Oberlandesgericht München Endurteil, 18. Nov. 2015 - 7 U 1538/15

bei uns veröffentlicht am18.11.2015
vorgehend
Landgericht München I, 15 HK O 15885/14, 30.03.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 7 U 1538/15

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 18.11.2015

15 HK O 15885/14 LG München I

In dem Rechtsstreit

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

gegen

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

wegen Feststellung

erlässt das Oberlandesgericht München - 7. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und den Richter am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2015 folgendes

Endurteil

1. Auf die Berufung der Klägerin - unter deren Zurückweisung im Übrigen - wird das Urteil des Landgerichts München I vom 30.03.2015, Az. 15 HK O 15885/14, abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien geschlossene Mittelverwendungskontrollvertrag vom 25. Mai 2012 durch die Kündigung der Beklagten vom 16. Juni 2014 zum 26.05.2021 beendet worden ist. Im Übrigen wird und bleibt die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat von den Kosten des Rechtsstreits zwei Drittel zu tragen, die Klägerin trägt ein Drittel.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin ist eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft. Die Beklagte ist ein geschlossener Publikumsfonds (gem. Gesellschaftsvertrag - GesV - Anlage K 1, S. 132 ff), der zur Gruppe der D. Finance group M. gehört. Die Parteien schlossen am 25.05.2012 einen Mittelverwendungskontrollvertrag (künftig: MVKV; Anlage K 1, S. 158 ff). Hiernach war es u. a. die vergütungspflichtige Aufgabe der Klägerin, unter bestimmten, von ihr zu prüfenden Voraussetzungen ihre Zustimmung zu Verfügungen betreffend das Konto der Fondsgesellschaft zu erteilen (§ 2). Hinsichtlich der Laufzeit des MVKV war in dessen § 7 vereinbart, dass der Vertrag mit Beendigung der Liquidationsphase der Gesellschaft gem. § 23 GesV endet; vorher sollte der Vertrag nur aus wichtigem Grund kündbar sein. Die Dauer der Fondsgesellschaft ist gem. 18 I GesV befristet bis 31.12.2025 (mit Verlängerungsoption); zu diesem Datum soll die Liquidation gem. § 23 GesV beginnen.

Am 08.06.2011 wurde die Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds u. a. erlassen (fortan: RL), die am 04.07.2013 durch das KAGB in nationales Recht umgesetzt wurde. Die Parteien traten in - inhaltlich im Einzelnen streitige - Gespräche darüber ein, in welcher Weise die Klägerin für die Beklagte die Funktion einer gem. §§ 80 ff KAGB erforderlichen Verwahrstelle ausüben könne. Schließlich beauftragte die für die Beklagte handelnde D. F. M. GmbH die C. Bank Deutschland GmbH mit der Verwahrstellentätigkeit im Sinne des KAGB.

Mit Schreiben vom 16.06.2014 (K 7) erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kündigung des MVKV, weil durch Inkrafttreten des KAGB die Geschäftsgrundlage des Vertrages entfallen sei. Wegen mehrerer Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, die die Klägerin gegen die Beklagte und andere Fonds der Gruppe eingeleitet hat, sei überdies das Vertrauen der Beklagten gegenüber der Klägerin zerstört.

Die Klägerin hat vorgetragen, es liege kein wichtiger Grund für die Kündigung des MVKV vor; auch sei die Geschäftsgrundlage nicht entfallen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Mittelverwendungskontrollvertrag vom 25. Mai 2012 durch die Kündigung der Beklagten vom 16. Juni 2014 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte verweist auf die Freiwilligkeit der Mittelverwendungskontrolle, die dem MVKV zugrunde liege; dies sei mit Inkrafttreten des KAGB entfallen. Die bisherigen Aufgaben der Klägerin würden nunmehr durch die Verwahrstelle ausgeübt. Damit sei die Geschäftsgrundlage des MVKV entfallen. Außerdem habe die Klägerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren unzutreffende Behauptungen über die Beklagte aufgestellt, was zu aufsichtlichen Maßnahmen der BaFin gegenüber der Beklagten geführt habe; deshalb stehe der Beklagten ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des MVKV zur Seite.

Zum sonstigen erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die außerordentliche Kündigung des MVKV sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage wirksam. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen; auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze wird verwiesen.

II. Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Ein wichtiger Grund zur Kündigung des MVKV (§ 314 BGB) liegt zwar nicht vor. Wegen Störung der Geschäftsgrundlage war die Laufzeit des Vertrages aber herabzusetzen (§ 313 BGB).

1. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 314 BGB, § 7 II MVKV für die Kündigung des MVKV liegt nicht vor.

a) Die Beklagte beruft sich insoweit auf das Verhalten der Klägerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (LG München I 14 HK O 9496/14). Hierzu hat sie im vorliegenden Rechtsstreit vorgetragen (Klageerwiderung S. 16), die Klägerin habe dort wahrheitswidrig vorgetragen, die Beklagte habe entgegen dem im Prospekt (K 1) abgedruckten MVKV keine Und-Konten eingerichtet, sondern lediglich für das vom Fonds allein geführte Konto den Mitarbeitern der Klägerin Vollmacht erteilt, und für die Einzahlungskonten keine Sperrvermerke zugunsten der Klägerin einrichten lassen. Deshalb habe sich die Beklagte mit aufsichtlichen Maßnahmen der BaFin auseinandersetzen müssen.

b) Hierauf hat aber die Klägerin erwidert (Schriftsatz vom 16.01.2015, S. 11 ff), sie habe im dortigen Verfahren gerade klargestellt, dass die Vorgaben des MVKV nicht wortlautgetreu umgesetzt worden seien, dass aber aufgrund der mit den Kreditinstituten vereinbarten Zeichnungsberechtigung (Verfügungen nur mit Zeichnung der Geschäftsführer der Klägerin) das letztlich entscheidende Zustimmungserfordernis sichergestellt war. Gleiches hat die Klägerin hiernach für die (ohnehin identischen, s. § 1 MVKV) Einzahlungskonten dargestellt, aber zugleich ausgeführt, dass bei einem Widerruf ihrer Kontoberechtigung die Überwachung der ordnungsgemäßen Verwendung der Anlegergelder nicht mehr gewährleistet sei.

c) Darauf hat die Beklagte lediglich repliziert, die Klägerin habe wahrheitswidrige Vorwürfe erhoben (Schriftsatz vom 04.02.2015, Bl. 15), indes ohne auch nur ansatzweise anzugeben, inwiefern die Darstellung der Klägerin sachlich unzutreffend sein sollte. Hierfür ist auch nichts ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt, dass sie entgegen der Darstellung im Prospekt keine Und-Konten eingerichtet hat.

d) Es ist daher mangels jeglicher diesbezüglicher Darstellung der Beklagtenseite davon auszugehen, dass die Klägerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wahrheitsgemäß vorgetragen hat.

Dass sie angesichts bevorstehender Veränderungen überhaupt den Versuch unternommen hat, in einem rechtlich geordneten Verfahren sich ihrer Rechte zu vergewissern, kann ihr ebensowenig zum Vorwurf gemacht werden.

e) Ein wichtiger Grund für die Kündigung ist daher nicht auszumachen.

2. Es liegt aber eine Störung der Geschäftsgrundlage durch Inkrafttreten des KAGB vor, § 313 BGB.

a) Unstreitig war gemeinsame - und sachlich zutreffende - Vorstellung beider Seiten bei Vertragsabschluss, dass eine Mittelverwendungskontrolle nicht etwa gesetzlich vorgeschrieben ist. Vielmehr lag dem MVKV zugrunde, dass die Beklagte (bzw. die hinter ihr stehende Gruppe bzw. das Emissionshaus) sich entschlossen hatte, dem gerichtsbekannten Beispiel zahlreicher Publikumsfonds zu folgen und eine freiwillige Mittelverwendungskontrolle einzurichten. Diese Freiwilligkeit der Kontrolle ist ein „Umstand“ im Sinne des § 313 I BGB. Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, dass ihr bekannt war, dass der Abschluss des MVKV seitens der Beklagten nicht auf einer gesetzlichen Anordnung, sondern auf einer freiwilligen wirtschaftlichen Entscheidung der Beklagten beruhte.

b) Diese Freiwilligkeit ist nachträglich dadurch entfallen, dass durch das Inkrafttreten des KAGB die dort inhaltlich näher geregelte (§§ 81 ff KAGB) Mittelverwendungskontrolle durch eine „Verwahrstelle“ zwingend (§ 80 I KAGB) vorgeschrieben wurde.

c) Dem kann nicht klägerseits entgegengehalten werden, die von ihr ausgeübte Mittelverwendungskontrolle und die von der Verwahrstelle ausgeübte Funktion unterschieden sich so weitgehend voneinander, dass für die klägerische Tätigkeit im Dienst der Beklagten von einem hinreichend weiten Anwendungsgebiet auszugehen sei; deshalb sei die Geschäftsgrundlage des MVKV durch die Gesetzesänderung nicht entscheidend betroffen. Vielmehr könnten Mittelverwendungskontrolle und Verwahrstellentätigkeit in wirtschaftlich sinnvoller Weise nebeneinander bestehen.

