Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 04. Sept. 2014 - 3 Ws 253/14

ECLI:ECLI:DE:OLGHAM:2014:0904.3WS253.14.00
bei uns veröffentlicht am04.09.2014

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit darin die Aufhebung des durch Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 13. Dezember 2013 angeordneten dinglichen Arrestes über einen Betrag von 917.723 € hinaus angeordnet worden ist.

2. Damit ist zur Sicherung der Schadensersatzansprüche, die den einzelnen Geschädigten durch die Straftaten des Angeklagten entstandenen sind, für das Land Nordrhein-Westfalen der dingliche Arrest in Höhe von 4.080 € in das Vermögen des Angeklagten Q angeordnet.

Durch Hinterlegung eines Geldbetrages in Höhe von 4.080 € wird die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Angeklagte berechtigt, die Aufhebung des Arrestes zu beantragen.

Beim Angeklagten sind 2.580 € Bargeld, hinterlegt bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Bielefeld zu 25 HL 5/14, und eine Armbanduhr Seiku Velatura Limited Edition (###), verwahrt bei der Gerichtskasse Bielefeld (VwB-Nr. III 3/2014), sichergestellt worden.

3. Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

4. Die Staatskasse trägt die Hälfte der dem Angeklagten im Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen.


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Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.
Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 04. Sept. 2014 - 3 Ws 253/14 zitiert 16 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


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Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafprozeßordnung - StPO | § 111i Insolvenzverfahren


(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an de

Strafprozeßordnung - StPO | § 464 Kosten- und Auslagenentscheidung; sofortige Beschwerde


(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind. (2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft da

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 121


(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel: 1. der Revision gegen a) die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;b) die Berufungsurteile der kleinen

Strafprozeßordnung - StPO | § 111b Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung oder Unbrauchbarmachung


(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die B

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(1) Der dingliche Arrest findet statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. (2) Als ein zureichender Arrestgrund ist es anzusehen, wenn das Urteil im Aus

Strafprozeßordnung - StPO | § 305a Beschwerde gegen Strafaussetzungsbeschluss


(1) Gegen den Beschluß nach § 268a Abs. 1, 2 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist. (2) Wird gegen den Beschluß Beschwerde und gegen das Urteil eine zulässige Revision eingele

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Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Gegen den Beschluß nach § 268a Abs. 1, 2 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist.

(2) Wird gegen den Beschluß Beschwerde und gegen das Urteil eine zulässige Revision eingelegt, so ist das Revisionsgericht auch zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Gegen den Beschluß nach § 268a Abs. 1, 2 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist.

(2) Wird gegen den Beschluß Beschwerde und gegen das Urteil eine zulässige Revision eingelegt, so ist das Revisionsgericht auch zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Gegen den Beschluß nach § 268a Abs. 1, 2 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist.

(2) Wird gegen den Beschluß Beschwerde und gegen das Urteil eine zulässige Revision eingelegt, so ist das Revisionsgericht auch zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.

(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(1) Die Vollziehung der Beschlagnahme eines Gegenstandes hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Wirkung der Beschlagnahme wird von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen nicht berührt; Maßnahmen nach § 111c können in einem solchen Verfahren nicht angefochten werden.

(2) Eine beschlagnahmte bewegliche Sache kann dem Betroffenen zurückgegeben werden, wenn er einen den Wert der Sache entsprechenden Geldbetrag beibringt. Der beigebrachte Betrag tritt an die Stelle der Sache. Sie kann dem Betroffenen auch unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs zur vorläufigen weiteren Benutzung bis zum Abschluss des Verfahrens überlassen werden; die Maßnahme kann davon abhängig gemacht werden, dass der Betroffene Sicherheit leistet oder bestimmte Auflagen erfüllt.

(3) Beschlagnahmtes Bargeld kann hinterlegt oder auf ein Konto der Justiz eingezahlt werden. Der mit der Einzahlung entstandene Auszahlungsanspruch tritt an die Stelle des Bargeldes.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist der historische
Sachverhalt entscheidend, aus dem sich der Ersatzanspruch
ergibt, und nicht das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes
, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde.
Zum Ermessen nach § 111i Abs. 2 StPO und zur Erforderlichkeit
einer Verfahrensrüge für die Beanstandung der Nichtanwendung
dieser Vorschrift.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – 5 StR 306/12
LG Potsdam –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19. Januar 2012 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und die dem Angeklagten R. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Betreiben von Anlagen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 30. August 2012 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die allein die Nichtanordnung des Verfalls beanstandet und über die der Senat nach mündlicher Hauptverhandlung entscheiden muss, bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat bei dem Angeklagten die Anordnung eines Verfalls abgelehnt.
3
1. Nach den Feststellungen unterhielt der Angeklagte einen Entsorgungsfachbetrieb , der sich mit der Verfüllung von sogenannten Bürgermeister -Deponien befasste. Diese aus der DDR-Zeit stammenden Abfallsammelstellen sollten so rekultiviert werden. Dies war nach Landesrecht Aufgabe der Gemeinden, die mit diesen Arbeiten den Betrieb des Angeklagten beauftragten. Nach den Vereinbarungen musste der Angeklagte auf seine Kosten jeweils eine Schließungskonzeption erstellen und die Deponien verfüllen, konnte andererseits bestimmte Abfallmaterialien einbringen. Hierfür waren aber abfallrechtliche Sicherungs- und Rekultivierungsanordnungen zu beachten.
4
Der Angeklagte verfüllte an sieben Standorten Abfallmaterialien, die nicht den Vorgaben entsprachen. So ließ er Kunststoffabfälle, Haus- und Gewerbemüll sowie gefährliche Abfälle einbauen, die eine Kontamination der Bodenschichten und des Grundwassers herbeiführen können. Eine Sanierung wird beträchtliche Kosten erfordern, insgesamt bis zur Höhe von 73 Mio. €. Für die Verfüllung der Deponien flossen dem Betrieb des Ange- klagten in den Jahren 2006 und 2007 Einnahmen in Höhe von 4,3 Mio. € zu, die er von Müllunternehmern für die Verfüllung der nicht genehmigten Abfälle in den einzelnen Deponien erhielt.
5
2. Das Landgericht hat die Anordnung eines Verfalls abgelehnt. Dem stünden gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Ansprüche der Verletzten entgegen. Auch wenn die Umweltdelikte, derentwegen der Angeklagte verurteilt worden sei, dem Schutz der Allgemeinheit dienten, ergäben sich Ersatzansprüche. Dies zeige sich schon daran, dass den betroffenen Gemeinden oder privaten Eigentümern mit der Anordnung des Verfalls Haftungsmasse entzogen würde. Deren Vermögenssphäre schütze § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gleichermaßen. Da Umweltbehörden bereits Ersatzansprüche verfolgten und die dinglichen Arreste zugunsten der Geschädigten erweitert worden seien, bestehe kein Anlass für die Anordnung eines Verfalls.

II.


