Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 10. Juni 2013 - 2 Ss 71/13

bei uns veröffentlicht am10.06.2013

Tenor

Die Revision des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Halle (Saale) vom 14. Dezember 2012 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht Eisleben hatte den Angeklagten durch Urteil vom 14. März 2012 wegen gefährlicher Körperverletzung sowie tateinheitlich begangener vorsätzlicher Körperverletzung zur Freiheitsstrafe von zehn Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

2

Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Halle mit Urteil vom 14. Dezember 2012 das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und den Angeklagten – unter Verwerfung der weitergehenden Berufung – wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen zur Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 17,00 Euro verurteilt. Die hiergegen durch den Angeklagten eingelegte Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 28. Mai 2013 als unbegründet verworfen.

3

Gegen die Entscheidung des Landgerichts richtet sich die Revision des Nebenklägers, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Ziel des Nebenklägers ist die Wiederherstellung des Schuldspruchs des Amtsgerichts wegen gefährlicher Körperver-letzung. Die Generalstastanwaltschaft ist in ihrer Zuschrift zunächst der Revision der Nebenklage beigetreten, hat in der mündlichen Verhandlung aber beantragt, die Revision als unbegründet zu verwerfen.

II.

4

Das Rechtsmittel des Nebenklägers ist zulässig, aber unbegründet.

5

1. Die Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO. In zulässiger Form ist die Rüge nur erhoben, wenn die Revision die Tatsache, die das Gericht zu ermitteln unterlassen hat, und das Beweismittel bezeichnet, dessen sich der Tatrichter hätte bedienen sollen. Ferner muss bestimmt behauptet und konkret angegeben werden, welche Umstände das Gericht zu weiteren Ermittlungen hätten drängen müssen und welches Ergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre. Dabei kann auch das Verhalten desjenigen, der einen Beweisantrag hätte stellen können, bewertet werden (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 244 RdNr. 81 m.w.N.). Hier ist durch die Revision schon nicht konkret angegeben worden, welche weiteren Ermittlungen das Gericht hätte anstellen sollen.

6

2. Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen hält auch auf die Sachrüge revisionsrechtlicher Prüfung stand.

7

Nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils war der Nebenkläger „fünf bis zehn Meter weiter entfernt von mehreren unbekannten Personen schwer angegriffen worden, möglicherweise den Ausländern osteuropäischer Herkunft, die im Autoscooterbereich im hinteren Bereich tätig waren und zwischen den verschiedenen Gängen zwischen den Ständen hervorgekommen waren. Jedenfalls wurde der Nebenkläger zu Boden geschlagen, wobei der Einsatz von Holzknüppeln nicht auszuschließen war. Der Nebenkläger sank zu Boden. In diesem Moment näherte sich der Angeklagte dem Nebenkläger und trat mit den beschuhten Füßen noch zwei bis drei Mal auf den Nebenkläger ein und schlug ihm mit der Faust auf den Körper in gebückter Haltung, wobei die Kammer nicht feststellen konnte, dass diese Tritte und Schläge auf den Kopfbereich des Nebenklägers zielten oder auch diesen dort trafen. Es war nicht auszuschließen, dass der Angeklagten den für ihn erkennbar blutenden schwerverletzten und völlig wehrlosen Nebenkläger nur in die Rippenseite trat. Die Tritte waren jedenfalls in dem Bereich nicht heftig, denn sie hinterließen keine Verletzungsspuren. Der Angeklagte wollte sich auch an dem Nebenkläger J. R.  rächen und ihm für die Wegnahme des Bechers und Beteiligung an dem Verbalinjurien am Körper verletzen. Er sah, dass der Nebenkläger schon am Boden lag und wehrlos war und trat noch zwei oder drei Mal auf ihn ein und schlug ihn.“ Die Kammer habe nicht feststellen können, „dass der Angeklagte einverständlich mit den unbekannten Mitarbeitern anderer Unternehmen zusammen wirkte, um seine Wut über das ungehörige Benehmen einzelner Gruppenmitglieder auszuleben.“

8

Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen vorsätzlicher Körperverletzung, entgegen der Auffassung der Nebenklage nicht jedoch einen solchen wegen gefährlicher Körperverletzung mittels einer gemeinschaftlichen Begehungsweise (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB).

