Oberlandesgericht Hamm Urteil, 07. Juni 2016 - 9 U 59/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.03.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 01.08.2012 auf der Werther Straße in Enger geltend. Die Straße ist 5,8 m breit. Im Bereich der Unfallstelle begegneten sich der von dem Zeugen E gesteuerte Traktor des Klägers mit angehängtem Grubber und der von dem Beklagten zu 1) gelenkte und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherte Traktor mit angehängtem Fasswagen zum Transport von Gülle. Die Geschwindigkeit des Gespanns des Zeugen E betrug ca. 35 – 40 km/, das des Beklagten zu 1) ca. 30 km/h. Die Abmessungen der angehängten Arbeitsgeräte in der Breite betrugen 2,85 m bzw. 3,03 m. Als die Fahrzeuge etwa auf gleicher Höhe waren, lenkte der Zeuge E sein Gespann auf den rechtsseitig gelegenen Grünstreifen. Dabei geriet er mit den rechten Reifen des Traktors in eine mit Gras bewachsene Bodenmulde. Infolgedessen kippte das Gespann auf die Seite. Nach der Anhörung des Beklagten zu 1) und der Vernehmung von Zeugen hat das Landgericht dem Kläger hälftigen Ersatz des diesem entstandenen, der Höhe nach nicht mehr streitigen Schadens aus dem Verkehrsunfall zugesprochen. Dabei hat das Landgericht mangels Nachweises eines Verschuldens der Beteiligten bei der nach § 17 Abs. 2 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge lediglich die von beiden Fahrzeugen ausgehende Betriebsgefahr berücksichtigt. Gem. § 540 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils verwiesen, soweit sich aus dem Nachstehenden nichts anderes ergibt.
4Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiter. Das Landgericht habe die Frage, ob den Zeugen E ein Verschulden an dem Zustandekommen des Verkehrsunfalls treffe, nur unzureichend aufgeklärt. Selbst wenn der Zeuge E nur mit 35 km/h bis 40 km/h, und nicht, wie die Zeugin L ausgesagt habe, mit mindestens 50 km/h auf den Grünstreifen gefahren sei, begründe dies den Vorwurf, unangepasst schnell unterwegs gewesen zu sein. Dass er bei einem solchen Fahrmanöver sein Gespann nicht mehr würde beherrschen können, habe dem Zeugen E bewusst sein müssen. Den Zeugen E treffe zudem der Vorwurf, nicht äußerst rechts gefahren zu sein. Denn nach Auftauchen des Beklagten zu 1) im Gegenverkehr hätte der Zeuge E notfalls unter Befahren des Grünstreifens nach rechts ausweichen und hierzu seine Geschwindigkeit reduzieren müssen. Der Beklagte zu 1) sei langsam und äußerst rechts gefahren und habe den Zeugen E daher nicht zu dessen Fahrweise veranlasst.
5Der Senat hat den Beklagten zu 1) gem. § 141 ZPO persönlich angehört und den Zeugen E vernommen. Der Sachverständige Prof. T2 hat im Senatstermin vom 07.06.2016 über den Unfallhergang mündlich sein zuvor schriftlich erstelltes verkehrsanalytisches Gutachten erstattet. Wegen des wesentlichen Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 07.06.2016 Bezug genommen.
6Dem Senat lagen die Akten 875 Js 1400/12 und 875 Js 1224/12 Staatsanwaltschaft Bielefeld vor.
7II.
8Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
9Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein sich aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 115 Abs.1 S. 1 Nr. 1 VVG ergebender Anspruch auf Ersatz des diesem durch den Verkehrsunfall vom 01.08.2012 entstandenen und der Höhe nach unstreitigen Schadens nach einer Haftungsquote von 50% zu.
101.
11Der Unfall hat sich gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StGB bei dem Betrieb des von dem Beklagten zu 1) geführten Traktors ereignet. Das Unfallereignis war, wie auszuführen ist, für keinen der Beteiligten unabwendbar, und ist auch nicht durch höhere Gewalt nach § 7 Abs. 2 StGB verursacht worden.
