestellte Urteil vom 29.04.2013 hat der Kläger mit am 29.05.2013 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 23.08.2013 - innerhalb entsprechend verlängerter Frist - eingegangenem Schriftsatz im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Landgericht habe der Hilfswiderklage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte habe durch die vollständigen Mietzahlungen bis einschließlich Januar 2010 zu erkennen gegeben, dass sie die Mietsache als ordnungsgemäße Erfüllung annehme. Der Zeuge A. C. habe bei einem Ortstermin am 27.01.2010 keine Mängelbeseitigung zugesagt. Durch die außerordentliche Kündigung, die Räumung durch die Untermieterin und die Rückgabe der Mietsache habe die Beklagte zu erkennen gegeben, dass sie an weiteren Arbeiten des Klägers keinerlei Interesse habe. Die Beklagte habe weder substantiiert vorgetragen noch bewiesen, wann welcher Mangel in welcher Intensität bestanden habe. Daher sei es auch nicht an ihm, dem Kläger, Mängelbeseitigungsmaßnahmen darzulegen und zu beweisen. Insoweit habe das Landgericht die Darlegung und Beweislast verkannt. Er habe, wann immer er Kenntnis von angeblichen Mängeln der Mietsache erlangt habe, diese vor Ort überprüfen und gegebenenfalls erforderliche Arbeiten ausführen lassen. Das Landgericht führe auch nicht aus, welche Quoten es für welche Mängel ansetze; hier wäre zu berücksichtigen gewesen, dass der Mangel der Undichtigkeit von Fenster und Türen lediglich periodisch ins Gewicht falle. Er sei auch nicht erkennbar, weshalb kleine ehemals feuchte Flecken und kleiner Schimmelbefall von Einfluss auf die Miete für ein Geschäft für den Verkauf von Schwimmbadartikeln etc. sein sollten. Im Übrigen habe die Beklagte das Mietobjekt in einem desolaten Zustand übernommen. Die vom Landgericht zitierte Rechtsprechung sei entweder nicht existent oder nicht einschlägig. Jedenfalls sei das Minderungsrecht verwirkt, da die von der Beklagten behaupteten Mängel spätestens seit 2008 bestanden haben sollen.
10Der Kläger beantragt,
11die Hilfswiderklage vollständig abzuweisen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
16II.
17Die Berufung des Klägers gegen das am 29.04.2013 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal ist zulässig, hat jedoch keine Aussicht auf Erfolg. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
18Aufgrund der Berufung des Klägers ist einzig über die Verurteilung gem. dem Hilfswiderklageantrag 1) der Beklagten zu entscheiden. Diese ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Begründung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 15.04.2014 Bezug genommen, in dem ausgeführt ist:
19„1.
20Der Hilfswiderklageantrag ist zulässig. Die Möglichkeit, Anträge in einem Zivilprozessverfahren bedingt zu stellen, ist allgemein unter der Voraussetzung anerkannt, dass die Antragstellung nicht von dem Eintritt eines außer-, sondern eines innerprozessualen Ereignisses abhängt. Ist der Widerklageantrag - wie hier - für den Fall gestellt, dass der Klage stattgegeben wird, mithin der Hauptantrag auf Klageabweisung erfolglos bleibt, ist er in zulässiger Weise vom Eintritt einer innerprozessualen Bedingung abhängig.
21Die Beklagte hatte ursprünglich mit Hilfswiderklageantrag 1) beantragt, festzustellen, dass der Mietzins für das Jahr 2010 gemindert war (GA 142). Auf Hinweis des Gerichts hat es den Antrag auf einen Leistungsantrag umgestellt und beantragt, den Kläger für den Fall der Stattgabe der Klage zur Rückzahlung des an ihn zu zahlenden Betrages zu verurteilen (GA 155). Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht den Kläger entsprechend zur Zahlung verurteilt, allerdings unter der Bedingung, dass die Beklagte zuvor Zahlungen auf die Klageforderung nachweist (GA 208).
22a.
23Es mag dahinstehen, ob das Begehren der Beklagten auch im Wege der zunächst angekündigten Feststellungswiderklage zulässig gewesen wäre. Es wird vertreten, dass ein auf Zahlung rückständigen Mietzinses in Anspruch genommener Mieter trotz Beschränkung seines Minderungsrechts auf unstreitige oder gerichtlich festgestellte Fälle sogleich im Wege der Feststellungswiderklage geltend machen kann, dass ihm hinsichtlich der mit der Klage geforderten Mietzinsansprüche Gegenansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung zustehen; er kann hierzu nicht auf ein gesondertes Verfahren verwiesen werden (OLG Stuttgart v. 21.12.2006, 13 U 51/06, juris, Rn. 51). Es wird auch für zulässig gehalten, dass der Mieter mit seiner Hilfswiderklage das zurückverlangen kann, was der Kläger mit der Hauptklage von ihm verlangt (BGH v. 16.12.1964, VIII ZR 47/63, NJW 1965, 440; Münchener Kommentar-Patzina, ZPO, § 33 Rn. 24). Insofern liegt - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - eine Klage auf künftige Leistung vor, die gerechtfertigt ist, wenn die Besorgnis besteht, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein „Sich-Enziehen“ im Sinne des § 259 ZPO stets anzunehmen, wenn der Schuldner die Forderung des Gläubigers ernstlich bestreitet (BGH v. 20.11.2002, VIII ZB 66/02, juris, Rn. 16; BGH v. 14.12.1998, II ZR 330/97, juris, Rn. 15 mwN). Dies ist hier der Fall, weil der Kläger das aus dem Vorliegen von Mängeln folgende Minderungsrecht und den hieraus resultierenden Anspruch aus § 812 BGB bestreitet.
24Dem Umstand, dass der Anspruch auf Rückzahlung erst entsteht, wenn die Beklagte die rückständige Miete an den Kläger bezahlt hat, hat das Landgericht zutreffend durch Aufnahme einer Bedingung in den Urteilstenor Rechnung getragen (vgl. entsprechend BGH v. 16.12.1964, VIII ZR 47/63, aaO). Es hat den Kläger zur Rückzahlung unter der Bedingung verurteilt, dass die Beklagten die Zahlungen auf die Klageforderung nachweist.
252.
26Der Anspruch auf Rückzahlung der - nach Zahlung - überzahlten Mieten für die Zeit von Februar bis Dezember 2010 ist in voller Höhe begründet. Dies folgt aus folgenden - in der Beurteilung der Beweislast vom Landgericht allerdings abweichenden - Erwägungen:
27Im Rahmen von § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB muss der Mieter beweisen, dass er ohne Rechtsgrund geleistet hat. Wenn es keinen konkreten Rechtsgrund gibt, trifft den Vermieter die sekundäre Beweislast. Hier kann sich der Kläger als Vermieter auf den Mietvertrag bzw. die Verurteilung berufen. Die Beklagte macht allerdings zu Recht geltend, dass die Zahlung der Mieten ohne Rechtsgrund erfolgen würde, weil der vertragliche Anspruch auf Mietzahlung aufgrund von Mängeln ganz entfallen sei. Sie ist auch der ihr obliegenden Beweislast für das Vorliegen von nachträglichen Mängeln – die, worauf der Kläger zu Recht hinweist, dem Mieter obliegt (vgl. BGH v.12.06.2013, XII ZR 50/12, juris, Rn. 34 mwN) - nachgekommen. Insoweit kann unterstellt werden, dass die gerügten Mängel in dem vorhandenen Ausmaß - wie der Kläger geltend macht - erst nach Vertragsschluss entstanden sind.
28Die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, dass durch die Undichtigkeit der Fenster und des gesamten Gebäudes Feuchtigkeit und Schimmel aufgetreten waren, die eine vertragsgemäße Nutzung unmöglich machten (GA 56f, 149) und dass die Toiletten stark sanierungsbedürftig waren, da sie weder vollständig funktionsfähig noch benutzbar waren (GA 57f., 150). Zum Beweis hat sie primär auf die Feststellungen im vorangegangenen Rechtsstreit LG Wuppertal 1 O 307/10 - OLG Düsseldorf 24 U 249/11 verwiesen, aber vorsorglich nochmals Beweis angetreten (GA 149f.).
29Die vom Landgericht im vorliegenden Verfahren vorgenommene Verwertung der Feststellungen aus dem Rechtsstreit LG Wuppertal 1 O 307/10 ist nicht zu beanstanden. Sie verstößt nicht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Die Verwertung der Niederschrift einer Zeugenaussage aus einem anderen Verfahren im Wege des Urkundsbeweises ist grundsätzlich zulässig. Nur wenn eine der Parteien von dem Recht Gebrauch macht, die unmittelbare Anhörung der Zeugen im anhängigen Rechtsstreit zu beantragen, ist die Verwertung einer in einem anderen Verfahren protokollierten Aussage im Wege des Urkundenbeweises an Stelle der beantragten Anhörung der Zeugen unzulässig (BGH v. 12.07.2013, V ZR 85/12, juris, Rn.8; v. 17.11.2005, V ZR 68/05, juris, Rn. 9f.; v. 09.06.1992, VI ZR 215/91, juris, Rn. 15). Nichts anderes kann auch für eine protokollierte richterliche Inaugenscheinnahme gelten. Ein entsprechender Beweisantrag ist aber weder von der Beklagten noch vom Kläger gestellt worden.
30Die Beklagte hat zwar die behaupteten nachträglichen Mängel erneut unter Beweis durch Inaugenscheinnahme durch das Gericht und Vernehmung von Zeugen gestellt; aus ihrem Vorbringen ist allerdings zu entnehmen, dass der neuerliche Antrag auf Inaugenscheinnahme durch das Gericht sowie die Vernehmung der Zeugen Sch. und F. nur für den Fall erfolgte, dass eine Verwertung der protokollierten Feststellungen im Verfahren LG Wuppertal 1 O 307/10 im Wege des Urkundsbeweises nicht zulässig wäre. Der Kläger hat für das Nichtvorliegen der vom Landgericht im Vorprozess festgestellten Mängel keinen Beweis angetreten, sondern lediglich für die angeblich von ihm vorgenommene Mängelbeseitigungsmaßnahmen. Demnach kann aufgrund der protokollierten Feststellungen im Verfahren LG Wuppertal 1 O 307/10 (vgl. Protokoll des Ortstermins und der mündlichen Verhandlung am 18.05.2011, BA 104ff.), die auch Eingang in die Urteile des LG Wuppertal (vgl. Urteil S. 12) und des OLG Düsseldorf 24 U 149/11 (vgl. Urteil S. 18) gefunden haben, auch im vorliegenden Verfahren festgestellt werden, dass die von der Beklagten behaupteten Mängel im fraglichen Zeitraum vorlagen.
