Oberlandesgericht Köln Beschluss, 29. Juni 2015 - 19 U 190/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 1, 2 und 3 gegen das am 13.11.2014 verkündete Grundurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 O 66/14 - wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 1, 2 und 3 als Gesamtschuldner.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten aufgrund eines Unfalls vom 27.8.2012, bei welchem sie auf einem Rollband durch einen Einkaufswagen getroffen wurde, wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch.
4Die Beklagte zu 1 betreibt die Filiale des Supermarkts „S“ am F in L. Die Beklagten zu 2 und 3 sind Gesellschafter der Beklagten zu 1. In der Filiale führt ein Rollband vom Erdgeschoss in das Untergeschoss, welches auch zur Nutzung durch Kunden, die einen Einkaufswagen bei sich führen, bestimmt ist und genutzt wird.
5Die Klägerin suchte am 27.8.2012 die Filiale am F als Kundin auf. Als sie auf dem in das Untergeschoss führenden, abschüssigen Rollband stand, rollte plötzlich der von dem Zeugen Q geführte Einkaufswagen von hinten auf die Klägerin zu, als der Zeuge Q den Wagen kurz losgelassen hatte. Die Klägerin wurde dabei von dem Einkaufswagen getroffen. Der von dem Zeugen Q geführte Einkaufswagen aus rostfreiem Stahl (vgl. Bl. 147 GA, unteres Lichtbild) mit einem langen roten S-Logo am Haltegriff besaß keine Bremsvorrichtung.
6Die Klägerin begab sich noch am 27.8.2012 in das Medizinische Versorgungszentrum St. N. Mit Arztbrief des Medizinischen Versorgungszentrums vom 27.8.2012 (Anlage K19, Bl. 124 GA) wurden eine „Verstauchung und Zerrung sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile des Fußes“ sowie eine „Schwellung mit Blaufärbung“ unter dem Außenknöchel des linkes Fußes sowie Druck- und Bewegungsschmerzen diagnostiziert.
7Am 5.9.2012 wurden mittels MRT bei der Klägerin eine Kalkaneusfraktur (Versenbeinfraktur) links, eine Würfelbeinfraktur links und eine Kahnbeinfraktur am linken Fuß festgestellt. Am 7.9.2012 erfolgte zur weiteren Abklärung ein CT, wobei sich eine erhebliche Dislokation des Fragmentes am Fersenbein zeigte, so dass ein operativer Eingriff bei dem Fußchirurgen Dr. N2 empfohlen wurde. Der operative Eingriff erfolgte am 11.9.2012 im Rahmen eines stationären Klinikaufenthalts vom 11.9.2012 bis zum 13.9.2012. Am 26.9.2012 erfolgte die Wiedervorstellung bei dem Arzt Dr. N2 zum Fadenzug. Im Rahmen der postoperativen Therapie wurden eine zweiwöchige Teilbelastung in Unterschenkelliegegipsschalen und Unterarmgehstützen sowie Thromboembolieprophylaxe verordnet. Nach dem Fadenzug am 26.9.2012 erfolgte der Wechsel auf einen sog. Pneumatic-Walker. In der Zeit vom 18.9.2012 bis zum 19.12.2012 nahm die Klägerin 30 Behandlungstermine zwecks verordneter Lymphdrainage wahr. Am 23.1.2013 fand die Abschlusskontrolle bei Herrn Dr. T statt.
8Die Klägerin hat behauptet, der von dem Zeugen Q geführte Einkaufswagen habe sich im Verkaufsraum der Beklagten zu 1 im Bereich der Kasse 1 befunden. Der Zeuge Q habe diesen Einkaufswagen genommen, weil er größer als die anderen verfügbaren Wagen gewesen sei und er insgesamt sechs Leergutkisten im Markt zurückgeben wollte. Die Klägerin hat gemeint, der Umstand, dass sich dieser Wagen, – der unstreitig nicht mit Bremsen ausgestattet und damit für den Transport auf dem Laufband nicht geeignet war – in dem Markt befunden habe, stelle eine objektive Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar, da sich derartige Gefahrenquellen in stark frequentierten Geschäftsräumen nicht befinden dürften. Die Einkaufswagen müssten häufig auf Fremdbestand kontrolliert werden. Insoweit obliege dem Marktbetreiber die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich konkret ausreichender Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen. Ein Kunde müsse nicht damit rechnen, dass der im Supermarkt vorgefundene Einkaufswagen für die dortigen Verhältnisse nicht geeignet und gefährlich sei.
9Die Klägerin hat weiter behauptet, sie habe die Kalkaneusfranktur, die Würfelbeinfraktur und die Kahnbeinfranktur sowie multiple Prellungen und Abschürfungen im Bereich des linken Unterschenkels durch den Unfall erlitten.
10Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen, wobei mit dem Klageantrag zu 1) in erster Linie angeblich selbst beglichene Heilbehandlungskosten geltend gemacht werden. Im Einzelnen setzt sich der Betrag in Höhe von 10.649,62 Euro wie folgt zusammen: Krankentransportkosten 279,00 Euro, Kosten für Arznei-/Heilmittel 1.323,35 Euro, Kosten der ambulanten Heilbehandlung 2.558,63 Euro, Kosten der stationären Behandlung 6.197,24 Euro, Fahrtkosten 266,40 Euro, Kostenpauschale 25,00 Euro.
11Vor der mündlichen Verhandlung erster Instanz hat die Klägerin die Klage gegen die ursprünglich mitverklagte Beklagte zu 4 zurückgenommen.
12Die Klägerin hat beantragt,
131. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 10.649,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.12.2012 zu zahlen;
142. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, sie von der Honorarforderung der Rechtsanwälte H, I & Partner vom 31.07.2013 in Höhe von 961,28 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen;
153. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 6.500 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.000 Euro seit dem 14.12.2012 und aus 1.500 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
164. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr den entstandenen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 2.991,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.12.2012 zu zahlen.
17Die Beklagten haben beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Beklagten sind der Ansicht gewesen, die Beklagte zu 1 habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Hierzu haben sie behauptet, bei dem unfallverursachenden Einkaufswagen habe es sich um einen marktfremden Wagen gehandelt, den der Zeuge Q nicht in dem streitgegenständlichen Markt vorgefunden, sondern selbst in den Markt mitgebracht habe. Die in dem von der Beklagten zu 1 betriebenen Markt vorgehaltenen Einkaufswagen seien schwarz, der von dem Zeugen Q mitgebrachte Wagen sei hingegen rot gewesen. Um ein Fehlverhalten wie dasjenige des Zeugen Q effektiv zu verhindern, müsse permanent ein Mitarbeiter am Eingang des Marktes postiert sein, um Kunden mit selbst mitgebrachten Einkaufswagen abzuweisen. Ein derartiger Personalaufwand sei unangemessen und nicht zumutbar.
20Die Beklagten haben erstinstanzlich dem Zeugen Q den Streit verkündet. Dieser hat sich zu einem Beitritt nicht erklärt.
21Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen Q und E (Sitzungsprotokoll vom 16.10.2014, Bl. 148 GA) der Klage dem Grunde nach stattgegeben.
22Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1. bis 3. dem Grunde nach sowohl ein Schadensersatz- als auch ein Schmerzensgeldanspruch gemäß § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 229 StGB zustehe. Die Beklagte zu 1 habe eine Verkehrssicherungspflicht verletzt, die kausal für das Unfallereignis geworden sei. Ein Supermarktbetreiber habe zur Gefahrenabwendung von seinen Kunden alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen. Befindet sich in einem Supermarkt ein Rollband, welches zum Befahren mit Einkaufswagen bestimmt ist, so verletze der Betreiber des Supermarktes seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er keine Maßnahmen gegen sich selbstständig machende Einkaufswagen trifft, insbesondere die Einkaufswagen nicht mit Bremsen ausstattet. Die Verkehrssicherungspflicht des Supermarktbetreibers erschöpfe sich – so das Landgericht weiter – nicht in der Auswahl geeigneter eigener Einkaufswagen, sondern erstrecke sich auch auf die regelmäßige Kontrolle und Überwachung, dass nicht marktfremde Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung in dem eigenen Markt benutzt werden oder gar dem dortigen Bestand an Einkaufswagen einverleibt werden. Die für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darlegungs- und beweisbelastete Klägerin müsse dartun und beweisen, dass der streitgegenständliche Einkaufswagen entweder als eigener dem konkreten S-Markt zugeordnet war, als marktfremder Wagen in den dortigen Bestand dauerhaft aufgenommen worden ist oder als marktfremder Wagen dort deshalb auffindbar war, weil die Beklagte zu 1 ihren regelmäßigen Kontroll- und Überwachungspflichten hinsichtlich eines Fremdbestandes nicht oder nur unzureichend nachgekommen sei, wobei den Supermarktbetreiber hinsichtlich der Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen eine sekundäre Darlegungslast treffe, weil sich deren Durchführung der Sphäre des Kunden regelmäßig entziehe.
23Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Landgericht davon ausgegangen, dass bereits vor dem Unfalltag jedenfalls ca. vier Einkaufswagen des streitgegenständlichen Typs ohne Bremsvorrichtung dauerhaft im Markt befindlich gewesen seien und sich jedenfalls in den dortigen Bestand als „Fremdkörper“ eingegliedert hatten, wobei das Landgericht ausdrücklich offen gelassen hat, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Einkaufswagen tatsächlich um einen marktfremden Wagen handelte. Dabei ist das Landgericht im Wesentlichen der Aussage des Zeugen Q gefolgt, die es als zuverlässig und glaubhaft sowie schlüssig und widerspruchsfrei angesehen hat. Dem – so das Landgericht weiter – stehe nicht die Aussage des Zeugen E entgegen. Dieser habe die Behauptung der Beklagten, dass der Zeuge Q den Einkaufswagen in den Markt mitgebracht habe, nicht bestätigt, sondern demgegenüber bekundet, eine Dame türkischer Herkunft sei an der Kasse mit dem Wagen auf der Videoaufzeichnung zu sehen gewesen. Zudem habe der Zeuge E eingeräumt, dass es in der Vergangenheit vielleicht vorgekommen sein könne, dass ein Kunde den hier streitgegenständlichen Wagen im Markt benutzt habe. Ferner ist das Landgericht aufgrund der Aussage des Zeugen E davon ausgegangen, dass keinem konkreten Mitarbeiter der Beklagten die Aufgabe der Aussonderung solcher Wagen zugewiesen gewesen sei, sondern dies allen Mitarbeitern allgemein oblegen habe, so dass es leicht zu einem dauerhaften Verbleib der Wagen im Markt kommen könne, weil sich kein Mitarbeiter für die Aussonderung als verantwortlich betrachte. Das Landgericht hat im Hinblick auf die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zumindest Fahrlässigkeit auf Seiten der Beklagten zu 1 angenommen. Durch den Unfall habe die Klägerin zumindest die unmittelbar danach diagnostizierte Verstauchung, Zerrung und Schwellung mit Blaufärbung des linken Fußes erlitten. Die Haftung der Beklagten zu 2 und 3 folge aus § 128 S. 1 HGB.
24Mit Beschluss vom 2.3.2015 hat das Landgericht das Passivrubrum seines vorgenannten Grundurteils dahin berichtigt, dass unter Ziff. 3 nicht die „R+V Allgemeine Versicherung AG“ im Rubrum ausgewiesen ist, sondern die „S West Beteiligungs GmbH …“.
25Gegen das Grundurteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Beklagten zu 1, 2 und 3.
26Sie meinen, ein Anspruch der Klägerin gegen sie sei nicht gegeben. Die erstinstanzliche Verurteilung beruhe auf einer unvollständigen, tendenziösen und in wesentlichen Teilen falschen Beweiswürdigung. Die Aussage des von ihnen benannten Zeugen E sei nur unvollständig gewürdigt worden. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Zeuge hinsichtlich Flaschensuchern, die den Markt mit fremden Wagen betreten hätten, auf das mittlerweile gegen diese ergangene Betretungsverbot hingewiesen habe sowie darauf, dass Flaschensucher die mitgebrachten Einkaufswagen stets wieder mitgenommen hätten. Der Zeuge E habe auch nicht ausgesagt, es könne in der Vergangenheit vielleicht vorgekommen sein, dass ein Kunde die hier streitgegenständlichen Einkaufswagen im Markt benutzt habe. Soweit dem Protokoll des Landgerichts hierzu etwas anderes zu entnehmen ist, beruhe dies – so die Behauptung der Beklagten – auf einem Missverständnis, dem durch die anschließende Protokollierung der verneinenden Antwort des Zeugen Rechnung getragen worden sei. Die Beklagten sind der Auffassung, dass Teile der Aussage des Zeugen E gar nicht durch das Landgericht gewürdigt worden seien. Insbesondere sei unberücksichtigt geblieben, dass den Angaben des Zeugen E zufolge Einkaufswagen wie der streitgegenständliche niemals zum Bestand des Supermarkts gehört hätten, entgegen der Aussage des Zeugen Q. Zudem habe der Zeuge E bekundet, an alle Mitarbeiter sei die Anweisung ergangen, stets darauf zu achten, ob fremde Einkaufswagen im Markt sind und solche aus dem Verkehr zu ziehen. Darüber hinaus sind die Beklagten der Auffassung, dass jedenfalls keine Eingliederung des fremden Einkaufswagens in ihren Bestand erfolgt sei, da der Aussage des Zeugen E zufolge der Wagen erst 2 Minuten vor der durch den Zeugen Q erfolgten Benutzung im Kassenbereich abgestellt worden sei. Zudem behaupten die Beklagten, ein Einkaufswagen ohne Blockiermechanismus könne auf dem Rollband von unten nach oben gar nicht benutzt worden sein, auch nicht durch den Zeugen Q.
27Weiter sind die Beklagten der Meinung, die Klägerin habe zu beweisen, dass der schadenstiftende Einkaufswagen von ihr – der Beklagten zu 1 – in ihrem Einkaufsmarkt bereitgestellt oder zumindest schuldhaft einen längeren Zeitraum in den Markt eingegliedert war. Dieser Beweis sei der Klägerin nicht gelungen. Die Aussage des Zeugen Q sei nicht glaubhaft. Nach Ansicht der Beklagten spreche gegen die Glaubhaftigkeit bereits ein erhebliches Eigeninteresse des Zeugen Q daran, dass die alleinige Verantwortlichkeit der Beklagten festgestellt wird. Ferner stimme die Aussage des Zeugen Q nicht mit derjenigen des Zeugen E überein, u.a. hinsichtlich der Frage, welche Einkaufswagen in dem Markt vor Einführung der aktuellen schwarzen Wagen verwendet wurden. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge Q früher nie Schwierigkeiten mit Einkaufswagen wie dem hier verwendeten gehabt haben will. Dabei unterstellen die Beklagten, dass der Zeuge auch in der Vergangenheit Wasserkästen mit einem solchen Einkaufswagen befördert haben müsse. Da die entgegenstehende Aussage des Zeugen E keinen Bedenken begegne, wie auch das Landgericht festgestellt habe, müsse jedenfalls von einem „non liquet“ ausgegangen werden, was zulasten der Klägerin gehe. Es sei auch nicht ersichtlich, welche Maßnahmen die Kassiererin im Markt der Beklagten zu 1 hätte ergreifen können, als – der Aussage des Zeugen E entsprechend – die türkische Dame mit dem streitgegenständlichen Einkaufswagen ihre Kasse passierte, bevor 2 Minuten später der Zeuge Q den Wagen übernommen hat. Eine Haftung der Beklagten aufgrund Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bestehe auch dann nicht, wenn keine konkrete Zuweisung der Überprüfung des Bestandes an Einkaufswagen an einen bestimmten Mitarbeiter der Beklagten zu 1 erfolgt sei, zumal sich dieser Umstand – so die Behauptung der Beklagten – nicht unfallkausal ausgewirkt habe.
28Die Beklagten zu 1, 2 und 3 beantragen,
29das Urteil des Landgerichts Köln vom 13.11.2014, Az. 2 O 66/14, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Die Klägerin hält die Tatsachenfeststellung erster Instanz für rechtsfehlerfrei. Das Landgericht habe die Aussage des Zeugen Q zutreffend berücksichtigt und auch die Aussage des Zeugen E vollständig gewürdigt. Das von dem Zeugen E bekundete und von den Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung aufgegriffene Betretungsverbot gegen Flaschensammer sei hier unerheblich und die angebliche Mitnahme der Einkaufswagen durch Flaschensammler sei fernliegend. Die Aussage des Zeugen E hinsichtlich der möglichen Benutzung fremder Wagen sei von dem Landgericht auch keineswegs missverstanden worden. Sie sei so protokolliert worden, wie tatsächlich erfolgt.
33II.
34Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Die Berufung der Beklagten zu 1, 2 und 3 hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).
35Die Beklagten zu 1, 2 und 3 sind auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit Beschluss des Senats vom 23.4.2015 hingewiesen worden.
36A.
37Der Senat hat in dem vorgenannten Beschluss Folgendes ausgeführt:
38„Zu Recht hat das Landgericht der Klage in Ausübung seines gemäß § 304 ZPO bestehenden Ermessens und in prozessual nicht zu beanstandender Weise dem Grunde nach stattgegeben.
39Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 128 S. 1 HGB einen Schadensersatzanspruch aus dem Unfall vom 27.8.2012 in dem S-Supermarkt der Beklagten zu 1 am F in L, über dessen Höhe noch zu erkennen sein wird.
40Zutreffend ist das Landgericht bei seinem Grundurteil von einer schuldhaften und rechtswidrigen Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte zu 1 als Betreiberin des vorgenannten Supermarktes ausgegangen, die letztlich zu dem Unfall vom 27.8.2012 geführt hat, bei dem die Klägerin verletzt worden ist.
411. Der Hergang des Unfalls ist zwischen den Parteien unstreitig: Die Klägerin befand sich als Kundin auf dem Rollband zwischen dem Erdgeschoss und dem Untergeschoss des Supermarktes. Hinter ihr stand der Zeuge Q, ebenfalls Kunde der Beklagten zu 1, mit einem Einkaufswagen auf dem abschüssigen Rollband. Als der Zeuge Q den Wagen, der keine Bremsvorrichtung hatte, kurz losließ, rollte dieser gegen die Klägerin, die hierdurch Verletzungen erlitt, über deren Ausmaß gestritten wird.
422. Unabhängig von einem etwaigen Fehlverhalten des Zeugen Q war das Fehlen einer Brems- bzw. Feststellvorrichtung an dem benutzten Einkaufswagen ursächlich für den Unfall. Denn andernfalls wäre der Wagen auf dem abschüssigen Rollband nicht ins Rollen geraten. Hierfür hat die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Supermarktes im Rahmen der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht einzustehen.
43a) Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht trifft jeden, der eine objektive Gefahrenquelle gleich welcher Art für Dritte schafft oder sie in dem von ihm beherrschten Bereich andauern lässt; er hat die allgemeine Rechtspflicht, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und ihm zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (vergleiche BGH, NJW 2007, 762; Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage 2015, § 823 Rn. 46). Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar ist, muss nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind nur diejenigen Vorkehrungen zu ergreifen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten möglichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (vergleiche Palandt-Sprau, aaO, § 823 Rn. 46, 47).