122.
13Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Haftung des Beklagten zu 1) als Fahrzeugführer aus vermutetem Verschulden gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 StVG auch dann eingreifen kann, wenn es nicht zu einer Berührung zwischen den am Unfallgeschehen beteiligten Kraftfahrzeugen gekommen ist. Eine Haftung kommt grundsätzlich nämlich auch dann in Betracht, wenn der Unfall mittelbar durch das andere Kraftfahrzeug verursacht worden ist. Allerdings reicht die bloße Anwesenheit des Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle dafür nicht aus. Vielmehr muss das Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen haben. Dieses kann etwa der Fall sein, wenn der Geschädigte durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs zu einer Reaktion wie z.B. zu einem Ausweichmanöver veranlasst wird und dadurch ein Schaden eintritt. In einem solchen Fall kann der für eine Haftung erforderliche Zurechnungszusammenhang je nach Lage des Falles zu bejahen sein. Der Zurechnungszusammenhang entfällt in derartigen Fällen nicht bereits deshalb, weil es zu dem Unfall infolge einer voreiligen - also objektiv nicht erforderlichen - Abwehr- oder Ausweichreaktion gekommen ist. Auch diese wird gegebenenfalls dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zugerechnet. Es ist auch nicht erforderlich, dass die von dem Geschädigten vorgenommene Ausweichreaktion aus seiner Sicht, also subjektiv erforderlich war oder sich gar für ihn als die einzige Möglichkeit darstellte, um eine Kollision zu vermeiden. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Fahrer des geschädigten Fahrzeugs einen Zusammenstoß mit dem anderen Fahrzeug auf andere Weise, etwa durch Abbremsen, hätte verhindern können (BGH v. 21.09.2010 – VI ZR 263/09 - juris Rn. 6 – NJW 2010, 3713; BGH v. 21.09.2010 – VI ZR 265/09 – juris Rn. 6 – SVR 2010, 466; Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 7 StVG Rn. 35, 36).
143.
15Hiervon ausgehend ereignete sich der Verkehrsunfall bei dem Betrieb des von dem Beklagten zu 1) gesteuerten Traktors. Die Ausweichreaktion des Zeugen E erfolgte in der beiderseitigen Annäherung der beiden Traktoren und galt daher ersichtlich mit Blick auf den entgegenkommenden Traktor des Beklagten zu 1) einem Ausweichmanöver. Ob der Zeuge E zuvor in anderer Weise auf den Gegenverkehr hätte reagieren können, ist nach den obigen Ausführungen für die Haftung nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG ohne Belang.
164.
17Die somit nach § 17 Abs. 2 StVG vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. In erster Linie ist hierbei nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (BGH v. 27.05.2014 – VI ZR 279/13 - juris – VersR 2014, 894). Berücksichtigung finden nur die unstreitigen und die bewiesenen unfallursächlich gewordenen Verursachungsbeiträge. Dies führt vorliegend zu einer Haftungsverteilung zu gleichen Anteilen.
185.
19Entgegen der Ansicht des Landgerichts findet vorliegend im Rahmen der Abwägung nicht nur die von den beiden Fahrzeugen jeweils ausgehende Betriebsgefahr Berücksichtigung.
20In die Abwägung fließt vielmehr auf beiden Seiten auch ein unfallursächlich gewordenes Verschulden der beiden Fahrzeugführer wegen eines schuldhaften und unfallursächlichen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 StVO ein, weil beide den ihnen obliegenden besonderen Sorgfaltspflichten bei der Begegnung auf schmaler Straße nicht nachgekommen sind.