31Dem Kläger waren diese Mängel auch bekannt bzw. angezeigt worden. Hinsichtlich der Undichtigkeiten stellt er nicht in Abrede, dass Undichtigkeiten vor der hier streitgegenständlichen Zeit bestanden haben, behauptet aber, dass er diese durch Herrn F. habe beseitigen lassen (GA 122). Überdies bestreitet er nicht mehr, die Mängelliste GA 112 im Termin am 27.01.2010 erhalten zu haben (GA 190), in der sowohl die Undichtigkeiten als auch die Funktionsunfähigkeit der Toiletten aufgeführt sind.
32Soweit der Kläger geltend macht, ihm angezeigte Mängel seien sämtlich beseitigt worden, trägt er die als Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für den Erfolg der von ihm behaupteten Mängelbeseitigungsmaßnahmen (BGH v. 01.03.2000, XII ZR 272/97, juris, Rn. 12; OLG Hamm v. 28.09.1994, 30 U 45/94, juris, Rn. 20). Der Kläger legt jedoch schon nicht substantiiert dar, dass die angeblich vor der hier streitgegenständlichen Zeit bestehenden Undichtigkeiten durch den Zeugen F. beseitigt worden seien (GA 122). Der Beweisantritt durch Sachverständigengutachten ist nicht geeignet, den nötigen Sachvortrag zu ersetzen. Auch die vorgelegte Rechnung der Fa. K. (K2 = GA 196) nebst Beweisantritt durch den Zeugen K. (GA 189) vermag allenfalls die Vornahme von Abdichtungsarbeiten zu belegen, allerdings nicht deren Erfolg; für die vollständige und nachhaltige Beseitigung der Undichtigkeiten ist kein Beweis angetreten. Auch ist die Behauptung, „wann immer Mängelrügen seitens der Beklagten erfolgt sind, ist unverzüglich der Zeuge Fischer vor Ort gewesen, hat die Mängel im Anschluss beseitigen lassen und sich dies von der Untermieterin der Beklagten bestätigen lassen“ (GA 121, 193) gänzlich unsubstantiiert; die Vernehmung des Herrn F. liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.
33Aufgrund der festgestellten Mängel ist davon auszugehen, dass die Mieträume jedenfalls in der hier fraglichen Zeit (Februar bis Dezember 2010) nicht mehr für das - mit Zustimmung des Klägers - von der Untermieterin geführte Matratzengeschäft geeignet waren, so dass die Gebrauchstauglichkeit zu 100 % beeinträchtigt war.
343.
35Soweit der Kläger mit der Berufung geltend macht, die Beklagte habe durch Rückgabe der Mietsache gezeigt, dass sie an weiteren Mängelbeseitigungsarbeiten kein Interesse mehr habe, kann dem nicht gefolgt werden. Ein Interesse kann jedenfalls insoweit nicht verneint werden, als der Kläger trotz der Mängel die Zahlung der vollständigen Mieten verlangt.
36Entgegen der Auffassung der Berufung wird auch durch die Mietzahlung bis einschließlich Januar 2010 nicht belegt, dass der Kläger bis dato alle Mängel behoben hatte. Gegenteiliges folgt gerade nicht aus dem vom Kläger zitierten Urteil des BGH (v. 20.10.2010, VIII ZR 111/09, BeckRS 2010, 29074). Dort ist ausgeführt, dass durch den Beleg der Zahlung gerade nicht bewiesen werden kann, dass die bei Übergabe beanstandeten Mängel vom Vermieter behoben worden waren (BGH aaO, Rn. 12).
37Die hier gerügten Mängel führen auch nicht nur periodisch - etwa, wie in BGH NZM 2011, 153, in den Sommermonaten - zur Aufhebung der Gebrauchstauglichkeit. Undichtigkeiten gegen Wind und Feuchtigkeit wirken sich das ganze Jahr über aus. Entsprechendes gilt für die nicht funktionstauglichen Sanitäranlagen...
38Entgegen der Ansicht des Kläger ist das Minderungsrecht für den hier fraglichen Zeitraum auch nicht verwirkt. Zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte keinerlei Miete gezahlt hat, und zwar in dem durch das LG Wuppertal im Urteil vom 22.06.2011 und OLG Düsseldorf vom 19.06.2012 bestätigten Glauben, dass die Mietsache mit erheblichen, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigenden Mängeln behaftet war. Dies war für den Kläger auch ersichtlich, so dass es auf jeden Fall an dem nötigen Vertrauenstatbestand fehlt.“
394.
40Der Schriftsatz des Klägers vom 20.05.2014 (GA 345ff.) rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
41a.
42Zutreffend ist, dass es im Rahmen der Prüfung der Frage, ob die Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt ist, auf den zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits vereinbarten Mietgebrauch ankommt; an der insoweit anderslautenden Formulierung auf S. 6 des Hinweisbeschlusses hält der Senat nicht fest. Allerdings hat der Senat zuvor darauf hingewiesen, dass die Beklagte im Einzelnen dargelegt hat, dass durch die Undichtigkeit der Fenster und des gesamten Gebäudes Feuchtigkeit und Schimmel aufgetreten waren, die eine vertragsgemäße Nutzung unmöglich machten, und dass die Toiletten stark sanierungsbedürftig waren, da sie weder vollständig funktionsfähig noch benutzbar waren. Diese Mängel beeinträchtigten auch die Nutzung des Mietobjekts für „die Ausstellung und den Verkauf von Schwimmbadartikeln, Sauna, Solarien und Whirlpools“ (§ 1.2 MV, GA 6), und zwar um 100 %. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Artikel weniger feuchtigkeitsempfindlich sind als die vom Untermieter vertriebenen Matratzen. Haben die Parteien über den Nutzungszweck hinaus keine Bestimmungen über die Sollbeschaffenheit getroffen, ist durch Auslegung zu ermitteln, welchen Zustand der Räume der Vermieter schuldet. Als Auslegungshilfe ist dabei die Verkehrsanschauung heranzuziehen und auf den Standard zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (BGH v. 07.06.2006, XII ZR 34/04, juris, Rn. 13). Als Standard für Ausstellungs- und Verkaufsräume, die zu Präsentations- und Verkaufszwecken für Luxusartikel genutzt werden, darf der Mieter regelmäßig erwarten, dass die Räumlichkeiten frei von den hier festgestellten Mängeln sind. Auf einen reinen Lagerverkauf – wie der Kläger geltend macht – kann hier nicht abgestellt werden, weil die Nutzung nach dem Vertrag nicht hierauf beschränkt ist. Das im Vertrag aufgenommene Einverständnis mit dem Zustand des Objekts bei Besichtigung ändert hieran nichts, da nicht ersichtlich, dass die Beklagte auch mit einer Beeinträchtigung des Nutzungszwecks einverstanden war.
43b.
44Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die Verwertbarkeit der im Vorprozess protokollierten Zeugenaussagen und Inaugenscheinnahme zum Beweis des Vorliegens von Mängeln.
45Es können nicht nur – wie der Senat unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BGH bereits ausgeführt hat - schriftliche Aussagen sowie Protokolle über die Aussagen von Zeugen in einem anderen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sondern auch die Ergebnisse einer früheren richterlichen Inaugenscheinnahme im Wege des Urkundenbeweises durch Heranziehung des Augenscheinsprotokolls (ZPO § 160 Abs 3 Nr 5), sofern das Gericht bei der Beweiswürdigung nur das berücksichtigt, was aktenkundig ist und wozu die Parteien sich erklären konnten (BGH v. 12.03.1992, III ZR 133/90, juris). Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt.
46Die Beklagten haben hinsichtlich der Mängel auf die Feststellungen in den Urteilen des Landgerichts Wuppertal 1 O 307/10 und des OLG Düsseldorf 24 U 149/11 verwiesen, die sich wiederum auf diese protokolierten Aussagen und Inaugenscheinnahme stützten. Dies haben sie in ihrem Schriftsatz vom 12.09.2012 (GA 56f) hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht und ausdrücklich erklärt „Sollte der Kläger die Mängel wider Erwarten bestreiten, so wäre dies vor dem oben geschilderten Hintergrund unerheblich.“ Dies kann unter verständiger Würdigung nur dahin verstanden werden, dass nach ihrer Auffassung auf die Feststellungen des Vorprozesses zurückgegriffen werden konnte. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.02.2013 (GA 148ff.) die Mängel erneut unter Beweis stellt, ist dies allein auf das Bestreiten des Klägers zurückzuführen und dahin auszulegen, dass insoweit unmittelbarer Beweis angeboten werde, wenn die Mängel nicht bereits aufgrund der Feststellungen des Vorprozesses für erwiesen angesehen werden. Hierin liegt nicht ein Antrag, zum Zwecke des unmittelbaren Beweises die entsprechenden Zeugen nochmals zu vernehmen und ggfls. die Inaugenscheinnahme zu wiederholen bzw. den protokollierenden Richter als Zeugen zu vernehmen. Einen solchen Antrag hat auch der Kläger nicht gestellt.
47Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht geboten, auch die Aussage des Zeugen F. aus dem Vorprozess im Wege des Urkundsbeweises zu verwerten. Der Kläger nimmt erstmals in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 20.05.2014 auf die protokollierte Aussage des Zeugen F. Bezug (GA 348). Selbst wenn dieser Beweisantritt gem. § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wäre, wäre die protokollierte Aussage des Zeugen F. unergiebig und daher nicht geeignet, die protokollierte richterliche Inaugenscheinnahme und Aussagen der von der Beklagten benannten Zeugen zu widerlegen. Ihr kann weder entnommen werden, dass das Objekt nach den Abdichtungsmaßnahmen dauerhaft dicht war noch dass die Toiletten nicht undicht waren. Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 20.05.2014 unter Beweis des Zeugen F. stellt, dass er in dem Verfahren Landgerichts Wuppertal 1 O 307/10 entsprechend ausgesagt hat, braucht diesem Beweisangebot nicht nachgegangen werden, weil dies als unstreitig angesehen werden kann.
48III.
49Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
50Wert der Berufung: € 28.287,12
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 12. Juni 2014 - I- 24 U 119/13
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Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 12. Juni 2014 - I- 24 U 119/13 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 17.2.2006 in Ziffern 1, 2 und 4
abgeändert
und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 14.062,17 zuzüglich Zinsen in Höhe von jeweils 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 2.424,52 seit 4.2.2005 und aus jeweils EUR 1.616,34 seit 4.3.2005, 5.4.2005, 5.5.2005, 4.6.2005, 5.7.2005 und 4.8.2005 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin berechtigt ist, den Mietzins für die von der Beklagten im ..., ... in ... angemieteten Räumlichkeiten
a) für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.8.2005 um 15 %, bezogen auf die Ursprungsmiete zu mindern;
b) für den Zeitraum vom 1.3.2005 bis 31.3.2005 um 10 %, bezogen auf die Ursprungsmiete, zu mindern und diesen reduzierten Mietzins um 5 % zu mindern;
die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
3. In erster Instanz trägt die Klägerin 2 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie 3 % ihren eigenen außergerichtlichen Kosten. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Beklagte.
