Oberlandesgericht Rostock Urteil, 05. Apr. 2007 - 7 U 126/06

bei uns veröffentlicht am05.04.2007

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock, Az.: 10 O 55/05, vom 11.08.2006 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vorher die Klägerin jeweils in selber Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von 15.338,76 EUR aus einer "Reservierungsvereinbarung".

2

Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte in erster Instanz, Herr J., als sog. "Reservierungsnehmer" und die Beklagten als sog. "Reservierungsgeber" schlossen am 07.10.1998 einen als "Verbindliche Reservierungsvereinbarung" bezeichneten Vertrag folgenden Inhalts:

3

"§ 1 Vertragsparteien

...

        

§ 2 Reservierungsobjekt

Reservierungsort: ...

Grundstückspreis: 130,00 pro m² Bauland, 30,00 DM pro m² Gartenland

Größe: ca. 500 m² Bauland, ca. 1.000 m² Gartenland

Die endgültige Größe wird bei der Vermessung festgelegt.

        

Der Verkäufer sagt dem Kaufinteressenten eine verbindliche Reservierung für das o.g. Grundstück unwiderruflich zu.

Die Reservierung ist einem Vorkaufsrecht gleichgestellt.

        

§ 3 Reservierungspauschale

Die Reservierungspauschale beträgt unabhängig von Größe und Beschaffenheit des Grundstücks

        

30.000,00 DM.

        

Sie ist zahlbar und fällig mit Unterzeichnung dieses Vertrages.

        

Die Reservierungspauschale wird mit dem späteren Kaufpreis verrechnet und ist somit Bestandteil des Grundstückspreises.

        

Die restliche Kaufsumme wird spätestens zehn Tage nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages fällig.

        

..."

4

Auf der Vertragsurkunde quittierten die Beklagten die Reservierungspauschale i.H.v. 30.000,00 DM (= 15.338,76 EUR) am Tag des Vertragsschlusses erhalten zu haben.

5

Im Sommer des Jahres 2004 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagten eine Teilfläche des reservierten Grundstücks verkauft hatten und dass dieses inzwischen bebaut worden war bzw. wurde. Die Beklagten hatten die Klägerin hierüber nicht informiert.

6

Mit Schreiben vom 01.12.2004 verlangte der Bevollmächtigte der Klägerin und des Drittwiderbeklagten, Herr R., Rückzahlung der Reservierungspauschale bis zum 31.12.2004. Die Beklagten antworteten mit Schreiben vom 15.12.2004 und baten um den Nachweis der Legitimation von Herrn R., für die Klägerin und den Drittwiderbeklagten handeln zu dürfen. Unter dem 17.12.2004 wies Herr Rechtsanwalt R. seine Vollmacht nach und wiederholte sein Rückzahlungsverlangen. Mit Schreiben vom 04.01.2005 lehnte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten jegliche Zahlung ab.

7

Mit Vertrag vom 31.01.2005 trat der Drittwiderbeklagte seine Ansprüche aus der "Verbindlichen Reservierungsvereinbarung" vom 07.10.1998 an die Klägerin ab.

8

Die Klägerin hat vorgetragen, die Reservierungsvereinbarung stelle kein Vorkaufsrecht dar. Ein Vorkaufsrecht setze einen Verkauf an Dritte voraus, dies habe aber gerade ausgeschlossen werden sollen. Die streitgegenständliche Vereinbarung sei daher nicht formbedürftig gewesen.

9

Die Klägerin hat beantragt,

10

die Beklagten zu verurteilen, an sie gesamtschuldnerisch 15.338,76 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2004 zu zahlen, sowie weitere 449,96 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagten haben beantragt,

12

die Klage abzuweisen

13

und widerklagend

14

die Klägerin und den Drittwiderbeklagten zu verurteilen, den Beklagten für die außergerichtliche Rechtsvertretung Kosten i. H. v . 581,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

15

Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte haben beantragt,

16

die Widerklage abzuweisen.

17

Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben.

18

Wegen des streitigen Vorbringens im Weiteren wird auf das angegriffene Urteil des Landgerichts Rostock vom 11.08.2006 verwiesen.

19

Das Landgericht hat der Klage im vollen Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der Klägerin stehe - auch aus abgetretenem Recht - ein Anspruch auf Rückzahlung der Reservierungspauschale aus einer positiven Forderungsverletzung der "Verbindlichen Reservierungsvereinbarung" zu. Dieser sei wirksam. Die Beklagten hätten gegen das vereinbarte Veräußerungsverbot verstoßen. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil die Klägerin erst im Jahre 2004 Kenntnis von der positiven Forderungsverletzung erlangt habe.

20

Soweit das Landgericht Rostock der Klage stattgegeben hat, haben die Beklagten am 23.11.2006 Berufung eingelegt und begründet. Der Senat hat mit Beschluss vom 11.12.2006 den Beklagten Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist gewährt.

21

Die Beklagten vertiefen ihr Vorbringen dazu, dass der "Verbindliche Reservierungsvertrag" nichtig sei und dass ein Bereicherungsanspruch verjährt sei. Die Vorschrift des § 196 BGB sei nach ihrem Normzweck einschränkend auszulegen. Dieser gebiete es, die Zehn-Jahres-Frist nur auf solche Fälle anzuwenden, in denen die Erfüllung des Ersatzanspruches durch den Schuldner nicht ausschließlich von seiner Leistungsbereitschaft und -fähigkeit abhänge, sondern darüber hinaus auch von Umständen, auf die er keinen Einfluss habe.

22

Die Beklagten beantragen,

23

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Rostock vom 11.08.2006 die Klage abzuweisen.

24

Die Klägerin beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen

26

Sie verteidigt das Urteil des Landgericht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

27

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

28

1. Sollte die verbindliche Reservierungsvereinbarung ungeachtet des Fehlens einer notwendigen Beurkundung i.S.d. § 313 BGB a.F. wirksam sein, ergäbe sich ein Anspruch der Klägerin aus §§ 325 Abs. 1 Satz 3, 323 Abs. 3 a.F., 812, 818 Abs. 1 BGB.

29

Die Beklagten haben die reservierte Teilfläche des Grundstücks verkauft. Infolge dessen ist von einer subjektiven Unmöglichkeit (sog. Unvermögen) gem. § 275 Abs. 2 BGB a.F. auszugehen.

30

Allerdings kann nicht per se von einem Unvermögen ausgegangen werden, wenn der Schuldner die geschuldete Sache veräußert hat und wenn er über den Gegenstand nicht mehr verfügen kann und auf ihn keinen Anspruch mehr hat. Eine Unmöglichkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn feststeht, dass der Schuldner die Verfügungsmacht nicht mehr erlangen und zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruches auch nicht auf die Sache einwirken kann. Solange dagegen die Möglichkeit besteht, dass der Dritte dem Schuldner die Verfügungsmacht wieder einräumt oder der Verfügung zustimmt, steht sein Unvermögen nicht fest (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 07.10.1983, V ZR 261/81, NJW 1984, 479).

31

Gleichwohl ist es vorliegend gerechtfertigt, aufgrund des Sach- und Streitstandes ein Unvermögen der Beklagten anzunehmen. Denn sie haben nicht dargetan, dass sie im Falle einer Inanspruchnahme der "Allgemeinen Reservierungsvereinbarung" durch die Klägerin zur Erfüllung willens und in der Lage wären. Auch wenn grundsätzlich derjenige, der einen Anspruch geltend macht, alle anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und ggf. auch beweisen muss, während der Gegner die anspruchshindernden, die anspruchsvernichtenden und anspruchshemmenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat, erfährt diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast vorliegend eine Modifizierung. Ist die Unmöglichkeit - wie bei einem Anspruch aus §§ 280, 325 BGB a.F. - anspruchsbegründende Voraussetzung, wird es dem Gläubiger häufig nicht möglich sein, Umstände vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass ein Rückerwerb des geschuldeten Gegenstandes durch den Schuldner ausgeschlossen ist. Die für diese Beurteilung maßgeblichen Tatsachen beruhen weitgehend auf den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen des Schuldners zum Erwerber, die dem darlegungsbelasteten Gläubiger regelmäßig nicht oder nicht ausreichend bekannt sind, während der Schuldner hierzu aus eigener Kenntnis ohne Weiteres näher vortragen kann (vgl. hierzu u.a. BGH, Urt. v. 26.03.1999, V ZR 368/97, NJW 1999, 2034/2035).

32

Rechtsfolge des § 323 Abs. 3 BGB a. F. ist, dass das Vorgeleistete - hier die Reservierungspauschale - nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zurückzugewähren ist. Dieser Anspruch wäre nicht verjährt, weil er erst im Jahre 2004 - im Zeitpunkt des Eintritts des Unvermögens infolge des Verkaufs - entstanden wäre und weil selbst eine kurze Verjährungsfrist von 3 Jahren im Zeitpunkt der Klageeinreichung nicht abgelaufen wäre.

33

2. Entsprechendes würde gelten, wenn der allgemeine Reservierungsvertrag unwirksam wäre, weil er nicht gem. § 313 BGB a. F. notariell beurkundet worden ist.

34

a. Für eine Formnichtigkeit sprechen in den Augen des Senates die überwiegenden Argumente. Die streitgegenständliche "Allgemeine Reservierungsvereinbarung", die nicht mit einer gängigen und sowohl in der Rechtsprechung wie auch in der Literatur behandelten Reservierungsvereinbarung zwischen einem Kaufinteressenten und einem Makler gleichgesetzt werden kann (vgl. hierzu u.a. BGH, Urt. 10.02.1988, IVa ZR 268/86, MDR 1988, 651) oder mit einer Reservierungsvereinbarung, mit der sich ein Erwerber bei Vermeidung einer "Vertragsstrafe" zum Kauf eines Grundstücks "verpflichtet" (vgl. OLG Köln, Urt. v. 12.09.2000, 3 U 16/00, OLGR Köln 2001, 69), ist dahin auszulegen, dass die Beklagten zugesagt haben, für einen unbegrenzten, jedenfalls aber nicht dokumentierten Zeitraum das Grundstück für die Klägerin und den Drittwiderbeklagten "freizuhalten". Diesen ist das Recht eingeräumt worden, das Grundstück zu einem festgelegten Kaufpreis unter Anrechnung der Reservierungspauschale zu erwerben. Nicht die Klägerin und der Drittwiderbeklagte sind damit eine rechtsgeschäftsähnliche Verpflichtung i.S.d. § 313 BGB a.F. eingegangen, sondern die Beklagten, indem sie sich ihrer freien Verfügungsbefugnis über die streitgegenständliche Teilfläche ihres Grundstücks begeben haben.

