Oberlandesgericht Köln Urteil, 14. Dez. 2018 - 19 U 27/18
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 23.01.2018 - 7 O 202/17 - aufgehoben und wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Erklärung aus dem Schreiben der Beklagten vom 18.05.2017 zum Bauvorhaben „Umgestaltung Sstraße“ rechtlich eine freie Kündigung des Bauvertrages vom 19.04./21.04.2017 darstellt.
Hinsichtlich der Klageanträge zu 1), 2) und 4) ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.
Zur Entscheidung über die Höhe der Klageanträge zu 1), 2) und 4) sowie der Kosten des Berufungsverfahrens wird der Rechtsstreit an das Landgericht Aachen zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Vergütung nach vorzeitiger Beendigung eines Bauvertrages.
4Die Beklagte schrieb Anfang 2017 Kanal- und Straßenbauarbeiten für das Bauvorhaben „Umgestaltung Sstraße“ in T aus. Gegenstand waren die Teilnahmebedingungen mit Stand April 2016. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt der Teilnahmebedingungen wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage K 1, Bl. 13-14R GA).
5Laut Ausschreibungsunterlagen wurden die Besonderen Vertragsbedingungen (BVB, Bl. 16-18R GA) und die zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB, Bl. 19-20R GA) sowie das „Bodengutachten IQ“ (Bl. 176-183R GA) ausgehändigt und Vertragsbestandteil. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage K 1, Bl. 11-207R GA). Die Arbeiten sollten am 02.05.2017 beginnen und am 23.02.2019 abgeschlossen sein.
6In dem Bodengutachten der IQ Ingenieurgesellschaft R GmbH – der Streithelferin – vom 06.02.2017 heißt es auf Seite 15 (Bl. 183 GA): „Da eine visuelle Unterscheidung der Materialien nicht möglich ist, wird empfohlen, alle Aushubmassen aus der Sstraße als „gefährlichen Abfall“ mit einer Entsorgung unter der Abfallschlüsselnummer 170503* auf einer Deponie der Klasse DK II auszuschreiben.“. Tatsächlich wurde in dem Leistungsverzeichnis der Ausschreibung der Aushub zum Teil als „gefährlicher Abfall“ und zum Teil als solcher der Deponieklasse DK I oder DK II ausgewiesen (Bl. 61R-63, 67-67R GA).
7Auf die Ausschreibung unterbreitete die Klägerin unter dem 22.03.2017 auf dem Formular der Beklagten, auf welchem unter Ziffer 5 die Geltung der VOB/B aufgeführt war, ein Angebot, das ohne die Titel 1.8 und 1.9 ein Volumen von 2.677.972,44 Euro aufwies. Dabei wurden von der Klägerin als Nachunternehmer Unternehmen für Markierungen (1.6.500-610), Schilder/Poller (1.6.20-60, 1.6.170, 1.6.190-490) und Schweißen (1.6.1910-170) angegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten über das von der Klägerin abgegebene Angebot vom 22.03.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage B 1, Bl. 300 GA).
8Die Klägerin war Billigstbietender und erhielt mit Schreiben vom 19.04.2017 den Zuschlag. In dem Schreiben ist als Baubeginn der 02.05.2017 genannt. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 19.04.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K2, Bl. 208 GA).
9Die Klägerin sendete die Empfangsbestätigung des Auftragsschreibens vom 19.04.2017 mit Schreiben vom 21.04.2017 an die Beklagte und bat um Übersendung der für die Bauausführung notwendigen Unterlagen einschließlich eines bodentechnischen Gutachtens, soweit ein solches vorliege. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens der Klägerin vom 21.04.2017 wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage K 3, Bl. 209 GA).
10Am 26.04.2017 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und Vertretern der Beklagten, unter anderem dem Leiter des Amts für Immobilienmanagement und technische Infrastruktur (Hochbau, Tiefbau-Planung, Tiefbau-Bauausführung, Vermessung, Bauverwaltung), Herrn L, statt. Die Klägerin erklärte dabei, dass mit den Arbeiten am 22.05.2017 begonnen werden könne, wenn bestimmte Voraussetzungen wie die Entsorgung von giftigem Abfall und - was insoweit als Gesprächsinhalt zwischen den Parteien streitig ist - die Beweissicherung erfüllt seien. Die Einhaltung aller Zwischentermine wurde dabei durch die Klägerin bestätigt.
11Im Nachgang des Gesprächs vom 26.04.2017 wurde die Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 26.04.2017 gemäß § 5 Abs. 2 VOB/B aufgefordert, binnen 12 Tagen, d.h. spätestens zum 12.05.2017, mit den Bauarbeiten zu beginnen und diesen Baubeginn bis zum 02.05.2017 zu bestätigen. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 26.04.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 4, Bl. 210 GA).
12Mit Schreiben vom 02.05.2017 teilte die Klägerin der Beklagten unter Bezugnahme auf die Bodenaushubpositionen des Leistungsverzeichnisses mit, den Baubeginn vom 12.05.2017 nicht bestätigen zu können, da umweltrechtliche Fragen noch beklagtenseits geklärt werden müssten. Sollte dennoch auf einen Baubeginn bestanden werden, werde die Baustelle für den ersten Bauabschnitt errichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 02.05.2017 wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage B 2, Bl. 301-302 GA).
13Mit Schreiben vom 05.05.2017 erteilte die Beklagte gegenüber der Klägerin die verkehrsrechtliche Anordnung zur Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen für den Baubeginn 12.05.2017. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 05.05.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 5, Bl. 211-213 GA).
14Mit Schreiben vom 05.05.2017 meldete die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre Behinderungen gemäß VOB an, da aussagekräftige und komplette Bodengutachten fehlen würden. Zudem fehle die Beweissicherung der Gebäude. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 05.05.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 6, Bl. 214-215 GA).
15Mit Schreiben vom 08.05.2017 übersandte die Beklagte der Klägerin nochmals ergänzende Unterlagen und kündigte gleichzeitig für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der gesetzten Nachfrist bis zum 12.05.2017 die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sowie die Prüfung der Auftragsentziehung an. Die den beigefügten Protokollen zugrundeliegenden Probeentnahmen und chemischen Untersuchungen datierten von Mai 2015 bis Dezember 2016. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 08.05.2017 nebst Anlagen wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage B 3, Bl. 303-361 GA). Eine der Anlagen war ein an die Beklagte gerichtetes Schreiben der diese beratenden Streithelferin vom 11.05.2017, in welchem diese u.a. darauf hinwies, dass die Tests zu GB 21 sowie der Wert der Säureneutralisationskapazität noch ausstünden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 11.05.2017 wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage B 3, Bl. 358-361 GA).
16Die Beweissicherung für den 1. Bauabschnitt war in der Zwischenzeit erfolgt. In einem Gespräch vom 10.05.2017 teilte die Klägerin mit, dass aufgrund des Fehlens von Entsorgungsnachweisen ein Baubeginn nicht möglich sei. Die Klägerin wies im Rahmen des Gesprächs darauf hin, dass sie generell leistungsbereit sei, eine Trennung der Böden in die Zuordnungsklassen DK I und II aber nicht möglich und eine Anweisung eines baubegleitenden Bodengutachters erforderlich sei. Eine Arbeitsaufnahme sei in zwei bis drei Wochen nach Klärung der Entsorgungsfrage möglich.
17Mit Schreiben der Beklagten vom 12.05.2017 wurde die Klägerin letztmalig aufgefordert, mit den Arbeiten bis zum 22.05.2017 zu beginnen. Dem Schreiben waren die Unterlagen der Streithelferin vom 11.05.2017 (Anlage B 5, 364-414 GA = Anlage B 3, Bl. 305-361 GA) nochmals beigefügt. Für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Frist wurde die Auftragsentziehung angekündigt. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 12.05.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 8, Bl. 218 GA).
18Mit Schreiben vom 15.05.2017 zeigte die Klägerin gegenüber der Beklagten wegen der Frage der Bodenentsorgung und wegen des ausstehenden Ergebnisses des GB21-Tests erneut die Behinderungen gemäß VOB an. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 15.05.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 9, Bl, 219-220 GA).
19Mit Schreiben der Beklagten vom 18.05.2017, das der Klägerin am selben Tag zugestellt wurde, erklärte die Beklagte den Auftragsentzug unter Bezugnahme auf § 8 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 4 VOB/B. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 18.05.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 10, Bl. 221 GA).
20Mit Schreiben vom 19.05.2017 erklärte die Klägerin, dass die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung aus ihrer Sicht nicht vorlägen. Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 19.05.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 13, Bl. 226-228 GA).
21Mit Schreiben vom 08.06.2017 machte die Klägerin sodann die Klageforderung außergerichtlich gegenüber der Beklagten geltend. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 08.06.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage B 8, Bl. 420 GA).
22Mit Schreiben vom 28.06.2017 wies die Beklagte die Ansprüche der Klägerin zurück. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 28.06.2017 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 16, Bl. 274-276 GA).
23Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter. Die Klage ist der Beklagten am 04.08.2017 zugestellt worden.
24Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung nach § 8 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 5 Abs. 4 VOB/B nicht vorgelegen hätten. Sie sei in der Ausführung ihrer Leistungen durch fehlende Vorleistungen der Beklagten zur Frage der Bodenentsorgung behindert gewesen. Da die Klägerin - insoweit unstreitig - keine eigene Deponie und auch ihre Schwesterfirma „Beton- und Asphaltmischwerke U GmbH“ lediglich eine Deponie der Klasse 0 unterhalte, sei eine Fremdvergabe erforderlich gewesen. Die Fremdvergabe habe die Vorlage eines gutachterlichen Bestätigungsschreibens erforderlich gemacht, wobei die zugrundeliegenden Proben nicht älter als ein Jahr hätten sein dürfen. Selbst mit Schreiben der Beklagten und der Streithelferin vom 17.05.2017 (Anlage K 12a und Anlage K 12b, Bl. 223-225 GA) seien - insoweit ebenfalls unstreitig - die Parameter GB21 und Wert der Säureneutralisationskapazität nicht übermittelt worden. Schließlich sei die Beweissicherung erst für den 1. Bauabschnitt abgeschlossen gewesen. Es gebe jedoch 10 Bauabschnitte, die sie als Zwischenlagerungsmöglichkeiten für Baustelleneinrichtungen, Baumaterialien, schweres Baugerät etc. habe nutzen wollen. Insofern hätte die Beweissicherung alle Bauabschnitte vor Arbeitsbeginn umfassen müssen. Schließlich habe die Beklagte das Gebot der Kooperation verletzt, da vor einer Kündigung stets das Gespräch zu suchen sei. Aufgrund der somit anzunehmenden freien Kündigung stehe ihr ein Anspruch nach § 649 BGB a.F. bzw. § 8 Abs. 1 VOB/B in Höhe von 450.094,50 Euro zu (Anlage K 15, Bl. 230-273R GA). Sie habe ihr Angebot mit einem Zuschlag von 25 % für allgemeine Geschäftskosten versehen. Ein derartiger Zuschlag sei bei ihren Angeboten im Zeitraum 2016 und 2017 üblich gewesen. Auf anderweitigen Erwerb oder sonstige ersparte Aufwendungen käme es insofern nicht an. Entgangener Gewinn stelle keine ersparten Aufwendungen dar.
25Sie hat beantragt,
261. die Beklagte zu verurteilen, an sie 450.094,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 29.06.2017 zu zahlen,
272. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr zusätzlich auf den vorstehenden Anspruch die gesetzlich anfallende Mehrwertsteuer für den Fall zu zahlen, dass die zuständigen Finanzbehörden die Klägerin hierauf in Anspruch nehmen,
283. festzustellen, dass die Erklärung aus dem Schreiben der Beklagten vom 18.05.2017 zum Bauvorhaben „Umgestaltung Sstraße“ rechtlich eine freie Kündigung des Bauvertrags vom 19.04./21.04.2017 darstellt,
29hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche auf „Mehrkosten oder ähnlichem“ zustehen, die sich aus der Auftragsentziehung ergeben,
304. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 4.839,50 Euro netto nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab Klagezustellung freizustellen.
31Die Beklagte hat beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die Klägerin trotz mehrfacher Mahnung die Arbeit nicht aufgenommen habe. Die Frage der Entsorgung hätte sie im Rahmen der Ausschreibung klären müssen und nicht erst nach Auftragsannahme. Vor Abgabe ihres Angebots habe sie sämtliche von ihr - der Beklagten - beigefügten Unterlagen auswerten müssen, um ihr Vertragsangebot ermitteln zu können. Dies gelte umso mehr, als der Baubeginn 02.05.2017 - insoweit unstreitig - in den Ausschreibungsunterlagen festgeschrieben gewesen sei. Die Entsorgung sei auf Grundlage der Ausschreibungsunterlagen durchführbar gewesen. Eine etwaig unvollständige Beweissicherung könne einen Annahmeverzug der Beklagten nicht rechtfertigen, da diese zu keinem Zeitpunkt gerügt worden sei. Schließlich habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt angezeigt, dass sie die Entsorgung als Fremdleistung anbieten würde. Auch dies rechtfertige - neben der nicht rechtzeitigen Vorlage der Urkalkulation und des Bauzeitplans - die Kündigung. Die Beklagte hat ferner die Auffassung vertreten, dass die Berechnung der Anspruchshöhe durch die Klägerin unschlüssig sei.
34Mit Urteil vom 23.01.2018 (Bl. 473 GA) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 450.094,50 Euro gemäß § 8 Abs. 1 VOB/B bzw. § 649 BGB in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (nunmehr § 648 BGB) habe. Die fristlose Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 18.05.2017 sei wirksam. Die Kündigung sei gerechtfertigt, weil die Klägerin ohne hinreichende Gründe verspätet mit der Arbeitsaufnahme habe beginnen wollen. Eine Überschreitung des vertraglich datumsmäßig festgelegten Beginns der Ausführungsfrist liege unstreitig vor. Der verspätete Beginn falle in den Verantwortungsbereich der Klägerin. Dabei könne dahinstehen, ob die der Klägerin von der Beklagten zur Abfallentsorgung zur Verfügung gestellten Unterlagen letztlich ausreichend seien, um den Aushub auf Deponien der Klasse I und II zu verteilen. Aufgrund des Inhaltes der Ausschreibungsunterlagen habe die Klägerin bereits bei Erstellung des Angebots entsprechende Vorkehrungen treffen müssen. Zudem sei weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass der gesamte Aushub nicht auf eine Deponie der Kategorie DK II hätte verbracht werden können. Aus dem Gesprächsvermerk der Klägerin (Anlage K 7, Bl. 216 f. d. A.) vom 10.05.2017 ergebe sich vielmehr, dass dies wohl möglich gewesen sei, es sich jedoch um ein Problem der Kalkulation/eventuellen Unterfinanzierung der Klägerin gehandelt habe. Ferner sei nicht ersichtlich, dass der Aushub nicht bis zur endgültigen Klärung auf eine Zwischenlagerungsfläche hätte verbracht werden können. Schließlich habe die Klägerin im Hinblick darauf, dass mit der Zusage erst Mitte/Ende April zu rechnen gewesen sei und der Baubeginn bereits am 02.05.2017 habe erfolgen sollen, auf fehlende Unterlagen bereits im Rahmen der Ausschreibung hinweisen müssen.
35Die verspätete Arbeitsaufnahme sei auch schuldhaft erfolgt. Die Rechte aus § 5 Abs. 4 i.V.m. § 8 Abs. 3 VOB/B setzten Verschulden voraus. Die Klägerin hätte aufgrund der Anmerkung der Streithelferin in den Ausschreibungsunterlagen hinsichtlich des Aushubs bereits frühzeitig Vorkehrungen treffen bzw. bereits im Rahmen der Ausschreibung auf die Problematik hinweisen müssen und eine Lagerung in einer Deponie der Klasse DK II bzw. jedenfalls eine Zwischenlagerungsmöglichkeit vorbereiten müssen. Eine Verletzung der Pflicht zur Kooperation durch die Beklagte sei nicht ersichtlich.
36Im Übrigen habe die Klägerin auch den von ihr geltend gemachten Schaden nicht ausreichend substantiiert dargelegt, da sie für eine umfassende Prüfung durch die Beklagte auch nach der Nachunternehmerleistung differenzieren müsse, damit diese gegebenenfalls Erkundigungen einholen und Gegenbeweis anbieten könne. Eine Zuordnung nach dem Leistungsverzeichnis sei nicht möglich, da nicht klar sei, in welchem Umfang (Voll oder Teil) die Einzelpositionen durch Nachunternehmen durchgeführt werden sollten.
37Mit Schriftsatz vom 07.02.2018 hat die Klägerin die Berichtigung des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils insoweit beantragt, als es auf Seite 3 des Urteils heißt, die Klägerin habe bei dem Gespräch am 24.04.2017 erklärt, mit den Arbeiten könne am 12.05.2017 begonnen werden, vielmehr müsse es heißen, die Klägerin habe erklärt, dass mit den Arbeiten am 22.05.2017 begonnen werden könne.
38Mit Beschluss vom 13.03.2018 (Bl. 518 GA) hat das Landgericht den Tatbestand des Urteils unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages dahingehend berichtigt, dass es dort auf Seite 3 im zweiten Absatz heißt: „Sodann fand am 26.04.2017 ein Gespräch zwischen der Klägerin und Vertretern der Beklagten … statt. Die Klägerin erklärte dabei, dass mit den Arbeiten am 22.05.2017 begonnen werden könne...“.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
40Mit ihrer am 13.02.2018 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Berufung richtet sich die Klägerin gegen das ihr am 25.01.2018 zugestellte Urteil des Landgerichts Aachen.
41Sie hat zunächst unstreitig gestellt, dass der Amtsleiter, Herr L, die Vollmacht gehabt habe, für die Beklagte rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen.
42Sie vertritt im Übrigen die Auffassung, dass selbst im Zeitpunkt der Auftragsentziehung, dem 18.05.2017, die Voraussetzungen für einen Baubeginn mit gesetzmäßiger Entsorgung nicht vorgelegen hätten. Es hätten noch die Werte GB 21 sowie der Säureneutralisationskapazität gefehlt. Soweit das Landgericht angenommen habe, man habe den Aushub ggf. zwischenlagern können, führe dies nicht weiter, da auch in diesem Fall die Bedingungen der Deponieverordnung einzuhalten gewesen wären.
43Sie ist weiterhin der Auffassung, dass kein Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliege, weshalb die Kündigung eine freie Kündigung sei. Es sei unstreitig gewesen, dass Baubeginn der 22.05.2017 habe sein sollen. Im Übrigen habe die Beklagte in den Schreiben vom 26.04.2017 und vom 08.05.2017 keine Nachfrist gesetzt nebst Kündigungsandrohung. Dies sei erst in dem Schreiben vom 12.05.2017 erfolgt. Die Klägerin habe daher erst am 22.05.2017 mit den Arbeiten beginnen müssen. Schon am 18.05.2017 habe jedoch die Beklagte den Vertrag gekündigt. Soweit das Landgericht die Auffassung vertreten habe, dass eine Arbeitsaufnahme durch die Klägerin nicht zu erwarten gewesen sei, sei dies rechtsfehlerhaft. Die Beklagte habe nicht sämtliche Parameter für eine ordnungsgemäße Entsorgung geliefert. Auch andere Gründe für eine außerordentliche Kündigung hätten nicht vorgelegen. Soweit es um die Nennung von Nachunternehmen gehe, ergebe sich aus § 4 Abs. 8 VOB/B, dass der Unternehmer die Leistungen im eigenen Betrieb vorzunehmen habe. Jedoch sei die Zustimmung für die Beauftragung von Nachunternehmen nicht erforderlich bei Leistungen, auf die der Betrieb des Auftragnehmers nicht gerichtet sei. Der Entsorger sei kein Nachunternehmer i.S. des § 4 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B. Jedenfalls wäre die Klägerin erst nach Zurverfügungstellung der erforderlichen Unterlagen in der Lage gewesen, einen Nachtunternehmer zu benennen. Im Hinblick hierauf habe auch kein Bauzeitenplan vorgelegt werden können. Entsprechendes gelte für die Vorlage der Urkalkulation. Schließlich habe die Beklagte dem Gebot der Kooperation nicht genügt.
44Bezogen auf die Höhe der Vergütung rügt die Klägerin, dass das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, die Klägerin habe nicht substantiiert vorgetragen. Das Landgericht habe insoweit die rechtlich gebotenen Hinweise nicht erteilt. Hätte es diese erteilt, hätte die Klägerin vorgetragen, dass sie einen allgemeinen, also nicht projektbezogenen Zuschlag für Wagnis kalkuliert habe. Hinsichtlich der Nachunternehmen sei die Kalkulation auf Erfahrungswerten erfolgt, da Nachunternehmen noch nicht beauftragt worden seien. Soweit das Landgericht moniert habe, dass ein Generalunternehmerzuschlag nicht ausgewiesen sei, verwundere dies, da die Nachunternehmerkosten auch hier mit dem 25 %igen Zuschlag versehen worden seien.
45Sie beantragt,
46unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung
471. die Beklagte zu verurteilen, an sie 450.094,50 Euro nebst Jahreszinsen in Höhe von 9 % Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab dem 29.06.2017 zu zahlen;
482. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr zusätzlich auf den vorstehenden Anspruch die gesetzlich anfallende Mehrwertsteuer für den Fall zu zahlen, dass die zuständigen Finanzbehörden sie hierauf in Anspruch nehmen;
493. festzustellen, dass die Erklärung aus dem Schreiben der Beklagten vom 18.05.2017 zum Bauvorhaben „Umgestaltung Sstraße“ rechtlich eine freie Kündigung des Bauvertrages vom 19.04./21.04.2017 darstellt;
50hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten gegen sie keine Ansprüche auf „Mehrkosten oder ähnlichem“ zustehen, die sich aus der Auftragsentziehung ergeben;
514. die Beklagte zu verurteilen, ihr vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 4.839,50 Euro netto nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab Klagezustellung zu erstatten.
52Die Beklagte beantragt,
53die Berufung zurückzuweisen.
54Ferner beantragt die Beklagte,
55den Rechtsstreit an das Landgericht Aachen zurückzuverweisen.
56Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Der Klägerin hätten sämtliche für einen Baubeginn erforderlichen Informationen in der notwendigen Aktualität vorgelegen, so dass die Entsorgung des Bauschutts hätte angemeldet werden können. Letztlich komme es hierauf jedoch aus mehreren Gründen nicht an. Die Klägerin habe an einem Vergabeverfahren teilgenommen, das als Baubeginn den 02.05.2017 vorgesehen habe. Sie sei aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis verpflichtet gewesen, alles zu tun, um die Vorbereitung, Durchführung und Sicherung der Hauptleistung zu gewährleisten. Hierzu gehöre es auch zu prüfen, ob die angebotene Leistung nach Zuschlag tatsächlich erbracht werden könne. Die Klägerin hätte daher spätestens mit der Angebotsabgabe mitteilen müssen, dass die Werte der Säureneutralisationskapazität sowie des GB21 vorliegen müssten. Zudem hätte dieser Umstand ausschließlich die Aushub- und Entsorgungsarbeiten sowie die daran anschließenden Arbeiten betroffen. Sie habe jedoch noch andere Arbeiten geschuldet, die am 02.05.2017 hätten erbracht werden können. Im Hinblick auf die Erklärung der Klägerin, an allen Gewerken behindert zu sein, habe die Beklagte nicht davon ausgehen können, dass die Klägerin überhaupt willens gewesen sei, die Bauarbeiten aufzunehmen. Die Kündigung sei auch wegen der fehlenden Vorlage des Bauzeitenplans gerechtfertigt.
57Schließlich bestehe der Höhe nach kein Anspruch auf eine Kündigungsvergütung. Der Anspruch sei schon rechnerisch nicht zutreffend berechnet. Zudem sei in der Abrechnung weder zwischen den Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, für Wagnis und für Gewinn unterschieden noch innerhalb des Wagniszuschlags und der Geschäftskosten differenziert, ob dieser sich auf projektbezogene Einzelwagnisse/-kosten und/oder auf das allgemeine unternehmerische Risiko/Kosten beziehen würde. Soweit die Klägerin nunmehr zur Zusammensetzung und Ermittlung der Geschäftskosten vorgetragen habe, handele es sich um unzulässigen neuen Vortrag, der mit Nichtwissen bestritten werde. Schließlich sei die Abrechnung einer Kündigungsvergütung nur dann vollständig und schlüssig, wenn der Unternehmer zu anderweitigen Erwerbsmöglichkeiten vortrage.
58Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21.09.2018 hat die Beklagte der IQ Ingenieurgesellschaft R mbH den Streit verkündet. Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Mit Schriftsatz vom 14.11.2018 (Bl. 657 GA) trägt die Streithelferin vor, dass der GB21-Wert und die Säureneutralisationskapazität bereits Gegenstand der Auswertung in dem Baugrundgutachten aus dem Jahre 2015 gewesen seien. Sie vertritt im Übrigen die Auffassung, dass die DepV keinerlei Gültigkeitsdauern für Proben vorsehe. Der in § 8 Abs. 3 DepV genannte Begriff "jährlich" beziehe sich zum einen auf Proben von kontinuierlich angeliefertem Material durch die Deponie selbst und stehe zum anderen auch unter dem Vorbehalt der sog. Konformitätserklärung. Die Streithelferin hat weiter vorgetragen, dass sie der Klägerin gegenüber im Rahmen eines Konfliktgesprächs der Parteien am 10.05.2018 ihre Konformitätserklärung auch zu den noch ausstehenden Werten (GB21 und SNK) wiederholt und klargestellt habe, dass die Unterlagen für eine Deponierung ausreichten. Weiter trägt sie vor, dass im Leistungsverzeichnis ebenfalls eine Position für eine Zwischenlagerung des Aushubs vorgesehen gewesen sei und hiernach auf dem Gelände "D", welches der Beklagten gehöre, eine Zwischenlagerung vorgesehen gewesen sei. Der Aushub sei tatsächlich am 16.05.2017 ohne weitere Daten, also ohne einen aktuellen GB21- oder SNK-Wert durch die Deponie I (DK I) akzeptiert worden.
59Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien und der Streithelferin gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
60II.
61Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache (vorläufig) Erfolg. Der Senat entscheidet bezogen auf die dem Grunde nach gerechtfertigten Klageanträge zu 1), 2) und 4) durch Teil-Grundurteil und verweist den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht zurück. Bezogen auf den Klageantrag zu 3) entscheidet der Senat durch Teil-Endurteil.
62A.
63Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils liegen bezogen auf die Klageanträge zu 1), 2) und 4) vor. Zudem stehen der Klägerin die zugrundeliegenden Ansprüche dem Grunde nach zu.
641. Nach § 304 Abs. 1 ZPO kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und lediglich der Streit über den Anspruchsgrund entscheidungsreif ist. So liegt der Fall hier.
65a) Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht für den Klageantrag zu 2) das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Dieses ergibt sich daraus, dass die Beklagte eine Einstandspflicht in Abrede gestellt hat. Zudem kann die Klägerin erst Zahlung verlangen, wenn sie von den zuständigen Finanzbehörden auf Abführung der Umsatzsteuer in Anspruch genommen wird.
66Soweit die Klägerin bezogen auf den Klageantrag zu 4) erstinstanzlich noch Feststellung und nunmehr Zahlung begehrt, handelt es sich nicht um eine Klageänderung, sondern um eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Erweiterung in Bezug auf eine Nebenforderung, die von § 533 ZPO nicht erfasst wird (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 19.03.2004 – V ZR 104/03, BGHZ 158, 295 = NJW 2004, 2152, juris Rn. 25 ff.).
67b) Den Klageanträgen zu 1), 2) und 4) liegen grundurteilsfähige Klageansprüche zugrunde. Hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 4) folgt dies daraus, dass es sich um bezifferte Zahlungsansprüche handelt (vgl. hierzu Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 304 Rn. 3).
68Bezogen auf den Klageantrag zu 2) handelt es sich zwar um einen Feststellungsantrag, über den ein Grundurteil in der Regel nicht ergehen kann. Feststellungsklagen haben jedoch dann eine nach Grund und Betrag streitige Verpflichtung zum Gegenstand, wenn ein bestimmter Betrag in dem Sinne geltend gemacht wird, dass die Klage auch zu einem Ausspruch über die Höhe des Anspruchs führen soll (vgl. BGH, Urt. v. 09.06.1994 – IX ZR 125/93, NJW 1994, 3295, juris Rn. 11; OLG Hamm, Urt. v. 11.06.1999 – 30 U 238/98, NZM 1999, 753, juris Rn. 72). Um einen solchen Ausnahmefall handelt es sich hier. Der Feststellungsantrag zu 2) bezieht sich auf die von der Beklagten zu erstattende Umsatzsteuer, die der Höhe nach an die mit dem bezifferten Leistungsantrag zu 1) geltend gemachte Vergütung anknüpft. Unter Berücksichtigung dessen wird mit dem Feststellungsantrag ein bestimmter Betrag in dem Sinne geltend gemacht, dass die Klage auch zu einem Ausspruch über die Höhe des Anspruchs führen soll. Sofern der Klägerin lediglich ein Teil des geltend gemachten Vergütungsanspruchs zusteht, ist bezogen auf den Feststellungsantrag auch nur insoweit eine Erstattungspflicht bezogen auf die Umsatzsteuer festzustellen.
69c) Die den Klageanträgen zu 1), 2) und 4) zugrunde liegenden Ansprüche sind nach Grund und Betrag streitig. Der Streit über den Grund ist vollständig im Sinne einer Begründetheit der Ansprüche entscheidungsreif, wohingegen es bezogen auf die Anspruchshöhe an der Entscheidungsreife fehlt.
70(1) Soweit das Landgericht im Rahmen seiner Hilfsbegründung ausgeführt hat, dass die Klage bezogen auf die Höhe des Anspruchs unschlüssig sei, trifft dies zwar in der Sache zu. Die Unschlüssigkeit der Klage steht jedoch einer Entscheidung über den Grund der Ansprüche nicht entgegen. Der Erlass eines Grundurteils ist nur dann unzulässig, wenn der Anspruch insgesamt unschlüssig ist (vgl. BGH, Versäumnisurt. v. 14.03.2008 – V ZR 13/07, NJW-RR 2008, 1397, juris Rn. 10). Das ist hier nicht der Fall, weil sich die Schlüssigkeitsbedenken ausschließlich auf die Anspruchshöhe, nicht dagegen auf den Anspruchsgrund beziehen.
71(2) Der Rechtsstreit ist auch im Übrigen nicht vollständig entscheidungsreif im Sinne einer Abweisung der Klage.
72Das Vorbringen der Klägerin zur Anspruchshöhe begegnet allerdings schon grundsätzlichen Schlüssigkeitsbedenken. Die Klägerin macht in der Sache einen Vergütungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B i.V.m. § 649 BGB a.F. geltend. Sie hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass sie lediglich allgemeine Geschäftskosten inklusive Wagnis und Gewinn geltend machen könne, ohne dass es auf anderweitigen Erwerb oder sonstige ersparte Aufwendungen ankomme. Dem kann indes nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsteht der Anspruch des Unternehmers aus § 649 Satz 2 BGB a.F. von vorneherein als Differenz zwischen vereinbarter Vergütung einerseits, ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb andererseits (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.1980 - VII ZR 324/79, BauR 1981, 198). Der Unternehmer hat daher zur Darlegung seiner Forderung aus § 649 Satz 2 BGB a.F. ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb darzulegen und zu beziffern. Dabei ist auf die Aufwendungen abzustellen, die durch Nichtausführung des konkreten Vertrages entfallen sind. Maßgebend sind die Aufwendungen, die sich nach den Vertragsunterlagen unter Berücksichtigung der Kalkulation ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.1995 - VII ZR 198/94 = BGHZ 131, 362 = NJW 1996, 1282; BGH, Urt. v. 14.01.1999 – VII ZR 277/97, BGHZ 140, 263 = NJW 1999, 1253). Da der Anspruch aus § 649 Satz 2 BGB a.F. von vornherein nur die um ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb verkürzte Vergütungsforderung ausmacht, gehört zu seiner Schlüssigkeit eine auf den Einzelfall bezogene Abrechnung. Diesen Vortrag hat der Unternehmer gegebenenfalls nach allgemeinen Grundsätzen näher zu substantiieren, wenn er aufgrund der Stellungnahme der Gegenseite relevant unklar und deshalb ergänzungsbedürftig wird (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.1984 - VII ZR 123/83 = NJW 1984, 2888; BGH, Urt. v. 23.04.1991 - X ZR 77/89 = NJW 1991, 2707). Darüber hinaus ergibt sich eine gesteigerte Darlegungslast des Unternehmers aus der besonderen Lage des Bestellers, dass er nämlich die zur Beurteilung notwendigen Tatsachen nicht oder nicht zuverlässig kennen kann, weil es sich um Betriebsinterna des Unternehmers handelt, die in der Regel nur der Unternehmer zu beziffern und zu beschreiben in der Lage ist. Der Unternehmer muss über die kalkulatorischen Grundlagen der Abrechnung jedenfalls so viel vortragen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb darlegungs- und beweisbelasteten Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird. Die Klägerin hätte daher vertragsbezogen auch und gerade zu den ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb vortragen und ggf. auch Beweis anbieten müssen. Sie hat demgegenüber rechtsirrig lediglich zu ihren Geschäftskosten vorgetragen, sich also auf einzelne Elemente ihres Anspruchs aus § 649 BGB a.F. beschränkt.
73Gleichwohl ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif im Sinne einer Abweisung der Klage. Denn das Landgericht hätte die Klägerin auf ihre rechtsirrige Auffassung sowie die entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 ZPO (rechtzeitig) hinweisen müssen. Das Landgericht hat zwar offenbar in dem Verhandlungstermin am 12.12.2017 rechtliche Hinweise erteilt. Deren Inhalt ist jedoch nicht dokumentiert worden (vgl. § 139 Abs. 4 ZPO). Ferner lässt sich weder den auf die mündliche Verhandlung folgenden Schriftsätzen der Parteien noch den Gründen des angegriffenen Urteils entnehmen, dass das Landgericht die Klägerin auf die ihrer Rechtsauffassung entgegenstehenden Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen hat. Das Landgericht ist in seiner Urteilsbegründung lediglich auf Teile des klägerischen Vorbringens (Berücksichtigung des Wagnisses als ersparte Aufwendung; Durchführung von Leistungen durch Nachunternehmer) eingegangen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Dokumentationserfordernis des § 139 Abs. 4 ZPO nicht nur den Zweck hat, Streit über den konkreten Inhalt gerichtlicher Hinweise zu vermeiden, es soll vielmehr auch und gerade dafür sorgen, dass der Hinweis in einer Form erteilt wird, die der Partei, an die er sich richtet, die Notwendigkeit einer prozessualen Reaktion deutlich vor Augen führt (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 19.04.2012 – I ZR 86/10, NJW-RR 2012, 1506, juris Rn. 24).
74Dahinstehen kann, ob und unter welchen Voraussetzungen Hinweise des Prozessgegners die gerichtliche Hinweispflicht entfallen lassen (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 20.12.2007 – IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581; Rensen MDR 2008, 1078; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 139 Rn. 6a). Denn die Beklagte hat in erster Instanz zwar das Vorbringen der Klägerin zur Anspruchshöhe nicht für ausreichend erachtet, jedoch ebenfalls nicht, zumindest nicht in der gebotenen Klarheit auf die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Bezug genommen.
75Da der Klägerin demnach Gelegenheit zu geben ist, zur Anspruchshöhe weiter vorzutragen und Beweis anzubieten, ist der Rechtsstreit insoweit noch nicht entscheidungsreif.
76d) Ferner ist davon auszugehen, dass der geltend gemachte Anspruch der Klägerin trotz der oben dargelegten Schlüssigkeitsbedenken mit jedenfalls hinreichender Wahrscheinlichkeit zumindest teilweise besteht (vgl. Senat, Urt. v. 22.03.2013 - 19 U 111/12, juris Rn. 51; s. hierzu ferner Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 304 Rn. 7 m.w.Nachw.). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin gemäß § 649 Satz 2 BGB a.F. im Grundsatz berechtigt ist, die vereinbarte Vergütung zu verlangen und die für die Schlüssigkeit ihres Vorbringens erforderlichen Tatsachen noch vortragen und unter Beweis stellen kann. Jedenfalls ist im Hinblick auf die Vermutung des § 649 Satz 3 BGB a.F. davon auszugehen, dass der Anspruch der Klägerin mit jedenfalls hinreichender Wahrscheinlichkeit zumindest teilweise besteht.
77e) Schließlich ist der Erlass eines Grundurteils zweckmäßig (vgl. hierzu Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 304 Rn. 8). Grund und Betrag des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs lassen sich sinnvoll trennen, weil sich die für die Entscheidung über den Anspruchsgrund maßgeblichen Tat- und Rechtsfragen von denen, auf die es für die Entscheidung über die Anspruchshöhe ankommt, unterscheiden. Der Erlass eines Grundurteils führt im Hinblick hierauf zu einer echten Vorabentscheidung des Prozesses und ist daher prozesswirtschaftlich.
782. Der Klägerin steht gegen die Beklagte dem Grunde nach der mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachte Vergütungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B i.V.m. § 649 Satz 2 BGB a.F. zu. Die Kündigung der Beklagten vom 18.05.2017 stellt eine freie Kündigung des Bauvertrages dar. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag wirksam gemäß § 5 Abs. 4 VOB/B gekündigt hat.
79a) Die Ursache für den unterbliebenen Baubeginn fällt nicht (überwiegend) in den Verantwortungsbereich der Klägerin.
80(1) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass eine Überschreitung des vertraglich festgelegten Beginns der Ausführungsfrist vorgelegen hat. Soweit die Klägerin meint, der Baubeginn sei von den Parteien auf den 22.05.2017 „verlegt“ worden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Klägerin hat nicht schlüssig dazu vorgetragen, dass zwischen den Parteien eine dahingehende Einigung erfolgt ist. Die Beklagte hat vielmehr die Klägerin jeweils unter Setzung entsprechender Fristen zum Baubeginn aufgefordert. Eine einvernehmliche Verlegung des vertraglich vereinbarten Baubeginns ergibt sich hieraus nicht. Im Übrigen hat die insoweit beweisbelastete Klägerin für eine einvernehmliche Verlegung des vertraglich vereinbarten Baubeginns keinen Beweis angeboten.
81(2) Nach Auffassung des Senats kann indes nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die maßgebliche Ursache für den unterlassenen Baubeginn gesetzt hat. Dabei kann nicht dahinstehen, ob die von der Beklagten der Klägerin zur Verfügung gestellten Unterlagen ausreichend gewesen sind, um den Bodenaushub vorzunehmen. Vielmehr kommt es hierauf streitentscheidend an. Die Beklagte darf der Klägerin nämlich kein Verhalten bei der Arbeitsausführung abverlangen, das diese der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit aussetzt. Da bei Erdarbeiten der Transport unbeprobten oder nur unzureichend beprobten kontaminierten Erdaushubs genau diese Gefahr begründet, ist der Auftraggeber, hier also die Beklagte, aufgrund des Bauvertrages verpflichtet, entweder den Erdaushub vor dem Transport ausreichend analysieren zu lassen oder dem Auftragnehmer ein ausreichendes Zwischenlager zuzuweisen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 26.10.2012 – 10 U 336/11, juris Rn. 125 f.). Die Pflicht zur Vorlage ausreichender Bodenanalysen trifft primär die Beklagte, weshalb es auch ihrem Verantwortungsbereich unterliegt, entsprechende Beprobungen zu beauftragen und für den Fall unzureichender Analysen diese nachzuholen bzw. der Klägerin eine alternative Zwischenlagerungsmöglichkeit zuzuweisen.
82Da in der Ausschreibung Angaben zu der Einordnung des Bodens in die verschiedenen Deponieklassen bzw. die Einordnung als „gefährlicher Abfall“ gemacht worden sind und es in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht darum geht, dass erst während der Arbeitsausführung überraschend eine Kontaminierung des zur Weiterverwendung vorgesehenen Aushubs festgestellt worden ist, folgt auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.12.2011 (Az.: VII ZR 67/11, NJW 2012, 518) keine abweichende Beurteilung der Verantwortungsbereiche (vgl. hierzu OLG Koblenz, Urt. v. 26.10.2012 – 10 U 336/11, juris Rn. 137 ff.). Den Ausschreibungsunterlagen kann zudem nicht entnommen werden, dass die erforderlichen Analysen nicht durch die Beklagte durchgeführt werden, sondern von der Klägerin selbst auf eigene Kosten einzuholen sein sollten. Da es sich bei diesen Kosten um einen erheblichen, den Angebotspreis maßgeblich beeinflussenden Faktor handelt, durfte die Klägerin die Ausschreibung vielmehr so verstehen, dass diese Kosten jedenfalls nicht von ihr zu tragen sein sollten. Dem entspricht es, dass die Beklagte auf ihre Kosten unstreitig die Streithelferin mit der Gutachtenerstellung beauftragt und diese auch nach dem Zuschlag mit der Einholung weitergehender Analysen beauftragt hat (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 26.10.2012 – 10 U 336/11, juris Rn. 143).
83Bereits unter Zugrundelegung des unstreitigen Vorbringens der Parteien ist davon auszugehen, dass die Beklagte der Klägerin im Zeitpunkt der Kündigung am 18.05.2017 nicht sämtliche für die Durchführung einer ordnungsgemäßen Entsorgung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt hat. Es ist zwar unstreitig geblieben, dass die Beklagte am 10.05.2017 Proben nachgereicht hat, die jünger als ein Jahr gewesen sind. Dass diese Proben als Nachweis nicht ausreichend gewesen sind, hat die Klägerin zwar behauptet, jedoch nicht schlüssig dargetan. Zudem ist unstreitig geblieben, dass die Beklagte der Klägerin nachträglich die Probenahme- und Probenbegleitprotokolle (Anlage B 3) übergeben hat. Zwischen den Parteien ist jedoch ebenso unstreitig geblieben und ergibt sich im Übrigen auch aus den zur Akte gereichten Unterlagen (Anlage K 12b), dass im Zeitpunkt der Auftragsentziehung durch die Beklagte weder der GB21-Wert (Gasbildungspotential) noch die Säureneutralisationskapazität der von der Klägerin zu entsorgenden Abfälle vorgelegen haben. Beide Angaben sind unter Zugrundelegung der DepV für die Einordnung der Deponieklassen von ausschlaggebender Bedeutung (vgl. Ziff. 2. c) Anhang 3 Tabelle 2, 2.06 zur DepV; Ziff. 3.2.1.2., Ziff. 4. Anhang 4 zur DepV). Jedenfalls Teile des Aushubs sind im Leistungsverzeichnis als „gefährlicher Abfall“ eingestuft worden. Bei diesem ist die Bestimmung der Säureneutralisationskapazität zwingend erforderlich (vgl. Ziff. 2 Anhang 3 Tabelle 2, 2.06 zur DepV; vgl. Bl. 552 GA). Auch die Bestimmung des GB21-Wertes ist für die Einordnung der Deponieklassen maßgebend (Ziff. 2. c) Anhang 3 zur DepV). Schon im Hinblick hierauf ist davon auszugehen, dass die Beklagte der Klägerin im Zeitpunkt der Kündigungserklärung nicht alle zur Entsorgung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt hat. Einer Beweiserhebung hierzu bedarf es nicht, da der zugrundeliegende Sachvortrag unstreitig geblieben ist und es sich hinsichtlich der Relevanz der in Rede stehenden Werte nicht um eine Tatsachen-, sondern um eine Rechtsfrage handelt. Die Klägerin hat die Beklagte ferner vor der Auftragsentziehung mehrfach auch auf das Fehlen der vorgenannten Werte hingewiesen (vgl. Anlage K 7, Anlage K 9, Anlage B 6).
84Es kommt für den Rechtsstreit nicht darauf an, ob im Rahmen der Begutachtung durch die Streithelferin aus dem Jahr 2015 auch der GB21-Wert sowie die Säureneutralisationskapazität ermittelt worden sind. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 DepV hat der Abfallerzeuger die Abfälle, die abgelagert werden sollen, stichprobenhaft je angefangene 1.000 Megagramm, mindestens aber jährlich, zu beproben und die Schlüsselparameter auf Einhaltung der Zuordnungskriterien des Anhangs 3 Nummer 2 für die jeweilige Deponie zu überprüfen. Die Bestimmung richtet sich entgegen der Auffassung der Streithelferin nicht an den Deponiebetreiber, sondern ausdrücklich an den Abfallerzeuger und betrifft sowohl regelmäßig als auch nicht regelmäßig anfallende Abfälle. Bei Abfällen, die nicht regelmäßig anfallen, ist eine Untersuchung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 DepV nur dann nicht erforderlich, wenn diegesamte zu deponierende Abfallmenge im Rahmen der grundlegenden Charakterisierung nach Anhang 4 beprobt und untersucht worden ist. Letzteres hat die Beklagte weder dargetan noch ist dies sonst ersichtlich.
85(3) Der Klägerin konnte vor der Zurverfügungstellung sämtlicher für die Entsorgung erforderlichen Unterlagen nicht zugemutet werden, mit dem Bau zu beginnen und diesen abzubrechen, sobald die Entsorgung ansteht. Denn die Entsorgung bildet einen wesentlichen Teil der von der Klägerin vorzunehmenden Arbeiten. Die Klägerin hat zudem ein berechtigtes Interesse daran, dass die Frage etwaiger Mehrkosten vor Baubeginn geklärt ist (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 26.10.2012 – 10 U 336/11, juris Rn. 128). Das Verhalten der Klägerin kann auch vor diesem Hintergrund nicht als pflichtwidrig angesehen werden, wenn sie die Ausführung des Bauauftrags ohne Vorliegen der Werte abgelehnt hat. Hierin liegt kein Verstoß der Klägerin gegen das Kooperationsgebot (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 26.10.2012 – 10 U 336/11, juris Rn. 133).
86b) Es kann auch im Übrigen nicht davon ausgegangen werden, dass der unterlassene Baubeginn (überwiegend) in den Verantwortungsbereich der Klägerin fällt.
87(1) Soweit sich aus den Ausschreibungsunterlagen das Vorhandensein „gefährlichen Abfalls“ ergibt und das Landgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, dass die Klägerin aus diesem Grund bereits bei der Erstellung des Angebots „entsprechende Vorkehrungen“ habe treffen müssen, bleibt unklar, welche Vorkehrungen damit im Einzelnen gemeint sind. Die Klägerin hatte vor allem zu prüfen, ob sie leistungsfähig ist. Bezogen auf das Vorhandensein „gefährlichen Abfalls“ musste sie bei der Kalkulation der Kosten die Entsorgung berücksichtigen, soweit sich diese aus dem Leistungsverzeichnis ergeben haben. Dagegen war die Klägerin nach dem oben Gesagten nicht gehalten, Vorkehrungen in Bezug auf eine ordnungsgemäße Beprobung des zu entsorgenden Abfalls bzw. dessen – im Leistungsverzeichnis nicht vorgesehene – Zwischenlagerung auf der Baustelle zu treffen.
88(2) Die Auffassung des Landgerichts, die Klägerin sei gehalten gewesen, die Beklagte bereits im Rahmen der Ausschreibung auf fehlende Unterlagen hinzuweisen, die Einfluss auf ihre Pflicht zur rechtzeitigen Arbeitsaufnahme haben, trifft zwar im Grundsatz zu. Bereits aus dem Bodengutachten der Streithelferin vom 06.02.2017 (Bl. 176 GA) geht hervor, dass die diesem zugrunde liegenden Proben zwischen dem 02. und dem 16.07.2015 entnommen wurden. Der Klägerin musste daher bereits bei Abgabe ihres Angebots am 22.03.2017 klar sein, dass die vorliegenden Untersuchungsergebnisse für eine Entsorgung nicht ausreichen. Hierauf hätte sie die Beklagte jedenfalls im Hinblick auf die Ziff. 1 der Teilnahmebedingungen (Bl. 13 GA) hinweisen müssen. Ein entsprechender Hinweis der Klägerin ist jedoch erst am 26.04.2017 erfolgt. Das Schreiben vom 21.04.2017 stellt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, keinen ausreichend bestimmten Hinweis in Bezug auf das Fehlen konkreter Unterlagen bzw. Analysen dar.
89Indes kann die Beklagte aus dieser Hinweispflichtverletzung keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung herleiten. Ihr stünde allenfalls ein Anspruch auf Erstattung eines ihr aufgrund des verzögerten Hinweises entstandenen Schadens zu, den die Beklagte indes nicht geltend macht. Die Verletzung der Hinweispflicht führt lediglich dazu, dass die Klägerin die unterlassene Bauausführung mitverursacht hat. Hieraus folgt aber nicht, dass die eigentliche Ursache für den unterlassenen Baubeginn, nämlich das Fehlen ausreichender Bodenanalysen, in den Verantwortungsbereich der Klägerin fällt. Denn auch unter Berücksichtigung der Hinweispflichtverletzung der Klägerin bleibt es dabei, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, der Klägerin die für den Baubeginn erforderlichen Unterlagen für die Entsorgung des Bodenaushubs zur Verfügung zu stellen und daher der Grund für die unterlassene Bauausführung schwerpunktmäßig bei der Beklagten liegt.
90c) Es kommt nicht streitentscheidend darauf an, ob der gesamte Aushub auf eine Deponie der Kategorie DK II hätte verbracht werden können. Zum einen hat die Beklagte in der Ausschreibung diese Art der Entsorgung nicht vorgegeben. Im Leistungsverzeichnis ist die Deklaration als „gefährlicher Abfall“ und im Übrigen sowohl nach den Deponieklassen DK I und DK II erfolgt. Vor diesem Hintergrund hätte sich die Klägerin berechtigterweise erst nach Klärung der durch eine vom Leistungsverzeichnis abweichende Entsorgung des Aushubs auf einer Deponie der Kategorie DK II entstehenden Mehrkosten hierauf einlassen müssen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 26.10.2012 – 10 U 336/11, juris Rn. 128 f.). Zum anderen ergibt sich aus der vom Landgericht zitierten Anlage K 7 (Bl. 216-217 GA), dass die Klägerin seinerzeit zum einen das Alter der vorhandenen Analyseergebnisse und zum anderen das Fehlen des GB21-Tests gerügt hat. Nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Klägerin soll aus diesem Grund auch das Verbringen des Aushubs auf eine Deponie der Kategorie DK II nicht möglich gewesen sein.
91d) Ebenfalls unerheblich ist, ob der Aushub bis zur endgültigen Klärung der Entsorgungsfrage auf eine Zwischenablagerungsfläche hätte verbracht werden können. Es wäre Sache der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten gewesen, eine entsprechend geeignete, auf der Baustelle befindliche Zwischenlagerungsfläche (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 26.10.2012 – 10 U 336/11, juris Rn. 130) zu benennen und die Lagerung des Aushubs dort gegenüber der Klägerin anzuordnen, da den Ausschreibungsunterlagen eine solche Verfahrensweise nicht entnommen werden kann. Ohne eine solche Anordnung war die Klägerin zu einem solchen Vorgehen nicht verpflichtet (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 26.10.2012 – 10 U 336/11, juris Rn. 128 f.).
92e) Darüber hinaus bestehen keine anderen Gründe, die die Beklagte zu einer außerordentlichen Kündigung des Bauvertrages berechtigen.
93(1) Soweit die Beklagte die Kündigung auf die Nichtvorlage eines Bauzeitenplans stützt, dringt sie hiermit nicht durch. Die Klägerin war zur Vorlage eines solchen Plans vor dem tatsächlichen Baubeginn nicht verpflichtet. Letzterer ist jedoch aus Gründen, die dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzuordnen sind, unterblieben. Abgesehen hiervon hätte es einer vorherigen Setzung einer Abhilfefrist durch die Beklagte gegenüber der Klägerin bedurft (vgl. § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies ist indes unstreitig nicht geschehen. Die Beklagte hat die Klägerin lediglich an die Vorlage eines Bauzeitenplans erinnert. Entsprechendes gilt für die Nichtvorlage der sog. Urkalkulation.
94(2) Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die Klägerin habe Nachunternehmer mit der Entsorgung beauftragen wollen, die nicht in dem Nachunternehmerverzeichnis aufgeführt seien, dringt sie hiermit ebenfalls nicht durch. Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin unter Berücksichtigung des § 4 Abs. 8 Nr. 1 Satz 3 VOB/B überhaupt gehalten gewesen ist, die Entsorgungsunternehmen als Nachunternehmer zu benennen. Es ist unstreitig geblieben, dass die Klägerin keine eigene Deponie und auch ihre Schwesterfirma „Beton- und Asphaltmischwerke U GmbH“ lediglich eine Deponie der Klasse 0 unterhält. Darüber hinaus hätte die Beklagte der Klägerin vor Ausspruch der Kündigung auch insoweit eine Frist zur Aufnahme der Leistung im eigenen Betrieb setzen und erklären müssen, dass sie nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen wird (§§ 4 Abs. 8 Nr. 1 Satz 4, 8 Abs. 3 VOB/B). Das ist ebenfalls unstreitig nicht geschehen.
95(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht das Fristsetzungserfordernis auch bei einem Nachschieben von Kündigungsgründen. Die Zulässigkeit des Nachschiebens von Kündigungsgründen, die bereits im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorgelegen haben, trägt allein dem Umstand Rechnung, dass im Rahmen einer Kündigung aus wichtigem Grund der Kündigungsgrund nicht angegeben werden muss (vgl. BGH, Urt. v. 20.06.2005 – II ZR 18/03, NJW 2005, 3069, juris Rn. 12 für eine Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB; BGH, Urt. v. 11.10.2017 - VII ZR 46/15, NJW 2018, 50, juris Rn. 24). Hieraus folgt aber nicht, dass es auf das weitergehende Erfordernis einer vorherigen Fristsetzung nicht ankommt. Eine Fristsetzung muss vielmehr auch bei einem Nachschieben von Kündigungsgründen erfolgt sein (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2017 - VII ZR 46/15, NJW 2018, 50, juris Rn. 25; HansOLG Bremen, Urt. v. 05.05.2011 – 5 U 41/10, juris Rn. 29, 31). Soweit die Beklagte meint, dass ein Nachschieben von Kündigungsgründen nicht möglich sei, wenn dem Kündigenden der wichtige Grund im Zeitpunkt der Kündigungserklärung nicht bekannt gewesen sei, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung. Abgesehen davon, dass der Klägerin die von ihr nachgeschobenen Kündigungsgründe bei Abgabe der Kündigungserklärung bekannt waren, vermag die fehlende Kenntnis des Kündigungsgrundes das Fristsetzungserfordernis nicht entfallen zu lassen. Darüber hinaus bleibt ein Nachschieben von Kündigungsgründen auch bei fehlender Kenntnis des Kündigenden möglich, wenn eine Fristsetzung gemäß §§ 314 Abs. 2 Satz 2 und 3, 323 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB entbehrlich ist. Die Voraussetzungen für eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung hat die Beklagte bezogen auf die hier in Rede stehenden nachgeschobenen Kündigungsgründe indes nicht dargetan.