II. Im übrigen werden Berufung und Anschlussberufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 45 %, die Beklagte 55 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können jeweils die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Streitwerte: |
I. Instanz |
Klage |
EUR 14.062,17 |
Widerklage |
EUR 92.810,50 |
||
Drittwiderklage |
EUR 44.999,04 |
||
Summe |
EUR 151.871,71 |
||
II. Instanz |
Berufung |
||
Klage |
EUR 2.249,89 |
||
Widerklage |
EUR 3.262,44 |
||
Anschlußberufung |
EUR 1.968,70 |
||
Summe |
EUR 7.481,03 |
Gründe
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Beklagte bewohnte ab Oktober 1975 aufgrund eines Mietvertrages mit der Klägerin Räume in deren Haus in B. . Da die Beklagte seit Juli 2000 keine Mietzinszahlungen mehr leistete, kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 7. Dezember 2000 fristlos. Auf entsprechende Klage vom Januar 2001 hat das Amtsgericht Schöneberg die Beklagte am 6. Juli 2001 im Wege des Versäumnisurteils zur Zah-lung von rückständigem Mietzins in Höhe von 20.298,73 DM nebst Zinsen und zur Räumung der Wohnung verurteilt. Soweit die Klägerin beantragt hatte, die Beklagte für die Zeit ab August 2001 bis zur Herausgabe der Wohnung zu monatlicher Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.128,12 DM nebst Zinsen zu verurteilen, hat das Amtsgericht die Klage durch Schlußurteil vom 7. August 2001 abgewiesen. Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Nach Räumung der Wohnung durch die Beklagte am 1. März 2002 und Zahlung geforderter Nutzungsentschädigung für Januar 2002 haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Hinsichtlich der begehrten Nutzungsentschädigung für die Monate August 2001 bis Dezember 2001 und für Februar 2002 hat die Beklagte den Zahlungsantrag anerkannt. Daraufhin hat das Landgericht am 30. April 2002 antragsgemäß ein Teilanerkenntnis - und Schlußurteil erlassen. Soweit der Rechtsstreit von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, hat das Landgericht der Klägerin nach § 91 a ZPO die Kosten auferlegt. Es hat bezüglich der Kostenentscheidung nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Klägerin, der das Berufungsurteil am 14. Juni 2002 zugestellt worden ist, hat mit Schriftsatz vom 4. Juli 2002, eingegangen am 8. Juli 2002, Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb der bis zum 16. September 2002 antragsgemäß verlängerten Frist begründet.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. 1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft; sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 575 ZPO). 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.a) Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung nach § 91 a Abs. 1 ZPO die Kosten der Klägerin auferlegt, weil es die Klage insoweit für unzulässig gehalten und gemeint hat, deshalb wäre die Klägerin ohne Erledigungserklärungen in diesem Umfang mit ihren Klageanträgen unterlegen. Hierzu hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt: Die Klage auf künftige Leistung der Nutzungsentschädigung sei nicht nach §§ 257 ff. ZPO zulässig gewesen. Anders wäre dies nur, wenn die Klägerin aus den Erklärungen oder dem Verhalten der Beklagten hätte schließen dürfen, daß diese nicht leisten wolle. Einen solchen Erklärungswert könne man der bloßen Nichtleistung jedoch nicht beimessen. Die Beklagte habe die Forderungen der Klägerin gerade nicht bestritten. Im erstinstanzlichen Verfahren sei sie säumig geblieben. Ihr Verhalten und ihre Erklärungen im Berufungsverfahren ließen lediglich Schlüsse auf ihre Leistungsunfähigkeit, nicht aber auf mangelnden Leistungswillen zu. Nach verbreiteter Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum sei eine voraussichtliche Zahlungsunfähigkeit nicht ausreichend, um die Besorgnis zu begründen, die andere Partei werde sich im Sinne des § 259 ZPO der Leistung entziehen. Aus § 258 ZPO lasse sich die Zulässigkeit des Antrags der Klägerin gleichfalls nicht herleiten, weil die Forderung auf Nutzungsentschädigung in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zu weiterhin gegebenen Verpflichtungen des Vermieters stehe.
b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. aa) Nach §§ 257, 258 ZPO ist eine Klage auf künftige, nach Erlaß des Urteils fällig werdende wiederkehrende Leistungen dann zulässig, wenn ihre Geltendmachung nicht von einer Gegenleistung abhängig ist. Diese Voraussetzungen sind bei einer Klage auf Miet- oder Pachtzahlung nicht gegeben, weil der Anspruch auf Miet- oder Pachtzins mit einer Gegenleistung verknüpft ist. Hingegen ist bei einer auf eine gesetzliche Anspruchsgrundlage (Eigentümer /Besitzer-Verhältnis, ungerechtfertigte Bereicherung) gestützten Klage auf wiederkehrende Nutzungsentschädigung ein Gegenseitigkeitsverhältnis zu verneinen , weil mit dem Nutzungsentgelt die rein tatsächliche Nutzung, nicht eine entsprechende Leistung des zur Entschädigung Berechtigten abgegolten werden soll (BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 - III ZR 116/94, MDR 1996, 1232 unter I. 1.); daher können diese künftigen Forderungen auf Nutzungsentschädigung im Wege einer Klage nach §§ 258, 257 ZPO geltend gemacht werden. Ob diese Grundsätze auch auf den Entschädigungsanspruch nach § 557 BGB a.F. zu übertragen sind, ist umstritten. In dem Anspruch aus § 557 BGB a.F. ist ein vertraglicher Anspruch eigener Art zu sehen, der an die Stelle des Mietzinsanspruchs tritt (BGHZ 104, 285, 290; Scheuer in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts - und Wohnraummieter, 3. Aufl., V. A Rdnr. 97) und seine Ursache gleichfalls in der Gewährung einer Leistung findet (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 142/95, WM 1998, 609 unter II, 1 b aa; Gather in: SchmidtFutterer , Mietrecht, 7. Aufl., § 557 Rdnr. 3). Unter diesen Umständen spricht einiges dafür, daß die Vorschrift des § 258 ZPO auf diesen Anspruch keine Anwendung finden kann (Musielak/Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 258 Rdnr. 2; vgl. auch Henssler, NJW 1989, 138, 140; a.A. MünchKommZPO-Lüke, 2. Aufl., § 258 Rdnr. 9), zumal dem Vermieter, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, darüber hinaus weiterhin eine Vielzahl von Verpflichtungen auferlegt wird.
bb) Eine Entscheidung dieser Frage kann aber letztlich dahingestellt bleiben. Die Zulässigkeit der Klage auf die ab August 2001 bis zur Herausgabe der Wohnung zu entrichtenden monatlichen Beträge von 1.128,12 DM ergibt sich jedenfalls aus § 259 ZPO. Nach § 259 ZPO kann Klage auf künftige Leistung erhoben werden, wenn die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß sich der Schuldner der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein "Sich-Entziehen" im Sinne des § 259 ZPO stets anzunehmen, wenn der Schuldner die Forderung des Gläubigers ernstlich bestreitet (BGHZ 43, 28, 31; BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 aaO; BGH, Urteil vom 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954 unter II 2). Umstritten ist, ob künftig fällig werdende Nutzungsentschädigungen nach dieser Vorschrift auch dann eingeklagt werden können, wenn der Mieter nach beendetem Mietverhältnis eine Nutzungsentschädigung voraussichtlich wegen Zahlungsunfähigkeit nicht zahlen wird. Nach einer Ansicht ist § 259 ZPO nicht anwendbar, weil die zu erwartende Nichtleistung infolge Zahlungsunfähigkeit einem Sich-Entziehen nicht gleichstehen soll (OLG Koblenz, FamRZ 1980, 583, 585; für die Besorgnis künftiger Zahlungsunfähigkeit: MünchKommZPO-Lüke aaO, § 259 Rdnr. 13; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 259 Rdnr. 3). Nach anderer Auffassung ist § 259 ZPO auch in Fällen voraussichtlicher Zahlungsunfähigkeit des Mieters anwendbar (OLG Dresden, NZM 1999, 173; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingsrechts, 8. Aufl., Rdnr. 1124; Fischer in: Bub/Treier aaO, 3. Aufl. VIII Rdnr. 34; Musielak/Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 259 Rdnr. 5; Henssler aaO S. 140 f.). Jedenfalls bei schon eingetretener Zahlungsunfähigkeit des Mieters hält der Senat die Anwendung des § 259 ZPO für gerechtfertigt.