Dies trifft nicht uneingeschränkt zu.

aa) Denn nach dem MVKV ist es zunächst Aufgabe der Beklagten, die Anlegergelder hereinzunehmen und sie auf dem in der Präambel (Ziff. ii) näher definierten Konto zu deponieren. Aufgabe der Klägerin ist es sodann, Zustimmungen zu Verfügungen zu erteilen (§ 1 II MVKV) und somit Gelder freizugeben (§ 2 I MVKV), sofern gewisse Voraussetzungen vorliegen, die die Fondskomplementärin darzustellen (§ 2 II, III S. 1 und 2 MVKV), die Klägerin dagegen nur nachzuprüfen hat (§ 2 III 3 MVKV). § 2 III 5 MVKV bestimmt aber ausdrücklich, dass die Prüftätigkeit der Klägerin höchst formaler Natur ist: die Klägerin prüft vor Zahlungen nur, ob entsprechende Rechnungen Dritter vorliegen, nicht aber, ob die in den Rechnungen erhobenen Forderungen begründet sind. Zu einer materiellen Prüfung ist die Klägerin ausdrücklich nicht berechtigt (§ 2 IV lit. i Abs. 2 MVKV). Die Klägerin schuldet auch keine Rechnungslegung; diese ist vielmehr vom Fonds zu leisten, die Klägerin hat nur Aufzeichnungen zu führen und aufzubewahren, aus denen die Auszahlungen hervorgehen (§ 3 MVKV).

bb) Hingegen ist es Aufgabe der Verwahrstelle, verwahrfähige Finanzinstrumente zu verwahren (§ 81 I KAGB), materiell zu prüfen, ob die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen (oder - hier nicht einschlägig - Aktien) des Fonds den einschlägigen Rechtsvorschriften entspricht, die rechtzeitige Zahlung an den Fonds (einschließlich der von den Anlegern geschuldeten Zahlungen, § 83 VI KAGB) und die inhaltlich richtige Verwendung von Erträgen des Fonds zu prüfen (§ 83 I KAGB, einschließlich der Prüfung z. B. von Eintragungen im Grundbuch, § 83 IV Nr. 1 KAGB), sowie Sicherheiten (§ 83 II KAGB) und bei Weisungen des Fonds deren Rechtmäßigkeit zu prüfen (§ 83 V KAGB). Des Weiteren hat die Verwahrstelle - insoweit deckungsgleich mit der Aufgabe der Klägerin gem. dem MVKV - bei Verfügungen über Guthaben des Fonds ihre Zustimmung zu erteilen (§ 84 I Nr. 2 KAGB), wobei sie aber - anders als die Klägerin nach dem MVKV - eine materielle Prüfungspflicht trifft (§ 84 II KAGB). Außerdem hat die Verwahrstelle umfassende Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen, anhand deren die BaFin das Geschäftsgebaren des Fonds überprüfen kann (§ 86 KAGB). Insbesondere aber ist die Verwahrstelle berechtigt und verpflichtet, Ansprüche der Anleger gegenüber dem Fonds geltend zu machen (§ 89 KAGB).

cc) Dies zeigt, dass die Aufgaben der Verwahrstelle nach dem KAGB die Aufgaben der Klägerin nach dem MVKV nicht nur vollständig umfassen, sondern auch weit darüber hinausgehen.

Ein eigenständiger Tätigkeitsbereich verbleibt hiernach für die Klägerin nach Beauftragung einer Verwahrstelle nicht mehr. Vielmehr kann sie ihre vertraglich vorgesehene Tätigkeit allenfalls parallel mit der Verwahrstelle durchführen, ohne dass hiermit ein nennenswerter Nutzen für die Beklagte verbunden wäre. Dies liegt angesichts der hohen Anforderungen des KAGB an die Qualifikation der Verwahrstelle (§ 80 II - IX KAGB) auf der Hand; dass die Klägerin die ihr zugewiesene Tätigkeit besser verrichten würde als die Verwahrstelle (hier: eine Bank), ist in keiner Weise ersichtlich.

