Oberlandesgericht Hamm Urteil, 19. März 2015 - 28 U 118/14
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 05.08.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e
2I.
3Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein als Neufahrzeug erworbenes Wohnmobil.
4Aufgrund verbindlicher Bestellung vom 17.04.2012 erwarben der Kläger und seine Ehefrau von der Beklagten ein Neufahrzeug vom Typ Hymer B Starline 585 zum Preis von 94.413 €, wobei ein vorhandenes Wohnmobil in Zahlung gegeben wurde. Das neue Wohnmobil wurde im Mai 2012 ausgeliefert.
5In der Folgezeit stellte der Kläger das Fahrzeug, das auf einem Fahrgestell des Herstellers Mercedes Benz aufgebaut ist, wegen von ihm bemängelten Kühlwasserverlustes in verschiedenen Mercedes-Werkstätten vor, wobei streitig ist, ob dies in Kenntnis und Absprache mit der Beklagten erfolgte.
6Mit Anwaltsschreiben vom 29.10.2012 begehrten die Eheleute u von der Beklagten die Rückabwicklung des Kaufs. Zur Begründung führten sie zum einen den nach ihrer Darstellung weiterbestehenden Mangel im Kühlsystem an, zum anderen rügten sie, dass die zulässige Hinterachslast des Fahrzeugs zu gering sei, um gleichzeitig einen Bootsanhänger zu ziehen und einen Motorroller in der Fahrzeuggarage mitzunehmen. Dass dies beabsichtigt gewesen sei, sei im Zuge der Vertragsverhandlungen dem Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt worden.
7Die Beklagte trat dem mit Anwaltsschreiben vom 28.11.2012 entgegen: Wegen des bemängelten Kühlwasserverlustes sei ihr keine Gelegenheit zur Nachbesserung eingeräumt worden und wegen der Zulademöglichkeiten habe es ihrerseits beim Kauf keine Zusagen gegeben, vielmehr sei der Kläger diesbezüglich auf erhebliche Bedenken hingewiesen worden.
8Das Rückabwicklungsbegehren des Klägers war bereits Gegenstand des Klageverfahrens zum Aktenzeichen 2 O 35/13 Landgericht Bielefeld, in dem die Parteien am 30.04.2013 einen Vergleich mit folgendem Inhalt schlossen:
91) Die Beklagte verpflichtet sich, für den Fall des Erwerbs eines Wohnmobils seitens des Klägers bei der Beklagten das streitgegenständliche Wohnmobil zu einem Inzahlungnahmepreis von 82.000 € bei Rückgabe bis zum 30.06.2013 und von 80.000 € bei Rückgabe bis zum 31.10.2013 zurückzunehmen.
102) Der Kläger verpflichtet sich, bei der Beklagten ein neues Wohnmobil zu erwerben, welches im Preis über dem unter 1) genannten Inzahlungnahmepreis liegt.
113) Die Beklagte verpflichtet sich, nach entsprechender Terminvereinbarung das streitgegenständliche Wohnmobil bei dem Kläger abzuholen.
124) Geschäftsgrundlage ist, dass das streitgegenständliche Wohnmobil bis auf die im vorliegenden Rechtsstreit behaupteten Mängel mangel- und unfallfrei ist.
135) Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.
14Nachfolgend kam es zu mehreren Gesprächen und umfangreichem Emailwechsel der Parteien betreffend den Erwerb eines Neufahrzeugs durch den Kläger. Die Verhandlungen führten nicht zu einem Vertragsabschluss, wobei die Parteien streiten, in wessen Verantwortung das lag. Auf Einladung der Beklagten besuchte der Kläger im August 2013 die Caravan-Messe in Düsseldorf, ohne dort ein Fahrzeug zu finden, dass vollumfänglich seinen Vorstellungen entsprach. Mit Email vom 10.09.2013 bat er deshalb den Verkaufsmitarbeiter der Beklagten C um Ausarbeitung von Angeboten für drei von ihm so bezeichnete Notlösungen, darunter für zwei Modelle des Herstellers Hymer (B 594 und B-Starline 680). In einer weiteren Email vom 12.09.2013 fragte er an, ob die Beklagte – wie mündlich avisiert – einen höheren als im Vergleich festgelegten Rücknahmepreis für das in Zahlung zu gebende Fahrzeug biete.
15Am 02.10.2013 unterbreitete der Zeuge C dem Kläger ein beziffertes Angebot für das Hymer-Modell B 594, fügte aber hinzu, dass wegen der vom Kläger gewünschten Sonderausstattung eine Auflastung von 3,5 t auf 4,25 t notwendig wäre, was dem Kläger nicht zusagte. Dieser richtete sein Interesse dann auf das größere und teurere Modell B-Starline 680. Mit Email vom 11.10.2013 teile er der Beklagten hierzu seine Ausstattungswünsche mit und fragte an, ob bei Erwerb dieses Fahrzeugs für das Altfahrzeug ein höherer Rücknahmepreis als im Vergleich festgeschrieben gewährt würde. Dem Zusatz, ein solches Entgegenkommen habe ihm der Geschäftsführer der Beklagten schon am 19.06.2013 verbindlich zugesagt, trat der Zeuge C mit Email vom selben Tag entgegen. Er sagte aber eine Prüfung der Konditionen zu und kündigte die Übersendung eines Angebots an, welches zunächst ausblieb. Mit Email vom 16.10.2013 erinnerte der Kläger an die Angebotsübermittlung und der Zeuge C sagte wiederum kurzfristige Erledigung zu. Dazu kam es aber nicht.
16Mit Anwaltsschreiben vom 29.10.2013 regte der Kläger die Verlängerung der Rücknahmefrist zum 15.12.2013 an und forderte zugleich erneut zur Erstellung eines Angebots für das Modell B-Starline 680 bis zum 08.11.2013 auf. Die Beklagte reagierte darauf nicht.
17Parallel zu den Kaufverhandlungen bemühte sich der Kläger bei der Beklagten vergeblich um die Behebung mehrerer von ihm beanstandeter Mängel der Innenausstattung an dem ursprünglich erworbenen Wohnmobil.
18Mit der Klage will der Kläger sein ursprüngliches Begehren, den aufgrund der verbindlichen Bestellung vom 17.04.2012 zustande gekommenen Fahrzeugkauf rückabzuwickeln, weiterverfolgen.
19Er sieht sich nicht mehr an den im Vorprozess geschlossenen Vergleich gebunden und hat zur Begründung geltend gemacht, die Beklagte habe es zu verantworten, dass es binnen der im Vergleich festgelegten Inzahlungnahmefristen nicht zum Kaufvertragsabschluss gekommen sei.
20Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass die Beklagte ihm konkrete Angebote hätte unterbreiten müssen. Sie sei aber offenbar nicht willens gewesen, ihm ein neues Fahrzeug zu verkaufen. Er seinerseits hätte nicht einfach ein Wohnmobil nach Katalog oder Listenpreis bestellen können, weil zuvor hätte geklärt werden müssen, ob das fragliche Modell bestimmte Voraussetzungen (z.B. betr. die Achslast) erfülle; außerdem hätte er vor seiner Kaufentscheidung in Erfahrung bringen wollen, wieviel er ggfls. zuzahlen müsste. Dabei sei über einen höheren Inzahlungnahmepreis für das Altfahrzeug verhandelt worden, weil ihm das sowohl der Geschäftsführer der Beklagten als auch der Zeuge C angeboten hätten.
21Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 14.07.2014 vorsorglich den Rücktritt vom Vergleich erklärt und im Übrigen die Auffassung vertreten, ihm sei wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bzw. nach Treu und Glauben ein Festhalten am Vergleich nicht zumutbar.
22Unter Bezugnahme auf das Vorbringen im Vorprozess hat der Kläger behauptet, das ursprünglich erworbene Wohnmobil habe ein mangelhaftes Kühlsystem, welches die Beklagte trotz mehrerer Nachbesserungsversuche nicht instandgesetzt habe. Außerdem sei beim Kauf zugesichert worden, dass mit dem Wohnmobil ein Boot auf dem Anhänger und ein Motorroller in der Fahrzeuggarage mitgenommen werden könnten. Später habe sich herausgestellt, dass bei gleichzeitigem Transport beider Fortbewegungsmittel die zulässige Hinterachslast des Wohnmobils überschritten werde.
23Wegen der weiteren - im einzelnen bezeichneten - Mängel im Innenausbau habe die Beklagte die Beseitigung zugesagt, aber letztlich nicht durchgeführt. Dabei erkennt der Kläger selbst, dass diese Mängel allein einen Rücktritt vom Kauf nicht rechtfertigten.
