Oberlandesgericht München Beschluss, 03. Mai 2018 - 28 W 589/18

bei uns veröffentlicht am03.05.2018
vorgehend
Landgericht München II, 3 O 1819/11 Arch, 28.02.2018

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 28.02.2018, Az. 3 O 1819/11 Arch, wird verworfen.

2, Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe auf Klägerseite im Beschwerdeverfahren.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 509.676,60 € festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner hilfsweise erhobenen sofortigen Beschwerde verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Gutachtensergänzung weiter.

In der mündlichen Verhandlung vom 23.2.2013 erfolgte eine mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Ing. Joachim Sch. durch den beauftragten Richter. In diesem Termin beantragte der Beklagte, dem Sachverständigen Dr. Sch. aufzugeben, zu den Ausführungen des Sachverständigen B.-van L. in der Anlage B 4 ein schriftliches Ergänzungsgutachten zu erstellen (Protokoll Seite 5 oben, Bl. 972 d.A.).

Mit Beschluss vom 28.2.2018 (Bl. 974/976 d.A.) lehnte das Landgericht den Antrag des Beklagten ab.

Gegen diesen Beschluss erhob der Beklagte mit Schriftsatz vom 14.3.2018 (Bl. 1056/1058 d.A.) Gegenvorstellung, hilfsweise sofortige Beschwerde.

Mit Beschluss vom 20.3.2018 (Bl. 1069/1072 d.A.) wies das Landgericht darauf hin, dass über die Gegenvorstellung nicht förmlich entschieden werde, es handle sich um normalen Sach- und Rechtsvortrag mit Beweisangeboten, über welchen im Schlussurteil entschieden werden würde.

Hinsichtlich der hilfsweise eingelegten sofortigen Beschwerde sei bereits offen, unter welche innerprozessuale Bedingung der Beklagte diese stelle, im Übrigen sei diese jedoch auch nicht statthaft, weshalb eine Abhilfeentscheidung des Landgerichts nicht veranlasst sei.

Mit Schriftsatz vom 12.4.2018 (Bl. 1095/1096) bat der Beklagte die Kammer, die sofortige Beschwerde nach einer förmlichen Abhilfeentscheidung dem Beschwerdegericht vorzulegen.

Mit Verfügung vom 16.4.2018 (Bl. 1102 d.A.) legte das Landgericht die Akten dem Beschwerdegericht vor.

II.

Die – hilfsweise für den Fall der Ablehnung der Gegenvorstellung – eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 28.2.2018 ist unzulässig.

1. Die Beschwerde ist nicht statthaft.

a) Der Senat hat nicht abschließend darüber zu entscheiden, ob die hilfsweise Einlegung einer sofortigen Beschwerde für den Fall der Ablehnung einer an das Erstgericht gerichteten Gegenvorstellung überhaupt wirksam erfolgen kann.

Hiergegen bestehen im Hinblick auf die Bedingungsfeindlichkeit von Prozesshandlungen Zweifel.

Zwar ist die grundsätzliche Zulässigkeit von innerprozessualen Bedingungen, die die Wirksamkeit einer Erwirkungshandlung vom Prozessablauf selbst abhängig machen, insbesondere vom Erfolg oder Misserfolg einer eigenen Prozesshandlung oder einer solchen Handlung des Gegners anerkannt. Jedoch können Prozesshandlungen, die unmittelbar auf die Verfahrenslage einwirken, im Interesse der Rechtssicherheit grundsätzlich auch nicht unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt werden, insbesondere die Einlegung oder Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie die Klagerücknahme (Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, vor § 128 ZPO, Rn. 20 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hinge es somit von der Entscheidung des Landgerichts über die Gegenvorstellung ab, ob es überhaupt zur Anhängigkeit eines Rechtsmittelverfahrens vor dem Beschwerdegericht kommt. Es erscheint fraglich, ob ein derartiger Schwebezustand mit einem fristgebundenen Rechtsmittel wie der sofortigen Beschwerde vereinbar ist.

b) Im Übrigen hat der Beklagte nach Hinweis des Landgerichts auf die Problematik der innerprozessualen Bedingung und Anfrage, ob die sofortige Beschwerde dem Oberlandesgericht München vorgelegt werden soll, mit Schriftsatz vom 12.4.2018 die Vorlage der sofortigen Beschwerde nach Abhilfeentscheidung des Landgerichts begehrt.

c) Die sofortige Beschwerde ist aber jedenfalls nicht statthaft gem. § 567 Abs. 1 ZPO.

Die Ablehnung der Erholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens zu einem Sachverständigengutachten in einem Hauptsacheverfahren ist nicht selbständig mit der Beschwerde angreifbar.

aa) Eine Statthaftigkeit gem. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist ersichtlich nicht gegeben.

bb) Die sofortige Beschwerde ist auch nicht gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft.

(1) Gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte statt, wenn es sich um solche, eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

Dabei entspricht es einhelliger Meinung, dass unter dem Tatbestandsmerkmal „Gesuch“ nur ein förmlicher Antrag zu verstehen ist und eine Anregung der Partei demgegenüber nicht genügt. Die Parteien sollen nicht die gesamte Amtstätigkeit des Gerichts einer Beschwerde zugänglich machen können. Deshalb ist dem Antragsteller die Beschwerde versagt, wenn die angefochtene Entscheidung ohne die Notwendigkeit eines Antrags von Amts wegen ergehen kann (BGH, Beschluss vom 29.11.2016, Az. VI ZB 23/16).

Die Anordnung der Erholung eines ergänzenden oder weiteren Gutachtens gem. § 412 ZPO erfolgt nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift von Amts wegen und steht im Ermessen des Gerichts.

Die Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem das Gericht einen solchen Antrag ablehnt, ist daher schon deshalb nicht statthaft, weil die Entscheidung keinen Antrag erfordert.

(2) Ergänzend sei hinzugefügt, dass sich bereits aus § 355 Abs. 2 ZPO ergibt, dass die Durchführung der Beweisaufnahme im Wesentlichen dem Beschwerdeverfahren entzogen ist.