d) Diese Störung der Geschäftsgrundlage führt aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zum Recht, das Dauerschuldverhältnis mit der Klägerin zu kündigen (§ 313 III 2 BGB). Vielmehr ist der MVKV lediglich in seiner Laufzeit anzupassen (§ 313 I BGB). Dass die Anpassung des Vertrages nicht möglich wäre, wie beklagtenseits behauptet, ist nicht ersichtlich. Vielmehr kommt eine Anpassung z. B. durch Herabsetzung der Vergütung der Klägerin oder durch Reduzierung der Laufzeit des MVKV ohne weiteres in Betracht (s.u. lit. e). Auch für eine Unzumutbarkeit, wie beklagtenseits vielfach vorgetragen, ist nichts ersichtlich.

aa) Zwar trifft zu, dass durch Inkrafttreten des KAGB die Beklagte eine gesteigerte Kostenlast trifft: Sie hat gem. § 4 des MVKV der Klägerin und, wie aus § 89 a KAGB hervorgeht, auch der Verwahrstelle eine Vergütung zu bezahlen. Wie aber aus der Streitwertberechnung der Klägerin und aus den hierzu angestellten mündlichen Erwägungen im Verhandlungstermin hervorgeht, bezieht die Klägerin derzeit eine jährliche Vergütung von 4.000 €. Von einer unzumutbaren Kostenbelastung kann angesichts dieses Betrags bei einem Fonds, der nach eigener Darstellung ein Vermögen von rund 5 Millionen € verwaltet, indessen nicht die Rede sein.

bb) Unzumutbar iSd § 313 III BGB ist das Festhalten am Vertrag zwar dann, wenn die Durchführung des Vertrages sinnlos geworden ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 313 Rn. 42). Dies ist hier aber trotz des Umstandes, dass die Verwahrstelle die gleiche Tätigkeit verrichtet wie die Klägerin (s. soeben lit. c bb), nicht der Fall. Denn die Beklagte kommt durch die weitere Durchführung des Vertrags mit der Klägerin in den Genuss einer doppelten Kontrolle; nicht auszuschließen ist nämlich, dass der Verwahrstelle, nicht aber der Klägerin bei der Mittelverwendungskontrolle Fehler unterlaufen, die durch die doppelte Kontrolle somit vermieden werden. Gänzlich sinnlos ist der MVKV daher weiterhin nicht.

e) Der Senat erachtet eine Anpassung des Vertrages durch Reduzierung der Laufzeit auf zwei Drittel der ursprünglich (ohne Berücksichtigung der Liquidationsphase) vereinbarten Laufzeit für sachgerecht und angemessen. Bei der Anpassung des Vertrages ist eine umfassende Interessenabwägung anzustellen (Palandt a. a. O., Rn. 40). Dies führt hier dazu, dass sich die eingetretene Störung der Geschäftsgrundlage überwiegend zulasten der Beklagten auswirken muss mit der Folge, dass die Klägerin die Verkürzung der Laufzeit des MVKV um lediglich ein Drittel hinnehmen muss.

aa) Maßgeblich ist hierbei zunächst, dass sich die hier einschlägigen Vorschriften des KAGB an die Beklagte, nicht aber an die Klägerin richten. Die Klägerin ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, deren Tätigkeit im hier interessierenden Zusammenhang durch das KAGB nicht direkt berührt wird: die vertraglich vereinbarte Mittelverwendungskontrolle wird durch das KAGB weder verboten noch geboten. Ausschließlich die Beklagte wird von dem gesetzlichen Gebot betroffen, nicht nur die bisher freiwillig vereinbarte Mittelverwendungskontrolle durchführen zu lassen, sondern ihr Geschäftsgebaren im oben geschilderten Umfang von einer besonders qualifizierten Einrichtung (der Verwahrstelle) überwachen zu lassen.

bb) Für die Beklagte war die durch das Inkrafttreten des KAGB eintretende Störung der Geschäftsgrundlage in hohem Maße vorhersehbar; sie hätte sich daher auf die kommende Änderung der Rechtslage einstellen können und müssen.

So ist schon auf S. 21 des Verkaufsprospektes (K 1) ausdrücklich von einem Richtlinienentwurf die Rede, wonach die Manager alternativer Investmentfonds zusätzliche, im Fondskonzept bisher nicht vorgesehene Anforderungen zu erfüllen hätten.

(1) Diese Darstellung war zwar zum damaligen Zeitpunkt (der Prospekt datiert vom 25.05.2012) falsch, weil die RL nicht nur im Entwurf vorlag, sondern bereits erlassen worden war. Der Beklagtenvertreter hat diesen Prospektfehler im Termin zur mündlichen Verhandlung damit erklärt, man habe die entsprechende Passage aus Prospekten verwandter, aber älterer Fonds „abgeschrieben“, ohne auf die bereits eingetretene Änderung der Rechtslage zu achten.

