Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 07. Juli 2005 - 16 UF 50/05

bei uns veröffentlicht am07.07.2005

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 26.01.2005 (33 F 221/04) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen rückständigen Unterhaltsbetrag für die Zeit vom 01.01.2003 bis 30.06.2004 in Höhe von 1.080 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 28.08.2004 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um rückständige Ansprüche auf Elternunterhalt aus übergegangenem Recht für die Zeit von 01.01.2003 - 30.06.2004. Für den Unterhaltszeitraum Januar 2003 - Januar 2004 einschließlich macht die Klägerin einen monatlichen Anspruch von 55 EUR geltend, ab Februar 2004 geht sie von einer Leistungsfähigkeit der Beklagten in Höhe von 73 EUR aus.
Die Beklagte, geboren am 08.11.1957, ist die Tochter von Frau ..., geboren am ... 1937. Die Ehe der Eltern der Beklagten ist geschieden. Der Vater ist am 11.10.1987 verstorben und hat nie nachehelichen Unterhalt an die Mutter gezahlt. Diese bezieht seit 05.12.1985 Leistungen der Klägerin. Sie hat eine eigene monatliche Rente von 333,16 EUR. Eine Rechtswahrungsanzeige der Klägerin gegenüber der Beklagten ist 1986 erfolgt.
Bis zum 30.06.2004 hat die Klägerin neben Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz auch die Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem BSHG für die Mutter der Beklagten mit 130,52 EUR monatlich gezahlt. Diese Kosten möchte die Klägerin von der Beklagen im Rahmen deren Leistungsfähigkeit erstattet bekommen.
Die zwei Geschwister der Beklagten sind unstreitig leistungsunfähig.
In einem weiteren Verfahren vor dem Familiengericht Heidelberg (33 F 316/02) machte die Klägerin für einen Unterhaltszeitraum vom 01.03. - 31.10.2002 55 EUR monatlich gegen die Beklagte unter Zugrundelegung eines Taschengeldanspruchs der Beklagten gegenüber ihrem Ehemann geltend. Das Verfahren endete mit dem Vergleich vom 17. 01.2003, in dem sich die Beklagte verpflichtete, zur Abgeltung der Unterhaltsansprüche ihrer Mutter bis Ende 2002 275 EUR zu zahlen.
Bis 30.09.2003 befand sich die seit 31.07.1999 verheiratete, kinderlose Beklagte in einer Ausbildung. Sie hatte eine monatliche Ausbildungsvergütung und Unterhaltsgeld. Unstreitig ist ein Einkommen von mindestens 1.000 EUR. Seit 01.10.2003 arbeitet die Beklagte rd. 28 Stunden wöchentlich als Altenpflegerin. Sie verdient 990,17 EUR netto monatlich, dies nach Steuerklasse V. Die Verdienstbescheinigungen für den Zeitraum 10/2003 bis 9/2004 einschließlich liegen vor.
Der Ehemann der Beklagten hatte ab 01.10.2003 ein Einkommen von 2.074,62 EUR. Er nutzt die Steuerklasse III. Die Verdienstabrechnungen für das Jahr 2003 liegen vor. Für die vor dem 01.10.2003 liegende Zeit ist ein Einkommen von 2.013 EUR zugestanden.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Mit dem Vergleich im Verfahren 33 F 316/02 seien nur die in jenem Verfahren streitgegenständlichen Ansprüche abgegolten worden.
10 
Nachdem die Rechtswahrungsanzeige bereits am 05.02.1986 versandt worden sei, sei ein Anspruch auf Zahlung rückständigen Unterhalts gegeben.
11 
Bis zum Abschluss der Ausbildung sei die Beklagte aufgrund ihres Taschengeldanspruchs gegenüber ihrem Ehemann in Höhe von 55 EUR leistungsfähig, danach in Höhe von 73 EUR. Bis Januar 2004 einschließlich werde gleichwohl nur ein monatlicher Betrag von 55 EUR verlangt.
12 
Ein vollständiger Verbrauch des Familieneinkommens liege nicht vor. Die von der Beklagten aufgeführten Positionen seien bereits im Selbstbehalt berücksichtigt und würden im Übrigen bestritten.
13 
Die Klägerin hat beantragt:
14 
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständige Unterhaltsbeträge in Höhe von 1.080 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
15 
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt:
16 
Die Beklagte hat vorgetragen:
17 
Aufgrund des im Verfahren 33 F 316/02 abgeschlossenen Vergleichs stünden der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche mehr zu.
18 
Es fehle am Vorliegen der Voraussetzungen des § 1613 BGB, nachdem die Klägerin die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 16.02.2004 zur Auskunft über ihr neues Einkommen aufgefordert habe.
19 
Die Beklagte sei aufgrund ihres Einkommen nicht leistungsfähig. Ein Taschengeldanspruch gegen den Ehemann sei aufgrund der geringen Differenz zwischen den beiderseitigen Einkommen nicht gegeben.
20 
Das gesamte Einkommen der Eheleute werde verbraucht (im einzelnen I, 57f). Der nach Deckung der Kosten verbleibende Betrag von 450 EUR pro Person werde für Kleidung, Schuhe und Benzin verbraucht.
21 
Das Familiengericht Heidelberg hat die Klage mit Urteil vom 26.01.2005 abgewiesen.
22 
Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, die Beklagte sei nicht leistungsfähig. Ausgehend von dem Familienbedarf der Beklagten und ihres Ehemanns entsprechend Ziffer 21.3.2 der SüdL in Höhe von 2.200 EUR zzgl. der Hälfte des anrechnungsfreien Einkommens (712 : 2), also 2.556 EUR, sei eine weitere Erhöhung des Selbstbehalts im Hinblick auf die konkret vorgetragenen Aufwendungen der Beklagten vorzunehmen. Diese seien unstreitig. Es sei von einem zu berücksichtigenden Verbrauch des Familieneinkommens auszugehen.
23 
Auch ein Taschengeldanspruch komme nicht in Betracht, da der angemessene Selbstbehalt der Beklagten nicht gewahrt sei.
24 
Damit könne dahin gestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für eine rückwirkende Geltendmachung des Unterhalts überhaupt vorlägen.
25 
Gegen dieses der Klägerin 04.02.2005 zugestellte Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen in vollem Umfang weiter verfolgt.
