Oberlandesgericht Hamm Urteil, 29. Feb. 2016 - 2 U 79/15
Tenor
Die Berufungen beider Parteien gegen das am 4. Februar 2015 verkündeteUrteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Essen werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 68% und die Beklagte 32%.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
3A.
4Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von als vertraglich gezahlten Entgelten für die Versorgung mit Erdgas durch die Beklagte. Sie macht geltend, die Entgelte rechtsgrundlos gezahlt zu haben, soweit die abgerechneten Arbeitspreise auf von der Beklagten einseitig vorgenommenen Preiserhöhungen beruhten.
5Die Klägerin bezog von der Beklagten auf der Grundlage eines sog. Sonderabkommens vom 14. November 1989 Erdgas. Die dem Sonderabkommen zugrunde liegenden Geschäftsbedingungen der Beklagten enthielten eine Preisanpassungsklausel, die der Bundesgerichtshof (Urteil vom 13. Januar 2010 – VIII ZR 81/08 –, juris) wie auch der Senat (Urteil vom 6. März 2008 – 2 U 114/07 –, juris) in einem Rechtsstreit anderer Gaskunden gegen die Beklagte für unwirksam erachtet haben.
6Mit Schreiben vom 3. November 2009 teilte die Beklagte ihren Kunden mit, die juristischen Rahmenbedingungen für die Erdgasversorgung hätten sich geändert. Der bestehende Vertrag solle deshalb angepasst werden. Ihre überarbeiteten Geschäftsbedingungen enthielten eine Preisanpassungsklausel, die wörtlich der Regelung des § 5 Abs. 2 GasGVV entspreche. Dem Schreiben war ein mit „Einverständniserklärung zu den überarbeiteten Geschäftsbedingungen der T AG (Stand 01.10.2009)“ überschriebenes Formular beigefügt. Dieses enthielt u.a. die vorgedruckte Bestätigung des Kunden, die überarbeiteten Geschäftsbedingungen sowie das aktuelle Preisblatt der Beklagten erhalten zu haben, und die Erklärung:
7„Ich bin damit einverstanden, dass meinem Liefervertrag ab heute die überarbeiteten Geschäftsbedingungen der T AG auf der Basis des beigefügten aktuellen Preisblatts zugrunde gelegt werden.“
8Die Klägerin sandte die von der Beklagten erbetene Einverständniserklärung unterschrieben an diese zurück.
9Die geänderten Geschäftsbedingungen der Beklagten enthielten u. a. die folgenden Bestimmungen:
102.1Der Vertrag kann von beiden Parteien mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. […]
113.5Anpassungen des im Preisblatt genannten Preises sowie der Ergänzenden Bedingungen erfolgen entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV, d. h. sie werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntmachung wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Die Stadtwerke sind verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntmachung eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen.
123.6Änderungen der Preise und ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer fristgemäßen Kündigung des Vertrages die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
13Im Laufe des Vertragsverhältnisses nahm die Beklagte wiederholt einseitige Anpassungen der Arbeitspreise vor. Insofern wird Bezug genommen auf die von der Klägerin vorgelegten Aufstellungen (Anlage K 2/GA 16 und Anlage K 10 /GA 243). Vor Beginn des hier in Rede stehenden Lieferzeitraums senkte die Beklagte zuletzt mit Wirkung ab dem 1. Juli 2009 den maßgeblichen Arbeitspreis auf 0,0385 Euro/kWh. In der Folgezeit nahm die Beklagte - gestützt auf ihre überarbeiteten Geschäftsbedingungen vom 1. Oktober 2009 - zum 1. April 2010, 1. Juli 2010, 1. Oktober 2010, 1. Januar 2011 und 1. September 2012 Preiserhöhungen vor, die sie jeweils wenigstens sechs Wochen im Voraus durch öffentliche Bekanntmachung in einer Tageszeitung und briefliche Mitteilungen ankündigte. Wegen des Inhalts der Bekanntmachungen und Ankündigungsschreiben wird auf die Anlagenkonvolute B 3 und B 4 zur Klageerwiderung (GA 115 ff.) Bezug genommen. Darüber hinaus erfolgten Ankündigungen auf der Internetseite der Beklagten.
14Mit Anwaltsschreiben vom 24. August 2010 widersprach die Klägerin den Preiserhöhungen der Beklagten.
15Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung nach ihrer Auffassung überzahlter Entgelte für den Lieferzeitraum vom 10. Oktober 2009 bis zum 10. Oktober 2012.
16Sie hat vorgetragen: Sämtliche von der Beklagten im Laufe des Vertragsverhältnisses vorgenommenen Preiserhöhungen seien unwirksam. Die geänderte Preisanpassungsklausel in den Geschäftsbedingungen der Beklagten vom 1. Oktober 2009 halte der Klauselkontrolle ebenso wenig stand wie die ursprünglich bei Vertragsschluss einbezogene Preisanpassungsklausel, deren Unwirksamkeit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13.01.2010 festgestellt habe. Auch die neue Klausel enthalte keine tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang der Preisanpassungen. Dieser Mangel werde auch durch das ihr vertraglich eingeräumte Kündigungsrecht nicht kompensiert.
17Ihren Widerspruch vom 24. August 2010 gegen die Preiserhöhungen habe die Beklagte zum Anlass nehmen können, den Vertrag zum 30. September 2010 zu kündigen. Bis zum möglichen Kündigungszeitpunkt könne die Beklagte noch auf der Basis des Arbeitspreises von 0,0385 Euro/kWh (Preisstand vom 1. Juli 2009) abrechnen. Für den folgenden Lieferzeitraum falle der Arbeitspreis, da die Beklagte von der Kündigungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe, auf den vertraglich vereinbarten Anfangspreis von 0,0172 Euro/kWh zurück. Die Neuberechnung der Entgelte auf dieser Grundlage - deren rechnerische Richtigkeit unstreitig ist - führe zu einem Erstattungsanspruch in Höhe von 11.530,36 Euro (vgl. im Einzelnen Anlage K 10 zum Schriftsatz der Klägerin vom 03.09.2014, GA 243).
18Die Klägerin hat beantragt,
19die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.530,86 Euro sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 376,52 Euro jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2013 zu zahlen.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, mit Unterzeichnung der Einverständniserklärung zu den überarbeiteten Geschäftsbedingungen sei zugleich der sich aus dem Preisblatt vom 1. Juli 2009 ergebende Arbeitspreis von 0,0385 Euro/kWh als neuer Anfangspreis vereinbart worden. Die nachfolgend auf der Grundlage der geänderten Preisänderungsklausel vorgenommenen Preisänderungen seien wirksam. Eine etwaige Intransparenz der § 5 Abs. 2 GasGVV nachgebildeten Preisänderungsklausel werde dadurch kompensiert, dass der Klägerin zugleich ein Kündigungsrecht eingeräumt worden sei, von dem sie auch tatsächlich habe Gebrauch machen können, weil in dem fraglichen Zeitraum auf dem örtlich relevanten Markt Wettbewerb zwischen wenigstens 14 Gasversorgern bestanden habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
24Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
25Die Klägerin habe einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB auf Erstattung der für die Gasversorgung im streitgegenständlichen Zeitraum gezahlten Entgelte, soweit die Beklagte Arbeitspreise abgerechnet habe, die über den Preisstand vom 1. Juli 2009 (0,0385 Euro/kWh) hinausgingen. Eine Vergütung auf der Grundlage des zuletzt genannten Arbeitspreises habe die Klägerin indes geschuldet, so dass ein weitergehender Rückzahlungsanspruch nicht bestehe.
26Der Arbeitspreis vom 1. Juli 2009 sei allerdings nicht deshalb zugrunde zu legen, weil die Parteien ihn als neuen Anfangspreis vereinbart hätten. Die Einverständniserklärung der Klägerin vom 9. November 2009 habe entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur vertraglichen Vereinbarung eines neuen Anfangspreises geführt. Weder das Begleitschreiben noch die Einverständniserklärung selbst hätten aus der Sicht des Kunden erkennen lassen, dass ein neuer Anfangspreis habe vereinbart werden sollen.
27Die von der Beklagten während der Vertragslaufzeit einseitig vorgenommenen Preiserhöhungen seien unwirksam. Die bei Vertragsschluss einbezogene Preisanpassungsklausel der Beklagten habe, was sich bereits aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Januar 2010 (VIII ZR 81/08) ergebe, der Klauselkontrolle nicht standgehalten. Zwar hätten die Parteien im Jahr 2009 neue Geschäftsbedingungen mit einer geänderten Preisanpassungsklausel in das Vertragsverhältnis einbezogen. Die neue Klausel führe jedoch ebenfalls zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB. Auch sie lasse Anlass und Umfang künftiger Preisänderungen nicht erkennen. Zwar könne das Ausbleiben der erforderlichen Informationen bei Vertragsschluss grundsätzlich ausgeglichen werden, jedoch nicht allein dadurch, dass der Verbraucher während der Durchführung des Vertrages in angemessener Frist im Voraus über die Änderung der Entgelte und über sein Kündigungsrecht unterrichtet werde. Er müsse auch die Informationen erhalten, die es ihm ermöglichten, in geeigneter Weise auf die neue Situation zu reagieren. Dass die Klägerin diese Informationen erhalten habe sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Die mangelnde Transparenz werde auch nicht durch das der Klägerin eingeräumte Kündigungsrecht kompensiert. Die Preisänderungsklausel müsse nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs nicht nur transparent, sondern auch ausgewogen sein. Der Verbraucher müsse deshalb die geschuldeten Informationen erhalten und berechtigt sein, sich vom Vertrag zu lösen.
28Die Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel führe indes nicht dazu, dass der Arbeitspreis, wie die Klägerin meine, ab dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte nach dem Widerspruch der Klägerin das Vertragsverhältnis durch Kündigung habe beenden können, auf den ursprünglich vereinbarten Anfangspreis zurückfalle. Mit Blick auf die Unwirksamkeit der Klausel sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorzunehmen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führten, nicht geltend machen könne, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden sei, beanstandet habe. Der danach maßgebliche Arbeitspreis, der hier 0,0385 Euro/kWh betrage, gelte weiter bis ein neuer Anfangspreis vereinbart oder der Preis aufgrund einer wirksamen Änderungsklausel einseitig erhöht werde. Die Berechnung der geschuldeten Entgelte auf der Grundlage des o. g. Arbeitspreises (vgl. S. 11 des erstinstanzlichen Urteils) ergebe einen überzahlten Betrag in Höhe von insgesamt 3.640,07 Euro (brutto). Der Entreicherungseinwand der Beklagten greife nicht durch, weil nicht ersichtlich sei, dass sie die überzahlten Entgelte nicht verwandt habe, um sich von Verbindlichkeiten gegenüber Vorlieferanten zu befreien.
29Mit ihren jeweiligen Berufungen verfolgen beide Parteien ihre erstinstanzlichen Anträge, soweit das Landgericht ihnen nicht entsprochen hat, weiter.
30Die Beklagte meint, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, die geänderte Preisanpassungsklausel in ihren Geschäftsbedingungen vom 1. Oktober 2009 halte der Klauselkontrolle nicht stand. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei dahingehend zu verstehen, dass eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB nur vorliege, wenn die Klausel Anlass, Voraussetzungen und Umfang des Preisänderungsrechts nicht hinreichend erkennen lasse und die mangelnde Transparenz zudem nicht kompensiert werde. Eine wirksame Kompensation finde statt, wenn der Kunde vorab über die beabsichtigte Preiserhöhung informiert werde und sich vom Vertrag lösen könne, bevor die Preiserhöhung wirksam werde. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt. Aus den Ziffern 3.5 und 3.6 der in Rede stehenden Geschäftsbedingungen ergebe sich, dass der Kunde sich aufgrund der vorgesehenen Vorabinformation vor dem Wirksamwerden der Preiserhöhungen vom Vertrag lösen könne. Ihre Pflicht zur Vorabinformation habe sie durch die öffentlichen Bekanntmachungen in der Tageszeitung, die brieflichen Mitteilungen an die Klägerin sowie die Bekanntmachungen auf ihrer Internetseite erfüllt. Die Klägerin sei deshalb bei jeder Preiserhöhung in der Lage gewesen, sich für den Fall, dass sie hiermit nicht einverstanden gewesen sei, vom Vertrag zu lösen. Da im fraglichen Zeitraum Wettbewerb zwischen mehreren Anbietern auf dem relevanten Markt bestanden habe, habe die Klägerin ihr Kündigungsrecht auch tatsächlich wahrnehmen können. Die Erteilung weitergehender Informationen als geschehen sei mit Blick auf die Kompensation mangelnder Transparenz der Preisänderungsklausel nicht erforderlich.
31Soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat, verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil.
32Die Beklagte beantragt,
331.unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
342.die Berufung der Klägerin zurückweisen,
353.
36hilfsweise die Revision zuzulassen.
37Die Klägerin beantragt,
381.unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.530,86 Euro sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 376,52 Euro jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2013 zu zahlen.
392. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
40Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung den Anspruch auf Erstattung von Versorgungsentgelten in dem mit der Klage geltend gemachten Umfang weiter. Sie trägt vor: Das Landgericht habe zu Unrecht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgend eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorgenommen, dass sie die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen endgültig nicht mehr geltend machen könne, denen sie nicht binnen einer Frist von drei Jahren nach Zugang der betreffenden Jahresrechnung widersprochen habe. Diese ergänzende Vertragsauslegung verstoße gegen nationales und europäisches Recht. Sie sei namentlich mit der Klausel-Richtlinie und der Gasrichtlinie nicht zu vereinbaren. Im Ergebnis führe sie zu einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion der unwirksamen Preisanpassungsklausel. Sie gefährde den Abschreckungseffekt, den die Unwirksamkeit einer unangemessen benachteiligenden Klausel für den Verwender mit Blick auf eine effektive Umsetzung der Klauselrichtlinie haben müsse. Die richtlinienkonforme Rechtsanwendung müsse deshalb dazu führen, dass es bei der Unwirksamkeit sämtlicher Preiserhöhungen bleibe und auf der Basis des vertraglich vereinbarten Anfangspreises abzurechnen sei.
41Soweit das Landgericht der Klage stattgegeben hat, verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil.
42Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.
43B.
44Beide Berufungen sind zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.
45I.Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB auf Erstattung überzahlter Entgelte in Höhe von 3.640,07 Euro hat. Die Klägerin hat die Entgelte ohne Rechtsgrund gezahlt, soweit die Beklagte in den hier in Rede stehenden Jahresrechnungen einen über 0,0385 Euro/kWh hinausgehenden Arbeitspreis in Ansatz gebracht hat.
461.Die Parteien ziehen nicht in Zweifel, dass es sich bei dem zwischen ihnen am 14. November 1989 geschlossenen Vertrag um einen (Norm-)Sonderkundenvertrag handelt, so dass die einseitigen Preisanpassungen der Beklagten nur aufgrund eines vertraglichen Preisanpassungsrechts erfolgen konnten.
472.Aufgrund der ursprünglich bei Abschluss des Sonderabkommens einbezogenen Preisanpassungsklausel konnte die Beklagte keine einseitigen Preiserhöhungen vornehmen, weil diese Klausel - worüber die Parteien nicht streiten - unwirksam ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 – VIII ZR 81/08 -, juris, 14 ff.; Senat, Urteil vom 6. März 2008 – 2 U 114/07 –, juris).
483.Preiserhöhungen sind auch nicht auf der Grundlage der geänderten Preisanpassungsklausel in den Geschäftsbedingungen der Beklagten vom 1. Oktober 2009 wirksam erfolgt. Denn diese Klausel hält der Inhaltskontrolle nach dem hier gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB maßgeblichen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB bei richtlinienkonformer Auslegung ebenfalls nicht stand.
49a)Die Klausel ist nicht deshalb nach § 310 Abs. 2 BGB der Klauselkontrolle entzogen, weil sie nicht zum Nachteil des Verbrauchers von dem gesetzlichen Preisanpassungsrechts in § 5 Abs. 2 GasGVV a. F. abweicht. Die §§ 307 Abs. 1 und 310 Abs. 2 BGB sind mit Blick auf das Unionsrecht richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach eine unangemessene Benachteiligung sich auch daraus ergeben kann, dass eine Klauselbestimmung nicht klar und verständlich ist, nicht durch § 310 Abs. 2 BGB und den hierin zum Ausdruck gekommenen Willen des deutschen Gesetzgebers verkürzt werden können, die Anforderungen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines in Sonderkundenverträgen vorgesehenen Preisänderungsrechts nicht über das für Tarifkundenverträge vorgesehene Maß hinausgehen zu lassen (BGH, Urteil vom 31. Juli 2013 – VIII ZR 162/09 –,Rn. 56 f., juris).
50b)Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich sowohl aus Nr. 2 Buchst. b Abs. 2, Buchst. d des Anhangs der Klausel-Richtlinie (93/13) als auch aus Anhang A Buchst. b der Gas-Richtlinie (2003/55), dass der Unionsgesetzgeber im Rahmen von unbefristeten Verträgen wie Gaslieferungsverträgen das Bestehen eines berechtigten Interesses des Versorgungsunternehmens an der Möglichkeit einer Änderung der Entgelte für seine Leistung anerkannt hat. Allerdings muss eine Klausel, die eine solche einseitige Anpassung erlaubt, den in diesen Richtlinien aufgestellten Anforderungen an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz genügen. Insoweit ist nach Art. 3 und 5 der Klausel-Richtlinie sowie Nr. 1 Buchst. j und l, Nr. 2 Buchst. b und d des Anhangs zu dieser Richtlinie von wesentlicher Bedeutung, ob zum einen der Vertrag den Anlass und den Modus der Änderung der Entgelte für die zu erbringende Leistung so transparent darstellt, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen dieser Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen kann, und ob zum anderen der Verbraucher berechtigt ist, den Vertrag zu beenden, falls diese Entgelte tatsächlich geändert werden sollten (EuGH, Urteil vom 21. März 2013 – C-92/11 –, „RWE Vertrieb“, Rn. 49, juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 31. Juli 2013 – VIII ZR 162/09 –, Rn. 52, juris). Diese Anforderungen erfüllt die hier Rede stehende Preisanpassungsklausel der Beklagten nicht.
51aa)Die Klausel genügt nicht dem Transparenzgebot. Sie enthält - ebenso wie die gesetzliche Regelung in § 5 Abs. 2 GasGVV a. F., der sie nachgebildet ist, - keinerlei Bestimmung in Bezug auf Anlass oder Modus der Preisänderung und ermöglicht es dem Kunden deshalb nicht, etwaigen Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorherzusehen.
52Insofern ist es unerheblich, dass die Geschäftsbedingungen der Beklagten vom 1. Oktober 2009 nicht nur auf die gesetzliche Preisänderungsregelung Bezug nehmen, sondern diese inhaltlich übernehmen. Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union ausgeführt hat, der Verwender könne den Anforderungen des Transparenzgebots nicht mit einem bloßen Verweis in den allgemeinen Vertragsbedingungen auf eine Rechtsvorschrift, in der die Rechte und Pflichten der Parteien festgelegt werden, nachkommen (EuGH, Urteil vom 21. März 2013 – C-92/11 –, Rn. 50, juris), folgt daraus nicht im Umkehrschluss, dass dem Transparenzgebot bereits genüge getan ist, wenn die Rechtsvorschrift inhaltlich in den Text der Vertragsklausel übernommen wird. Wenn - wie hier - auch die Rechtsvorschrift keine Bestimmungen zu Anlass und Modus der Preisänderung enthält, kann auch mit deren inhaltlicher Übernahme das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht erfüllt werden. Auch eine § 5 Abs. 2 GasGVV a. F. nachgebildete Preisänderungsklausel genügt daher nicht dem Transparenzgebot (vgl. BGH, Urteil vom 31.07.2013 – VIII ZR 162/09, juris, Rn. 59 m. w. N. zu § 4 AVBGasV).
53bb)Die mangelnde Transparenz der Vertragsklausel wird auch nicht dadurch ausgeglichen, dass die Beklagte die in Rede stehenden Preiserhöhungen jeweils durch briefliche Mitteilung sowie Bekanntmachungen in der Tageszeitung und im Internet angekündigt hat. Das Erteilen der fehlenden Informationen nach Vertragsschluss, etwa im Zusammenhang mit der Ankündigung einer Preiserhöhung, kann die mangelnde Transparenz der Vertragsklausel grundsätzlich nicht heilen. Denn die Verpflichtung des Versorgers, den Verbraucher rechtzeitig über jede Tariferhöhung und über sein Recht zur Kündigung des Vertrags zu unterrichten, tritt kumulativ neben die Verpflichtung, den Verbraucher vor Vertragsabschluss klar und verständlich über die grundlegenden Voraussetzungen der Ausübung eines solchen Rechts zur einseitigen Änderung zu informieren (vgl. EuGH, Urteil vom 21. März 2013 – C-92/11 –, Rn. 51 f. und Rn 55, juris). Abgesehen davon enthielten auch die Ankündigungsschreiben und öffentlichen Bekanntmachungen der Beklagten die fehlenden Informationen über Anlass und Modus der Preisänderungen nicht. In ihren Ankündigungsschreiben hat die Beklagte lediglich den Umfang der beabsichtigten Preiserhöhungen mitgeteilt und sich ohne nähere Erläuterung auf gestiegene Bezugskosten berufen.
54cc)Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht durch das der Klägerin eingeräumte Kündigungsrecht kompensiert wird.
55(1)Der Annahme, dass die Unangemessenheit einer Preisänderungsklausel, die - wie hier - § 5 Abs. 2 GasGVV a. F. nachgebildet ist und keinerlei Bestimmung über Anlass und Modus künftiger Preisänderungen enthält, dadurch ausgeglichen wird, dass dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt ist, einer angekündigten Preiserhöhung durch Kündigung zu entgehen, stehen die bei richtlinienkonformer Auslegung des § 307 BGB zu beachtenden Vorgaben des Unionsrechts entgegen.
56Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es für die Wirksamkeit einer Preisänderungsklausel der hier in Rede stehenden Art von wesentlicher Bedeutung, ob zum einen der Vertrag den Anlass und den Modus der Änderung der Entgelte für die zu erbringende Leistung so transparent darstellt, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen dieser Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen kann, und ob zum anderen der Verbraucher berechtigt ist, den Vertrag zu beenden, falls diese Entgelte tatsächlich geändert werden sollten (EuGH, Urteil vom 21. März 2013 – C-92/11 –, Rn. 49, juris). Danach sind für die Beurteilung der Frage, ob die Klausel den Verbraucher unangemessen benachteiligt, stets beide Aspekte – Transparenz und Kündigungsrecht – maßgeblich. Die Annahme, dass auf die Konkretisierung von Anlass und Modus der Preisänderung verzichtet werden kann, wenn das zweite Kriterium, die Gewährung eines vertraglichen Kündigungsrechts, erfüllt ist, lässt sich mit der Entscheidung des Gerichtshofs nicht in Einklang bringen. Sie vermag auch mit Blick auf Sinn und Zweck der Informationspflichten des Versorgers und des Kündigungsrechts des Verbrauchers nicht zu überzeugen.
57Die strengen Anforderungen an die dem Verbraucher sowohl beim Abschluss eines Versorgungsvertrags als auch während dessen Durchführung geschuldete Information hinsichtlich des Rechts des Gewerbetreibenden zur einseitigen Änderung der Bedingungen dieses Vertrags entsprechen einem Interessenausgleich zwischen den beiden Parteien. Dem berechtigten Interesse des Gewerbetreibenden, sich gegen eine Änderung der Umstände zu wappnen, steht das genauso berechtigte Interesse des Verbrauchers gegenüber, zum einen die Folgen, die eine solche Änderung für ihn in der Zukunft haben könnte, zu kennen und damit absehen zu können, und zum anderen in einem solchen Fall über die Angaben zu verfügen, die es ihm erlauben, in der geeignetsten Weise auf seine neue Situation zu reagieren (EuGH, aaO, Rn. 53, juris).
58Wird der zuerst genannte Zweck, die Folgen künftiger Preisänderungen bereits bei Vertragsschluss möglichst für den Verbraucher erkennbar und absehbar zu machen, mangels hinreichender Transparenz der Klausel verfehlt, vermag daran auch die Gewährung eines vertraglichen Kündigungsrechts nichts zu ändern. Auch mit Blick auf den zweiten vom Gerichtshof genannten Zweck, es dem Verbraucher zu erlauben, im Falle einer ihm avisierten Preiserhöhung in der geeignetsten Weise zu reagieren, kann das Kündigungsrecht die Notwendigkeit, Anlass und Modus der Preiserhöhung für den Verbraucher transparent zu machen, nicht entfallen lassen. Die Reaktionsmöglichkeiten des Verbrauchers im Fall einer ihm angekündigten Preiserhöhung bestehen aus unionsrechtlicher Sicht darin, von dem in Anhang A Buchst. b der Gasrichtlinie (2003/54) verankerten Kündigungsrecht Gebrauch zu machen oder aber am Vertrag festzuhalten und ggf. gegen die avisierte Preiserhöhung vorzugehen. Um diese Rechte in vollem Umfang und tatsächlich nutzen und in voller Sachkenntnis eine Entscheidung über eine mögliche Lösung vom Vertrag oder ein Vorgehen gegen die Änderung des Lieferpreises treffen zu können, müssen die Kunden rechtzeitig vor dem Inkrafttreten dieser Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 – C-359/11 und C-400/11, Rn. 45, juris). Wenn aber die sachgerechte Wahrnehmung des Kündigungsrechts Transparenz in Bezug auf Anlass und Modus der Preisänderung voraussetzt, kann die Gewährung des Kündigungsrechts die Erteilung der zu seiner Ausübung benötigten Informationen notwendigerweise nicht ersetzen.
59Dem entspricht es, dass die Generalanwältin A in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache C-92/11 („X“) die Frage, ob das Transparenzgebot durch einen Schutzmechanismus wie ein Kündigungsrecht eingeschränkt werden könne, ausdrücklich verneint hat (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin vom 13.09.2012, C-92/11, Rn. 80 ff., insbesondere Rn. 84 und Rn. 87). Hierzu hat die Generalanwältin ausgeführt, die vom Gerichtshof im Urteil „Y“ (EuGH, Urteil vom 26. April 2012 – C-472/10 –, juris) aufgestellte Prämisse, dass eine Vertragsklausel, die eine Änderung der Gesamtkosten des Vertrags vorsehe, in der Regel nur dann richtlinienkonform sei, wenn nicht nur ein Recht des Verbrauchers zur Beendigung des Vertrags bestehe, sondern insbesondere auch der Grund oder Modus zur Änderung dieser Kosten angegeben werde, gelte auch für unbefristete Verträge im Sinne der Nr. 2 Buchst. b Satz 2 des Anhangs zu Art. 3 der Richtlinie 93/13. Aus diesem Grund könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein etwaiger Verstoß gegen das Transparenzgebot durch die Möglichkeit der Kündigung geheilt werden könne.
60(2)Dass fehlende Transparenz der hier in Rede stehenden Preisänderungsklausel nicht durch ein vertragliches Kündigungsrecht ersetzt werden kann, wie es der Klägerin nach den Geschäftsbedingungen der Beklagten eingeräumt worden ist, steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
61Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 31. Juli 2013 (VIII ZR 162/09 –, juris Rn. 60) ausgeführt hat, das Berufungsgericht habe mit Recht angenommen, dass die durch die verwendeten Preisanpassungsklauseln eingetretene unangemessene Benachteiligung der Kunden nicht durch die Einräumung eines Rechts zur Lösung vom Vertrag ausgeglichen werde, weil die Kunden im fraglichen Zeitraum bereits keine Ausweichmöglichkeit auf andere Anbieter gehabt hätten, so dass eine Kündigung für sie schon aus diesem Grunde keine zur Kompensation der Benachteiligung taugliche Alternative dargestellt hätte, lässt sich dem nicht im Umkehrschluss entnehmen, dass das Kündigungsrecht die Unangemessenheit der intransparenten Preisanpassungsklausel in einem Gaslieferungsvertrag dann ausgleiche, wenn auf dem relevanten Markt Wettbewerb herrsche. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof in dem vorzitierten Urteil zu den unionsrechtlichen Anforderungen an das Kündigungsrecht weiter ausgeführt, es sei von wesentlicher Bedeutung, dass dieses Recht nicht nur formal bestehe, sondern auch tatsächlich wahrgenommen werden könne. Daran fehle es aber, wenn entweder nicht die wirkliche Möglichkeit zum Wechsel des Lieferanten bestehe oder er nicht angemessen und rechtzeitig vor der künftigen Änderung benachrichtigt werde und dadurch nicht die Möglichkeit habe, zu überprüfen, wie sich die Änderung berechne, und gegebenenfalls den Lieferanten zu wechseln (BGH, aaO, Rn. 54, juris). Danach setzt ein tatsächlich wahrnehmbares Lösungsrecht nicht nur die reale Wechselmöglichkeit, sondern daneben auch die hinreichende Information des Kunden über Anlass und Modus der Preisänderungen voraus. Daran fehlt es, wie dargelegt, im vorliegenden Fall.
62Auch unabhängig hiervon lässt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ableiten, dass unter den hier gegebenen Umständen die fehlende Transparenz der Preisänderungsklausel durch das Kündigungsrecht des Kunden kompensiert werden kann.
63Einen ausnahmslos gültigen Grundsatz, dass ein unangemessen benachteiligendes Preisanpassungsrecht stets durch eine Vertragslösungsmöglichkeit kompensiert werden kann, besteht nicht (vgl. BGH, Urteile vom 15. November 2007 – III ZR 247/06 –, Rn. 34, juris, und vom 15. Juli 2009 – VIII ZR 56/08 Rn. 30, juris m. w. N).
64Die Kompensation mangelnder Bestimmtheit einer Preisanpassungsklausel durch ein Kündigungsrecht ist in der Rechtsprechung für den Fall in Erwägung gezogen worden, dass es dem Klauselverwender nicht möglich ist, künftige Preiserhöhungen zu begrenzen und die hierfür notwendigen Voraussetzungen zu konkretisieren bzw. die Konkretisierung der Anpassungsmaßstäbe wegen der Besonderheiten der Vertragsbeziehung auf unüberwindbare Schwierigkeiten stößt (vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. Dezember 2006 – VIII ZR 25/06 –, Rn. 27, juris; vom 15. November 2007 – III ZR 247/06, Rn. 13, juris; Urteil vom 15. November 2007 – III ZR 247/06 –, Rn. 13, juris, jeweils m. w. N.; vgl. hierzu Grün/Ostendorf, BB 2014, 259 (263); MünchKomm/Wurmnest, BGB, 7. Aufl., § 307 Rn. 97; schon im Grundsatz verneinend Staudinger/Coester, BGB, Neubearb. 2013, § 307 Rn. 330 c). Ein solcher Ausnahmefall ist hier aber nicht gegeben. Für den Bereich der Stromlieferung hat der Bundesgerichtshof jüngst entschieden, dass eine von ihm zu überprüfende Preisänderungsklausel den Anforderungen des Transparenzgebots genüge und deshalb der Klauselkontrolle stand halte (BGH, Urteil vom 25. November 2015 – VIII ZR 360/14 –, juris). Dass die Kostenelemente und die Maßstäbe, nach denen Änderungen der Bereitstellungskosten zu einer Erhöhung der Gasbezugspreise führen sollen, demgegenüber nicht einmal in Grundzügen darstellbar seien, ist weder dargetan noch ersichtlich.
65Abgesehen davon, dass hiernach schon kein hinreichender Anlass besteht, die Beklagte mit Blick auf das Kündigungsrecht des Kunden von einer ihr möglichen und zumutbaren Konkretisierung von Anlass und Modus der Preisänderungen zu dispensieren, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein - wie hier - § 20 Abs. 2 Abs. 1 S. 1 GasGVV a. F. nachgebildetes Kündigungsrecht in einem Gaslieferungsvertrag eine für sich genommen unangemessene Preisänderungsklausel auch deshalb nicht zu kompensieren vermag, weil das Kündigungsrecht dem Verbraucher ohnehin, also auch neben einer für sich genommen angemessenen Preisänderungsklausel zugebilligt werden muss.
66So hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 15. Juli 2009 (- VIII ZR 56/08-,Rn. 36, juris), das vor Aufgabe der sog. Leitbildrechtsprechung ergangenen ist, ausgeführt, nach dem Leitbild der Gasgrundversorgungsverordnung stehe schon eine für sich genommen angemessene Preisanpassungsregelung in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht. Daher setzte Angemessenheit einer § 5 Abs. 2 GasGVV nachgebildeten Preisanpassungsklausel in einem Sonderkundenvertrag das Bestehen eines Kündigungsrechts entsprechend § 20 Abs. 1 Satz 1 GasGVV voraus. Im Gesamtzusammenhang gewährleisteten die genannten Vorschriften, dass dem Grundversorgungskunden im Falle einer Preisänderung die beiden Alternativen offen stünden, entweder am Vertrag festzuhalten und die Preisänderung gemäß § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin überprüfen lassen oder sich vom Vertrag zu lösen. Daraus folge, dass den Haushaltssonderkunden im Zusammenhang mit einer entsprechend den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung gestalteten Preisanpassungsregelung ein § 20 Abs. 1 Satz 1 GasGVV entsprechendes Kündigungsrecht eingeräumt werden müsse. Dann könne das Kündigungsrecht aber nicht zugleich als Kompensation für eine unangemessene Benachteiligung der Haushaltssonderkunden dienen, die sich daraus ergebe, dass die Preisanpassungsregelung als solche zum Nachteil des Kunden von den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung abweiche.
67Die Aufgabe der Leitbildrechtsprechung mit Blick auf § 5 Abs. 2 GasGVV a. F. rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass die Preisanpassungsklausel weitergehende als die sich aus der Grundversorgungsverordnung ergebenden Anforderungen erfüllen muss, um angemessen zu sein, ändert nichts daran, dass dem Sondervertragskunden das Kündigungsrecht ohnehin auch dann einzuräumen ist, wenn die Preisänderungsklausel für sich genommen angemessen ist und namentlich dem Transparenzgebot genügt.
68Dem entspricht es, dass der Bundesgerichtshof nach Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - C-359/11 und C-400/11, „Schulz und Egbringhoff“, juris) auch für das Grundversorgungsverhältnis trotz des nach den § 32 Abs. 2 AVBGasV bzw. § 20 Abs. 1 S. 1 GasGVV a. F. bestehenden Kündigungsrechts, entschieden hat, dass aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV beziehungsweise aus § 5 Abs. 2 GasGVV a. F. ein Preisänderungsrecht nicht entnommen werden könne, weil eine solche Annahme nicht mit den Transparenzanforderungen des Art. 3 Abs. 3 Sätze 4 - 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie zu vereinbaren sei (BGH Urteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11 und VIII ZR 13/12, juris und Urteil vom 09. Dezember 2015 – VIII ZR 330/12, juris).
694.Das Landgericht hat auf der Grundlage des maßgeblichen Arbeitspreises von 0,0385 Euro/kWh einen überzahlten Betrag in Höhe von 3.640,07 Euro brutto ermittelt (vgl. Seite 11 des erstinstanzlichen Urteils), dessen rechnerische Richtigkeit die Parteien nicht in Frage stellen.
705.Der Entreicherungseinwand der Beklagten greift nicht durch. Insofern nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden.
716.Das Landgericht hat der Klägerin ebenfalls mit zutreffender Begründung Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 19.12.2013 zuerkannt.
72II.Die Berufung der Klägerin ist ebenfalls unbegründet.
731.Ein weitergehender Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Versorgungsentgelten besteht weder aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB noch aus einem anderen Rechtsgrund. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin für den Erdgasbezug in den hier streitgegenständlichen Abrechnungsperioden Entgelte auf der Grundlage des o. g. Arbeitspreises von 0,0385 Euro/kWh und nicht lediglich auf der Basis des ursprünglich bei Vertragsschluss vereinbarten Anfangspreises schulde.
74Insofern kommt es nicht darauf an, ob die Vertragsparteien auf der Grundlage der Einverständniserklärung zu den überarbeiteten Geschäftsbedingungen im November 2009 eine neue vertragliche Preisvereinbarung getroffen und die sich aus dem derzeit gültigen Preisblatt der Beklagten ergebenden Preise als neue Anfangspreise vereinbart haben. Der hier maßgebliche Arbeitspreis ist in dem Preisblatt mit 0,0385 Euro/kWh angeben. Auch wenn man das Zustandekommen einer neuen Preisvereinbarung mit der Einverständniserklärung vom 09.11.2009 verneint, ergibt sich die Geltung dieses Preises jedenfalls aus der mit Blick auf die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung.
75a)Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Gaslieferungsvertrag handelt es sich um einen sog. (Norm-)Sonderkundenvertrag. Sowohl die im Ausgangsvertrag enthaltene Preisanpassungsklausel als auch die geänderte Preisanpassungsklausel in den Geschäftsbedingungen der Beklagten vom 1. Oktober 2009 halten – wie dargelegt – der Inhaltskontrolle nicht stand. Die hierdurch im Regelungsplan der Parteien aufgetretene Lücke in dem Gaslieferungsvertrag ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB in der Weise zu schließen, dass die Klägerin die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen nicht geltend machen kann, wenn sie sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnungen, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (BGH, Urteile vom 15. April 2015 – VIII ZR 59/14 –, Rn. 25, juris und vom 28. Oktober 2015 – VIII ZR 158/11 –, Rn. 86, juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 – VIII ZR 158/11, juris für den Bereich der Grundversorgung). Diese Grundsätze führen - worüber die Parteien nicht streiten - unter Berücksichtigung von Preissenkungen innerhalb der 3-Jahres-Frist zum Preisstand vom 1. Juli 2009. Der danach für die hier in Rede stehenden Abrechnungen maßgebliche Arbeitspreis beträgt 0,0385 Euro/kWh.
76b)Entgegen der von ihr vertretenen Rechtsauffassung ist die Klägerin an den danach maßgeblichen Preis nicht nur bis zu dem Zeitpunkt gebunden, zu dem sich die Beklagte nach ihrem Widerspruch hätte durch Kündigung vom Vertrag lösen können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, ist die Wirkung einer einmal erforderlich gewordenen ergänzenden Vertragsauslegung nicht auf den Zeitraum beschränkt, in dem das Versorgungsunternehmen aufgrund der widerspruchslosen Zahlungen des Kunden keinen Anlass hatte, das Bezugsverhältnis zu kündigen. Der nach der letzten Preiserhöhung, der der Kunde nicht rechtzeitig widersprochen hat, maßgebliche Preis tritt vielmehr endgültig an die Stelle des wegen der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel auf dem Niveau bei Vertragsschluss verharrenden (Anfangs-)Preises (BGH, Urteile vom 15. April 2015 – VIII ZR 59/14 –, Rn. 26, juris und vom 28. Oktober 2015 – VIII ZR 158/11 –, Rn. 87, juris).
77Die von der Klägerin hiergegen vorgetragenen Einwände im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Rechtsprechung mit dem Unionsrecht greifen nicht durch. Begründete Zweifel in Bezug auf die Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen des Unionsrechts, die Anlass zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof nach Art. 267 AEUV gäben, bestehen nicht. Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 23. Januar 2013 (VIII ZR 52/12 -, juris, Rn. 25 ff.) im Einzelnen dargelegt, dass das Unionsrecht der in Rede stehenden ergänzenden Vertragsauslegung nicht entgegensteht. Dem schließt sich der Senat an.
78Durchgreifende Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht ergeben sich - entgegen der Auffassung der Klägerin – auch nicht aus den Schlussanträgen der Generalanwältin A in der Rechtssache M (C-618/10). Soweit die Generalanwältin die Auffassung vertreten hat, dass der Abschreckungseffekt der Klauselkontrolle nicht unterlaufen werden dürfte, bezieht sie dies ausdrücklich auf die „Anpassung des Vertrages im Wege einer Ersetzung der betreffenden missbräuchlichen Klausel durch eine andere“. Die hier in Rede stehende ergänzende Vertragsauslegung bewirkt indes nicht, dass die unwirksame Preisanpassungsklausel durch eine andere Regelung ersetzt wird, die dem Gasversorger die einseitige Anpassung der Preise ermöglichte. Es bleibt vielmehr dabei, dass der Versorger die Preise nicht einseitig erhöhen kann und kündigen muss, wenn er den Vertrag unter diesen Umständen nicht fortsetzen will. Die ergänzende Vertragsauslegung soll lediglich einen angemessenen Interessenausgleich für den Zeitraum herbeiführen, indem die Parteien die Preiserhöhungen übereinstimmend als wirksam angesehen haben. Einer geltungserhaltenden Reduktion der unwirksamen Klausel steht die ergänzende Vertragsauslegung deshalb auch im Ergebnis nicht gleich.
792.Soweit die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 376,52 Euro nebst Verzugszinsen hieraus weiter verfolgt, fehlt es bereits an einem Berufungsangriff.
80III.Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
81IV.Veranlassung zur Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht. Weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch die Fortbildung des Rechts erfordern eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind durch die bereits vorliegende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Gerichtshofs der Europäischen Union hinreichend geklärt. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung im Übrigen auch nicht von höchstrichterlichen oder anderen obergerichtlichen Urteilen ab.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Urteil, 29. Feb. 2016 - 2 U 79/15
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Oberlandesgericht Hamm Urteil, 29. Feb. 2016 - 2 U 79/15 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen, die von der Beklagten, einem kommunalen Versorgungsunternehmen, einseitig vorgenommen wurden. Die Kläger - mit Ausnahme des Klägers zu 144 - schlossen spätestens im September 2004 mit der Beklagten Gaslieferverträge nach den Sonderabkommen SOA1 und SOA2. Die von der Beklagten vorformulierten Bedingungen für das Sonderabkommen lauten auszugsweise wie folgt: "4. Die Stadtwerke [= Beklagte] behalten sich eine Änderung der Preise und Bedingungen dieses Sonderabkommens vor. Für das Wirksamwerden genügt eine entsprechende Veröffentlichung in der E. Tagespresse. Ist der Kunde mit einer Änderung nicht einverstanden, so kann er das Sonderabkommen mit zweiwöchiger Frist auf das Ende des der öffentlichen Bekanntmachung folgenden Monats schriftlich kündigen und eine weitere Belieferung zu den Preisen und Bedingungen der Sondervereinbarung oder als Tarifkunde nach den AVBGasV und den hierzu jeweils gültigen Anlagen der Stadtwerke und damit insbesondere zu den "Allgemeinen Tarifen" verlangen. Die vereinbarte Vertragslaufzeit bleibt hiervon unberührt. 5. Soweit in diesem Sonderabkommen nichts anderes vereinbart ist, gelten die Bestimmungen der AVBGasV entsprechend. … … 9. Die Laufzeit dieses Vertrages beträgt - soweit nichts anderes vereinbart - zwei Jahre; er verlängert sich um jeweils ein Jahr, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird."
- 2
- Bei Verträgen, die vor 1984 abgeschlossen wurden, haben die Bedingungen für das Sonderabkommen einen geringfügig abweichenden Wortlaut: "4. Die Stadtwerke behalten sich eine Änderung der Preise und Bedingungen dieses Sonderabkommens vor. Für das Wirksamwerden genügt eine entsprechende Veröffentlichung in der E. Tagespresse. Ist der Kunde mit einer Änderung nicht einverstanden, so kann er das Sonderabkommen fristlos kündi- gen und eine weitere Belieferung als Tarifkunde nach den AVBGasV und den hierzu jeweils gültigen Anlagen der Stadtwerke und damit insbesondere zu den "Allgemeinen Tarifen" verlangen. … 9. Soweit in diesem Sonderabkommen nicht etwas anderes vereinbart ist, gelten die Bestimmungen der AVBGasV entsprechend. … 10. Dieses Sonderabkommen gilt zunächst bis zum 31. Dezember des auf den Abschluß folgenden Jahres. Es verlängert sich jeweils um 1 Jahr, wenn es nicht spätestens 1 Monat vorher schriftlich gekündigt wird."
- 3
- Die Beklagte erhöhte die Arbeitspreise zum 1. Oktober 2004, 1. April 2005, 1. Oktober 2005, 1. Januar 2006 und 1. Oktober 2006. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage. Sie haben beantragt festzustellen, dass die genannten Preiserhöhungen unwirksam sind. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Kläger - mit Ausnahme des Klägers zu 144, der die Revision zurückgenommen hat - die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstreben.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (OLG Hamm, RdE 2008, 183) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Die Klage sei betreffend den Kläger zu 144 mangels Feststellungsinteresses bereits unzulässig. Für die übrigen Kläger sei das erforderliche Feststellungsinteresse hingegen zu bejahen.