96f) Soweit in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 14.11.2018 sowie dem Schriftsatz der Streithelferin vom 14.11.2018 neuer Tatsachenvortrag enthalten ist, konnte dieser gemäß § 296a Satz 1 ZPO keine Berücksichtigung mehr finden. Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß §§ 156 Abs. 1, 296a Satz 2 ZPO besteht nicht, eine solche ist auch nicht gemäß §§ 156 Abs. 2 Nr. 1, 296a Satz 2 ZPO geboten.
97(1) Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 14.11.2018 darauf abstellt, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, unabhängig von der Frage der Entsorgung des Bodenaushubs mit der Ausführung des Bauvorhabens zu beginnen, ist bereits dargelegt worden, dass der Klägerin ein solches Vorgehen nicht zumutbar gewesen ist. Hieran ändert das weitergehende Vorbringen der Beklagten nichts. Selbst wenn die Arbeiten, die von der Klägerin unabhängig von der Entsorgung des Aushubs hätten durchgeführt werden können, keine geringfügige Leistung darstellen (nach dem Vortrag der Beklagten 8,16 % der Gesamtauftragssumme), bleibt der Senat dabei, dass die Entsorgung einen wesentlichen Teil der von der Klägerin vorzunehmenden Arbeiten gebildet hat und die Klägerin ein berechtigtes Interesse daran hat, dass die Frage etwaig entstehender Mehrkosten vor Baubeginn geklärt ist (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 26.10.2012 – 10 U 336/11, juris Rn. 128).
98Aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des 11. Zivilsenats (OLG Köln, Beschl. v. 16.10.2014 - 11 U 47/14) folgt nichts Abweichendes. Die vorgenannte Entscheidung bezieht sich auf Bedenken des Unternehmers bezogen auf eine durch die beauftragte Ausführung bedingte Mangelhaftigkeit des Werks. Dass der Unternehmer in einem solchen Fall zur Auftragsdurchführung verpflichtet ist, wenn der Besteller ihn trotz der angemeldeten Bedenken anweist, seine Vorgaben umzusetzen, zieht der Senat nicht in Zweifel. Vorliegend geht es indes nicht um eine Mangelhaftigkeit des Werks, sondern darum, dass die Klägerin bei einer der Ausschreibung entsprechenden Ausführung des Auftrages der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit ausgesetzt gewesen wäre und die Durchführung alternativer Entsorgungsmöglichkeiten mit Mehrkosten verbunden gewesen wäre. Dass für die Klägerin bei dieser Sachlage bei einer Auftragsdurchführung trotz der angemeldeten Bedenken ernsthafte Nachteile zu befürchten gewesen wären, liegt auf der Hand und unterscheidet den hier zur Entscheidung stehenden Sachverhalt entgegen der Auffassung der Beklagten in einem ganz wesentlichen Punkt von dem der vorgenannten Entscheidung des 11. Zivilsenats zugrunde liegenden Sachverhalt.
99Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es für den vorliegenden Rechtsstreit im Rahmen des § 5 Abs. 4 VOB/B entscheidungserheblich darauf an, wessen Verantwortungsbereich die Ursache für den unterlassenen Baubeginn zuzuordnen ist. Der Auftragnehmer – die Klägerin – muss grundsätzlich erst tätig werden, wenn sämtliche Fälligkeitsvoraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört u.a., dass der Bauherr – die Beklagte – die ihm nach dem Vertrag obliegenden Vorleistungen erbracht hat. Fehlt es daran, liegen die Gründe einer etwaigen Verzögerung im Verantwortungsbereich des Auftraggebers und hindern ihn an der Ausübung seiner in § 5 Nr. 4 VOB/B vorgesehenen Rechte. Das folgt sinngemäß auch aus § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B, wonach die vom Auftragnehmer einzuhaltenden Ausführungsfristen verlängert werden, wenn sich Erschwernisse ergeben, die der Bauherr zu vertreten hat. Das gilt aber entgegen der Auffassung der Beklagten auch, soweit derartige Umstände bereits dem Beginn der Bauausführung entgegenstehen (s. hierzu BGH, Urt. v. 21.10.1982 - VII ZR 51/82, NJW 1983, 989, juris Rn. 13).
100Soweit die Beklagte der Auffassung ist, es komme auf den GB21-Wert sowie die Säureneutralisationskapazität nicht an, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Wie dargelegt, sind diese Werte für die Einordnung in die Deponieklassen ausschlaggebend. Unabhängig davon, ob in dem Leistungsverzeichnis die Entsorgung sämtlicher Abfälle auf einer Deponie Klasse II vorgesehen war, sind die Werte auch für eine Entsorgung auf einer solchen Deponie erforderlich. Da sich dies aus der DepV ergibt, handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um eine Tatsachen-, sondern um eine Rechtsfrage.
101Hinsichtlich der weitergehenden Ausführungen der Beklagten zu einer Hinweispflichtverletzung durch die Klägerin und zu ihrer Nachfrageobliegenheit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Soweit die Beklagte vorträgt, die Klägerin habe abgewartet, um ihre offensichtlich fehlende Leistungsfähigkeit infolge des Weggangs wichtiger Mitarbeiter und der Akquise zahlreicher anderer Baumaßnahmen mit vermeintlichen Pflichtverletzungen zu kaschieren, kann dahinstehen, ob die Beklagte zu dieser Behauptung überhaupt hinreichend vorgetragen hat. Jedenfalls hat sie für ihre von der Klägerin bereits erstinstanzlich bestrittene Behauptung keinen Beweis angeboten.
102Das weitergehende Vorbringen der Beklagten zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung zwingt ebenfalls zu keiner Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Auch unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beklagten kann von einer Entbehrlichkeit der Fristsetzung nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat schon nicht hinreichend dargetan, inwieweit die Klägerin im Rahmen ihres Angebots unzutreffende Angaben gemacht bzw. ohne ausreichende Leistungsbeschreibung kalkuliert haben soll. Soweit die Beklagte mit ihrem dahingehenden Vorbringen weitergehende Kündigungsgründe nachzuschieben beabsichtigen sollte, ist sie hiermit gemäß §§ 530, 521 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Die Zulassung des verspäteten Tatsachenvortrags würde die Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits verzögern. Ausgehend von dem absoluten (realen) Verzögerungsbegriff kommt es für die Feststellung der Verzögerung allein darauf an, ob der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung; anders formuliert: wenn der Rechtsstreit ohne Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens im Ganzen entscheidungsreif ist, bei seiner Beachtung aber nicht, ist von der Verzögerung im Sinne von § 296 Abs. 1 ZPO auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.1979 - VII ZR 284/78; BGH, Urt. v. 02.12.1982 - VII ZR 71/82; BGH, Urt. v. 14.01.1999 - VII ZR 112/97). Dem so verstandenen Verzögerungsbegriff steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entgegen. Vielmehr – so das Bundesverfassungsgericht – ist der absolute Verzögerungsbegriff grundsätzlich mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vereinbar; lediglich eine Überbeschleunigung darf durch Präklusion verspäteten Vorbringens nicht eintreten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.05.1987 - 1 BvR 903/85). Ohne das mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 14.11.2018 möglicherweise erfolgte Nachschieben weiterer Kündigungsgründe wäre der Rechtsstreit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2018 dem Grunde nach entscheidungsreif. Demgegenüber wäre bei Zulassung des verspäteten Tatsachenvortrags zunächst der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
103Die weitergehenden Ausführungen der Beklagten zu § 314 Abs. 2 BGB treffen ebenfalls nicht zu. Auf das Nachschieben von Kündigungsgründen kommt es nur an, wenn der eigentliche Kündigungsgrund - wie hier - nicht durchgreift, der Vertrag also gerade ungekündigt fortbesteht. Es kommt ferner nicht darauf an, ob eine Fristsetzung noch möglich ist, maßgeblich ist vielmehr, ob im Zeitpunkt der Kündigungserklärung sämtliche Voraussetzungen vorgelegen haben, also auch eine entsprechende Frist gesetzt worden ist.
104(2) Soweit der Schriftsatz der Streithelferin vom 14.11.2018 neues Tatsachenvorbringen enthält, ist dieses ebenfalls § 296a Satz 1 ZPO nicht zu berücksichtigen. Dass der Streithelferin erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung der Streit verkündet worden ist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die Streithelferin muss den Rechtsstreit gemäß §§ 74 Abs. 1, 67 Hs. 1 ZPO in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit des Beitritts befindet (vgl. OLG München, Beschl. v. 16.12.1993 – 27 W 276/93, juris Rn. 2; OLG Koblenz, Urt. v. 05.09.2007 – 1 U 1181/06, OLGR 2008, 485, 487; Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 67 Rn. 8). Zudem gebietet der Schriftsatz der Streithelferin keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach §§ 296a Satz 2, 156 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
105Soweit die Streithelferin in ihrem Schriftsatz vom 14.11.2018 unter Vorlage ihres bereits von den Parteien vorgelegten Gutachtens vorträgt, dass Gegenstand der Auswertung aus dem Jahr 2015 auch der GB21-Wert sowie die Säureneutralisationskapazität gewesen sei, ist dieses Vorbringen für die Entscheidung unberücksichtigt zu lassen. Sowohl erst- als auch zweitinstanzlich ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben, dass beide Werte im Zeitpunkt der Kündigungserklärung der Beklagten nicht vorgelegen haben. Durch ihr Vorbringen mag sich die Streithelferin zwar nicht in Widerspruch zu Erklärungen der von ihr unterstützten Beklagten setzen. Denn unstreitiges Parteivorbringen hindert abweichenden Vortrag des Streithelfers nicht, weil die Hauptpartei sich ihn zu eigen machen kann (vgl. hierzu Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 67 Rn. 9 a.E. m.w.Nachw.). Indes ist die Streithelferin mit ihrem Vorbringen gemäß §§ 530, 521 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Die Zulassung des verspäteten Tatsachenvortrages der Streithelferin würde ebenfalls zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen, da zunächst der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und sodann ggf. Beweis erhoben werden müsste. Ob ein Vorbringen des Streithelfers verspätet ist, ist so zu beurteilen, als wenn es von der Partei selbst stammen würde (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 15.06.1989 – VII ZR 227/88, NJW 1990, 190, juris Rn. 10; BGH, Beschl. v. 24.05.2012 – VII ZR 24/11, NJW-RR 2012, 1042, juris Rn. 5; Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 67 Rn. 4). Einen eigenständigen Anspruch auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO hat die Streithelferin nicht (vgl. OLG Köln, Urt. v. 26.02.1982 – 20 U 197/81, MDR 1983, 409). Hierdurch wird die Streithelferin nicht unangemessen benachteiligt, weil sie bei einer Streitverkündung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mit der Interventionswirkung der §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO belastet wird (vgl. OLG Köln, Urt. v. 26.02.1982 – 20 U 197/81, MDR 1983, 409). Sie ist gemäß §§ 74 Abs. 1, 68 Hs. 2 ZPO nicht gehindert, sich gegenüber der Beklagten in einem ggf. nachfolgenden Regressprozess mit dem Einwand der mangelhaften Prozessführung in dem vorliegenden Rechtsstreit zu verteidigen und auf ihr Vorbringen aus dem hiesigen Schriftsatz vom 14.11.2018 zurückzugreifen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 05.09.2007 – 1 U 1181/06, OLGR 2008, 485, 487).
106Auch das weitergehende Vorbringen der Streithelferin aus ihrem Schriftsatz vom 14.11.2018 ist aus den oben dargelegten Gründen unberücksichtigt zu lassen. Dies gilt insbesondere, soweit die Streithelferin vorgetragen hat, sie habe gegenüber der Klägerin im Rahmen eines am 10.05.2018 geführten „Konfliktgesprächs“ ihre Konformitätserklärung auch zu den noch ausstehenden Werten (GB21 und SNK) wiederholt und erklärt, dass die Unterlagen für eine Deponierung ausreichten, ferner bezogen auf das Vorbringen der Streithelferin zum praktischen Ablauf der Deponierungsfrage, der Bestätigung der Deponierungsfähigkeit auf der Grundlage der Ausschreibungsunterlagen gegenüber den Unternehmen E und M & L2, einer Zwischenlagerungsmöglichkeit auf dem Gelände „D“ sowie einer Deponierung des Aushubs am 16.05.2017 auf der Deponie I (DK I).
1073. Die Beklagte schuldet der Klägerin darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B i.V.m. § 649 BGB a.F. die dem Klageantrag zu 2) zugrunde liegende Zahlung der Umsatzsteuer auf die Vergütung, sofern die zuständigen Finanzbehörden die Klägerin hieraus in Anspruch nehmen.
1084. Ebenso steht der Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB zu.
109Durch die unberechtigt erklärte Kündigung vom 18.05.2017 hat die Beklagte eine Pflicht aus dem vertraglichen Schuldverhältnis verletzt. Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zudem zu vertreten, da sie hätte erkennen können, dass die Voraussetzungen für eine Kündigung des Bauvertrages nach § 5 Abs. 4 VOB/B nicht vorgelegen haben, nachdem die Klägerin die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung auf das Fehlen der beiden in Rede stehenden Werte hingewiesen hat. Die Beklagte ist daher der Klägerin gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. BGH, Urt. v. 10.06.2015 – VIII ZR 99/14, NJW 2015, 2324; BGH, Urt. v. 16.01.2009 – V ZR 133/08, BGHZ 179, 238 = NJW 2009, 1262). Der Anspruch auf die Zinsen folgt dem Grunde nach aus §§ 288 Abs. 2, 291 BGB.
1105. Der Rechtsstreit wird auf den Antrag der Beklagten zur Entscheidung über die Höhe der den Klageanträgen zu 1), 2) und 4) zugrunde liegenden Ansprüche gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen. Die Ansprüche der Klägerin sind bereits erstinstanzlich nach Grund und Höhe streitig gewesen. Zudem ist der Rechtsstreit wegen der Anspruchshöhe nicht entscheidungsreif.
111Der Senat hat von der Möglichkeit einer eigenen Sachentscheidung nach § 538 Abs. 1 ZPO keinen Gebrauch gemacht, weil dies nicht sachdienlich erscheint. Im Hinblick darauf, dass erstinstanzlich ein (ordnungsgemäßer) Hinweis bezogen auf die Anspruchshöhe nicht erfolgt ist, ist der Klägerin nunmehr zunächst Gelegenheit zu weitergehendem Sachvortrag zu geben, sodann ist der Beklagten Gelegenheit zur Erwiderung und ggf. der Klägerin wiederum Gelegenheit zu weitergehendem Sachvortrag zu geben. Im Anschluss ist erforderlichenfalls Beweis zu erheben. Bei einer eigenen Sachentscheidung durch den Senat erhielten die Parteien erstmals in zweiter Instanz Gelegenheit, zur Anspruchshöhe vorzutragen und Beweis anzubieten. Eine durchzuführende Beweisausnahme wäre erstmals in zweiter Instanz durchzuführen. Damit käme es zu einer vollständigen Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens bezogen auf die Anspruchshöhe. Der durch die Zurückverweisung entstehende grundsätzliche Nachteil einer Verzögerung und Verteuerung des Prozesses muss hingenommen werden, wenn ein ordnungsgemäßes Verfahren in erster Instanz nachzuholen ist und den Parteien die vom Gesetz zur Verfügung gestellten zwei Tatsachenrechtszüge erhalten bleiben sollen (OLG München, Urt. v. 13.10.2017 – 10 U 3415/15, juris Rn. 57). Darüber hinaus ist eine schnellere Erledigung des Rechtsstreits durch den Senat nicht zu erwarten.
112B.
113Hinsichtlich des Klageantrages zu 3) hat der Senat gemäß § 301 Abs. 1 ZPO durch (Teil-)-Endurteil entschieden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 22.07.2009 – XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 = NJW 2009, 2814, juris Rn. 10; Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 304 Rn. 3 a.E.).
114a) Die Klage ist auch insoweit zulässig. Die Klägerin begehrt mit ihrem Antrag die Feststellung eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 256 Abs. 2 ZPO. Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen. Darunter sind auch einzelne auf einem umfassenderen Rechtsverhältnis beruhende Ansprüche oder Rechte zu verstehen, nicht dagegen einzelne Vorfragen. Ein Kündigungsgrund kann allein das Rechtsverhältnis darstellen, wenn die Kündigung selbst bereits zu bestimmten Rechtsfolgen führt. Entsprechend diesen Grundsätzen handelt es sich bei der rechtlichen Einordnung der mit Schreiben der Beklagten vom 18.05.2017 ausgesprochenen Kündigung (Kündigung aus wichtigem Grund oder freie Kündigung) um ein - zwischen den Parteien streitiges - Rechtsverhältnis, weil hiervon im Hinblick auf § 8 Abs. 3 VOB/B einerseits und auf § 8 Abs. 1 VOB/B i.V.m. § 649 BGB a.F. andererseits unterschiedliche Rechtsfolgen abhängen (vgl. BGH, Urt. v. 07.03.2013 – VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744, juris Rn. 15 ff.).
115Auch im Übrigen die Voraussetzungen des § 256 ZPO vor. Mit der Zwischenfeststellungsklage wird es der Klägerin ermöglicht, neben einer rechtskräftigen Entscheidung über ihre Klage auch eine solche über nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft nicht fähige streitige Rechtsverhältnisse herbeizuführen. Die Rechtsnatur der Kündigung der Beklagten ist für die mit der Klage geltend gemachte Kündigungsvergütung für nicht erbrachte Leistungen vorgreiflich (vgl. BGH, Urt. v. 07.03.2013 – VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744, juris Rn. 19 f.). Mit dem Urteil über die Hauptklage werden die Rechtsbeziehungen der Parteien darüber hinaus nicht erschöpfend geregelt, da die rechtliche Einordnung der Kündigungserklärung auch für weitergehende Ansprüche der Parteien untereinander von Bedeutung ist.
116b) Ferner liegen die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils gemäß § 301 Abs. 1 ZPO vor. Durch das Teil-Endurteil wird über einen entscheidungsreifen eigenständigen, einer isolierten Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstandes entschieden. Dem Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil ist genügt, weil durch das zugleich erlassene (Teil-)Grundurteil über den Restanspruch entschieden wird (vgl. hierzu Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 301 Rn. 15).
117c) Der Feststellungsantrag zu 3) ist darüber hinaus begründet. Das Schreiben der Beklagten vom 18.05.2017 ist rechtlich als freie Kündigung des Bauvertrages anzusehen.
118III.
119Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens war dem Landgericht vorzubehalten, da der endgültige Erfolg der Berufung erst nach der abschließenden Entscheidung beurteilt werden kann (vgl. OLG München, Urt. v. 25.09.2009 – 10 U 5684/08, juris Rn. 47 m.w.Nachw.).
120Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO (vgl. hierzu OLG München, Urt. v. 18.09.2002 – 27 U 1011/01, NZM 2002, 1032, juris Rn. 75; OLG München, Urt. v. 25.09.2009 – 10 U 5684/08, juris Rn. 49; Zöller/Heßler, 32. Aufl. 2018, § 538 Rn. 59).
121Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und/oder waren nicht entscheidungserheblich. Der Senat ist zudem weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch von derjenigen anderer Oberlandesgerichte abgewichen.
122Berufungsstreitwert: bis 500.000,00 Euro
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 14. Dez. 2018 - 19 U 27/18
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Oberlandesgericht Köln Urteil, 14. Dez. 2018 - 19 U 27/18 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).
(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Der Abfallerzeuger, bei Sammelentsorgung der Einsammler, hat dem Deponiebetreiber rechtzeitig vor der ersten Anlieferung die grundlegende Charakterisierung des Abfalls mit mindestens folgenden Angaben vorzulegen:
- 1.
Abfallherkunft (Abfallerzeuger oder Einsammlungsgebiet), - 2.
Abfallbeschreibung (betriebsinterne Abfallbezeichnung, Abfallschlüssel und Abfallbezeichnung nach der Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung), - 2a.
Ergebnis der Prüfung der Verwertbarkeit und Verwertungsmöglichkeiten, - 3.
Art der Vorbehandlung, soweit durchgeführt, - 4.
Aussehen, Konsistenz, Geruch und Farbe, - 5.
Masse des Abfalls als Gesamtmenge oder Menge pro Zeiteinheit, - 6.
Probenahmeprotokoll nach Anhang 4 Nummer 2, - 7.
Protokoll über die Probenvorbereitung nach Anhang 4 Nummer 3.1.1, - 8.
zugehörige Analysenberichte über die Einhaltung der Zuordnungskriterien nach Anhang 3 Nummer 2 für die jeweilige Deponie, bei vorgemischten sowie bei teilweise stabilisierten und verfestigten Abfällen unter Beachtung von § 6 Absatz 1 Satz 5, bei vollständig stabilisierten Abfällen unter Beachtung von § 6 Absatz 2, - 9.
bei gefährlichen Abfällen zusätzlich Angaben über den Gesamtgehalt ablagerungsrelevanter Inhaltsstoffe im Feststoff, soweit dies für eine Beurteilung der Ablagerbarkeit erforderlich ist, - 10.
bei gefährlichen Abfällen im Fall von Spiegeleinträgen zusätzlich die relevanten gefährlichen Eigenschaften, - 11.
bei Abfällen nach Anhang V Teil 2 der Verordnung (EU) 2019/1021 in der jeweils geltenden Fassung, bei denen die Konzentrationsgrenzen der in Anhang IV derselben Verordnung aufgelisteten Stoffe überschritten sind und die auf einer Deponie der Klasse IV abgelagert werden sollen, ein von der zuständigen Behörde genehmigter Nachweis nach Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe b Ziffer i der Verordnung (EU) 2019/1021, - 12.
Vorschlag für die Schlüsselparameter und deren Untersuchungshäufigkeit.
(2) Abfalluntersuchungen für die grundlegende Charakterisierung nach Absatz 1 sind nicht erforderlich
- 1.
bei asbesthaltigen Abfällen, - 2.
bei Abfällen, die andere gefährliche Mineralfasern enthalten, bei Abfällen nach § 6 Absatz 1a Nummer 1 und Nummer 2 sowie - 3.
bei Abfällen, über die alle notwendigen Informationen zum Auslaugverhalten und zur Zusammensetzung bekannt und gegenüber der für die Deponie zuständigen Behörde nachgewiesen sind.
(3) Der Abfallerzeuger, bei Sammelentsorgung der Einsammler, hat die Abfälle, die abgelagert werden sollen, stichprobenhaft je angefangene 1 000 Megagramm, mindestens aber jährlich, zu beproben und die Schlüsselparameter auf Einhaltung der Zuordnungskriterien des Anhangs 3 Nummer 2 für die jeweilige Deponie zu überprüfen. Bei Abfällen, die nicht regelmäßig anfallen, ist eine Untersuchung nach Satz 1 nicht erforderlich, wenn die gesamte zu deponierende Abfallmenge im Rahmen der grundlegenden Charakterisierung nach Anhang 4 beprobt und untersucht worden ist. Bei spezifischen Massenabfällen oder bei Abfällen, die eine Zustimmung der zuständigen Behörde nach § 6 Absatz 6 erfordern, kann die Häufigkeit der Beprobungen mit Zustimmung der für die Deponie zuständigen Behörde auf einmal alle drei Monate reduziert werden. Für die Probenahme gilt Anhang 4 Nummer 1 und 2. Die Probenvorbereitung ist nach Anhang 4 Nummer 3.1.1 durchzuführen. Die Überprüfung der Einhaltung der Zuordnungskriterien ist nach Anhang 3 Nummer 2, bei vorgemischten sowie bei teilweise stabilisierten und verfestigten Abfällen unter Beachtung der Voraussetzungen von § 6 Absatz 1 Satz 5, bei vollständig stabilisierten Abfällen unter Beachtung der Voraussetzungen von § 6 Absatz 2 durchzuführen und zu protokollieren. Bei Anlieferung des Abfalls sind dem Deponiebetreiber die Protokolle nach Satz 6 oder eine Erklärung der akkreditierten Untersuchungsstelle nach Anhang 4 Nummer 1 vorzulegen, dass sich Auslaugverhalten und Zusammensetzung des Abfalls gegenüber der grundlegenden Charakterisierung nicht geändert haben.
(4) Der Deponiebetreiber hat bei jeder Abfallanlieferung unverzüglich eine Annahmekontrolle durchzuführen, die mindestens umfasst:
- 1.
Prüfung, ob für den Abfall die grundlegende Charakterisierung vorliegt, - 2.
Feststellung der Masse, Kontrolle des Abfallschlüssels und der Abfallbezeichnung gemäß Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung, - 3.
Kontrolle der Unterlagen nach Absatz 3 Satz 6 auf Übereinstimmung mit den Angaben der grundlegenden Charakterisierung, - 4.
Sichtkontrolle vor und nach dem Abladen, - 5.
Kontrolle auf Aussehen, Konsistenz, Farbe und Geruch.
(5) Der Deponiebetreiber hat bei einem Abfall, der erstmalig nach Absatz 1 Satz 1 oder erneut nach Absatz 1 Satz 6 charakterisiert worden ist, bei einer Anlieferungsmenge von mehr als
- 1.
50 Megagramm bei gefährlichen Abfällen oder - 2.
500 Megagramm bei nicht gefährlichen Abfällen und Inertabfällen
(6) Wird eine Deponie am Standort eines Unternehmens direkt und ausschließlich mit Abfällen dieses Unternehmens beschickt, kann die zuständige Behörde auf Antrag des Deponiebetreibers Abweichungen von den Absätzen 4 und 5 zulassen.
(7) Wird nach Maßgabe des Absatzes 5 eine Kontrolluntersuchung durchgeführt, hat der Deponiebetreiber bei der Abfallanlieferung von dem angelieferten Abfall eine Rückstellprobe zu nehmen und mindestens einen Monat aufzubewahren.
(8) Abweichend von den Absätzen 1, 3 und 5 sind bei den in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Inertabfällen Untersuchungen für die grundlegende Charakterisierung sowie Kontrolluntersuchungen nicht erforderlich, wenn
- 1.
der Abfall von nur einer Anfallstelle stammt, - 2.
keine Anhaltspunkte bestehen, dass die Zuordnungskriterien des Anhangs 3 für die Deponieklasse 0 überschritten werden, - 3.
keine Anhaltspunkte bestehen, dass der Abfall durch Schadstoffe, für die in Anhang 3 keine Zuordnungskriterien festgelegt sind, so verunreinigt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit bei einer Ablagerung beeinträchtigt wird, und - 4.
der Abfall nicht mehr als 5 Volumenprozent an mineralischen oder inerten Fremdstoffen enthält.
Abfallschlüssel gemäß Anlage zur Abfallverzeichnis- Verordnung | Beschreibung | Einschränkungen |
---|---|---|
10 11 03 | Glasfaserabfall | Nur ohne organische Bindemittel |
15 01 07 | Verpackungen aus Glas | |
17 01 01 | Beton | Nur ausgewählte Abfälle aus Bau- und Abbruchmaßnahmen |
17 01 02 | Ziegel | Nur ausgewählte Abfälle aus Bau- und Abbruchmaßnahmen |
17 01 03 | Fliesen, Ziegel und Keramik | Nur ausgewählte Abfälle aus Bau- und Abbruchmaßnahmen |
17 01 07 | Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik | Nur ausgewählte Abfälle aus Bau- und Abbruchmaßnahmen |
17 02 02 | Glas | |
17 05 04 | Boden und Steine | Ausgenommen Oberboden und Torf sowie Boden und Steine aus Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen im Sinne von § 2 Absatz 3 des Bundes-Bodenschutzgesetzes |
19 12 05 | Glas | |
20 01 02 | Glas | Nur getrennt gesammeltes Glas |
20 02 02 | Boden und Steine | Nur Abfälle aus Gärten und Parkanlagen; ausgenommen Oberboden und Torf |
(8a) Überprüfungen nach Absatz 3 und Kontrollen nach Absatz 5, ausgenommen diejenigen nach Satz 4, sind für Abfälle nach § 6 Absatz 1a Nummer 1 und Nummer 2 nicht erforderlich. Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 bis 8 und Nummer 12 sowie von Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 ist für diese Abfälle die Einhaltung der Materialwerte der Anlage 1 der Ersatzbaustoffverordnung und gegebenenfalls die Klasse des mineralischen Ersatzbaustoffs jeweils durch die Dokumentation nach § 12 Absatz 1 Satz 1 der Ersatzbaustoffverordnung nachzuweisen. Für nicht aufbereitetes Bodenmaterial und nicht aufbereitetes Baggergut ist die Einhaltung der Materialwerte der Anlage 1 der Ersatzbaustoffverordnung und die Klasse des Bodenmaterials oder des Baggerguts durch die Dokumente nach § 17 der Ersatzbaustoffverordnung nachzuweisen.
(9) Der Deponiebetreiber hat für jede Abfallanlieferung eine Eingangsbestätigung unter Angabe der festgestellten Masse und des sechsstelligen Abfallschlüssels gemäß der Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung auszustellen. Wird die Übergabe der Abfälle mittels Begleitschein oder Übernahmeschein nach der Nachweisverordnung bestätigt, so ersetzen diese Nachweise die Eingangsbestätigung nach Satz 1. Bei Deponien der Klasse 0 und bei Monodeponien kann die zuständige Behörde auf Antrag des Betreibers davon abweichende Regelungen treffen.
(10) Der Deponiebetreiber hat die zuständige Behörde unverzüglich über angelieferte, zur Ablagerung auf der Deponie nicht zugelassene Abfälle zu informieren.
(11) Für die Annahme von Abfällen in Anlagen, in denen diese Abfälle durch Vermischung oder Behandlung zu den in § 6 Absatz 1 Satz 5 und Absatz 2 genannten Abfällen aufbereitet werden, bevor sie auf einer Deponie abgelagert werden, gelten die Absätze 1, 3, 4 und 5 entsprechend. Darüber hinaus hat der Zweiterzeuger den aufbereiteten Abfall oder Deponieersatzbaustoff gegenüber dem Deponiebetreiber grundlegend zu charakterisieren und diesem zusätzlich folgende Angaben vorzulegen:
- 1.
Abfallschlüssel und Abfallbezeichnung nach § 2 Absatz 1 der Abfallverzeichnis-Verordnung der Abfälle, die in dem aufbereiteten Abfall enthalten sind, - 2.
Erklärung, dass die Abfälle, die in dem aufbereiteten Abfall enthalten sind, die Zuordnungskriterien vor dem Vermischen oder der Behandlung eingehalten haben.
(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.
(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit Vertrag vom 14. Juni 1990 gestattete die Gemeinde G. G. dem Kläger die Nutzung eines in ihrem Besitz befindlichen Hotelgrundstücks, das im Jahr 1950 in Volkseigentum übergeführt und der Gemeinde im Jahr 1989 von dem damaligen Rechtsträger, dem Amt für nationale Sicherheit, überlassen worden war. Mit notariellem Vertrag vom 24. September 1990 verkaufte die Gemeinde das Grundstück an den Kläger. Zu dessen Eintragung in das Grundbuch kam es in der Folgezeit nicht.
Bis zum Jahr 1994 ließen der Kläger und die von ihm gegründete „S. und K. GmbH“ Renovierungsarbeiten an dem Hotelgrundstück durchführen, die nach Art und Umfang zwischen den Parteien streitig sind.
Seit 1992 verlangte die Beklagte unter Hinweis auf ihren Eigentumserwerb nach Art. 21, 22 des Einigungsvertrags die Herausgabe des Grundstücks. Dem kam der Kläger im Februar 1995 im Hinblick auf ein von der Beklagten erwirktes Räumungsurteil nach.
Wegen der von dem Kläger mit 338.600 DM bezifferten renovierungsbedingten Aufwendungen erließ das Amtsgericht Potsdam am 11. März 1996 einen Vollstreckungsbescheid gegen die Beklagte. Diese legte hiergegen am 19. März 1996 Einspruch ein. Im Juni 1997 trat die „S. und K. GmbH“ sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte an den Kläger ab.
Erstinstanzlich hat der damalige Prozeßbevollmächtigte des Klägers vorgetragen , der Kläger habe am 30. März 1997 sämtliche Forderungen aus der Klage an ihn abgetreten. Gleichwohl hat das Landgericht über die von dem Kläger behaupteten Renovierungsarbeiten, die hierdurch bedingte Wertsteigerung des Grundstücks und – wegen einer von der Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung – über die Höhe des monatlichen Nutzungsentgelts Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und Einholung von Sachverständigengutachten. Mit Schreiben vom 19. Juni 2001 hat die Sparkasse Mittleres Erzgebirge eine mit „Abtretungserklärung“ überschriebene schriftliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Prozeßbevollmächtigten vom 30. März 1997 mit der Bitte um rechtliche Prüfung zu den Gerichtsakten gereicht. Hiervon sind die Prozeßbeteiligten nicht unterrichtet worden. Ausweislich der Sitzungsnieder-
schrift vom 5. April 2002 hat das Landgericht „mit Rücksicht auf die Zitatstelle in Thomas/Putzo, § 265 Rdn. 13, die verlesen wurde, auf eine etwaige Notwendigkeit der Umstellung des Klageantrages mit Rücksicht auf die Abtretung der Ansprüche des Klägers an Rechtsanwalt H. hingewiesen. Daraufhin hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärt, das Gericht möge über diese Frage entscheiden. Das Landgericht hat sodann den Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil der Kläger wegen der erfolgten Abtretung nicht mehr aktivlegitimiert sei.
Mit seiner Berufung hat der Kläger beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten, hilfsweise mit der Maßgabe, daß Zahlung an Rechtsanwalt H. zu leisten ist. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, die Abtretungserklärung vom 30. März 1997 beziehe sich nicht auf die streitgegenständliche Forderung, sondern auf die Summe, welche die Beklagte nach einer etwaigen Verurteilung an den Kläger zahlen werde. Hierüber habe bei Abschluß der Vereinbarung Einvernehmen zwischen den Beteiligten bestanden. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er die im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei wegen der von dem Landgericht festgestellten Abtretung nicht mehr Inhaber eines eventuellen Verwendungsersatzanspruchs gegen die Beklagte. Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der von dem Landgericht getroffenen Feststellungen, die eine erneute Feststellung gebieten könnten, bestünden nicht. Die erstmals in der Berufungsinstanz aufgestellten Behauptungen des Klägers zu dem Inhalt der am 30. März 1997 geschlossenen Abtretungsvereinbarung seien nicht zu berücksichtigen. Der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Antrag auf Zahlung an den Abtretungsempfänger sei unzulässig, weil das Landgericht keine Feststellungen zu den Voraussetzungen des geltend gemachten Verwendungsersatzanspruchs getroffen habe.
Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.
II.
Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß die Klage mit dem Hauptantrag unbegründet ist (1.). Soweit es die Zulässigkeit des Hilfsantrags verneint hat, kann ihm dagegen nicht gefolgt werden (2.).
1. Mit seinem Hauptantrag macht der Kläger einen eigenen Verwendungsersatzanspruch gegen die Beklagte geltend. Insoweit kann dahinstehen, ob und inwieweit die Voraussetzungen der §§ 994, 996 BGB erfüllt sind; der
Anspruch scheitert nämlich bereits an der fehlenden Sachlegitimation des Klägers. Das Landgericht hat in seinem Urteil festgestellt, daß der Kläger den Klageanspruch nach Eintritt der Rechtshängigkeit an seinen erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten abgetreten hat (a). An diese Feststellung war das Berufungsgericht nach der gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO anwendbaren Vorschrift des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in der Fassung des Zivilprozeßreformgesetzes vom 27. Juli 2001 gebunden, weil keine Anhaltspunkte für Zweifel an ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit bestanden (b). Auf der Grundlage dieser gemäß § 559 Abs. 2 ZPO auch in der Revisionsinstanz verbindlichen Feststellung ist es dem Kläger verwehrt, Leistung an sich selbst zu verlangen (c).
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die von dem Eingangsgericht festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen.
aa) Die damit angeordnete Bindungswirkung der erstinstanzlichen Feststellungen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des ZPO-RG, BT-Drs. 14/4722, S. 100) erstreckt sich auch auf sogenannte Rechtstatsachen. Den tatsächlichen Umständen (§ 138 Abs. 1 ZPO) stehen nämlich Tatsachen in ihrer juristischen Einkleidung gleich, wenn dies durch einen einfachen Rechtsbegriff geschieht, der jedem Teilnehmer des Rechtsverkehrs geläufig ist (Senat , BGHZ 135, 92, 95; Senat, Urt. v. 2. Juni 1995, V ZR 304/93, WM 1995, 1589, 1590; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 138 Rdn. 2). Hierher gehört der den Abschluß eines Abtretungsvertrags gemäß § 398 BGB umschreibende Begriff der Abtretung jedenfalls dann, wenn er, wie hier, von einem Rechtsanwalt verwendet wird (Senat, Urt. v. 2. Februar 1990, V ZR 245/88, BGHR ZPO § 288 Abs. 1 Rechtsbegriff 3).
bb) Festgestellt sind nicht nur solche Tatsachen, hinsichtlich derer das erstinstanzliche Gericht aufgrund einer freien Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO die Entscheidung getroffen hat, daß sie wahr oder nicht wahr sind. Eine derartige Beschränkung des tatsächlichen Prüfungsumfangs des Berufungsgerichts wäre nicht sachgerecht, weil das erstinstanzliche Urteil regelmäßig auch auf nicht beweisbedürftigen, insbesondere unstreitigen Tatsachen beruht. Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung deshalb auch solche Tatsachen zugrunde zu legen, die auch das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung ohne Prüfung der Wahrheit zugrunde gelegt hat, sei es, weil sie offenkundig oder gerichtsbekannt (§ 291 ZPO), ausdrücklich zugestanden (§ 288 ZPO) oder – wie die von dem Kläger behauptete Abtretung - unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO) waren, oder weil sie sich aus gesetzlichen Vermutungen oder Beweis- und Auslegungsregeln ergeben haben (MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 529 Rdn. 5). Dies entspricht dem allgemeinen Verständnis des in § 559 Abs. 2 ZPO verwendeten Begriffs der von dem Revisionsgericht zugrunde zu legenden Feststellungen (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 8; Musielak/Ball, aaO, § 559 Rdn. 20; Zöller/Gummer, aaO, § 559 Rdn. 11; für § 561 Abs. 2 ZPO a.F.: Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 561 Rdn. 31), die wegen der in § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehenen Bezugnahme in dem Berufungsurteil auch die von dem erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei getroffenen Tatsachenfeststellungen umfassen.
b) Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der von dem Landgericht festgestellten Abtretung des Klageanspruchs, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts zu diesem Punkt
erforderlich gemacht hätten, lagen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. aa) Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (BT-Drs. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171). Dies gilt insbesondere dann, wenn es Beweise fehlerhaft erhoben oder gewürdigt (Senat, Urt. v. 12. März 2004, V ZR 257/03, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Umdruck S. 6) oder wenn es Tatsachenvortrag der Parteien übergangen oder von den Parteien nicht vorgetragene Tatsachen verwertet hat (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 5). Einen derartigen Verfahrensfehler stellt es nicht dar, daß das Landgericht den Inhalt der schriftlichen Abtretungserklärung vom 30. März 1997 unberücksichtigt gelassen und seine Entscheidung allein auf die mit Schriftsatz des Klägers vom 21. Januar 1998 behauptete Abtretung gestützt hat. Da die von der Sparkasse Mittleres Erzgebirge zu den Gerichtsakten gereichte Vertragsurkunde erstinstanzlich von keiner der Parteien in Bezug genommen worden war, handelte es sich nicht um Parteivortrag, den das Landgericht seiner Entscheidung hätte zugrunde legen dürfen. Hieraus folgt zugleich, daß die mit der Berufung erhobene Rüge, das erstinstanzliche Urteil beruhe auf der von den Parteien nicht vorgetragenen Abtretungserklärung, sachlich unzutreffend ist. Sie wird von der Revision auch nicht aufrecht erhalten.
bb) Zweifelhaft können die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts auch durch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel werden, soweit sie in der Berufungsinstanz gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen sind, weil ihre Geltendmachung in erster Instanz we-
gen eines von dem Gericht zu vertretenden Umstands (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO) oder sonst ohne Verschulden der Partei (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) unterblieben ist (BT-Drs. 14/4722, S. 101; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 19; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Schnauder, JuS 2002, 162; Crückeberg, MDR 2003, 10). Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf den von dem Kläger erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragenen Inhalt der schriftlichen Abtretungserklärung vom 30. März 1997 ebensowenig erfüllt wie im Hinblick auf die von ihm im Widerspruch zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen aufgestellte Behauptung, eine Abtretung der Klageforderung hätten die Beteiligten nicht gewollt.
(1) § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gestattet neues, d. h. in erster Instanz noch nicht geltend gemachtes (Grunsky, NJW 2002, 800; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1903) Vorbringen zu tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten , die von dem Standpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet entscheidungserheblich sind, von dem Eingangsgericht jedoch erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten wurden (BT-Drs. 14/4722, S. 101; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 531 Rdn. 20; Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 17) und aus einem von diesem mit zu verantwortenden Grund in erster Instanz nicht geltend gemacht worden ist (BGH, Urt. v. 19. Februar 2004, III ZR 147/03, Umdruck S. 8). Dieser Fall liegt hier nicht vor, weil das Berufungsgericht seine Entscheidung über den ursprünglichen (Haupt-)Antrag ebenso wie das Landgericht auf die von dem Kläger in erster Instanz behauptete Abtretung der Klageforderung gestützt hat. Neues Vorbringen zu diesem bereits dem erstinstanzlichen Urteil zugrunde liegenden Gesichtspunkt war dem Kläger daher verwehrt.
(2) § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO betrifft insbesondere den Fall, daß nach § 139 ZPO gebotene Hinweise des Eingangsgerichts unterblieben sind, die zu entsprechendem Vorbringen in erster Instanz Anlaß gegeben hätten (BT-Drs. 14/4722, S. 101; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 531 Rdn. 23; Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 18). Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht die ihm obliegende Hinweispflicht jedoch nicht verletzt. Zwar konnte der Kläger aus dem Umstand, daß das Landgericht trotz der bereits vorgetragenen Abtretung Beweis zu den Voraussetzungen des geltend gemachten Verwendungsersatzanspruchs erhoben hat, schließen, daß es auf diesen Gesichtspunkt für die gerichtliche Entscheidung nicht ankommen werde. Er hatte daher zunächst keinen konkreten Anlaß, zu der Frage der Abtretung weiter vorzutragen oder sein Vorbringen in dem Sinn richtig zu stellen , daß tatsächlich keine Abtretung vereinbart worden sei. Dies änderte sich jedoch, nachdem das Landgericht auf die Bedeutung der Abtretung für die Fassung des Klageantrags hingewiesen hatte. Im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung verlesene Kommentarstelle mußte dem anwaltlich vertretenen Kläger bewußt gewesen sein, daß seine auf Zahlung an sich selbst gerichtete Klage wegen der von ihm vorgetragenen Abtretung des Klageanspruchs keinen Erfolg haben konnte, wenn das Landgericht mit der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur eine Umstellung des Klageantrags auf Zahlung an den Abtretungsempfänger für erforderlich hielt. Selbst wenn der Kläger, wie von der Revision behauptet, davon ausgegangen sein sollte, das Landgericht habe in dieser Frage noch keine abschließende Position eingenommen, hätte er jedenfalls mit der Möglichkeit einer Klageabweisung rechnen müssen. Damit wäre es aus Sicht des Klägers nicht nur geboten gewesen , den Klageantrag – wie in der Berufungsinstanz geschehen – zumindest hilfsweise auf Zahlung an den Abtretungsempfänger umzustellen. Darüber
hinaus hätte auch Anlaß bestanden, im Rahmen des ursprünglichen Klageantrags zu der Frage der Abtretung ergänzend Stellung zu nehmen. Daß dies dem Kläger in erster Instanz, sei es auch nach Einräumung einer von ihm zu beantragenden Schriftsatzfrist (vgl. BGH, Urt. v. 25. Juni 2002, X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320), nicht möglich gewesen wäre, wird von der Revision nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Von sich aus mußte das Landgericht jedenfalls nicht auf einen weiteren Sachvortrag des Klägers hinwirken, da dessen Prozeßbevollmächtigter ausdrücklich um eine gerichtliche Entscheidung gebeten hatte und keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme bestanden, sein Vortrag zu der erfolgten Abtretung könne ergänzungs- oder korrekturbedürftig sein.
(3) Hat der Kläger damit diejenigen tatsächlichen Umstände, die nach seiner Auffassung der Annahme einer Abtretung der Klageforderung entgegenstehen , in erster Instanz nicht vorgebracht, obwohl ihm diese Umstände und deren Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, beruht die unterlassene Geltendmachung auf Nachlässigkeit; das schließt eine Berücksichtigung dieser Umstände in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO aus (vgl. BT-Drs. 14/4722, S. 101; Musielak /Ball, aaO, § 531 Rdn. 19; Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 531 Rdn. 18 f.; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1904). Das Berufungsgericht mußte deshalb der unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers, er und sein erstinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter hätten keine Abtretung der Klageforderung vereinbaren wollen, ebensowenig nachgehen wie der Frage, ob die schriftliche Abtretungsvereinbarung vom 30. März 1997 nur die von dem Kläger aufgrund eines obsiegenden Urteils erlangten Geldmittel erfaßt.
c) Auf der Grundlage der von dem Landgericht fehlerfrei festgestellten Abtretung hat das Berufungsgericht einen in der Person des Klägers bestehenden Verwendungsersatzanspruch zu Recht verneint. Zwar hat die nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgte Abtretung des Klageanspruchs keinen Einfluß auf dessen prozessuale Geltendmachung (§ 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Rechtsvorgänger behält daher weiter seine Prozeßführungsbefugnis und darf den Rechtsstreit als Partei im eigenen Namen weiterführen (Prozeßstandschaft ). Aufgrund der veränderten materiellen Rechtslage muß der Kläger jedoch grundsätzlich Leistung an seinen Rechtsnachfolger verlangen. Weigert er sich, wie hier, so muß die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation abgewiesen werden. Diese Grundsätze, die der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 26, 31, 37; BGH, Urt. v. 28. September 1982, VI ZR 221/80, WM 1982, 1313; Urt. v. 12. März 1986, VIII ZR 64/85, NJW 1986, 3206, 3207; Urt. v. 20. November 1996, XII ZR 70/95, NJW 1997, 735, 736) und der überwiegenden Auffassung in der Literatur (MünchKomm-ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 265 Rdn. 83; Zöller/Greger, aaO, § 265 Rdn. 6a; Musielak/Foerste, aaO, § 265 Rdn. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 265 Rdn. 17; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 265 Rdn. 13; a.A. die sogenannte Irrelevanztheorie: Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., § 102 IV 2, S. 585; Jauernig, Zivilprozeßrecht, 28. Aufl., § 87 III 3, S. 354) entsprechen , stellt auch die Revision nicht in Frage.
Auch war der Kläger nicht etwa deshalb zur Einziehung der abgetretenen Forderung im eigenen Namen befugt, weil ihm der Abtretungsempfänger eine Einziehungsermächtigung erteilt hätte (vgl. BGHZ 26, 31, 37; BGH, Urt. v. 28. September 1982, aaO). Eine entsprechende Behauptung hat der Kläger in
erster Instanz nicht aufgestellt. Sie läßt sich auch seinem Vorbringen in der Berufungsinstanz, soweit es überhaupt zu berücksichtigen ist, nicht entnehmen. Wäre die Klageforderung, wie nunmehr von dem Kläger vorgetragen, nicht abgetreten worden, hätte keinerlei Anlaß zu der Erteilung einer Einziehungsermächtigung bestanden.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, der erstmals in zweiter Instanz gestellte Hilfsantrag, mit dem der Kläger einen Verwendungsersatzanspruch seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten geltend macht, sei unzulässig, weil er entgegen § 533 Nr. 2 ZPO nicht auf Tatsachen gestützt werden könne, die der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen waren. Eine mit der Berufung vorgenommene Umstellung des Klageantrags auf Leistung an den Abtretungsempfänger stellt nämlich unabhängig davon, ob sie unbedingt erfolgt oder, wie hier, von dem Mißerfolg des auf Leistung an den Kläger selbst gerichteten Hauptantrags abhängig ist, keine § 533 ZPO unterfallende Klageänderung dar.
a) § 533 ZPO knüpft in seinem Einleitungssatz an den allgemeinen Begriff der Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO an (Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 533 Rdn. 3). Danach ist eine objektive Klageänderung gegeben, wenn sich der Streitgegenstand verändert, insbesondere, wenn bei gleich bleibendem oder geändertem Klagegrund ein anderer Klageantrag gestellt wird (Zöller /Greger, aaO, § 263 Rdn. 2; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 263 Rdn. 1 f.). Wie eine Klageänderung zu behandeln ist der Fall einer nachträglichen (Eventual -)Klagenhäufung, auf den § 263 ZPO entsprechend anwendbar ist (BGH, Urt. v. 29. April 1981, VIII ZR 157/80, WM 1981, 423, 427; Urt. v. 10. Januar 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841, 1842; Urt. v. 26. Mai 1986, II ZR 237/85,
NJW-RR 1987, 58; MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 263 Rdn. 21; Zöller /Greger, aaO, § 263 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, aaO, § 263 Rdn. 4) und der deshalb auch von § 533 ZPO erfaßt wird (MünchKommZPO /Rimmelspacher, aaO, § 533 Rdn. 10; Musielak/Ball, aaO, § 533 Rdn. 6).
b) Handelt es sich allerdings um eine Antragsänderung, die, wie die Umstellung des Klageantrags auf Leistung an den Abtretungsempfänger, den Bestimmungen des § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO unterfällt (für eine Anwendung von § 264 Nr. 2 ZPO: BGH, Urt. v. 3. Juni 1987, IVb ZR 68/86, FamRZ 1987, 926, 928; Urt. v. 21. Dezember 1989, VII ZR 84/89, NJW-RR 1990, 505; Musielak /Foerste, aaO, § 265 Rdn. 10; Zöller/Greger, aaO, § 264 Rdn. 3b; für eine Anwendung von § 264 Nr. 3 ZPO: Stein/Jonas/Schumann, aaO, § 265 Rdn. 42; MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 265 Rdn. 87; Rosenberg/Schwab/Gottwald, aaO, § 101 I 3), ist sie kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht als eine Klageänderung anzusehen. Auf eine solche Modifizierung des Klageantrags finden daher diejenigen Vorschriften, die die Zulässigkeit einer Klageänderung regeln, keine Anwendung (MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 264 Rdn. 4). Dies gilt nicht nur für § 263 ZPO (Stein/Jonas/Schumann, aaO, § 264 Rdn. 1; MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 264 Rdn. 4), sondern auch für § 533 ZPO (a.A. Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 533 Rdn. 3, die jedenfalls § 533 Nr. 2 ZPO anwenden wollen), weil § 264 ZPO gemäß § 525 Satz 1 ZPO auch auf das Berufungsverfahren anzuwenden ist.
c) Die unbeschränkte Zulässigkeit einer Modifizierung des Klageantrags gem. § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO auch in der Berufungsinstanz entspricht dem Zweck der Vorschrift, der die prozeßökonomische und endgültige Erledigung des Streitstoffs zwischen den Parteien fördern soll (MünchKomm-ZPO/Lüke,
aaO, § 264 Rdn. 1). Kann das Berufungsgericht auf der Grundlage des bereits in erster Instanz angefallenen Prozeßstoffs eine abschließende Entscheidung über den modifizierten Klageantrag treffen, widerspräche es den Grundsätzen der Prozeßwirtschaftlichkeit, würde man die Parteien, gestützt auf § 533 ZPO, auf einen neuen Rechtsstreit verweisen, in dem das erstinstanzliche Verfahren wiederholt werden müßte und das Berufungsgericht erneut mit der Sache befaßt werden könnte. Nach früherem Recht (§ 523 ZPO a. F. in Verbindung mit § 264 ZPO) war eine derart unökonomische Verfahrensgestaltung ausgeschlossen , weil § 264 ZPO in der Berufungsinstanz Anwendung fand (BGHZ 85, 140, 143; BGH, Urt. v. 21. Dezember 1989, VII ZR 84/89, NJW-RR 1990, 505; MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 264 Rdn. 5) und in den von der Vorschrift geregelten Fällen eine Antragsänderung unabhängig von dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen ermöglichte. Für das reformierte Berufungsverfahren etwas anderes anzunehmen, hätte im Vergleich zu dem früheren Recht eine verstärkte Belastung der Gerichte und eine verzögerte Erledigung der Streitsachen zur Folge. Damit würde das Ziel der Zivilprozeßreform, die Effizienz innerhalb der Ziviljustiz zu steigern (BT-Drs. 14/4722, S. 1), offensichtlich verfehlt.
d) § 533 ZPO steht einer Anwendung des § 264 ZPO auf das Berufungsverfahren nicht entgegen (§ 525 Satz 1 Halbs. 2 ZPO).
aa) Mit den in § 533 Nr. 1 ZPO bestimmten Merkmalen der Einwilligung des Gegners oder der Sachdienlichkeit wollte der Gesetzgeber die bereits nach bisherigem Recht (§ 523 ZPO a. F. in Verbindung mit § 263 ZPO) geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen einer zweitinstanzlichen Klageänderung übernehmen (BT-Drs. 14/4722, S. 102). Auf das Vorliegen dieser Vorausset-
zungen kam es jedoch auch bislang nicht an, wenn es sich um eine Antragsänderung gemäß § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO handelte (§ 523 ZPO a. F. in Verbindung mit § 264 ZPO). Daß der Gesetzgeber hieran etwas ändern wollte, läßt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Die Annahme, derartige Modifizierungen des Klageantrags sollten nach neuem Recht nur noch unter den in § 533 Nr. 1 ZPO geregelten Voraussetzungen zulässig sein, ist auch deshalb fernliegend, weil diese Antragsänderungen in aller Regel als sachdienlich anzusehen sind (vgl. MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 264 Rdn. 2), § 533 Nr. 1 ZPO insoweit also ohnehin keine zulässigkeitsbeschränkende Wirkung haben könnte.
bb) Sinn und Zweck des § 533 Nr. 2 ZPO gebieten es ebenfalls nicht, Antragsänderungen gemäß § 264 Nr. 2 und 3 ZPO in der Berufungsinstanz als Klageänderungen anzusehen.