26 
Die Klägerin trägt vor:
27 
Die Beklagte sei leistungsfähig. Entgegen dem diesbezüglichen Bestreiten der Klägerin in erster Instanz habe das Familiengericht sämtliche vorgetragenen Aufwendungen der Beklagten berücksichtigt. Zudem habe das Gericht ohne nähere Ausführungen, warum die einzelnen Positionen abzugsfähig seien, diese in Abzug gebracht. Der Selbstbehalt könne unterschritten werden, wenn der Unterhaltspflichtige sein Auskommen im Rahmen des Familienunterhalts finde. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Januar 2004 (XII ZR 69/01, FamRZ 2004, 443). Das Familiengericht sei im Übrigen verpflichtet gewesen zu prüfen, ob ein Taschengeldanspruch bestanden habe.
28 
Eine rückwirkende Geltendmachung der Forderungen sei möglich, nachdem die Mutter der Beklagten seit 1986 ununterbrochen Leistungen durch die Klägerin empfangen habe und die Rechtswahrungsanzeige aus dem Jahr 1986 damit ausreichend sei.
29 
Die Klägerin beantragt:
30 
Das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg, Familiengericht, vom 26. Januar 2005, Aktenzeichen 33 F 221/04, wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen rückständigen Unterhaltsbetrag in Höhe von 1.080 EUR für die Zeit vom 01.01.2003 bis 30.06.2004 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 28.08.2004 zu zahlen.
31 
Die Beklagte beantragt:
32 
Zurückweisung der Berufung.
33 
Die Beklagte trägt vor:
34 
Das Familiengericht habe zutreffend einen Anspruch auf Elternunterhalt abgelehnt. Was die Eheleute für ihren Familienunterhalt benötigten, müsse nach den im Einzelfall maßgeblichen Verhältnissen bestimmt werden. Eine Pauschalierung sei unzulässig. Die behaupteten Aufwendungen seien insgesamt entstanden. Hierfür könne durch Vernehmung des Ehemanns der Beklagten der Beweis erbracht werden.
35 
§ 1613 BGB stehe dem Anspruch im Übrigen entgegen. Der Bedarf des Hilfeempfängers müsse unverzüglich nach Kenntnis des Trägers der Sozialhilfe schriftlich mitgeteilt werden. Dies sei vorliegend erstmalig mit Schreiben vom 16. Februar 2004 geschehen. Vor diesem Zeitraum können daher Unterhalt nicht verlangt werden.
36 
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akten des Familiengerichts Heidelberg 33 F 316/02 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
37 
Die zulässige Berufung ist in vollem Umfang begründet.
1.
38 
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Unterhalt zumindest in geltend gemachter Höhe aus übergegangenem Recht gemäß §§ 1601ff BGB, 91 BSHG a. F. i.V.m. § 70 BSHG a.F..
39 
Unstreitig ist die Beklagte ihrer Mutter gegenüber gemäß § 1601 BGB unterhaltspflichtig. Hierüber und über die Höhe des dem Klagebegehren zugrunde gelegten Unterhaltsbedarfs bzw. die Bedürftigkeit der Mutter der Beklagten besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.
2.
40 
Die Klägerin kann die Beklagte für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum in Anspruch nehmen. Der Beklagten ist die Rechtswahrungsanzeige mit der Folge des Vorliegens der Voraussetzungen des § 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG a.F. im Jahr 1986 übersandt worden. Ihr wurde weiter vor dem streitgegenständlichen Zeitraum erneut mit Schreiben vom 14.03.2002 die Fortdauer der Hilfegewährung und deren Höhe mitgeteilt. Eine Rechtswahrungsanzeige muss weder die Höhe der staatlichen Sozialleistung noch die Höhe der Inanspruchnahme des Pflichtigen enthalten. Allein die Mitteilung des staatlicher Unterstützung des Bedürftigen zerstört bereits das Vertrauen des Schuldners, dass die Dispositionen über seine Lebensführung nicht durch Unterhaltspflichten berührt werden (BGH FamRZ 2003, 860; Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 6. Auflage, § 5, Rdn. 107).
3.
41 
Die Beklagte ist entgegen der Ansicht des Familiengerichts leistungsfähig.
42 
a) Wahrung des angemessenen Selbstbehalts der Beklagten
43 
aa) Höhe des angemessenen Selbstbehalts
44 
Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten ist nur deren eigenes Einkommen maßgebend. Ihr Ehemann steht außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und ihrer Mutter und ist daher nicht verpflichtet, Unterhalt zu leisten (BGH FamRZ 2004, 366, 367). Der Selbstbehalt im Rahmen des Elternunterhalts beträgt gemäß Ziffer 21.3.2 der SüdL, Stand 01.07.2003, im Zeitraum ab 01.07.2003 1.250 EUR. Gleiches gilt gemäß Ziffer 20d der SüdL, Stand 01.01.2002, für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 30.06.2003. Grundsätzlich handelt es sich dabei um den mindestens anzusetzenden Betrag. Gemäß § 1603 Abs. 1 BGB darf die Unterhaltsverpflichtung nicht zur Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts des Pflichtigen führen. Wie dieser angemessene Selbstbehalt festzulegen ist, kann nicht losgelöst von der im Einzelfall vorliegenden Lebensstellung, die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Pflichtigen entspricht, bestimmt werden. Vielmehr ist er aufgrund der konkreten Umstände und unter besonderer Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse, die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt als einem rechtlich vergleichsweise schwach ausgestalteten Anspruch vorliegen, zu ermitteln (BVerfG, Urteil vom 07.06.2005, Az.: 1 BvR 1508/96; BGH FamRZ 2004, 366, 367; 2003, 1179; 2002, 1698, 1700;). Dabei ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden bereinigten Einkommens allein auf einen - etwa hälftigen - Anteil des Betrages abgestellt wird, der den an sich vorgesehenen Mindestselbstbehalt übersteigt (BGH FamRZ 2002, 1698, 1701 mit insoweit zustimmender Anmerkung Klinkhammer, FamRZ 2002, 1702, 1703, aber auch BGH FamRZ 2004, 443, 446; 2004, 795, 798, wonach der verbleibende Differenzbetrag voll für Unterhaltszwecke zur Verfügung steht). Ob ihr Selbstbehalt danach zu erhöhen ist, kann an dieser Stelle dahin stehen. Denn auch der Mindestselbstbehalt wird bezogen auf das eigene Erwerbseinkommen der Beklagten im gesamten Unterhaltszeitraum unterschritten.