6
Die gegen die Nichtanordnung des Verfalls gerichteten Angriffe der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.
7
1. Zu Unrecht beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB schon deshalb hätte unterbleiben müssen , weil Umweltstraftaten nicht dem Individualschutz dienen. Damit vermengt die Staatsanwaltschaft in unzulässiger Weise das Schutzgut des Straftatbestandes mit der Frage der Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (unklar auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 73 Rn. 22). Zwar mag es bei der Verletzung von Allgemeinrechtsgütern häufig der Fall sein, dass ein im materiellen Sinne Geschädigter fehlt. Zwingend ist dies indes nicht. Denn es können auch durch Straftaten, die sich in erster Linie gegen Allgemeinrechtsgüter richten, Ersatzansprüche von Dritten entstehen. Im Umweltstrafrecht sind solche Fallgestaltungen sogar verbreitet, weil es regelmäßig neben dem Täter als Verursacher auch Zustandsstörer geben kann, die ebenfalls – wenn auch nur nachrangig – möglicherweise zur Beseitigung des umweltrechtswidrigen Zustands verpflichtet sind und dann gegenüber dem Handlungsschädiger Ersatzansprüche haben.
8
Für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist – wie der Senat bereits entschieden hat (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 254/09, wistra 2010, 141) – der historische Sachverhalt entschei- dend, aus dem sich der Ersatzanspruch ergibt, und nicht das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde. Ist durch eine Handlung, die zugleich strafrechtlich relevant ist, ein anderer geschädigt worden, geht dieser als Verletzter gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vor. Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob die Justizbehörden die Verfolgung auf solche Delikte nach §§ 154, 154a StPO beschränkt haben, deren Verfolgung im Allgemeininteresse liegt (BGH aaO). Nur diese Auslegung wird dem Schutzzweck der Vorschrift gerecht, dem Geschädigten durch eine Verfalls- anordnung nicht die Mittel zu entziehen, die für die Schadensbeseitigung aufzuwenden sind. Der Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verlangt nur einen Kausalzusammenhang zwischen Tatbegehung und Entstehung des Ersatzanspruches. Eine Beschränkung auf bestimmte Deliktstypen ist der Vorschrift nicht zu entnehmen.
9
2. Ebenso wenig überzeugt der Gedanke, wonach der Angeklagte die Vermögenswerte nicht „aus der Tat“, sondern „für die Tat“ erhalten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft es zwar grundsätzlich zu, dass der Ausschluss zugunsten des Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nur für Vermögensvorteile des Täters Anwendung findet, die „aus der Tat“, nicht aber für solche, die „für die Tat“ erlangt sind (BGH,Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 StR 84/10, wistra 2010, 439, und Beschluss vom 9. November 2010 – 4 StR 447/10, NStZ 2011, 229). Danach sind Vermögenswer- te „für die Tat“ erlangt, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidri- ges Handeln gewährt werden, aber nicht auf der Tatbestandserfüllung selbst beruhen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 f.). Allerdings gilt auch hier, dass die Vorteile dann aus der Tat erlangt sind, wenn Vermögensnachteile und Vermögenszuwachs spiegelbildlich miteinander korrespondieren (BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3StR 84/10, wistra 2010, 439 – zum Verhältnis Amtsdelikt und damit zusammenhängender Untreue).
10
Im vorliegenden Fall dürfte schon die letztgenannte Ausnahmekonstellation vorliegen. Die Bezahlung erfolgte nämlich für den unerlaubten Umgang mit Abfällen im Sinne des § 326 StGB, wobei die Ersatzpflicht des Angeklagten – spiegelbildlich – aufgrund dieses unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen entstanden ist.
11
Hinzu kommt aber, dass der Angeklagte tateinheitlich jeweils auch wegen unerlaubten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage nach § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB verurteilt wurde. Hinsichtlich dieses vom Landgericht zu Recht jeweils als idealkonkurrierend ausgeurteilten Tatbestands sind die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben. Der Angeklagte hat nämlich durch den Betrieb der illegalen Deponie die Vermögenszuwächse erwirtschaftet. Im Blick auf diesen Tatbestand sind mithin die für die illegale Lagerung geleisteten Zahlungen „aus der Tat“, nämlich aus dem illegalen Betrieb der Abfallanlage erlangt. Der Schutzzweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, der dem Ersatzberechtigten die dem Täter zugeflossenen Mittel für die Schadenswiedergutmachung sichern soll, erfordert es, von einer Verfallsanordnung abzusehen, auch wenn zugleich ein Tatbestand verwirklicht sein sollte, aus dessen Normperspektive die Vermögenszuflüsse „für die Tat“ er- folgt sein sollten.
12
3. Nunmehr will die Staatsanwaltschaft im Nachgang zu ihrer Revisionsbegründung , in der dieser Gesichtspunkt nur am Rande erwähnt wurde, primär beanstanden, dass das Landgericht von einer Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO abgesehen hat. Auch diese Beanstandung bleibt erfolglos.
13
a) Die begehrte Feststellung käme nur in Betracht, soweit die zugrundeliegenden Taten nicht vor dem 1. Januar 2007 beendet worden wären (BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2008 – 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, und vom 12. August 2010 – 4 StR 293/10). Im vorliegenden Fall waren die Taten teilweise vor diesem Zeitpunkt beendet, teilweise auch erst danach , wobei die Urteilsgründe hierzu in einigen Fällen keine näheren Ausführungen enthalten.
14
b) In einem Fall unterbliebener Anordnung hätte es zur Beanstandung mangelnder Feststellung nach der Vorschrift des § 111i Abs. 2 StPO, die – ungeachtetder materiellen Komponente, welche die Anwendung des § 2 Abs. 3, 5 StGB bedingt – im Verfahrensrecht, in engstem Sachzusammenhang mit Regelungen über vorläufige Sicherstellungen im Verfahren, verankert ist, einer innerhalb der Revisionsbegründungsfrist spezifiziert auszufüh- renden Verfahrensrüge bedurft. Diese ist jedenfalls erforderlich, wenn, wie hier, eine lediglich partiell unterbliebene Anwendung der Norm zum Revisionsgegenstand gemacht werden soll. Dies gilt namentlich für einen Übergangsfall wie den vorliegenden, in dem Beschlagnahme und dinglicher Arrest ohne Rücksicht auf den Tatzeitpunkt angeordnet worden waren. An einer solchen Rüge fehlt es.
15
c) Abgesehen davon könnte die Beanstandung nicht einmal in der Sache Erfolg haben. Der Senat könnte dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ausreichend sicher entnehmen, dass das Landgericht von einem ihm zustehenden Ermessen für eine Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO keinen Gebrauch machen wollte.
16
Das weitgehende tatgerichtliche Ermessen ist vom Revisionsgericht ohnehin regelmäßig hinzunehmen (vgl. Nack in KK-StPO, 6. Aufl. , § 111i Rn. 17). Freilich mag auf entsprechende Anordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO nur in Ausnahmefällen verzichtet werden können (BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 – 2 StR 195/09 unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 16/700, S. 15 f.). Dies kann aber nur für Fälle gelten, in denen die Anwendung des § 111i Abs. 2 StPO wegen zu erwartender Nichtinanspruchnahme des Täters auf Schadensersatzleistung und eines danach zu befürchtenden Verbleibens von Tatgewinnen bei ihm vordringlich erscheint.
17
Gerade das ist hier nicht der Fall: Das Landgericht hat festgestellt, dass Behörden in erheblichem Umfang bereits Ersatzansprüche verfolgen. Die Schäden liegen in einer so beträchtlichen Höhe, dass sie den Betrag der zugeflossenen Gelder übersteigen dürften. Das Landgericht hatte zudem die bestehenden dinglichen Arreste zugunsten derjenigen, die Ersatzansprüche geltend machen, erweitert. Damit besteht eine Situation, in der auch ohne ein nur partiell zulässiges Vorgehen nach § 111i Abs. 2 und 3 StPO weiterhin eine ausreichende Absicherung der Ersatzansprüche der durch die Straftat Geschädigten anzunehmen ist.
18
Nach alledem wäre die vom Landgericht unterlassene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO als ermessensfehlerfrei hinzunehmen gewesen, zumal die Ermittlung der Beendigung der einzelnen Taten noch erheblichen justiziellen Aufwand erfordert hätte und der Angeklagte zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, deren alsbaldige Verbüßung vordringlich herbeizuführen war.
19
d) Im Übrigen neigt der Senat im Zusammenhang mit der Frage ausreichender Sicherung der Ersatzanspruchsberechtigten dazu, dass im Falle des Absehens von einer Verlängerung nach § 111i Abs. 3 StPO der gemäß § 111b Abs. 5, § 111d StPO zum Zweck der Rückgewinnungshilfe erlassene dingliche Arrest gleichwohl nach den Regelungen der §§ 916 ff. ZPO fortwirkt. Die nur partielle Bezugnahme auf einzelne Regelungen der Zivilprozessordnung in § 111d Abs. 2 StPO, die auf die Rechtslage im laufenden Strafverfahren nach Arrestanordnung zielt, steht dieser Annahme nicht entgegen. Eine dem Rechtsinstitut des Arrestes fremde automatische Beendigung mit Rechtskraft des weder eine Verfallsanordnung noch einen Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO enthaltenden Urteils, wie sie in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertreten wird (vgl. etwa OLG Stuttgart, NStZ 2005, 401; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 55. Aufl., § 111e Rn. 18; BeckOK/Huber, StPO, Edition 15, § 111e Rn. 10), ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine Pflicht des Gerichts zur Aufhebung des Arrestes allein wegen des Unterbleibens einer entsprechenden Anordnung im Urteil (so wohl LR/Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 111i Rn. 1) ist ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt und erscheint auch systematisch nicht zwingend. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arrest – wie hier – nach § 111b Abs. 5 StPO (auch) zugunsten der Verletzten erlassen wurde.
20
e) Da das Absehen von einer Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO somit auch in der Sache nicht zu beanstanden wäre, käme es im Ergebnis nicht darauf an, ob deren Voraussetzungen überhaupt für sämtliche erlangten Beträge vorgelegen hätten. Dies ist insbesondere hinsichtlich der Ein- nahmen zweifelhaft, die an die vom Angeklagten gegründete GmbH geflossen sind. Ob der Angeklagte über die dieser zugeflossenen Beträge tatsächlich wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt hatte, ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen. Hieran kann es nämlich auch bei einer Ein-PersonenGmbH fehlen, wenn etwa bei Bestehen hoher Verbindlichkeiten eine Entnahmemöglichkeit des Gesellschafters trotz des Geldzuflusses mangels ausreichender Liquidität nicht besteht.
Basdorf Raum Sander König Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 70/06
vom
31. Juli 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2006 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 16. November 2005 - auch soweit es den Mitangeklagten B. betrifft - im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 43 Fällen und wegen Beihilfe zum Betrug in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Mitangeklagten B. hat es ebenfalls wegen Betruges und Beihilfe zum Betrug in 91 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Darüber hinaus hat es den Verfall von Wertersatz hinsichtlich des Angeklagten in Höhe von 30.000 € und hinsichtlich des Mitangeklagten B. in Höhe von 10.000 € angeordnet. Die Revision des Angeklagten beanstandet allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Sie ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. So- weit sie sich gegen die Verfallsanordnung richtet, hat sie hingegen Erfolg. Die deshalb veranlasste Teilaufhebung des Urteils ist auf den Mitangeklagten B. zu erstrecken.
2
1. Die Verfallsanordnung kann von Rechts wegen keinen Bestand haben, weil den Geschädigten der abgeurteilten Taten zivilrechtliche Ansprüche erwachsen sind, die der Verfallsanordnung zu Gunsten des Staates grundsätzlich vorgehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB).
3
Der grundsätzliche Vorrang der zivilrechtlichen Ansprüche der im Urteil namentlich festgestellten Geschädigten greift lediglich dann nicht, wenn diese keine Ansprüche geltend machen oder darauf verzichten, dem Angeklagten also keine doppelte Inanspruchnahme droht und den Geschädigten auch keine Ersatzmöglichkeit entzogen wird (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 54, 55; BGH, Beschluss vom 31. März 2004 - 1 StR 482/03 - insoweit in NStZ 2005, 213 nicht abgedruckt). Dazu verhält sich das Urteil nicht ausdrücklich.
4
Der Senat hat davon abgesehen, die Verfallsanordnung - wie vom Generalbundesanwalt beantragt - lediglich in Wegfall zu bringen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 3. November 1999 - 3 StR 346/99). Er erachtet es für sachgerecht, den Verfallsausspruch aufzuheben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Auf diese Weise besteht die Möglichkeit , Feststellungen darüber zu treffen, ob etwa Geschädigte auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichtet haben (zu solcher Fallgestaltung vgl. BGH NStZ-RR 2004, 54, 55; BGH, Beschluss vom 31. März 2004 - 1 StR 482/03 - insoweit in NStZ 2005, 213 nicht abgedruckt). Sollte das nicht der Fall sein, sieht § 111i StPO die Möglichkeit vor, eine etwa angeordnete Beschlagnahme zu Gunsten der Verletzten zu verlängern und diesen den Weg zu öffnen, ihre Ansprüche zivilrechtlich durchzusetzen; das wird bei sinngerechtem Ver- ständnis der Norm auch für die Fälle dinglichen Arrests gelten (vgl. OLG Hamm StV 2003, 548; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2005, 345; KK-Nack, 5. Aufl. § 111i Rdn. 2; siehe weiter zur Rückgewinnungshilfe: § 111b Abs. 5 i.V.m. § 111b Abs. 2; § 111d StPO; BGH StV 1995, 301; NStZ 2003, 533; BGH, Beschluss vom 6. Februar 1996 - 4 StR 727/95; KK-Nack § 111b Rdn. 17 ff.). Dies erscheint nicht von vornherein aussichtslos. Damit wird sich die Strafkammer auseinanderzusetzen haben.
5
2. Die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils ist auf den Mitangeklagten B. zu erstrecken. Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:
6
"Gemäß § 357 StPO hat sich die Aufhebung des Urteils im Ausspruch über den Wertersatzverfall auch auf den nicht revidierenden Mitangeklagten B. zu erstrecken (BGHR StGB § 73 Gewinn 2). Für die Revisionserstreckung ist es ausreichend, dass eine auf dasselbe Tatgeschehen bezogene gleichartige Verletzung des sachlichen Rechts vorliegt (KK-Kuckein, 5. Aufl., § 357 Rdn. 14). Der Mitangeklagte B. wurde wegen Beihilfe zu den meisten vom Angeklagten Bö. begangenen Taten verurteilt. Auch gegen ihn bestehen Ansprüche Geschädigter gemäß §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 BGB. Dass der Mitangeklagte B. seinen Vermögensvorteil nicht direkt aus den aus deliktischen Handlungen erzielten Provisionen, sondern aus einem festen Gehalt erwirtschaftet hat, steht dem nicht entgegen. Er wusste, dass die gesamte geschäftliche Tätigkeit der Firma CED auf den betrügerischen Handel mit Diamanten angelegt war (vgl. UA S. 24 f.)." Nack Wahl Boetticher Schluckebier Elf

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist der historische
Sachverhalt entscheidend, aus dem sich der Ersatzanspruch
ergibt, und nicht das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes
, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde.
Zum Ermessen nach § 111i Abs. 2 StPO und zur Erforderlichkeit
einer Verfahrensrüge für die Beanstandung der Nichtanwendung
dieser Vorschrift.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – 5 StR 306/12
LG Potsdam –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19. Januar 2012 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und die dem Angeklagten R. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Betreiben von Anlagen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 30. August 2012 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die allein die Nichtanordnung des Verfalls beanstandet und über die der Senat nach mündlicher Hauptverhandlung entscheiden muss, bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat bei dem Angeklagten die Anordnung eines Verfalls abgelehnt.
3
1. Nach den Feststellungen unterhielt der Angeklagte einen Entsorgungsfachbetrieb , der sich mit der Verfüllung von sogenannten Bürgermeister -Deponien befasste. Diese aus der DDR-Zeit stammenden Abfallsammelstellen sollten so rekultiviert werden. Dies war nach Landesrecht Aufgabe der Gemeinden, die mit diesen Arbeiten den Betrieb des Angeklagten beauftragten. Nach den Vereinbarungen musste der Angeklagte auf seine Kosten jeweils eine Schließungskonzeption erstellen und die Deponien verfüllen, konnte andererseits bestimmte Abfallmaterialien einbringen. Hierfür waren aber abfallrechtliche Sicherungs- und Rekultivierungsanordnungen zu beachten.
4
Der Angeklagte verfüllte an sieben Standorten Abfallmaterialien, die nicht den Vorgaben entsprachen. So ließ er Kunststoffabfälle, Haus- und Gewerbemüll sowie gefährliche Abfälle einbauen, die eine Kontamination der Bodenschichten und des Grundwassers herbeiführen können. Eine Sanierung wird beträchtliche Kosten erfordern, insgesamt bis zur Höhe von 73 Mio. €. Für die Verfüllung der Deponien flossen dem Betrieb des Ange- klagten in den Jahren 2006 und 2007 Einnahmen in Höhe von 4,3 Mio. € zu, die er von Müllunternehmern für die Verfüllung der nicht genehmigten Abfälle in den einzelnen Deponien erhielt.
5
2. Das Landgericht hat die Anordnung eines Verfalls abgelehnt. Dem stünden gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Ansprüche der Verletzten entgegen. Auch wenn die Umweltdelikte, derentwegen der Angeklagte verurteilt worden sei, dem Schutz der Allgemeinheit dienten, ergäben sich Ersatzansprüche. Dies zeige sich schon daran, dass den betroffenen Gemeinden oder privaten Eigentümern mit der Anordnung des Verfalls Haftungsmasse entzogen würde. Deren Vermögenssphäre schütze § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gleichermaßen. Da Umweltbehörden bereits Ersatzansprüche verfolgten und die dinglichen Arreste zugunsten der Geschädigten erweitert worden seien, bestehe kein Anlass für die Anordnung eines Verfalls.

II.