21Eine Begegnung durfte vorliegend nur dann in beiderseitiger zügiger Fahrt durchgeführt werden, wenn zwischen den sich begegnenden Fahrzeugen unter Berücksichtigung des nötigen Abstandes zum rechten Fahrbahnrand ein Seitenabstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann. Kann dieser Seitenabstand nicht eingehalten werden, muss nach § 1 Abs. 2 StVO sein Fehlen durch eine besonders vorsichtige Durchführung der Begegnung und Herabsetzung der beiderseitigen Fahrgeschwindigkeiten ausgeglichen werden. Reicht auch dies nicht, so haben beide Fahrzeugführer anzuhalten und sich darüber zu verständigen, welcher von ihnen am stehenden Fahrzeug des anderen in langsamer Fahrt vorbeifährt (Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht 24. Aufl. § 2 Rn. 70).
226.
23Hiervon ausgehend haben beide Fahrzeugführer die sich aus § 1 Abs. 2 StVO ergebenden besonderen Sorgfaltspflichten nicht beachtet.
24Die Breite der Straße betrug 5,8 m, so dass jedem Fahrzeugführer ein Fahrstreifen von 2,9 m zur Verfügung stand. Die Breite des von dem Beklagten zu 1) mitgeführten Fasswagens betrug bei der Nachbesichtigung durch den Sachverständigen Prof. T 3,03 m. Ob der Fasswagen im Unfallzeitpunkt noch etwas breiter war, weil die im Begutachtungszeitpunkt vorhandenen Streuer nicht denen entsprachen, die im Unfallzeitpunkt angebracht waren, vermochte der Sachverständige nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen. Im Ergebnis kann dies aber auch dahingestellt bleiben. Das dem Traktor des Klägers angehängte Ackergerät vom Typ Catros 4001- 2 Ts der Amazonen-Werke hat nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Transportbreite von 2,85 m.
25Die Breite beider Fahrzeuge erlaubte in keinem Fall ein gegenseitiges Passieren unter alleiniger Nutzung der Fahrbahnbreite von 5,80 m. Selbst unter Inanspruchnahme der 20 cm breiten Bankette war ein Aneinandervorbeifahren, insbesondere unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden seitlichen Wankbewegungen, und des aus diesem Grund einzuhaltenden ausreichenden Seitenabstandes nicht problemlos möglich. Um eine Kollision im Begegnungsverkehr sicher auszuschließen, musste der Zeuge E mit seinem Traktor in den Grünstreifen ausweichen. Beide Fahrzeugführer hätten daher ihre Geschwindigkeit in der gegenseitigen Annäherung gegebenenfalls bis zur Schrittgeschwindigkeit reduzieren und notfalls anhalten müssen, um – gegebenenfalls nach vorheriger Verständigung – ein gefahrloses Passieren zu ermöglichen. Diesen erhöhten Sorgfaltsanforderungen haben beide Fahrzeugführer nicht Rechnung getragen. Beide sind mit einer für die konkrete Situation unangepassten Geschwindigkeit aufeinander zugefahren und haben gegenseitig darauf vertraut, dass der jeweils andere noch weiter Platz schafft. Unangemessen ist dabei nicht nur die Geschwindigkeit des Zeugen E, die dieser mit 35 km/h bis 40 km/h bei Ausweichen auf den Grünstreifen angegeben hat. Auch die von dem Beklagten zu 1) bei seiner persönlichen Anhörung durch den Senat eingeräumte, und nicht weiter reduzierte Geschwindigkeit von ca. 30 km/h ist mit Blick auf die nicht ausreichende Straßenbreite deutlich übersetzt, weil sie eine angemessene Reaktion auf die konkrete Situation nicht zulässt.
267.
27Ein darüber hinaus gehendes Verschulden des Zeugen E vermag der Senat nicht festzustellen. Dass der Zeuge mit einer für die gegenseitige Annäherung übersetzten Geschwindigkeit in den Grünstreifen eingefahren ist, dies vielmehr gefahrlos nur mit Schrittgeschwindigkeit hätte machen dürfen, begründet nicht einen weiteren Vorwurf gegenüber dem Zeugen. Die in der konkreten Situation unangepasste Geschwindigkeit ist bereits im Rahmen des schuldhaften Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 StVO berücksichtigt worden.
288.