9

Eine gemeinschaftliche Begehungsweise im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass jeder Beteiligte im Sinne eines zumindest konkludent gefassten gemeinschaftlichen Willensentschlusses seine eigene Tätigkeit durch die Handlung des anderen ergänzen und diese sich zurechnen lassen will, dass somit alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (vgl. BGH, Beschl. v. 21.02.2013 – 3 StR 496/12 – zitiert nach juris, RdNr. 17; BGH, Beschl. v. 19.02.1997 – 3 StR 21/97, NStZ 1997, 336; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 28. Auflage, § 224 RdNr. 11 m.w.N.). Entsprechende Feststellungen, dass die Tathandlugen des Angeklagten und der unbekannt gebliebenen Täter auf einem zuvor gefassten gemeinsamen Tatplan beruhen, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei nicht getroffen. Die Feststellungen begründen auch nicht die Annahme einer mittäterschaftlichen Beteiligung des Angeklagten an den von den unbekannt gebliebenen Tätern begangenen Körperverletzungshandlungen durch sukzessives Hinzutreten. Sukzessive Mittäterschaft ist nur gegeben, wenn jemand in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift und er sich – auch stillschweigend – mit dem anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet (vgl. BGH, Beschl. v. 10.01.2011 – 5 StR 515/10, zitiert nach juris, RdNr. 5 m.w.N.). Einen entsprechenden verbindenden kommunikativen Akt zwischen den unbekannt gebliebenen Tätern und dem Angeklagten hat das Landgericht rechtsfehlerfrei nicht feststellen können. Allein der Umstand, dass einem Opfer neben dem Täter auch noch ein anderer eine Körperverletzung zugefügt hat, macht die Tat noch nicht zu einer gemeinschaftlich begangenen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.03.1989 – 2 Ss 48/89 – 17/89 – zitiert nach juris, Orientierungssatz; Anmerkung Otto in Gemeinschaftliche Begehungsweise bei Körperverletzung in NStZ 1989, 530 Nr. 2).

10

Im Übrigen ergibt sich aus der Gesamtwürdigung der Urteilsgründe, dass der Nebenkläger am Boden lag und die unbekannt gebliebenen Täter bereits von ihm abgelassen hatten, als der Angeklagte in das Geschehen eingriff und diesen mit zwei oder drei Fußtritten und Schlägen traktierte (S. 11, 23 und 26 der Urteilsgründe). Da hiernach die Tathandlungen der unbekannt gebliebenen Täter bereits beendet waren, als der Angeklagte in das Geschehen eingriff, bleibt kein Raum mehr für die Annahme einer sukzessiven Mittäterschaft (vgl. BGH, Beschl. v. 10.01.2011 – 5 StR 515/10 –, a.a.O., RdNr. 5).

11

Soweit die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift die Verwirklichung der Begehungsweise „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ für gegeben erachtete, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Nach den obigen Ausführungen können die Tathandlungen der unbekannt gebliebenen Täter, die den Nebenkläger zuvor verletzt hatten, nicht dem Angeklagten zugerechnet werden. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts begründen die von dem Angeklagten selbst ausgeführten Schläge und nicht heftigen Tritte in den Rippenbereich nicht die Annahme der Begehungsweise mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung.

12

Soweit die Nebenklage die Beweiswürdigung der Kammer angreift und meint, diese hätte wegen der Verwendung eines Kantholzes durch den Angeklagten selbst diesen wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilen müssen, dringt sie nicht durch. Das Landgericht hat alle relevanten Fakten sorgfältig in nachvollziehbarer Weise gegeneinander abgewogen und ist zu einem nicht nur vertretbaren, sondern naheliegenden Ergebnis gelangt. Die Neben-klage unternimmt insoweit lediglich den revisionsrechtlich unbeachtlichen Versuch, die Beweiswürdigung des Landgerichts durch eine eigene, abweichende Würdigung zu ersetzen.