Die genannte Prospektstelle belegt aber immerhin, dass den Prospektverantwortlichen bewusst war, dass mit gesetzgeberischer Tätigkeit zunächst auf europäischer und sodann zwingend (weil von einer Richtlinie die Rede ist, die gem. Art. 288 III AEUV der Umsetzung in nationales Recht bedarf) auf deutscher Ebene zu rechnen war.

(2) Bei hinreichender Sorgfalt hätte die Beklagtenseite ohne weiteres den Prospektfehler, also das bereits erfolgte Inkrafttreten der RL erkennen und sich über den Inhalt dieser RL vergewissern können. Hiernach hätte die Beklagte ohne weiteres erkennen können, dass der MVKV den Anforderungen der RL nicht ansatzweise gerecht wird. Dies betrifft sowohl die Anforderungen an die Qualität des Vertragspartners (Art. 21 III - VI, XI RL ) als auch die Beschreibung des Tätigkeitsbereichs der Verwahrstelle (Art. 21 VI - X RL); insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum KAGB (s.o. Ziff. 2 c) verwiesen werden.

(3) Nicht entscheidend ins Gewicht fällt, dass der deutsche Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, die 100-Millionen €-Schwelle der RL (Art. 3 II a RL) grundsätzlich (zu den hier nicht einschlägigen Ausnahmen s. z. B. § 4 IV KAGB) nicht in das deutsche Recht zu übernehmen mit der Folge, dass auch der beklagte Fonds dem KAGB unterfällt. Auch dies war vorhersehbar. Denn der Erwägungsgrund 17 der RL sieht in seinem letzten Satz ausdrücklich vor, dass es den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der RL gestattet ist, auf Fonds, deren Volumen sich unterhalb der Schwelle bewegt und die sich den Anforderungen der RL nicht freiwillig unterwerfen (Opt-in-Verfahren), „strengere Anforderungen“ anzuwenden. Dies ist durch das KAGB geschehen.

(4) Der Senat verkennt nicht, dass es auch der Klägerin möglich gewesen wäre, sich über die eingetretene europäische und die zu erwartende nationale Rechtssetzung ins Bild zu setzen. Auch hier gilt aber, dass wirtschaftlicher Adressat der RL die Beklagte, allenfalls indirekt dagegen die Klägerin ist; auf die obigen Ausführungen zum KAGB wird verwiesen (s.o. Ziff. 2 e aa).

cc) Durch den MVKV hat sich die Beklagte als Auftraggeber der Dienste der Klägerin versichert. Es fällt aber grundsätzlich in den Verantwortungsbereich dessen, der eine entgeltliche Leistung (Ware oder Dienstleistung) bestellt, ob er hierfür eine sinnvolle Verwendung hat. Dieses Verwendungsrisiko trägt vorliegend daher die Beklagte.

dd) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der zwischen den Parteien bestehende Streit über den Verlauf der Gespräche über die Frage, ob die Klägerin bzw. eine von ihr zu diesem Zweck zu gründende Tochtergesellschaft für die Beklagte die Verwahrstellentätigkeit ausüben solle. Denn aus dem MVKV heraus traf weder die Klägerin die Pflicht, auf ihrer Seite die Voraussetzungen (§ 80 KAGB) für die Übernahme dieser Funktion zu schaffen, noch traf die Beklagte die Pflicht (sollten diese Voraussetzungen auf Klägerseite eintreten), die Klägerseite auch zu beauftragen.

f) Im Ergebnis hält es der Senat unter Abwägung dieser Umstände daher für angemessen, die Laufzeit des Vertrages, die ursprünglich (ohne Berücksichtigung der Liquidationsphase) 13 Jahre und rund sieben Monate (25.05.2012 - 31.12.2025), somit 163 Monate betrug, im Wege der Anpassung auf zwei Drittel dieser Laufzeit, also rund 108 Monate und somit neun Jahre, herabzusetzen. Deshalb war auszusprechen, dass die Kündigung des MVKV erst zum 26.05.2021 Wirksamkeit entfaltet.