6
Die gegen die Nichtanordnung des Verfalls gerichteten Angriffe der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.
7
1. Zu Unrecht beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB schon deshalb hätte unterbleiben müssen , weil Umweltstraftaten nicht dem Individualschutz dienen. Damit vermengt die Staatsanwaltschaft in unzulässiger Weise das Schutzgut des Straftatbestandes mit der Frage der Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (unklar auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 73 Rn. 22). Zwar mag es bei der Verletzung von Allgemeinrechtsgütern häufig der Fall sein, dass ein im materiellen Sinne Geschädigter fehlt. Zwingend ist dies indes nicht. Denn es können auch durch Straftaten, die sich in erster Linie gegen Allgemeinrechtsgüter richten, Ersatzansprüche von Dritten entstehen. Im Umweltstrafrecht sind solche Fallgestaltungen sogar verbreitet, weil es regelmäßig neben dem Täter als Verursacher auch Zustandsstörer geben kann, die ebenfalls – wenn auch nur nachrangig – möglicherweise zur Beseitigung des umweltrechtswidrigen Zustands verpflichtet sind und dann gegenüber dem Handlungsschädiger Ersatzansprüche haben.
8
Für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist – wie der Senat bereits entschieden hat (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 254/09, wistra 2010, 141) – der historische Sachverhalt entschei- dend, aus dem sich der Ersatzanspruch ergibt, und nicht das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde. Ist durch eine Handlung, die zugleich strafrechtlich relevant ist, ein anderer geschädigt worden, geht dieser als Verletzter gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vor. Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob die Justizbehörden die Verfolgung auf solche Delikte nach §§ 154, 154a StPO beschränkt haben, deren Verfolgung im Allgemeininteresse liegt (BGH aaO). Nur diese Auslegung wird dem Schutzzweck der Vorschrift gerecht, dem Geschädigten durch eine Verfalls- anordnung nicht die Mittel zu entziehen, die für die Schadensbeseitigung aufzuwenden sind. Der Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verlangt nur einen Kausalzusammenhang zwischen Tatbegehung und Entstehung des Ersatzanspruches. Eine Beschränkung auf bestimmte Deliktstypen ist der Vorschrift nicht zu entnehmen.
9
2. Ebenso wenig überzeugt der Gedanke, wonach der Angeklagte die Vermögenswerte nicht „aus der Tat“, sondern „für die Tat“ erhalten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft es zwar grundsätzlich zu, dass der Ausschluss zugunsten des Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nur für Vermögensvorteile des Täters Anwendung findet, die „aus der Tat“, nicht aber für solche, die „für die Tat“ erlangt sind (BGH,Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 StR 84/10, wistra 2010, 439, und Beschluss vom 9. November 2010 – 4 StR 447/10, NStZ 2011, 229). Danach sind Vermögenswer- te „für die Tat“ erlangt, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidri- ges Handeln gewährt werden, aber nicht auf der Tatbestandserfüllung selbst beruhen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 f.). Allerdings gilt auch hier, dass die Vorteile dann aus der Tat erlangt sind, wenn Vermögensnachteile und Vermögenszuwachs spiegelbildlich miteinander korrespondieren (BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3StR 84/10, wistra 2010, 439 – zum Verhältnis Amtsdelikt und damit zusammenhängender Untreue).
10
Im vorliegenden Fall dürfte schon die letztgenannte Ausnahmekonstellation vorliegen. Die Bezahlung erfolgte nämlich für den unerlaubten Umgang mit Abfällen im Sinne des § 326 StGB, wobei die Ersatzpflicht des Angeklagten – spiegelbildlich – aufgrund dieses unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen entstanden ist.
11
Hinzu kommt aber, dass der Angeklagte tateinheitlich jeweils auch wegen unerlaubten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage nach § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB verurteilt wurde. Hinsichtlich dieses vom Landgericht zu Recht jeweils als idealkonkurrierend ausgeurteilten Tatbestands sind die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben. Der Angeklagte hat nämlich durch den Betrieb der illegalen Deponie die Vermögenszuwächse erwirtschaftet. Im Blick auf diesen Tatbestand sind mithin die für die illegale Lagerung geleisteten Zahlungen „aus der Tat“, nämlich aus dem illegalen Betrieb der Abfallanlage erlangt. Der Schutzzweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, der dem Ersatzberechtigten die dem Täter zugeflossenen Mittel für die Schadenswiedergutmachung sichern soll, erfordert es, von einer Verfallsanordnung abzusehen, auch wenn zugleich ein Tatbestand verwirklicht sein sollte, aus dessen Normperspektive die Vermögenszuflüsse „für die Tat“ er- folgt sein sollten.
12
3. Nunmehr will die Staatsanwaltschaft im Nachgang zu ihrer Revisionsbegründung , in der dieser Gesichtspunkt nur am Rande erwähnt wurde, primär beanstanden, dass das Landgericht von einer Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO abgesehen hat. Auch diese Beanstandung bleibt erfolglos.
13
a) Die begehrte Feststellung käme nur in Betracht, soweit die zugrundeliegenden Taten nicht vor dem 1. Januar 2007 beendet worden wären (BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2008 – 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, und vom 12. August 2010 – 4 StR 293/10). Im vorliegenden Fall waren die Taten teilweise vor diesem Zeitpunkt beendet, teilweise auch erst danach , wobei die Urteilsgründe hierzu in einigen Fällen keine näheren Ausführungen enthalten.
14
b) In einem Fall unterbliebener Anordnung hätte es zur Beanstandung mangelnder Feststellung nach der Vorschrift des § 111i Abs. 2 StPO, die – ungeachtetder materiellen Komponente, welche die Anwendung des § 2 Abs. 3, 5 StGB bedingt – im Verfahrensrecht, in engstem Sachzusammenhang mit Regelungen über vorläufige Sicherstellungen im Verfahren, verankert ist, einer innerhalb der Revisionsbegründungsfrist spezifiziert auszufüh- renden Verfahrensrüge bedurft. Diese ist jedenfalls erforderlich, wenn, wie hier, eine lediglich partiell unterbliebene Anwendung der Norm zum Revisionsgegenstand gemacht werden soll. Dies gilt namentlich für einen Übergangsfall wie den vorliegenden, in dem Beschlagnahme und dinglicher Arrest ohne Rücksicht auf den Tatzeitpunkt angeordnet worden waren. An einer solchen Rüge fehlt es.
15
c) Abgesehen davon könnte die Beanstandung nicht einmal in der Sache Erfolg haben. Der Senat könnte dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ausreichend sicher entnehmen, dass das Landgericht von einem ihm zustehenden Ermessen für eine Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO keinen Gebrauch machen wollte.
16
Das weitgehende tatgerichtliche Ermessen ist vom Revisionsgericht ohnehin regelmäßig hinzunehmen (vgl. Nack in KK-StPO, 6. Aufl. , § 111i Rn. 17). Freilich mag auf entsprechende Anordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO nur in Ausnahmefällen verzichtet werden können (BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 – 2 StR 195/09 unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 16/700, S. 15 f.). Dies kann aber nur für Fälle gelten, in denen die Anwendung des § 111i Abs. 2 StPO wegen zu erwartender Nichtinanspruchnahme des Täters auf Schadensersatzleistung und eines danach zu befürchtenden Verbleibens von Tatgewinnen bei ihm vordringlich erscheint.
17
Gerade das ist hier nicht der Fall: Das Landgericht hat festgestellt, dass Behörden in erheblichem Umfang bereits Ersatzansprüche verfolgen. Die Schäden liegen in einer so beträchtlichen Höhe, dass sie den Betrag der zugeflossenen Gelder übersteigen dürften. Das Landgericht hatte zudem die bestehenden dinglichen Arreste zugunsten derjenigen, die Ersatzansprüche geltend machen, erweitert. Damit besteht eine Situation, in der auch ohne ein nur partiell zulässiges Vorgehen nach § 111i Abs. 2 und 3 StPO weiterhin eine ausreichende Absicherung der Ersatzansprüche der durch die Straftat Geschädigten anzunehmen ist.
18
Nach alledem wäre die vom Landgericht unterlassene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO als ermessensfehlerfrei hinzunehmen gewesen, zumal die Ermittlung der Beendigung der einzelnen Taten noch erheblichen justiziellen Aufwand erfordert hätte und der Angeklagte zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, deren alsbaldige Verbüßung vordringlich herbeizuführen war.
19
d) Im Übrigen neigt der Senat im Zusammenhang mit der Frage ausreichender Sicherung der Ersatzanspruchsberechtigten dazu, dass im Falle des Absehens von einer Verlängerung nach § 111i Abs. 3 StPO der gemäß § 111b Abs. 5, § 111d StPO zum Zweck der Rückgewinnungshilfe erlassene dingliche Arrest gleichwohl nach den Regelungen der §§ 916 ff. ZPO fortwirkt. Die nur partielle Bezugnahme auf einzelne Regelungen der Zivilprozessordnung in § 111d Abs. 2 StPO, die auf die Rechtslage im laufenden Strafverfahren nach Arrestanordnung zielt, steht dieser Annahme nicht entgegen. Eine dem Rechtsinstitut des Arrestes fremde automatische Beendigung mit Rechtskraft des weder eine Verfallsanordnung noch einen Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO enthaltenden Urteils, wie sie in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertreten wird (vgl. etwa OLG Stuttgart, NStZ 2005, 401; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 55. Aufl., § 111e Rn. 18; BeckOK/Huber, StPO, Edition 15, § 111e Rn. 10), ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine Pflicht des Gerichts zur Aufhebung des Arrestes allein wegen des Unterbleibens einer entsprechenden Anordnung im Urteil (so wohl LR/Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 111i Rn. 1) ist ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt und erscheint auch systematisch nicht zwingend. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arrest – wie hier – nach § 111b Abs. 5 StPO (auch) zugunsten der Verletzten erlassen wurde.
20
e) Da das Absehen von einer Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO somit auch in der Sache nicht zu beanstanden wäre, käme es im Ergebnis nicht darauf an, ob deren Voraussetzungen überhaupt für sämtliche erlangten Beträge vorgelegen hätten. Dies ist insbesondere hinsichtlich der Ein- nahmen zweifelhaft, die an die vom Angeklagten gegründete GmbH geflossen sind. Ob der Angeklagte über die dieser zugeflossenen Beträge tatsächlich wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt hatte, ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen. Hieran kann es nämlich auch bei einer Ein-PersonenGmbH fehlen, wenn etwa bei Bestehen hoher Verbindlichkeiten eine Entnahmemöglichkeit des Gesellschafters trotz des Geldzuflusses mangels ausreichender Liquidität nicht besteht.
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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
__________
StB 9/12
vom
8. Oktober 2012
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Angeklagten und seiner Verteidiger am 8. Oktober 2012
gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Gründe:

1
I. Der Angeklagte befindet sich seit dem 17. November 2009 in Untersuchungshaft , zunächst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 16. November 2009 (4 BGs 31/09), sodann aufgrund des diesen ersetzenden Haftbefehls des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. Januar 2011. Danach liegt dem Angeklagten zur Last, in 26 Fällen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie in 39 Fällen Kriegsverbrechen, jeweils in Tateinheit mit Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, begangen zu haben. Er soll seit Juni 2004 1. Vizepräsident der "Forces Démocratiques de Libération du Rwanda" (im Folgenden: FDLR), einer vor allem im Osten der Demokratischen Republik Kongo (im Folgenden: DRC) operierenden paramilitärischen Milizenorganisation, gewesen sein und es von Januar 2008 bis zu seiner Festnahme als militärischer Befehlshaber unterlassen ha- ben, seine Untergebenen daran zu hindern, Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch zu begehen. Wegen dieser Tatvorwürfe hat der Generalbundesanwalt unter dem 7. Dezember 2010 Anklage zum Oberlandesgericht Stuttgart erhoben. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 1. März 2011 die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Hauptverhandlung hat am 4. Mai 2011 begonnen. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2011 hat das Oberlandesgericht Anträge der Verteidigung, den Haftbefehl aufzuheben, zurückgewiesen.
2
Der Senat hatte zuvor im Haftprüfungsverfahren nach §§ 121 f. StPO mit Beschlüssen vom 17. Juni 2010 (AK 4/10), 28. Oktober 2010 (AK 14/10) und 8. Februar 2011 (AK 3/11) jeweils die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Er hatte dabei auf den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland abgestellt und offen gelassen, ob der Angeklagte darüber hinaus dringend verdächtig ist, Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch begangen zu haben.
3
Die Verteidigung des Angeklagten hat mit Schriftsatz vom 19. Juni 2012 erneut die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise dessen Außervollzugsetzung, beantragt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die bisherige Hauptverhandlung genüge nicht dem Beschleunigungsgebot; zudem stützten die in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismittel den Anklagevorwurf nicht. Das Oberlandesgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 29. Juni 2012 zurückgewiesen. Es hat den Gang der Hauptverhandlung näher dargelegt und ausgeführt, der Angeklagte sei weiterhin dringend verdächtig, die ihm im Haftbefehl und in der Anklage zur Last gelegten Taten begangen zu haben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten, der weiterhin einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot geltend macht und vorträgt, ein dringender Tatverdacht bestehe nicht. Das Oberlandesgericht hat dem Rechtsmittel gemäß Vermerk vom 10. August 2012 nicht abgeholfen. Der Generalbundesanwalt beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die bisher durchgeführte Beweisaufnahme habe das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen ganz überwiegend bestätigt. Es bestehe weiterhin der dringende Verdacht, dass der Angeklagte der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung schuldig sei sowie die ihm vorgeworfenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ungeachtet einer bestehenden Verantwortlichkeit nach § 4 VStGB - insoweit über die rechtliche Würdigung in Haftbefehl und Anklageschrift hinaus - in mittelbarer Täterschaft durch Unterlassen begangen habe.
4
II. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache zu neuer Bescheidung durch das Oberlandesgericht ; denn die dem Senat bislang unterbreiteten tatsächlichen Grundlagen reichen für eine abschließende Beurteilung des dringenden Tatverdachts bezüglich der dem Angeklagten vorgeworfenen Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch und damit der Verhältnismäßigkeit der Fortdauer der Untersuchungshaft nicht aus.
5
1. Gegen den Angeklagten besteht weiterhin der dringende Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB). Demgegenüber kann der Senat derzeit nicht abschließend bewerten, ob der Angeklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit die ihm vorgeworfenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Kriegsverbrechen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 3, 6, 8, 9, Abs. 3, § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 5, Abs. 4 Satz 1, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VStGB), sei es in Verbindung mit der Verantwortlichkeit militärischer Befehlshaber oder anderer Vorgesetzter (§ 4 VStGB), sei es in mittelbarer Täterschaft durch Unterlassen (§ 25 Abs. 1 Alt. 2, § 13 Abs. 1 StGB), begangen hat.
6
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegt die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender Hauptverhandlung vornimmt, im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht (BGH, Beschlüsse vom 7. August 2007 - StB 17/07, juris Rn. 5; vom 19. Dezember 2003 - StB 21/03, BGHR StPO § 112 Tatverdacht 3 mwN). Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbesteht oder dies nicht der Fall ist. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine eigenen unmittelbaren Erkenntnisse über den Verlauf der Beweisaufnahme.
7
b) Bei Anwendung dieses Prüfungsmaßstabs hat das Oberlandesgericht vor dem Hintergrund des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen, wie es in der Anklageschrift zusammengefasst ist, ausreichend dargelegt, dass die Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nicht in Frage stellen, den der Senat auf der Grundlage des jeweiligen Ermittlungsergebnisses in seinen Haftprüfungsentscheidungen ebenfalls bejaht hatte. Es besteht auch bei sachgerechter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens kein Anlass anzunehmen, eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die FDLR eine auf die Begehung der in § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB bezeichneten Verbrechen gerichtete ausländische Vereinigung ist und der Angeklagte sich an dieser als 1. Vizepräsident und damit als hochrangiges Mitglied beteiligte, liege nicht mehr vor.
8
c) Demgegenüber kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Ausführungen des Oberlandesgerichts auch mit Blick auf den Inhalt der Anklageschrift und den Beschluss vom 21. Dezember 2011 nicht abschließend beurteilen , ob der Angeklagte dringend verdächtig ist, sich wegen der ihm vorgeworfenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen strafbar gemacht zu haben. Die Zurechnung der in der DRC begangenen Verbrechen über § 4 VStGB setzt u.a. voraus, dass der Angeklagte die Möglichkeit hatte, das Verhalten seiner Untergebenen faktisch zu bestimmen, insbesondere Straftaten wirksam zu unterbinden (vgl. im Einzelnen, BGH, Beschluss vom 17. Juni 2010 - AK 3/10, BGHSt 55, 157, 168). Damit der Senat diese - in seinen Haftprüfungsentscheidungen offen gelassene - Frage in einer die Entscheidung über die Beschwerde des Angeklagten tragenden Weise bewerten kann, bedarf es einer substantiierteren Darlegung des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch das Oberlandesgericht, als dies bislang geschehen ist. Von besonderem Belang sind dabei Ausmaß und Inhalt der Kontakte des Angeklagten zu den vor Ort in der DRC agierenden Einheiten der FDLR sowie das Maß der Verbindlichkeit eventueller Vorgaben bzw. Anweisungen. Zu der - soweit für den Senat ersichtlich vom Generalbundesanwalt in seiner Erwiderung auf die Beschwerde erstmals aufgeworfenen - Frage, ob der Angeklagte mit großer Wahrscheinlichkeit sogar darüber hinaus als mittelbarer Täter für die vor Ort begangenen Verbrechen strafrechtlich verantwortlich ist, verhält sich die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts naturgemäß ebenfalls nicht.
9
Der Senat weist zur Klarstellung darauf hin, dass er als Beschwerdegericht ohne eigene Erkenntnismöglichkeiten bezüglich des Inhalts der Hauptver- handlung zwar in die Lage versetzt werden muss, seine Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten auf einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage zu treffen, damit den nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erhöhten Anforderungen an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 24. August 2010 - 2 BvR 1113/10, juris Rn. 23) ausreichend Rechnung getragen werden kann. Dies bedeutet indes nicht, dass das verhandelnde Tatgericht in Fallkonstellationen wie der vorliegenden zu einer umfassenden Darstellung der Würdigung aller bislang erhobenen Beweise verpflichtet ist. Die abschließende Bewertung der Beweise durch das Oberlandesgericht und ihre entsprechende Darlegung sind den Urteilsgründen vorbehalten. Das Haftbeschwerdeverfahren führt insoweit nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Tatgericht zu Inhalt und Ergebnis aller Beweiserhebungen erklären müsste (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2003 - StB 11/03, NStZ-RR 2003, 368). Weiter entspricht es der Natur der Sache, dass die vom Tatgericht vorzunehmende Würdigung vorläufigen Charakter hat und für sich genommen nicht geeignet ist, etwa den Vorwurf der Voreingenommenheit der beteiligten Richter zu begründen.
10
2. Da der Senat den dringenden Tatverdacht hinsichtlich der Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch nicht abschließend zu beurteilen vermag, ist derzeit auch eine endgültige Entscheidung darüber nicht möglich, ob die Fortdauer der Untersuchungshaft mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 2 StPO) zu vereinbaren ist.
11
a) Entgegen der Ansicht der Beschwerde liegt allerdings ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot als spezielle Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht vor.
12
aa) Bei der Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist das Spannungsverhältnis zwischen dem in Art. 2 Abs. 2 GG gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zu beachten. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist dabei nicht nur für die Anordnung, sondern auch für die Dauer der Untersuchungshaft von Bedeutung. Nach dem verfassungsrechtlich ebenfalls in Art. 2 Abs. 2 GG verankerten Beschleunigungsgebot in Haftsachen haben die Strafverfolgungsbehörden und -gerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (BVerfG aaO, juris Rn. 19 ff.). Bei der danach gebotenen auf den Einzelfall bezogenen Prüfung des Verfahrensablaufs sind etwa der Umfang und die Komplexität der Rechtssache, die Anzahl der beteiligten Personen und das Verhalten der Verteidigung zu beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 2008 - 2 BvR 2652/07, StV 2008, 198 f.).
13
bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist - im Gegensatz zur Auffassung der Verteidigung - die Planung und Durchführung der Hauptverhandlung nicht zu beanstanden. Vielmehr ist angesichts der maßgebenden konkreten Umstände die Verfahrensweise des Oberlandesgerichts als angemessen zu bewerten.
14
Das Oberlandesgericht hat die (ohne Anlage) 189 Seiten umfassende Anklageschrift vom 7. Dezember 2010 mit Beschluss vom 1. März 2011 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Der Vorsitzende hat bereits am 17. März 2011 Termine zur Hauptverhandlung ab dem 4. Mai 2011 bestimmt, und zwar regelmäßig auf montags sowie mittwochs. Insgesamt sind bis zum 29. Juni 2012 84 Hauptverhandlungstage durchgeführt worden, die im Wesentlichen mehr als fünf, teilweise auch mehr als acht Stunden andauerten. Somit sah nicht nur die Planung der Hauptverhandlung mehr als einen Verhandlungstag pro Woche vor, sondern es ist durchschnittlich auch an mehr als einem Tag pro Woche verhandelt worden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvR 1847/07, BVerfGK 12, 166). Es widerspricht dem Beschleunigungsgebot nicht, dass in der ersten Aprilhälfte 2012 und Ende Mai/Anfang Juni 2012 im Hinblick auf die Ostertage bzw. das Pfingstfest keine Verhandlungen stattfanden; denn dieses lässt Unterbrechungen für eine angemessene Zeit bei einer ansonsten hinreichenden Terminsdichte zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 2008 - 2 BvR 2652/07, StV 2008, 198).
15
In Bedacht zu nehmen ist daneben, dass das Verfahren sich gegen zwei Angeklagte richtet und u.a. die Aufklärung der sich über mehrere Jahre erstreckenden Tätigkeit des Angeklagten für die FDLR sowie von 15 verschiedenen Überfällen in der DRC erfordert. Das Oberlandesgericht hat bis zum Zeitpunkt seiner angegriffenen Entscheidung u.a. 27 Zeugen und Sachverständige vernommen , wovon 15 aus dem Ausland, vornehmlich Ruanda angereist waren. Daneben wurden zahlreiche SMS, E-Mails und sonstige Urkunden verlesen sowie Telefonate und Videoaufzeichnungen von teilweise erheblicher Dauer in Augenschein genommen. Da ein Großteil der Beweismittel nur mit Hilfe eines Übersetzers für die Sprache Kinyarwanda in die Hauptverhandlung eingeführt werden konnte, musste bei der Bestimmung der Verhandlungszeiten auf des- sen Belange angemessen Rücksicht genommen werden. Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass diese Komplexität des Verfahrensstoffs insbesondere eine umfangreiche Vor- und Nachbereitung der jeweiligen Hauptverhandlungstage notwendig macht.
16
Vor diesem Hintergrund lässt eine vorausschauende Verhandlungsplanung es zudem gerade sinnvoll erscheinen, jeweils Freiräume zwischen den einzelnen Verhandlungstagen auch deshalb einzuplanen, damit diese für notwendige Zwischenberatungen etwa über zu bescheidende Anträge zur Verfügung stehen und auf diese Weise das geplante Hauptverhandlungsprogramm ohne Änderung im zeitlichen Ablauf durchgeführt werden kann. Die Zweckmäßigkeit eines solchen Vorgehens zeigt sich beispielsweise daran, dass das Oberlandesgericht - abgesehen von sonstigen Anträgen - bisher über wenigstens acht Ablehnungsgesuche wegen der Besorgnis der Befangenheit zu befinden hatte.
17
b) Die Frage, ob der weitere Vollzug der Untersuchungshaft im Übrigen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, kann der Senat derzeit nicht abschließend beurteilen. Dies hängt - wenn auch nicht ausschließlich, so doch - wesentlich von der für den Fall einer Verurteilung konkret im Raum stehenden Straferwartung und - unter Berücksichtigung einer etwaigen Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests zur Bewährung gemäß § 57 StGB - vom hypothetischen Strafende ab (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 2012 - 2 BvR 644/12, juris Rn. 25). Hierfür ist von maßgeblicher Bedeutung, ob der Angeklagte - möglicherweise auch - wegen der ihm zur Last liegenden Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch zu verurteilen sein wird. Die Prüfung des diesbezüglichen dringenden Tatverdachts ist dem Senat jedoch - wie dargelegt - zurzeit nicht möglich.
18
III. Bei dieser Sach- und Rechtslage scheidet eine abschließende Sachentscheidung des Senats ausnahmsweise aus. Die vorliegende Fallkonstellation entspricht derjenigen, bei der ein Verfahrensmangel vorliegt, den das Beschwerdegericht nicht beheben kann (vgl. hierzu Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 309 Rn. 8 mwN). Das Begehren des Angeklagten bedarf deshalb insgesamt neuer Befassung und Entscheidung durch das Oberlandesgericht, das dabei ebenfalls über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden haben wird.
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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist der historische
Sachverhalt entscheidend, aus dem sich der Ersatzanspruch
ergibt, und nicht das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes
, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde.
Zum Ermessen nach § 111i Abs. 2 StPO und zur Erforderlichkeit
einer Verfahrensrüge für die Beanstandung der Nichtanwendung
dieser Vorschrift.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – 5 StR 306/12
LG Potsdam –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19. Januar 2012 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und die dem Angeklagten R. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Betreiben von Anlagen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 30. August 2012 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die allein die Nichtanordnung des Verfalls beanstandet und über die der Senat nach mündlicher Hauptverhandlung entscheiden muss, bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat bei dem Angeklagten die Anordnung eines Verfalls abgelehnt.
3
1. Nach den Feststellungen unterhielt der Angeklagte einen Entsorgungsfachbetrieb , der sich mit der Verfüllung von sogenannten Bürgermeister -Deponien befasste. Diese aus der DDR-Zeit stammenden Abfallsammelstellen sollten so rekultiviert werden. Dies war nach Landesrecht Aufgabe der Gemeinden, die mit diesen Arbeiten den Betrieb des Angeklagten beauftragten. Nach den Vereinbarungen musste der Angeklagte auf seine Kosten jeweils eine Schließungskonzeption erstellen und die Deponien verfüllen, konnte andererseits bestimmte Abfallmaterialien einbringen. Hierfür waren aber abfallrechtliche Sicherungs- und Rekultivierungsanordnungen zu beachten.
4
Der Angeklagte verfüllte an sieben Standorten Abfallmaterialien, die nicht den Vorgaben entsprachen. So ließ er Kunststoffabfälle, Haus- und Gewerbemüll sowie gefährliche Abfälle einbauen, die eine Kontamination der Bodenschichten und des Grundwassers herbeiführen können. Eine Sanierung wird beträchtliche Kosten erfordern, insgesamt bis zur Höhe von 73 Mio. €. Für die Verfüllung der Deponien flossen dem Betrieb des Ange- klagten in den Jahren 2006 und 2007 Einnahmen in Höhe von 4,3 Mio. € zu, die er von Müllunternehmern für die Verfüllung der nicht genehmigten Abfälle in den einzelnen Deponien erhielt.
5
2. Das Landgericht hat die Anordnung eines Verfalls abgelehnt. Dem stünden gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Ansprüche der Verletzten entgegen. Auch wenn die Umweltdelikte, derentwegen der Angeklagte verurteilt worden sei, dem Schutz der Allgemeinheit dienten, ergäben sich Ersatzansprüche. Dies zeige sich schon daran, dass den betroffenen Gemeinden oder privaten Eigentümern mit der Anordnung des Verfalls Haftungsmasse entzogen würde. Deren Vermögenssphäre schütze § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gleichermaßen. Da Umweltbehörden bereits Ersatzansprüche verfolgten und die dinglichen Arreste zugunsten der Geschädigten erweitert worden seien, bestehe kein Anlass für die Anordnung eines Verfalls.