Dies beruht auf der Erwägung, dass andernfalls in die Sachentscheidungskompetenz des Erstgerichts eingegriffen würde, weshalb etwaige Fehler des Erstgerichts bei der Beweisaufnahme erst im Berufungsverfahren geltend gemacht werden können.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Erkenntnisverfahren gegen die Ablehnung der Erholung eines neuen Gutachtens grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben (BGH, Beschluss vom 9.2.2010, Az. VI ZB 59/09, BGH, Beschluss vom 20.4.2011, Az. VII ZB 42/09, Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, § 412 Rn. 4).

cc) Die vom Beklagten für die Statthaftigkeit seiner Beschwerde angeführte Entscheidung des BGH vom 28.5.2009, Az. I ZB 93/08 rechtfertigt keine andere Entscheidung.

In diesem Beschluss hat der BGH ausgeführt, dass ein Beweisbeschluss über die Erstellung eines Gutachtens zur Klärung der Prozessfähigkeit einer Prozesspartei, der ohne deren vorherige persönliche Anhörung zu dieser Frage erlassen wurde, den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör verletzt und von ihr ungeachtet der in §§ 321 a Abs. 1 Satz 2, 355 Abs. 2 ZPO enthaltenen Regelungen mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann.

Der BGH hat darin bestätigt, dass die Ausnahmen, die die Rechtsprechung in Fällen der Verletzung rechtlichen Gehörs hinsichtlich der Bindungswirkung an sich unanfechtbarer Zwischenentscheidungen gemacht hat, auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom 9.12.2004 am 1.1.2005 weiter fortgelten.

Derartige Ausnahmen hatte die Rechtsprechung dann bejaht, wenn bereits die Zwischenentscheidung für die Partei einen bleibenden rechtlichen Nachteil zur Folge hat, der sich im weiteren Verfahren nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr vollständig beheben lässt (BGH, Beschluss vom 18.12.2008, Az. I ZB 118/07, BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.1.2005, Az. 2 BvR 1899/04).

Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich keine tatsächlichen Anhaltspunkte für einen derartigen nicht mehr bzw. nicht mehr vollständig behebbaren Nachteil des Beklagten durch die Ablehnung des beantragten Ergänzungsgutachtens.

Der Beklagte ist daher auf die Geltendmachung seiner Rüge im Rahmen des Berufungsverfahrens zu verweisen, prozessökonomische Überlegungen haben vor dem Hintergrund des Instanzenzugs zurückzutreten.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 47 GKG.

Ziel der beklagtenseits beantragten ergänzenden Begutachtung, welche durch das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss abschlägig verbeschieden wurde, ist es, den Nachweis für die Behauptung des Beklagten zu erbringen, dass den Mängelkomplexen „Lichtschächte Haus B“ und „TG-Decke als WU-Konstruktion“ keine Mängel zugrunde liegen, welche in den Verantwortungsbereich des Beklagten fallen, weil der vom gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch. zugrunde gelegte Bemessungswasserstand unzutreffend und eine Sanierung tatsächlich nicht erforderlich sei (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 3.7.2017, Bl. 898 ff, i.E. Bl. 906, 907 d.A.).

Für die diesbezüglich behaupteten Mängel macht der Kläger Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 134.010,00 € (Lichtschächte Haus B) und 375.666,60 € (TG-Decke als WU-Konstruktion) geltend.

Durch die mit der sofortigen Beschwerde begehrte Begutachtung will der Beklagte somit klägerseits behauptete Mängelbeseitigungskosten in Höhe von insgesamt 509.676,60 € zur Abweisung bringen. Darin besteht das wirtschaftliche Interesse der Beschwerde, nach welchem der Beschwerdewert festzusetzen war.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 03. Mai 2018 - 28 W 589/18

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Referenzen

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 23/16
vom
29. November 2016
in Sachen
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Ablehnung einer im selbständigen Beweisverfahren begehrten Anordnung der
Urkundenvorlegung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO ist nicht mit der sofortigen Beschwerde
anfechtbar.
BGH, Beschluss vom 29. November 2016 - VI ZB 23/16 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
ECLI:DE:BGH:2016:291116BVIZB23.16.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff und den Richter Dr. Klein