- 7
- Die auf Feststellung der Unwirksamkeit oder Unbilligkeit der Preiserhöhungen gerichtete Klage sei jedoch unbegründet. Zwar seien die Preisanpassungsklauseln in den beiden Fassungen von Ziffer 4 der Bedingungen für das Sonderabkommen unwirksam. Die Preiserhöhungen seien jedoch nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung wirksam.
- 8
- Die Preisanpassungsklauseln verstießen gegen § 307 BGB. Sie räumten der Beklagten das Recht ein, den Gaspreis zu ändern, enthielten jedoch keine Regelung über Grund und Umfang eines Rechts zur Erhöhung des Gaspreises oder eine Verpflichtung zur Senkung des Gaspreises. Jedenfalls bei den streitgegenständlichen Gaslieferungsverträgen mit Haushaltskunden sei ein einseitiges Preisänderungsrecht, das keine Einschränkungen, insbesondere keinerlei Konkretisierung der Preisänderungsfaktoren enthalte, mit dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu vereinbaren. Die Formulierung der Preisanpassungsklauseln erlaube bei kundenfeindlichster Auslegung eine Preisgestaltung nach freiem Belieben. Die Intransparenz der Preisanpassungsklauseln werde auch nicht durch ein Kündigungsrecht der Kläger ausreichend kompensiert.
- 9
- Ein Preisanpassungsrecht der Beklagten ergebe sich nicht aus einer vertraglichen Einbeziehung von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV, denn die Bestimmungen der AVBGasV sollten nach den Bedingungen für das Sonderabkommen nur für den Fall zur Anwendung kommen, dass diese Bedingungen keine Regelung enthielten. Hier sei unter Ziffer 4 der Bedingungen aber eine - wenn auch nach § 307 BGB unwirksame - Preisanpassungsklausel vorgesehen.
- 10
- Die umstrittenen Preiserhöhungen seien jedoch nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung wirksam. Eine durch die Unwirksamkeit von AGB-Klauseln entstehende Lücke sei nach ständiger Rechtsprechung stets dann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, wenn die ersatzlose Streichung der betreffenden Klausel keine interessengerechte Lösung biete und kein dispositives Gesetzesrecht zur Verfügung stehe, das in geeigneter Weise zur Vertragsergänzung herangezogen werden könne. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Lücke ausfüllungsbedürftig sei, weil bei langfristigen Verträgen ein anerkennenswertes Bedürfnis bestehe, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten. Mit der Vereinbarung der - unwirksamen - Preisanpassungsklausel hätten die Parteien auch verdeutlicht, dass nach ihrem Willen der zunächst vereinbarte Lieferpreis nicht für die gesamte Vertragsdauer Gültigkeit haben sollte, sondern sich im Wege eines angemessenen Wertausgleichs anpassen sollte. Damit seien im Vertrag ausreichende Anhaltspunkte für einen hypothetischen Parteiwillen gegeben, der nur eine ernsthafte Gestaltungsmöglichkeit zulasse. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien jedenfalls eine Regelung dahingehend getroffen hätten, dass die Bezugskosten an die Kunden weiterzugeben seien, mithin eine Preiserhöhung im Rahmen der tatsächlichen Bezugskostensteigerungen zulässig sei.
- 11
- Die von den Klägern beanstandeten Preiserhöhungen entsprächen dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zugrunde zu legenden Erfordernis der allein zulässigen Weitergabe tatsächlicher Kostensteigerungen an die Kläger. Die Beklagte habe vorgetragen, dass sie lediglich die Bezugskostenerhöhungen ihrer Vorlieferanten im Rahmen der angegriffenen Gaspreiserhöhungen an die Kläger weitergegeben habe. Ferner habe die Beklagte dargetan, dass die Bezugskostensteigerungen nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen hätten ausgeglichen werden können.
II.
- 12
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die umstrittenen Gaspreiserhöhungen sind unwirksam , weil der Beklagten ein Recht zur einseitigen Änderung des Gaspreises nicht zusteht. Die Preisanpassungsklauseln in den von der Beklagten vorformulierten Bedingungen für das Sonderabkommen halten einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand. Der Beklagten ist auch, anders als das Berufungsgericht meint, nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Preisänderungsrecht zuzubilligen.
- 13
- 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Klage, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, als zulässig angesehen. Insbesondere haben die im Revisionsverfahren noch vertretenen Kläger zu 1 bis 143 und 145 bis 181 ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der mit der Klage angegriffenen Gaspreiserhöhungen (§ 256 Abs. 1 ZPO). Auf eine Leistungsklage können sie schon deshalb nicht verwiesen werden, weil das Rechtsschutzziel der hier gegebenen negativen Feststellungsklage mit einer Leistungsklage nicht erreicht werden kann (BGHZ 172, 315, Tz. 10).
- 14
- 2. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass die von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsklauseln einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) nicht standhalten und deshalb unwirksam sind.
- 15
- a) Die Preisanpassungsklauseln in beiden Fassungen der Ziffer 4 der Bedingungen für das Sonderabkommen sind als Versorgungsbedingungen in Verträgen eines Gasversorgungsunternehmens mit Sonderkunden (dazu Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, WM 2009, 1717, Tz. 12 ff., und VIII ZR 56/08, WM 2009, 1711, Tz. 11 ff., jeweils zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) nicht durch § 310 Abs. 2 BGB der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB entzogen (BGHZ 138, 118, 123 zu den Vorgängerregelungen in § 23 Abs. 2 Nr. 2 und § 9 AGBG). Sie unterliegen gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB als Preisnebenabreden der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 18, und VIII ZR 56/08, aaO, Tz. 17, jeweils m.w.N.). Dieser Inhaltskontrolle halten sie nicht stand.
- 16
- b) Die mit der Klage angegriffenen Preisanpassungsklauseln benachteiligen die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
- 17
- Zwar stellt eine Preisanpassungsklausel in einem Sondervertrag, die das im Tarifkundenverhältnis bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV (dazu BGHZ 172, 315, Tz. 16 f.; 176, 244, Tz. 26; 178, 362, Tz. 26) unverändert in einen Normsondervertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, keine unangemessene Benachteiligung des Sonderkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 oder 2 BGB dar (Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 19 f., 21; vgl. auch Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO, Tz. 23, zu § 5 Abs. 2 GasGVV). Die von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsklauseln enthalten aber, anders als die Revisionserwiderung geltend macht, keine unveränderte Übernahme der Regelungen des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV, die im Zeitpunkt der umstrittenen Gaspreiserhöhungen noch Geltung hatten (außer Kraft getreten am 8. November 2006 nach Art. 4 der Verordnung zum Erlass von Regelungen des Netzanschlusses von Letztverbrauchern in Niederspannung und Niederdruck vom 1. November 2006, BGBl. I S. 2477).
- 18
- Aus der Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen folgt, dass das Preisänderungsrecht des Gasversorgungsunternehmens nach § 4 AVBGasV mit der Rechtspflicht einhergeht, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und den Zeitpunkt einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist (BGHZ 176, 244, Tz. 26; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 28, und vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 29). Diesen Anforderungen werden die umstrittenen Preisanpassungsklauseln - jedenfalls in der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 19) - nicht gerecht.
- 19
- Denn die in beiden Fassungen von Ziffer 4 der Bedingungen für das Sonderabkommen verwendete Formulierung "Die Stadtwerke [= Beklagte] behalten sich eine Änderung der Preise … vor" lässt eine Auslegung zu, nach der die Beklagte zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, nach gleichlaufenden Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich die Gasbezugskosten seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt haben. Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Bezugskosten umgehend, niedrigeren Bezugskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 20 f.; Senatsurteile vom 15. Juli 2009, aaO, jeweils Tz. 29; vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 27). Dies verschafft der Beklagten die Möglichkeit einer ungerechtfertigten Erhöhung ihrer Gewinnspanne (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 18; Senatsurteil vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 25).
- 20
- c) Die darin liegende unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten wird nicht durch das den Kunden der Beklagten für den Fall der Preisänderung in beiden Fassungen von Ziffer 4 der Bedingungen des Sonderabkommens eingeräumte Kündigungsrecht ausgeglichen (vgl. insoweit Senatsurteil vom 13. Dezember 2006, aaO, Tz. 27; vgl. ferner BGHZ 180, 257, Tz. 36 f.; BGH, Urteile vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34; jeweils m.w.N.). Insofern erscheint schon zweifelhaft, ob es sich angesichts der in beiden Fassungen enthaltenen zusätzlichen Formulierungen überhaupt um ein vollwertiges Kündigungsrecht handelt. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung durch den Senat.
- 21
- aa) Denn ein angemessener Ausgleich der mit den Preisänderungsklauseln verbundenen Nachteile durch ein Kündigungsrecht würde zumindest voraussetzen , dass der Kunde vorab über die beabsichtigte Preiserhöhung informiert wird und sich vom Vertrag lösen kann, bevor sie wirksam wird (Senatsurteil vom 13. Dezember 2006, aaO, Tz. 30 m.w.N.). Daran fehlt es hier, weil eine rechtzeitige Information des Kunden, die es ihm ermöglicht, vor Wirksamwerden der Preisänderung zu kündigen, bei der in beiden Fassungen von Ziffer 4 der Bedingungen des Sonderabkommens vorgesehenen Veröffentlichung der Preisänderungen in der E. Tagespresse nicht hinreichend sichergestellt ist (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 32 f., und vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 34).
- 22
- bb) Ferner scheitert ein angemessener Ausgleich der Benachteiligung durch Einräumung eines Sonderkündigungsrechts hier schon daran, dass die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in dem Zeitraum, in dem die umstrittenen Preisänderungen stattgefunden haben, eine faktische Monopolstellung innehatte, weil es im fraglichen Zeitraum keinen weiteren Gasversorger für Haushaltskunden in E. gab. Das Kündigungsrecht stellte deshalb für die Mehrzahl der Kunden der Beklagten, die entweder an die Entscheidung des Vermieters für den Heizenergieträger Gas gebunden sind oder selbst die Entscheidung dafür getroffen und entsprechende Investitionen getätigt haben , keine echte Alternative dar, weil sie dann nur die Möglichkeit hätten, sich von der Beklagten zu dem (regelmäßig teureren) Allgemeinen Tarif mit Gas beliefern zu lassen (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 34, und vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 35).
- 23
- 3. Die Revisionserwiderung macht geltend, dass die Unwirksamkeit der von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsklauseln jedenfalls zu einer entsprechenden Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV auf die Belieferung von Sonderkunden führen müsse. Dem kann nicht gefolgt werden.
- 24
- a) Die in Ziffer 5 (bei Verträgen, die vor 1984 geschlossen wurden: Ziffer
9) der Bedingungen des Sonderabkommens enthaltene Verweisung auf die AVBGasV führt nicht zu einer Anwendbarkeit des im Verhältnis zu Tarifkunden gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV bestehenden Preisänderungsrechts des Gasversorgungsunternehmens. Denn die Verträge enthalten in Ziffer 4 jeweils eine eigenständige Vereinbarung zur Preisanpassung, die sich als abschließende Regelung darstellt. Eine ergänzende oder (für den Fall der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel) hilfsweise Anwendbarkeit von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV lässt sich der ausgesprochenen Verweisung nicht, zumindest nicht mit der erforderlichen Klarheit, entnehmen.
- 25
- b) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen - hier die formularmäßigen Preisänderungsklauseln - nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag grundsätzlich nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam und richtet sich sein Inhalt gemäß § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV zählt schon deshalb nicht zu den an die Stelle der unwirksamen Preisanpassungsklausel tretenden gesetzlichen Vorschriften, weil es sich bei den Klägern jeweils um Sonderkunden und nicht um Tarifkunden im Sinne von § 1 Abs. 2 AVBGasV handelt. Auch eine entsprechende Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV auf die zwischen den Parteien bestehenden Sonderkundenverträge kommt nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 320/07, aaO, Tz. 41 f.).
- 26
- 4. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Beklagten auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Preisänderungsrecht zuzubilligen.
- 27
- Zwar zählen zu den gemäß § 306 Abs. 2 BGB bei Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen anwendbaren gesetzlichen Vorschriften auch die Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB über die ergänzende Vertragsauslegung (BGHZ 90, 69, 75 zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 2 AGBG; Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 36). Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt aber nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (BGHZ 90, 69, 77 f.; 137, 153, 157; Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 36). Das ist hier, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht der Fall.
- 28
- Gemäß Ziffer 9 der Bedingungen für das Sonderabkommen steht der Beklagten das Recht zu, sich jeweils mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren und sodann zum Ablauf der um je ein Jahr verlängerten Vertragslaufzeit vom Vertrag zu lösen. Bei Verträgen, die vor 1984 geschlossen wurden, endete gemäß Ziffer 10 der Bedingungen die Mindestvertragslaufzeit spätestens am 31. Dezember 1984; die Vertragslaufzeit verlängert sich bei diesen Verträgen ebenfalls um je ein Jahr, die Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Wenn die Beklagte für diese Zeiträume an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, so führt bereits dies nicht ohne Weiteres zu einem die ergänzende Vertragsauslegung gebietenden unzumutbaren Ergebnis (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 33; BGHZ 179, 186, Tz. 26; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 37; vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 320/07, aaO, Tz. 45).
- 29
- Soweit die Beklagte in der Revisionsinstanz geltend macht, es sei mit Rückforderungsansprüchen von Sonderkunden der Beklagten in erheblicher Höhe zu rechnen, die zu einer Existenzbedrohung für die Beklagte führen könnten , zeigt sie entsprechenden Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen nicht auf, obwohl dazu Anlass bestanden hätte, nachdem das Landgericht die Preisanpassungsklausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB als unwirksam angesehen hat. Es kann deshalb offen bleiben, ob ein sich aus dem Abschluss einer Vielzahl gleich lautender Verträge ergebender wirtschaftlicher Nachteil überhaupt geeignet sein kann, eine nicht mehr hinnehmbare einseitige Verschiebung des im Individualprozess zu beurteilenden konkreten Vertragsgefüges zulasten des Verwenders zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 37).
- 30
- Da es somit schon an den Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Art und Weise der Vertragsergänzung.
III.
- 31
- Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden , weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die Feststellungsklage der Kläger zu 1 bis 143 und 145 bis 181 als begründet erweist, ist die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen. Ball Hermanns Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
LG Essen, Entscheidung vom 17.04.2007 - 19 O 520/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 06.03.2008 - 2 U 114/07 -
(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.
(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.
(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.
(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.
(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:
- 1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden; - 2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte; - 3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.
(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.
(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.
(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.
(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.
(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:
- 1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden; - 2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte; - 3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.
(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.
(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.
(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.
(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.
(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.
(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.
(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien stehen als Stromanbieter im Wettbewerb. Die Beklagte verwendet in ihren "Allgemeinen Geschäftsbedingungen S. Strom der E. S. GmbH für den Eigenverbrauch im Haushalt, Stand Januar 2014" (im Folgenden: AGB) unter der Überschrift "Preise und Preisanpassung /Steuern, Abgaben und sonstige hoheitlich auferlegte Belastungen" unter anderem folgende Regelungen: "6.1. Der Gesamtpreis setzt sich aus der Servicepauschale, dem Arbeitspreis und ggf. einem Leistungspreiszuschlag zusammen. Er enthält den Energiepreis, die Kosten für Messstellenbetrieb und Messung [...] sowie für die Abrechnung, die aus dem ErneuerbareEnergien -Gesetz (EEG) folgenden Belastungen, das an den Netzbetreiber abzuführende Netzzugangsentgelt [...] inklusive der vom Netzbetreiber erhobenen Zuschläge nach dem Kraft-WärmeKopplungsgesetz (KWKG) sowie die Konzessionsabgaben, die Offshore-Haftungsumlage und die § 19 Sonderkundenumlage. [...] 6.3. Wird die Belieferung oder die Verteilung von elektrischer Energie mit zusätzlichen Steuern oder Abgaben belegt, kann der Lieferant [= die Beklagte] hieraus entstehende Mehrkosten an den Kunden weiterberechnen [...]. 6.4. Ziffer 6.3. gilt entsprechend, falls sich die Höhe einer nach Ziffer 6.3. weitergegebenen Steuer oder Abgabe ändert; bei einem Wegfall oder einer Absenkung ist der Lieferant zu einer Weitergabe verpflichtet. 6.5. Ziffer 6.3. und Ziffer 6.4. gelten entsprechend, falls auf die Belieferung oder die Verteilung von elektrischer Energie nach Vertragsschluss eine hoheitlich auferlegte, allgemeinverbindliche Belastung (d.h. keine Bußgelder o.ä.) entfällt, soweit diese unmittelbaren Einfluss auf die Kosten für die nach diesem Vertrag geschuldeten Leistungen hat (wie derzeit z.B. nach dem EEG und KWKG) oder dem Lieferanten geänderte Netzentgelte oder Sonderkundenaufschläge berechnet werden. 6.6. Der Lieferant wird die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Preise darüber hinaus nach billigem Ermessen der Ent- wicklung der Kosten anpassen, die für die Preisberechnung maßgeblich sind. Eine Preiserhöhung kommt in Betracht und eine Preisermäßigung ist vorzunehmen, wenn sich z.B. die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die Nutzung des Verteilernetzes erhöhen oder absenken oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen (z.B. durch die Einführung von Netzzugangsentgelten für Einspeisungen, Änderungen der Belastungen nach dem EEG oder KWKG). Steigerungen bei einer Kostenart , z.B. den Strombezugskosten, dürfen nur in dem Umfang für eine Preiserhöhung herangezogen werden, in dem kein Ausgleich durch etwaig rückläufige Kosten in anderen Bereichen, etwa bei den Netz- und Vertriebskosten, erfolgt. Bei Kostensenkungen, z.B. der Strombezugskosten, sind vom Lieferanten die Preise zu ermäßigen , soweit diese Kostensenkungen nicht durch Steigerungen in anderen Bereichen ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Der Lieferant wird bei der Ausübung seines billigen Ermessens die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen werden als Kostenerhöhungen, also Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden wie Kostenerhöhungen. 6.7. Änderungen der Preise nach Ziffer 6.6. sind nur zum Monatsersten möglich. Der Lieferant wird dem Kunden die Änderung spätestens 6 Wochen vor dem geplanten Wirksamwerden in Textform mitteilen. Im Fall einer Preisänderung hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung in Textform zu kündigen. Hierauf wird der Kunde vom Lieferanten in der Preisänderungsmitteilung gesondert hingewiesen. Im Fall der Kündigung wird die Preisänderung gegenüber dem Kunden nicht wirksam. Im Übrigen bleibt § 315 BGB unberührt."
- 2
- Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. August 2013 mahnte die Klägerin, die die aus Ziffer 6.6. der AGB ersichtliche Preisanpassungsklausel sowie darüber hinaus eine in Ziffer 14.2. der AGB enthaltene salvatorische Klausel für unwirksam hält, die Beklagte vergeblich auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.
- 3
- Ihre daraufhin gegen die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung beider Klauseln sowie auf Freistellung von Abmahnkosten in Höhe von 1.973,90 € gerichtete Klage ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte - bei dem Unterlassungsausspruch unter Androhung von Ordnungsmitteln - antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision begehrt die Beklagte hinsichtlich der auf die Preisanpassungsklausel bezogenen Verurteilung sowie der hierauf entfallenden Abmahnkosten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (OLG München, ZNER 2015, 461) hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 BGB. Denn die von der Beklagten unter Ziffer 6.6. ihrer AGB verwendete Preisanpassungsklausel sei unwirksam, weil sie nicht den Anforderungen genüge, die an die tatbestandliche Konkretisierung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts zu stellen seien, und deshalb die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 1 BGB). Sie lasse jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung nicht hinreichend deutlich erkennen, dass dem Kunden - wie von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 111 Rn. 43 f.) gefordert - das Recht zustehe, die von der Beklagten nach billigem Ermessen vorzunehmende Preisanpassung gemäß § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich auf Billigkeit überprüfen zu lassen, und stelle damit die Rechtslage irreführend dar.
- 7
- Die Klausel sehe ausweislich ihres Wortlauts für Preisänderungen im Fall von Kostensteigerungen sowie Kostensenkungen die Ausübung billigen Ermessens durch die Beklagte vor. Damit sei der Anwendungsbereich des § 315 BGB, insbesondere auch von dessen Absatz 3, eröffnet. Die Verwendung der Worte "billiges Ermessen" lasse für den Durchschnittskunden allerdings nicht erkennen, dass die Preisänderungen der Billigkeitskontrolle unterlägen und damit eine richterliche Überprüfung möglich sei. Auch der in Ziffer 6.7. des Klauselwerks enthaltene Hinweis, wonach § 315 BGB "im Übrigen unberührt" bleibe, stelle keinen ausreichenden Hinweis auf eine mögliche richterliche Billigkeitskontrolle dar.
II.
- 8
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 9
- Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Insbesondere verstößt die Preisanpassungsklausel in Ziffer 6.6. der AGB nicht schon deshalb gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerte Transparenzgebot , weil darin nicht auf die Möglichkeit hingewiesen wird, künftige Preisanpassungen gemäß § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen zu lassen. Auch sonst hält die Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. Dementsprechend hat die Klägerin insoweit auch keinen Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG auf Freistellung von den bei ihr angefallenen Abmahnkosten.
- 10
- 1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass ein Mitbewerber wie die Klägerin den Verwender unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen grundsätzlich gemäß § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 BGB wegen des in der Verwendung solcher Klauseln liegenden wettbewerbswidrigen Verhaltens und der dadurch begründeten Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Denn die Bestimmung des § 307 BGB hat jedenfalls insoweit, als sie als Marktverhaltensregel einer Benachteiligung des Kunden entgegenwirken soll, eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion (BGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - I ZR 40/11, GRUR 2013, 421 Rn. 31 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center; vom 31. Mai 2012 - I ZR 45/11, GRUR 2012, 949 Rn. 46 - Missbräuchliche Vertragsstrafe; jeweils mwN).
- 11
- 2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die streitgegenständliche Preisregelung sei intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil sie keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit enthalte, künftige Preisanpassungen gemäß § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich auf ihre Billigkeit hin überprüfen zu lassen.
- 12
- a) Allerdings kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen sowie wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen zu lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 37; vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 179/13, BGHZ 201, 271 Rn. 27; jeweils mwN).