(1) § 533 Nr. 2 ZPO bringt die geänderte Funktion des Berufungsverfahrens zum Ausdruck, die keine vollständige zweite Tatsacheninstanz mehr eröffnet , sondern in erster Linie der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung dient (BT-Drs. 14/4722, S. 64, 102). Für diesen Berufungszweck ist es unerheblich, ob das erstinstanzliche Gericht subjektiv fehlerhaft gehandelt und entschieden hat, was nicht der Fall ist, wenn seine Entscheidung gemessen an dem in erster Instanz gestellten Klageantrag - wie hier - zutreffend ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob das erstinstanzliche Urteil objektiv fehlerhaft ist, was nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts zu beurteilen ist (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 513 Rdn. 7; Rimmelspacher , NJW 2002, 1897). Damit kann sich die Korrekturbedürftigkeit des mit der Berufung angefochtenen Urteils auch aus einer im Berufungsverfahren
erfolgten Modifizierung des Klageantrags ergeben, wenn, wie im vorliegenden Fall, mit der Umstellung des Klageantrags einer Veränderung der materiellen Rechtslage Rechnung getragen wird, an deren sachgerechter Beurteilung das erstinstanzliche Gericht wegen des in erster Instanz gestellten Klageantrags gehindert war.
(2) Ausweislich der Gesetzesbegründung will § 533 Nr. 2 ZPO verhindern , daß im Wege der Klageänderung unzulässiger neuer Tatsachenstoff in das Berufungsverfahren eingeführt wird (BT-Drs. 14/4722, S. 102). In den Fällen des § 264 Nr. 2 und 3 ZPO ist das aber schon deswegen nicht zu befürchten , weil die Vorschrift insoweit voraussetzt, daß der - bereits in erster Instanz dargelegte - Klagegrund unverändert bleibt. Sollen zu dessen Ergänzung neue Tatsachen vorgetragen werden, ist dies nur in den durch § 531 Abs. 2 ZPO gezogenen Grenzen zulässig. Damit ist sichergestellt, daß der von dem Berufungsgericht zu beurteilende Prozeßstoff im wesentlichen mit demjenigen der ersten Instanz übereinstimmt.
(3) Schließlich soll durch die Regelung des § 533 Nr. 2 ZPO vermieden werden, daß das Berufungsgericht eine Klageänderung bei Vorliegen der in § 533 Nr. 1 ZPO bestimmten Voraussetzungen zwar zulassen müßte, an einer der materiellen Rechtslage entsprechenden Entscheidung über die geänderte Klage aber gehindert sein könnte, weil es gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Verhandlung und Entscheidung nur die von dem erstinstanzlichen Gericht zu der ursprünglichen Klage festgestellten Tatsachen zugrunde legen darf (BTDrs. 14/4722, S. 102). Diese Gefahr, die den Gesetzgeber zu einer über die frühere Rechtslage hinausgehenden Beschränkung der Zulässigkeit zweitinstanzlicher Klageänderungen bewogen hat, besteht bei einer Antragsänderung
gemäß § 264 Nr. 2 und 3 ZPO nicht. Vielmehr kann das Berufungsgericht bei der Beurteilung des modifizierten Klageantrags auf den gesamten in erster Instanz angefallenen Prozeßstoff zurückgreifen.
(a) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 12. März 2004 (V ZR 257/03) ausgeführt hat, gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Umdruck S. 14). Im Gegensatz zum Revisionsrecht (§ 559 Abs. 1 ZPO) enthalten die gesetzlichen Vorschriften über das Berufungsverfahren keine das berücksichtigungsfähige Parteivorbringen beschränkende Bestimmung. Eine Verengung des zweitinstanzlichen Prozeßstoffs auf das aus dem erstinstanzlichen Urteil ersichtliche Parteivorbringen ergibt sich auch nicht aus § 314 ZPO, weil dem Urteilstatbestand im Hinblick auf schriftsätzlich angekündigtes Parteivorbringen keine negative Beweiskraft zukommt (Umdruck S. 17 f. m.w.N.). Unabhängig hiervon kann der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils den der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Prozeßstoff auch deshalb nicht begrenzen, weil das Berufungsverfahren nicht nur, wie das Revisionsverfahren, der Rechtsfehlerkontrolle, sondern gemäß § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO auch der Kontrolle und Korrektur fehlerhafter Tatsachenfeststellungen dient (BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f.). Dies setzt voraus, daß das Berufungsgericht schriftsätzlich angekündigtes entscheidungserhebliches Parteivorbringen berücksichtigen darf, das von dem erstinstanzlichen Gericht für unerheblich erachtet oder übersehen worden ist und das deshalb im Urteilstatbestand keine Erwähnung gefunden hat (Barth, NJW 2002, 1702, 1703). Die in § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO zum Ausdruck kommende Funktion der Berufung würde eine den berücksichtigungsfähigen Prozeßstoff begrenzende Wirkung des
erstinstanzlichen Urteils also selbst dann ausschließen, wenn man im übrigen mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (zuletzt BGH, Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89, juris) an der negativen Beweiskraft des Urteilstatbestands ohne Einschränkungen festhielte. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage ist deshalb für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits im Ergebnis ohne Bedeutung, so daß es weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG) bedarf (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG).
(b) Bei der Entscheidung über den modifizierten Klageantrag ist das Berufungsgericht nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ZPO an die von dem erstinstanzlichen Gericht zu dem ursprünglichen Klageantrag getroffenen Feststellungen gebunden. Kommt es aus der allein maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 35; Ball, ZGS 2002, 146, 149) für die Beurteilung des modifizierten Klageantrags auf Tatsachen an, die in dem erstinstanzlichen Urteil trotz entsprechenden Parteivortrags nicht festgestellt worden sind, dann bestehen Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu eigenen Feststellungen berechtigen und verpflichten.
III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und inwieweit die Voraussetzungen eines von dem Kläger an seinen erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten abgetretenen Verwendungsersatzanspruchs gemäß §§ 994, 996 BGB erfüllt sind und in welchem Umfang ein solcher Anspruch gegebenenfalls durch die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung erloschen ist. Durch die Zurückverweisung der Sache (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) erhält das Berufungsgericht Gelegenheit, die erforderlichen Fest-
stellungen nachzuholen. Dabei kann es die Ergebnisse der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme verwerten, soweit nicht deren Wiederholung nach den von der Rechtsprechung zu §§ 398, 402 ZPO entwickelten Grundsätzen geboten ist (vgl. Senat, Urt. v. 12. März 2004, V ZR 257/03, Umdruck S. 10 m.w.N.).
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch
(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Beschwerdegegenstand wird auf 377.155,32 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- zulässige, Die insbesondere statthafte Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger unter dem Gesichtspunkt einer Missachtung der richterlichen Hinweispflicht (§ 139 ZPO) auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem möglicherweise verspätet erteilten Hinweis des Berufungsgerichts, weil der Kläger infolge des eingehenden, von ihm richtig erfassten Beklagtenvortrags zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet war.
- 2
- 1. Ein gerichtlicher Hinweis ist entbehrlich, wenn die Partei von der Gegenseite die gebotene Unterrichtung erhalten hat (BGH, Urt. v. 22. November 2006 - VIII ZR 72/06, WM 2007, 984, 986 Tz. 19; v. 24. September 1987 - III ZR 188/86, NJW 1988, 696 f; v. 2. Oktober 1979 - VI ZR 245/78, NJW 1980, 223 f).
- 3
- 2. a) Bereits erstinstanzlich hat der Beklagte in Übereinstimmung mit der späteren rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts geltend gemacht, dass die Dauerfolgen weder innerhalb der Frist von 15 Monaten ärztlich festgestellt noch tatsächlich eingetreten seien. In seiner Berufungsbegründung hat er die Schlüssigkeit der Klage beanstandet und abermals vorgetragen, dass es nicht auf die Frage der fristgerechten Anmeldung ankomme, weil für einen Dauerschaden keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte bestanden hätten und eine entsprechende ärztliche Feststellung nicht habe herbeigeführt werden können. Eine auf den Unfall rückführbare Invalidität habe nicht vorgelegen oder sei zumindest (noch) nicht feststellbar gewesen. Dieses Vorbringen hat der Beklagte durch Schriftsatz vom 18. April 2005, also ein halbes Jahr vor der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2005, mit dem Bemerken vertieft, der Kläger wolle trotz des ausführlichen Berufungsvortrags die Rüge der Unschlüssigkeit der Klage "einfach nicht zur Kenntnis nehmen".
- 4
- b) Der Kläger hat - wie seine schriftsätzlichen Äußerungen belegen - dieses Vorbringen richtig verstanden. Auf die Berufungsbegründung hat er erwidert , es komme entscheidend auf die Versäumung der 15-Monatsfrist und die Tatsache an, dass innerhalb der Frist die bei dem Kläger bereits vorliegende Invalidität nicht festgestellt worden sei. Dieses Verständnis entspricht - aus der Warte des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers formuliert - exakt der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, wonach eine dauerhafte Funktions- beeinträchtigung innerhalb der 15-Monatsfrist ärztlich feststellbar sein muss. Angesichts dieser eindeutigen Sachlage war ein zusätzlicher gerichtlicher Hinweis nicht geboten.
- 5
- 3. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Prüfung, ob ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG auch deshalb ausscheidet, weil der Kläger auf den verspäteten Hinweis des Berufungsgerichts nicht reagiert und es versäumt hat, in der mündlichen Verhandlung Vertagung oder einen Schriftsatznachlass zu beantragen oder zumindest innerhalb der Spruchfrist einen Schriftsatz nachzureichen.
Gehrlein Vill
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.10.2004 - 1 O 648/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.11.2005 - I-4 U 218/04 -
(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
Tenor
1. Auf die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. wird das Grund- und Teilurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz insoweit aufgehoben, als die Klage auf Zahlung von Restwerklohn aus den Erdbauarbeiten der Klägerin an der Airbase ...[A] sowie die Klage auf Zahlung von Schadensersatz wegen der vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages über die genannten Erdbauarbeiten dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wurden.
2. Auf die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin wird festgestellt, dass der Bauvertrag der Parteien vom 25. Mai 2004 betreffend das Bauvorhaben "Sanierung der Oberflächenentwässerung; Regenrückhalte-becken II, Projekt-Nummer 30974389" durch die Klägerin am 18. März 2005 wirksam gekündigt worden ist.
3. Im Umfang der Aufhebung wird im Übrigen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
4. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. jeweils 1/3 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten selbst sowie gesamtschuldnerisch 1/3 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Im Übrigen bleibt auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens dem Landgericht überlassen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. dürfen die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
- 1
Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aufgrund eines vorzeitig beendeten Bauvertrages, in dem die Geltung der VOB/B vereinbart wurde.
- 2
Die Klägerin macht insoweit Restwerklohn sowie Schadensersatz/Aufwendungsersatz geltend; die Beklagte begehrt widerklagend den Ersatz ihr entstandener Mehrkosten und die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin wegen der erfolgten Kündigung.
- 3
Die Beklagte beabsichtigte die Anlegung eines Regenrückhaltebeckens im Bereich des …[X]bachs auf dem Flughafengelände ...[A], wobei sie die Nebenintervenientin zu 1. einschaltete. Es sollten dabei auf einer Fläche von ca. 50 m Breite und 500 m Länge etwa 80.000 m³ Erdboden ausgehoben werden. Dabei sollte es sich bei ca. 57.000 m³ um Aufschüttungen und bei 27.000 m³ um natürliches Material (Sande bzw. unbelastete Böden) handeln. Bei einem Teil des betroffenen Erdreichs handelte es sich um eine registrierte Altlast im Altlastenkataster des Landes Rheinland-Pfalz (Anlageband III, Bl. 938).
- 4
Am 30. Mai 2003 erhielt die Beklagte die wasserrechtliche Plangenehmigung gemäß § 31 WHG der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd (Anlageband III, Bl. 992 ff), in der darauf hingewiesen wurde, dass durch die geplanten Erdbauarbeiten im Bereich des Regenrückhaltebeckens verschiedene im Altlastenkataster registrierte Altablagerungen überplant bzw. tangiert würden und ihr ein Rückbaukonzept (Beschreibung des Bauablaufs, Entsorgung des Auffüllmaterials, Freimessung der geräumten Flächen sowie gegebenenfalls Angaben zur Wasserhaltung, Arbeits- und Umgebungsschutzmaßnahmen usw.) vorzulegen sei. Weiter wurde darin erklärt, dass die technischen Regelungen "Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen" der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) zu beachten seien und für den Nachweis der Umweltverträglichkeit das Material gemäß den Begriffsbestimmungen der LAGA (Bauschutt, Erdaushub etc.) zu separieren und analytisch zu überprüfen sei. Die Verwertungs- und Beseitigungswege der im Rahmen der Baumaßnahmen anfallenden Aushubmassen seien gegenüber der SGD Süd nachzuweisen.
- 5
Die Beklagte beauftragte die Nebenintervenientin zu 2. mit geotechnischen Voruntersuchungen. In ihrem geotechnischen Bericht vom 27. November 2003 (Anlageband III, Bl. 958 ff) unterteilte die Nebenintervenientin zu 2. die zu erwartenden Bodengruppen in sechs Bodenklassen nach DIN 18300 (Anlageband III, Bl. 963) und wies auf eine nur bedingte Wiederverwendbarkeit der Aushubmassen im Hinblick auf die Inhomogenität und den hohen humosen Anteil der Auffüllungen hin. Wegen des hohen Humusanteils könne ein Teil des Erdreichs allenfalls für Lärmschutzwälle verwendet werden (Anlageband III, Bl. 966), während die grauen quartären Sande für eine Wiederverwendung als Austauschboden bodenmechanisch geeignet seien. Die Auffüllung sei im Groben in die Einbauklasse bis Z 1.1 nach LAGA einzustufen; von 15 Mischproben seien 12 in die LAGA-Einbauklasse Z 0 (unbelastetes Material), eine Probe in die LAGA-Einbauklasse Z 1.1 und eine weitere Probe in die LAGA-Einbauklasse Z 2 einzustufen (Anlageband III, Bl. 968, 969).
- 6
Die durchzuführenden Erdarbeiten wurden sodann öffentlich ausgeschrieben mit einem Kurztext-Leistungsverzeichnis (Anlage K 3, Anlageband I, Bl. 21 - 40) und einem Langtext-Leistungsverzeichnis (Anlageband I, Bl. 41 ff). In den projektbezogenen Vorbemerkungen wurde unter C.01. und C.02. (Anlageband I, Bl. 29 - 36) auf die Einstufung des Bodenaushubs in die verschiedenen LAGA-Klassen hingewiesen und auf den Eigentumsübergang des Materials bestimmter LAGA-Klassen auf den Auftragnehmer; hinsichtlich einzelner Boden-materialien wurde - je nach LAGA-Klasse - eine Entsorgungsverpflichtung des Auftragnehmers oder eine Pflicht des Auftragnehmers zum Abfahren und Zwischenlagern des für den Wiedereinbau geeigneten Materials auf Mieten innerhalb des Flugplatzgeländes normiert.
- 7
Die einzelnen Erdaushubarbeiten wurden zu Einheitspreisen ausgeschrieben unter anderem mit Zulagenpositionen für Boden der Klasse über LAGA Z 1.1 bis LAGA Z 2 sowie der Bodenklasse LAGA Z 3 und höher (Anlageband I, Bl. 53 - 54).
- 8
Die Klägerin erhielt im Mai 2004 den Zuschlag für die Erdarbeiten zu einem Nettopreis von 1.085.244,60 € (Anlageband I, Bl. 94). Sie sollte zudem zusammen mit der Firma ...[B] Bau als ARGE Arbeiten an der Rampe 5 des Flughafengeländes vornehmen. Das Leistungsverzeichnis dieser Arbeiten sah unter anderem vor, dass dort lediglich Füllmaterial ohne humose Bestandteile zu verwenden war.
- 9
Nach Übernahme des Auftrags erörterte die Klägerin bzw. die ARGE mit dem von der Beklagten beauftragten Gutachterbüro ...[C], dass ein Einbau von Erdaushub der Klasse LAGA Z 1.2 aus dem Bereich des Regenrückhaltebeckens im Bereich der Rampe 5 beabsichtigt sei. Das Gutachterbüro teilte sodann der Beklagten durch Schreiben vom 21. Juni 2004 (Bl. 398 - 399 d. A.) die Unzulässigkeit dieses Einbaus ohne die erforderliche Genehmigung der zuständigen Behörde mit.
- 10
Mit Schreiben vom 1. September 2004 (Bl. 378 d. A.) wies die Nebenintervenientin zu 1. die Klägerin darauf hin, welches Erdaushubmaterial der jeweiligen Positionen des Leistungsverzeichnisses auf Mieten aufzusetzen, einzubauen oder zu beseitigen sei und welches in das Eigentum der Klägerin oder der Beklagten übergehe. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass eine Vermischung von gewachsenem Boden der Bodenklasse 3 - 5, 6 und 7, Boden aus Auffüllungen und humosen Bodenarten nicht gestattet sei.
- 11
Anfang September 2004 hob die Klägerin insgesamt 2.287 m³ Baugrund aus dem Bereich der Auffüllungen (Leistungsverzeichnis Position 1.2.120) aus und baute diese im Bereich der Rampe 5 ein. Aus dem Aushub wurden nach Angaben der Klägerin ca. 935 m³ Bauschuttreste aussortiert. Von diesem Aushub der Klägerin entnahm die Nebenintervenientin zu 2. am 16. September 2004 eine Bodenprobe.
- 12
Bei einer Baubesprechung vom 15. September 2004 bat die Klägerin um Überlassung der Untersuchungsergebnisse der - zur Vorbereitung der Ausschreibung durch die Nebenintervenientin zu 2. vorgenommenen - schadstofftechnischen Beprobung des Baufeldes, weil sie den Aushub aus den Auffüllungsbereichen in einem anderen Bauvorhaben einbauen wolle und dort eine Beprobung der angelieferten Stoffe nach LAGA gefordert werde. Die Beklagte lehnte eine Weitergabe der Untersuchungsergebnisse ab (Bl. 686 d. A.).
- 13
Mit Schreiben vom 16. September 2004 (Anlage K 18, Anlageband II, Bl. 416) forderte die Klägerin von der Beklagten die umweltrechtliche Freigabe der abzufahrenden Erdmassen für den Einbau bei anderen Baumaßnahmen. Soweit dies nicht der Fall sei bzw. zusätzliche Nachweise für den Einbau bei anderen Maßnahmen notwendig seien, meldete sie "bereits jetzt" die daraus resultierenden Mehrkosten an; es gehe hier um Deklarationsanalysen-Kosten nach LAGA oder Deponierungskosten.
- 14
Am 21. September 2004 wurde der Einbau von Auffüllmaterial im Bereich der Rampe 5 gestoppt. Die ARGE wurde auf die Ungeeignetheit des angelieferten Materials hingewiesen und zur restlosen Entfernung von dem Baufeld und der Zwischendeponie aufgefordert; zugleich wurde eine fehlende deutliche Trennung der gelagerten Materialien auf dem Zwischenlager gerügt (Bl. 362 - 363 d. A.).
- 15
Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 23. September 2004 (Bl. 200 d. A.) erneut ihre Absicht der Wiederverwendung der Erdmassen unter Hinweis auf § 1 KrW/AbfG und forderte im Hinblick auf die von der Beklagten stattdessen gewünschte Deponierung der Erdmassen die Erbringung der dafür notwendigen LAGA-Analysen von einer pro angefangene 1000 Tonnen Erdaushub. Da die umweltrechtliche Begleitung durch die Beklagte erbracht werde, müsse diese auch die Kosten der LAGA-Analysen tragen. Die Klägerin verwies auf ein beigefügtes Nachtragsangebot über 103.000 € zur Durchführung der LAGA-Analysen, alternativ forderte sie im Falle der Analysierung durch die Beklagte selbst die Übergabe der Analyseergebnisse. Mit Schreiben vom gleichen Tage erklärte die Klägerin, dass sie wegen Regens an der Ausführung der Erdarbeiten behindert sei (Anlage K 20, Anlageband II, Bl. 423).
- 16
Der für die Beklagte handelnde LBB in ...[Z] entschied mit Schreiben vom 4. Oktober 2004 (Anlage K 24, Anlageband II, Bl. 428 - 430), dass die Klägerin die LAGA-Kosten zur Deponierung nicht übernehmen müsse, diese vielmehr von der Nebenintervenientin zu 2. gemäß deren Architekten-/Ingenieurvertrag übernommen würden. Das Leistungsverzeichnis gehe nicht auf die DIN 18299 0.4.2 "Besondere Leistungen" ein, wonach in der Leistungsbeschreibung Kosten von erheblicher Bedeutung für die Kalkulation angegeben werden müssten. Eine überschlägige Berechnung ergebe bei 110 Laboruntersuchungen zu je 490 € einen Gesamtbetrag von 53.900 €; entsprechend der DIN hätten deshalb die Eignungsnachweise (also auch die LAGA-Untersuchungen) gesondert in der Leistungsverzeichnisbeschreibung ausgewiesen werden müssen.
- 17
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2004 (Anlageband III, Bl. 977- 978) lehnte die Nebenintervenientin zu 1. eine Beauftragung der Klägerin mit LAGA-Analysen gemäß deren Nachtragsangebot vom 23. September 2004 ab und forderte die Klägerin zur unverzüglichen Wiederaufnahme der Arbeiten auf.
- 18
Die Klägerin rügte demgegenüber mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 (Anlage K 25, Anlageband II, Bl. 431), dass sie ohne die - bauseits zu erbringenden - LAGA-Analysen die Erdarbeiten nicht wieder aufnehmen könne; sie sei seit dem 27. September 2004 in der Ausführung dieser Arbeiten behindert (§ 6 Nr. 1 und 2 VOB/B).
- 19
Nachdem die Klägerin am 12. Oktober 2004 ca. 900 t weißgraue Sande aus dem Bereich des Regenrückhaltebeckens II abtransportiert und anderweitig eingebaut hatte, verwiesen sowohl die Nebenintervenientin zu 1. mit Schreiben vom 19. Oktober 2004 (Bl. 387 d. A.) als auch die Beklagte mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 (Anlageband III, Bl. 433 - 434) auf die Unzulässigkeit des Abtransports. Die Nebenintervenientin zu 1. forderte die Klägerin auf, das abtransportierte Aushubmaterial an die zugewiesene Stelle zu schaffen. Die Beklagte wies die Behinderungsanzeige der Klägerin wegen fehlender LAGA-Analysen im Hinblick auf die baubegleitenden Untersuchungen durch die Nebenintervenientin zu 2. zurück und forderte die Klägerin auf, die Arbeiten bis zum 25. Oktober 2004 aufzunehmen (Anlageband III, Bl. 981).
- 20
Mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 (Bl. 388 - 389 d. A.) teilte die Klägerin mit, dass ein Teil der weißgrauen Sande inzwischen anderweitig verbaut worden sei. Da sie nach dem Bauvertrag allenfalls zur Abfuhr von maximal 26.400 m³ Erdmassen auf Zwischenlager verpflichtet sei, falle eine Nachtragsvergütung für das Verbringen weiterer Massen auf ein Zwischenlager an.
- 21
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 die Behinderungsanzeige der Klägerin wegen fehlender LAGA-Analysen erneut zurück und forderte sie zur Wiederaufnahme der Arbeiten auf.
- 22
Am 25. Oktober 2004 erstellte die Klägerin ihre zweite Abschlagsrechnung über 259.511,84 € (Anlage K 38, Anlageband II, Bl. 468 - 489). Insoweit forderte die Klägerin Zahlung in Höhe von 183.805,63 €; die Beklagte zahlte jedoch lediglich 81.349,65 € brutto (Anlage K 39, Anlageband II, Bl. 490).
- 23
Am 27. Oktober 2004 teilte die Nebenintervenientin zu 2. als Ergebnis der am 16. September 2004 aus dem Erdaushub der Klägerin entnommenen Mischprobe mit, dass darin keine erhöhten Schadstoffgehalte festgestellt worden seien und die Schwarzdeckenprobe als Ausbauasphalt im Sinne der Einbauklasse Z 1.1 der LAGA eingestuft werde (Prüfbericht in Anlageband II, Bl. 552 ff).
- 24
Die Klägerin wies mit Schreiben vom 27. Oktober 2004 (Anlage K 29, Anlageband II, Bl. 437) auf einen bei Kontaminationsverdacht üblichen Probeumfang von einer LAGA-Analyse je angefangener 1000 t (entspricht ca. 500 m³) Abfuhrmasse hin. Sie bestehe auf einer Vorlage von LAGA-Analysen vor der Abfuhr der Erdmassen, da das Abfahren mit begleitender LAGA-Analyse erhebliche Gefahren hinsichtlich Arbeitsschutz und Kosten verursache. Die Klägerin meldete weiterhin Behinderung der Erdarbeiten gemäß § 6 Nr. 1 VOB/B an und bat bis zum 2. November 2004 um Entscheidung, ob die Erdmassen trotz der genannten Bedenken auf Risiko der Beklagten abgefahren werden sollten.
- 25
Mit Schreiben vom 4. November 2004 (Anlage K 30, Anlageband II, Bl. 439 - 440) verwies die Klägerin auf die Notwendigkeit weiterer Analysen nach den Vorschriften der LAGA im Hinblick auf die bei einer Probe festgestellte Belastung nach der LAGA-Zuordnungsklasse Z 2 und darauf, dass eine gemeinsame Abfuhr von Massen unterschiedlicher Belastung und der damit verbundenen zwangsläufigen Vermischung dem Verdünnungsverbot gemäß den LAGA-Richtlinien widerspreche. Die Klägerin forderte die Beklagte zur Durchführung bzw. Vorlage der gemäß LAGA-Mitteilung Nr. 20 geforderten Bodenanalysen vor Abfuhr der Massen bis spätestens 8. November 2004 auf.
- 26
Am 8. November 2004 rügte die Klägerin erneut Behinderung wegen der fehlenden LAGA-Analysen (Anlage K 33, Anlageband II, Bl. 452).
- 27
Ein Antrag der Klägerin auf Genehmigung der Ablagerung von ca. 20.000 m³ des Bodenmaterials auf einer landwirtschaftlichen Fläche in ...[Y] wurde von der Unteren Landespflegebehörde abgelehnt (Anlageband III, Bl. 989).
- 28
Bei einer Baubesprechung vom 11. November 2004, deren Ablauf streitig ist, wies die Beklagte ausweislich ihres Aktenvermerks (Anlage K 105, Anlageband III, Bl. 935 - 940) auf die nach ihrer Auffassung unberechtigte Forderung der Klägerin nach aushubbegleitenden Analysen von mindestens einer für 1000 t hin und verwies auf die von der Nebenintervenientin zu 2. präventiv durchzuführenden aushubbegleitenden LAGA-Analysen ca. alle 2.000 m³.
- 29
Demgegenüber erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 12. November 2004 (Anlage K 34, Anlageband II, Bl. 458 - 459), dass wegen der für eine Einstufung der Aushubmasse in LAGA-Zuordnungswerte nicht ausreichenden Voruntersuchungen ein den Aushub von fünf Tagen, somit 10.000 m³ fassendes Zwischenlager eingerichtet und unterhalten werden müsse, in dem die Aushubmassen bis zur Vorlage der Untersuchungsergebnisse nach LAGA verblieben. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, bis zum 16. November 2004 Art und Lage des Zwischenlagers anzugeben und die weitere Vorgehensweise festzulegen. Des Weiteren meldete die Klägerin Behinderung nach § 6 Nr. 1 VOB/B an. Sie rügte zudem, dass sich bei der Baubesprechung am 11. November 2004 ergeben habe, dass die Beklagte entgegen § 4 Nr. 1 VOB/B nicht alle öffentlich-rechtlichen Bewilligungen herbeigeführt habe und insbesondere das nach der wasserrechtlichen Genehmigung erforderliche Rückbaukonzept sowie die Abstimmung mit den Behörden über die Freigabe bzw. Freimessung der Baugrube fehlten.
- 30
Mit Schreiben vom 12. November 2004 (Anlage K 35, Anlageband II, Bl. 460 - 463) wies der LBB ...[Z] die Klägerin darauf hin, dass nach der Ausschreibung kein Raum für eine Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen sei und die speziellen LAGA-Untersuchungen allein Sache der Klägerin seien. Zugleich wurde auf das Ende der Vertragsbauzeit am 14. Januar 2005 und die bisher von der Klägerin erst abgefahrene Menge von 2.500 m³ hingewiesen sowie die Kündigung des Bauvertrages bzw. Schadensersatzforderungen angekündigt, sofern die Klägerin die Arbeiten nicht bis zum 24. November 2004 wieder aufnehme.
- 31
Die Klägerin stellte am 17. November 2004 ihre dritte Abschlagsrechnung über 328.143,77 € (Anlage K 95, Anlageband III, Bl. 876 - 898) und rügte mit Schreiben vom 22. November 2004 (Anlage K 36, Anlageband II, Bl. 464 - 465) das Ruhen der Erdarbeiten seit ca. acht Wochen, was durch die Beklagte zu vertreten sei, weil sie die notwendigen LAGA-Untersuchungen nicht erbracht bzw. nicht vorgelegt habe. Sie verwies hinsichtlich der bauseitigen Pflicht zur Erbringung der LAGA-Analysen auf das Schreiben des LBB vom 4. Oktober 2004 und forderte die Beklagte auf, bis zum 24. November 2004 die wasserrechtliche Genehmigung zur Baumaßnahme und den Bescheid der SGD Süd hinsichtlich der Vorgehensweise zur definitiven Einstufung der Aushubmassen in die LAGA-Zuordnungswerte vorzulegen.
- 32
Der LBB verwies mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 (Anlageband III, Bl. 986 - 991) für die Beklagte darauf, dass die wasserrechtliche Genehmigung seit dem 17. Juni 2003 vorliege und dass die Beklagte aus den im Schreiben vom 12. November 2004 genannten Gründen aus praktischen und vertragsrechtlichen Gründen nicht in der Lage sei, zusätzliche LAGA-Analysen des Bodens gemäß OZ 1.2.120 aushubbegleitend zu liefern. Der geotechnische Bericht der Nebenintervenientin zu 2. vom 27. November 2003 enthalte alle erforderlichen Untersuchungen für eine entgeltliche Einlagerung des Bodenaushubs; so verlange die Firma ...[D] keine zusätzlichen LAGA- Analysen zum Einlagern von Boden der Einbauklasse bis Z 1.1. Es müssten sämtliche 57.000 m³ der Position 1.2.10 des Leistungsverzeichnisses (auch soweit diese ausschließlich Z 0 Material betrifft) von der Airbase abgefahren werden, ein Wiedereinbau auf dem Flugplatzgelände sei nicht möglich. Die Klägerin solle ihre Arbeiten innerhalb von acht Tagen wieder aufnehmen.
- 33
Am 8. Dezember 2004 stellte die Klägerin ihre vierte Abschlagsrechnung in Höhe von 367.494,69 € (Anlage K 42, Anlageband II, Bl. 493 - 509).
- 34
Die Klägerin verwies mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 (Anlage K 37, Anlageband II, Bl. 466 - 467) darauf, dass die im November 2003 durchgeführten Bodenanalysen eine teils erhebliche Belastung des Bodens (LAGA-Einbauklasse Z 2) ergeben hätten und deshalb wegen Verdachtsmomenten auf Bodenbelastungen ausreichende LAGA-Analysen vor Abfuhr durchzuführen seien. Dies sei Praxis und könne über ein Zwischenlager geregelt werden, wobei wegen des Verdünnungsverbots aber die Bodenbereiche unterschiedlicher Zuordnungswerte vor Abfuhr abgegrenzt werden müssten. Da diese Abgrenzung von der Beklagten verweigert werde, sei die Klägerin an der Ausführung ihrer Arbeiten gehindert. Die Beklagte habe auch das nach der wasserrechtlichen Genehmigung erforderliche Rückbaukonzept nicht vorgelegt; dieser öffentlich-rechtliche Bescheid sei auch für die Klägerin maßgeblich. Die Beklagte solle einen schriftlichen Bescheid der SGD Süd vorlegen, welche weiteren Bodenuntersuchungen vor Abfuhr durchzuführen seien.
- 35
Mit Schreiben vom 12. Januar 2005 (Anlage K 43, Anlageband II, Bl. 510) setzte die Klägerin der Beklagten eine Zahlungsfrist für die vierte Abschlags-rechnung bis zum 17. Januar 2005. Am 10. Februar 2005 stellte die Klägerin ihre sechste Abschlagsrechnung über 472.237,29 € (Anlage K 45, Anlageband II, Bl. 512 - 528).
- 36
Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 15. Februar 2005 (Anlage K 46, Anlageband II, Bl. 529 - 530), dass die zweite Abschlagsrechnung vom 25. Oktober 2004 in Höhe von 157.055,86 € festgestellt sei; weitere Forderungen würden nicht anerkannt, da die Klägerin die Erdarbeiten eingestellt habe und sich zu Unrecht auf einen Zahlungsverzug der Beklagten berufe.
- 37
Mit Schreiben vom 18. März 2005 (Anlage K 11, Anlageband I, Bl. 211 - 212) kündigte die Klägerin - nach entsprechender Androhung mit Schreiben vom 14. März 2005 (Anlage K 10, Anlageband I, Bl. 209 - 210) - das Vertragsverhältnis "aus wichtigem Grund" gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B, da sie seit mehr als drei Monaten in der Bauausführung behindert sei und gem. § 9 Nr. 1 VOB/B, weil ihre Abschlagsrechnungen Nr. 3 bis 6 nicht bezahlt worden seien.
- 38
Die Beklagte widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 23. März 2005 (Anlage K 104, Anlageband III, Bl. 930 - 934), da die Klägerin die Bauarbeiten zu Unrecht eingestellt habe. Das Angebot baubegleitender LAGA-Analysen sei ausreichend gewesen. Die Kosten für LAGA-Analysen zur Ermöglichung einer Verwertung der Erdmassen müsse die Klägerin selbst tragen.
- 39
Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 (Anlage K 53, Anlageband II, Bl. 549) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die in der Zeit zwischen dem 16. und dem 22. September 2004 ausgehobenen ca. 2.300 m³ auf ein Zwischenlager in der Nähe der Rampe 5 gefahren worden seien und laut den inzwischen vorliegenden Untersuchungsergebnissen der LAGA-Einbauklasse Z 0 zugeordnet wor-den seien.
- 40
Am 4. Juli 2005 legte die mit der geotechnischen Fachbauüberwachung beauftragte Firma ...[C] GmbH ihren Bericht vor (Bl. 320 - 353 d. A.). Darin führte das Ingenieurbüro aus, dass die von der Klägerin ausgehobenen ca. 2.300 m³ aus dem Bereich des Regenrückhaltebeckens II für einen Einbau auf der ...[A] nicht geeignet seien, bzw. dass ein Einbau abgelehnt worden sei (Bl. 342 d. A.).
- 41
Im weiteren Verlauf der Arbeiten forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Betonbodenplatte (Abstellfläche) im Bereich der Rampe 5 und die darunter eingebaute Tropfkörperschlackenschicht zurückzubauen.
- 42
Die von der Klägerin auszuführenden Arbeiten sind nach Angaben der Beklagten letztlich durch die Firma ...[E] aufgrund Bauvertrag mit dieser vom 21. März 2006/27. Juni 2006 (Bl. 701 - 702 d. A.) zu Ende geführt worden.
- 43
Die Klägerin forderte die Beklagte vergeblich zur Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 (Bl. 509 d. A.), dass dies nicht möglich sei; die Klägerin habe den Vertrag zu Unrecht gekündigt und der Beklagten stünden noch Zurückbehaltungsrechte bzw. Schadensersatzansprüche zu. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 (Anlage K 122, Bl. 464 d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich auf, den Sicherheitseinbehalt nach § 17 VOB/B auf ein Verwahrgeldkonto einzuzahlen und entsprechende Nachweise bis zum 30. Oktober 2006 zu führen.
- 44
Im vorliegenden Prozess begehrt die Klägerin aus dem streitigen Vorhaben noch Restwerklohn gemäß Schlussrechnung vom 3. Juni 2005 (Anlage K 12, Anlageband I, Bl. 213 ff.) in Höhe von 218.540,25 €, wegen der vorzeitigen Vertragskündigung Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B in Form von entgangenem Gewinn bzw. Aufwendungsersatz gemäß § 9 Nr. 3 VOB/B/§ 642 BGB für Kosten aus Behinderungen, Baustillstand durch Behinderungen und nicht erwirtschaftete umzulegende Leistungen in Höhe von insgesamt 435.549,77 € (Anlage K 17, Anlageband II, Bl. 414 - 415) sowie Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft über 32.550 € zuzüglich eines Zinsschadens von 15.136,76 €.
- 45
Die Klägerin hat vorgetragen,
- 46
die Beklagte habe sich - entgegen ihrer ausdrücklichen Zusage am 4. Oktober 2004 - vertragswidrig geweigert, ausreichende LAGA-Untersuchungen vor dem Erdaushub zur Verfügung zu stellen. Ohne ausreichende LAGA-Analysen von jeweils 500 m³ Aushubmasse habe für die Klägerin die Gefahr einer Ordnungswidrigkeit bzw. Straftat wegen unerlaubten Transportierens von "Abfall" bestanden. Durch die unberechtigte Weigerung ausreichender Analysen auf Kosten der Beklagten seien die Erdarbeiten mehr als drei Monate in Stillstand geraten. Zudem habe die Beklagte schuldhaft versäumt, die wasserrechtliche Genehmigung sowie ein von der SGD (schriftlich) bestätigtes Rückbaukonzept, aus dem sich auch die Verfahrensweise mit den LAGA-Analysen ergebe, vorzulegen. Ohne solche Unterlagen sei es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, die Erdbauarbeiten fortzuführen.
- 47
Die Klägerin hat beantragt,
- 48
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 654.090,02 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Juli 2005 sowie weitere 15.138,76 € zu zahlen,
- 49
2. die Beklagte weiter zu verurteilen, die Bürgschaftsurkunde …[H] vom 24. Juni 2004 Nr. 727870 in Höhe von 32.550 € herauszugeben sowie an die Klägerin Avalkosten in Höhe von 0,5 % seit dem 1. November 2006 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten seit dem 1. November 2006 zu zahlen.
- 50
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. und zu 2. haben beantragt,
- 51
die Klage abzuweisen.
- 52
Widerklagend hat die Beklagte beantragt,
- 53
1. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 297.423,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 54
2. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten alle über die in Ziffer 1 des Widerklageantrags hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die durch die Kündigung vom 18. März 2005 entstanden sind.
- 55
Die Klägerin hat beantragt,
- 56
die Widerklage abzuweisen.
- 57
Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen haben vorgetragen,
- 58
die angeblich fehlenden LAGA-Analysen und das fehlende Rückbaukonzept seien nur vorgeschobene Gründe, in Wirklichkeit habe sich die Klägerin verkalkuliert. Nach den Ausschreibungsunterlagen müsse die Klägerin die Kosten etwaiger LAGA-Analysen selbst tragen. Die Klägerin habe bis zur Einstellung der Arbeiten nur einen geringen Teil des Erdaushubs (nur ca. 2.300 m³) bewältigt gehabt und erst nach Versagung des Einbaus dieses Materials im Bereich der Rampe 5 habe die Klägerin eine Vielzahl unbegründeter Behinderungsanzeigen abgegeben. Die Beklagte habe der Klägerin ab dem 16. September 2004 vergeblich baubegleitende Bodenanalysen "aus der Baggerschaufel" angeboten und auch über ein geeignetes Rückbaukonzept verfügt. Der konkrete Verwertungsweg sei für die Klägerin in Nr. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses ersichtlich gewesen.
- 59
Der Klägerin stehe aus dem Bauvertrag allenfalls noch ein Restguthaben von 15.291,16 € zu, dem allerdings ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen des nicht erfolgten Rückbaus der Baustraße entgegenstehe.
- 60
Der Beklagten seien durch die unberechtigte Kündigung der Klägerin Mehrkosten entstanden durch die Beauftragung der Firma ...[E]; insoweit ergebe sich ein Schadensersatzanspruch der Beklagten in Höhe von derzeit 297.423,67 €.
- 61
Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch ein Grund- und Teilurteil die Klage auf Zahlung von Restwerklohn aus den Erdbauarbeiten der Klägerin an der ...[A] sowie die Klage auf Zahlung von Schadensersatz wegen der vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages über die genannten Erdbauarbeiten dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der von der Klägerin geltend gemachte Restwerklohnanspruch nur der Höhe nach streitig sei und deshalb insoweit ein Grundurteil ergehen könne. Aufgrund der von der Beklagten verschuldeten vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B dem Grunde nach zu. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F], denen sich das Gericht anschließe, seien aus derzeitiger Sicht zumindest Schadensersatzansprüche der Klägerin von bis zu 49.969,54 € wegen Umsatzausfällen sowie Schadensersatzansprüche von bis zu 226.619,50 € auf Ersatz entgangenen Gewinns nachvollziehbar. Deshalb sei auch ein Grundurteil zulässig über den der Klägerin gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B zustehenden Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Mitwirkung der Beklagten (§ 9 Nr. 1 a VOB/B) und wegen der Kündigung aus "sonstigem wichtigem Grund" (§ 314 Abs. 1 BGB bzw. § 6 Nr. 6 VOB/B).
- 62
Die Beklagte habe sich zu Unrecht geweigert, der Klägerin die erforderlichen LAGA-Analysen in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen, und dadurch schuldhaft ihre Vertragspflichten verletzt. Die Klägerin habe sich nicht der Gefahr einer ordnungswidrigkeiten- oder sogar strafrechtlichen Verfolgung durch die Abfuhr, Behandlung bzw. Beseitigung nicht ausreichend auf chemische Belastungen getesteten Erdaushubs aussetzen müssen. Die Beklagte habe deshalb durch die nicht ausreichenden LAGA-Analysen und ebenso mangels eines (rechtmäßigen und mit der SGD Süd abgestimmten) Rückbaukonzeptes die Klägerin über drei Monate bei ihren Erdarbeiten "behindert".
- 63
Die Beklagte sei nach dem Baugrundrisiko (§ 644 BGB) und aufgrund der Nebenbestimmungen zur wasserrechtlichen Genehmigung verpflichtet gewesen, die ca. 80.000 m³ auszuhebendes Erdreich nach den Richtlinien der LAGA untersuchen zu lassen, da es sich um eine militärische Liegenschaft gehandelt habe, bei der mit Bodenkontaminationen im Aushub zu rechnen gewesen sei. Wegen der absehbaren Umweltbelastung sei die Beklagte gemäß Nr. 30.4 der wasserrechtlichen Genehmigung ausdrücklich verpflichtet gewesen, die Anforderungen der LAGA zu beachten. Die Beklagte als öffentliche Behörde, die genehmigungspflichtige Erdbauarbeiten ausgeschrieben habe, hätte die bietenden Unternehmen zwingend von hoheitlichen Umweltauflagen für die ausgeschriebenen Arbeiten informieren müssen, was die Beklagte indes versäumt habe.
- 64
Die Beklagte sei hinsichtlich der 57.000 m³ Auffüllungen nach dem gültigen Abfallrecht (KrW-/AbfG) Abfallerzeugerin gewesen, weshalb nach den allgemeinen abfallrechtlichen Grundsätzen sowie gemäß Nr. 26.1.2 der wasserrechtlichen Genehmigung ein Rückbaukonzept erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe deshalb schon bei der Ausschreibung der Beseitigung der 57.000 m³ Auffüllungen (Position 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses) organisatorische Vorkehrungen zur Einhaltung der Umwelt schützenden Neben-bestimmungen in der wasserrechtlichen Genehmigung (§ 31 Abs. 3 WHG) und zur Vornahme systematischer Schadstoffanalysen nach LAGA sowie zum Separieren und zur nach Schadstoffklassen getrennten Beseitigung des anfallenden Erdaushubs treffen müssen.
- 65
Die Beklagte habe ihre Koordinierungspflicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B verletzt, indem sie kein systematisches Rückbaukonzept vorgelegt habe, in dem vorab festgelegt gewesen wäre, wie der Aushub des belasteten Erdreichs erfolgen solle, insbesondere wie viele Proben nach den LAGA-Richtlinien zu entnehmen seien (nach einem Beprobungsraster) und eine eindeutige Festlegung enthalten gewesen wäre, wo gegebenenfalls Zwischenlager eingerichtet würden und welche Arbeitsschritte geboten seien. Die Beklagte hätte in einem ordnungsgemäßen Rückbaukonzept - das der bauausführenden Firma auch auszuhändigen gewesen wäre - im Voraus eindeutig regeln können und müssen, ob die Nebenintervenientin zu 2. oder die Klägerin als Erdbaufirma für die vorgeschriebenen LAGA-Analysen zuständig sei. Das Fehlen einer systematischen Planung zur Beseitigung der Auffüllungen als "Abfall" und ebenso eines Rückbaukonzepts - dieses werde nicht durch den geotechnischen Bericht der Nebenintervenientin zu 2. ersetzt - der Beklagten ergebe sich schon aus dem Streit der verschiedenen LBB-Mitarbeiter darüber, ob die Beklagte oder die Klägerin die Kosten der LAGA-Untersuchungen zu tragen habe (vgl. Schreiben der LBB vom 4. Oktober 2004 und vom 12. November 2004). Pflichtwidrig sei insbesondere, dass sich die Beklagte aus Kostengründen geweigert habe, eine den Richtlinien der LAGA und damit dem Stand der Technik (§ 3 Abs. 12 KrW-/AbfG) entsprechende ausreichende Anzahl von LAGA-Analysen anzuordnen.
- 66
Der Sachverständige habe ausgeführt, dass eine engmaschige Beprobung vor Ort wie von der Klägerin verlangt - nämlich auf jeweils 500 m³ eine LAGA-Probe - allgemein üblich sei und am ehesten den Bestimmungen des Leistungsverzeichnisses der Ausschreibung entspreche. Die von der Beklagten angebotene Möglichkeit der "baubegleitenden" Probenentnahme aus der Baggerschaufel sei zum einen auch engmaschig (je eine LAGA-Probe pro 500 m³) vorzunehmen, zum anderen zwar auch praktikabel, aber mit für die bauausführende Firma vermeidbaren Mehrkosten verbunden, weil dann der Aushub zunächst in ein Zwischenlager gebracht und nach Auswertung der Proben dann erneut aufgeladen werden müsse. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen habe die Klägerin aus Nr. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses keinen Anhaltspunkt für eine Zwischenlagerung der 57.000 m³ Auffüllungen entnehmen können; die Beklagte habe auch keine Bereitschaft zur Übernahme der durch eine Zwischenlagerung entstehenden Zusatzkosten erklärt.
- 67
Die Ausschreibungsunterlagen der Beklagten seien hinsichtlich der Frage der LAGA-Analysen bzw. hinsichtlich der Frage eines abfallrechtlichen Rückbaukonzepts infolge eines Organisationsverschuldens der Beklagten lückenhaft. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung, Erdaushub nur nach (ausreichenden) LAGA-Analysen als "Abfall" entsorgen zu lassen, im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung nicht zivilrechtlich auf die Klägerin übertragen, da sie die Abwälzung der LAGA-Analytik nicht ausdrücklich in den Ausschreibungstext aufgenommen habe, obwohl es sich bei den Analysekosten um etwa 5 % der Auftragssumme gehandelt habe. In keiner Position des Leistungsverzeichnisses seien die nur der Beklagten bekannten Umweltauflagen der SGD Süd in der wasserrechtlichen Genehmigung erwähnt und nirgendwo werde darauf hingewiesen, dass ein Bieter LAGA-Analysen zu erbringen bzw. deren Kosten in die Einheitspreise einzukalkulieren habe. Dies ergebe sich auch nicht aus der Formulierung, dass der Bieter die Kosten der Separierung bzw. Deponierung des Materials trage.
- 68
Da die Beklagte ihre vertragliche Mitwirkungspflicht zur kostenfreien Stellung aussagekräftiger LAGA-Analysen (jeweils eine Probe je 500 m³) verletzt habe, zudem auch kein verwaltungsrechtlich vorgeschriebenes, dem Stand der Technik (§ 3 Abs. 12 KrW-/AbfG) entsprechendes Rückbaukonzept für den altlastenverdächtigen Bereich vorgelegt habe, sei die Klägerin zur Kündigung des Bauvertrages gemäß § 9 Nr. 1, 3 VOB/B berechtigt gewesen. Dies begründe für die Klägerin Schadensersatzansprüche aus § 6 Nr. 6 VOB/B sowie Aufwendungsersatzansprüche.
- 69
Der Rechtswirksamkeit der Kündigung der Klägerin stehe auch kein eigenes erhebliches Fehlverhalten der Klägerin entgegen (§ 242 BGB). Selbst bei einem unbefugten Einbau von ca. 2.300 m³ - unstreitig unbelastetem - Erdaushub aus dem Bereich der Auffüllung in dem Bereich der Rampe 5 liege nur ein minder schwerer Vertragsverstoß der Klägerin vor. Denn es habe für die Klägerin ein schwer zu durchschauender Widerspruch bestanden zwischen der Nr. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses (die entgegen dem abfallrechtlichen Wiederverwertungsgebot eine Deponierung auch unbelasteten Erdreichs außerhalb der Airbase vorgeschrieben habe) und den Vorbemerkungen des Leistungsverzeichnisses, die einem Wiedereinbau unbelasteten Erdaushubs auf der Airbase grundsätzlich den Vorrang gegeben hätten.
- 70
Da die Kündigung der Klägerin berechtigt gewesen sei, folge daraus die Unbegründetheit des mit der Widerklage geltend gemachten und auf die angeblich unberechtigte Kündigung der Klägerin gestützten Schadensersatzanspruchs und Feststellungsantrags der Beklagten.
- 71
Gegen dieses Urteil des Landgerichts wenden sich die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. mit ihren jeweils form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen, mit denen sie die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin entsprechend der Widerklage erstreben.
- 72
Die Beklagte macht geltend,
- 73
das Grundurteil sei unzulässig, da es nicht sämtliche Anspruchsgrundlagen erledige. Die Klägerin habe mit der streitgegenständlichen Schlussrechnung sowohl Restwerklohnansprüche für erbrachte Leistungen als auch Zusatzvergütungsansprüche nach § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B, Schadensersatzansprüche gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B sowie Aufwendungsersatz gemäß § 9 Nr. 3 VOB/B/§ 642 BGB geltend gemacht. Das Landgericht habe aber nur einen Vergütungsanspruch und einen Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B dem Grunde nach zugesprochen und insbesondere den Einwand der Beklagten gegen den Vergütungsanspruch, die Position 1.2.120 sei von der Klägerin deutlich unterkalkuliert und der ansonsten gegebene Vergütungsanspruch bereits hierdurch vollständig aufgezehrt worden, nicht erörtert.
- 74
Das Landgericht habe zu Unrecht die Kündigung der Klägerin als wirksam angesehen und etwaig bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Genehmigungsbehörde auf das Vertragsverhältnis der Parteien übertragen. Eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin, ausreichende LAGA-Analysen einzuplanen, habe nicht bestanden. Selbst wenn ein Rückbaukonzept gefehlt hätte, hätte sich dies nicht kausal auf die Vertragsleistung der Klägerin ausgewirkt, weil jedenfalls nach dem 11. November 2004 Einigkeit darüber bestanden hätte, dass weitere 30 baubegleitende LAGA-Analysen gefertigt würden und der Aushub während dessen zwischengelagert werde. Diese Verfahrensweise hätte sichergestellt, dass sich die Klägerin nicht der Gefahr einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat aussetze, jedoch sei die Klägerin auf das Angebot der Beklagten zur Zwischenlagerung nach dem 6. Dezember 2004 nicht mehr zurückgekommen.
- 75
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] hätte die Klägerin jedenfalls 6.500 m³ ohne weitere Beprobung ausheben und zwischenlagern können; die Klägerin habe jedoch nur ca. 2.300 m³ ausgehoben, die Arbeiten dann eingestellt und den Vertrag fristlos gekündigt.
- 76
Das Landgericht habe verkannt, dass die vertraglichen Verpflichtungen der Klägerin nur partiell die Entsorgung umfasst hätten, da nur der Boden der Position 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses von der Klägerin zu entsorgen gewesen sei, während der tatsächlich belastete Boden unterhalb der Auffüllungen lediglich habe ausgehoben und auf Mieten zwischengelagert werden sollen.
- 77
Der Sachverständige habe auch bestätigt, dass die in der Ausschreibung vorgesehene Ausführungsart nach abfallrechtlichen Bestimmungen zulässig gewesen sei. Daher sei die Leistung für die Klägerin durchführbar gewesen, allenfalls hätte der Klägerin dann ein Zusatzvergütungsanspruch aufgrund einer notwendigen Zwischenlagerung zugestanden.
- 78
Die Parteien hätten zunächst auch entsprechend dem ausgeschriebenen Konzept gearbeitet, nämlich Aushub durch die Klägerin mit Bodenproben durch die Nebenintervenientin zu 2., ohne dass die Klägerin Bedenken angemeldet habe. Die Klägerin habe dann - unzulässigerweise - den Aushub nicht entsorgt, sondern an der Rampe 5 abgekippt. Nachdem dies untersagt worden sei, hätten der Klägerin offenbar nicht einkalkulierte Transport- und Entsorgungskosten gedroht sowie der Wegfall der für den Einbau des Materials an der Rampe 5 kalkulierten Vergütung; erst dann habe die Klägerin zusätzliche LAGA-Analysen gefordert. Diese Forderung sei unberechtigt gewesen, denn die Aushubmaßnahmen hätten fortgesetzt und die Erdmassen bis zur endgültigen Vorlage der LAGA-Analysen zwischengelagert werden können. Die Beklagte habe der Klägerin auch eine ca. 30 km entfernte Zwischenlagerungsmöglichkeit bei der Firma ...[D] ohne Notwendigkeit zusätzlicher LAGA-Anlaysen genannt. Auch auf der Airbase habe sich unmittelbar bei dem Baufeld eine Lagerfläche befunden, die für eine Zwischenlagerung des Aushubs für sieben Tage ausgereicht hätte und von der Klägerin temporär hätte genutzt werden können.