24Unter Abzug von Nutzungsvorteilen hat der Kläger Rückzahlung von 87.760 € nebst 5 % Zinsen seit dem 07.11.2012 Zug um Zug gegen Rücknahme des streitgegenständlichen Reisemobils, Feststellung des Annahmeverzugs und Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 1.999,32 € verlangt.
25Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.
26Sie hat eingewandt, es habe am Kläger gelegen, dass es binnen der vereinbarten Inzahlungnahmefristen nicht zum Kauf eines neuen Fahrzeugs gekommen sei. Er habe – das ist unstreitig – über die aktuellen Ausstattungs- und Preislisten verfügt; aber es habe kein Modell gegeben, das seinen Vorstellungen entsprochen habe. Der Kläger habe erwartet, dass die Beklagte ihm einen höheren Inzahlungnahmepreis als im Vergleich festgeschrieben gewähre, was ihm nie verbindlich zugesagt worden sei. Die Beklagte hat behauptet, dass es nach Erhalt der Email vom 16.10.2013 ein persönliches Gespräch zwischen dem Kläger und dem Zeugen C gegeben habe, welches eine Antwort per Email überflüssig gemacht habe: Der Kläger sei dabei auf den Inhalt des Vergleichs und - noch einmal - auf die Listenpreise der Neufahrzeuge hingewiesen worden.
27Die Beklagte hat dem Kläger mit Schriftsatz vom 19.03.2014 eine Frist zur Bestellung eines neuen Wohnmobils bis zum 10.04.2014 gesetzt, wobei sie den Standpunkt eingenommen hat, dass sie nach Ablauf der Vergleichsfristen nicht länger zur Inzahlungnahme des alten Wohnmobils verpflichtet sei. Sie hat dem Kläger gleichwohl unter dem 16.05.2014 den Verkauf eines Wohnmobils Hymer B-Starline 680 zum Preis von 135.699 € unter Inzahlungnahme seines Altfahrzeugs zum Preis von 75.000 € angeboten.
28Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
29Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückabwicklung des ursprünglichen Kaufvertrags. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Anspruch früher bestanden habe, wäre dieser jedenfalls mit Abschluss des Vergleichs vom 30.04.2013 untergegangen. Der Kläger sei nicht wirksam von diesem Vergleich zurückgetreten. Er habe nicht substanziiert vorgetragen, dass die Beklagte nicht willens gewesen sei, ihm ein von ihm auszuwählendes, tatsächlich lieferbares Wohnmobil zum Listenpreis zu verkaufen. Er habe von der Beklagten nicht verlangen können, verschiedene Angebote durchzurechnen. Das Versäumen einer zugesagten Angebotserstellung hätte allenfalls eine Verlängerung der Rücknahmefrist rechtfertigen können, aber nicht den Rücktritt vom Vergleich. Der Kläger hätte anhand allgemein zugänglicher Preislisten ein bestimmtes Modell bestellen können, das habe er nicht getan.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der Urteilsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
31Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Begehren weiter.
32Er meint, das Landgericht habe den Sachverhalt verkürzt und nicht richtig gewürdigt. Er sei wirksam vom Vergleich zurückgetreten.
33Der Rücktrittsgrund folge aus § 323 Abs. 1 Nr. 1 BGB, weil die Beklagte ihrer Pflicht zur Angebotsunterbreitung für das Modell B-Starline 680 nicht nachgekommen sei und die Rücknahmefrist nicht verlängert habe. Dass sich die Beklagte geweigert habe, ihm ein solches Modell zu verkaufen, ergebe sich daraus, dass sie seiner Bitte vom 11./16.10.2013, ihm hierfür ein Angebot zu unterbreiten, nicht nachgekommen sei, sondern dies erst während des Rechtsstreits nachgeholt habe.
34Der Rücktritt sei auch nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB berechtigt, weil ihm, dem Kläger, ein Festhalten am Vergleich und ein Neufahrzeugerwerb bei der Beklagten nicht mehr zuzumuten sei, nachdem diese die Frist zum 31.10.2013 gezielt habe verstreichen sowie die Anregung der Verlängerung der Rücknahmefrist ignoriert habe.
35Außerdem sei wegen des bewusst verzögernden Verhaltens der Beklagten die Geschäftsgrundlage des Vergleichs weggefallen; der Rücktritt jedenfalls nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gerechtfertigt.
36Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen zur Mangelhaftigkeit des ursprünglich von der Beklagten erworbenen Fahrzeugs.
37Der Kläger beantragt sinngemäß,
38unter Abänderung des angefochtenen Urteils
391. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 87.760 € nebst 5 % Zinsen seit dem 07.11.2012 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Reisemobils Hymer Typ B-Starline 585, Serien-Nr. 42121714,
402. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorbezeichnete Fahrzeugs im Verzug befindet;
413. die Beklagte zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Anwaltskosten gegenüber den Rechtsanwälten M, T und H, Q-Straße, ##### X, in Höhe von 1.999,32 € freizustellen.
42Die Beklagte beantragt,
43die Berufung zurückzuweisen.
44Sie wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen und tritt weiterhin dem ursprünglich erklärten Vertragsrücktritt entgegen
45Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
46Der Senat hat die Akte 2 O 35/13 Landgericht Bielefeld beigezogen.
47II.
48Die Berufung ist unbegründet.
49Die Klage ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.
501.
51Es besteht ein Rechtsschutzinteresse an der Erhebung der neuen Klage auf Rückabwicklung des Kaufs. Dem Kläger steht hierfür kein einfacherer prozessualer Weg offen, insbesondere ist nicht der durch den Vergleich vom 30.04.2013 abgeschlossene Rechtsstreit fortzusetzen.
52Nach der Rechtsprechung ist nur dann der alte Rechtsstreit fortzusetzen, wenn eine Partei die Wirksamkeit des Prozessvergleichs und damit dessen prozessbeendigende Wirkung in Frage stellt (BGH, Urt. v. 21.11.2013, VII ZR 48/12, NJW 2014, 394). Das ist nicht der Fall, wenn – wie hier - eine Partei von einem rechtswirksam geschlossenen gerichtlichen Vergleich zurücktritt (BGH, Urt. 10.03.1955, II ZR 201/53, NJW 1955, 705). Für die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage des Vergleichs oder ein Entfallen der Bindungswirkung nach Treu und Glauben gilt nichts anderes (vgl. BeckOK-Fischer, § 779 BGB Rn 87 m.w.N. auch zur Gegenansicht).
532.
54Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 87.760 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des aufgrund verbindlicher Bestellung vom 17.04.2012 erworbenen Wohnmobils.
55a) Wegen des am 30.04.2013 im Vorprozess geschlossenen Vergleichs ist der Kläger gehindert, die Rückabwicklung des Wohnmobilkaufs auf der Grundlage des im Vorprozess gehaltenen Sachvortrags zu verlangen.
56aa) Der Prozessvergleich, der eine Doppelnatur hat, stellt materiellrechtlich einen Änderungsvertrag dar, soweit durch seine Regelung eine streitige Rechtsbeziehung neu geordnet wird (MüKo-Habersack, 6. Aufl. 2013 § 779 BGB Rn 33). Dabei hat ein Vergleich grundsätzlich keine schuldumschaffende Wirkung, sondern ändert das ursprüngliche Schuldverhältnis nur insoweit, als in ihm streitige oder ungewisse Punkte geregelt werden (st. Rspr., BGH, VU v. 23.06.2010, XII ZR 52/08, NJW 2010, 2652 Tz 15 m.w.N.).