- 13
- Bei Beurteilung der Frage, ob eine Vertragsklausel diesen Transparenzanforderungen gerecht wird, ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, aaO; vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 179/13, aaO; jeweils mwN). Auslegungszweifel gehen hierbei gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Diese Auslegungsregel hat zur Folge, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2012 - VIII ZR 337/11, BGHZ 194, 121 Rn. 16 mwN).
- 14
- b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die in Ziffer 6.6. der AGB enthaltene Preisanpassungsbestimmung, die der Senat uneingeschränkt selbst auslegen kann (Senatsurteil vom 17. April 2013 - VIII ZR 225/12, NJW 2013, 1805 Rn. 9 mwN), diesen Transparenzanforderungen trotz des fehlenden Hinweises auf die in § 315 Abs. 3 BGB vorgesehene richterliche Kontrolle einer Preisanpassung auf Billigkeit gerecht.
- 15
- aa) Die vorgenannte Regelung berechtigt die Beklagte, den Strompreis unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen nach billigem Ermessen anzupassen, wenn sich die für die Preisbildung maßgeblichen Kosten ändern. Wie auch ein juristisch nicht vorgebildeter Kunde der Klausel ohne weiteres entnehmen kann, sind Preisanpassungen damit weder - im Sinne einer Spannungsklausel (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKlG) - anhand eines feststehenden Index oder - im Sinne einer Kostenelementeklausel (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 PrKlG) - aufgrund feststehender rechnerischer Bezugsgrößen vorzunehmen noch stehen sie im freien Belieben der Beklagten. Vielmehr haben die Parteien mit der Regelung eine sogenannte Leistungsvorbehaltsklausel (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 PrKlG) vereinbart , bei der dem Bestimmungsberechtigten hinsichtlich des Ausmaßes künftiger Preisanpassungen ein Ermessensspielraum verbleibt, der es ermöglicht, Zeitpunkt und Höhe eines geänderten Strompreises nach Billigkeitsgrundsätzen festzusetzen. Der damit für die Preisanpassungen verbindliche Maßstab des § 315 BGB (vgl. BGH, Urteile vom 9. Mai 2012 - XII ZR 79/10, NJW 2012, 2187 Rn. 27; vom 27. Juni 2012 - XII ZR 93/10, juris Rn. 22; jeweils mwN), den auch das Berufungsgericht der im Streit stehenden Klausel richtigerweise entnimmt, ist nämlich nicht nur im Klauselwortlaut durch die mehrfache Verwendung der Formulierung "... nach billigem Ermessen ..." unmissverständlich herausgestellt. Er wird zusätzlich durch die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Regelung in Ziffer 6.7. der AGB unterstrichen, die in Bezug auf die vorzunehmenden Preisanpassungen eigens hervorhebt, dass § 315 BGB unberührt bleibt.
- 16
- bb) Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts , ein Durchschnittskunde könne bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel weder aufgrund der Verwendung der Worte "billiges Ermessen" noch aufgrund der ergänzenden Bezugnahme auf § 315 BGB erkennen, dass er ein Recht auf eine richterliche Überprüfung künftiger Preisanpassungen habe. Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich auch dem von ihm zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen Senatsurteil vom 31. Juli 2013 (VIII ZR 162/09, aaO) nicht entnehmen, dass es bei einer Klauselgestaltung wie der hier vorliegenden noch zusätzlich eines ausdrücklichen Hinweises auf die Möglichkeit einer richterlichen Billigkeitskontrolle bedarf.
- 17
- (1) Zwar verstößt eine Allgemeine Geschäftsbedingung gegen das Transparenzgebot, wenn der Vertragspartner durch die unklare, mehrdeutige oder unvollständige Fassung einer Klausel davon abgehalten wird, seine berechtigten Ansprüche oder Gegenrechte dem Verwender gegenüber geltend zu machen, oder wenn eine irreführende Darstellung der Rechtslage es dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren (BGH, Urteile vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11, 24 f.; vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, WM 2011, 1678 Rn. 44; vom 8. November 2012 - VII ZR 191/12, WM 2014, 132 Rn. 19, 23). Allerdings gebietet es das Transparenzgebot darüber hinaus nicht, die aus dem Gesetz oder der Rechtsnatur eines Vertrages folgenden Rechte der Vertragsparteien ausdrücklich oder vollständig zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 14. Mai 1996 - XI ZR 257/94, BGHZ 133, 25, 32; vom 5. November 1998 - III ZR 226/97, NJW 1999, 276 unter 2; vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99, NJW 2000, 2103 unter II 4 a; vom 16. April 2010 - V ZR 175/09, WM 2010, 1861 Rn. 18; vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, aaO; vom 8. November 2012 - VII ZR 191/12, aaO Rn. 19; jeweils mwN). Etwaige Missverständnisse muss der Verwender sich in dieser Hinsicht vielmehr nur dann zurechnen lassen, wenn er die Gefahr von Fehlvorstellungen bei seinen Kunden durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselformulierung oder -gestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat (BGH, Urteil vom 5. November 1998 - III ZR 226/97, aaO; vom 8. November 2012 - VII ZR 191/12, aaO Rn. 23). So liegt der Fall hier aber nicht.
- 18
- (2) Die im Streit stehenden Preisanpassungsregelungen sind nicht geeignet , Fehlvorstellungen über das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Recht des Kunden, künftige Preisanpassungen gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen zu lassen, zu wecken. Vielmehr ist das der Beklagten eingeräumte Ermessen - wie vorstehend unter II 2 b aa ausgeführt - in Ziffer 6.6. und 6.7. der AGB unübersehbar herausgestellt mit der Folge, dass damit von Gesetzes wegen der Anwendungsbereich einer richterlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB eröffnet ist, ohne dass es hierzu noch einer ausdrücklichen Regelung in der Preisanpassungsklausel bedurft hätte. Denn allein dadurch, dass die Frage einer richterlichen Billigkeitskontrolle in den Klauseln nicht ausdrücklich angesprochen ist, entstehen keine Unklarheiten darüber, ob die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bei Zweifeln über die Billigkeit abschließend und umfassend geregelt sind; insbesondere eröffnet das Fehlen eines Hinweises auf die Möglichkeit einer solchen Billigkeitskontrolle angesichts der klaren Gesetzeslage der Beklagten weder ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume noch hält sie auf diese Weise die Kunden sonst unzulässig von einer Durchsetzung der ihnen zustehenden Rechte ab (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 202/11, WM 2012, 2069 Rn. 25).
- 19
- (3) Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Berufungsgericht für einschlägig erachteten Senatsurteil vom 31. Juli 2013 (VIII ZR 162/09, aaO), bei dem die zu beurteilende Klauselgestaltung dadurch geprägt war, dass bei kundenfeindlichster Auslegung auch ein Klauselverständnis in Betracht kam, wonach dem Lieferanten wegen der festen, nach Art eines Index vorgenommenen Kopplung der Preisanpassungen an die Änderungen der Grundversorgungspreise kein der Überprüfung zugänglicher Ermessensspielraum zugestanden und deshalb für den Kunden auch keine Kontrolle des geänderten Preises auf Billigkeit stattgefunden hätte. Die vorliegende Klauselgestaltung unterscheidet sich - anders als das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen - hiervon grundlegend.
- 20
- (a) § 315 Abs. 1 BGB setzt für seine Anwendbarkeit eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine Vertragspartei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleis- tung bestimmen kann (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10, VersR 2013, 219 Rn. 21; vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 33 mwN). Dementsprechend ist auch Voraussetzung für eine Überprüfung der Preisgestaltung nach § 315 Abs. 3 BGB stets, dass der Bestimmungsberechtigte die Leistung einseitig bestimmen darf und ihm hierbei ein gewisser Ermessensspielraum zustehen soll (BGH, Urteile vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, WM 2007, 40 Rn. 19; vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10, aaO).
- 21
- (b) Hiernach geht eine bereits im Vertrag erfolgte Bestimmung der Leistung einer Anwendung des § 315 BGB vor. Das ist nicht nur der Fall, wenn die Parteien bereits im Vertrag konkret festgelegt haben, welche Leistungen zu erbringen sind (BGH, Urteil vom 23. November 1994 - IV ZR 124/93, BGHZ 128, 54, 57 f.). So verhält es sich auch, wenn die Vertragsparteien objektive Maßstäbe , namentlich etwa bestimmte Berechnungsfaktoren für eine Preisanpassung , vereinbaren, aus denen sich die Kriterien für die danach zu bestimmende Leistung ohne Eröffnung von Ermessensspielräumen unmittelbar ableiten lassen (BGH, Urteile vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, aaO; vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Juli 1991 - V ZR 117/90, WM 1991, 1854 unter II 2 a). Auf einen solchen Fall war - jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung - auch die Beurteilung der Klauselgestaltungen in den Senatsurteilen vom 14. Juli 2010 (VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 41) und vom 31. Juli 2013 (VIII ZR 162/09, aaO) bezogen, so dass dem Kunden bei einem solchen Verständnis der Blick für das ihm an sich zukommende Recht, die auf die Klauseln gestützten Preisanpassungen auf Billigkeit überprüfen zu lassen, (unzulässig) versperrt war.
- 22
- (c) Anders verhält es sich, wenn der Bestimmungsberechtigte sein Ermessen zwar in einzelnen Beziehungen - Weitergabe von Kostensenkungen - in bestimmter Weise gebunden, in anderer Hinsicht - Weitergabe von Kostensteigerungen - im Rahmen der Billigkeit dagegen keinen Einschränkungen unterworfen hat. Denn die Anwendbarkeit des § 315 BGB scheitert nicht bereits daran, dass der Ermessensausübung, gleich ob durch Gesetz oder durch Vertrag , ein bestimmter (objektiver) Rahmen vorgegeben ist, in dem sich das Ermessen des Bestimmungsberechtigten (nur) bewegen darf (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - IX ZR 306/12, WM 2013, 1756 Rn. 7; BAG, AP Nr. 18 zu § 1 TVG Tarifverträge: Papierindustrie unter II 2; ferner auch Erman/Hager, BGB, 14. Aufl., § 315 Rn. 4 mwN). Demgemäß steht einer Anwendung des § 315 BGB auf das in der streitgegenständlichen Klausel geregelte Preisanpassungsrecht der Beklagten nicht entgegen, dass sie sich bei Kostensenkungen in bestimmter Weise an eine dem Kunden günstige Weitergabe hinsichtlich Umfang und Zeitpunkt gebunden und im Übrigen ihren Ermessensspielraum auf die Weitergabe von Kostensteigerungen beschränkt hat. Damit bietet die Klausel weder nach ihrem Wortlaut noch sonst nach dem Zusammenhang der Klauselgestaltungen Anhaltspunkte für ein Verständnis des Kunden, wonach ihm eine von Gesetzes wegen zustehende richterliche Überprüfung der auf die Klausel gestützten Preisanpassungen auf Billigkeit verwehrt, zumindest aber wegen Fehlens einer zur Überprüfung stehenden Ermessensausübung aussichtslos sei.
- 23
- 3. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn die streitgegenständliche Preisanpassungsbestimmung wird auch in weiterer Hinsicht den Anforderungen des Transparenzgebots (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) gerecht. Ebenso hält die Klausel sonst einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.
- 24
- a) Der Umstand, dass das Berufungsgericht im Gegensatz zum Landgericht die von der Klägerin erhobenen weiteren Angriffe gegen die Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht mehr geprüft und auch die Revisionserwiderung diese nicht aufgegriffen hat, steht einer dahingehenden Prüfung durch den Senat nicht entgegen (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Denn das Revisionsgericht hat die Wirksamkeit der Klausel unter sämtlichen in Betracht kommenden Aspekten zu beurteilen. Hierbei bilden mehrere zur Begründung des erhobenen Unterlassungsanspruchs aufgegriffenen Gesichtspunkte , aus denen sich die beanstandete Klausel als unangemessen benachteiligend im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB darstellen soll, einen einheitlichen Streitgegenstand (vgl. BGH, Urteile vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 17 ff. mwN - Biomineralwasser; vom 20. März 2013 - I ZR 209/11, GRUR 2013, 1170 Rn. 9 - Telefonwerbung für DSL-Produkte; vgl. auch BGH, Urteile vom 10. März 1993 - VIII ZR 85/92, WM 1993, 845 unter II 1 a; vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 9; jeweils mwN).
- 25
- b) Die Regelung in Ziffer 6.6. der AGB ist insgesamt hinreichend transparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie genügt insbesondere den in dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) vom 21. März 2013 (C-92/11, NJW 2013, 2253 Rn. 49 ff. - RWE Vertrieb AG) im Einzelnen dargestellten, auf Art. 3 und Art. 5 Satz 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. Nr. L 95 vom 21. April 1993, S. 29, im Folgenden: Klauselrichtlinie) zurückgehenden Anforderungen, die an die Bestimmtheit eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts zu stellen sind. Auch die in dem Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 (C-359/11 und C-400/11, NJW 2015, 849 Rn. 45 ff. - Schulz und Ebringhoff) präzisierten Anforderungen des Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. Nr. L 176/37 vom 15. Juli 2003; im Folgenden: Stromrichtlinie) einschließlich der in Buchst. b und c ihres Anhangs A genannten Maßnahmen sind gewahrt.
- 26
- Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs beschränken sich die in den genannten Bestimmungen der Klausel- und der Stromrichtlinie aufgestellten Anforderungen an die Transparenz von Vertragsklauseln nicht auf deren bloße Verständlichkeit in formeller und grammatikalischer Hinsicht; dies steht bei den streitgegenständlichen Preisanpassungsbestimmungen der Beklagten außer Frage. Vielmehr dient das Transparenzerfordernis auch einem Ausgleich des regelmäßig geringeren Informationsstandes von Verbrauchern gegenüber dem als Klauselverwender auftretenden Gewerbetreibenden. Es ist deshalb umfassend zu verstehen, um den Verbraucher in die Lage zu versetzen, mit den ihm vor Vertragsschluss gegebenen Informationen über die Bedingungen der Verpflichtung und die Eigenheiten der Vertragsabwicklung, hier namentlich die Gründe und den Mechanismus der Preisanpassung, die sich für ihn daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien einzuschätzen sowie zu entscheiden, ob er sich gegenüber dem Gewerbetreibenden binden will, indem er sich den von diesem vorformulierten Bedingungen unterwirft (EuGH, Urteile vom 23. April 2015 - C-96/14, EuZW 2015, 516 Rn. 40 f. - Van Hove; vom 26. Februar 2015 - C-143/13, RIW 2015, 283 Rn. 73 f. - Matei; jeweils mwN).
- 27
- Vor diesem Hintergrund ist es für die Zulässigkeit eines dem Versorgungsunternehmen in dessen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingeräumten einseitigen Preisanpassungsrechts insbesondere von wesentlicher Bedeutung , ob der Vertrag den Anlass und den Modus der Änderung der Entgelte für die zu erbringende Leistung so transparent darstellt, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen dieser Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen kann. Dies wiederum erfordert eine klare und verständliche Information über die grundlegenden Voraussetzungen der Ausübung eines solchen Änderungsrechts (EuGH, Urteile vom 21. März 2013 - C-92/11, aaO - RWE Vertrieb AG; vom 23. Oktober 2014 - C-359/11 und C-400/11, aaO - Schulz und Ebringhoff; Senatsurteil vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, aaO Rn. 59). Dem wird die streitgegenständliche Preisanpassungsbestimmung indessen gerecht.
- 28
- aa) Ein Kunde kann dieser Regelung bereits vor Vertragsschluss entnehmen , dass eine Preisanpassung immer dann in Betracht kommt, wenn sich die für die Preisberechnung maßgeblichen Kosten ändern. Nicht nur dieser Anlass für eine Preisanpassung, sondern auch die den Anlass prägenden Kosten werden ihrer Art nach in der Klausel selbst näher konkretisiert, indem einzelne relevante Kostenfaktoren - etwa die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die Nutzung des Verteilernetzes - beispielhaft benannt sind. Weitere Informationen über die preisbildenden und damit zwangsläufig änderungsrelevanten Faktoren lassen sich der Aufzählung in Ziffer 6.1. Satz 2 der AGB entnehmen , die als Teil des Gesamtzusammenhangs, in den die Preisanpassungsklauseln eingebettet sind, ebenfalls berücksichtigt werden muss (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2012 - VIII ZR 337/11, aaO Rn. 18 mwN). Zugleich machen die betreffenden Preisanpassungsbestimmungen deutlich, dass Erhöhungen oder Ermäßigungen der für die Preisbildung relevanten Steuern, Abgaben und hoheitlich auferlegten, allgemeinverbindlichen Belastungen bereits nach Ziffern 6.3., 6.4. und 6.5. der AGB eine Preisanpassung zur Folge haben können und deshalb nicht zusätzlich Anlass für eine Preisanpassung nach Ziffer 6.6. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geben.
- 29
- bb) Der für die Preisanpassungen geltende Modus des billigen Ermessens im Sinne des § 315 BGB geht ebenfalls klar und verständlich aus der Klausel hervor.
- 30
- (1) In Ausgestaltung des der Beklagten zustehenden Ermessensspielraums enthält die Klausel die erforderlichen grundlegenden Informationen zur Berechnung künftiger Preisanpassungen. Denn wie aus der gewählten Formulierung ("eine Preiserhöhung kommt in Betracht ...") ersichtlich ist, beinhaltet sie zum einen die Möglichkeit, den Kunden etwaige (Bezugs-)Kostensteigerungen weiter zu belasten, und zum anderen die Verpflichtung ("eine Preisermäßigung ist vorzunehmen"), künftigen Ermäßigungen der (Bezugs-)Kosten Rechnung zu tragen. Darüber hinaus ist aufgrund des Wortlauts der Klausel - anders als die Klägerin meint - auch für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ohne Weiteres erkennbar, dass (Bezugs-)Kostensteigerungen und -ermäßigungen im Rahmen der Preisanpassung zu saldieren sind und jeweils nur die Differenz an den Kunden weitergegeben werden darf. Denn in der Klausel heißt es wörtlich: "Steigerungen bei einer Kostenart (...) dürfen nur in dem Umfang für eine Preiserhöhung herangezogen werden, in dem kein Ausgleich durch etwaig rückläufige Kosten in anderen Bereichen (...) erfolgt (...)". Zudem "[sind] bei Kostensenkungen (...) die Preise zu ermäßigen, soweit diese Kostensenkungen nicht durch Steigerungen in anderen Bereichen (...) ausgeglichen werden".
- 31
- (2) Aus Satz 5 der Preisanpassungsregelung geht außerdem deutlich hervor, dass die Beklagte - auch in zeitlicher Hinsicht - Bezugskostensteigerungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben berücksichtigen darf als Kostensenkungen. Anders als die Klägerin meint, kann die gewählte Formulierung ("Der Lieferant wird ... die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisanpassung so wählen...") nicht so verstanden werden, dass die Beklagte berechtigt sein soll, die Zeitpunkte einer Preisanpassung nach freiem Belieben wählen und auf diese Weise Kostensteigerungen umgehend, Kostensenkungen hingegen nicht oder nur mit zeitlicher Verzögerung zu berücksichtigen. Denn der Wortlaut und der Regelungszusammenhang lassen ein dahingehendes - den Kunden nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB unangemessen benachteiligendes (vgl. BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 20 f.; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 29, und VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 29; vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, aaO Rn. 41) - Verständnis der Klausel nicht zu. Dem Gesamtzusammenhang der Klausel ist vielmehr unübersehbar zu entnehmen, dass das der Beklagten eingeräumte Ermessen nicht nur inhaltlich, sondern auch im Hinblick auf die zeitliche Ausgestaltung künftiger Preisanpassungen durch den Maßstab der Billigkeit begrenzt ist.
- 32
- Soweit die Klägerin für den zeitlichen Anpassungsmodus zusätzliche Angaben wie etwa "objektive Zeitspannen und Erfahrungswerte" fordert, zeigt sie bereits nicht auf, dass es dahingehend einer gewissen Abstraktion zugängliche Werte gibt, die geeignet sind, die Realität von Kostenänderungen und/oder Kostenverschiebungen in ihrer zeitlichen Dimension mit einer ausreichenden Verlässlichkeit abzubilden. Insoweit ist jedoch anerkannt, dass das Transparenzgebot den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen auch nicht überfordern darf und die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren , nur im Rahmen des nach den Umständen Möglichen besteht (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, aaO Rn. 27 mwN). Ein Zwang zur Angabe "objektiver Zeitspannen und Erfahrungswerte", denen der erforderliche Realitätsbezug fehlt, würde im Gegenteil sogar - dem Transparenzgebot zuwider - zu einer zu vermeidenden Irreführung des Kunden führen und Erwartungen wecken, denen der Verwender billigerweise nicht nachkommen kann und muss.
- 33
- Das gilt umso mehr, als zum einen die Ermittlung der für die Preisberechnung maßgeblichen Kosten regelmäßig auf einer (prognostischen) Kostenkalkulation beruht. Diese ist zwangsläufig mit gewissen Unsicherheiten verbunden , wobei sich der zeitliche Eintritt von Kostenänderungen und/oder -verschiebungen und deren Erfassung nach den jeweiligen Umständen bestimmt , ohne sich allgemeingültig vorhersagen zu lassen. Die Validität der jeweiligen Kostenkalkulation lässt sich - ebenso wie eine sich später möglicherweise ergebende Änderungsnotwendigkeit - damit erst nach einem gewissen, nicht genau vorherbestimmbaren Zeitraum ermitteln (vgl. Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, ZIP 2015, 2226 Rn. 102 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen], und VIII ZR 13/12, juris Rn. 104). Zum anderen hat sich die Beklagte in der streitgegenständlichen Klausel in einer dem Kunden ersichtlich vorteilhaften Weise dahin für ihre Ermessensausübung gebunden, dass sie etwaige Kostensteigerungen nicht zwingend, zumindest nicht sofort in eine Preisanpassung umsetzen muss. Auch aus diesem Grunde sind deshalb genauere zeitliche Angaben zum Anpassungsmodus kaum vorab möglich.