44Für den Einkaufsmarktbetreiber bedeutet dies, dass er durch das Zurverfügungstellen von Einkaufswagen für Kunden eine zusätzliche Unfallgefahr im Hinblick auf Wegrollen der Einkaufswagen hervorbringt (vergleiche Grüneberg, NZV 1992, 304 ff., zitiert nach beck-online; Piepenbrock, VersR 1989, 122 ff., zitiert nach juris). Daher ist der Betreiber eines Einkaufsmarktes verpflichtet, die ihm wirtschaftlich zumutbaren Vorkehrungen gegen ein plötzliches Wegrollen der Einkaufswagen und eine dadurch verursachte Schädigung Rechtsgüter Dritter zu treffen (vergleiche Grüneberg, aaO; Staudinger-Hager, BGB, § 823 Rn. E 252, zitiert nach juris). Auf stark abschüssigen Flächen wird aus diesem Grunde verlangt, Einkaufswagen mit Feststellbremse zu verwenden (vergleiche LG Augsburg, Urteil vom 14.6.1989, 7 S 5139/88; LG Amberg, Urteil vom 30.4.1992, 13 S 1399/91; Staudinger-Hager, aaO).
45Hier hatte die Beklagte zu 1 als Betreiberin des S-Supermarktes gerade aufgrund des abschüssigen Rollbands zwischen dem Erdgeschoss und dem Untergeschoss dafür zu sorgen, dass dort Einkaufswagen nicht von selbst hinunterrollen können, zumal mit Fehlverhalten von Kunden – wie hier das kurzzeitige Loslassen des Wagens durch den Zeugen Q – gerechnet werden muss. Eine geeignete Möglichkeit, dieser Gefahrenlage zu begegnen, ist es, die Einkaufswagen mit automatischen Feststellbremsen zu versehen.
46Dem hat die Beklagte zu 1 durch Einführung der schwarzen Einkaufswagen mit Bremsvorrichtung offenbar Rechnung getragen, jedoch nicht hinreichend. Es waren nämlich auch zumindest einige wenige größere Einkaufswagen ohne Feststellbremse vorhanden, die von Kunden wie dem Zeugen Q benutzt wurden.
47b) Soweit das Landgericht in seinem erstinstanzlichen Grundurteil zu der Feststellung gelangt ist, dass sich zum Unfallzeitpunkt jedenfalls vier Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung dauerhaft im Markt der Beklagten zu 1 befanden und zumindest als marktfremde Wagen in dem dortigen Bestand eingegliedert waren, sieht der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO keinen Anlass zu einer abweichenden Tatsachenerfassung oder -bewertung.
48Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht grundsätzlich die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.
49Solche Zweifel können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Dazu zählt neben einem Übergehen von Tatsachenvortrag und/oder Beweisangeboten (vgl. BGH, Urteil vom 16.9.2004, III ZR 283/03; Rimmelspacher in Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 529 Rn. 17 f., zitiert nach beck-online) sowie erkennbaren Widersprüchlichkeiten zwischen Protokoll und Beweiswürdigung in den Urteilsgründen (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 30. Auflage, § 529 Rn. 7) vor allem eine inhaltlich unzureichende Beweiswürdigung, d.h. eine solche, die den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO nicht gerecht wird. Typische Fälle sind insofern Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit der Beweiswürdigung sowie Verstöße gegen allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2004, V ZR 257/03; Urteil vom 14.7.2004, VIII ZR 164/03; jeweils zitiert nach juris).
50Hinreichende Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich zudem bereits aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.6.2003, 1 BvR 2285/02; Kammerbeschluss vom 22.11.2004, 1 BvR 1935/03; jeweils zitiert nach juris). Für einen Wegfall der Bindungswirkung reichen insofern bereits „vernünftige“ Zweifel (vgl. BGH, Urteil vom 9.3.2005, VIII ZR 266/03, zitiert nach juris); es genügt also eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine (erneute) Beweiserhebung die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung ergeben wird (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2005, VI ZR 270/04: ggf. bei unvollständigem Sachverständigengutachten).
51Letzteres bedeutet aber nicht, dass in allen Fällen eine Pflicht zur vollständigen Rekonstruktion des Sachverhalts besteht (vgl. Zöller-Heßler, aaO; Rimmelspacher in Münchener Kommentar, ZPO, aaO, Rn 24); vielmehr müssen nach dem Gesetz „konkrete“ Anhaltspunkte für Zweifel bestehen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare (objektivierbare) Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2005, VI ZR 270/04). Erforderlich sind objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwände gegen die erstinstanzlichen Feststellungen.
52Solche liegen indes hier nicht vor.
53Das Landgericht ist der Frage nach der Herkunft des streitgegenständlichen Einkaufswagens ohne Feststellbremse umfassend durch Vernehmung des von Seiten der Klägerin benannten Zeugen Q sowie des beklagtenseits benannten Zeugen E nachgegangen. Beide haben vor dem Landgericht ausgesagt (vergleiche Protokoll vom 16.10.2014, Bl. 148 ff. GA).
54Entgegen der Auffassung der Beklagten sind hinsichtlich der von dem Landgericht in seinem Grundurteil vorgenommenen Beweiswürdigung keine nach Maßgabe der oben ausgeführten Grundsätze relevanten Fehler ersichtlich. Dem erstinstanzlichen Protokoll über die Vernehmung der Zeugen Q und E, das von dem Berufungsgericht grundsätzlich heranzuziehen ist (vergleiche Zöller-Heßler, aaO, § 529 Rn. 7) und gegen dessen Richtigkeit von den Beklagten auch gegenüber dem Landgericht keine Einwendungen erhoben worden sind, kann nicht entnommen werden, dass das Landgericht die Beweisaufnahme nicht erschöpfend gewürdigt hätte oder die Aussagen im Widerspruch zu dem Urteil stünden (vergleiche Zöller-Heßler, aaO). Entgegen der Ansicht der Beklagten im Rahmen ihrer Berufungsbegründung sind auch keine Anhaltspunkte für eine unvollständige oder tendenziöse Beweiswürdigung ersichtlich.
55Das Landgericht hat seine Feststellungen im Wesentlichen auf die Aussage des Zeugen Q gestützt. Dieser hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass er den streitgegenständlichen Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung im Kassenbereich des Supermarktes der Beklagten zu 1 entdeckt und sodann zum Transport seines Leerguts benutzt habe, bevor er mit dem leeren Wagen unter Benutzung des Rollbands zum Einkaufen ins Untergeschoss gefahren sei. Der von ihm benutzte Einkaufswagen sei aus silberfarbenem, rostfreiem Stahl gewesen und habe unten eine Ablagefläche gehabt. Er sei auch größer als die in dem dortigen S-Markt üblichen neuen Einkaufswagen gewesen. Von diesen größeren, silbernen Einkaufswagen, die der Zeuge als „alte Wagen“ bezeichnet hat, seien vor dem Unfalltag ca. vier Stück in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 vorhanden gewesen und hätten immer irgendwo oben oder unten gestanden.
56Soweit das Landgericht die Aussage des Zeugen Q, der nach seinen Bekundungen als „Stammkunde“ mit den Verhältnissen im Supermarkt der Beklagten vor und nach dem Unfall der Klägerin vertraut war, als zuverlässig und glaubhaft eingestuft hat, begegnet dies aus Sicht des Senats keinen Bedenken. Dass der Zeuge Q sein besonderes Interesse an dem größeren, silbernen Einkaufswagen mit der besonderen Eignung zum Transport von Getränkekästen begründet hat, lässt seine Angaben durchaus plausibel erscheinen. In diesem Kontext ist auch zu berücksichtigen, dass der Zeuge Q eigenen Bekundungen zufolge ca. zwei- bis dreimal pro Woche in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 eingekauft hat, sich offenbar dort gut auskannte. Genauso wie das Landgericht vermag auch der Senat keine Widersprüche in den Bekundungen des Zeugen Q zu erkennen. Gerade seine Konstanz hinsichtlich der Aussage, auch bereits vor dem Unfall von den silbernen Einkaufswagen vier oder fünf immer irgendwo herumstehen gesehen und diese auch früher schon mal benutzt zu haben, spricht für die Richtigkeit seiner Angaben. Dass der Zeuge Q bei seiner Aussage hinsichtlich der Einordnung des Wochentags, an dem der Unfall geschah, unsicher war, spricht nicht gegen seine Glaubwürdigkeit, zumal er eigenen Angaben zufolge mehrmals pro Woche, mithin an unterschiedlichen Wochentagen, in den S-Supermarkt zum Einkaufen gegangen ist. Entsprechendes gilt auch für den auf Nachfrage von dem Zeugen Q eingeräumten Umstand, dass er nach dem Unfall in telefonischem Kontakt mit der Klägerin gestanden habe. Dass er sich aufgrund der Verletzungen der Klägerin besorgt gezeigt hat, erscheint durchaus verständlich, zumal der Zeuge Q an dem Unfall nicht ganz unbeteiligt war. Hierzu passt auch die Mitwirkung des Zeugen Q an der Erstellung der Fotos von Einkaufswagen (Bl. 147 GA) im Vorfeld des Verhandlungstermins vor dem Landgericht. Wie bereits das Landgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung bemerkt hat, ist auch aus Sicht des Senats der Aussage des Zeugen Q nicht zu entnehmen, dass er aus Sorge um seine eigene mögliche Haftung sich selbst entlasten wollte. Immerhin hat der Zeuge den Hergang des Unfalls geschildert und dabei auch sein mögliches eigenes Fehlverhalten eingeräumt. Schließlich sind auch etwaige Unstimmigkeiten der Angaben des Zeugen Q zur Art der vor und nach dem Unfall der Klägerin in dem Supermarkt der Beklagten verwendeten Einkaufswagen und/oder den Umständen, unter denen es ihm bei früheren Gelegenheiten gelungen ist, Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung „unfallfrei“ über das Rollband zu befördern, entgegen den Einwänden der Beklagten nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit seiner Bekundungen zu den Geschehnissen am Unfalltag in Frage zu stellen, zumal er diesen höhere Aufmerksamkeit geschenkt haben dürfte als den (unauffälligen) Ereignissen zuvor.