57Durch den im Vorprozess geschlossenen Vergleich haben die Parteien in materiellrechtlicher Hinsicht vereinbart, dass an die Stelle des im Vorprozess streitigen gewährleistungsrechtlichen Rückabwicklungsbegehrens des Klägers ein (Vor-)Vertrag treten sollte, in dem sich beide Parteien zum Abschluss eines neuen Kaufvertrags über ein Wohnmobil-Neufahrzeug verpflichteten. Dabei wurde stillschweigend dem Kläger hinsichtlich der Auswahl des zu erwerbenden Wohnmobils ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB eingeräumt, welches inhaltlich dahin begrenzt wurde, dass der Preis über den genannten Inzahlungnahmepreisen liegen sollte. Das Leistungsbestimmungsrecht des Klägers wurde flankiert durch eine Mitwirkungspflicht der Beklagten in Form einer Auskunfts-/Informationspflicht z.B. hinsichtlich möglicher Ausstattungsvarianten und Preise. Der Preis, zu dem das neue Wohnmobil ge- und verkauft werden sollte, bestimmte sich nach den Listenpreisen des Herstellers. Das ist zwar nicht ausdrücklich im Vergleich geregelt, ist aber gleichfalls als stillschweigend vereinbart anzusehen, weil dies den üblichen Gepflogenheiten im Neufahrzeughandel entspricht und Rabattgewährungen auf die Listenpreise nicht mehr die Regel sind. Das finanzielle Entgegenkommen der Beklagten war im Vergleich dahin geregelt, dass die Beklagte verpflichtet war, bei Abschluss des Kaufvertrags binnen der vorgesehenen Fristen dem Kläger eine Ersetzungsbefugnis durch Inzahlunggabe des alten Wohnmobils zu dem jeweils festgelegten Betrag einzuräumen. Auf ein weiteres Entgegenkommen bei der Preisgestaltung hatte der Kläger nach dem Vergleich keinen Anspruch.
58Weil der Vergleich keine ausdrückliche Regelung für den Fall enthält, dass es nicht binnen der in Ziff. 1) genannten Fristen zur Leistungsbestimmung durch den Kläger und zum Abschluss eines Kaufvertrags kommen sollte, bedarf er insoweit ergänzender Auslegung gemäß den §§ 133, 157 BGB unter Würdigung der wechselseitigen Parteiinteressen und der mit dem Vergleichsabschluss verbundenen Zielsetzung.
59Einerseits ist die zunächst vom Kläger vertretene Auffassung, nach ergebnislosem Fristablauf sei die Prozesseinigung hinfällig und er könne ohne weiteres auf sein früheres Rückabwicklungsbegehren zurückkommen, nicht interessengerecht. Die Beklagte wollte dem Kläger durch den Vergleich den im Vorprozess geltend gemachten etwaigen Rückabwicklungsanspruch „abkaufen“. Es sollte nicht dessen freie Entscheidung sein, ob er von dem Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch macht und ein neues Wohnmobil kauft oder die Fristen verstreichen lässt und erneut auf der Grundlage des Sachvortrags aus dem Vorprozess Rückabwicklung des ursprünglichen Kaufs verlangt.
60Andererseits ist die von der Beklagte bevorzugte Auslegung, nach der der Kläger auch nach Fristablauf verpflichtet sein sollte, bei der Beklagten ein neues Wohnmobil auszusuchen und zu kaufen, die Beklagte aber von der Inzahlungnahmepflicht befreit sein sollte, ebenso wenig interessengerecht. Der Kläger wollte ersichtlich nur dann von der Beklagten ein neues Wohnmobil erwerben, wenn er sein altes Wohnmobil dabei in Zahlung geben könnte. Zudem statuiert der Vergleich keine von der Beklagten einforderbare Pflicht des Klägers, von dem Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch zu machen, wie sich aus der Formulierung in Ziff. 1) „für den Fall des Erwerbs …“ ergibt.
61Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen beider Parteien ist der Vergleich vielmehr ergänzend folgendermaßen auszulegen: Macht der der Kläger binnen der genannten Fristen von seinem Leistungsbestimmungsrecht keinen Gebrauch, kann einerseits die Beklagte ihn nicht dazu zwingen, verliert er andererseits grundsätzlich die Möglichkeit, das Rückabwicklungsbegehren auf den im Vorprozess geltend gemachten Sachverhalt zu stützen.
62Beruht die unterlassene Leistungsbestimmung aber auf einem Verstoß der Beklagten gegen deren Mitwirkungspflicht, kann der Kläger unter den Voraussetzungen der §§ 323, 324 BGB vom Vergleich zurücktreten und dann wieder das Rückabwicklungsbegehren aus dem Vorprozess verfolgen.
63bb) Der Kläger ist nicht wirksam von dem Vergleich zurückgetreten.
64Dabei enthält bereits die Klageerhebung eine konkludente Rücktritterklärung, so dass es auf den ausdrücklich unter dem 14.07.2014 erklärten Rücktritt nicht maßgeblich ankommt.
65Es fehlt aber an einem Rücktrittsgrund.
66Dessen Voraussetzungen bestimmen sich nach den §§ 323f. BGB, weil der auf der Grundlage des ursprünglichen Kaufvertrags geschlossene Vergleich einen gegenseitigen Vertrag darstellt.
67(1) Gemäß § 323 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und der Gläubiger ihm erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nachbesserung bestimmt hat.
68Die Mitwirkungspflicht der Beklagten bei der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts durch den Kläger lässt sich als Leistungspflicht im Sinne des § 323 Abs. 1 BGB ansehen. Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass sich ein Verstoß gegen diese Pflicht nicht feststellen lässt.
69Der Kläger konnte auf der Grundlage der ihm erteilten Informationen ohne weitere Mitwirkung der Beklagten von seinem Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch machen. Ihm standen unstreitig die Ausstattungs- und Preislisten zur Verfügung. Anhand dieser hat er auch verschiedene für ihn in Betracht kommende Fahrzeuge ausstattungsmäßig konfiguriert und deren (Listen-)Preise kalkuliert, wie seine Emails vom 10.09. und 11.10.2013 belegen.
70Soweit der Kläger im Prozess auf notwendige Informationen zu den Zulademöglichkeiten unter Berücksichtigung der zulässigen Gesamtgewichte und Achslasten hingewiesen hat, geht aus den vorgelegten Emails - insbesondere vom 11.09. und 02.10.2013 - hervor, dass die Beklagte ihm die hierzu erbetenen Auskünfte erteilt hatte.
71Die letzte Anfrage des Klägers vom 11.10.2013, die die Beklagte nicht binnen der im Vergleich festgelegten Fristen beantwortete, bezog sich entscheidend nur noch auf den Angebotspreis bei Wahl des Modells B-Starline 680 mit der angegebenen Wunschausstattung. - Die ergänzende Frage nach dem nachträglichen Einbau von Zubehör und dem hierfür zuständigen Ansprechpartner war für die Entschließung des Klägers offensichtlich und unstreitig nicht ausschlaggebend. -
72Die Frage nach dem Angebotspreis zielte aber lediglich auf ein weiteres Entgegenkommen der Beklagten gegenüber den im Vergleich festgelegten Konditionen ab. Die Beklagte war indessen nicht verpflichtet, dem Kläger einen höheren als im Vergleich festgelegten Inzahlungnahmepreis oder einen sonstigen Rabatt zu gewähren. Es bestand auch keine vom Kläger einforderbare Pflicht, ihm vor Ausübung seines Leistungsbestimmungsrechts verbindlich zu erklären, ob und in welchem Umfang die Beklagte hierzu ggfls. doch bereit wäre. Selbst wenn deren Geschäftsführer die Gewährung eines höheren Inzahlungnahmepreises für das Altfahrzeug in den Raum gestellt haben sollte und der Verkäufer C eine Prüfung der Konditionen zugesagt hatte, begründete das keine Vertragspflicht i.S. des § 323 BGB.
73Der Kläger macht auch ohne Erfolg geltend, das Verhalten der Beklagten belege, dass sie nicht bereit gewesen sei, ihm ein Wohnmobil zu verkaufen, was er als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung versteht und deshalb - sinngemäß - als Grund für den Vergleichsrücktritt i.S. des § 323 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 BGB heranziehen will.
74Dem ist nicht zu folgen. Wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist nicht zu erkennen, dass die Beklagte nicht bereit war, dem Kläger zu den im Vergleich festgelegten Konditionen ein Wohnmobil zu verkaufen. Das gilt auch unter Einbeziehung ihres vorangegangenen Verhaltens, welches der Kläger ihr jetzt als gezielte Verschleppung des Entscheidungsprozesses vorwerfen will. Damit, dass die Beklagte dem Kläger den kostenfreien Besuch der Caravan-Messe in Düsseldorf ermöglichte und ihm davon abriet, sich vorschnell für ein von ihm selbst als bloße Notlösung bezeichnetes Modell zu entscheiden, wollte die Beklagte ersichtlich bei der Kaufentschließung behilflich sein, nicht aber einen Kauf verhindern.
75(2) Das Unterlassen der dem Kläger per Email zugesagten Angebotserstellung binnen der vergleichsweise festgelegten Inzahlungnahmefristen kann allenfalls als Verstoß gegen eine Rücksichtnahmepflicht i.S. des § 241 Abs. 2 BGB zu werten sein, der nur unter den Voraussetzungen des § 324 BGB zum Rücktritt berechtigt.
