Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 07. Nov. 2017 - 3 W 136/17

bei uns veröffentlicht am07.11.2017

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zu 2) wird zurückgewiesen.

2. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen der Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 03.08.2017 abgeändert und auf das Gesuch der Gläubigerin vom 15.06.2017 wie folgt neu gefasst:

Auf Antrag der Gläubigerin vom 15.06.2017 wird gegen die Schuldnerin zu 1) und gegen die Schuldnerin zu 2) wegen mehrfacher Zuwiderhandlung gegen die in dem im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Urteil vom 17.10.2016, Az.: 4 O 351/16 enthaltene Unterlassungsverpflichtung, nämlich es zu unterlassen, den im Rahmen des Neubauvorhabens der Schuldnerin zu 1) verwendeten Baukran über dem Grundstück der Gläubigerin (Flurstück 324/1, Flur 2, Gemarkung B.) zu schwenken, jeweils ein Ordnungsgeld in Höhe von 30.000,00 € ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500,00 € 1 Tag Ordnungshaft verhängt, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Schuldnerin zu 2), Herrn I. S. und Herrn J.-H. M. sowie den vertretungsberechtigten Gesellschaftern der Schuldnerin zu 1) Dr. B. S. und T. N..

3. Das Ordnungsgeld ist bis zum 24.11.2017 an die Gerichtskasse/Landeszentralkasse zu zahlen.

4. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Schuldnerinnen zu 1) und 2) je zur Hälfte. Von den gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Gläubigerin 20 %, die Schuldnerin zu 1) 50 % und die Schuldnerin zu 2) 30 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Gläubigerin tragen die Schuldnerin zu 1) 50 % und die Schuldnerin zu 2) 30 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Schuldnerin zu 2) trägt die Gläubigerin 60 %. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten selbst.

Gründe

I.

1

Die Gläubigerin ist Eigentümerin des Grundstücks … in B., das mit einem von ihr betriebenen Hotel bebaut ist. Die Schuldnerin zu 1) ist Eigentümerin des benachbarten Grundstücks … in B., auf welchem sie einen Hotelanbau errichtet. Mit dem Bau wurde die Schuldnerin zu 2) beauftragt.

2

Die Schuldnerin zu 2) stellte in Durchführung der Baumaßnahmen einen Portaldrehkran an der Grundstücksgrenze zur Gläubigerin auf, dessen langer Hauptarm ca. 45 m und der kurze mit einem Gegengewicht versehene Arm ca. 10 m lang sind. Bei einem Betrieb des Kranes schwebt der kurze Kranausleger in einem Radius von ca. 5 m und einer Höhe von ca. 1 m über dem First des Hotels der Gläubigerin. Außerhalb der Betriebszeiten schwenken je nach Windrichtung gegebenenfalls sowohl der lange als auch der kurze Kranausleger über dem Grundstück der Gläubigerin, da die Kranarme aus Sicherheitsgründen nicht festgestellt werden, sondern sich in den Wind stellen sollen.

3

Mit Schriftsatz vom 12.09.2016 beantragte die Gläubigerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, den nunmehrigen Schuldnern zu untersagen, mit dem Kran über ihr Grundstück zu schwenken.

4

Mit Urteil vom 17.10.2016 - Az.: 4 O 351/16 - untersagte das Landgericht Stralsund den Schuldnern den im Rahmen des Bauvorhabens der Schuldnerin zu 1) verwendeten Baukran über das Grundstück der Gläubigerin zu schwenken. Gleichzeitig wurde den Schuldnern für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 € angedroht. Durch Beschluss des Senates vom 10.02.2017 zum Aktenzeichen 3 U 111/16, auf welchen ergänzend Bezug genommen wird, wurde das Urteil gemäß § 522 Abs. 2 ZPO bestätigt.

5

In einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Stralsund zum Aktenzeichen 6 O 259/16 wurde die Gläubigerin im Wege der einstweiligen Verfügung gegenüber der Schuldnerin zu 1) verpflichtet, für die Zeit vom 01.11.2016 bis zum 07.03.2017 das Schwenken des Kranarmes über ihr Grundstück zu dulden. Das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 22.12.2016 wurde im Berufungsverfahren durch Senatsurteil vom 01.06.2017 abgeändert und der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung abgewiesen.

6

Am 17.02.2017 erließ das Landgericht Stralsund zum Aktenzeichen 6 O 34/17 wiederum auf Antrag der Schuldnerin zu 1) eine weitere einstweilige Verfügung, welche es mit Urteil vom 09.05.2017 bestätigte und mit welcher es die Gläubigerin zur Duldung für die Zeit vom 08.03.2017 bis 31.05.2017 verpflichtete. Das Berufungsverfahren ist in dieser Sache noch vor dem Senat anhängig.

7

Mit weiterem Beschluss vom 24.05.2017 zum Aktenzeichen 6 O 118/17 erließ das Landgericht Stralsund trotz Hinterlegung einer Schutzschrift durch die Gläubigerin auf Antrag der Schuldnerin zu 1) ohne mündliche Verhandlung eine einstweilige Verfügung, mit welcher die Gläubigerin zur weiteren Duldung für den Zeitraum 01.06.2017 bis 31.08.2017 verpflichtet wurde. Über den hiergegen gerichteten Widerspruch der Gläubigerin vom 23.06.2017 hat das Landgericht bislang nicht entschieden.

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Mit Beschluss vom 01.02.2017 verhängte das Landgericht Stralsund aufgrund des unstreitigen Schwenkens des Baukrans über das Grundstück der Gläubigerin gegen die Schuldnerinnen jeweils ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,00 €. Die Schuldnerin zu 1) legte hiergegen unter dem 09.02.2017 sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht Stralsund half dieser mit Beschluss vom 07.03.2017 nicht ab. Der Senat wies die Beschwerde mit Beschluss vom 15.05.2017 zum Aktenzeichen 3 W 40/17 zurück. Die Schuldnerin zu 2) zahlte ihr Ordnungsgeld und erklärte schriftsätzlich zur Akte, sich dem Urteil vom 17.10.2016 beugen zu wollen.

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Mit Antragsschrift vom 07.02.2017 beantragte die Gläubigerin die Festsetzung eines angemessenen Ordnungsgeldes, ersatzweise einer angemessenen Ordnungshaft. Sie vertrat die Ansicht, die Unterlassung könne nur durch den Abbau des Kranes erfolgen. Es sei unstreitig, dass bei bestimmten Windverhältnissen der Kranarm über dem Grundstück der Gläubigerin geparkt werden müsse, was nur durch ein Überschwenken erfolgen könne. Ein Rückbau des Kranes erfolgte jedoch unstreitig nicht. Vielmehr seien - so die Gläubigerin - das Gegengewicht sowie der Arm des Baukrans am 06.02.2017 und 07.02.2017 über dem Grundstück der Gläubigerin geschwenkt worden. Wegen der weiteren Begründung nimmt der Senat auf die Antragsschrift vom 07.02.2017 Bezug.

10

Die Schuldnerin zu 2) machte geltend, sie habe den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin mit Schreiben vom 07.02.2017 mitgeteilt, dass sie sich der Verfügung des Landgerichts vom 17.10.2016 beuge, den streitgegenständlichen Kran nicht mehr nutze und zurückbaue. Weiter habe sie mitgeteilt, dass der Kran nicht festgestellt werden dürfe, sondern im Leerlauf drehen müsse, da ansonsten Bruchgefahr bestehe. Dies sei kein aktives Schwenken, sondern eine gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsmaßnahme. Mit Schreiben vom 13.02.2017 habe sie der Gläubigerin mitgeteilt, der Kran werde in der Zeit vom 06.03.2017 bis 08.03.2017 abgebaut.

11

Die Schuldnerin zu 1) trug vor, der Kran sei nahezu nicht genutzt worden, da die Bauarbeiten wegen der Frostperiode stillgestanden hätten. Sie habe überdies damit rechnen dürfen, dass die einstweilige Verfügung vom 17.10.2016 in dem von ihr angestrengten Berufungsverfahren aufgehoben werde.

12

Mit Beschluss vom 19.06.2017 hat das Landgericht Stralsund den Schuldnerinnen jeweils ein Ordnungsgeld von 10.000,00 € auferlegt. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss Bezug genommen. Hiergegen haben die Schuldnerinnen jeweils am 28.06.2017 bzw. 04.07.2017 sofortige Beschwerde eingelegt, welche der Senat zurückgewiesen hat. Wegen der dortigen weitergehenden Begründung und der dortigen ergänzenden Tatsachenfeststellungen nimmt der Senat auf seinen Beschluss 02.11.2017 im Verfahren 3 W 98/17 Bezug.

13

Mit Antrag vom 20.03.2017 beantragte die Gläubigerin erneut die Festsetzung eines nicht nur angemessenen, sondern schmerzhaften Ordnungsgeldes bzw. die Verhängung von Zwangshaft.

