Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 31. Okt. 2013 - 9 U 84/12

bei uns veröffentlicht am31.10.2013

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 03.04.2012 - 4 O 438/11 D - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin, die ein Fliesenfachgeschäft betreibt, macht Ansprüche aus einer Betriebshaftpflichtversicherung geltend. Sie wurde von der W. ...-Kelterei GmbH mit der Verlegung von Fliesen in deren Abfüllhalle beauftragt. Nach einiger Zeit lösten sich einzelne Fliesen. Im vorliegenden Rechtstreit ist unstreitig, dass die Fliesen fehlerhaft verlegt wurden, und dass zur Mangelbeseitigung der gesamte Bodenbelag erneuert werden muss. Zu diesem Zweck wird es erforderlich sein, dass die in der Abfüllhalle befindlichen Maschinen der W. ...-Kelterei GmbH (im Folgenden abgekürzt: ...-Kelterei) abgebaut und später wieder aufgebaut werden. Hierdurch werden der ...-Kelterei Unkosten entstehen, die von der Klägerin im Wege des Schadensersatzes zu ersetzen sind. Außerdem ist damit zu rechnen, dass während der Zeit der Mangelbeseitigung für die ...-Kelterei ein erheblicher Nutzungsausfall entstehen wird, für welchen ebenfalls die Klägerin wegen der mangelhaft verlegten Fliesen aufkommen muss.
Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Betriebshaftpflichtversicherung gemäß dem Versicherungsschein vom 09.12.2008 (Anlage K-A 4). Die Parteien haben die Geltung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung - Stand: Januar 2008 - (AHB) der Beklagten vereinbart (Anlage K-A 5). Außerdem wurden die Besonderen Bedingungen zur Haftpflichtversicherung für Bauhandwerker der Beklagten - Stand: Januar 2008 - (im Folgenden abgekürzt: BB) in den Vertrag einbezogen (Anlage K-A 6). Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Landgericht die Feststellung begehrt, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet sei, ihr Deckungsschutz für Ansprüche der ...-Kelterei zu gewähren, soweit diese im Zusammenhang mit der erforderlichen Neuverlegung der Bodenfliesen Ansprüche geltend mache wegen der Unkosten für den Auf- und Abbau von Maschinen und wegen Nutzungsausfalls. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 03.04.2012 die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei auf Grund des bestehenden Versicherungsvertrags nicht verpflichtet, der Klägerin Deckungsschutz für das fragliche Schadensereignis zu gewähren. Es handle sich um einen Vermögensschaden, der nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen nicht versichert sei. Maßgeblich sei die Regelung in Ziff. 1.2 AHB, die einen Ausschluss für sogenannte Erfüllungsschäden enthalte.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Begehren fest. Aus verschiedenen Gründen, welche die Klägerin im Einzelnen erläutert, habe das Landgericht die vereinbarten Versicherungsbedingungen unzutreffend ausgelegt und angewandt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 03.04.2012 verkündeten Urteils des Landgericht Konstanz, Az. 4 O 438/11 D festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Deckungsschutz für denjenigen Schadensersatzanspruch zu gewähren, welchen die Firma W. ...-kelterei GmbH gegenüber der Klägerin aufgrund dem zwecks zügiger Mängelbeseitigung erforderlichen Ab- und Wiederaufbau von Maschinen als auch dem an Beginn des Abbaus bis Beendigung des Wiederaufbaus eintretenden Nutzungsausfalls berechtigterweise geltend machen kann, von der Beklagten geführt unter der Schadensnummer 6...
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts.
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Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Ihr stehen wegen der Schadensersatzansprüche der ...-Kelterei keine Ansprüche aus der Betriebshaftpflichtversicherung bei der Beklagten zu.
12 
1. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung, dass die Beklagte in dem bezeichneten Umfang verpflichtet ist, der Klägerin Deckungsschutz aus dem Versicherungsvertrag zu gewähren.