76Diese liegen aber nicht vor. Es lässt sich nicht feststellen, dass dem Kläger deswegen ein Festhalten am Vergleich nicht zumutbar ist.
77Dem Kläger war es unbenommen und möglich, vor Ablauf der Inzahlungnahmefrist zum 31.10.2013 ein Fahrzeug gemäß seinen Ausstattungswünschen verbindlich zu bestellen. Im Übrigen führt das Fortbestehen des Vergleichs auch bei Verstreichen der Frist nicht dazu, dass der Kläger rechtlos gestellt wird. Er verliert damit insbesondere nicht sämtliche Gewährleistungsrechte aus dem Wohnmobilkauf vom 17.04.2012, sondern nur die Möglichkeit, auf der Grundlage des Sachvortrags im Vorprozess die Rückabwicklung des Vertrags zu verlangen.
78cc) Der Kläger macht auch ohne Erfolg geltend, die Bindungswirkung des Vergleichs sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage entfallen.
79Diese Rechtsfolge ergibt sich hier zunächst nicht aus § 779 BGB. Danach ist ein Vergleich unwirksam, wenn die Parteien bei Abschluss des Vergleichs von einem falschen Sachverhalt ausgegangen ist, was hier nicht der Fall gewesen ist.
80Diese Sonderregelung hindert nicht den Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 313 BGB, wenn aus anderen Gründen von einer Störung der Geschäftsgrundlage eines Vergleichs auszugehen ist (vgl. BAG, Urt. v. 11.07.2012, 2 AZR 42/11, NJW 2012, 3390).
81Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass im konkreten Fall die Geschäftsgrundlage des Vergleichs entfallen ist.
82Geschäftsgrundlage sind zum einen die gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragspartner, die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden, beim Abschluss aber zutage getreten sind, zum anderen die dem Geschäftspartner erkennbaren oder von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut (BAG a.a.O Tz 32).
83Dass die Beklagte vor Ablauf der im Vergleich festgelegten Inzahlungnahmefristen dem Kläger kein weiteres preisliches Entgegenkommen verbindlich zugesagt hat, hat mit den erkennbaren Vorstellungen der Parteien bei Abschluss des Vergleichs nichts zu tun.
84dd) Dass die Beklagte den Kläger am Vergleich festhalten will, ist auch nicht aus sonstigen Erwägungen als treuwidrig im Sinne des § 242 BGB anzusehen.
85b) Unter Berücksichtigung des durch den bestandskräftigen Vergleich abgeschlossenen Vorprozesses ist das neuerliche auf die §§ 346, 323, 437 Nr. 2, 434 BGB gestützte Rückabwicklungsbegehren des Klägers unbegründet:
86aa) Zweifelhaft ist schon, ob der Kläger berechtigt ist, Rückzahlung des Kaufpreises allein an sich zu verlangen. Denn ausweislich des Wortlauts der verbindlichen Bestellung vom 17.04.2012 waren Käufer des Wohnmobils der Kläger und seine Ehefrau, die damit auch einfache Mitgläubiger der sekundären Rechte und Ansprüche sind mit der Folge, dass zwar einer von ihnen allein Gewährleistungsansprüche einklagen kann, aber grundsätzlich Leistung an alle verlangen muss (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl. § 432 BGB Rn 3). Ob hier wegen der im Vorprozess vorgetragenen Abtretung seitens der Ehefrau des Klägers ausnahmsweise anderes gilt, kann offen bleiben.
87bb) Selbst wenn in der Erhebung der neuen Klage eine Wiederholung des bereits unter dem 29.10.20112 konkludent erklärten Rücktritts vom Fahrzeugkauf gesehen und davon ausgegangen wird, dass dies im Einverständnis mit der Ehefrau des Klägers erfolgt ist, fehlt es an einem Rücktrittsgrund:
88(1) Mit der Mangelrüge der Überschreitung der zulässigen Hinterachslast bei kumulativem Transport von Roller und Boot kann der Kläger aufgrund des bestandskräftig abgeschlossenen Vorprozesses nicht mehr gehört werden.
89(2) Der weiterhin geltend gemachte und von der Beklagte bestrittene Defekt am Kühlsystem des Wohnmobils bedarf schon deshalb keines Beweises, weil sich der Kläger aufgrund des Vergleichs nicht darauf berufen kann, er habe der Beklagten zuvor ausreichend Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben. Der Streit um diese Frage wurde durch den Vergleich beigelegt.
90Der Kläger macht auch nicht geltend, dass er der Beklagten danach (noch einmal) die Möglichkeit zur Behebung dieses Mangels eröffnet hat.
91(3) Soweit es um die von dem Kläger im vorliegenden Rechtsstreit ergänzend angeführten Mängel des Innenausbaus des Wohnmobils geht, lässt sich seinem Prozessvorbringen nicht klar entnehmen, ob er die sieben in der Klageschrift aufgelisteten Beanstandungen weiterhin geltend macht oder nur noch den in der Berufung angeführten fehlenden Holzrost für den Toilettenraum. Darauf kommt es aber nicht an.
92Der Kläger hat in Bezug auf die Mängel der Innenausstattung die formalen Rücktrittsvoraussetzungen des § 323 BGB nicht dargetan. Er hat nicht substanziiert vorgetragen, dass er der Beklagten zur Beseitigung der bezeichneten Mängel vergeblich eine Frist gesetzt hat. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass eine solche fristbewehrte Nacherfüllungsaufforderung hier entbehrlich war; insbesondere ist dem Kläger die Nachbesserung durch die Beklagte nicht unzumutbar.
93Weil im Übrigen der Kläger selbst diese Mängel als zu geringfügig einschätzt, um allein einen Rücktritt vom Kauf zu rechtfertigen, schätzt er selbst die - etwaig - darin begründete Pflichtverletzung der Beklagten als unerheblich i.S. des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ein.
94c) Die übrigen mit der Klage verfolgten Begehren teilen das Schicksal des Rückabwicklungsverlangens.
95Die Berufung erweist sich damit vollumfänglich als unbegründet.
96III.
97Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
98Für die Zulassung der Revision sieht der Senat keinen Anlass.
99Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; ebenso wenig erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 ZPO).
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Urteil, 19. März 2015 - 28 U 118/14
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Oberlandesgericht Hamm Urteil, 19. März 2015 - 28 U 118/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.
(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn
- 1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder - 3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.
(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.
(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.
(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger erwarben von der Beklagten durch notariellen Vertrag vom 24. Juni 1994 einen Anteil an einem Erbbaurecht verbunden mit der Verpflichtung der Beklagten, auf dem Grundstück ein Wohngebäude zu errichten. Die Baumaßnahme wurde von der Beklagten mit der zwischenzeitlich in Insolvenz geratenen D. GmbH geplant und als Bauträger durchgeführt.
- 2
- Im Jahr 2000 leiteten die Kläger ein selbständiges Beweisverfahren gegen die D. GmbH ein und verkündeten der Beklagten den Streit. Der gerichtlich bestellte Sachverständige stellte Mängel hinsichtlich der Verklinkerung und des Fliesenbelages fest, schlug Mängelbeseitigungsmaßnahmen vor und errechnete dafür die wahrscheinlich anfallenden Kosten (5.200 DM zuzüglich Umsatzsteuer betreffend die Verklinkerung und 1.500 DM zuzüglich Umsatzsteuer für die Bodenfliesen).
- 3
- Auf dieser Grundlage erhoben die Kläger im Juli 2002 Klage auf Vorschusszahlung und Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung weiterer Kosten. Dieses Verfahren endete mit dem am 18. November 2002 zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleich. Dieser Vergleich hat unter anderem folgenden Inhalt: "I. Die Beklagte verpflichtet sich, folgende, auf Seite 5 der Klageschrift vom 17.07.2002 unter Bezugnahme auf die Feststellungen des Sachverständigen L. in seinem im Verfahren OH /00 erstatteten Gutachten vom 20.11.2000 aufgelisteten Mängel sachund fachgerecht zu beseitigen: 1. Mangelhafte Verfugung Klinker, … 6. Bodenfliesen Küche, 7. Bodenfliesen Wohnzimmer, …"
- 4
- Im Anschluss an den Vergleich ließ die Beklagte Mängelbeseitigungsarbeiten durchführen. Inwieweit die Mängelbeseitigungsarbeiten erfolgreich waren , ist zwischen den Parteien streitig.
