Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 25. Apr. 2017 - 1 AR 2/17 (Zust)

ECLI:ECLI:DE:OLGNAUM:2017:0425.1AR2.17ZUST.00
bei uns veröffentlicht am25.04.2017

Tenor

Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Halle/Saale bestimmt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der S. GmbH, M. Straße 73 in H. . Er beabsichtigt, gegen die Antragsgegner zu 1. und 2. als damalige Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin Ansprüche auf Ersatz von Zahlungen gemäß § 64 Satz 1 GmbHG geltend zu machen. Der Antragsgegner zu 1. hat seinen allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Halle/Saale, der Antragsgegner zu 2. im Bezirk des Landgerichts Hildesheim.

2

Der Antragsteller hat am 14.02.2017, Eingang beim Oberlandesgericht am 20.02.2017, Antrag auf Bestimmung des gemeinsamen Gerichtsstandes gestellt und angeregt, das Landgericht Halle/Saale als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen. Der Antragsgegner zu 2. hat - anwaltlich vertreten - mitgeteilt, zu dem Antrag auf Gerichtsstandbestimmung nicht Stellung nehmen zu wollen. Der Antragsgegner zu 2. hat sich zu dem Antrag nicht geäußert.

II.

3

Der zulässige Antrag des Antragstellers führt gemäß §§ 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 37 Abs. 1 ZPO zur Bestimmung der Zuständigkeit des Landgerichts Halle/Saale.

4

Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hat bei Klagen gegen Streitgenossen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, eine Bestimmung des zuständigen Gerichts zu erfolgen, wenn für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.

5

Nach dem Vorbringen des Antragstellers würden die Antragsgegner zu 1. und 2. für die etwaigen Ersatzansprüche nach § 64 Satz 1 GmbHG als damalige Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gemeinschaftlich haften. Sie sind Streitgenossen im Sinne des § 60 ZPO (vgl. Schmidt in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2010, § 64, Rn. 43).

6

Die Antragsgegner haben ihren Gerichtsstand in unterschiedlichen Landgerichtsbezirken. Ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand lässt sich zumindest nicht zweifelsfrei feststellen.

7

Ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand wird nicht durch § 19a ZPO begründet. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs findet diese Vorschrift allein auf Passivprozesse des Insolvenzverwalters Anwendung (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003, IX ZR 203/02, Rn. 10, zitiert nach juris).

8

Es bestehen auch erhebliche Zweifel, ob Ersatzansprüche nach dieser Vorschrift in den Anwendungsbereich des § 29 Abs. 1 ZPO fallen. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass es sich bei der Ersatzpflicht des § 64 GmbHG um ein Fortwirken der Geschäftsführerpflichten handele, die grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft zu erfüllen seien, so dass ein besonderer Gerichtsstand nach § 29 ZPO eröffnet sei (so bspw. Gottwald/Haas, Insolvenzrechts-Handbuch, 5 Aufl. 2015, § 92, Rn. 192). Demgegenüber geht der BGH davon aus, dass es sich bei einem Anspruch aus § 64 GmbHG um eine Ersatzforderung eigener Art handele, die nicht unmittelbar an die Geschäftsführerpflichten gegenüber der Gesellschaft anknüpfe (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2008, II ZR 291/06, zitiert nach juris).

9

Ob für die Antragsgegner ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist, muss der Senat letztlich nicht abschließend klären. Denn die Zuständigkeit ist bereits dann gerichtlich zu bestimmen, wenn ein gemeinsamer Gerichtsstand der potentiellen Beklagten nicht einfach und zuverlässig festzustellen ist (Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 36, Rn. 18). Entscheidend ist, dass derartige Zweifel bereits jetzt gegeben sind und durch die Bestimmung des zuständigen Gerichts Zuständigkeitsstreitigkeiten vermieden werden (Senatsbeschluss vom 06. Februar 2014, 1 AR 28/13, Rn. 4, zitiert nach juris). Nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ist als örtlich zuständiges Gericht das Landgericht Halle/Saale zu bestimmen. Insbesondere befindet sich im dortigen Bezirk der Sitz der Insolvenzschuldnerin, so dass sich dort auch die relevanten Zahlungsvorgänge ereignet haben. Zudem hat auch der Antragsgegner zu 1. in diesem Gerichtsbezirk seinen Wohnsitz. Letztlich wäre das Landgericht Halle/Saale auch bei der Annahme eines gemeinsamen besonderen Gerichtstandes nach § 29 ZPO zuständig.