Dafür spricht zunächst das Schutzbedürfnis des Gläubigers, dem durch die Vorschrift des § 259 ZPO Rechnung getragen werden soll. Bei Sachverhalten wie dem vorliegenden wird durch den über einen längeren Zeitraum bestehenden , auf Zahlungsunfähigkeit beruhenden Mietrückstand des Mieters die Vermutung begründet, er werde auch die nach Beendigung des Mietvertrages fällig werdenden Raten der Nutzungsentschädigung nicht bezahlen (Henssler aaO S. 141. Auch der der Vorschrift des § 259 ZPO zugrundeliegende Zweck läßt eine Anwendung geboten erscheinen. Die §§ 257 bis 259 ZPO sind in das Gesetz eingefügt worden, um einem praktischen Bedürfnis nachzukommen; sie sollen die Effektivität des Rechtsschutzes fördern. Die Zulassung der Klage nach § 259 ZPO entspricht zudem dem Bedürfnis nach einer wirtschaftlichen Prozeßführung, weil die Ansprüche auf rückständige Miete sowie auf die zukünftige Nutzungsentschädigung aus demselben Sachverhalt hergeleitet werden und in einem besonders engen Zusammenhang stehen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 aaO). Bei Nichtanwendung des § 259 ZPO wird es in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig zu Folgeprozessen kommen. Wenn mit der Räumungsklage bzw. der Klage auf Mietrückstände die Klage auf künftig fällig werdende Nutzungsentschädigung verbunden werden kann, liegt dies auch im Interesse des ehemaligen Mieters, der nicht mit einer Mehrzahl von Prozessen überzogen wird, die in ihrer Summe höhere, auf ihn entfallende Kosten verursachen als ein einmal angestrengtes Verfahren. Mit seiner Entscheidung weicht der erkennende Senat nicht von der oben aufgeführten Rechtsprechung der anderen Zivilsenate ab. Zwar wird in den genannten Entscheidungen ein "Sich-Entziehen" im Sinne des § 259 ZPO bejaht, wenn der Schuldner die Forderung des Gläubigers ernstlich bestreitet. Daß sich die Heranziehung des § 259 ZPO auf die Fälle des Bestreitens beschränken soll (vgl. Gesetzesbegründung in Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu
den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 8 S. 100), ist diesen Entscheidungen aber nicht zu entnehmen. Deppert Hübsch Leimert Wiechers Wolst
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Das klagende Land (Kläger) verlangt die Feststellung, zum Ankauf einer etwa 350 m² großen Fläche im Hinterhof des Grundstücks der Beklagten im Bezirk Pankow von Berlin nach Maßgabe des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes (VerkFlBerG) zu dem danach für Verkehrsflächen vorgesehenen Ankaufspreis berechtigt zu sein. Diese Fläche gehört zu einer begrünten Anlage. Darin befinden sich neben Gartenanlagen und Wegen ein Kinderspielplatz, eine Tischtennisplatte und eine Hirschskulptur, nach der die Anlage Hirschhof genannt wird. Der Innenhof ist von 1982 an unter zwischen den Beteiligten streitigen Umständen in Abstimmung mit den Bewohnern, Eigentümern und der Stadtbezirksverwaltung gestaltet und begrünt worden. Er war zumindest über einen langen Zeitraum öffentlich zugänglich. Verhandlungen über den Ab- schluss eines Nutzungsvertrags scheiterten, weil sich der Kläger nicht zum Abschluss der von ihm selbst vorgeschlagenen Vereinbarung entschließen konnte. Am 22. März 2007 beantragte der Kläger die Einleitung eines notariellen Vermittlungsverfahrens , das wegen des Widerstands der Beklagten keinen Erfolg hatte. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Kammergericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchten die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 2
- Das Berufungsgericht hält den Kläger für berechtigt, die Fläche nach Maßgabe des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes zu dem für Verkehrsflächen vorgesehenen Preis anzukaufen. Der Hirschhof werde öffentlich genutzt. Er sei auf Initiative und mit Mitteln der früheren Stadtbezirksverwaltung errichtet worden. Davon sei es auf Grund der urkundenbeweislich verwerteten Aussagen von Zeugen in einem Parallelverfahren gegen die Eigentümer des benachbarten Hinterhofs und auf Grund des Urteils des OVG Berlin-Brandenburg vom 29. September 2011 (OVG 11 B 31.10, juris) in einem Rechtstreit über die Frage , ob es sich bei dem Hinterhof um eine Grünanlage im Sinn des Berliner Grünanlagengesetzes handelt, überzeugt. Die Begrünung des Hinterhofs sei auch nicht nur den Bewohnern der anliegenden Häuser zugutegekommen, sondern der Öffentlichkeit. Es handele sich um eine öffentliche Grünanlage, die als Verkehrsanlage gelte, und nicht um eine anders öffentlich genutzte Fläche. Die öffentliche Nutzung des Hinterhofs sei schließlich nicht anderweitig rechtlich abgesichert.
II.
- 3
- Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
- 4
- 1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der Kläger kann von den Beklagten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 VerkFlBerG den Verkauf der begrünten Teilfläche auf dem Grundstück der Beklagten zu dem ermäßigten Preis für Verkehrsflächen nur verlangen, wenn diese Teilfläche vor dem 3. Oktober 1990 für eine Verwaltungsaufgabe tatsächlich in Anspruch genommen worden ist und dieser Verwaltungsaufgabe immer noch dient. Das hat das Berufungsgericht festgestellt.
- 5
- 2. Diese Feststellung vermag das Urteil aber nicht zu tragen, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist.
- 6
- a) Das Berufungsgericht hat gegen den in § 355 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmten Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen, indem es nur die in einem anderen Verfahren protokollierten Aussagen der von dem Kläger benannten Zeugen urkundenbeweislich verwertet, die Zeugen aber nicht selbst vernommen hat.
- 7
- aa) Die Verwertung der Niederschrift einer Zeugenaussage aus einem anderen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises ist zwar grundsätzlich zulässig (BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 25/52, BGHZ 7, 116, 121 f. und vom 9. Juni 1992 - VI ZR 215/91, NJW-RR 1992, 1214, 1215; Senat, Beschluss vom 17. November 2005 - V ZR 68/05, juris). Sie setzt die Zustimmung der Parteien nicht voraus (BGH, Urteil vom 19. April 1983 - VI ZR 253/81, VersR 1983, 667, 668). Auch der Widerspruch einer Partei gegen die Verwertung einer protokollierten Aussage steht deren Auswertung im Wege des Urkundenbeweises nicht entgegen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1969 - VI ZR 128/68, VersR 1970, 322, 323).
- 8
- bb) Unzulässig wird die Verwertung der früheren Aussagen der benannten Zeugen im Wege des Urkundenbeweises anstelle von deren Vernehmung im anhängigen Verfahren aber dann, wenn eine Partei zum Zwecke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung dieses Zeugen beantragt (BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 25/52, BGHZ 7, 116, 122, vom 9. Juni 1992 - VI ZR 215/91, NJW-RR 1992, 1214, 1215, vom 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94, VersR 1995, 1370, 1371 und vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98, NJW 2000, 1420, 1421 f.; Senat, Beschluss vom 17. November 2005 - V ZR 68/05, juris). Einen solchen Antrag haben die Beklagten gestellt. Diesen Antrag durfte das Berufungsgericht nicht als verspätet zurückweisen. Er betraf kein neues Angriffs - oder Verteidigungsmittel der Beklagten, sondern die Verwertung der Aussagen der von dem beweispflichtigen Kläger rechtzeitig benannten Zeugen. Deren Vernehmung durch das Berufungsgericht hatten die Beklagten auch nicht erst in der mündlichen Verhandlung beantragt, sondern schon in der Berufungserwiderung. Darin hatten sie sich gegen die Verwertung der in dem anderen Verfahren protokollierten Aussagen der Zeugen mit der Begründung gewandt , sie widerspreche dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme ; außerdem könne das Berufungsgericht ohne „Ansehung der Zeugen“ deren Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage nicht bewerten. Das ist in der Sache ein Antrag auf Vernehmung der Zeugen durch das Berufungsgericht , der als solcher auch klar zu erkennen war. Wollte das Berufungsgericht das anders sehen, musste es die Beklagten darauf hinweisen (vgl. Senat , Beschluss vom 17. November 2005 - V ZR 68/05, juris), was vor der mündlichen Verhandlung nicht geschehen ist. Anders als das Berufungsgericht meint, mussten die Beklagten nicht darlegen, dass und weshalb den protokollierten Aussagen der Zeugen nicht gefolgt werden kann. Die Parteien haben nach §§ 355, 373 ZPO einen gesetzlichen Anspruch auf eine mit den Garantien des Zeugenbeweises ausgestattete Vernehmung (BGH, Urteil vom 14. Juli 1952 - IV ZR 25/52, BGHZ 7, 116, 122). Diesen Anspruch macht das Gesetz wegen der offenkundigen Schwächen der urkundenbeweislichen Verwertung von Zeugenaussagen - fehlender persönlicher Eindruck von den Zeugen, fehlende Möglichkeit , Fragen zu stellen und Vorhalte zu machen, fehlende Möglichkeit der Gegenüberstellung (BGH, Urteil vom 30. November 1999 - IV ZR 207/98, NJW 2000, 1420, 1421) - nicht von der näheren Darlegung von Gründen abhängig.
- 9
- b) Von der Vernehmung der Zeugen durfte das Berufungsgericht auch nicht im Hinblick auf die Beweiskraft des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. September 2011 (OVG 11 B 31.10, juris) absehen.
- 10
- aa) Dieses Urteil - das sich zudem nicht mit den Voraussetzungen eines Ankaufsrechts nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz, sondern mit der Anwendbarkeit des Berliner Grünflächengesetzes (vom 24. November 1997, GVBl. Bln 1997 S. 612 - GrünAnlG) befasst - ist zwar eine öffentliche Urkunde, die eine Entscheidung enthält. Sie erbringt nach § 417 ZPO auch vollen Beweis ihres Inhalts. Die Beweiskraft des Urteils beschränkt sich aber auf den Urteilsausspruch und erfasst weder den Tatbestand noch die Entscheidungsgründe. Beide enthalten nicht die Entscheidung, um deren Beweis es in der Vorschrift des § 417 ZPO geht, sondern die Begründung der Entscheidung. Auf diese erstreckt sich die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde über eine Entscheidung weder bei einem Urteil noch bei einer anderen Entscheidung einer öffentlichen Stelle (BGH, Urteil vom 27. August 1963 - 5 StR 260/63, BGHSt 19, 87, 88; OLG Neustadt/Weinstraße, NJW 1964, 2162, 2163; OLG Frankfurt/Main, NStZ 1996, 234, 235; OLG Brandenburg, Urteil vom 21. Juli 2006 - 7 U 40/06, juris Rn. 9; MünchKomm-ZPO/Schreiber, 4. Aufl., § 417 Rn. 6).
- 11
- bb) Die Beweiskraft ergibt sich auch nicht aus § 418 ZPO. Zwar kann der Tatbestand eines Gerichtsurteils nach dieser Vorschrift Beweiskraft entfalten (MünchKomm-ZPO/Schreiber, 4. Aufl., § 418 Rn. 6); beispielsweise wird durch die Aufnahme von Zeugenaussagen in den Tatbestand ein vollgültiges Zeugnis des Gerichts über die vor ihm erstatteten Aussagen hergestellt (RGZ 149, 312, 316). Einer Verwertung der in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts enthaltenen Aussagen stünde im Hinblick auf den Antrag der Beklagten, die maßgeblichen Zeugen vor dem Prozessgericht zu hören, aber wiederum der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 ZPO) entgegen. Zudem stützt sich das Berufungsgericht nicht auf Tatbestandselemente des Urteils, sondern auf die Entscheidungsgründe, d.h. auf die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das Gericht. Dieser kommt jedoch keine Beweiskraft nach § 418 ZPO zu.
- 12
- c) Das Berufungsurteil beruht auf dem Verfahrensfehler bei der Vernehmung der Zeugen und auf der Verkennung der Beweiskraft des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre, hätte es die fehlende Beweiskraft des Urteils erkannt und die Zeugen selbst vernommen. Das Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
III.
- 13
- Eine eigene Entscheidung ist dem Senat mangels verwertbarer Feststellungen nicht möglich. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
- 14
- 1. Die Begrünung der Teilfläche eines privaten Hinterhofs kann eine tatsächliche Inanspruchnahme für eine Verwaltungsaufgabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG sein.
