Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Okt. 2012 - 3 W 125/12

bei uns veröffentlicht am02.10.2012

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 05.12.2011 wird zurückgewiesen.

2. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist gem. §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

2

Zu Recht hat das Landgericht auf Antrag des Gläubigers mit dem angefochtenen Beschluss gem. § 850 c Abs. 4 ZPO angeordnet, dass die Ehefrau des Schuldners bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldners unberücksichtigt bleibt.

3

Nach jener Vorschrift kann das Vollstreckungsgericht dies nach billigem Ermessen bestimmen, wenn die grundsätzlich unterhaltsberechtigte Person eigene Einkünfte hat. Das ist vorliegend der Fall, denn die Ehefrau des Schuldners verfügt nach den eigenen Angaben des Schuldners über eigenständige Einkünfte in Höhe von insgesamt 978,56 € monatlich (monatliche Altersrente von 518,39 € und monatliche Mieteinnahmen von 460,17 €).

4

Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, verbietet sich bei der von Gesetzes wegen nach billigem Ermessen zu treffenden Bestimmung des Vollstreckungsgerichts eine schematisierende Betrachtungsweise (BGH, Beschl. v. 21.12.2004, IXa ZB 142/04, MDR 2005, 774; Beschl. v. 05.04.2005, VII ZB 28/05, MDR 2005, 1013; Beschl. v. 05.11.2009, IX ZB 101/09, FamRZ 2010, 123; insoweit ebenso bereits: LG Rostock, Beschl. v. 19.02.2003, 2 T 43/03, JurBüro 2003, 326). Bei der Ermessensausübung hat das Gericht seine Entscheidung unter Abwägung der wirtschaftlichen Lage des Gläubigers und des Schuldners sowie der von ihm unterhaltenen Angehörigen zu treffen. Dabei können jedoch Pfändungsfreibeträge und Unterhaltstabellen Gesichtspunkte für die Ausübung des Ermessens geben. Eine einseitige Orientierung an bestimmten Berechnungsmodellen scheidet allerdings aus, weil sie dem Sinn von § 850 c Abs. 4 ZPO widerspricht (vgl. BGH, a.a.O.). Eine solche nur einseitige Orientierung an bestimmten Berechnungsgrößen liegt jedoch nicht vor, wenn diese lediglich als Basis im Rahmen der nach § 850 c Abs. 4 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung herangezogen werden. Denn das Zwangsvollstreckungsverfahren ist nach dem gesetzgeberischen Willen auch praktikabel zu gestalten. Ermessensfehlerhaft ist es lediglich, dieselbe Berechnungsformel unterschiedslos auf verschiedenartige Fallgestaltungen anzuwenden (vgl. BGH, Beschl. v. 05.04.2005, a.a.O.).

5

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermag der Senat keine Ermessensfehler des Landgerichts bei seiner Entscheidung, die Ehefrau des Schuldners bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens unberücksichtigt zu lassen, zu erkennen. Vielmehr entspricht es auch zur Überzeugung des Senats unter Abwägung der beiderseitigen Interessen billigem Ermessen, die Ehefrau des Schuldners, die eigene Einkünfte in Höhe von monatlich insgesamt 978,56 € hat, entsprechend unberücksichtigt zu lassen.

6

Dabei kann hier offen bleiben, ob es - zu Lasten der Interessen des Gläubigers - bei einem Unterhaltsberechtigten mit eigenständigem Haushalt regelmäßig billigem Ermessen entsprechen wird, als Orientierungshilfe den Grundfreibetrag des § 850 c Abs. 1 Satz 1 ZPO zu Grunde zu legen (vgl. BGH, a.a.O. m.w.N.) und hiervon gewisse Abstriche zu machen, soweit der Unterhaltsberechtigte - wie hier - mit dem Schuldner in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Da der Grundfreibetrag gem. § 850 c Abs. 1 Satz 1 ZPO aktuell 1.028,89 € beträgt und die eigenen Einkünfte der Ehefrau des Schuldners diesen Betrag annähernd erreichen, erscheint es dem Senat schon deshalb gerechtfertigt, die Ehefrau des Schuldners unberücksichtigt zu lassen, anderenfalls die Interessen des Gläubigers über Gebühr beeinträchtigt wären.