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2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, Versicherungsleistungen zu erbringen. Die Klägerin hat ihre Verpflichtungen aus dem Werkvertrag mit der ...-Kelterei nicht ordnungsgemäß erfüllt. Sie ist daher vertraglichen Ansprüchen (Nacherfüllung, Minderung und/oder Schadensersatz) ausgesetzt, die an die Stelle des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs ihrer Auftraggeberin getreten sind. Zu diesen Ansprüchen, die - jedenfalls im versicherungsrechtlichen Sinn - das Erfüllungsinteresse der Auftraggeberin betreffen, gehören auch Schadensersatzansprüche wegen Nutzungsausfall und wegen der Kosten für den Auf- und Abbau von Maschinen, die der Auftraggeberin im Zusammenhang mit der Nacherfüllung entstehen werden. Für diese Haftung der Klägerin auf das Erfüllungsinteresse aus einem Werkvertrag besteht kein Versicherungsschutz.
14 
a) Das Risiko, das sich im vorliegenden Fall zu Lasten der Klägerin verwirklicht hat, ist nach den zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen nicht versichert. Aus den AHB ergibt sich keine Versicherung für das streitgegenständliche Schadensereignis. Der "Gegenstand der Versicherung" ist in Ziff. 1.1 AHB geregelt. Danach besteht auf der Basis der AHB eine Versicherung nur für Personen- oder Sachschäden. Mit Sachschäden sind hierbei Schäden an Gegenständen gemeint, die sich im Eigentum eines Dritten (beispielsweise der Auftraggeberin der Klägerin) befinden und die nicht gleichzeitig Gegenstand der vertraglichen Werkleistung sind. Um solche Schäden handelt es sich bei den Kosten für den Auf- und Abbau von Maschinen und Nutzungsausfall der Auftraggeberin nicht. Vielmehr sind dies reine Vermögensschäden im Sinne der Terminologie der Versicherungsbedingungen. Vermögensschäden sind von der Versicherung gemäß Ziff. 1.1 AHB jedoch nur dann umfasst, wenn sie Folge eines anderweitigen Personen- oder Sachschadens sind. Ein solcher mittelbarer Vermögensschaden kommt vorliegend jedoch nicht in Betracht.
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b) Eine Versicherung unmittelbarer Vermögensschäden ergibt sich auch nicht aus Ziff. 2.1 AHB. Denn diese Regelung erweitert nicht den Versicherungsumfang, sondern räumt lediglich die Möglichkeit ein, dass (reine) Vermögensschäden versichert werden können, wenn dies durch zusätzliche Vereinbarungen geregelt wird. Das heißt: Gemäß Ziff. 2.1 AHB wären die von der Klägerin bei der ...-Kelterei verursachten Vermögensschäden nur dann versichert, wenn sich dies aus speziellen Regelungen in den besonderen Bedingungen zur Haftpflichtversicherung für Bauhandwerker (BB) ergeben würde. Dies ist jedoch nicht der Fall (siehe im Einzelnen unten).
16 
c) Die Klägerin kann sich nicht auf Ziff. 1.1 BB Teil B berufen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich zwar eine Erweiterung des von der Beklagten übernommenen Betriebshaftpflichtrisikos gegenüber den AHB (vgl. die Ausschlussklausel in Ziff. 7.7 AHB). Diese Erweiterung betrifft jedoch nicht den vorliegenden Fall. In Ziff. 1.1 BB Teil B ist zwar ausdrücklich geregelt, dass die Beklagte auch für solche Haftpflichtfälle eintreten soll, die durch mangelhafte Werkleistungen der Klägerin entstehen können. Versichert sind jedoch auch in dieser Bestimmung nur Personen- und Sachschäden, sowie solche Vermögensschäden, die mittelbar durch einen Personen- oder Sachschaden entstehen ("… daraus entstandener weiterer Schaden …"). Der von der Klägerin durch die mangelhafte Werkleistung verursachte unmittelbare Vermögensschaden wird mithin von Ziff. 1.1 BB Teil B nicht erfasst.