29Der von den Beklagten auf § 1 Abs. 2 StVO gestützte Vorwurf einer schuldhaft falschen Reaktion des Zeugen E bei Durchfahrung des Grünstreifens ist nach den sachverständigen Ausführungen des Prof. T2 widerlegt. Das Gespann aus Traktor und Grubber war nach den Erläuterungen des Sachverständigen wegen der ungünstigen Gewichtsverteilung und des kurzen Radstandes besonders instabil. Schon das Überfahren der Kante des Seitenstreifens mit den rechten Reifen in Richtung Grünstreifen führe bei isolierter Betrachtung zu erheblichen Problemen. Diese Probleme haben sich durch das Durchfahren der Bodenmulde deutlich verstärkt, so dass sich das Gespann so aufgeschaukelt hat, dass der Fahrer, ohne noch einwirken zu können, die Kontrolle hierüber völlig verliert und sich das Gespann überrollt.
309.
31Auf der Grundlage der danach vorzunehmenden gleichmäßigen Haftungsverteilung steht dem Kläger der von dem Landgericht zuerkannte Betrag zum Ausgleich des ihm durch den Unfall entstandenen und der Höhe nach unstreitigen Schadens zu.
3210
33Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
34Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 543 ZPO.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil, 07. Juni 2016 - 9 U 59/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
(1) Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.
(2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter
- 1.
zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder - 2.
zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist.
(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.
(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.
(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall am 25. August 2009 zwischen einem Bus und einem Pkw. Die Klä- gerin ist Halterin und Eigentümerin des Busses, der vom Drittwiderbeklagten gefahren wurde. Der Beklagte zu 1 ist Fahrer und Halter des bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw.
- 2
- Zum Unfallzeitpunkt befuhr der Drittwiderbeklagte mit dem Bus die vorfahrtsberechtigte T.-Straße. Der Beklagte zu 1 befuhr die untergeordnete S.-Straße und wollte an der Einmündung zur T.-Straße in diese nach links abbiegen (Zeichen 205 StVO). Aus Sicht des Drittwiderbeklagten befindet sich unmittelbar nach der S.-Straße parallel zur vorfahrtsberechtigten T.-Straße eine Bushaltestelle. Um diese anzufahren, überfuhr der Drittwiderbeklagte mit dem Bus etwas die seinen Fahrstreifen begrenzende unterbrochene Linie zur S.-Straße. Dabei kam es zur Kollision mit dem an die Vorfahrtsstraße heranfahrenden Pkw des Beklagten zu 1.
- 3
- Die Parteien machen im Wege der Klage und Widerklage wechselseitig Schadensersatzansprüche geltend. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 9.493,30 € nebst Zinsen sowie weitere 810,10 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen zu zahlen. Die Widerklage des Beklagten zu 1 hat es abgewiesen. Mit der Berufung haben die Beklagten einen Haftungsanteil von 25 Prozent anerkannt und der Beklagte zu 1 die Widerklageforderung auf 75 Prozent begrenzt. Sie haben beantragt, das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen als Gesamtschuldner zu verurteilen , an die Klägerin 2.373,33 € nebst Zinsen zu zahlen sowie die Widerbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Beklagten zu 1 3.136,01 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihre im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in r+s 2013, 456 und SP 2013, 390 veröffentlicht ist, stehen lediglich der Klägerin Ersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall zu. Die Beklagten hafteten für die Unfallschäden vollständig, weil die Haftungsverteilung nach § 17 StVG eine alleinige Unfallverursachung durch den Beklagten zu 1 ergeben habe. Nach dem von den Parteien nicht weiter angegriffenen Unfallhergang habe sich der Bus ursprünglich auf der vorfahrtsberechtigten Straße befunden und die an der Einmündung vorhandene unterbrochene Linie überfahren, um die hinter der Einmündung liegende Bushaltestelle anzufahren. Aus der untergeordneten Straße sei der Beklagte zu 1 mit seinem Fahrzeug gekommen. Beide Fahrzeuge seien mit geringer Geschwindigkeit gefahren. Auf der Höhe des vorderen rechten Rades des Busses sei das Fahrzeug des Beklagten zu 1 gegen den Bus gestoßen. Die Vorfahrtsstraße sei für diesen in beide Richtungen deutlich einsehbar gewesen.