7

Wenn in solchen Fällen bei der Berechnung des Freibetrages des Unterhaltsberechtigten die nach den sozialrechtlichen Regelungen die Existenzsicherung gewährleistenden Sätze herangezogen werden (vgl. BGH, a.a.O.; Beschl. v. 07.05.2009, IX ZB 211/08, MDR 2009, 1004) führt dies vorliegend - erst recht - zum gleichen Ergebnis. Bei einer Orientierung an den sozialrechtlichen Regelungen ist dabei zwar im Rahmen der Ermessensausübung in Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ein Zuschlag vorzunehmen, da die Pfändungsfreigrenzen dem Schuldner und seinen Unterhaltsberechtigten nicht nur das Existenzminimum sichern wollen, sondern eine deutlich darüber liegende Teilhabe am Arbeitseinkommen erhalten bleiben muss. Insoweit erscheint ein Zuschlag in einer Größenordnung von 30 % bis 50 %, der Rechtsprechung des BGH folgend, regelmäßig gerechtfertigt zu sein (vgl. BGH, a.a.O.). Im Hinblick auf den vom Landgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 20.08.2012 zutreffend dargelegten, seit dem 01.01.2012 geltenden, Regelbedarf gem. §§ 20 SGB II, 28 SGB XII in Höhe von 337,00 € führt auch ein Zuschlag von 50 %, also im obersten Bereich des vom BGH für angemessen erachteten Rahmens, nicht dazu, dass die Gesamteinkünfte der Ehefrau des Schuldners auch nur annähernd erreicht werden. Vielmehr lassen die Einkünfte der Ehefrau des Schuldners Raum für einen Zuschlag in Höhe von annähernd 200 %, ohne dass die Entscheidung gem. § 850 c Abs. 4 ZPO anders auszufallen hätte. Hierdurch erscheinen die besonderen Interessen der Ehefrau des Schuldners, die von der gemeinsam mit dem Schuldner begründeten Kreditverbindlichkeiten in Höhe von noch gut 1.100,00 € monatlich geprägt sind, für die die Ehefrau des Schuldners im Innenverhältnis zu diesem - lediglich - anteilig mithaftet, zur Überzeugung des Senats jedenfalls und allemal und unter Abwägung mit den Interessen des Gläubigers ausreichend gewahrt zu sein.

8

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Okt. 2012 - 3 W 125/12

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts


(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 793 Sofortige Beschwerde


Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2009 - IX ZB 101/09

bei uns veröffentlicht am 05.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 101/09 vom 5. November 2009 in dem Insolvenzverfahren Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und den Rich

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2009 - IX ZB 211/08

bei uns veröffentlicht am 07.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 211/08 vom 7. Mai 2009 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 36 Abs. 4; ZPO § 850c Abs. 4 Zu den "eigenen Einkünften" des Unterhaltsberechtigten, die dessen Berück

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Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 101/09
vom
5. November 2009
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Pape
am 5. November 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26. März 2009 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 3.036 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Über das Vermögen des Schuldners ist am 15. Juli 2007 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Der Schuldner ist nicht mehr berufstätig. Er erhält Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Rente der A. AG. Aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Chemnitz vom 14. Januar 2008 werden beide Renten bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens zusammengerechnet. Am 16. Januar 2008 verstarb die Ehefrau des Schuldners. Am 25. März 2008 heiratete der Schuldner wieder.