14

Sie trug vor, der Kran sei von Mitarbeitern der Schuldnerinnen zu 1) und 2) am 13.03.2017, 14.03.2017, 16.03.2017, 17.03.2017, 18.03.2017 und 20.03.2017 in Betrieb genommen sowie der Arm und das Gegengewicht über das Grundstück der Gläubigerin geschwenkt worden.

15

Die Schuldnerin zu 2) habe gegenüber der Gläubigerin mit Fax vom 03.03.2017 mitgeteilt, sie habe den Kran zwischenzeitlich an die Schuldnerin zu 1) verpachtet, weshalb sie eine Verantwortlichkeit nicht treffe. Es könne also auch keine Rede davon sein, dass der Kran - wie von der Schuldnerin zu 2) angekündigt - abgebaut werde.

16

Die Schuldnerin zu 1) berief sich auf ihr Vorbringen in den vorangegangenen Ordnungsgeldverfahren und vertrat die Ansicht, dass die späteren einstweiligen Verfügungen diejenige vom 17.10.2016 überflügelt hätten, weshalb sie der Schuldnerin zu 2) den Abbau des Krans untersagt habe. Sie hat die Vermietung des Kranes an sich bestätigt. Sie habe die Herren B. T. und J. H. mit der Bedienung des Krans beauftragt.

17

Die Schuldnerin zu 2) bestätigte, dass die Schuldnerin zu 1) sie am 01.03.2017 zur Erfüllung ihres Bauvertrages aufgefordert und darauf hingewiesen habe, dass sie den Abbau des Krans als Erfüllungsverweigerung ansehe und ihr Schadensersatzansprüche angedroht habe. Hinzugetreten sei die weitere Entscheidung des Landgerichts Stralsund, wonach die Gläubigerin weiterhin bis zum 31.05.2017 zur Duldung verpflichtet sei. Sie habe daher den Kran an die Schuldnerin zu 1) vermietet.

18

Mit Beschluss vom 19.06.2017 wies das Landgericht Stralsund den Antrag der Gläubigerin vom 20.03.2017 zurück. Gegen diesen Beschluss legte die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 05.07.2017 sofortige Beschwerde ein und verfolgte ihre erstinstanzlichen Anträge weiter.

19

Die einstweilige Verfügung vom 17.02.2017 sei nicht vollzogen worden. Die Schuldnerin zu 1) habe es versäumt, die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO einzuhalten. Selbst wenn die Verfügung vom 17.02.2017 ordnungsgemäß vollzogen worden wäre, würde sie die Verfügung aus dem Urteil vom 17.10.2016 nicht außer Kraft setzen. Die Rechtskraft des Urteils werde durch die Verfügung vom 17.02.2017 nicht beseitigt.

20

Mit Beschluss vom 02.08.2017 änderte das Landgericht Stralsund den Beschluss vom 19.06.2017 betreffend den Ordnungsgeldantrag vom 20.03.2017 teilweise ab und verhängte gegen die Schuldnerin zu 2) ein Ordnungsgeld i. H. v. 10.000,00 € und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann für je 500,00 € 1 Tag Ordnungshaft. Der weitergehenden Beschwerde half es nicht ab.

21

Der Senat hat mit Beschluss vom 03.11.2017 zum Aktenzeichen 3 W 99/17 der Beschwerde der Gläubigerin auch im Übrigen abgeholfen und in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung sowohl der Schuldnerin zu 1) als auch der Schuldnerin zu 2) ein Ordnungsgeld von 20.000,00 € auferlegt. Wegen der Begründung des Beschlusses und der weitergehenden Sachverhaltsdarstellung wird auf diesen Bezug genommen.

22

Einer von der Schuldnerin zu 2) gegen den teilweise abhelfenden Beschluss des Landgerichts vom 02.08.2017 eingelegten Beschwerde hat der Senat im Verfahren 3 W 128/17 nicht abgeholfen.

23

Mit Antrag vom 22.05.2017 begehrte die Gläubigerin erneut die Festsetzung eines Ordnungsgeldes. Der Kran sei am 23.03.2017 wieder in Betrieb genommen worden. Der von der Schuldnerin zu 1) beauftragte Privatgutachter Dr. L. habe am 23.03.2017 Erschütterungsmessungen auf dem Grundstück der Schuldnerin zu 1) durchgeführt. In diesem Zusammenhang sei über den Baukran Beton in die Baustelle auf dem Grundstück der Schuldnerin zu 1) verbracht worden. Dies habe der Gutachter Dr. L. im Rahmen eines Parallelverfahrens vor dem Landgericht Stralsund in der mündlichen Verhandlung ausgeführt.

24

Die Schuldnerin zu 2) trat diesem Antrag mit einem Zurückweisungsantrag am 13.06.2017 entgegen. Sie verwies darauf, dass das Landgericht Stralsund zum Aktenzeichen 6 O 34/17 die einstweilige Verfügung vom 17.02.2017 durch Urteil vom 09.05.2017 aufrechterhalten hat, mit der gestattet worden sei, dass der streitgegenständliche Kran ohne Bedingungen in der Zeit vom 08.03. bis 31.05.2017 genutzt werden dürfe. Sie wiederholte, dass sie den Kran weder bediene noch schwenke, da sie ihn an die Schuldnerin zu 1) vermietet und sich aus dessen Betreiben komplett herausgezogen habe. Sie habe mit diesen Angelegenheiten daher nichts zu tun.

25

Sie griff die Ansicht der Schuldnerin zu 1) auf, dass die einstweiligen Verfügungen zu den Aktenzeichen 6 O 259/16 und 6 O 34/17 die Wirkung der einstweiligen Verfügung vom 17.10.2016 durchbrechen würden.

26

Mit Beschluss vom 19.06.2017 wies das Landgericht Stralsund auch den Antrag vom 22.05.2017 ab. Auf die Begründung des Beschlusses, die auf den Beschluss zum Antrag vom 20.03.2017 verweist, nimmt der Senat Bezug.

27

Mit Schriftsatz vom 05.07.2017 legte die Gläubigerin hiergegen sofortige Beschwerde ein. Mit dieser verfolgte sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Wegen der Begründung der Beschwerde, die derjenigen betreffend den Ordnungsgeldantrag vom 20.03.2017 entspricht, nimmt der Senat auf den vorbezeichneten Schriftsatz Bezug.

28

Mit Beschluss vom 02.08.2017 half das Landgericht Stralsund der Beschwerde teilweise ab und verhängte auf den Antrag vom 22.05.2017 gegen die Schuldnerin zu 2) ein Ordnungsgeld vom 15.000,00 €. Der weitergehenden Beschwerde half es nicht ab. Wegen der Begründung des Beschlusses wird auf den Nichtabhilfebeschluss Bezug genommen und ergänzend auf den Senatsbeschluss zum Aktenzeichen 3 W 99/17 vom 03.11.2017 wegen der gleichlautenden Begründung zum dortigen Beschluss vom 02.08.2017 verwiesen.

29

Wegen der teilweisen Abhilfe legte die Schuldnerin zu 2) auch gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein, die der Senat mit Beschluss vom 06.11.2017 zum Aktenzeichen 3 W 134/17 zurückgewiesen hat.

30

Mit Schriftsatz vom 21.08.2017 führte die Gläubigerin betreffend den Nichtabhilfebeschluss aus, dass das Ordnungsgeld gegen die Schuldnerin zu 2) mit 15.000,00 € zu niedrig ausgefallen sei und angeregt werde, ein solches in Höhe von 30.000,00 € zu verhängen. Wegen der weitergehenden Sachverhaltsdarstellung sowie der rechtlichen Würdigung nimmt der Senat auf seinen Beschluss vom 03.11.2017 zum Aktenzeichen 3 W 100/17 Bezug, mit welchem er gegen beide Schuldnerinnen jeweils ein Ordnungsgeld von 25.000,00 € verhängte.

31

Mit Schriftsatz vom 08.06.2017 beantragte die Gläubigerin erneut die Verhängung eines Ordnungsgeldes und ersatzweise Ordnungshaft gegen die Schuldnerinnen zu 1) und 2). Zur Begründung trug sie vor, der Kran sei durch die Schuldnerinnen am 06.06.2017, 07.06.2017 und 08.06.2017 erneut in Betrieb genommen worden. Sie regte ein Ordnungsgeld von jeweils mindestens 50.000,00 € an, da die Schuldnerinnen es offenbar wirtschaftlich sinnvoller erachten würden, die bereits verhängten Ordnungsgelder zu zahlen, als ihre Tätigkeit auf andere Weise fortzusetzen. Wegen der weitergehenden Antragsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 08.06.2017 Bezug genommen.