- 79
Das Landgericht habe ohne Grundlage eine Organisationspflicht der Beklagten angenommen, nur "ausreichend" nach LAGA-Bestimmungen getesteten Erdaushub lagern, behandeln, transportieren bzw. beseitigen/verwerten zu lassen. Dem Urteil könne auch nicht entnommen werden, durch welche konkrete Handlung die Beklagte gegen eine Koordinierungspflicht verstoßen habe.
- 80
Die Nebenintervenientin zu 1. macht darüber hinaus geltend,
- 81
dass Vertragsbestandteil der Klägerin auch das Musterblatt EVM ERG Abf (Abfall) (Bl. 573 d. A.) gewesen sei, wonach die Klägerin als Auftragnehmerin Abfallerzeuger geworden sei und die für eine Verwertung der Abfälle erforderlichen Nachweise zu erbringen gehabt habe. Damit sei eindeutig und ausschließlich die Klägerin für die LAGA-Analysen zuständig gewesen. Dies ergebe sich auch aus der Leistungsbeschreibung in C.0.1.10 und C.0.1.18. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, eine eigene Leistungsposition im Leistungsverzeichnis für die Erstellung von LAGA-Analysen aufzunehmen. Das vertragliche Leistungssoll der Klägerin habe alle Leistungshandlungen, die für das Lösen, Laden, Abtransportieren und Entsorgen des Aushubs zusammenhängen, umfasst. Die Klägerin hätte schon während der Ausschreibung darauf hinweisen müssen, wenn sie die in dem geotechnischen Bericht der Nebenintervenientin zu 2. ausgewiesenen LAGA-Analysen nicht für zureichend gehalten habe. Die Beklagte hätte im Übrigen einseitig nach § 1 Abs. 3 und Abs. 4 VOB/B die LAGA-Analysen anordnen können und die Klägerin hätte dem dann nachkommen müssen und allenfalls anschließend sich um eine eventuelle Mehrvergütung kümmern dürfen.
- 82
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. beantragen,
- 83
das Urteil des Landgerichts abzuändern und
- 84
1. die Klage abzuweisen,
- 85
2. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 297.423,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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3. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten alle über die in Ziffer 2 des Widerklageantrags hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die durch die Kündigung vom 18. März 2005 entstanden sind,
- 87
hilfsweise die Revision zuzulassen,
- 88
hilfsweise das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
- 89
Die Klägerin beantragt,
- 90
die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. zurückzuweisen.
- 91
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 22. März 2012 Zwischenfeststellungsklage erhoben und beantragt nunmehr weiter,
- 92
festzustellen, dass die Kündigung vom 18. März 2005 der Klägerin, betreffend das Bauvorhaben "Sanierung der Oberflächenentwässerung; Regenrückhaltebecken II, Projekt-Nummer 30974389", Bauvertrag vom 25. Mai 2004 aus Rechtsgründen begründet und berechtigt war,
- 93
hilfsweise festzustellen, dass die Kündigung des vorgenannten Bauvertrags aus Rechtsgründen gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B wirksam war.
- 94
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. beantragen hierzu,
- 95
die Anträge der Klägerin abzuweisen.
- 96
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Ergänzend macht sie geltend, die Beklagte habe trotz Aufforderung der Klägerin mit Fristsetzung zum 16. November 2004 kein entsprechendes Zwischenlager bereit gestellt und auch kein Zwischenlager bei der Firma ...[D] oder auf einem Baufeld der Airbase zugewiesen. Es sei auch keine konkrete Anordnung zur Zwischenlagerung erfolgt.
- 97
Die Beklagte sei wegen der Regelung des § 4 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B verpflichtet gewesen, die wasserrechtliche Genehmigung zur Vertragsgrundlage zu erklären und deren Inhalt auch in tatsächlicher Hinsicht umzusetzen. Da eine gesonderte Beprobung des Bodens bei der Rampe 5 erfolgt sei, habe kein Anlass zur Forderung zusätzlicher LAGA-Analysen bestanden, solange der Erdaushub bei Rampe5 habe abgeladen werden können.
- 98
Es sei zu keinem Zeitpunkt von der Beklagten angeordnet worden, dass die Klägerin vergütungspflichtig LAGA-Analysen als Zusatzleistung vorzunehmen habe.
- 99
Das Formblatt EVM ERG Abf (Abfall) sei ausschließlich Gegenstand des Vergabeverfahrens nach VOB/A, jedoch keine bindende vertragsrechtliche Regelung nach VOB/B. Es betreffe im Übrigen nur die Verwertung und die Beseitigung von als Abfall anzusehendem Material, greife somit erst ein, nachdem die richtige Art der Verwertung und Beseitigung durch vorab vorzunehmende LAGA-Analysen bestimmt worden sei.
- 100
Die von ihr nunmehr erhobene Zwischenfeststellungsklage sei zulässig, auch im Hinblick darauf, dass nicht ausgeschlossen sei, dass der Klägerin weitere Forderungen gegen die Beklagte zustünden, die nicht Gegenstand des Klageverfahrens in der Hauptsache seien.
- 101
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. rügen die Unzulässigkeit der erhobenen Zwischenfeststellungsklage im Berufungsrechtszug und im Hinblick auf die vollständige Erschöpfung des Sach- und Streitstandes durch das Urteil in der Hauptsache.
- 102
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 1195 - 1217 d. A.) sowie die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 103
Die zulässigen Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. haben teilweise einen zumindest vorläufigen Erfolg, sind im Übrigen jedoch unbegründet.
- 104
1. Die Berufungen haben einen zumindest vorläufigen Erfolg, soweit sie sich gegen das Grundurteil des Landgerichts wenden. Dieses ist unzulässig und deshalb auf die Hilfsanträge der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO aufzuheben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
- 105
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, der Klägerin stehe unstreitig noch ein Restwerklohnanspruch in Höhe von zumindest 15.291,15 € zu. Außerdem stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch (§ 6 Nr. 6 VOB/B) aufgrund der von der Beklagten verschuldeten vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages dem Grunde nach zu, der nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] zumindest bis zu 49.969,54 € wegen Umsatzausfällen sowie bis zu 226.619,50 € wegen entgangenen Gewinns nachvollziehbar sei. Insoweit könne der Klage durch ein Grundurteil stattgegeben werden.
- 106
Das Landgericht hat sodann Ausführungen zur Berechtigung der Klägerin, den Werkvertrag wegen unterlassener Mitwirkung der Beklagten gemäß § 9 Nr. 1 a VOB/B sowie aus "sonstigem wichtigem Grund" gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B/§ 314 Abs. 1 BGB zu kündigen, gemacht und mehrere Pflichtverletzungen der Beklagten festgestellt.
- 107
Das Grundurteil des Landgerichts ist indes unzulässig und daher aufzuheben. Denn der Erlass eines Grundurteils ist nur zulässig, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind (BGH BauR 2007, 429 m. w. N.). Dies ist nach den bisher getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht der Fall.
- 108
Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH a. a. O.). Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung jedoch nicht alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt. Denn hinsichtlich eines Gesamtanspruchs, der sich aus mehreren Einzelpositionen zusammensetzt, kann ein Grundurteil nur ergehen, wenn der geltend gemachte Gesamtanspruch auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht und das Gericht diesen festgestellt hat (BGH a. a. O.).
- 109
Ein einheitlicher Grund in diesem Sinne kann gegeben sein, wenn sich die einzelnen in eine Gesamtforderung eingestellten Rechnungspositionen auf dieselben Anspruchsvoraussetzungen gründen lassen, deren Vorliegen sich aus demselben Lebenssachverhalt ergibt, und sie daher lediglich Einzelposten eines einheitlichen Schuldverhältnisses sind (BGH a. a. O. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
- 110
Entscheidend ist insoweit, ob die für die Rechtfertigung der geltend gemachten Einzelpositionen bereits dem Grunde nach zu erfüllenden Anspruchsvoraussetzungen identisch sind und auf demselben Sachverhalt beruhen. Das kann bei Rechnungspositionen, die auf Nachtragsforderungen, gestützt etwa auf § 2 Nr. 5, Nr. 6 VOB/B, oder auf Behinderungsschaden im Sinne des § 6 Nr. 6 VOB/B gegründet sind, nicht bejaht werden (BGH a. a. O.).
- 111
Nach der Klagebegründung begehrt die Klägerin neben einem Restvergütungsanspruch, gestützt auch auf Nachträge, auch Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns sowie Ersatz der Kosten aus Behinderungen, Baustillstand durch Behinderungen und nicht erwirtschaftete umzulegende Leistungen (vgl. Bl. 114 d. A.). Mit ihrer Schlussrechnung macht die Klägerin Vergütungsansprüche für erbrachte Leistungen, Aufwendungsersatz gemäß § 9 Nr. 3 VOB/B/§ 642 BGB sowie Ansprüche auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung gemäß § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B (vgl. Positionen 99.2.60 bis 99.2.90) und Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B geltend.
- 112
Bei einer derartigen Sachlage darf ein Grundurteil nur erlassen werden, wenn das Gericht für jeden dieser verschiedenen Ansprüche nach der für diesen festzustellenden Tatsachengrundlage in Anwendung der maßgeblichen Klauseln der VOB/B einen Anspruch dem Grunde nach bejaht und für wahrscheinlich erachtet, dass er in irgendeiner Höhe besteht (BGH a. a. O.).
- 113
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung lediglich einen Restvergütungsanspruch als unstreitig dem Grunde nach geprüft und zuerkannt sowie einen Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B, hingegen zu den weiter geltend gemachten Ansprüchen und den Anspruchsvoraussetzungen der verschiedenen Schadensersatzforderungen der Klägerin keine Ausführungen gemacht. So bedarf es beispielsweise für den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns auch bei festgestellter Behinderung der Arbeitsausführung durch von der Beklagten zu vertretende Umstände als weitere Anspruchsvoraussetzung gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit der Beklagten. Zu dieser zum Grund des Anspruchs zählenden Prüfung fehlen Feststellungen des Landgerichts ebenso wie zu den Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B.
- 114
Das Grundurteil des Landgerichts ist daher aufzuheben.
- 115
2. Dies führt indes nicht zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Verhandlung und Entscheidung über die gesamte Klageforderung, da entsprechend dem Antrag der Klägerin durch Zwischenfeststellungsurteil die entscheidungserhebliche Vorfrage der Beendigung des Werkvertrages der Parteien durch die Kündigung der Klägerin vom 18. März 2005 festgestellt und damit zugleich die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen aufgrund des landgerichtlichen Teilurteils über die Abweisung der Widerklage beseitigt werden kann.
- 116
Die besonderen Prozessvoraussetzungen einer Zwischenfeststellungsklage sind vorliegend gegeben, die von der Klägerin erhobene Zwischenfeststellungsklage ist damit zulässig.
- 117
Gegenstand der vorliegenden Zwischenfeststellungsklage, der gemäß § 256 Abs. 2 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein kann, sind die aus der erfolgten Kündigung entstandenen Rechtsbeziehungen der Parteien. Die Klägerin hat insoweit beantragt festzustellen, dass ihre Kündigung vom 18. März 2005 begründet und berechtigt gewesen sei. Dieser Antrag ist dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin die wirksame Beendigung des mit der Beklagten geschlossenen Bauvertrages durch ihre Kündigung vom 18. März 2005 - und damit das Nichtbestehen bzw. die Umgestaltung eines Rechtsverhältnisses - festgestellt haben will.
- 118
Dieses zu klärende Rechtsverhältnis ist auch für die Entscheidung der Hauptsache präjudiziell, da sowohl die Begründetheit der Klageforderung als auch - inzidenter - die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche davon abhängen. Wäre die Kündigung der Klägerin nicht berechtigt und damit unwirksam gewesen, stünden ihr die verschiedenen Schadensersatzansprüche nicht zu und die auf die Unbegründetheit der klägerischen Kündigung gestützten Schadensersatzansprüche, die von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemacht werden, wären grundsätzlich berechtigt.
- 119
Die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage ist darüber hinaus nur zulässig, wenn die zu klärenden Rechtsbeziehungen nicht bereits durch die Entscheidung in der Hauptsache erschöpfend geregelt werden. Es genügt allerdings grundsätzlich schon die bloße Möglichkeit, dass das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung hat oder gewinnen kann (BGH BauR 2011, 1324 mit weiteren Nachweisen). Hier verfolgt die Klägerin mehrere Ansprüche aus demselben Rechtsverhältnis. Die Entscheidung über die Berechtigung der wegen der fehlenden Mitwirkung der Beklagten und Behinderung der Klägerin durch die Beklagte geltend gemachten Schadensersatz- und Restvergütungsansprüche der Klägerin schließt nicht aus, dass der Klägerin noch andere (Schadensersatz-)Forderungen gegen die Beklagte aus dem Werkvertrag über die Erdarbeiten an dem Regenrückhaltebecken zustehen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens in der Hauptsache sind. Insoweit käme es dann auf die Wirksamkeit der Kündigung der Klägerin vom 18. März 2005 an, worüber in der Hauptsache nicht rechtskräftig entschieden wird. Zudem begründet nach Auffassung des Senats auch der Umstand, dass mit der Zwischenfeststellung auch innerprozessual eine abschließende Vorfragenklärung für die umfangreiche, abgestufte - auch innerhalb der Tatsacheninstanz und zumal als Weichenstellung für erheblichen Beweiserhebungsaufwand - Abwicklung des Gesamtstreitwerts verbunden ist, die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage.
- 120
Der Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass diese erst in der Berufungsinstanz erhoben wurde (BGH NJW-RR 2012, 849). Auch musste die Zwischenfeststellungsklage nicht innerhalb der Berufungserwiderungsfrist mittels einer Anschlussberufung erhoben werden. Zwar muss als Zulässigkeitsvoraussetzung das Urteilsverfahren über die Hauptklage zwischen den gleichen Parteien in einer Tatsacheninstanz noch hinsichtlich des Anspruchsgrundes anhängig sein, so dass nach einer Vorabentscheidung über den Grund eine Zwischenfeststellungsklage im Betragsverfahren grundsätzlich nicht mehr zulässig ist (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 256 Rdnr. 22 mit weiteren Nachweisen), es sei denn, dass es insoweit nur um eine für das Betragsverfahren erhebliche Vorfrage geht. Vorliegend ist die Hauptklage noch in einer Tatsacheninstanz hinsichtlich des Anspruchsgrundes anhängig. Die Notwendigkeit einer Anschlussberufung zur Erhebung der Zwischenfeststellungsklage im Berufungsrechtszug ergibt sich jedenfalls dann nicht, wenn die Zwischenfeststellungsklage - wie hier - offensichtlich hilfsweise für den Fall des Erfolgs oder des Teilerfolgs der Berufung, nämlich hier der Aufhebung des Grundurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits, erhoben wird. Denn dann handelt es sich bei dem Zwischenfeststellungsantrag um einen Hilfsantrag, für dessen Erhebung es der Einlegung einer Anschlussberufung nicht bedarf, da es sich um ein Minus gegenüber dem Hauptantrag handelt.
- 121
Die Zwischenfeststellungsklage ist auch begründet. Die Klägerin hat den Bauvertrag mit der Beklagten wirksam gekündigt, da die Beklagte zu Unrecht der Forderung der Klägerin nach einer LAGA-Analyse je 500 m³ Erdaushub nicht nachgekommen ist und die Klägerin deshalb gemäß § 9 Nr. 1 a VOB/B zur Kündigung des Vertrages berechtigt war.
- 122
Nach § 9 Nr. 1 a VOB/B (in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 2002, welche für das Vertragsverhältnis der Parteien Anwendung findet) kann der Auftragnehmer den Vertrag kündigen, wenn der Auftraggeber eine ihm obliegende Handlung unterlässt und dadurch den Auftragnehmer außerstande setzt, die Leistung auszuführen. Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Beklagte verpflichtet war, die von der Klägerin geforderten (zusätzlichen) LAGA-Analysen von einer Probe je 500 m³ Erdaushub auf Kosten der Beklagten durchzuführen. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils und schließt sich diesen vollumfänglich an. Auch das Vorbringen der Berufungsbegründungen gibt zu einer anderen Würdigung keine Veranlassung.
- 123
Die Beklagte rügt ohne Erfolg, das Landgericht habe in verfehlter Weise etwaig bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zwischen der Genehmigung erteilenden Behörde und der Beklagten als Genehmigungsadressatin auf das Vertragsverhältnis der Parteien übertragen. Ob die Beklagte ein "Organisationsverschulden" trifft wegen eines fehlenden Rückbaukonzepts und ob ein solches überhaupt kausale Auswirkungen auf die Vertragsleistung der Klägerin gehabt hätte, kann aber vorliegend dahinstehen.
- 124
Maßgeblich ist nämlich, dass die Klägerin zu Recht eine intensivere Beprobung des Bodenaushubs von der Beklagten auf deren Kosten verlangt hat, was von der Beklagten verweigert wurde, und die Beklagte auch kein Zwischenlager benannt hat, auf das alternativ der Erdaushub hätte zunächst verbracht werden können.
- 125
Die Berufung der Beklagten macht ohne Erfolg geltend, das Landgericht habe nicht ausreichend begründet, warum die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet gewesen sei, ausreichende LAGA-Analysen einzuplanen. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Beklagte als Bauherrin verpflichtet war, der Klägerin kein Verhalten bei der Arbeitsausführung abzuverlangen, das diese der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit ausgesetzt hätte. Da jedoch der Transport unbeprobten oder nur unzureichend beprobten Erdaushubs genau diese Gefahr begründet hätte, war die Beklagte aufgrund des Bauvertrages mit der Klägerin verpflichtet, entweder den Erdaushub vor dem Transport ausreichend analysieren zu lassen oder der Klägerin ein ausreichendes Zwischenlager zuzuweisen.
- 126
Die Verpflichtung, Inhalte einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung zum Vertragsinhalt zu machen, ergibt sich zum einen aus § 4 Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 4 VOB/B, wonach der Auftraggeber die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse - zum Beispiel nach dem Wasserrecht - herbeizuführen hat und der Auftragnehmer die Anordnungen des Auftraggebers auf Verlangen auszuführen hat, wenn nicht gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegen stehen. Daraus lässt sich ersehen, dass der Auftraggeber von dem Auftragnehmer nichts verlangen darf, was für diesen zu einem Verstoß gegen Gesetze oder behördliche Bestimmungen führen würde. Auf diese Weise sind auch die Inhalte einer dem Auftraggeber erteilten öffentlich-rechtlichen Genehmigung für die Vertragsparteien relevant und deshalb von dem Auftraggeber jedenfalls vor Vertragsschluss offen zu legen, damit der Auftragnehmer sich darauf einstellen kann. Ebenso lässt sich diese Verpflichtung des Auftraggebers als Nebenpflicht aus dem Werkvertrag herleiten.
- 127
Zu Recht verweist die Beklagte deshalb darauf, dass es im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich darauf ankommt, ob die Beklagte bei der Ausschreibung und/oder im Folgenden bei der konkreten Ausführung der Arbeiten gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen hat. Dies hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, angenommen.
- 128
Hiergegen erinnert die Berufung der Beklagten ohne Erfolg, dass die in der Ausschreibung vorgesehene Ausführungsart für die Klägerin durchführbar gewesen sei, ohne dass sie dabei gegen abfallrechtliche Bestimmungen verstoßen hätte, da nach den Angaben des Sachverständigen Dr. ...[F] es vom Ablauf her auch möglich gewesen sei, die Proben baubegleitend beim Aushub zu entnehmen und das Erdreich eine Woche auf Zwischenmieten einzulagern. Zutreffend ist, dass der Sachverständige Dr. ...[F] diese Alternative als ebenso mögliche und ausreichende Art der Beprobung dargestellt hat (Bl. 1013 d. A.). Jedoch hat der Sachverständige hierzu weiter angegeben, dass diese Verfahrensweise aus den Ausschreibungsunterlagen nicht zu erkennen gewesen sei (Bl. 1015 - 1016 d. A.) und es sich dabei um eine Störung im Bauablauf handele, weil der Erdaushub zweifach bewegt werden müsse. Daraus ergibt sich nach Auffassung des Senats eine Pflicht der Beklagten, die Bieter/Klägerin noch vor der Abgabe ihres Angebots auf diese Verfahrensweise hinzuweisen, damit das Angebot entsprechend preislich kalkuliert werden kann.
- 129
Die Beklagte vermag auch nicht darauf zu verweisen, dass die Klägerin auch bei Fehlen eines Hinweises auf eine notwendige Zwischenlagerung des Aushubs in der Ausschreibung diese Verfahrensweise hätte durchführen können und müssen und ihr möglicherweise dann nur ein Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung zugestanden hätte. Zutreffend ist, dass der Klägerin ein Mehrvergütungsanspruch zugestanden hätte, indes fehlte es an einer verbindlichen Anordnung dieser Verfahrensweise durch die Beklagte ebenso wie an der verbindlichen Zuweisung eines geeigneten Zwischenlagers. Allein der Umstand, dass auf dem Gebiet der ...[A] Lagerflächen zur Verfügung gestanden haben sollen, ist insoweit nicht ausreichend. Vielmehr hätte es einer konkreten Anordnung der Beklagten bedurft, auf welchen konkreten Flächen die Klägerin den Erdaushub hätte zwischenlagern sollen. Die Lagerflächen auf der Airbase waren nämlich nicht für den hier vertragsgegenständlichen Aushub vorgesehen, sondern für die Lagerung von Sanden, weshalb es einer ausdrücklichen Anordnung der Beklagten zur Nutzung dieser Lagerflächen als Zwischenlager für den Erdaushub bedurft hätte. Aus dem von der Beklagten vorgelegten Protokoll der Baustellenbesprechung vom 15. September 2004 (Bl. 1332 - 1333 d. A.) ergibt sich nur die allgemeine Information über die vorhandenen plangemäßen Lagerflächen auf dem Airbasegelände, nicht jedoch eine Anweisung an die Klägerin, entgegen der ursprünglichen Planung dort den Erdaushub statt der Sande zwischenzulagern.
- 130
Ebenso ist nicht maßgeblich, dass angeblich bei der Firma ...[D] Zwischenlagerflächen zur Verfügung gestanden haben sollen, da dieses Gelände außerhalb der Baustelle lag und somit ein Transport dorthin über öffentliche Straßen erforderlich gewesen wäre, der wiederum eine vorherige ausreichende Beprobung des Aushubmaterials vorausgesetzt hätte.
- 131
Unbehelflich ist auch der Hinweis der Beklagten, dass die Parteien das von der Beklagten ausgeschriebene Konzept von Baubeginn an durchgeführt hätten, ohne dass von der Klägerin zusätzliche LAGA-Analysen gefordert worden seien, und die Klägerin diese Forderung erst erhoben habe, nachdem sie den Boden nicht bei der Rampe 5 habe einbauen können. Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entnehmen, dass die Forderung der Klägerin nach ausreichenden LAGA-Analysen ein vorgeschobener Kündigungsgrund sei, um eine Fehlkalkulation zu verdecken, die sich dadurch ergeben habe, dass der Erdaushub nicht bei Rampe 5 habe eingebaut werden können.
- 132
Vielmehr kann ebenso Auslöser der Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen gewesen sein, dass die Klägerin - wie sie in ihrer Berufungserwiderung geltend macht - zunächst wegen der bei Rampe 5 durchgeführten Beprobung des dort einzubauenden Materials keine Veranlassung zu weiteren LAGA-Analysen gesehen habe, da ihr Erdaushub ja bei Rampe 5 entsprechend analysiert worden sei. Somit habe sich erst, nachdem dort der Einbau verweigert worden und somit die dortige Analysierung entfallen sei, die Notwendigkeit des Transports des Aushubs über öffentliche Straßen und damit das Erfordernis vorheriger Beprobung und Einordnung in LAGA-Klassen ergeben, weshalb die Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen auch erst dann erhoben worden sei. Dieser Geschehensablauf erscheint ebenso plausibel wie der von der Beklagten dargestellte. Der Senat vermag auch unter Heranziehung der Gesamtumstände nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Klägerin nur wegen einer Fehlkalkulation die Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen aufgestellt und dann wegen Behinderung durch die Beklagte sowie aus sonstigem wichtigem Grund gekündigt hätte.
- 133
Die Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen stellt entgegen der Auffassung der Beklagten auch keinen Verstoß gegen das Kooperationsgebot dar. Zwar hätte es nicht zwingend der vorherigen Durchführung von LAGA-Analysen bedurft, wenn die Erdmassen zwischengelagert worden wären. Die Beklagte hat jedoch, wie ausgeführt, der Klägerin kein geeignetes Zwischenlager zugewiesen. Die Forderung nach LAGA-Analysen in ausreichender Zahl für den wegen des Fehlens einer geeigneten Zwischenlagerstätte notwendigen Transport des Erdaushubs stellt daher kein vertragswidriges Verhalten der Klägerin dar.
- 134
Die Beklagte verweist auch zu Unrecht darauf, dass die Klägerin lediglich den Aushub der Position 1.2.120 zu entsorgen hatte und sich im Übrigen mit der Entsorgung des unterhalb der Auffüllungen ausgehobenen und kontaminierten Materials nicht zu befassen gehabt habe. Das Leistungsverzeichnis sieht in Position 1.2.120 die Entsorgung von Aushub bis zur Klasse Z 1.1 vor, über die Position 1.2.125 die Entsorgung von Boden der LAGA-Klassen Z 1.1 bis Z 2, des Weiteren über die Positionen 1.2.150, 1.2.155 und 1.2.160 die Entsorgung von Boden, humosen Schichten und Tonen. Nach der Beschreibung in der Position 1.2.145 des Leistungsverzeichnisses handelte es sich bei dem Boden unterhalb der Auffüllungen um gewachsenen Boden, der nach der Definition der LAGA immer als Z 0 einzustufen ist. Eine ersichtliche Kontaminierung des Bodens unterhalb der Auffüllungen ist daher nicht nachvollziehbar.
- 135
Die Beklagte macht ohne Erfolg geltend, sie habe keine LAGA-Analysen auf die Klägerin abwälzen wollen, vielmehr seien ja von der Nebenintervenientin zu 2. die notwendigen LAGA-Analysen auf Kosten der Beklagten durchgeführt worden. Zwar hat die Beklagte die Nebenintervenientin zu 2. mit der Durchführung der LAGA-Analysen auf Kosten der Beklagten beauftragt, indes war die Anzahl der von der Nebenintervenientin zu 2. entnommenen Proben nicht ausreichend. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Die von der Klägerin - zu Recht - geforderten zusätzlichen Analysen hat die Beklagte jedoch unstreitig als nicht notwendig verweigert, weshalb für die Beklagte nach ihrem Berufungsvortrag "auch insoweit die Kostentragung diesbezüglich nicht in Rede stand". Da die Beklagte somit die erforderlichen Analysen nicht auf eigene Kosten durchführen lassen wollte, hat sie gegen ihre Mitwirkungspflicht verstoßen, weshalb die Klägerin den Werkvertrag zu Recht vorzeitig gekündigt hat.
- 136
Die fristlose Kündigung der Klägerin ist auch nicht deshalb unberechtigt, wie die Beklagte meint, weil nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] die Klägerin ohne Notwendigkeit einer weiteren Beprobung sogar 6.500 m³ Erdmaterial hätte ausheben können statt der nur tatsächlich ausgehobenen 2.300 m³. Denn der Sachverständige Dr. ...[F] hat hierzu auch erklärt (Bl. 1114 - 1115 d. A.), dass die vorvertraglich von der Nebenintervenientin zu 2. geschaffenen 19 Probenahmestellen zwar der Klägerin theoretisch ermöglicht hätten, an jeder dieser Stellen mit den Aushubarbeiten zu beginnen und so insgesamt 6.500 m³ auszuheben und zwischenzulagern, dies aber ungewöhnlich gewesen wäre. Zudem wäre die Klägerin zu einer derartigen Arbeitsweise, die offensichtlich zeitliche Verzögerungen mit sich bringt und aus der Ausschreibung nicht zu ersehen war, nur bei einer entsprechenden Anordnung der Beklagten - die nicht erfolgte - und nur gegen Erstattung der entstehenden Mehrkosten verpflichtet gewesen.
- 137
Die Beklagte verweist im Übrigen ohne Erfolg darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. Dezember 2011 - VII ZR 67/11 - = NJW 2012, 518) das Risiko der fehlenden genauen LAGA-Zuordnung dem Auftragnehmer zuzuweisen sei und die Klägerin deshalb die Kosten für die Einholung weiterer Analysen als den mit der Ausschreibung vorgegebenen hätte einkalkulieren müssen, somit die weitere Leistungserbringung nicht hätte von der Übergabe weiterer LAGA-Analysen abhängig machen dürfen.
- 138
Der Bundesgerichtshof hatte in der herangezogenen Entscheidung einen Sachverhalt zu beurteilen, in dem in den Ausschreibungsunterlagen keine Angaben zu der Einordnung des Bodens in die verschiedenen LAGA-Zuordnungswerte gemacht wurden und ein regelmäßig belasteter Boden vorausgesetzt wurde. Für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof sodann ausgeführt, dass sich die Auftragnehmerin an diesem Aussagewert des Vertrags festhalten lassen müsse, auch wenn sie insoweit ein Risiko eingegangen sei.
- 139
Im vorliegenden Rechtsstreit hingegen hatte die Beklagte Angaben zu den verschiedenen LAGA-Zuordnungswerten des auszuhebenden Materials in der Ausschreibung gemacht (vgl. Leistungsverzeichnis, Anlageband I, Bl. 30); die Klägerin hat sich darauf eingestellt und entsprechend kalkuliert.
- 140
Der Fall, dass während der Arbeitsausführung überraschend eine Kontaminierung des zur Weiterverwendung vorgesehenen Aushubs festgestellt worden wäre und deshalb eine Mehrvergütung zu zahlen sei, liegt im hiesigen Streitfall gerade nicht vor. Vielmehr handelt es sich vorliegend um die Frage, ob die Beklagte gehalten war, die gerade für die Einordnung des Aushubmaterials in die verschiedenen zu erwartenden LAGA-Klassen erforderlichen Analysen auf eigene Kosten durchzuführen oder auf die Kostentragung durch den Auftragnehmer hinzuweisen, alternativ in der Ausschreibung auf die Notwendigkeit einer Zwischenlagerung des Aushubs hinzuweisen. Zu dieser Problematik lässt sich der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedoch nichts entnehmen.
- 141
Vielmehr weist der Bundesgerichtshof dort darauf hin, dass durch die vereinbarten Preise alle Leistungen abgegolten werden, die nach der Leistungsbeschreibung, den verschiedenen Vertragsbedingungen und der gewerblichen Verkehrssitte zu den vertraglichen Leistungen gehören, § 2 Nr. 1 VOB/B. Bei einer öffentlichen Ausschreibung komme dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung vergleichsweise große Bedeutung zu; bei Ausschreibungen nach VOB/A sei für die Frage, wie dieser Wortlaut zu verstehen sei, der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter maßgeblich (BGH a. a. O.).
- 142
Die Auslegung habe zu berücksichtigen, dass der Bieter grundsätzlich eine mit den Ausschreibungsgrundsätzen der öffentlichen Hand konforme Ausschreibung erwarten dürfe. Deshalb dürfe der Bieter die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung nach der VOB/A im Zweifelsfall so verstehen, dass der Auftraggeber den Anforderungen der VOB/A an die Ausschreibung entsprechen wolle. Nach diesen Anforderungen sei die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung in gleichem Sinne verstehen müssten und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen könnten. Dem Auftragnehmer dürfe kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss habe und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen könne. Die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, zum Beispiel Boden- und Wasserverhältnisse, seien so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen könne.
- 143
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze des Bundesgerichtshofs ergibt sich vorliegend gerade, dass nach den Ausschreibungsunterlagen die Klägerin Boden verschiedener LAGA-Klassen zu erwarten hatte und sich dementsprechend auf die Entsorgung einstellen musste. Allerdings war den Ausschreibungsunterlagen, wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausführlich dargelegt hat, nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] nicht zu entnehmen, dass die nach den LAGA-Richtlinien erforderlichen Analysen nicht durch die Beklagte durchgeführt würden, sondern von dem Auftragnehmer selbst auf eigene Kosten einzuholen seien. Da es sich bei diesen Kosten jedoch um einen erheblichen, den Angebotspreis maßgeblich beeinflussenden Faktor handelt - wie bereits von dem Landgericht zutreffend dargelegt -, durfte die Klägerin die Ausschreibung nach den oben dargestellten Grundsätzen gerade so verstehen, dass diese Kosten jedenfalls nicht von dem Auftragnehmer zu tragen seien. Dem entspricht auch, dass die Beklagte unstreitig eine gewisse - allerdings nicht ausreichende - Anzahl LAGA-Analysen auf ihre Kosten durch die Nebenintervenientin zu 2. sowohl vor als auch während der Arbeitsausführung durchführen ließ. Damit bestand von dem Empfängerhorizont des Bieters aus keine Veranlassung, von einer Kostentragungspflicht des Auftragnehmers für die Durchführung der übrigen erforderlichen LAGA-Analysen auszugehen.
- 144
Auch die Nebenintervenientin zu 1. verweist mit ihrer Berufung erfolglos darauf, dass die Klägerin mit ihrem Angebot auch das Formblatt EVM ERG Abf (Abfall) als Vertragsbestandteil angekreuzt habe. Die Klägerin habe deshalb nach der dortigen Nr. 2.2 anstelle der Beklagten als Auftraggeberin die Pflichten zur Verwertung und Beseitigung der Abfälle unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen, insbesondere abfallrechtlichen Bestimmungen sowie des Standes der Technik übernommen und die von der Auftraggeberin zu erbringenden Nachweise zu führen gehabt. Entgegen der Auffassung der Nebenintervenientin zu 1. lässt sich daraus nicht die Verpflichtung der Klägerin zur Durchführung der LAGA-Analysen auf eigene Kosten herleiten. Der Sachverständige Dr. ...[F] hat gerade auf diesen erstinstanzlichen Vortrag der Nebenintervenientin zu 1. hin ausgeführt (Bl. 773 - 774 d. A.), dass in dem Leistungsverzeichnis kein Hinweis auf eine Kostenübernahme der LAGA-Analysen durch den Bieter enthalten sei und es somit eine Rechtsfrage sei, ob dieses Formblatt dem Leistungsverzeichnis vorgehe. Das Landgericht hat dazu ausgeführt, dass unklare Formulierungen zu Lasten der Beklagten gehen. Dem schließt sich der Senat vollumfänglich an. Somit kann aufgrund der widersprüchlichen Vorgaben in den gesamten Ausschreibungsunterlagen keine vertragliche Leistungsbeschreibung des Inhalts, dass der Auftragnehmer die LAGA-Analysen durchzuführen und zu bezahlen habe, angenommen werden. Eine solche Leistungsbeschreibung wollte die Beklagte nach ihrem ausdrücklichen Vortrag im Übrigen selbst nicht vornehmen, da sie nach ihrer Auffassung selbst zur Durchführung der notwendigen LAGA-Analysen verpflichtet war und lediglich Streit mit der Klägerin über die erforderliche Anzahl der Analysen entstand. Soweit somit der Vortrag der Nebenintervenientin zu 1. dem Vortrag der Beklagten als der von ihr unterstützten Hauptpartei widerspricht, ist er zudem ohnehin unbeachtlich (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, a. a. O., § 67 Rdnr. 9 m. w. N.).
- 145
Da die Kündigung der Klägerin mithin zu Recht erfolgte, ist auf den Antrag der Klägerin die Beendigung des Bauvertrages durch diese Kündigung festzustellen.
- 146
3. Der Rechtsstreit ist deshalb nach der Aufhebung des Grundurteils nur im Übrigen zurückzuverweisen, da über den Grund der Klageansprüche nochmals zu befinden ist und der Streit über den Betrag der Ansprüche nicht zur Entscheidung reif ist, § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO. Da insoweit eine umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen ist, sieht der Senat von einer eigenen Sachentscheidung, die über die Zwischenfeststellungsklage hinausgeht, ab.
- 147
4. Die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. gegen das die Widerklage der Beklagten abweisende Teilurteil sind unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
- 148
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, dass wegen der berechtigten Kündigung des Bauvertrages durch die Klägerin der Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen dieser Kündigung zusteht und die Beklagte deshalb auch nicht die Feststellung einer Ersatzpflicht der Klägerin für einen weitergehenden Kündigungsfolgeschaden verlangen kann. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen des Landgerichts vollumfänglich an.
- 149
Das Teilurteil, dessen Zulässigkeit die Aufhebung des Grundurteils aufgrund des Zwischenfeststellungsurteils des Senats nicht entgegen steht (vgl. BGH NJW-RR 2012, 849), ist deshalb aufrecht zu erhalten.
- 150
5. Über die Berufungskosten kann hinsichtlich des - feststehenden - Anteils der endgültig abgewiesenen Widerklage nach § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 4, § 101 ZPO endgültig entschieden werden. Im Übrigen wird die Kostenentscheidung vom Ausgang des zurückverwiesenen Teilstreits abhängen. Sie ist deshalb insoweit dem Landgericht vorzubehalten, ebenso wie diejenige über die erstinstanzlichen Kosten.
- 151
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
- 152
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Mit der vorliegenden Entscheidung erfolgt keine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs. Grundsätzliche Bedeutung kommt keiner der in dem Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsfragen zu, insbesondere nicht im Rahmen der erfolgten Zwischenfeststellung.
- 153
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 981.513,09 € festgesetzt (Klage 654.090,02 €, Widerklage 297.423,67 € + 30.000 € = 327.423,67 €).
(1) Der Abfallerzeuger, bei Sammelentsorgung der Einsammler, hat dem Deponiebetreiber rechtzeitig vor der ersten Anlieferung die grundlegende Charakterisierung des Abfalls mit mindestens folgenden Angaben vorzulegen:
- 1.
Abfallherkunft (Abfallerzeuger oder Einsammlungsgebiet), - 2.
Abfallbeschreibung (betriebsinterne Abfallbezeichnung, Abfallschlüssel und Abfallbezeichnung nach der Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung), - 2a.
Ergebnis der Prüfung der Verwertbarkeit und Verwertungsmöglichkeiten, - 3.
Art der Vorbehandlung, soweit durchgeführt, - 4.
Aussehen, Konsistenz, Geruch und Farbe, - 5.
Masse des Abfalls als Gesamtmenge oder Menge pro Zeiteinheit, - 6.
Probenahmeprotokoll nach Anhang 4 Nummer 2, - 7.
Protokoll über die Probenvorbereitung nach Anhang 4 Nummer 3.1.1, - 8.
zugehörige Analysenberichte über die Einhaltung der Zuordnungskriterien nach Anhang 3 Nummer 2 für die jeweilige Deponie, bei vorgemischten sowie bei teilweise stabilisierten und verfestigten Abfällen unter Beachtung von § 6 Absatz 1 Satz 5, bei vollständig stabilisierten Abfällen unter Beachtung von § 6 Absatz 2, - 9.
bei gefährlichen Abfällen zusätzlich Angaben über den Gesamtgehalt ablagerungsrelevanter Inhaltsstoffe im Feststoff, soweit dies für eine Beurteilung der Ablagerbarkeit erforderlich ist, - 10.
bei gefährlichen Abfällen im Fall von Spiegeleinträgen zusätzlich die relevanten gefährlichen Eigenschaften, - 11.
bei Abfällen nach Anhang V Teil 2 der Verordnung (EU) 2019/1021 in der jeweils geltenden Fassung, bei denen die Konzentrationsgrenzen der in Anhang IV derselben Verordnung aufgelisteten Stoffe überschritten sind und die auf einer Deponie der Klasse IV abgelagert werden sollen, ein von der zuständigen Behörde genehmigter Nachweis nach Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe b Ziffer i der Verordnung (EU) 2019/1021, - 12.
Vorschlag für die Schlüsselparameter und deren Untersuchungshäufigkeit.
(2) Abfalluntersuchungen für die grundlegende Charakterisierung nach Absatz 1 sind nicht erforderlich
- 1.
bei asbesthaltigen Abfällen, - 2.
bei Abfällen, die andere gefährliche Mineralfasern enthalten, bei Abfällen nach § 6 Absatz 1a Nummer 1 und Nummer 2 sowie - 3.
bei Abfällen, über die alle notwendigen Informationen zum Auslaugverhalten und zur Zusammensetzung bekannt und gegenüber der für die Deponie zuständigen Behörde nachgewiesen sind.
(3) Der Abfallerzeuger, bei Sammelentsorgung der Einsammler, hat die Abfälle, die abgelagert werden sollen, stichprobenhaft je angefangene 1 000 Megagramm, mindestens aber jährlich, zu beproben und die Schlüsselparameter auf Einhaltung der Zuordnungskriterien des Anhangs 3 Nummer 2 für die jeweilige Deponie zu überprüfen. Bei Abfällen, die nicht regelmäßig anfallen, ist eine Untersuchung nach Satz 1 nicht erforderlich, wenn die gesamte zu deponierende Abfallmenge im Rahmen der grundlegenden Charakterisierung nach Anhang 4 beprobt und untersucht worden ist. Bei spezifischen Massenabfällen oder bei Abfällen, die eine Zustimmung der zuständigen Behörde nach § 6 Absatz 6 erfordern, kann die Häufigkeit der Beprobungen mit Zustimmung der für die Deponie zuständigen Behörde auf einmal alle drei Monate reduziert werden. Für die Probenahme gilt Anhang 4 Nummer 1 und 2. Die Probenvorbereitung ist nach Anhang 4 Nummer 3.1.1 durchzuführen. Die Überprüfung der Einhaltung der Zuordnungskriterien ist nach Anhang 3 Nummer 2, bei vorgemischten sowie bei teilweise stabilisierten und verfestigten Abfällen unter Beachtung der Voraussetzungen von § 6 Absatz 1 Satz 5, bei vollständig stabilisierten Abfällen unter Beachtung der Voraussetzungen von § 6 Absatz 2 durchzuführen und zu protokollieren. Bei Anlieferung des Abfalls sind dem Deponiebetreiber die Protokolle nach Satz 6 oder eine Erklärung der akkreditierten Untersuchungsstelle nach Anhang 4 Nummer 1 vorzulegen, dass sich Auslaugverhalten und Zusammensetzung des Abfalls gegenüber der grundlegenden Charakterisierung nicht geändert haben.
(4) Der Deponiebetreiber hat bei jeder Abfallanlieferung unverzüglich eine Annahmekontrolle durchzuführen, die mindestens umfasst:
- 1.
Prüfung, ob für den Abfall die grundlegende Charakterisierung vorliegt, - 2.
Feststellung der Masse, Kontrolle des Abfallschlüssels und der Abfallbezeichnung gemäß Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung, - 3.
Kontrolle der Unterlagen nach Absatz 3 Satz 6 auf Übereinstimmung mit den Angaben der grundlegenden Charakterisierung, - 4.
Sichtkontrolle vor und nach dem Abladen, - 5.
Kontrolle auf Aussehen, Konsistenz, Farbe und Geruch.
(5) Der Deponiebetreiber hat bei einem Abfall, der erstmalig nach Absatz 1 Satz 1 oder erneut nach Absatz 1 Satz 6 charakterisiert worden ist, bei einer Anlieferungsmenge von mehr als
- 1.
50 Megagramm bei gefährlichen Abfällen oder - 2.
500 Megagramm bei nicht gefährlichen Abfällen und Inertabfällen
(6) Wird eine Deponie am Standort eines Unternehmens direkt und ausschließlich mit Abfällen dieses Unternehmens beschickt, kann die zuständige Behörde auf Antrag des Deponiebetreibers Abweichungen von den Absätzen 4 und 5 zulassen.
(7) Wird nach Maßgabe des Absatzes 5 eine Kontrolluntersuchung durchgeführt, hat der Deponiebetreiber bei der Abfallanlieferung von dem angelieferten Abfall eine Rückstellprobe zu nehmen und mindestens einen Monat aufzubewahren.
(8) Abweichend von den Absätzen 1, 3 und 5 sind bei den in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Inertabfällen Untersuchungen für die grundlegende Charakterisierung sowie Kontrolluntersuchungen nicht erforderlich, wenn
- 1.
der Abfall von nur einer Anfallstelle stammt, - 2.
keine Anhaltspunkte bestehen, dass die Zuordnungskriterien des Anhangs 3 für die Deponieklasse 0 überschritten werden, - 3.
keine Anhaltspunkte bestehen, dass der Abfall durch Schadstoffe, für die in Anhang 3 keine Zuordnungskriterien festgelegt sind, so verunreinigt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit bei einer Ablagerung beeinträchtigt wird, und - 4.
der Abfall nicht mehr als 5 Volumenprozent an mineralischen oder inerten Fremdstoffen enthält.
Abfallschlüssel gemäß Anlage zur Abfallverzeichnis- Verordnung | Beschreibung | Einschränkungen |
---|---|---|
10 11 03 | Glasfaserabfall | Nur ohne organische Bindemittel |
15 01 07 | Verpackungen aus Glas | |
17 01 01 | Beton | Nur ausgewählte Abfälle aus Bau- und Abbruchmaßnahmen |
17 01 02 | Ziegel | Nur ausgewählte Abfälle aus Bau- und Abbruchmaßnahmen |
17 01 03 | Fliesen, Ziegel und Keramik | Nur ausgewählte Abfälle aus Bau- und Abbruchmaßnahmen |
17 01 07 | Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik | Nur ausgewählte Abfälle aus Bau- und Abbruchmaßnahmen |
17 02 02 | Glas | |
17 05 04 | Boden und Steine | Ausgenommen Oberboden und Torf sowie Boden und Steine aus Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen im Sinne von § 2 Absatz 3 des Bundes-Bodenschutzgesetzes |
19 12 05 | Glas | |
20 01 02 | Glas | Nur getrennt gesammeltes Glas |
20 02 02 | Boden und Steine | Nur Abfälle aus Gärten und Parkanlagen; ausgenommen Oberboden und Torf |
(8a) Überprüfungen nach Absatz 3 und Kontrollen nach Absatz 5, ausgenommen diejenigen nach Satz 4, sind für Abfälle nach § 6 Absatz 1a Nummer 1 und Nummer 2 nicht erforderlich. Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 bis 8 und Nummer 12 sowie von Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 ist für diese Abfälle die Einhaltung der Materialwerte der Anlage 1 der Ersatzbaustoffverordnung und gegebenenfalls die Klasse des mineralischen Ersatzbaustoffs jeweils durch die Dokumentation nach § 12 Absatz 1 Satz 1 der Ersatzbaustoffverordnung nachzuweisen. Für nicht aufbereitetes Bodenmaterial und nicht aufbereitetes Baggergut ist die Einhaltung der Materialwerte der Anlage 1 der Ersatzbaustoffverordnung und die Klasse des Bodenmaterials oder des Baggerguts durch die Dokumente nach § 17 der Ersatzbaustoffverordnung nachzuweisen.
(9) Der Deponiebetreiber hat für jede Abfallanlieferung eine Eingangsbestätigung unter Angabe der festgestellten Masse und des sechsstelligen Abfallschlüssels gemäß der Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung auszustellen. Wird die Übergabe der Abfälle mittels Begleitschein oder Übernahmeschein nach der Nachweisverordnung bestätigt, so ersetzen diese Nachweise die Eingangsbestätigung nach Satz 1. Bei Deponien der Klasse 0 und bei Monodeponien kann die zuständige Behörde auf Antrag des Betreibers davon abweichende Regelungen treffen.
(10) Der Deponiebetreiber hat die zuständige Behörde unverzüglich über angelieferte, zur Ablagerung auf der Deponie nicht zugelassene Abfälle zu informieren.
(11) Für die Annahme von Abfällen in Anlagen, in denen diese Abfälle durch Vermischung oder Behandlung zu den in § 6 Absatz 1 Satz 5 und Absatz 2 genannten Abfällen aufbereitet werden, bevor sie auf einer Deponie abgelagert werden, gelten die Absätze 1, 3, 4 und 5 entsprechend. Darüber hinaus hat der Zweiterzeuger den aufbereiteten Abfall oder Deponieersatzbaustoff gegenüber dem Deponiebetreiber grundlegend zu charakterisieren und diesem zusätzlich folgende Angaben vorzulegen:
- 1.
Abfallschlüssel und Abfallbezeichnung nach § 2 Absatz 1 der Abfallverzeichnis-Verordnung der Abfälle, die in dem aufbereiteten Abfall enthalten sind, - 2.
Erklärung, dass die Abfälle, die in dem aufbereiteten Abfall enthalten sind, die Zuordnungskriterien vor dem Vermischen oder der Behandlung eingehalten haben.
Tenor
1. Auf die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. wird das Grund- und Teilurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz insoweit aufgehoben, als die Klage auf Zahlung von Restwerklohn aus den Erdbauarbeiten der Klägerin an der Airbase ...[A] sowie die Klage auf Zahlung von Schadensersatz wegen der vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages über die genannten Erdbauarbeiten dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wurden.
2. Auf die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin wird festgestellt, dass der Bauvertrag der Parteien vom 25. Mai 2004 betreffend das Bauvorhaben "Sanierung der Oberflächenentwässerung; Regenrückhalte-becken II, Projekt-Nummer 30974389" durch die Klägerin am 18. März 2005 wirksam gekündigt worden ist.
3. Im Umfang der Aufhebung wird im Übrigen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
4. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. jeweils 1/3 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten selbst sowie gesamtschuldnerisch 1/3 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Im Übrigen bleibt auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens dem Landgericht überlassen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. dürfen die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
- 1
Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aufgrund eines vorzeitig beendeten Bauvertrages, in dem die Geltung der VOB/B vereinbart wurde.
- 2
Die Klägerin macht insoweit Restwerklohn sowie Schadensersatz/Aufwendungsersatz geltend; die Beklagte begehrt widerklagend den Ersatz ihr entstandener Mehrkosten und die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin wegen der erfolgten Kündigung.
- 3
Die Beklagte beabsichtigte die Anlegung eines Regenrückhaltebeckens im Bereich des …[X]bachs auf dem Flughafengelände ...[A], wobei sie die Nebenintervenientin zu 1. einschaltete. Es sollten dabei auf einer Fläche von ca. 50 m Breite und 500 m Länge etwa 80.000 m³ Erdboden ausgehoben werden. Dabei sollte es sich bei ca. 57.000 m³ um Aufschüttungen und bei 27.000 m³ um natürliches Material (Sande bzw. unbelastete Böden) handeln. Bei einem Teil des betroffenen Erdreichs handelte es sich um eine registrierte Altlast im Altlastenkataster des Landes Rheinland-Pfalz (Anlageband III, Bl. 938).
- 4
Am 30. Mai 2003 erhielt die Beklagte die wasserrechtliche Plangenehmigung gemäß § 31 WHG der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd (Anlageband III, Bl. 992 ff), in der darauf hingewiesen wurde, dass durch die geplanten Erdbauarbeiten im Bereich des Regenrückhaltebeckens verschiedene im Altlastenkataster registrierte Altablagerungen überplant bzw. tangiert würden und ihr ein Rückbaukonzept (Beschreibung des Bauablaufs, Entsorgung des Auffüllmaterials, Freimessung der geräumten Flächen sowie gegebenenfalls Angaben zur Wasserhaltung, Arbeits- und Umgebungsschutzmaßnahmen usw.) vorzulegen sei. Weiter wurde darin erklärt, dass die technischen Regelungen "Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen" der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) zu beachten seien und für den Nachweis der Umweltverträglichkeit das Material gemäß den Begriffsbestimmungen der LAGA (Bauschutt, Erdaushub etc.) zu separieren und analytisch zu überprüfen sei. Die Verwertungs- und Beseitigungswege der im Rahmen der Baumaßnahmen anfallenden Aushubmassen seien gegenüber der SGD Süd nachzuweisen.
- 5
Die Beklagte beauftragte die Nebenintervenientin zu 2. mit geotechnischen Voruntersuchungen. In ihrem geotechnischen Bericht vom 27. November 2003 (Anlageband III, Bl. 958 ff) unterteilte die Nebenintervenientin zu 2. die zu erwartenden Bodengruppen in sechs Bodenklassen nach DIN 18300 (Anlageband III, Bl. 963) und wies auf eine nur bedingte Wiederverwendbarkeit der Aushubmassen im Hinblick auf die Inhomogenität und den hohen humosen Anteil der Auffüllungen hin. Wegen des hohen Humusanteils könne ein Teil des Erdreichs allenfalls für Lärmschutzwälle verwendet werden (Anlageband III, Bl. 966), während die grauen quartären Sande für eine Wiederverwendung als Austauschboden bodenmechanisch geeignet seien. Die Auffüllung sei im Groben in die Einbauklasse bis Z 1.1 nach LAGA einzustufen; von 15 Mischproben seien 12 in die LAGA-Einbauklasse Z 0 (unbelastetes Material), eine Probe in die LAGA-Einbauklasse Z 1.1 und eine weitere Probe in die LAGA-Einbauklasse Z 2 einzustufen (Anlageband III, Bl. 968, 969).
- 6
Die durchzuführenden Erdarbeiten wurden sodann öffentlich ausgeschrieben mit einem Kurztext-Leistungsverzeichnis (Anlage K 3, Anlageband I, Bl. 21 - 40) und einem Langtext-Leistungsverzeichnis (Anlageband I, Bl. 41 ff). In den projektbezogenen Vorbemerkungen wurde unter C.01. und C.02. (Anlageband I, Bl. 29 - 36) auf die Einstufung des Bodenaushubs in die verschiedenen LAGA-Klassen hingewiesen und auf den Eigentumsübergang des Materials bestimmter LAGA-Klassen auf den Auftragnehmer; hinsichtlich einzelner Boden-materialien wurde - je nach LAGA-Klasse - eine Entsorgungsverpflichtung des Auftragnehmers oder eine Pflicht des Auftragnehmers zum Abfahren und Zwischenlagern des für den Wiedereinbau geeigneten Materials auf Mieten innerhalb des Flugplatzgeländes normiert.
- 7
Die einzelnen Erdaushubarbeiten wurden zu Einheitspreisen ausgeschrieben unter anderem mit Zulagenpositionen für Boden der Klasse über LAGA Z 1.1 bis LAGA Z 2 sowie der Bodenklasse LAGA Z 3 und höher (Anlageband I, Bl. 53 - 54).