57Soweit das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung den Beweiswert der Aussage des Zeugen Q nicht durch die Aussage des Zeugen E beeinträchtigt gesehen hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden.
58Der Zeuge E, als stellvertretende Marktleiter bei der Beklagten zu 1 beschäftigt, hat bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht den Sachvortrag der Beklagten, der streitgegenständliche Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung sei von dem Zeugen Q in den Markt mitgebracht worden, nicht bestätigt. Seinen auf die Ansicht der Videoaufzeichnung des Marktes gestützten Angaben zufolge sei eine „türkische Dame mittleren Alters“ mit dem silbernen Einkaufswagen an der Kasse vorbeigegangen, wo sie bezahlt habe. Einige Minuten später habe der Zeuge Q den Wagen im Kassenbereich genommen. Dies entspricht hinsichtlich der Übernahme des streitgegenständlichen Einkaufswagens durch den Zeugen Q dessen Angaben. Soweit der Zeuge E weiter angegeben hat, dass die Dame türkischer Herkunft mit dem Wagen in den Markt hineingekommen sei, vermochte er für diese Vermutung keine Grundlage zu nennen, zumal – wie er eingeräumt hat – Entsprechendes nicht auf einer Videoaufzeichnung zu sehen sei. Die konkrete Herkunft des Einkaufswagens ohne Bremsvorrichtung ist von dem Zeugen E – abgesehen von Vermutungen – ebenso offen gelassen worden, wie die fragliche Dauer des Verbleibs in dem Markt vor dem Unfall. Soweit der Zeuge E in diesem Zusammenhang ausgesagt hat, dass Flaschensammler, die früher mit fremden Wagen den Markt betreten hätten, dies inzwischen nicht mehr dürfen und die Wagen wieder mitnehmen, kommt es hierauf letztlich nicht an. Denn der von dem Zeugen Q benutzte silberne Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung hatte sich zuvor im Supermarkt der Beklagten zu 1 befunden; wie er dorthin gelangte, ist nach Ansicht des Senats ohne Belang. Offen bleiben kann auch die von dem Zeugen E im Rahmen seiner Vernehmung aufgeworfene und durch die Beklagten im Rahmen ihrer Berufungsbegründung aufgegriffene Frage, ob Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung überhaupt zur Benutzung des Rollbands geeignet sind, insbesondere im beladenen Zustand vom Untergeschoss zum Erdgeschoss. Denn dass der Zeuge Q damit volle Getränkekästen über das Rollband vom Untergeschoss nach oben befördert hätte, entspricht – anders als die Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung meinen – nicht seiner Aussage. Der Zeuge Q hat lediglich bekundet, den silbernen Wagen auch früher bereits im Supermarkt der Beklagten zu 1 benutzt zu haben, ob zum Transport von Wasser, hat er offen gelassen. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht darauf an, ob es nach Ansicht des Zeugen E sein kann, dass Kunden den streitgegenständlichen Einkaufswagen in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 benutzt haben, insbesondere ob der Zeuge E dies bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht zunächst bejaht und dann verneint hat, wie gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO protokolliert, oder ob er auf diese Frage sofort mit „Nein“ geantwortet hat. Es ist nämlich davon auszugehen, dass der Wagen in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 vor dem Unfall zumindest von der beschriebenen Dame türkischer Herkunft und auch danach von dem Zeugen Q benutzt worden ist.
59c) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte zu 1 früher vor der Einführung der kleinen, schwarzen Einkaufswagen mit Feststellbremse silberne Wagen ohne Bremsvorrichtung in ihrem Bestand hatte. Denn der Betreiber eines Supermarktes hat im Rahmen der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht (siehe oben) auch dafür zu sorgen, dass gegebenenfalls fremde Wagen, die – wie hier mangels Feststellbremse – ein besonders hohes Gefahrenpotenzial aufweisen, nicht in den eigenen Bestand eingegliedert, sondern rechtzeitig aussortiert werden, da im Hinblick auf die naheliegenden erheblichen Gefahren, die mit der Nutzung solcher Einkaufswagen auf einem Rollband verbunden sind, hohe Anforderungen an notwendige Sicherheitsvorkehrungen zu stellen sind. Dass Kunden einen Supermarkt mit fremden Einkaufswagen betreten und diesen nach Erledigung ihrer Einkäufe dort zurücklassen, kommt erfahrungsgemäß insbesondere dort vor, wo mehrere Verbrauchermärkte eng beieinander liegen. Auch gegen Gefahren, die sich aus solcher nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung ergeben, sind Vorkehrungen zu treffen (siehe oben). Weder aus dem Vortrag der Beklagten, die insoweit zumindest eine erhöhte Darlegungslast über ihre interne Organisation trifft, noch aus der Aussage des Zeugen E kann geschlossen werden, dass vor dem Unfall den von fremden Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung ausgehenden Gefahren durch hinreichende Maßnahmen entgegengewirkt worden ist. Beklagtenseits ist erstinstanzlich hierzu lediglich in den Raum gestellt worden, dass eine Kontrolle des Bestands an den vorgesehenen Sammelstellen, in welchen Intervallen auch immer, einfach und ohne weiteres realisierbar sei (vergleiche Schriftsatz vom 14.4.2014, Bl. 108 GA). Konkrete Darlegungen dazu, wann und durch wen in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 solche Kontrollen vor dem Unfall durchgeführt worden sind, fehlen. Auch die Angaben des Zeugen E bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung sind hierzu vage. Zutreffend weisen die Beklagten im Rahmen ihrer Berufungsbegründung zwar darauf hin, dass der Zeuge E ausgesagt hat, solche Wagen müssten „nach hinten“ gebracht werden, wenn sie irgendwo herumstehen. Er hat jedoch eingeräumt, dass keiner der Mitarbeiter besonders damit beauftragt gewesen sei, nach solchen Wagen Ausschau zu halten. Vor diesem Hintergrund ist der daraus gezogene Rückschluss des Landgerichts in dem angefochtenen Grundurteil, dass es mangels konkreter Zuweisung der Verantwortlichkeit durchaus zum längeren Verbleib eines fremden Wagens im Markt kommen konnte, nicht fernliegend. Ob dies hinsichtlich des streitgegenständlichen Einkaufswagens, durch den die Klägerin verletzt worden ist, so gewesen ist, kann offen bleiben. Denn den Bekundungen des Zeugen E bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht zufolge, die sich die Beklagten offenbar im Rahmen ihrer Berufungsbegründung zu eigen machen, hatte die Dame türkischer Herkunft mit dem silbernen Einkaufswagen die Kasse des Supermarktes passiert, bevor der Zeuge Q ihn übernommen hat. Offenbar hat die bei der Beklagten zu 1 beschäftigte Kassierkraft nicht dafür gesorgt, dass der streitgegenständliche Wagen aus dem Bestand entfernt wird, obwohl er sich durch seine Farbe und Größe deutlich von den anderen Einkaufswagen unterschied. Dies spricht deutlich dafür, dass auf Seiten der Beklagten zu 1 als Betreiberin des Supermarktes keine hinreichenden Vorkehrungen gegen von fremden Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung ausgehende Gefahren getroffen worden sind. Beklagtenseits ist nicht ansatzweise vorgetragen worden, dass es sich dabei um ein einmaliges Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters gehandelt habe.
60d) Dass es der Beklagten zu 1 durchaus möglich und zumutbar war, hinreichende Vorsorge dagegen zu treffen, dass in ihrem Markt fremde Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung zugänglich sind, ist bereits deshalb anzunehmen, weil – worauf der Zeuge Q hingewiesen hat – nach dem Unfall vom 27.8.2012 kein großer, silberner Einkaufswagen mehr in dem Markt zu sehen war.
613. Das Landgericht ist in seinem Grundurteil mithin zu Recht von einer objektiven Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Supermarktes ausgegangen.
62Diese war auch rechtswidrig und schuldhaft. Auf Seiten der Beklagten war die von Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung gerade auf dem abschüssigen Rollband ausgehende Gefahr bekannt. Dies ist bereits aus der Einführung der schwarzen Wagen mit Feststellbremse zu schließen. Allerdings musste auf Seiten der Beklagten zu 1 auch erkannt werden, dass Kunden fremde Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung in den Markt mitbringen und dort stehen lassen. Hinsichtlich Flaschensammler war ein solches Verhalten der Aussage des Zeugen E zufolge auch tatsächlich bei der Beklagten zu 1 bekannt. Dass man danach bis auf ein an diese Personen gerichtetes Betretungsverbot keine hinreichenden Vorkehrungen gegen sich durch fremde Wagen ergebende Gefahren ergriffen hat, beruht mithin zumindest auf fahrlässigem Verhalten.
634. Im Ergebnis haftet die Beklagte zu 1 als Betreiberin des S-Supermarktes jedenfalls aus unerlaubter Handlung dem Grunde nach für die Folgen des Unfalls vom 27.8.2012.
64Die Beklagten zu 2 und 3 haften daneben gesamtschuldnerisch als Gesellschafter, § 128 S. 1 HGB.
65Ob daneben eine (quasi-) vertragliche Haftung für die Unfallfolgen in Betracht kommt, kann nach dem Vorstehenden offenbleiben.“
66B.