III.

13

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 Satz 3 StPO.


Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 10. Juni 2013 - 2 Ss 71/13

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R
Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 10. Juni 2013 - 2 Ss 71/13 zitiert 7 §§.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

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Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 10. Juni 2013 - 2 Ss 71/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2013 - 3 StR 496/12

bei uns veröffentlicht am 21.02.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 496/12 vom 21. Februar 2013 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen versuchten Mordes u.a. hier: Revisionen der Angeklagten J. und A. sowie Revision des Nebenklägers F. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2011 - 5 StR 515/10

bei uns veröffentlicht am 10.01.2011

5 StR 515/10 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 10. Januar 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2011 beschlossen: 1. Au

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(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 496/12
vom
21. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchten Mordes u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten J. und A. sowie
Revision des Nebenklägers F.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 21. Februar
2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten J. und A. wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 21. Juni 2012 mit den jeweiligen Feststellungen aufgehoben in den Fällen
a) II. 3.;
b) II. 4., soweit der Angeklagte A. verurteilt worden ist;
c) II. 5., soweit der Angeklagte J. verurteilt worden ist;
d) II. 6., insofern auch, soweit der Angeklagte O. verurteilt worden ist; sowie in den gesamten Rechtsfolgenaussprüchen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten J. sowie die Revision des Nebenklägers F. werden verworfen. 3. Der Nebenkläger hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die den Angeklagten O. und A. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten J. und A. sowie den Mitangeklagten O. - jeweils unter Freispruch im Übrigen - wie folgt verurteilt: - den Angeklagten J. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Diebstahl, wegen gefährlicher Körperverletzung in drei weiteren Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Diebstahl und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit besonders schwerem Raub, wegen vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen Diebstahls unter Einbeziehung eines anderen Urteils zu einer Jugendstrafe von acht Jahren, - den Angeklagten A. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Brandstiftung in Tateinheit mit Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren, - den Angeklagten O. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen Diebstahls sowie wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren.
2
Es hat neben den verhängten Strafen gegen alle drei Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und - jeweils mit unterschiedlicher Dauer - den Vorwegvollzug der Strafen bestimmt.
3
Die Angeklagten J. und A. wenden sich mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen, gegen ihre Verurteilungen. Der Angeklagte O. hat kein Rechtsmittel eingelegt.
4
Die Revisionen der Angeklagten J. und A. haben mit der Sachrüge Erfolg, soweit sie im Fall II. 6. ihre Verurteilung wegen versuchten Mordes beanstanden.
5