- 34
- cc) Die Klausel ist weiterhin nicht deshalb intransparent, weil sieweder eine abschließende Aufzählung und Erläuterung noch eine Gewichtung sämtlicher für die Preisberechnung maßgeblicher Kostenfaktoren enthält. Insbesondere unterscheidet sie sich von einer Kostenelementeklausel (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 Rn. 20 ff.), der - anders als hier - aufgrund ihres in mathematischer Ableitung erfolgenden Automatismus einer Preisanpassung das Erfordernis einer vollständigen Benennung und Gewichtung der abwälzbaren Kostenveränderungen immanent ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2006 - VII ZR 13/05, WM 2006, 1502 Rn. 15; OLG Schleswig, BauR 2009, 503, 504). Die teilweise in der Literatur vertretene Auffassung , wonach auch Leistungsvorbehaltsklauseln einen umfassenden Überblick über die relevanten Kostenpositionen, deren Verteilungsmaßstab sowie die für die Preisanpassung maßgeblichen Bezugszeitpunkte beinhalten müssten (BeckOK-BGB/Becker, Stand 1. August 2015, § 309 Nr. 1 Rn. 26), damit die Kunden die mit einer Bezugskostensteigerung verbundenen Auswirkungen konkret vorhersehen könnten (Grün/Ostendorf, BB 2014, 259, 260), überhöht die sich daraus für den Kunden hinsichtlich des Modus der Preisanpassungen ergebenden Erkenntnismöglichkeiten und überspannt auf diese Weise zugleich die nach den gesamten Umständen des Falles an die Transparenz einer solchen Klausel zu stellenden Anforderungen.
- 35
- (1) Wie vorstehend unter II 3 b ausgeführt, folgt aus dem mit dem Transparenzgebot verfolgten Zweck die Verpflichtung der Beklagten, den Anlass und den Modus der die Entgeltänderung prägenden Umstände so transparent darzustellen , dass die Kunden die etwaigen Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen können. Dies verlangt der Beklagten eine so genaue Beschreibung der tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen ab, dass für sie keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Dazu gehört ferner, dass ihre Preisanpassungsregelungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies - bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses - nach den Umständen, insbesondere auch nach den Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Kunden, gefordert werden kann (Senatsurteile vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, aaO; vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 179/13, aaO; jeweils mwN). Denn nur dann wird der Kunde in die Lage versetzt, ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte zu erkennen sowie eine geltend gemachte Preisanpassung nachzuvollziehen und zumindest auf Plausibilität zu überprüfen (vgl. BGH, Urteile vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632 Rn. 31; vom 15. Mai 2013 - IV ZR 33/11, VersR 2013, 888 Rn. 45).
- 36
- (2) Die aus dem Transparenzgebot folgende Verpflichtung des Verwenders zur klaren und verständlichen Formulierung des Klauselinhalts besteht anerkanntermaßen aber nur im Rahmen des Möglichen (BGH, Urteile vom 19. Januar 2005 - XII ZR 107/01, BGHZ 162, 39, 45; vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, aaO mwN) und beschränkt sich auf diejenige Angaben, die dem Ver- wender rechtlich und tatsächlich zumutbar sind (Senatsurteile vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 121/04, aaO S. 16; vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 23/06, BGHZ 170, 1 Rn. 41). Dementsprechend brauchen die notwendig generalisierenden Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht einen solchen Grad an Konkretisierung anzunehmen, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen auftreten können. Vielmehr müssen Allgemeine Geschäftsbedingungen auch noch ausreichend flexibel bleiben, um künftigen Entwicklungen und besonderen Fallgestaltungen Rechnung tragen zu können, ohne dass von ihnen ein unangemessener Benachteiligungseffekt ausgeht. Die Anforderungen an die mögliche Konkretisierung dürfen deshalb nicht überspannt werden; sie hängen auch von der Komplexität des Sachverhalts unter den spezifischen Gegebenheiten des Regelungsgegenstandes ab (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, aaO; Fuchs inUlmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 307 Rn. 342).
- 37
- (a) Hieran gemessen ist unter Transparenzgesichtspunkten nicht zu fordern , dass ein Versorgungsunternehmen in seiner Preisanpassungsklausel sämtliche für die Preisbildung maßgebliche Kostenfaktoren einschließlich deren Gewichtung im Detail benennt oder sogar die vollständige Kalkulation offenlegt, die dem im Vertrag vereinbarten Preis und den erwarteten künftigen Preisanpassungen zugrunde liegt. Denn derart ins Einzelne gehende Angaben sind dem Versorgungsunternehmen in einer Form, welche gleichzeitig auch die für einen durchschnittlichen Kunden notwendige Verständlichkeit und Übersichtlichkeit wahren muss, weder möglich noch zumutbar und auch sonst mit dem Charakter einer nach billigem Ermessen ausgestalteten Leistungsvorbehaltsklausel nicht zu vereinbaren.
- 38
- Auch wenn eine Preisanpassungsklausel derart gestaltet sein muss, dass der Kunde in die Lage versetzt wird, ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte zu erkennen sowie eine geltend gemachte Preisanpassung nachzuvollziehen und zumindest auf Plausibilität zu überprüfen, muss sie zugleich so überschaubar bleiben, dass ein Kunde sie noch handhaben kann. Denn es liegt auf der Hand, dass durch allzu detaillierte Regelungen unübersichtliche und nur noch schwer durchschaubare Klauselwerke entstehen, die den Informationsinteressen des anderen Vertragsteils keinen wesentlichen Nutzen mehr bringen, sondern ihnen im Gegenteil abträglich sind und bei mangelnder Überschaubarkeit bisweilen sogar in den Bereich der Irreführung abgleiten können (BGH, Urteile vom 21. Juni 1990 - VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388, 391; vom 19. Januar 2005 - XII ZR 107/01, aaO). Deshalb ist auch hier von der Beklagten nicht zu verlangen, über die in Ziffern 6.1. Satz 2 und 6.6. der AGB gemachten Angaben hinaus sämtliche für die Preisbildung maßgebliche Kostenfaktoren einschließlich deren Gewichtung im Detail zu benennen oder gar die vollständige Kalkulation offenzulegen.
- 39
- (b) Während die in Ziffer 6.1. Satz 2 und Ziffer 6.6. der AGB genannten und zur besseren Verständlichkeit beispielhaft erläuterten Kostenelemente dem Kunden nach Art einer Leitlinie einen prägnanten und eingängigen Überblick vermitteln, um welche Kostenelemente es geht, die die Beklagte aus den von ihr exemplarisch herausgestellten Anlässen zum Gegenstand einer Preisänderung machen kann, wäre eine Klauselgestaltung, die alle Details der Kostenkalkulation darzustellen versucht, angesichts der damit zwangsläufig verbundenen Komplexität kaum noch verständlich und würde ihrerseits alsbald in eine Intransparenz umschlagen (vgl. Staudinger/Rieble, BGB, Neubearb. 2015, § 315 Rn. 272; Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 307 Rn. 253; Thomas, AcP 209 [2009], 84, 107 f.). Zudem würde eine vermeintlich abschließende Aufzählung aller relevanten Kostenfaktoren die unvermeidliche Gefahr der Unvollständigkeit in sich bergen und wäre dem Verwender auch angesichts des damit einhergehenden Transparenzverlusts kaum zumutbar (vgl. Senatsur- teile vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 121/04, aaO S. 17; vom 18. Juli 2012 - VIII ZR 337/11, aaO Rn. 45).
- 40
- Dass die Beklagte bei ihrer exemplarischen, auf die grundlegenden Änderungsparameter bezogenen Benennung wesentliche Kostenfaktoren außer Betracht gelassen hätte, die sich für den Kunden nicht bereits in naheliegender Weise aus den in der Klausel genannten Positionen als änderungsrelevant erschließen , die zu einer sachgerechten Beurteilung künftiger Preisanpassungen aber unerlässlich wären und deren fehlende Benennung ihm den Blick für eine angemessene Beurteilung des Preisanpassungsrechts versperren würde, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Übrigen geht - anders als die Klägerin meint - aus der streitgegenständlichen Preisanpassungsklausel in ihrem Gesamtzusammenhang unmissverständlich hervor, dass das Maß der Kostensteigerungen, und zwar nach Saldierung mit den dabei stets vollständig zu berücksichtigenden Kostensenkungen, die Obergrenze für eine Preisanpassung bildet.
- 41
- (c) Ebenso wenig leidet die erforderliche Transparenz daran, dass die Klausel keine Angaben zur Gewichtung der in Betracht kommenden Kostenfaktoren enthält (aA Grün/Ostendorf, aaO). Das wäre ohnehin nur dann sinnvoll gewesen, wenn die Beklagte - wie hier nicht - verpflichtet gewesen wäre, die in Betracht kommenden Kostenfaktoren nicht nur exemplarisch, sondern sämtlich im Detail zu benennen. Denn ohne eine solche Benennung wäre die eine Vollständigkeit voraussetzende Gewichtung naturgemäß sinnlos. Es kommt hinzu, dass die Beklagte sich in zulässiger Weise - zugunsten des Kunden - vorbehalten hat, bestimmte Kostensteigerungen (zunächst) nicht oder nicht vollständig weiterzugeben, wodurch sich zwangsläufig zugleich die Gewichtung der einzelnen Kostenfaktoren untereinander verschieben würde, so dass auch aus die- sem Grunde eine ein für alle Mal gültige Gewichtungsangabe kaum möglich, sondern mangels hinreichender Validität eher sogar irreführend wäre.
- 42
- Davon abgesehen ließe sich eine Gewichtung wegen der hohen Änderungsanfälligkeit der einzelnen Elemente für die Preisbildung im Hinblick auf ihre weitere Entwicklung sowie das relative Gewicht zueinander in einer Preisanpassungsklausel der in Rede stehenden Art gar nicht nachvollziehbar in einer dafür erforderlichen mathematisierten Form abbilden. Dem stünde zum einen entgegen, dass nicht nur die einzelnen Parameter für die Gesamtkosten, sondern auch deren relatives Gewicht im Verhältnis zueinander Änderungen unterliegt. Zum anderen ließe sich dies auch sonst nicht mit dem vorstehend näher beschriebenen Gestaltungsspielraum der Beklagten im Rahmen des von ihr in zulässiger Weise in Anspruch genommenen billigen Ermessens gemäß § 315 BGB vereinbaren (so zutreffend Büdenbender, NJW 2013, 3601, 3605).
- 43
- (d) Im Übrigen wäre - ohne dass es darauf für das Ergebnis noch entscheidend ankäme - die Zumutbarkeit einer (weitgehenden) Offenlegung der Preiskalkulation im Rahmen einer Preisanpassungsklausel noch aus einem weiteren Grund zu verneinen. Zwar hat ein Versorgungsunternehmen im Rahmen der richterlichen Billigkeitskontrolle einer Preisanpassung, die im Rahmen eines - wie hier - einseitigen Leistungsbestimmungsrechts nach § 315 BGB vorgenommen wird, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der neu festgesetzte Preis der Billigkeit entspricht, und hierbei unter Umständen näher zu seiner Kalkulation vorzutragen (Senatsurteil vom 20. Mai 2015 - VIII ZR 138/14, juris Rn. 38 mwN; vgl. auch Senatsurteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 46 f.).
- 44
- Allerdings kann das Versorgungsunternehmen selbst in diesem Rahmen im Einzelfall ein verfassungsrechtlich geschütztes Interesse daran haben, die - grundsätzlich seiner freien unternehmerischen Entscheidung unterliegende (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 2015 - VIII ZR 138/14, aaO Rn. 14 mwN) - Preiskalkulation vor der Öffentlichkeit geheim zu halten (Senatsurteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, aaO; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rn. 527 ff.). Mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, zu denen auch betriebsinterne Kostenkalkulationen der in Rede stehenden Art gehören können (vgl. BVerfGE 115, 205, 230 f.; BVerfG, NVwZ 2014, 1652, 1661), wäre es nur schwer zu vereinbaren, wenn das Versorgungsunternehmen zur Wahrung der Transparenzanforderungen bereits im Rahmen eines formularmäßigen einseitiges Leistungsbestimmungsrechts im Sinne des § 315 BGB sämtliche betriebswirtschaftlichen Details seiner Preiskalkulation offenbaren und auf diese Weise der Öffentlichkeit unter Einschluss der Mitbewerber zugänglich machen müsste.
- 45
- c) Die in Ziffer 6.6. der AGB enthaltene Preisanpassungsbestimmung ist auch sonst nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Sie unterliegt zwar als Preisnebenabrede im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 Rn. 19 f.; vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 Rn. 15; jeweils mwN). Dieser Inhaltskontrolle hält sie aber stand.
- 46
- aa) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen ein grundsätzlich geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen namentlich im Bereich der Energieversorgung - wie hier - dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, ohne den Vertrag kündigen zu müssen, und andererseits den Vertragspartner davor zu be- wahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostensteigerungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO Rn. 14; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO Rn. 22, und VIII ZR 56/08, aaO Rn. 24; vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 34 f.).
- 47
- bb) Allerdings ist auch in diesen Fällen die zum Schutz einer unangemessenen Benachteiligung bestehende Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB überschritten, wenn die dazu in Allgemeinen Geschäftsbedingungen formulierten Preisanpassungsbestimmungen dem Verwender die Möglichkeit einräumen, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern auch einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335 unter II 2; vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, aaO Rn. 21; vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 35; vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 35). Richtet sich das Preisanpassungsrecht - wie vorliegend - nach billigem Ermessen (§ 315 BGB), ist von einer unangemessenen Benachteiligung insbesondere dann auszugehen, wenn die Klausel zwar das Recht vorsieht, Bezugskostensteigerungen an die Kunden weiter zu belasten, nicht aber die Verpflichtung, Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und diese nach denselben Maßstäben an die Kunden weiterzugeben (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO Rn. 17; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO Rn. 23; vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 320/07, WM 2010, 228 Rn. 26 f. mwN).
- 48
- cc) Dem wird die streitgegenständliche Preisanpassungsklausel in Ziffer 6.6. der AGB gerecht. Wie vorstehend bereits dargestellt, beinhaltet die Regelung zum einen die Verpflichtung der Beklagten, Ermäßigungen bei den in Ziffer 6.1. Satz 2 der AGB näher umschriebenen Kostenbestandteilen bei künftigen Preisanpassungen zu berücksichtigen und diesen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung zu tragen als gestiegenen (Bezugs-)Kosten. Zum anderen bildet danach das - erforderlichenfalls mit unabhängig davon zeitnah zu berücksichtigenden Kostenrückgängen in anderen Bereichen zu saldierende - Maß der Kostensteigerungen die Obergrenze für eine Preisanpassung. Darüber hinausgehende Beanstandungen hat die Klägerin in dieser Hinsicht nicht vorgebracht.
- 49
- 4. Von den nach einem Streitwert von 100.000 € zu bemessenden Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 1.973,90 € kann die Klägerin die beanspruchte Freistellung nur hinsichtlich des hälftigen Betrages, nämlich 986,95 €, beanspruchen, da sie mit ihrem Unterlassungsbegehren nur mit dem die Klausel in Ziffer 14.2. der AGB der Beklagten betreffenden Teil durchgedrungen ist.
- 50
- Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG kann der Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist. Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer lediglich teilweise berechtigten Abmahnung deshalb nur insoweit zu ersetzen, als die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (BGH, Urteile vom 10. Dezember 2009 - I ZR 149/07, GRUR 2010, 744 Rn. 52 - Sondernewsletter; vom 31. Mai 2012 - I ZR 45/11, aaO Rn. 49 mwN - Missbräuchliche Vertragsstrafe). Dem entspricht der erkannte Betrag.
III.
- 51
- Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist deshalb im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
LG Augsburg, Entscheidung vom 18.03.2014 - 2 HKO 3775/13 -
OLG München, Entscheidung vom 24.07.2014 - 29 U 1466/14 -
(1) Der Grundversorgungsvertrag kann mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Eine Kündigung durch den Grundversorger ist nur möglich, soweit eine Pflicht zur Grundversorgung nach § 36 Absatz 1 Satz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes nicht besteht.
(2) Die Kündigung bedarf der Textform. Der Grundversorger hat eine Kündigung des Kunden unverzüglich nach Eingang unter Angabe des Vertragsendes in Textform zu bestätigen.
(3) Der Grundversorger darf keine gesonderten Entgelte für den Fall einer Kündigung des Vertrages, insbesondere wegen eines Wechsels des Lieferanten, verlangen.
(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.
(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.
(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
(1) Der Grundversorgungsvertrag kann mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Eine Kündigung durch den Grundversorger ist nur möglich, soweit eine Pflicht zur Grundversorgung nach § 36 Absatz 1 Satz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes nicht besteht.
(2) Die Kündigung bedarf der Textform. Der Grundversorger hat eine Kündigung des Kunden unverzüglich nach Eingang unter Angabe des Vertragsendes in Textform zu bestätigen.
(3) Der Grundversorger darf keine gesonderten Entgelte für den Fall einer Kündigung des Vertrages, insbesondere wegen eines Wechsels des Lieferanten, verlangen.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Der Grundversorgungsvertrag kann mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Eine Kündigung durch den Grundversorger ist nur möglich, soweit eine Pflicht zur Grundversorgung nach § 36 Absatz 1 Satz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes nicht besteht.
(2) Die Kündigung bedarf der Textform. Der Grundversorger hat eine Kündigung des Kunden unverzüglich nach Eingang unter Angabe des Vertragsendes in Textform zu bestätigen.
(3) Der Grundversorger darf keine gesonderten Entgelte für den Fall einer Kündigung des Vertrages, insbesondere wegen eines Wechsels des Lieferanten, verlangen.
(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.
(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.
(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
(1) Der Grundversorgungsvertrag kann mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Eine Kündigung durch den Grundversorger ist nur möglich, soweit eine Pflicht zur Grundversorgung nach § 36 Absatz 1 Satz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes nicht besteht.
(2) Die Kündigung bedarf der Textform. Der Grundversorger hat eine Kündigung des Kunden unverzüglich nach Eingang unter Angabe des Vertragsendes in Textform zu bestätigen.
(3) Der Grundversorger darf keine gesonderten Entgelte für den Fall einer Kündigung des Vertrages, insbesondere wegen eines Wechsels des Lieferanten, verlangen.
(1) Welche Gasart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, ergibt sich aus der Gasart des jeweiligen Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt, angeschlossen ist. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Belieferung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases ergeben sich aus den ergänzenden Bestimmungen des Netzbetreibers zu den allgemeinen Netzanschlussbedingungen der Anlage, über die der Kunde Gas entnimmt.
(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen; hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 in übersichtlicher Form anzugeben.
(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, ein regionales Energieversorgungsunternehmen, verlangt von dem Beklagten die Zahlung restlichen Entgelts für Erdgaslieferungen.
- 2
- Der Beklagte bezieht seit Jahren von der Klägerin leitungsgebunden Erdgas für seinen privaten Haushalt. Die Klägerin gruppierte den Beklagten aufgrund einer kundenbegünstigenden, mengenabhängigen Bestabrechnung und aufgrund einer Mindestpreisregelung in den - nicht mit Sonderbedingungen versehenen - "Heizgas- und Vollversorgungstarif II" ein. Der genannte Tarif ist in den für den streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Preisblättern der Klägerin als einer von vier Allgemeinen Tarifen für die (Grund- und Ersatz-) Versorgung mit Erdgas ausgewiesen.
- 3
- Die Klägerin erhöhte zum 1. Januar 2005 den Arbeitspreis von bisher 3,34 ct/kWh netto auf 3,69 ct/kWh netto und machte dies vorher öffentlich bekannt. Der Beklagte widersprach der beabsichtigten Preiserhöhung mit Schreiben vom 17. Dezember 2004 und forderte die Klägerin auf, die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhung durch Offenlegung ihrer Kalkulationsgrundlagen darzulegen. Mit Schreiben vom 23. Mai 2005 teilte er der Klägerin weiter mit, dass er seinen Widerspruch aufrechterhalte und daher Zahlungen allein auf der Grundlage des bisherigen Preises zuzüglich eines Zuschlags von 2 % leisten werde.
- 4
- In der Folgezeit erhöhte die Klägerin - jeweils nach vorheriger öffentlicher Bekanntgabe - drei weitere Male ihren Arbeitspreis. Zum 1. Oktober 2005 erhöhte sie den Preis auf 4,13 ct/kWh netto, zum 1. Januar 2006 auf 4,53 ct/kWh netto und zum 1. Oktober 2006 auf 5,00 ct/kWh netto. Mit Wirkung zum 1. März 2007 senkte sie den Arbeitspreis auf 4,70 ct/kWh netto.
- 5
- Der Beklagte zahlte auf die Jahresabrechnungen der Klägerin vom 22. Juni 2005, vom 23. Juni 2006, vom 22. Juni 2007 und vom 23. Juni 2008 nur die im Schreiben vom 23. Mai 2005 angekündigten Beträge.
- 6
- Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Zahlung des rückständigen Betrags aus den genannten Jahresabrechnungen in Höhe von 1.533,19 € nebst Zinsen. Die Klägerin macht geltend, Grund für die vorstehend genannten Preisänderungen seien jeweils Änderungen ihrer Bezugskosten gewesen, wobei sie mit den Preiserhöhungen ihre gestiegenen Bezugspreise nicht einmal in vollem Umfang weitergegeben habe.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Dezember 2011 - VI-3 U (Kart) 4/11, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Die Klägerin habe gemäß § 433 Abs. 2 BGB Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Rechnungsbeträge in Höhe von 1.533,19 €. Sie sei gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV berechtigt gewesen, die Gaspreise zu den von ihr gewählten Zeitpunkten in der erfolgten Weise anzupassen.
- 11
- Der Beklagte sei jedenfalls in dem Zeitraum, in dem die genannten Preiserhöhungen erfolgt seien, nicht als Normsonderkunde, sondern als Tarifkunde im Sinne von § 1 Abs. 2 AVBGasV beziehungsweise als Haushaltskunde im Rahmen der Grundversorgung nach § 1 Abs. 1, 2 GasGVV einzustufen. Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers habe die Klägerin den Beklagten spätestens ab dem 1. Januar 2005 im Rahmen ihrer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften, also aufgrund eines Tarifbeziehungsweise eines Grundversorgungsvertrags zu einem allgemeinen Tarif leitungsgebunden mit Gas beliefert. Dabei sei der Beklagte aufgrund einer kundenbegünstigenden Bestabrechnung und einer Mindestpreisregelung unter mehreren zur Auswahl stehenden allgemeinen Tarifen in den "Heizgas- und Vollversorgungstarif II" eingestuft worden. Ein Gasversorgungsunternehmen sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht darauf beschränkt, nur einen allgemeinen Tarif anzubieten.