10

Gründe, die eine Verhandlung vor dem Landgericht Hildesheim zweckdienlicher erscheinen lassen, sind demgegenüber nicht erkennbar.

11

gez. Dr. Holthaus               gez. Haberland               gez. Lanza-Blasig


Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 25. Apr. 2017 - 1 AR 2/17 (Zust)

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 36 Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit


(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt: 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;2. wenn es mit Rücksich

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Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 25. Apr. 2017 - 1 AR 2/17 (Zust) zitiert 7 §§.

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Tenor Für die beabsichtigte Klage ist das Amtsgericht Zerbst örtlich zuständig. Gründe 1 Der Antragsteller hat vor, von den Beklagten als Gesamtschuldner Schadensersatz für aufgewendete Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 EUR zu verlange

Referenzen

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.

Der allgemeine Gerichtsstand eines Insolvenzverwalters für Klagen, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, wird durch den Sitz des Insolvenzgerichts bestimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 203/02
Verkündet am:
27. Mai 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform
des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 1887) darauf gestützt werden,
daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine internationale Zuständigkeit
zu Unrecht verneint habe (im Anschluß an BGH, Urt. v. 28. November 2002
- III ZR 102/02, ZIP 2003, 685, 686 f).
ZPO § 19a; EGInsO Art. 102; EuInsVO Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2
§ 19a ZPO begründet weder eine örtliche noch eine deutsche internationale
Zuständigkeit für Klagen des Insolvenzverwalters am Sitz des Insolvenzgerichts.
BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Raebel und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Juni 1999 vom Amtsgericht Pforzheim eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des H. H. und nimmt die in Thailand wohnende Beklagte aufgrund folgenden Vorbringens in Anspruch: Der Insolvenzschuldner - ihr Schwager - habe ihr am 7. April 1999 zwei ihm gehörende, bebaute Grundstücke in Spanien mit einem Wert von 2,5 bis 3 Mio. DM veräußert. Der vereinbarte Kaufpreis von nur 500.000 DM sei nicht gezahlt, sondern gegen eine angebliche Darlehensforderung der Beklagten verrechnet worden. Die Übertragung sei gemäß §§ 129 ff InsO anfechtbar.
Die auf Rückübereignung der Grundstücke gerichtete Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel ist nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht begründet und deshalb entsprechend § 539 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückzuweisen , obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten war.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Deutsche Gerichte seien nicht zuständig. Ein zwischenstaatlicher Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand oder ein internationales Abkommen, das die internationale Zuständigkeit vorrangig regele, bestehe nicht. Die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates der Europäischen Union über Insolvenzverfahren vom 29. Mai 2000 sei erst am 31. Mai 2002 in Kraft getreten und finde nach Art. 43 nur auf solche Insolvenzverfahren Anwendung, die nach ihrem Inkrafttreten eröffnet wurden.
Die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts folge auch nicht aus den innerstaatlichen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit. Insbesondere erstrecke sich § 19a ZPO - demzufolge der allgemeine Gerichtsstand eines Insolvenzverwalters für Klagen, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, durch den Sitz des Insolvenzgerichts bestimmt wird - ausschließlich auf massebezogene Passivprozesse des Insolvenzverwalters, während es für dessen Aktivprozesse bei den allgemeinen Vorschriften verbleibe. Schon dem Wortlaut nach kennzeichne der "allgemeine Gerichtsstand" einer Person nach der Systematik der Zivilprozeßordnung das Gericht, das für alle gegen sie ge-
richteten Klagen zuständig ist (§ 12 ZPO). Der Regierungsentwurf zum Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung habe die Einführung eines § 31a ZPO mit folgendem Wortlaut vorgesehen: "Für Klagen gegen den Insolvenzverwalter, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Insolvenzgericht seinen Sitz hat" (BT-Drucks. 12/3803, S. 17). Nach der Begründung habe die neue Norm nur klarstellen sollen, daß sich der Gerichtsstand für derartige Klagen nicht nach dem Wohnsitz des Verwalters bestimme (aaO S. 67). Auf den ergänzenden Vorschlag des Bundesrates, dieses Ziel durch einen ausdrücklichen Ausschluß des § 13 ZPO klarzustellen (aaO S. 122), sei § 19a ZPO in der später Gesetz gewordenen Fassung entworfen worden (aaO S. 133). Der Rechtsausschuß des Bundestages habe diesem Vorschlag zugestimmt, weil er dem Anliegen Rechnung trage, den allgemeinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Insolvenzverwalters für Klagen auszuschließen , die sich auf die Insolvenzmasse beziehen (BT-Drucks. 12/7303, S. 108).
Diese Entscheidung des Gesetzgebers könne nicht durch die vom Kläger angeführten Belange des Insolvenzverwalters und der Insolvenzgläubiger, die auf eine Erleichterung der Rechtsverfolgung zielen, entkräftet werden, zumal ihnen ebenso schutzwürdige Belange des in Anspruch Genommenen entgegenstünden.