45 
bb) Selbstbehaltsdeckender Anspruch auf Familienunterhalt
46 
Dies führt jedoch nicht zu einem Wegfall der Unterhaltsverpflichtung. Denn bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt kann der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende angemessene Selbstbehalt insoweit gewahrt sein, als er durch den ihm von seinem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalt sein Auskommen findet. Dessen Höhe richtet sich nach dem Verhältnis der beiderseitigen unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen. Soweit das Einkommen eines Ehegatten zur Bestreitung des angemessenen Familienunterhalts nicht benötigt wird, steht es ihm selbst zur Verfügung und kann folglich für Unterhaltszwecke eingesetzt werden, sofern der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen insgesamt gewahrt ist. Der nicht unterhaltspflichtige Ehegatte wird in solchen Fällen nicht mittelbar zum Unterhalt herangezogen, denn sein eigener angemessener Familienunterhalt ist gedeckt; die durch Unterhaltsleistungen bedingte Schmälerung des Einkommens seines Ehegatten braucht er nicht zu kompensieren, da auch dessen eigener angemessener Unterhalt gewahrt ist (BGH FamRZ 2004, 443, 445 mit teilweise ablehnender Anmerkung Schürmann; BGH FamRZ 2004, 366; 2004, 370; 2004, 795).
47 
b) Höhe des Familienbedarfs
48 
aa) Familienbedarf nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien
49 
Damit beurteilt sich die Leistungsfähigkeit der Beklagten danach, wie der Familienbedarf zu bemessen ist und in welchem Umfang die Beklagte hieran zu beteiligen ist. Grundsätzlich verbietet sich eine pauschale Festlegung des Familienbedarfs (BGH FamRZ 2004, 443, 446). Ebenso wie bei der Festlegung der Mindestselbstbehaltssätze beurteilt sich der Bedarf nach den im Einzelfall maßgebenden Verhältnissen, insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensstellung, des Einkommens, des Vermögens und sozialen Rangs (BGH a.a.O.). Auch bei durchschnittlichen Einkünften kann nicht ohne weiteres von einem Verbrauch des Einkommens ausgegangen werden (BGH a.a.O.; FamRZ 2004, 370). Vielmehr obliegt es dem für seine Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweisbelasteten Unterhaltsschuldner hierzu substantiiert vorzutragen, wenn er einen über die Mindestbeträge hinausgehenden Verbrauch des Einkommens geltend machen will (BGH FamRZ 2004,795, 798; Schürmann a.a.O.; Brudermüller NJW 2004, 633, 637). Kommt er dieser Darlegungspflicht nicht nach, so verbleibt es bei den Mindestbedarfssätzen. Diese sind entsprechend Ziffer 20d der SüdL, Stand 01.01.2002, und Ziffer 22. 3 der SüdL, Stand 01.07.2003, im gesamten Unterhaltszeitraum mit insgesamt 2.200 EUR zu bemessen. Dabei kann hier dahin gestellt bleiben, ob es angemessen ist, für den höher verdienenden Ehegatten der Beklagten nur einen Bedarf von 950 EUR, demgegenüber für die Beklagte einen solchen von 1.250 EUR anzunehmen. Denn auch bei anderer Betrachtungsweise (950 EUR für die Beklagte, 1.250 EUR für den Ehegatten) ergibt sich insgesamt ein Bedarf von 2.200 EUR. Für beide Gatten je einen Betrag von 1.250 EUR zugrunde zulegen ist im Hinblick auf die durch die gemeinsame Haushaltsführung eintretenden Ersparnisse nicht gerechtfertigt.
50 
bb) Höherer Familienbedarf im Einzelfall
51 
Einen höheren Familienbedarf als 2.200 EUR hat die Beklagte nicht ausreichend dargelegt. Auch mit dem letzten Schriftsatz vom 09.06.2005 wurden nur einzelne Zahlungen durch Vorlage der Kontoauszüge belegt. Dies reicht nicht, insbesondere sind die zugrunde liegenden Verträge nicht vorgelegt. Allein die weitere Behauptung jeder Ehegatte benötige für seine eigenen Zwecke (Kleidung, Schuhe und Benzinverbrauch) 450 EUR monatlich ist zu pauschal und damit auch einer Schätzung nach § 287 ZPO bzw. einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Hinsichtlich der Position Benzinverbrauch ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass diese zumindest teilweise durch den Abzug berufsbedingter Aufwendungen berücksichtigt wurde. Die gezahlte Bruttomiete von 783,03 EUR übersteigt den im Bedarf enthaltenen Betrag von 770 EUR nur unwesentlich. Weiter ist auch zu berücksichtigen, dass Abzüge, die für Vermögensbildung geltend gemacht werden, unterhaltsrechtlich ohne Belang sind (BGH FamRZ 2004, 795, 798). Nach dem Vortrag der Beklagten kann jedoch nicht beurteilt werden, ob Teile des Einkommens nicht hierfür verwendet werden. Es hat hier daher bei der Bemessung des Familienbedarfs bei den Mindestsätzen zu verbleiben, mithin bei einem Betrag von 2.200 EUR (1.250 EUR zzgl. 950 EUR für den mit der Beklagten zusammen lebenden Ehegatten).
52 
Dieser ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Aufstellung der Beklagten, die monatliche Kosten von 2.130 EUR geltend macht. Denn auch dann verbleiben nach ihrer Berechnung 900 EUR für beide Parteien, deren vollständiger Verbrauch für Unterhaltszwecke nicht ausreichend dargelegt ist.
53 
Zugunsten der Beklagten wurden weiter die geltend gemachten Abzüge für die Lebensversicherungen mit insgesamt 203,36 EUR berücksichtigt, nachdem zusätzliche Aufwendungen für Altersvorsorge beim Elternunterhalt in angemessenen Rahmen grundsätzlich berücksichtigungsfähig sind (BGH FamRZ 2003, 1179; 2004, 792, wonach eine zusätzliche Altersversorgung in Höhe von 5 % des Bruttoeinkommens berücksichtigungsfähig ist). Der Familienbedarf beträgt damit 2403 EUR.
54 
c) Höhe der Unterhaltslast der Beklagten am Familienbedarf; Leistungsfähigkeit für den Elternunterhaltsanspruch
55 
Unter Berücksichtigung des Familienbedarfs und des Anteils der Beklagten an der Unterhaltslast ist der eingeklagte Anspruch begründet.
56 
Für die Beteiligung der Beklagten an diesem Familienunterhaltsbedarf ist das Einkommen des Ehemanns maßgeblich. Denn die Beteiligung richtet sich nach dem Verhältnis der beiderseitigen unterhaltsrelevanten Einkommen (BGH FamRZ 2004, 795, 798).