- 12
- Die Klägerin sei daher aufgrund des in § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV beziehungsweise des in § 5 Abs. 2 GasGVV geregelten Preisänderungsrechts zur Vornahme der erfolgten Preisänderungen berechtigt gewesen. Europarechtliche Vorgaben stünden der Anwendbarkeit der genannten Bestimmungen nicht entgegen. Die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV und der Nachfolgeregelung des § 5 Abs. 2 GasGVV werde nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass der Bundesgerichtshof die Frage, ob die Vorschrift des § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV den europarechtlichen Transparenzanforderungen an Preisänderungsklauseln in der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt (Gasrichtlinie) genüge, dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung vorgelegt habe.
- 13
- Denn selbst wenn der Gerichtshof der Europäischen Union die Europarechtskonformität des § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV für das Tarifkundenverhältnis wider Erwarten nicht bestätigen sollte, wären die Preisanpassungen der Klägerin nicht ohne weiteres unwirksam, weil den Versorgern dann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Preisanpassungsrecht zugestanden werden müsse. Da ein Energieversorger einen Grundversorgungsvertrag im Hinblick auf die ihn nach § 36 Abs. 1 EnWG treffende Pflicht zur Aufrechterhaltung des Vertrags nicht wirksam kündigen könne, sei ihm der damit verbundene Eingriff in die Privatautonomie nur in Verbindung mit einer Preisanpassungsberechtigung zumutbar.
- 14
- Die von der Klägerin nach § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV beziehungsweise nach § 5 Abs. 2 GasGVV vorgenommenen Preisanpassungen seien billig im Sinne des § 315 BGB, denn es seien entsprechende Bezugskostensteigerungen erfolgt, ohne dass in anderen Kostenpositionen Einsparungen hätten erzielt werden können. Dies habe die in zweiter Instanz durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung mehrerer Zeugen - darunter zwei (externe) Wirtschaftsprüfer , der Leiter des Finanz- und Rechnungswesens der Klägerin und deren ehemaliger Center-Leiter Energie- und Wasserwirtschaft - ergeben. Die Beweisaufnahme habe sogar die Behauptung der Klägerin bestätigt, dass diese ihre Bezugskostensteigerungen in keinem Gaswirtschaftsjahr in voller Höhe an ihre Gaskunden weitergegeben habe. Einer Einholung eines Sachverständigengutachtens habe es gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nicht bedurft, weil der damit verbundene zeitliche und finanzielle Aufwand in keinem Verhältnis zur Klageforderung stehe. Außerdem sei es für die anzustellende Billigkeitsprüfung nicht erforderlich, die Preisbildung des Versorgers durch einen Sachverständigen mathematisch genau nachbilden zu lassen, wenn sich das Gericht - wie hier - durch Vernehmung von (sachkundigen) Zeugen die Überzeugung verschaffen könne, dass eine angemessene Preisbildung erfolgt sei.
- 15
- Die (streitige) Frage, ob bei mehreren beanstandeten Tarifpreiserhöhungen jede Erhöhung für sich an § 315 BGB zu messen sei oder ob sich ihre Billigkeit nach einer Gesamtbetrachtung bestimme, sei dahingehend zu beantworten , dass es jeweils auf die in einem Gaswirtschaftsjahr (1. Oktober, 6 Uhr, bis zum 1. Oktober, 5.59 Uhr, des Folgejahres) vorgenommenen Preisänderungen ankomme. Eine nur die einzelne Preiserhöhung in den Blick nehmende Billigkeitsprüfung werde den tatsächlichen Gegebenheiten in der Gaswirtschaft nicht gerecht. Folglich sei eine einzelne Erhöhung des Arbeitspreises, die durch den bei ihrer Festsetzung prognostizierten, aber tatsächlich nicht in dem erwarteten Umfang eingetretenen Anstieg der Bezugskosten nicht vollständig abgedeckt werde, dennoch nicht unbillig, wenn in dem Gaswirtschaftsjahr insgesamt ein angemessenes Verhältnis zwischen Tarif- und Bezugskostenerhöhung erzielt werde.
II.
- 16
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.
- 17
- Das Berufungsgericht hat der Klägerin im Ergebnis zu Recht einen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Gaslieferungsvertrag der Parteien auf Zahlung restlichen Entgelts in Höhe von 1.533,19 € nebst Zinsen für die in den Jahresabrechnungen der Klägerin von 2005 bis 2008 abgerechneten Gaslieferungen zuerkannt. Allerdings war die Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts im Rahmen des hier vorliegenden Tarifkundenvertrags nicht schon deswegen zu einer Erhöhung des Arbeitspreises berechtigt , weil nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem - hier maßgeblichen - § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein nur den in dieser Vorschrift genannten Wirksamkeitserfordernissen unterliegendes gesetzliches Recht entnommen worden ist, die Preise einseitig nach billigem Ermessen zu ändern. Denn an der vorbezeichneten Rechtsprechung kann nach dem auf Vorlage des Senats ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) vom 23. Oktober 2014 (Rs. C-359/11 und C-400/11, NJW 2015, 849 - Schulz und Egbringhoff) nicht festgehalten werden, da § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV nicht mit den Transparenzanforderungen der Gas-Richtlinie 2003/55/EG vereinbar ist. Ein diesen Transparenzanforderungen entsprechendes gesetzliches Preisänderungsrecht des Gasversorgungsunternehmens im Tarifkundenbereich kann auch nicht aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV oder der die Grundversorgung betreffenden Vorschriften des - der AVBGasV zugrundeliegenden - Energiewirtschaftsgesetzes hergeleitet werden, da eine solche Auslegung über den erkennbaren Willen des (nationalen) Gesetz- und Verordnungsgebers hinausginge. Eine unmittelbare Anwendung der Transparenzanforderungen der GasRichtlinie 2003/55/EG kommt im vorliegenden Fall ebenfalls nicht in Betracht.
- 18
- Jedoch ergibt sich aus einer gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) des Gaslieferungsvertrages der Parteien, dass die Klägerin berechtigt ist, Kostensteigerungen ihrer eigenen (Bezugs-)Kosten während der Vertragslaufzeit an den Beklagten weiterzugeben, und sie verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Hiervon ausgehend war die Klägerin zu den streitgegenständlichen Erhöhungen des Arbeitspreises berechtigt und begegnen diese, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, auch der Höhe nach keinen Bedenken.
- 19
- 1. Das Berufungsgericht hat den Energielieferungsvertrag der Parteien - entgegen der Auffassung der Revision - rechtsfehlerfrei als einen Tarifkundenvertrag (jetzt: Grundversorgungsvertrag) angesehen.
- 20
- a) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt es für die Frage, ob es sich bei öffentlich bekannt gemachten Vertragsmustern und Preisen um Tarifbeziehungsweise Grundversorgungsverträge mit allgemeinen Tarifpreisen im Sinne von § 6 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWiG 1935) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 752-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, Allgemeinen Tarifen im Sinne von § 10 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 730; im Folgenden: EnWG 1998) oder Allgemeinen Preisen im Sinne von § 36 Abs. 1 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970; im Folgenden: EnWG 2005) handelt, darauf an, ob das betreffende Versorgungsunternehmen die Versorgung zu den öffentlich bekannt gemachten Bedingungen und Preisen - aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers - im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften oder unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit anbietet (st. Rspr.; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 14; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 26; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 23; vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, NJW 2011, 2736 Rn. 32 mwN, insoweit in BGHZ 189, 356 nicht abgedruckt). Ersteres ist hier nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall.
- 21
- b) Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, steht es nach der Rechtsprechung des Senats einem Energieversorgungsunternehmen auch im Rahmen der Grundversorgung frei, verschiedene Tarife anzubieten, und zwar auch solche, bei denen - wie hier - die Tarifeinstufung automatisch nach dem Prinzip der Bestpreisabrechnung erfolgt (Senatsurteile vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 27; vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, aaO; vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 111 Rn. 34).
- 22
- 2. Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Klägerin im Rahmen des Tarifkundenvertrags der Parteien das Recht zustand, den Arbeitspreis in dem streitgegenständlichen Umfang zu erhöhen.
- 23
- a) Der Senat hat ein berechtigtes Interesse (auch) von Gasversorgungsunternehmen , Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an ihre Kunden weiterzugeben, grundsätzlich anerkannt (st. Rspr.; Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 Rn. 35; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO Rn. 22, und VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 24). Für den Tarifkundenbereich hat der Senat bis zu seinem Vorabentscheidungsersuchen in der Sache VIII ZR 71/10 (Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011, ZIP 2011, 1620) der - hier gemäß § 115 Abs. 2 Satz 3 EnWG 2005 und der Übergangsregelung in § 23 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz (Gasgrundversorgungsverordnung - GasGVV) vom 26. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2391) maßgeblichen - Vorschrift des § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 676 - AVBGasV) entnommen, dass dem Gasversorgungsunternehmen das Recht zusteht, Preise nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) zu ändern (st. Rspr.; siehe nur Senatsurteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 14 ff.; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 26; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 18 ff.; ebenso BGH, Urteil vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 26, 29). Weiter hat er aus dieser Vorschrift abgeleitet, dass den Gasversorger aufgrund der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit zugleich die Rechtspflicht trifft, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso und nach gleichen Maßstäben zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen (Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO Rn. 28; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 Rn. 18; jeweils mwN; ebenso BGH, Urteil vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO Rn. 26).
- 24
- aa) In § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV war bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Mit der Einfügung des Wortes "jeweiligen" sollte nach der Begründung des Verordnungsge- bers (BR-Drucks. 77/79, S. 34, 38) ausdrücklich klargestellt werden, dass das Versorgungsunternehmen die Möglichkeit hat, die allgemeinen Tarife durch öffentliche Bekanntgabe gleitend, das heißt ohne Kündigung, zu ändern. In der Begründung zu § 4 AVBGasV heißt es hierzu (aaO, S. 38): "Nach Absatz 1 sind die GVU [Gasversorgungsunternehmen] verpflichtet , die Kunden zu den 'jeweiligen' allgemeinen Tarifen und Bedingungen , wozu auch diejenigen Regelungen gehören, die sie in Ausfüllung der vorliegenden Verordnung vorsehen, zu versorgen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass sich z.B. Tarifänderungen ohne entsprechende Kündigungen der laufenden Verträge nach öffentlicher Bekanntgabe (Absatz 2) vollziehen können. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich um Massenschuldverhältnisse mit langfristiger Vertragsbindung handelt. Die GVU müssen die Möglichkeit haben, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit in den Preisen an die Kunden weiterzugeben. Entsprechende Vertragskündigungen, verbunden mit dem Neuabschluss von Verträgen, würden hier vor allem zu praktischen Schwierigkeiten führen [...]"
- 25
- Daraus hat der Senat hergeleitet, dass § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV, auch wenn darin ein Preisänderungsrecht nicht ausdrücklich kodifiziert ist, den Gasversorgungsunternehmen im Bereich der Versorgung von Tarifkunden ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gewährt (Senatsurteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, aaO; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, aaO; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 19 f.; ebenso BGH, Urteil vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO Rn. 26, 29).
- 26
- bb) Diese Vorschriften sind mit Wirkung zum 8. November 2006 durch § 5 Abs. 2 GasGVV ersetzt worden, ohne dass sich dadurch in der Sache etwas ändern sollte (Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 20; vgl. BR-Drucks. 306/06, S. 25 f., 43). Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 GasGVV ist der Grundversorger auch weiterhin nur verpflichtet, dem Kunden zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen und Bedingungen Gas zur Verfügung zu stellen. Entsprechend geht § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV davon aus, dass Allgemeine Preise für Gas auf einer einseitigen Leistungsbestimmung durch den Versorger beruhen können, die der Kunde nach § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin überprüfen lassen kann (Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO).
- 27
- b) Da die im Streitfall maßgebliche Regelung des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV hinsichtlich Anlass, Voraussetzungen und Umfang des dem Versorgungsunternehmen zustehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts (vgl. hierzu Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO Rn. 23, und VIII ZR 56/08, aaO Rn. 26; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 33; jeweils mwN) keine näheren tatbestandlichen Konkretisierungen enthält, hängt die Möglichkeit, dieser Vorschrift im Auslegungswege ein wirksames Preisänderungsrecht zu entnehmen, davon ab, ob solche tatbestandlichen Konkretisierungen von Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. Nr. L 176, S. 57; im Folgenden : Gas-Richtlinie; aufgehoben zum 3. März 2011 durch Art. 53 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG, ABl. Nr. L 211, S. 94) gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 71/10, aaO Rn. 6).
- 28
- aa) Der Senat hat deshalb mit vorgenanntem Beschluss vom 18. Mai 2011 dem Gerichtshof folgende Fragen gemäß Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt: "Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in Erd- gaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht beliefert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?"
- 29
- bb) Der Gerichtshof hat diese Frage sowie die ihm durch Senatsbeschluss vom 29. Juni 2011 (VIII ZR 211/10, RdE 2011, 372) vorgelegte, zu gemeinsamer Entscheidung verbundene gleichlautende Frage zu § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 684 - AVBEltV) beziehungsweise zu § 5 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz vom 26. Oktober 2006 (Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV, BGBl. I S. 2391) und zu Art. 3 Abs. 5 Satz 3 bis 5 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b oder c der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. Nr. L 176, S. 37) mit Urteil vom 23. Oktober 2014 (Rs. C-359/11 und C-400/11, aaO - Schulz und Egbringhoff) wie folgt beantwortet: "Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Anhang A der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG und Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die den Inhalt von unter die allgemeine Versorgungspflicht fallenden Verbraucherverträgen über Strom- und Gaslieferungen bestimmt und die Möglichkeit vorsieht, den Tarif dieser Lieferungen zu ändern, aber nicht gewährleistet, dass die Verbraucher rechtzeitig vor Inkrafttreten dieser Änderung über deren Anlass , Voraussetzungen und Umfang informiert werden."
- 30
- Zur Begründung hat der Gerichtshof im Wesentlichen ausgeführt:
- 31
- Neben den in den beiden Vorabentscheidungsersuchen des Senats genannten Richtlinien (Gas-Richtlinie und Strom-Richtlinie) finde hier - anders als in dem ebenfalls auf Vorlage des Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 162/09, WM 2011, 850) ergangenen, Gaslieferungsverträge mit Sonderkunden betreffenden Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 2013 (Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 - RWE Vertrieb AG; vgl. hierzu Senatsurteil vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, aaO Rn. 46 ff.) - nicht auch die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. Nr. L 95, S. 29; im Folgenden: Klausel-Richtlinie), Anwendung. Denn nach Art. 1 der Klausel-Richtlinie unterlägen Vertragsklauseln, die - wie hier - auf bindenden Rechtsvorschriften beruhten, nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie (Rn. 51 f.).
- 32
- Zweck der Gas-Richtlinie und der Strom-Richtlinie sei die Verbesserung der Funktionsweise des Elektrizitäts- und des Gasbinnenmarkts. Ein nichtdiskriminierender , transparenter und zu angemessenen Preisen gewährleisteter Netzzugang sei Voraussetzung für einen funktionierenden Wettbewerb und von größter Bedeutung für die Vollendung des Elektrizitäts- und des Gasbinnenmarkts. Den Bestimmungen der vorgenannten Richtlinien lägen Belange des Verbraucherschutzes zugrunde. Diese Belange stünden in engem Zusammenhang sowohl mit der Liberalisierung der in Rede stehenden Märkte als auch mit dem ebenfalls mit diesen Richtlinien verfolgten Ziel, eine stabile Elektrizitätsund Gasversorgung zu gewährleisten (Rn. 39 f.).
- 33
- Art. 3 Abs. 3 der Gas-Richtlinie und Art. 3 Abs. 5 der Strom-Richtlinie enthielten die Bestimmungen, die die Erreichung des vorstehend genannten Ziels ermöglichten. Aus dem Wortlaut dieser Vorschriften gehe hervor, dass die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden zu ergreifen und insbesondere dafür Sorge zu tragen hätten, dass für schutzbedürftige Kunden ein angemessener Schutz bestehe (Rn. 42). Da die Strom- und Gasversorger , wenn sie - wie hier - als Versorger letzter Instanz handelten, verpflichtet seien, im Rahmen der durch die nationalen Rechtsvorschriften auferlegten Verpflichtungen mit allen Kunden, die darum ersuchten und die dazu berechtigt seien, zu den in diesen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen Verträge zu schließen, seien allerdings die wirtschaftlichen Interessen dieser Versorger insoweit zu berücksichtigen, als sie sich die andere Vertragspartei nicht aussuchen und den Vertrag nicht beliebig beenden könnten (Rn. 44). Was zum anderen konkret die Rechte der Kunden betreffe, müssten die Mitgliedstaaten nach den oben genannten Vorschriften der Richtlinien in Bezug auf die Transparenz der allgemeinen Vertragsbedingungen einen hohen Verbraucherschutz gewährleisten (Rn. 45). Den Kunden müsse neben ihrem in Anhang A Buchst. b beider Richtlinien verankerten Recht, sich vom Liefervertrag zu lösen, auch die Befugnis erteilt werden, gegen Änderungen der Lieferpreise vorzugehen (Rn. 46).
- 34
- Um diese Rechte in vollem Umfang und tatsächlich nutzen und in voller Sachkenntnis eine Entscheidung über eine mögliche Lösung vom Vertrag oder ein Vorgehen gegen die Änderung des Lieferpreises treffen zu können, müssten die Kunden rechtzeitig vor dem Inkrafttreten dieser Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden (Rn. 47). Folglich genüge eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die nicht gewährleiste, dass einem Haushaltskunden die vorstehend angeführte Information rechtzeitig übermittelt werde, den in der Gas-Richtlinie und in der StromRichtlinie aufgestellten Anforderungen nicht (Rn. 48).
- 35
- c) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Deshalb kann - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - an der bisherigen Sichtweise des Senats, wonach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein gesetzliches Preisänderungsrecht zu entnehmen ist, dessen wirksame Ausübung an keine weiteren als die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen geknüpft ist, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf der gemäß Art. 33 Abs. 1 der GasRichtlinie bis zum 1. Juli 2004 reichenden Frist zu deren Umsetzung nicht mehr festgehalten werden.
- 36
- d) Im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung oder einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV oder der die Grundversorgung betreffenden Vorschriften des - der AVBGasV zugrunde liegenden und ihr übergeordneten - Energiewirtschaftsgesetzes lässt sich ein den Transparenzanforderungen der Gas-Richtlinie nach Maßgabe der vorgenannten Ausführungen des Gerichtshofs entsprechendes Recht des Gasversorgers zur einseitigen Änderung der Preise ebenfalls nicht herleiten.
- 37
- aa) Ausgangspunkt für eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung ist § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV, der durch das vorbezeichnete Urteil des Gerichtshofs und die sich daraus ergebende Unvereinbarkeit mit den Transparenzerfordernissen der Gas-Richtlinie nicht unanwendbar geworden ist. Gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV entscheidet der Gerichtshof beim Vorabentscheidungsverfahren lediglich über die Auslegung des Unionsrechts (vgl. nur EuGH, Rs. C-10/97 bis C-22/97, Slg. 1998, I-6307 Rn. 23 - Ministero delle Finanze; Rs. C-540/07, Slg. 2009, I-10983 Rn. 63 - Kommission/Italien; jeweils mwN), nicht hingegen über die Vereinbarkeit nationaler Rechtsnormen mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften und demzufolge auch nicht über die Frage der möglichen Unanwendbarkeit der betreffenden nationalen Rechtsnormen wegen deren Unionsrechtswidrigkeit (vgl. EuGH, Rs. C-292/92, Slg. 1993, I-6787 Rn. 8 - Hünermund; Rs. C‑265/01, Slg. 2003, I‑683 Rn. 18 mwN - Pansard).
- 38
- bb) Die nationalen Gerichte sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgrund des Umsetzungsgebots gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV und des Grundsatzes der Gemeinschaftstreue gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV verpflichtet , die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. nur EuGH, Rs. 14/83, Slg. 1984, 1891 Rn. 26, 28 - von Colson und Kamann; Rs. C-397/01 bis C-403/01, Slg. 2004, I-8835 Rn. 113 - Pfeiffer u.a.; Rs. C-565/12, NJW 2014, 1941 Rn. 54 mwN - LCL Le Crédit Lyonnais; Senatsurteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 24; vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, aaO Rn. 55; BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - I ZR 130/13, WRP 2015, 862 Rn. 26).
- 39
- Dieser von der Rechtsprechung des Gerichtshofs geprägte Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als eine bloße Auslegung im engeren Sinne. Er erfordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (Senatsurteile vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 21 mwN; vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, aaO Rn. 30; BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - I ZR 130/13, aaO). Eine Rechtsfortbildung setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (Senatsurteile vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, aaO Rn. 22 mwN; vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, aaO Rn. 31). Eine solche ist etwa dann anzunehmen, wenn der Gesetzgeber mit der von ihm geschaffenen Regelung eine Richtlinie umsetzen wollte, hierbei aber deren Inhalt missver- standen hat (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, aaO Rn. 32 ff.).
- 40
- cc) Diese Voraussetzungen sind hier indes nicht erfüllt. Eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung, die im Ergebnis dazu führte, die Transparenzanforderungen der Gas-Richtlinie in der Auslegung, die diese durch das oben genannte Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 gefunden haben, in das nationale Recht, hier namentlich in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV, ergänzend aufzunehmen , würde die den Gerichten durch den Willen des nationalen Gesetzgebers gezogenen Grenzen der Auslegung überschreiten. Dies gilt erst recht, wenn die Einhaltung dieser Transparenzanforderungen als Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Preisänderung anzusehen wäre (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 71/10, aaO Rn. 6).
- 41
- (1) Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts unterliegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestimmten Schranken. So findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (EuGH, Rs. C-351/12, GRUR 2014, 473 Rn. 45 - OSA; Rs. C-176/12, BB 2014, 2493 Rn. 39 mwN - Association de médiation sociale; Rs. C-12/08, Slg. 2009, I-6653 Rn. 61 - Mono Car Styling).
- 42
- (2) Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt der Grundsatz richtlinienkonformer Auslegung nicht schrankenlos. Er findet vielmehr dort seine Grenze, wo die nationale Vorschrift nicht richtlinienkonform ausgelegt werden könnte, ohne dabei die Grenzen der verfassungsrechtlichen Bindung des Richters an das Gesetz zu sprengen. Eine die Gesetzesbindung des Richters überschreitende Auslegung ist auch durch den Grundsatz der Unionstreue nicht zu rechtfertigen (BVerfG, GmbHR 2013, 598, 601; NJW 2012, 669, 670 f.).