Darüber hinaus ist das Rechtsmittel des Angeklagten J. auch insoweit begründet, als er sich gegen seine Verurteilung wegen besonders schweren Raubes im Fall II. 3. und wegen gefährlicher Körperverletzung im Fall II. 5. wendet. Der Angeklagte A. beanstandet zu Recht auch seine Verurteilung wegen Brandstiftung im Fall II. 4., so dass sich seine Revision als insgesamt begründet erweist.
6
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der weitergehenden Revision des Angeklagten J. hat keinen Rechtsfehler zu seinen Ungunsten ergeben. Das Rechtsmittel war daher insoweit gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
7
I. Die Verurteilung der Angeklagten J. und A. im Fall II. 6. der Urteilsgründe ist auf die Sachrüge aufzuheben; auf die insoweit erhobenen Verfahrensbeanstandungen kommt es daher nicht an.
8
1. Das Landgericht hat zum Fall II. 6. im Wesentlichen festgestellt, dass die alkoholisierten Angeklagten in der Verdener Innenstadt auf den dort schlafenden T. trafen. Sie schlugen und traten in einer vom Landgericht nachvollziehbar als "Gewaltorgie" bezeichneten Aktion immer wieder wuchtig auf ihn ein, auch gegen seinen Kopf. Dadurch verursachten sie massive Verletzungen , die ohne eine umgehende, nur durch das zufällige Auffinden des bewusstlosen Opfers ermöglichte medizinische Versorgung binnen kurzer Zeit zum Tode geführt hätten.
9
2. Das Landgericht hat auf der Grundlage seiner - auch zur subjektiven Seite - rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zutreffend angenommen, dass sich die Angeklagten des versuchten Totschlags schuldig gemacht haben. Die Bewertung, dass sie dabei aus niedrigen Beweggründen handelten, hält der revisionsrechtlichen Prüfung indes nicht stand. Das Landgericht hat bei der Annahme niedriger Beweggründe nämlich allein auf das objektiv äußerst brutale Tatgeschehen abgestellt, ohne die für die einzelnen Angeklagten maßgeblichen subjektiven Beweggründe zu erörtern. Die Beurteilung, ob ein Beweggrund "niedrig" ist, setzt aber regelmäßig zunächst die Feststellung der Tatmotive voraus. Daran fehlt es hier.
10
Zwar geht die Strafkammer im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Beurteilung niedriger Beweggründe einer Gesamtwürdigung bedarf, die alle äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren einschließt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 1987 - 2 StR 559/87, BGHSt 35, 116, 127; vom 1. März 2012 - 3 StR 425/11, NStZ 2012, 691, 692). Jedoch teilt das Urteil die tatsächlichen Beweggründe der Angeklagten nicht mit. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe und der Feststellung, den Angeklagten sei zu Beginn des Geschehens unausgesprochen klar gewesen, dass man dem Geschädigten "nunmehr bei dieser Gelegenheit eine Abreibung verpassen wollte", ergibt sich nicht, welche Motive für die Täter maßgeblich waren. Es bleibt insbesondere offen, ob und gegebenenfalls für welchen der Täter handlungsleitend war, dass der Geschädigte mehre- re Jahre vor der Tat die Mutter des Angeklagten A. über einen längeren Zeitraum körperlich misshandelt hatte. Wäre dies für die Tatmotivation maßgeblich gewesen, hätte es jedenfalls in die erforderliche Gesamtwürdigung einbezogen werden müssen, wenngleich je nach den weiteren Umständen auch Gefühlsregungen wie Wut, Ärger, Hass und Rache als niedrige Beweggründe in Betracht kommen können (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2010 - 4 StR 180/10, NStZ 2011, 35 mwN).
11
3. Der Senat kann letztlich nicht sicher ausschließen, dass die Strafkammer bei Vornahme der erforderlichen Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der subjektiven Faktoren keine niedrigen Beweggründe angenommen hätte.