35

Der dahin auszulegende Vertrag wäre gem. § 313 BGB a.F. formbedürftig gewesen. Sowohl § 313 BGB a.F. als auch § 311 b BGB dienen gleichermaßen dem Interesse des Erwerbers wie des Veräußerers eines Grundstücks an einem Schutz vor einem übereilten Geschäftsabschluss, an einer sachgemäßen Beratung (§ 17 BeurkG), an der Gültigkeit und am Beweis der Vereinbarung (st. Rspr.; vgl. u.a. BGH, Urt. v. 14.03.2003, V ZR 278/01, BGH-Report 2003, 647). Die "Verbindliche Reservierungsvereinbarung" kommt der Einräumung eines Vorkaufsrechts gleich, wie es die Parteien im Vertrag auch ausdrücklich bestimmt haben und wie es die Rechtsprechung seit jeher als beurkundungspflichtig angesehen hat. Der Grund liegt eben darin, dass der Eigentümer schon durch die Begründung des Vorkaufsrechts wie hier in seiner Dispositionsfreiheit hinsichtlich des Grundeigentums gebunden wird (vgl. u. a. BGH, Urt. v. 09.01.2003, IX ZR 422/99, DNotZ 2003, 426; OLG Koblenz, Urt. v. 06.04.1995, 5 U 135/95, NJW-RR 1996, 744).

36

Geht man von einer Formbedürftigkeit aus, ergibt sich der Anspruch auf Rückzahlung der Reservierungspauschale unmittelbar aus §§ 812, 818 Abs. 1 BGB, weil die "Allgemeine Reservierungsvereinbarung" nichtig ist. Die Frage der hinreichenden Bestimmbarkeit des Kaufgegenstandes würde sich gar nicht erst stellen.

37

b. Dieser Bereicherungsanspruch wäre auch unter Berücksichtigung des neuen Verjährungsrechts gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 1 EGBGB nicht verjährt. Es würde nicht die kurze Verjährungsfrist des § 195 BGB gelten, sondern die Verjährungsfrist von zehn Jahren gem. § 196 BGB. Die Fragen, ob am 01.01.2002 eine Kenntnis gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen muss, um die Verjährungsfrist unmittelbar anlaufen zu lassen (vgl. hierzu bejahend BGH, Urt. v. 23.01.2007, XI ZR 44/06), ob durch den Schriftwechsel Ende 2004 die Verjährungsfrist durch ein Verhandeln gem. § 203 BGB gehemmt gewesen ist (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 26.10.2006, VII ZR 194/05, NJW ) und ob auf Seiten der Klägerin und des Drittwiderbeklagten eine Kenntnis gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorgelegen hat (vgl. hierzu u.a. OLG Bamberg, Urt. v. 04.05.2006, 1 U 234/05, NJW-RR 2006, 1406), können dahinstehen.

38

1) Nach § 196 BGB verjähren in zehn Jahren die Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung. Die Gegenleistung ist in der Regel der Kaufpreis für das Grundstück. Ob die Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises auch im Falle der Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages nach Bereicherungsrecht gem. § 195 BGB verjähren oder gem. § 196 BGB, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet. Der Senat ist der Ansicht, dass sich die Verjährung einheitlich nach § 196 BGB richtet und dass dies auch dann gilt, wenn die Rückabwicklung eines Vorvertrages oder Ähnliches wie hier in Rede steht.

39

2) Soweit ersichtlich hat sich bislang nur das Landgericht Rottweil (Urt. v. 11.04.2006, 2 O 490/05, zitiert nach Juris) mit der Frage auseinandergesetzt und sich für eine kurze Verjährungsfrist entschieden. Die zehnjährige Verjährungsdauer des § 196 BGB sei nach Sinn und Zweck auf Ansprüche aus einer Rückabwicklung eines Grundstücksgeschäfts nicht anzuwenden. Vom Wortlaut her fielen Ansprüche aus der Rückübertragung eines Grundstücks, zu denen der Schuldner aufgrund von Störungen des ursprünglichen Leistungsverhältnisses verpflichtet sei, zwar unter die Regelung des § 196 BGB. Richtigerweise sei jedoch § 196 BGB vor Rückabwicklungsansprüchen einschränkend auszulegen, da die zehnjährige Verjährungsdauer nach Sinn und Zweck lediglich für solche Fälle gelten solle, bei denen sich der Vollzug des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus Gründen verzögern könne, auf die der leistungsbereite Schuldner keinen Einfluss habe. Mit der Zehnjahresfrist solle insbesondere den Besonderheiten von Verträgen Rechnung getragen werden, die Grundstücke oder Rechte an Grundstücken zum Inhalt hätten. Bei diesen Verträgen bestehe die Besonderheit, dass der zur Erfüllung führende Leistungserfolg nicht ausschließlich von der Leistungshandlung des Schuldner abhänge. Vermessungen und Katastereintragungen könnten zu erheblichen Zeitverzögerungen führen. Hinzu kämen Verzögerungen im Zusammenhang mit der vom Finanzamt zu erteilenden Unbedenklichkeitsbescheinigung, wenn der Käufer über die Höhe der Grunderwerbssteuer mit dem zuständigen Finanzamt streite und deshalb die Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht erteilt werde (BT-Drucks. 14/6040, S. 105; MünchKommBGB/Grothe, 5. Aufl., § 196 Rn. 1).

40

3) Auch die Literatur ist zum Teil dieser Ansicht. Einerseits werden die Sekundäransprüche grundsätzlich aus dem Anwendungsbereich des § 196 BGB herausgenommen (Bamberger/Henrich, § 196 Rz. 3). Weniger weitgehend werden die Sekundäransprüche unter § 196 BGB subsumiert, die ebenfalls auf eine dingliche Rechtsänderung gerichtet sind, nicht aber die Sekundäransprüche des Gläubigers der Gegenleistung; in diesen Fällen sei aus den auch vom LG Rottweil bemühten Motiven heraus eine teleologische Reduktion geboten (vgl. MünchKommBGB/Grothe, 5. Aufl., § 196 Rn. 1). Die Gegenansicht vertritt die Auffassung, der unter § 196 BGB fallende Gegenanspruch könne sich auch aus dem Gesetz ergeben; sei z.B. ein Grundstückskaufvertrag nichtig, seien die allfälligen Rückgewähransprüche beider Seiten durch § 196 BGB abgesichert, die des Käufers nicht nur durch § 215 BGB (Staudinger/Peters, § 196 (2003), Rz. 11 aE).

41

4) Der Senat schließt sich im Ergebnis der letztgenannten Ansicht an.

42

Auch bei den Sekundäransprüchen auf Rückübertragung bzw. auf Rückzahlung eines Entgelts handelt es sich um einen "Anspruch auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück" und um den korrespondierenden "Anspruch auf die Gegenleistung". Es besteht kein Grund, das Gesetz abweichend von der sprachlich-grammatikalischen Auslegung einschränkend zu interpretieren. Insbesondere ist eine systematische Notwendigkeit hierfür nicht erkennbar. Der Vollzug eines Rückübertragungsanspruches kann sich ebenso verzögern wie der Vollzug des ursprünglichen Erfüllungsanspruches des Gläubigers. Im einen wie im anderen Fall ist - worauf der Gesetzgeber abgestellt hat (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 105) - die Durchsetzbarkeit des Anspruchs nicht allein vom Willen und dem Handlungsspielraum der Parteien abhängig, weil die Veränderung des Rechts einer Eintragung im Grundbuch bedarf und grundbuchspezifische Verzögerungen zu besorgen sind. Es mag sein, dass im Falle eines Rückübertragungsanspruches grundbuchspezifische Schwierigkeiten und damit verbundene Zeitverzögerungen beim Vollzug weniger häufig sind als beim Vollzug eines Erfüllungsanspruches. Diese Unterschiede weisen aber keinen derartigen strukturellen Unterschied auf, der eine einschränkende Gesetzesauslegung rechtfertigen könnte. Da § 196 BGB abstrakt ausgestaltet ist, verbietet sich auch eine einzelfallbezogene Prüfung dahingehend, ob im zu beurteilenden Einzelfall tatsächlich Verzögerungen eingetreten sind bzw. zu besorgen gewesen wären.

43

Nicht gerechtfertigt ist es auch, für die in aller Regel in Geld bestehenden Gegenansprüche eine andere Verjährungsregel eingreifen zu lassen als für den Erfüllungs- bzw. Rückübertragungsanspruch. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 14/7052, S. 179) geht hervor, dass die Gegenleistung auf Initiative des Rechtsausschusses in den Regelungsbereich des § 196 BGB aufgenommen worden ist, damit der Anspruch auf Übertragung des Eigentums und der Anspruch auf die Gegenleistung nicht unterschiedlich verjähren. Solch unterschiedliche Verjährungsfristen würden zwar nicht dazu führen, dass die von § 196 BGB erfassten Ansprüche auf Übertragung bzw. Rückübertragung nach einer Verjährung der Gegenleistungsansprüche noch erfüllt werden müssten; dem stünden §§ 320, 215 BGB entgegen. Jedoch könnten die Verträge in einem solchen Stadium nicht mehr beendet werden. Die Argumentation von Grothe (MünchKommBGB/Grothe, a.a.O.), es bestehe kein Grund, den Gläubiger zu privilegieren, sobald er seinen Anspruch erbracht habe, weil die vom Gesetzgeber besorgte Divergenz zweier Verjährungsfristen dann nicht mehr gegeben sei, überzeugt nicht. Sie hebt auf einen nicht verallgemeinerungsfähigen Einzelfall ab, der es nicht rechtfertigen kann, die Intention des Gesetzgebers zu korrigieren und es nicht bei einer abstrakten Auslegung zu belassen.

44

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

45

Die Revision ist zuzulassen, weil die Sache bezüglich der Verjährung eine entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und damit von grundsätzlicher Bedeutung ist (hierzu BGH, Beschl. v. 4. 7. 2002, V ZB 16/02, NJW 2002, S. 3029).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Urteil, 05. Apr. 2007 - 7 U 126/06

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Rostock Urteil, 05. Apr. 2007 - 7 U 126/06

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

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(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S
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(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, wird durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen.