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. Juni 2016 wird auf Kosten der Antragstellerin als unzulässig verworfen. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Rechtsbeschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) wurde am 27. Januar 2011 im Klinikum der Antragsgegnerin operiert. Nach der Operation kam es zu einem massiven Entzündungsgeschehen und einer Peritonitis (Bauchfellentzündung) mit der Folge weiterer Operationen und Therapiemaßnahmen. Nachdem in den Medien über angeblich unzureichende Hygienezustände im Klinikum der Antragsgegnerin berichtet worden war, machte die Antragstellerin im November 2014 Ansprüche wegen des Verdachts einer ver- meidbaren Keiminfizierung anlässlich der Operation vom 27. Januar 2011 geltend. Die Haftpflichtversicherung der Antragsgegnerin lehnte eine Haftung ab.
2
Die Antragstellerin leitete daraufhin ein selbständiges Beweisverfahren ein. Mit Beschluss vom 22. Oktober 2015 ordnete das Landgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu folgenden Fragen an: "1. Ist für die bei der Klägerin im Anschluss an die bei der Antragsgegnerin durchgeführte Operation vom 27.01.2011 entstandene massive Entzündung im Bauchraum die Verwendung nicht steriler Instrumente während des fraglichen Erst-Eingriffs verantwortlich oder können nicht sterile Instrumente hierfür verantwortlich sein? 2. Wurden die Hygienevorschriften insbesondere bezüglich der ausreichenden Sterilität von Operationsbesteck im Zusammenhang mit der bei der Antragstellerin durchgeführten Operation eingehalten? 3. Falls der Gutachter Verstöße gegen Hygienevorschriften feststellt: Wurde derart gegen gesicherte oder bewährte Erkenntnisse verstoßen, dass dieser Verstoß aus objektiver ärztlicher Sicht nicht verständlich erscheint, weil es [sic] einem Arzt aus dieser objektiven ärztlichen Sicht nicht unterlaufen durfte?"
3
Der von dem Landgericht bestellte Sachverständige teilte dem Landgericht mit, die ihm überlassenen Krankenunterlagen enthielten keine Dokumentation der Aufbereitung der während des Eingriffs verwendeten Instrumente. Er benötige zudem "die damals (2011) gültigen SOP bzw. intern gültigen Aufbereitungsvorschriften der Zentralen Sterilgutversorgung (ZSVA) bzw. der Einrichtung , die klinikseitig mit der Aufbereitung des Instrumentariums beauftragt wurde". Die Antragstellerin bat das Landgericht daraufhin um Mitteilung, ob es die benötigten Unterlagen gemäß § 142 ZPO beiziehen werde.
4
Das Landgericht hat dies als Antrag der Antragstellerin ausgelegt und den Antrag mit Beschluss vom 13. Januar 2016 zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen, weil die Vorschrift des § 142 Abs. 1 ZPO im selbständigen Beweisverfahren keine Anwendung finde. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nur zulässig, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) oder das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die erstgenannte Alternative liegt nicht vor. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ist für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden. Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig gewesen ist (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09, VersR 2010, 1241 Rn. 3 mwN; BGH, Beschlüsse vom 17. August 2011 - VIII ZB 57/10, WuM 2012, 47 Rn. 4; vom 20. April 2011 - VII ZB 42/09, MDR 2011, 746).
7
2. So verhält es sich hier. Gegen die Ablehnung der Anordnung der Urkundenvorlegung gemäß § 142 ZPO ist im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben. Weder ist im Gesetz ausdrücklich bestimmt, dass gegen die im selbständigen Beweisverfahren ergangene Entscheidung, eine Urkundenvorlegung gemäß § 142 ZPO nicht anzuordnen, die sofortige Beschwerde statthaft ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) noch handelt es sich in diesen Fällen um eine von § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfasste Entscheidung.
8
a) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt , durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
9
Dabei entspricht es einhelliger Meinung, dass unter dem Tatbestandsmerkmal "Gesuch" nur ein förmlicher Antrag zu verstehen ist und eine Anregung der Partei demgegenüber nicht genügt. Die Parteien sollen nicht die gesamte Amtstätigkeit des Gerichts einer Beschwerde zugänglich machen können. Deshalb ist dem Antragsteller die Beschwerde versagt, wenn die angefochtene Entscheidung ohne die Notwendigkeit eines Antrags von Amts wegen ergehen kann (BGH, Beschlüsse vom 22. Juni 2016 - XII ZB 142/15, FamRZ 2016, 1679 Rn. 15; vom 25. Februar 2015 - XII ZB 242/14, FamRZ 2015, 743 Rn. 16; vom 6. November 2013 - I ZB 48/13, GRUR 2014, 705 Rn. 8; vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210 Rn. 12; Ball in Musielak /Voit, ZPO, 13. Aufl., § 567 Rn. 14; Lipp in MünchKommZPO, 5. Aufl., § 567 Rn. 11 f.; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 567 Rn. 35; Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 567 Rn. 8 f.; Jänich in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 567 Rn. 9 ff.).
10
b) So liegt es hier im Hinblick auf die von der Antragstellerin begehrte Vorlegungsanordnung. Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht anordnen , dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Die Anordnung ergeht nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift von Amts wegen und steht im Ermessen des Gerichts (BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 20). Unabhängig von der Frage , ob § 142 ZPO im selbständigen Beweisverfahren (überhaupt) Anwendung findet, ist die Beschwerde gegen einen Beschluss, durch den das Gericht - wie hier - eine solche Anordnung ablehnt, schon deshalb nicht statthaft, weil die Entscheidung einen Antrag nicht erfordert (OLG München, MDR 1984, 592; OLG Karlsruhe, OLGR 2005, 484, 485; OLG Frankfurt, OLGR 2005, 594, 595; OLG Braunschweig, Beschluss vom 5. November 2008 - 1 W 64/08, juris Rn. 11 f.; Prütting/Gehrlein/Ulrich, ZPO, 8. Aufl., § 491 Rn. 2; aA OLG Düsseldorf , Beschluss vom 30. Januar 2014 - 5 W 84/13, juris Rn. 7). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt es daher nicht darauf an, aus welchen Gründen das Gericht die begehrte Anordnung nicht erlässt.
11
c) Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht. Es besteht - ebenso wie bei der Entscheidung über die Einholung eines weiteren Gutachtens (dazu Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09, VersR 2010, 1241 Rn. 5 ff.) - kein Grund, den Parteien im selbständigen Beweisverfahren ein Beschwerderecht gegen die Ablehnung einer Anordnung nach § 142 Abs. 1 ZPO einzuräumen.
12
aa) Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren gehen grundsätzlich nicht weiter als im Hauptsacheverfahren (§ 492 ZPO). Im Erkenntnisverfahren ist gegen die Ablehnung einer Anordnung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO eine Beschwerde nicht statthaft. Das Unterlassen einer Anordnung nach § 142 Abs. 1 ZPO, das einen revisiblen Verfahrensfehler darstellen kann, ist vielmehr im Rechtsmittelverfahren überprüfbar (BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 21 f.). Würde den Parteien im selbständigen Beweisverfahren ein Beschwerderecht eingeräumt, erhielten sie daher ein Rechtsmittel, das ihnen bei einer Beweiserhebung in der Hauptsache nicht zur Verfügung stünde (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09, VersR 2010, 1241 Rn. 7 zu der Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO). Hält die Antragstellerin die Anordnung der Urkundenvorlegung für notwendig oder geboten, bleibt es ihr unbenommen, die Gründe dafür im Hauptsacheverfahren vorzutragen und dort die Anordnung der Urkundenvorlegung zu beantragen. Gleiches gilt im Übrigen für den nach dem oben Ausgeführten gegen eine Anordnung der Urkundenvorlegung ohnehin gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht beschwerdeberechtigten Antragsgegner, dem es unbenommen bleibt, der nicht erzwingbaren Anordnung nicht Folge zu leisten und im Hauptsacheverfahren deren Unzulässigkeit geltend zu machen.
13
bb) Hinzu tritt, dass die Ablehnung einer Anordnung nach § 142 Abs. 1 ZPO einer Überprüfung im Beschwerdeverfahren entzogen ist.
14
(1) Die Tätigkeit des mit dem selbständigen Beweisverfahren beauftragten Gerichts beschränkt sich auf die Entgegennahme und formelle Prüfung des Antrags (§§ 487, 490 ZPO), die Ladung des Gegners (§ 491 ZPO) und die Durchführung der Beweisaufnahme nach Maßgabe des § 492 ZPO (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010, aaO, Rn. 8). Dem Gericht ist es grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits - oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009 - VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 16. September 2004 - III ZB 33/04, MDR 2005, 162). Auch eine Beweiswürdigung findet nicht statt (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09, VersR 2010, 1241 Rn. 8).
15
(2) Demgegenüber befreit die Vorschrift des § 142 Abs. 1 ZPO die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Das Gericht darf die Urkundenvorlegung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO nicht zum bloßen Zweck der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (BGH, Urteile vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 20; vom 27. Mai 2014 - XI ZR 264/13, WM 2014, 1379 Rn. 29). Nur aus diesem Grund liegt in der Anwendung des § 142 Abs. 1 ZPO keine prozessordnungswidrige Ausforschung des Prozessgegners. Ist dem Gericht im selbständigen Beweisverfahren eine Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung aber verwehrt, kann es - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat und auch die Rechtsbeschwerde einräumt - die im Rahmen des § 142 Abs. 1 ZPO erforderliche Ermessensausübung nicht vornehmen, mithin diese im Beschwerdeverfahren auch nicht überprüft werden (Kammergericht, NJW 2014, 85 Rn. 27; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. August 2013 - 6 W 56/13, juris Rn. 30; Willer, NJW 2014, 22, 24 f.; aA wohl Prütting/Gehrlein/Ulrich, ZPO, 8. Auflage, § 491 Rn. 2; Ulrich, IBR 2014, 586).
16
Die von der Rechtsbeschwerde für ihre anderweitige Ansicht in Bezug genommene Rechtsprechung und Literatur verhält sich zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2007 (aaO) entweder nicht oder stammt aus der Zeit vor ihrem Bekanntwerden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 5 W 84/13, juris Rn. 12; Baumbach/Lauterbach/- Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl., § 142 Rn. 3; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht , 4. Auflage, Rn. B 523; Schlosser in FS Sonnenberger, 2004, S. 135, 150, 154; Berger in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 492 Rn. 11; Stegers, MedR 2003,