12
Die danach erforderliche Aufhebung der Verurteilung wegen versuchten Mordes ist auf den Mitangeklagten O. zu erstrecken (§ 357 StPO). Dies entzieht der gegen ihn verhängten Jugendstrafe und dem Maßregelausspruch die Grundlage.
13
II. Auf die Revision des Angeklagten J. ist im Übrigen seine Verurteilung in den Fällen II. 3. und II. 5. aufzuheben.
14
1. Im Fall II. 3. schlug der Angeklagte J. nach den Urteilsfeststellungen dem zufällig auf einer Straße angetroffenen M. zunächst kräftig mit der Faust ins Gesicht. Daraufhin trat der Begleiter des Angeklagten H. auf den inzwischen auf dem Boden liegenden Geschädigten ein; der Angeklagte J. schlug weiter zu. Während der Übergriffe nahm H. dem Opfer das Portemonnaie ab und gab es noch am Tatort dem Angeklagten J. .
15
Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch (auch) wegen besonders schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 und 3a StGB) nicht, da sich ihnen eine finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme nicht entnehmen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2012- 3 StR 68/12, NStZ-RR 2012, 270 mwN). Die Feststellungen verhalten sich nicht zur subjektiven Tatseite. Auch die (die Wegnahme betreffenden) Erwägungen in der Beweiswürdigung, es habe sich ein gemeinschaftlicher Vorsatz entwickelt, der sukzessive in der Übergabe des Portemonnaies gegipfelt habe, lassen offen, ob der Gewalteinsatz erfolgte, um die Wegnahme zu ermöglichen. Allein der Umstand, dass die Wirkungen einer ohne Wegnahmeabsicht ausgeübten Gewalt andauern und der Täter dies zur Wegnahme ausnutzt, genügt indes für die Annahme eines Raubes nicht (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2012 - 3 StR 68/12 aaO).
16
2. Die Feststellungen zu Fall II. 5. tragen den Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB) nicht, da aus diesen nicht zu ersehen ist, dass der Angeklagte J. die Qualifikationsmerkmale verwirklicht hat. Danach schlug der Angeklagte dem Nebenkläger F. einmal wuchtig mit der Faust ins Gesicht, so dass dieser zu Boden ging. Daraufhin bildete sich eine Menschentraube um den Geschädigten, aus der heraus er geschlagen und getreten wurde, während der Angeklagte J. drohend in der Menschenansammlung stehen blieb.
17
Dies allein genügt nicht, um ihm die Handlungen der weiteren, erst nach seiner Tathandlung zusammengekommenen Personen mittäterschaftlich zuzurechnen. Mittäterschaft setzt nämlich voraus, dass jeder Beteiligte im Sinne eines zumindest konkludent gefassten gemeinschaftlichen Willensentschlusses seine eigene Tätigkeit durch die Handlung des anderen ergänzen und auch diese sich zurechnen lassen will, dass somit alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (BGH, Beschluss vom 19. Februar 1997 - 3 StR 21/97, NStZ 1997, 336). Ein solches - möglicherweise auch unausgesprochenes - gegenseitiges Einverständnis ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Die subjektive Tatseite wird insoweit nicht erörtert. Aus der Feststellung, die Gruppe habe den Angeklagten als stadtbekannten Verdener gegenüber dem auswärtigen Studenten F. unterstützen wollen, ergibt sich nicht, dass im Gegenzug die Handlungen aus der Gruppe mit dem Einverständnis des Angeklagten geschahen.
18
3. Die danach erforderliche Aufhebung der Schuldsprüche im Fall II. 3. wegen besonders schweren Raubes und im Fall II. 5. wegen gefährlicher Körperverletzung erstreckt sich auch auf die jeweils dazu in Tateinheit stehenden Delikte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11, NJW 2012, 325, 328 mwN).