*

(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 278/01 Verkündet am:
14. März 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Bodengutachten, das nach der Baubeschreibung zu beachten ist, nicht
aber die vertragliche Beschaffenheit des Gebäudes bestimmt, bedarf keiner Beurkundung.
BGH, Urt. v. 14. März 2003 - V ZR 278/01 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten und der Streithelfer werden das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 6. Juni 2001 aufgehoben und das Urteil der 36. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 14. Juli 2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits und die durch die Streithilfe verursachten Kosten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger kaufte von der Beklagten mit Verträgen vom 21. Dezember 1994 und vom 30. Dezember 1996, beurkundet von dem amtlich bestellten Vertreter des Notars Z. in München und dem Notar Dr. R. in München, Eigentumswohnungen in einer Wohnanlage in B. -F. . Die Wohnungen waren bei Abschluß der Verträge geplant bzw. im Bau. Wegen der Bauausführung verwiesen die Verträge auf eine Baubeschreibung, die eine Anlage zu der von dem Notar H. in B. am 7. November 1994 beurkun-
deten Teilungserklärung ist. Zur Gründung des Gebäudes enthält die Baubeschreibung folgendes:
"Herstellen der Streifen-, Einzel- und Punktfundamente gemäß Bodenbeschaffenheit und Bodenpressung bzw. Statik. Das Bodengutachten des Büros P. ist zu beachten." Das Gutachten war nicht Gegenstand der Beurkundung. Der Gutachter hält eine einwandfreie Gründung auf Streifen- oder Einzelfundamenten für nicht möglich und befürwortet eine Pfahlgründung. Spätere Gutachten eines anderen Sachverständigen halten den Einsatz des Düsenstrahlverfahrens und Flächengründung für geeignet. Bei der Ausführung des Gebäudes wurde auf eine Pfahlgründung verzichtet. In einzelnen Wänden sind Risse aufgetreten, deren Ursache streitig ist. Nach Anlage der Wohnungsgrundbücher erklärte die Beklagte am 9. April 1997, aufgrund in den Kaufverträgen enthaltener Vollmachten zugleich für den Kläger, die Auflassungen. Der Kläger hat eine einstweilige Verfügung erwirkt, nach der der Beklagten untersagt wird, das Wohnungseigentum dem Kläger "zu übertragen, insbesondere einen Antrag auf Eintragung des Antragstellers (scil. Klägers) als Eigentümer beim Grundbuchamt zu stellen oder einen solchen Antrag aufrechtzuerhalten".
Im Hauptsacheverfahren hat der Kläger einen Verbotsantrag mit dem Inhalt der einstweiligen Verfügung gestellt. Das Landgericht hat dem Antrag stattgegeben, über die Hilfswiderklage auf Löschung der zugunsten des Klägers eingetragenen Auflassungsvormerkungen, auf Löschung von Grundpfandrechten , auf Herausgabe der Wohnungen und verschiedener Bürgschaftsurkunden sowie auf Abtretung von Mietansprüchen, jeweils Zug um Zug gegen Rückzahlung der Kaufpreise, hat es noch nicht entschieden. Das Oberlandes-
gericht hat die von der Beklagten und dem auf ihrer Seite beigetretenen Notar H. eingelegte Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Revi- sion der Beklagten, des Streithelfers sowie der Notare Dr. R. und Z. als weiterer Streithelfer. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht hält die Kaufverträge wegen der Nichtbeurkundung des Gutachtens P. für formnichtig. Die Beurkundung sei für die vollständige Wiedergabe der auf die Vertragsschlüsse gerichteten Willenserklärungen erforderlich gewesen, da das Gutachten Bestandteil der Baubeschreibung geworden sei. Der Gutachter habe mit dem Ausschluß bestimmter Gründungsarten wegen fehlender Eignung auf die Baubeschreibung Einfluß genommen und in diese einen Widerspruch eingefügt. Auch wenn bei der Erstellung der Baubeschreibung lediglich eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des Gutachters, nicht aber auf die von diesem gezogenen Schlußfolgerungen habe erfolgen sollen, sei nach dem im Verhältnis zum Kläger maßgebenden Wortlaut der Baubeschreibung das gesamte Gutachten zu beachten gewesen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger bei Mitbeurkundung des Gutachtens über dessen Widerspruch zur Baubeschreibung hinweggegangen wäre. Das Unterbleiben der Beurkundung bewirke eine Gesamtnichtigkeit der Kaufverträge; denn der Kläger hätte auf eine Einbeziehung des Gutachtens nur verzichten können, wenn ihm dessen Inhalt bekannt gewesen wäre.

II.


Die Revision der Beklagten und ihrer Streithelfer hat Erfolg.
1. Ob das Landgericht, was die Streithelfer Dr. R. und Z. wegen möglichen Widerspruchs zur Entscheidung über die Hilfswiderklage als unzulässig rügen (§ 301 ZPO), über die Klage durch Teilurteil befinden durfte, bedarf keiner Entscheidung. Die Klage ist zur Abweisung durch das Revisionsgericht reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.), damit fällt die Rechtshängigkeit der Hilfswiderklage rückwirkend weg (allg. M., statt aller Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 260 Rdn. 4 m.w.N.). Die Klageabweisung durch den Senat stellt keine Teilentscheidung dar.
2. Zu Recht weisen die Streithelfer Dr. R. und Z. darauf hin, daß ein Anspruch des Klägers, der Beklagten die Übertragung des Eigentums an den Wohnungen, insbesondere die Durchführung des Grundbuchverfahrens, zu untersagen, im Gesetz keine Grundlage hat. Wenn die Nichtigkeit der Kaufverträge , wovon das Berufungsgericht erkennbar ausgeht, auf die Auflassungen ohne Einfluß blieb, steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte zu, die Aufhebung der Auflassungen zu erklären. Denn der Kläger hat durch seine Mitwirkung bei den Auflassungen, die die Beklagte auch in seinem Namen erklärt hat, eine Leistung erbracht, für die es am Rechtsgrund fehlte (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB; allg. zur Verhinderung der Heilung durch Kondiktion der Auflassung: MünchKomm-BGB/Kanzleiter, 4. Aufl., Band 2a, § 311 b Rdn. 83). Das im Verfahren der einstweiligen Verfügung ausgesprochene Veräußerungsverbot beruht auf dem prozessualen Ermessen des Gerichts im einstweiligen Verfahren (§ 938 ZPO), das zwar zu dem sachlich-rechtlichen Anspruch nicht
in Widerspruch stehen darf, schon mit Rücksicht auf seinen vorläufigen Charakter diesen aber (in der Regel) nicht nachzeichnet. Nehmen die unter Befreiung von dem Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB) erteilten Vollmachten an der Unwirksamkeit der verpflichtenden Geschäfte teil, wovon nach der Rechtsprechung im Zweifel auszugehen ist (Senatsurt. v. 17. März 1989, V ZR 233/87, BGHR BGB § 313 Satz 1, Auflassungsvollmacht 1 = LM ZPO § 521 Nr. 21 m.w.N.), so ist der gegebene Rechtsbehelf die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Auflassungen. Dem ist indessen nicht weiter nachzugehen ; denn die Kaufverträge der Parteien vom 21. Dezember 1994 und 30. Dezember 1996 genügen dem Beurkundungsgebot des § 313 Satz 1 BGB a.F. (§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB).
3. Nach § 313 Satz 1 BGB a.F. sind, wovon auch das Berufungsurteil ausgeht, alle Vereinbarungen der Beurkundung bedürftig, aus denen sich nach dem Willen der Parteien das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft zusammensetzt. Dazu gehört, wenn in einem Grundstückskaufvertrag die Verpflichtung des Verkäufers zur Errichtung eines Gebäudes aufgenommen ist, auch die Baubeschreibung (Senat, BGHZ 69, 266; 74, 346; BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001, IX ZR 401/99, NJW 2002, 1050, 1051; in BGHZ 149, 326 nicht ausgeführt). Hätten die Parteien, entsprechend der Stellungnahme des Gutachters und in Abweichung von der Baubeschreibung, die der Beklagten je nach den Boden- und Gebäudeverhältnissen ("Bodenbeschaffenheit", "Bodenpressung" , "Statik") die Wahl unter verschiedenen Gründungsmöglichkeiten ("Streifen-, Einzel- und Punktfundamente") freiließ, Streifen- und Einzelfundamente ausgeschieden und/oder darüber hinaus vereinbart, daß, entsprechend der Empfehlung des Gutachters, eine Pfahlgründung vorzunehmen sei, hätten die entsprechenden Teile des Gutachtens mitbeurkundet werden müssen. Das
stellt das Berufungsgericht aber nicht fest. Zur Frage, ob eine Pfahlgründung vereinbart worden ist, nimmt das Urteil nicht Stellung; ein Beweisantrag des Streithelfers H. , eine solche Vereinbarung sei nicht getroffen worden, war zudem unerledigt. Das Berufungsurteil stellt aber auch nicht fest, daß die in der Baubeschreibung genannten Streifen- und Einzelfundamente abbedungen worden seien. Es geht vielmehr von einer Vereinbarung aus, die einen Widerspruch in sich trägt und vermißt die Beurkundung des Widersprüchlichen. Dies hat keinen Bestand.

a) Bei der Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) ist, wenn sich nicht zweifelsfrei anderes ergibt, davon auszugehen, daß die Parteien das Vernünftige gewollt haben (BGHZ 79, 16, 18 f.; Urt. v. 10. März 1994, IX ZR 152/93, NJW 1994, 1537, 1538). Es ist deshalb der Deutung der Vorzug zu geben, die einen Vertrag als widerspruchsfrei erscheinen läßt (MünchKomm -BGB/Mayer-Maly/Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 56 m.w.N.) und in den Grenzen des Gesetzes zu einer sachgerechten Regelung führt (BGHZ 134, 325, 329). Dem trägt das Berufungsurteil nicht Rechnung. Nach dem Wortlaut der Baubeschreibung sind die Anforderungen, die die Bodenverhältnisse ("Bodenbeschaffenheit" , "Bodenpressung") und die Statik des geplanten Gebäudes an die Gründung stellten, maßgeblich. Unbeschadet des Hinweises auf das Gutachten weist das Gebäude, wenn es auf Streifen-, Einzel- oder Punktfundamenten errichtet ist, die vertragliche Beschaffenheit auf, sofern die Fundamente Standsicherheit gewährleisten. Die bezeichneten Gründungen sind Gegenstand der Baubeschreibung geblieben, einen über das bautechnisch Erforderliche hinausgehenden Gründungsaufwand brauchte die Beklagte nicht zu betreiben. Das Gutachten konnte aus der maßgeblichen Sicht des Klägers (§ 130 BGB) der Erklärung der Beklagten keinen dem zuwiderlaufenden Inhalt
geben, da es, wovon das Berufungsurteil ausgeht, dem Kläger nicht bekannt geworden war. Das Wissen der Beklagten um den Inhalt des Gutachtens ist einseitig geblieben, mithin weder geeignet, zur Auslegung des Erklärten herangezogen zu werden noch den tatsächlichen Willen des Klägers zu bestimmen.