II.


6
Die gegen die Nichtanordnung des Verfalls gerichteten Angriffe der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.
7
1. Zu Unrecht beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB schon deshalb hätte unterbleiben müssen , weil Umweltstraftaten nicht dem Individualschutz dienen. Damit vermengt die Staatsanwaltschaft in unzulässiger Weise das Schutzgut des Straftatbestandes mit der Frage der Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (unklar auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 73 Rn. 22). Zwar mag es bei der Verletzung von Allgemeinrechtsgütern häufig der Fall sein, dass ein im materiellen Sinne Geschädigter fehlt. Zwingend ist dies indes nicht. Denn es können auch durch Straftaten, die sich in erster Linie gegen Allgemeinrechtsgüter richten, Ersatzansprüche von Dritten entstehen. Im Umweltstrafrecht sind solche Fallgestaltungen sogar verbreitet, weil es regelmäßig neben dem Täter als Verursacher auch Zustandsstörer geben kann, die ebenfalls – wenn auch nur nachrangig – möglicherweise zur Beseitigung des umweltrechtswidrigen Zustands verpflichtet sind und dann gegenüber dem Handlungsschädiger Ersatzansprüche haben.
8
Für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist – wie der Senat bereits entschieden hat (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 254/09, wistra 2010, 141) – der historische Sachverhalt entschei- dend, aus dem sich der Ersatzanspruch ergibt, und nicht das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde. Ist durch eine Handlung, die zugleich strafrechtlich relevant ist, ein anderer geschädigt worden, geht dieser als Verletzter gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vor. Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob die Justizbehörden die Verfolgung auf solche Delikte nach §§ 154, 154a StPO beschränkt haben, deren Verfolgung im Allgemeininteresse liegt (BGH aaO). Nur diese Auslegung wird dem Schutzzweck der Vorschrift gerecht, dem Geschädigten durch eine Verfalls- anordnung nicht die Mittel zu entziehen, die für die Schadensbeseitigung aufzuwenden sind. Der Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verlangt nur einen Kausalzusammenhang zwischen Tatbegehung und Entstehung des Ersatzanspruches. Eine Beschränkung auf bestimmte Deliktstypen ist der Vorschrift nicht zu entnehmen.
9
2. Ebenso wenig überzeugt der Gedanke, wonach der Angeklagte die Vermögenswerte nicht „aus der Tat“, sondern „für die Tat“ erhalten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft es zwar grundsätzlich zu, dass der Ausschluss zugunsten des Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nur für Vermögensvorteile des Täters Anwendung findet, die „aus der Tat“, nicht aber für solche, die „für die Tat“ erlangt sind (BGH,Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 StR 84/10, wistra 2010, 439, und Beschluss vom 9. November 2010 – 4 StR 447/10, NStZ 2011, 229). Danach sind Vermögenswer- te „für die Tat“ erlangt, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidri- ges Handeln gewährt werden, aber nicht auf der Tatbestandserfüllung selbst beruhen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 f.). Allerdings gilt auch hier, dass die Vorteile dann aus der Tat erlangt sind, wenn Vermögensnachteile und Vermögenszuwachs spiegelbildlich miteinander korrespondieren (BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3StR 84/10, wistra 2010, 439 – zum Verhältnis Amtsdelikt und damit zusammenhängender Untreue).
10
Im vorliegenden Fall dürfte schon die letztgenannte Ausnahmekonstellation vorliegen. Die Bezahlung erfolgte nämlich für den unerlaubten Umgang mit Abfällen im Sinne des § 326 StGB, wobei die Ersatzpflicht des Angeklagten – spiegelbildlich – aufgrund dieses unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen entstanden ist.
11
Hinzu kommt aber, dass der Angeklagte tateinheitlich jeweils auch wegen unerlaubten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage nach § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB verurteilt wurde. Hinsichtlich dieses vom Landgericht zu Recht jeweils als idealkonkurrierend ausgeurteilten Tatbestands sind die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben. Der Angeklagte hat nämlich durch den Betrieb der illegalen Deponie die Vermögenszuwächse erwirtschaftet. Im Blick auf diesen Tatbestand sind mithin die für die illegale Lagerung geleisteten Zahlungen „aus der Tat“, nämlich aus dem illegalen Betrieb der Abfallanlage erlangt. Der Schutzzweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, der dem Ersatzberechtigten die dem Täter zugeflossenen Mittel für die Schadenswiedergutmachung sichern soll, erfordert es, von einer Verfallsanordnung abzusehen, auch wenn zugleich ein Tatbestand verwirklicht sein sollte, aus dessen Normperspektive die Vermögenszuflüsse „für die Tat“ er- folgt sein sollten.
12
3. Nunmehr will die Staatsanwaltschaft im Nachgang zu ihrer Revisionsbegründung , in der dieser Gesichtspunkt nur am Rande erwähnt wurde, primär beanstanden, dass das Landgericht von einer Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO abgesehen hat. Auch diese Beanstandung bleibt erfolglos.
13
a) Die begehrte Feststellung käme nur in Betracht, soweit die zugrundeliegenden Taten nicht vor dem 1. Januar 2007 beendet worden wären (BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2008 – 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, und vom 12. August 2010 – 4 StR 293/10). Im vorliegenden Fall waren die Taten teilweise vor diesem Zeitpunkt beendet, teilweise auch erst danach , wobei die Urteilsgründe hierzu in einigen Fällen keine näheren Ausführungen enthalten.
14
b) In einem Fall unterbliebener Anordnung hätte es zur Beanstandung mangelnder Feststellung nach der Vorschrift des § 111i Abs. 2 StPO, die – ungeachtetder materiellen Komponente, welche die Anwendung des § 2 Abs. 3, 5 StGB bedingt – im Verfahrensrecht, in engstem Sachzusammenhang mit Regelungen über vorläufige Sicherstellungen im Verfahren, verankert ist, einer innerhalb der Revisionsbegründungsfrist spezifiziert auszufüh- renden Verfahrensrüge bedurft. Diese ist jedenfalls erforderlich, wenn, wie hier, eine lediglich partiell unterbliebene Anwendung der Norm zum Revisionsgegenstand gemacht werden soll. Dies gilt namentlich für einen Übergangsfall wie den vorliegenden, in dem Beschlagnahme und dinglicher Arrest ohne Rücksicht auf den Tatzeitpunkt angeordnet worden waren. An einer solchen Rüge fehlt es.
15
c) Abgesehen davon könnte die Beanstandung nicht einmal in der Sache Erfolg haben. Der Senat könnte dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ausreichend sicher entnehmen, dass das Landgericht von einem ihm zustehenden Ermessen für eine Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO keinen Gebrauch machen wollte.
16
Das weitgehende tatgerichtliche Ermessen ist vom Revisionsgericht ohnehin regelmäßig hinzunehmen (vgl. Nack in KK-StPO, 6. Aufl. , § 111i Rn. 17). Freilich mag auf entsprechende Anordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO nur in Ausnahmefällen verzichtet werden können (BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 – 2 StR 195/09 unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 16/700, S. 15 f.). Dies kann aber nur für Fälle gelten, in denen die Anwendung des § 111i Abs. 2 StPO wegen zu erwartender Nichtinanspruchnahme des Täters auf Schadensersatzleistung und eines danach zu befürchtenden Verbleibens von Tatgewinnen bei ihm vordringlich erscheint.
17
Gerade das ist hier nicht der Fall: Das Landgericht hat festgestellt, dass Behörden in erheblichem Umfang bereits Ersatzansprüche verfolgen. Die Schäden liegen in einer so beträchtlichen Höhe, dass sie den Betrag der zugeflossenen Gelder übersteigen dürften. Das Landgericht hatte zudem die bestehenden dinglichen Arreste zugunsten derjenigen, die Ersatzansprüche geltend machen, erweitert. Damit besteht eine Situation, in der auch ohne ein nur partiell zulässiges Vorgehen nach § 111i Abs. 2 und 3 StPO weiterhin eine ausreichende Absicherung der Ersatzansprüche der durch die Straftat Geschädigten anzunehmen ist.
18
Nach alledem wäre die vom Landgericht unterlassene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO als ermessensfehlerfrei hinzunehmen gewesen, zumal die Ermittlung der Beendigung der einzelnen Taten noch erheblichen justiziellen Aufwand erfordert hätte und der Angeklagte zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, deren alsbaldige Verbüßung vordringlich herbeizuführen war.
19
d) Im Übrigen neigt der Senat im Zusammenhang mit der Frage ausreichender Sicherung der Ersatzanspruchsberechtigten dazu, dass im Falle des Absehens von einer Verlängerung nach § 111i Abs. 3 StPO der gemäß § 111b Abs. 5, § 111d StPO zum Zweck der Rückgewinnungshilfe erlassene dingliche Arrest gleichwohl nach den Regelungen der §§ 916 ff. ZPO fortwirkt. Die nur partielle Bezugnahme auf einzelne Regelungen der Zivilprozessordnung in § 111d Abs. 2 StPO, die auf die Rechtslage im laufenden Strafverfahren nach Arrestanordnung zielt, steht dieser Annahme nicht entgegen. Eine dem Rechtsinstitut des Arrestes fremde automatische Beendigung mit Rechtskraft des weder eine Verfallsanordnung noch einen Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO enthaltenden Urteils, wie sie in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertreten wird (vgl. etwa OLG Stuttgart, NStZ 2005, 401; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 55. Aufl., § 111e Rn. 18; BeckOK/Huber, StPO, Edition 15, § 111e Rn. 10), ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine Pflicht des Gerichts zur Aufhebung des Arrestes allein wegen des Unterbleibens einer entsprechenden Anordnung im Urteil (so wohl LR/Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 111i Rn. 1) ist ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt und erscheint auch systematisch nicht zwingend. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arrest – wie hier – nach § 111b Abs. 5 StPO (auch) zugunsten der Verletzten erlassen wurde.
20
e) Da das Absehen von einer Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO somit auch in der Sache nicht zu beanstanden wäre, käme es im Ergebnis nicht darauf an, ob deren Voraussetzungen überhaupt für sämtliche erlangten Beträge vorgelegen hätten. Dies ist insbesondere hinsichtlich der Ein- nahmen zweifelhaft, die an die vom Angeklagten gegründete GmbH geflossen sind. Ob der Angeklagte über die dieser zugeflossenen Beträge tatsächlich wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt hatte, ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen. Hieran kann es nämlich auch bei einer Ein-PersonenGmbH fehlen, wenn etwa bei Bestehen hoher Verbindlichkeiten eine Entnahmemöglichkeit des Gesellschafters trotz des Geldzuflusses mangels ausreichender Liquidität nicht besteht.
Basdorf Raum Sander König Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 162/13
vom
22. November 2013
Nachschlagewerk: ja - nur zu B. I. der Gründe
BGHSt: ja - nur zu B. I. der Gründe
Veröffentlichung: ja - nur zu B. I. der Gründe
___________________________________
Bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages ist für die Entbindung des Hauptschöffen
von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag,
nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich.
BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13 - LG Hannover
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
22. August 2013 in der Sitzung am 22. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung am 22. August 2013
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Dezember 2012 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen II. 9, 12 bis 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 36, 39 und 43 der Urteilsgründe im Schuld- und Strafausspruch,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und
c) in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe, soweit das Landgericht eine Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO unterlassen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 43 Fällen, davon in 28 Fällen in Tateinheit mit "gewerbsmäßigem" Betrug sowie in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug , und wegen versuchten Inverkehrbringens von Falschgeld in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, dass der Angeklagte in den 15 Fällen des vollendeten Inverkehrbringens tateinheitlich lediglich wegen versuchten und nicht wegen vollendeten Betrugs verurteilt worden ist. Zudem rügt sie, dass eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO unterblieben ist. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte erhielt von einem Schuldner einen erheblichen Bargeldbetrag , unter dem sich neben echtem Geld auch Falschgeld mit einer sehr hohen Fälschungsqualität im Nennwert von 20.000 € befand. Nachdem der Angeklagte dies erkannt hatte, wollte er den Schaden nicht hinnehmen und entschloss sich daher, das Falschgeld unter anderem bei Reisen nach Deutschland sukzessive in Verkehr zu bringen. Dies tat er sodann in der Zeit vom 20. November 2008 bis zum 25. April 2012 in Berlin, Köln und Hannover, indem er bei Bareinkäufen insgesamt 45 gefälschte 200-Euro-Scheine zur Bezahlung von Waren hingab, um dadurch diese und das Wechselgeld zu erhalten, was ihm in all diesen Fällen auch gelang. In einem weiteren Fall versuchte er dies.
4
A. Revision der Staatsanwaltschaft
5
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Schuldsprüche , die die Verurteilung wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug betreffen, die Gesamtstrafe und die unterbliebene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe beschränkt. Zwar ergibt sich dies nicht aus dem Revisionsantrag. Allerdings folgt aus der Revisionsbegründung , dass die Revisionsführerin das angefochtene Urteil nur hinsichtlich der genannten Punkte für rechtsfehlerhaft hält (vgl. zur entsprechenden Auslegung der Revision BGH, Urteil vom 15. Mai 2013 - 1 StR 476/12, NStZ-RR 2013, 279, 280 mwN).
6
II. Die Verurteilung des Angeklagten wegen - tateinheitlich mit vollendetem Inverkehrbringen von Falschgeld begangenen - versuchten ("gewerbsmäßigen" ) Betruges in 15 Fällen hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Insoweit beruht die Annahme des Landgerichts, die vom Angeklagten tateinheitlich begangenen Betrugstaten seien lediglich versucht, auf einer unzureichenden rechtlichen Prüfung und Würdigung der Feststellungen.
7
Das Landgericht hat seine Annahme, in diesen 15 Fällen sei hinsichtlich des Betruges Vollendung nicht eingetreten, in zwei Fällen (Fälle II. 12 und 36 der Urteilsgründe) darauf gestützt, dass sich die Kassierer keine bewussten Gedanken über die Echtheit des 200-Euro-Scheines gemacht hätten und deshalb "kein Irrtum eingetreten" sei. In den übrigen 13 Fällen (Fälle II. 9, 13, 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 39 und 43) hat es diese Annahme damit begründet, dass die beteiligten Kassierer nicht oder überhaupt keine Zeugen dieser Taten ermittelt werden konnten und deshalb das Vorliegen eines - von dem Angeklagten durch Täuschung erregten - tatbestandlichen Irrtums im Sinne von § 263 StGB nicht nachzuweisen sei. Diese Annahmen zeigen auf, dass die Strafkammer einen zu strengen Maßstab an das Vorliegen des Tatbestandmerkmals "Irrtum" angelegt und die Anforderungen an ihre Überzeugungsbildung überspannt hat; sie sind mithin zugunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft.
8
1. Ein - durch die Täuschungshandlung erregter oder unterhaltener - Irrtum im Sinne des Betrugstatbestandes ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung (des Getäuschten) und der Wirklichkeit (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 77 ff. mwN). Das gänzliche Fehlen einer Vorstellung begründet für sich allein keinen Irrtum. Allerdings kann ein solcher auch in den Fällen gegeben sein, in denen die täuschungsbedingte Fehlvorstellung in der Abweichung eines "sachgedanklichen Mitbewusstseins" von den tatsächlichen Umständen besteht. Danach ist insbesondere der Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte von als selbstverständlich angesehenen Erwartungen geprägt, die zwar nicht in jedem Einzelfall bewusst aktualisiert werden, jedoch der vermögensrelevanten Handlung als hinreichend konkretisierte Tatsachenvorstellung zugrunde liegen (vgl. LK/Tiedemann, aaO Rn. 79). Diese Grundsätze hätte das Landgericht in den vorbezeichneten Fällen in seine Prüfung eines tatbestandlichen Irrtums der kassierenden Personen einbeziehen müssen.
9