405).

17
(3) Vor diesem Hintergrund kann die Regelung des § 492 Abs. 1 ZPO nicht dahin ausgelegt werden, dass sie über die dort nach dem Wortlaut in Bezug genommenen Vorschriften über den Beweis durch Sachverständige (§§ 402 ff. ZPO iVm §§ 373 ff. ZPO) und die allgemeinen Vorschriften der Beweisaufnahme (§§ 355 ff. ZPO) hinaus auch eine Verweisung auf § 142 ZPO enthält (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. August 2013 - 6 W 56/13, juris Rn. 28; BT-Drucks. 11/3621 S. 23). Auch in Arzthaftungssachen gilt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nichts anderes.
18
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, die Entscheidungserheblichkeit der Behandlungsunterlagen sei offenkundig gegeben, übersieht sie, dass die von dem Sachverständigen erforderten Dokumente nicht Teil der ihm bereits vorliegenden Krankenunterlagen der Antragstellerin sind. Es handelt sich vielmehr um Unterlagen, die der Sachverständige zur Beurteilung des von der Antragstellerin behaupteten Hygieneverstoßes benötigt. Ob diese von der Antragsgegnerin gemäß § 142 Abs. 1 ZPO vorzulegen sind, erfordert eine Wertung, die das Gericht im selbständigen Beweisverfahren gerade nicht vornehmen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2016 - VI ZR 634/15, VersR 2016, 1380 Rn. 14 zur sekundären Darlegungslast bei einem Hygieneverstoß).
19
Auch stellt sich das selbständige Beweissicherungsverfahren entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht als vollständig sinnlos oder gar entwertet dar, wenn § 142 Abs. 1 ZPO in seinem Rahmen keine Anwendung findet. Es ist in der Regel ohnehin nicht möglich, den Arzthaftpflichtprozess mit den im selbständigen Beweisverfahren möglichen tatsächlichen Feststellungen zu entscheiden (Senatsbeschluss vom 24. September 2013 - VI ZB 12/13, BGHZ 198, 237 Rn. 21). Gleichwohl kann die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens - wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt - der Antrag- stellerin ermöglichen, das Risiko für ein Erkenntnisverfahren abzuschätzen. Eine auch im Erkenntnisverfahren nicht zulässige Ausforschung ist in seinem Rahmen indes nicht gerechtfertigt. Galke Wellner Oehler Roloff Klein
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 13.01.2016 - 9 OH 6/15 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 02.06.2016 - 7 W 17/16 -

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt vor dem Prozessgericht. Sie ist nur in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht zu übertragen.

(2) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet wird, findet nicht statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 59/09
vom
9. Februar 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO
ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben.
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen, die Richter Pauge,
Stöhr und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Juli 2009 wird auf Kosten des Antragsgegners als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 20.000,00 €

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat auf Antrag der Antragstellerin, die von dem Antragsgegner zahnärztlich behandelt worden war, in einem selbständigen Beweisverfahren die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet. Der Sachverständige hat das in Auftrag gegebene Gutachten erstattet und drei ergänzende Stellungnahmen abgegeben. Der Antragsgegner hat die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO beantragt. Diesen Antrag hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde des Antragsgegners , der das Landgericht nicht abgeholfen hat, als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