19
Mit der Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen II. 3., II. 5. und II. 6. ist die Grundlage für die Einheitsjugendstrafe und die Unterbringungsanordnung entfallen, so dass die gesamte Rechtsfolgenentscheidung keinen Bestand haben kann.
20
III. Auf die Revision des Angeklagten A. ist auch die Verurteilung im Fall II. 4. wegen Brandstiftung in Tateinheit mit Diebstahl (§ 242 Abs. 1, § 306 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 StGB) aufzuheben, weil ein zumindest bedingter Brandstiftungsvorsatz nicht belegt ist.
21
Nach den Urteilsfeststellungen wollte der Angeklagte A. mit einem Feuerzeug Brandzeichen an die Wand eines "Hähnchenwagens" schreiben und sich so dort "verewigen". Bei der Aktion geriet der Wagen in Brand und brannte aus. Dass der Angeklagte A. diesen Verlauf für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, folgt daraus nicht ohne Weiteres. Die Strafkammer hat nicht dargelegt, woraus sie auf den von ihr (im Rahmen der rechtlichen Würdigung) angenommenen Eventualvorsatz geschlossen hat. Entsprechende Ausführungen waren hier nach den Gesamtumständen nicht entbehrlich, zumal die Ursachen für die schnelle Brandentwicklung ungeklärt geblieben sind.
22
Die Aufhebung der Verurteilung wegen Brandstiftung erstreckt sich auch auf den tateinheitlichen Diebstahl.
23
IV. Die Revision des Nebenklägers F. ist insgesamt zulässig, aber (soweit sie zu Lasten der Angeklagten eingelegt ist) unbegründet.
24
1. Das Rechtsmittel des Nebenklägers ist auch hinsichtlich des Angeklagten A. zulässig; denn aus der Revisionsbegründung ergibt sich, dass sich die Revision gegen dessen Freispruch wendet und eine Verurteilung (zumindest ) wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung erstrebt. Der Senat kann über die Revision insoweit ebenfalls durch Beschluss entscheiden, da die vorrangig auf eine Verwerfung nach § 349 Abs. 1 StPO gerichtete Antragsschrift des Generalbundesanwalts für den Fall der Zulässigkeit eine Verwerfung nach § 349 Abs. 2 StPO begehrt.
25
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der - Fall II. 5. betreffenden - Revisionsbegründung des Nebenklägers hat keinen Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten J. , A. und O. erbracht. Die entsprechend §§ 301, 401 Abs. 3 Satz 1 StPO gebotene Nachprüfung auch zugunsten der Rechtsmittelgegner (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 3 StR 377/86, NStE Nr. 22 zu § 46 StGB; Beschluss vom 12. Januar 2010 - 4 StR 589/09, NStZ 2010, 512 f.) hat allein den bereits (oben unter II. 2.) aufgezeigten Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten J. ergeben.
26
V. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Revision des Nebenklägers beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 und 3 StPO. Der Nebenkläger hat lediglich die durch seine Revision entstandenen Auslagen der Angeklagten O. und A. zu tragen, die hinsichtlich der ihn betreffenden Tat kein Rechtsmittel eingelegt haben. Demgegenüber hat er die Auslagen des Angeklagten J. nicht zu erstatten, da dieser bezüglich der den Nebenkläger betreffenden Tat selbst Revision eingelegt hat und somit kein alleiniges Rechtsmittel des Nebenklägers im Sinne des § 473 Abs. 1 Satz 3 StPO gegeben ist (vgl. LöweRosenberg /Hilger, StPO, 26. Aufl., § 473 Rn. 93).
Tolksdorf Pfister Es sind durch Urlaub verhindert: RiBGH Hubert an der Unterschriftsleistung ; PräsBGH Prof. Dr. Tolksdorf an der Feststellung der Verhinderung. Pfister Mayer Spaniol
5 StR 515/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2011