2. In den Einzelfällen, in denen die Kassierer oder Tatzeugen nicht ermittelt werden konnten, kommt hinzu, dass das Landgericht die Anforderungen an die beweisrechtliche Grundlage der Feststellung eines täuschungsbedingten Irrtums im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB verkannt hat. Zwar ist in den Urteilsgründen grundsätzlich festzustellen und darzulegen, welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f.); danach wird es regelmäßig erforderlich sein, die irrende Person zu ermitteln und in der Haupt- verhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Allerdings gilt dies nicht ausnahmslos. Vielmehr kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen ) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden. In der Regel kann das Gericht auch aus Indizien auf einen Irrtum schließen. In diesem Zusammenhang kann etwa eine Rolle spielen , ob der Verfügende ein eigenes Interesse daran hatte oder im Interesse eines anderen verpflichtet war, sich von der Wahrheit der Behauptungen des Täters zu überzeugen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423; vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08, NStZ 2009, 506, 507; Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434). Wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verfügende kollusiv mit dem täuschenden Täter zusammengearbeitet oder aus einem sonstigen Grund Kenntnis von der Täuschung erlangt hatte und der durch die Täuschung erregte Irrtum deshalb nicht verfügungsursächlich geworden sein könnte, können sogar nähere Feststellungen dazu, wer verfügt hat, entbehrlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, NJW 2013, 883, 885).
10
So verhält es sich hier. Da an einer Kasse beschäftigte Mitarbeiter eines Unternehmens schon aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung den Antrag eines Kunden auf Abschluss eines Kaufvertrages zurückweisen müssen, wenn der Kunde seiner Zahlungspflicht nicht sofort oder nicht vollständig nachkommt , es sich vorliegend um sehr gut gefälschte 200-Euro-Scheine handelte und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine bewusste Entgegennahme von Falschgeld durch die Kassierenden gegeben sind, liegt auch in diesen Fällen - selbst wenn die Verfügenden keine konkrete Erinnerung an den jeweiligen Vorgang mehr hatten oder diese sowie andere Tatzeugen nicht ermittelt wer- den konnten - das Vorliegen eines Irrtums nahe. Dies hat das Landgericht nicht bedacht.
11
3. Die Einheitlichkeit der Tat steht in den vorbezeichneten Fällen der Aufrechterhaltung der - für sich rechtsfehlerfreien - tateinheitlichen Verurteilung des Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld entgegen (vgl. Meyer -Goßner, StPO, 56. Aufl., § 353 Rn. 7a), so dass die Sache insoweit insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung bedarf.
12
III. Das angefochtene Urteil kann weiterhin nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht es unterlassen hat, in den Fällen II. 1 bis 31 und 33 bis 44 über eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu entscheiden. Dabei kommt es auf die Frage, inwieweit die Beanstandung der Nichtanwendung des § 111i Abs. 2 StPO einer Verfahrensrüge bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, NJW 2013, 950, 951), nicht an, da jedenfalls der Revisionsbegründung eine solche Rüge, welche die Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erfüllen würde, entnommen werden kann.
13
Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte in 43 Fällen aus seinen Taten Waren und Wechselgeld erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB. Da der Anordnung des Verfalls nach den Feststellungen die Ansprüche der jeweils Geschädigten entgegenstehen, hätte das Landgericht in Ausübung seines ihm insoweit zustehenden pflichtgemäßen Ermessens darüber entscheiden müssen , ob es die für das weitere Verfahren erforderlichen Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO trifft. Hierzu verhält sich das Urteil jedoch weder ausdrücklich noch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass das Landgericht die Voraussetzungen einer solchen Entscheidung geprüft und von dem ihm zustehenden Ermessen in der Art und Weise Gebrauch gemacht hat, dass es eine entsprechende Anordnung nicht treffen wollte. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles, in dem das Gericht von einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO absehen durfte oder musste, sind vorliegend nicht ersichtlich (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 16; BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - 2 StR 195/09, juris Rn. 4; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 111i Rn. 8 mwN).
14
B. Revision des Angeklagten
15
I. Mit der Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte - im Ergebnis erfolglos -, dass die Strafkammer hinsichtlich eines Schöffen nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei (§ 338 Nr. 1 StPO).
16
1. Der Rüge liegt im Wesentlichen der folgende Verfahrensgang zugrunde :
17
Der Vorsitzende bestimmte mit Verfügung vom 24. September 2012 Termin zur Hauptverhandlung auf Donnerstag, den 4. Oktober 2012 und verfügte , dass "die Schöffen des 05.10.12" zu laden seien. Der für den ordentlichen Sitzungstag am Freitag, den 5. Oktober 2012 heranzuziehende Hauptschöffe , der Schöffe Q. , hatte bereits im Dezember 2011 schriftlich mitgeteilt , dass er drei vorgesehene Termine als Schöffe nicht wahrnehmen könne, da er sich an diesen im Urlaub befinden werde; zu diesen Terminen gehörte auch der 5. Oktober 2012. Auf eine Mitteilung seiner Serviceeinheit entschied der Vorsitzende daraufhin, dass der Schöffe von der Dienstleistung gem. § 54 GVG befreit werde. Darauf wurde der von der Schöffengeschäftsstelle als nächstbereiter Hilfsschöffe festgestellte Schöffe B. geladen. Diesen befreite der Vorsitzende ebenfalls von der Dienstleistung, da der Hilfsschöffe mitgeteilt hatte, dass er sich vom 2. bis 6. Oktober 2012 im Krankenhaus befinden werde. Der danach geladene nächstbereite Hilfsschöffe, der Schöffe M. , nahm schließlich an der Hauptverhandlung - neben der weiteren, regulär für den ordentlichen Sitzungstag vom 5. Oktober 2012 heranzuziehende (Haupt-) Schöffin - teil.
18
In der Hauptverhandlung rügte der Verteidiger noch vor Vernehmung des Angeklagten zur Sache die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts hinsichtlich des Schöffen M. und trug vor, dass die Entbindung des Hauptschöffen Q. sich als objektiv willkürliche Richterentziehung darstelle, weil dieser am 4. Oktober 2012 gar nicht verhindert gewesen sei. Diesen Besetzungseinwand wies die Strafkammer als unbegründet zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, dass für den 4. Oktober 2012 die Schöffen zu laden gewesen seien, die "hätten geladen werden müssen, wenn der 5.10.2012 - wie ursprünglich geplant - der erste ordentliche Sitzungstag gewesen wäre". Wegen der Verhinderung des Schöffen Q. (und des Hilfsschöffen B. ) am 5. Oktober 2012 sei der Hilfsschöffe M. zu laden gewesen. Dessen Bestellung sowie die Entbindung des Hauptschöffen Q. von der Mitwirkung an der Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden seien mit Blick auf den Vermerk der Geschäftsstelle über die Verhinderung des Hauptschöffen Q. im Übrigen jedenfalls nicht willkürlich erfolgt.
19
2. Die Verfahrensbeanstandung bleibt ohne Erfolg. Das erkennende Gericht war nicht vorschriftswidrig im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO besetzt; denn der mitwirkende Hilfsschöffe M. war aufgrund der vorangegangenen Entbindung des Hauptschöffen sowie der - nicht beanstandeten - Entbindung des zunächst heranzuziehenden weiteren Hilfsschöffen der zur Mitwirkung berufene Richter. Die auf § 54 GVG gestützte Entscheidung des Vorsitzenden, den Hauptschöffen Q. von der Dienstleistung am 4. Oktober 2012 zu entbinden , beruhte zwar auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, war indes jedenfalls nicht willkürlich.
20
Im Einzelnen:
21
a) Die - bislang in Rechtsprechung und Literatur noch nicht geklärte - Frage, ob bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die Verhinderung des Hauptschöffen an diesem oder an dem - infolge der Verlegung an einem anderen Tag stattfindenden - tatsächlichen Sitzungstag für seine Entbindung von der Dienstleistung maßgebend ist, ist dahin zu entscheiden, dass für die Entbindung des ("Haupt-") Schöffen von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag, nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich ist. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
22
Die Verlegung des Beginns einer ordentlichen, gemäß § 45 Abs. 1 GVG bestimmten Sitzung auf einen anderen Tag führt dazu, dass die gemäß § 77 GVG im Voraus für den verlegten ordentliche Sitzungstag bestimmten Hauptschöffen heranzuziehen sind; anders als bei der unzulässigen Anberaumung einer außerordentlichen Sitzung, zu der gemäß §§ 47, 77 Abs. 1 GVG die zur Mitwirkung berufenen Schöffen aus der Hilfsschöffenliste herangezogen werden , wird hierdurch der Angeklagte nicht seinem gesetzlichen Richter entzogen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1957 - 1 StR 254/57, BGHSt 11, 54 ff.). Demnach gebührt allgemein der Mitwirkung der Hauptschöffen der Vorrang vor der Heranziehung von Hilfsschöffen (BGH, Urteil vom 14. Juli 1995 - 5 StR 532/94, BGHSt 41, 175, 177). Dieser Grundsatz spricht bereits dafür, den Hauptschöffen, der lediglich an dem ursprünglich festgestellten ordentlichen Sitzungstag, nicht aber an dem tatsächlich bestimmten, vom ordentlichen Sitzungstermin abweichenden Tag verhindert ist, zu der Sitzung heranzuziehen. Zudem ist der Schöffe an dem durch die Verlegung des Sitzungstages bestimmten, die Stelle des ordentlichen Sitzungstages einnehmenden ("neuen") Sitzungstag gerade nicht an der Dienstleistung gehindert im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 GVG. Schließlich wäre bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die (zusätzliche) Berücksichtigung der Verhinderung eines Schöffen an diesem Tag nicht praxisgerecht: Zum einen müsste zur Feststellung des gesetzlichen Richters regelmäßig geprüft werden, ob der Schöffe (auch) an dem ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, und zwar auch dann, wenn an diesem Tag tatsächlich gar keine Sitzung stattfindet; zum anderen wäre der Schöffe im Sinne des § 54 Abs. 1 GVG verhindert, wenn er am ordentlichen Sitzungstag, an dem tatsächlich keine Sitzung stattfindet, nicht aber am tatsächlichen Sitzungstag an der Dienstleistung gehindert ist. Die Verhinderung am ordentlichen Sitzungstag als maßgebend anzusehen, hätte bei strikter Beachtung schließlich zur Folge, dass der Schöffe, der zwar am verlegten neuen Sitzungstag, nicht aber am ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, zur Mitwirkung berufen und heranzuziehen wäre. Da dieser Schöffe indes seine Dienstleistung wegen Verhinderung tatsächlich nicht erbringen könnte, wäre eine dem Grundsatz des gesetzlichen Richters genügende, vorschriftsmäßige Gerichtsbesetzung jedenfalls an dem neuen Sitzungstag nicht möglich.
23
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass von den vorstehenden Maßstäben , nach denen für die Gerichtsbesetzung die Verhinderung eines Schöffen am tatsächlichen und nicht (auch) am ordentlichen Sitzungstag maßgeblich ist, die Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung bei einer (vorherigen ) Entbindung eines am Sitzungstag tatsächlich nicht (mehr) verhinderten Schöffen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11) nicht berührt wird.
24
b) Soweit die Entbindungsentscheidung demgegenüber auf der Verhinderung des Schöffen nicht am tatsächlichen, sondern am ursprünglichen Sitzungstag beruht, hat dies gleichwohl in der hier gegebenen Konstellation keine ordnungswidrige Besetzung der Kammer zur Folge; denn der Schöffe, der wirk- sam von seiner Dienstleistung entbunden ist (§ 54 Abs. 1, § 77 Abs. 1 GVG), ist infolge seiner Entbindung nicht mehr der gesetzliche Richter. An seine Stelle tritt gemäß §§ 49, 77 Abs. 1 GVG derjenige Hilfsschöffe, der an bereitester Stelle auf der Schöffenliste steht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 54 Rn. 18). Die Entbindungsentscheidung selbst ist gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1, § 77 Abs. 1 GVG unanfechtbar und unterliegt daher nicht der Prüfung des Revisionsgerichts (§ 336 Satz 2 Alt. 1 StPO). Die auf der Entbindungsentscheidung beruhende Gerichtsbesetzung kann somit grundsätzlich nicht nach § 338 Nr. 1 StPO mit der Revision gerügt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Entscheidung objektiv willkürlich und der verfassungsrechtliche Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG verletzt ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 3. März 1982 - 2 StR 32/82, BGHSt 31, 3, 5; vom 22. Juni 1982 - 1 StR 249/81, NStZ 1982, 476; vom 23. Januar 2002 - 5 StR 130/01, BGHSt 47, 220, 222; s. auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 241; BT-Drucks. 8/976, S. 66; LR/Gittermann, StPO, 26. Aufl., § 54 GVG Rn. 19 f.).
25
Angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung von § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 336 Satz 2 Alt. 1 StPO kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich. So wird das Bundesverfassungsgericht durch die grundrechtsähnliche Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu einem Kontrollorgan , das jeden einem Gericht unterlaufenden, die Zuständigkeit des Gerichts berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste. Es beanstandet die fehlerhafte Auslegung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar sind (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690). Etwas anderes gilt lediglich in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass nicht die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel, sondern die Verfassungsmäßigkeit der der Rechtsanwendung zugrunde liegenden Zuständigkeitsregel (etwa eines Geschäftsverteilungsplans ) selbst zu prüfen ist (BVerfG aaO; BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 2 BvR 610/12 u.a., NJW 2012, 2334, 2335 mwN).
26
c) Daran gemessen hält die Entbindung des Hauptschöffen Q. der rechtlichen Prüfung stand. Die Entscheidung, der am ordentlichen Sitzungstag verhinderte Hauptschöffe sei (auch) am vorverlegten Sitzungstag, dem 4. Oktober 2012, an der Dienstleistung gehindert, stellt keine nicht mehr vertretbare , objektiv willkürliche Rechtsauslegung dar. Dies ergibt sich bereits daraus , dass die hier zugrundeliegende Rechtsfrage vor der Entscheidung des Senats noch nicht geklärt war und in der Sache unterschiedliche Ansichten nicht unvertretbar waren. So ist etwa auch der Generalbundesanwalt davon ausgegangen, dass für die Frage der Verhinderung auf den ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag abzustellen sei, da bei einem Sitzungsbeginn an diesem Tag die Kammer mit dem Hilfsschöffen ordnungsgemäß besetzt gewesen wäre und bei einer Vorverlegung nichts anderes gelten könne.
27
Auf die Frage, ob die Entscheidung des Vorsitzenden auch deshalb nicht willkürlich war, weil er den Schöffen aufgrund des Vermerks der Geschäftsstelle entbunden hat, kommt es danach nicht mehr an.
28
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
29
Entgegen der Auffassung der Revision sind insbesondere die konkurrenzrechtlichen Bewertungen des Urteils nicht zu beanstanden. Tateinheit zwischen Inverkehrbringen von Falschgeld und Betrug ist angesichts der - von der Revision selbst erkannten - unterschiedlichen Schutzrichtung der beiden Tatbestände möglich (vgl. auch BGH, Urteile vom 27. September 1977 - 1 StR 374/77, juris Rn. 44 mwN; vom 10. Mai 1983 - 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380 ff.) und vorliegend durch die Feststellungen auch belegt.
30
Dass der Angeklagte das Falschgeld in einem Akt erhalten hat und sich dazu entschloss, es sukzessive in Verkehr zu bringen, führt nicht zu einer einzigen Tat. Ein einheitlicher Gesetzesverstoß setzt in der hier gegebenen Konstellation voraus, dass der Täter sich das Geld in der Absicht verschafft, es später abzusetzen, und er diese Absicht später verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - 3 StR 51/11, NStZ 2011, 516 f. mwN). Da der Angeklagte bei Erhalt des Falschgeldes ohne Vorsatz handelte, lag zu diesem Zeitpunkt noch keine tatbestandliche Handlung vor, welche die späteren Absatzhandlungen zu einer einzigen Tat verbinden könnte. Auch eine natürliche Handlungseinheit ist nicht gegeben, da es an einem dafür erforderlichen engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den sich über mehr als drei Jahre hinziehenden einzelnen Handlungen fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383 mwN).
31
Schließlich begegnet die Annahme einer - indes als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles des Betruges nicht in die Urteilsformel aufzunehmenden - gewerbsmäßigen Begehungsweise gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB keinen Bedenken; denn der Angeklagte wollte sich nach den Feststellungen ersichtlich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Anders als in Fällen des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB, in denen es bei einem einheitlichen Verschaffungsvorgang an der Absicht wiederholter Tatbegehung fehlen kann (s. dazu etwa BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 3 StR 601/08, NJW 2009, 3798), liegt das deliktische Handeln hier allein in der Wei- tergabe, nicht in dem einheitlichen Verschaffen des Falschgeldes. Daher ist nicht auf die einheitliche Besitzerlangung, sondern auf die beabsichtigte mehrfache Abgabe an gutgläubige Dritte abzustellen. Schäfer Hubert Mayer Gericke Spaniol