- 5
- Nach den Feststellungen des Sachverständigen habe der Bus die unterbrochene Linie überfahren müssen, um die Haltestelle zu erreichen. Der Bus habe sein Vorfahrtsrecht behalten, auch wenn er die als Fahrbahnbegrenzung dienende unterbrochene Linie überfahren habe. Die Bushaltestelle habe zur vorfahrtsberechtigten Fahrbahn gehört, weil sie der Bus im Zuge seiner Fahrt auf der vorfahrtsberechtigten Straße habe erreichen müssen. Damit ergebe sich die Wartepflicht des Beklagten zu 1 aus dem vor der Einmündung befindlichen "Vorfahrt gewähren"-Schild.
- 6
- Bei der Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG sei zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1 gegen § 8 StVO verstoßen habe. Ein Sorgfaltsverstoß des Drittwiderbeklagten sei nicht erkennbar. Dieser sei mit geringer Geschwindigkeit gefahren und habe grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, dass der Pkw rechtzeitig angehalten werde. Bei Abwägung aller Verursachungsgesichtspunkte verbleibe lediglich die Verletzung des Vorfahrtsrechts durch den Beklagten zu 1, gegenüber der die einfache Betriebsgefahr des Busses zurücktrete.
- 7
- Die Klägerin habe auch Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe eines Gebührensatzes von 1,6. Bei der Überschreitung der anerkannten Mittelgebühr von 1,3 bewege sich der Klägervertreter innerhalb der Toleranzgrenze von 20 bis 30 Prozent.
II.
- 8
- Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung im Wesentlichen stand.
- 9
- 1. Entgegen der Auffassung der Revisionen hat das Berufungsgericht mit Recht ein Vorfahrtsrecht des Busses angenommen, auch wenn dieser die als Fahrbahnbegrenzung dienende unterbrochene Linie überfuhr, um die Haltestelle zu erreichen.
- 10
- a) Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO in der hier maßgeblichen Fassung vom 22. März 1988 hat an Kreuzungen und einer - hier vorliegenden - Einmündung Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht, wenn die Vorfahrt - wie hier durch das Zeichen 205 - besonders geregelt ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVO). Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass er warten wird. Er darf nur weiterfahren, wenn er übersehen kann, dass er den, der die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert (§ 8 Abs. 2 Satz 1, 2 StVO aF).
- 11
- Die gesetzliche Vorfahrtsregelung soll den zügigen Verkehr auf bevorrechtigten Straßen gewährleisten und damit durch klare und sichere Verkehrsregeln auch der Sicherheit des Straßenverkehrs dienen (vgl. Senat, Urteil vom 9. März 1971 - VI ZR 137/69, BGHZ 56, 1, 4; BGH, Urteile vom 9. Juli 1965 - 4 StR 282/65, BGHSt 20, 238, 240; vom 15. Juli 1986 - 4 StR 192/86, BGHSt 34, 127, 130). Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich auf die gesamte Fläche der Kreuzung oder des Einmündungsbereichs. Der Vorfahrtsbereich wird bei rechtwinklig einmündenden Straßen und bei rechtwinkligen Straßenkreuzungen von den Fluchtlinien der Fahrbahnen beider Straßen gebildet. Bei einer trichterförmig erweiterten Einmündung erstreckt sich die Vorfahrt nicht nur auf das durch die Fluchtlinie der Fahrbahnen beider Seiten gebildete Einmündungsviereck, sondern umfasst auch die ganze bis zu den Endpunkten des Trichters erweiterte bevorrechtigte Fahrbahn (vgl. Senat, Urteile vom 16. November 1962 - VI ZR 19/62, VersR 1963, 279; vom 9. März 1971 - VI ZR 137/69, aaO, 4 ff.; vom 7. Juni 1983 - VI ZR 83/81, VersR 1983, 837, 838; BGH, Urteil vom 9. Juli 1965 - 4 StR 282/65, aaO mwN).