32

Mit Beschluss vom 03.08.2017 verhängte das Landgericht Stralsund gegen die Schuldnerin zu 2) ein Ordnungsgeld vom 25.000,00 € nebst ersatzweiser Ordnungshaft. Den Antrag gegen die Schuldnerin zu 1) wies es zurück.

33

Gegen diesen Beschluss legte die Schuldnerin zu 2) sofortige Beschwerde ein. Die Gläubigerin legte ihrerseits sofortige Beschwerde ein und verfolgte ihren Ordnungsmittelantrag gegen die Schuldnerin zu 1) weiter; gegen die Schuldnerin zu 2) die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von mindestens 50.000,00 €.

34

Der Senat verhängte mit Beschluss vom 07.11.2017 zum Aktenzeichen 3 W 135/17 gegen die Schuldnerinnen zu 1) und 2) jeweils ein Ordnungsgeld von 30.000,00 €. Auf den vorbezeichneten Beschluss wird ergänzend Bezug genommen.

35

Mit Schriftsatz vom 15.06.2017 hat die Gläubigerin die erneute Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Schuldnerinnen zu 1) und 2) beantragt. Die Schuldnerinnen zu 1) und 2) würden sich hartnäckig, offenkundig und rücksichtslos über die gegen sie rechtskräftig erlassene Unterlassungsverfügung hinwegsetzen. Entschuldigungen oder Rechtfertigungen seien spätestens seit dem 01.06.2017 nicht gegeben. Sie ignorierten freimütig aus wirtschaftlichen Gründen das gegen sie erlassene Urteil und versuchten auf diese Weise vollendete Tatsachen zu schaffen. Die Gläubigerin sei dringend auf ein schnelles Eingreifen des Gerichtes angewiesen, um den andauernden Rechtsbruch der Schuldnerinnen zu unterbinden. Am 12.06.2017, 13.06.2017, 14.06.2017 und 15.06.2017 hätten die Schuldnerinnen in der Zeit zwischen 07.10 Uhr und 16.00 Uhr zur Fortführung des Bauvorhabens den Kran genutzt und dabei fortlaufend über dem Grundstück der Gläubigerin geschwenkt. Sie regt nunmehr ein Ordnungsgeld von jeweils mindestens 75.000,00 € an. Wegen der Antragsbegründung im Übrigen wird auf den Schriftsatz vom 15.06.2017 Bezug genommen.

36

Die Schuldnerin zu 2) hat zu diesem Antrag ihr Vorbringen zum Antrag vom 08.06.2017 wiederholt.

37

Mit Beschluss vom 03.08.2017 hat das Landgericht Stralsund gegen die Schuldnerin zu 2) ein Ordnungsgeld vom 25.000,00 € nebst ersatzweiser Ordnungshaft verhängt. Den Antrag gegen die Schuldnerin zu 1) hat es zurückgewiesen. Wegen der Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf den vorbezeichneten Beschluss Bezug.

38

Gegen diesen Beschluss legt die Schuldnerin zu 2) sofortige Beschwerde ein und beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses, den Antrag der Gläubigerin abzuweisen. Wegen der Begründung der Beschwerde, die im Wesentlichen derjenigen der Beschwerde im Verfahren 3 W 128/17 entspricht, nimmt der Senat auf die Beschwerdeschrift vom 17.08.2017 Bezug.

39

Mit Schriftsatz vom 21.08.2017 teilt die Schuldnerin zu 2) mit, dass der Kran am 06.09.2017 bis 08.09.2017 abgebaut werden solle.

40

Die Gläubigerin legt ihrerseits sofortige Beschwerde ein und verfolgt ihren Ordnungsmittelantrag gegen die Schuldnerin zu 1) weiter; gegen die Schuldnerin zu 2) die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von mindestens 50.000,00 €. Wegen der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 21.08.2017, der demjenigen im Verfahren 3 W 128/17 inhaltlich entspricht, Bezug genommen.

41

Die Schuldnerin zu 1) hat Stellung genommen und darauf verwiesen, dass aus ihrer Sicht der Ordnungsgeldantrag zurückzuweisen sei, wenn der Kran am 06.09.2017 bis 08.09.2017 abgebaut werde, da dann sein Zweck, die Unterlassungspflicht durchzusetzen nicht mehr erreicht werden könne.

II.

42

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist gemäß § 793 ZPO zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1.

43

Auf den Antrag der Gläubigerin hin ist gegen die Schuldnerin zu 1) ein angemessenes Ordnungsgeld zu verhängen.

44

Handelt der Schuldner eines Vollstreckungstitels der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, ist er gemäß § 890 Abs. 1 ZPO wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000,00 €, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

45

Die Unterlassungsverpflichtung der Schuldnerinnen zu 1) und 2) ergibt sich aus dem durch Senatsbeschluss bestätigten Urteil des Landgerichts Stralsund vom 17.10.2016. Dieses Urteil ist durch die einstweilige Verfügung des Landgerichts Stralsund vom 24.05.2017 zum Aktenzeichen 6 O 118/17 ebenso wie durch die ihr vorangehenden Verfügungen nicht wirkungslos geworden, zumal über sie noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Ist die Unterlassungspflicht im Hauptsacheverfahren ausgesprochen worden, kann der Rechtskraft des Vollstreckungstitels nur mit der Vollstreckungsabwehrklage begegnet werden. Ist die Unterlassungsverpflichtung hingegen im einstweiligen Verfügungsverfahren ausgesprochen worden, erwächst auch ein solches Urteil in formelle Rechtskraft (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., Vorbem. 13 vor § 916; Enders/Börstinghaus, einstweiliger Rechtsschutz, 3. Aufl. § 2 Rn. 33). Aufgrund der Besonderheiten des Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahrens erwachsen die Entscheidungen hingegen nur in eine beschränkte materielle Rechtskraft (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, a.a.O., Vorbem. 13 vor § 916; Enders/Börstinghaus, a.a.O., § 2 Rn. 34), da § 927 ZPO die Möglichkeit ihrer Aufhebung im Falle veränderter Umstände bietet und der Titelschuldner insoweit nicht auf die Vollstreckungsabwehrklage verwiesen ist. Wird die Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren jedoch nicht nach § 927 ZPO aufgehoben, verbleibt es bei ihrer Rechtskraftwirkung. Ob dann, wenn der Verfügungskläger possessorische Besitzschutzansprüche verfolgt, der Verfügungsbeklagte dem Erlass einer einstweiligen Verfügung dadurch entgegen wirken kann, dass er seinerseits im gleichen Verfügungsverfahren petitorische Ansprüche mit einem Gegenantrag geltend macht (so OLG Rostock, Urt. v. 03.05.2001, 1 U 233/00, OLGR 2001, 560; a.A. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2011, 6 U 101/11, GRUR-RR 2012, 88; streitig - vgl. auch Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 33 Rn. 19, § 935 Rn. 4 jeweils mit Nachweisen Für beide Auffassungen), braucht hier nicht entschieden werden, da die seinerzeitigen Verfügungsbeklagten hiervon keinen Gebrauch gemacht haben.

46

Die Schuldnerin zu 1) hat gegen das Unterlassungsverbot aus dem Urteil vom 17.10.2016 am 12.06.2017, 13.06.2017, 14.06.2017 und 15.06.2017 verstoßen. Insoweit kann der Senat den Vortrag der Gläubigerin aus ihrem Antrag vom 08.06.2017 zugrunde legen, da die Schuldnerinnen zu 1) und 2) dieser Sachverhaltsschilderung nicht entgegengetreten sind.

47

Darauf, ob das Überschwenken im aktiven Betrieb oder außerhalb dessen erfolgte und wer ggf. den Kran geführt hat, kommt es für den Verstoß der Schuldnerin zu 1) gegen die Unterlassungsverfügung nicht an.

48

Es ist nämlich nicht erforderlich, dass die Schuldnerin zu 1) den Kran aktiv zur Beförderung von Lasten bewegt hat. Unterlassen ist jedes untätige Verhalten, dass einen bestimmten Kausalablauf nicht beeinflusst. Darauf, ob das Verhalten im Schuldtitel negativ oder positiv formuliert ist, kommt es allein nicht an (Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 890 Rn. 2). Umfasst eine Unterlassung eine Pflicht, in bestimmter Weise zu handeln, kann die Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht auch im Untätig bleiben des Schuldners bestehen (LG Rostock, Beschl. v. 27.03.2003, 2 T 129/03, JurBüro 2003, 495). Erfordert die Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung ein bestimmtes Tätigwerden des Vollstreckungsschuldners, erstreckt sich seine Verpflichtung auch auf dieses, ohne dass es ausdrücklich im Vollstreckungstitel bezeichnet sein muss (BGH, Beschl. v. 25.01.2007, I ZB 58/06, NJW-RR 2007, 863 = WuM 2007, 209; BGH, Urt. v. 11.04.2003, V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235 = MDR 2003, 985; OLG Köln, Beschl. v. 07.03.1994, 2 W 32/94, OLGZ 1994, 599). Somit umfasst die Unterlassungsverpflichtung der Schuldnerin zu 1) es auch, dafür Sorge zu tragen, dass der Kran nicht außerhalb des Lastbetriebes etwa durch die Einwirkungen von Wind über das Grundstück der Antragstellerin geschwenkt wird, ebenso wie das Unterbleiben eines bewussten Überschwenkens durch einen Dritten im Auftrag der Schuldnerin zu 1).