- 15
- a) Die Schaffung von Grünflächen zur Erholung und Entspannung gehört als eine mögliche Form der Daseinsvorsorge zu den Verwaltungsaufgaben jedenfalls der Kommunen und der ihnen entsprechenden Verwaltungsgliederungen der Stadtstaaten.
- 16
- b) Anders als die Beklagten meinen, kommt es weder für die Frage, ob die Innenhoffläche vor dem 3. Oktober 1990 als Verkehrsfläche in der Form einer öffentlichen Grünanlage im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VerkFlBerG tatsächlich in Anspruch genommen worden ist, noch für die Frage, ob die Hoffläche diesem Zweck weiterhin dient, auf eine förmliche Widmung als Grünanlage oder für einen anderen öffentlichen Zweck an.
- 17
- aa) Auf eine förmliche Widmung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GrünAnlG kann es für die tatsächliche Inanspruchnahme der Hoffläche schon deshalb nicht ankommen , weil diese vor dem 3. Oktober 1990 durch die Dienststellen der DDR erfolgt sein muss, für die dieses Gesetz seinerzeit nicht galt. Eine solche förmliche Widmung ist aber auch für die Frage ohne Bedeutung, ob die Hoffläche einem öffentlichen Zweck, dem sie damals möglicherweise zugeführt worden ist, noch dient. Die Widmung einer Grünfläche als Grünanlage gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GrünAnlG, die das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 29. September 2011 (11 B 31.10, juris) für die Grünfläche im Hirschhof verneint hat, ist nur dafür erheblich, ob die Bezirke von Berlin hierfür Schutz- und Pflegepläne aufzustellen haben (§ 4 GrünAnlG), ob das Land Berlin die Verkehrssicherungspflicht hat (§ 5 GrünAnlG) und ob die Verhaltensvorschriften des § 6 GrünAnlG gelten, deren Nichteinhaltung nach § 7 GrünAnlG einen Ordnungswidrigkeitentatbestand verwirklicht. Die Anwendung des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes hängt davon nicht ab.
- 18
- bb) Auch auf eine förmliche Widmung zu einem anderen öffentlichen Zweck kommt es nicht an. Den Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz in § 2 Abs. 2 Nr. 1 für Straßen, Wege und Plätze auf die förmliche Widmung abstellt und damit bewusst auch auf die Anforderungen an eine solche Widmung verweist, die die Straßengesetze der Bundesländer dafür bestimmen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks 14/6204 S. 15). Einen ähnlichen Präzisierungsgrad hat die Verweisung auf § 1 Abs. 1 BWaStrG in § 2 Abs. 2 Nr. 2 VerkFlBerG, der die maßgeblichen Bundeswasserstraßen in einer Anlage 1 zu dem Gesetz abschließend aufführt. Für die anderen Verkehrsflächen und insbesondere für Grünanlagen schreibt § 2 Abs. 2 Nr. 5 VerkFlBerG Vergleichbares dagegen nicht vor. Das beruht auf dem Zweck der Vorschrift. Sie soll nicht die Anforderungen an eine tatsächliche Inanspruchnahme für eine Verwaltungsaufgabe vor dem 3. Oktober 1990 im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG festlegen. Sie soll vielmehr bestimmen, welche dieser Flächen einer solchen Verwaltungsaufgabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG heute noch dienen. Dafür sollen bei Straßen, Wegen und Plätze sowie den Wasserstraßen und Eisenbahnlinien die allgemein geltenden Regelungen zur Anwendung kommen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 14/6204 S. 15). Wo es dagegen solche allgemeinen Regelungen nicht gibt, verzichtet der Gesetzgeber auf Förmlichkeiten. So liegt es bei Grünanlagen.
- 19
- c) Für eine tatsächliche Inanspruchnahme der begrünten Fläche im Hinterhof der Beklagten für eine Verwaltungsaufgabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG genügt allerdings ein, wie es das Berufungsgericht formuliert , „öffentlicher Zugang, mag er auch nicht leicht auffindbar gewesen sein“, nicht. Eine solche Inanspruchnahme setzt vielmehr voraus, dass die zuständi- gen staatlichen Stellen vor dem 3. Oktober 1990 die Sachherrschaft über den begrünten Teil eines solchen Hinterhofs ausgeübt und diesen für einen Außenstehenden erkennbar dem öffentlichen Verkehr geöffnet haben, dass dieser tatsächlich als solcher wahrgenommen worden ist und dass dieser Zustand heute noch besteht.
- 20
- aa) Die Begrünung eines privaten Hinterhofs kommt, auch wenn sie mit öffentlichen Mitteln finanziert worden ist, gewöhnlich weder der Öffentlichkeit insgesamt noch Teilen derselben, sondern allein den Bewohnern der Gebäude zugute, von denen aus der Hinterhof erreicht werden kann. Denn ein solcher Hinterhof ist anderen Interessierten normalerweise nicht zugänglich. Daran änderte es im Grundsatz nichts, wenn die Haustüren oder Hofeinfahrten der angrenzenden Häuser (tagsüber) offen stünden und der Hinterhof deshalb auch von anderen als den Bewohnern dieser Häuser betreten werden könnte. Denn er würde auch dann von jedem Außenstehenden als privates befriedetes Besitztum erkannt, zu dessen Betreten nicht jeder eingeladen ist. Das wäre im Kern nicht anders, wenn die Eigentümer der die Hoffläche umgebenden Häuser den Bewohnern dieser Häuser die Benutzung aller Teile des Innenhofs ohne Rücksicht auf deren Zuordnung zu den Grundstücken gestattet hätten. Denn zur Benutzung eines in diesem Sinne „bewohneröffentlichen“ Innenhofs ist ebenfalls nicht jeder zugelassen, sondern nur, wer zu dem Kreis der Bewohner zählt.
- 21
- bb) Zu einer im Sinne des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes öffentlichen Fläche würde der Innenhof schließlich auch dann nicht, wenn er auf Veranlassung der privaten Eigentümer nicht nur den Nutzern der umgebenden Häuser, sondern ganz allgemein der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden wäre. Er hätte dann zwar einen Nutzen für die Allgemeinheit gewonnen, wäre aber eine private Fläche geblieben. Die Sachherrschaft der privaten Eigentümer hätte unverändert fortbestanden. Es hätte weiterhin allein in ihrem Belieben gestanden , welchen Teilen der Öffentlichkeit sie zu welchen Bedingungen die Hoffläche seinerzeit öffneten und künftig öffnen wollen. Einer solchen privatöffentlichen Nutzung fehlt das entscheidende Element, welcher die öffentliche Nutzung eines privaten Grundstücks zu einer Inanspruchnahme des Grundstücks für die Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VerkFlBerG werden lässt, die wiederum Voraussetzung für die Anwendung des Gesetzes ist: die öffentliche Sachherrschaft.
- 22
- cc) Es kommt deshalb entscheidend darauf an, ob der Hinterhof vor dem 3. Oktober 1990 nicht notwendig ständig, aber doch in nennenswertem zeitlichem Umfang für die Öffentlichkeit zugänglich war. Ferner musste damals erkennbar sein, dass der Hinterhof kein gewöhnliches befriedetes Besitztum, sondern - etwa im Sinne einer „Stadtoase“ - der Öffentlichkeit allgemein und nicht nur den Bewohnern der umgebenden Häuser zugänglich sein sollte. Er muss weiter seinerzeit tatsächlich in nennenswertem Umfang von der Öffentlichkeit als Erholungs- und Entspannungsort angenommen worden sein. Die Entscheidung darüber, ob und unter welchen Bedingungen der begrünte Teil des Hinterhofs der Öffentlichkeit zugänglich ist, musste schließlich vor dem 3. Oktober 1990 den privaten Grundstückseigentümern aus der Hand genommen worden und dauerhaft auf die zuständigen staatlichen Stellen übergegangen sein. Dieser Zustand muss heute noch bestehen. Andernfalls wäre der Hinterhof damals ein privates Refugium geblieben oder wieder ein solches Refugium geworden, für das ein Ankaufsrecht öffentlicher Nutzer nicht vorgesehen ist und auch nicht gerechtfertigt wäre. Feststellungen dazu fehlen bislang.
- 23
- 2. In entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 5 VerkFlBerG kommt ein Ankaufsrecht des Klägers ferner nur in Betracht, wenn die öffentliche Nutzung der begrünten Teilfläche des Hinterhofs auf dem Grundstück der Be- klagten am 3. Oktober 1990 die private Nutzung durch die Bewohner der angrenzenden Gebäude überwog.
- 24
- a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 5 VerkFlBerG findet das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz nur im Fall überwiegender öffentlicher Nutzung Anwendung, wenn das von dem öffentlichen Nutzer in Anspruch genommene Gebäude oder die bauliche Anlage auch anderen als öffentlichen Zwecken dient. Hier geht es weder um die Nutzung eines Gebäudes noch um die Nutzung einer baulichen Anlage, sondern um die gemischte Nutzung einer privaten Hinterhoffläche. Sie wird vom Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst.
- 25
- b) Auf diese Fallgestaltung ist die Vorschrift aber entsprechend anzuwenden.
- 26
- aa) Die Vorschrift weist eine planwidrige Lücke auf. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die Inanspruchnahme privater Grundstücke durch öffentliche Nutzer nicht immer zu einer Verdrängung der bestehenden privaten Nutzung auf dem ganzen Grundstück oder auf bestimmten Teilen davon führt. Das Ankaufsrecht soll dann nur bestehen, wenn die öffentliche Nutzung bei wertender Betrachtung überwiegt (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 14/6204 S. 14 zu Satz 3). Nicht erkannt hat der Gesetzgeber indessen, dass es eine solche Mischnutzung nicht nur bei der Inanspruchnahme von Gebäuden und baulichen Anlagen durch den öffentlichen Nutzer geben kann, sondern auch bei der Inanspruchnahme von Flächen. Die Inanspruchnahme einer Fläche durch einen öffentlichen Nutzer wird zwar in der Mehrzahl der Fälle zur Verdrängung der privaten Nutzung führen. Das ist aber gerade dann anders, wenn der öffentliche Nutzer eine Fläche in Anspruch nimmt, die inmitten eines befriedeten privaten Besitztums liegt, und diese der Öffentlichkeit zugänglich macht. Dann besteht die private Nutzung des befriedeten Besitztums unverändert fort; hinzu tritt die - hier allerdings erst noch festzustellende - staatlich veranlasste Nutzung durch die Allgemeinheit.