67An diesen Erwägungen hält der Senat fest. Die ergänzende Stellungnahme der Beklagten zu 1, 2 und 3 mit Schriftsatz vom 5.6.2015 veranlasst den Senat nicht, von seiner Auffassung abzurücken. Lediglich zur Klarstellung sei hierzu Folgendes ausgeführt:
68Der Senat hat mit seinen wie vorstehend dargestellten Erwägungen keineswegs – wie die Beklagten mit Schriftsatz vom 5.6.2015 meinen – die Regeln der Darlegungs- und Beweislast verkannt.
69Richtig ist, dass die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich von dem Geschädigten bewiesen werden muss (vergleiche Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage, § 823 Rn. 54). Steht jedoch der objektive Pflichtverstoß, d.h. die Verletzung der äußeren Sorgfaltspflicht, fest, ist die Verletzung der inneren Sorgfaltspflicht indiziert oder es spricht ein Anscheinsbeweis dafür (vergleiche BGH, Urteil vom 11.3.1986, VI ZR 22/85, zitiert nach juris).
70Hier ist aufgrund der von dem Landgericht in seinem erstinstanzlichen Grundurteil festgestellten Tatsachen davon auszugehen, dass sich zum Unfallzeitpunkt jedenfalls vier Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung dauerhaft in dem Markt der Beklagten zu 1 befanden und zumindest als marktfremde Wagen in den dortigen Bestand eingegliedert waren. Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, worauf der Senat – wie vorstehend dargestellt – bereits ausführlich hingewiesen hat. Hieran vermag auch der weitere Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 5.6.2015 nichts zu ändern.
71Der Senat teilt die Bedenken der Beklagten gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Q nicht. Ein etwaiges Eigeninteresse des Zeugen an dem Ausgang des vorliegenden Schadensersatzprozesses, der möglicherweise auch für eine (Mit-) Haftung seinerseits von Bedeutung sein könnte, beeinträchtigt nicht zwingend die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Soweit das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung eine einseitige Entlastungstendenz des Zeugen nicht zu erkennen vermochte, begegnet dies keinen (greifbaren) Bedenken. Dem Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 16.10.2014 (Bl. 148 ff. GA) zufolge hat der Zeuge Q den Hergang des Unfalls geschildert, ohne sein mögliches eigenes Fehlverhalten in Abrede zu stellen. Der Zeuge ist auch nicht auf die beklagtenseits erfolgte Streitverkündung hin der einen oder anderen Partei beigetreten, was für seine Neutralität im vorliegenden Rechtsstreit spricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Q nicht darauf an, ob er sich möglicherweise hinsichtlich der vor Einführung der kleinen schwarzen Einkaufswagen verwendeten Wagen geirrt hat. Es kann in diesem Zusammenhang die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten unterstellt werden, dass es sich bei dem streitgegenständlichen großen silbernen Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung um einen fremden und nicht einen früher im Markt verwendeten Einkaufswagen gehandelt hat. Der Umstand, dass sich der Zeuge Q nicht genau an die frühere Art und Weise der Verwendung eines der großen silbernen Einkaufswagen erinnern konnte, spricht ebenfalls nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage, da man sich die konkrete Benutzung eines Einkaufswagens – ohne besondere Vorkommnisse wie den Unfall vom 27.8.2012 – üblicherweise nicht merkt. Soweit die Beklagten unterstellen, dass der Zeuge Q auch in der Vergangenheit mit einem derartigen Einkaufswagen in das Untergeschoss gefahren sein wollte, entspricht dies ausweislich des Verhandlungsprotokolls vom 16.10.2014 nicht der Aussage des Zeugen. Im Übrigen spricht der von dem Zeugen Q geschilderte Vorfall nach dem streitgegenständlichen Unfall, als er einen Mann ebenfalls mit einem Einkaufswagen der schadenstiftenden Art in das Untergeschoss fahren sah, für die Richtigkeit seiner Bekundung, dass zum Unfallzeitpunkt mehrere Wagen ohne Bremsvorrichtung in dem Einkaufsmarkt der Beklagten zu 1 verwendet worden seien.
72Soweit das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung die Aussage des Zeugen Q nicht durch die Bekundungen des Zeugen E als widerlegt angesehen hat, begegnet dies keinen Bedenken. Die Angabe des Zeugen E bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht, es könne nicht sein, dass der Zeuge Q einen Einkaufswagen der streitgegenständlichen Art bereits früher in dem Markt der Beklagten zu 1 benutzt hat, mag seiner persönlichen Einschätzung entsprechen. Er hat diese jedoch genauso wenig plausibel gemacht wie die Beklagten. Von besonderen – ggf. regelmäßigen – Kontrollen des Bestands auf marktfremde Wagen hin hat der Zeuge E nichts bekundet. Auch von Seiten der Beklagten ist hierzu nichts Konkretes vorgetragen worden. Den Angaben des Zeugen E zufolge war nicht einmal ein (konkreter) Mitarbeiter mit dem Aufspüren und Aussondern marktfremder Wagen beauftragt. Dass sich der Zeuge dennoch sicher gewesen ist, eine frühere Benutzung eines Einkaufswagens dieser Art sei ausgeschlossen, erscheint daher objektiv nicht nachvollziehbar.
73Soweit das Landgericht vor diesem Hintergrund im Ergebnis davon überzeugt war, dass zum Unfallzeitpunkt Einkaufswagen der streitgegenständlichen Art ohne Bremsvorrichtung im Markt der Beklagten zu 1 eingegliedert waren, und mithin nicht zu einem „non liquet“ gelangt ist, sind Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen nicht veranlasst.
74Da demnach feststeht, dass die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Marktes bezüglich der Eingliederung von Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung in ihren Bestand objektiv einen Pflichtverstoß begangen und damit die „äußere“ Sorgfalt verletzt hat, kommen der Klägerin Beweiserleichterungen in Bezug auf die Verletzung der „inneren“ Sorgfalt zugute (vergleiche BGH, Urteil vom 11.3.1986, VI ZR 22/85, zitiert nach juris). In derartigen Fällen muss der Geschäftsinhaber darlegen und beweisen, dass von ihm und seinem Personal alle Sorgfalt aufgewendet wurde, um den verkehrswidrigen Zustand in seinem Markt zu vermeiden (vergleiche BGH, aaO; OLG Köln, Urteil vom 25.6.1998, 12 U 271/97, zitiert nach juris). Dem sind die Beklagten hier – wie der Senat bereits in seinem oben zitierten Hinweis ausgeführt hat – nicht nachgekommen. Weder dem Vortrag der Beklagten noch der Aussage des Zeugen E ist zu entnehmen, dass vor dem Unfall den von fremden Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung ausgehenden Gefahren durch hinreichende Maßnahmen entgegengewirkt worden wäre. Wie bereits erwähnt fehlen konkrete Darlegungen zu etwaigen (regelmäßigen) Kontrollen des Bestands an Einkaufswagen. Der Aussage des Zeugen E zufolge ist nicht einmal ein Mitarbeiter mit dieser Aufgabe konkret betraut gewesen. Soweit der Zeuge E bekundet hat, das Personal müsse Wagen wie den streitgegenständlichen „nach hinten bringen“, wenn dieser irgendwo herumständen, hat die Beklagte zu 1 mit dieser Anweisung ihrer Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die Eingliederung von Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung nicht genügt. Denn eine solche schlichte Anweisung ist – wie der vorliegende Fall gerade zeigt – nicht ausreichend, um der möglichen Eingliederung marktfremder Wagen und den von diesen ausgehenden Gefahren nachhaltig zu begegnen. Zum einen befanden sich nämlich zum Unfallzeitpunkt – wie vorstehend festgestellt – mehrere Wagen der schadenstiftenden Art im Bestand der Beklagten zu 1. Zum anderen hat der Aussage des Zeugen E zufolge die Kassierkraft der Beklagten zu 1 diese Anweisung gerade nicht befolgt, als sie eine Dame türkischer Herkunft mit dem streitgegenständlichen Einkaufswagen die Kasse passieren ließ, bevor der Zeuge Q ein paar Minuten später denselben Wagen in Gebrauch nehmen konnte. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist bei lebensnaher Betrachtung durchaus von der Möglichkeit auf Seiten der Kassierkraft auszugehen, den Wagen zumindest zu separieren, bis er ggf. von einem herbeizurufenden Kollegen aus dem Verkaufsraum entfernt würde. Dass sie in dieser Richtung irgendwie aktiv geworden wäre, ist nicht ersichtlich. Die Beklagten haben auch nicht vorgetragen, dass es sich dabei um ein einmaliges Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters gehandelt hätte.
75Soweit die Beklagtenseite schließlich meint, die Klägerin habe nicht dargelegt und bewiesen, dass sich eine längere Eingliederung des Einkaufswagens ohne Bremsvorrichtung „unfallkausal“ ausgewirkt habe, verkennt sie, dass der Klägerin auch insoweit Beweiserleichterungen zugutekommen. Die Anwendung des Anscheinsbeweises ist nämlich bei Verkehrssicherungspflichten auch in Bezug auf die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Schaden geboten, wenn sich in dem Schadensereignis gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der durch die Auferlegung der konkreten Verhaltenspflichten begegnet werden sollte (vergleiche BGH, Urteil vom 14.12.1993, VI ZR 271/92, zitiert nach juris). Das ist hier der Fall, denn die der Beklagten zu 1 obliegende Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf die Eingliederung von Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung sollte gerade Unfälle wie denjenigen der Klägerin vom 27.8.2012, bei dem ein solcher Wagen auf dem abschüssigen Rollband unkontrolliert ins Rollen geraten war, verhindern.
76III.
77Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
78Streitwert für das Berufungsverfahren: 20.141,46 EUR
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 29. Juni 2015 - 19 U 190/14
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Oberlandesgericht Köln Beschluss, 29. Juni 2015 - 19 U 190/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.
(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger betreibt unter der Bezeichnung"T. I mmobilien" ein Maklerunternehmen. Er nimmt als Rechtsnachfolger der "T. Immobilien GbR" die Beklagte auf Zahlung von 163.903,02 € an Maklerprovisionen nebst Zinsen in Anspruch. Der Kläger hat behauptet, die ursprünglich anspruchsberechtigte Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei am 31. Mai 2001 aufgelöst worden. Hier-
bei sei zwischen den Gesellschaftern vereinbart worden, daß sämtliche Forderungen auf ihn übergingen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kl äger bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung seine Anspruchsberechtigung nicht unter Beweis gestellt habe, das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter. Für die Beklagte ist in der mündlichen Verhandlung über die Revision niemand erschienen. Der Kläger hat den Erlaß eines Versäumnisurteils beantragt.
Entscheidungsgründe
Über die Revision des Klägers ist antragsgemäß durch Versä umnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht die Entscheidung jedoch nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung de s angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Feststellung, d aß der Kläger hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen seiner Aktivlegitimation beweis-
los geblieben sei, sei im Rahmen der eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeiten im Berufungsverfahren nicht zu beanstanden.
Der Kläger habe zwar bereits in der Klagebegründung seinen ehemaligen Mitgesellschafter H. als Zeugen dafür benannt, daß eine Abtretung der eingeklagten Ansprüche an ihn tatsächlich vereinbart worden sei. Einen etwaigen Verfahrensfehler des Landgerichts (unterlassene Vernehmung des Zeugen ) könne das Berufungsgericht aber gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht prüfen, da der Kläger diesen Mangel in seiner Berufungsbegründung nicht gerügt habe.
Den ferner vom Kläger verspätet - nach Ablauf der vom L andgericht für das schriftliche Verfahren bestimmten Frist - zusammen mit der Kopie einer Gesellschaftervereinbarung eingereichten Schriftsatz vom 9. August 2002 habe das Landgericht wegen § 296a ZPO nicht mehr berücksichtigen dürfen. Auch die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hätten nicht vorgelegen. Daß der Einzelrichter dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers eine Verwertung des Schriftsatzes zugesichert habe, wie von diesem vorgetragen, sei nicht bewiesen. Die Darlegungen und Beweismittel in jenem Schriftsatz seien daher neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO und mangels Vorliegens eines der dort genannten Ausnahmetatbestände vom Berufungsgericht nicht mehr zu berücksichtigen.
II.
Diese Erwägungen halten den Angriffen der Revision in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Es mag dahinstehen, ob das Landgericht wegen des nachgereichten Schriftsatzes vom 9. August 2002 zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung verpflichtet war, wie die Revision geltend macht. Das Berufungsgericht durfte jedenfalls den nach seinen unangegriffenen Feststellungen erstinstanzlich vom Kläger für die Abtretung der Klageforderung an ihn angebotenen Zeugenbeweis nicht deshalb ablehnen, weil der Kläger das Übergehen seines Beweisantrags in der Berufungsbegründung nicht gerügt hatte. Der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts ergibt sich insofern nicht aus § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO, sondern allein aus § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das hat der Bundesgerichtshof inzwischen - nach Erlaß des Berufungsurteils - entschieden (Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - NJW 2004, 1876, 1877 ff., für BGHZ bestimmt). Der erkennende Senat schließt sich dem an.
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Festgestellt in diesem Sinne sind auch Tatsachen, die das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung ohne Prüfung ihrer Wahrheit in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt hat, etwa, weil sie nicht bestritten seien oder - wie hier - die beweisbelastete Partei für das von ihr behauptete Gegenteil keinen hinreichenden Beweis angeboten habe (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2004 - V ZR 104/03 - NJW 2004, 2152, 2153, für BGHZ vorgesehen). Anhaltspunkte, die die Bindung des Berufungsgerichts entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern bei der Ermittlung des Sachverhalts ergeben (Begründung zum Regierungsentwurf eines Zivilprozeßreformgeset-
zes, BT-Drucks. 14/4722 S. 100; BGH, Urteil vom 12. März 2004 aaO S. 1876; Urteil vom 19. März 2004 aaO; Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03 - Umdruck S. 6 f.; Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 230/03 - Umdruck S. 8 f.; jeweils m.w.N.), hier das Übersehen des vom Kläger ordnungsgemäß angetretenen Zeugenbeweises.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dafür e ine formale Berufungsrüge in der Begründung der Berufung gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO nicht erforderlich. Die Vorschrift regelt lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels, beschränkt aber nicht die inhaltliche Überprüfung des angefochtenen Urteils. Das ergibt sich auch nicht aus § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Parteivortrag aufgrund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (BTDrucks. 14/4722 aaO). Dann kann und muß das Berufungsgericht jedoch erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, ohne Rücksicht darauf, ob der Berufungskläger diesen Mangel zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht hat. Für die Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils ist darum ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO und nicht § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO maßgebend; eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf selbst dann nicht stattfinden, wenn die zu Zweifeln Anlaß gebenden Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil zugleich auf einem Verfahrensmangel beruhen (BGH, Urteil vom 12. März 2004 aaO S. 1878 m.w.N., auch zu der Gegenmeinung; abweichend auch OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 139 f.).
III.
Hiernach kann das Berufungsurteil nicht bestehenbleiben. Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Klageansprüche an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte war von der Stadt O. beauftragt, auf einem ehemaligen Kasernengelände gelegene Grundstücke und Wohnungen zu vermarkten. Mit notariellem Vertrag vom 8. Juli 1999 verkaufte sie eine durch Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses noch zu errichtende Wohnung zum Preis von 444.000 DM an die Klägerin.
Dem Vertragsschluß vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin Dr. L. , und der Klägerin, die von ihrem Bekannten, dem Zeugen Rechtsanwalt W. , begleitet wur-
de. Nach den Behauptungen der Klägerin erklärte Dr. L. während der Verhandlungen, auf dem der künftigen Dachgeschoßwohnung gegenüber liegenden Grundstück der Beklagten solle ein lediglich zweigeschossiges Gebäude errichtet werden, so daß die Sicht aus der Wohnung auf den Taunus uneingeschränkt erhalten bleibe. Tatsächlich war bereits zu diesem Zeitpunkt der - zwischenzeitlich begonnene - Bau eines viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses durch einen Investor geplant, wovon die Klägerin erst nach Bezug der Wohnung Kenntnis erhielt. Die mehr als zweigeschossige Nachbarbebauung , so hat die Klägerin behauptet, habe zu einem um 20 % geminderten Wert der Wohnung geführt.
Sie verlangt daher Schadensersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises sowie entsprechend geminderter Erwerbskosten und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 47.613,80 Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen W. und der Zeugin Dr. L. über den Inhalt der Vertragsverhandlungen abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gewandt und insbesondere gerügt, daß das Landgericht die Zeugen nicht gehört habe, die sie zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. benannt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Klage auf der Grundlage der in erster Instanz getroffenen Feststellungen für unbegründet. Die von der Klägerin behaupteten Falschangaben der Zeugin Dr. L. zur zweigeschossigen Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks seien nicht bewiesen. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erneute Feststellungen in der Berufungsinstanz gebieten könnten, habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Die von dem Eingangsgericht vorgenommene Beweiswürdigung unterliege zwar gewissen Zweifeln, sei im Ergebnis jedoch zutreffend. Soweit die Klägerin das Übergehen erstinstanzlicher Beweisanträge gerügt habe, betreffe dies einen nicht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel , der gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen könne, wenn er nach Maßgabe des § 520 Abs. 3 ZPO in der Berufungsbegründung ordnungsgemäß geltend gemacht worden sei. Diesen Anforderungen entspreche die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge nicht, weil es an einer konkreten Bezeichnung der angebotenen Zeugen und der Angabe des genauen Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote fehle.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
II.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts. Für den Fall, daß - wie die Klägerin behauptet - die für die Beklagte handelnde Zeugin Dr. L. im Rahmen der Vertragsverhandlungen unzutreffende Angaben zu der geplanten Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks gemacht haben sollte, wären die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß erfüllt (vgl. Senat, Urt. v. 20. September 1996, V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Die Gewährleistungsvorschriften des hier weiterhin anwendbaren früheren Rechts (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind nicht einschlägig und stehen mithin einer Haftung der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht entgegen. Der Umstand, daß der gegenwärtige oder zukünftige Eigentümer eines benachbarten Grundstücks zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Willen hat, dieses entsprechend den baurechtlichen Möglichkeiten zu bebauen, stellt keine Eigenschaft des veräußerten Objekts, deren Fehlen als Sachmangel qualifiziert werden könnte (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324).
2. Hingegen rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht erneute Feststellungen zu dem zwischen den Parteien streitigen Inhalt der Vertragsverhandlungen unter Verletzung des Verfahrensrechts abgelehnt hat. Auch nach neuem Recht unterliegen Berufungsurteile auf entsprechende Verfahrensrüge hinsichtlich der vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs und der Beweisangebote der Überprüfung durch das Revisionsgericht (MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 546 Rdn. 15). Dies führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an
der Vollständigkeit des von dem Eingangsgericht zugrunde gelegten Sachverhalts , die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts gebieten, sowohl aus Fehlern der Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil (a), als auch aus dem Übergehen erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin (b) ergeben.
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann , NJW 2003, 169, 171).
aa) Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 529 Rdn. 21; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 8). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urt. v. 11. Februar 1987, IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; Senat, Urt. v. 9. Juli 1999, V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor,
wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können , oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, Urt. v. 22. Januar 1991, VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 23. Januar 1997, I ZR 29/94, NJW 1997, 2757, 2759).