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 3. Juni 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) hinsichtlich der Angeklagten R. und E. jeweils im Schuldspruch, wobei die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten bleiben;
b) hinsichtlich des Angeklagten S. im Strafausspruch.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen, bezüglich des Angeklagten S. jedoch mit der Klarstellung, dass er wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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Das Landgericht hat die Angeklagten wegen „gemeinschaftlicher versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung“ zu Freiheitsstrafen von neun Jahren (S. ) sowie von jeweils sechs Jahren und sechs Monaten (R. und E. ) verurteilt. Die An- geklagten wenden sich gegen die Verurteilung und machen die Verletzung formellen (S. und E. ) und materiellen Rechts geltend. Die Revisionen erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
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1. Nach den Feststellungen suchten die mehrfach, auch einschlägig vorbestraften Angeklagten am 1. Februar 2010 den Nebenkläger B. in seiner Wohnung auf; der Angeklagte S. beabsichtigte, den Nebenkläger aus Verärgerung über eine frühere Bemerkung „zu schlagen und Geld von ihm zu verlangen“ (UA S. 8). R. und E. hatte er „zur Unterstützung und Einschüchterung“ (UA S. 9) zu dem Treffen mitgenommen. Indes vermochte die Strafkammer nicht festzustellen, dass diese um das geplante Vorgehen wussten. Seinem Vorhaben entsprechend versetzte der Angeklagte S. dem Nebenkläger unter Verwendung von „Quarzhandschuhen“ mehrere Faustschläge ins Gesicht. Während der Schläge saßen R. und E. auf der Couch „gleich links neben der Tür“ des etwa zwölf Quadratmeter großen Zimmers des Nebenklägers und beobachteten das Geschehen. Immer noch verärgert nahm S. ein Messer von der Ablage unter dem Couchtisch und stach den Nebenkläger in die linke Schulter und den rechten Oberschenkel. Er forderte von B. „einen Schein“, womit er die Zahlung von 1.000 Euro meinte, „oder ihm würden die Finger abgeschnitten. Zur Untermauerung seiner Forderung ergriff er die Hand B. s, legte sie auf den Schreibtisch und setzte das Messer so an die Finger des Nebenklägers, als wenn er sie abschneiden wollte“ (UA S. 10). Dies veranlasste R. , S. vom Nebenkläger wegzuziehen, während E. dem S. das Messer abnahm. Um den Nebenkläger herumstehend, fragten ihn nun alle drei Angeklagten, ob er zahlen werde. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen schlug der Nebenkläger eine Zahlung am 16. Februar 2010 vor, weil er dann erst wieder Geld erhalte, und zeigte gleichzeitig eine bis auf wenige Cent leere Geldbörse vor. Die Fragen von S. und R. , ob er irgendwo anders noch Geld habe, verneinte er. S. ließ sich auf eine spätere Zahlung ein und betonte drohend , dass er wisse, wo die Mutter und die Schwester des Nebenklägers wohnten. E. und R. „untermauerten“ die Forderung des S. , indem sie äußerten, B. solle lieber zahlen, „weil ihm andernfalls die Finger abgeschnitten würden“ und auch seine Mutter und seine Schwester zu leiden haben würden (UA S. 11). Zu einer Geldübergabe kam es letztlich nicht, weil der Nebenkläger die Polizei informierte.
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2. Die Verurteilung der Angeklagten E. und R. wegen mittäterschaftlicher Beteiligung an den Straftaten hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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Das Landgericht nimmt sukzessive Mittäterschaft an: E. und R. hätten die Körperverletzungshandlungen des S. gesehen und dessen von Drohungen begleitete Geldforderung vernommen. Nach ihrem Einschreiten , das lediglich der Verhinderung des Abschneidens der Finger des Nebenklägers gegolten habe, hätten sie die Forderung des S. „untermauert“. Insoweit hätten sie „mehrere Tatbeiträge geleistet, um den Angeklagten S. zu Unrecht zu bereichern“ (UA S. 23).
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a) Diese Erwägungen tragen ersichtlich nicht die Annahme einer mittäterschaftlichen Beteiligung der Angeklagten E. und R. an der Körperverletzung. Sukzessive Mittäterschaft ist nur gegeben, wenn jemand in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift und er sich – auch stillschweigend – mit dem anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet (BGH, Urteil vom 22. April 1999 – 4 StR 3/99, NStZ 1999, 452, 453 mwN). Die Körperverletzungshandlungen zum Nachteil des Nebenklägers waren indes – wozu R. und E. durch ihr Eingreifen beigetragen hatten – im Zeitpunkt ihres Tätigwerdens zur verbalen Verstärkung der Geldforderung des S. bereits beendet.