- 27
- bb) Hätte der Gesetzgeber diese Fallgruppe erkannt, hätte er sie in die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 5 VerkFlBerG aufgenommen oder für sie eine inhaltsgleiche Regelung geschaffen. Das ergibt sich zwingend aus der Begründung , die der Gesetzgeber für diese Regelung gegeben hat. Auf das Überwiegen der öffentlichen Nutzung sollte es wegen der für das Erwerbsrecht der öffentlichen Hand vorgesehenen, „gerade an die öffentliche Nutzung anknüpfenden Preisgestaltung“ ankommen (BT-Drucks. 14/6204 S. 14). Das Besondere dieser Preisgestaltung besteht darin, dass der Ankaufspreis, anders als nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz, nicht die Hälfte, sondern - wegen des Vorwegabzugs von einem Drittel des Bodenwerts gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerkFlBerG - im Ergebnis nur ein Drittel des Bodenwerts beträgt (§ 6 VerkFlBerG), und vor allem darin, dass der Ankaufspreis für alle Verkehrsflächen nach § 5 Abs. 1 VerkFlBerG nur ein Fünftel des Bodenwerts beträgt und zudem auf einen von der Gemeindegröße abhängigen Betrag von zwischen 5 €/m² und 15 €/m² begrenzt ist. Zu diesen aus seiner Sicht extrem niedrigen Preisen soll der private Eigentümer sein Land dem öffentlichen Nutzer nur verkaufen müssen, wenn dessen Nutzung überwiegt. Diese Preisgestaltung rechtfertigt sich verfassungsrechtlich mit den Belastungen (Unterhaltungskosten, mangelnder Ertrag) der öffentlichen Hand durch solche Flächen (dazu Senat, Urteil vom 20. Juni 2008 - V ZR 149/07, NJW-RR 2008, 1548, 1550 f. Rn. 16 ff.). Eine entsprechende Belastung kann bei einer gemischten privaten und öffentlichen Nutzung nur angenommen werden, wenn die öffentliche Nutzung überwiegt. In dieser Hinsicht ergeben sich zwischen der gemischten Nutzung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage einerseits und einer begrünten Fläche andererseits keine Unterschiede. Der Gesetzgeber hätte deshalb das Regelungsprinzip des § 1 Abs. 1 Satz 5 VerkFlBerG unterschiedslos auch auf diese Fallgruppe angewandt, hätte er diese als Regelungsproblem erkannt.
- 28
- cc) Für die Beantwortung der Frage nach einem Überwiegen der öffentlichen Nutzung kommt es nicht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Ankaufsverlangens , sondern auf die Verhältnisse am 3. Oktober 1990 an (Senat, Urteil vom 6. Oktober 2006 - V ZR 138/05, LKV 2007, 190 Rn. 8). Diese überwiegende öffentliche Nutzung muss auch heute noch gegeben sein. Andernfalls diente das Grundstück nicht mehr im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG der Verwaltungsaufgabe. Zu beidem hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen. Sie werden nachzuholen sein.
- 29
- 3. In der neuen Verhandlung wird auch die rechtliche Einordnung der begrünten Fläche als öffentliche Grünanlage im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 5 VerkFlBerG oder als andere begrünte Fläche zu überprüfen sein. Richtig ist zwar, dass die eine öffentliche Parkfläche oder Grünanlage prägende Funktion, soweit hier relevant, darin besteht, gärtnerisch gestaltete Natur für die Erholung der Bevölkerung zu erschließen, und dass es für die Einordnung darauf ankommt , ob die Anlage ihrem Gesamtcharakter nach eine Gartenanlage oder, was hier auch in Betracht kommt, ein Kinderspielplatz ist (Senat, Urteil vom 20. Januar 2006 - V ZR 122/05 NJW-RR 2006, 805, 807 Rn. 17, 19). Dabei darf aber die begrünte Fläche des Hinterhofs nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr muss in die Wertung auch der Umstand einbezogen werden, dass die Fläche in einem Innenhof liegt. Sollte dieser der Anlage ihr Gepräge geben, handelte es sich nicht um eine öffentliche Grünanlage in einem Innenhof, für die der begrenzte Ankaufspreis nach § 5 Abs. 1 VerkFlBerG gilt, sondern um einen begrünten Innenhof. Der aber stellte eine sonstige Fläche dar, für die der Ankaufspreis nach § 6 VerkFlBerG maßgeblich ist. Auch insoweit kommt es auf die Verhältnisse am 3. Oktober 1990 und darauf an, ob der damalige Zustand heute noch besteht. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
LG Berlin, Entscheidung vom 23.05.2011 - 37 O 302/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 16.03.2012 - 7 U 145/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren beträgt 25.000 EUR.
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in P. . Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit für ein Wege- und Fahrrecht über deren Grundstück.
- 2
- Es kam zu einem ersten Rechtsstreit zwischen den Parteien, den die im Grundbuch eingetragenen drei Gesellschafter als Kläger führten. Er endete mit der Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung einer Grunddienstbarkeit nach § 116 SachenRBerG. Daraufhin wurde die auf Grund der Bewilligung aus dem Jahre 1994 eingetragene Grunddienstbarkeit gelöscht und als Folge des Urteils eine neue Grunddienstbarkeit eingetragen.
- 3
- Gegen dieses Urteil erhob die Beklagte Restitutionsklage, mit der sie geltend machte, dass einer der Kläger bereits längere Zeit vor der Erhebung der Klage im Vorprozess verstorben sei. Aufgrund dessen wurde das erste Urteil für wirkungslos erklärt.
- 4
- In diesem Rechtsstreit verlangt die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts von der Beklagten die Bewilligung der Grunddienstbarkeit nach dem Gestattungsvertrag vom 1. August 1994, hilfsweise aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG, sowie den Rückbau des die Zufahrt zu ihrem Grundstück versperrenden Zaunes.
- 5
- Die Klage hat in erster Instanz Erfolg gehabt. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben.
II.
- 6
- Das angefochtene Urteil ist wegen eines den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzenden Verfahrensfehlers des Berufungsgerichts aufzuheben.
- 7
- 1. Das Berufungsgericht hätte, nachdem es selbst einen Verstoß des Landgerichts gegen die Hinweispflicht aus § 139 Abs. 1 ZPO festgestellt hatte, den von der Beklagten in der Berufungsbegründung gestellten Beweisanträgen nachgehen müssen und sich nicht mehr mit der Heranziehung der Niederschrift der Vernehmung dieser Zeugen in dem früheren Rechtsstreit begnügen dürfen.
- 8
- a) Die tatsächlichen Feststellungen in der Entscheidung des Landgerichts beruhten auf einem Verfahrensmangel.
- 9
- Das Landgericht hatte zwar nicht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 Abs. 1 Satz 1 ZPO) verstoßen. Die Verwertung der Niederschrift einer Zeugenaussage aus einem anderen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises ist zulässig (RGZ 106, 219, 221; BGHZ 7, 116, 120; Urteil vom 9. Juni 1992, VI ZR 215/91, NJW-RR 1992, 1214, 1215) und setzt nicht die Zustimmung beider Parteien voraus (BGH, Urt. v. 19. April 1983, VI ZR 253/81, VersR 1983, 667, 668). Auch der Widerspruch einer Partei gegen die Verwertung einer protokollierten Aussage steht deren Auswertung im Wege des Urkundenbeweises nicht entgegen (BGH, Urt v. 19. Dez. 1969, VI ZR 128/68, VersR 1970, 322, 323). Der Zeuge muss in solchen Fällen jedoch dann angehört werden, wenn eine Partei dessen Vernehmung unmittelbar durch das Prozessgericht beantragt (RGZ 106, 219, 221; BGHZ 7, 116, 121; BGH, Urt. v. 9. Juni 1992, VI ZR 215/91, NJW-RR 1992, 1214, 1215 std. Rspr.). Vor dem Landgericht hatte die Beklagte den für eine Zeugenvernehmung unverzichtbaren Antrag nach § 373 ZPO indes nicht gestellt.
- 10
- Der Entscheidung des Landgerichts liegt dennoch ein Verfahrensmangel zugrunde, den das Berufungsgericht auch festgestellt hat. Angesichts der Erklärung der Beklagten, mit der Verwertung des Protokolls über die frühere Vernehmung nicht einverstanden zu sein, war das Gericht zu einem Hinweis nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf den für einen Zeugenbeweis erforderlichen Beweisantritt nach § 373 ZPO verpflichtet (vgl. OLG Köln, VersR 1993, 1366, 1367). Ein solcher Hinweis ist geboten, wenn eine Partei den Zeugenbeweis möglicherweise antreten kann und will, aber infolge eines Versehens den dafür erforderlichen Antrag nach § 373 ZPO nicht stellt (vgl. BGH, Urt. v. 3. Juni 1997, VI ZR 133/96, NJW 1998, 155, 156).
- 11
- b) Zu Recht rügt die Nichtzulassungsbeschwerde, dass das Berufungsgericht jedenfalls auf das Beweisangebot in der Berufungsbegründung nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Zeugen hätte vernehmen müssen. Nach dieser Vorschrift ist neues Vorbringen zuzulassen, wenn das Eingangsgericht die nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO gebotenen Hinweise unterlassen hat (Senat, BGHZ 158, 295, 302). Ein solcher Verfahrensfehler hat zur Folge, dass die Beschränkungen für die Zulassung neuen Vorbringens im Berufungsrechtszug nicht gelten und der Partei insoweit die zweite Tatsacheninstanz eröffnet ist.
- 12
- Nach dem Wortlaut des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist allerdings erforderlich, dass das neue Vorbringen infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden ist, was im Einzelfall auch die Feststellung zu tragen vermag, dass der Verfahrensmangel für das Unterlassen des Vorbringens in erster Instanz nicht ursächlich war. Eine Zurückweisung des Beweisantrags aus dieser Erwägung kommt hier jedoch nicht in Betracht.
- 13
- Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nach dem Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung nicht festgestellt werden, dass das Ausbleiben des Beweisantrags in erster Instanz nicht auf einer Fehlvorstellung der Beklagten, die durch den richterlichen Hinweis zu korrigieren gewesen wäre, sondern auf einer davon unabhängigen Entscheidung der Beklagten beruhte. Diese hat ausgeführt, dass sie wegen des Beweisantrags der Kläger auf Vernehmung der Zeugen davon ausgegangen sei, nicht auch ihrerseits einen solchen Antrag stellen zu müssen. Das ist ein Indiz dafür, dass die Beklagte bereits in erster Instanz den Beweisantrag gestellt hätte, wenn sie durch einen richterlichen Hinweis auf dessen Erforderlichkeit für eine Zeugenvernehmung aufmerksam gemacht worden wäre.
- 14
- Dem steht auch nicht das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung entgegen, dass sie keine Veranlassung gehabt habe, von sich aus die Zeugen zu benennen, die im vorangegangenen Rechtsstreit für sie ungünstig ausgesagt hätten. Dies ist zwar als eine Erklärung für ihr Verhalten in der ersten Instanz zu verstehen. Dieser Vortrag vermag jedoch nicht den Schluss des Berufungsgerichts zu tragen, dass die Beklagte selbst auf den gebotenen richterlichen Hinweis in der ersten Instanz nicht den Beweisantrag gestellt hätte, den sie im Berufungsverfahren gestellt hat.