49

Die Verantwortlichkeit der Schuldnerin zu 1) ergibt sich, auch wenn sie den Kran selbst nicht aufgestellt hat, aus dem Umstand, dass sie diesen von der Schuldnerin zu 2) gemietet/gepachtet hat, um ihn unter Hinzuziehung Dritter als Kranführer weiter zu benutzen. Somit ist sie zum Gebrauch berechtigt und hat dafür Sorge zu tragen, dass dieser unter Beachtung des Unterlassungsgebotes ausgeübt wird. Der zur Unterlassung Verpflichtete haftet auch für einen Dritten, den er zur Umgehung eines Verbotes einschaltet (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 01.02.1988, 3 W 156/87, NJW-RR 1988, 1341). Ist es zur Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung erforderlich, dass der Vollstreckungsschuldner Maßnahmen gegen seinen Pächter ergreift, erstreckt sich seine Unterlassungsverpflichtung auch hierauf (BayObLG, Beschl. v. 09.03.1995, 2Z BR 10/95, WuM 1995, 491 = NJW-RR 1995, 1040). Auch wenn er sonst Ursachen für den Verstoß setzt, den dann ein anderer vollzieht, bleibt er zumindest mittelbarer Störer (BGH, Urt. v. 11.04.2003, V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235 = MDR 2003, 985). Insoweit erstreckt sich die Einstandspflicht des Vollstreckungsschuldners auch auf das Handeln eines Dritten, wenn sein Verhalten für den Verstoß durch diesen ursächlich ist (OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.01.1990, 22 W 57/89, MDR 1990, 452; vgl. auch Zöller/Stöber, a.a.O., § 890 Rn. 4 m. w. N.). Bedient sie sich zur Gebrauchsausübung eines Dritten, hat sie auch für dessen Verhalten einzustehen. Dies gilt umso mehr, wenn dies im Bewusstsein zumindest der Möglichkeit eines Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot erfolgt. Das ist hier der Fall, denn Anlass zu dieser Vorgehensweise hat der Umstand geboten, dass die Schuldnerin zu 2) sich selbst weigerte, den Kran weiter zu betreiben, um nicht gegen die Unterlassungsverfügung zu verstoßen.

50

Die Schuldnerin zu 1) kann sich auch nicht dahingehend entlasten, dass sie kein Verschulden treffe, da sie darauf vertraut hätte, dass sie einerseits aufgrund der Verfügungen vom 17.02.2017 und 24.05.2017 aufgrund der ausgesprochenen Duldungspflicht der Gläubigerin weiterhin den Kran betreiben durfte und andererseits das die Unterlassung aussprechende Urteil vom 17.10.2016 vor dem Berufungsgericht keinen Bestand haben werde. Das reicht für eine Entschuldigung der Schuldnerin zu 1) nicht aus.

51

Mit dem Hinweis auf einen ihm erteilten anwaltlichen Rat kann sich ein Vollstreckungsschuldner nur entlasten, wenn er gestützt auf den anwaltlichen Rat ohne Verschulden geirrt hat, wobei dieser einer eigenverantwortlichen Überprüfung unterzogen werden muss (OLG Hamburg, Beschl. v. 20.03.1989, 3 W 14/89, NJW-RR 1989, 1087; OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.10.2000, 16 W 32/00, OLGR Frankfurt 2001, 122; OLG Köln, Beschl. v. 07.03.1994, 2 W 32/94, OLGZ 1994, 599). An das Vorliegen einer Entlastung im Sinne eines entschuldigten Verhaltens sind strenge Anforderungen zu stellen (OLG Köln, Beschl. v. 26.05.1986, 6 W 36/86, NJW-RR 1986, 1191). Auch die Erwartung eines Vollstreckungsschuldners, mit einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Unterlassungsverpflichtung Erfolg zu haben, kann sein Verschulden bei einer Zuwiderhandlung weder ausschließen noch mindern. Ein Schuldner muss einen rechtskräftigen Verbotstitel befolgen, ob er ihn für verfassungswidrig hält oder nicht (BayObLG, Beschl. v. 09.03.1995, 2Z BR 10/95, WuM 1995, 491 = NJW-RR 1995, 104; Zöller/Stöber, a.a.O., § 890 Rn. 50). Gelangt der Vollstreckungsschuldner zu der irrigen Annahme, aufgrund veränderter Umstände nicht mehr an den Unterlassungstitel gebunden zu sein, entschuldigt ihn dies nicht (OLG Köln, Beschl. v. 27.04.1987, 6 W 18/87, NJW-RR 1987, 1471).

52

Die Schuldnerin zu 1) kann sich bereits nicht auf einen als juristischer Laie übersehenen Beratungsirrtum berufen, da ihr Gesellschafter selbst als Rechtsanwalt tätig ist somit über juristische Kenntnisse verfügt. Ebenso konnten die Schuldnerinnen auch nicht darauf vertrauen, dass die einstweilige Verfügung vom 17.10.2016 durch den Senat im Berufungsverfahren aufgehoben bzw. abgeändert werden würde, denn zum Zeitpunkt des geahndeten Verstoßes gegen diese, hatte der Senat diese bereits bestätigt. Ein Rechtsmittel hiergegen war nicht gegeben. Daher konnte ein erwarteter Erfolg eines Rechtsmittels erst recht den Verstoß gegen die einstweilige Verfügung nicht entschuldigen.

53

Der Senat hält ein Ordnungsgeld von 30.000,00 € für angemessen. Das Ordnungsgeld des § 890 ZPO dient nicht nur zur Durchsetzung der Unterlassungsverpflichtung. Ihm kommt auch eine Bestrafungsfunktion zu. Daher muss es für den Vollstreckungsschuldner spürbar und zudem seinem Zuwiderhandeln entsprechend festgesetzt werden. Der Antrag der Gläubigerin ist aus diesem Grunde durch den Abbau des Kranes auch nicht unzulässig geworden, da die Bestrafungsfunktion bestehen bleibt. Vorliegend ist bei der Festsetzung zu berücksichtigen, dass die Schuldnerin zu 1) die Verstöße fortgesetzt hat, obgleich bereits ein Ordnungsgeld gegen sie festgesetzt und weitere beantragt waren. Überdies ergibt sich aus dem Vorbringen der Schuldnerinnen, dass sie die Verstöße bewusst und gegen den Willen der Schuldnerin zu 2) fortsetzen wollte und daher mit dieser den Weg der Anpachtung des Kranes gewählt und dieser eine Freistellung von weiteren Ordnungsgeldern zugesagt hat. Das fortgesetzte Verhalten der Schuldnerin zu 1) rechtfertigt eine Festsetzung in dieser Höhe. Die Festsetzung eines höheren Ordnungsgeldes im Umfang der Anregung der Gläubigerin hält der Senat nicht für geboten, weil diesem eine Durchsetzungsfunktion der Unterlassungsverpflichtung nicht mehr zukommt und ihm allein die Bestrafungsfunktion verbleibt. Eine geringere Festsetzung hält der Senat andererseits ebenfalls nicht für geboten, da nicht ersichtlich ist, dass der Abbau des Kranes in Folge der bisher drohenden Ordnungsgelder erfolgt ist, sondern weil er nicht mehr benötigt wurde.

2.

54

Auf die Beschwerde der Gläubigerin war auch das Ordnungsmittel gegen die Schuldnerin zu 2) zu verschärfen. Der Gläubiger, der die Höhe des Ordnungsgeldes in das Ermessen des Gerichtes gestellt und seinen Antrag nicht auf eine bestimmte Höhe beschränkt hat, kann mit seiner Beschwerde auch eine Verschärfung desselben verfolgen, wenn er das vom Gericht ausgesprochene Ordnungsgeld für zu gering erachtet (Zöller/Stöber, a.a.O., § 890 Rn. 28).

55

Die Einstandspflicht der Schuldnerin zu 2) ergibt sich aus ihrer Stellung als Vermieterin/Verpächterin des Kranes. Als solche hat sie, richtet sich ein Unterlassungsgebot gegen sie, dafür Sorge zu tragen, dass der Mieter, dem sie den vertragsgemäßen Gebrauch überlässt, nicht gegen dieses verstößt. Dies gilt erst recht, wenn - wie hier - die Vermietung einzig zu dem Zweck erfolgt, den Verstoß zwar zu ermöglichen, ihn aber nicht aktiv selbst zu begehen. Im Übrigen gelten auch für die Schuldnerin zu 2) die Ausführungen unter II. 1. des Beschlusses.