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Die Tatbeiträge von E. und R. zu der Körperverletzung könnten allenfalls in einer psychischen Unterstützung des S. liegen. Die Strafkammer hat insoweit festgestellt, dass sich der Nebenkläger auch durch die Angeklagten E. und R. bedroht gefühlt habe. „Er sah sie im Lager des Angeklagten S. , zumal sie weder verbal noch sonst Anstalten machten, S. von den Schlägen abzuhalten“ (UA S. 10). Erstreckt sich der Gehilfenbeitrag jedoch – wie vorliegend – auf bloßes „Dabeisein“, bedarf es sorgfältiger und genauer Feststellungen darüber, dass dadurch die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestalt objektiv gefördert oder erleichtert wurde und dass der Gehilfe sich dessen bewusst war (BGH, Beschluss vom 13. Januar 1993 – 3 StR 516/92, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Unterlassen 5). Insbesondere zur subjektiven Seite verhält sich das Urteil indes nicht, so dass eine entsprechende Abänderung des Schuldspruchs durch den Senat nicht möglich war.
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b) Auch die Annahme einer Mittäterschaft von E. und R. an der räuberischen Erpressung – wobei ihnen der im Zeitpunkt ihrer Unterstützungshandlungen bereits beendete Einsatz des Messers nicht zuzurechnen wäre – wird von den Feststellungen nicht getragen. Ob ein Tatbeteiligter als Mittäter eine Tat begeht, ist nach den gesamten Umständen, die von der Verurteilung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für die Beurteilung können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 – 1 StR 742/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 14 st. Rspr.).
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Aus den Feststellungen ergibt sich indes, dass E. und R. kein eigenes Interesse an der Tat hatten, deren „Nutznießer“ alleine S. sein sollte (UA S. 26). Dieser hatte auch die Idee zur Tat und bestimmte deren „Ob“. Auf das „Wie“ der Tat machten E. und R. nur insoweit einen maßgeblichen gestalterischen Einfluss geltend, als sie den weiteren Mes- sereinsatz verhinderten. Auch hinsichtlich der versuchten räuberischen Erpressung hatten sie damit weder Tatherrschaft noch den Willen dazu. Bei der bloßen verbalen „Untermauerung“ der Geldforderung des Angeklagten S. handelt es sich vielmehr um eine typische Beihilfehandlung.
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3. Die Aufhebung des Schuldspruchs gegen die Angeklagten E. und R. führt hier auch zur Aufhebung des Strafausspruchs bezüglich des Angeklagten S. . Die Strafkammer hat in seiner Person strafschärfend berücksichtigt, dass „er durch seine Tat zwei Straftaten jeweils in mehreren Alternativen verwirklicht hat“. Hinsichtlich der begangenen Körperverletzung bezog sich die Strafkammer dabei auch auf die Variante der gemeinschaftlichen Begehung, welche durch die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht begründet ist.
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Rechtlichen Bedenken begegnet insbesondere auch, dass die Strafkammer hinsichtlich der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung von der fakultativen Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB keinen Gebrauch gemacht hat. Die Wahl des Strafrahmens – die revisionsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist – hat aufgrund aller schuldrelevanten Umstände zu erfolgen, wobei den wesentlich versuchsbezogenen besonderes Gewicht zukommt, namentlich der Nähe zur Tatvollendung, der Gefährlichkeit des Versuchs und der eingesetzten kriminellen Energie (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 23 Rn. 4 mwN). Die Strafkammer hat in diesem Zusammenhang ausgeführt: „Zur Nähe der Tatvollendung war zu berücksichtigen, dass dem Geschädigten zwar eine Zahlungsfrist von zwei Wochen gewährt worden war, zwei Wochen Zeit zur Beschaffung von 1.000 Euro für einen Auszubildenden jedoch sehr kurzfristig ist, so dass hier durchaus von einer geringen Nähe zur Tatvollendung gesprochen werden kann“ (UA S. 29). Diese Begründung ist unschlüssig. Sie stellt auf die persönlichen Umstände des Nebenklägers ab, die gerade dagegen sprechen, dass er das Geld innerhalb der gesetzten Frist hätte aufbringen können und es somit zur Vollendung der Tat gekommen wäre. Nachdem sich eine unmittelbare Verwirklichung des Tatziels aufgrund der finanziellen Verhältnisse des Geschädigten nicht realisieren ließ und die Angeklagten die Wohnung verlassen hatten, lag eine Vollendung des Erpressungstatbestandes vielmehr fern. Daneben vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Strafkammer aufgrund der rechtlich unzutreffenden Würdigung der Teilnahmebeiträge der Angeklagten E. und R. von einer übersteigerten kriminellen Intensität der Tat ausgegangen ist und sich dies in der Versagung einer Strafmilderung ebenfalls ausgewirkt hat.
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Aufgrund der vorliegenden Wertungsfehler bedurfte es keiner Aufhebungen der Feststellungen bezüglich des Angeklagten S. . Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie den bislang getroffenen nicht widersprechen.
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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.