2
Der weitere Beteiligte (fortan: Treuhänder) hat beantragt festzustellen, dass die neue Ehefrau, die berufstätig ist und ein monatliches Nettoeinkommen von 2.118,60 € erzielt, bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Einkommens unberücksichtigt bleibt. Das Insolvenzgericht hat antragsgemäß entschieden. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Schuldner weiterhin die Zurückweisung des Antrags des Treuhänders erreichen.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 36 Abs. 4 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die nicht näher begründete Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg.
4
Das 1. Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die gemäß § 850c Abs. 4 ZPO zu treffende Bestimmung habe unter Einbeziehung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls und nicht lediglich nach festen Berechnungsgrößen zu erfolgen. Es komme darauf an, ob die eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten , die ihm für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehen, dessen Bedarf decken. Die Einkünfte des Angehörigen dürften auch nicht mittelbar zur Tilgung der Verbindlichkeiten des Schuldners dienen. Andererseits müsse ein vom Schuldner abhängiger Unterhaltsberechtigter gewisse Abstriche in seiner Lebensführung hinnehmen, wenn der Verpflichtete Schulden zu tilgen habe. Im vorliegenden Fall reichten die Einkünfte der Ehefrau des Schuldners von 2.118,60 € zur Deckung ihres eigenen Bedarfs aus, auch wenn man Aufwen- dungen von 1.262,40 € für wöchentliche Fahrten zwischen dem Wohnsitz des Schuldners in Chemnitz und dem Arbeitsplatz der Ehefrau in Hamburg, die Miete für die Wohnung in Hamburg von 430 € monatlich, Stromkosten von 35 € monatlich, Kosten für Internet von 9,90 € berücksichtige. Unter Berücksichtigung der Steuerersparnis für doppelte Haushaltsführung von 360 € verbleibe der Ehefrau ein Betrag von 741,30 €. Davon könne die Ehefrau des Schuldners neben den allgemeinen Lebenshaltungskosten auch Zuzahlungen beim Zahnarzt sowie die Krankenhauszusatzversicherung begleichen. Soweit der Schuldner auf sein hohes Alter von 81 Jahren und seine Schwerbehinderung von 90 % verweise, komme es hierauf nicht an.
5
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
6
a) Gemäß der Vorschrift des § 850c Abs. 4 ZPO, die im Insolvenzverfahren entsprechend anwendbar ist (§ 36 Abs. 1 Satz 2 InsO), kann das Vollstreckungsgericht (oder gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 InsO das Insolvenzgericht) nach billigem Ermessen anordnen, dass eine nach dem Gesetz unterhaltsberechtigte Person, die eigene Einkünfte hat, bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt. Ab welcher Höhe ein eigenes Einkommen des Unterhaltsberechtigten seine Berücksichtigung bei der Bestimmung der Pfändungsfreibeträge aus Arbeitseinkommen oder diesem gleichgestellten Bezügen des Unterhaltspflichtigen ausschließt, hat der Gesetzgeber bewusst nicht im Einzelnen geregelt (BT-Drucks. 8/693, S. 48 f). Das folgt schon aus der Verwendung des Begriffs des billigen Ermessens. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbietet sich deshalb eine schematisierende Betrachtungsweise. Das Gericht hat vielmehr seine Entscheidung unter Abwägung der wirtschaftlichen Lage des Gläubigers und des Schuldners sowie der von ihm unterhaltenen Angehörigen zu treffen. Dabei können Pfändungsfreibeträge und Unterhaltstabellen Anhaltspunkte für die Ausübung des Ermessens geben. Eine bloß einseitige Orientierung an bestimmten Berechnungsmodellen scheidet jedoch aus, weil sie dem Sinn des § 850c Abs. 4 ZPO widerspricht (BGH, Beschl. v. 21. Dezember 2004 - IXa ZB 142/04, ZVI 2005, 194, 196; v. 5. April 2005 - VII ZB 28/05, ZVI 2005, 254, 255; v. 4. Oktober 2005 - VII ZB 24/05, ZVI 2006, 19, 20 Rn. 11; vgl. auch Beschl. v. 7. Mai 2009 - IX ZB 211/08, NZI 2009, 443, 444 Rn. 11). Von diesen Grundsätzen ist das Beschwerdegericht ausgegangen.