2
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
3
1. Die Rechtsbeschwerde ist nur zulässig, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) oder das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die erstgenannte Alternative liegt nicht vor. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ist aber für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend , wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02 - VersR 2003, 1007; vom 27. Januar 2004 - VI ZB 33/03 - MDR 2004, 698, 699 und vom 6. Oktober 2009 - VI ZB 18/08 - Rn. 4, AGS 2009, 599; BGH, Beschlüsse vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - VersR 2003, 482, 483; vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02 - VersR 2004, 488 f.; vom 8. Mai 2003 - I ZB 40/02 - VersR 2004, 761 und vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03 - VersR 2005, 427). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig gewesen ist (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02 - NJW 2004, 1112, 1113 m.w.N.). Die Rechtsbeschwerde ist in diesem Fall auch dann unzulässig, wenn das Beschwerdegericht sie eigens zur Klärung der Zulässigkeitsfrage zugelassen hat (BGH, Beschlüsse vom 17. Oktober 2005 - II ZB 4/05 - NJW-RR 2006, 286 und vom 20. Dezember 2005 - VII ZB 52/05 - InVo 2006, 146; Prütting/Gehrlein/Lohmann, ZPO, § 574, Rn. 17).
4
So verhält es sich hier.
5
2. Gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben.
6
a) Die Frage, inwieweit gegen einzelne Entscheidungen, die im selbständigen Beweisverfahren (§§ 485 ff. ZPO) ergehen, die sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO) gegeben ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Während der Senat die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens für zulässig erachtet hat (Senatsbeschluss BGHZ 164, 94, 95), hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass gegen die gerichtliche Anforderung eines Auslagenvorschusses im selbständigen Beweisverfahren - wie auch im Hauptsacheverfahren - ein Rechtsmittel nicht gegeben ist (BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - VIII ZB 56/08 - NJW-RR 2009, 1433, 1434). Die Frage, ob im selbständigen Beweisverfahren die Entscheidung , mit der ein Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO zurückgewiesen worden ist, mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist, wird von Oberlandesgerichten teilweise bejaht (OLG Frankfurt, MDR 2008, 585 f.; OLG Stuttgart, NJW-RR 2009, 497 f.), überwiegend jedoch verneint (OLG Hamm, OLGR 1996, 203 f.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 933; OLG Hamm, OLGR 2001, 251, 252; OLG Köln, OLGR 2002, 128, 129; OLG Schleswig , OLGR 2003, 308; OLG Jena, IBR 2007, 350; OLG Koblenz, MDR 2007, 736, OLG Rostock, MDR 2008, 999 f.; OLG Zweibrücken, IBR 2009, 186; OLG Düsseldorf, MDR 2009, 588; OLG Schleswig, MDR 2009, 1304; OLG Hamm, OLGR 2009, 844 f.; vgl. auch Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 492, Rn. 8; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 490, Rn. 4).
7
b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Dies ergibt sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, aus § 567 Abs. 1 ZPO. Weder ist im Gesetz ausdrücklich bestimmt, dass gegen die im selbständigen Beweisverfahren ergangene Entscheidung, kein weiteres Gutachtens gemäß § 412 ZPO einzuholen , die sofortige Beschwerde statthaft ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), noch handelt es sich in diesen Fällen um eine von § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfasste Entscheidung. Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren gehen grundsätzlich nicht weiter als im Hauptsacheverfahren. Im Erkenntnisverfahren ist gegen die Ablehnung der Einholung eines neuen Gutachtens grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben. Nach § 492 ZPO folgt die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren den Regeln des Erkenntnisverfahrens. Würde den Parteien im selbständigen Beweisverfahren in Fällen wie hier ein Beschwerderecht eingeräumt, erhielten sie ein Rechtsmittel an die Hand, welches ihnen bei einer Beweiserhebung in der Hauptsache nicht zur Verfügung stünde. Gründe für eine abweichende Regelung im selbständigen Beweisverfahren sind nicht vorhanden. Hält eine Partei die Einholung eines weiteren Gutachtens für notwendig, bleibt es ihr unbenommen, die Gründe dafür gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren vorzutragen und dort die Anordnung der erneuten Begutachtung zu beantragen. Hat dieser Antrag im Hauptsacheverfahren keinen Erfolg , ist das Unterlassen einer weiteren Begutachtung, das einen revisiblen Verfahrensfehler darstellen kann, im Rechtsmittelverfahren überprüfbar (MünchKomm -ZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 412, Rn. 5; Zöller/Greger, aaO, § 412, Rn. 4) .
8
c) Eine verfahrensrechtliche Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht im Hauptsacheverfahren gemäß § 412 ZPO nur ausnahmsweise, nämlich bei besonders schwierigen Fragen, bei groben Mängeln der vorhandenen Gutachten und dann, wenn ein neuer Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügt (BGHZ 53, 245, 258; Senatsurteile vom 5. Dezember 1961 - VI ZR 261/60 - VersR 1962, 231, 232; vom 9. Februar 1971 - VI ZR 142/69 - VersR 1971, 472, 473 und vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 f.; BGH, Urteil vom 18. März 1974 - III ZR 48/73 - VersR 1974, 804, 806 f.). Hinsichtlich der Frage, ob die Einholung eines weiteren Gutachtens geboten ist, ist dem Tatrichter ein Ermessensspielraum eingeräumt (§§ 144, 411 Abs. 3, 412 ZPO), bei dessen Ausübung er die Grundsätze der freien Beweiswürdigung , die sachfremde Erwägungen verbieten (§ 286 ZPO), zu beachten hat (Senatsurteil vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - aaO, S. 533). Die Entscheidung darüber, ob ein weiteres Gutachten einzuholen ist, erfordert mithin eine Würdigung der bisher erhobenen Beweise. Eine Beweiswürdigung findet im selbständigen Beweisverfahren indessen nicht statt. Die Tätigkeit des mit dem selbständigen Beweisverfahren beauftragten Gerichts beschränkt sich vielmehr, wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend darlegt, auf die Entgegennahme und formelle Prüfung des Antrags (§§ 487, 490 ZPO), die Ladung des Gegners (§ 491 ZPO) und die Durchführung der Beweisaufnahme nach Maßgabe des § 492 ZPO. Ist dem Gericht im selbständigen Beweisverfahren eine Prüfung der Frage der Erforderlichkeit eines neuen Gutachtens mithin verwehrt, ist die Ablehnung eines darauf gerichteten Antrags auch der Überprüfung im Beschwerdeverfahren entzogen.
9
d) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass das selbständige Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch eine Streitvermeidung im Auge habe und dazu eine umfassende Beweiserhebung erforderlich sei. Ob die Einholung eines weiteren Gutachtens zur Streitvermeidung geeignet ist, ist eine Frage des Einzelfalls und rechtfertigt es nicht, den Parteien im selbständigen Beweisverfahren die Möglichkeit an die Hand zu geben, über den verfahrenseinleitenden Antrag hinaus die Art und Weise sowie den Umfang und die Dauer der Beweiserhebung zu bestimmen. Zudem steht einer Überprüfung von Entscheidungen über die Art und Weise der Beweiserhebung die Vorschrift des § 355 Abs. 2 ZPO entgegen, die auch im selbständigen Beweisverfahren Anwendung findet (Zöller/Herget, aaO, § 492, Rn. 1). Etwas anderes gilt allein für den Antrag einer Partei auf Ladung des gerichtlichen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens, denn einem solchen Antrag hat das Gericht grundsätzlich - ohne Würdigung der bisher erhobenen Beweise - zu entsprechen. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats hat die Partei nämlich zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (Senatsbeschluss vom 22. Mai 2007 - VI ZR 233/06 - VersR 2007, 1713 m.w.N.). Dieses Antragsrecht besteht deshalb auch im selbständigen Beweisverfahren (Senatsbeschluss BGHZ 164, 94, 96 f.).