II.


Demgegenüber rügt die Revision: Der Wortlaut des § 19a ZPO lasse es zu, die Vorschrift auch auf Aktivprozesse zu beziehen. Das sei mindestens für die internationale Zuständigkeit geboten, weil sonst keine Zuständigkeit in dem
Staat zu begründen sei, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Interessenlagen bei der internationalen Zuständigkeit sei wesentlich vielschichtiger als diejenige bei der örtlichen. Das ausländische Verfahrensrecht könne erhebliche Erschwerungen für die Prozeßführung mit sich bringen. Zudem entscheide die internationale Zuständigkeit mittelbar über das anzuwendende Kollisionsrecht und über das anzuwendende materielle Recht. Ferner führten gerade Auslandsprozesse des Insolvenzverwalters nicht nur zu einer erheblichen Zeitverzögerung, sondern auch zu erhöhten Kosten, so daß die Interessen der Gläubiger hierdurch nicht hinreichend gewahrt werden könnten.

III.


Diesen Erwägungen vermag der Senat nicht zu folgen.
1. Er ist allerdings nicht durch § 545 Abs. 2 ZPO n.F. gehindert, die deutsche internationale Zuständigkeit zu überprüfen (ebenso BGH, Urt. v. 28. November 2002 - III ZR 102/02, ZIP 2003, 685, 686 f m.w.N.; Leible NJW 2003, 407, 408 f; a.M. Emde EWiR 2003, 495, 496). Der uneingeschränkte Wortlaut der Vorschrift allein ergibt nicht hinreichend, daß nicht nur die örtliche und sachliche (nationale), sondern auch die internationale Zuständigkeit nicht mehr revisibel sein soll. Denn auf diese trifft die nur auf eine Vereinfachung abstellende Begründung des Gesetzgebers nicht zu, die eine Gleichwertigkeit der angerufenen erstinstanzlichen Gerichte voraussetzt. Gerichte aller anderen Staaten können nicht ohne weiteres in diesem Sinne als gleichwertig angesehen werden. Insbesondere ist gegenüber der beantragten Anerkennung eines ausländischen Urteils die Rüge der fehlenden Zuständigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oft die einzige wirksame Verteidigungsmöglichkeit. Wäre sie nicht mehr
revisibel, so wären deutsche Beklagte in wesentlich höherem Maße als bisher gehalten, sich auf Klagen im Ausland vor an sich international unzuständigen Gerichten einzulassen und auch die daraus folgenden prozessualen und sachlich -rechtlichen Nachteile hinzunehmen.
2. Mit dem Berufungsgericht geht der Senat davon aus, daß § 19a ZPO eine örtliche Zuständigkeit des (deutschen) Gerichts am Sitz des Insolvenzgerichts - als Anknüpfungspunkt für eine internationale Zuständigkeit - nur für Klagen gegen einen Insolvenzverwalter bestimmt. Die Begründung des Berufungsgerichts hierfür trifft zu; der Senat macht sie sich zu eigen. Die mögliche Arbeitserleichterung für den Insolvenzverwalter, die mit der gegenteiligen Auslegung verbunden wäre, hat der Gesetzgeber zum Schutz der möglichen Beklagten gerade nicht ausreichen lassen (vgl. auch Gerhardt, in Festschrift für Brandner, 1996, S. 605, 614).
3. Für die deutsche internationale Zuständigkeit gilt nichts anderes. Die von der Revision vorgebrachten Zweckmäßigkeitserwägungen vermögen keine weitergehende Zuständigkeit für Klagen eines Insolvenzverwalters am Sitz des Insolvenzgerichts zu begründen. Sie berücksichtigen nicht, daß eine einseitige Zuständigkeitserweiterung im internationalen Rechtsverkehr zu Spannungen führen und die Anerkennungsfähigkeit deutscher Urteile im Ausland gefährden kann.