7
b) Die im einzelnen Fall nach billigem Ermessen zu treffende Entscheidung obliegt dem Tatrichter. Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, nach der Berechnung des Beschwerdegerichts verbleibe der Ehefrau des Schuldners nach Abzug der Aufwendungen für die Fahrten zwischen Chemnitz und Hamburg sowie für die Wohnung in Hamburg einschließlich Strom und Internetzugang nicht einmal der Grundfreibetrag von mindestens 930 € im Monat, ist damit ein Ermessensfehlgebrauch nicht dargetan. Der dem Schuldner gebührende Pfändungsfreibetrag nach § 850c Abs. 1 ZPO kann als Maßstab dienen; er stellt jedoch keinen Mindestbetrag dar, welcher dem Unterhaltsberechtigten zwingend verbleiben muss, wenn eine Bestimmung nach § 850c Abs. 4 ZPO getroffen wird. Bereits im Beschluss vom 5. April 2005 (aaO S. 255) hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs überdies darauf verwiesen, dass der Grundfreibetrag des § 850c Abs. 1 ZPO regelmäßig auch dazu dient, die Wohnungsmiete und andere Grundkosten des Haushalts abzudecken. Diese Kosten erhöhen sich bei mehreren Personen nicht proportional zur Personenzahl. Lebt der Unterhaltsberechtigte mit dem Schuldner in einem Haushalt, "passt" der Grundfreibetrag des § 850c Abs. 1 ZPO daher nicht. In derartigen Fällen können eher die nach den sozialrechtlichen Regelungen die Existenzsicherung ge- währleistenden Sätze herangezogen werden. Dass diese unterschritten seien, legt die Rechtsbeschwerde nicht dar.
8
Nach Ansicht der Rechtsbeschwerde soll im vorliegenden Fall allerdings nicht von einem im Haushalt des Schuldners lebenden Unterhaltsberechtigten ausgegangen werden, weil die Ehefrau des Schuldners in Hamburg arbeitet und dort eine Wohnung unterhält. Das Beschwerdegericht hat die Kosten der Wohnung in Hamburg nebst Strom und Internetzugang bei der Berechnung des für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Einkommens der Ehefrau des Schuldners jedoch vollständig abgezogen. Geht man in dieser Weise vor, stellt der Grundfreibetrag ebenso wie bei einem im Haushalt des Schuldners lebenden Unterhaltsberechtigten keinen angemessenen Maßstab mehr dar, weil die Wohnkosten (hier: der Wohnung in Chemnitz) grundsätzlich aus dem Freibetrag zu bestreiten sind und bereits im Freibetrag des Schuldners selbst Berücksichtigung finden. Geht man dagegen von zwei getrennten Haushalten aus, also davon, dass die Ehefrau des Schuldners die Kosten ihrer Wohnung in Hamburg (einschließlich Strom und Internetzugang) selbst trägt, dürfen diese Kosten nicht vom Nettoeinkommen abgesetzt werden. Zählt man die Kosten der Wohnung in Hamburg nebst Strom und Internetzugang zu dem vom Beschwerdegericht errechneten Betrag von 741 € hinzu, ist der Freibetrag von 930 € deutlich überschritten. Auf die Frage der Fahrtkosten, die das Beschwerdegericht in Höhe von 1.262,40 € (526 km x 2 x 0,3 x 4) anerkannt hat, obwohl der Schuldner selbst vorgetragen hatte, seine Ehefrau fahre nicht jedes Wochenende zu ihm nach Chemnitz, sowie des steuerlichen Abzugsbetrages kommt es damit nicht mehr an.
9
c) Die Rechtsbeschwerde beanstandet weiter, dass das Beschwerdegericht die Verpflegungsmehraufwendungen nicht berücksichtigt habe, die aus der doppelten Haushaltsführung entstünden. Auch hier ist ein Ermessensfehler des Beschwerdegerichts jedoch nicht ersichtlich. Lebenshaltungskosten sind aus dem Grundfreibetrag zu bestreiten. Dass bei doppelter Haushaltsführung ein Verpflegungsmehraufwand von 24 € täglich steuerlich abgesetzt werden kann, spielt im Rahmen des § 850c Abs. 4 ZPO keine Rolle. Die Kosten der Krankenzusatzversicherung sowie Zuzahlungen beim Zahnarzt hat das Beschwerdegericht ebenfalls dem aus dem Grundfreibetrag zu deckenden Bedarf zugerechnet.