- 12
- Nach dieser Rechtsprechung hat der Fahrer, der dem Verlauf einer nach links abknickenden Vorfahrtsstraße nicht folgt, sondern geradeaus weiterfährt, in dem gesamten Kreuzungsbereich die Vorfahrt gegenüber dem von rechts kommenden Verkehr (Senat, Urteile vom 9. März 1971 - VI ZR 137/69, aaO; vom 7. Juni 1983 - VI ZR 83/81, aaO). Eine Markierung des Verlaufs des bevorrechtigten Straßenzugs auf der Kreuzung durch eine rechtsseitig verlaufende bogenförmige unterbrochene weiße Linie ändert nichts am Umfang der Vorfahrtsberechtigung. Vielmehr beschränkt sich die Bedeutung der Markierung darauf, den Verkehrsteilnehmern zur Erleichterung der Orientierung den Verlauf des bevorrechtigten Straßenzuges anzuzeigen (Senat, Urteil vom 7. Juni 1983 - VI ZR 83/81, aaO; OLGR Hamm 1996, 170, 171). Der Benutzer einer bevorrechtigten Straße ist gegenüber den Verkehrsteilnehmern, die auf einer einmündenden oder die Vorfahrtsstraße kreuzenden nicht bevorrechtigten Straße herankommen, auch dann vorfahrtsberechtigt, wenn er in diese Straße einbiegt, und zwar so lange, bis er die Vorfahrtsstraße mit der ganzen Länge seines Fahrzeugs verlassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 1959 - 4 StR 313/58, BGHSt 12, 320, 323; OLG Düsseldorf, VersR 1966, 1056; König in Hentschel /König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 8 StVO Rn. 29). Es gibt keinen Übergang der Vorfahrt auf den Wartepflichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1952 - 4 StR 18/52, VRS 4, 429, 430; König in Hentschel/König/Dauer, aaO).
- 13
- b) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Kollision zu einem Zeitpunkt erfolgt, als der drittwiderbeklagte Busfahrer vorfahrtsberechtigt und der Beklagte zu 1 wartepflichtig war. Der Bus näherte sich unstreitig auf der vorfahrtsberechtigten Straße und war im Begriff, diese zu verlassen, um die kurz hinter der Einmündung der nachgeordneten Straße befindliche Bushaltestelle anzufahren. Er hatte die Vorfahrtsstraße zum Zeitpunkt der Kollision noch nicht mit der ganzen Länge verlassen, vielmehr befand sich der überwiegende Teil des Busses noch auf dieser. Demgemäß musste der Beklagte zu 1 bei der Annäherung an die Einmündung die Vorfahrt des Busfahrers beachten und durfte diesen weder gefährden noch wesentlich behindern (§ 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 StVO aF).
- 14
- 2. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht auf Grund einer Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 StVG eine volle Haftung der Beklagten angenommen und eine (Mit-)Haftung der Klägerin verneint hat.
- 15
- a) Das Berufungsgericht hat mit Recht einen Sorgfaltsverstoß und mithin ein Verschulden des Drittwiderbeklagten verneint. Dieser musste, um im normalen Fahrverlauf ohne besonders starke Brems- oder Lenkbewegungen die Haltestelle zu erreichen, die unterbrochene Linie überfahren. Er fuhr mit geringer Geschwindigkeit. Auch wenn davon auszugehen ist, dass er das Fahrzeug des Beklagten zu 1 wahrgenommen hat, durfte er grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 1 rechtzeitig anhalten würde. Dieser hat selbst vorgetragen , dass er im Begriff war anzuhalten, und fuhr gemäß dem Sachverständigengutachten mit nur noch sehr geringer Geschwindigkeit. Es lagen mithin keine Umstände vor, aufgrund derer der Drittwiderbeklagte hätte erkennen können und müssen, dass der Beklagte zu 1 sein Vorfahrtsrecht missachten würde. Andererseits war für den Beklagten zu 1 zu erkennen, dass sich der Bus näherte und möglicherweise die Bushaltestelle anfahren würde. Dies war für ihn bei der erforderlichen Aufmerksamkeit erkennbar, weil - wie bei trichterförmigen Einmündungen üblich - die Vorfahrtsstraße für den Beklagten zu 1 in beide Richtungen deutlich einsehbar war.