10
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Galke Diederichsen Pauge
Stöhr von Pentz

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.05.2009 - 3 OH 13/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 29.07.2009 - 5 W 18/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 42/09
vom
20. April 2011
in dem Verfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO
ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben (im Anschluss
an BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09, BauR 2010, 932 = ZfBR
2010, 449).
BGH, Beschluss vom 20. April 2011 - VII ZB 42/09 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. April 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Bauner, Dr. Eick,
Halfmeier und Prof. Leupertz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin zu 2 gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 15. April 2009 wird verworfen. Die Antragsgegnerin zu 2 hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat auf Antrag der Antragstellerin, die von der Antragsgegnerin zu 1 Pflasterflächen im Bereich des Tankplatzes im Hansehafen M. nach Planung der Antragsgegnerin zu 2 herstellen ließ, in einem selbständigen Beweisverfahren die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet. Der Sachverständige hat das in Auftrag gegebene Gutachten erstattet und in mündlicher Verhandlung erläutert. Die Antragsgegnerin zu 2 hat die Einholung eines ergänzenden Gutachtens bzw. die Einholung eines Obergutachtens gemäß § 412 ZPO beantragt. Diesen Antrag hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Beschwerdegericht die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2 als un- zulässig verworfen. Dagegen wendet sich diese mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

2
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
3
1. Die Rechtsbeschwerde ist nur zulässig, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) oder das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ist für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden. Die Rechtsbeschwerde ist in diesem Fall auch dann unzulässig, wenn das Beschwerdegericht sie eigens zur Klärung der Zulässigkeitsfrage zugelassen hat (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09, BauR 2010, 932 = ZfBR 2010, 449).
4
So verhält es sich hier.
5
2. Gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben. Das hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 9. Februar 2010 (VI ZB 59/09, BauR 2010, 932 = ZfBR 2010, 449) bereits entschieden. Der erkennende Senat schließt sich dem an. Auf die dortige Begründung wird Bezug genommen.

III.

6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Kniffka Bauner Eick Halfmeier Leupertz

Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 19.03.2009 - 11 OH 52/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 15.04.2009 - 6 W 30/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 118/07
vom
18. Dezember 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Hohlfasermembranspinnanlage
Anordnungen des Prozessgerichts nach § 404a Abs. 4 ZPO sind als Bestandteil
oder Ergänzung des Beweisbeschlusses (§§ 358, 358a ZPO) wie dieser nicht
selbstständig mit Rechtsmitteln anfechtbar, es sei denn, die Zwischenentscheidung
hat bereits für eine Partei einen bleibenden rechtlichen Nachteil zur Folge,
der sich im weiteren Verfahren nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr vollständig
beheben lässt.
BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008 - I ZB 118/07 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Koch

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 18. Juni 2007 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde beträgt 25.000 €.

Gründe:


1
I. Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der Technologie zur Herstellung von synthetischen Hohlfasern zur Verwendung als Dialysemembranen in Dialysefiltern. Der Beklagte zu 2 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Er war von Oktober 1990 bis Juni 1993 im Werk S. der Klägerin als Betriebsleiter tätig. Die Klägerin behauptet, die von der Beklagten zu 1 angebotenen Hohlfasermembranspinnanlagen stimmten mit der von ihr im Juni 1993 betriebenen Anlage in nahezu allen technischen Details überein. Sie nimmt die Beklagten wegen unzulässiger Verschaffung und Verwertung von Betriebsgeheimnissen auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Scha- densersatzpflicht in Anspruch. Die Beklagten machen geltend, ihre Anlagen beruhten auf einer völlig neuen Konstruktion.
2
Das Landgericht hat mit Beweisbeschluss vom 24. März 2006 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der zwischen den Parteien streitigen Frage angeordnet, ob die Anlage der Beklagten mit der von der Klägerin im Juni 1993 verwendeten Anlage übereinstimmt. Der Sachverständige hat den Parteien mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 mitgeteilt, dass er zunächst eine Spinnanlage im Werk der Beklagten zu 1 und sodann eine Produktionsanlage im Werk der Klägerin in S. besichtigen wolle. Die Klägerin hat daraufhin beantragt, Vertreter der Beklagten - mit Ausnahme eines anwaltlichen Vertreters - sowie den Beklagten zu 2 persönlich von der Besichtigung der Anlage der Klägerin auszuschließen, weil die erhebliche Gefahr bestehe, dass für den Beklagten zu 2 (weitere) Betriebsgeheimnisse der Klägerin offenkundig und von ihm genutzt werden könnten. Das Landgericht hat den Antrag der Klägerin zurückgewiesen.
3
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Klägerin für zulässig, aber unbegründet erachtet. Die sofortige Beschwerde sei nicht nach § 355 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Die Klägerin wende sich nicht gegen die Beweisaufnahme als solche und greife auch nicht den Beweisbeschluss als solchen an. Sie wolle nur verhindern, dass der Beklagte zu 2 an dem Beweistermin teilnehme. Auf diese Fallkonstellation sei § 355 Abs. 2 ZPO nicht anwendbar. Die zulässige Beschwerde sei jedoch in der Sache unbegründet. Es sei zwischen dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör, der in § 357 ZPO seine einfachgesetzliche Ausprägung erfahren habe, und dem berechtigten Interesse der Klägerin an der Geheimhaltung ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse abzuwägen. Die Behauptung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen könne für sich allein keine Einschränkung des Anspruchs auf rechtliches Gehör rechtfertigen. Vielmehr müsse im Einzelnen dargelegt werden, welche Betriebsgeheimnisse der Beklagte zu 2 bei der Gelegenheit der Beweisaufnahme in Erfahrung bringen könne, d.h. auf welche Entwicklungsfragen er durch die Teilnahme am Begutachtungstermin Antwort finden könne und aus welchem Grunde ihm andere Quellen diese Information nicht verschafften. Diesen strengen Anforderungen werde der Vortrag der Klägerin nicht gerecht. Sie habe nur angegeben, auf welche Gesichtspunkte sich die Betriebsgeheimnisse bezögen, die zu schützenden Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse jedoch nicht weiter konkretisiert.
4
Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Ausschließung anderer Personen als der anwaltlichen Vertreter der Beklagten zu 1 von der Besichtigung ihrer Anlage weiter. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
5
II. Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig.
6
1. Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss ist statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) oder das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Von Gesetzes wegen ist die Rechtsbeschwerde im vorliegenden Fall nicht eröffnet. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zwar nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Nach § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich an die Zulassung gebunden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung schon gar nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden.
Insbesondere besteht keine Bindung an die Zulassung der Rechtsbeschwerde, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war (BGHZ 159, 14, 15; BGH, Beschl. v. 23.10.2003 - IX ZB 369/02, NJW 2004, 1112; Beschl. v. 17.10.2005 - II ZB 4/05, NJW-RR 2006, 286 Tz. 4; Beschl. v. 28.10.2008 - V ZB 109/08, FamRZ 2009, 38 Tz. 3, 5).
7
2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Beschluss des Landgerichts nicht selbstständig anfechtbar.
8
a) Das Landgericht hat mit seinem Beweisbeschluss vom 24. März 2006 die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet (§ 358a Satz 1 und 2 Nr. 4 ZPO) und gemäß § 404a Abs. 4 ZPO den Umfang der Aufklärung der Beweisfrage durch den Sachverständigen bestimmt. Es hat zwar, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend ausführt, in seinem Beweisbeschluss vom 24. März 2006 nur angeordnet, dass der Sachverständige lediglich eine Anlage bei der Beklagten zu 1 begutachten solle. Von der Anordnung einer Besichtigung einer Anlage der Klägerin hat es zunächst abgesehen. Nachdem der Sachverständige mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 auch die Besichtigung einer Produktionsanlage im Werk S. der Klägerin angekündigt hatte, hat das Landgericht jedoch zumindest durch Zurückweisung des Antrags der Klägerin, den Beklagten zu 2 von der Besichtigung auszuschließen, durch den mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 14. Februar 2007 die Aufklärungsbefugnis des Sachverständigen gemäß § 404a Abs. 4 ZPO auf eine Besichtigung auch der gegenwärtig in ihrem Werk in S. verwendeten Anlage der Klägerin erstreckt. Die Zurückweisung des Antrags der Klägerin hat das Landgericht ausdrücklich damit begründet, die Begutachtung der Anlage der Klägerin durch den Sachverständigen sei zur Beantwortung der Beweisfragen unerlässlich. Neben der Erweiterung der Aufklärungsbefugnis des Sachverständigen enthält der Beschluss des Landgerichts vom 14. Februar 2007 die weitere Bestimmung nach § 404a Abs. 4 ZPO dahingehend, inwieweit den Parteien eine Teilnahme an den Ermittlungen des Sachverständigen gestattet ist. Der den Antrag der Klägerin zurückweisende Beschluss des Landgerichts vom 14. Februar 2007 stellt sich somit der Sache nach als eine Ergänzung des Beweisbeschlusses des Landgerichts vom 24. März 2006 dar.
9
b) Anordnungen des Prozessgerichts nach § 404a Abs. 4 ZPO sind als Bestandteil oder Ergänzung des Beweisbeschlusses (§§ 358, 358a ZPO) wie dieser nicht selbstständig mit Rechtsmitteln anfechtbar (vgl. Baumbach/Lauterbach /Hartmann/Albers, ZPO, 67. Aufl., § 404a Rdn. 11, § 355 Rdn. 9; Stein/ Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 404a Rdn. 17). Bei einem Beweisbeschluss handelt es sich um eine prozessleitende Anordnung. Diese kann nur mit den gegen die Endentscheidung gegebenen Rechtsmitteln zur Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht gestellt werden, weil mit der Zulassung einer selbstständigen Anfechtung der Beweisanordnung durch die Beschwerdeinstanz unzulässigerweise in die Sachentscheidungskompetenz des Prozessgerichts eingegriffen würde (allg. M., vgl. BGH, Beschl. v. 4.7.2007 - XII ZB 199/05, NJW-RR 2007, 1375 Tz. 8; MünchKomm.ZPO/Heinrich, 3. Aufl., § 355 Rdn. 20; Musielak/Stadler, ZPO, 6. Aufl., § 358 Rdn. 3; Stein/Jonas/Berger aaO § 358 Rdn. 5; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 358 Rdn. 4; Rosenberg/Schwab/Gottwald , Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 115 Rdn. 36).
10
c) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts liegt im Streitfall kein Grund vor, der es rechtfertigen könnte, die selbstständige Anfechtung der Beweisanordnung nach § 404a Abs. 4 ZPO ausnahmsweise zuzulassen.
11