10
d) Eine Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Lage der Gläubiger, welche die Rechtsbeschwerde vermisst, kommt im hier gegebenen Fall eines Gesamtvollstreckungsverfahrens nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 7. Mai 2009 - IX ZB 211/08, NZI 2009, 443, 444 Rn. 11 mit insoweit zustimmender Anmerkung Ahrens, NZI 2009, 423, 424).
Ganter Raebel Kayser Lohmann Pape Vorinstanzen:
AG Chemnitz, Entscheidung vom 22.09.2008 - 1401 IK 3818/06 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 26.03.2009 - 3 T 820/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 211/08
vom
7. Mai 2009
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den "eigenen Einkünften" des Unterhaltsberechtigten, die dessen Berücksichtigung
bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens
einschränken oder ausschließen können, gehört auch der von anderen Unterhaltsverpflichteten
gezahlte Barunterhalt.
BGH, Beschl. vom 7. Mai 2009 - IX ZB 211/08 - LG Leipzig
AG Leipzig
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Pape
am 7. Mai 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 11. August 2008, berichtigt durch Beschluss vom 28. Oktober 2008, wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 300 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Über das Vermögen der Schuldnerin ist das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Nach Aufhebung des Verfahrens und Ankündigung der Restschuldbefreiung ist die weitere Beteiligte (fortan: Treuhänderin) zur Treuhänderin bestellt worden. Die Schuldnerin bezieht ein Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit in Höhe von monatlich 2.020 € brutto / 1.356,65 € netto. Sie gewährt ihrer am 20. Juli 1994 geborenen, in ihrem Haushalt lebenden Tochter J. Naturalunterhalt. Der Kindesvater zahlt an die Tochter monatlichen Unterhalt in Höhe von 276,10 €.
2
Auf Antrag der Treuhänderin hat das Insolvenzgericht – Rechtspflegerin – am 14. November 2007 beschlossen, dass die Tochter bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens nur teilweise zu berücksichtigen sei. Der nach der Tabelle zu § 850c Abs. 3 ZPO unpfändbare Betrag sei um 29,70 € zu erhöhen. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht den Betrag, um den der unpfändbare Teil des Arbeitseinkommens zu erhöhen ist, für einen Zeitraum von 12 Monaten auf 51,30 €, für den Folgezeitraum auf 31,38 € festgesetzt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Schuldnerin die vollständige Abweisung des Antrags der Treuhänderin erreichen.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, soweit sie sich gegen den Berichtigungsbeschluss vom 28. Oktober 2008 wendet. Gemäß § 319 Abs. 3 Halbsatz 2 ZPO findet gegen einen Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, die sofortige Beschwerde statt. Die sofortige Beschwerde ist gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte eröffnet (§ 567 Abs. 1 ZPO), nicht jedoch gegen Entscheidungen der Landgerichte als Beschwerdegerichte. Eine Rechtsbeschwerde ist nur dann statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht sie zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Beides ist hier nicht der Fall. Der Berichtigungsbeschluss enthält keine diesen Beschluss betreffende Zulassungsentscheidung. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist damit der Beschluss vom 11. August 2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28. Oktober 2008.