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 579/08
vom
26. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. März
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 7. Mai 2007 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat davon abgesehen, den Verfall von Wertersatz anzuordnen. Hiergegen richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das wirksam beschränkte Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen war der zum Zeitpunkt der Verkündung des landgerichtlichen Urteils 63 Jahre alte Angeklagte Mitglied einer Bande, die Haschisch - und Marihuanatransporte erheblichen Umfangs von den Niederlanden nach England und in andere europäische Länder organisierte und durchführte.
In dem Zeitraum von Ende 2004 bis Anfang 2005 wurden mit drei Fahrten insgesamt 135 kg zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmte Betäubungsmittel nach England verbracht und an unbekannt gebliebene Abnehmer übergeben. Mit einer vierten Fahrt wurden im Februar 2005 weitere 241,80 kg Haschisch aus den Niederlanden über Oldenburg und Bremen nach Dänemark transportiert. Das Rauschgift wurde vor der Auslieferung von der dänischen Polizei sichergestellt.
3
1. Das Landgericht hat den Verfall von Wertersatz (§§ 73, 73 a StGB) nicht angeordnet und dies mit dem Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB begründet. Zwar sei davon auszugehen, dass aus den Drogengeschäften nach dem Bruttoprinzip ein Umsatz von mindestens 135.000 € erzielt worden sei. Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass der Angeklagte über einen sichergestellten und gepfändeten Bargeldbetrag in Höhe von 2.250 € hinaus über kein nennenswertes Vermögen mehr verfüge. Er habe infolge des fehlgeschlagenen Haschischtransportes nach Dänemark selbst 60.000 € als "Entschädigung" gezahlt, so dass er durch die Drogentransporte insgesamt einen beträchtlichen Verlust erlitten habe. In Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters sei nicht zu erwarten, dass er nach seiner Haftentlassung noch Erwerbsaussichten habe; er werde entweder von einer Rente oder von Sozialleistungen leben müssen. Daher werde durch die Vollziehung einer Verfallsanordnung seine Resozialisierung wesentlich erschwert.
4
2. Diese Erwägungen vermögen die Ablehnung der Anordnung des Wertersatzverfalls nicht zu rechtfertigen.
5
a) Die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB sind bereits deshalb nicht rechtsfehlerfrei dargetan, weil das Landgericht unter Verkennung des systematischen Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Alternativen des § 73 c Abs. 1 StGB das Vorliegen einer unbilligen Härte unzureichend begründet hat.
6
aa) Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB maßgeblichen Umstände ist daher der inhaltlichen revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Mit der Revision kann jedoch eine rechtsfehlerhafte Auslegung des Tatbestandsmerkmals "unbillige Härte" beanstandet werden. Eine solche ist etwa gegeben, wenn die Bejahung dieses Merkmals auf Umstände gestützt wird, die bei seiner Prüfung nicht zum Tragen kommen können (vgl. BGH wistra 2003, 424, 425; 2009, 23, 24).
7
bb) So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat die Annahme einer unbilligen Härte wesentlich darauf gestützt, dass der Wert des vom Angeklagten aus den Straftaten Erlangten mittlerweile nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden sei. Diese Begründung wird dem systematischen Verhältnis nicht gerecht, in welchem die Regelungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 1. Alt. StGB zueinander stehen. Nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB ist der Verfall beim Vorliegen einer unbilligen Härte zwingend ausgeschlossen, während § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB für den Fall, dass der Wert des Erlangten im Vermögen des Betroffenen ganz oder teilweise nicht mehr vorhanden ist, die Möglichkeit eröffnet , insoweit nach pflichtgemäßen Ermessen von einer Verfallsanordnung abzusehen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen, welche nach Satz 2 der Vorschrift ein Absehen vom Verfall nach pflichtgemäßem Ermessen ermöglichen , nicht zugleich einen zwingenden Ausschlussgrund nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB bilden können, folgt aus der Systematik der Norm, dass das Nichtmehrvorhandensein des Wertes des Erlangten im Vermögen des Betroffenen jedenfalls für sich genommen keine unbillige Härte darstellen kann, son- dern dem Anwendungsbereich des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB unterfällt (vgl. BGH NStZ 2000, 589, 590; Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 c Rdn. 7).
8
Für das Vorliegen einer unbilligen Härte bedarf es daher zusätzlicher Umstände, welche die hohen Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals belegen. Eine unbillige Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB kommt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa BGHR StGB § 73 c Härte 7, 11) nur dann in Betracht, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssen mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen. Es müssen besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer mit der Vollstreckung des Verfalls eine außerhalb des Verfallszwecks liegende zusätzliche Härte verbunden wäre, die dem Betroffenen auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfalls nicht zugemutet werden kann. Eine unbillige Härte liegt demnach nicht schon dann vor, wenn der Verfallsbetrag nicht beigetrieben werden kann oder der Betroffene vermögenslos geworden und unfähig ist, die Mittel für seinen Unterhalt und den seiner Familie aufzubringen (vgl. Schmidt aaO Rdn. 7). Nach diesen Maßstäben ausreichend gravierende Umstände lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Allein die vagen Erwägungen, der Angeklagte verfüge über kein "nennenswertes" Vermögen und müsse nach seiner Entlassung von einer Rente oder Sozialleistungen leben, genügen auch unter Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens hierfür nicht.
9
b) Auch auf § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB kann das Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls nach den bisherigen Feststellungen nicht gestützt werden. Die Ausübung des dem Tatrichter durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens erfordert zunächst die Feststellung des Wertes des aus der Straftat Erlangten, um diesem sodann den Wert des noch vorhandenen Vermögens gegenüber stellen zu können (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 104, 105; Fischer, StGB 56. Aufl. § 73 c Rdn. 5; Schmidt aaO Rdn. 10). Hieran fehlt es.
10
aa) Die Urteilsgründe lassen bereits ausreichende Feststellungen dazu vermissen, in welcher Höhe der Angeklagte aus den Rauschgiftgeschäften etwas erlangt hat. "Erlangt" im Sinne der § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73 a Satz 1 StGB ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (vgl. BGH NStZ 2003, 198 f.). Mit der pauschalen Angabe, aus den Betäubungsmittelgeschäften sei ein Umsatz von mindestens 135.000 € erzielt worden, wird dieser Umstand nicht belegt. Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlenden Darlegungen des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen; denn eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung kommt nur dann in Betracht , wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Angeklagten zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen sollen (vgl. BVerfG StV 2004, 409, 411; BGH NStZ 2003, 198 f.) und er diese auch tatsächlich hatte (BGH NStZ-RR 2007, 121). Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen.
11
bb) Den Gründen des landgerichtlichen Urteils lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass zum Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils der Wert des aus den Straftaten Erlangten in dem Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war. Dies setzt konkrete tatrichterliche Feststellungen dazu voraus, in welchem Umfang und zu welchem Zweck das Erlangte ausgegeben wurde (vgl. BGH wistra 2009, 23, 25; Schmidt aaO Rdn. 12). Die in diesem Zusammenhang vom Landgericht angestellte Erwägung, der Angeklagte habe anlässlich des fehlgeschlagenen Rauschgiftgeschäfts "60.000 € als Entschädigung der Lieferanten oder Abnehmer gezahlt" und dadurch insgesamt bei den Drogenge- schäften einen beträchtlichen Verlust erlitten, entbehrt einer tragfähigen tatsächlichen Grundlage. Die Feststellungen des Urteils belegen eine solche Zahlung , deren nähere Umstände auch die betreffende mehrdeutige Passage der Urteilsgründe offen lässt, nicht.
12
Den Urteilsgründen kann auch im Übrigen nicht entnommen werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Angeklagten die aus den Drogengeschäften erzielten Erlöse ohne Zufluss eines Gegenwertes oder einer sonstigen Gegenleistung abhanden kamen. Die für die Eröffnung der Markthalle in Bremen erforderlichen finanziellen Mittel brachte der Angeklagte nach den Feststellungen jedenfalls nicht aus dem aus dem Betäubungsmittelhandel Erlangten , sondern aus dem Erlös für den Verkauf seines Lokals auf. Bei der Bewertung des Vermögens des Angeklagten hat das Landgericht zudem die ausdrücklich getroffene Feststellung nicht berücksichtigt, der Zeuge E. habe an "J. " und den Angeklagten auf deren nachdrückliches Verlangen 8.000 € als "Strafsumme" für das fehlgeschlagene Geschäft übergeben. Schließlich hat die Strafkammer nicht in die Betrachtung einbezogen, dass bei dem Angeklagten 2.250 € sichergestellt worden sind. Die Strafkammer durfte jedoch nicht allein deshalb von einer Verfallsanordnung absehen, um dem Verurteilten - sei es auch für Zwecke der Resozialisierung - vorhandene Vermögenswerte zu erhalten ; denn dies wäre mit dem Sinn und Zweck des Verfalls nicht zu vereinbaren (vgl. BGH NStZ 1995, 495).
13
Über den Wertersatzverfall ist nach alldem insgesamt neu zu verhandeln und zu entscheiden. Der Senat weist abschließend auf die Möglichkeit hin, den Umfang und Wert des Erlangten gemäß § 73 b StGB zu schätzen, sowie darauf , dass nach § 73 c Abs. 1 StGB die Anordnung des Verfalls auf einen Teil des Erlangten beschränkt werden kann (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 75; BGH, Beschl. vom 12. Dezember 2008 - 2 StR 479/08). Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 8 3 / 1 4
vom
26. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 26. Juni 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 12. Juli 2013 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und den Verfall von Werter- satz in Höhe von 150.000 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit sachlichrechtlichen Beanstandungen. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