- 5
- Nachdem Verhandlungen der Parteien gescheitert waren, leiteten die Kläger 2007 ein weiteres selbständiges Beweisverfahren zur Begutachtung von Mängeln hinsichtlich der Verklinkerung und des Fliesenbelages im Küchen- und Wohnzimmerbereich ein. Auf der Grundlage des in diesem Verfahren erstatteten Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen S. haben die Kläger mit beim Landgericht am 25. Februar 2009 eingegangenem Schriftsatz Klage auf Vorschusszahlung im Umfang von 26.800 € (19.800 € Fliesen und 7.000 € Klinker) und Feststellung der Verpflichtung der Beklagten auf Erstattung weiterer Kosten erhoben.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage im Umfang von 7.000 € hinsichtlich der Klinkerfassade und insoweit auch dem Feststellungsbegehren stattgegeben. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage wegen Verjährung abgewiesen.
- 7
- Gegen das Urteil des Landgerichts haben die Kläger Berufung und hat die Beklagte Anschlussberufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat auf die Anschlussberufung der Beklagten das angefochtene Urteil abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
- 8
- Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klage sei im Hinblick auf § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig. Bereits mit der im Jahr 2002 erhobenen Klage hätten die Kläger Vorschusszahlungen für Mängelbeseitigungskosten hinsichtlich der Klinkerfassade sowie den Fliesen in Küche und Wohnzimmer geltend gemacht. Dieses Verfahren sei entgegen der Auffassung der Kläger durch den protokollierten Vergleich vom 18. November 2002 nicht beendet worden. Nur ein wirksam protokollierter Vergleich könne ein rechtshängiges Verfahren beenden. Da in dem Vergleich die Mängel nur grob skizziert seien, weil im Übrigen zur weiteren Feststellung auf das Gutachten des Sachverständigen L. Bezug genommen werde, sei es zwingend notwendig gewesen, dieses Gutachten als Anlage zu Protokoll zu nehmen und auch mitzuverlesen sowie zu genehmigen. Der Umstand, dass sich der ursprüngliche Mangel an den Fliesen durch die späteren Arbeiten geändert habe, ändere nichts an der rechtlichen Einordnung der doppelten Rechtshängigkeit. Denn nach dem Vortrag der Kläger handele es sich dabei um fehlgeschlagene Mängelbeseitigungsarbeiten, so dass der Fliesenbelag weiterhin mangelbehaftet sei und nicht der vertraglichen Leistungsverpflichtung entspreche. Damit habe sich der ursprüngliche Klagegrund nicht geändert, es bleibe nämlich bei einem Vorschussanspruch wegen der Mängelbeseitigung am Fliesenbelag. Da eine doppelte Rechtshängigkeit von Amts wegen zu berücksichtigen sei, komme es auch nicht darauf an, ob die Parteien den Vergleich zumindest materiell-rechtlich gewollt hätten, so dass eine Berufung auf dessen Unwirksamkeit als rechtsmissbräuchlich angesehen werden könnte.
II.
- 11
- Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die prozessbeendigende Wirkung eines Vergleichs sei von Amts wegen unabhängig davon zu prüfen, ob die Parteien die Beendigung des Ursprungsrechtsstreits in Frage stellen, ist unzutreffend.
- 12
- 1. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Rechtshängigkeit einer Streitsache durch einen Prozessvergleich nur entfallen kann, wenn die prozessualen Formvorschriften (§ 160 Abs. 3 Nr. 1, § 162 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3, § 163 ZPO) eingehalten werden. Das folgt aus der Doppelnatur des Prozessvergleiches als einerseits materiell-rechtliches Rechtsgeschäft und andererseits Prozesshandlung (BGH, Urteil vom 10. März 1955 - II ZR 201/53, BGHZ 16, 388, 390; Urteil vom 18. Juni 1999 - V ZR 40/98, BGHZ 142, 84, 88; Beschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 14/07, NJW-RR 2007, 1451 Rn. 7; Groth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 162 Rn. 8; Münzberg in Stein/Jonas, aaO, § 794 Rn. 29). Der dementsprechend anzuwendende § 162 Abs. 1 ZPO verlangt, dass das den Vergleichsschluss enthaltende Protokoll den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen und von diesen zu genehmigen ist. Die Einhaltung dieser Förmlichkeiten muss im Protokoll selbst vermerkt werden. Auf dieser Grundlage entspricht es einer obergerichtlichen Rechtsprechung, dass Unterlagen, auf die in einem Vergleich Bezug genommen wird, als Anlage zum Protokoll zu nehmen, vorzulesen und von den Parteien zu genehmigen sind. Bei Nichteinhaltung dieser Förmlichkeiten genüge der Vergleich nicht den prozessualen Voraussetzungen, sei deshalb unwirksam und beende den Rechtsstreit nicht (OLG Hamm, BauR 2000, 1231, 1232; OLG Naumburg, Beschluss vom 28. November 2001 - 5 W 101/01, juris Rn. 11 f.; Hk-ZPO/Kindl, 5. Aufl., § 794 Rn. 11; Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 794 Rn. 10; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 794 Rn. 9; MünchKommZPO/Wolfsteiner, 4. Aufl., § 794 Rn. 36). Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann dahinstehen. Dahinstehen kann auch, ob der Vergleich unabhängig davon wirksam ist.
- 13
- 2. Denn von Rechtsfehlern beeinflusst ist die Auffassung des Berufungsgerichts , es habe unabhängig vom Parteiwillen von Amts wegen zu prüfen, ob durch den tatsächlich erfolgten Vergleichsschluss die Rechtshängigkeit des Ursprungsprozesses entfallen ist.
- 14
- Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass das Verfahren, in dem der Prozessvergleich geschlossen wurde, nur dann fortzusetzen ist, wenn die Wirksamkeit des Prozessvergleichs angegriffen und damit seine den Prozess beendigende Wirkung in Frage gestellt wird. Dementsprechend ist eine neue Klage, die den Streitgegenstand des ursprünglichen Rechtsstreits umfasst, dann zulässig, wenn die Parteien die Beendigung des Ursprungsrechtsstreits durch den Vergleich nicht in Frage stellen (BGH, Urteil vom 29. Juli 1999 - III ZR 272/98, BGHZ 142, 253, 254; Urteil vom 4. Mai 1983 - VIII ZR 94/82, BGHZ 87, 227, 230; Urteil vom 22. Dezember 1982 - V ZR 89/80, BGHZ 86, 184, 187 f.; Urteil vom 15. April 1964 - Ib ZR 201/62, BGHZ 41, 310, 311; Urteil vom 29. September 1958 - VII ZR 198/57, BGHZ 28, 171; vgl. Urteil vom 29. Juni 1978 - IX ZR 151/74, MDR 1978, 1019). Diese Rechtsprechung findet in der Literatur uneingeschränkte Zustimmung (Münzberg in Stein/Jonas, aaO, § 794 Rn. 58; MünchKommZPO/Wolfsteiner, aaO, § 794 Rn. 76 f.; Musielak/Lackmann, aaO, § 794 Rn. 21; Zöller/Stöber, aaO, § 794 Rn. 15a; Prütting/Gehrlein/Scheuch, ZPO, 5. Aufl., § 794 Rn. 24; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 794 Rn. 36; Hk-ZPO/Kindl, 5. Aufl., § 794 Rn. 20). Soweit die Revision meint, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei dahingehend auszulegen, dass das Ursprungsverfahren jedenfalls dann fortgeführt werden müsse, wenn die prozessualen Wirksamkeitsvo- raussetzungen nicht erfüllt seien, ist das unzutreffend. Den Parteien steht es frei, übereinstimmend einen Zivilprozess als durch Vergleich beendet anzusehen unabhängig davon, ob dieser wegen prozessualer oder materiell-rechtlicher Mängel unwirksam ist. Eine Differenzierung danach, auf welcher rechtlichen Grundlage die Unwirksamkeit des Vergleichs beruht, ist nicht gerechtfertigt.
- 15
- Da die Parteien die Beendigung des Ursprungsrechtsstreits durch den am 18. November 2002 geschlossenen Vergleich zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt haben, war es dem Berufungsgericht verwehrt, den Vergleich einer Überprüfung zu unterziehen.
- 16
- 3. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Begründetheit der Klage getroffen hat.