- 15
- 2. Die Zurückweisung des Beweisantritts zu einer Vernehmung der Zeugen durch das Prozessgericht verletzt den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Gericht ist danach verpflichtet, den gesamten Vortrag der Partei zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen (BVerfGE 60, 247, 248; 70, 288, 293). Das Berufungsgericht hatte daher auch den Vortrag der Beklagten in seine Erwägung einzubeziehen, das Ausbleiben des Beweisantritts habe auf der Fehlvorstellung beruht, dass ein Beweisantritt nicht nötig gewesen sei.
- 16
- Nach diesem Vortrag war das Berufungsgericht aus Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, dem Beweisantritt nachzugehen, weil eine unzulängliche Verfahrensleitung durch das Landgericht dessen Ausbleiben in der Eingangsinstanz mitverursacht hatte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 1999, 2 BvR 1292/96, NJW 2000, 945, 946). Die Zurückweisung des Beweisantrages durch das Berufungsgericht unter Herausgreifen eines Teils des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsbegründung dazu, warum sie einen eigenen Beweisantrag für nicht erforderlich gehalten hat, kommt einer Verhinderung des zulässigen Antrages auf Vernehmung der Zeugen durch das Prozessgericht gleich.
- 17
- 3.a) Die Beweisfrage betrifft einen für den zuerkannten Anspruch aus § 116 SachenRBerG entscheidungserheblichen Punkt. Die von der Beklagten bestrittene Mitbenutzung vor dem 3. Oktober 1990 ist eine Voraussetzung des Anspruchs. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht nach einer Anhörung der Zeugen zu einem anderen Beweisergebnis gelangen wird.
- 18
- b) Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus einem anderen Grunde als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach den Vereinbarungen zwischen der Stadt P. und der Beklagten vom August 1994 ist ein dingliches Recht der Klägerin nicht entstanden. § 328 Abs. 1 BGB ist auf die dingliche Einigung nach § 873 Abs. 1 BGB nicht anzuwenden (Senat, BGHZ 41, 95, 96; BGH, Urt. v. 8. Juli 1993, IX ZR 222/92, NJW 1993, 2617, 2618, insoweit in BGHZ 123, 178 ff. nicht abgedruckt). Die Begründung eines Anspruchs des jeweiligen Eigentümers des Nachbargrundstücks aus § 328 Abs. 1 BGB, von der Beklagten die Bestellung einer Grunddienstbarkeit verlangen zu können, ist nach den getroffenen Feststellungen auszuschließen.
III.
- 19
- Der Senat hat von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluss nach § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch gemacht.
- 20
- Die Entscheidung über den Streitwert der Nichtzulassungsbeschwerde folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 02.04.2004 - 1 O 461/03 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 24.02.2005 - 5 U 42/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger verlangen vom Beklagten rückständige Miete sowie Räumung und Herausgabe von gewerblich genutzten Räumen, die sie dem Beklagten mit Mietvertrag vom 27. Juli 1982 zu einem monatlichen Mietzins von 1.000 DM vermietet haben und in denen die Immobilien-GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte ist, ein Maklerbüro betreibt. Mit vermietet waren der sogenannte Ladengang im Eingangsbereich, den der Beklagte 1982 aufgrund der ihm mietvertraglich erteilten Genehmigung der Kläger hatte überdachenlassen, sowie Schaukästen, die im Ladengang an der Wand hingen und die der Beklagte zu Werbezwecken nutzte. Wegen auftretender Feuchtigkeitsschäden im Bereich dieser Schaukästen, deretwegen der Beklagte die Miete minderte, kam es 1988 zu einem Rechtsstreit zwischen den Parteien, in dem das Landgericht mit Urteil vom 12. Januar 1990 (4 O 519/88) dem Beklagten ein Minderungsrecht von 20 % (200 DM) zubilligte und ihn im übrigen zur Zahlung des restlich einbehaltenen Mietzinses verurteilte. Seine Berufung blieb erfolglos. Eine Räumungsklage, die die Kläger zwischenzeitlich vor dem Amtsgericht angestrengt hatten, wurde mit Urteil vom 26. Juni 1991 mit der Begründung abgewiesen, daß sich der Beklagte, der mittlerweile den Mietzins unter Berücksichtigung der vom Landgericht angenommenen Minderungsquote bezahlt hatte, nicht in Verzug befunden habe. In der Folgezeit zahlte der Beklagte die verminderte Miete von 800 DM. Mit Anwaltsschreiben vom 25. September 1995 mahnten die Kläger unter Androhung fristloser Kündigung die Differenzbeträge als rückständigen Mietzins an und kündigten schließlich mit Schreiben vom 5. Dezember 1995. Sie beriefen sich darauf, daß dem Beklagten kein Minderungsrecht mehr zugestanden habe, nachdem auf ihre Veranlassung hin Undichtigkeiten im Dachrinnen - und Fallrohrbereich im Januar 1990 behoben worden seien und weitere Feuchtigkeitsschäden allein auf die vom Beklagten errichtete unzureichende Überdachungskonstruktion zurückzuführen seien. Der Beklagte hielt dem entgegen , daß die Feuchtigkeitsschäden nach wie vor aufgetreten seien und in den Verantwortungsbereich der Kläger fielen, weil er die Glasüberdachung im Herbst 1991 habe abdichten und im Herbst 1993 auf eigene Kosten die wiederum verstopften Fallrohre habe richten lassen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Räumung und Herausgabe und zur Zahlung rückständiger Miete in Höhe von 11.800 DM für die Zeit von Januar 1991 bis November 1995 verurteilt, weil ihm ein Mietminderungsrecht nicht mehr zugestanden habe. Denn nachdem die Kläger den Mangel beseitigt hätten , habe er einen erneuten Mangel nicht angezeigt. Die weitergehende Zahlungsklage hat das Landgericht wegen Verjährung abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung der Kläger ihn zusätzlich zur Räumung und Herausgabe von unberechtigt genutzten Kellerräumen verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
I.
Da die Kläger und Revisionsbeklagten in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Bekanntmachung des Termins nicht vertreten waren, ist über die Revision antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, §§ 557, 331 ZPO (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff.). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung.II.
Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Das Oberlandesgericht hat den Zahlungsanspruch für begründet gehalten , weil dem Beklagten kein Minderungsrecht mehr zugestanden habe. Es ist mit dem Landgericht davon ausgegangen, daß die Kläger mit der im Januar 1990 veranlaßten Reparatur der Dachrinnen und Fallrohre die in ihrem Verantwortungsbereich liegenden Ursachen für die Feuchtigkeit beseitigt hätten. Der Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, daß diese Reparatur nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sei. Die danach aufgetretenen Feuchtigkeitseinbrüche hätten, wie im Gutachten des Sachverständigen vom 30. August 1989 im Vorprozeß dargelegt worden sei, ihre Ursache in der "fachlich gewagten" Dachkonstruktion des Ladenganges und lägen im Verantwortungsbereich des Beklagten. Jedenfalls aber habe der Beklagte entgegen seiner Anzeigepflicht nach § 545 BGB die Feuchtigkeitsmängel im Bereich der Schaukästen gegenüber den Klägern nicht mehr gerügt, so daß er keine Minderungsrechte mehr geltend machen könne. Die behauptete Mängelanzeige gegenüber dem Makler K. entlaste ihn nicht, da dieser von den Klägern nur mit dem Verkauf des Hauses, nicht aber mit der Wahrnehmung von Vermieterrechten und -pflichten beauftragt worden sei. 2. Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß das Oberlandesgericht wesentlichen Parteivortrag und Beweisangebote des Beklagten übergangen habe.a) Grundsätzlich hat zwar der Mieter, der sich auf einen Mangel beruft, die Darlegungs- und Beweislast für den Mangel und das Verschulden des
Vermieters. Dabei hat die Rechtsprechung die Beweislast aber nach den beiderseitigen Verantwortungsbereichen verteilt: Der Vermieter muß darlegen und beweisen, daß die Ursache des Mangels nicht aus seinem Pflichten- und Verantwortungsbereich stammt, sondern aus dem Herrschafts- und Obhutsbereich des Mieters (vgl. Senatsurteil BGHZ 126, 124, 128; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., Bd. 1, § 537 BGB, Rdn. 1; Kraemer in Bub/Treier Handbuch der Geschäftsraummiete 3. Aufl. III A Rdn. 960 a; III B Rdn. 1385 a; Schmidt-Futterer/Eisenschmidt Mietrecht 7. Aufl. § 537 Rdn. 318 m.w.N.). Hat er diesen Beweis geführt, muß der Mieter nachweisen, daß er den Mangel nicht zu vertreten hat. Das Oberlandesgericht ist hier auf der Grundlage des im Vorprozeß (4 O 519/88 Landgericht Lübeck) erstatteten Gutachtens des Sachverständigen P. vom 30. August 1989 davon ausgegangen, daß die Ursache für die Feuchtigkeitsschäden im Bereich der vom Beklagten errichteten Überdachung liege und damit allein seinem Verantwortungsbereich zuzuschreiben sei, nachdem die Kläger die ihrem Verantwortungsbereich unterliegenden Regenrinnen und Fallrohre ordnungsgemäß repariert hätten. Bereits die erste Annahme ist durch das Vorbringen des Beklagten und die Angaben des Sachverständigen in Frage gestellt. Der Beklagte hat in seiner Berufungsbegründung vorgetragen und unter Zeugen- und Sachverständigenbeweis gestellt, daß die Feuchtigkeit nicht von der fehlerhaften Überdachung herrühren könne, weil er diese im Herbst 1991 durch eine Bitumenschweißbahn fachmännisch habe abdichten lassen und das Dach seitdem kein Wasser mehr durchlasse. Vielmehr liege die Ursache nach wie vor im Bereich der Regenrinnen und des Fallrohres, was den Klägern zuzurechnen sei. Der Sachverständige P. hat bei seiner Vernehmung durch das Landgericht am 15. Mai 1996 außerdem bestätigt, daß die Abdichtung der Überdachung, insbesondere durch die Bitumenschweißbahn, jetzt völ-
lig anders sei als seinerzeit anläßlich seiner Begutachtung 1989 im Vorprozeß. Damit durfte sich das Oberlandesgericht bei seiner Beurteilung nicht mehr auf die früheren Angaben des Gutachters im Vorprozeß stützen. Der Beklagte hat in der Berufungsbegründung ferner vorgetragen und unter Beweis gestellt, daß die von den Klägern im Januar 1990 vorgenommene Reparatur zu keinem dauerhaften Erfolg geführt habe. Bei seiner Anhörung vor dem Landgericht am 15. Mai 1996 hat er angegeben, daß er, nachdem der Vorprozeß beendet gewesen sei, die Rückwand der Schaukästen mit einer Korkfläche versehen habe. Auch danach seien sie jedoch wegen wieder austretender Feuchtigkeit nur wenige Wochen nutzbar gewesen. Behauptet der Mieter, die Mietsache sei nach Reparaturversuchen des Vermieters immer noch mangelhaft, so trägt der Vermieter die Beweislast für den Erfolg seiner Mängelbeseitigungsmaßnahmen (OLG Hamm NJW-RR 1995, 525; SchmidtFutterer /Eisenschmidt aaO Rdn. 314). Nach allem hätte das Oberlandesgericht den Vortrag und die Beweisangebote des Beklagten nicht als unsubstantiiert zurückweisen dürfen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dem Beklagten weiterhin ein Minderungsrecht gemäß § 537 BGB - ggf. in der vom Vorprozeß angenommenen Höhe - zusteht, so daß die Rückstandsforderung der Kläger unberechtigt und - mangels Zahlungsverzugs des Beklagten - auch ihre darauf gestützte fristlose Kündigung unwirksam ist.