a) Zwar kennen einige ausländische Staaten eine Allzuständigkeit des Insolvenzgerichts für sämtliche mit einem Insolvenzverfahren zusammenhängenden Streitigkeiten (vis attractiva concursus, vgl. Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs -, Konkurs- und Vergleichsrecht Bd. II 12. Aufl. Rn. 39.46 für Italien, Rn. 39.67 für Österreich). International anerkannt ist aber weder diese noch
allgemein eine Zuständigkeit anderer Gerichte des Eröffnungsstaats für alle aus einem Insolvenzverfahren hervorgehenden Prozesse. Bedenken gegen die Anknüpfung einer umfassenden Zuständigkeit an den Sitz des Insolvenzgerichts bestehen in besonderem Maße, wenn - wie hier - dingliche Rechte an einem im Ausland belegenen Grundstück übertragen werden sollen (vgl. § 24 ZPO, Art. 16 Nr. 1 Buchst. a EuGVÜ, Art. 22 Nr. 1 EuGVVO). Auch Thailand kennt - nach den dem Senat verfügbaren Unterlagen (Wenk, Gerichtsverfassung und Zivilprozeß in Thailand, 1960, S. 22 f) - eine vorrangige Zuständigkeit des Gerichts der belegenen Sache für Klagen betreffend unbewegliches oder bewegliches Eigentum oder Rechte, die sich auf Eigentum beziehen.

b) In Spanien käme allerdings in Insolvenzverfahren, die nach dem 31. Mai 2002 in Deutschland eröffnet werden (vgl. Art. 43, 47 EuInsVO), die Anerkennung eines deutschen Anfechtungsurteils auf der Grundlage des Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO in Betracht. Danach werden auch Entscheidungen anerkannt, die unmittelbar aufgrund eines anzuerkennenden Insolvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen, sogar wenn diese Entscheidungen von einem anderen Gericht als dem Insolvenzgericht getroffen werden. Ob diese Vorschrift auch Anfechtungsklagen erfaßt (so MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 25 EuInsVO Rn. 5; Duursma-Kepplinger, in Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, EuInsVO Art. 25 Rn. 54, 56 m.w.N.; Haubold IPRax 2002, 157, 160; vgl. auch Kemper ZIP 2001, 1609, 1614), braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO zieht nur Folgerungen für denjenigen Fall, daß ein Mitgliedstaat eine Zuständigkeit für solche Verfahren für sich in Anspruch nimmt. Die europarechtliche Norm begründet aber nicht selbst eine entsprechende internationale Zuständigkeit der Einzelstaaten (vgl. Leible/Staudinger KTS 2000, 533, 566 Fn. 230; ferner MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 25 EuInsVO Rn. 6; Lüke ZZP
111 [1998] S. 275, 291 ff und Diskussionsbeitrag S. 354 f; Lüke in Festschrift für Schütze [1999], S. 467, 481 f; Herchen, Das Übereinkommen über Insolvenzverfahren der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 23. November 1995 [2000], S. 228 ff).
Eine solche Zuständigkeit hat der deutsche Gesetzgeber sogar mit dem durch Gesetz vom 14. März 2003 (BGBl. I 345) neu gefaßten Art. 102 EGInsO nicht in Anspruch genommen, der nunmehr zur Durchführung der Europäischen Insolvenzverordnung dienen soll; Art. 102 § 1 EGInsO regelt nur die Zuständigkeit der Insolvenzgerichte, nicht aber von Prozeßgerichten. Im Gegenteil bestätigt die Amtliche Begründung zu § 343 InsO n.F. (BT-Drucks. 15/16, S. 21) den Gleichklang von internationaler und örtlicher Zuständigkeit der Insolvenzgerichte im deutschen Recht. Eine internationale Zuständigkeit ohne entsprechende örtliche Zuständigkeit wäre nutzlos. Zwischenstaatliche Regeln über die mögliche Anerkennung einer internationalen Zuständigkeit können allein nicht als Maßstab für die Auslegung der örtlichen Zuständigkeit in den Einzelstaaten dienen.
Es kommt deshalb nicht mehr entscheidend darauf an, daß die erst später in Kraft getretene Regelung des Art. 25 EuInsVO nicht rückwirkend die Auslegung des älteren § 19a ZPO bestimmen kann.
Kreft Kirchhof Fischer Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bergmann ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen Raebel Kreft