- 17
- Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
- 18
- a) Sollte die Beklagte in der neuen Verhandlung die Rechtswirksamkeit des Vergleichs mit dem Ziel in Frage stellen, den Ursprungsrechtsstreit fortzusetzen , dürfte diese Rüge nach § 282 Abs. 3, § 296 Abs. 3, § 532 Satz 2 ZPO nicht mehr zuzulassen sein. Bei dem Einwand der Unwirksamkeit des Vergleichs handelt es sich um eine verzichtbare prozessuale Rüge, die grundsätzlich vor Beginn der Verhandlung zur Hauptsache bzw. im Rahmen einer vom Gericht gesetzten Klageerwiderungsfrist vorzubringen ist.
- 19
- Dementsprechend besteht jetzt für die Beklagte zudem grundsätzlich keine Möglichkeit mehr, im Ursprungsverfahren wegen einer Unwirksamkeit des Vergleichs die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung zu beantragen. Denn das Ursprungsverfahren ist nach dem in der Verhandlung zur Hauptsache in diesem Rechtsstreit zum Ausdruck kommenden übereinstimmenden Willen der Parteien endgültig beendet.
- 20
- b) Soweit das Landgericht die Klage hinsichtlich der Fliesenarbeiten wegen Verjährung abgewiesen hat, ist das nach den bisher festgestellten Tatsachen unzutreffend.
- 21
- Nach § 638 Abs. 1 BGB a.F. verjährten die Mängelansprüche der Kläger hinsichtlich der Fassade und der Bodenfliesen in der Küche und im Wohnzimmerbereich innerhalb von fünf Jahren beginnend mit der Abnahme. Die Abnahme fand am 25. Juli 1995 statt. Nach der Beurteilung des Landgerichts, die das Berufungsgericht konsequenterweise nicht überprüft hat, unterbrachen die Kläger die Verjährungsfrist durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens am 4. Juli 2000 (§ 639 Abs. 1, § 477 Abs. 2, Abs. 3 BGB a.F.). Die Unterbrechung hatte nach § 217 BGB a.F. zur Folge, dass die bis zur Unterbrechung verstrichene Verjährungszeit nicht in Betracht kam, das heißt nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens eine neue Verjährungsfrist von fünf Jahren begann. Zum 1. Januar 2002 waren daher die Forderungen der Kläger noch nicht verjährt. Dementsprechend bestimmt Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, dass auf die Forderungen der Kläger die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung finden. Durch die Klageerhebung im ersten Klageverfahren am 7. August 2002 wurde die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 209 BGB gehemmt. Dieses Verfahren beendeten die Parteien durch den Vergleich vom 18. November 2002, womit die Hemmung nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate danach endete. Mit dem Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete , Mängel der Fassade und der Bodenfliesen in der Küche und im Wohnzim- mer zu beseitigen, hat die Beklagte zusätzlich ein Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben, das zum erneuten Beginn der Verjährung führte. Ein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift ist das rein tatsächliche Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs unzweideutig ergibt. Das Anerkenntnis ist kein Rechtsgeschäft, sondern eine geschäftsähnliche Handlung, deren Rechtsfolgen unabhängig vom Willen des Schuldners und einer (wirksamen) gerichtlichen Protokollierung eintreten. Diese Voraussetzungen sind im Rahmen eines Vergleichsangebotes erfüllt (BGH, Urteil vom 11. Mai 1965 - VI ZR 280/63, VersR 1965, 958; Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 212 Rn. 4 a.E.; MünchKommBGB/Grothe, 6. Aufl., § 212 Rn. 18). Der erneute Beginn der Verjährungsfrist umfasste nach § 213 BGB nicht nur den Mängelbeseitigungsanspruch , sondern sämtliche Ansprüche, die aus demselben Grunde wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind und damit zumindest den sich aus § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB ergebendenVorschussanspruch. Die so neu beginnende Verjährungsfrist haben die Kläger durch die Einleitung des weiteren selbständigen Beweisverfahrens nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt. Der Antrag der Kläger vom 15. Mai 2007 auf Durchführung des weiteren selbständigen Beweisverfahrens ging beim Landgericht am 16. Mai 2007 ein. Dieses verfügte die formlose Übermittlung der Abschriften der Antragsschrift am 23. Mai 2007. Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2007, beim Landgericht am 4. Juni 2007 eingegangen, hat die Beklagte beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Damit ist zwar die Voraussetzung des § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB - Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens - nicht erfüllt. Es ist aber Heilung nach § 189 ZPO durch den tatsächlichen Zugang beim Antragsgegner eingetreten (BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - VII ZR 186/09, BGHZ 188, 128 Rn. 33 ff.). In diesem Verfahren wurde das zweite Gutachten des Sachverständigen Ende Oktober 2008 den Parteien zu- gesandt. Einer Partei wurde Fristverlängerung bis 5. Dezember 2008 zur Stellungnahme gewährt. Danach endete die Verjährungshemmung durch das selbständige Beweisverfahren am 5. Juni 2009 gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB. Vor Ablauf dieser Frist trat weitere Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die der Beklagten in diesem Rechtsstreit am 18. März 2009 zugestellte Klageschrift ein. Kniffka Eick Halfmeier Kosziol Jurgeleit
LG Bielefeld, Entscheidung vom 28.12.2010 - 9 O 127/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 17.01.2012 - 26 U 35/11 -
(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.
(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn
- 1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder - 3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.
(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.
(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.
(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.
Verletzt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, so kann der Gläubiger zurücktreten, wenn ihm ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.
(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.
(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn
- 1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder - 3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.
(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.
(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.
(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
Verletzt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, so kann der Gläubiger zurücktreten, wenn ihm ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.
(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
Tenor
-
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. Dezember 2010 - 2 Sa 742/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs.
- 2
-
Die Klägerin war seit dem 1. September 1981 in einem Warenhaus der Beklagten beschäftigt. Zuletzt hatte sie die Stellung einer Abteilungsleiterin inne.
- 3
-
Im Herbst des Jahres 2008 deutete die Klägerin dem Geschäftsführer ihrer Filiale an, aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden zu wollen, um ihren Mann bei dessen beabsichtigter Selbständigkeit zu unterstützen. Im Januar 2009 erkrankte die Klägerin. Ab Februar 2009 führte sie mit dem Personalleiter der Beklagten Gespräche über ihr Ausscheiden. Sie signalisierte bereit zu sein, ihr Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindung von 55.000,00 Euro zu beenden. Man kam überein, dass die Beklagte kündigen und man sodann einen gerichtlichen Vergleich protokollieren lassen würde.
-
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 20. Mai 2009 zum 31. Dezember 2009. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage. In der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht schlossen die Parteien am 8. Juni 2009 folgenden Vergleich:
-
„1.
Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung vom 20. Mai 2009 fristgerecht mit dem 31. Dezember 2009 endet.
2.
Als Abfindung nur für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an die Klägerin entsprechend den §§ 9, 10 KSchG einen Betrag iHv. 55.000,00 Euro brutto.
3.
Damit ist der Rechtsstreit beendet.“
- 5
-
Am 9. Juni 2009 stellte die Beklagte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Verfahren wurde am 1. September 2009 eröffnet. Nachdem ein Insolvenzplan erstellt worden war, wurde es zum 30. September 2010 aufgehoben.
- 6
-
Mit Anwaltsschreiben vom 23. Oktober 2009 focht die Klägerin gegenüber dem Insolvenzverwalter den gerichtlichen Vergleich vom 8. Juni 2009 wegen arglistiger Täuschung an. Auf der Grundlage des Insolvenzplans hätte sie mit einer Quote von 3 vH der Vergleichsforderung zu rechnen.
- 7
-
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit des Vergleichs und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Sie hat behauptet, sie habe den Vergleich im Vertrauen darauf geschlossen, der vorgesehene Abfindungsbetrag werde tatsächlich gezahlt. Die rechtlichen Folgen einer Insolvenz seien ihr nicht geläufig gewesen. Es sei offensichtlich, dass die Beklagte bei Abschluss des Vergleichs gewusst habe, dass sie entgegen ihrer Zusicherung die Abfindungssumme nicht würde zahlen können. Die Beklagte habe den Insolvenzantrag am 8. Juni 2009 bereits konkret vorbereitet. Ihr selbst seien nur die allgemeinen finanziellen Schwierigkeiten der Beklagten bekannt gewesen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Schreiben vom 23. Oktober 2009 sei zugleich als Rücktritt vom Vergleich zu verstehen.