17 
d) Ziff. 1.19 BB Teil B enthält eine zusätzliche Regelung für "Mangelbeseitigungsnebenkosten" (vgl. demgegenüber die Einschränkung in Ziff. 1.2 Abs. 1 und Abs. 2 AHB). Auch auf diese Bestimmung kann sich die Klägerin jedoch nicht berufen. Denn der zusätzliche Versicherungsschutz greift nur dann ein, wenn eine mangelhafte Werkleistung einen Sachschaden als Folgeschaden verursacht. (Beispiel: Wasserschaden an einem Gebäude nach Verlegung einer mangelhaften Wasserleitung, vgl. BGH, Beschluss vom 16.06.2010 - IV ZR 92/09 -, zitiert nach Juris.) Einen Sachschaden als Folgeschaden der mangelhaft verlegten Fliesen hat die Klägerin jedoch nicht verursacht.
18 
e) Schließlich kann die Klägerin ihren Anspruch auch nicht auf Ziff. 1.21.3 "Sonstige Vermögensschäden" BB Teil B stützen.
19 
aa) Der von der Klägerin bei ihrer Vertragspartnerin verursachte Vermögensschaden fällt zwar unter die Formulierung in Ziff. 1.21.3 BB Teil B. Denn erfasst wird nach dieser Bestimmung die Haftpflicht im Sinne von Ziff. 2.1 AHB wegen Vermögensschäden, soweit es nicht um den Bereich des "Umwelthaftpflichtrisikos" geht. Die Klausel erfasst mithin auch den streitgegenständlichen Schadensfall.
20 
bb) Einem Anspruch gegen die Beklagte steht jedoch die Ausschlussklausel in Ziff. 1.21.4.1 BB Teil B entgegen. Die Beklagte haftet nach dieser Regelung nicht für Vermögensschäden durch von der Klägerin "hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, erbrachte Arbeiten oder sonstige Leistungen". Damit sind nach dem Wortlaut der Regelung sämtliche Schäden ausgeschlossen, die von den mangelhaften Werkleistungen der Klägerin verursacht worden sind. Dazu gehören auch die Vermögensschäden der ...-Kelterei, die im Zusammenhang mit der Neuverlegung des Fliesenbelags entstehen werden. Dieses Verständnis der Risikobegrenzung entspricht auch dem Sinn und der Systematik der Versicherungsbedingungen. Denn Mangelfolgeschäden sollen - klargestellt durch die Ausschlussklausel in Ziff. 1.21.4.1 BB Teil B - generell nicht von den "Sonstigen Vermögensschäden" in Ziff. 1.21.3 erfasst werden. Die Übernahme von Kosten für Mangelfolgeschäden ist in den Bedingungen an anderer Stelle geregelt, nämlich in Ziff. 1.1 BB Teil B ("Personen- und Sachschäden auf Grund von Sachmängeln in Folge Fehlens von vereinbarten Eigenschaften") und in Ziff. 1.19 ("Mangelbeseitigungsnebenkosten"). Damit wird der Versicherungsschutz für Bauhandwerker gegenüber den AHB erweitert (siehe oben c) und d)). Es entspricht der Systematik der vereinbarten Besonderen Bedingungen, dass nur in den beiden genannten Bestimmungen eine begrenzte Haftungserweiterung der Beklagten für Mangelfolgeschäden geregelt ist, die durch Ziff. 1.21.3 (sonstige Vermögensschäden) gemäß der Ausschlussklausel Ziff. 1.21.4.1 nicht erweitert werden soll.