III.

4
Die gegen den berichtigten Beschluss gerichtete Rechtsbeschwerde der Schuldnerin ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Unterhaltszahlungen stellten eigenes Einkommen der Tochter der Schuldnerin dar. Zwischen ihnen und sonstigen Einkünften bestehe kein wesentlicher Unterschied; entscheidend sei, dass es sich um Geld handele, dass tatsächlich für den Lebensunterhalt der unterhaltsberechtigten Person zur Verfügung stehe. Der Pfändungsfreibetrag könne jedenfalls dann auf der Grundlage der sozialrechtlichen Regelungen zur Existenzsicherung berechnet werden, wenn der Unterhaltsberechtigte im selben Haushalt wie der Schuldner lebe. Weil die Pfändungsfreigrenzen dem Schuldner und dem Unterhaltsberechtigten nicht nur das Existenzminimum sicherten, sondern auch eine Teilhabe am Arbeitseinkommen gewährleisteten, sei der sozialrechtliche Regelsatz um einen Zuschlag von 30 bis 50 %, hier um 40 %, zu erhöhen. Damit sei auch der geltend gemachte Sonderbedarf (Sehhilfe, Kanusportverein ) der Tochter gedeckt. Die Kosten der Klassenfahrt seien mit einem weiteren Freibetrag von 19,92 € pro Monat – bezogen auf die folgenden 12 Monate – zu berücksichtigen. Die Erhöhung des Regelsatzes für einen Haushaltsangehörigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres müsse im Wege eines Abänderungsantrages nach § 850d ZPO geltend gemacht werden, über den zunächst das Amtsgericht zu befinden habe.
6
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Wesentlichen stand.
7
a) Die Unterhaltszahlungen des Vaters stellen eigene Einkünfte der Tochter der Schuldnerin im Sinne von § 850c Abs. 4 ZPO dar.
8
aa) Schon ihrem Wortlaut nach erfasst die Vorschrift des § 850c Abs. 4 ZPO alle Arten von Einkünften. Die Materialien enthalten ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte Einkünfte von vornherein außer Betracht gelassen werden sollen. Nach der amtlichen Begründung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 28. Februar 1978 (BGBl. I 333) will § 850c Abs. 4 ZPO die Berücksichtigung des Unterhaltsberechtigten , der eigene Einkünfte bezieht, flexibel gestalten. Die Vorschrift soll dem Gericht bei seiner Ermessensentscheidung genügend Raum lassen, um den Umständen des Einzelfalles Rechnung zu tragen (BT-Drucks. 8/693, 49). Ob der Unterhaltsberechtigte nicht nur vom Schuldner, sondern auch von einer weiteren Person Unterhalt bezieht, ist ein im Einzelfall zu berücksichtigender (und zu bewertender) Umstand. Das zeigt zugleich, dass auch Sinn und Zweck der Pfändungsschutzvorschriften der grundsätzlichen Einbeziehung von Unterhaltsleistungen Dritter in die Einkommensberechnung nicht entgegenstehen.
9
bb) Für ihre gegenteilige Ansicht beruft sich die Rechtsbeschwerde insbesondere auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 21. Dezember 2004 (IXa ZB 142/04, ZVI 2005, 194, 196), in dem es heißt, es sei fraglich, aber nicht entscheidungserheblich, ob ein Unterhaltsanspruch als Einkommen im Sinne von § 850c Abs. 4 ZPO abzusehen sei. Auf welchen Überlegungen diese Zweifel beruhten, ergibt sich aus der zitierten Entscheidung nicht. Sie befasst sich wesentlich mit der (schließlich verneinten) Frage, ob die eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten eine bestimmte Höhe erreichen müssen, bevor sie bei der Bestimmung berücksichtigt werden können. In einer späteren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof an der grundsätzlichen Ablehnung fester Berechnungsgrößen festgehalten, jedoch Leitlinien für verschiedene Fallgestaltungen aufgestellt und die Voraussetzungen für eine Anrechnung der eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten präzisiert (Beschl. v. 5. April 2005 – VII ZB 28/05, ZVI 2005, 254, 255 f). Eine Unterscheidung nach Einkommensarten ist hier nicht vorgesehen. Es kommt vielmehr auf die wirtschaftliche Lage der Beteiligten (Gläubiger, Schuldner, Unterhaltsberechtigter) an.