- 8
Die Klägerin erhielt im Mai 2004 den Zuschlag für die Erdarbeiten zu einem Nettopreis von 1.085.244,60 € (Anlageband I, Bl. 94). Sie sollte zudem zusammen mit der Firma ...[B] Bau als ARGE Arbeiten an der Rampe 5 des Flughafengeländes vornehmen. Das Leistungsverzeichnis dieser Arbeiten sah unter anderem vor, dass dort lediglich Füllmaterial ohne humose Bestandteile zu verwenden war.
- 9
Nach Übernahme des Auftrags erörterte die Klägerin bzw. die ARGE mit dem von der Beklagten beauftragten Gutachterbüro ...[C], dass ein Einbau von Erdaushub der Klasse LAGA Z 1.2 aus dem Bereich des Regenrückhaltebeckens im Bereich der Rampe 5 beabsichtigt sei. Das Gutachterbüro teilte sodann der Beklagten durch Schreiben vom 21. Juni 2004 (Bl. 398 - 399 d. A.) die Unzulässigkeit dieses Einbaus ohne die erforderliche Genehmigung der zuständigen Behörde mit.
- 10
Mit Schreiben vom 1. September 2004 (Bl. 378 d. A.) wies die Nebenintervenientin zu 1. die Klägerin darauf hin, welches Erdaushubmaterial der jeweiligen Positionen des Leistungsverzeichnisses auf Mieten aufzusetzen, einzubauen oder zu beseitigen sei und welches in das Eigentum der Klägerin oder der Beklagten übergehe. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass eine Vermischung von gewachsenem Boden der Bodenklasse 3 - 5, 6 und 7, Boden aus Auffüllungen und humosen Bodenarten nicht gestattet sei.
- 11
Anfang September 2004 hob die Klägerin insgesamt 2.287 m³ Baugrund aus dem Bereich der Auffüllungen (Leistungsverzeichnis Position 1.2.120) aus und baute diese im Bereich der Rampe 5 ein. Aus dem Aushub wurden nach Angaben der Klägerin ca. 935 m³ Bauschuttreste aussortiert. Von diesem Aushub der Klägerin entnahm die Nebenintervenientin zu 2. am 16. September 2004 eine Bodenprobe.
- 12
Bei einer Baubesprechung vom 15. September 2004 bat die Klägerin um Überlassung der Untersuchungsergebnisse der - zur Vorbereitung der Ausschreibung durch die Nebenintervenientin zu 2. vorgenommenen - schadstofftechnischen Beprobung des Baufeldes, weil sie den Aushub aus den Auffüllungsbereichen in einem anderen Bauvorhaben einbauen wolle und dort eine Beprobung der angelieferten Stoffe nach LAGA gefordert werde. Die Beklagte lehnte eine Weitergabe der Untersuchungsergebnisse ab (Bl. 686 d. A.).
- 13
Mit Schreiben vom 16. September 2004 (Anlage K 18, Anlageband II, Bl. 416) forderte die Klägerin von der Beklagten die umweltrechtliche Freigabe der abzufahrenden Erdmassen für den Einbau bei anderen Baumaßnahmen. Soweit dies nicht der Fall sei bzw. zusätzliche Nachweise für den Einbau bei anderen Maßnahmen notwendig seien, meldete sie "bereits jetzt" die daraus resultierenden Mehrkosten an; es gehe hier um Deklarationsanalysen-Kosten nach LAGA oder Deponierungskosten.
- 14
Am 21. September 2004 wurde der Einbau von Auffüllmaterial im Bereich der Rampe 5 gestoppt. Die ARGE wurde auf die Ungeeignetheit des angelieferten Materials hingewiesen und zur restlosen Entfernung von dem Baufeld und der Zwischendeponie aufgefordert; zugleich wurde eine fehlende deutliche Trennung der gelagerten Materialien auf dem Zwischenlager gerügt (Bl. 362 - 363 d. A.).
- 15
Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 23. September 2004 (Bl. 200 d. A.) erneut ihre Absicht der Wiederverwendung der Erdmassen unter Hinweis auf § 1 KrW/AbfG und forderte im Hinblick auf die von der Beklagten stattdessen gewünschte Deponierung der Erdmassen die Erbringung der dafür notwendigen LAGA-Analysen von einer pro angefangene 1000 Tonnen Erdaushub. Da die umweltrechtliche Begleitung durch die Beklagte erbracht werde, müsse diese auch die Kosten der LAGA-Analysen tragen. Die Klägerin verwies auf ein beigefügtes Nachtragsangebot über 103.000 € zur Durchführung der LAGA-Analysen, alternativ forderte sie im Falle der Analysierung durch die Beklagte selbst die Übergabe der Analyseergebnisse. Mit Schreiben vom gleichen Tage erklärte die Klägerin, dass sie wegen Regens an der Ausführung der Erdarbeiten behindert sei (Anlage K 20, Anlageband II, Bl. 423).
- 16
Der für die Beklagte handelnde LBB in ...[Z] entschied mit Schreiben vom 4. Oktober 2004 (Anlage K 24, Anlageband II, Bl. 428 - 430), dass die Klägerin die LAGA-Kosten zur Deponierung nicht übernehmen müsse, diese vielmehr von der Nebenintervenientin zu 2. gemäß deren Architekten-/Ingenieurvertrag übernommen würden. Das Leistungsverzeichnis gehe nicht auf die DIN 18299 0.4.2 "Besondere Leistungen" ein, wonach in der Leistungsbeschreibung Kosten von erheblicher Bedeutung für die Kalkulation angegeben werden müssten. Eine überschlägige Berechnung ergebe bei 110 Laboruntersuchungen zu je 490 € einen Gesamtbetrag von 53.900 €; entsprechend der DIN hätten deshalb die Eignungsnachweise (also auch die LAGA-Untersuchungen) gesondert in der Leistungsverzeichnisbeschreibung ausgewiesen werden müssen.
- 17
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2004 (Anlageband III, Bl. 977- 978) lehnte die Nebenintervenientin zu 1. eine Beauftragung der Klägerin mit LAGA-Analysen gemäß deren Nachtragsangebot vom 23. September 2004 ab und forderte die Klägerin zur unverzüglichen Wiederaufnahme der Arbeiten auf.
- 18
Die Klägerin rügte demgegenüber mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 (Anlage K 25, Anlageband II, Bl. 431), dass sie ohne die - bauseits zu erbringenden - LAGA-Analysen die Erdarbeiten nicht wieder aufnehmen könne; sie sei seit dem 27. September 2004 in der Ausführung dieser Arbeiten behindert (§ 6 Nr. 1 und 2 VOB/B).
- 19
Nachdem die Klägerin am 12. Oktober 2004 ca. 900 t weißgraue Sande aus dem Bereich des Regenrückhaltebeckens II abtransportiert und anderweitig eingebaut hatte, verwiesen sowohl die Nebenintervenientin zu 1. mit Schreiben vom 19. Oktober 2004 (Bl. 387 d. A.) als auch die Beklagte mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 (Anlageband III, Bl. 433 - 434) auf die Unzulässigkeit des Abtransports. Die Nebenintervenientin zu 1. forderte die Klägerin auf, das abtransportierte Aushubmaterial an die zugewiesene Stelle zu schaffen. Die Beklagte wies die Behinderungsanzeige der Klägerin wegen fehlender LAGA-Analysen im Hinblick auf die baubegleitenden Untersuchungen durch die Nebenintervenientin zu 2. zurück und forderte die Klägerin auf, die Arbeiten bis zum 25. Oktober 2004 aufzunehmen (Anlageband III, Bl. 981).
- 20
Mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 (Bl. 388 - 389 d. A.) teilte die Klägerin mit, dass ein Teil der weißgrauen Sande inzwischen anderweitig verbaut worden sei. Da sie nach dem Bauvertrag allenfalls zur Abfuhr von maximal 26.400 m³ Erdmassen auf Zwischenlager verpflichtet sei, falle eine Nachtragsvergütung für das Verbringen weiterer Massen auf ein Zwischenlager an.
- 21
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 die Behinderungsanzeige der Klägerin wegen fehlender LAGA-Analysen erneut zurück und forderte sie zur Wiederaufnahme der Arbeiten auf.
- 22
Am 25. Oktober 2004 erstellte die Klägerin ihre zweite Abschlagsrechnung über 259.511,84 € (Anlage K 38, Anlageband II, Bl. 468 - 489). Insoweit forderte die Klägerin Zahlung in Höhe von 183.805,63 €; die Beklagte zahlte jedoch lediglich 81.349,65 € brutto (Anlage K 39, Anlageband II, Bl. 490).
- 23
Am 27. Oktober 2004 teilte die Nebenintervenientin zu 2. als Ergebnis der am 16. September 2004 aus dem Erdaushub der Klägerin entnommenen Mischprobe mit, dass darin keine erhöhten Schadstoffgehalte festgestellt worden seien und die Schwarzdeckenprobe als Ausbauasphalt im Sinne der Einbauklasse Z 1.1 der LAGA eingestuft werde (Prüfbericht in Anlageband II, Bl. 552 ff).
- 24
Die Klägerin wies mit Schreiben vom 27. Oktober 2004 (Anlage K 29, Anlageband II, Bl. 437) auf einen bei Kontaminationsverdacht üblichen Probeumfang von einer LAGA-Analyse je angefangener 1000 t (entspricht ca. 500 m³) Abfuhrmasse hin. Sie bestehe auf einer Vorlage von LAGA-Analysen vor der Abfuhr der Erdmassen, da das Abfahren mit begleitender LAGA-Analyse erhebliche Gefahren hinsichtlich Arbeitsschutz und Kosten verursache. Die Klägerin meldete weiterhin Behinderung der Erdarbeiten gemäß § 6 Nr. 1 VOB/B an und bat bis zum 2. November 2004 um Entscheidung, ob die Erdmassen trotz der genannten Bedenken auf Risiko der Beklagten abgefahren werden sollten.
- 25
Mit Schreiben vom 4. November 2004 (Anlage K 30, Anlageband II, Bl. 439 - 440) verwies die Klägerin auf die Notwendigkeit weiterer Analysen nach den Vorschriften der LAGA im Hinblick auf die bei einer Probe festgestellte Belastung nach der LAGA-Zuordnungsklasse Z 2 und darauf, dass eine gemeinsame Abfuhr von Massen unterschiedlicher Belastung und der damit verbundenen zwangsläufigen Vermischung dem Verdünnungsverbot gemäß den LAGA-Richtlinien widerspreche. Die Klägerin forderte die Beklagte zur Durchführung bzw. Vorlage der gemäß LAGA-Mitteilung Nr. 20 geforderten Bodenanalysen vor Abfuhr der Massen bis spätestens 8. November 2004 auf.
- 26
Am 8. November 2004 rügte die Klägerin erneut Behinderung wegen der fehlenden LAGA-Analysen (Anlage K 33, Anlageband II, Bl. 452).
- 27
Ein Antrag der Klägerin auf Genehmigung der Ablagerung von ca. 20.000 m³ des Bodenmaterials auf einer landwirtschaftlichen Fläche in ...[Y] wurde von der Unteren Landespflegebehörde abgelehnt (Anlageband III, Bl. 989).
- 28
Bei einer Baubesprechung vom 11. November 2004, deren Ablauf streitig ist, wies die Beklagte ausweislich ihres Aktenvermerks (Anlage K 105, Anlageband III, Bl. 935 - 940) auf die nach ihrer Auffassung unberechtigte Forderung der Klägerin nach aushubbegleitenden Analysen von mindestens einer für 1000 t hin und verwies auf die von der Nebenintervenientin zu 2. präventiv durchzuführenden aushubbegleitenden LAGA-Analysen ca. alle 2.000 m³.
- 29
Demgegenüber erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 12. November 2004 (Anlage K 34, Anlageband II, Bl. 458 - 459), dass wegen der für eine Einstufung der Aushubmasse in LAGA-Zuordnungswerte nicht ausreichenden Voruntersuchungen ein den Aushub von fünf Tagen, somit 10.000 m³ fassendes Zwischenlager eingerichtet und unterhalten werden müsse, in dem die Aushubmassen bis zur Vorlage der Untersuchungsergebnisse nach LAGA verblieben. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, bis zum 16. November 2004 Art und Lage des Zwischenlagers anzugeben und die weitere Vorgehensweise festzulegen. Des Weiteren meldete die Klägerin Behinderung nach § 6 Nr. 1 VOB/B an. Sie rügte zudem, dass sich bei der Baubesprechung am 11. November 2004 ergeben habe, dass die Beklagte entgegen § 4 Nr. 1 VOB/B nicht alle öffentlich-rechtlichen Bewilligungen herbeigeführt habe und insbesondere das nach der wasserrechtlichen Genehmigung erforderliche Rückbaukonzept sowie die Abstimmung mit den Behörden über die Freigabe bzw. Freimessung der Baugrube fehlten.
- 30
Mit Schreiben vom 12. November 2004 (Anlage K 35, Anlageband II, Bl. 460 - 463) wies der LBB ...[Z] die Klägerin darauf hin, dass nach der Ausschreibung kein Raum für eine Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen sei und die speziellen LAGA-Untersuchungen allein Sache der Klägerin seien. Zugleich wurde auf das Ende der Vertragsbauzeit am 14. Januar 2005 und die bisher von der Klägerin erst abgefahrene Menge von 2.500 m³ hingewiesen sowie die Kündigung des Bauvertrages bzw. Schadensersatzforderungen angekündigt, sofern die Klägerin die Arbeiten nicht bis zum 24. November 2004 wieder aufnehme.
- 31
Die Klägerin stellte am 17. November 2004 ihre dritte Abschlagsrechnung über 328.143,77 € (Anlage K 95, Anlageband III, Bl. 876 - 898) und rügte mit Schreiben vom 22. November 2004 (Anlage K 36, Anlageband II, Bl. 464 - 465) das Ruhen der Erdarbeiten seit ca. acht Wochen, was durch die Beklagte zu vertreten sei, weil sie die notwendigen LAGA-Untersuchungen nicht erbracht bzw. nicht vorgelegt habe. Sie verwies hinsichtlich der bauseitigen Pflicht zur Erbringung der LAGA-Analysen auf das Schreiben des LBB vom 4. Oktober 2004 und forderte die Beklagte auf, bis zum 24. November 2004 die wasserrechtliche Genehmigung zur Baumaßnahme und den Bescheid der SGD Süd hinsichtlich der Vorgehensweise zur definitiven Einstufung der Aushubmassen in die LAGA-Zuordnungswerte vorzulegen.
- 32
Der LBB verwies mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 (Anlageband III, Bl. 986 - 991) für die Beklagte darauf, dass die wasserrechtliche Genehmigung seit dem 17. Juni 2003 vorliege und dass die Beklagte aus den im Schreiben vom 12. November 2004 genannten Gründen aus praktischen und vertragsrechtlichen Gründen nicht in der Lage sei, zusätzliche LAGA-Analysen des Bodens gemäß OZ 1.2.120 aushubbegleitend zu liefern. Der geotechnische Bericht der Nebenintervenientin zu 2. vom 27. November 2003 enthalte alle erforderlichen Untersuchungen für eine entgeltliche Einlagerung des Bodenaushubs; so verlange die Firma ...[D] keine zusätzlichen LAGA- Analysen zum Einlagern von Boden der Einbauklasse bis Z 1.1. Es müssten sämtliche 57.000 m³ der Position 1.2.10 des Leistungsverzeichnisses (auch soweit diese ausschließlich Z 0 Material betrifft) von der Airbase abgefahren werden, ein Wiedereinbau auf dem Flugplatzgelände sei nicht möglich. Die Klägerin solle ihre Arbeiten innerhalb von acht Tagen wieder aufnehmen.
- 33
Am 8. Dezember 2004 stellte die Klägerin ihre vierte Abschlagsrechnung in Höhe von 367.494,69 € (Anlage K 42, Anlageband II, Bl. 493 - 509).
- 34
Die Klägerin verwies mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 (Anlage K 37, Anlageband II, Bl. 466 - 467) darauf, dass die im November 2003 durchgeführten Bodenanalysen eine teils erhebliche Belastung des Bodens (LAGA-Einbauklasse Z 2) ergeben hätten und deshalb wegen Verdachtsmomenten auf Bodenbelastungen ausreichende LAGA-Analysen vor Abfuhr durchzuführen seien. Dies sei Praxis und könne über ein Zwischenlager geregelt werden, wobei wegen des Verdünnungsverbots aber die Bodenbereiche unterschiedlicher Zuordnungswerte vor Abfuhr abgegrenzt werden müssten. Da diese Abgrenzung von der Beklagten verweigert werde, sei die Klägerin an der Ausführung ihrer Arbeiten gehindert. Die Beklagte habe auch das nach der wasserrechtlichen Genehmigung erforderliche Rückbaukonzept nicht vorgelegt; dieser öffentlich-rechtliche Bescheid sei auch für die Klägerin maßgeblich. Die Beklagte solle einen schriftlichen Bescheid der SGD Süd vorlegen, welche weiteren Bodenuntersuchungen vor Abfuhr durchzuführen seien.
- 35
Mit Schreiben vom 12. Januar 2005 (Anlage K 43, Anlageband II, Bl. 510) setzte die Klägerin der Beklagten eine Zahlungsfrist für die vierte Abschlags-rechnung bis zum 17. Januar 2005. Am 10. Februar 2005 stellte die Klägerin ihre sechste Abschlagsrechnung über 472.237,29 € (Anlage K 45, Anlageband II, Bl. 512 - 528).
- 36
Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 15. Februar 2005 (Anlage K 46, Anlageband II, Bl. 529 - 530), dass die zweite Abschlagsrechnung vom 25. Oktober 2004 in Höhe von 157.055,86 € festgestellt sei; weitere Forderungen würden nicht anerkannt, da die Klägerin die Erdarbeiten eingestellt habe und sich zu Unrecht auf einen Zahlungsverzug der Beklagten berufe.
- 37
Mit Schreiben vom 18. März 2005 (Anlage K 11, Anlageband I, Bl. 211 - 212) kündigte die Klägerin - nach entsprechender Androhung mit Schreiben vom 14. März 2005 (Anlage K 10, Anlageband I, Bl. 209 - 210) - das Vertragsverhältnis "aus wichtigem Grund" gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B, da sie seit mehr als drei Monaten in der Bauausführung behindert sei und gem. § 9 Nr. 1 VOB/B, weil ihre Abschlagsrechnungen Nr. 3 bis 6 nicht bezahlt worden seien.
- 38
Die Beklagte widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 23. März 2005 (Anlage K 104, Anlageband III, Bl. 930 - 934), da die Klägerin die Bauarbeiten zu Unrecht eingestellt habe. Das Angebot baubegleitender LAGA-Analysen sei ausreichend gewesen. Die Kosten für LAGA-Analysen zur Ermöglichung einer Verwertung der Erdmassen müsse die Klägerin selbst tragen.
- 39
Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 (Anlage K 53, Anlageband II, Bl. 549) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die in der Zeit zwischen dem 16. und dem 22. September 2004 ausgehobenen ca. 2.300 m³ auf ein Zwischenlager in der Nähe der Rampe 5 gefahren worden seien und laut den inzwischen vorliegenden Untersuchungsergebnissen der LAGA-Einbauklasse Z 0 zugeordnet wor-den seien.
- 40
Am 4. Juli 2005 legte die mit der geotechnischen Fachbauüberwachung beauftragte Firma ...[C] GmbH ihren Bericht vor (Bl. 320 - 353 d. A.). Darin führte das Ingenieurbüro aus, dass die von der Klägerin ausgehobenen ca. 2.300 m³ aus dem Bereich des Regenrückhaltebeckens II für einen Einbau auf der ...[A] nicht geeignet seien, bzw. dass ein Einbau abgelehnt worden sei (Bl. 342 d. A.).
- 41
Im weiteren Verlauf der Arbeiten forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Betonbodenplatte (Abstellfläche) im Bereich der Rampe 5 und die darunter eingebaute Tropfkörperschlackenschicht zurückzubauen.
- 42
Die von der Klägerin auszuführenden Arbeiten sind nach Angaben der Beklagten letztlich durch die Firma ...[E] aufgrund Bauvertrag mit dieser vom 21. März 2006/27. Juni 2006 (Bl. 701 - 702 d. A.) zu Ende geführt worden.
- 43
Die Klägerin forderte die Beklagte vergeblich zur Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 (Bl. 509 d. A.), dass dies nicht möglich sei; die Klägerin habe den Vertrag zu Unrecht gekündigt und der Beklagten stünden noch Zurückbehaltungsrechte bzw. Schadensersatzansprüche zu. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 (Anlage K 122, Bl. 464 d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich auf, den Sicherheitseinbehalt nach § 17 VOB/B auf ein Verwahrgeldkonto einzuzahlen und entsprechende Nachweise bis zum 30. Oktober 2006 zu führen.
- 44
Im vorliegenden Prozess begehrt die Klägerin aus dem streitigen Vorhaben noch Restwerklohn gemäß Schlussrechnung vom 3. Juni 2005 (Anlage K 12, Anlageband I, Bl. 213 ff.) in Höhe von 218.540,25 €, wegen der vorzeitigen Vertragskündigung Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B in Form von entgangenem Gewinn bzw. Aufwendungsersatz gemäß § 9 Nr. 3 VOB/B/§ 642 BGB für Kosten aus Behinderungen, Baustillstand durch Behinderungen und nicht erwirtschaftete umzulegende Leistungen in Höhe von insgesamt 435.549,77 € (Anlage K 17, Anlageband II, Bl. 414 - 415) sowie Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft über 32.550 € zuzüglich eines Zinsschadens von 15.136,76 €.
- 45
Die Klägerin hat vorgetragen,
- 46
die Beklagte habe sich - entgegen ihrer ausdrücklichen Zusage am 4. Oktober 2004 - vertragswidrig geweigert, ausreichende LAGA-Untersuchungen vor dem Erdaushub zur Verfügung zu stellen. Ohne ausreichende LAGA-Analysen von jeweils 500 m³ Aushubmasse habe für die Klägerin die Gefahr einer Ordnungswidrigkeit bzw. Straftat wegen unerlaubten Transportierens von "Abfall" bestanden. Durch die unberechtigte Weigerung ausreichender Analysen auf Kosten der Beklagten seien die Erdarbeiten mehr als drei Monate in Stillstand geraten. Zudem habe die Beklagte schuldhaft versäumt, die wasserrechtliche Genehmigung sowie ein von der SGD (schriftlich) bestätigtes Rückbaukonzept, aus dem sich auch die Verfahrensweise mit den LAGA-Analysen ergebe, vorzulegen. Ohne solche Unterlagen sei es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, die Erdbauarbeiten fortzuführen.
- 47
Die Klägerin hat beantragt,
- 48
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 654.090,02 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Juli 2005 sowie weitere 15.138,76 € zu zahlen,
- 49
2. die Beklagte weiter zu verurteilen, die Bürgschaftsurkunde …[H] vom 24. Juni 2004 Nr. 727870 in Höhe von 32.550 € herauszugeben sowie an die Klägerin Avalkosten in Höhe von 0,5 % seit dem 1. November 2006 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten seit dem 1. November 2006 zu zahlen.
- 50
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. und zu 2. haben beantragt,
- 51
die Klage abzuweisen.
- 52
Widerklagend hat die Beklagte beantragt,
- 53
1. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 297.423,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 54
2. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten alle über die in Ziffer 1 des Widerklageantrags hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die durch die Kündigung vom 18. März 2005 entstanden sind.
- 55
Die Klägerin hat beantragt,
- 56
die Widerklage abzuweisen.
- 57
Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen haben vorgetragen,
- 58
die angeblich fehlenden LAGA-Analysen und das fehlende Rückbaukonzept seien nur vorgeschobene Gründe, in Wirklichkeit habe sich die Klägerin verkalkuliert. Nach den Ausschreibungsunterlagen müsse die Klägerin die Kosten etwaiger LAGA-Analysen selbst tragen. Die Klägerin habe bis zur Einstellung der Arbeiten nur einen geringen Teil des Erdaushubs (nur ca. 2.300 m³) bewältigt gehabt und erst nach Versagung des Einbaus dieses Materials im Bereich der Rampe 5 habe die Klägerin eine Vielzahl unbegründeter Behinderungsanzeigen abgegeben. Die Beklagte habe der Klägerin ab dem 16. September 2004 vergeblich baubegleitende Bodenanalysen "aus der Baggerschaufel" angeboten und auch über ein geeignetes Rückbaukonzept verfügt. Der konkrete Verwertungsweg sei für die Klägerin in Nr. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses ersichtlich gewesen.
- 59
Der Klägerin stehe aus dem Bauvertrag allenfalls noch ein Restguthaben von 15.291,16 € zu, dem allerdings ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen des nicht erfolgten Rückbaus der Baustraße entgegenstehe.
- 60
Der Beklagten seien durch die unberechtigte Kündigung der Klägerin Mehrkosten entstanden durch die Beauftragung der Firma ...[E]; insoweit ergebe sich ein Schadensersatzanspruch der Beklagten in Höhe von derzeit 297.423,67 €.
- 61
Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch ein Grund- und Teilurteil die Klage auf Zahlung von Restwerklohn aus den Erdbauarbeiten der Klägerin an der ...[A] sowie die Klage auf Zahlung von Schadensersatz wegen der vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages über die genannten Erdbauarbeiten dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der von der Klägerin geltend gemachte Restwerklohnanspruch nur der Höhe nach streitig sei und deshalb insoweit ein Grundurteil ergehen könne. Aufgrund der von der Beklagten verschuldeten vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B dem Grunde nach zu. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F], denen sich das Gericht anschließe, seien aus derzeitiger Sicht zumindest Schadensersatzansprüche der Klägerin von bis zu 49.969,54 € wegen Umsatzausfällen sowie Schadensersatzansprüche von bis zu 226.619,50 € auf Ersatz entgangenen Gewinns nachvollziehbar. Deshalb sei auch ein Grundurteil zulässig über den der Klägerin gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B zustehenden Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Mitwirkung der Beklagten (§ 9 Nr. 1 a VOB/B) und wegen der Kündigung aus "sonstigem wichtigem Grund" (§ 314 Abs. 1 BGB bzw. § 6 Nr. 6 VOB/B).
- 62
Die Beklagte habe sich zu Unrecht geweigert, der Klägerin die erforderlichen LAGA-Analysen in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen, und dadurch schuldhaft ihre Vertragspflichten verletzt. Die Klägerin habe sich nicht der Gefahr einer ordnungswidrigkeiten- oder sogar strafrechtlichen Verfolgung durch die Abfuhr, Behandlung bzw. Beseitigung nicht ausreichend auf chemische Belastungen getesteten Erdaushubs aussetzen müssen. Die Beklagte habe deshalb durch die nicht ausreichenden LAGA-Analysen und ebenso mangels eines (rechtmäßigen und mit der SGD Süd abgestimmten) Rückbaukonzeptes die Klägerin über drei Monate bei ihren Erdarbeiten "behindert".
- 63
Die Beklagte sei nach dem Baugrundrisiko (§ 644 BGB) und aufgrund der Nebenbestimmungen zur wasserrechtlichen Genehmigung verpflichtet gewesen, die ca. 80.000 m³ auszuhebendes Erdreich nach den Richtlinien der LAGA untersuchen zu lassen, da es sich um eine militärische Liegenschaft gehandelt habe, bei der mit Bodenkontaminationen im Aushub zu rechnen gewesen sei. Wegen der absehbaren Umweltbelastung sei die Beklagte gemäß Nr. 30.4 der wasserrechtlichen Genehmigung ausdrücklich verpflichtet gewesen, die Anforderungen der LAGA zu beachten. Die Beklagte als öffentliche Behörde, die genehmigungspflichtige Erdbauarbeiten ausgeschrieben habe, hätte die bietenden Unternehmen zwingend von hoheitlichen Umweltauflagen für die ausgeschriebenen Arbeiten informieren müssen, was die Beklagte indes versäumt habe.
- 64
Die Beklagte sei hinsichtlich der 57.000 m³ Auffüllungen nach dem gültigen Abfallrecht (KrW-/AbfG) Abfallerzeugerin gewesen, weshalb nach den allgemeinen abfallrechtlichen Grundsätzen sowie gemäß Nr. 26.1.2 der wasserrechtlichen Genehmigung ein Rückbaukonzept erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe deshalb schon bei der Ausschreibung der Beseitigung der 57.000 m³ Auffüllungen (Position 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses) organisatorische Vorkehrungen zur Einhaltung der Umwelt schützenden Neben-bestimmungen in der wasserrechtlichen Genehmigung (§ 31 Abs. 3 WHG) und zur Vornahme systematischer Schadstoffanalysen nach LAGA sowie zum Separieren und zur nach Schadstoffklassen getrennten Beseitigung des anfallenden Erdaushubs treffen müssen.
- 65
Die Beklagte habe ihre Koordinierungspflicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B verletzt, indem sie kein systematisches Rückbaukonzept vorgelegt habe, in dem vorab festgelegt gewesen wäre, wie der Aushub des belasteten Erdreichs erfolgen solle, insbesondere wie viele Proben nach den LAGA-Richtlinien zu entnehmen seien (nach einem Beprobungsraster) und eine eindeutige Festlegung enthalten gewesen wäre, wo gegebenenfalls Zwischenlager eingerichtet würden und welche Arbeitsschritte geboten seien. Die Beklagte hätte in einem ordnungsgemäßen Rückbaukonzept - das der bauausführenden Firma auch auszuhändigen gewesen wäre - im Voraus eindeutig regeln können und müssen, ob die Nebenintervenientin zu 2. oder die Klägerin als Erdbaufirma für die vorgeschriebenen LAGA-Analysen zuständig sei. Das Fehlen einer systematischen Planung zur Beseitigung der Auffüllungen als "Abfall" und ebenso eines Rückbaukonzepts - dieses werde nicht durch den geotechnischen Bericht der Nebenintervenientin zu 2. ersetzt - der Beklagten ergebe sich schon aus dem Streit der verschiedenen LBB-Mitarbeiter darüber, ob die Beklagte oder die Klägerin die Kosten der LAGA-Untersuchungen zu tragen habe (vgl. Schreiben der LBB vom 4. Oktober 2004 und vom 12. November 2004). Pflichtwidrig sei insbesondere, dass sich die Beklagte aus Kostengründen geweigert habe, eine den Richtlinien der LAGA und damit dem Stand der Technik (§ 3 Abs. 12 KrW-/AbfG) entsprechende ausreichende Anzahl von LAGA-Analysen anzuordnen.
- 66
Der Sachverständige habe ausgeführt, dass eine engmaschige Beprobung vor Ort wie von der Klägerin verlangt - nämlich auf jeweils 500 m³ eine LAGA-Probe - allgemein üblich sei und am ehesten den Bestimmungen des Leistungsverzeichnisses der Ausschreibung entspreche. Die von der Beklagten angebotene Möglichkeit der "baubegleitenden" Probenentnahme aus der Baggerschaufel sei zum einen auch engmaschig (je eine LAGA-Probe pro 500 m³) vorzunehmen, zum anderen zwar auch praktikabel, aber mit für die bauausführende Firma vermeidbaren Mehrkosten verbunden, weil dann der Aushub zunächst in ein Zwischenlager gebracht und nach Auswertung der Proben dann erneut aufgeladen werden müsse. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen habe die Klägerin aus Nr. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses keinen Anhaltspunkt für eine Zwischenlagerung der 57.000 m³ Auffüllungen entnehmen können; die Beklagte habe auch keine Bereitschaft zur Übernahme der durch eine Zwischenlagerung entstehenden Zusatzkosten erklärt.
- 67
Die Ausschreibungsunterlagen der Beklagten seien hinsichtlich der Frage der LAGA-Analysen bzw. hinsichtlich der Frage eines abfallrechtlichen Rückbaukonzepts infolge eines Organisationsverschuldens der Beklagten lückenhaft. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung, Erdaushub nur nach (ausreichenden) LAGA-Analysen als "Abfall" entsorgen zu lassen, im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung nicht zivilrechtlich auf die Klägerin übertragen, da sie die Abwälzung der LAGA-Analytik nicht ausdrücklich in den Ausschreibungstext aufgenommen habe, obwohl es sich bei den Analysekosten um etwa 5 % der Auftragssumme gehandelt habe. In keiner Position des Leistungsverzeichnisses seien die nur der Beklagten bekannten Umweltauflagen der SGD Süd in der wasserrechtlichen Genehmigung erwähnt und nirgendwo werde darauf hingewiesen, dass ein Bieter LAGA-Analysen zu erbringen bzw. deren Kosten in die Einheitspreise einzukalkulieren habe. Dies ergebe sich auch nicht aus der Formulierung, dass der Bieter die Kosten der Separierung bzw. Deponierung des Materials trage.
- 68
Da die Beklagte ihre vertragliche Mitwirkungspflicht zur kostenfreien Stellung aussagekräftiger LAGA-Analysen (jeweils eine Probe je 500 m³) verletzt habe, zudem auch kein verwaltungsrechtlich vorgeschriebenes, dem Stand der Technik (§ 3 Abs. 12 KrW-/AbfG) entsprechendes Rückbaukonzept für den altlastenverdächtigen Bereich vorgelegt habe, sei die Klägerin zur Kündigung des Bauvertrages gemäß § 9 Nr. 1, 3 VOB/B berechtigt gewesen. Dies begründe für die Klägerin Schadensersatzansprüche aus § 6 Nr. 6 VOB/B sowie Aufwendungsersatzansprüche.
- 69
Der Rechtswirksamkeit der Kündigung der Klägerin stehe auch kein eigenes erhebliches Fehlverhalten der Klägerin entgegen (§ 242 BGB). Selbst bei einem unbefugten Einbau von ca. 2.300 m³ - unstreitig unbelastetem - Erdaushub aus dem Bereich der Auffüllung in dem Bereich der Rampe 5 liege nur ein minder schwerer Vertragsverstoß der Klägerin vor. Denn es habe für die Klägerin ein schwer zu durchschauender Widerspruch bestanden zwischen der Nr. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses (die entgegen dem abfallrechtlichen Wiederverwertungsgebot eine Deponierung auch unbelasteten Erdreichs außerhalb der Airbase vorgeschrieben habe) und den Vorbemerkungen des Leistungsverzeichnisses, die einem Wiedereinbau unbelasteten Erdaushubs auf der Airbase grundsätzlich den Vorrang gegeben hätten.
- 70
Da die Kündigung der Klägerin berechtigt gewesen sei, folge daraus die Unbegründetheit des mit der Widerklage geltend gemachten und auf die angeblich unberechtigte Kündigung der Klägerin gestützten Schadensersatzanspruchs und Feststellungsantrags der Beklagten.
- 71
Gegen dieses Urteil des Landgerichts wenden sich die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. mit ihren jeweils form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen, mit denen sie die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin entsprechend der Widerklage erstreben.
- 72
Die Beklagte macht geltend,
- 73
das Grundurteil sei unzulässig, da es nicht sämtliche Anspruchsgrundlagen erledige. Die Klägerin habe mit der streitgegenständlichen Schlussrechnung sowohl Restwerklohnansprüche für erbrachte Leistungen als auch Zusatzvergütungsansprüche nach § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B, Schadensersatzansprüche gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B sowie Aufwendungsersatz gemäß § 9 Nr. 3 VOB/B/§ 642 BGB geltend gemacht. Das Landgericht habe aber nur einen Vergütungsanspruch und einen Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B dem Grunde nach zugesprochen und insbesondere den Einwand der Beklagten gegen den Vergütungsanspruch, die Position 1.2.120 sei von der Klägerin deutlich unterkalkuliert und der ansonsten gegebene Vergütungsanspruch bereits hierdurch vollständig aufgezehrt worden, nicht erörtert.
- 74
Das Landgericht habe zu Unrecht die Kündigung der Klägerin als wirksam angesehen und etwaig bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Genehmigungsbehörde auf das Vertragsverhältnis der Parteien übertragen. Eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin, ausreichende LAGA-Analysen einzuplanen, habe nicht bestanden. Selbst wenn ein Rückbaukonzept gefehlt hätte, hätte sich dies nicht kausal auf die Vertragsleistung der Klägerin ausgewirkt, weil jedenfalls nach dem 11. November 2004 Einigkeit darüber bestanden hätte, dass weitere 30 baubegleitende LAGA-Analysen gefertigt würden und der Aushub während dessen zwischengelagert werde. Diese Verfahrensweise hätte sichergestellt, dass sich die Klägerin nicht der Gefahr einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat aussetze, jedoch sei die Klägerin auf das Angebot der Beklagten zur Zwischenlagerung nach dem 6. Dezember 2004 nicht mehr zurückgekommen.
- 75
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] hätte die Klägerin jedenfalls 6.500 m³ ohne weitere Beprobung ausheben und zwischenlagern können; die Klägerin habe jedoch nur ca. 2.300 m³ ausgehoben, die Arbeiten dann eingestellt und den Vertrag fristlos gekündigt.
- 76
Das Landgericht habe verkannt, dass die vertraglichen Verpflichtungen der Klägerin nur partiell die Entsorgung umfasst hätten, da nur der Boden der Position 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses von der Klägerin zu entsorgen gewesen sei, während der tatsächlich belastete Boden unterhalb der Auffüllungen lediglich habe ausgehoben und auf Mieten zwischengelagert werden sollen.
- 77
Der Sachverständige habe auch bestätigt, dass die in der Ausschreibung vorgesehene Ausführungsart nach abfallrechtlichen Bestimmungen zulässig gewesen sei. Daher sei die Leistung für die Klägerin durchführbar gewesen, allenfalls hätte der Klägerin dann ein Zusatzvergütungsanspruch aufgrund einer notwendigen Zwischenlagerung zugestanden.
- 78
Die Parteien hätten zunächst auch entsprechend dem ausgeschriebenen Konzept gearbeitet, nämlich Aushub durch die Klägerin mit Bodenproben durch die Nebenintervenientin zu 2., ohne dass die Klägerin Bedenken angemeldet habe. Die Klägerin habe dann - unzulässigerweise - den Aushub nicht entsorgt, sondern an der Rampe 5 abgekippt. Nachdem dies untersagt worden sei, hätten der Klägerin offenbar nicht einkalkulierte Transport- und Entsorgungskosten gedroht sowie der Wegfall der für den Einbau des Materials an der Rampe 5 kalkulierten Vergütung; erst dann habe die Klägerin zusätzliche LAGA-Analysen gefordert. Diese Forderung sei unberechtigt gewesen, denn die Aushubmaßnahmen hätten fortgesetzt und die Erdmassen bis zur endgültigen Vorlage der LAGA-Analysen zwischengelagert werden können. Die Beklagte habe der Klägerin auch eine ca. 30 km entfernte Zwischenlagerungsmöglichkeit bei der Firma ...[D] ohne Notwendigkeit zusätzlicher LAGA-Anlaysen genannt. Auch auf der Airbase habe sich unmittelbar bei dem Baufeld eine Lagerfläche befunden, die für eine Zwischenlagerung des Aushubs für sieben Tage ausgereicht hätte und von der Klägerin temporär hätte genutzt werden können.
- 79
Das Landgericht habe ohne Grundlage eine Organisationspflicht der Beklagten angenommen, nur "ausreichend" nach LAGA-Bestimmungen getesteten Erdaushub lagern, behandeln, transportieren bzw. beseitigen/verwerten zu lassen. Dem Urteil könne auch nicht entnommen werden, durch welche konkrete Handlung die Beklagte gegen eine Koordinierungspflicht verstoßen habe.
- 80
Die Nebenintervenientin zu 1. macht darüber hinaus geltend,
- 81
dass Vertragsbestandteil der Klägerin auch das Musterblatt EVM ERG Abf (Abfall) (Bl. 573 d. A.) gewesen sei, wonach die Klägerin als Auftragnehmerin Abfallerzeuger geworden sei und die für eine Verwertung der Abfälle erforderlichen Nachweise zu erbringen gehabt habe. Damit sei eindeutig und ausschließlich die Klägerin für die LAGA-Analysen zuständig gewesen. Dies ergebe sich auch aus der Leistungsbeschreibung in C.0.1.10 und C.0.1.18. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, eine eigene Leistungsposition im Leistungsverzeichnis für die Erstellung von LAGA-Analysen aufzunehmen. Das vertragliche Leistungssoll der Klägerin habe alle Leistungshandlungen, die für das Lösen, Laden, Abtransportieren und Entsorgen des Aushubs zusammenhängen, umfasst. Die Klägerin hätte schon während der Ausschreibung darauf hinweisen müssen, wenn sie die in dem geotechnischen Bericht der Nebenintervenientin zu 2. ausgewiesenen LAGA-Analysen nicht für zureichend gehalten habe. Die Beklagte hätte im Übrigen einseitig nach § 1 Abs. 3 und Abs. 4 VOB/B die LAGA-Analysen anordnen können und die Klägerin hätte dem dann nachkommen müssen und allenfalls anschließend sich um eine eventuelle Mehrvergütung kümmern dürfen.
- 82
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. beantragen,
- 83
das Urteil des Landgerichts abzuändern und
- 84
1. die Klage abzuweisen,
- 85
2. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 297.423,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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3. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten alle über die in Ziffer 2 des Widerklageantrags hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die durch die Kündigung vom 18. März 2005 entstanden sind,
- 87
hilfsweise die Revision zuzulassen,
- 88
hilfsweise das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
- 89
Die Klägerin beantragt,
- 90
die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. zurückzuweisen.
- 91
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 22. März 2012 Zwischenfeststellungsklage erhoben und beantragt nunmehr weiter,
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festzustellen, dass die Kündigung vom 18. März 2005 der Klägerin, betreffend das Bauvorhaben "Sanierung der Oberflächenentwässerung; Regenrückhaltebecken II, Projekt-Nummer 30974389", Bauvertrag vom 25. Mai 2004 aus Rechtsgründen begründet und berechtigt war,
- 93
hilfsweise festzustellen, dass die Kündigung des vorgenannten Bauvertrags aus Rechtsgründen gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B wirksam war.
- 94
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. beantragen hierzu,
- 95
die Anträge der Klägerin abzuweisen.
- 96
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Ergänzend macht sie geltend, die Beklagte habe trotz Aufforderung der Klägerin mit Fristsetzung zum 16. November 2004 kein entsprechendes Zwischenlager bereit gestellt und auch kein Zwischenlager bei der Firma ...[D] oder auf einem Baufeld der Airbase zugewiesen. Es sei auch keine konkrete Anordnung zur Zwischenlagerung erfolgt.
- 97
Die Beklagte sei wegen der Regelung des § 4 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B verpflichtet gewesen, die wasserrechtliche Genehmigung zur Vertragsgrundlage zu erklären und deren Inhalt auch in tatsächlicher Hinsicht umzusetzen. Da eine gesonderte Beprobung des Bodens bei der Rampe 5 erfolgt sei, habe kein Anlass zur Forderung zusätzlicher LAGA-Analysen bestanden, solange der Erdaushub bei Rampe5 habe abgeladen werden können.
- 98
Es sei zu keinem Zeitpunkt von der Beklagten angeordnet worden, dass die Klägerin vergütungspflichtig LAGA-Analysen als Zusatzleistung vorzunehmen habe.
- 99
Das Formblatt EVM ERG Abf (Abfall) sei ausschließlich Gegenstand des Vergabeverfahrens nach VOB/A, jedoch keine bindende vertragsrechtliche Regelung nach VOB/B. Es betreffe im Übrigen nur die Verwertung und die Beseitigung von als Abfall anzusehendem Material, greife somit erst ein, nachdem die richtige Art der Verwertung und Beseitigung durch vorab vorzunehmende LAGA-Analysen bestimmt worden sei.
- 100
Die von ihr nunmehr erhobene Zwischenfeststellungsklage sei zulässig, auch im Hinblick darauf, dass nicht ausgeschlossen sei, dass der Klägerin weitere Forderungen gegen die Beklagte zustünden, die nicht Gegenstand des Klageverfahrens in der Hauptsache seien.
- 101
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. rügen die Unzulässigkeit der erhobenen Zwischenfeststellungsklage im Berufungsrechtszug und im Hinblick auf die vollständige Erschöpfung des Sach- und Streitstandes durch das Urteil in der Hauptsache.
- 102
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 1195 - 1217 d. A.) sowie die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 103
Die zulässigen Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. haben teilweise einen zumindest vorläufigen Erfolg, sind im Übrigen jedoch unbegründet.
- 104
1. Die Berufungen haben einen zumindest vorläufigen Erfolg, soweit sie sich gegen das Grundurteil des Landgerichts wenden. Dieses ist unzulässig und deshalb auf die Hilfsanträge der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO aufzuheben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
- 105
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, der Klägerin stehe unstreitig noch ein Restwerklohnanspruch in Höhe von zumindest 15.291,15 € zu. Außerdem stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch (§ 6 Nr. 6 VOB/B) aufgrund der von der Beklagten verschuldeten vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages dem Grunde nach zu, der nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] zumindest bis zu 49.969,54 € wegen Umsatzausfällen sowie bis zu 226.619,50 € wegen entgangenen Gewinns nachvollziehbar sei. Insoweit könne der Klage durch ein Grundurteil stattgegeben werden.
- 106
Das Landgericht hat sodann Ausführungen zur Berechtigung der Klägerin, den Werkvertrag wegen unterlassener Mitwirkung der Beklagten gemäß § 9 Nr. 1 a VOB/B sowie aus "sonstigem wichtigem Grund" gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B/§ 314 Abs. 1 BGB zu kündigen, gemacht und mehrere Pflichtverletzungen der Beklagten festgestellt.
- 107
Das Grundurteil des Landgerichts ist indes unzulässig und daher aufzuheben. Denn der Erlass eines Grundurteils ist nur zulässig, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind (BGH BauR 2007, 429 m. w. N.). Dies ist nach den bisher getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht der Fall.
- 108
Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH a. a. O.). Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung jedoch nicht alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt. Denn hinsichtlich eines Gesamtanspruchs, der sich aus mehreren Einzelpositionen zusammensetzt, kann ein Grundurteil nur ergehen, wenn der geltend gemachte Gesamtanspruch auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht und das Gericht diesen festgestellt hat (BGH a. a. O.).
- 109
Ein einheitlicher Grund in diesem Sinne kann gegeben sein, wenn sich die einzelnen in eine Gesamtforderung eingestellten Rechnungspositionen auf dieselben Anspruchsvoraussetzungen gründen lassen, deren Vorliegen sich aus demselben Lebenssachverhalt ergibt, und sie daher lediglich Einzelposten eines einheitlichen Schuldverhältnisses sind (BGH a. a. O. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
- 110
Entscheidend ist insoweit, ob die für die Rechtfertigung der geltend gemachten Einzelpositionen bereits dem Grunde nach zu erfüllenden Anspruchsvoraussetzungen identisch sind und auf demselben Sachverhalt beruhen. Das kann bei Rechnungspositionen, die auf Nachtragsforderungen, gestützt etwa auf § 2 Nr. 5, Nr. 6 VOB/B, oder auf Behinderungsschaden im Sinne des § 6 Nr. 6 VOB/B gegründet sind, nicht bejaht werden (BGH a. a. O.).
- 111
Nach der Klagebegründung begehrt die Klägerin neben einem Restvergütungsanspruch, gestützt auch auf Nachträge, auch Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns sowie Ersatz der Kosten aus Behinderungen, Baustillstand durch Behinderungen und nicht erwirtschaftete umzulegende Leistungen (vgl. Bl. 114 d. A.). Mit ihrer Schlussrechnung macht die Klägerin Vergütungsansprüche für erbrachte Leistungen, Aufwendungsersatz gemäß § 9 Nr. 3 VOB/B/§ 642 BGB sowie Ansprüche auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung gemäß § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B (vgl. Positionen 99.2.60 bis 99.2.90) und Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B geltend.
- 112
Bei einer derartigen Sachlage darf ein Grundurteil nur erlassen werden, wenn das Gericht für jeden dieser verschiedenen Ansprüche nach der für diesen festzustellenden Tatsachengrundlage in Anwendung der maßgeblichen Klauseln der VOB/B einen Anspruch dem Grunde nach bejaht und für wahrscheinlich erachtet, dass er in irgendeiner Höhe besteht (BGH a. a. O.).
- 113
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung lediglich einen Restvergütungsanspruch als unstreitig dem Grunde nach geprüft und zuerkannt sowie einen Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B, hingegen zu den weiter geltend gemachten Ansprüchen und den Anspruchsvoraussetzungen der verschiedenen Schadensersatzforderungen der Klägerin keine Ausführungen gemacht. So bedarf es beispielsweise für den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns auch bei festgestellter Behinderung der Arbeitsausführung durch von der Beklagten zu vertretende Umstände als weitere Anspruchsvoraussetzung gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit der Beklagten. Zu dieser zum Grund des Anspruchs zählenden Prüfung fehlen Feststellungen des Landgerichts ebenso wie zu den Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B.
- 114
Das Grundurteil des Landgerichts ist daher aufzuheben.
- 115
2. Dies führt indes nicht zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Verhandlung und Entscheidung über die gesamte Klageforderung, da entsprechend dem Antrag der Klägerin durch Zwischenfeststellungsurteil die entscheidungserhebliche Vorfrage der Beendigung des Werkvertrages der Parteien durch die Kündigung der Klägerin vom 18. März 2005 festgestellt und damit zugleich die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen aufgrund des landgerichtlichen Teilurteils über die Abweisung der Widerklage beseitigt werden kann.
- 116
Die besonderen Prozessvoraussetzungen einer Zwischenfeststellungsklage sind vorliegend gegeben, die von der Klägerin erhobene Zwischenfeststellungsklage ist damit zulässig.
- 117
Gegenstand der vorliegenden Zwischenfeststellungsklage, der gemäß § 256 Abs. 2 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein kann, sind die aus der erfolgten Kündigung entstandenen Rechtsbeziehungen der Parteien. Die Klägerin hat insoweit beantragt festzustellen, dass ihre Kündigung vom 18. März 2005 begründet und berechtigt gewesen sei. Dieser Antrag ist dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin die wirksame Beendigung des mit der Beklagten geschlossenen Bauvertrages durch ihre Kündigung vom 18. März 2005 - und damit das Nichtbestehen bzw. die Umgestaltung eines Rechtsverhältnisses - festgestellt haben will.
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Dieses zu klärende Rechtsverhältnis ist auch für die Entscheidung der Hauptsache präjudiziell, da sowohl die Begründetheit der Klageforderung als auch - inzidenter - die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche davon abhängen. Wäre die Kündigung der Klägerin nicht berechtigt und damit unwirksam gewesen, stünden ihr die verschiedenen Schadensersatzansprüche nicht zu und die auf die Unbegründetheit der klägerischen Kündigung gestützten Schadensersatzansprüche, die von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemacht werden, wären grundsätzlich berechtigt.
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Die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage ist darüber hinaus nur zulässig, wenn die zu klärenden Rechtsbeziehungen nicht bereits durch die Entscheidung in der Hauptsache erschöpfend geregelt werden. Es genügt allerdings grundsätzlich schon die bloße Möglichkeit, dass das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung hat oder gewinnen kann (BGH BauR 2011, 1324 mit weiteren Nachweisen). Hier verfolgt die Klägerin mehrere Ansprüche aus demselben Rechtsverhältnis. Die Entscheidung über die Berechtigung der wegen der fehlenden Mitwirkung der Beklagten und Behinderung der Klägerin durch die Beklagte geltend gemachten Schadensersatz- und Restvergütungsansprüche der Klägerin schließt nicht aus, dass der Klägerin noch andere (Schadensersatz-)Forderungen gegen die Beklagte aus dem Werkvertrag über die Erdarbeiten an dem Regenrückhaltebecken zustehen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens in der Hauptsache sind. Insoweit käme es dann auf die Wirksamkeit der Kündigung der Klägerin vom 18. März 2005 an, worüber in der Hauptsache nicht rechtskräftig entschieden wird. Zudem begründet nach Auffassung des Senats auch der Umstand, dass mit der Zwischenfeststellung auch innerprozessual eine abschließende Vorfragenklärung für die umfangreiche, abgestufte - auch innerhalb der Tatsacheninstanz und zumal als Weichenstellung für erheblichen Beweiserhebungsaufwand - Abwicklung des Gesamtstreitwerts verbunden ist, die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage.
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Der Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass diese erst in der Berufungsinstanz erhoben wurde (BGH NJW-RR 2012, 849). Auch musste die Zwischenfeststellungsklage nicht innerhalb der Berufungserwiderungsfrist mittels einer Anschlussberufung erhoben werden. Zwar muss als Zulässigkeitsvoraussetzung das Urteilsverfahren über die Hauptklage zwischen den gleichen Parteien in einer Tatsacheninstanz noch hinsichtlich des Anspruchsgrundes anhängig sein, so dass nach einer Vorabentscheidung über den Grund eine Zwischenfeststellungsklage im Betragsverfahren grundsätzlich nicht mehr zulässig ist (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 256 Rdnr. 22 mit weiteren Nachweisen), es sei denn, dass es insoweit nur um eine für das Betragsverfahren erhebliche Vorfrage geht. Vorliegend ist die Hauptklage noch in einer Tatsacheninstanz hinsichtlich des Anspruchsgrundes anhängig. Die Notwendigkeit einer Anschlussberufung zur Erhebung der Zwischenfeststellungsklage im Berufungsrechtszug ergibt sich jedenfalls dann nicht, wenn die Zwischenfeststellungsklage - wie hier - offensichtlich hilfsweise für den Fall des Erfolgs oder des Teilerfolgs der Berufung, nämlich hier der Aufhebung des Grundurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits, erhoben wird. Denn dann handelt es sich bei dem Zwischenfeststellungsantrag um einen Hilfsantrag, für dessen Erhebung es der Einlegung einer Anschlussberufung nicht bedarf, da es sich um ein Minus gegenüber dem Hauptantrag handelt.
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Die Zwischenfeststellungsklage ist auch begründet. Die Klägerin hat den Bauvertrag mit der Beklagten wirksam gekündigt, da die Beklagte zu Unrecht der Forderung der Klägerin nach einer LAGA-Analyse je 500 m³ Erdaushub nicht nachgekommen ist und die Klägerin deshalb gemäß § 9 Nr. 1 a VOB/B zur Kündigung des Vertrages berechtigt war.