b) Die Bedeutung, die die Erkenntnis des Widerspruchs zwischen Baubeschreibung und Gutachten für den Vertragswillen des Klägers gehabt hätte, begründet, entgegen den weiteren Gründen des Berufungsurteils, die Beurkundungsbedürftigkeit des Gutachtens nicht. § 313 Satz 1 BGB a.F. / § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB ist keine Norm des Verbraucherschutzes. Sie dient gleichermaßen den Interessen des Veräußerers wie des Erwerbers des Grundstücks an einem Schutz vor übereiltem Geschäftsabschluß, an sachgemäßer Beratung (§ 17 BeurkG), an der Gültigkeit und am Beweis des Vereinbarten (Senat, BGHZ 87, 150, 153; Urt. v. 26. November 1999, V ZR 251/98, WM 2000, 579). Schutzgegenstand ist der erklärte rechtsgeschäftliche Wille der Vertragsbeteiligten, Schutzmittel ist die Dokumentation des Vereinbarten, nicht dessen, was eine Partei besser vereinbart hätte oder auf was sie die Gegenseite zu ihrem Schutz hätte hinweisen sollen.
4. Zur gebotenen Beurkundung der vertraglichen Pflicht des Beklagten, das Gutachten bei der Baugenehmigung zu beachten, bedurfte es nicht der Aufnahme seines Inhalts in die Urkunde. Der Gutachter war aufgrund der Erfahrungssätze der Ingenieurwissenschaften zur Feststellung bestimmter Tatsachen , nämlich der Beschaffenheit der Bodenschichten gelangt; anhand der Ergebnisse von Probebohrungen hatte er einen Schichtenplan erstellt (Befundtatsachen ). Aus diesen Feststellungen hatte er sachkundige Schlüsse auf nicht
geeignete und geeignete Gründungsweisen gezogen. Die Feststellung der Befundtatsachen und das Urteil zur Gutachtensfrage beruhen nicht auf dem Willen der Parteien, sondern auf den Naturgesetzen und der Sachkunde des Gutachters. Der Vertragswille der Parteien beschränkte sich darauf, den Beklagten zur Beachtung dieser Umstände anzuhalten. Dies ist beurkundet. Die Situation ist insoweit vergleichbar mit der bei einer Baugenehmigungsplanung, die Gegenstand der kaufrechtlichen Austauschpflicht ist. Hier hat der Senat die Beurkundungsbedürftigkeit verneint (Urt. v. 17. Juli 1998, V ZR 191/97, WM 1998, 1886). Mehr kann für das Gutachten, das pflichtgemäß zu beachten ist, nicht gefordert werden.
5. Ob der Umstand, daß die Beklagte dem Kläger das Gutachten nicht zur Verfügung gestellt hat, einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlichen (Senat BGHZ 60, 319) Verschuldens bei Vertragsschluß begründet, bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Schadensersatzanspruch ist nicht Gegenstand der Klage. Er hätte die Erstattung des Kaufpreises und den Ausgleich weiterer Vermögensnachteile zum Gegenstand, die dem Kläger durch den Abschluß des Kaufvertrags entstanden sind. Der Erwerb des Wohnungseigentums , den die Klage verhindern will, wäre ein Vorteil, den sich der Kläger nach § 249 BGB anrechnen lassen müßte. Er fände im Schadensersatzprozeß in einem Zug-um-Zug-Vorbehalt beim Zahlungsurteil Ausdruck.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 422/99
Verkündet am:
9. Januar 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Muß der Urkundsnotar erkennen, daß das Vorkaufsrecht eines Dritten, der mit
Rücksicht auf dieses Recht zu der Verhandlung über die Veräußerung eines Grundstücks
hinzugezogen wurde, entgegen der Annahme sämtlicher Beteiligten nicht
wirksam ist, hat er den vermeintlich Vorkaufsberechtigten über die Unwirksamkeit
des Rechts zu belehren.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2003 - IX ZR 422/99 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die
Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden die Urteile des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 5. November 1999, ergänzt durch Beschluß vom 27. Dezember 1999, und der 3. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 7. April 1998 aufgehoben.
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist, daß er im Vorfeld des Vertragsschlusses vom 21. Dezember 1993 (UR.-Nr. 429/93) zwischen den Testamentsvollstreckern für den Nachlaß von A. Z. und dem Landwirt H. nicht über die Unwirksamkeit des zu seinen Gunsten bestellten Vorkaufsrechts belehrt wurde.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger schloß am 4. Februar 1992 mit zwei für eine Erbengemeinschaft handelnden Testamentsvollstreckern privatschriftlich einen Pachtvertrag über landwirtschaftliche Grundstücke und eine Zusatzvereinbarung. Der Pachtvertrag wurde auf die Dauer von zwölf Jahren geschlossen, sollte jedoch vorzeitig enden, falls die Grundstücke veräußert wurden. Für diesen Fall wurde dem Kläger in der Zusatzvereinbarung ein dingliches Vorkaufsrecht eingeräumt. Bis zur Eintragung im Grundbuch - zu der es nicht gekommen ist - sollte es als schuldrechtliches behandelt werden.
Schon nach kurzer Zeit wollten die Testamentsvollstrecker die Grundstücke veräußern. An einer Vorbesprechung am 7. Dezember 1993 im Büro des verklagten Notars nahm neben den späteren Kaufvertragsparteien auch der Vater des Klägers als dessen Vertreter teil. Dieser war von seiten der Testamentsvollstrecker im Hinblick auf das vermeintliche Vorkaufsrecht des Klägers eingeladen worden. Bei der Besprechung, die noch nicht zu einer Einigung führte, wurde auch über das Vorkaufsrecht gesprochen. Alle Beteiligten gingen von dessen wirksamem Bestehen aus.
Am 21. Dezember 1993 beurkundete der Beklagte den Kaufvertrag. Zwei Tage später zeigten die Testamentsvollstrecker dem Kläger den Vertragsabschluß an. Dieser erklärte im Januar 1994, daß er das Vorkaufsrecht ausübe. Die Testamentsvollstrecker, die erst jetzt bemerkten, daß die Zusatzvereinbarung vom 4. Februar 1992 formunwirksam war, wiesen dies zurück.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, daß der Beklagte ihm wegen Amtspflichtverletzung nach § 19 BNotO zum Schadensersatz verpflichtet sei. Er hat vorgetragen, sowohl der Pachtvertrag als auch die Zusatzvereinbarung seien dem Beklagten durch Schreiben der Testamentsvollstrekker vom 24. November 1993 zur Prüfung übersandt worden und hätten bei der Vorbesprechung am 7. Dezember 1993 vorgelegen. Der Beklagte hätte den Vertreter des Klägers darauf hinweisen müssen, daß das Vorkaufsrecht wegen der fehlenden Beurkundung nicht wirksam vereinbart sei. Gegebenenfalls hätten die Testamentsvollstrecker die wirksame Bestellung des Vorkaufsrechts unverzüglich nachgeholt und er hätte dieses nach dem Verkauf der Grundstükke ausüben können. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der in den Vorinstanzen ergangenen Urteile und zum Erfolg der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe gegenüber dem Kläger keine Belehrungs- und Beratungspflicht verletzt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei der Kläger zwar als "mittelbar Beteiligter" anzusehen. Indes sei der Beklagte nicht gehalten gewesen, von sich aus zu überprüfen, ob das Vorkaufsrecht wirksam begründet worden sei. Dieses sei für die Beurkun-
dung ohne Relevanz gewesen und von niemandem angezweifelt worden; auch habe der Vertreter des Klägers bei der Vorbesprechung noch kein Kaufinteresse erkennen lassen. Eine Belehrungspflicht wäre nur dann anzunehmen, wenn der Vertreter des Klägers den Beklagten direkt nach der Wirksamkeit des Vorkaufsrechts befragt hätte. Die dahingehende Behauptung des Klägers sei jedoch nicht bewiesen.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Allerdings hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen , daß dem Beklagten Amtspflichten auch gegenüber dem Kläger oblegen haben, weil dieser an dem Amtsgeschäft mittelbar beteiligt und in dessen Schutzbereich einbezogen war.

a) Notarielle Belehrungs-, Hinweis- und Warnpflichten dienen auch dem Schutz mittelbar Beteiligter, wenn andernfalls der Zweck, um dessentwillen diese Pflichten bestehen, nicht oder nur unvollkommen erfüllt würde (vgl. BGH, Urt. v. 28. September 1959 - III ZR 92/58, DNotZ 1960, 157; v. 26. Juni 1997 - IX ZR 163/96, WM 1997, 1901, 1902).
Bei einem Beurkundungsgeschäft ist mittelbar Beteiligter, wer - ohne daß von ihm abgegebene Erklärungen beurkundet werden sollen - im eigenen Interesse bei der Beurkundung anwesend ist, etwa weil er aus dem beurkun-
deten Rechtsgeschäft verpflichtet werden oder Rechte erwerben soll, oder sich aus Anlaß der Beurkundung an den Notar gewandt und ihm eigene Belange anvertraut hat (BGHZ 58, 343, 353; BGH, Urt. v. 21. Januar 1988 - IX ZR 252/86, WM 1988, 545, 547; v. 19. Dezember 1991 - IX ZR 8/91, WM 1992, 527, 530).

b) Der Kläger war an der Beurkundung des Kaufvertrages zwischen den Testamentvollstreckern und dem Käufer mittelbar beteiligt, weil seine rechtlichen Interessen dadurch in mehrfacher Weise berührt wurden und er deshalb - vertreten durch seinen Vater - an der Vorbesprechung vom 7. Dezember 1993 teilgenommen hat. Zum einen war er als Pächter des Kaufgegenstands betroffen , weil das Pachtverhältnis endete, falls der Kaufvertrag zustande kam. Zum anderen war der Kläger als (vermeintlich) Vorkaufsberechtigter an dem Inhalt der Kaufvertragsverhandlungen und deren Ergebnis interessiert, weil er sich danach entscheiden mußte, ob er von dem "Vorkaufsrecht" Gebrauch machte. Zudem waren - aus der Sicht des "Vorkaufsberechtigten" - die Rechte und Pflichten des Käufers auch für ihn maßgeblich, falls er sich zur Ausübung seines "Rechts" entschloß. Gerade im Hinblick auf seine (vermeintliche) Vorkaufsberechtigung war der Kläger zu dem Gespräch am 7. Dezember 1993 hinzugebeten worden. Das hat das Berufungsgericht beanstandungsfrei festgestellt.
Umgekehrt waren - worauf es hier freilich nicht entscheidend ankommt - auch die rechtlichen Interessen der Kaufvertragsparteien durch das "Vorkaufsrecht" berührt. Der Kaufinteressent hat sich möglicherweise von der Überlegung leiten lassen, er müsse ein so hohes Angebot abgeben, daß der "Vorkaufsberechtigte" von der Ausübung seines "Rechts" abgeschreckt werde. Je-
denfalls mußten sowohl die Verkäufer als auch der Kaufinteressent davon ausgehen , daß der Kaufvertrag nicht in der von ihnen beabsichtigten Weise würde durchgeführt werden können, wenn der Kläger von seinem "Vorkaufsrecht" Gebrauch machte. Die Beteiligung des Klägers an dem Vorgespräch lag deshalb auch im Interesse der Kaufvertragsparteien, weil sie so u.U. frühzeitig erkennen konnten, ob der Kläger wohl sein "Vorkaufsrecht" ausübte.
Die (mittelbare) Beteiligung des - von seinem Vater vertretenen - Klägers war für den Beklagten offensichtlich. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde bei der Vorbesprechung vom 7. Dezember 1993 auch über das Vorkaufsrecht des Klägers gesprochen. An diesem Gespräch hat der Vater des Klägers aktiv teilgenommen.
2. Nicht gefolgt werden kann indes der Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte habe sich um die Wirksamkeit des Vorkaufsrechts nicht kümmern und den Kläger nicht über dessen Unwirksamkeit belehren müssen.