-
Die Klägerin hat beantragt
-
1.
festzustellen, dass der gerichtliche Vergleich vom 8. Juni 2009 den Rechtsstreit nicht beendet hat;
2.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 20. Mai 2009 nicht aufgelöst worden ist;
3.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund des gerichtlichen Vergleichs mit Ablauf des 31. Dezember 2009 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht;
4.
die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen Bedingungen als Abteilungsleiterin weiterzubeschäftigen;
hilfsweise zu 2. und 3.,
die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot, sie mit Wirkung vom 1. Januar 2010 unter Anerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit wieder einzustellen, anzunehmen.
- 9
-
Die Beklagte hat beantragt festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 8. Juni 2009 beendet ist. Sie hat vorgetragen, sie habe am 8. Juni 2009 keine Kenntnis davon gehabt, dass sie am Folgetag Insolvenzantrag würde stellen müssen. Noch am 8. und sogar am 9. Juni 2009 selbst sei über die Gewährung von Staatshilfen verhandelt worden. Erst nachdem die Gespräche negativ verlaufen seien, sei der Antrag gestellt worden. Ein Rücktrittsrecht stehe der Klägerin nicht zu, es habe sich lediglich das Insolvenzrisiko realisiert.
-
Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag der Beklagten erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die Revision ist unbegründet. Der Rechtsstreit ist durch den gerichtlichen Vergleich vom 8. Juni 2009 beendet.
- 12
-
I. Die Anträge der Klägerin sind zulässig.
- 13
-
1. Zwar bestünden daran mit Blick auf den Antrag zu 1), wäre dieser als echter Sachantrag zu verstehen, Bedenken. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden Zwischenfeststellung gem. § 256 Abs. 2 ZPO nicht dargelegt. Die Auslegung ergibt jedoch, dass die Klägerin mit dem Antrag zu 1) keine eigenständige Feststellung begehrt. Ihr Ziel ist die sachliche Bescheidung ihrer Anträge zu 2) bis 4). Dafür ist als Vorfrage zu klären, ob der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 8. Juni 2009 beendet ist. Einer gesonderten Feststellung bedarf es nicht.
- 14
-
2. Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs, ist dieser Streit in demselben Verfahren auszutragen, in dem der Vergleich geschlossen wurde (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 544/08 - Rn. 16, AP BGB § 123 Nr. 68 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 9; 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 15, BAGE 120, 251). Ob der alte Prozess auch dann fortzusetzen ist, wenn der Prozessvergleich materiellrechtlich aus Gründen unwirksam wird, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind - wenn etwa ausschließlich ein gesetzliches Rücktrittsrecht geltend gemacht wird -, kann dahinstehen (str.; vgl. bejahend BAG 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 40, 17; verneinend BGH 10. März 1955 - II ZR 201/53 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 16, 388). Jedenfalls dann, wenn neben einem Rücktritt auch die Anfechtung erklärt wurde, ist der bisherige Prozess fortzusetzen (Hanseatisches OLG Hamburg 30. November 1994 - 4 U 167/94 - ZMR 1996, 266; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 36). Wird der Vergleich als wirksam angesehen, so ist auszusprechen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 544/08 - aaO; 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - aaO; BGH 10. März 1995 - II ZR 201/53 - aaO).
- 15
-
II. Die auf die Fortsetzung des bisherigen Rechtsstreits und eine Sachentscheidung gerichtete Klage ist unbegründet. Der Prozessvergleich vom 8. Juni 2009 hat den Rechtsstreit wirksam beendet. Über die Sachanträge, einschließlich des Hilfsantrags, ist nicht mehr zu entscheiden.
- 16
-
1. Ein Prozessvergleich hat neben seinen materiellrechtlichen Folgen iSv. § 779 BGB unmittelbar prozessbeendende Wirkung(vgl. BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 544/08 - Rn. 15, AP BGB § 123 Nr. 68 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 9; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 3, 26). Er wird zur Beilegung und damit Erledigung des Rechtsstreits geschlossen (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Erledigung tritt grundsätzlich mit dem Abschluss des Vergleichs ein. Auch im Streitfall haben die Parteien in Ziff. 3) des Vergleichs vereinbart, dass der Rechtsstreit damit beendet sei.
- 17
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Auch soweit die Klägerin geltend macht, der Vergleich vom 8. Juni 2009 sei dahin auszulegen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne die Abfindungszahlung habe eintreten sollen, ändert dies nichts an seiner unmittelbar prozessbeendenden Wirkung. Die von ihr begehrte Fortsetzung des Rechtsstreits ist deshalb nur bei Unwirksamkeit des Vergleichs möglich.
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2. Der Prozessvergleich vom 8. Juni 2009 ist wirksam.
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a) Er ist nicht aus formellen Gründen unwirksam. Die Klägerin macht solche Mängel weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. Der Vergleich ist ausweislich der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 8. Juni 2009 ordnungsgemäß protokolliert worden.
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b) Der Prozessvergleich ist nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB oder § 134 BGB von Anfang an nichtig. Versteht man seinen Inhalt mit dem Landesarbeitsgericht dahin, die Klägerin habe bereits mit seinem Abschluss der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zugestimmt, die Abfindung habe jedoch erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Dezember 2009 fällig werden sollen, hätte die Klägerin ihre Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwar als Vorleistung erbracht. Das verstieße aber weder gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB noch gegen die guten Sitten iSv. § 138 Abs. 1 BGB(vgl. für einen außergerichtlichen Aufhebungsvertrag BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - Rn. 21). Auch eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht vor. Die Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers entspricht bei der Vereinbarung eines Beendigungsvergleichs regelmäßig den zugrunde liegenden Interessen. Einerseits wird der Arbeitnehmer dadurch bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirtschaftlich so gestellt, wie er ohne die Aufhebungsvereinbarung gestanden hätte. Andererseits kann, da ein Aufhebungsvertrag in der Regel unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vereinbarten Auflösungszeitpunkt fortgesetzt wird (BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - aaO; 5. April 2001 - 2 AZR 217/00 - zu II 3 b der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 34 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10), die vereinbarte Abfindungszahlung dann gegenstandslos werden, wenn später zB eine außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis noch vor dem im Vertrag vorgesehenen Zeitpunkt auflöst (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - aaO; DFL/Fischermeier 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 32).
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c) Der Vergleich ist nicht gem. § 142 Abs. 1 BGB von Anfang an nichtig. Die Klägerin hat ihn zwar frist- und formgerecht gem. § 124 Abs. 1 und Abs. 2, § 143 Abs. 1 und Abs. 2 BGB angefochten. Ein Anfechtungsgrund liegt aber nicht vor. Die Klägerin ist nicht durch arglistige Täuschung iSv. § 123 Abs. 1 BGB zum Abschluss des Vergleichs bestimmt worden.
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aa) Eine arglistige Täuschung iSv. § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Die Äußerung subjektiver Werturteile genügt nicht (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 41, EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5). Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war. Das subjektive Merkmal „Arglist“ iSv. § 123 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Erklärungsgegner entstehen oder aufrechterhalten werden; Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 43; 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 91, 349).
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bb) Danach war die Anfechtung im Streitfall nicht berechtigt.
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(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe von der finanziell bedrängten Lage der Beklagten bei Abschluss des Vergleichs gewusst. Aus den Medien sei bekannt gewesen, eine Insolvenz der Beklagten sei möglich und würde nur durch staatliche Finanzhilfen abgewendet werden können. In dieser Lage habe die Klägerin nicht davon ausgehen können, die Zahlungsfähigkeit der Beklagten werde in der Folgezeit, jedenfalls für den Zeitraum bis zur Fälligkeit der Abfindung, gesichert sein.
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(2) Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Beklagte bei Abschluss des Vergleichs arglistig falsche Tatsachen behauptet oder die Offenbarung bestimmter Tatsachen pflichtwidrig und arglistig unterlassen hätte, so dass bei ihr - der Klägerin - für den Abschluss des Vergleichs ursächliche Fehlvorstellungen hervorgerufen worden wären.
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(a) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, ihr sei unbekannt gewesen, dass die Beklagte den Insolvenzantrag am 8. Juni 2009 bereits konkret vorbereitet habe. Das Landesarbeitsgericht hat eine arglistige Täuschung auch angesichts dieses Vorbringens ohne Rechtsfehler verneint.