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Nach § 9 Nr. 1 a VOB/B (in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 2002, welche für das Vertragsverhältnis der Parteien Anwendung findet) kann der Auftragnehmer den Vertrag kündigen, wenn der Auftraggeber eine ihm obliegende Handlung unterlässt und dadurch den Auftragnehmer außerstande setzt, die Leistung auszuführen. Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Beklagte verpflichtet war, die von der Klägerin geforderten (zusätzlichen) LAGA-Analysen von einer Probe je 500 m³ Erdaushub auf Kosten der Beklagten durchzuführen. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils und schließt sich diesen vollumfänglich an. Auch das Vorbringen der Berufungsbegründungen gibt zu einer anderen Würdigung keine Veranlassung.
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Die Beklagte rügt ohne Erfolg, das Landgericht habe in verfehlter Weise etwaig bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zwischen der Genehmigung erteilenden Behörde und der Beklagten als Genehmigungsadressatin auf das Vertragsverhältnis der Parteien übertragen. Ob die Beklagte ein "Organisationsverschulden" trifft wegen eines fehlenden Rückbaukonzepts und ob ein solches überhaupt kausale Auswirkungen auf die Vertragsleistung der Klägerin gehabt hätte, kann aber vorliegend dahinstehen.
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Maßgeblich ist nämlich, dass die Klägerin zu Recht eine intensivere Beprobung des Bodenaushubs von der Beklagten auf deren Kosten verlangt hat, was von der Beklagten verweigert wurde, und die Beklagte auch kein Zwischenlager benannt hat, auf das alternativ der Erdaushub hätte zunächst verbracht werden können.
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Die Berufung der Beklagten macht ohne Erfolg geltend, das Landgericht habe nicht ausreichend begründet, warum die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet gewesen sei, ausreichende LAGA-Analysen einzuplanen. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Beklagte als Bauherrin verpflichtet war, der Klägerin kein Verhalten bei der Arbeitsausführung abzuverlangen, das diese der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit ausgesetzt hätte. Da jedoch der Transport unbeprobten oder nur unzureichend beprobten Erdaushubs genau diese Gefahr begründet hätte, war die Beklagte aufgrund des Bauvertrages mit der Klägerin verpflichtet, entweder den Erdaushub vor dem Transport ausreichend analysieren zu lassen oder der Klägerin ein ausreichendes Zwischenlager zuzuweisen.
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Die Verpflichtung, Inhalte einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung zum Vertragsinhalt zu machen, ergibt sich zum einen aus § 4 Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 4 VOB/B, wonach der Auftraggeber die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse - zum Beispiel nach dem Wasserrecht - herbeizuführen hat und der Auftragnehmer die Anordnungen des Auftraggebers auf Verlangen auszuführen hat, wenn nicht gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegen stehen. Daraus lässt sich ersehen, dass der Auftraggeber von dem Auftragnehmer nichts verlangen darf, was für diesen zu einem Verstoß gegen Gesetze oder behördliche Bestimmungen führen würde. Auf diese Weise sind auch die Inhalte einer dem Auftraggeber erteilten öffentlich-rechtlichen Genehmigung für die Vertragsparteien relevant und deshalb von dem Auftraggeber jedenfalls vor Vertragsschluss offen zu legen, damit der Auftragnehmer sich darauf einstellen kann. Ebenso lässt sich diese Verpflichtung des Auftraggebers als Nebenpflicht aus dem Werkvertrag herleiten.
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Zu Recht verweist die Beklagte deshalb darauf, dass es im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich darauf ankommt, ob die Beklagte bei der Ausschreibung und/oder im Folgenden bei der konkreten Ausführung der Arbeiten gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen hat. Dies hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, angenommen.
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Hiergegen erinnert die Berufung der Beklagten ohne Erfolg, dass die in der Ausschreibung vorgesehene Ausführungsart für die Klägerin durchführbar gewesen sei, ohne dass sie dabei gegen abfallrechtliche Bestimmungen verstoßen hätte, da nach den Angaben des Sachverständigen Dr. ...[F] es vom Ablauf her auch möglich gewesen sei, die Proben baubegleitend beim Aushub zu entnehmen und das Erdreich eine Woche auf Zwischenmieten einzulagern. Zutreffend ist, dass der Sachverständige Dr. ...[F] diese Alternative als ebenso mögliche und ausreichende Art der Beprobung dargestellt hat (Bl. 1013 d. A.). Jedoch hat der Sachverständige hierzu weiter angegeben, dass diese Verfahrensweise aus den Ausschreibungsunterlagen nicht zu erkennen gewesen sei (Bl. 1015 - 1016 d. A.) und es sich dabei um eine Störung im Bauablauf handele, weil der Erdaushub zweifach bewegt werden müsse. Daraus ergibt sich nach Auffassung des Senats eine Pflicht der Beklagten, die Bieter/Klägerin noch vor der Abgabe ihres Angebots auf diese Verfahrensweise hinzuweisen, damit das Angebot entsprechend preislich kalkuliert werden kann.
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Die Beklagte vermag auch nicht darauf zu verweisen, dass die Klägerin auch bei Fehlen eines Hinweises auf eine notwendige Zwischenlagerung des Aushubs in der Ausschreibung diese Verfahrensweise hätte durchführen können und müssen und ihr möglicherweise dann nur ein Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung zugestanden hätte. Zutreffend ist, dass der Klägerin ein Mehrvergütungsanspruch zugestanden hätte, indes fehlte es an einer verbindlichen Anordnung dieser Verfahrensweise durch die Beklagte ebenso wie an der verbindlichen Zuweisung eines geeigneten Zwischenlagers. Allein der Umstand, dass auf dem Gebiet der ...[A] Lagerflächen zur Verfügung gestanden haben sollen, ist insoweit nicht ausreichend. Vielmehr hätte es einer konkreten Anordnung der Beklagten bedurft, auf welchen konkreten Flächen die Klägerin den Erdaushub hätte zwischenlagern sollen. Die Lagerflächen auf der Airbase waren nämlich nicht für den hier vertragsgegenständlichen Aushub vorgesehen, sondern für die Lagerung von Sanden, weshalb es einer ausdrücklichen Anordnung der Beklagten zur Nutzung dieser Lagerflächen als Zwischenlager für den Erdaushub bedurft hätte. Aus dem von der Beklagten vorgelegten Protokoll der Baustellenbesprechung vom 15. September 2004 (Bl. 1332 - 1333 d. A.) ergibt sich nur die allgemeine Information über die vorhandenen plangemäßen Lagerflächen auf dem Airbasegelände, nicht jedoch eine Anweisung an die Klägerin, entgegen der ursprünglichen Planung dort den Erdaushub statt der Sande zwischenzulagern.
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Ebenso ist nicht maßgeblich, dass angeblich bei der Firma ...[D] Zwischenlagerflächen zur Verfügung gestanden haben sollen, da dieses Gelände außerhalb der Baustelle lag und somit ein Transport dorthin über öffentliche Straßen erforderlich gewesen wäre, der wiederum eine vorherige ausreichende Beprobung des Aushubmaterials vorausgesetzt hätte.
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Unbehelflich ist auch der Hinweis der Beklagten, dass die Parteien das von der Beklagten ausgeschriebene Konzept von Baubeginn an durchgeführt hätten, ohne dass von der Klägerin zusätzliche LAGA-Analysen gefordert worden seien, und die Klägerin diese Forderung erst erhoben habe, nachdem sie den Boden nicht bei der Rampe 5 habe einbauen können. Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entnehmen, dass die Forderung der Klägerin nach ausreichenden LAGA-Analysen ein vorgeschobener Kündigungsgrund sei, um eine Fehlkalkulation zu verdecken, die sich dadurch ergeben habe, dass der Erdaushub nicht bei Rampe 5 habe eingebaut werden können.
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Vielmehr kann ebenso Auslöser der Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen gewesen sein, dass die Klägerin - wie sie in ihrer Berufungserwiderung geltend macht - zunächst wegen der bei Rampe 5 durchgeführten Beprobung des dort einzubauenden Materials keine Veranlassung zu weiteren LAGA-Analysen gesehen habe, da ihr Erdaushub ja bei Rampe 5 entsprechend analysiert worden sei. Somit habe sich erst, nachdem dort der Einbau verweigert worden und somit die dortige Analysierung entfallen sei, die Notwendigkeit des Transports des Aushubs über öffentliche Straßen und damit das Erfordernis vorheriger Beprobung und Einordnung in LAGA-Klassen ergeben, weshalb die Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen auch erst dann erhoben worden sei. Dieser Geschehensablauf erscheint ebenso plausibel wie der von der Beklagten dargestellte. Der Senat vermag auch unter Heranziehung der Gesamtumstände nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Klägerin nur wegen einer Fehlkalkulation die Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen aufgestellt und dann wegen Behinderung durch die Beklagte sowie aus sonstigem wichtigem Grund gekündigt hätte.
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Die Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen stellt entgegen der Auffassung der Beklagten auch keinen Verstoß gegen das Kooperationsgebot dar. Zwar hätte es nicht zwingend der vorherigen Durchführung von LAGA-Analysen bedurft, wenn die Erdmassen zwischengelagert worden wären. Die Beklagte hat jedoch, wie ausgeführt, der Klägerin kein geeignetes Zwischenlager zugewiesen. Die Forderung nach LAGA-Analysen in ausreichender Zahl für den wegen des Fehlens einer geeigneten Zwischenlagerstätte notwendigen Transport des Erdaushubs stellt daher kein vertragswidriges Verhalten der Klägerin dar.
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Die Beklagte verweist auch zu Unrecht darauf, dass die Klägerin lediglich den Aushub der Position 1.2.120 zu entsorgen hatte und sich im Übrigen mit der Entsorgung des unterhalb der Auffüllungen ausgehobenen und kontaminierten Materials nicht zu befassen gehabt habe. Das Leistungsverzeichnis sieht in Position 1.2.120 die Entsorgung von Aushub bis zur Klasse Z 1.1 vor, über die Position 1.2.125 die Entsorgung von Boden der LAGA-Klassen Z 1.1 bis Z 2, des Weiteren über die Positionen 1.2.150, 1.2.155 und 1.2.160 die Entsorgung von Boden, humosen Schichten und Tonen. Nach der Beschreibung in der Position 1.2.145 des Leistungsverzeichnisses handelte es sich bei dem Boden unterhalb der Auffüllungen um gewachsenen Boden, der nach der Definition der LAGA immer als Z 0 einzustufen ist. Eine ersichtliche Kontaminierung des Bodens unterhalb der Auffüllungen ist daher nicht nachvollziehbar.
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Die Beklagte macht ohne Erfolg geltend, sie habe keine LAGA-Analysen auf die Klägerin abwälzen wollen, vielmehr seien ja von der Nebenintervenientin zu 2. die notwendigen LAGA-Analysen auf Kosten der Beklagten durchgeführt worden. Zwar hat die Beklagte die Nebenintervenientin zu 2. mit der Durchführung der LAGA-Analysen auf Kosten der Beklagten beauftragt, indes war die Anzahl der von der Nebenintervenientin zu 2. entnommenen Proben nicht ausreichend. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Die von der Klägerin - zu Recht - geforderten zusätzlichen Analysen hat die Beklagte jedoch unstreitig als nicht notwendig verweigert, weshalb für die Beklagte nach ihrem Berufungsvortrag "auch insoweit die Kostentragung diesbezüglich nicht in Rede stand". Da die Beklagte somit die erforderlichen Analysen nicht auf eigene Kosten durchführen lassen wollte, hat sie gegen ihre Mitwirkungspflicht verstoßen, weshalb die Klägerin den Werkvertrag zu Recht vorzeitig gekündigt hat.
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Die fristlose Kündigung der Klägerin ist auch nicht deshalb unberechtigt, wie die Beklagte meint, weil nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] die Klägerin ohne Notwendigkeit einer weiteren Beprobung sogar 6.500 m³ Erdmaterial hätte ausheben können statt der nur tatsächlich ausgehobenen 2.300 m³. Denn der Sachverständige Dr. ...[F] hat hierzu auch erklärt (Bl. 1114 - 1115 d. A.), dass die vorvertraglich von der Nebenintervenientin zu 2. geschaffenen 19 Probenahmestellen zwar der Klägerin theoretisch ermöglicht hätten, an jeder dieser Stellen mit den Aushubarbeiten zu beginnen und so insgesamt 6.500 m³ auszuheben und zwischenzulagern, dies aber ungewöhnlich gewesen wäre. Zudem wäre die Klägerin zu einer derartigen Arbeitsweise, die offensichtlich zeitliche Verzögerungen mit sich bringt und aus der Ausschreibung nicht zu ersehen war, nur bei einer entsprechenden Anordnung der Beklagten - die nicht erfolgte - und nur gegen Erstattung der entstehenden Mehrkosten verpflichtet gewesen.
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Die Beklagte verweist im Übrigen ohne Erfolg darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. Dezember 2011 - VII ZR 67/11 - = NJW 2012, 518) das Risiko der fehlenden genauen LAGA-Zuordnung dem Auftragnehmer zuzuweisen sei und die Klägerin deshalb die Kosten für die Einholung weiterer Analysen als den mit der Ausschreibung vorgegebenen hätte einkalkulieren müssen, somit die weitere Leistungserbringung nicht hätte von der Übergabe weiterer LAGA-Analysen abhängig machen dürfen.
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Der Bundesgerichtshof hatte in der herangezogenen Entscheidung einen Sachverhalt zu beurteilen, in dem in den Ausschreibungsunterlagen keine Angaben zu der Einordnung des Bodens in die verschiedenen LAGA-Zuordnungswerte gemacht wurden und ein regelmäßig belasteter Boden vorausgesetzt wurde. Für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof sodann ausgeführt, dass sich die Auftragnehmerin an diesem Aussagewert des Vertrags festhalten lassen müsse, auch wenn sie insoweit ein Risiko eingegangen sei.
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Im vorliegenden Rechtsstreit hingegen hatte die Beklagte Angaben zu den verschiedenen LAGA-Zuordnungswerten des auszuhebenden Materials in der Ausschreibung gemacht (vgl. Leistungsverzeichnis, Anlageband I, Bl. 30); die Klägerin hat sich darauf eingestellt und entsprechend kalkuliert.
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Der Fall, dass während der Arbeitsausführung überraschend eine Kontaminierung des zur Weiterverwendung vorgesehenen Aushubs festgestellt worden wäre und deshalb eine Mehrvergütung zu zahlen sei, liegt im hiesigen Streitfall gerade nicht vor. Vielmehr handelt es sich vorliegend um die Frage, ob die Beklagte gehalten war, die gerade für die Einordnung des Aushubmaterials in die verschiedenen zu erwartenden LAGA-Klassen erforderlichen Analysen auf eigene Kosten durchzuführen oder auf die Kostentragung durch den Auftragnehmer hinzuweisen, alternativ in der Ausschreibung auf die Notwendigkeit einer Zwischenlagerung des Aushubs hinzuweisen. Zu dieser Problematik lässt sich der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedoch nichts entnehmen.
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Vielmehr weist der Bundesgerichtshof dort darauf hin, dass durch die vereinbarten Preise alle Leistungen abgegolten werden, die nach der Leistungsbeschreibung, den verschiedenen Vertragsbedingungen und der gewerblichen Verkehrssitte zu den vertraglichen Leistungen gehören, § 2 Nr. 1 VOB/B. Bei einer öffentlichen Ausschreibung komme dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung vergleichsweise große Bedeutung zu; bei Ausschreibungen nach VOB/A sei für die Frage, wie dieser Wortlaut zu verstehen sei, der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter maßgeblich (BGH a. a. O.).
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Die Auslegung habe zu berücksichtigen, dass der Bieter grundsätzlich eine mit den Ausschreibungsgrundsätzen der öffentlichen Hand konforme Ausschreibung erwarten dürfe. Deshalb dürfe der Bieter die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung nach der VOB/A im Zweifelsfall so verstehen, dass der Auftraggeber den Anforderungen der VOB/A an die Ausschreibung entsprechen wolle. Nach diesen Anforderungen sei die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung in gleichem Sinne verstehen müssten und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen könnten. Dem Auftragnehmer dürfe kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss habe und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen könne. Die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, zum Beispiel Boden- und Wasserverhältnisse, seien so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen könne.
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Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze des Bundesgerichtshofs ergibt sich vorliegend gerade, dass nach den Ausschreibungsunterlagen die Klägerin Boden verschiedener LAGA-Klassen zu erwarten hatte und sich dementsprechend auf die Entsorgung einstellen musste. Allerdings war den Ausschreibungsunterlagen, wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausführlich dargelegt hat, nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] nicht zu entnehmen, dass die nach den LAGA-Richtlinien erforderlichen Analysen nicht durch die Beklagte durchgeführt würden, sondern von dem Auftragnehmer selbst auf eigene Kosten einzuholen seien. Da es sich bei diesen Kosten jedoch um einen erheblichen, den Angebotspreis maßgeblich beeinflussenden Faktor handelt - wie bereits von dem Landgericht zutreffend dargelegt -, durfte die Klägerin die Ausschreibung nach den oben dargestellten Grundsätzen gerade so verstehen, dass diese Kosten jedenfalls nicht von dem Auftragnehmer zu tragen seien. Dem entspricht auch, dass die Beklagte unstreitig eine gewisse - allerdings nicht ausreichende - Anzahl LAGA-Analysen auf ihre Kosten durch die Nebenintervenientin zu 2. sowohl vor als auch während der Arbeitsausführung durchführen ließ. Damit bestand von dem Empfängerhorizont des Bieters aus keine Veranlassung, von einer Kostentragungspflicht des Auftragnehmers für die Durchführung der übrigen erforderlichen LAGA-Analysen auszugehen.
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Auch die Nebenintervenientin zu 1. verweist mit ihrer Berufung erfolglos darauf, dass die Klägerin mit ihrem Angebot auch das Formblatt EVM ERG Abf (Abfall) als Vertragsbestandteil angekreuzt habe. Die Klägerin habe deshalb nach der dortigen Nr. 2.2 anstelle der Beklagten als Auftraggeberin die Pflichten zur Verwertung und Beseitigung der Abfälle unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen, insbesondere abfallrechtlichen Bestimmungen sowie des Standes der Technik übernommen und die von der Auftraggeberin zu erbringenden Nachweise zu führen gehabt. Entgegen der Auffassung der Nebenintervenientin zu 1. lässt sich daraus nicht die Verpflichtung der Klägerin zur Durchführung der LAGA-Analysen auf eigene Kosten herleiten. Der Sachverständige Dr. ...[F] hat gerade auf diesen erstinstanzlichen Vortrag der Nebenintervenientin zu 1. hin ausgeführt (Bl. 773 - 774 d. A.), dass in dem Leistungsverzeichnis kein Hinweis auf eine Kostenübernahme der LAGA-Analysen durch den Bieter enthalten sei und es somit eine Rechtsfrage sei, ob dieses Formblatt dem Leistungsverzeichnis vorgehe. Das Landgericht hat dazu ausgeführt, dass unklare Formulierungen zu Lasten der Beklagten gehen. Dem schließt sich der Senat vollumfänglich an. Somit kann aufgrund der widersprüchlichen Vorgaben in den gesamten Ausschreibungsunterlagen keine vertragliche Leistungsbeschreibung des Inhalts, dass der Auftragnehmer die LAGA-Analysen durchzuführen und zu bezahlen habe, angenommen werden. Eine solche Leistungsbeschreibung wollte die Beklagte nach ihrem ausdrücklichen Vortrag im Übrigen selbst nicht vornehmen, da sie nach ihrer Auffassung selbst zur Durchführung der notwendigen LAGA-Analysen verpflichtet war und lediglich Streit mit der Klägerin über die erforderliche Anzahl der Analysen entstand. Soweit somit der Vortrag der Nebenintervenientin zu 1. dem Vortrag der Beklagten als der von ihr unterstützten Hauptpartei widerspricht, ist er zudem ohnehin unbeachtlich (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, a. a. O., § 67 Rdnr. 9 m. w. N.).
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Da die Kündigung der Klägerin mithin zu Recht erfolgte, ist auf den Antrag der Klägerin die Beendigung des Bauvertrages durch diese Kündigung festzustellen.
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3. Der Rechtsstreit ist deshalb nach der Aufhebung des Grundurteils nur im Übrigen zurückzuverweisen, da über den Grund der Klageansprüche nochmals zu befinden ist und der Streit über den Betrag der Ansprüche nicht zur Entscheidung reif ist, § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO. Da insoweit eine umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen ist, sieht der Senat von einer eigenen Sachentscheidung, die über die Zwischenfeststellungsklage hinausgeht, ab.
- 147
4. Die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. gegen das die Widerklage der Beklagten abweisende Teilurteil sind unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
- 148
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, dass wegen der berechtigten Kündigung des Bauvertrages durch die Klägerin der Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen dieser Kündigung zusteht und die Beklagte deshalb auch nicht die Feststellung einer Ersatzpflicht der Klägerin für einen weitergehenden Kündigungsfolgeschaden verlangen kann. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen des Landgerichts vollumfänglich an.
- 149
Das Teilurteil, dessen Zulässigkeit die Aufhebung des Grundurteils aufgrund des Zwischenfeststellungsurteils des Senats nicht entgegen steht (vgl. BGH NJW-RR 2012, 849), ist deshalb aufrecht zu erhalten.
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5. Über die Berufungskosten kann hinsichtlich des - feststehenden - Anteils der endgültig abgewiesenen Widerklage nach § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 4, § 101 ZPO endgültig entschieden werden. Im Übrigen wird die Kostenentscheidung vom Ausgang des zurückverwiesenen Teilstreits abhängen. Sie ist deshalb insoweit dem Landgericht vorzubehalten, ebenso wie diejenige über die erstinstanzlichen Kosten.
- 151
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
- 152
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Mit der vorliegenden Entscheidung erfolgt keine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs. Grundsätzliche Bedeutung kommt keiner der in dem Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsfragen zu, insbesondere nicht im Rahmen der erfolgten Zwischenfeststellung.
- 153
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 981.513,09 € festgesetzt (Klage 654.090,02 €, Widerklage 297.423,67 € + 30.000 € = 327.423,67 €).
(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.
(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war ab 1991 Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Er hatte zuletzt ein Geschäftsführergehalt von monatlich 14.000,00 DM zu beanspruchen. Sein Anstellungsvertrag war mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalenderhalbjahres ordentlich kündbar. Am 10. November 2000 beschloß die Gesellschafterversammlung die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer sowie die Kündigung seines Anstellungsvertrages mit Wirkung ab 13. November 2000 und beauftragte die beiden anderen Gesellschafter-
Geschäftsführer, dem Kläger die Kündigung zu übermitteln, was mit Schreiben vom 10. November 2000 geschah. Ein Kündigungsgrund ist weder in diesem Schreiben noch in dem Beschlußprotokoll angegeben.
Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst gegenüber der GmbH die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und die Weiterzahlung seines Geschäftsführergehalts begehrt. Mit Schriftsatz vom 1. März 2001 erklärte die vormalige Beklagte, sie anerkenne, daß das Anstellungsverhältnis des Klägers erst zum 30. Juni 2001 enden werde, weil die Kündigung keine solche aus wichtigem Grunde darstelle und deshalb die vertragliche Kündigungsfrist einzuhalten gewesen sei. Bereits durch Beschluß des Amtsgerichts vom 28. Februar 2001 war mit Wirkung zum 1. März 2001, 0.00 Uhr, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der vormaligen Beklagten (im folgenden: Schuldnerin) eröffnet und der jetzige Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Er hat - nach Aufnahme des Rechtsstreits - geltend gemacht, die Kündigung sei als solche aus wichtigem Grund wirksam, weil der Kläger es trotz der ihm bekannten Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft über mehrere Monate hinweg pflichtwidrig unterlassen habe, Insolvenzantrag zu stellen. Die anderen Gesellschafter hätten von der Insolvenzreife der Schuldnerin nicht früher als zwei Wochen vor der Kündigung erfahren (§ 626 Abs. 2 BGB). Hilfsweise hat der Beklagte u.a. mit angeblichen Ersatzansprüchen wegen Schädigung der Gesellschaft in Höhe von 17.000,00 DM und von 25.000,00 DM die Aufrechnung erklärt.
Das Landgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben und dem zuletzt nur noch für die Zeit von März bis Juni 2001 geltend gemachten Zahlungsbegehren des Klägers in Höhe von 56.000,00 DM unter Abzug der Aufrechnungsforderung des Klägers von 25.000,00 DM entsprochen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung der Berufung
des Klägers - festgestellt, daß das Anstellungsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Schuldnerin zum 30. Juni 2001 beendet worden und der Beklagte dem Kläger zur Zahlung von 15.850,04 € (= 31.000,00 DM) nebst Zinsen verpflichtet sei, nachdem der Beklagte zuvor Masseunzulänglichkeit angezeigt (§ 208 InsO) und der Kläger deshalb seinen Leistungs- auf einen Feststellungsantrag umgestellt hatte. Mit seiner - von dem Senat auf Nichtzulassungsbeschwerde zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage, hilfsweise die zusätzliche Berücksichtigung der Aufrechnungsforderung von 17.000,00 DM.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I. Die Wirksamkeit des Senatsbeschlusses vom 21. Juni 2004 über die Zulassung der Revision des Beklagten und damit deren Statthaftigkeit gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bleiben davon unberührt, daß das Verfahren aufgrund der von dem Kläger erst am 15. Juli 2004 mitgeteilten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen mit Wirkung ab 12. Januar 2004 - nach Einreichung der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung vom 10. März 2003 - gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen war (vgl. BGHZ 66, 59, 61 f.; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 26. Aufl. § 249 Rdn. 9). Das Revisionsverfahren war fortzusetzen , nachdem der Treuhänder des Klägers (§ 313 InsO) die streitigen Ansprüche am 7. Januar 2005 freigegeben hat und beide Parteien den Rechtsstreit aufgenommen haben (vgl. BGHZ 36, 258, 261 f.).
II. Insoweit zutreffend und von der Revision unbeanstandet geht das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der beiden Feststellungsanträge des Klägers aus.
1. Der Kläger hätte zwar als Gesellschafter der Schuldnerin auch mit einer Anfechtungsklage entsprechend § 246 AktG (vgl. BGHZ 51, 210; st.Rspr.) gegen den Kündigungsbeschluß der Gesellschafterversammlung vorgehen können; es ist ihm aber - ebenso wie einem Fremdgeschäftsführer - nicht verwehrt , die behauptete Unwirksamkeit der - von dem Beschluß zu unterscheidenden - Kündigungserklärung mit einer Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend zu machen (vgl. auch Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 17. Aufl. § 35 Rdn. 122 a; mißverständlich Hachenburg/Stein, GmbHG 8. Aufl. § 38 Rdn. 99).
2. Ein Feststellungsinteresse für den Antrag zu 1 entfällt auch nicht insoweit , als dieser sich in zeitlicher Hinsicht mit dem Antrag zu 2 deckt. Denn der Antrag zu 1 des Klägers auf Feststellung, daß sein Anstellungsverhältnis durch die Kündigung vom 10. November 2000 nicht beendet worden sei, sondern unverändert fortbestehe, betrifft zum Teil ein vorgreifliches Rechtsverhältnis für den Antrag zu 2 (Gehaltszahlung) i.S. von § 256 Abs. 2 ZPO, geht aber nicht nur in zeitlicher, sondern auch in sachlicher Hinsicht über den Antrag zu 2 hinaus , weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus dem Anstellungsvertrag im Falle seines Fortbestandes nicht nur Gehalts-, sondern auch Ansprüche auf Nebenleistungen resultieren würden.
Der nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit auf einen Feststellungsantrag umgestellte Antrag zu 2 ist ebenfalls zulässig, weil die geltend gemachten Gehaltsforderungen sog. "Altmasseverbindlichkeiten" i.S. von § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO betreffen, die unter das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO fallen
(vgl. Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 209 Rdn. 14; § 210 Rdn. 6; Landfermann in Heidelberger Komm. zur InsO 2. Aufl. § 210 Rdn. 5).
III. Das Berufungsgericht meint, der Beklagte habe schon nicht hinreichend dargelegt, daß die von ihm als wichtiger Grund (§ 626 Abs. 1 BGB) für die Kündigung des Anstellungsvertrages behauptete monatelange Insolvenzverschleppung durch den Kläger den Gesellschaftern der Schuldnerin erst innerhalb von zwei Wochen vor der Kündigungserklärung vom 10. November 2000 bekannt geworden sei (§ 626 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB). Die pauschale und in das Wissen zweier Mitgesellschafter gestellte Behauptung des Beklagten, die Frist sei gewahrt worden, genüge nicht, zumal die als Zeugen benannten Gesellschafter "scheinbar Mitgeschäftsführer der Schuldnerin" und daher auch ihrerseits zur Überwachung der Schuldnerin in der sich anbahnenden Krise verpflichtet gewesen seien. Ein weiteres "Schlüssigkeitsdefizit" auf Beklagtenseite liege darin, daß die Schuldnerin erstinstanzlich eingeräumt habe, ihre Kündigung stelle keine solche aus wichtigem Grund dar. Diese sei jedoch - so meint das Berufungsgericht - in eine ordentliche Kündigung zum Ende des folgenden Kalenderhalbjahres (§ 11 Abs. 2 des Anstellungsvertrages), mithin zum 30. Juni 2001, umzudeuten. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. März 2001 sei der Anstellungsvertrag gemäß § 108 Abs. 1 InsO noch nicht beendet worden; ebensowenig habe der Beklagte diesen vor dem 30. Juni 2001 gemäß § 113 Abs. 1 InsO gekündigt. Die Hilfsaufrechnung des Beklagten gegenüber dem Zahlungsanspruch des Klägers greife nur in Höhe von 25.000,00 DM (12.782,30 €) durch.
IV. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats bedarf es für die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages (§ 626 Abs. 1 BGB) nicht der sofortigen Angabe eines wichtigen Grundes (Senat, BGHZ 27, 220, 225; 157, 151, 157 f.). Dieser oder auch weitere wichtige Gründe können grundsätzlich auch noch im Rechtsstreit nachgeschoben werden, soweit sie bei Ausspruch der Kündigung objektiv vorlagen und dem kündigenden Gesellschaftsorgan nicht länger als zwei Wochen zuvor bekannt geworden waren (BGHZ 157, 151, 157 m.w.Nachw.). Handelt es sich aber - wie hier - bei dem für die fristlose Kündigung maßgebenden Grund um ein Dauerverhalten , so beginnt die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht vor dessen Beendigung (Sen.Urt. v. 5. Juni 1975 - II ZR 131/73, WM 1975, 793 f.; v. 26. Juni 1995 - II ZR 109/94, ZIP 1995, 1334, 1336; BAGE 24, 383, 396 ff.; Hachenburg/Stein, GmbHG 8. Aufl. § 38 Rdn. 70). Schon deshalb ist hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unerheblich, wann die beiden anderen Gesellschafter-Geschäftsführer - richtigerweise die Gesellschafterversammlung als Kollektivorgan (vgl. BGHZ 139, 89 ff.) unter Einschluß des ebenfalls an der Kündigung mitwirkenden Gesellschafters N. - erstmals Kenntnis von der (angeblichen) Konkursverschleppung erlangt haben.
Im übrigen hätte das Berufungsgericht auch von seinem Rechtsstandpunkt aus das unter Beweis gestellte Vorbringen des Beklagten, die Mitgesellschafter des Klägers hätten erst innerhalb von zwei Wochen vor der Kündigung von der Konkursverschleppung erfahren, nicht als "pauschal" abtun dürfen. Grundsätzlich genügt für einen Sachvortrag die Behauptung von Tatsachen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als entstanden anzusehen (vgl. BGHZ 127, 354, 358 f. m.w.Nachw.).
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht einem Nachschieben des vom Beklagten geltend gemachten Kündigungsgrundes auch nicht der Vortrag in der Klageerwiderung der Schuldnerin vom 1. März 2001 entgegen, wonach es sich nicht um eine Kündigung aus wichtigem Grunde gehandelt haben soll. Dieser Vortrag war und ist gemäß § 249 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich , weil um 0.00 Uhr dieses Tages bereits das Insolvenzverfahren eröffnet und der Rechtsstreit damit gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden war. Zudem handelt es sich bei der Kündigungserklärung vom 10. November mit Wirkung ab 13. November 2000 um eine außerordentliche, nicht an der vereinbarten Frist orientierte Kündigung, der grundsätzlich ein wichtiger Grund nachgeschoben werden kann. Soweit in dem Schriftsatz vom 1. März 2001 der Fortbestand des Anstellungsverhältnisses des Klägers bis zum 30. Juni 2001 "anerkannt" wird, ist dies sowohl prozessual als auch materiell-rechtlich unbeachtlich, weil die Schuldnerin schon zuvor ihre Verfügungsbefugnis gemäß § 81 Abs. 1 InsO verloren hatte und dieser Verlust der Verfügungsbefugnis auch auf Rechtshandlungen ihres Prozeßbevollmächtigten durchgriff (vgl. Uhlenbruck aaO § 81 Rdn. 4 m.w.Nachw.).
V. Das angefochtene Urteil kann daher mit der ihm von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bestehen bleiben. Es läßt sich auch nicht mit anderer Begründung durch abschließende Endentscheidung des Senats ganz oder zum Teil aufrechterhalten (vgl. § 561 ZPO).
1. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1. März 2001 wurde der Anstellungsvertrag des Klägers nicht beendet, wie sich aus §§ 108 Abs. 1, 113 Abs. 1 InsO ergibt. Danach bestehen Dienstverhältnisse mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort, können allerdings von dem Insolvenzverwalter nach Maßgabe des § 113 Abs. 1 InsO gekündigt
werden. Diese Vorschriften gelten für alle Dienstverhältnisse einschließlich desjenigen eines Gesellschafter-Geschäftsführers in der Insolvenz der Gesellschaft (vgl. Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 11 Rdn. 127 m.w.Nachw.). Entsprechendes hat der Senat (BGHZ 75, 209) bereits zu § 22 KO entschieden. Daran hat sich durch die Insolvenzordnung nichts geändert. Es kommt daher im vorliegenden Fall auf die Wirksamkeit der Kündigung der Schuldnerin vom 10. November 2000 und den von dem Beklagten im Rechtsstreit geltend gemachten Kündigungsgrund an.
2. Dem Beklagten fehlte nicht etwa die Befugnis, den geltend gemachten Kündigungsgrund nachzuschieben. Handelt es sich - wie möglicherweise hier - um einen anderen als denjenigen Grund, der die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG) zu der außerordentlichen Kündigung (§ 626 Abs. 1 BGB) eines Geschäftsführeranstellungsvertrages veranlaßt hat, so hat über das Nachschieben dieses Grundes das für eine Kündigung zuständige Organ zu entscheiden (BGHZ 157, 151, 159). Mit der Bestellung des Beklagten zum Insolvenzverwalter ist die Kündigungsbefugnis der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG) auf ihn übergegangen (vgl. § 113 InsO sowie - zu § 22 KO - Senat, BGHZ 75, 209). Das gilt auch für die "Nachschiebebefugnis", die der Beklagte seinerseits nicht innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von dem nachgeschobenen Grund (angebliche Konkursverschleppung des Klägers) ausüben mußte (BGHZ 157, 151, 157 f.). Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Gesellschafterversammlung der Schuldnerin der nachgeschobene Grund bei Ausspruch der Kündigung überhaupt bekannt war (vgl. Sen.Urt. v. 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, DStR 1998, 398 = NJW-RR 1998, 1409).
3. Die von dem Beklagten behauptete Insolvenzverschleppung seitens des Klägers wäre ggf. als wichtiger Grund i.S. von § 626 Abs. 1 BGB auch nicht ungeeignet. Zwar genügt dafür die Verletzung von Organpflichten (hier § 64 Abs. 1 GmbHG) für sich allein nicht; maßgebend ist vielmehr, ob der Gesellschaft die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses wegen der Pflichtverletzung nicht mehr zugemutet werden konnte. Handelt es sich wie hier um eine Insolvenzverschleppung, so steht bei der erforderlichen Zumutbarkeits- und Interessenabwägung auf seiten der insolvenzreifen Gesellschaft ihr normatives Eigeninteresse im Vordergrund, ihre noch vorhandene Vermögensmasse im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten. Das zeigt z.B. § 64 Abs. 2 GmbHG, welcher der Gesellschaft einen Ersatzanspruch gegen ihren Geschäftsführer im Fall einer Masseverkürzung zugunsten einzelner Gläubiger zuweist. Aus dieser Sicht ist es der Gesellschaft im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB nicht zuzumuten, einen ihre Insolvenz schuldhaft verschleppenden Geschäftsführer weiterzubeschäftigen und ihm auch noch über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus - bis zum Wirksamwerden einer etwaigen Kündigung durch den Insolvenzverwalter gemäß § 113 Abs. 1 InsO - Gehalt aus der Insolvenzmasse (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO; vgl. Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 11 Rdn. 127 m.w.Nachw.) zu zahlen. Schon wegen der Maßgeblichkeit des genannten Gesellschaftsinteresses kann der Kläger der Kündigung aus dem vom Beklagten geltend gemachten wichtigen Grund nicht entgegenhalten, daß die beiden an der Kündigung mitwirkenden anderen Gesellschafter-Geschäftsführer auch ihrerseits zu rechtzeitiger Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet gewesen wären. Davon abgesehen läge nach dem Vortrag des Beklagten eine Pflichtwidrigkeit des Klägers auch ihnen gegenüber vor, weil er sie über die offenbar zunächst nur ihm bekannte Insolvenzreife der Schuldnerin
nicht rechtzeitig informiert hat. Hinzu kommt, daß auch noch ein weiterer, nicht geschäftsführender Gesellschafter an dem Kündigungsbeschluß mitgewirkt hat.
4. Nach allem hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob der von dem Beklagten erhobene Vorwurf einer Insolvenzverschleppung seitens des Klägers zutrifft und daher die Kündigung der Schuldnerin gegenüber dem Kläger vom 10. November 2000 aus dem vom Beklagten nachgeschobenen wichtigen Grund berechtigt war. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war der mit dem Zeugnis der beiden anderen GesellschafterGeschäftsführer unter Beweis gestellte Vortrag des Beklagten, die Schuldnerin habe spätestens ab 1. Juli 2000 die Löhne für ihre 200 Mitarbeiter nicht mehr bezahlen und auch ihre sonstigen Verbindlichkeiten nicht voll decken können, hinreichend substantiiert. Da das Berufungsgericht zu der behaupteten Insolvenzverschleppung keine Feststellungen getroffen hat, ist die Sache zur Nachholung der noch erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
5. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß das Berufungsgericht dem Beklagten den von diesem hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Erstattungsanspruch wegen der von dem Kläger am 20. Oktober 2000 aus dem Gesellschaftsvermögen entnommenen 17.000,00 DM mit unzutreffender Begründung aberkannt hat. Für die streitige Berechtigung zu der Entnahme ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig (vgl. Senat, BGHZ 152, 280, 284 f.; Urt. v. 26. November 1990 - II ZR 223/89, WM 1991, 281 f.); er hat deshalb auch den von ihm behaupteten Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber der Schuldnerin nachzuweisen. Aus der von ihm vorgelegten Einzahlungsquittung über 17.000,00 DM ergibt sich nicht, daß es sich um eine Darlehensgewährung handelte. War die Schuldnerin zum Zeit-
punkt der Entnahme in einer Krise und darüber hinaus sogar insolvenzreif, wie der Beklagte behauptet, stünden der Rechtmäßigkeit der Entnahme auch der Gesichtspunkt des Eigenkapitalersatzes sowie § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG entgegen.
Goette Kraemer Gehrlein
Strohn Caliebe
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.
(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
Tenor
1. Auf die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. wird das Grund- und Teilurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz insoweit aufgehoben, als die Klage auf Zahlung von Restwerklohn aus den Erdbauarbeiten der Klägerin an der Airbase ...[A] sowie die Klage auf Zahlung von Schadensersatz wegen der vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages über die genannten Erdbauarbeiten dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wurden.
2. Auf die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin wird festgestellt, dass der Bauvertrag der Parteien vom 25. Mai 2004 betreffend das Bauvorhaben "Sanierung der Oberflächenentwässerung; Regenrückhalte-becken II, Projekt-Nummer 30974389" durch die Klägerin am 18. März 2005 wirksam gekündigt worden ist.
3. Im Umfang der Aufhebung wird im Übrigen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
4. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. jeweils 1/3 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten selbst sowie gesamtschuldnerisch 1/3 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Im Übrigen bleibt auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens dem Landgericht überlassen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. dürfen die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
- 1
Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aufgrund eines vorzeitig beendeten Bauvertrages, in dem die Geltung der VOB/B vereinbart wurde.
- 2
Die Klägerin macht insoweit Restwerklohn sowie Schadensersatz/Aufwendungsersatz geltend; die Beklagte begehrt widerklagend den Ersatz ihr entstandener Mehrkosten und die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin wegen der erfolgten Kündigung.
- 3
Die Beklagte beabsichtigte die Anlegung eines Regenrückhaltebeckens im Bereich des …[X]bachs auf dem Flughafengelände ...[A], wobei sie die Nebenintervenientin zu 1. einschaltete. Es sollten dabei auf einer Fläche von ca. 50 m Breite und 500 m Länge etwa 80.000 m³ Erdboden ausgehoben werden. Dabei sollte es sich bei ca. 57.000 m³ um Aufschüttungen und bei 27.000 m³ um natürliches Material (Sande bzw. unbelastete Böden) handeln. Bei einem Teil des betroffenen Erdreichs handelte es sich um eine registrierte Altlast im Altlastenkataster des Landes Rheinland-Pfalz (Anlageband III, Bl. 938).
- 4
Am 30. Mai 2003 erhielt die Beklagte die wasserrechtliche Plangenehmigung gemäß § 31 WHG der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd (Anlageband III, Bl. 992 ff), in der darauf hingewiesen wurde, dass durch die geplanten Erdbauarbeiten im Bereich des Regenrückhaltebeckens verschiedene im Altlastenkataster registrierte Altablagerungen überplant bzw. tangiert würden und ihr ein Rückbaukonzept (Beschreibung des Bauablaufs, Entsorgung des Auffüllmaterials, Freimessung der geräumten Flächen sowie gegebenenfalls Angaben zur Wasserhaltung, Arbeits- und Umgebungsschutzmaßnahmen usw.) vorzulegen sei. Weiter wurde darin erklärt, dass die technischen Regelungen "Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen" der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) zu beachten seien und für den Nachweis der Umweltverträglichkeit das Material gemäß den Begriffsbestimmungen der LAGA (Bauschutt, Erdaushub etc.) zu separieren und analytisch zu überprüfen sei. Die Verwertungs- und Beseitigungswege der im Rahmen der Baumaßnahmen anfallenden Aushubmassen seien gegenüber der SGD Süd nachzuweisen.
- 5
Die Beklagte beauftragte die Nebenintervenientin zu 2. mit geotechnischen Voruntersuchungen. In ihrem geotechnischen Bericht vom 27. November 2003 (Anlageband III, Bl. 958 ff) unterteilte die Nebenintervenientin zu 2. die zu erwartenden Bodengruppen in sechs Bodenklassen nach DIN 18300 (Anlageband III, Bl. 963) und wies auf eine nur bedingte Wiederverwendbarkeit der Aushubmassen im Hinblick auf die Inhomogenität und den hohen humosen Anteil der Auffüllungen hin. Wegen des hohen Humusanteils könne ein Teil des Erdreichs allenfalls für Lärmschutzwälle verwendet werden (Anlageband III, Bl. 966), während die grauen quartären Sande für eine Wiederverwendung als Austauschboden bodenmechanisch geeignet seien. Die Auffüllung sei im Groben in die Einbauklasse bis Z 1.1 nach LAGA einzustufen; von 15 Mischproben seien 12 in die LAGA-Einbauklasse Z 0 (unbelastetes Material), eine Probe in die LAGA-Einbauklasse Z 1.1 und eine weitere Probe in die LAGA-Einbauklasse Z 2 einzustufen (Anlageband III, Bl. 968, 969).
- 6
Die durchzuführenden Erdarbeiten wurden sodann öffentlich ausgeschrieben mit einem Kurztext-Leistungsverzeichnis (Anlage K 3, Anlageband I, Bl. 21 - 40) und einem Langtext-Leistungsverzeichnis (Anlageband I, Bl. 41 ff). In den projektbezogenen Vorbemerkungen wurde unter C.01. und C.02. (Anlageband I, Bl. 29 - 36) auf die Einstufung des Bodenaushubs in die verschiedenen LAGA-Klassen hingewiesen und auf den Eigentumsübergang des Materials bestimmter LAGA-Klassen auf den Auftragnehmer; hinsichtlich einzelner Boden-materialien wurde - je nach LAGA-Klasse - eine Entsorgungsverpflichtung des Auftragnehmers oder eine Pflicht des Auftragnehmers zum Abfahren und Zwischenlagern des für den Wiedereinbau geeigneten Materials auf Mieten innerhalb des Flugplatzgeländes normiert.
- 7
Die einzelnen Erdaushubarbeiten wurden zu Einheitspreisen ausgeschrieben unter anderem mit Zulagenpositionen für Boden der Klasse über LAGA Z 1.1 bis LAGA Z 2 sowie der Bodenklasse LAGA Z 3 und höher (Anlageband I, Bl. 53 - 54).
- 8
Die Klägerin erhielt im Mai 2004 den Zuschlag für die Erdarbeiten zu einem Nettopreis von 1.085.244,60 € (Anlageband I, Bl. 94). Sie sollte zudem zusammen mit der Firma ...[B] Bau als ARGE Arbeiten an der Rampe 5 des Flughafengeländes vornehmen. Das Leistungsverzeichnis dieser Arbeiten sah unter anderem vor, dass dort lediglich Füllmaterial ohne humose Bestandteile zu verwenden war.
- 9
Nach Übernahme des Auftrags erörterte die Klägerin bzw. die ARGE mit dem von der Beklagten beauftragten Gutachterbüro ...[C], dass ein Einbau von Erdaushub der Klasse LAGA Z 1.2 aus dem Bereich des Regenrückhaltebeckens im Bereich der Rampe 5 beabsichtigt sei. Das Gutachterbüro teilte sodann der Beklagten durch Schreiben vom 21. Juni 2004 (Bl. 398 - 399 d. A.) die Unzulässigkeit dieses Einbaus ohne die erforderliche Genehmigung der zuständigen Behörde mit.
- 10
Mit Schreiben vom 1. September 2004 (Bl. 378 d. A.) wies die Nebenintervenientin zu 1. die Klägerin darauf hin, welches Erdaushubmaterial der jeweiligen Positionen des Leistungsverzeichnisses auf Mieten aufzusetzen, einzubauen oder zu beseitigen sei und welches in das Eigentum der Klägerin oder der Beklagten übergehe. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass eine Vermischung von gewachsenem Boden der Bodenklasse 3 - 5, 6 und 7, Boden aus Auffüllungen und humosen Bodenarten nicht gestattet sei.
- 11
Anfang September 2004 hob die Klägerin insgesamt 2.287 m³ Baugrund aus dem Bereich der Auffüllungen (Leistungsverzeichnis Position 1.2.120) aus und baute diese im Bereich der Rampe 5 ein. Aus dem Aushub wurden nach Angaben der Klägerin ca. 935 m³ Bauschuttreste aussortiert. Von diesem Aushub der Klägerin entnahm die Nebenintervenientin zu 2. am 16. September 2004 eine Bodenprobe.
- 12
Bei einer Baubesprechung vom 15. September 2004 bat die Klägerin um Überlassung der Untersuchungsergebnisse der - zur Vorbereitung der Ausschreibung durch die Nebenintervenientin zu 2. vorgenommenen - schadstofftechnischen Beprobung des Baufeldes, weil sie den Aushub aus den Auffüllungsbereichen in einem anderen Bauvorhaben einbauen wolle und dort eine Beprobung der angelieferten Stoffe nach LAGA gefordert werde. Die Beklagte lehnte eine Weitergabe der Untersuchungsergebnisse ab (Bl. 686 d. A.).
- 13
Mit Schreiben vom 16. September 2004 (Anlage K 18, Anlageband II, Bl. 416) forderte die Klägerin von der Beklagten die umweltrechtliche Freigabe der abzufahrenden Erdmassen für den Einbau bei anderen Baumaßnahmen. Soweit dies nicht der Fall sei bzw. zusätzliche Nachweise für den Einbau bei anderen Maßnahmen notwendig seien, meldete sie "bereits jetzt" die daraus resultierenden Mehrkosten an; es gehe hier um Deklarationsanalysen-Kosten nach LAGA oder Deponierungskosten.
- 14
Am 21. September 2004 wurde der Einbau von Auffüllmaterial im Bereich der Rampe 5 gestoppt. Die ARGE wurde auf die Ungeeignetheit des angelieferten Materials hingewiesen und zur restlosen Entfernung von dem Baufeld und der Zwischendeponie aufgefordert; zugleich wurde eine fehlende deutliche Trennung der gelagerten Materialien auf dem Zwischenlager gerügt (Bl. 362 - 363 d. A.).
- 15
Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 23. September 2004 (Bl. 200 d. A.) erneut ihre Absicht der Wiederverwendung der Erdmassen unter Hinweis auf § 1 KrW/AbfG und forderte im Hinblick auf die von der Beklagten stattdessen gewünschte Deponierung der Erdmassen die Erbringung der dafür notwendigen LAGA-Analysen von einer pro angefangene 1000 Tonnen Erdaushub. Da die umweltrechtliche Begleitung durch die Beklagte erbracht werde, müsse diese auch die Kosten der LAGA-Analysen tragen. Die Klägerin verwies auf ein beigefügtes Nachtragsangebot über 103.000 € zur Durchführung der LAGA-Analysen, alternativ forderte sie im Falle der Analysierung durch die Beklagte selbst die Übergabe der Analyseergebnisse. Mit Schreiben vom gleichen Tage erklärte die Klägerin, dass sie wegen Regens an der Ausführung der Erdarbeiten behindert sei (Anlage K 20, Anlageband II, Bl. 423).
- 16
Der für die Beklagte handelnde LBB in ...[Z] entschied mit Schreiben vom 4. Oktober 2004 (Anlage K 24, Anlageband II, Bl. 428 - 430), dass die Klägerin die LAGA-Kosten zur Deponierung nicht übernehmen müsse, diese vielmehr von der Nebenintervenientin zu 2. gemäß deren Architekten-/Ingenieurvertrag übernommen würden. Das Leistungsverzeichnis gehe nicht auf die DIN 18299 0.4.2 "Besondere Leistungen" ein, wonach in der Leistungsbeschreibung Kosten von erheblicher Bedeutung für die Kalkulation angegeben werden müssten. Eine überschlägige Berechnung ergebe bei 110 Laboruntersuchungen zu je 490 € einen Gesamtbetrag von 53.900 €; entsprechend der DIN hätten deshalb die Eignungsnachweise (also auch die LAGA-Untersuchungen) gesondert in der Leistungsverzeichnisbeschreibung ausgewiesen werden müssen.
- 17
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2004 (Anlageband III, Bl. 977- 978) lehnte die Nebenintervenientin zu 1. eine Beauftragung der Klägerin mit LAGA-Analysen gemäß deren Nachtragsangebot vom 23. September 2004 ab und forderte die Klägerin zur unverzüglichen Wiederaufnahme der Arbeiten auf.
- 18
Die Klägerin rügte demgegenüber mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 (Anlage K 25, Anlageband II, Bl. 431), dass sie ohne die - bauseits zu erbringenden - LAGA-Analysen die Erdarbeiten nicht wieder aufnehmen könne; sie sei seit dem 27. September 2004 in der Ausführung dieser Arbeiten behindert (§ 6 Nr. 1 und 2 VOB/B).
- 19
Nachdem die Klägerin am 12. Oktober 2004 ca. 900 t weißgraue Sande aus dem Bereich des Regenrückhaltebeckens II abtransportiert und anderweitig eingebaut hatte, verwiesen sowohl die Nebenintervenientin zu 1. mit Schreiben vom 19. Oktober 2004 (Bl. 387 d. A.) als auch die Beklagte mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 (Anlageband III, Bl. 433 - 434) auf die Unzulässigkeit des Abtransports. Die Nebenintervenientin zu 1. forderte die Klägerin auf, das abtransportierte Aushubmaterial an die zugewiesene Stelle zu schaffen. Die Beklagte wies die Behinderungsanzeige der Klägerin wegen fehlender LAGA-Analysen im Hinblick auf die baubegleitenden Untersuchungen durch die Nebenintervenientin zu 2. zurück und forderte die Klägerin auf, die Arbeiten bis zum 25. Oktober 2004 aufzunehmen (Anlageband III, Bl. 981).
- 20
Mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 (Bl. 388 - 389 d. A.) teilte die Klägerin mit, dass ein Teil der weißgrauen Sande inzwischen anderweitig verbaut worden sei. Da sie nach dem Bauvertrag allenfalls zur Abfuhr von maximal 26.400 m³ Erdmassen auf Zwischenlager verpflichtet sei, falle eine Nachtragsvergütung für das Verbringen weiterer Massen auf ein Zwischenlager an.
- 21
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 die Behinderungsanzeige der Klägerin wegen fehlender LAGA-Analysen erneut zurück und forderte sie zur Wiederaufnahme der Arbeiten auf.
- 22
Am 25. Oktober 2004 erstellte die Klägerin ihre zweite Abschlagsrechnung über 259.511,84 € (Anlage K 38, Anlageband II, Bl. 468 - 489). Insoweit forderte die Klägerin Zahlung in Höhe von 183.805,63 €; die Beklagte zahlte jedoch lediglich 81.349,65 € brutto (Anlage K 39, Anlageband II, Bl. 490).
- 23
Am 27. Oktober 2004 teilte die Nebenintervenientin zu 2. als Ergebnis der am 16. September 2004 aus dem Erdaushub der Klägerin entnommenen Mischprobe mit, dass darin keine erhöhten Schadstoffgehalte festgestellt worden seien und die Schwarzdeckenprobe als Ausbauasphalt im Sinne der Einbauklasse Z 1.1 der LAGA eingestuft werde (Prüfbericht in Anlageband II, Bl. 552 ff).
- 24
Die Klägerin wies mit Schreiben vom 27. Oktober 2004 (Anlage K 29, Anlageband II, Bl. 437) auf einen bei Kontaminationsverdacht üblichen Probeumfang von einer LAGA-Analyse je angefangener 1000 t (entspricht ca. 500 m³) Abfuhrmasse hin. Sie bestehe auf einer Vorlage von LAGA-Analysen vor der Abfuhr der Erdmassen, da das Abfahren mit begleitender LAGA-Analyse erhebliche Gefahren hinsichtlich Arbeitsschutz und Kosten verursache. Die Klägerin meldete weiterhin Behinderung der Erdarbeiten gemäß § 6 Nr. 1 VOB/B an und bat bis zum 2. November 2004 um Entscheidung, ob die Erdmassen trotz der genannten Bedenken auf Risiko der Beklagten abgefahren werden sollten.