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- b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei der Abwägung nur von einer einfachen Betriebsgefahr des Busses ausgegangen ist. Zwar können - im Hinblick auf die Wucht des Zusammenstoßes und die Schwere der Unfallfolgen - für die Betriebsgefahr auch Fahrzeuggröße, Fahrzeugart oder Gewicht des Fahrzeugs maßgebend sein mit der Folge, dass die Betriebsgefahr der größeren Masse in der Regel größer ist (vgl. Senat, Urteil vom 10. März 1964 - VI ZR 43/63, VersR 1964, 633, 634; BGH, Urteil vom 24. Januar 1966 - III ZR 111/64, VersR 1966, 521, 522; König, aaO, § 17 StVG Rn. 6). Ein Umstand muss aber erwiesenermaßen ursächlich für den Schaden geworden sein, sonst bleibt er außer Ansatz (vgl. Senatsurteile vom 10. Januar 1995 - VI ZR 247/94, VersR 1995, 357 f.; vom 21. November 2006 - VI ZR 115/05, VersR 2007, 263 Rn. 15 mwN; König, aaO Rn. 5 f. mwN). Danach hat das Berufungsgericht mit Recht nur eine einfache Betriebsgefahr zugrundegelegt. Zwar hat der Bus eine erheblich größere Masse als der vom Beklagten zu 1 gefahrene Pkw. Dies hat sich aber im Streitfall nicht ausgewirkt. Der Bus ist zum Zeitpunkt der Kollision nur mit einer geringen Geschwindigkeit gefahren. Nicht er, sondern der Beklagte zu 1 ist in ihn hineingefahren. Dabei hat sich die Masse des Busses, welche grundsätzlich zu einem längeren Bremsweg führt, nicht ausgewirkt.
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- c) Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine volle Haftung der Beklagten angenommen hat.
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- aa) Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. In erster Linie ist hierbei nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2005 - VI ZR 68/04, VersR 2006, 369 Rn. 16 mwN).
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- bb) Danach ist die Abwägung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Bei der Bemessung der Haftungsanteile der nur nach § 7 Abs. 1 StVG haftenden Klägerin einerseits und der Beklagten andererseits durfte das Beru- fungsgericht ohne Rechtsfehler maßgeblich auf die schuldhafte Vorfahrtsverletzung des Beklagten zu 1 abstellen und - wie in einem solchen Fall regelmäßig - die einfache Betriebsgefahr des Busses zurücktreten lassen.
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- 3. Die Revision hat allerdings Erfolg, soweit sie beanstandet, dass das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe des geltend gemachten Gebührensatzes von 1,6 gemäß § 14 Abs. 1 RVG, Nr. 2300 RVG-VV zugesprochen hat, weil sich die Überschreitung der für einfache Unfallangelegenheiten anerkannten Mittelgebühr innerhalb der Toleranzgrenze von 20 bis 30 Prozent bewege. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die für durchschnittliche Fälle geltende Regelgebühr von 1,3 hinaus nach Nr. 2300 RVG-VV nur gerechtfertigt, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Februar 2013 - VI ZR 195/12, NJW-RR 2013, 1020 Rn. 7 f.; BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813 Rn. 8 ff. mwN). Dies ist hier nicht der Fall. Galke Diederichsen Stöhr von Pentz Offenloch
LG Darmstadt, Entscheidung vom 12.09.2011 - 27 O 428/09 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 04.06.2013 - 22 U 10/12 -
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)