a) Die Rüge der Revision, in den Vorinstanzen sei verkannt worden, daß der Beklagte dem Kläger gegenüber betreuungspflichtig gemäß § 24 Abs. 1 BNotO gewesen sei, greift allerdings nicht durch. Eine während der Vorbesprechung vom 7. Dezember 1993 erfolgte Beratung der Beteiligten war kein selbständiges Betreuungsgeschäft im Sinne von § 24 BNotO. Es handelte sich vielmehr um eine unselbständige Betreuung im Rahmen der Beurkundung (zur Abgrenzung vgl. BGH, Urt. v. 14. Mai 1992 - IX ZR 262/91, WM 1992, 1533, 1534; v. 5. November 1992 - IX ZR 260/91, WM 1993, 260, 261).

b) Zwischen den Parteien steht außer Streit, daß der Beklagte durch sein Gesamtverhalten den Eindruck erweckt hat, das Vorkaufsrecht sei wirksam. Falls der Beklagte dadurch die Pflicht zur Vermeidung eines falschen Anscheins (vgl. hierzu BGHZ 134, 100, 107; BGH, Urt. v. 4. Juni 1992 - IX ZR 58/91, WM 1992, 1497, 1500) verletzt haben sollte, wäre das für den eingetretenen Schaden nicht kausal geworden. Denn an der Wirksamkeit des Vorkaufsrechts haben die Beteiligten nach der Einschaltung des Beklagten so wenig gezweifelt wie zuvor.

c) Ob der Beklagte eine Rechtsbelehrungspflicht (§ 17 BeurkG), die in Ausnahmefällen auch gegenüber bloß mittelbar Beteiligten zu erfüllen ist (BGH, Urt. v. 30. Juni 1981 - VI ZR 197/79, NJW 1981, 2705), verletzt hat, erscheint zweifelhaft.
aa) Eine vom Notar gegebene Auskunft muß richtig sein. Der Beklagte hätte deshalb eine Rechtsbelehrungspflicht verletzt, wenn er auf entsprechendes Befragen seitens des Vaters des Klägers geantwortet hätte, das Vorkaufsrecht sei wirksam. Die dahingehende Behauptung des Klägers hat das Berufungsgericht jedoch nicht für erwiesen erachtet, und dagegen wendet sich die Revision nicht.
bb) Fraglich ist, ob eine Rechtsbelehrungspflicht dem Beklagten gebot, den Vertreter des Klägers auf Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vorkaufsrechts aufmerksam zu machen. Bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages muß der Notar die Vertragsparteien zwar auf das Bestehen eines rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrechts hinweisen, wenn er davon Kenntnis erlangt (Albrecht, in: Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsge-
staltung 8. Aufl. Rn. 615; Keidel/Winkler, BeurkG 14. Aufl. § 17 Rn. 85; vgl. ferner zur Hinweispflicht bei gesetzlichen Vorkaufsrechten an Grundstücken § 20 BeurkG, beim Vorkaufsrecht des Miterben BGH, Urt. v. 2. Juli 1968 - VI ZR 168/66, BB 1968, 1016). Ob das rechtsgeschäftliche Vorkaufsrecht wirksam bestellt worden ist, muß er aber ohne besonderen Auftrag nicht prüfen.
Andererseits entfiel für diejenigen Bestimmungen des Kaufvertrages, die das Bestehen des Pachtvertrages voraussetzten (insbesondere II § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2), die Grundlage, wenn die das Vorkaufsrecht enthaltende Zusatzvereinbarung nichtig war. Denn diese Nichtigkeit erfaßte auch den Pachtvertrag (so bereits das von dem Beklagten vorgelegte Urteil des LG Schwerin vom 6. März 1997 - 4 O 153/94).
Letztlich muß der Senat die eingangs formulierte Frage nicht entscheiden.

d) Der Beklagte war jedenfalls aufgrund der analog § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO, § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG bestehenden erweiterten ("betreuenden") Belehrungspflicht zu einem warnenden Hinweis verpflichtet. Diese Pflicht hat er schuldhaft verletzt.
aa) Der Notar als Träger der vorsorgenden Rechtspflege darf es nicht untätig geschehen lassen, daß ein Beteiligter in die Gefahr eines folgenschweren Schadens gerät, der durch eine mit wenigen Worten zu gebende Belehrung zu vermeiden ist (BGH, Urt. v. 29. November 1953 - III ZR 270/52, DNotZ 1954, 330, 331). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes er-
wachsen demgemäß für den Notar Schutzpflichten, wenn er aufgrund besonderer Umstände des Falles - namentlich wegen der rechtlichen Anlage oder der Art der Durchführung des konkreten Geschäfts - Anlaß zu der Besorgnis haben muß, einem Beteiligten entstehe ein Schaden, weil er sich wegen mangelnder Kenntnis der Rechtslage oder von Sachumständen, welche das beurkundete Rechtsgeschäft als für seine Vermögensinteressen bedeutsam erscheinen lassen, einer Gefährdung dieser Interessen nicht bewußt ist (BGHZ 58, 343, 348; BGH, Urt. v. 29. September 1981 - VI ZR 2/80, WM 1981, 1309, 1310; v. 10. November 1988 - IX ZR 31/88, WM 1988, 1853, 1854; v. 24. Juni 1993 - IX ZR 216/92, NJW 1993, 2744, 2749 f).
bb) Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte Anlaß zu der Besorgnis, daß dem Kläger ein schwerer Schaden drohte, ohne daß er sich der Gefahr bewußt war.
Es ist als unstreitig davon auszugehen, daß der Beklagte die über das Vorkaufsrecht getroffene Zusatzvereinbarung kannte und zugleich wußte, daß sie lediglich privatschriftlich getroffen worden war. Bereits auf Seite 6 der Klageschrift hat der Kläger vorgetragen, dem Beklagten seien "der Pachtvertrag und die Zusatzvereinbarung ... bekannt" gewesen; auf Seite 8 hat er behauptet, die Zusatzvereinbarung sei "dem Beklagten als Notar vorgelegt worden". Dazu hat der Beklagte (Seite 2 seines Schriftsatzes vom 12. Mai 1997) lediglich erklärt , es sei nicht richtig, daß ihm zu Beginn der Besprechung die Vertragsunterlagen , namentlich der Pachtvertrag und die Zusatzvereinbarung, übergeben worden seien; vielmehr habe es sich so verhalten, daß ihm "ein Teil (!) der Vertragsunterlagen wenige Tage vor dem Besprechungstermin per Telefax übermittelt worden" sei. Um welche Unterlagen es sich handelte, hat der Be-
klagte offengelassen. Daraufhin hat der Kläger in der Berufungsbegründung (auf Seite 4) seinen Vortrag unter Beweisantritt wie folgt präzisiert:
"Dem Beklagten war sowohl der Landpachtvertrag ... sowie die Zusatzvereinbarung ... vom gleichen Tage bekannt. Sowohl der Landpachtvertrag als auch die Zusatzvereinbarung wurden dem Beklagten durch die Testamentsvollstrecker mit Schreiben vom 24.11.1993 zur Prüfung übersandt."
Daraufhin erfolgte von seiten des Beklagten keine Stellungnahme mehr. Somit ist für die rechtliche Beurteilung zugrundezulegen, daß die Zusatzvereinbarung dem Beklagten rechtzeitig "zur Prüfung" übersandt wurde. Dann ist ferner davon auszugehen, daß er sie sich angesehen hat. Denn der Beklagte hat nicht behauptet, den "Prüfauftrag" nicht ernst genommen zu haben. Hat er sich aber die Zusatzvereinbarung angesehen, mußte er auf den ersten Blick erkennen, daß sie privatschriftlich abgefaßt war. Da er nicht annehmen konnte, daß es neben der privatschriftlichen Zusatzvereinbarung noch eine weitere notariell beurkundete gab, mußten ihn seine Erkenntnisse zwingend zu dem Schluß veranlassen, daß die Zusatzvereinbarung - und somit auch das Vorkaufsrecht (die Verpflichtung zur Bestellung eines dinglichen Vorkaufrechts) - mangels Einhaltung der in § 313 Satz 1 BGB a.F. vorgeschriebenen Form unwirksam war (vgl. BGH, Urt. v. 7. November 1990 - XII ZR 11/89, NJW-RR 1991, 205, 206; Albrecht, in: Reithmann/Albrecht, aaO Rn. 612; Palandt/Heinrichs, BGB 61. Aufl. § 313 Rn. 11 und 62. Aufl. § 311b Rn. 11).
Unter diesen Umständen mußte sich dem Beklagten aufdrängen, daß die Interessen des Klägers in schwerwiegender Weise gefährdet waren, ohne daß dieser mit der Gefahr rechnete. Zwar hatte der Kläger vor der Beurkundung ein Vorkaufsrecht so wenig wie danach. Der Beklagte war nicht ver-
pflichtet, dem Kläger ein solches Recht zu verschaffen. Er mußte ihn nur vor unerkannten Gefahren für seine Vermögensinteressen warnen, falls diese Gefahren aus besonderen Umständen des notariellen Geschäfts erwuchsen. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall gegeben. Der Kläger hatte, solange der Kaufvertrag mit dem Dritten noch nicht beurkundet war, Aussicht auf die wirksame Bestellung des Vorkaufsrechts. Dadurch hätte er die Rechtsstellung erhalten , die er nach der irrtümlichen Annahme aller Beteiligten bisher schon innehatte. Die Verwirklichung dieser Aussicht hing nur davon ab, daß die Unwirksamkeit der bisherigen Bestellung erkannt wurde. Gegebenenfalls hätten die Testamentsvollstrecker umgehend das Vorkaufsrecht erneut - nunmehr formwirksam - bestellt. Denn der Kläger wäre ihnen als Vorkaufsberechtigter willkommen gewesen; sie hätten sogar lieber an ihn verkauft als an den Dritten. Für den Kläger verschlechterte sich die Lage entscheidend, als der Kaufvertrag mit dem Dritten beurkundet wurde. Denn nunmehr konnte der Formmangel des Vorkaufsrechts nicht mehr mit Wirkung gegenüber dem Käufer "geheilt" werden. Diese Gefahr erwuchs auch aus besonderen Umständen des Beurkundungsgeschäfts. Das Schicksal des beurkundeten Kaufvertrages hing vom Bestehen des Vorkaufsrechts sowie gegebenenfalls davon ab, ob der Vorkaufsberechtigte von seinem Recht Gebrauch machte. Wenn der Notar den Eindruck hätte gewinnen müssen, die Kaufvertragsparteien hielten das Vorkaufsrecht zu Unrecht für unwirksam, hätte sich seine Besorgnis, daß ihnen aus der Nichtbeachtung des Vorkaufsrechts ein Schaden drohte, fraglos aus besonderen Umständen des Geschäfts ergeben. Wenn umgekehrt das Vorkaufsrecht allseits für wirksam gehalten wurde, obwohl es in Wahrheit unwirksam war, muß Entsprechendes für die Gefährdung des vermeintlich Vorkaufsberechtigten gelten. Es liegt nahe, daß dieser im Vertrauen darauf, er könne nach einem anderweitigen Verkauf durch Ausübung seines Rechts problemlos den Käufer verdrän-
gen, davon absah, sich rechtzeitig vor dem Verkauf über sein Kaufinteresse schlüssig zu werden und dieses anzuzeigen, um es gar nicht erst zu dem Verkauf an den anderen Interessenten kommen zu lassen. Daß die verkauften Grundstücke nach dem Verkauf für den vermeintlich Vorkaufsberechtigten verloren waren, stellt einen besonderen Umstand des konkreten Geschäfts dar.
Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang gemeint, da das Vorkaufsrecht von keinem der Anwesenden angezweifelt worden sei, habe der Beklagte nicht darauf eingehen müssen. Das Gegenteil ist richtig. Da unverkennbar alle davon ausgingen, das Vorkaufsrecht sei wirksam bestellt, mußte er diesem Irrtum entgegenwirken.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist unerheblich, ob der Vater des Klägers seinerzeit für seinen Sohn bereits ein Kaufinteresse bekundete oder nicht. Nach seinem damaligen Kenntnisstand konnte sich der Kläger mit seiner Entschließung noch Zeit lassen, und daß er - sein damaliges Desinteresse unterstellt - seine Haltung bis zum Ende der Überlegungsfrist beibehalten werde, war ungewiß.
Der Beklagte durfte von dem warnenden Hinweis auf die Formunwirksamkeit des Vorkaufsrechts nicht deshalb absehen, weil unsicher war, wie die Beteiligten darauf reagieren würden und ob der Hinweis insbesondere für den in erster Linie zu schützenden Kläger hilfreich sein würde. Es mag ungewöhnlich sein, daß ein zunächst formunwirksam bestelltes Vorkaufsrecht zu einem Zeitpunkt, in dem bereits Verkaufsverhandlungen mit einem Dritten schweben, formgerecht neu bestellt wird. Ausgeschlossen war es nicht.
Mit der Frage, ob der Beklagte durch eine Warnung seiner Verpflichtung zur notariellen Neutralität zuwidergehandelt hätte, hat sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht befaßt. Diese Frage ist zu verneinen. Kann die Pflicht, einen Beteiligten vor nicht bedachten Gefahren zu warnen, mit den Verpflichtungen zur Unabhängigkeit und Verschwiegenheit kollidieren, muß der Notar abwägen. Er muß sich um so mehr für die Warnung entscheiden, je größer die Gefahr und je geringer das Interesse der anderen Beteiligten ist, daß die Warnung unterbleibt (BGH, Urt. v. 14. Mai 1992 - IX ZR 262/91, WM 1992, 1533, 1536). Im Streitfall war die Gefahr für den Kläger schwerwiegend. Demgegenüber war das Interesse der Kaufvertragsparteien, daß die Unwirksamkeit des Vorkaufsrechts nicht zur Sprache kommen möge, geringer. Zwar hat die Revisionserwiderung den Vortrag des Beklagten aufgegriffen , insbesondere zwischen dem Kläger und dem Käufer habe ein Interessengegensatz bestanden. Das ist jedoch nicht erkennbar. Die Mitteilung, daß das von dem Kläger in Anspruch genommene Vorkaufsrecht nicht bestehe, wäre dem Käufer sogar zustatten gekommen, weil er - jedenfalls zunächst - nicht mehr hätte befürchten müssen, letztlich durch den Kläger verdrängt zu werden. Interessen der Verkäuferseite waren kaum berührt. Dort hätte man sich nunmehr ohne Rücksicht auf ein Vorkaufsrecht für einen beliebigen Kaufinteressenten entscheiden können.
cc) Der Beklagte ist seiner Warnpflicht nicht nachgekommen. Er hat - worauf die Revision mit Recht hinweist - im Gegenteil durch sein Gesamtverhalten den Eindruck erweckt, das Vorkaufsrecht sei wirksam.
dd) Der Beklagte hat keine Umstände dargelegt, bei deren Vorliegen die Amtspflichtverletzung als nicht schuldhaft begangen anzusehen wäre (zur Darlegungs- und Beweislast vgl. BGHZ 145, 265, 275).