21 
Die eng begrenzte Einstandspflicht der Beklagten bei mangelhaften Werkleistungen der Klägerin entspricht den üblichen Bedingungen von Betriebshaftpflichtversicherungen. In Betriebshaftpflichtversicherungen werden üblicherweise diejenigen Aufwendungen des Werkunternehmers nicht versichert, die diesem entstehen, wenn er das Erfüllungsinteresse seines Auftraggebers befriedigt. Zum sogenannten "Erfüllungsschaden", der durch Betriebshaftpflichtversicherungen in der Regel nicht abgedeckt wird, gehört insbesondere ein eventueller Nutzungsausfall des Auftraggebers, der durch eine mangelhafte Werkleistung entstehen kann. Ebenso gehören zum "Erfüllungsschaden" zusätzliche Unkosten des Unternehmers, wenn die Mangelbeseitigung kostenintensiv wird, weil der Auftraggeber das mangelhafte Werk inzwischen in Gebrauch genommen hat, und beispielsweise inzwischen installierte Maschinen zur Mangelbeseitigung abgebaut und wieder aufgebaut werden müssen. (Vgl. zum Nutzungsausfall und zu sogenannten "Freilegungskosten" als Erfüllungsschaden im versicherungsrechtlichen Sinn beispielsweise BGH, VersR 1978, 219; BGH, VersR 1985, 1153; BGH, Beschluss vom 16.06.2010 - IV ZR 92/09 -, zitiert nach Juris). Zwar lagen den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs teilweise andere (ältere) Versicherungsbedingungen zu Grunde. An den für den vorliegenden Fall maßgeblichen Grundprinzipien der Bedingungen hat sich - im Verhältnis zu den älteren Bedingungswerkungen - jedoch auch in den vorliegenden Besonderen Bedingungen nichts geändert. (Vgl. zur Haftung des Versicherers in der Betriebshaftpflichtversicherung bei sogenannten Erfüllungsschäden auch Lücke in Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage 2010, Nr. 1 AHB 2008, Rdnr. 47 ff..) Die Versicherungsbedingungen der Beklagten weichen nicht von dem überkommenen Prinzip bei Betriebshaftpflichtversicherungen ab, wonach unmittelbare Vermögensschäden als Mangelfolgeschäden - ohne Sach- oder Personenschaden - nicht ersatzfähig sind, wenn diese Kosten im Sinne der dargestellten rechtlichen Prinzipien als Erfüllungssurrogat anzusehen sind.
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3. Die Einwendungen der Klägerin gegen die Auslegung und Anwendung der Versicherungsbedingungen haben keinen Erfolg.
23 
a) Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass - entgegen der Auffassung des Landgerichts - die Ausschlussklausel in Ziff. 1.2 AHB keine Rolle spielt, da die spezielleren Regelungen in den Besonderen Bedingungen vorgehen. Auf Ziff. 1.2 AHB kommt es allerdings auch nicht an. Denn maßgeblich ist die Ausschlussklausel in Ziff. 1.21.4.1 BB Teil B (siehe oben).
24 
b) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, die Ausschlussklausel in Ziff. 1.21.4.1 solle diejenigen Schäden nicht erfassen, die nur "mittelbar" durch eine mangelhafte Werkleistung verursacht wurden. Nach dem Wortlaut der Bestimmung gibt es in Ziff. 1.21.4.1 keine Unterscheidung zwischen unmittelbar und mittelbar verursachten Vermögensschäden bei mangelhaften Leistungen. Dass Schäden, die das Erfüllungsinteresse des Auftraggebers betreffen, - wie im vorliegenden Fall (siehe oben) - nicht von der Haftpflichtversicherung gedeckt sein sollen, entspricht Sinn und Zweck der Ausschlussklausel bei der Betriebshaftpflicht (siehe oben). Nutzungsausfall der Auftraggeberin im Zusammenhang mit der Mangelbeseitigung und Kosten für das Ab- und Aufbauen von in Betrieb genommenen Maschinen sind im Übrigen typische Kosten, die bei einer mangelhaften Werkleistung entstehen können. Es handelt sich um Folgekosten, mit denen ein Unternehmen, das Fliesenlegerarbeiten ausführt, bei einer mangelhaften Werkleistung ohne Weiteres rechnen muss.
25 
4. Bei den vereinbarten Versicherungsbedingungen (AHB und BB) handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Die gesetzlichen Regelungen zum Schutz des Vertragspartners führen nicht zu einem anderen rechtlichen Ergebnis.