III. Kosten: § 92 I ZPO

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur werden nicht aufgeworfen.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 18. Nov. 2015 - 7 U 1538/15

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(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

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(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Die Verwahrstelle stellt der Bundesanstalt auf Anfrage alle Informationen zur Verfügung, die sie im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten hat und die die zuständigen Behörden des AIF oder der AIF-Verwaltungsgesellschaft benötigen können. Ist die Bundesanstalt nicht die zuständige Behörde des AIF oder der AIF-Verwaltungsgesellschaft, stellt sie den zuständigen Behörden des AIF und der AIF-Verwaltungsgesellschaft die erhaltenen Informationen unverzüglich zur Verfügung.

(1) Die Verwahrstelle ist berechtigt und verpflichtet, im eigenen Namen

1.
Ansprüche der Anleger wegen Verletzung der Vorschriften dieses Gesetzes oder der Anlagebedingungen gegen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geltend zu machen,
2.
im Fall von Verfügungen nach Maßgabe des § 84 Absatz 2 Satz 3 und 4 Ansprüche der Anleger gegen den Erwerber eines Gegenstandes des Publikums-AIF im eigenen Namen geltend zu machen und
3.
im Wege einer Klage nach § 771 der Zivilprozessordnung Widerspruch zu erheben, wenn in einen inländischen AIF wegen eines Anspruchs vollstreckt wird, für den der inländische AIF nicht haftet; die Anleger können nicht selbst Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung erheben.
Satz 1 Nummer 1 schließt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft durch die Anleger nicht aus.

(2) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist berechtigt und verpflichtet, im eigenen Namen Ansprüche der Anleger gegen die Verwahrstelle geltend zu machen. Satz 1 schließt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Verwahrstelle durch die Anleger nicht aus.

(3) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat für die Fälle einer fehlerhaften Berechnung von Anteilswerten oder einer Verletzung von Anlagegrenzen oder Erwerbsvorgaben bei einem inländischen AIF geeignete Entschädigungsverfahren für die betroffenen Anleger vorzusehen. Die Verfahren müssen insbesondere die Erstellung eines Entschädigungsplans umfassen sowie die Prüfung des Entschädigungsplans und der Entschädigungsmaßnahmen durch einen Wirtschaftsprüfer vorsehen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zu den Entschädigungsverfahren und deren Durchführung zu erlassen, insbesondere zu

1.
Einzelheiten des Verfahrens einschließlich, soweit erforderlich, der Beteiligung der depotführenden Stellen des Anlegers und einer Mindesthöhe der fehlerhaften Berechnung des Anteilswertes, ab der das Entschädigungsverfahren durchzuführen ist sowie gegebenenfalls zu den Einzelheiten eines vereinfachten Entschädigungsverfahrens bei Unterschreitung einer bestimmten Gesamtschadenshöhe,
2.
den gegenüber einem betroffenen Anleger oder inländischen AIF vorzunehmenden Entschädigungsmaßnahmen sowie gegebenenfalls zu Bagatellgrenzen, bei denen solche Entschädigungsmaßnahmen einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würden,
3.
Meldepflichten gegenüber der Bundesanstalt und gegebenenfalls gegenüber den zuständigen Stellen des Herkunftsstaates der einen inländischen AIF verwaltenden EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft,
4.
Informationspflichten gegenüber den betroffenen Anlegern,
5.
Inhalt und Aufbau des zu erstellenden Entschädigungsplans und zu den Einzelheiten der Entschädigungsmaßnahmen sowie
6.
Inhalt und Umfang der Prüfung des Entschädigungsplans und der Entschädigungsmaßnahmen durch einen Wirtschaftsprüfer.
Das Bundesministerium der Finanzen kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

(1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat sicherzustellen, dass für jeden von ihr verwalteten AIF eine Verwahrstelle im Sinne des Absatzes 2 oder, sofern die Voraussetzungen nach den Absätzen 3 und 4 erfüllt sind, eine Verwahrstelle im Sinne des Absatzes 3 beauftragt wird; § 55 bleibt unberührt. Die Beauftragung der Verwahrstelle ist in einem in Textform geschlossenen Vertrag zu vereinbaren. Der Vertrag regelt unter anderem den Informationsaustausch, der für erforderlich erachtet wird, damit die Verwahrstelle nach den Vorschriften dieses Gesetzes und gemäß den anderen einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ihren Aufgaben für den AIF, für den sie als Verwahrstelle beauftragt wurde, nachkommen kann.