III.


Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 563 ZPO a.F.).
1. Der Kläger hat mit Wahrscheinlichkeit einen Schaden erlitten. Der Einwand des Beklagten, ein Schaden des Klägers sei unter keinen Umständen denkbar, etwaige Ansprüche seien in Ziffer II § 3 des Kaufvertrages abgedeckt, greift nicht durch. Jene Bestimmung verhält sich lediglich über den Ersatz von Aufwendungen, die der Kläger auf die Pachtgrundstücke getätigt hat. Dieser erhebt darüber hinaus Anspruch auf Ersatz der verlorenen landwirtschaftlichen Flächen.
2. Es fehlt auch nicht an der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Die Testamentsvollstrecker hätten, falls der Beklagte am 7. Dezember 1993 auf die Unwirksamkeit des Vorkaufsrechts aufmerksam gemacht hätte , dieses umgehend formwirksam bestellt. Der Beklagte hat zwar gemeint, der Käufer hätte den Testamentsvollstreckern die formwirksame Nachholung der Vorkaufsrechtsbestellung vor Abschluß des Kaufvertrages untersagen können; eine Rechtsgrundlage ist dafür jedoch nicht ersichtlich.
3. Ebensowenig steht die Subsidiarität der Notarhaftung (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BNotO) dem Erfolg der Klage entgegen.

a) Entgegen der Ansicht der Revision folgt dies allerdings nicht aus § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BNotO. Denn der Beklagte hat keine Pflicht im Zusammenhang mit einem Betreuungsgeschäft nach den §§ 23, 24 BNotO verletzt (siehe oben II 2 a).

b) Der Kläger hat jedoch keine anderweitige Ersatzmöglichkeit und hat eine solche auch früher nicht besessen.
aa) Schadensansprüche gegen die Testamentsvollstrecker standen ihm nicht zu.
(1) Allerdings wurde die von dem Kläger entworfene Zusatzvereinbarung von einem der Testamentsvollstrecker überarbeitet. Dabei hätte auffallen müssen , daß eine privatschriftliche Vereinbarung nicht genügte. Das Versehen auf Seiten des Testamentsvollstreckers begründet aber keine Schadensersatzansprüche des Klägers aus Verschulden bei Vertragsschluß. In der Regel gehören bei Grundstücksgeschäften die Beachtung der gesetzlichen Beurkundungsform (§ 313 Satz 1 BGB a.F.) und die bei Nichtbeachtung daraus folgende Nichtigkeit (§ 125 BGB) zum Risikobereich beider Vertragsteile (BGHZ 116, 251, 257). Eine Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens könnte indirekt einen Zwang zur Erfüllung des Grundstücksgeschäfts ausüben und läuft schon deshalb dem Zweck des § 313 Satz 1 BGB a.F. zuwider (BGHZ 116, 251, 258). Die Wirksamkeit des Vertrages sicherzustellen, ist zuvörderst ein Gebot des eigenen Interesses, aber keine Rechtspflicht gegenüber dem ande-
ren Teil. Allerdings hat die ältere Rechtsprechung vereinzelt bei verschuldetem Formfehler einer Vertragspartei dem anderen Teil wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung einen Schadensersatzanspruch zugebilligt (vgl. BGH, Urt. v. 29. Januar 1965 - V ZR 53/64, NJW 1965, 812, 814; v. 19. April 1967 - VIII ZR 8/65, WM 1967, 798, 799). Dabei lagen aber besondere Umstände vor, aufgrund deren eine Partei der anderen Betreuung oder zumindest Aufklärung schuldete (vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 1994, 243, 245; OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 170, 172; Palandt/Heinrichs, § 276 BGB Rn. 77). Dem Urteil vom 29. Januar 1965 lag zugrunde, daß ein gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen Eheleute, die sich als Bewerber für ein Kaufeigenheim vertrauensvoll an es gewandt hatten, zum Abschluß einer nach §§ 313, 125 BGB nichtigen Vereinbarung veranlaßte, indem es ihnen ein von ihm selbst entworfenes Schriftstück zur Unterzeichnung vorlegte, von dem die Eheleute glaubten , damit sei alles Erforderliche geschehen und sie würden, soweit sie die ihrerseits geschuldeten Leistungen erbrachten, ordnungsgemäß als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Im Falle des Urteils vom 19. April 1967 hatte der eine Teil dem anderen den bevorstehenden Vertragsschluß als gesichert hingestellt. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.
(2) An dem Vorstehenden ändert auch nichts der Umstand, daß der Testamentsvollstrecker , der die Zusatzvereinbarung überarbeitet hat, Rechtsanwalt ist. Er ist in dieser Eigenschaft nicht für den Kläger, sondern ausschließlich im eigenen Interesse oder im Interesse des von ihm repräsentierten Nachlasses tätig geworden (vgl. BGH, Urt. v. 17. Mai 1990 - IX ZR 86/89, WM 1990, 1554, 1556).
bb) Der in den Vorinstanzen geäußerten Meinung des Beklagten, der Kläger hätte sein Vorkaufsrecht gegenüber den Verkäufern durchsetzen können , weil diese nach Treu und Glauben daran gehindert gewesen seien, sich auf die Formunwirksamkeit der Zusatzvereinbarung zu berufen, ist nicht zu folgen.
Gesetzliche Formvorschriften dürfen im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer acht gelassen werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn es nach den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen. Das Ergebnis muß für die betroffene Partei nicht bloß hart, sondern schlechthin untragbar sein (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 138, 339, 348). Ob ein schlechthin untragbares Ergebnis vorliegen kann, wenn dem Betroffenen wegen des Formmangels ein Schadensersatzanspruch gegen einen Notar zusteht, erscheint zweifelhaft. Insofern besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Rechtssicherheit, die ein Außerachtlassen des Formmangels nur als ultima ratio gestattet, und der Subsidiarität der Notarhaftung, wonach der Notar für einen Schaden nur einstehen muß, wenn dem Geschädigten keine zumutbare andere Ersatzmöglichkeit zusteht. Letztlich braucht der Senat zu dieser Frage nicht abschließend Stellung zu nehmen. Denn der vorliegende Fall ist in keine der von der Rechtsprechung als Ausnahmen anerkannten Fallgruppen einzuordnen. Weder haben die Testamentsvollstrecker den Kläger arglistig von der Wahrung der Form abgehalten noch fällt ihnen eine andere schwerwiegende Treuepflichtverletzung zur Last. In diesem Zusammenhang darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Testamentsvollstrecker sich zunächst selbst nicht über den Formzwang im klaren waren und sich durch das Beharren auf dem Formerfordernis nur vor den Folgen eines Doppelverkaufs
schützen wollten. Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß bei Unwirksamkeit des Vorkaufsrechts die Existenz des Klägers gefährdet ist.
cc) Endlich hat der Kläger es auch nicht schuldhaft versäumt, sein Vorkaufsrecht gegenüber dem Käufer durchzusetzen. Er hat in einem gegen diesen geführten Vorprozeß vor dem Amts- und Landgericht Schwerin versucht, dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben Geltung zu verschaffen. Das Landgericht hat in seinem Schlußurteil vom 6. März 1997 die Berufung des Käufers auf die Formnichtigkeit als nicht rechtsmißbräuchlich bezeichnet.