56

Auch gegenüber der Schuldnerin zu 2) hält der Senat wegen der fortgesetzten Verstöße auch gegen ihre eigene Absichtserklärung, sich dem Unterlassungsgebot unterwerfen zu wollen, sowie ihrer Mitwirkung an dem Versuch, das Unterlassungsgebot zu umgehen, ein Ordnungsgeld von 30.000,00 € für angemessen. Dies trägt auch dem Umstand Rechnung, dass ihr in Ansehung der von der Schuldnerin zu 1) übernommenen Freihaltungsverpflichtung die Gefahr ihres Handelns sehr wohl bewusst sein musste. Die weitergehende beantragte Festsetzung eines höheren Ordnungsgeldes war aus den unter II. 1. dargestellten Gründen nicht geboten.

3.

57

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 100 ZPO, Nr. 2121 KV-GKG. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Gläubigerin das festzusetzende Ordnungsgeld in ihrem Beschwerdeantrag betragsmäßig bestimmt hat und damit teilweise unterlegen war. Auf die Kosten der ersten Instanz hingegen kann dieser Gedanke nicht übertragen werden, da sie dort ihren Antrag nicht beziffert, sondern die Festsetzung in das Ermessen des Gerichts gestellt hatte. Somit war sie zwar durch die Entscheidung erster Instanz beschwert, weil sie weitergehende Vorstellung mit ihrem Antrag verbunden hatte, nicht aber unterlegen.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 07. Nov. 2017 - 3 W 136/17

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 793 Sofortige Beschwerde


Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 929 Vollstreckungsklausel; Vollziehungsfrist


(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll. (2) Die Vollziehung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 927 Aufhebung wegen veränderter Umstände


(1) Auch nach der Bestätigung des Arrestes kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung des Arrestes beantragt werden. (2) Die Entscheidung ist

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Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 07. Nov. 2017 - 3 W 136/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 07. Nov. 2017 - 3 W 136/17 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2007 - I ZB 58/06

bei uns veröffentlicht am 25.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 58/06 vom 25. Januar 2007 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja ZPO § 890 Die Verurteilung zu einer Duldung kann die nach § 890 ZPO vollstreckbare Verpflichtung zu ei

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2003 - V ZR 323/02

bei uns veröffentlicht am 11.04.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 323/02 Verkündet am: 11. April 2003 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll.

(2) Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Kann ein ausländischer Sicherungstitel im Inland ohne vorherige Vollstreckbarerklärung vollzogen werden, so beträgt die Frist nach Satz 1 zwei Monate.

(3) Die Vollziehung ist vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner zulässig. Sie ist jedoch ohne Wirkung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der für diese im vorhergehenden Absatz bestimmten Frist erfolgt.

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Auch nach der Bestätigung des Arrestes kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung des Arrestes beantragt werden.

(2) Die Entscheidung ist durch Endurteil zu erlassen; sie ergeht durch das Gericht, das den Arrest angeordnet hat, und wenn die Hauptsache anhängig ist, durch das Gericht der Hauptsache.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 58/06
vom
25. Januar 2007
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Die Verurteilung zu einer Duldung kann die nach § 890 ZPO vollstreckbare
Verpflichtung zu einem positiven Tun enthalten, auch wenn dies im Urteil nicht
ausdrücklich ausgesprochen worden ist. Dies kann anzunehmen sein, wenn der
Schuldner der Pflicht, etwas zu unterlassen, nur gerecht werden kann, indem er
neben der Unterlassung auch die positiven Handlungen vornimmt, die notwendig
sind, um den rechtmäßigen Zustand zu erreichen.
Der Lauf der in Art. 9 Abs. 1 EGStGB geregelten Verfolgungsverjährung hängt
maßgeblich von der Pflichtensituation des Schuldners ab. Ist ein Schuldner aufgrund
eines Urteils verpflichtet, tätig zu werden, kann die Verjährung nicht beginnen
, solange diese Pflichtensituation fortbesteht und der Schuldner pflichtwidrig
untätig bleibt.
BGH, Beschl. v. 25. Januar 2007 - I ZB 58/06 - LG Mainz
AG Mainz
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 18. Juli 2006 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 300 € festgesetzt.

Gründe:


1
A. Durch rechtskräftiges Urteil vom 26. Februar 2002 hat das Amtsgericht den Schuldner unter Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt - Zug um Zug gegen Sicherheitsleistung der Gläubiger in Höhe von 300 € - zu dulden, dass die Gläubiger und die von ihnen beauftragten Handwerker werktäglich von Montag bis Freitag jeweils von 8.00 bis 18.00 Uhr im Innenhof seines Anwesens D. straße 25 in G. an der dort gelegenen Außenwand des Anwesens der Gläubiger G. straße 13 Verputzarbeiten durchführen. Weiter hat es dem Schuldner unter Androhung derselben Ordnungsmittel geboten, zu diesem Zweck den Gläubigern und den von ihnen beauftragten Handwerkern jeweils die Haustür seines Anwesens zu öffnen, damit diese durch Haustür und Hausflur den Hof des Anwesens zur Durchführung der Arbeiten betreten können.
2
Die Gläubiger haben am 1. Oktober 2002 beantragt, gegen den Schuldner ein vom Gericht zu bemessendes Ordnungsgeld zu verhängen, weil dieser nicht bereit sei, seine Verpflichtungen aus dem Urteil zu erfüllen, obwohl die Sicherheitsleistung erbracht worden sei. Mit Schreiben vom 17. September 2002 hätten sie den Schuldner erfolglos aufgefordert, die Arbeiten in der Zeit vom 23. bis 27. September und vom 30. September bis 4. Oktober 2002, mit Ausnahme des Feiertags am 3. Oktober 2002, zu dulden.
3
Der Schuldner hat demgegenüber vorgebracht, die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung seien nicht gegeben. Der titulierte Anspruch sei zudem durch Erfüllung erloschen, weil er den Gläubigern dreimal angeboten habe, die Arbeiten an von ihm näher bezeichneten Tagen durchzuführen.
4
Eine Vollstreckungsgegenklage des Schuldners hat das Amtsgericht Mainz durch Urteil vom 7. April 2003 abgewiesen. Seine dagegen eingelegte Berufung hat der Schuldner zurückgenommen. Während dieses Verfahrens war das vorliegende Verfahren ausgesetzt.
5
Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2003 erneuerten die Gläubiger ihren Antrag , gegen den Schuldner ein Ordnungsgeld zu verhängen. Dieser habe den Gläubigern immer noch nicht ermöglicht, die Arbeiten durchzuführen.
6
Der Schuldner hat demgegenüber vorgebracht, die Gläubiger hätten eine für den Zeitraum vom 30. Juni bis 4. Juli 2003 vereinbarte Gelegenheit für die Verputzarbeiten nicht genutzt. Mit Schriftsatz vom 13. März 2006 hat er geltend gemacht, ein Ordnungsgeld könne wegen Verjährung nicht mehr festgesetzt werden.
7
Das Amtsgericht hat gegen den Schuldner ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 €, ersatzweise für je 100 € einen Tag Ordnungshaft, verhängt.
8
Der Schuldner hat diesen Beschluss mit sofortiger Beschwerde angefochten und beantragt, das Verfahren im Hinblick auf eine weitere von ihm erhobene Vollstreckungsgegenklage auszusetzen.
9
Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen.
10
Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seinen Antrag weiter, den Ordnungsmittelbeschluss des Amtsgerichts aufzuheben. Die Gläubiger waren im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vertreten.
11
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 576 Abs. 1 ZPO).
12
I. Das Landgericht hat angenommen, dass die Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO durchzuführen sei. Der Schuldner sei dazu verurteilt worden zu dulden , dass an der Außenwand des Anwesens der Gläubiger Verputzarbeiten durchgeführt würden, die nur von seinem Grundstück aus vorgenommen wer- den könnten. Diese Duldungspflicht enthalte die Pflicht, den Handwerkern die Haustür seines Anwesens zu öffnen.
13
Der Schuldner habe den Anspruch, die Handwerkerarbeiten zu dulden, nicht erfüllt. Die Gläubiger hätten geeignete und verlässliche Terminsangebote des Schuldners erwarten dürfen. Dessen schriftliche Angebote vom 17. August sowie vom 21. und 29. September 2002 hätten dem jedoch schon deshalb nicht genügt, weil der Schuldner sie unberechtigt davon abhängig gemacht habe, dass ihm die Namen der Personen, die sein Grundstück betreten sollten, mitgeteilt würden. Die Gläubiger hätten es auch nicht zu vertreten, dass die Arbeiten nicht wie angeboten in der Zeit vom 30. Juni bis 4. Juli 2003 durchgeführt werden konnten. Am 16. Juni 2003 sei ihnen die Berufungsbegründung des Schuldners gegen die Abweisung seiner Vollstreckungsgegenklage zugestellt worden. Sie hätten danach davon ausgehen dürfen, dass sich der Schuldner nicht mehr an sein Angebot gebunden fühle. Das weitere Angebot des Schuldners im Schreiben vom 4. März 2006, die Arbeiten in der Zeit vom 13. bis 26. März 2006 vornehmen zu lassen, hätten die Gläubiger im Hinblick auf die damalige Witterung berechtigterweise abgelehnt.
14
Verfolgungsverjährung sei nicht eingetreten. Der Lauf der Verjährungsfrist beginne erst, wenn die Duldungspflicht beendet sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.
15
II. Die Angriffe der Rechtsbeschwerde gegen diese Beurteilung bleiben ohne Erfolg. Das Ordnungsgeld ist zu Recht festgesetzt worden.
16
1. Die durch rechtskräftiges Urteil ausgesprochene Verpflichtung des Schuldners, die Durchführung von Verputzarbeiten zu dulden, ist - wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat - nach § 890 ZPO zu vollstrecken.
Dies gilt auch für die bereits in diesem Urteilsausspruch enthaltene Verpflichtung des Schuldners, den Gläubigern zu diesem Zweck durch aktives Tun den Zugang zum Innenhof seines Anwesens zu ermöglichen.
17
a) Die Verurteilung zu einer Duldung kann die nach § 890 ZPO vollstreckbare Verpflichtung zu einem positiven Tun enthalten, auch wenn dies im Urteil nicht ausdrücklich ausgesprochen worden ist (vgl. BAG BB 2006, 1798, 1799 Tz 19; BayObLG WuM 1991, 315 f. und InVo 1999, 321, 322; OLG Bamberg JurBüro 1991, 1706; OLG Koblenz MDR 1965, 51; OLG Köln OLGZ 1994, 599, 602; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 890 Rdn. 5; Schuschke in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, Bd. I, 3. Aufl., § 890 ZPO Rdn. 2; a.A. OLG Zweibrücken ZMR 2004, 268, 269; vgl. weiter Voss, Die Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, 2005, S. 56 ff., m.w.N. zu abweichenden Ansichten). Dies kann anzunehmen sein, wenn der Schuldner der Pflicht, etwas zu unterlassen, nur gerecht werden kann, indem er neben der Unterlassung auch die positiven Handlungen vornimmt, die notwendig sind, um den rechtmäßigen Zustand zu erreichen. Die Zwangsvollstreckung würde unzumutbar erschwert, wenn der Gläubiger statt dessen darauf verwiesen werden müsste, jeweils einzelne Handlungstitel zu erwirken, da Art und Umfang erforderlich werdender Handlungen in der Regel nicht hinreichend voraussehbar sind. Der Schuldner wird demgegenüber nicht über Gebühr belastet, wenn insoweit auf einen ausdrücklichen Urteilsausspruch verzichtet wird.
18
b) Die Verurteilung des Schuldners zu dulden, dass vom Innenhof seines Anwesens aus an der Außenwand des Anwesens der Gläubiger Reparaturarbeiten vorgenommen werden, beinhaltet seine Verpflichtung, den Durchgang durch sein Haus in den Innenhof durch Öffnen der Tür zu ermöglichen. Anders kann der Schuldner seiner Duldungspflicht nicht sinnvoll nachkommen.
19
c) Der Vollstreckung dieser - bereits in der ausgesprochenen Duldungspflicht enthaltenen - Handlungspflicht des Schuldners nach § 890 ZPO steht nicht entgegen, dass der Schuldner durch dasselbe Urteil noch einmal ausdrücklich zu dem aktiven Tun verurteilt worden ist. Die Frage, ob dieser gesonderte Urteilsausspruch auch Grundlage einer Vollstreckung nach § 887 ZPO oder § 888 ZPO sein kann, muss nicht entschieden werden.
20
2. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Schuldner schuldhaft seine durch rechtskräftiges Urteil ausgesprochene Verpflichtung verletzt , es zu dulden, dass von seinem Anwesen aus Verputzarbeiten an der Außenwand des Anwesens der Gläubiger vorgenommen werden, und dazu den Zugang zu seinem Anwesen durch Öffnen der Haustür zu ermöglichen.
21
Die Verpflichtung des Schuldners ist inhaltlich lediglich dadurch beschränkt , dass die Duldungspflicht nur an Werktagen von Montag bis Freitag in der Zeit von 8.00 bis 18.00 Uhr besteht. Innerhalb dieser Zeiträume ist der Schuldner verpflichtet, jederzeit und uneingeschränkt den Zugang zu seinem Anwesen zu gestatten. Gegen diese Verpflichtung hat er jedoch bereits vor dem Ordnungsgeldantrag der Gläubiger vom 1. Oktober 2002 verstoßen, indem er seine Bereitschaft, die Verputzarbeiten zu dulden, trotz der Aufforderung der Gläubiger, den titulierten Anspruch zu erfüllen, auf begrenzte, von ihm oder nur mit seinem Einverständnis festgelegte Zeiträume beschränkt hat. Dieses Verhalten hat der Schuldner während des gesamten Verfahrens fortgesetzt. Die von ihm angebotenen Zeiträume hatte er zudem teilweise ohne ausreichende Rücksicht auf die Erfordernisse der Gläubiger ausgewählt, die aus organisatorischen Gründen für die Verputzarbeiten eine gewisse Vorlaufzeit und hinreichend gute Witterungsverhältnisse benötigen. Ebensowenig war der Schuldner berechtigt, seine Zustimmung zur Durchführung von Arbeiten davon abhängig zu machen, dass ihm die Namen und Anschriften der Personen, die sein Grundstück betreten sollten, benannt würden.
22
3. Das festgesetzte Ordnungsgeld wird von der Rechtsbeschwerde der Höhe nach nicht beanstandet; es ist jedenfalls nicht überhöht.
23
4. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist auch keine Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Frage, ob dieses Vollstreckungshindernis besteht , ist nach Art. 9 Abs. 1 EGStGB zu beurteilen (vgl. BGHZ 161, 60, 63; BayObLG WuM 1995, 443 f.). Danach beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre und beginnt, sobald die Handlung beendet ist (Art. 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGStGB). Der Verjährungsbeginn hängt dementsprechend maßgeblich von der Pflichtensituation des Schuldners ab. Ist ein Schuldner aufgrund eines Urteils verpflichtet, tätig zu werden, kann die Verjährung nicht beginnen, solange diese Pflichtensituation fortbesteht und der Schuldner pflichtwidrig untätig bleibt (vgl. dazu auch Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 78a Rdn. 6; MünchKomm.StGB/Mitsch, § 78a Rdn. 6; Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO, 3. Aufl., S. 303). Im vorliegenden Fall ist der Schuldner verurteilt worden, Verputzarbeiten zu dulden und dazu (durch aktives Tun) den Zutritt zu seinem Anwesen zu ermöglichen. Seine Pflicht, tätig zu werden, hängt deshalb davon ab, dass von den Gläubigern tatsächlich verlangt wird, den Zugang zu ermöglichen. Dies ist jedoch, wie die Vorinstanzen festgestellt haben, während des gesamten Verfahrens geschehen. Gleichwohl hat sich der Schuldner fortdauernd nur bereiterklärt, den Zugang unter Einschränkungen zu ermöglichen. Die Verfolgungsverjährung kann deshalb nicht beginnen , bevor sich der Schuldner bereiterklärt, den Zugang zu seinem Anwesen innerhalb der im Titel festgelegten Zeiten uneingeschränkt zu ermöglichen. Dies hat er bisher nicht getan.
24
C. Danach ist die Rechtsbeschwerde des Schuldners mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
AG Mainz, Entscheidung vom 08.05.2006 - 80 C 436/01 -
LG Mainz, Entscheidung vom 18.07.2006 - 3 T 118/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 323/02 Verkündet am:
11. April 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) des Inhalts, das dienende Grundstück zu
landwirtschaftlichen Zwecken zu überqueren, berechtigt den jeweiligen Eigentümer
des herrschenden Grundstücks nicht zu Fahrten von und zu den Gewächshäusern
und einem Wohnhaus, die er später für einen Gartenbaubetrieb errichtet
hat.