aa) Soweit die Auffassung vertreten wird, ein Beweisbeschluss müsse nach § 252 ZPO jedenfalls dann mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden können, wenn ihm die Wirkung einer Aussetzung zukomme (vgl. Zöller/ Greger aaO § 252 Rdn. 1a; Musielak/Stadler aaO § 252 Rdn. 2 m.w.N.), steht eine derartige Wirkung des Beweisbeschlusses des Landgerichts hier nicht in Rede. Der mit einer Beweiserhebung naturgemäß verbundene Zeitaufwand kann einem Verfahrensstillstand nicht gleichgestellt werden (vgl. OLG Frankfurt OLG-Rep 2002, 59).
12
bb) Das Beschwerdegericht hat es als maßgeblich angesehen, dass die Klägerin seiner Ansicht nach im weiteren Hauptsacheverfahren keinen effektiven Rechtsschutz mehr erlangen könnte. Auch dieser Gesichtspunkt trägt seine Auffassung jedoch nicht. Wie das Beschwerdegericht an anderer Stelle selbst zutreffend ausführt, hat der Ausschluss einer selbstständigen Anfechtung der Beweisanordnung des Prozessgerichts grundsätzlich keine Verkürzung der Rechte der Parteien zur Folge, weil eine effektive Überprüfung mit dem gegen die Endentscheidung eingelegten Rechtsmittel möglich bleibt. Auf die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Endentscheidung dürfte die Klägerin zwar dann nicht verwiesen werden, wenn bereits die Zwischenentscheidung für sie einen bleibenden rechtlichen Nachteil zur Folge hätte, der sich im weiteren Verfahren nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr vollständig beheben ließe (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 16.1.2005 - 2 BvR 1899/04, NVwZ 2005, 681, 682). Davon kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden.
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(1) Es trifft zwar zu, dass der Eingriff in die geschützten Interessen der Klägerin als solcher nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, wenn der Beklagte zu 2 an dem Besichtigungstermin teilnähme und ihm dabei noch nicht bekannte Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse der Klägerin zur Kenntnis kämen. Das Landgericht hat demgegenüber seine Beweisanordnung damit begründet , dass dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit und einer verfahrensförmigen Wahrheitsermittlung unter Wahrung des rechtlichen Gehörs der Beklagten gleichwohl der Vorrang zu geben sei. Ist die Klägerin anderer Ansicht, so kann sie sich vor einer Offenbarung weiterer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dadurch schützen, dass sie den Beteiligten, von denen ihrer Ansicht nach eine Gefährdung ihrer Geheimhaltungsinteressen ausgeht, unter Berufung auf ihr Hausrecht den Zutritt zu ihrem Betriebsgelände verweigert.
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(2) Die Weigerung der Klägerin, dem Beklagten zu 2 oder anderen Vertretern der Beklagten zu 1 bei dem Besichtigungstermin durch den Sachverständigen entgegen der Anordnung des Landgerichts den Zutritt zu ihrem Betriebsgelände zu gewähren, hätte nicht zur Folge, dass die Klägerin schon wegen des Nichtbefolgens der richterlichen Anordnung eine Abweisung ihrer Klage zu befürchten hätte. Zwar könnte dann wegen des von der Klägerin ausgesprochenen Zutrittsverbots die Beweisaufnahme nicht in der vom Landgericht angeordneten Weise durchgeführt werden. Die Beweisvereitelung durch eine Partei führt jedoch nicht bereits als solche zum Verlust des Prozesses, sondern allenfalls dazu, dass ihr Verhalten im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) zu ihren Lasten gewürdigt werden kann (vgl. § 371 Abs. 3 ZPO), wenn die Verweigerung der Beweisaufnahme unberechtigt sowie vorwerfbar und missbilligenswert , also schuldhaft war (vgl. BGHZ 121, 266, 276; BGH, Beschl. v. 26.9.1996 - III ZR 56/96, NJW-RR 1996, 1534; Urt. v. 17.1.2008 - III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Tz. 23). Sofern die Endentscheidung auf eine Beweisvereitelung der Klägerin gestützt werden sollte, könnte das Vorliegen dieser Voraussetzungen im Rechtsmittelverfahren überprüft werden.
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(3) Im Streitfall ist ferner zu beachten, dass die Klägerin, die die Beklagten wegen unzulässiger Verschaffung und Verwertung von Betriebsgeheimnissen auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass sich die Beklagten ein Betriebsgeheimnis der Klägerin verschafft haben. Die Klägerin hat dazu behauptet, zwischen den von den Beklagten angebotenen Faserspinnanlagen und den Anlagen, die von der Klägerin im Zeitpunkt des Ausscheidens des Beklagten zu 2 in ihrem Werk in S. verwendet worden seien, bestehe in nahezu allen technischen Details Übereinstimmung, und hat für diese Behauptung Beweis durch Sachverständigengutachten angetreten (§ 403 ZPO). Das Gericht hat dementsprechend zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang seine eigene Sachkunde zur Ermittlung der behaupteten anspruchsbegründenden Tatsachen ausreicht oder ob die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich ist und welche Ermittlungen der Sachverständige anstellen soll. Verweigerte die Klägerin dem Beklagten zu 2 oder anderen Vertretern der Beklagten zu 2 den Zutritt zu ihrem Betriebsgelände , hätte das Landgericht folglich darüber zu entscheiden, ob der Sachverständige den Besichtigungstermin unter Ausschluss der betreffenden Beteiligten durchführen soll oder ob unter diesen Umständen von der Besichtigung der Anlage der Klägerin abzusehen ist.
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Gegebenfalls hätte es weiter zu prüfen, ob die Feststellung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale auf andere Weise erfolgen kann. Dabei hätte es das Vorbringen der Klägerin zu berücksichtigen, dass es nach dem Klagebegehren nur darauf ankomme, ob die Anlagen der Beklagten Merkmale enthalten, die Betriebsgeheimnisse in Bezug auf die in den Jahren 1992 und 1993 von der Klägerin verwendeten Anlagen darstellen, die sich der Beklagte zu 2 während seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit bis Juni 1993 unerlaubt angeeignet habe. Eine Besichtigung der heute in dem Werk S. der Klägerin betriebenen Anlage ist nach dem Vorbringen der Klägerin insoweit nicht hinreichend aussagekräftig, weil die Anlagen der Baureihe 2006/07 gegenüber der Anlage des Jahres 1993 grundlegend weiterentwickelt worden seien. Vielmehr sei ein Vergleich der heutigen Anlagen der Beklagten mit den Konstruktionsunterlagen der Anlagen der Klägerin in den Jahren 1992/93 vorzunehmen. Zur Abklärung der Frage, ob ein Vergleich anhand der Konstruktionszeichnungen ausreicht oder ob eine Besichtigung der jetzt von der Klägerin verwendeten Anlage zur Ermittlung der anspruchsbegründenden Tatsachen unabdingbar ist, könnte das Landgericht den Sachverständigen heranziehen (vgl. § 404a Abs. 2 ZPO), sofern es für die Beantwortung der sich insoweit stellenden Vorfragen nicht über eine hinreichende eigene Sachkunde verfügen sollte. Insoweit käme auch in Betracht, dass der Sachverständige, um die Relevanz der Anlage der Klägerin für das Beweisthema abzuklären, diese zunächst ohne Teilnahme der Parteien besichtigt.
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(4) Sollte das Landgericht sodann nach durchgeführter oder unterlassener Beweiserhebung zum Nachteil der Klägerin entscheiden, kann diese durch Einlegung des Rechtsmittels der Berufung gegen die Endentscheidung des Landgerichts etwaige Rechtsfehler hinsichtlich der Beweiserhebung, gegebenenfalls auch hinsichtlich einer auf eine etwaige Beweisvereitelung gestützte Beweiswürdigung, zur Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht stellen. Dadurch sind ihre rechtlichen Interessen hinreichend gewahrt. Die Annahme einer selbstständig anfechtbaren Zwischenentscheidung über die Art und Weise, wie im vorliegenden Fall Beweis zu erheben ist, kommt dagegen nicht in Betracht, weil eine solche - was Voraussetzung der Statthaftigkeit wäre - im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist.
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III. Danach ist die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Klägerin als unzulässig zu verwerfen (§ 577 Abs. 1 Satz 2, § 97 Abs. 1 ZPO).
Bornkamm RiBGH Pokrant ist krankheitsbedingt Büscher abwesend und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 14.02.2007 - 10 O 354/05 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 18.06.2007 - 4 W 143/07 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.