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cc) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde (ähnlich LG Bayreuth MDR 1994, 621) führt die Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen nicht dazu, dass diese mittelbar der Tilgung der Verbindlichkeiten des Schuldners dienen und so ihren eigentlichen Zweck – den Unterhalt des Berechtigten – verfehlen. Zu prüfen ist vielmehr, ob die eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten dazu führen, dass dem Schuldner insoweit kein eigenes Einkommen verbleiben muss, weil der Bedarf des Unterhaltsberechtigten anderweitig gedeckt ist (BGH, Beschl. v. 5. April 2005, aaO). Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von sonstigen Einkünften der unterhaltsberechtigten Person, etwa einer Ausbildungsvergütung oder Arbeitslohn aus einer geringfügigen Beschäftigung. Die von der Rechtsbeschwerde hervorgehobene Besserstellung von Kindern aus intakten Familien, deren Eltern gegebenenfalls den vollen Freibetrag in Anspruch nehmen könnten, weil der vom anderen Elternteil gewährte Naturalunterhalt kein anzurechnendes Einkommen im Sinne von § 850c Abs. 4 ZPO sei, verlangt keine andere Sicht der Dinge. Geld, welches der Unterhaltsberechtigte von dritter Seite bezieht, verringert seinen Bedarf und entlastet so den Schuldner. Dass auch Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils oder sonstiger Dritter Einkünfte der dem Schuldner gegenüber unterhaltsberechtigten Person darstellen können, entspricht folgerichtig der nahezu einhelligen Meinung in Re chtsprechung und Literatur (LG Detmold Rpfleger 2001,142 f; LG Ellwangen Rpfleger 2006, 88; LG Kassel JurBüro 2007, 664, 665; LG Tübingen Rpfleger 2008, 514; Schuschke/Walker/KessalWulf , Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 4. Aufl. § 850c Rn. 11; Stein/Jonas/Brehm, ZPO 22. Aufl. § 850c Rn. 28; Wieczorek/Schütze/Lüke, ZPO 3. Aufl. § 850c Rn. 30; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann, ZPO 67. Aufl. § 850c Rn. 10; MünchKomm-ZPO/Smid, ZPO 3. Aufl. § 850c Rn. 20; Musielak/Becker, ZPO 6. Aufl. § 850c Rn. 11; Zöller/Stöber, ZPO 27. Aufl. § 850c Rn. 12; Hk-ZPO/Kemper, 2. Aufl. § 850c Rn. 14; Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO 29. Aufl. § 850c Rn. 8a).
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b) Ob und in welchem Umfang das eigene Einkommen des Unterhaltsberechtigten bei der Bestimmung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt bleibt, hat der Tatrichter nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 850c Abs. 4 ZPO). Das Beschwerdegericht ist von den Grundsätzen der bereits zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. April 2005 ausgegangen (VII ZB 28/05, aaO). Danach kommt eine Orientierung an den sozialrechtlichen Mindestsätzen zur Existenzsicherung insbesondere dann in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte – wie hier – im Haushalt des Schuldners lebt. Der zugebilligte Zuschlag von 40 % gewährleistet die Teilhabe am Arbeitseinkommen der Schuldnerin und bewegt sich auch der Höhe nach innerhalb des vom Bundesgerichtshof für angemessen gehaltenen Rahmens. Den geltend gemachten "Sonderbedarf" der unterhaltsberechtigten Tochter der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht teilweise berücksichtigt (Schulausflug); im Übrigen hat es begründet , warum eine weitere Erhöhung des pfändungsfreien Betrages des Arbeitseinkommens nicht in Betracht kommt (Sehhilfe, Kanuclub). Eine Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Lage der Gläubiger, welche die Rechts- beschwerde vermisst, kommt im hier gegebenen Fall eines Gesamtvollstreckungsverfahrens nicht in Betracht.
Ganter Raebel Kayser Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Leipzig, Entscheidung vom 10.08.2008 - 406 IK 2790/03 -
LG Leipzig, Entscheidung vom 11.08.2008 - 8 T 88/08 -

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)