2
Während der Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweisen, hält die Anordnung des Wertersatzverfalls rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts erlangte der Angeklagte aus den Betäubungsmittelgeschäften insgesamt 494.000 €. Die Strafkammer hat zur Begründung ihrer Verfallsentscheidung lediglich ausgeführt, sie beschränke die Anordnung "gemäß § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB allerdings auf rund ein Drittel des erlangten Betrages". Diese Erwägung vermag die Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Es ist zu besorgen, dass das Landgericht den systematischen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Alternativen des § 73c Abs. 1 StGB verkannt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, BGHR StGB § 73c Härte 14 mwN). Danach hätte nach der Feststellung des Erlangten vorrangig erörtert werden müssen, ob dessen Wert noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist; sodann wäre ggf. eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB zu treffen gewesen. Erst danach hätte geprüft und dargelegt werden müssen, ob und inwieweit in der Verfallsentscheidung eine - nicht allein durch das Nichtmehrvorhandensein des Wertes des Erlangten begründete (vgl. BGH aaO) - unbillige Härte liegen würde, die nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB zwingend einen Verfall ausschließt.
4
Diese Prüfung wird nachzuholen sein. Da die zur Höhe des Erlangten getroffenen Feststellungen von dem Rechtsmangel nicht erfasst sind, können sie bestehen bleiben. In der neuen Entscheidung wird, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat, die gesamt- schuldnerische Haftung des Angeklagten in der Entscheidungsformel zum Ausdruck zu bringen sein.
Becker Pfister RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Gericke

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.

(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 188/09
vom
24. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
13. August 2009 in der Sitzung am 24. September 2009, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 13. August 2009 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 8. Dezember 2008 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 6. der Urteilsgründe wegen unerlaubten Erwerbs der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 17 Fällen, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen sowie des unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Munition schuldig ist; bb) im Ausspruch über den Wertersatzverfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 17 Fällen, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen, wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Schusswaffe "nebst Munition" und unerlaubten Erwerbs der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe zur Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall eines Betrages von 211.500 € angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der allgemeinen Sachrüge.
2
1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 6. der Urteilsgründe wegen unerlaubten Erwerbs der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe verurteilt worden ist. Diese Teileinstellung hat die aus der Urteilsformel ersichtliche Änderung des Schuldspruchs zur Folge. Das tateinheitliche Zusammentreffen des Besitzes der geladenen Pistole und der Munition (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 3 Nr. 2 b WaffG) ist in der Urteilsformel mit den Worten "in Tateinheit mit" kenntlich zu machen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 260 Rdn. 26). Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend berichtigt.
3
2. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat hinsichtlich des nach der Teileinstellung verbleibenden Umfangs der Verurteilung lediglich zum Ausspruch über die Anordnung von Wertersatzverfall Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
4
a) Die Überprüfung des Schuldspruchs aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht.
5
b) Auch der Strafausspruch kann bestehen bleiben.
6
aa) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts ist die Strafrahmenwahl bei den vom Landgericht abgeurteilten Betäubungsmittelstraftaten und dem Waffendelikt nicht zu beanstanden. Das Landgericht war zur ausdrücklichen Erörterung des Vorliegens minder schwerer Fälle nach § 30 Abs. 2 BtMG und § 52 Abs. 6 WaffG bzw. eines Abweichens von der Regelwirkung des gewerbsmäßigen Handeltreibens nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG im vorliegenden Fall aus Rechtsgründen nicht verpflichtet. Angesichts aller für die Wertung der Taten und des Täters bedeutsamen Umstände, insbesondere mit Blick auf die eingeführten und zum Handeltreiben bestimmten Drogenmengen sowie die Feststellungen zum Lade- und Sicherungszustand der Pistole lag auf der Hand, dass minder schwere Fälle nicht gegeben sind und auch ein Abweichen von der Wirkung des Regelbeispieles des gewerbsmäßigen Handels mit Betäubungsmittel nicht in Betracht kommt. Dies gilt bei den Betäubungsmitteldelikten trotz der Annahme des vertypten Milderungsgrundes des § 31 Nr. 1 BtMG. Da- nach bedurfte die Ablehnung der entsprechenden Ausnahmestrafrahmen hier nicht der Erwähnung im Urteil (vgl. Meyer-Goßner aaO § 267 Rdn. 21; BGH, Beschl. vom 7. Mai 2009 - 3 StR 153/09). Auch die Strafzumessung im engeren Sinne weist Rechtsfehler nicht auf.
7
bb) Ferner kann auch der Gesamtstrafenausspruch bestehen bleiben. Die Teileinstellung des Verfahrens hat zwar den Wegfall der vom Landgericht für das Verbrechen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz festgesetzten Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr zur Folge. Der Senat kann indes im Hinblick auf die verbleibenden Einzelstrafen (vier Jahre, viermal zwei Jahre und neun Monate , einmal zwei Jahre und drei Monate, zehnmal zwei Jahre, einmal ein Jahr und neun Monate, einmal ein Jahr sowie zehnmal neun Monate Freiheitsstrafe) ausschließen, dass das Landgericht ohne die entfallene Einzelstrafe eine mildere Gesamtstrafe gebildet hätte.
8
3. Keinen Bestand kann aber der Ausspruch des Landgerichts über die Anordnung von Wertersatzverfall haben. Das Landgericht hat es rechtsfehlerhaft unterlassen festzustellen, ob der Wert des aus den Betäubungsmittelstraftaten Erlangten im Vermögen des Angeklagten noch vorhanden ist, und zu prüfen , ob in Ansehung der Härtevorschrift des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB die Anordnung nach seinem Ermessen ganz oder zum Teil unterbleiben kann (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 73 c Rdn. 4 f.). Hierzu hätte aber angesichts des sehr hohen Verfallsbetrages sowie des geringen Renteneinkommens des An- geklagten und der - unklaren - Feststellungen zu seinen derzeitigen Vermögensverhältnissen auch mit Blick auf den Resozialisierungsgedanken Anlass bestanden (vgl. BGHSt 33, 37, 39; BGH, Beschl. vom 29. Oktober 2002 - 3 StR 364/02).
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Schäfer

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Die Vollziehung der Beschlagnahme eines Gegenstandes hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Wirkung der Beschlagnahme wird von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen nicht berührt; Maßnahmen nach § 111c können in einem solchen Verfahren nicht angefochten werden.

(2) Eine beschlagnahmte bewegliche Sache kann dem Betroffenen zurückgegeben werden, wenn er einen den Wert der Sache entsprechenden Geldbetrag beibringt. Der beigebrachte Betrag tritt an die Stelle der Sache. Sie kann dem Betroffenen auch unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs zur vorläufigen weiteren Benutzung bis zum Abschluss des Verfahrens überlassen werden; die Maßnahme kann davon abhängig gemacht werden, dass der Betroffene Sicherheit leistet oder bestimmte Auflagen erfüllt.

(3) Beschlagnahmtes Bargeld kann hinterlegt oder auf ein Konto der Justiz eingezahlt werden. Der mit der Einzahlung entstandene Auszahlungsanspruch tritt an die Stelle des Bargeldes.

(1) Der dingliche Arrest findet statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

(2) Als ein zureichender Arrestgrund ist es anzusehen, wenn das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste und die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Eines Arrestgrundes bedarf es nicht, wenn der Arrest nur zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in ein Schiff stattfindet.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.