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 291/06
vom
11. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Verpflichtet der Alleingesellschafter einer GmbH bei der aufschiebend bedingten
Abtretung seiner Anteile den Erwerber, einen Geschäftsführerwechsel zu beschließen
, ist darin die Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht zu sehen und die
entsprechende Beschlussfassung des Erwerbers in eine solche im Namen des
Veräußerers umzudeuten.

b) Die bloße Tatsache, dass der Veräußerer in dem vorgenannten Fall die Verfügungsgewalt
über das Bankkonto der Gesellschaft behält, genügt für seine Qualifikation
als "faktischer Geschäftsführer" noch nicht.

c) § 64 Abs. 2 GmbHG statuiert einen "Ersatzanspruch eigener Art" gegen den Geschäftsführer
(vgl. BGHZ 146, 264, 278) und ist kein einer Teilnahme Dritter
(§ 830 BGB) zugänglicher Deliktstatbestand.
BGH, Hinweisbeschluss vom 11. Februar 2008 - II ZR 291/06 - OLG Celle
LG Stade
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Februar 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision des Klägers durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
I. Die nach der (irrigen) Auffassung des Berufungsgerichts Anlass zur Zulassung der Revision gebenden Rechtsfragen betreffen allein die von dem Kläger verfolgten Ansprüche aus § 64 Abs. 2 GmbHG, nicht dagegen die Insolvenzanfechtung der Zahlung von 5.858,00 € seitens der R. GmbH. Darin ist eine entsprechende Beschränkung der Revisionszulassung zu sehen, die sich auch aus der Begründung der Zulassungsentscheidung ergeben kann (vgl. BGHZ 153, 358, 360; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 543 Rdn. 16 m.w.Nachw.). Zulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO liegen im Übrigen auch hinsichtlich der Entscheidung des Berufungsgerichts über die Insolvenzanfechtung nicht vor.
3
II. Die von dem Berufungsgericht und der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen sind, soweit sie die Zulässigkeit einer sog. "Legitimationsermächtigung" betreffen, nicht entscheidungserheblich; die weiteren Fragen der Darlegungs - und Substantiierungslast des Klägers hinsichtlich einer faktischen Geschäftsführerstellung des Beklagten im Rechtsstreit um Ansprüche aus § 64 Abs. 2 GmbHG sind einzelfallabhängig und nicht allgemein klärungsfähig oder klärungsbedürftig.
4
1. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Ansicht des Berufungsgerichts , die rechtliche Geschäftsführerstellung des Beklagten sei spätestens am 4. Juni 2003 beendet worden. Abgesehen davon, dass die Abtretung der Geschäftsanteile des Beklagten an den Erwerber W. in § 3 Abs. 3 des notariellen Anteilsveräußerungsvertrages vom 2. Juni 2003 bei der Gesellschaft (bzw. der späteren Schuldnerin) bereits angemeldet worden ist (§ 16 Abs. 1 GmbHG), hat sich der Anteilserwerber in § 5 des Veräußerungsvertrages verpflichtet, einen Geschäftsführerwechsel zu beschließen, und ist dieser (gemäß § 271 BGB sofort fälligen) Verpflichtung noch im Notartermin in Anwesenheit des Beklagten nachgekommen. Selbst wenn man wegen der aufschiebenden Bedingung (Kaufpreiszahlung) des Anteilsveräußerungsvertrages von einer noch nicht wirksamen Anmeldung des Anteilsübergangs i.S. von § 16 Abs. 1 GmbHG ausgeht (vgl. dazu Sen.Urt. v. 15. April 1991 - II ZR 209/90, ZIP 1991, 724, 726), der Kläger also noch Alleingesellschafter der Schuldnerin blieb, so wäre jedenfalls in der Vereinbarung des Geschäftsführerwechsels die Erteilung einer zulässigen Stimmrechtsvollmacht zu sehen und die Beschlussfassung des Erwerbers im scheinbar eigenen Namen in eine solche im Namen des Beklagten umzudeuten (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 20, 22), weil die Vertragsparteien, insbesondere der Beklagte, den Geschäftsführerwechsel auf jeden Fall herbeiführen wollten. Dies zeigt auch die