- 25
Mit Schreiben vom 4. November 2004 (Anlage K 30, Anlageband II, Bl. 439 - 440) verwies die Klägerin auf die Notwendigkeit weiterer Analysen nach den Vorschriften der LAGA im Hinblick auf die bei einer Probe festgestellte Belastung nach der LAGA-Zuordnungsklasse Z 2 und darauf, dass eine gemeinsame Abfuhr von Massen unterschiedlicher Belastung und der damit verbundenen zwangsläufigen Vermischung dem Verdünnungsverbot gemäß den LAGA-Richtlinien widerspreche. Die Klägerin forderte die Beklagte zur Durchführung bzw. Vorlage der gemäß LAGA-Mitteilung Nr. 20 geforderten Bodenanalysen vor Abfuhr der Massen bis spätestens 8. November 2004 auf.
- 26
Am 8. November 2004 rügte die Klägerin erneut Behinderung wegen der fehlenden LAGA-Analysen (Anlage K 33, Anlageband II, Bl. 452).
- 27
Ein Antrag der Klägerin auf Genehmigung der Ablagerung von ca. 20.000 m³ des Bodenmaterials auf einer landwirtschaftlichen Fläche in ...[Y] wurde von der Unteren Landespflegebehörde abgelehnt (Anlageband III, Bl. 989).
- 28
Bei einer Baubesprechung vom 11. November 2004, deren Ablauf streitig ist, wies die Beklagte ausweislich ihres Aktenvermerks (Anlage K 105, Anlageband III, Bl. 935 - 940) auf die nach ihrer Auffassung unberechtigte Forderung der Klägerin nach aushubbegleitenden Analysen von mindestens einer für 1000 t hin und verwies auf die von der Nebenintervenientin zu 2. präventiv durchzuführenden aushubbegleitenden LAGA-Analysen ca. alle 2.000 m³.
- 29
Demgegenüber erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 12. November 2004 (Anlage K 34, Anlageband II, Bl. 458 - 459), dass wegen der für eine Einstufung der Aushubmasse in LAGA-Zuordnungswerte nicht ausreichenden Voruntersuchungen ein den Aushub von fünf Tagen, somit 10.000 m³ fassendes Zwischenlager eingerichtet und unterhalten werden müsse, in dem die Aushubmassen bis zur Vorlage der Untersuchungsergebnisse nach LAGA verblieben. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, bis zum 16. November 2004 Art und Lage des Zwischenlagers anzugeben und die weitere Vorgehensweise festzulegen. Des Weiteren meldete die Klägerin Behinderung nach § 6 Nr. 1 VOB/B an. Sie rügte zudem, dass sich bei der Baubesprechung am 11. November 2004 ergeben habe, dass die Beklagte entgegen § 4 Nr. 1 VOB/B nicht alle öffentlich-rechtlichen Bewilligungen herbeigeführt habe und insbesondere das nach der wasserrechtlichen Genehmigung erforderliche Rückbaukonzept sowie die Abstimmung mit den Behörden über die Freigabe bzw. Freimessung der Baugrube fehlten.
- 30
Mit Schreiben vom 12. November 2004 (Anlage K 35, Anlageband II, Bl. 460 - 463) wies der LBB ...[Z] die Klägerin darauf hin, dass nach der Ausschreibung kein Raum für eine Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen sei und die speziellen LAGA-Untersuchungen allein Sache der Klägerin seien. Zugleich wurde auf das Ende der Vertragsbauzeit am 14. Januar 2005 und die bisher von der Klägerin erst abgefahrene Menge von 2.500 m³ hingewiesen sowie die Kündigung des Bauvertrages bzw. Schadensersatzforderungen angekündigt, sofern die Klägerin die Arbeiten nicht bis zum 24. November 2004 wieder aufnehme.
- 31
Die Klägerin stellte am 17. November 2004 ihre dritte Abschlagsrechnung über 328.143,77 € (Anlage K 95, Anlageband III, Bl. 876 - 898) und rügte mit Schreiben vom 22. November 2004 (Anlage K 36, Anlageband II, Bl. 464 - 465) das Ruhen der Erdarbeiten seit ca. acht Wochen, was durch die Beklagte zu vertreten sei, weil sie die notwendigen LAGA-Untersuchungen nicht erbracht bzw. nicht vorgelegt habe. Sie verwies hinsichtlich der bauseitigen Pflicht zur Erbringung der LAGA-Analysen auf das Schreiben des LBB vom 4. Oktober 2004 und forderte die Beklagte auf, bis zum 24. November 2004 die wasserrechtliche Genehmigung zur Baumaßnahme und den Bescheid der SGD Süd hinsichtlich der Vorgehensweise zur definitiven Einstufung der Aushubmassen in die LAGA-Zuordnungswerte vorzulegen.
- 32
Der LBB verwies mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 (Anlageband III, Bl. 986 - 991) für die Beklagte darauf, dass die wasserrechtliche Genehmigung seit dem 17. Juni 2003 vorliege und dass die Beklagte aus den im Schreiben vom 12. November 2004 genannten Gründen aus praktischen und vertragsrechtlichen Gründen nicht in der Lage sei, zusätzliche LAGA-Analysen des Bodens gemäß OZ 1.2.120 aushubbegleitend zu liefern. Der geotechnische Bericht der Nebenintervenientin zu 2. vom 27. November 2003 enthalte alle erforderlichen Untersuchungen für eine entgeltliche Einlagerung des Bodenaushubs; so verlange die Firma ...[D] keine zusätzlichen LAGA- Analysen zum Einlagern von Boden der Einbauklasse bis Z 1.1. Es müssten sämtliche 57.000 m³ der Position 1.2.10 des Leistungsverzeichnisses (auch soweit diese ausschließlich Z 0 Material betrifft) von der Airbase abgefahren werden, ein Wiedereinbau auf dem Flugplatzgelände sei nicht möglich. Die Klägerin solle ihre Arbeiten innerhalb von acht Tagen wieder aufnehmen.
- 33
Am 8. Dezember 2004 stellte die Klägerin ihre vierte Abschlagsrechnung in Höhe von 367.494,69 € (Anlage K 42, Anlageband II, Bl. 493 - 509).
- 34
Die Klägerin verwies mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 (Anlage K 37, Anlageband II, Bl. 466 - 467) darauf, dass die im November 2003 durchgeführten Bodenanalysen eine teils erhebliche Belastung des Bodens (LAGA-Einbauklasse Z 2) ergeben hätten und deshalb wegen Verdachtsmomenten auf Bodenbelastungen ausreichende LAGA-Analysen vor Abfuhr durchzuführen seien. Dies sei Praxis und könne über ein Zwischenlager geregelt werden, wobei wegen des Verdünnungsverbots aber die Bodenbereiche unterschiedlicher Zuordnungswerte vor Abfuhr abgegrenzt werden müssten. Da diese Abgrenzung von der Beklagten verweigert werde, sei die Klägerin an der Ausführung ihrer Arbeiten gehindert. Die Beklagte habe auch das nach der wasserrechtlichen Genehmigung erforderliche Rückbaukonzept nicht vorgelegt; dieser öffentlich-rechtliche Bescheid sei auch für die Klägerin maßgeblich. Die Beklagte solle einen schriftlichen Bescheid der SGD Süd vorlegen, welche weiteren Bodenuntersuchungen vor Abfuhr durchzuführen seien.
- 35
Mit Schreiben vom 12. Januar 2005 (Anlage K 43, Anlageband II, Bl. 510) setzte die Klägerin der Beklagten eine Zahlungsfrist für die vierte Abschlags-rechnung bis zum 17. Januar 2005. Am 10. Februar 2005 stellte die Klägerin ihre sechste Abschlagsrechnung über 472.237,29 € (Anlage K 45, Anlageband II, Bl. 512 - 528).
- 36
Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 15. Februar 2005 (Anlage K 46, Anlageband II, Bl. 529 - 530), dass die zweite Abschlagsrechnung vom 25. Oktober 2004 in Höhe von 157.055,86 € festgestellt sei; weitere Forderungen würden nicht anerkannt, da die Klägerin die Erdarbeiten eingestellt habe und sich zu Unrecht auf einen Zahlungsverzug der Beklagten berufe.
- 37
Mit Schreiben vom 18. März 2005 (Anlage K 11, Anlageband I, Bl. 211 - 212) kündigte die Klägerin - nach entsprechender Androhung mit Schreiben vom 14. März 2005 (Anlage K 10, Anlageband I, Bl. 209 - 210) - das Vertragsverhältnis "aus wichtigem Grund" gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B, da sie seit mehr als drei Monaten in der Bauausführung behindert sei und gem. § 9 Nr. 1 VOB/B, weil ihre Abschlagsrechnungen Nr. 3 bis 6 nicht bezahlt worden seien.
- 38
Die Beklagte widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 23. März 2005 (Anlage K 104, Anlageband III, Bl. 930 - 934), da die Klägerin die Bauarbeiten zu Unrecht eingestellt habe. Das Angebot baubegleitender LAGA-Analysen sei ausreichend gewesen. Die Kosten für LAGA-Analysen zur Ermöglichung einer Verwertung der Erdmassen müsse die Klägerin selbst tragen.
- 39
Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 (Anlage K 53, Anlageband II, Bl. 549) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die in der Zeit zwischen dem 16. und dem 22. September 2004 ausgehobenen ca. 2.300 m³ auf ein Zwischenlager in der Nähe der Rampe 5 gefahren worden seien und laut den inzwischen vorliegenden Untersuchungsergebnissen der LAGA-Einbauklasse Z 0 zugeordnet wor-den seien.
- 40
Am 4. Juli 2005 legte die mit der geotechnischen Fachbauüberwachung beauftragte Firma ...[C] GmbH ihren Bericht vor (Bl. 320 - 353 d. A.). Darin führte das Ingenieurbüro aus, dass die von der Klägerin ausgehobenen ca. 2.300 m³ aus dem Bereich des Regenrückhaltebeckens II für einen Einbau auf der ...[A] nicht geeignet seien, bzw. dass ein Einbau abgelehnt worden sei (Bl. 342 d. A.).
- 41
Im weiteren Verlauf der Arbeiten forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Betonbodenplatte (Abstellfläche) im Bereich der Rampe 5 und die darunter eingebaute Tropfkörperschlackenschicht zurückzubauen.
- 42
Die von der Klägerin auszuführenden Arbeiten sind nach Angaben der Beklagten letztlich durch die Firma ...[E] aufgrund Bauvertrag mit dieser vom 21. März 2006/27. Juni 2006 (Bl. 701 - 702 d. A.) zu Ende geführt worden.
- 43
Die Klägerin forderte die Beklagte vergeblich zur Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 (Bl. 509 d. A.), dass dies nicht möglich sei; die Klägerin habe den Vertrag zu Unrecht gekündigt und der Beklagten stünden noch Zurückbehaltungsrechte bzw. Schadensersatzansprüche zu. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 (Anlage K 122, Bl. 464 d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich auf, den Sicherheitseinbehalt nach § 17 VOB/B auf ein Verwahrgeldkonto einzuzahlen und entsprechende Nachweise bis zum 30. Oktober 2006 zu führen.
- 44
Im vorliegenden Prozess begehrt die Klägerin aus dem streitigen Vorhaben noch Restwerklohn gemäß Schlussrechnung vom 3. Juni 2005 (Anlage K 12, Anlageband I, Bl. 213 ff.) in Höhe von 218.540,25 €, wegen der vorzeitigen Vertragskündigung Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B in Form von entgangenem Gewinn bzw. Aufwendungsersatz gemäß § 9 Nr. 3 VOB/B/§ 642 BGB für Kosten aus Behinderungen, Baustillstand durch Behinderungen und nicht erwirtschaftete umzulegende Leistungen in Höhe von insgesamt 435.549,77 € (Anlage K 17, Anlageband II, Bl. 414 - 415) sowie Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft über 32.550 € zuzüglich eines Zinsschadens von 15.136,76 €.
- 45
Die Klägerin hat vorgetragen,
- 46
die Beklagte habe sich - entgegen ihrer ausdrücklichen Zusage am 4. Oktober 2004 - vertragswidrig geweigert, ausreichende LAGA-Untersuchungen vor dem Erdaushub zur Verfügung zu stellen. Ohne ausreichende LAGA-Analysen von jeweils 500 m³ Aushubmasse habe für die Klägerin die Gefahr einer Ordnungswidrigkeit bzw. Straftat wegen unerlaubten Transportierens von "Abfall" bestanden. Durch die unberechtigte Weigerung ausreichender Analysen auf Kosten der Beklagten seien die Erdarbeiten mehr als drei Monate in Stillstand geraten. Zudem habe die Beklagte schuldhaft versäumt, die wasserrechtliche Genehmigung sowie ein von der SGD (schriftlich) bestätigtes Rückbaukonzept, aus dem sich auch die Verfahrensweise mit den LAGA-Analysen ergebe, vorzulegen. Ohne solche Unterlagen sei es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, die Erdbauarbeiten fortzuführen.
- 47
Die Klägerin hat beantragt,
- 48
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 654.090,02 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Juli 2005 sowie weitere 15.138,76 € zu zahlen,
- 49
2. die Beklagte weiter zu verurteilen, die Bürgschaftsurkunde …[H] vom 24. Juni 2004 Nr. 727870 in Höhe von 32.550 € herauszugeben sowie an die Klägerin Avalkosten in Höhe von 0,5 % seit dem 1. November 2006 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten seit dem 1. November 2006 zu zahlen.
- 50
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. und zu 2. haben beantragt,
- 51
die Klage abzuweisen.
- 52
Widerklagend hat die Beklagte beantragt,
- 53
1. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 297.423,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 54
2. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten alle über die in Ziffer 1 des Widerklageantrags hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die durch die Kündigung vom 18. März 2005 entstanden sind.
- 55
Die Klägerin hat beantragt,
- 56
die Widerklage abzuweisen.
- 57
Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen haben vorgetragen,
- 58
die angeblich fehlenden LAGA-Analysen und das fehlende Rückbaukonzept seien nur vorgeschobene Gründe, in Wirklichkeit habe sich die Klägerin verkalkuliert. Nach den Ausschreibungsunterlagen müsse die Klägerin die Kosten etwaiger LAGA-Analysen selbst tragen. Die Klägerin habe bis zur Einstellung der Arbeiten nur einen geringen Teil des Erdaushubs (nur ca. 2.300 m³) bewältigt gehabt und erst nach Versagung des Einbaus dieses Materials im Bereich der Rampe 5 habe die Klägerin eine Vielzahl unbegründeter Behinderungsanzeigen abgegeben. Die Beklagte habe der Klägerin ab dem 16. September 2004 vergeblich baubegleitende Bodenanalysen "aus der Baggerschaufel" angeboten und auch über ein geeignetes Rückbaukonzept verfügt. Der konkrete Verwertungsweg sei für die Klägerin in Nr. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses ersichtlich gewesen.
- 59
Der Klägerin stehe aus dem Bauvertrag allenfalls noch ein Restguthaben von 15.291,16 € zu, dem allerdings ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen des nicht erfolgten Rückbaus der Baustraße entgegenstehe.
- 60
Der Beklagten seien durch die unberechtigte Kündigung der Klägerin Mehrkosten entstanden durch die Beauftragung der Firma ...[E]; insoweit ergebe sich ein Schadensersatzanspruch der Beklagten in Höhe von derzeit 297.423,67 €.
- 61
Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch ein Grund- und Teilurteil die Klage auf Zahlung von Restwerklohn aus den Erdbauarbeiten der Klägerin an der ...[A] sowie die Klage auf Zahlung von Schadensersatz wegen der vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages über die genannten Erdbauarbeiten dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der von der Klägerin geltend gemachte Restwerklohnanspruch nur der Höhe nach streitig sei und deshalb insoweit ein Grundurteil ergehen könne. Aufgrund der von der Beklagten verschuldeten vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B dem Grunde nach zu. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F], denen sich das Gericht anschließe, seien aus derzeitiger Sicht zumindest Schadensersatzansprüche der Klägerin von bis zu 49.969,54 € wegen Umsatzausfällen sowie Schadensersatzansprüche von bis zu 226.619,50 € auf Ersatz entgangenen Gewinns nachvollziehbar. Deshalb sei auch ein Grundurteil zulässig über den der Klägerin gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B zustehenden Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Mitwirkung der Beklagten (§ 9 Nr. 1 a VOB/B) und wegen der Kündigung aus "sonstigem wichtigem Grund" (§ 314 Abs. 1 BGB bzw. § 6 Nr. 6 VOB/B).
- 62
Die Beklagte habe sich zu Unrecht geweigert, der Klägerin die erforderlichen LAGA-Analysen in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen, und dadurch schuldhaft ihre Vertragspflichten verletzt. Die Klägerin habe sich nicht der Gefahr einer ordnungswidrigkeiten- oder sogar strafrechtlichen Verfolgung durch die Abfuhr, Behandlung bzw. Beseitigung nicht ausreichend auf chemische Belastungen getesteten Erdaushubs aussetzen müssen. Die Beklagte habe deshalb durch die nicht ausreichenden LAGA-Analysen und ebenso mangels eines (rechtmäßigen und mit der SGD Süd abgestimmten) Rückbaukonzeptes die Klägerin über drei Monate bei ihren Erdarbeiten "behindert".
- 63
Die Beklagte sei nach dem Baugrundrisiko (§ 644 BGB) und aufgrund der Nebenbestimmungen zur wasserrechtlichen Genehmigung verpflichtet gewesen, die ca. 80.000 m³ auszuhebendes Erdreich nach den Richtlinien der LAGA untersuchen zu lassen, da es sich um eine militärische Liegenschaft gehandelt habe, bei der mit Bodenkontaminationen im Aushub zu rechnen gewesen sei. Wegen der absehbaren Umweltbelastung sei die Beklagte gemäß Nr. 30.4 der wasserrechtlichen Genehmigung ausdrücklich verpflichtet gewesen, die Anforderungen der LAGA zu beachten. Die Beklagte als öffentliche Behörde, die genehmigungspflichtige Erdbauarbeiten ausgeschrieben habe, hätte die bietenden Unternehmen zwingend von hoheitlichen Umweltauflagen für die ausgeschriebenen Arbeiten informieren müssen, was die Beklagte indes versäumt habe.
- 64
Die Beklagte sei hinsichtlich der 57.000 m³ Auffüllungen nach dem gültigen Abfallrecht (KrW-/AbfG) Abfallerzeugerin gewesen, weshalb nach den allgemeinen abfallrechtlichen Grundsätzen sowie gemäß Nr. 26.1.2 der wasserrechtlichen Genehmigung ein Rückbaukonzept erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe deshalb schon bei der Ausschreibung der Beseitigung der 57.000 m³ Auffüllungen (Position 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses) organisatorische Vorkehrungen zur Einhaltung der Umwelt schützenden Neben-bestimmungen in der wasserrechtlichen Genehmigung (§ 31 Abs. 3 WHG) und zur Vornahme systematischer Schadstoffanalysen nach LAGA sowie zum Separieren und zur nach Schadstoffklassen getrennten Beseitigung des anfallenden Erdaushubs treffen müssen.
- 65
Die Beklagte habe ihre Koordinierungspflicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B verletzt, indem sie kein systematisches Rückbaukonzept vorgelegt habe, in dem vorab festgelegt gewesen wäre, wie der Aushub des belasteten Erdreichs erfolgen solle, insbesondere wie viele Proben nach den LAGA-Richtlinien zu entnehmen seien (nach einem Beprobungsraster) und eine eindeutige Festlegung enthalten gewesen wäre, wo gegebenenfalls Zwischenlager eingerichtet würden und welche Arbeitsschritte geboten seien. Die Beklagte hätte in einem ordnungsgemäßen Rückbaukonzept - das der bauausführenden Firma auch auszuhändigen gewesen wäre - im Voraus eindeutig regeln können und müssen, ob die Nebenintervenientin zu 2. oder die Klägerin als Erdbaufirma für die vorgeschriebenen LAGA-Analysen zuständig sei. Das Fehlen einer systematischen Planung zur Beseitigung der Auffüllungen als "Abfall" und ebenso eines Rückbaukonzepts - dieses werde nicht durch den geotechnischen Bericht der Nebenintervenientin zu 2. ersetzt - der Beklagten ergebe sich schon aus dem Streit der verschiedenen LBB-Mitarbeiter darüber, ob die Beklagte oder die Klägerin die Kosten der LAGA-Untersuchungen zu tragen habe (vgl. Schreiben der LBB vom 4. Oktober 2004 und vom 12. November 2004). Pflichtwidrig sei insbesondere, dass sich die Beklagte aus Kostengründen geweigert habe, eine den Richtlinien der LAGA und damit dem Stand der Technik (§ 3 Abs. 12 KrW-/AbfG) entsprechende ausreichende Anzahl von LAGA-Analysen anzuordnen.
- 66
Der Sachverständige habe ausgeführt, dass eine engmaschige Beprobung vor Ort wie von der Klägerin verlangt - nämlich auf jeweils 500 m³ eine LAGA-Probe - allgemein üblich sei und am ehesten den Bestimmungen des Leistungsverzeichnisses der Ausschreibung entspreche. Die von der Beklagten angebotene Möglichkeit der "baubegleitenden" Probenentnahme aus der Baggerschaufel sei zum einen auch engmaschig (je eine LAGA-Probe pro 500 m³) vorzunehmen, zum anderen zwar auch praktikabel, aber mit für die bauausführende Firma vermeidbaren Mehrkosten verbunden, weil dann der Aushub zunächst in ein Zwischenlager gebracht und nach Auswertung der Proben dann erneut aufgeladen werden müsse. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen habe die Klägerin aus Nr. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses keinen Anhaltspunkt für eine Zwischenlagerung der 57.000 m³ Auffüllungen entnehmen können; die Beklagte habe auch keine Bereitschaft zur Übernahme der durch eine Zwischenlagerung entstehenden Zusatzkosten erklärt.
- 67
Die Ausschreibungsunterlagen der Beklagten seien hinsichtlich der Frage der LAGA-Analysen bzw. hinsichtlich der Frage eines abfallrechtlichen Rückbaukonzepts infolge eines Organisationsverschuldens der Beklagten lückenhaft. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung, Erdaushub nur nach (ausreichenden) LAGA-Analysen als "Abfall" entsorgen zu lassen, im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung nicht zivilrechtlich auf die Klägerin übertragen, da sie die Abwälzung der LAGA-Analytik nicht ausdrücklich in den Ausschreibungstext aufgenommen habe, obwohl es sich bei den Analysekosten um etwa 5 % der Auftragssumme gehandelt habe. In keiner Position des Leistungsverzeichnisses seien die nur der Beklagten bekannten Umweltauflagen der SGD Süd in der wasserrechtlichen Genehmigung erwähnt und nirgendwo werde darauf hingewiesen, dass ein Bieter LAGA-Analysen zu erbringen bzw. deren Kosten in die Einheitspreise einzukalkulieren habe. Dies ergebe sich auch nicht aus der Formulierung, dass der Bieter die Kosten der Separierung bzw. Deponierung des Materials trage.
- 68
Da die Beklagte ihre vertragliche Mitwirkungspflicht zur kostenfreien Stellung aussagekräftiger LAGA-Analysen (jeweils eine Probe je 500 m³) verletzt habe, zudem auch kein verwaltungsrechtlich vorgeschriebenes, dem Stand der Technik (§ 3 Abs. 12 KrW-/AbfG) entsprechendes Rückbaukonzept für den altlastenverdächtigen Bereich vorgelegt habe, sei die Klägerin zur Kündigung des Bauvertrages gemäß § 9 Nr. 1, 3 VOB/B berechtigt gewesen. Dies begründe für die Klägerin Schadensersatzansprüche aus § 6 Nr. 6 VOB/B sowie Aufwendungsersatzansprüche.
- 69
Der Rechtswirksamkeit der Kündigung der Klägerin stehe auch kein eigenes erhebliches Fehlverhalten der Klägerin entgegen (§ 242 BGB). Selbst bei einem unbefugten Einbau von ca. 2.300 m³ - unstreitig unbelastetem - Erdaushub aus dem Bereich der Auffüllung in dem Bereich der Rampe 5 liege nur ein minder schwerer Vertragsverstoß der Klägerin vor. Denn es habe für die Klägerin ein schwer zu durchschauender Widerspruch bestanden zwischen der Nr. 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses (die entgegen dem abfallrechtlichen Wiederverwertungsgebot eine Deponierung auch unbelasteten Erdreichs außerhalb der Airbase vorgeschrieben habe) und den Vorbemerkungen des Leistungsverzeichnisses, die einem Wiedereinbau unbelasteten Erdaushubs auf der Airbase grundsätzlich den Vorrang gegeben hätten.
- 70
Da die Kündigung der Klägerin berechtigt gewesen sei, folge daraus die Unbegründetheit des mit der Widerklage geltend gemachten und auf die angeblich unberechtigte Kündigung der Klägerin gestützten Schadensersatzanspruchs und Feststellungsantrags der Beklagten.
- 71
Gegen dieses Urteil des Landgerichts wenden sich die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. mit ihren jeweils form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen, mit denen sie die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin entsprechend der Widerklage erstreben.
- 72
Die Beklagte macht geltend,
- 73
das Grundurteil sei unzulässig, da es nicht sämtliche Anspruchsgrundlagen erledige. Die Klägerin habe mit der streitgegenständlichen Schlussrechnung sowohl Restwerklohnansprüche für erbrachte Leistungen als auch Zusatzvergütungsansprüche nach § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B, Schadensersatzansprüche gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B sowie Aufwendungsersatz gemäß § 9 Nr. 3 VOB/B/§ 642 BGB geltend gemacht. Das Landgericht habe aber nur einen Vergütungsanspruch und einen Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B dem Grunde nach zugesprochen und insbesondere den Einwand der Beklagten gegen den Vergütungsanspruch, die Position 1.2.120 sei von der Klägerin deutlich unterkalkuliert und der ansonsten gegebene Vergütungsanspruch bereits hierdurch vollständig aufgezehrt worden, nicht erörtert.
- 74
Das Landgericht habe zu Unrecht die Kündigung der Klägerin als wirksam angesehen und etwaig bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Genehmigungsbehörde auf das Vertragsverhältnis der Parteien übertragen. Eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin, ausreichende LAGA-Analysen einzuplanen, habe nicht bestanden. Selbst wenn ein Rückbaukonzept gefehlt hätte, hätte sich dies nicht kausal auf die Vertragsleistung der Klägerin ausgewirkt, weil jedenfalls nach dem 11. November 2004 Einigkeit darüber bestanden hätte, dass weitere 30 baubegleitende LAGA-Analysen gefertigt würden und der Aushub während dessen zwischengelagert werde. Diese Verfahrensweise hätte sichergestellt, dass sich die Klägerin nicht der Gefahr einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat aussetze, jedoch sei die Klägerin auf das Angebot der Beklagten zur Zwischenlagerung nach dem 6. Dezember 2004 nicht mehr zurückgekommen.
- 75
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] hätte die Klägerin jedenfalls 6.500 m³ ohne weitere Beprobung ausheben und zwischenlagern können; die Klägerin habe jedoch nur ca. 2.300 m³ ausgehoben, die Arbeiten dann eingestellt und den Vertrag fristlos gekündigt.
- 76
Das Landgericht habe verkannt, dass die vertraglichen Verpflichtungen der Klägerin nur partiell die Entsorgung umfasst hätten, da nur der Boden der Position 1.2.120 des Leistungsverzeichnisses von der Klägerin zu entsorgen gewesen sei, während der tatsächlich belastete Boden unterhalb der Auffüllungen lediglich habe ausgehoben und auf Mieten zwischengelagert werden sollen.
- 77
Der Sachverständige habe auch bestätigt, dass die in der Ausschreibung vorgesehene Ausführungsart nach abfallrechtlichen Bestimmungen zulässig gewesen sei. Daher sei die Leistung für die Klägerin durchführbar gewesen, allenfalls hätte der Klägerin dann ein Zusatzvergütungsanspruch aufgrund einer notwendigen Zwischenlagerung zugestanden.
- 78
Die Parteien hätten zunächst auch entsprechend dem ausgeschriebenen Konzept gearbeitet, nämlich Aushub durch die Klägerin mit Bodenproben durch die Nebenintervenientin zu 2., ohne dass die Klägerin Bedenken angemeldet habe. Die Klägerin habe dann - unzulässigerweise - den Aushub nicht entsorgt, sondern an der Rampe 5 abgekippt. Nachdem dies untersagt worden sei, hätten der Klägerin offenbar nicht einkalkulierte Transport- und Entsorgungskosten gedroht sowie der Wegfall der für den Einbau des Materials an der Rampe 5 kalkulierten Vergütung; erst dann habe die Klägerin zusätzliche LAGA-Analysen gefordert. Diese Forderung sei unberechtigt gewesen, denn die Aushubmaßnahmen hätten fortgesetzt und die Erdmassen bis zur endgültigen Vorlage der LAGA-Analysen zwischengelagert werden können. Die Beklagte habe der Klägerin auch eine ca. 30 km entfernte Zwischenlagerungsmöglichkeit bei der Firma ...[D] ohne Notwendigkeit zusätzlicher LAGA-Anlaysen genannt. Auch auf der Airbase habe sich unmittelbar bei dem Baufeld eine Lagerfläche befunden, die für eine Zwischenlagerung des Aushubs für sieben Tage ausgereicht hätte und von der Klägerin temporär hätte genutzt werden können.
- 79
Das Landgericht habe ohne Grundlage eine Organisationspflicht der Beklagten angenommen, nur "ausreichend" nach LAGA-Bestimmungen getesteten Erdaushub lagern, behandeln, transportieren bzw. beseitigen/verwerten zu lassen. Dem Urteil könne auch nicht entnommen werden, durch welche konkrete Handlung die Beklagte gegen eine Koordinierungspflicht verstoßen habe.
- 80
Die Nebenintervenientin zu 1. macht darüber hinaus geltend,
- 81
dass Vertragsbestandteil der Klägerin auch das Musterblatt EVM ERG Abf (Abfall) (Bl. 573 d. A.) gewesen sei, wonach die Klägerin als Auftragnehmerin Abfallerzeuger geworden sei und die für eine Verwertung der Abfälle erforderlichen Nachweise zu erbringen gehabt habe. Damit sei eindeutig und ausschließlich die Klägerin für die LAGA-Analysen zuständig gewesen. Dies ergebe sich auch aus der Leistungsbeschreibung in C.0.1.10 und C.0.1.18. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, eine eigene Leistungsposition im Leistungsverzeichnis für die Erstellung von LAGA-Analysen aufzunehmen. Das vertragliche Leistungssoll der Klägerin habe alle Leistungshandlungen, die für das Lösen, Laden, Abtransportieren und Entsorgen des Aushubs zusammenhängen, umfasst. Die Klägerin hätte schon während der Ausschreibung darauf hinweisen müssen, wenn sie die in dem geotechnischen Bericht der Nebenintervenientin zu 2. ausgewiesenen LAGA-Analysen nicht für zureichend gehalten habe. Die Beklagte hätte im Übrigen einseitig nach § 1 Abs. 3 und Abs. 4 VOB/B die LAGA-Analysen anordnen können und die Klägerin hätte dem dann nachkommen müssen und allenfalls anschließend sich um eine eventuelle Mehrvergütung kümmern dürfen.
- 82
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. beantragen,
- 83
das Urteil des Landgerichts abzuändern und
- 84
1. die Klage abzuweisen,
- 85
2. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 297.423,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 86
3. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten alle über die in Ziffer 2 des Widerklageantrags hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die durch die Kündigung vom 18. März 2005 entstanden sind,
- 87
hilfsweise die Revision zuzulassen,
- 88
hilfsweise das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
- 89
Die Klägerin beantragt,
- 90
die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. zurückzuweisen.
- 91
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 22. März 2012 Zwischenfeststellungsklage erhoben und beantragt nunmehr weiter,
- 92
festzustellen, dass die Kündigung vom 18. März 2005 der Klägerin, betreffend das Bauvorhaben "Sanierung der Oberflächenentwässerung; Regenrückhaltebecken II, Projekt-Nummer 30974389", Bauvertrag vom 25. Mai 2004 aus Rechtsgründen begründet und berechtigt war,
- 93
hilfsweise festzustellen, dass die Kündigung des vorgenannten Bauvertrags aus Rechtsgründen gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B wirksam war.
- 94
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. beantragen hierzu,
- 95
die Anträge der Klägerin abzuweisen.
- 96
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Ergänzend macht sie geltend, die Beklagte habe trotz Aufforderung der Klägerin mit Fristsetzung zum 16. November 2004 kein entsprechendes Zwischenlager bereit gestellt und auch kein Zwischenlager bei der Firma ...[D] oder auf einem Baufeld der Airbase zugewiesen. Es sei auch keine konkrete Anordnung zur Zwischenlagerung erfolgt.
- 97
Die Beklagte sei wegen der Regelung des § 4 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B verpflichtet gewesen, die wasserrechtliche Genehmigung zur Vertragsgrundlage zu erklären und deren Inhalt auch in tatsächlicher Hinsicht umzusetzen. Da eine gesonderte Beprobung des Bodens bei der Rampe 5 erfolgt sei, habe kein Anlass zur Forderung zusätzlicher LAGA-Analysen bestanden, solange der Erdaushub bei Rampe5 habe abgeladen werden können.
- 98
Es sei zu keinem Zeitpunkt von der Beklagten angeordnet worden, dass die Klägerin vergütungspflichtig LAGA-Analysen als Zusatzleistung vorzunehmen habe.
- 99
Das Formblatt EVM ERG Abf (Abfall) sei ausschließlich Gegenstand des Vergabeverfahrens nach VOB/A, jedoch keine bindende vertragsrechtliche Regelung nach VOB/B. Es betreffe im Übrigen nur die Verwertung und die Beseitigung von als Abfall anzusehendem Material, greife somit erst ein, nachdem die richtige Art der Verwertung und Beseitigung durch vorab vorzunehmende LAGA-Analysen bestimmt worden sei.
- 100
Die von ihr nunmehr erhobene Zwischenfeststellungsklage sei zulässig, auch im Hinblick darauf, dass nicht ausgeschlossen sei, dass der Klägerin weitere Forderungen gegen die Beklagte zustünden, die nicht Gegenstand des Klageverfahrens in der Hauptsache seien.
- 101
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1. rügen die Unzulässigkeit der erhobenen Zwischenfeststellungsklage im Berufungsrechtszug und im Hinblick auf die vollständige Erschöpfung des Sach- und Streitstandes durch das Urteil in der Hauptsache.
- 102
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 1195 - 1217 d. A.) sowie die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 103
Die zulässigen Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. haben teilweise einen zumindest vorläufigen Erfolg, sind im Übrigen jedoch unbegründet.
- 104
1. Die Berufungen haben einen zumindest vorläufigen Erfolg, soweit sie sich gegen das Grundurteil des Landgerichts wenden. Dieses ist unzulässig und deshalb auf die Hilfsanträge der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO aufzuheben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
- 105
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, der Klägerin stehe unstreitig noch ein Restwerklohnanspruch in Höhe von zumindest 15.291,15 € zu. Außerdem stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch (§ 6 Nr. 6 VOB/B) aufgrund der von der Beklagten verschuldeten vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages dem Grunde nach zu, der nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] zumindest bis zu 49.969,54 € wegen Umsatzausfällen sowie bis zu 226.619,50 € wegen entgangenen Gewinns nachvollziehbar sei. Insoweit könne der Klage durch ein Grundurteil stattgegeben werden.
- 106
Das Landgericht hat sodann Ausführungen zur Berechtigung der Klägerin, den Werkvertrag wegen unterlassener Mitwirkung der Beklagten gemäß § 9 Nr. 1 a VOB/B sowie aus "sonstigem wichtigem Grund" gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B/§ 314 Abs. 1 BGB zu kündigen, gemacht und mehrere Pflichtverletzungen der Beklagten festgestellt.
- 107
Das Grundurteil des Landgerichts ist indes unzulässig und daher aufzuheben. Denn der Erlass eines Grundurteils ist nur zulässig, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind (BGH BauR 2007, 429 m. w. N.). Dies ist nach den bisher getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht der Fall.
- 108
Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH a. a. O.). Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung jedoch nicht alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt. Denn hinsichtlich eines Gesamtanspruchs, der sich aus mehreren Einzelpositionen zusammensetzt, kann ein Grundurteil nur ergehen, wenn der geltend gemachte Gesamtanspruch auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht und das Gericht diesen festgestellt hat (BGH a. a. O.).
- 109
Ein einheitlicher Grund in diesem Sinne kann gegeben sein, wenn sich die einzelnen in eine Gesamtforderung eingestellten Rechnungspositionen auf dieselben Anspruchsvoraussetzungen gründen lassen, deren Vorliegen sich aus demselben Lebenssachverhalt ergibt, und sie daher lediglich Einzelposten eines einheitlichen Schuldverhältnisses sind (BGH a. a. O. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
- 110
Entscheidend ist insoweit, ob die für die Rechtfertigung der geltend gemachten Einzelpositionen bereits dem Grunde nach zu erfüllenden Anspruchsvoraussetzungen identisch sind und auf demselben Sachverhalt beruhen. Das kann bei Rechnungspositionen, die auf Nachtragsforderungen, gestützt etwa auf § 2 Nr. 5, Nr. 6 VOB/B, oder auf Behinderungsschaden im Sinne des § 6 Nr. 6 VOB/B gegründet sind, nicht bejaht werden (BGH a. a. O.).
- 111
Nach der Klagebegründung begehrt die Klägerin neben einem Restvergütungsanspruch, gestützt auch auf Nachträge, auch Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns sowie Ersatz der Kosten aus Behinderungen, Baustillstand durch Behinderungen und nicht erwirtschaftete umzulegende Leistungen (vgl. Bl. 114 d. A.). Mit ihrer Schlussrechnung macht die Klägerin Vergütungsansprüche für erbrachte Leistungen, Aufwendungsersatz gemäß § 9 Nr. 3 VOB/B/§ 642 BGB sowie Ansprüche auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung gemäß § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B (vgl. Positionen 99.2.60 bis 99.2.90) und Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B geltend.
- 112
Bei einer derartigen Sachlage darf ein Grundurteil nur erlassen werden, wenn das Gericht für jeden dieser verschiedenen Ansprüche nach der für diesen festzustellenden Tatsachengrundlage in Anwendung der maßgeblichen Klauseln der VOB/B einen Anspruch dem Grunde nach bejaht und für wahrscheinlich erachtet, dass er in irgendeiner Höhe besteht (BGH a. a. O.).
- 113
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung lediglich einen Restvergütungsanspruch als unstreitig dem Grunde nach geprüft und zuerkannt sowie einen Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B, hingegen zu den weiter geltend gemachten Ansprüchen und den Anspruchsvoraussetzungen der verschiedenen Schadensersatzforderungen der Klägerin keine Ausführungen gemacht. So bedarf es beispielsweise für den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns auch bei festgestellter Behinderung der Arbeitsausführung durch von der Beklagten zu vertretende Umstände als weitere Anspruchsvoraussetzung gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit der Beklagten. Zu dieser zum Grund des Anspruchs zählenden Prüfung fehlen Feststellungen des Landgerichts ebenso wie zu den Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B.
- 114
Das Grundurteil des Landgerichts ist daher aufzuheben.
- 115
2. Dies führt indes nicht zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Verhandlung und Entscheidung über die gesamte Klageforderung, da entsprechend dem Antrag der Klägerin durch Zwischenfeststellungsurteil die entscheidungserhebliche Vorfrage der Beendigung des Werkvertrages der Parteien durch die Kündigung der Klägerin vom 18. März 2005 festgestellt und damit zugleich die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen aufgrund des landgerichtlichen Teilurteils über die Abweisung der Widerklage beseitigt werden kann.
- 116
Die besonderen Prozessvoraussetzungen einer Zwischenfeststellungsklage sind vorliegend gegeben, die von der Klägerin erhobene Zwischenfeststellungsklage ist damit zulässig.
- 117
Gegenstand der vorliegenden Zwischenfeststellungsklage, der gemäß § 256 Abs. 2 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein kann, sind die aus der erfolgten Kündigung entstandenen Rechtsbeziehungen der Parteien. Die Klägerin hat insoweit beantragt festzustellen, dass ihre Kündigung vom 18. März 2005 begründet und berechtigt gewesen sei. Dieser Antrag ist dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin die wirksame Beendigung des mit der Beklagten geschlossenen Bauvertrages durch ihre Kündigung vom 18. März 2005 - und damit das Nichtbestehen bzw. die Umgestaltung eines Rechtsverhältnisses - festgestellt haben will.
- 118
Dieses zu klärende Rechtsverhältnis ist auch für die Entscheidung der Hauptsache präjudiziell, da sowohl die Begründetheit der Klageforderung als auch - inzidenter - die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche davon abhängen. Wäre die Kündigung der Klägerin nicht berechtigt und damit unwirksam gewesen, stünden ihr die verschiedenen Schadensersatzansprüche nicht zu und die auf die Unbegründetheit der klägerischen Kündigung gestützten Schadensersatzansprüche, die von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemacht werden, wären grundsätzlich berechtigt.
- 119
Die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage ist darüber hinaus nur zulässig, wenn die zu klärenden Rechtsbeziehungen nicht bereits durch die Entscheidung in der Hauptsache erschöpfend geregelt werden. Es genügt allerdings grundsätzlich schon die bloße Möglichkeit, dass das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung hat oder gewinnen kann (BGH BauR 2011, 1324 mit weiteren Nachweisen). Hier verfolgt die Klägerin mehrere Ansprüche aus demselben Rechtsverhältnis. Die Entscheidung über die Berechtigung der wegen der fehlenden Mitwirkung der Beklagten und Behinderung der Klägerin durch die Beklagte geltend gemachten Schadensersatz- und Restvergütungsansprüche der Klägerin schließt nicht aus, dass der Klägerin noch andere (Schadensersatz-)Forderungen gegen die Beklagte aus dem Werkvertrag über die Erdarbeiten an dem Regenrückhaltebecken zustehen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens in der Hauptsache sind. Insoweit käme es dann auf die Wirksamkeit der Kündigung der Klägerin vom 18. März 2005 an, worüber in der Hauptsache nicht rechtskräftig entschieden wird. Zudem begründet nach Auffassung des Senats auch der Umstand, dass mit der Zwischenfeststellung auch innerprozessual eine abschließende Vorfragenklärung für die umfangreiche, abgestufte - auch innerhalb der Tatsacheninstanz und zumal als Weichenstellung für erheblichen Beweiserhebungsaufwand - Abwicklung des Gesamtstreitwerts verbunden ist, die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage.
- 120
Der Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass diese erst in der Berufungsinstanz erhoben wurde (BGH NJW-RR 2012, 849). Auch musste die Zwischenfeststellungsklage nicht innerhalb der Berufungserwiderungsfrist mittels einer Anschlussberufung erhoben werden. Zwar muss als Zulässigkeitsvoraussetzung das Urteilsverfahren über die Hauptklage zwischen den gleichen Parteien in einer Tatsacheninstanz noch hinsichtlich des Anspruchsgrundes anhängig sein, so dass nach einer Vorabentscheidung über den Grund eine Zwischenfeststellungsklage im Betragsverfahren grundsätzlich nicht mehr zulässig ist (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 256 Rdnr. 22 mit weiteren Nachweisen), es sei denn, dass es insoweit nur um eine für das Betragsverfahren erhebliche Vorfrage geht. Vorliegend ist die Hauptklage noch in einer Tatsacheninstanz hinsichtlich des Anspruchsgrundes anhängig. Die Notwendigkeit einer Anschlussberufung zur Erhebung der Zwischenfeststellungsklage im Berufungsrechtszug ergibt sich jedenfalls dann nicht, wenn die Zwischenfeststellungsklage - wie hier - offensichtlich hilfsweise für den Fall des Erfolgs oder des Teilerfolgs der Berufung, nämlich hier der Aufhebung des Grundurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits, erhoben wird. Denn dann handelt es sich bei dem Zwischenfeststellungsantrag um einen Hilfsantrag, für dessen Erhebung es der Einlegung einer Anschlussberufung nicht bedarf, da es sich um ein Minus gegenüber dem Hauptantrag handelt.
- 121
Die Zwischenfeststellungsklage ist auch begründet. Die Klägerin hat den Bauvertrag mit der Beklagten wirksam gekündigt, da die Beklagte zu Unrecht der Forderung der Klägerin nach einer LAGA-Analyse je 500 m³ Erdaushub nicht nachgekommen ist und die Klägerin deshalb gemäß § 9 Nr. 1 a VOB/B zur Kündigung des Vertrages berechtigt war.
- 122
Nach § 9 Nr. 1 a VOB/B (in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 2002, welche für das Vertragsverhältnis der Parteien Anwendung findet) kann der Auftragnehmer den Vertrag kündigen, wenn der Auftraggeber eine ihm obliegende Handlung unterlässt und dadurch den Auftragnehmer außerstande setzt, die Leistung auszuführen. Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Beklagte verpflichtet war, die von der Klägerin geforderten (zusätzlichen) LAGA-Analysen von einer Probe je 500 m³ Erdaushub auf Kosten der Beklagten durchzuführen. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils und schließt sich diesen vollumfänglich an. Auch das Vorbringen der Berufungsbegründungen gibt zu einer anderen Würdigung keine Veranlassung.
- 123
Die Beklagte rügt ohne Erfolg, das Landgericht habe in verfehlter Weise etwaig bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zwischen der Genehmigung erteilenden Behörde und der Beklagten als Genehmigungsadressatin auf das Vertragsverhältnis der Parteien übertragen. Ob die Beklagte ein "Organisationsverschulden" trifft wegen eines fehlenden Rückbaukonzepts und ob ein solches überhaupt kausale Auswirkungen auf die Vertragsleistung der Klägerin gehabt hätte, kann aber vorliegend dahinstehen.
- 124
Maßgeblich ist nämlich, dass die Klägerin zu Recht eine intensivere Beprobung des Bodenaushubs von der Beklagten auf deren Kosten verlangt hat, was von der Beklagten verweigert wurde, und die Beklagte auch kein Zwischenlager benannt hat, auf das alternativ der Erdaushub hätte zunächst verbracht werden können.
- 125
Die Berufung der Beklagten macht ohne Erfolg geltend, das Landgericht habe nicht ausreichend begründet, warum die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet gewesen sei, ausreichende LAGA-Analysen einzuplanen. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Beklagte als Bauherrin verpflichtet war, der Klägerin kein Verhalten bei der Arbeitsausführung abzuverlangen, das diese der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit ausgesetzt hätte. Da jedoch der Transport unbeprobten oder nur unzureichend beprobten Erdaushubs genau diese Gefahr begründet hätte, war die Beklagte aufgrund des Bauvertrages mit der Klägerin verpflichtet, entweder den Erdaushub vor dem Transport ausreichend analysieren zu lassen oder der Klägerin ein ausreichendes Zwischenlager zuzuweisen.
- 126
Die Verpflichtung, Inhalte einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung zum Vertragsinhalt zu machen, ergibt sich zum einen aus § 4 Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 4 VOB/B, wonach der Auftraggeber die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse - zum Beispiel nach dem Wasserrecht - herbeizuführen hat und der Auftragnehmer die Anordnungen des Auftraggebers auf Verlangen auszuführen hat, wenn nicht gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegen stehen. Daraus lässt sich ersehen, dass der Auftraggeber von dem Auftragnehmer nichts verlangen darf, was für diesen zu einem Verstoß gegen Gesetze oder behördliche Bestimmungen führen würde. Auf diese Weise sind auch die Inhalte einer dem Auftraggeber erteilten öffentlich-rechtlichen Genehmigung für die Vertragsparteien relevant und deshalb von dem Auftraggeber jedenfalls vor Vertragsschluss offen zu legen, damit der Auftragnehmer sich darauf einstellen kann. Ebenso lässt sich diese Verpflichtung des Auftraggebers als Nebenpflicht aus dem Werkvertrag herleiten.
- 127
Zu Recht verweist die Beklagte deshalb darauf, dass es im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich darauf ankommt, ob die Beklagte bei der Ausschreibung und/oder im Folgenden bei der konkreten Ausführung der Arbeiten gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen hat. Dies hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, angenommen.
- 128
Hiergegen erinnert die Berufung der Beklagten ohne Erfolg, dass die in der Ausschreibung vorgesehene Ausführungsart für die Klägerin durchführbar gewesen sei, ohne dass sie dabei gegen abfallrechtliche Bestimmungen verstoßen hätte, da nach den Angaben des Sachverständigen Dr. ...[F] es vom Ablauf her auch möglich gewesen sei, die Proben baubegleitend beim Aushub zu entnehmen und das Erdreich eine Woche auf Zwischenmieten einzulagern. Zutreffend ist, dass der Sachverständige Dr. ...[F] diese Alternative als ebenso mögliche und ausreichende Art der Beprobung dargestellt hat (Bl. 1013 d. A.). Jedoch hat der Sachverständige hierzu weiter angegeben, dass diese Verfahrensweise aus den Ausschreibungsunterlagen nicht zu erkennen gewesen sei (Bl. 1015 - 1016 d. A.) und es sich dabei um eine Störung im Bauablauf handele, weil der Erdaushub zweifach bewegt werden müsse. Daraus ergibt sich nach Auffassung des Senats eine Pflicht der Beklagten, die Bieter/Klägerin noch vor der Abgabe ihres Angebots auf diese Verfahrensweise hinzuweisen, damit das Angebot entsprechend preislich kalkuliert werden kann.
- 129
Die Beklagte vermag auch nicht darauf zu verweisen, dass die Klägerin auch bei Fehlen eines Hinweises auf eine notwendige Zwischenlagerung des Aushubs in der Ausschreibung diese Verfahrensweise hätte durchführen können und müssen und ihr möglicherweise dann nur ein Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung zugestanden hätte. Zutreffend ist, dass der Klägerin ein Mehrvergütungsanspruch zugestanden hätte, indes fehlte es an einer verbindlichen Anordnung dieser Verfahrensweise durch die Beklagte ebenso wie an der verbindlichen Zuweisung eines geeigneten Zwischenlagers. Allein der Umstand, dass auf dem Gebiet der ...[A] Lagerflächen zur Verfügung gestanden haben sollen, ist insoweit nicht ausreichend. Vielmehr hätte es einer konkreten Anordnung der Beklagten bedurft, auf welchen konkreten Flächen die Klägerin den Erdaushub hätte zwischenlagern sollen. Die Lagerflächen auf der Airbase waren nämlich nicht für den hier vertragsgegenständlichen Aushub vorgesehen, sondern für die Lagerung von Sanden, weshalb es einer ausdrücklichen Anordnung der Beklagten zur Nutzung dieser Lagerflächen als Zwischenlager für den Erdaushub bedurft hätte. Aus dem von der Beklagten vorgelegten Protokoll der Baustellenbesprechung vom 15. September 2004 (Bl. 1332 - 1333 d. A.) ergibt sich nur die allgemeine Information über die vorhandenen plangemäßen Lagerflächen auf dem Airbasegelände, nicht jedoch eine Anweisung an die Klägerin, entgegen der ursprünglichen Planung dort den Erdaushub statt der Sande zwischenzulagern.
- 130
Ebenso ist nicht maßgeblich, dass angeblich bei der Firma ...[D] Zwischenlagerflächen zur Verfügung gestanden haben sollen, da dieses Gelände außerhalb der Baustelle lag und somit ein Transport dorthin über öffentliche Straßen erforderlich gewesen wäre, der wiederum eine vorherige ausreichende Beprobung des Aushubmaterials vorausgesetzt hätte.
- 131
Unbehelflich ist auch der Hinweis der Beklagten, dass die Parteien das von der Beklagten ausgeschriebene Konzept von Baubeginn an durchgeführt hätten, ohne dass von der Klägerin zusätzliche LAGA-Analysen gefordert worden seien, und die Klägerin diese Forderung erst erhoben habe, nachdem sie den Boden nicht bei der Rampe 5 habe einbauen können. Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entnehmen, dass die Forderung der Klägerin nach ausreichenden LAGA-Analysen ein vorgeschobener Kündigungsgrund sei, um eine Fehlkalkulation zu verdecken, die sich dadurch ergeben habe, dass der Erdaushub nicht bei Rampe 5 habe eingebaut werden können.
- 132
Vielmehr kann ebenso Auslöser der Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen gewesen sein, dass die Klägerin - wie sie in ihrer Berufungserwiderung geltend macht - zunächst wegen der bei Rampe 5 durchgeführten Beprobung des dort einzubauenden Materials keine Veranlassung zu weiteren LAGA-Analysen gesehen habe, da ihr Erdaushub ja bei Rampe 5 entsprechend analysiert worden sei. Somit habe sich erst, nachdem dort der Einbau verweigert worden und somit die dortige Analysierung entfallen sei, die Notwendigkeit des Transports des Aushubs über öffentliche Straßen und damit das Erfordernis vorheriger Beprobung und Einordnung in LAGA-Klassen ergeben, weshalb die Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen auch erst dann erhoben worden sei. Dieser Geschehensablauf erscheint ebenso plausibel wie der von der Beklagten dargestellte. Der Senat vermag auch unter Heranziehung der Gesamtumstände nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Klägerin nur wegen einer Fehlkalkulation die Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen aufgestellt und dann wegen Behinderung durch die Beklagte sowie aus sonstigem wichtigem Grund gekündigt hätte.
- 133
Die Forderung nach zusätzlichen LAGA-Analysen stellt entgegen der Auffassung der Beklagten auch keinen Verstoß gegen das Kooperationsgebot dar. Zwar hätte es nicht zwingend der vorherigen Durchführung von LAGA-Analysen bedurft, wenn die Erdmassen zwischengelagert worden wären. Die Beklagte hat jedoch, wie ausgeführt, der Klägerin kein geeignetes Zwischenlager zugewiesen. Die Forderung nach LAGA-Analysen in ausreichender Zahl für den wegen des Fehlens einer geeigneten Zwischenlagerstätte notwendigen Transport des Erdaushubs stellt daher kein vertragswidriges Verhalten der Klägerin dar.