- 43
- Art. 20 Abs. 2 GG, der dem Grundsatz der Gewaltenteilung Ausdruck verleiht, verwehrt es den Gerichten, Befugnisse zu beanspruchen, die die Verfassung dem Gesetzgeber übertragen hat, indem sie sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben und sich damit der Bindung an Recht und Gesetz entziehen. Der Rechtsfortbildung sind deshalb mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 3 GG) Grenzen gesetzt.
- 44
- Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gleichermaßen und unabhängig davon, ob das anzuwendende einfache nationale Recht der Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union dient oder nicht. Dem steht nicht entgegen, dass der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu verpflichtet, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht. Denn die unionsrechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung verpflichtet das nationale Gericht zwar, durch die Anwendung seiner Auslegungsmethoden ein richtlinienkonformes Ergebnis zu erzielen. Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, können nur innerstaatliche Gerichte beurteilen. Sowohl die Identifizierung als auch die Wahrnehmung methodischer Spielräume des nationalen Rechts obliegt - auch bei durch Richtlinien determiniertem nationalem Recht - den nationalen Stellen in den Grenzen des Verfassungsrechts (BVerfG, NJW 2012, aaO mwN).
- 45
- (3) Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof bereits entschieden , dass eine richtlinienkonforme Auslegung - ebenso wie die verfassungskonforme Auslegung - voraussetzt, dass durch eine solche Auslegung der erkennbare Wille des Gesetz- oder Verordnungsgebers nicht verändert wird, sondern die Auslegung seinem Willen (noch) entspricht (vgl. Senatsurteile vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, aaO Rn. 28; vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 22; BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 - II ZB 7/11, NJW 2013, 2674 Rn. 42; vgl. auch Senatsurteil vom 13. April 2011 - VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 47; BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - I ZR 130/13, aaO; ebenso BAGE 82, 211, 225 f.; 106, 252, 261; jeweils mwN).
- 46
- dd) Gemessen an diesen Grundsätzen kommt eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV oder des - dieser Vorschrift übergeordneten - § 36 Abs. 1 EnWG 2005 beziehungsweise - soweit auf den Streitfall noch anzuwenden - dessen Vorgängerregelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 EnWG 1998 dahingehend nicht in Betracht, dass diesen Vorschriften ein an den Transparenzanforderungen des Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie nach Maßgabe der Auslegung des Gerichtshofs ausgerichtetes Recht des Gasversorgers zur einseitigen Änderung der Preise zu entnehmen wäre. Denn der Gesetz- und Verordnungsgeber hat im hier maßgeblichen Zeitraum und auch während der weiteren, bis zum 2. März 2011 reichenden Geltungsdauer der Gas-Richtlinie die in deren Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A enthaltenen Transparenzanforderungen weder umgesetzt noch ergibt sich ein dahingehender Wille aus den Gesetzesund Verordnungsmaterialien. Diesen Materialien ist vielmehr zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Umsetzung insoweit dem Verordnungsgeber über- lassen wollte, der diese Aufgabe jedoch weder hinsichtlich der am 8. November 2006 außer Kraft getretenen AVBGasV noch bei Erlass der GasGVV wahrgenommen hat.
- 47
- (1) Nach Art. 33 Abs. 1 der am 4. August 2003 in Kraft getretenen GasRichtlinie war diese bis spätestens 1. Juli 2004 in nationales Recht umzusetzen.
- 48
- (a) Eine an Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie angepasste Änderung der - hier anzuwendenden - AVBGasV durch den hierzu gemäß § 11 Abs. 2 EnWG 1998 ermächtigten Verordnungsgeber ist weder innerhalb der Umsetzungsfrist noch danach erfolgt. Eine dahingehende Aufforderung ist seitens des Gesetzgebers auch nicht ausgesprochen worden. Vielmehr sind Umsetzungsbestrebungen erstmals mit dem Gesetzentwurf zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 14. Oktober 2004 (BTDrucks. 15/3917) erfolgt.
- 49
- (b) Gemäß § 1 Abs. 3 des am 13. Juli 2005 schließlich in Kraft getretenen EnWG 2005 diente dieses Gesetz unter anderem der Umsetzung und der Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung. In der allgemeinen Begründung des dem EnWG 2005 zugrunde liegenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Zweiten Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 14. Oktober 2004 wird unter anderem ausgeführt, mit der Neufassung des EnWG würden die Strom-Richtlinie und die Gas-Richtlinie umgesetzt (BT-Drucks., aaO S. 46).
- 50
- Jedoch sollte ausweislich der Gesetzesbegründung die Umsetzung der in Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie enthaltenen Transparenzanforderungen (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 71/10, aaO Rn. 6) einschließlich der Rechte der Gaskunden, sich vom Liefervertrag zu lösen und gegen Änderungen der Lieferpreise vorzugehen, nicht durch den Gesetzgeber selbst erfolgen, sondern einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung überlassen bleiben. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu §§ 36, 39 EnWG 2005.
- 51
- In der Einzelbegründung zu § 36 EnWG 2005, dessen Abs. 1 Satz 1 bestimmt , dass Energieversorgungsunternehmen für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen haben, wird dem entsprechend unter anderem ausgeführt: "Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 3 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Elektrizitätsrichtlinie und Artikel 3 Abs. 1 [gemeint möglicherweise: Abs. 3] Satz 1 bis 3 der Gasrichtlinie. […]. Der Inhalt des Grundversor- gungsvertrages kann nach § 39 durch Rechtsverordnung näher ausge- staltet werden. […]." (BT-Drucks., aaO S. 66)
- 52
- Hieran anknüpfend heißt es in der Einzelbegründung zu § 39 EnWG 2005: "[…] Absatz 2 […] enthält die Grundlage für den Erlass von Rechtsverordnungen zur Regelung der Geschäftsbedingungen der Grundversorger bei der Grund- oder Ersatzversorgung von Haushaltskunden. Diese Bedingungen sind bisher Teil der […] Verordnungüber Allgemeine Be- dingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) […]. Die Anhänge A der Elektrizitätsrichtlinie und der Gasrichtlinie werden für die Belieferung von Haushaltskunden im Rahmen der Grundversorgung durch Rechtsverordnungen nach Absatz 2 umgesetzt." (BT-Drucks., aaO)
- 53
- (c) Der Verordnungsgeber hat indes die ihm durch § 39 Abs. 2 EnWG 2005 übertragene Umsetzung der Anforderungen in Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie in der Folgezeit nur beschränkt vorgenommen. Er hat sich bei der Schaffung der GasGVV damit begnügt, zu- sätzlich zu der bereits in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV enthaltenen Wirksamkeitsvoraussetzung der öffentlichen Bekanntmachung der Preisänderung eine hierauf bezogene Mindestfrist von sechs Wochen einzuführen und - zum Zwecke einer erleichterten Kenntnisnahme für den Kunden, nicht hingegen als ein weiteres Wirksamkeitserfordernis - eine Verpflichtung des Gasversorgers zu schaffen , zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe der Preisänderungen diese auch auf seiner Internetseite zu veröffentlichen und eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden.
- 54
- Zwar heißt es in der allgemeinen Begründung des Entwurfs vom 4. Mai 2006 zu der auf der Ermächtigungsgrundlage in § 39 Abs. 2 EnWG 2005 beruhenden Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zum Erlass von Regelungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung hinsichtlich der beiden neuen Grundversorgungsverordnungen (StromGVV und GasGVV): "In den Grundversorgungsverordnungen werden neben den notwendigen formalen Anpassungen eine Vielzahl bisheriger Regelungen der AVBEltV und AVBGasV geändert und eine Vielzahl neuer Regelungen vorgesehen, um die Rechtsstellung von Haushaltskunden gegenüber Grundversorgern weiter zu verbessern. Hierzu zählen insbesondere Verbesserungen der Möglichkeiten, den Energielieferanten zu wechseln, kundenfreundlichere Gestaltungen von Fristen, Stärkungen der Kundenschutzrechte , Verbesserungen der Transparenz und Klarstellungen zur Anwendbarkeit des § 315 des BürgerlichenGesetzbuchs." (BR-Drucks. 306/06, S. 21)
- 55
- In der Einzelbegründung zu § 5 GasGVV, der Nachfolgeregelung des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV, wird jedoch - durch Bezugnahme auf die Einzelbegründung zu § 5 StromGVV - ausgeführt: "[…] Im Interesse der Haushaltskunden wird der Grundversorger nach Absatz 2 Satz 1 zusätzlich verpflichtet, Änderungen der Allgemeinen Preise und der Allgemeinen Bedingungen jeweils nur zum Monatsbeginn vorzunehmen und mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung öffentlich bekannt zu geben. Darüber hinaus wird der Grundversorger nach Absatz 2 Satz 2 erstmalig verpflichtet, die Änderungen am Tage der öffentlichen Bekanntgabe auch auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. […].Die Ergänzungen der bisherigen Regelung sollen die Möglichkeit eines zügigen Lieferantenwechsels von Haushaltskunden im Falle einer Änderung der Allgemeinen Preise oder Allgemeinen Bedingungen ermöglichen." (BR-Drucks., aaO S. 26, 43)
- 56
- § 5 Abs. 2 GasGVV sollte demnach lauten: "Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, die Änderungen am Tage der öffentlichen Bekanntgabe auf seiner Internetseite zu veröffentlichen."
- 57
- Einer Empfehlung der Ausschüsse, in § 5 Abs. 2 Satz 1 GasGVV die Wörter "nach öffentlicher Bekanntgabe" durch die Wörter "nach brieflicher Mitteilung an den Kunden" zu ersetzen (BR-Drucks. 306/1/06, S. 8), ist der Bundesrat nicht gefolgt und hat zur Begründung angeführt (BR-Drucks. 306/06 [Beschluss ], S. 8 f.): "Auf Grund der speziellen Gegebenheiten bei der Grundversorgung (Vertragsschluss bereits durch Gasentnahme) ist es jedoch im Sinne der Rechtssicherheit erforderlich, die Wirksamkeit von Vertragsänderungen /Preisänderungen nicht vom Zugang an einen möglicherweise nicht bekannten Kunden (z. B. Mieterwechsel) abhängig zu machen, […] sondern an die öffentliche Bekanntmachung zu knüpfen. Gleichwohl soll der Kunde eine briefliche Mitteilung erhalten, die u. U. das Preisbewusstsein des Kunden steigern und den Wettbewerb anregen kann."
- 58
- Der Bundesrat hat daher der Verordnung durch Beschluss vom 22. September 2006 unter anderem mit der Maßgabe zugestimmt, dass § 5 Abs. 2 Satz 2 GasGVV - bei unverändertem Satz 1 dieses Absatzes - wie folgt gefasst wird (BR-Drucks. 306/06 [Beschluss], S. 8): "Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen."
- 59
- In dieser Fassung ist § 5 Abs. 2 GasGVV sodann erlassen worden (BGBl. 2006 I S. 2391, 2397 f.).
- 60
- (2) Bei dieser Sachlage kommt eine zusätzliche Berücksichtigung der vom Gerichtshof dem Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie entnommenen Transparenzanforderungen im Wege richtlinienkonformer Auslegung oder Rechtsfortbildung nicht in Betracht. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass regelmäßig von einem Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers zur richtlinientreuen Umsetzung auszugehen ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 257; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, aaO Rn. 25; vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, aaO Rn. 34; vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 23; BAGE 130, 119, 136; EuGH, Rs. C-397/01 bis C-403/01, Slg. 2004, I-8835 Rn. 112 - Pfeiffer u.a.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, NVwZ 2014, 1111 Rn. 11).
- 61
- Denn im Verordnungsgebungsverfahren ist deutlich geworden, dass zum einen dem Informationsinteresse des Gaskunden im Hinblick auf die Besonderheiten der Grundversorgung und aus Gründen der Rechtssicherheit Grenzen gesetzt und zum anderen ein Bedürfnis zur Transparenz nur hinsichtlich des Umfangs einer Preisänderung anerkannt werden sollten. Diese Sichtweise ist erst nach Erlass der neuen Gas-Richtlinie, der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG [Gas-Richtlinie] (ABl. Nr. L 211, S. 94; im Folgenden: neue GasRichtlinie ) aufgegeben worden. Der Verordnungsgeber hat nunmehr im Rahmen einer durch die Verordnung zur transparenten Ausweisung staatlich ge- setzter oder regulierter Preisbestandteile in der Strom- und Gasgrundversorgung vom 22. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1631) erfolgten Änderung der GasGVV (im Folgenden: GasGVV 2014) eine Umsetzung der in der neuen Gas-Richtlinie ebenfalls enthaltenen, mit der Vorgängerrichtlinie im Wesentlichen inhaltsgleichen Transparenzanforderungen vorgenommen (ebenso Markert, LMK 2014, 364601, Ziffer 3c; VersorgW 2015, 37, 39). Hierzu hat er § 5 Abs. 2 Satz 2 in der GasGVV 2014 um einen Halbsatz ergänzt, wonach der Gasversorger den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach § 5 Abs. 3 GasGVV 2014 (unter anderem das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen) und die Angaben nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GasGVV 2014 (Angaben zu den Allgemeinen Preisen nach § 36 Abs. 1 EnWG) in übersichtlicher Form anzugeben hat.
- 62
- Nach der - die neue Gas-Richtlinie und die neue Strom-Richtlinie zu Anfang erwähnenden - Begründung des Entwurfs der vorgenannten Verordnung vom 22. Oktober 2014 zielt diese darauf ab, für den grundversorgten Haushaltskunden die Transparenz zu erhöhen und ihn durch zusätzliche Informationen besser in die Lage zu versetzen, die Zusammensetzung und Änderungen des allgemeinen Preises zu bewerten. Hierzu setze die neue Regelung auf den in der GasGVV bereits bestehenden Informationspflichten auf und konkretisiere diese (BR-Drucks. 402/14, S. 6 ff., 15 f.). In der Einzelbegründung zu § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 GasGVV 2014 heißt es: "[…] Die Einfügung des neuen § 5 Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz stellt inhaltliche Anforderungen an die Informationen des Grundversorgers nach § 5 Absatz 2 Satz 2 klar. Die Benennung des Umfangs einer Änderung ist bereits nach geltendem Recht notwendig. Daneben sind Anlass und Voraussetzungen einer Änderung anzugeben. Als Voraussetzung in diesem Sinne erscheint die jeweilige Rechtsgrundlage einer Änderung. Der Kunde erfährt auf diese Weise den Rechtsgrund einer Änderung und den Anlass, aus dem die rechtliche Grundlage von dem Grundversorger im konkreten Fall genutzt wird." (BR-Drucks., aaO S. 24, 28)
- 63
- Die Verordnungsmaterialien zur GasGVV 2014 bestätigen damit, dass der Verordnungsgeber vor der Einfügung des § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 GasGVV 2014 die Schaffung gesteigerter Transparenzanforderungen zum Zwecke der Umsetzung des Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A der GasRichtlinie nicht für erforderlich erachtet hatte. Der im Jahr 2014 schließlich vorhandene Umsetzungswille des Verordnungsgebers vermag indes für den im vorliegenden Fall maßgeblichen früheren Zeitraum nichts an der oben vorgenommenen Beurteilung der Frage einer richtlinienkonformen Auslegung oder Rechtsfortbildung zu ändern. Denn es kommt entscheidend auf den damaligen Willen des Verordnungsgebers an.
- 64
- e) Die Transparenzanforderungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie sind auf den vorliegenden Fall schließlich auch nicht unmittelbar anwendbar.
- 65
- aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes kann sich der Einzelne in all den Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat (siehe nur EuGH, Rs. 41/74, Slg. 1974, 1337 Rn. 9 ff. - van Duyn; Rs. C-148/78, Slg. 1979, 1629 Rn. 18 ff. - Ratti; Rs. 8/81, Slg. 1982, 53 Rn. 17ff. - Becker; Rs. 152/84, Slg. 1986, 723 Rn. 46 ff. - Marshall; Rs. 103/88, Slg. 1989, 1839 Rn. 28 ff. - Fratelli Costanzo SpA; Rs. C-397/01 bis 403/01, aaO Rn. 103 - Pfeiffer u.a.; jeweils mwN; vgl. BAGE 128, 134, 154; [sogenannte vertikale Direktwirkung]). So kann sich der Einzelne auf unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen einer Richtlinie auch gegenüber Organisationen oder Einrichtungen - unabhängig von ihrer Rechtsform - berufen, die dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen oder mit besonderen Rechten ausgestattet sind, die über diejenigen hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gelten (EuGH, Rs. C-188/89, Slg. 1990, I-3313 Rn. 17 ff. - Foster u.a.; Rs. C-253/96 bis C-258/96, Slg. 1997, I-6907 Rn. 46 f. - Kampelmann u.a.; jeweils mwN).
- 66
- Hingegen kann nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Richtlinie in Fällen, in denen sich ausschließlich Private gegenüberstehen, nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist; sogar eine klare, genaue und unbedingte Richtlinienbestimmung, mit der dem Einzelnen Rechte gewährt oder Verpflichtungen auferlegt werden sollen, kann deshalb im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Private gegenüberstehen , nicht als solche Anwendung finden (siehe nur EuGH, Rs. C-397/01 bis C-403/01, aaO Rn. 108 f. - Pfeiffer u.a.; Rs. C-80/06, Slg. 2007,I-4473 Rn. 20 - Carp; jeweils mwN; vgl. BAGE 128, aaO; [sogenannte horizontale Direktwirkung ]).
- 67
- bb) Nach diesen Grundsätzen kommt eine unmittelbare Anwendung der Transparenzanforderungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie hier nicht in Betracht. Zwar ist die Gas-Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umgesetzt worden und ist eine solche Umsetzung auch nicht innerhalb des für den Streitfall maßgeblichen späteren Zeitraums erfolgt, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die vorgenannten Transparenzanforderungen der Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau im Sinne der vorstehend genannten Rechtsprechung des Gerichtshofs sind (vgl. hierzu Keller-Herder/Baumbach, ER 2015, 3, 5 f.; Uffmann, NJW 2015, 1215, 1217). Das Berufungsgericht hat jedoch weder festgestellt noch ist sonst er- sichtlich, dass es sich bei der Klägerin um eine Organisation oder Einrichtung im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Gerichtshofs handelt (siehe oben aa). Übergangenen Tatsachenvortrag zeigt die Revision insoweit nicht auf.
- 68
- f) Wegen der demnach nicht zu behebenden Unvereinbarkeit des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV mit Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der Gas-Richtlinie lässt sich das vom Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommene Recht der Klägerin zur Preisänderung nicht (mehr) auf diese Vorschrift stützen. Entgegen der Auffassung der Revision führt dies jedoch nicht zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Preiserhöhungen. Denn ein Preisänderungsrecht der Klägerin ergibt sich aus einer gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) des Gaslieferungsvertrages der Parteien.
- 69
- aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt eine Regelungslücke, mithin eine planwidrige Unvollständigkeit des Vertrages voraus. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die Parteien mit der getroffenen Regelung ein bestimmtes Ziel erreichen wollten, dies aber wegen der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten nicht gelungen ist (BGH, Urteile vom 12. Oktober 2012 - V ZR 222/11, NJWRR 2013, 494 Rn. 9; vom 23. Mai 2014 - V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rn. 8; vom 15. Oktober 2014 - XII ZR 111/12, WM 2014, 2280 Rn. 70 mwN). Die Lücke muss nicht von Anfang an bestanden haben, sie kann auch infolge nachträglicher Umstände eingetreten sein (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2012 - V ZR 222/11, aaO mwN).
- 70
- bb) So liegt der Fall hier. Der Regelungsplan der Parteien für den zwischen ihnen geschlossenen Tarifkundenvertrag war durch die Regelungender AVBGasV bestimmt, welche kraft dieser Rechtsverordnung zwingend Bestand- teil des Versorgungsvertrages sind (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AVBGasV). Aufgrund der Besonderheiten der Grundversorgung kommt dem Preisänderungsrecht des Gasversorgers, welches nach allgemeiner Auffassung dem § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV entnommen wurde, grundlegende Bedeutung zu. Da § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV jedoch insoweit nach den im Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 (Rs. C-359/11 und C-400/11, aaO - Schulz und Egbringhoff) aufgezeigten Maßstäben als unionsrechtswidrig anzusehen ist und daher nicht (mehr) als Rechtsgrundlage eines Preisänderungsrechts des Gasversorgers in Betracht kommt, ist eine verdeckte planwidrige Verordnungslücke eingetreten, die aus den oben (unter II 2 d) genannten Gründen nicht durch eine richtlinienkonforme Auslegung geschlossen werden kann.
- 71
- Diese Verordnungslücke führt, da die Regelungen der AVBGasV Bestandteil des Gaslieferungsvertrages der Parteien sind und letztere daher bei Abschluss ihres Tarifkundenvertrages das Bestehen eines gesetzlichen Preisänderungsrechts als gegeben vorausgesetzt haben, zu einer von ihnen unbeabsichtigten Unvollständigkeit des Vertrages in einem wesentlichen Punkt.
- 72
- cc) Eine somit gebotene ergänzende Vertragsauslegung hat sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben zu orientieren und muss zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung führen. Es geht daher darum zu ermitteln, was die Parteien bei einer angemessenen, objektivgeneralisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der angewendeten Preisänderungsbestimmung jedenfalls unsicher war (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rn. 24 mwN; Senatsbeschluss vom 17. Juli 2012 - VIII ZR 13/12, juris Rn. 10).
- 73
- Hätten die Parteien bei Vertragsabschluss bedacht, dass die Vereinbarkeit des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV entnommenen gesetzlichen Preisänderungsrechts mit unionsrechtlichen Vorgaben zumindest unsicher ist, hätten sie bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner eine - allerdings auf die bloße Weitergabe von (Bezugs-) Kostensteigerungen begrenzte - Möglichkeit des Grundversorgers zur einseitigen Änderung des Tarifs vereinbart. Die Lücke im Vertrag ist demnach im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB in der Weise zu schließen, dass die Klägerin berechtigt ist, Steigerungen ihrer eigenen (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden (vgl. Senatsurteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, aaO Rn. 39 mwN), während der Vertragslaufzeit an den Beklagten weiterzugeben , und sie verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen.
- 74
- (1) Bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insbesondere solchen, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind, besteht ein anerkennenswertes Bedürfnis, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten (Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 26; vom 15. April 2015 - VIII ZR 59/14, BB 2015, 1548 Rn. 28, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; jeweils mwN).