26 
a) Die Klägerin kann sich nicht auf die Unklarheitenregelung (§ 305 c Abs. 2 BGB) berufen. Das Auslegungsergebnis für die Besonderen Bedingungen ist nach Auffassung des Senats aus den oben angeführten Gründen im Ergebnis eindeutig. Zwar weisen die verschiedenen Regelungen, für welche die Klägerin nach den Versicherungsbedingungen eine Einstandspflicht zugesagt hat, eine gewisse Komplexität auf. Eine solche Komplexität bei der Beschreibung und Begrenzung der übernommenen Risiken ist in Versicherungsbedingungen jedoch in gewissem Umfang nicht vermeidbar. Denn nur mit verschiedenen Detailregelungen ist es für einen Versicherer möglich, Risiken so genau zu beschreiben und zu begrenzen, dass - auch im Interesse der Vertragspartner - eine vernünftige Kalkulation der Versicherungsprämien möglich wird. Die Komplexität des Regelwerks der Beklagten geht jedenfalls nicht über das hinaus, womit ein Versicherungsnehmer auch sonst rechnen muss, wenn er eine Haftpflichtversicherung oder eine Betriebshaftpflichtversicherung abschließt. Der Umstand, dass das Landgericht das Verhältnis zwischen den allgemeinen Versicherungsbedingungen und den besonderen Bedingungen in einem wesentlichen Punkt missverstanden hat (siehe oben 3. a)) ändert an dieser Bewertung - entgegen der Auffassung des Klägers - nichts.
27 
b) Die Begrenzung der Risiken bei sogenannten Erfüllungsschäden ist auch keine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB. Zum einen entspricht diese Begrenzung dem tradierten System von Betriebshaftpflichtversicherungen in Deutschland (siehe oben). Zum anderen ist es nach Auffassung des Senats für einen Werkunternehmer nicht fernliegend, dass eine Betriebshaftpflicht nicht ohne Weiteres für Aufwendungen eintritt, die das Erfüllungsinteresse des Auftraggebers betreffen.
28 
Soweit das OLG Saarbrücken (NJW-RR 1996, 477) bei einer ähnlichen Gestaltung der Bedingungen einer Betriebshaftpflichtversicherung eine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB angenommen hat, kann der Senat - jedenfalls unter den Umständen des vorliegenden Falles - dem aus den angegebenen Gründen nicht folgen. Es trifft auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu, dass der Einschluss von Vermögensschäden in Ziffer 1.21.3 BB Teil B durch die Ausschlussklausel in Ziffer 1.21.4.1 leer laufen würde. Es mag zwar sein, dass in der Praxis für die Klägerin das Risiko der Verursachung reiner Vermögensschäden vorrangig bei Schäden besteht, die das Erfüllungsinteresse im Sinne der Ausschlussklausel 1.21.4.1 betreffen. Nicht ausgeschlossen sind jedoch sonstige Vermögensschäden im Sinne von Ziffer 1.21.3 BB Teil B, die aus der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht resultieren können, oder die durch eine unerlaubte Handlung (§§ 823 ff. BGB) verursacht werden. In welchen Beispielsfällen sich ein Bauhandwerker bei Vermögensschäden letztlich entscheidend auf den Versicherungsschutz gemäß Ziffer 1.21.3 BB Teil B berufen kann, kann dahinstehen; es reicht aus, dass - wie ausgeführt - jedenfalls Vermögensschäden in Betracht kommen, die vom Versicherungsschutz gemäß Ziff. 1.21.3 BB Teil B erfasst werden.