b) Auch die Hilfserwägung des Oberlandesgerichts, daß dem Beklagten jedenfalls mangels rechtzeitiger Mängelanzeige gegenüber den Klägern gemäß § 545 Abs. 2 BGB kein Minderungsrecht mehr zustehe, trägt die Entscheidung nicht. Denn auch insoweit hat das Oberlandesgericht, wie die Revision zu Recht rügt, wesentlichen Parteivortrag und Beweisangebote des Beklagten
nicht berücksichtigt. Der Beklagte hat mit Schriftsätzen vom 5. Juni 1996 und vom 27. Januar 1997 unter Beweisantritt vorgetragen, er habe den Zeugen K. nach der Reparatur im Januar 1990 gebeten, die Kläger zur Beseitigung der auch danach wieder aufgetretenen Feuchtigkeitsschäden aufzufordern, was diese aber laut K. abgelehnt hätten. Da der Zeuge K. nach dem Vortrag des Beklagten dessen Bitte den Klägern tatsächlich übermittelt haben soll und damit jedenfalls als Bote tätig gewesen sein soll, kommt es nicht darauf an, ob der Zeuge K. von den Klägern nur mit dem Verkauf des Hauses beauftragt, aber nicht bevollmächtigt war, Vermieterrechte oder -pflichten wahrzunehmen. Davon abgesehen ist der Beklagte seiner Anzeigepflicht auch noch in anderer Weise nachgekommen. Er hat sich in dem Vorprozeß wegen Räumung, der vor dem Amtsgericht im September 1990 begonnen hatte und zeitweise parallel zu dem im Jahre 1988 angestrengten Vorprozeß vor dem Landgericht wegen der Mietminderung (4 O 519/88) geführt wurde, darauf berufen, daß die Minderungsgründe , die im Mietminderungsverfahren vorgetragen worden seien, nach wie vor beständen (Schriftsatz vom 28. Januar 1991 im Verfahren 2 C 499/90, dort S. 79). Er hat ferner Kopie eines Schreibens seines Rechtsanwalts vom 21. Januar 1991 (aaO S. 80) an den Rechtsanwalt der Kläger vorgelegt, in welchem er ebenfalls Mängel bezüglich defekter Dachrinnen anzeigt und mit Fristsetzung um deren Beseitigung bittet, widrigenfalls er zur Ersatzvornahme schreite. Das ist für die Anzeige nach § 545 BGB ausreichend. Da der Mietrückstand nach der Annahme des Berufungsurteils erst im November 1991 erreicht war, erfolgte diese Mängelanzeige auch rechtzeitig vor Eintritt der Kündigungsvoraussetzungen. 2. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten auf die Anschlußberufung der Kläger auch zur Herausgabe von angeblich unberechtigt genutzten Kellerräumen verurteilt. Auch insoweit kann ihm nicht gefolgt werden. Der Beklagte
hat mit Schriftsatz vom 8. Februar 1996 in erster Instanz unter Vorlage eines Telefaxschreibens vom 15. April 1993 vorgetragen und unter Beweis gestellt, daß er sich mit dem von den Klägern hierzu bevollmächtigten Zeugen K. über die Nutzung des Kellers gegen Übernahme der Sanierung desselben geeinigt habe und die Kläger hierzu ausdrücklich ihre Zustimmung erteilt hätten. Die in zweiter Instanz erfolgte allgemeine Bezugnahme auf dieses Beweisangebot hätte das Oberlandesgericht zumindest zu einem Hinweis auf weitere Konkretisierung veranlassen müssen, wenn es diesen Vortrag für unsubstantiiert hielt. 3. Da das Urteil des Oberlandesgerichts mit der gegebenen Begründung nicht bestehen bleiben kann, war es aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zur Vornahme weiterer Feststellungen zurückzuverweisen. Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagten hatten im Juni 2005 mit der Rechtsvorgängerin des Klägers einen Mietvertrag über eine Wohnung abgeschlossen. Der Kläger erwarb das Hausgrundstück im Jahre 2006 und trat in das Mietverhältnis als Vermieter ein.
- 2
- Der Kläger fordert im Urkundenprozess unter Vorlage des Mietvertrags für den Zeitraum Februar bis Mai 2007 924,40 € rückständige Miete nebst Zinsen. Die Beklagten sind der Ansicht, die Klage sei im Urkundenprozess unstatthaft , weil der Anspruch des Klägers auf Mietzahlung durch Minderung wegen verschiedener Mängel der Mietsache, die teilweise bereits bei Einzug der Beklagten vorgelegen hätten, erloschen sei. Sie berufen sich hierzu auf die Kopie eines Übergabeprotokolls vom 10. Juni 2005, wonach bei Übergabe der Wohnung verschiedene Mängel bestanden hätten, deren Beseitigung zum Teil dem Vermieter oblegen habe.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Die Klage sei im Urkundenprozess unstatthaft.
- 7
- Die beklagten Mieter machten geltend, die Wohnung sei von Anfang an mit Mängeln behaftet gewesen. Für die Richtigkeit dieses Vortrags spreche die vorgelegte Kopie des Übergabeprotokolls vom 10. Juni 2005, dessen Original sich nicht in den Händen der Beklagten befinde, da ihnen ausweislich eines Schreibens des früheren Verwalters vom 16. Juni 2005 seinerzeit lediglich eine Kopie übersandt worden sei. In dem Schreiben sei den Beklagten die Beseitigung verschiedener Mängel zugesagt worden.
- 8
- Deshalb trage der Kläger die Beweislast für die Behebung der Mängel mit den Beweismitteln des § 592 ZPO, der er nicht nachgekommen sei.
II.
- 9
- Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft angesehen.
- 10
- Nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen muss der Vermieter beweisen, dass er seine vertragliche Pflicht, dem Mieter die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen, erfüllt hat. Demgegenüber trägt nach Überlassung der Mietsache gemäß § 363 BGB grundsätzlich der Mieter die Beweislast dafür, dass die Mietsache zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, wenn er die ihm überlassene Sache als Erfüllung angenommen hat (Senatsurteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 200/08, NJW 2009, 3099 Rn. 11 f.). Die Vorschrift des § 363 BGB führt zu einer Beweislastumkehr (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 363 Rn. 3). Ihr liegt zugrunde, dass demjenigen, der eine Leistung als Erfüllung annimmt, die Beweislast obliegt, wenn er die Leistung später nicht mehr als die geschuldete gelten lassen will (Flatow, DWW 2008, 88, 91). Demzufolge ist die Klage des Vermieters im Urkundenprozess statthaft, wenn entweder unstreitig ist, dass der Mieter, der wegen behaupteter anfänglicher Mängel der Mietsache Minderung geltend macht oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhebt, die Mietsache als Erfüllung angenommen hat, ohne die später behaupteten Mängel zu rügen, oder wenn der Vermieter ein solches Verhalten des Mieters durch Urkunden - etwa ein Übergabeprotokoll oder Kontoauszüge, aus denen sich ergibt, dass der Mieter zunächst die ungeminderte Miete gezahlt hat - beweisen kann (Senatsurteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 200/08, aaO Rn. 10 ff.). Beides ist hier indessen nicht der Fall.
- 11
- Das Berufungsgericht hat - von der Revision unangegriffen - festgestellt, dass die Wohnung den Beklagten am 15. Juni 2005 nicht mängelfrei übergeben worden ist, und sich hierzu auf ein Übergabeprotokoll, in dem Mängel der Wohnung im Zeitpunkt der Übergabe aufgelistet werden, und ferner auf ein Schreiben der Hausverwaltung vom 16. Juni 2005, in dem die Beseitigung verschiedener Mängel zugesagt wird, gestützt. Die Beklagten haben die Wohnung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts daher nicht als Erfüllung angenommen , ohne die später behaupteten Mängel zu rügen.
- 12
- Daran vermag auch der von der Revision hervorgehobene Umstand nichts zu ändern, dass die Beklagten die Miete bis einschließlich Januar 2007 ungekürzt gezahlt und erstmals für die Monate Februar bis Mai 2007 eine Mietminderung wegen der behaupteten Mängel geltend gemacht haben. Eine Indizwirkung dafür, dass die Wohnung bei der Übergabe an die Beklagten mangelfrei war oder dass Mängel von den Beklagten bei der Übergabe nicht gerügt wurden, kommt diesem Umstand nicht zu, weil das Gegenteil festgestellt ist. Entgegen der Auffassung der Revision ist durch die Vorlage der Kontoaus- züge auch nicht urkundlich bewiesen, dass die bei Übergabe der Wohnung beanstandeten Mängel vom damaligen Vermieter behoben worden sind. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Hessel Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schneider ist arbeitsunfähig erkrankt und daher gehindert zu unterschreiben. Ball
AG Köln, Entscheidung vom 17.12.2007 - 206 C 129/07 -
LG Köln, Entscheidung vom 16.04.2009 - 1 S 13/08 -
(1) Das Protokoll enthält
- 1.
den Ort und den Tag der Verhandlung; - 2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers; - 3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits; - 4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen; - 5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.
(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.
(3) Im Protokoll sind festzustellen
- 1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich; - 2.
die Anträge; - 3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist; - 4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht; - 5.
das Ergebnis eines Augenscheins; - 6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts; - 7.
die Verkündung der Entscheidungen; - 8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels; - 9.
der Verzicht auf Rechtsmittel; - 10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.
(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.
(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.