(2) Die Verwahrstelle ist

1.
ein Kreditinstitut im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 mit satzungsmäßigem Sitz in der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, das gemäß § 32 des Kreditwesengesetzes oder den im Herkunftsmitgliedstaat des EU-AIF anzuwendenden Vorschriften, die die Richtlinie 2013/36/EU umsetzen, zugelassen ist;
2.
eine Wertpapierfirma im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 mit satzungsmäßigem Sitz in der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, für die die Eigenkapitalanforderungen gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, einschließlich der Kapitalanforderungen für operationelle Risiken, gelten, die gemäß den Vorschriften, die die Richtlinie 2014/65/EU umsetzen, zugelassen ist und die auch die Nebendienstleistungen wie Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung von Kunden gemäß Anhang I Abschnitt B Nummer 1 der Richtlinie 2014/65/EU erbringt; solche Wertpapierfirmen müssen in jedem Fall über Eigenmittel verfügen, die den in Artikel 28 Absatz 2 der Richtlinie 2013/36/EU genannten Betrag des Anfangskapitals nicht unterschreiten oder
3.
eine andere Kategorie von Einrichtungen, die einer Beaufsichtigung und ständigen Überwachung unterliegen und die am 21. Juli 2011 unter eine der von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gemäß Artikel 23 Absatz 3 der Richtlinie 2009/65/EG festgelegten Kategorien von Einrichtungen fallen, aus denen eine Verwahrstelle gewählt werden kann.

(3) Abweichend von Absatz 2 kann die Verwahrstelle für geschlossene AIF anstelle der in § 80 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Einrichtungen auch ein Treuhänder sein, der die Aufgaben einer Verwahrstelle im Rahmen seiner beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit wahrnimmt, wenn

1.
bei den geschlossenen AIF innerhalb von fünf Jahren nach Tätigung der ersten Anlagen keine Rücknahmerechte ausgeübt werden können,
2.
die geschlossenen AIF im Einklang mit ihrer Hauptanlagestrategie in der Regel
a)
nicht in Vermögensgegenstände investieren, die nach § 81 Absatz 1 Nummer 1 verwahrt werden müssen, oder
b)
in Emittenten oder nicht börsennotierte Unternehmen investieren, um nach § 261 Absatz 7, den §§ 287, 288 möglicherweise die Kontrolle über solche Unternehmen zu erlangen.
In Bezug auf die berufliche oder geschäftliche Tätigkeit muss der Treuhänder
1.
einer gesetzlich anerkannten obligatorischen berufsmäßigen Registrierung oder
2.
Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder berufsständischen Regeln unterliegen,
die ausreichend finanzielle und berufliche Garantien bieten können, um es ihm zu ermöglichen, die relevanten Aufgaben einer Verwahrstelle wirksam auszuführen und die mit diesen Funktionen einhergehenden Verpflichtungen zu erfüllen. Die ausreichende finanzielle und berufliche Garantie ist laufend zu gewährleisten. Der Treuhänder hat Änderungen, die seine finanziellen und beruflichen Garantien betreffen, der Bundesanstalt unverzüglich anzuzeigen. Sofern der Treuhänder zum Zwecke der finanziellen Garantie eine Versicherung abschließt, ist das Versicherungsunternehmen im Versicherungsvertrag zu verpflichten, der Bundesanstalt den Beginn und die Beendigung oder Kündigung des Versicherungsvertrages sowie Umstände, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz beeinträchtigen, unverzüglich über ein von ihr bereitgestelltes elektronisches Kommunikationsverfahren mitzuteilen.

(4) Der Treuhänder im Sinne von Absatz 3 muss der Bundesanstalt vor Beauftragung benannt werden. Hat die Bundesanstalt gegen die Beauftragung Bedenken, kann sie verlangen, dass binnen angemessener Frist ein anderer Treuhänder benannt wird. Unterbleibt dies oder hat die Bundesanstalt auch gegen die Beauftragung des neu vorgeschlagenen Treuhänders Bedenken, so hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Verwahrstelle im Sinne von Absatz 2 zu beauftragen.

(5) Unbeschadet von Absatz 6 Satz 3 kann die Verwahrstelle für ausländische AIF auch ein Kreditinstitut oder ein Unternehmen sein, das den in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Unternehmen vergleichbar ist, sofern die Bedingungen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 eingehalten sind.

(6) Verwaltet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen inländischen AIF, muss die Verwahrstelle ihren satzungsmäßigen Sitz oder ihre satzungsmäßige Zweigniederlassung im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. Verwaltet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen EU-AIF, muss die Verwahrstelle ihren satzungsmäßigen Sitz oder ihre satzungsmäßige Zweigniederlassung im Herkunftsmitgliedstaat des EU-AIF haben. Bei ausländischen AIF kann die Verwahrstelle ihren satzungsmäßigen Sitz oder ihre satzungsmäßige Zweigniederlassung in dem Drittstaat haben, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat oder im Geltungsbereich dieses Gesetzes, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen ausländischen AIF verwaltet oder in dem Referenzmitgliedstaat der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, die den ausländischen AIF verwaltet; § 55 bleibt unberührt.