57 
Für die einzelnen Unterhaltszeiträume ergibt sich unter Berücksichtigung des Familienbedarfs mit 2.403 EUR und der beiderseitigen Einkünfte der Beklagten und ihres Ehemanns die nachfolgende Berechnung:
58 
aa) Unterhaltsansprüche Januar bis September 2003
59 
In diesem Zeitraum befand sich die Beklagte in Ausbildung. Sie bezog ein Unterhaltsgeld des Arbeitsamtes und eine Ausbildungsvergütung. Ihr Einkommen hat die Beklagte selbst mit 1.000 EUR zugestanden, die Auswertung der Urkunden ergibt ein geringfügig darüber liegendes Einkommen. Nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen mit pauschal 5% verbleiben zumindest 950 EUR. Der Selbstbehalt für die Beklagte von 1.250 EUR ist damit unterschritten.
60 
Zugunsten der Beklagten wurde in diesem Unterhaltszeitraum nur vom vorgetragenen Einkommen des Ehemanns von 2.013 EUR ausgegangen. Nach Abzug von 5% für pauschale berufsbedingte Aufwendungen (100,65 EUR) verbleiben 1.912,35 EUR.
61 
Das Familieneinkommen liegt damit bei 2.862,35 EUR. Der Anteil der Beklagten an diesem Einkommen beträgt 33,19 % (950/2862).
62 
Der Familienbedarf ist entsprechend den obigen Ausführungen mit 2.403 EUR zu bemessen. Die Beklagte ist mit ihrem Anteil am Familieneinkommen, also mit 33,19 % zu beteiligen, so dass sie 797,56 EUR zu tragen hat. Von ihrem Einkommen verbleiben ihr 152,44 EUR, so dass sie die geforderten 55 EUR monatlich zahlen kann, ohne dass es auf die Frage, ob und in welcher Höhe ein Taschengeldanspruch besteht, ankommt. Auch kann dahingestellt bleiben, ob sie verpflichtet ist, den gesamten verbleibenden Betrag für Unterhaltszwecke einzusetzen.
63 
bb) Unterhaltsanspruch ab Oktober 2003
64 
Ab Oktober 2003 hat die Beklagte nach Abschluss ihrer Ausbildung mit einer Wochenarbeitszeit von 28,88 Stunden gearbeitet. Im Zeitraum Oktober 2003 bis September 2004 hat die Beklagte 24.218,86 EUR brutto verdient. Der Jahreszeitraum, der sich aus der Berücksichtigung der Einkünfte ab Abschluss der Ausbildung ergibt, kann vorliegend auch für den Unterhaltszeitraum 2004 zu Grunde gelegt werden, da keine Einkommensschwankungen ab diesem Zeitraum ersichtlich sind.
65 
Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Zeitraum die Steuerklasse V genutzt, ihr Ehemann die Steuerklasse III. Dies ist seitens der Unterhaltsberechtigten nicht hinzunehmen. Hat ein seinem Elternteil Unterhaltspflichtiger im Verhältnis zu seinem Ehegatten die ungünstigere Steuerklasse gewählt, ist diese Verschiebung der Steuerbelastung durch einen tatrichterlich zu schätzenden Abschlag zu korrigieren (BGH FamRZ 2004, 443). Vorliegend ergibt sich damit unter Berücksichtigung der Besteuerung nach Lohnsteuerklasse IV ein Einkommen der Beklagten in Höhe von 1.280,28 EUR gemäß nachfolgender Berechnung:
66 
Bruttolohn
24.218,86 EUR
Lohnsteuer (2003)
3.573 EUR
Solidaritätszuschlag
196,51 EUR
Rentenversicherung
2361,34 EUR
Arbeitslosenversicherung
787,11 EUR
Krankenversicherung
1.731,65 EUR
Pflegeversicherung
205,86 EUR
Nettolohn
15.363,39 EUR
15.363,39 : 12
1.280,28 EUR
67 
Abzusetzen sind die pauschalen berufsbedingten Aufwendungen mit unstreitig 5%, also 64,01 EUR, so dass ein Einkommen von 1.216,27 EUR verbleibt.
68 
Im Jahr 2003 hatte der Ehemann der Beklagten ein Bruttojahreseinkommen entsprechend der Abrechnung für Dezember 2003 in Höhe von 40.065,97 EUR. Es ergibt sich daher unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse IV folgendes Nettoeinkommen:
69 
Bruttolohn
40.065,97 EUR
Lohnsteuer (2003)
8.969 EUR
Solidaritätszuschlag
493,29 EUR
Rentenversicherung
3906,43 EUR
Arbeitslosenversicherung
1302,14 EUR
Krankenversicherung
2864,72 EUR
Pflegeversicherung
340,56 EUR
Nettolohn
22.189,83 EUR
22.189,83 EUR : 12
1.849,15 EUR
70 
5 % für pauschale berufsbedingte Aufwendungen sind unstreitig abzusetzen, also 92,46 EUR, so dass 1.756, 69 EUR verbleiben.
71 
Für die Familie stehen damit 2.972 EUR zur Verfügung.
72 
Der seitens der Beklagten zu leistende Anteil am Familieneinkommen beträgt 40,91 % (1216/2972), also 983,06 EUR.
73 
Damit verbleiben ihr von ihrem Einkommen gerundet 233 EUR (1216 - 933). Ob sie diesen verbleibenden Betrag voll einsetzen muss oder nur zur Hälfte, kann erneut dahingestellt bleiben. Denn auch der bei nur hälftigem Einsatz zu zahlende Betrag liegt über der Forderung der Klägerin.
d)
74 
Die Zahlung des Unterhalts in geforderter Höhe durch die Beklagte entspricht der Billigkeit. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Beklagte seit 1986 von der Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch ihre Mutter wusste, dieser Umstand also auch bei Eingehung der Ehe im Jahr 1999 bekannt war („latente Unterhaltslast“, vgl. zur Berücksichtigung als Verbindlichkeit BGH FamRZ 2004, 186, 188).
III.
75 
Der Ausspruch über die Zinsen ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
76 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
77 
Die Revision wird nicht zugelassen.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 07. Juli 2005 - 16 UF 50/05

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 07. Juli 2005 - 16 UF 50/05

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1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 07. Juli 2005 - 16 UF 50/05.