IV.


Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Der Senat kann, weil die Sache keiner weiteren Aufklärung bedarf, selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.).
Der Feststellungsantrag ist insgesamt begründet. Zwar hat der Kläger in der Revisionsinstanz den Antrag aus der Berufungsinstanz aufrechterhalten festzustellen,
daß der Beklagte verpflichtet ist, Schadensersatz aus der fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag ... zu leisten , insbesondere aus der fehlerhaften Auskunft des Beklagten über das Bestehen und die Ausübung eines dem Kläger ... zustehenden Vorkaufsrechts.

Der durch das Wort "insbesondere" eingeleitete Satzteil bezieht sich auf die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe auf gezielte Anfrage eine unrichtige Auskunft erteilt. Diese Behauptung, die nach Ansicht des Berufungsgerichts durch die Beweisaufnahme nicht erhärtet werden konnte, hat der Kläger in der Revisionsbegründung nicht mehr aufgegriffen. Die Anpassung des Antrags ist offensichtlich aus Versehen unterblieben. Deswegen war die Klage aber nicht teilweise abzuweisen. Der Senat legt den Antrag in der Weise aus, daß der mit dem Wort "insbesondere" eingeleitete Teil lediglich eine der dem Beklagten zur Last gelegten Pflichtverletzungen umschreiben und hervorheben sollte. Dadurch, daß diese entfiel, wurde der Erfolg der Klage nicht geschmälert.
Kreft Ganter Raebel
Kayser

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 44/06 Verkündet am:
23. Januar 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2, EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1

a) Richtet sich die Verjährung nach der regelmäßigen Verjährungsfrist des
§ 195 BGB, so ist der Fristbeginn in Überleitungsfällen nach Art. 229 § 6
Abs. 4 Satz 1 EGBGB unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen
des § 199 Abs. 1 BGB zu berechnen.

b) Dem Treugeber ist das Wissen des Treuhänders im Rahmen des § 199
Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen, wenn
der Treuhandvertrag und die erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz nichtig sind.
BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06 - OLG Zweibrücken
LG Frankenthal (Pfalz)
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
sowie die Richter Dr. Joeres, Dr. Ellenberger, Prof. Dr. Schmitt und
Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 23. Januar 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über die Verjährung eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen Unwirksamkeit von Darlehensverträgen zur Finanzierung einer Eigentumswohnung. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Die Kläger, ein damals 53 Jahre alter Bauhofleiter und seine damals 52-jährige, als Laborantin tätige Ehefrau, wurden 1996 von einer Anlagevermittlerin geworben, im Rahmen eines Steuersparmodells ohne Eigenkapital eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in M. zu erwerben. Am 5. Dezember 1996 ließen die Kläger einen Treuhand- vertrag mit der K. mbH (nachfolgend: Treuhänderin) notariell beurkunden. Zugleich erteilten sie der Treuhänderin , die keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß, eine umfassende Vollmacht, sie bei der Vorbereitung, Durchführung und gegebenenfalls Rückabwicklung des Erwerbs der Eigentumswohnung zu vertreten. Unter anderem sollte die Treuhänderin den Kauf- und Werklieferungsvertrag , die Darlehensverträge zur Zwischen- und Endfinanzierung und alle für die Bestellung der Sicherheiten erforderlichen Verträge abschließen. Eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde wurde der Beklagten frühestens am 30. Dezember 1996 übersandt.
3
Bereits am 22. August 1996 hatte die Treuhänderin für die Kläger und andere Treugeber den notariell beurkundeten Kauf- und Werklieferungsvertrag abgeschlossen. Spätestens am 20. Dezember 1996 schloss sie ferner für die Kläger zur Zwischenfinanzierung der Erwerbskosten mit der Beklagten einen Realkreditvertrag über 223.468,20 DM. Die Darlehensvaluta wurde auf ein von der Treuhänderin für die Kläger eingerichtetes Erwerbersonderkonto ausgezahlt und zur Finanzierung des Erwerbs verwendet. Zur Ablösung des Zwischenfinanzierungskredits schloss die Treuhänderin namens der Kläger am 1. April 1997 mit der Beklagten drei durch Grundschulden gesicherte Darlehensverträge in Höhe von insgesamt 248.298 DM. Auf diese Darlehen erbrachten die Kläger insgesamt 37.948,30 € an laufenden Zahlungen.
4
Nach Rücknahme der Klage im Übrigen begehren die Kläger die Rückzahlung dieses Betrages zuzüglich Prozesszinsen. Sie machen geltend , die Beklagte habe diesen Betrag ohne Rechtsgrund erlangt. Sie seien weder bei Abschluss der Darlehensverträge am 1. April 1997 noch - worauf sie ihre Klage in der Berufungsinstanz hilfsweise gestützt haben - bei Abschluss des Zwischenfinanzierungskredits wirksam vertreten worden, weil die der Treuhänderin erteilte Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist unbegründet.

I.


7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Den Klägern stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Zwar seien die Darlehensverträge vom 1. April 1997 wirksam zustande gekommen, auch wenn Treuhandvertrag und Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig seien. Die Beklagte könne sich aber insoweit auf die Vorschriften der §§ 171, 172 BGB berufen, weil aufgrund der Beweisauf- nahme feststehe, dass ihr bei Abschluss dieser Verträge eine notarielle Ausfertigung der Vollmacht vorgelegen habe und deren Nichtigkeit für sie nicht erkennbar gewesen sei. Die Beklagte habe aber den zur Ablösung des Zwischenfinanzierungsdarlehens aufgewendeten, mit den Darlehensverträgen vom 1. April 1997 finanzierten Betrag, der mindestens die Höhe der herausverlangten Zahlungen an die Beklagte erreiche, ohne Rechtsgrund erlangt. Der durch die Treuhänderin abgeschlossene Zwischenfinanzierungsvertrag sei unwirksam, weil der Beklagten bei Abschluss dieses Vertrages die Vollmacht der Treuhänderin weder im Original noch in notarieller Ausfertigung vorgelegen habe. Der Beklagten stünden insoweit auch keine Gegenansprüche zu, weil die Kläger die Darlehensvaluta aus dem Zwischenfinanzierungsvertrag nicht empfangen hätten. Über die bereitgestellten Gelder habe lediglich die Treuhänderin verfügt, deren Handeln sich die Kläger mangels wirksamer Vollmacht oder sonstiger Legitimation nicht zurechnen lassen müssten.
9
Der Bereicherungsanspruch sei auch nicht verjährt. Zwar sei eine Hemmung der Verjährung erst im Jahr 2005 mit der Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs aus der Zwischenfinanzierung im Berufungsverfahren eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt sei die Verjährungsfrist aber noch nicht abgelaufen gewesen. Die zunächst maßgebliche dreißigjährige Frist des § 195 BGB a.F. sei am 1. Januar 2002 durch die kürzeren Verjährungsfristen der §§ 195, 199 BGB ersetzt worden, wobei nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB der Fristbeginn der neuen Regelverjährung kenntnisabhängig i.S. des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei. Diese Kenntnis hätten die Kläger nicht bereits zu Beginn des Jahres 2002 gehabt. Die Zwischenfinanzierung sei ihnen selbst unstreitig nicht zur Kenntnis gebracht worden. Zwar sei ihnen die Kenntnis der Treuhänderin als Wissensvertreterin zuzurechnen. Angesichts der Unübersichtlichkeit der Rechtslage bei der Zwischenfinanzierung von Steuersparmodellen , die erst durch das Senatsurteil vom 23. März 2004 (XI ZR 194/02) behoben worden sei, sei der Verjährungsbeginn wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben gewesen.

II.