(7) Wird für den inländischen AIF eine Verwahrstelle im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 beauftragt, muss es sich um ein CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d des Kreditwesengesetzes handeln, das über die Erlaubnis zum Betreiben des Depotgeschäfts nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 des Kreditwesengesetzes oder zur Erbringung des eingeschränkten Verwahrgeschäfts nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 12 des Kreditwesengesetzes verfügt. Wird für den inländischen AIF eine Verwahrstelle im Sinne des Absatzes 2 Nummer 2 beauftragt, muss es sich um ein Finanzdienstleistungsinstitut handeln, das über die Erlaubnis zum eingeschränkten Verwahrgeschäft nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 12 des Kreditwesengesetzes verfügt; wird das in § 83 Absatz 6 Satz 2 aufgeführte Geldkonto bei der Verwahrstelle eröffnet, muss es sich bei der Verwahrstelle um ein Kreditinstitut handeln, das über die Erlaubnis zum Betreiben des Einlagengeschäfts nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Kreditwesengesetzes verfügt.

(8) Unbeschadet der Anforderungen der Absätze 2 bis 5 unterliegt die Beauftragung einer Verwahrstelle mit Sitz in einem Drittstaat den folgenden Bedingungen:

1.
zwischen den zuständigen Behörden des Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem die Anteile des ausländischen AIF gehandelt werden sollen, und, falls es sich um unterschiedliche Behörden handelt, den Behörden des Herkunftsmitgliedstaates der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft bestehen Vereinbarungen über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit den zuständigen Behörden der Verwahrstelle,
2.
die Verwahrstelle unterliegt einer wirksamen Regulierung der Aufsichtsanforderungen, einschließlich Mindesteigenkapitalanforderungen, und einer Aufsicht, die jeweils den Rechtsvorschriften der Europäischen Union entsprechen und die wirksam durchgesetzt werden,
3.
der Drittstaat, in dem die Verwahrstelle ihren Sitz hat, steht nicht auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde,
4.
die Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder die anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in denen die Anteile des ausländischen AIF vertrieben werden sollen, und, soweit verschieden, der Herkunftsmitgliedstaat der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft haben mit dem Drittstaat, in dem die Verwahrstelle ihren Sitz hat, eine Vereinbarung abgeschlossen, die den Standards des Artikels 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen vollständig entspricht und einen wirksamen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten, einschließlich multilateraler Steuerabkommen, gewährleistet,
5.
die Verwahrstelle haftet vertraglich gegenüber dem ausländischen AIF oder gegenüber den Anlegern des ausländischen AIF entsprechend § 88 Absatz 1 bis 4 und erklärt sich ausdrücklich zur Einhaltung von § 82 bereit.
Ist eine zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nicht mit der Bewertung der Anwendung von Satz 1 Nummer 1, 3 oder 5 durch die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft einverstanden, kann die betreffende zuständige Behörde die Angelegenheit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde zur Kenntnis bringen; diese kann nach den ihr durch Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 übertragenen Befugnisse tätig werden.

(9) Mindestens ein Geschäftsleiter der Einrichtung, die als Verwahrstelle beauftragt werden soll, muss über die für die Verwahrstellenaufgaben erforderliche Erfahrung verfügen. Diese Einrichtung muss bereit und in der Lage sein, die für die Erfüllung der Verwahrstellenaufgaben erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zu schaffen. Wird eine natürliche Person als Treuhänder nach den Absätzen 3 und 4 mit der Verwahrstellenfunktion beauftragt, muss dieser über die für die Verwahrstellenaufgaben erforderliche Erfahrung verfügen sowie die für die Erfüllung der Verwahrstellenaufgaben notwendigen organisatorischen Vorkehrungen schaffen.

(10) Die in den in Absatz 1 genannten Vertrag aufzunehmenden Einzelheiten und die allgemeinen Kriterien zur Bewertung, ob die Anforderungen an die aufsichtliche Regulierung und an die Aufsicht in Drittstaaten nach Absatz 8 Satz 1 Nummer 2 den Rechtsvorschriften der Europäischen Union entsprechen und wirksam durchgesetzt werden, bestimmen sich nach den Artikeln 83 und 84 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.