von dem Beklagten - offenbar auf Anraten des beurkundenden Notars nachgereichte und als vor- sorgliche Maßnahme zu verstehende - Genehmigung des von dem Erwerber "als vollmachtloser Vertreter" gefassten Beschlusses. Da hierin sowie auch schon in der kaufvertraglichen Vereinbarung und in der Unterzeichnung der notariellen Urkunde durch den Beklagten nach der Beschlussfassung zugleich der eigene Wille des Beklagten zur Herbeiführung des Geschäftsführerwechsels zum Ausdruck kommt, könnte darin im Übrigen auch eine entsprechende - hinreichend dokumentierte - "Entschließung" bzw. Beschlussfassung des Beklagten selbst als Alleingesellschafter gesehen werden (vgl. Sen.Urt. v. 27. März 1995 - II ZR 140/93, ZIP 1995, 643, 645). Auf die Frage der Zulässigkeit einer sog. "Legitimationszession" (vgl. dazu Scholz/K. Schmidt aaO § 47 Rdn. 21) kommt es unter den vorliegenden Umständen - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - jedenfalls nicht an.
5
2. Soweit das Berufungsgericht eine faktische Geschäftsführerstellung des Beklagten in der Zeit nach dem Geschäftsführerwechsel nicht für dargetan erachtet hat, ist das eine aus Rechtsgründen nicht zu beanstandende, tatrichterliche Würdigung. Eine faktische Geschäftsführerstellung erfordert den Nachweis , dass der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGHZ 150, 61, 69 f.; Sen.Urt. v. 11. Juli 2005 - II ZR 135/03, ZIP 2005, 1550). Dafür reicht nicht aus, dass der Beklagte den Zugriff auf das Gesellschaftskonto behielt und einzelne Zahlungen - nach seinem Vortrag auf Weisung des neuen Geschäftsführers - abwickelte, ohne die Bank, der er einige Monate zuvor einen Handelsregisterauszug über seine Bestellung als Geschäftsführer vorgelegt hatte, von der Beendigung seines Geschäftsführeramtes in Kenntnis zu setzen. Ein Anteilsveräußerer , der - wie der Beklagte - den Kaufpreis für seine Anteile noch nicht erhalten hat, kann sich die Verfügungsgewalt über das Gesellschaftskonto z.B. auch zu Sicherungszwecken vorbehalten, ohne dadurch zum faktischen Geschäftsführer zu werden. Dass der Beklagte auch sonst Geschäftsführungshandlungen vornahm und die Geschicke der Schuldnerin bestimmte, hat der Kläger nicht dargetan, obwohl er, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist , umfassenden Zugriff auf die gesamten Geschäftsunterlagen der Gemeinschuldnerin hat. Unerheblich ist, ob der Beklagte sich der Bank gegenüber noch als Geschäftsführer geriert hat.
6
3. Den bloßen "Verdacht", dass der Beklagte im Zusammenwirken mit dem Anteilserwerber eine gezielte "Bestattung" der GmbH unter Ausplünderung ihres Restvermögens vorgenommen haben könnte, hat das Berufungsgericht tatrichterlich vertretbar nicht für ausreichend erachtet. Soweit die Revision meint, der Beklagte habe jedenfalls an einer gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GmbHG strafbaren Insolvenzverschleppung mitgewirkt, könnte das der Revision schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil sich daraus i.V.m. §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 823 Abs. 2 BGB nur ein Anspruch auf Ersatz eines Quotenschadens der Altgläubiger ergeben könnte (vgl. BGHZ 126, 181, 190; 138, 211, 214 ff.), der Kläger aber einen solchen Schaden weder dargetan hat noch geltend macht, sondern Ersatz für verbotene Zahlungen gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG begehrt. Dafür haftet nur der - rechtliche oder faktische - Geschäftsführer. Eine Teilnahme Dritter hieran i.S. von § 830 BGB scheidet aus, weil § 64 Abs. 2 GmbHG kein Deliktstatbestand, sondern eine eigenständige Anspruchsgrundlage ist, bzw. einen "Ersatzanspruch eigener Art" begründet (BGHZ 146, 264, 278).
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 11.04.2006 - 4 O 305/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 15.11.2006 - 9 U 59/06 -