b) Die Verpflichtung, bestimmte Fahrten zu unterlassen, beinhaltet auch die Pflicht,
solche Fahrten durch Dritte zu verhindern; bleibt der Eigentümer insoweit untätig,
kann er zu einem Ordnungsgeld oder zu Ordnungshaft verurteilt werden.
BGH, Urt. v. 11. April 2003 - V ZR 323/02 - OLG Bremen
LG Bremen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 11. September 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Nr. 2 des Tenors des Berufungsurteils wird gemäß § 319 ZPO dahin berichtigt, daß die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht !#"%$ & ' ( in Höhe von 250.000 Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist seit 1983 Miteigentümer des in B. gelegenen Hausgrundstücks O. L. straße 125 B. Das unmittelbar angrenzende Grundstück O. L. straße 135 A, zu dem das 12.335 m² große Flurstück 92 gehört, steht seit 1985 im Miteigentum der Beklagten. Da dieses Grundstück über keinen eigenen Zugang zum öffentlichen Straßennetz verfügt, wurde zu Lasten des Grundstücks des Klägers im Jahr 1931 eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) eingetragen, die den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 92 dazu berechtigt, das nunmehr im Miteigentum des Klägers stehende Grund-
stück "zu landwirtschaftlichen Zwecken zu überwegen und mit Fahrzeugen zu befahren". Bei Bestellung der Grunddienstbarkeit wurde das Flurstück 92 als Ackerland genutzt. Der Beklagte zu 1 betreibt jetzt dort eine Gärtnerei, in der Blumen und Zierpflanzen aufgezogen und an Groß- und Einzelhändler veräußert werden. Zu diesem Zweck pachtete er weitere Grundstücke mit einer Fläche von insgesamt 14.927 m² hinzu.
Die Beklagten errichteten im Jahr 1986 auf dem Flurstück 92 Gewächshäuser mit einer Gesamtfläche von 2.000 m² und in den Jahren 1995/1996 ein Wohnhaus (Betriebsleiterhaus). Sie selbst bewohnen ein Haus, das sie auf dem benachbarten Grundstück O. L. straße 135 B (Flurstück 78) errichtet haben. Die Zuwegung zu den Baulichkeiten auf dem Flurstück 92 wurde durch die Eintragung von Grunddienstbarkeiten (Geh- und Fahrrechte mit Ausnahme der Benutzung zu gewerblichen Zwecken) zu Lasten der im Eigentum Dritter stehenden Flurstücke 60, 62 und 67 gesichert.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Nutzung des über sein Grundstück verlaufenden Wegs für Zwecke des Gartenbaubetriebs und des auf dem Flurstück 92 befindlichen Wohnhauses sowie zugunsten der hinzugepachteten Grundstücke und des Flurstücks 78 sei durch die Grunddienstbarkeit nicht gedeckt. Insoweit hat er die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das – sachverständig beratene - Landgericht hat den Beklagten untersagt , das Grundstück des Klägers von und zu dem Flurstück 78 einschließlich des darauf befindlichen Wohnhauses sowie mit Lastkraftwagen zu überwegen oder überwegen zu lassen, deren zulässiges Gesamtgewicht 7,5 t überschreitet. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beklagten verboten, dessen Grundstück für Fahrten zu und von den Gewächs-
häusern und dem Betriebsleiterhaus auf dem Flurstück 92 zu überwegen; darüber hinaus hat es den Beklagten aufgegeben, derartige Fahrten Dritter zu verhindern. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Gewichtsbeschränkung für den Lkw-Verkehr zu den Freilandkulturen aufgehoben.
Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage, soweit ihr das Oberlandesgericht stattgegeben hat, weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß sowohl die Hinzupachtung von Flächen als auch die Errichtung der Gewächshäuser und des Betriebsleiterhauses zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen auf dem über das Grundstück des Klägers verlaufenden Weg geführt hat. Während mit einer räumlichen Ausweitung des Gartenbaubetriebs wegen der veränderten Nutzungsintensität im landwirtschaftlichen Bereich zu rechnen gewesen sei, sei die mit der Errichtung der Gebäude verbundene Bedarfssteigerung auf eine willkürliche, nicht voraussehbare Nutzungsänderung des herrschenden Grundstücks zurückzuführen. Das durch die Gewächshäuser und das Betriebsleiterhaus verursachte Verkehrsaufkommen übersteige deshalb das zulässige Maß der Nutzung des bestehenden Wegerechts, so daß der Kläger gemäß § 1004 Abs. 1 BGB Unterlassung sämtlicher Fahrten verlangen könne, die durch die Bebauung des Flurstücks 92 anfielen. Soweit die Beklagten das Grundstück des Klägers für Fahrten von und zu den Freilandflächen des Gartenbaubetriebs nutzen
dürften, müsse der Kläger grundsätzlich auch das Befahren mit Lkws selbst mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t hinnehmen. Die Beklagten seien jedoch wegen des Gebots der möglichst schonenden Ausübung des Wegerechts gemäß § 1020 BGB verpflichtet, Materialanlieferungen nach Möglichkeit auf mehrere kleinere Lastkraftwagen zu verteilen.
Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

II.


Der Kläger kann von den Beklagten gemäß §§ 1004 Abs. 1, 1011 BGB verlangen, daß sie die Nutzung des in seinem Miteigentum stehenden Grundstücks für Fahrten von und zu den Gewächshäusern und dem Betriebsleiterhaus auf dem Flurstück 92 unterlassen.
1. Die mit den Fahrzeugbewegungen verbundene Beeinträchtigung des Grundeigentums des Klägers ist den Beklagten unabhängig davon zuzurechnen , ob die Fahrten von ihnen selbst oder von Dritten, etwa von Arbeitnehmern des Gartenbaubetriebs, Besuchern der Gewächshäuser oder Bewohnern des Betriebsleiterhauses, durchgeführt werden. Auch im letzteren Falle sind die Beklagten als mittelbare Störer anspruchsverpflichtet, da sie durch die Unterhaltung des Gartenbaubetriebs und die Errichtung der Gebäude auf dem Flurstück 92 den Fahrzeugverkehr in adäquater Weise verursacht haben (vgl. Senat , BGHZ 144, 200, 203). Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
2. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, daß die auf dem Grund- stück des Klägers lastende Dienstbarkeit ihn nicht zur Duldung des durch die Bebauung des Flurstücks 92 hervorgerufenen gesteigerten Verkehrsaufkommens verpflichtet (§§ 1004 Abs. 2, 1018 BGB). Ihrem Inhalt nach berechtigt die Grunddienstbarkeit die Beklagten als Miteigentümer des herrschenden Grundstücks nämlich nicht zu einer Nutzung des dienenden Grundstücks für Fahrten von und zu den Gewächshäusern und dem Betriebsleiterhaus.

a) Zur Ermittlung des ursprünglichen Inhalts einer Dienstbarkeit ist vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt; Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen jedoch insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Senat, BGHZ 92, 351, 355; 145, 16, 20 f.; Urt. v. 8. Februar 2002, V ZR 252/00, NJW 2002, 1797, 1798). Dabei kann das Revisionsgericht die Grundbucheintragung selbständig würdigen und auslegen (Senat, BGHZ 37, 147, 148; 92, 351, 355; 106, 348, 351; 145, 16,

21).


aa) Nach dem Wortlaut der Grundbucheintragung darf das Wegerecht "zu landwirtschaftlichen Zwecken" ausgeübt werden. Unter den Begriff der Landwirtschaft fällt nach dem maßgeblichen Verständnis im Zeitpunkt der Rechtseinräumung (Staudinger/Mayer, BGB [2002], § 1018 Rdn. 139 m. w. Nachw.) auch der erwerbsgärtnerische Anbau von Blumen und Zierpflanzen, jedenfalls dann, wenn er – wie hier – überwiegend in Freilandkulturen und nicht überwiegend in Gewächshäusern betrieben wird (vgl. Senat, BGHZ 8, 109,
112 f. [zu § 1 HöfeO]; MünchKomm-BGB/Voelskow, 3. Aufl., § 585 Rdn. 4; Soergel/Heintzmann, BGB, 12. Aufl., § 585 Rdn. 6). Da ebenso wie die Gewächshäuser auch das auf dem Flurstück 92 befindliche Wohnhaus, welches dem Betriebsleiter als Unterkunft dient, Bestandteil des von dem Beklagten zu 1 unterhaltenen Gartenbaubetriebs ist (vgl. Erman/Jendrek, BGB, 10. Aufl., § 585 Rdn. 3), dienen Fahrten von und zu den Gewächshäusern und dem Betriebsleiterhaus landwirtschaftlichen Zwecken.
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen jedoch Anhaltspunkte außerhalb der Grundbucheintragung dafür vor, daß das Wegerecht nicht zu dem Zweck bestellt wurde, den Zugang zu einem landwirtschaftlichen Betrieb, zu dem neben Freilandflächen auch Gewächshäuser und ein Wohnhaus gehören, zu ermöglichen. Zu den bei der Auslegung einer Grundbucheintragung zu berücksichtigenden ohne weiteres erkennbaren Umständen gehören die tatsächlichen Verhältnisse der beteiligten Grundstücke, insbesondere die Lage und Verwendungsart des herrschenden Grundstücks (Senat, Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 218/91, NJW 1992, 2885 f.; Urt. v. 8. Februar 2002, V ZR 252/00, NJW 2002, 1797, 1798; Staudinger/Mayer, § 1018 Rdn. 138; MünchKomm -BGB/Falckenberg, § 1018 Rdn. 17). Zum Zeitpunkt der Eintragung des Wegerechts im Jahr 1931 handelte es sich sowohl bei dem dienenden als auch bei dem herrschenden Grundstück um reine Ackerflächen. Eine Bebauung der Grundstücke stand seinerzeit nicht in Rede. Nach den örtlichen Verhältnissen sollte somit die Grunddienstbarkeit dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks lediglich ermöglichen, dort Landwirtschaft zu betreiben.