29 
c) Die Begrenzung der Haftung ist auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB. Der Vertragszweck einer Betriebshaftpflicht wird nicht dadurch gefährdet, dass der Versicherer keine Haftung für Leistungen übernimmt, die Erfüllungssurrogate des Werkunternehmers betreffen. Es gehört zum Wesen einer Haftpflichtversicherung, dass der Versicherer - im Interesse einer vernünftigen Kalkulation von Risiken einerseits und von Haftpflichtprämien andererseits - erhebliche Freiräume bei der Frage besitzen muss, für welche Risiken er einstehen will und welche Risiken ausgeschlossen sein sollen. (Vgl. zur Kontrolle von Risikobegrenzungen in Versicherungsbedingungen gemäß § 307 Abs. 2 BGB Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage 2010, Vorbemerkungen I, Rdnr. 77 ff..) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine Gefährdung des Vertragszwecks schon deshalb nicht in Betracht, weil die streitgegenständliche Betriebshaftpflicht - ungeachtet der verschiedenen Ausschlussklauseln - in jedem Fall Versicherungsschutz für Risiken bietet, die für einen Bauhandwerker wesentlich sind.
30 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
31 
6. Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO. Nach Auffassung des Senats ist die Frage, ob die Einschränkung des Deckungsumfangs der Betriebshaftpflichtversicherung unter den gegebenen Umständen als überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB anzusehen ist, - auch im Hinblick auf Teile der Rechtsausführungen im Urteil des OLG Saarbrücken (NJW-RR 1996, 477) - von grundsätzlicher Bedeutung.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 31. Okt. 2013 - 9 U 84/12

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 31. Okt. 2013 - 9 U 84/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh
Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 31. Okt. 2013 - 9 U 84/12 zitiert 7 §§.

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Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

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Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juni 2010 - IV ZR 92/09

bei uns veröffentlicht am 16.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 92/09 vom 16. Juni 2010 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczew
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Landgericht Paderborn Urteil, 23. Okt. 2015 - 2 S 4/15

bei uns veröffentlicht am 23.10.2015

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das am 05.03.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lippstadt unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Kläger

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 92/09
vom
16. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski
am 16. Juni 2010

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. März 2009 wird zurückgewiesen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der von ihr geltend gemachten Hochbaukosten aus der Regelung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes auf Vermögensschäden ergebe sich aus B. 2.01 (1) der Besonderen Bedingungen, Risikobeschreibungen und Zusatzbedingungen, begegnet durchgreifenden Bedenken. Das angefochtene Urteil erweist sich aber als richtig (§ 561 ZPO), weil die Klage auf der Grundlage der Regelung über die Mitversicherung von Nebenrisiken in B. 1.22 der Besonderen Bedingungen, Risikobeschreibungen und Zusatzbedingungen begründet ist. Mitversichert ist hiernach "die gesetzliche Haftpflicht aus Sachschäden, die als Folge eines mangelhaften Werkes auftreten und erfasst insoweit auch die Kosten, die er- forderlich sind, um die mangelhafte Werkleistung zum Zwecke der Schadenbeseitigung zugänglich zu machen und um den vorherigen Zustand wieder herzustellen. Nicht gedeckt sind diese Kosten, wenn sie nur zur Nachbesserung aufgewendet werden, ohne dass ein Folgeschaden aufgetreten ist. Ferner sind in jedem Fall nicht gedeckt die Kosten des Versicherungsnehmers für die Beseitigung des Mangels an der Werkleistung selbst".
Zu dieser auch hier einschlägigen Klausel wird auf das Senatsurteil vom 20. November 1990 - IV ZR 229/89 - VersR 1991, 293 unter 2 verwiesen. Folgeschaden ist hier die durch die Rohrbrüche verursachte Durchfeuchtung der Wände. Zur Wiederherstellung fachgerechter Wasserleitungen ist es erforderlich, die im Sachverständigengutachten F. aufgeführten Arbeiten (Wand- und Deckendurchbrüche , Wandschlitze, Verlegung von Fliesen, Malerund Tapezierarbeiten) durchzuführen, um an die schadhaften Leitungen zu gelangen und Wände sowie Decken anschließend wieder ordnungsgemäß zu verschließen.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: bis 140.000 € Terno Wendt Felsch Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)