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 17. März 2015 - 2 UF 226/14

bei uns veröffentlicht am 17.03.2015

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der am 13.11.2014 erlassene Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bottrop abgeändert.Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller 1.862,00 € an rückständigem Unterhalt für dessen

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(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 69/01 Verkündet am:
14. Januar 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Hat ein seinem Elternteil Unterhaltspflichtiger im Verhältnis zu seinem Ehegatten
die ungünstigere Steuerklasse (hier: V) gewählt, ist diese Verschiebung der Steuerbelastung
durch einen tatrichterlich zu schätzenden Abschlag zu korrigieren (im
Anschluß an Senatsurteil vom 25. Juni 1980 - IVb ZR 530/80 - FamRZ 1980, 984,
985).

b) Zur Leistungsfähigkeit eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen verheirateten
Unterhaltspflichtigen, dessen Einkommen die in den Unterhaltstabellen
ausgewiesenen Mindestselbstbehaltssätze übersteigt.
BGH, Urteil vom 14. Januar 2004 - XII ZR 69/01 - OLG Hamm
AG Herne
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. Januar 2001 aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers wegen der Unterhaltsansprüche für die Zeit bis zum 31. August 2001 zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die am 1. Mai 1909 geborene Mutter der Beklagten lebte seit Jahren in einem Alten- und Pflegeheim. Die Kosten des Heimaufenthalts konnten durch die von ihr bezogene Rente, das Pflegegeld und das Pflegewohngeld nur teilweise bestritten werden. Es verblieb ein ungedeckter Betrag von mehr als
2.400 DM monatlich, in dessen Höhe der Kläger der Mutter Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege leistete. Durch Rechtswahrungsanzeige vom 24. August 1989 wurde die Beklagte über die Gewährung der Sozialhilfe unterrichtet. Die Beklagte ist vollschichtig erwerbstätig. Sie bewohnt zusammen mit ihrem - ebenfalls erwerbstätigen - Ehemann ein diesem gehörendes Einfamilienhaus , dessen Wohnwert mit monatlich 680 DM anzusetzen ist. Im Jahre 1998 erzielte die Beklagte bei Besteuerung nach Lohnsteuerklasse V ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von rund 1.800 DM. Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes, für den Lohnsteuer nach Lohnsteuerklasse III abgeführt wurde, betrug 1998 etwas mehr als 3.900 DM. Die Beklagte hat einen Bruder, dessen monatliches Einkommen sich auf ca. 3.500 DM beläuft. Hiervon hat er neben berufsbedingten Fahrtkosten Unterhaltsleistungen für eine ein Studium absolvierende Tochter aufzubringen. Seit dem Jahre 1993 zahlt die Beklagte an den Kläger Unterhalt für die Mutter in Höhe von 138 DM monatlich. Sie hat sich wegen des Unterhaltsanspruchs ab 1. Januar 2000 durch vollstreckbare notarielle Urkunde in der vorgenannten Höhe zur Zahlung verpflichtet. Mit der am 8. Februar 2000 erhobenen Klage hat der Kläger rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 29. Februar 2000 in Höhe von insgesamt 5.922 DM zuzüglich Zinsen geltend gemacht und ab März 2000 laufenden Unterhalt in Höhe von weiteren 423 DM monatlich (561 DM - 138 DM) verlangt. Dabei hat er seiner Anspruchsberechnung einen angemessenen Eigenbedarf der Beklagten und ihres Ehemannes von insgesamt 4.000 DM zugrunde gelegt und ist davon ausgegangen, daß die Beklagte nach den Einkommensverhältnissen der Parteien von ihrem Einkommen von 1.801 DM monatlich einen Betrag von 1.240 DM zur Deckung des Familienbe-
darfs aufzubringen habe. In Höhe der verbleibenden 561 DM sei sie als zur Zahlung von Elternunterhalt leistungsfähig anzusehen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hält sich für nicht leistungsfähig. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Klage abgewiesen, weil das Einkommen der Beklagten unter dem mit 2.250 DM anzusetzenden angemessenen Eigenbedarf liege und sie deshalb nicht leistungsfähig sei. Auf die Berufung des Klägers, mit der er seine Klageanträge weiterverfolgt hat, hat das Oberlandesgericht die Beklagte verurteilt, rückständigen Unterhalt für die Zeit von Januar 1999 bis Februar 2000 in Höhe von insgesamt 544 DM zuzüglich Zinsen und ab März 2000 über die aufgrund des Schuldversprechens zu leistenden 138 DM monatlich hinaus laufenden Unterhalt in Höhe von weiteren 68 DM monatlich zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das Oberlandesgericht abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision hat der Kläger zunächst sein Klagebegehren, soweit diesem nicht stattgegeben worden ist, weiterverfolgt. Nachdem die Mutter der Beklagten am 25. August 2001 verstorben ist, hat er den die Zeit ab 1. März 2000 betreffenden Antrag nur noch für die Zeit bis zum 31. August 2001 gestellt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist in dem Umfang, in dem sie aufrechterhalten worden ist, begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht, soweit die Berufung des Klägers wegen der Unterhaltsansprüche für die Zeit bis zum 31. August 2001 zu-
rückgewiesen worden ist. Wegen der Unterhaltsansprüche für die Folgezeit ist die Erklärung des Klägers, der Antrag werde insoweit nicht mehr gestellt, als Revisionsrücknahme aufzufassen. 1. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in NJW-RR 2001, 1663 f. veröffentlicht ist, hat die Beklagte nur in dem ausgeurteilten Umfang für unterhaltspflichtig gehalten. Es ist davon ausgegangen, daß der Unterhaltsbedarf der Mutter zwischen den Parteien nicht im Streit sei. Unterschiedlich beurteilt werde allein die Leistungsfähigkeit der Beklagten. Diese sei im Jahre 1999 nur in Höhe von insgesamt 172 DM monatlich gegeben und ab Januar 2000 in Höhe von insgesamt 206 DM monatlich. Hierzu hat das Oberlandesgericht im wesentlichen ausgeführt: Für das Jahr 1999 sei ausweislich der vorgelegten Verdienstbescheinigungen von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen der Beklagten von 1.872 DM auszugehen. Dieses Einkommen sei - ähnlich wie in einem Fall verschleierter Einkünfte (§ 850 h ZPO) - um einen geschätzten Betrag von monatlich 550 DM auf 2.422 DM zu erhöhen. Die Höhe des Einkommens werde nämlich wesentlich durch die Wahl der Steuerklasse V bestimmt , die der Kläger sich nicht entgegenhalten zu lassen brauche. Mit Rücksicht darauf, daß das Bruttoerwerbseinkommen des Ehemannes der Beklagten nicht wesentlich höher sei als ihr eigenes, ergebe sich für die Eheleute aus der Verschiebung der überwiegenden Steuerlast auf die Beklagte bei den laufenden monatlichen Steuereinbehaltungen kein wesentlicher Steuervorteil. Wenn sich die Beklagte nach Steuerklasse I hätte versteuern lassen, wäre ihre Steuerbelastung um knapp 600 DM monatlich niedriger gewesen. Von dem deshalb unterhaltsrelevanten Einkommen von 2.422 DM sei für den angemessenen Eigenbedarf der Beklagten ein Betrag von 2.250 DM abzuziehen, so daß sie in Höhe weiterer 34 DM (172 DM - 138 DM) leistungsfähig sei. Es bestehe im vorliegenden Fall kein Anlaß, von dem Eigenbedarf nach oben oder nach unten abzuweichen. Der Umstand, daß die Beklagte mit ihrem Ehemann in einer
Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zusammenlebe, rechtfertige keine Herabsetzung des Eigenbedarfsbetrages. Die durch ein Zusammenleben eintretende Ersparnis mache - abgesehen von den Wohnkosten - so geringe Beträge aus, daß diese hier nicht ins Gewicht fielen. Von Einsparungen bei den Wohnkosten sei aber ebensowenig auszugehen, denn es bleibe den Ehegatten angesichts des bei der Verwendung des Eigenbedarfsbetrages bestehenden weiten Ermessensspielraums überlassen, wie sie ihre Wohnverhältnisse gestalteten. Entgegen der Auffassung des Klägers sei auch nicht auf einen sogenannten Familienselbstbehalt abzustellen, bei dem der auf die Beklagte entfallende Bedarfsanteil deutlich unter dem Betrag von 2.250 DM liegen würde. Denn die Festsetzung eines solchen Bedarfsbetrages würde eine nicht hinzunehmende Reduzierung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs des seiner Schwiegermutter nicht unterhaltspflichtigen Ehemannes der Beklagten bewirken. Dieser brauche aber nur hinzunehmen, daß das Familieneinkommen, soweit seine Ehefrau es einbringe, wegen der bestehenden Unterhaltspflicht auf den angemessenen Eigenbedarfsbetrag sinke. Der Betrag, der der Beklagten zu belassen sei, könne auch nicht im Hinblick auf eine Unterhaltspflicht ihres Ehemannes herabgesetzt werden. Da sie aufgrund ihrer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nicht gehalten sei, die überwiegende Last der Haushaltsführung zu übernehmen , ergebe sich unter diesem Gesichtspunkt keine Verpflichtung des Ehemannes , in höherem Maße zum Familienunterhalt beizutragen. Nachdem er ohnehin das höhere Einkommen erziele und das Einkommen der Ehegatten in einer Größenordnung liege, bei der es in der Regel zur Finanzierung der Lebensführung diene, bestehe auch sonst kein Grund anzunehmen, die Beklagte müsse von ihrem bereits auf den Eigenbedarfsbetrag reduzierten Einkommen weitere Beträge für den Unterhalt der Mutter abführen. Andererseits sei es nicht gerechtfertigt, der Beklagten einen über 2.250 DM hinausgehenden Eigenbedarf zuzubilligen. Eine solche Erhöhung, die im Einzelfall in Betracht kommen
könne, scheide vorliegend aus, weil die Beträge, die die Beklagte zur Deckung des Unterhaltsbedarfs ihrer Mutter beitragen könne, so gering seien, daß eine weitere Reduzierung nicht angemessen erscheine. Für das Jahr 2000 ergebe sich auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung eines wegen der Wahl der Steuerklasse V auf monatlich 2.456 DM erhöhten Einkommens der Beklagten ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 206 DM, so daß weitere 68 DM monatlich (206 DM - 138 DM) zu zahlen seien. Von diesem Betrag sei auch für die Folgezeit auszugehen. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand. 2. a) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme der Beklagten für die Zeit von Januar 1999 an bejaht. Mit Rücksicht auf die Rechtswahrungsanzeige der Klägerin vom 24. August 1989 und die an die Beklagte gerichteten wiederholten Aufforderungen zur Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, mit denen - wie die zuletzt erfolgte Aufforderung vom 11. Januar 1999 zeigt - die Mitteilung der (fortdauernden) Gewährung von Sozialhilfe verbunden worden ist, kann nach § 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG Unterhalt für die Zeit vor Klageerhebung gefordert werden.
b) Die Unterhaltspflicht der Beklagten gegenüber ihrer Mutter steht dem Grunde nach zwischen den Parteien nicht im Streit. Sie ergibt sich aus § 1601 BGB. Gegen den von dem Kläger in Höhe der ungedeckten Heimkosten behaupteten Unterhaltsbedarf hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben. Das Berufungsgericht hatte deshalb, auch aus sonstigen Erwägungen, keinen Anlaß , von dieser Beurteilung der Unterhaltsbedürftigkeit abzuweichen.
c) Was das die Leistungsfähigkeit bestimmende Einkommen der Beklagten anbelangt, ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Be-
rufungsgericht das aufgrund der Verdienstbescheinigungen festgestellte monat- liche Nettoeinkommen der Beklagten mit Rücksicht auf deren Einstufung in Steuerklasse V mit einem höheren als dem errechneten Betrag angesetzt hat. Unter den gegebenen Umständen entspricht es der Rechtsprechung des Senats , die von dem Erwerbseinkommen tatsächlich einbehaltene Lohnsteuer durch einen Abschlag zu korrigieren, durch den die mit der Einstufung in Steuerklasse V verbundene Verschiebung der Steuerbelastung auf den unterhaltspflichtigen Ehegatten möglichst behoben wird. Diesen Abschlag hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung der Einkommen beider Ehegatten zu bemessen (vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 1980 - IVb ZR 530/80 - FamRZ 1980, 984, 985). Das Berufungsgericht hat sich hier bei der Schätzung des entsprechenden Betrages an den Abzügen nach der Lohnsteuerklasse I (die der Lohnsteuerklasse IV entspricht, soweit keine Kinderfreibeträge zu berücksichtigen sind) orientiert, ohne sie indessen ganz zu übernehmen; daß ihm hierbei ein revisionsrechtlich beachtlicher Fehler unterlaufen wäre, ist nicht ersichtlich. Auch die Revisionserwiderung erinnert insofern nichts.