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(aa) Die Klägerin hat nicht behauptet, der Personalleiter der Beklagten, welcher für diese den Vergleich schloss, habe bereits am 8. Juni 2009 Kenntnis von der Vorbereitung des Insolvenzantrags gehabt. Gem. § 166 Abs. 1 BGB ist im Falle der Vertretung jedoch auf die Kenntnis des Vertreters abzustellen. Ebenso wenig hat die Klägerin mit Blick auf § 166 Abs. 2 BGB behauptet, der Personalleiter habe den Vergleich auf Weisung anderer Vertreter der Beklagten geschlossen, welche ihrerseits Kenntnis von der Vorbereitung des Insolvenzantrags gehabt hätten.
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(bb) Selbst bei entsprechender Kenntnis auf Seiten des Personalleiters läge kein arglistiges Verschweigen iSv. § 123 Abs. 1 BGB vor. Der Klägerin war bekannt, dass der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit drohte. Unter diesen Umständen musste die Beklagte nicht annehmen, es sei für die Entscheidung der Klägerin, den Prozessvergleich abzuschließen, von Bedeutung, ob für den Fall des tatsächlichen Eintritts der Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzantrag bereits vorbereitet wäre.
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(b) Die Klägerin hat - anders als ihr Vorbringen in der Revision nahelegt - in den Vorinstanzen nicht behauptet, der Beklagten oder dem Personalleiter sei bei Abschluss des Vergleichs bekannt gewesen, dass der Insolvenzantrag in jedem Fall schon am nächsten Tag eingereicht würde. Ebenso wenig hat sie behauptet, sie würde den Vergleich jedenfalls nicht am 8. Juni 2009 geschlossen haben, hätte sie gewusst, dass am Folgetag möglicherweise die für eine Insolvenz entscheidenden Verhandlungen über mögliche Staatshilfen für die Beklagte geführt würden.
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d) Die Klägerin ist nicht wirksam von dem Prozessvergleich vom 8. Juni 2009 zurückgetreten. Es bedarf keiner Entscheidung, ob dem Schreiben vom 23. Oktober 2009, mit welchem sie den Vergleich anfocht, zugleich eine Rücktrittserklärung entnommen werden kann oder ob zumindest eine entsprechende Umdeutung der Anfechtungserklärung möglich ist. Ein Rücktrittsrecht folgt, wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat, weder aus § 313 Abs. 1, Abs. 3 BGB noch aus § 323 Abs. 1 BGB. Es ergibt sich auch nicht aus § 326 Abs. 5 BGB.
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aa) Die Klägerin konnte nicht wirksam wegen einer wesentlichen Änderung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB von dem Prozessvergleich zurücktreten.
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(1) Gem. § 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB kann die benachteiligte Partei von einem gegenseitigen Vertrag zurücktreten, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann und eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder ihrerseits einem Teil nicht zumutbar ist. Geschäftsgrundlage in diesem Sinne sind zum einen die gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragspartner, die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden, beim Abschluss aber zutage getreten sind, zum anderen die dem Geschäftspartner erkennbaren oder von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut (st. Rspr., etwa BGH 28. April 2005 - III ZR 351/04 - zu II 1 c der Gründe, BGHZ 163, 42).
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(2) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein solches Rücktrittsrecht habe nicht bestanden. Die Zahlungsfähigkeit der Beklagten - und damit die Möglichkeit, den Vergleich vollständig zu erfüllen - sei objektiv bereits bei Abschluss des Vergleichs gefährdet gewesen. Den Parteien sei durch die umfangreiche Berichterstattung in den Medien bekannt gewesen, dass der A, zu der die Beklagte gehört habe, die Insolvenz gedroht habe. Die Zahlungsfähigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfindung am 31. Dezember 2009 sei damit von Beginn an nicht gesichert gewesen. Nach dem Scheitern der Sanierungsbemühungen habe sich dieses Insolvenzrisiko realisiert. Das berechtige die Klägerin nicht zum Rücktritt.
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(3) Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Beklagten haben sich die Umstände, unter denen der Vergleich von beiden Parteien geschlossen worden war, nicht unvorhergesehen verändert. Soweit die Klägerin behauptet hat, beide Parteien seien vor und bei Abschluss des Vergleichs von der Erfüllbarkeit der Abfindungszahlung ausgegangen, hat sich, eine solche gemeinsame Erwartung unterstellt, durch den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Beklagten gleichwohl nur ein beiden Parteien bereits bei Vergleichsabschluss bekanntes Risiko verwirklicht. Es fehlt damit an einer schwerwiegenden nachträglichen Veränderung der Umstände iSv. § 313 Abs. 1 BGB.
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bb) Die Klägerin konnte von dem Vergleich nicht gem. § 323 Abs. 1 BGB wegen Nichterbringung der Leistung zurücktreten. Der Umstand, dass ihr Abfindungsanspruch durch die Insolvenzeröffnung zu einer Insolvenzforderung geworden ist, begründete kein Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Nach Eröffnung der Insolvenz ist die Abfindungsforderung nicht mehr durchsetzbar. Damit ist für die Anwendung des § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB kein Raum.
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(1) Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist Voraussetzung für das gesetzliche Rücktrittsrecht nach § 323 BGB die Durchsetzbarkeit der ursprünglichen Forderung(BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - Rn. 31; Staudinger/Otto/Schwarze [2009] § 323 Rn. B 28; Soergel/Gsell 13. Aufl. § 323 Rn. 50; Bamberger/Roth/Grothe BGB 2. Aufl. Bd. 1 § 323 Rn. 5; MünchKommBGB/Ernst 5. Aufl. § 323 Rn. 47). § 323 Abs. 1 BGB ermöglicht dem Gläubiger die Wahl, von der Durchsetzung der Forderung durch Leistungsklage abzusehen und sich stattdessen für eine Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses zu entscheiden. Das gesetzliche Rücktrittsrecht setzt damit voraus, dass der Schuldner die geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbringen kann und muss, dies aber - warum auch immer - nicht tut (vgl. Staudinger/Otto/Schwarze [2009] § 323 Rn. A 8). Eine das Rücktrittsrecht begründende Verletzung der Leistungspflicht iSv. § 323 Abs. 1 BGB ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Schuldner gar nicht leisten muss oder gar nicht leisten darf, die Forderung also nicht durchsetzbar ist(BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - aaO).
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(2) Ein Abfindungsanspruch aus einem mit dem Schuldner geschlossenen Vergleich, der bei Ausübung des Rücktrittsrechts wegen zwischenzeitlich erfolgter Insolvenzeröffnung nur noch eine Insolvenzforderung darstellt, ist nicht durchsetzbar (vgl. für den Abfindungsanspruch aus einem außergerichtlichen Aufhebungsvertrag BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - Rn. 32). Der Arbeitnehmer kann in einem solchen Fall nicht mehr auf Leistung der Abfindung klagen, sondern nur noch gem. §§ 174 ff. InsO die Feststellung seiner Forderung zur Insolvenztabelle verlangen. Die ursprüngliche Abfindungsforderung ist - auch nach Eintritt ihrer Fälligkeit - nicht mehr durchsetzbar (vgl. im Einzelnen BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - Rn. 32 ff.). Dabei bleibt es auch dann, wenn das Insolvenzverfahren nach Aufstellung eines Insolvenzplans gem. § 258 InsO aufgehoben wird. Nach § 254 Abs. 1 InsO gilt in diesem Fall der gestaltende Teil des bestätigten Insolvenzplans. Der Schuldner wird mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gem. § 227 Abs. 1 InsO befreit, soweit im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt ist.
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(3) Ein Rücktrittsrecht der Klägerin gem. § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB ist danach nicht gegeben. Die Abfindungsforderung war nach der Insolvenzeröffnung am 1. September 2009 nicht mehr durchsetzbar. Die Klägerin hat den Rücktritt vom Vergleich frühestens mit Schreiben vom 23. Oktober 2009 erklärt.
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cc) Ein Rücktritt vom Vergleich war auch nicht gem. § 326 Abs. 5 BGB möglich. Nach dieser Bestimmung kann der Gläubiger von einem gegenseitigen Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB nicht zu leisten braucht. Ein Fall des Ausschlusses der Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit lag hier nicht vor. Der Abfindungsanspruch der Klägerin war wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zwar nicht durchsetzbar. Die Leistung wurde der Beklagten dadurch aber nicht im Sinne von § 275 BGB unmöglich(vgl. MünchKommBGB/Ernst 6. Aufl. § 275 Rn. 13; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 275 Rn. 3, § 276 Rn. 28).
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III. Als unterlegene Partei hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
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Kreft
Eylert
Rachor
Söller
Jan Eulen
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.
(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn
- 1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder - 3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.
(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.
(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.
(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.
(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn
- 1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder - 3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.
(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.
(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.
(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.