(1) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil zumindest insoweit fehlerhaft, als es um die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. geht. Dessen Bekundungen hat das Gericht erster Instanz vor allem deshalb für unglaubhaft gehalten, weil der Zeuge die angebliche Zusicherung der Zeugin Dr. L. , das gegenüberliegende Grundstück werde nur zweigeschossig bebaut, nicht überprüft und sich insbesondere bei der Stadt O. nicht nach dem Bestand und dem Inhalt eines etwaigen Bebauungsplans erkundigt habe. Diesem Umstand kommt indes die ihm vom Gericht zuerkannte Indizwirkung nicht zu. Es ist nicht ersichtlich , aus welchem Grund für den Zeugen W. , der an den Vertragsverhandlungen nicht als beauftragter Rechtsanwalt, sondern allein wegen seiner Bekanntschaft mit der Klägerin teilgenommen hatte, Anlaß bestehen konnte, Erkundigungen zu den Äußerungen der Zeugin Dr. L. einzuholen. Zudem ist das herangezogene Indiz auch auf Grund seiner Ambivalenz nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. in Frage zu stellen. Selbst für die Klägerin gab es nämlich keine Veranlassung, die von der Zeugin Dr. L. erteilten Auskünfte zu überprüfen, wenn sie auf deren Richtigkeit vertraute. Daß die Angaben der Zeugin einen für den Vertragswillen der Klägerin bedeutsamen Punkt betrafen, steht dieser Möglichkeit nicht entgegen. Das Unterbleiben von Nachforschungen läßt deshalb nicht ohne weiteres darauf schließen, daß die Zeugin Dr. L. eine zweigeschossige Nachbarbebauung nicht zugesagt hat. Vielmehr läßt dieser Umstand auch den
Schluß zu, die Klägerin habe sich ebenso wie der Zeuge W. auf eine derartige Zusage verlassen. (2) Geht das Eingangsgericht - wie hier - auf Grund einer fehlerhaften Beweiswürdigung von der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung aus, so bestehen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 13, § 529 Rdn. 35). Hierbei genügt es, wenn nur ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 32), weil bereits dann die Unrichtigkeit oder Lückenhaftigkeit der getroffenen Feststellungen als Folge der konkreten Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann (Rimmelspacher , NJW 2002, 1897, 1902). So liegt der Fall auch hier. Ausweislich seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung ist das erstinstanzliche Gericht nur deshalb zu dem Ergebnis der Nichterweislichkeit unzutreffender Angaben der Zeugin Dr. L. gelangt, weil es Anlaß gesehen hat, an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen W. zumindest zu zweifeln. Können diese Bedenken ausgeräumt werden, so ist es möglich, daß der Tatrichter die Aussage des Zeugen W. als glaubhaft ansieht. Da die Beweiswürdigung dann auch zu einem anderen Ergebnis führen kann, besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses. In solcher Situation sind erneute oder auch erstmalige (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 12) neue Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geboten (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 14/6036, S. 123; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 36; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 24; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 11).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich weder das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte noch die Erforderlichkeit erneuter Feststellungen mit der Erwägung verneinen, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiswürdigung unterliege zwar "gewissen Zweifeln", sei aber aus anderen Gründen richtig. Zu dieser Schlußfolgerung konnte das Berufungsgericht nur auf Grund einer eigenständigen Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise gelangen. Dies stellt jedoch, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Sache nach eine erneute Tatsachenfeststellung dar, die aber nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte und das Gebotensein nochmaliger Feststellungen gerade voraussetzt.
cc) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO gebotenen erneuten Tatsachenfeststellung zwar - fehlerhaft - verneint, eine solche aber doch vorgenommen hat. Die Tatsachenfeststellung in dem Berufungsurteil leidet nämlich ebenfalls an einem Verfahrensmangel und kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, die von der Klägerin behauptete Zusicherung einer zweigeschossigen Bebauung des Nachbargrundstücks sei nicht erwiesen , darauf, daß beide Zeugen ein persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hätten. Damit stellt das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage, was - wie die Revision zu Recht rügt - nur auf Grund deren nochmaliger Vernehmung zulässig gewesen wäre, nachdem das erstinstanzliche Gericht beide Zeugen als glaubwürdig angesehen hat. Es hat sich mit der fehlenden Glaubwürdigkeit der Zeugen W. und Dr. L. nur insoweit befaßt, als es angesichts der sich widersprechenden Aussagen erwogen hat, einer von beiden Zeugen müsse gelogen haben. Zu
einer Aufklärung hat sich das erstinstanzliche Gericht jedoch außer Stande gesehen, seine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit daher nicht weiterverfolgt und seine weiteren Ausführungen auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen beschränkt. Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen für eine erneute Tatsachenfeststellung vorliegen, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (Musielak/Huber, aaO, § 398 Rdn. 5; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 13). Es verbleibt mithin dabei, daß das Berufungsgericht bei pflichtgemäßer Ausübung des ihm durch §§ 525 Satz 1, 398 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen muß, wenn es dessen Glaubwürdigkeit abweichend vom Erstrichter beurteilen will (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1996, VI ZR 262/95, NJW 1997, 466; Urt. v. 10. März 1998, VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 m.w.N.).
b) Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben sich zudem daraus, daß das Eingangsgericht die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin nicht berücksichtigt hat, die Zeugin Dr. L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Bebauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Träfe diese Behauptung zu, so wäre sie geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. , sie habe die Klägerin ebenso wie alle übrigen Interessenten auf die geplante viergeschossige Bebauung hingewiesen, in Frage zu stellen. Besteht mithin unter Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Tatsache zumindest die Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses, so ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Entgegen der Auf-
fassung des Berufungsgerichts ist hierfür eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge selbst dann nicht Voraussetzung , wenn - wie hier - zugleich auch ein Verfahrensfehler des Erstrichters vorliegt. Insoweit stellt das Berufungsgericht, was die Revision mit Erfolg geltend macht, zum einen zu hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Verfahrensrüge gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO (aa) und verkennt zum anderen auch die Bedeutung des § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO (bb).
aa) Das Berufungsgericht überspannt die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung, soweit es die Ordnungsmäßigkeit der von der Klägerin gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erhobenen Berufungsrüge mit der Begründung verneint, es fehle an der erforderlichen namentlichen Benennung der in erster Instanz angebotenen Zeugen und an der Angabe des Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote.
(1) Wendet sich der Berufungskläger - wie hier - gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil, so greift er, gestützt auf den Berufungsgrund des § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit dem Ziel einer erneuten Feststellung durch das Berufungsgericht an. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung muß er deshalb gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (BGH, Beschl. v. 28. Mai 2003, XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532). Dies hat die Klägerin bereits dadurch getan, daß sie die Feststellungen des Erstrichters unter Hinweis auf ein bereits in erster Instanz vorgelegtes Beschwerdeschreiben mehrerer Wohnungseigentümer angegriffen und ihre Behauptung wiederholt hat, die Zeugin Dr.
L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Be- bauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Da dieses Vorbringen die Glaubhaftigkeit der inhaltlich widersprechenden Aussage der Zeugin in Frage stellen kann und in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden ist, sind nach der Berufungsbegründung konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen mit der Folge gegeben , daß das Berufungsgericht insoweit nicht mehr gebunden ist. Auf die von der Klägerin angebotenen Zeugen wäre es erst angekommen, wenn die vom Berufungsgericht vorzunehmende Prüfung ergeben hätte, daß die Behauptung der Klägerin von der Beklagten wirksam bestritten worden war.
(2) Nichts anderes folgt aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, falls diese Regelung für Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen auf Grund von Verfahrensfehlern - zusätzlich - anwendbar sein sollte (befürwortend Fellner, MDR 2003, 721, 722; ablehnend MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 40). Hieraus ergeben sich im Ergebnis keine weitergehenden Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Berufungsbegründung. Die ohnehin erforderliche Darlegung der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen reicht nämlich im Falle eines Verfahrensmangels auch für die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gebotene Darlegung einer entscheidungskausalen Rechtsverletzung aus. Insbesondere muß der Berufungskläger zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers lediglich aufzeigen, daß das Eingangsgericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (Musielak /Ball, aaO, § 520 Rdn. 33).
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich strengere formale Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht daraus herleiten, daß ein Revisionskläger, der gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO ein verfahrensfehlerhaftes Übergehen von Tatsachenbehauptungen oder Beweisangeboten rügen will, diese unter Angabe der Fundstelle in den Schriftsätzen der Vorinstanzen genau bezeichnen muß (vgl. dazu BGHZ 14, 205, 209 f; BAG, ZIP 1983, 605, 606; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 554 Rdn. 13; MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 551 Rdn. 21; Musielak/Ball, aaO, § 551 Rdn. 11). Dieses revisionsrechtliche Erfordernis ist auf das Berufungsverfahren nicht übertragbar (a.A. Musielak/Ball, aaO, § 520 Rdn. 32; Ball, WuM 2002, 296, 299; wohl auch Stackmann, NJW 2003, 169, 171 f). Es findet seine Rechtfertigung in der durch § 559 Abs. 1 ZPO allein für das Revisionsverfahren angeordneten Beschränkung des Prozeßstoffs. Danach kann aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll nicht ersichtliches Parteivorbringen nur über eine Nichtberücksichtigungsrüge zur Beurteilungsgrundlage des Revisionsgerichts werden (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 3, 7). Diese Rüge muß so konkret sein, daß keine Zweifel an dem vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Tatsachenstoff verbleiben. Das Berufungsverfahren kennt hingegen keine § 559 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung. Eine entsprechende Anwendung der revisionsrechtlichen Regelung scheitert an den unterschiedlichen Funktionen der Rechtsmittel (Gaier, NJW 2004, 110, 111; a.A. Grunsky, NJW 2002, 800, 801; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901). Anders als im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil nicht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen, vielmehr gehört es gemäß § 513 Abs. 1 ZPO zu den Aufgaben der Berufung, das Urteil der Vorinstanz auch auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseiti-
gen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f). Fehlt es mithin an einer begrenzenden Regelung, so gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte - wie noch auszuführen sein wird, aus den Akten ersichtliche - Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Damit steht auch der von dem Berufungsgericht zu berücksichtigende Tatsachenstoff fest, weshalb es einer Nichtberücksichtigungsrüge und der für sie geltenden formalen Anforderungen nicht bedarf. bb) Zudem hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die ihm nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im Fall eines - wie hier - zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge besteht.