- 75
- Diesem Gesichtspunkt kommt im Rahmen der Grundversorgung von Haushaltskunden mit Gas besondere Bedeutung zu. Denn gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG 2005 sind die Energieversorgungsunternehmen - wie bereits nach der Vorgängerregelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 EnWG 1998 -, soweit sie die Grundversorgung durchführen, gesetzlich verpflichtet, zu den Allgemeinen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden mit Gas zu versorgen. Hinzu kommt, dass der somit einem Kontrahierungszwang unterliegende Grundversorger zur (ordentlichen) Kündigung des Tarifkundenvertrages (Grundversorgungsvertrages ) nur in sehr eingeschränktem Maße berechtigt ist; ein solches Kündigungsrecht besteht nur, soweit eine Pflicht zur Grundversorgung nach § 36 Abs. 1 Satz 2 EnWG 2005 nicht besteht (Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 25; ebenso Danner/Theobald/Hartmann, Energierecht, Stand Januar 2015, § 20 StromGVV Rn. 11 mwN). Die Bedeutung der beiden vorstehend genannten Gesichtspunkte für das wirtschaftliche Interesse des Grundversorgers hat auch der Gerichtshof im Urteil vom 23. Oktober 2014 (Rs. C-359/11 und C-400/11, aaO Rn. 44 - Schulz und Egbringhoff) hervorgehoben.
- 76
- Ohne eine Berechtigung des Grundversorgers, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an den Kunden weiterzugeben, bestünde angesichts des kontinuierlichen Anstiegs der Energiepreise bei langfristigen Versorgungsverträgen regelmäßig ein gravierendes, dem Äquivalenzprinzip zuwiderlaufendes Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung (vgl. Senatsurteil vom 15. April 2015 - VIII ZR 59/14, aaO Rn. 35 mwN).
- 77
- (2) Der Verordnungsgeber hat deshalb, wie sich aus den oben (unter II 2 a aa) wiedergegebenen Materialien ergibt, bereits bei Erlass der AVBGasV das Bestehen des - wenn auch nicht kodifizierten - Rechts des Grundversorgers zur Weitergabe von Kostensteigerungen als gegeben vorausgesetzt; er hat an dieser Annahme auch im Rahmen der GasGVV festgehalten (vgl. zuletzt: BRDrucks. 402/14, S. 6, 24 ff.). Entsprechendes gilt für den Gesetzgeber des Energiewirtschaftsgesetzes (§ 36 Abs. 1 EnWG 2005).
- 78
- (3) Ebenso wie der nationale Gesetz- und Verordnungsgeber billigt auch der Unionsgesetzgeber, wie aus den Regelungen der Gas-Richtlinie deutlich wird, den Versorgungsunternehmen das Interesse zu, Kostensteigerungen wäh- rend der Vertragslaufzeit an die Kunden weiterzugeben (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 71/10, aaO Rn. 15). Dem entsprechend hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 21. März 2013 (Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 Rn. 46 - RWE Vertrieb AG) ausgeführt, unter anderem aus Anhang A Buchst. b der Gas-Richtlinie ergebe sich, dass der Unionsgesetzgeber im Rahmen von unbefristeten Verträgen wie Gaslieferungsverträgen das Bestehen eines berechtigten Interesses des Versorgungsunternehmens an der Möglichkeit einer Änderung der Entgelte für seine Leistung anerkannt habe (so auch die Schlussanträge des Generalanwalts in der Rs. C-359/11 und C-400/11, juris Rn. 55 f.).
- 79
- (4) In Übereinstimmung mit den vorstehenden Erwägungen des Energiewirtschaftsrechts der europäischen Union spricht auch die Zielsetzung des nationalen Energiewirtschaftsrechts dafür, dass dem Grundversorger das Recht zu gewähren ist, Kostensteigerungen an die Kunden weiterzugeben.
- 80
- (a) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist bei der im Rahmen der Erwägungen zur ergänzenden Auslegung eines Gaslieferungsvertrages vorzunehmenden Beurteilung, welche Regelung als angemessener Interessenausgleich anzusehen ist, der mit dem Energiewirtschaftsrecht verfolgte, in § 1 EnWG 2005 und ebenso in den Vorläuferregelungen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, NJW 2011, 212 Rn. 42) verankerte Zweck einer möglichst sicheren und preisgünstigen Energieversorgung zu berücksichtigen. Das Ziel der Preisgünstigkeit ist nicht nur auf die möglichst billige Energieversorgung der Endkunden ausgerichtet. Zu berücksichtigen sind zugleich die insbesondere durch die Kostenstruktur geprägte individuelle Leistungsfähigkeit der Versorgungsunternehmen sowie die Notwendigkeit, die Investitionskraft und die Investitionsbereitschaft zu erhalten und angemessene Erträge zu erwirtschaften. Insofern wurde im Recht der Energielieferung stets vorausgesetzt, dass die Möglichkeit des Versorgers besteht, Änderungen der Bezugspreise weiterzuge- ben, ohne den mit dem Kunden bestehenden Versorgungsvertrag kündigen zu müssen. Dass das Energieversorgungsunternehmen die Möglichkeit hat, Kostensteigerungen weiterzugeben, dient daneben auch dem Zweck der Versorgungssicherheit. Denn diese betrifft nicht nur die technische Sicherheit der Energieversorgung und die Sicherstellung einer für die Versorgung der Abnehmer stets ausreichenden Energiemenge. Sie hat vielmehr insoweit auch einen ökonomischen Aspekt, als die nötigen Finanzmittel für die Unterhaltung von Reservekapazitäten, für Wartungsarbeiten, Reparaturen, Erneuerungs- und Ersatzinvestitionen bereit stehen müssen. Das wiederum setzt voraus, dass diese Mittel durch auskömmliche Versorgungsentgelte erwirtschaftet werden können (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 27 ff.).
- 81
- (b) Dieser Zielsetzung des nationalen Energiewirtschaftsrechts, die mit derjenigen des europäischen Energiewirtschaftsrechts übereinstimmt (vgl. EuGH, Rs. C-92/11, aaO Rn. 46 - RWE Vertrieb AG; Rs. C-359/11 und C-400/11, aaO Rn. 44 - Schulz und Egbringhoff; Schlussanträge des Generalanwalts in der Rs. C-359/11 und C-400/11, juris Rn. 55), liefe es zuwider, wenn der Grundversorger Kostensteigerungen nicht an den Kunden weitergeben könnte, sondern diese selbst zu tragen und den Kunden weiterhin zu dem ursprünglichen Preis zu beliefern hätte. Angesichts der Entwicklung der Energiepreise entstünde dadurch bei langfristigen Versorgungsverträgen regelmäßig ein gravierendes Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung. Dies wäre unbillig und würde dem Kunden einen unverhofften und ungerechtfertigten Gewinn verschaffen. Dies entspräche auch nicht dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Parteiwillen (vgl. Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 26 mwN; vom 15. April 2015 - VIII ZR 59/14, aaO Rn. 35 f.).
- 82
- (5) Bei angemessener, objektiv-generalisierender Abwägung ihrer Interessen hätten die Vertragsparteien daher nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart, dass die Klägerin berechtigt sein soll, Kostensteigerungen ihrer eigenen (Bezugs-)Kosten während der Vertragslaufzeit an den Beklagten weiterzugeben, und sie verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen.
- 83
- Dieser ergänzenden Vertragsauslegung steht nicht entgegen, dass die Vertragsparteien im Tarifkundenverhältnis wegen der durch die Rechtsnormen der AVBGasV bestimmten Vertragsbedingungen in ihrer Freiheit, Vereinbarungen zu treffen, stark eingeschränkt sind (vgl. BGH, Urteile vom 16. März1978 - VII ZR 73/77, WM 1978, 730 unter 2 a; vom 24. März 1988 - VII ZR 81/87, NJW-RR 1988, 1427 unter III 1; Schmidt-Salzer in Hermann/Recknagel/ Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, 1981, Band 1, Einleitung Rn. 24; Danner/Theobald/Eder, aaO, § 36 EnWG Rn. 57, 59, 63 ff. mwN). Denn das Recht zur Weitergabe von Kostensteigerungen ist aus den oben ausgeführten Gründen dem Energiewirtschaftsrecht wie auch der AVBGasV immanent.
- 84
- Ohne diese gebotene ergänzende Vertragsauslegung könnte sich der Grundversorger in derartig gelagerten Fällen - auch in Ansehung seiner verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit (vgl. BVerfG, NJW 2011, 1339, 1341) - darauf berufen, dass die Versorgung des Kunden zu dem Ausgangspreis für ihn eine unzumutbare Härte darstelle (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 Rn. 37; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - IV ZR 10/11, BGHZ 195, 93 Rn. 80). In solchen Fällen könnten zudem die Voraussetzungen einer ausnahmsweise zum Wegfall der Grundversorgungspflicht führenden Unzumutbarkeit der Grundversorgung gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 EnWG 2005 gegeben sein. Dies wiederum stünde angesichts der Vielzahl der hiervon möglicherweise betroffenen Tarifkundenverträge (Grundversorgungsverträge ) insbesondere nicht im Einklang mit der durch das EnWG 2005 bezweckten Sicherheit der Energieversorgung.
- 85
- (6) Da sich das aus der vorbezeichneten ergänzenden Vertragsauslegung ergebende Preisänderungsrecht der Klägerin allein auf die Weitergabe von (Bezugs-)Kostensteigerungen und -senkungen beschränkt, ist davon auszugehen , dass die Parteien die wirksame Ausübung dieses Rechts vernünftigerweise an keine weiteren als die in § 4 Abs. 2 AVBGasV genannten Voraussetzungen geknüpft hätten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen hier erfüllt.
- 86
- Der Klägerin steht somit infolge ergänzender Vertragsauslegung des Gaslieferungsvertrags der Parteien ein Preisänderungsrecht in dem oben genannten Umfang mit der Folge zu, dass der berechtigterweise erhöhte Preis zum vereinbarten Preis wird. Gegen die bis zum 1. Januar 2005 - mithin vor dem hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum - erfolgten Änderungen des Arbeitspreises erhebt die Revision keine Einwände.
- 87
- (7) Von dem infolge ergänzender Vertragsauslegung bestehenden Preisänderungsrecht nicht erfasst sind hingegen Preiserhöhungen, die über die bloße Weitergabe von (Bezugs-)Kostensteigerungen hinausgehen und der Erzielung eines (zusätzlichen) Gewinns dienen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 - KZR 27/13, NJW 2014, 3089 Rn. 23, 27, zu § 315 BGB). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Kunde die Preiserhöhung nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung , in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
- 88
- (a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist bei einem (Norm-)Sonderkundenvertrag, wenn es sich um ein langjähriges Energielieferungsverhältnis handelt, der Kunde (unwirksamen) Preiserhöhungen über einen längeren Zeitraum hinweg nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht, die durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel oder deren unwirksame Einbeziehung entstandene Regelungslücke regelmäßig im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahin zu füllen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 21, 25, und VIII ZR 93/11, ZNER 2012, 265 Rn. 30; vom 15. April 2015 - VIII ZR 59/14, aaO Rn. 37 mwN).
- 89
- Dies gilt sowohl im Falle der Rückforderung als auch im Falle der Restforderung von Entgelt für Energielieferungen (Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 93/11, aaO Rn. 29; vom 25. März 2015 - VIII ZR 360/13, juris Rn. 33, und VIII ZR 109/14, juris Rn. 34) und hat zur Folge, dass an die Stelle des wegen der Unwirksamkeit oder der unwirksamen Einbeziehung der Preisanpassungsklausel auf dem Niveau bei Vertragsschluss verharrenden (Anfangs-) Preises nun die letzte Preiserhöhung des Versorgungsunternehmens tritt, der der Kunde nicht rechtzeitig widersprochen hat, mithin der danach maßgebliche Preis endgültig an die Stelle des Anfangspreises tritt (Senatsurteil vom 15. April 2015 - VIII ZR 59/14, aaO).
- 90
- (b) Diese Grundsätze haben im hier gegebenen Fall der ergänzenden Vertragsauslegung des Tarifkundenvertrages in gleicher Weise zu gelten. Denn es besteht kein sachlicher Grund, den Grundversorger insoweit anders zu behandeln als den Energieversorger im (Norm-)Sonderkundenbereich, der weder den mit der Grundversorgung verbundenen wirtschaftlichen Erschwernissen (siehe oben unter II 2 f cc (1)) ausgesetzt ist noch - mangels wirksamer Preisanpassungsklausel - zur Preiserhöhung berechtigt war. Eine andere Beurteilung entspräche zudem auch nicht dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Willen der Parteien des Tarifkundenvertrags.
- 91
- 3. Erfolglos rügt die Revision, die von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen entsprächen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Billigkeit. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass es hier bei zutreffender Betrachtung nicht um die Frage der Billigkeit der Preiserhöhung geht, sondern um die Preisbildung im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung , bei der es Aufgabe des Gerichts ist zu prüfen, ob die Preiserhöhungen der Klägerin deren (Bezugs-)Kostensteigerungen (hinreichend) abbilden.
- 92
- a) Die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft nur Beweis durch die Vernehmung von (sachkundigen) Zeugen erhoben und eine weitergehende Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 287 Abs. 2 ZPO abgelehnt. Es gehe vorliegend aber nicht um die - einer Schätzung zugängliche - Höhe der streitigen Forderung der Klägerin, sondern um die konkreten Anknüpfungstatsachen für die Ausübung des Ermessens, auf die § 287 Abs. 2 ZPO nicht anwendbar sei.
- 93
- b) Diese Rüge greift nicht durch. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei - wenn auch unter dem Blickwinkel der Billigkeit nach § 315 BGB - die Voraussetzungen einer Anwendung des § 287 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Prüfung, ob die Preiserhöhungen der Klägerin aus (Bezugs-)Kostensteigerungen herrühren, als gegeben erachtet.
- 94
- aa) Nach § 287 Abs. 2 ZPO sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen als der Schadensermittlung die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. In diesem Fall entscheidet das Gericht über die Höhe der Forderung unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung (§ 287 Abs. 2 i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO), und es bleibt seinem Ermessen überlassen, ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme anzuordnen ist (§ 287 Abs. 2 i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
- 95
- Die somit vom Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, ob und inwieweit er eine Beweisaufnahme durchführt, unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob das Berufungsgericht von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist, ob für seine Entscheidung grundsätzlich falsche oder offenbar unsachliche Erwägungen maßgebend waren oder ob wesentliche entscheidungserhebliche Tatsachen außer Acht gelassen wurden (vgl. BGH, Urteile vom 7. Oktober 2009 - I ZR 230/06, juris Rn. 30; vom 24. September 2014 - VIII ZR 394/12, BGHZ 202, 258 Rn. 74; Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 12. Aufl., § 287 Rn. 10, 10b).
- 96
- bb) Dieser rechtlichen Überprüfung hält die Entscheidung des Berufungsgerichts stand. Entgegen der Auffassung der Revision durfte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen.
- 97
- (1) Das Berufungsgericht hat zutreffend eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 in Verbindung mit § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommen, ob die ver- fahrensgegenständlichen Preiserhöhungen auf (Bezugs-)Kostensteigerungen beruhen und ihnen keine Einsparungen in anderen Kostenpositionen gegenüberstehen. Die hierzu erforderlichen Anknüpfungstatsachen hat es durch Vernehmung mehrerer sachkundiger Zeugen gewonnen. Hierbei handelte es sich um zwei mit der Prüfung der vorbezeichneten Fragen befasste (externe) Wirtschaftsprüfer sowie um den Leiter des Finanz- und Rechnungswesens der Klägerin und ihren ehemaligen Center-Leiter Energie- und Wasserwirtschaft.
- 98
- Wenn das Berufungsgericht bereits auf dieser Grundlage im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO, dessen Voraussetzungen es zutreffend bejaht hat, zu der Überzeugung gelangt ist, dass die von der Klägerin vorgetragenen Bezugskostensteigerungen tatsächlich in diesem Umfang erfolgt sind und ihnen keine Einsparungen in anderen Kostenpositionen gegenüberstehen, durfte es rechtsfehlerfrei davon absehen, auch noch den von der Klägerin zusätzlich beziehungsweise hilfsweise angebotenen Sachverständigenbeweis zu erheben.
- 99
- (2) Entgegen der Auffassung der Revision gilt für den von ihr - ohne nähere Bezeichnung des Beweisthemas - angeführten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Zwecke des Gegenbeweises nichts anderes.
- 100
- Zwar darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Beweisantrag nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Gericht das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits als erwiesen ansieht (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 259 f.; Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 195/14, juris Rn. 9; jeweils mwN). Das Berufungsgericht durfte hier indes im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Zwecke des Gegenbeweises absehen, da der Beklagte die vorbezeichneten Anknüpfungstatsachen nicht qualifiziert angegriffen hat (vgl. hierzu Musielak/Voit/Foerste, aaO Rn. 10; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. April 1997 - X ZR 2/96, NJW-RR 1998, 331 unter III 1 und 3). Das von der Revision insoweit in Bezug genommene Vorbringen des Beklagten in den Tatsacheninstanzen ist zudem nur hinsichtlich der von dem Beklagten generell in Frage gestellten Zulässigkeit einer Bindung des Gaspreises an den Ölpreis und nicht hinsichtlich der vom Berufungsgericht konkret für maßgeblich erachteten Anknüpfungstatsachen mit einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens unterlegt.
- 101
- c) Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen den vom Berufungsgericht im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB gewählten Beurteilungsmaßstab einer Gesamtbetrachtung des Gaswirtschaftsjahres.
- 102
- aa) Soweit die Revision meint, richtigerweise müsse jede einzelne Tariferhöhung der Billigkeit entsprechen, kommt es hierauf nicht entscheidend an. Denn, wie oben unter II 3 bereits ausgeführt, geht es im Streitfall nicht um die Frage der Billigkeit der Preiserhöhungen (§ 315 BGB), sondern um die Preisbildung im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung. Aus diesem Grund bedarf auch der vom Berufungsgericht aufgezeigte Meinungsstreit der Instanzgerichte , ob im Falle der Beanstandung mehrerer Preiserhöhungen jede Preiserhöhung für sich genommen - gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung nicht ausgeschöpfter Bezugskostensteigerungen früherer Erhöhungen - an § 315 BGB zu messen ist (vgl. OLG Celle, ZNER 2011, 63 Rn. 37 ff.; LG Köln, Urteil vom 14. August 2009 - 90 O 41/07, juris Rn. 22 ff.) oder ob eine Gesamtbetrachtung für einen bestimmten Zeitraum - gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung der in näherer Zukunft erwarteten Preisentwicklung - vorzunehmen ist (vgl. OLG München, Urteil vom 1. Oktober 2009 - U (K) 3772/08, juris Rn. 43; OLG Koblenz, Urteil vom 12. April 2010 - 12 U 18/08, juris Rn. 12; vgl. auch Senatsurteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 25; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, aaO Rn. 34 f.), keiner Entscheidung.
- 103
- bb) Bei der Beurteilung, ob die Preiserhöhungen des Energieversorgers unter Berücksichtigung der Schätzungsmöglichkeit nach § 287 Abs. 2 in Verbindung mit § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO dessen (Bezugs-)Kostensteigerungen (hinreichend) abbilden, steht dem Tatrichter - ähnlich wie bei der Prüfung der Billigkeit gemäß § 315 Abs. 3 BGB (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, aaO Rn. 39 mwN) - ein Ermessen zu. Dessen Ausübung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung darauf, ob sie auf grundsätzlich falschen oder offenbar unrichtigen Erwägungen beruht, erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Bemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zu Grunde gelegt wurden (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juni 2009 - VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 Rn. 10; vom 4. November 2010 - III ZR 45/10, NJW 2011, 852 Rn. 18; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 37/11, NJW 2012, 2267 Rn. 9; jeweils mwN; Musielak/ Voit/Foerste, aaO Rn. 10b; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 36. Aufl., § 287 Rn. 11).
- 104
- cc) Hiervon ausgehend erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, für die Beurteilung der Preiserhöhungen sei auf das Gaswirtschaftsjahr abzustellen , im Ergebnis als rechtsfehlerfrei. Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner ausführlichen Würdigung der für und gegen eine auf das Gaswirtschaftsjahr bezogene Gesamtbetrachtung sprechenden Gesichtspunkte zu Recht hervorgehoben , dass dem Energieversorgungsunternehmen bei der Weitergabe von (Bezugs-)Kostensteigerungen - auch mit Blick auf die oftmals nicht sicher voraussehbare Entwicklung der Bezugskosten - ein Ermessensspielraum zuzubilligen ist.
- 105
- Diese für die hier gebotene ergänzende Vertragsauslegung in gleicher Weise geltende Erwägung berücksichtigt zutreffend, dass es bei einem Massengeschäft wie dem Tarifkundenvertrag - auch unter Berücksichtigung von Praktikabilitätsgesichtspunkten - im Interesse beider Vertragsparteien liegt, eine Weitergabe von Kostensenkungen und Kostenerhöhungen nicht - was regelmäßig mit einem die Energieversorgung unnötigerweise verteuernden hohen Aufwand verbunden wäre - tagesgenau vorzunehmen, sondern auf die Kostenentwicklung in einem gewissen Zeitraum abzustellen.
- 106
- Wie lange der Zeitraum für die vorbezeichnete Gesamtbetrachtung bemessen sein muss, lässt sich nicht generell bestimmen, sondern bedarf der Beurteilung des Tatrichters auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls. In den meisten Fällen wird jedoch der vom Berufungsgericht hier gewählte Rahmen des Gaswirtschaftsjahres ein geeigneter Prüfungsmaßstab sein.
- 107
- 4. Nach alledem hat das Berufungsgericht die streitgegenständlichen Preiserhöhungen der Klägerin im Ergebnis zutreffend für berechtigt erachtet und ihr die Klageforderung zugesprochen. Da sich das Preiserhöhungsrecht hier aus der ergänzenden Vertragsauslegung des Gaslieferungsvertrages der Parteien ergibt mit der Folge, dass es sich bei den nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf Kostensteigerungen beruhenden Preiserhöhungen um den vereinbarten Gaspreis handelt, ist für eine zusätzliche Billigkeitskontrolle gemäß § 315 BGB kein Raum. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol
LG Dortmund, Entscheidung vom 20.08.2009 - 13 O 179/08 Kart -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.12.2011 - VI-3 U (Kart) 4/11 -
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.