b) Allerdings liegen Inhalt und Umfang einer zeitlich unbegrenzten Dienstbarkeit nicht in jeder Beziehung von vornherein für alle Zeiten fest, son-
dern sind gewissen Veränderungen unterworfen, die sich aus der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung ergeben. Maßgeblich ist nicht die augenblickliche , bei Bestellung der Grunddienstbarkeit gerade bestehende Nutzung; es kommt vielmehr auf den allgemeinen, der Verkehrsauffassung entsprechenden und äußerlich für jedermann ersichtlichen Charakter des betroffenen Grundstücks an sowie auf das Bedürfnis, von dem Wegerecht in diesem Rahmen Gebrauch zu machen (Senat, Urt. v. 27. Januar 1960, V ZR 148/58, NJW 1960, 673; Urt. v. 30. März 1965, V ZR 43/63, NJW 1965, 1229; Urt. v. 21. Mai 1971, V ZR 8/69, LM Nr. 20 zu § 1018 BGB, Bl. 1000; Urt. v. 25. April 1975, V ZR 185/73, DNotZ 1976, 20 f.; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 31, S. 9). Dementsprechend kann der Umfang einer Dienstbarkeit mit dem Bedürfnis des herrschenden Grundstücks wachsen, wenn sich die Bedarfssteigerung in den Grenzen einer der Art nach gleichbleibenden Benutzung dieses Grundstücks hält und nicht auf eine zur Zeit der Dienstbarkeitsbestellung nicht vorhersehbare oder auf eine willkürliche Benutzungsänderung zurückzuführen ist (Senat, BGHZ 44, 171, 172 f.; 145, 16, 21; Urt. v. 30. September 1994, V ZR 1/94, NJW-RR 1995, 15, 16; Urt. v. 2. Oktober 1998, V ZR 301/97, NJW-RR 1999, 166, 167; Urt. v. 8. Februar 2002, V ZR 252/00, NJW 2002, 1797, 1798; Staudinger /Mayer, § 1018 Rdn. 156, 157; MünchKomm-BGB/Falckenberg, § 1018 Rdn. 52). Auf eine derartige entwicklungsbedingte Änderung des Inhalts der Grunddienstbarkeit können sich die Beklagten jedoch entgegen der Auffassung der Revision nicht berufen.
Der ursprüngliche Charakter des Ackergrundstücks änderte sich zwar nicht schon dadurch, daß die Beklagten, anstatt Feldfrüchte anzubauen, damit begannen, Blumen und Zierpflanzen auf den Freiflächen heranzuziehen. Dagegen hatte die Errichtung der Gewächshäuser und des Betriebsleiterhauses
eine grundlegende Änderung der landwirtschaftlichen Nutzung zur Folge, da hierdurch ein Gartenbaubetrieb mit vielfältigen Außenbeziehungen geschaffen wurde, die eine erhebliche Steigerung des Verkehrsaufkommens mit sich brachten. Nach dem von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. erfordert der Betrieb der Beklagten den Antransport sowohl von Verbrauchsmaterialien wie Töpfen, Erden, Jungpflanzen, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Heizöl, Folien oder Verpackungsmaterialien , als auch von Investitionsgütern wie Maschinen, Geräten, Gewächshäusern oder Heizungsanlagen, sowie den Abtransport von Verkaufswaren und Abfallprodukten. Darüber hinaus müssen zahlreiche in dem Betrieb tätige Personen wie Arbeitnehmer, Handwerker, Betriebsberater und Kaufinteressenten sowie die Bewohner und Besucher des Betriebsleiterhauses von dem und zu dem Grundstück der Beklagten gelangen. Hierfür ist der Einsatz verschiedenartiger Kraftfahrzeuge, auch schwerer Lastkraftwagen, erforderlich. Für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 hat der Sachverständige anhand der Buchhaltungsunterlagen mindestens 868 durch den Produktionsabsatz veranlaßte Fahrten und mindestens 360 Fahrten von Lieferanten und Handwerkern festgestellt. Dies zeigt, daß der Verkehrsbedarf des Gartenbaubetriebs in seiner jetzigen Form mit demjenigen einer landwirtschaftlichen Freifläche weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht vergleichbar ist. Die Bedarfssteigerung beruht damit nicht allein auf einer naturgemäßen Fortentwicklung der technischen oder wirtschaftlichen Verhältnisse, sondern wesentlich auch auf einer von den Beklagten vorgenommenen, im Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbestellung nicht vorhersehbaren Intensivierung der Nutzung.
3. Nach alledem haben die Beklagten die Benutzung des im Miteigentum des Klägers stehenden Grundstücks auf ein Maß zu beschränken, das dem
Durchschnittsmaß der Nutzung des dienenden Grundstücks in der Zeit vor der Errichtung der Gewächshäuser und des Betriebsleiterhauses unter Berücksichtigung des Fortschritts der Technik entspricht (vgl. Senat, BGHZ 44, 171, 177; Urt. v. 14. Dezember 1973, V ZR 136/71, DNotZ 1974, 290, 291). Hieraus folgt, daß sie, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, sämtliche Fahrten über das Grundstück des Klägers zu unterlassen haben, die ausschließlich durch die Bebauung des Flurstücks 92 veranlaßt sind. Die Unterlassungspflicht der Beklagten beinhaltet auch die Verpflichtung, solche Fahrten durch Dritte zu verhindern (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 204). Bleiben die Beklagten insoweit untätig, können sie nach § 890 ZPO zu einem Ordnungsgeld oder zu Ordnungshaft verurteilt werden, weil der negatorische Anspruch auch die titulierbare Verpflichtung zu einem positiven Tun erfaßt (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 2001, 163, 164; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 890 Rdn. 3a; Stein-Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 890 Rdn. 5).
Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Abgrenzung der Fahrten nach ihrem jeweiligen Zweck keineswegs praktisch undurchführbar. Insbesondere trifft es nicht zu, daß es keinen Verkehr allein von oder zu den Baulichkeiten gäbe. So stehen etwa die Anlieferung von Heizöl oder der Abtransport von Hausabfällen ebensowenig in einem Zusammenhang mit der Kultivierung von Pflanzen auf den Freiflächen wie Fahrten von Besuchern des Betriebsleiterhauses oder von Handwerkern, die mit der Durchführung von Reparaturarbeiten an den Baulichkeiten beauftragt sind. Durchgreifende Zweifel an der Vollstreckungsfähigkeit des angefochtenen Urteils bestehen daher nicht.
4. Gegenüber dem Unterlassungsbegehren des Klägers können sich die Beklagten nicht auf den Einwand des Rechtsmißbrauchs berufen (§§ 226, 242
BGB). Zum einen hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an einer Einschränkung des sein Grundeigentum beeinträchtigenden Fahrzeugverkehrs. Zum anderen ist mit dieser Einschränkung nicht, wie von der Revision geltend gemacht wird, die Gefahr verbunden, daß den Beklagten und den in ihrem Gartenbaubetrieb beschäftigten Arbeitnehmern die Existenzgrundlage entzogen wird. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Zuwegung zu den Gebäuden auf dem Flurstück 92 durch die auf den Flurstücken 60, 62 und 67 lastenden Wegerechte gesichert ist, die nur eine Benutzung zu gewerblichen Zwecken ausschließen, worunter die hier in Rede stehende Benutzung zu landwirtschaftlichen Zwecken nicht fällt.
5. Schließlich ist die von der Revision erhobene Rüge, eine Verpflichtung der Beklagten, Materialanlieferungen nach Möglichkeit auf mehrere kleinere Lastkraftwagen zu verteilen, sei mangels hinreichender Bestimmtheit nicht vollstreckungsfähig, unbeachtlich. Insoweit enthält das Berufungsurteil lediglich einen allgemeinen Hinweis auf das Gebot der schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit (§ 1020 BGB), den das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der den Beklagten günstigen und deshalb mit der Revision nicht angefochtenen Aufhebung der vom Landgericht angeordneten Gewichtsbeschränkung für den Lkw-Verkehr erteilt hat.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein
Lemke Schmidt-Räntsch

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.