Tenor

Für die beabsichtigte Klage ist das Amtsgericht Zerbst örtlich zuständig.

Gründe

1

Der Antragsteller hat vor, von den Beklagten als Gesamtschuldner Schadensersatz für aufgewendete Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 EUR zu verlangen, weil er von ihnen wiederholt zu Unrecht mit Zahlungsansprüchen konfrontiert worden sei. Da die Antragsgegner ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten haben, sucht der Antragsteller um die gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit nach.

2

Der zulässige Antrag führt gemäß §§ 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2; 37 Abs. 1 ZPO zur Zuständigkeit des Amtsgerichts Zerbst. Die Antragsgegner sollen den Kläger aus demselben Rechtsverhältnis heraus geschädigt haben, indem sie ihn zwangen, sich gegen die unberechtigte Inanspruchnahme durch Hinzuziehung eines zu honorierenden Rechtsanwalts zu verteidigten. Ob die Antragsgegner insoweit als Mittäter (§§ 830, 840 Abs. 1, 421 BGB) zu betrachten wären, kann für ihre passive Streitgenossenschaft i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO dahinstehen. Es genügt eine einfache Streitgenossenschaft nach §§ 59, 60 ZPO, für deren Vorliegen es ausreicht, dass nach dem Vortrag des Antragstellers gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Verpflichtungen gegeben sind.

3

Ob für die Antragsgegner ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist, muss der Senat nicht abschließend klären. Die Zuständigkeit ist gerichtlich zu bestimmen, wenn ein gemeinsamer Gerichtsstand der potentiellen Beklagten nicht einfach und zuverlässig festgestellt werden kann (BGH NJW-RR 2008, 1514; Beschluss vom 17. 9. 2013, X ARZ 423/13 - BeckRS 2013, 18035 Rdn. 7; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 36 Rdn. 18), was hier anzunehmen ist.

4

Der Anspruch des Klägers lässt sich aus verschiedenen Rechtsverhältnissen herleiten (vgl. BGH r + s 2007, 474 f.), ohne dass der Sachverhalt eine Anspruchsgrundlage besonderes nahe legt. Das gilt insbesondere für Ansprüche aus Delikt (OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 566), für die § 32 ZPO einen gemeinsamen besonderen Gerichtsstand vorhält, an dem der Rechtsstreit umfassend zu entscheiden wäre (vgl. Zöller/Vollkommer, § 32 Rdn. 20, 15). In Betracht kommen möglicherweise auch die Gerichtsstände der Erbschaft gemäß §§ 27, 28 ZPO oder der dingliche Gerichtsstand für persönliche Klagen nach § 26 ZPO. Die Zuordnung des Klagegrundes zu diesen Gerichtsständen ist schwierig und führt zu keinem eindeutigen Ergebnis.

5

Zuständig ist das Amtsgericht Zerbst. Die Auswahl des Gerichts erfolgt unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (PG/Lange, ZPO, 5. Aufl., § 36 Rdn. 9). Der Streit des Antragstellers und der Antragsgegner beruht auf der Übertragung des Grundstücks K.         Straße            in T.       durch einen der Erblasser, wobei das zur Inanspruchnahme des Antragstellers führende Testament ebenfalls in T.       aufgesetzt wurde. Dort befand sich wohl auch der letzte Wohnsitz der verfügenden Ehegatten G.         . Der Antragsteller und der Antragsgegner zu 2. wohnen zudem in T.      , womit die beabsichtigte gerichtliche Auseinandersetzung am zweckmäßigsten in T.       zu führen ist. Dies wird sogar den oben angeführten besonderen Gerichtsständen gerecht, die zu keinem anderen Ergebnis geführt hätten.


(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.