(1) Eine Bindung des Berufungsgerichts an solche Zweifel begründende Umstände, die in der Berufungsbegründung dargelegt sind, folgt insbesondere nicht aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Danach müssen zwar konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung bezeichnet werden. Auf solche Umstände wird die Überprüfung durch das Berufungsgericht allerdings nicht beschränkt, sondern lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels geregelt (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Notwendigkeit einer Rüge läßt sich dem Wortlaut anderer Gesetzesvorschriften ebensowenig entnehmen. Sie entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Partei-
vortrag auf Grund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses , BT-Drucks. 14/4722, S. 100). Damit kann und muß das Berufungsgericht erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags von dem Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht worden ist (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 12). Bemerkt das Berufungsgericht etwa anläßlich der Prüfung sonstiger Berufungsrügen, daß das Eingangsgericht eine für die Beweiswürdigung bedeutsame Tatsache oder ein erhebliches Beweisangebot übergangen hat, dann bestehen auch ohne dahingehende Rüge konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichten (a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, S. 11, 16).
(2) Dem steht nicht entgegen, daß das erstinstanzliche Gericht hier Parteivorbringen übergangen hat und darin ein Verfahrensfehler in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder des Verstoßes gegen § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 15. März 2000, VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024, 2026) zu sehen ist. Zwar prüft das Berufungsgericht einen Mangel des Verfahrens - soweit er nicht von Amts wegen berücksichtigt werden muß - gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann, wenn er gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO in der Berufungsbegründung gerügt worden ist. Hierdurch wird jedoch die durch § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geregelte tatsächliche Inhaltskontrolle des Berufungsgerichts entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 53, § 529
Rdn. 14, 38; ders., NJW 2002, 1897, 1902; ders., NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 15; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 9, 23; Hinz, NZM 2001, 601, 605; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428) nicht eingeschränkt (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 529 Rdn. 12; Vorwerk, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 4, 6; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Von der Aufgabe des Berufungsgerichts, konkreten Anhaltspunkten ungeachtet einer Berufungsrüge nachzugehen, macht das Gesetz keine Ausnahme, wenn sich - was ohnehin die weitaus praktischste Fallgestaltung darstellen dürfte - konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO aus Verfahrensfehlern des Erstrichters bei der Feststellung des Sachverhalts ergeben. Dies zeigt sich an der Systematik des § 529 ZPO, der mit seinen Absätzen klar zwischen den Aufgaben des Berufungsgerichts bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht trennt (Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43). Für die tatsächliche Inhaltskontrolle ist ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO maßgebend, eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf mithin selbst dann nicht stattfinden, wenn die fehlerhaften Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil auf einem Verfahrensmangel beruhen.
(3) Das Berufungsgericht ist an der Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens nicht deshalb gehindert gewesen, weil dieser Vortrag weder durch eine Darstellung im Tatbestand noch durch eine § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügende Bezugnahme (vgl. BGH, Urt. v. 18. Februar 1954, IV ZR 126/53, LM § 295 ZPO Nr. 9) in dem erstinstanzlichen Urteil Erwähnung gefunden hat.
Die auf § 314 ZPO gestützte Annahme, daß nicht erwähnte Angriffsund Verteidigungsmittel, auch tatsächlich unterblieben sind (negative Beweiskraft des Tatbestandes), wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Parteivorbringen in dem Urteilstatbestand vollständig wiedergegeben werden müßte. Nur dann könnte nämlich von dem Fehlen einer Darstellung auf das Fehlen entsprechenden Vortrags geschlossen werden. Eine vollständige Wiedergabe des Parteivorbringens kann aber nicht mehr zu den Funktionen des Urteilstatbestandes zählen, nachdem sich das Gesetz in § 313 Abs. 2 ZPO mit einer "knappen" Darstellung nur des "wesentlichen Inhalts" der vorgebrachten Angriffs - und Verteidigungsmittel begnügt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 7; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 7, § 559 Rdn. 17; ders., in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20; Fischer, DRiZ 1994, 461, 462 f; Crückeberg, MDR 2003, 199, 200; Gaier, NJW 2004, 110, 111; Rixecker, NJW 2004, 705, 708; a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 13). Dies hängt eng zusammen mit der Aufgabe der ursprünglichen Konzeption des Zivilprozesses als eines rein mündlichen Verfahrens, nach der mündlicher Vortrag weder durch ein Verlesen noch durch eine Bezugnahme auf Schriftsätze ersetzt werden konnte (§ 128 Abs. 3 Satz 1 CPO 1877/§ 137 Abs. 3 Satz 1 CPO 1900). Wurde hiernach ausschließlich das mündlich Vorgetragene zum Prozeßstoff, so konnte dieser nicht durch den Inhalt der Schriftsätze , sondern allein durch den - tunlichst vollständigen - Urteilstatbestand nachgewiesen werden. Insbesondere seit der gänzlichen Aufgabe des Bezugnahmeverbots durch die Neufassung des § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO (RGBl. I 1924, 135) stehen indessen die vorbereitenden Schriftsätze ebenfalls zum Nachweis des Parteivorbringens zur Verfügung. Da mit der Antragstellung und der mündlichen Verhandlung im Zweifel eine Bezugnahme der Parteien auf den Inhalt der zur Vorbereitung vorgelegten Schriftstücke verbunden ist (BGH,
Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, NJW-RR 2002, 381 m.w.N.), ergibt sich der Prozeßstoff auch aus dem Inhalt der Gerichtsakten. Der Bundesgerichtshof hat bereits vor dem Hintergrund dieser Überlegung - wenn auch ohne ausdrückliche Aufgabe der Rechtsprechung zur negativen Beweiskraft - auf entsprechende Revisionsrüge Vorbringen berücksichtigt, das im Tatbestand nicht erwähnt war (BGH, Urt. v. 16. Juni 1992, XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148, 2149; Urt. v. 7. Dezember 1995, III ZR 141/93, NJW-RR 1996, 379; vgl. auch Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, aaO). Allein mit dem Hinweis auf die negative Beweiskraft des Urteilstatbestandes kann mithin Parteivorbringen, das sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, in den Rechtsmittelverfahren nicht unberücksichtigt bleiben. Hingegen bleibt die negative Beweiskraft für solche Angriffs- und Verteidigungsmittel von Bedeutung, die in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung in einem vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht werden (Ball, in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20). Allerdings hat die Rechtsprechung bisher dem Urteilstatbestand auf Grund des § 314 ZPO auch negative Beweiskraft hinsichtlich des mündlichen Parteivorbringens beigelegt. Danach soll der Tatbestand nicht nur Beweis dafür erbringen, daß das, was in ihm als Parteivortrag wiedergegeben wird, tatsächlich vorgetragen worden ist, sondern auch beweisen, daß von den Parteien nichts behauptet worden ist, was nicht aus dem Tatbestand ersichtlich ist (Senat, Urt. v. 25. Mai 1984, V ZR 199/82, NJW 1984, 2463, insoweit in BGHZ 91, 282 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 27. Mai 1981, IVa ZR 55/80, NJW 1981, 1848; Urt. v. 3. November 1982, IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885, 886 m.w.N.; Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269). Dieser bereits vom Reichsgericht (RGZ 4, 418, 420; RG, JW 1887, 38; 1896, 72; 1897, 52, 53) vertretenen Auffassung ist das Bundesverwaltungsgericht beigetreten (BVerwG, Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89 m.w.N.). Gleichwohl bedarf es
hier weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG). Beide Vorlagen setzen voraus, daß die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des konkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird, das vorlegende Gericht also bei Befolgung der abweichenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde (BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG). An diesem Erfordernis fehlt es; denn das angefochtene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts aus den bereits erörterten Fehlern der Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil ergeben.
III.
Nach alledem war die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zunächst die gebotenen Feststellungen zum Inhalt der geführten Vertragsverhandlungen nachholen müssen. Sollte danach von dem Vorliegen der Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auszugehen sein, wären weitergehende Feststellungen zur Schadenshöhe erforderlich. Da die Klägerin an dem geschlossenen Vertrag festhalten will, wäre als ersatzfähiger Schaden der Betrag anzusetzen, um den die Klägerin die Dachgeschoßwohnung im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Angaben der Zeugin Dr. L. zu teuer erworben hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 m.w.N.).
Wenzel Krüger Klein Gaier RiBGH Dr. Stresemann ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben. Wenzel
(1) Das Protokoll enthält
- 1.
den Ort und den Tag der Verhandlung; - 2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers; - 3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits; - 4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen; - 5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.
(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.
(3) Im Protokoll sind festzustellen
- 1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich; - 2.
die Anträge; - 3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist; - 4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht; - 5.
das Ergebnis eines Augenscheins; - 6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts; - 7.
die Verkündung der Entscheidungen; - 8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels; - 9.
der Verzicht auf Rechtsmittel; - 10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.
(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.
(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.
Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.