- 134
Die Beklagte verweist auch zu Unrecht darauf, dass die Klägerin lediglich den Aushub der Position 1.2.120 zu entsorgen hatte und sich im Übrigen mit der Entsorgung des unterhalb der Auffüllungen ausgehobenen und kontaminierten Materials nicht zu befassen gehabt habe. Das Leistungsverzeichnis sieht in Position 1.2.120 die Entsorgung von Aushub bis zur Klasse Z 1.1 vor, über die Position 1.2.125 die Entsorgung von Boden der LAGA-Klassen Z 1.1 bis Z 2, des Weiteren über die Positionen 1.2.150, 1.2.155 und 1.2.160 die Entsorgung von Boden, humosen Schichten und Tonen. Nach der Beschreibung in der Position 1.2.145 des Leistungsverzeichnisses handelte es sich bei dem Boden unterhalb der Auffüllungen um gewachsenen Boden, der nach der Definition der LAGA immer als Z 0 einzustufen ist. Eine ersichtliche Kontaminierung des Bodens unterhalb der Auffüllungen ist daher nicht nachvollziehbar.
- 135
Die Beklagte macht ohne Erfolg geltend, sie habe keine LAGA-Analysen auf die Klägerin abwälzen wollen, vielmehr seien ja von der Nebenintervenientin zu 2. die notwendigen LAGA-Analysen auf Kosten der Beklagten durchgeführt worden. Zwar hat die Beklagte die Nebenintervenientin zu 2. mit der Durchführung der LAGA-Analysen auf Kosten der Beklagten beauftragt, indes war die Anzahl der von der Nebenintervenientin zu 2. entnommenen Proben nicht ausreichend. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Die von der Klägerin - zu Recht - geforderten zusätzlichen Analysen hat die Beklagte jedoch unstreitig als nicht notwendig verweigert, weshalb für die Beklagte nach ihrem Berufungsvortrag "auch insoweit die Kostentragung diesbezüglich nicht in Rede stand". Da die Beklagte somit die erforderlichen Analysen nicht auf eigene Kosten durchführen lassen wollte, hat sie gegen ihre Mitwirkungspflicht verstoßen, weshalb die Klägerin den Werkvertrag zu Recht vorzeitig gekündigt hat.
- 136
Die fristlose Kündigung der Klägerin ist auch nicht deshalb unberechtigt, wie die Beklagte meint, weil nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] die Klägerin ohne Notwendigkeit einer weiteren Beprobung sogar 6.500 m³ Erdmaterial hätte ausheben können statt der nur tatsächlich ausgehobenen 2.300 m³. Denn der Sachverständige Dr. ...[F] hat hierzu auch erklärt (Bl. 1114 - 1115 d. A.), dass die vorvertraglich von der Nebenintervenientin zu 2. geschaffenen 19 Probenahmestellen zwar der Klägerin theoretisch ermöglicht hätten, an jeder dieser Stellen mit den Aushubarbeiten zu beginnen und so insgesamt 6.500 m³ auszuheben und zwischenzulagern, dies aber ungewöhnlich gewesen wäre. Zudem wäre die Klägerin zu einer derartigen Arbeitsweise, die offensichtlich zeitliche Verzögerungen mit sich bringt und aus der Ausschreibung nicht zu ersehen war, nur bei einer entsprechenden Anordnung der Beklagten - die nicht erfolgte - und nur gegen Erstattung der entstehenden Mehrkosten verpflichtet gewesen.
- 137
Die Beklagte verweist im Übrigen ohne Erfolg darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. Dezember 2011 - VII ZR 67/11 - = NJW 2012, 518) das Risiko der fehlenden genauen LAGA-Zuordnung dem Auftragnehmer zuzuweisen sei und die Klägerin deshalb die Kosten für die Einholung weiterer Analysen als den mit der Ausschreibung vorgegebenen hätte einkalkulieren müssen, somit die weitere Leistungserbringung nicht hätte von der Übergabe weiterer LAGA-Analysen abhängig machen dürfen.
- 138
Der Bundesgerichtshof hatte in der herangezogenen Entscheidung einen Sachverhalt zu beurteilen, in dem in den Ausschreibungsunterlagen keine Angaben zu der Einordnung des Bodens in die verschiedenen LAGA-Zuordnungswerte gemacht wurden und ein regelmäßig belasteter Boden vorausgesetzt wurde. Für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof sodann ausgeführt, dass sich die Auftragnehmerin an diesem Aussagewert des Vertrags festhalten lassen müsse, auch wenn sie insoweit ein Risiko eingegangen sei.
- 139
Im vorliegenden Rechtsstreit hingegen hatte die Beklagte Angaben zu den verschiedenen LAGA-Zuordnungswerten des auszuhebenden Materials in der Ausschreibung gemacht (vgl. Leistungsverzeichnis, Anlageband I, Bl. 30); die Klägerin hat sich darauf eingestellt und entsprechend kalkuliert.
- 140
Der Fall, dass während der Arbeitsausführung überraschend eine Kontaminierung des zur Weiterverwendung vorgesehenen Aushubs festgestellt worden wäre und deshalb eine Mehrvergütung zu zahlen sei, liegt im hiesigen Streitfall gerade nicht vor. Vielmehr handelt es sich vorliegend um die Frage, ob die Beklagte gehalten war, die gerade für die Einordnung des Aushubmaterials in die verschiedenen zu erwartenden LAGA-Klassen erforderlichen Analysen auf eigene Kosten durchzuführen oder auf die Kostentragung durch den Auftragnehmer hinzuweisen, alternativ in der Ausschreibung auf die Notwendigkeit einer Zwischenlagerung des Aushubs hinzuweisen. Zu dieser Problematik lässt sich der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedoch nichts entnehmen.
- 141
Vielmehr weist der Bundesgerichtshof dort darauf hin, dass durch die vereinbarten Preise alle Leistungen abgegolten werden, die nach der Leistungsbeschreibung, den verschiedenen Vertragsbedingungen und der gewerblichen Verkehrssitte zu den vertraglichen Leistungen gehören, § 2 Nr. 1 VOB/B. Bei einer öffentlichen Ausschreibung komme dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung vergleichsweise große Bedeutung zu; bei Ausschreibungen nach VOB/A sei für die Frage, wie dieser Wortlaut zu verstehen sei, der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter maßgeblich (BGH a. a. O.).
- 142
Die Auslegung habe zu berücksichtigen, dass der Bieter grundsätzlich eine mit den Ausschreibungsgrundsätzen der öffentlichen Hand konforme Ausschreibung erwarten dürfe. Deshalb dürfe der Bieter die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung nach der VOB/A im Zweifelsfall so verstehen, dass der Auftraggeber den Anforderungen der VOB/A an die Ausschreibung entsprechen wolle. Nach diesen Anforderungen sei die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung in gleichem Sinne verstehen müssten und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen könnten. Dem Auftragnehmer dürfe kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss habe und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen könne. Die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, zum Beispiel Boden- und Wasserverhältnisse, seien so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen könne.
- 143
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze des Bundesgerichtshofs ergibt sich vorliegend gerade, dass nach den Ausschreibungsunterlagen die Klägerin Boden verschiedener LAGA-Klassen zu erwarten hatte und sich dementsprechend auf die Entsorgung einstellen musste. Allerdings war den Ausschreibungsunterlagen, wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausführlich dargelegt hat, nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ...[F] nicht zu entnehmen, dass die nach den LAGA-Richtlinien erforderlichen Analysen nicht durch die Beklagte durchgeführt würden, sondern von dem Auftragnehmer selbst auf eigene Kosten einzuholen seien. Da es sich bei diesen Kosten jedoch um einen erheblichen, den Angebotspreis maßgeblich beeinflussenden Faktor handelt - wie bereits von dem Landgericht zutreffend dargelegt -, durfte die Klägerin die Ausschreibung nach den oben dargestellten Grundsätzen gerade so verstehen, dass diese Kosten jedenfalls nicht von dem Auftragnehmer zu tragen seien. Dem entspricht auch, dass die Beklagte unstreitig eine gewisse - allerdings nicht ausreichende - Anzahl LAGA-Analysen auf ihre Kosten durch die Nebenintervenientin zu 2. sowohl vor als auch während der Arbeitsausführung durchführen ließ. Damit bestand von dem Empfängerhorizont des Bieters aus keine Veranlassung, von einer Kostentragungspflicht des Auftragnehmers für die Durchführung der übrigen erforderlichen LAGA-Analysen auszugehen.
- 144
Auch die Nebenintervenientin zu 1. verweist mit ihrer Berufung erfolglos darauf, dass die Klägerin mit ihrem Angebot auch das Formblatt EVM ERG Abf (Abfall) als Vertragsbestandteil angekreuzt habe. Die Klägerin habe deshalb nach der dortigen Nr. 2.2 anstelle der Beklagten als Auftraggeberin die Pflichten zur Verwertung und Beseitigung der Abfälle unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen, insbesondere abfallrechtlichen Bestimmungen sowie des Standes der Technik übernommen und die von der Auftraggeberin zu erbringenden Nachweise zu führen gehabt. Entgegen der Auffassung der Nebenintervenientin zu 1. lässt sich daraus nicht die Verpflichtung der Klägerin zur Durchführung der LAGA-Analysen auf eigene Kosten herleiten. Der Sachverständige Dr. ...[F] hat gerade auf diesen erstinstanzlichen Vortrag der Nebenintervenientin zu 1. hin ausgeführt (Bl. 773 - 774 d. A.), dass in dem Leistungsverzeichnis kein Hinweis auf eine Kostenübernahme der LAGA-Analysen durch den Bieter enthalten sei und es somit eine Rechtsfrage sei, ob dieses Formblatt dem Leistungsverzeichnis vorgehe. Das Landgericht hat dazu ausgeführt, dass unklare Formulierungen zu Lasten der Beklagten gehen. Dem schließt sich der Senat vollumfänglich an. Somit kann aufgrund der widersprüchlichen Vorgaben in den gesamten Ausschreibungsunterlagen keine vertragliche Leistungsbeschreibung des Inhalts, dass der Auftragnehmer die LAGA-Analysen durchzuführen und zu bezahlen habe, angenommen werden. Eine solche Leistungsbeschreibung wollte die Beklagte nach ihrem ausdrücklichen Vortrag im Übrigen selbst nicht vornehmen, da sie nach ihrer Auffassung selbst zur Durchführung der notwendigen LAGA-Analysen verpflichtet war und lediglich Streit mit der Klägerin über die erforderliche Anzahl der Analysen entstand. Soweit somit der Vortrag der Nebenintervenientin zu 1. dem Vortrag der Beklagten als der von ihr unterstützten Hauptpartei widerspricht, ist er zudem ohnehin unbeachtlich (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, a. a. O., § 67 Rdnr. 9 m. w. N.).
- 145
Da die Kündigung der Klägerin mithin zu Recht erfolgte, ist auf den Antrag der Klägerin die Beendigung des Bauvertrages durch diese Kündigung festzustellen.
- 146
3. Der Rechtsstreit ist deshalb nach der Aufhebung des Grundurteils nur im Übrigen zurückzuverweisen, da über den Grund der Klageansprüche nochmals zu befinden ist und der Streit über den Betrag der Ansprüche nicht zur Entscheidung reif ist, § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO. Da insoweit eine umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen ist, sieht der Senat von einer eigenen Sachentscheidung, die über die Zwischenfeststellungsklage hinausgeht, ab.
- 147
4. Die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. gegen das die Widerklage der Beklagten abweisende Teilurteil sind unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
- 148
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, dass wegen der berechtigten Kündigung des Bauvertrages durch die Klägerin der Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen dieser Kündigung zusteht und die Beklagte deshalb auch nicht die Feststellung einer Ersatzpflicht der Klägerin für einen weitergehenden Kündigungsfolgeschaden verlangen kann. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen des Landgerichts vollumfänglich an.
- 149
Das Teilurteil, dessen Zulässigkeit die Aufhebung des Grundurteils aufgrund des Zwischenfeststellungsurteils des Senats nicht entgegen steht (vgl. BGH NJW-RR 2012, 849), ist deshalb aufrecht zu erhalten.
- 150
5. Über die Berufungskosten kann hinsichtlich des - feststehenden - Anteils der endgültig abgewiesenen Widerklage nach § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 4, § 101 ZPO endgültig entschieden werden. Im Übrigen wird die Kostenentscheidung vom Ausgang des zurückverwiesenen Teilstreits abhängen. Sie ist deshalb insoweit dem Landgericht vorzubehalten, ebenso wie diejenige über die erstinstanzlichen Kosten.
- 151
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
- 152
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Mit der vorliegenden Entscheidung erfolgt keine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs. Grundsätzliche Bedeutung kommt keiner der in dem Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsfragen zu, insbesondere nicht im Rahmen der erfolgten Zwischenfeststellung.
- 153
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 981.513,09 € festgesetzt (Klage 654.090,02 €, Widerklage 297.423,67 € + 30.000 € = 327.423,67 €).
Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.
(1) Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung sind der Gegenpartei zuzustellen.
(2) Der Vorsitzende oder das Berufungsgericht kann der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Berufungserwiderung und dem Berufungskläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Berufungserwiderung setzen. § 277 gilt entsprechend.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.
(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.
(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.
(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.
(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.
(1) Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung sind der Gegenpartei zuzustellen.
(2) Der Vorsitzende oder das Berufungsgericht kann der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Berufungserwiderung und dem Berufungskläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Berufungserwiderung setzen. § 277 gilt entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Wenn der Dritte dem Streitverkünder beitritt, so bestimmt sich sein Verhältnis zu den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention.
(2) Lehnt der Dritte den Beitritt ab oder erklärt er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt.
(3) In allen Fällen dieses Paragraphen sind gegen den Dritten die Vorschriften des § 68 mit der Abweichung anzuwenden, dass statt der Zeit des Beitritts die Zeit entscheidet, zu welcher der Beitritt infolge der Streitverkündung möglich war.
(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung des Mietverhältnisses.
- 2
- Der Kläger hatte mit Vertrag vom 28. April 2008 vom Rechtsvorgänger des Beklagten eine Vier-Zimmer-Wohnung in K. gemietet; die monatliche Miete belief sich zuletzt auf 523,09 € brutto. Der Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit der - vom Kläger bestrittenen - Begründung, die Wohnung werde für den neuen Hausmeister, Herrn D. , benötigt.
- 3
- Nachdem die Räumungsklage in erster Instanz erfolglos geblieben war, schlossen die Parteien im Vorprozess in der zweiten Instanz am 14. Juni 2011 auf Vorschlag des Berufungsgerichts einen Räumungsvergleich, in dem sich der Kläger (als damaliger Beklagter) verpflichtete, die Wohnung bis spätestens 31. Dezember 2011 zu räumen sowie die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Vergleichs zu tragen. Ferner verzichtete der Kläger (abgesehen von der gewährten vorbezeichneten Räumungsfrist) auf sämtliche Räumungsschutzvorschriften. Im Falle eines vorzeitigen Auszugs, den der Kläger zwei Wochen zuvor anzukündigen hatte, sollte er nur bis zum Auszug und zur Übergabe der Wohnung Miete zahlen.
- 4
- Nach dem Auszug des Klägers zog nicht der angekündigte neue Hausmeister , sondern eine Familie in die ehemals vom Kläger gemietete Wohnung des Beklagten ein. Im vorliegenden Prozess begehrt der Kläger Ersatz der Umzugskosten , der Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Woh- nung (850 € monatlich) und dadurch entstehen, dass er den Weg zur Arbeit nicht mehr wie bisher zu Fuß zurücklegen könne, sowie Ersatz der ihm entstandenen Prozesskosten des Räumungsrechtsstreits.
- 5
- Die auf Zahlung von 25.833,43 € nebst Zinsen undFreistellung von vor- gerichtlichen Anwaltskosten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Dem Kläger stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Zwar könne der Mieter von seinem Vermieter grundsätzlich nach § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz erlangen, wenn dieser schuldhaft eine Kündigung wegen eines in Wahrheit nicht bestehenden Eigenbedarfs ausspreche. Weitere Voraussetzung eines solchen Schadensersatzanspruchs sei es jedoch, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der behaupteten Pflichtverletzung (vorgetäuschter Eigenbedarf) und dem geltend gemachten Schaden bestehe. Hieran fehle es.
- 9
- Zwar führe der Abschluss eines Räumungsvergleichs nicht zwangsläufig zu einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs. Vielmehr komme es auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere darauf, ob die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben nur den Streit über die Schlüssigkeit und Beweisbarkeit des Eigenbedarfs oder auch den Streit darüber hätten beseitigen wollen, ob die vom Vermieter behauptete Bedarfssituation bestehe oder ob sie nur vorgetäuscht gewesen sei. Nur im letzteren Fall könne in dem Vergleich ein Verzicht des Mieters auf Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs gesehen werden.
- 10
- Aufgrund einer Würdigung nach den dargelegten Maßstäben habe der im Vorprozess abgeschlossene Vergleich der Parteien einen endgültigen Schlussstrich unter das Mietverhältnis ziehen sollen. Dafür spreche bereits die im Vergleich getroffene Vereinbarung, wonach sich der Kläger verpflichtet habe, die Wohnung bis zum 31. Dezember 2011 zu räumen. Denn eine Räumungsfrist von fast sechs Monaten sei in der damaligen Prozesssituation, in der die Berufung keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe [gemeint dürfte sein: die Verteidigung des jetzigen Klägers gegen die damalige Berufung des jetzigen Beklagten ], ein Nachgeben des (jetzigen) Beklagten gewesen. Zudem sei dem Kläger zugestanden worden, die Wohnung vorzeitig zu räumen. Auch der Umstand, dass die Parteien im Vorprozess gegenseitig Vorwürfe - angebliche Schikanen des Beklagten und angebliche Vertragsverletzungen des Klägers - erhoben hätten , spreche dafür, dass die einvernehmliche Regelung in erster Linie auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses abgezielt habe. Überdies habe der Kläger die Bedarfslage des Beklagten und das Vorliegen des "Betriebsbedarfs" in seiner Berufungserwiderung im Räumungsrechtsstreit nicht mehr ausdrücklich bestritten; auch daraus sei zu schließen, dass die Parteien einen endgültigen Schlussstrich unter die mietvertraglichen Beziehungen hätten ziehen und auch den Streit über das Bestehen einer Bedarfslage beseitigen wollen.
- 11
- Aus diesem Grund sei auch die vom Kläger erklärte Anfechtung des Vergleichs unbegründet. Zudem habe der Beklagte durch die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Hausmeisters D. vom 22. April 2013 nachgewiesen, dass er noch im Zeitpunkt des Auszuges des Klägers keine Kenntnis davon gehabt habe, dass Herr D. entgegen dessen bisheriger eindeutig erklärter Absicht aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in die bis dahin vom Kläger bewohnte Dachgeschosswohnung einziehen werde.
II.
- 12
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen unberechtigter Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 280 Abs. 1 BGB nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat den Räumungsvergleich rechtsfehlerhaft dahin ausgelegt, dass der Kläger damit auch auf eventuelle Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Bedarfs verzichten sollte.
- 13
- 1. Allerdings kann die Auslegung einer Individualvereinbarung - wie hier des Räumungsvergleichs vom 14. Juni 2011 - durch den Tatrichter vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; Senatsurteil vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR 224/13, NZM 2015, 79 Rn. 37 mwN). Dies gilt auch für Prozesserklärungen, soweit es deren materiell-rechtlichen Inhalt betrifft (BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - XII ZR 114/10, juris Rn. 15 mwN). Ein derartiger Rechtsfehler fällt dem Berufungsgericht hier indes zur Last.
- 14
- a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Vermieter im Falle der Vortäuschung von Eigenbedarf - wie auch sonst bei einer schuldhaften (materiell) unberechtigten Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 1984 - VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 296, 301 ff. [zur Wohn- und Gewerberaummiete]; vom 14. Januar 1988 - IX ZR 265/86, NJW 1988, 1268 unter III 2 b [zum Pachtvertrag ]; vom 28. November 2001 - XII ZR 197/99, NZM 2002, 291 unter 2 b [zur Gewerberaummiete]; vom 22. April 2010 - I ZR 31/08, VersR 2010, 1668 Rn. 17 mwN [zum Frachtvertrag]; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238 Rn. 16 [zum Grundstückskaufvertrag]), wie hier des Wohnraummietverhältnisses - dem Mieter gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist (vgl. Senatsurteile vom 8. April 2009 - VIII ZR 231/07, NJW 2009, 2059 Rn. 11 mwN; vom 13. Juni 2012 - VIII ZR 356/11, juris Rn. 10; Senatsbeschluss vom 7. September 2011 - VIII ZR 343/10, WuM 2011, 634 Rn. 3).
- 15
- Auch hat das Berufungsgericht - im Ansatzpunkt zutreffend - angenommen , dass die Frage, ob ein Räumungsvergleich den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung einer (Eigen-)Bedarfssituation und dem später vom Mieter geltend gemachten Schaden unterbricht, im Wege der Auslegung des Vergleichs und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls danach zu beurteilen ist, ob die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die (Eigen-)Bedarfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war. Nur dann, wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, fehlt es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang (vgl. OLG Frankfurt am Main [Rechtsentscheid], NJW-RR 1995, 145, 146; vgl. auch Senatsbeschluss vom 7. September 2011 - VIII ZR 343/10, aaO; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., § 573 BGB Rn. 81).
- 16
- b) Bei der konkreten Würdigung des Räumungsvergleichs hat das Berufungsgericht indes unter Verstoß gegen § 286 ZPO wesentliche Umstände außer Betracht gelassen und sich nicht an den eingangs genannten Maßstab gehalten.
- 17
- aa) Streitgegenstand des Vorprozesses war das Räumungsbegehren des Beklagten im Anschluss an eine Kündigung, die darauf gestützt war, dass die Wohnung als Hausmeisterwohnung für einen Angestellten des Vermieters benötigt werde (sogenannter "Betriebsbedarf"; vgl. hierzu Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - VIII ZR 122/06, NZM 2007, 639 Rn. 12 f. mwN; vom 15. Dezember 2012 - VIII ZR 210/10, NJW 2011, 993 Rn. 13).
- 18
- Der Wortlaut des Vergleichs bietet zunächst keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien über den Streitgegenstand und die ausdrücklich geregelten Punkte hinaus sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche aus dem Mietver- hältnis, also etwa auch einen Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Bedarfs, abschließend regeln wollten. Weder ist im Vergleich ein solcher Anspruch erwähnt noch findet sich dort eine allgemeine Abgeltungsklausel, wobei dahingestellt bleiben kann, ob von einer solchen Klausel der vorbezeichnete Schadensersatzanspruch erfasst würde (dies verneinend: LG Hamburg, WuM 1995, 168; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; vgl. auch Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2014, § 573 Rn. 228).
- 19
- bb) Das Berufungsgericht hat dem Vergleich somit einen stillschweigenden Verzicht auf Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Bedarfs entnommen. Dabei hat es rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass an das Vorliegen des Willens einer Partei, auf Ansprüche zu verzichten, strenge Anforderungen zu stellen sind und der Verzichtswille - auch unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände - unmissverständlich sein muss (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 21. November 2006 - VI ZR 76/06, NJW 2007, 368 Rn.9; vom 26. Oktober 2009 - II ZR 222/08, NJW 2010, 64 Rn. 18; vom 18. September 2012 - II ZR 178/10, WM 2012, 2231 Rn. 22; vom 22. April 2015 - IV ZR 504/14, juris Rn. 15; jeweils mwN). Sofern - wie hier - ein stillschweigender Verzicht zu prüfen ist, bedarf es regelmäßig bedeutsamer Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen (vgl. Senatsurteile vom 11. Oktober 2000 - VIII ZR 276/99, juris Rn. 18; vom 20. September 2006 - VIII ZR 100/05, WM 2007, 177 Rn. 22; BGH, Beschluss vom 19. September 2006 - X ZR 49/05, juris Rn. 27; jeweils mwN). Derartige Umstände können bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung verpflichtet. So kann im Einzelfall in der Zahlung einer namhaften Abstandszahlung oder einem Verzicht auf Schönheitsreparaturen der Wille der Parteien entnommen werden, dass damit auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs abgegolten sein sollen (vgl. OLG Frankfurt am Main, aaO; OLG Celle, OLGR 1995, 4 f.; Erman/Lützenkirchen, BGB, 14. Aufl., § 573 Rn. 57; Gramlich, Mietrecht, 12. Aufl., § 573 BGB unter 8; aA wohl Staudinger/Rolfs, aaO mwN). Dies mag insbesondere dann in Betracht kommen, wenn eine solche Einigung in einer Situation erheblicher Unsicherheit für beide Parteien erfolgt, also etwa in der ersten Instanz vor Durchführung einer sonst erforderlichen umfangreichen Beweisaufnahme.
- 20
- cc) Derartige Umstände, die den Schluss darauf zuließen, dass auch etwaige Ansprüche des (jetzigen) Klägers wegen vorgetäuschten Bedarfs mit dem Räumungsvergleich abgegolten sein sollten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Im Gegenteil enthält der auf dem Vorschlag des Berufungsgericht basierende Räumungsvergleich ein allenfalls formales Nachgeben des Beklagten (damaligen Klägers).
- 21
- Dass die Zubilligung einer rund sechsmonatigen Räumungsfrist in dem Vergleich ein ins Gewicht fallendes Entgegenkommen des damaligen Klägers darstellte, kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil dieser anderenfalls auf eine streitige Entscheidung des Berufungsgerichts angewiesen gewesen wäre, die nicht notwendig sogleich am Verhandlungstag als Stuhlurteil hätte ergehen müssen, und weil mit einer Entscheidung ohne Zubilligung einer gewissen Räumungsfrist nach den Umständen nicht zu rechnen war. Denn der Mieter, der aufgrund einer Eigenbedarfskündigung oder - wie hier - einer Kündigung wegen "Betriebsbedarfs" erstmals in der Berufungsinstanz zur Räumung verurteilt wird, kann regelmäßig - sogar von Amts wegen - mit der Zubilligung einer gewissen Räumungsfrist rechnen und hat zudem die Möglichkeit, nach § 721 Abs. 3 ZPO eine Verlängerung der Räumungsfrist oder aus Härtegründen Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zu beantragen. Nach dem Wortlaut des Vergleichs sind diese Schutzvorschriften indes - ebenso wie eine Räumungsfristbewilligung nach § 794a ZPO - gleichfalls ausgeschlossen worden. Dass der jetzige Kläger nach dem Vergleich nur bis zu seinem Auszug Miete zu zah- len hatte, stellt kein oder jedenfalls kein nennenswertes Entgegenkommen des Beklagten dar, denn gemäß § 546a BGB hat der Mieter nach der Beendigung des Mietvertrags nur bis zur Rückgabe der Mietsache Miete zu zahlen und setzt ein weitergehender Schadensersatzspruch wegen unterbliebener Rückgabe voraus, dass sie vom Mieter zu vertreten ist und die Billigkeit eine Schadloshaltung des Vermieters erfordert (§ 571 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB).
- 22
- Die übrigen Bestimmungen des Räumungsvergleichs waren für den jetzigen Kläger nur nachteilig, weil er die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hatte und überdies durch den Vergleich zusätzliche Anwaltsgebühren entstanden, die er nach dem Vergleich ebenfalls zu tragen hatte.
- 23
- dd) Schließlich hat das Berufungsgericht dem Umstand, dass es die Rechtsposition des jetzigen Klägers in der Berufungsinstanz im Vorprozess selbst als aussichtslos angesehen und dies den Parteien auch mitgeteilt hat, keine ausreichende Beachtung geschenkt. Denn in einer Prozesssituation, in der das Gericht den Mieter auf die Aussichtslosigkeit seiner Rechtsverteidigung hinweist, nachdem vernommene Zeugen den vom Vermieter behaupteten Bedarf bestätigt haben, liegt es eher fern, dass die Parteien mit einem sodann abgeschlossenen Räumungsvergleich nicht nur die zu erwartende Entscheidung des Gerichts über den streitgegenständlichen Räumungsanspruch vorwegnehmen , sondern darüber hinaus etwaige Ansprüche der Mieters wegen vorgetäuschten Bedarfs abgelten wollen.
- 24
- ee) Auch die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, beide Parteien hätten sich im Laufe des Prozesses wechselseitig diverse Vertragsverletzungen vorgeworfen, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass mit dem Vergleich auch Ansprüche wegen vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten. Denn das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die behaupte- ten wechselseitigen Vorwürfe zutrafen; es ist auch nicht ersichtlich, dass beide Vertragsparteien das Mietverhältnis inzwischen als zerrüttet ansahen und es deshalb - unabhängig von der vom damaligen Kläger geltend gemachten Bedarfssituation - beenden wollten.
- 25
- 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Würdigung der vom Beklagten vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Hausmeisters D. vom 22. April 2013 stellen keine die Entscheidung selbständig tragende Hilfsbegründung dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass es sich bei einer eidesstattlichen Versicherung nicht um ein im Erkenntnisverfahren zulässiges Beweismittel handelt, so dass das Berufungsgericht , wenn es auf die Würdigung der Angaben des Hausmeisters entscheidend angekommen wäre, sich nicht mit einer Würdigung der eidesstattlichen Versicherung hätte begnügen dürfen, sondern den (von beiden Parteien benannten ) Zeugen hätte vernehmen müssen.
III.
- 26
- Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit der Verweisung an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts Gebrauch (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
- 27
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
- 28
- 1. Das Berufungsgericht wird zunächst im Rahmen der Beweisaufnahme zu klären haben, ob der vom Beklagten mit der Kündigung geltend gemachte Bedarf nur vorgetäuscht war. Bejahendenfalls stünde dem Kläger dem Grunde nach der von ihm geltend gemachte, durch den Räumungsvergleich der Parteien vom 14. Juni 2011 nicht ausgeschlossene Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen vorgetäuschten Bedarfs zu.
- 29
- 2. Sollte das Berufungsgericht hingegen nicht zu der Feststellung eines vom Beklagten nur vorgetäuschten Bedarfs gelangen, wird es zu bedenken haben , dass vieles dafür spricht, dass die Frage, ob der vom Beklagten als Grund für die Kündigung angegebene "Betriebsbedarf" den Anforderungen des Senats an eine Kündigung nach § 573 Abs. 1 BGB genügt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - VIII ZR 122/06, aaO), durch den Räumungsvergleich der Parteien dem Streit entzogen sein dürfte. Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger
AG Koblenz, Entscheidung vom 06.11.2013 - 161 C 1145/13 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 26.02.2014 - 6 S 282/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die beklagte Bauträgerin kaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 8. September 2005 von dem Kläger ein mit einem abzubrechenden Gebäude bebautes Grundstück für 351.000 €. Das Grundstück sollte parzelliert und nach Bebauung mit sechs Einfamilienhäusern weiterverkauft werden. Die Beklagte sollte nach Vertragsschluss eine Bauvoranfrage einreichen. Weiter heißt es in dem Vertrag: "Sobald die Baugenehmigung zur Errichtung der Häuser nebst der Genehmigung zur Teilung des Grundbesitzes insgesamt in die entsprechende Zahl Baugrundstücke erteilt sind, ist der Kaufvertrag wirksam und die Vertragsbeteiligten zur Erbringung der ihnen obliegenden Leistung verpflichtet."
- 2
- Der Vollzug des Vertrags stockte, weil ein Nachbar gegen den der Beklagten erteilten Bauvorbescheid Widerspruch einlegte. Außerdem machte, was dem Kläger zunächst unbekannt blieb, die zuständige Behörde mit einem Schreiben vom 13. Februar 2006 die Erteilung der für die vorgesehene Teilung des Grundstücks erforderlichen Genehmigung von dem vorherigen Abbruch der vorhandenen Bebauung auf dem Grundstück abhängig. Mit Rücksicht auf den Nachbarwiderspruch vereinbarten die Parteien am 20. Februar 2006 in einem notariell beurkundeten Ergänzungsvertrag eine Stundung des Kaufpreises bis zur Erteilung der Baugenehmigung und weiter "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht seitens des Käufers", dass "der aus abzuschließenden Weiterverkäufen zu zahlende Kaufpreis in voller Höhe vorzeitig an den Verkäufer zu zahlen ist". Zu diesem Zeitpunkt war die Baugenehmigung noch nicht beantragt.
- 3
- Nach einem Schriftwechsel der Parteien wegen der Zahlung des Kaufpreises ließ der Kläger die Beklagte mit anwaltlichen Schreiben vom 21. Juli 2006 und vom 3. August 2006 auffordern, den Kaufpreis bis zum 16. August 2006 zu zahlen. Dem leistete die Beklagte mit der Begründung nicht Folge, die Baugenehmigung sei wegen des schwebenden Widerspruchsverfahrens und der fehlenden Teilungsgenehmigung noch nicht erteilt worden. Die Erteilung der Teilungsgenehmigung setze den vorherigen Abriss der Gebäude voraus.
- 4
- Mit Schreiben vom 23. August 2006 teilte die Bauaufsichtsbehörde dem Kläger auf dessen Anfrage hin mit, dass ein Bauantrag noch nicht gestellt worden sei. Die Beklagte ließ ihm mit einem Schreiben vom 5. September 2006 mitteilen, die Bauanträge seien selbstverständlich eingereicht. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 12. September 2006 unter Hinweis auf treuwidriges Verhalten der Beklagten den Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag.
- 5
- Gegen die auf Rückabwicklung des - inzwischen vollzogenen - Kaufvertrags und auf Löschung eines Grundpfandrechts zugunsten eines Gläubigers der Beklagten gerichtete, rechtskräftig abgewiesene Klage hat die Beklagte Widerklage erhoben und von dem Kläger Ersatz der Kosten für ihre Verteidigung gegen sein Zahlungsverlangen in Höhe von 3.301,20 € und gegen seinen Rücktritt in Höhe von 1.660,60 € verlangt. Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit welcher diese ihre Ansprüche weiterverfolgt. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hält die Widerklage für unbegründet. Ein allein in Betracht kommender Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB scheitere an einer Pflichtverletzung des Klägers. Zwar seien sowohl die Zahlungsaufforderung des Klägers als auch sein Rücktritt in der Sache nicht gerechtfertigt gewesen, weil der Kaufpreis weder zum ersten noch zum zweiten Zeitpunkt fällig gewesen sei. Das begründe aber allein eine Pflichtverletzung nicht. Zwar habe der Bundesgerichtshof anerkannt, dass die unberechtigte Geltendmachung gewerblicher Schutzrechte Schadensersatzansprüche auslösen könne. Das lasse sich aber nicht verallgemeinern. Die Geltendmachung unberechtigter Ansprüche löse in anderen Fällen ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine Schadensersatzverpflichtung aus. Wäre es anders, würde die Geltendmachung von Ansprüchen mit einem hohen Haftungsrisiko belastet und damit unzumutbar erschwert. Dieser Wertung stehe auch das Urteil des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichts- hofs vom 23. Januar 2008 (VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147) nicht entgegen. Darin habe der Bundesgerichtshof zwar entschieden, dass eine unberechtigte Aufforderung zur Beseitigung von Mängeln eine Schadensersatzhaftung auslösen könne. Er habe aber offen gelassen, ob das auch in anderen Fallgestaltungen gelte. Hier sei der Kläger nicht gehalten gewesen, von seinem Zahlungsverlangen Abstand zu nehmen. Nach den ihm bekannten Umständen habe er annehmen dürfen, die Beklagte vereitele die Erteilung der Baugenehmigung. Im Ergebnis genauso liege es bei dem unberechtigten Rücktritt. Eine unberechtigte Kündigung werde zwar als Pflichtverletzung angesehen. Diese Rechtsprechung sei aber für Mietverhältnisse entwickelt worden, bei denen eine unberechtigte Kündigung häufig ein existentielles Problem darstelle. Sie lasse sich nicht verallgemeinern. In anderen Fällen löse auch der unberechtigte Rücktritt nur bei Hinzutreten besonderer Umstände eine Schadensersatzhaftung aus. Daran fehle es hier.
II.
- 7
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
- 8
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich ein Anspruch der Beklagten auf Ersatz ihrer vorprozessualen Rechtsverteidigungskosten nur aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Pflichten ergeben kann. Die Geltendmachung unberechtigter Ansprüche und nicht bestehender Rechte kann zwar unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten zu einem Ersatzanspruch führen (dazu BGH, Urt. v. 12. Dezember 2006, VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458). Liegt sie aber - wie hier - darin, dass der eine Partner eines (gegenseitigen) Vertrags aus diesem Vertrag Ansprüche gegen den anderen Partner und Gestaltungsrechte ableitet, die ihm nach dem Vertrag nicht zustehen, kommt allein ein Anspruch aus der Verletzung vertraglicher Pflichten in Betracht.
- 9
- 2. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht schon die für eine Haftung des Klägers nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Pflichtverletzung. Diese liegt vor.
- 10
- a) Zutreffend geht es allerdings davon aus, dass der Kläger von der Beklagten weder am 21. Juli 2006 noch am 3. August 2006 Zahlung des Kaufpreises verlangen konnte. Er war deshalb auch zu dem am 12. September 2006 erklärten Rücktritt von dem Kaufvertrag nicht berechtigt. Das lässt sich zwar nur hinsichtlich des Rücktritts schon aus der rechtskräftigen Abweisung der (auf Zustimmung zur Aufhebung des Kaufvertrags und Löschung eines von der Beklagten bestellten Grundpfandrechts gerichteten) Klage ableiten, folgt aber auch im Übrigen daraus, dass die Klage zu Recht abgewiesen worden ist. Der Kaufpreis war nicht fällig, weil die Baugenehmigung noch nicht erteilt und ihre Erteilung von der Beklagten nicht treuwidrig hintertrieben worden war. Das wird von den Parteien nicht angegriffen.
- 11
- b) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aber in seiner weiteren Überlegung, es fehle dennoch schon an einer Pflichtverletzung, weil der Kläger Grund zu der Annahme gehabt habe, ihm stehe der Kaufpreis zu und er dürfe wegen des Ausbleibens der Zahlung zurücktreten. Beides ändert an der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens nichts.
- 12
- aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist, das ist dem Berufungsgericht zuzugeben, anerkannt, dass allein in der Erhebung einer Klage oder in der sonstigen Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte weder eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB (BGHZ 36, 18, 20 f.; 74, 9, 15 f.; 95, 10, 18 ff.; 118, 201, 206; 148, 175, 181 f.; 154, 269, 271 ff.; 164, 1, 6; BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148) noch eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung gesehen werden kann (Senat, BGHZ 20, 169, 172; BGH, Urt. v. 20. März 1979, VI ZR 30/77, NJW 1980, 189, 190, insoweit in BGHZ 75, 1 nicht abgedruckt; Urt. v. 4. November 1987, IVb ZR 83/86, NJW 1988, 2032, 2033; Senat, Urt. v. 12. November 2004, V ZR 322/03, NJW-RR 2005, 315, 316; BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, aaO; vgl. auch Zeiss, NJW 1967, 703, 706 f., a.A. Becker-Eberhard, Grundlagen der Kostenerstattung, 1985, S. 99 ff.; Haertlein, Exekutionsintervention und Haftung, 2008, S. 352 ff.; Kaiser NJW 2008, 1709, 1710 f.). Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage haftet der ein solches Verfahren Betreibende außerhalb der im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen grundsätzlich nicht, weil der Schutz des Prozessgegners regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe der gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet wird (BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148). Ein dadurch nicht abgedeckter Schaden ist damit auch materiellrechtlich nicht ersatzfähig (Senat, BGHZ 20, 169, 172; BGHZ 74, 9, 15; 118, 201, 206). Diese Rechtsprechung wird wesentlich von der Überlegung bestimmt , dass andernfalls der freie Zugang zu staatlichen Rechtspflegeverfahren, an dem auch ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise eingeschränkt würde.
- 13
- bb) Richtig ist weiter, dass diese Überlegung teilweise auf die außergerichtliche Geltendmachung einer nicht bestehenden Forderung übertragen wird (KG, Urt. v. 18. August 2005, 8 U 251/04, juris, Rdn. 142, im Ergebnis bestätigt durch BGH, Beschl. v. 7. Dezember 2006, IX ZR 167/05, juris; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 746; Bamberger/Roth/Grüneberg/Sutschet, BGB, 2. Aufl., § 241 Rdn. 54), und zwar auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 25. Oktober 1995, VIII ZR 258/94, NJW 1996, 389, 390; Beschl. v.
- 14
- cc) Das erste Argument hat der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 15. Juli 2005 (BGHZ 164, 1) zurückgewiesen. Anlass war der erwähnte Vorlagebeschluss des I. Zivilsenats vom 12. August 2004 (I ZR 98/02, aaO), mit welchem dieser die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung in Frage gestellt hat. Nach dieser Rechtsprechung kann eine unberechtigte außergerichtliche Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in eine nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsposition sowohl des Verwarnten als auch desjenigen Gewerbetreibenden darstellen, dessen Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Geltendmachung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber dem verwarnten Abnehmer schwerwiegend beeinträchtigt werden (BGHZ 2, 387, 393; 38, 200, 204 ff.; 62, 29, 31ff.; 164, 1, 5 f.; BGH, Urt. v. 23. Februar 1995, I ZR 15/93, NJW-RR 1995, 810, 811; Urt. v. 30. November 1995, IX ZR 115/94, NJW 1996, 397, 398, insoweit nicht in BGHZ 131, 233 abgedruckt ; Urt. v. 13. April 2000, I ZR 220/97, NJW 2000, 3716, 3717; RGZ 58, 24, 30 f.). Erfolgt der Eingriff unmittelbar durch Anrufung der Gerichte, entfällt - wie auch sonst - die Haftung (BGHZ 164, 1, 6). Diese Privilegierung findet ihrer Rechtfertigung zum einen in einer förmlichen Beteiligung des zu Unrecht in Anspruch Genommenen an dem gerichtlichen Verfahren und zum anderen in der verschuldensunabhängigen Haftung des Klägers nach §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO für den Fall einer Vollstreckung aus einem später geänderten vorläufig vollstreckbaren Urteil (BGHZ 164, 1, 7 f.). An beidem fehlt es, wenn eine unberechtigte Verwarnung außergerichtlich erfolgt. Bei der unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen liegt es nicht anders.
- 15
- dd) Das teilweise angenommene, von dem Berufungsgericht so genannte "Recht auf Irrtum" bei der unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten erkennt der Bundesgerichtshof bei bestehenden Schuldverhältnissen nicht an. Er geht im Gegenteil davon aus, dass sie gerade hier im Grundsatz pflichtwidrig ist.
- 16
- (1) Anerkannt ist das, was auch das Berufungsgericht nicht übersieht, für die unberechtigte Kündigung. Kündigt der Vermieter das Mietverhältnis, ohne dass ein Kündigungsgrund besteht, kann er zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet sein (BGHZ 89, 296, 301 ff.; BGH, Urt. v. 14. Januar 1988, IX ZR 265/86, NJW 1988, 1268, 1269; Urt. v. 18. Mai 2005, VIII ZR 368/03, NJW 2005, 2395, 2396). Entsprechendes gilt, wenn der Vermieter, ohne zu kündigen, unberechtigt Räumung verlangt (BGH, Urt. v. 28. November 2001, XII ZR 197/99, NJW-RR 2002, 730, 731). Das ergibt sich in diesen Fallkonstellationen allerdings schon daraus, dass der Vermieter mit der Kündigung bzw. dem Räumungsverlangen das Besitzrecht des Mieters in Frage stellt und damit zugleich seine eigene vertragliche Leistungspflicht zur Überlassung der Mietsache verletzt. Ähnlich liegt es bei dem Käufer, der den Vertrag unberechtigt "annulliert" (RGZ 57, 105, 113), oder dem Verkäufer, der sich unberechtigt weigert, den Käufer weiter zu beliefern (RGZ 67, 313, 317). Auf einen solchen - bei der Geltendmachung von nicht bestehenden Ansprüchen fehlenden - Bezug zu der Nichterfüllung eigener Leistungspflichten kommt es aber nicht entscheidend an. Vielmehr kommt eine Haftung auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann in Betracht, wenn eine Vertragspartei, ohne eigene Leistungspflichten zu verletzen, unberechtigte Ansprüche an die andere Vertragspartei stellt (BGH, Urt. v. 12. Dezember 2006, VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 f.; ebenso OLG Braunschweig, OLG-Report 2001, 196, 198; LG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1105, 1106; AG Münster NJW-RR 1994, 1261, 1262 [für cic]; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 280 Rdn. 27; Hösl, Kostenerstattung bei außerprozessualer Verteidigung gegen unberechtigte Rechtsverfolgung , 2004, S. 85 f.; Kaiser, NJW 2008, 1709, 1711). Dies hat der Bundesgerichtshof bei einem unberechtigten Mängelbeseitigungsverlangen angenommen (Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148). Für ein unberechtigtes Zahlungsverlangen gilt nichts anderes.
- 17
- (2) Eine Vertragspartei, die von der anderen Vertragspartei etwas verlangt , das ihr nach dem Vertrag nicht geschuldet ist, oder ein Gestaltungsrecht ausübt, das nicht besteht, verletzt ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB (BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, aaO; a.A. Hösl, aaO, S. 34: Leistungstreuepflicht). Danach hat jede Vertragspartei auf die Rechte und Interessen der anderen Partei Rücksicht zu nehmen. Zu diesen Rechten und Interessen gehört auch das Interesse des Schuldners, nicht in weitergehendem Umfang in Anspruch genommen zu werden als in dem Vertrag vereinbart. Wie der Gläubiger von dem Schuldner die uneingeschränkte Herbeiführung des Leistungserfolgs beanspruchen kann, darf der Schuldner von dem Gläubiger erwarten, dass auch er die Grenzen des Vereinbarten einhält (im Ergebnis ebenso Hösl aaO; Haertlein, MDR 2009, 1, 2; zu dem Argument der Waffengleichheit auch derselbe in Exekutionsintervention und Haftung, 2008, S. 362 f., 383 ff.).
- 18
- ee) Nach diesen Maßstäben waren sowohl die Aufforderung des Klägers an die Beklagte zur Zahlung des Kaufpreises als auch sein Rücktritt vom Ver- trag nicht nur sachlich unbegründet, sondern auch im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB pflichtwidrig.
- 19
- 3. Eine Haftung des Klägers aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil er nicht fahrlässig gehandelt und die Verletzung seiner Pflichten nach § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nicht zu vertreten hat.
- 20
- a) Fahrlässig handelt der Gläubiger nämlich nicht schon dann, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist. Die Berechtigung seiner Forderung kann sicher nur in einem Rechtsstreit geklärt werden. Dessen Ergebnis vorauszusehen kann von dem Gläubiger im Vorfeld oder außerhalb eines Rechtsstreits nicht verlangt werden. Das würde ihn in diesem Stadium der Auseinandersetzung überfordern und ihm die Durchsetzung seiner Rechte unzumutbar erschweren (Haertlein, MDR 2009, 1, 2 f.). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) entspricht der Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr schon dann, wenn er prüft, ob die Vertragsstörung auf eine Ursache zurückzuführen ist, die dem eigenen Verantwortungsbereich zuzuordnen, der eigene Rechtsstandpunkt mithin plausibel ist (vgl. BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148). Mit dieser Plausibilitätskontrolle (ähnlich Kaiser, NJW 2008, 1709, 1712: Evidenzkontrolle) hat es sein Bewenden. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, darf der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergebenden Rechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt (BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, aaO; Haertlein, MDR 2009, 1, 2).
- 21
- b) Gemessen an diesen Anforderungen hat der Kläger weder sein unberechtigtes Zahlungsverlangen noch seinen unberechtigten Rücktritt zu vertreten , weil er weder im einen noch im anderen Fall fahrlässig gehandelt hat.
- 22
- aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger Grund zu der Annahme, die Beklagte führe die Erteilung der Baugenehmigung als Voraussetzung der Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs treuwidrig nicht herbei. Er habe auch angesichts der ihm berichteten Bekundung von Erwerbsinteresse durch vier Käufer annehmen dürfen, der Nachbarwiderspruch habe in den seit der Änderung des Kaufvertrags verstrichenen Monaten erledigt werden können. Auf das Erfordernis seiner Zustimmung zum Abbruch der vorhandenen Bebauung sei er erst im Anschluss an seine Zahlungsaufforderungen hingewiesen worden, obwohl dies schon seit Monaten bekannt gewesen sei. Die Auskunft der Beklagten in ihrem Schreiben vom 5. September 2006, der Bauantrag sei "selbstverständlich" gestellt, habe den Verdacht des Klägers, die Erteilung der Baugenehmigung werde von der Beklagten hintertrieben, verstärken müssen. Durch eine Mitteilung der zuständigen Behörde vom 23. August 2006 sei er nämlich darüber unterrichtet worden, dass der Antrag bis dahin in Wirklichkeit nicht gestellt worden war. Das genügt der gebotenen Plausibilitätskontrolle.
- 23
- bb) Diese Feststellungen hat das Berufungsgericht zwar nicht unter dem Gesichtspunkt der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt getroffen. Das ist aber unerheblich, weil es unter dem Gesichtspunkt besonderer Umstände, die aus seiner - von dem Senat nicht geteilten - Sicht für die Annahme einer Pflichtverletzung erforderlich sind, eine inhaltlich entsprechende Prüfung angestellt hat.
- 24
- cc) Diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar (dazu: BGH, Urt. v. 14. Oktober 2003, VI ZR 425/02, NJW-RR 2004, 425, 426; Senat, Urt. v. 26. November 2004, V ZR 119/04, Mitt- BayNot 2005, 395; Urt. v. 5. Mai 2006, V ZR 236/05, NJW-RR 2006, 1242). Sie ist in diesem Rahmen entgegen der Annahme der Revision nicht zu beanstanden.
- 25
- (1) Das Berufungsgericht habe, so meint die Revision, nicht gewürdigt, dass sich der Kläger in seiner Zahlungsaufforderung im Schreiben vom 21. Juli 2006 nicht darauf beschränkt habe, seine Ansicht darzustellen oder die Beklagte nur zur Zahlung aufzufordern. Vielmehr habe er der Beklagten eigene Obliegenheits - und Pflichtverletzungen vorgeworfen und mit der Rückabwicklung des Vertrags gedroht. Damit habe er sie bei ihren Vermarktungsbemühungen massiv behindert. Dabei übergeht die Revision, dass der Kläger die Beklagte in seinem Schreiben zunächst nur mit einem - durch das Schweigen der Beklagten zur Baugenehmigung zudem begründeten - Verdacht konfrontiert und ihr Gelegenheit gegeben hat, diesen Verdacht zu zerstreuen. Die Rückabwicklung des Vertrags war auch nur für den Fall angekündigt, dass sich die Beklagte weiterhin zum Stand des Baugenehmigungsverfahrens ausschweige. Damit genügte der Kläger der gebotenen Sorgfalt.
- 26
- (2) Das Berufungsgericht habe, so rügt die Revision weiter, unberücksichtigt gelassen, dass die Auslegung der Fälligkeitsregelung im Kaufvertrag der Parteien nicht einfach zu durchschauen sei. Es habe sich auch nicht mit der Auslegung dieser Klausel befasst. Diese Überlegung stellt die Würdigung des Berufungsgerichts nicht in Frage; es bestätigt sie vielmehr. Wenn nämlich die Rechtslage schwierig zu überblicken und die eigene Rechtsposition jedenfalls vertretbar ist, muss sich der Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade nicht zurückhalten; es kann ihm nicht vorgehalten werden, seinen eigenen Standpunkt zu vertreten (Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148). Dass dies mit - hier zudem nicht übertriebenem - Nachdruck geschieht, ändert daran nichts. Schon deshalb kam es nicht darauf an, wie die Klausel auszulegen ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht, wenn auch aus prozessualen Gründen, in Übereinstimmung mit der Sichtweise der Beklagten davon ausgegangen, dass die Fälligkeit nicht eingetreten war.
- 27
- (3) Schließlich habe das Berufungsgericht die Rücksichtslosigkeit und Beharrlichkeit außer Betracht gelassen, mit der der anwaltlich vertretene Kläger an seiner Rechtsauffassung festgehalten habe. Diese Bewertung stützt die Revision auf den Umstand, dass der Kläger der Bitte der Beklagten um Verlängerung der im Schreiben vom 21. Juli 2006 gesetzten Äußerungsfrist nicht entsprochen , sondern sie erneut, diesmal unter Fristsetzung, zur Zahlung aufgefordert hat. Ob dieser Umstand die Bewertung der Revision trägt, ist zweifelhaft, kann aber offen bleiben. Es kommt nämlich nicht darauf an, in welcher Form der Kläger sein Anliegen vertritt, sondern darauf, ob er seinen Rechtsstandpunkt in der Sache für vertretbar halten durfte. Das ist nach den nicht zu beanstanden Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall.
- 28
- 4. Die von der Beklagten geltend gemachten Rechtsberatungskosten könnten schließlich auch nur ersatzfähig sein, wenn sie durch die Pflichtverletzung des Klägers adäquat kausal verursacht worden sind. Das kann wiederum nur angenommen werden, wenn damit zu rechnen war, dass die Beklagte Rechtsrat einholte, bevor sie sich mit dem von dem Kläger zur Begründung seines Vorgehens angeführten Verdacht befasste, sie hintertreibe die Erteilung der Baugenehmigung (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Senat, Urt. v. 18. Januar 2008, V ZR 174/06, NJW 2008, 1658, 1660). Das ist zweifelhaft, bedarf aber keiner Entscheidung, da eine Haftung des Klägers schon dem Grunde nach ausscheidet.
III.
- 29
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
LG Köln, Entscheidung vom 11.05.2007 - 4 O 548/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 26.05.2008 - 12 U 73/07 -
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers vom 16.09.2015 wird das Endurteil des LG Ingolstadt
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem LG Ingolstadt vorbehalten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
I.
– die Beklagte zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, mindestens jedoch 50.000,- €, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen,
– die Beklagte zu einer Zahlung von 27.458,27 € zu verurteilen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, und
– festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger sämtliche weitere materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 08.10.2006, 08.45 Uhr, auf der Kreisstraße EI 34 bei km 3.300 bei H. zu ersetzen.
die Klage abzuweisen
II.
III.
hilfsweise das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 11.08.2017, S. 2 = Bl. 541 d. A.).
die Berufung zurückzuweisen (Bl. 500 d. A.; BE 1 = Bl. 518 d. A.).
IV.
B.
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.
(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.
(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.