d) Ausgehend von dem auf diese Weise ermittelten unterhaltsrelevanten Einkommen der Beklagten hat das Berufungsgericht den für die Mutter zu leistenden Unterhalt nach Abzug eines mit 2.250 DM bemessenen Eigenbedarfs errechnet. Insofern rügt die Revision im Ansatz zu Recht, daß damit nicht sämtliche für die Leistungsfähigkeit der Beklagten maßgeblichen Umstände berücksichtigt worden sind. aa) Wie der Senat inzwischen - in Anknüpfung an sein Urteil vom 11. Februar 1987 (IVb ZR 81/85 - FamRZ 1987, 472, 473 f.) entschieden hat, kann auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende angemessene Selbstbehalt insoweit gewahrt sein, als
er durch den ihm von seinem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalt sein Auskommen findet. Die Höhe des von jedem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalts richtet sich nach dem Verhältnis der beiderseitigen unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen. Soweit das Einkommen eines Ehegatten zur Bestreitung des angemessenen Familienunterhalts nicht benötigt wird, steht es ihm selbst zur Verfügung und kann folglich für Unterhaltszwecke eingesetzt werden, sofern der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen insgesamt gewahrt ist. Der nicht unterhaltspflichtige Ehegatte wird in solchen Fällen nicht mittelbar zum Unterhalt herangezogen, denn sein eigener angemessener Familienunterhalt ist gedeckt; die durch Unterhaltsleistungen bedingte Schmälerung des Einkommens seines Ehegatten braucht er nicht zu kompensieren, da auch dessen angemessener Unterhalt gesichert ist (Senatsurteil vom 15. Oktober 2003 - XII ZR 122/00 - zur Veröffentlichung vorgesehen). bb) Entscheidend ist mithin, ob und gegebenenfalls inwieweit das Einkommen des Unterhaltspflichtigen zur Bestreitung des vorrangigen angemessenen Familienunterhalts benötigt wird. Das hängt wiederum davon ab, wie der geschuldete Familienunterhalt zu bemessen ist. Da dieser gemäß § 1360 a BGB seinem Umfang nach alles umfaßt, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist und sich an den ehelichen Verhältnissen ausrichtet, kann er nicht generell mit den Mindestselbstbehalten des Unterhaltspflichtigen und seines Ehegatten - gegebenenfalls unter Hinzurechnung des für den Kindesunterhalt erforderlichen Betrages - angesetzt werden (so aber Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 4. Aufl. 6. Kap. Rdn. 207 b). Denn der Ehegatte des Unterhaltspflichtigen steht außerhalb dessen Unterhaltsrechtsverhältnisses zu seinen Eltern und ist rechtlich nicht verpflichtet, sich zu deren Gunsten in seiner Lebensführung einzuschränken (vgl. insofern für die Ehefrau des Unterhaltspflichtigen Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003,
860, 865). Was die Ehegatten für ihren Familienunterhalt benötigen, muß vielmehr - ebenso wie der eigene angemessene Bedarf eines Unterhaltspflichtigen - nach den im Einzelfall maßgebenden Verhältnissen, insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensstellung, des Einkommens, Vermögens und sozialen Rangs, bestimmt werden. Es entspricht nämlich der Erfahrung, daß der Lebensstandard sich hieran ausrichtet, bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen also ein einfacherer Lebenszuschnitt anzutreffen ist als bei günstigeren Einkommensverhältnissen (vgl. Senatsurteile vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1700 und vom 19. Februar 2003 aaO S. 864). cc) Wie der Familienunterhalt danach zu bemessen ist, obliegt der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Seine Annahme, Einkünfte in der Größenordnung, wie sie von der Beklagten und ihrem Ehemann erzielt worden seien, dienten im wesentlichen zur Finanzierung der Lebensführung, läßt sich nicht damit vereinbaren , daß die Sparquote in Deutschland (nach den Angaben der Deutschen Bundesbank, abgedruckt u.a. in Fischer Weltalmanach 2004 Sp. 277) im Jahr 1999 knapp 10 % des verfügbaren Einkommens betrug und bis zum Jahr 2001 auf 10,1% gestiegen ist. Da mit Rücksicht darauf nicht ohne weiteres von einem Verbrauch des gesamten Familieneinkommens ausgegangen werden kann, muß der für seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit darlegungsbelastete Unterhaltspflichtige dann, wenn das Familieneinkommen die ihm und seinem Ehegatten zuzubilligenden Mindestselbstbehaltssätze übersteigt, vortragen, wie sich der Familienunterhalt gestaltet und ob und gegebenenfalls welche Beträge zur Vermögensbildung verwendet werden. Soweit das Einkommen der Ehegatten nicht für den Familienunterhalt verwendet, sondern der Vermögensbildung zugeführt wird, ist der Ansatz eines aus dem gesamten beiderseitigen Einkommen abgeleiteten Familienunterhaltsbedarfs nicht gerechtfertigt. Vermö-
gensbildende Maßnahmen des Unterhaltspflichtigen dürfen sich - soweit es nicht etwa um die Finanzierung eines angemessenen Eigenheims oder in angemessenem Rahmen betriebene zusätzliche Altersversorgung geht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. März 2003 - XII ZR 123/00 - FamRZ 2003, 1179, 1180 ff.) - nicht zu Lasten eines unterhaltsberechtigten Elternteils auswirken. In diesem Sinne bedeutsame Anhaltspunkte für die Leistungsfähigkeit kann auch der Träger der Sozialhilfe geltend machen, da er nach § 116 Abs. 1 BSHG von dem Unterhaltspflichtigen und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangen kann, soweit die Durchführung dieses Gesetzes es erfordert. dd) Je nach dem, wie der Familienunterhalt danach zu bemessen ist, kann auch bei einer Doppelverdienerehe ein über die Differenz zwischen dem Einkommen und dem bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt angemessenen Selbstbehalt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 aaO S. 1700 ff.) hinausgehender Teil des Einkommens des Unterhaltspflichtigen für die Zahlung von Elternunterhalt einzusetzen sein, also dessen eigener angemessener Selbstbehalt unterschritten werden. Ist der Familienunterhalt nämlich einerseits höher als die für die Eheleute insofern maßgeblichen Mindestselbstbehaltssätze , andererseits aber niedriger als das beiderseitige unterhaltsrelevante Einkommen, so steht dem Unterhaltspflichtigen, der zum Unterhalt nur soviel beitragen muß, wie es dem Verhältnis der beiderseitigen Einkünfte entspricht, ein Teil seines Einkommens zur Verfügung mit der Folge, daß er insoweit unterhaltsrechtlich leistungsfähig sein kann, auch wenn ihm von seinem eigenen Einkommen nicht der Mindestselbstbehalt verbleibt. Denn sein angemessener Unterhalt ist im Rahmen des Familienunterhalts gewährleistet (ebenso Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 2 Rdn. 645; Luthin/Seidel Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 5084 f.; Günther Münchner Anwaltshandbuch § 12 Rdn. 96; Heiß/Huß-
mann Unterhaltsrecht 13. Kap. Rdn. 42; Henrich FamRZ 1992, 590). Entspricht es dagegen der Lebensgestaltung der Familie, daß die Ehegatten ihre jeweiligen Einkünfte voll für den Familienunterhalt einsetzen, so verfügt der Unterhaltspflichtige nur über für den Elternunterhalt einsetzbare Mittel, soweit sein eigenes Einkommen seinen angemessenen Selbstbehalt übersteigt. In weitergehendem Umfang ist er dagegen nicht leistungsfähig. Andernfalls würde nämlich eine Senkung des - häufig langjährig bestehenden - Lebensstandards der Familie eintreten, den der Ehegatte des Unterhaltspflichtigen insoweit nicht hinzunehmen braucht, weil er nicht mittelbar für den Unterhalt der Schwiegereltern aufzukommen hat (ebenso Wendl/Pauling aaO § 2 Rdn. 645; Heiß/Hußmann aaO 13. Kap. Rdn. 42; Günther aaO § 12 Rdn. 93; Henrich aaO S. 590; Duderstadt Erwachsenenunterhalt 3. Aufl. Anm. 3.5 a.E.). Der Ehegatte muß in einem solchen Fall nur hinnehmen, daß die über dem angemessenen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen liegenden Mittel für den Unterhaltsbedarf der Eltern einzusetzen sind und damit für den Familienunterhalt nicht zur Verfügung stehen. 3. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Ob die Beklagte über die von dem Berufungsgericht ausgeurteilten Beträge hinaus leistungsfähig ist, hängt zum einen davon ab, wie der Familienunterhalt der Beklagten und ihres Ehemannes zu bemessen ist, und zum anderen, inwieweit die Beklagte hierzu beizutragen hat. Da sich dies nach dem Verhältnis der beiderseitigen unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen der Ehegatten - unter Berücksichtigung der wegen der Wahl der Steuerklassen vorzunehmenden Veränderungen - richtet, kommt es zur Bestimmung der jeweiligen Anteile der Ehegatten auch auf das Einkommen des Ehemannes der Beklagten an. Hierzu hat das Berufungsgericht für die Zeit ab 1999 ebensowenig wie zu dem angemessenen Familienunterhalt konkrete Feststellungen getroffen. Das angefochtene Urteil ist deshalb in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang aufzuheben
und die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird die zur Beurteilung einer eventuellen weitergehenden Leistungsfähigkeit der Beklagten erforderlichen Feststellungen - nach ergänzendem Sachvortrag - nachzuholen haben. 4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Der Familienunterhalt umfaßt auch den zur Bestreitung der Wohnkosten notwendigen Aufwand der Familie. Soweit ein Ehegatte - wie hier der Ehemann der Beklagten - über Wohneigentum verfügt und die Familie infolgedessen ganz oder teilweise mietfrei wohnt, handelt es sich um einen aus dem Vermögen des betreffenden Ehegatten zu leistenden Teil des Familienunterhalts. Dies hat zur Folge, daß insoweit das Erwerbseinkommen nicht eingesetzt zu werden braucht. Bezüglich der Bewertung des Wohnvorteils wird auf das Senatsurteil vom 19. März 2003 (aaO S. 1180 ff.) hingewiesen.
b) Ein sich unter Berücksichtigung ihrer anteiligen Beiträge zum Familienunterhalt ergebendes restliches Einkommen der Beklagten ist - soweit damit nicht etwa eine unterhaltsrechtlich anzuerkennende zusätzliche Altersversorgung betrieben wird -, in voller Höhe für den Elternunterhalt einzusetzen. Eine Beschränkung der Haftung auf einen etwa hälftigen Anteil des den Mindestselbstbehalt übersteigenden Einkommens (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. März 2003 aaO S. 1182) ist nicht geboten, da der angemessene Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen bereits im Rahmen des angemessenen Familienunterhalts gewahrt wird.
c) Falls das Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten in voller Höhe für den Familienunterhalt verbraucht wird, ist dieser jedenfalls insoweit leistungsfähig , als sein Einkommen seinen angemessenen Eigenbedarf übersteigt. Hinsichtlich der Bemessung des angemessenen Eigenbedarfs der Be-
klagten wird auf das Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 (aaO S. 1700 ff.) hingewiesen. Insofern obliegt es der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters, auf welche Weise er erforderlichenfalls dem Umstand Rechnung trägt, daß die Mindestbedarfssätze auf durchschnittliche Einkommensverhältnisse bezogen sind und es deshalb geboten sein kann, den für den Unterhaltspflichtigen angemessenen Eigenbedarf anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Der Senat hat es grundsätzlich gebilligt, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden bereinigten Einkommens allein auf einen - etwa hälftigen - Anteil des Betrages abgestellt wird, der den an sich vorgesehenen Mindestselbstbehaltbetrag übersteigt (Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 aaO). Soweit das Berufungsgericht im vorliegenden Fall keinen Anlaß gesehen hat, entweder den Mindestselbstbehalt heraufzusetzen oder nur einen Teil des über dem Mindestselbstbehalt liegenden Einkommens als für den Elternunterhalt einsetzbar anzusehen, dürfte dies im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken begegnen. Wenn nämlich einerseits berücksichtigt wird, daß die Ehefrau aufgrund des entsprechenden Beitrags ihres Ehemannes zum Familienunterhalt mietfrei wohnt und deshalb ein reduzierter Mindestselbstbehalt angesetzt wird, so ist andererseits zu erwägen, ob der den reduzierten Selbstbehalt übersteigende - dann höhere - Einkommensteil der Beklagten gleichwohl in vollem Umfang für den Elternunterhalt einzusetzen ist. Auch dies obliegt aber letztlich tatrichterlicher Beurteilung.
d) Hinsichtlich der Höhe des Mindestselbstbehalts wird für die Zeit ab Juli 2001 der in der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 2001) ausgewiesene Betrag von 2.450 DM zu berücksichtigen sein.

e) Der Unterhaltsanspruch der Mutter ist mit deren Tod erloschen (§ 1615 Abs. 1 BGB). Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag aber auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats verstirbt (§ 1612 Abs. 3 Satz 2 BGB).
f) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Unterhaltspflicht der Beklagten werde unter den vorliegenden Umständen nicht durch eine eventuelle anteilige Haftung ihres Bruders berührt (§ 1606 Abs. 3 BGB), begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.