10
Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
11
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der zwischen den Klägern und der Treuhänderin abgeschlossene umfassende Treuhandvertrag und die ebensolche Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB nichtig sind (st.Rspr., vgl. BGHZ 145, 265, 269 ff.; Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, WM 2006, 1008, 1010, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 223 vorgesehen , und vom 24. Oktober 2006 - XI ZR 216/05, WM 2007, 116, 117, jeweils m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hat auch zu Recht - und von der Revision nicht angegriffen - die Darlehensverträge vom 1. April 1997 als wirksam zustande gekommen angesehen, weil die der Treuhänderin erteilte Vollmacht nach Rechtsscheingrundsätzen gemäß §§ 171, 172 BGB als gültig zu behandeln ist. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind diese Vorschriften auch dann anwendbar , wenn die einem Treuhänder erteilte umfassende Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist (vgl. Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 219/04, WM 2006, 1060, 1062, XI ZR 29/05, aaO, S. 1010, und vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 185/05, WM 2007, 110, 112, jeweils m.w.Nachw.). Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts lag der Beklagten bei Abschluss der Darlehensverträge am 1. April 1997 eine notarielle Ausfertigung der die Treuhänderin als Vertreterin der Kläger ausweisenden Vollmachtsurkunde vor (zu dieser Voraussetzung BGHZ 102, 60, 63; Senatsurteil vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 75 m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass der an die Vorlage einer Vollmachtsausfertigung anknüpfende Rechtsschein nicht durch § 173 BGB ausgeschlossen war, weil der Beklagten der Mangel der Vertretungsmacht nicht hätte bekannt sein müssen (Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, aaO, und vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, aaO, S. 1012, jeweils m.w.Nachw.).
12
Das 2. Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend angenommen , dass die Beklagte den zur Ablösung des Zwischenfinanzierungskredits aufgewendeten, mit den Darlehensverträgen vom 1. April 1997 finanzierten Geldbetrag ohne Rechtsgrund erlangt hat und den Klägern deshalb ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zumindest in Höhe der Klageforderung zusteht.
13
a) Aus dem Zwischenfinanzierungsvertrag hat die Beklagte keine Ansprüche gegen die Kläger erlangt, weil dieser Vertrag nicht wirksam für die Kläger abgeschlossen worden ist. Die für die Kläger tätig gewordene Treuhänderin besaß keine Vertretungsmacht, da die ihr am 5. Dezember 1996 erteilte umfassende Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam war. Die Vollmacht ist auch nicht nach § 172 BGB als wirksam zu behandeln. Denn bei Vertragsschluss, der nach dem Vortrag der Beklagten am 20. Dezember 1996, nach dem Vorbringen der Kläger im Oktober 1996 erfolgt ist, lag der Beklagten weder das Original noch eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vor.
14
b) Ein Rechtsgrund für die Überweisung der Darlehensvaluta aus den Verträgen vom 1. April 1997 zur Tilgung des Zwischenkredits kann auch nicht in einem Bereicherungsanspruch der Beklagten gefunden werden. Der Beklagten steht im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Darlehensvaluta aus dem Zwischenfinanzierungsvertrag nach den in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Feststellungen des Berufungsgerichts , die von der Revision nicht angegriffen werden, kein Anspruch aus ungerechtfertiger Bereicherung gegen die Kläger zu.
15
Kläger Die haben die auf das Erwerbersonderkonto ausgezahlte Darlehensvaluta aus der Zwischenfinanzierung nicht erhalten, weil dieses Konto von der Treuhänderin ohne eine wirksame Vollmacht und auch ohne eine Legitimation nach § 172 BGB eröffnet worden ist. Von diesem Konto ist die Darlehenssumme aufgrund der Anweisungen der Treuhänderin , die den Klägern mangels Vertretungsmacht nicht zuzurechnen sind, an die Verkäuferin der Eigentumswohnung und an andere Beteiligte ausgezahlt worden. Nur diese Zuwendungsempfänger kann die Beklagte auf Rückerstattung der Darlehensvaluta in Anspruch nehmen (vgl. Senat BGHZ 147, 145, 150 f.; Senatsurteile vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1226, vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 329 und vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 503).
16
3. Das Berufungsgericht hat schließlich im Ergebnis zutreffend angenommen , dass der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch - entgegen der Ansicht der Revision - nicht verjährt ist.
17
a) Nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden hier die seit dem 1. Januar 2002 geltenden Verjährungsvorschriften Anwendung. Denn der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch der Kläger war an diesem Tag noch nicht verjährt. Dieser unterlag ursprünglich der regelmäßigen dreißigjährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. (vgl. BGHZ 32, 13, 16; Senatsurteil vom 24. Oktober 2000 - XI ZR 273/99, WM 2000, 2423, 2426). Die kürzere Frist des § 197 BGB a.F. war nicht anwendbar, weil der Zwischenfinanzierungskredit nicht in regelmäßig wiederkehrenden Raten, sondern in einer Summe zu tilgen war (vgl. Senatsurteile vom 24. Oktober 2000 aaO und vom 14. September 2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2308). Die Verjährungsfrist begann gemäß § 198 Satz 1 BGB a.F. mit der Entstehung des Anspruchs, hier also mit der Rückzahlung des Zwischenfinanzierungsdarlehens im April 1997. Danach wäre die Verjährung erst im Jahr 2027 eingetreten.
18
b) Mangels Sonderregelung unterfällt der von den Klägern geltend gemachte Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts am 1. Januar 2002 der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB. Da diese Verjährungsfrist kürzer ist als die bis zum 1. Januar 2002 geltende Regelverjährung, ist sie gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an zu berechnen , soweit der Verjährungsbeginn nicht gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB infolge späterer Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Kläger verschoben worden ist. Entgegen der Revision ist dies hier der Fall. Da den Klägern die Kenntnis der Treuhänderin nicht zuzurechnen ist, kommt es auf ihre eigene Kenntnis an. Kenntnis von der Zwischenfinanzierung haben sie erst im Laufe des Jahres 2004 erlangt, so dass Verjährungsbeginn der 31. Dezember 2004 war (§ 199 Abs. 1 Halbs. 1 BGB).
19
aa) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass für den Beginn der Verjährungsfrist nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB i.V. mit § 195 BGB nicht allein der Stichtag des 1. Januar 2002 maßgeblich ist, sondern - entgegen der Revision - auch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen.
20
In (1) Instanzrechtsprechung und Literatur ist streitig, ob in den von Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB geregelten Übergangsfällen die kenntnisabhängige Dreijahresfrist des § 195 BGB nur dann von dem 1. Januar 2002 an zu berechnen ist, wenn der Gläubiger in diesem Zeitpunkt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis von seinem Anspruch hat oder diese nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat.
21
Das wird von der überwiegend vertretenen Auffassung bejaht (OLG Bamberg NJW 2006, 304; OLG Braunschweig ZIP 2006, 180, 183; OLG Karlsruhe ZIP 2006, 1855, 1857; OLG Stuttgart ZIP 2005, 2152, 2156; LG Berlin VuR 2005, 457, 458; AnwK-BGB/Budzikiewicz/Mansel Art. 229 § 6 EGBGB Rdn. 60 ff.; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB 11. Aufl., Anh. Vor § 194 zu Art. 229 § 6 EGBGB Rdn. 9; Finkenauer, in: Ehmann/ Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht § 14 S. 317; Henrich, in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand: 1. März 2006, § 194 Rdn. 26; MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. Vor § 194 Rdn. 39; Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Art. 229 § 6 EGBGB Rdn. 1, 6; Bussmann MDR 2005, 1392; Gerneth BKR 2006, 312, 315; Gsell NJW 2002, 2197, 2199; Heß NJW 2002, 253, 258; Karst/Schmidt-Hieber DB 2004, 1766, 1767 f.; Loritz ZfIR 2005, 709, 711; Reiter/Methner VuR 2006, 424 ff.; Rohlfing MDR 2006, 721, 722; Schulte-Nölke/Hawxwell NJW 2005, 2117, 2120; Staudinger ZIP 2004, 1752, 1754).
22
Nach der Gegenansicht beginnt die dreijährige Regelverjährungsfrist stets am 1. Januar 2002, ohne dass es auf das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ankommen soll (OLG Celle ZIP 2006, 2163, 2166; OLG Hamm WM 2006, 1477, 1480; LG Berlin ZGS 2006, 160; LG Hannover Nds. Rpfl. 2006, 125, 126; Gottwald, Verjährung im Zivilrecht Rdn. 464 ff.; Assmann/Wagner NJW 2005, 3169, 3172; Münscher WuB I G 5.-7.06; Wagner BKR 2007, 18).
23
(2) Der erkennende Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an.
24
(a) Für die Gegenansicht spricht zwar vordergründig der Wortlaut des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, wonach sich der Beginn der Verjährung für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften bestimmt. Für den hier maßgeblichen Fristenvergleich nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB kann dies aber nicht gelten. Hiergegen spricht bereits, dass diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht nur das weitere Schicksal einer bereits laufenden Verjährungsfrist regelt, sondern auch eine Regelung zum Fristbeginn enthält. Denn die kürzere Verjährungsfrist soll danach nicht am Stichtag des 1. Januar 2002 beginnen, sondern wird von diesem Tage an "berechnet". Die Berechnung erfordert eine rechtliche Beurteilung und Entscheidung der Frage des Fristbeginns. Aufgrund dessen sind die Regelungen des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 EGBGB nicht widerspruchsfrei.
25
(b) Bei einer starren Anknüpfung an den Stichtag des 1. Januar 2002 als Beginn der Verjährung würde sich zudem ein erheblicher Wertungswiderspruch ergeben.
26
Abweichend von der früheren dreißigjährigen Regelverjährungsfrist , die kenntnisunabhängig ab Entstehung des Anspruchs lief, ist die regelmäßige Verjährung im neuen Recht zweigliedrig ausgestaltet. Neben der kenntnisabhängigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, die dem Gläubiger ausreichend Zeit geben will, die Durchsetzbarkeit seines Anspruchs zu prüfen, bestehen die kenntnisunabhängigen Höchstfristen des § 199 Abs. 2 bis 4 BGB. Nach der von der Revision vertretenen Gegenansicht wäre in den Übergangsfällen die Dreijahresfrist des § 195 BGB nicht kenntnisabhängig und daher keine Überlegungsfrist mehr. Bei Unkenntnis des Gläubigers würde die Verjährung früher eintreten als bei isolierter Anwendung des bisherigen wie auch des neuen Verjährungsrechts (OLG Braunschweig ZIP 2006, 180, 183; MünchKommBGB/Grothe aaO Vor § 194 Rdn. 39; Rohlfing MDR 2006, 721, 722). Der Gläubiger würde die längere Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. verlieren und gleichzeitig nicht in den Genuss des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB kommen.
27
Für (c) die Annahme, der Gesetzgeber habe den Überleitungsgläubiger schlechter stellen wollen, als dies altes und neues Recht isoliert vorsehen, fehlt jeder Anhaltspunkt (OLG Braunschweig aaO; OLG Karlsruhe ZIP 2006, 1855, 1857; MünchKommBGB/Grothe aaO; Rohlfing aaO). Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich lediglich, dass das fixe Anfangsdatum für die Fristberechnung in Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vermeiden soll, dass entsprechend dem nach Abs. 1 Satz 1 grundsätzlich anzuwendenden neuen Verjährungsrecht die kürzere neue Frist am 1. Januar 2002 bereits abgelaufen ist (BT-Drucks. 14/6040 S. 273 zu § 5 Abs. 3) und deshalb mit Inkrafttreten der Neuregelung die Verjährung eintreten würde.
28
(d) Der angesprochene, vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Wertungswiderspruch ist in der Weise aufzulösen, dass bei einem Anspruch, der der Regelverjährung unterliegt, in den Fristenvergleich nach Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB in Bezug auf das neue Recht sowohl die kurze, kenntnisabhängige (§ 195, 199 Abs. 1 BGB), als auch die längere, kenntnisunabhängige Verjährungsfrist (§ 199 Abs. 2 bis 4 BGB) einzubeziehen sind; maßgebend ist die im konkreten Fall früher ablaufende Frist. Dabei ist die Höchstfrist stets von dem 1. Januar 2002 an zu berechnen, während dies für die regelmäßige Frist des § 195 BGB nur dann gilt, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorlagen.
29
Auf diese Weise kann dem Gesamtsystem und den Wertungen des neuen Verjährungsrechts Rechnung getragen werden, das nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB möglichst zügig und umfassend zur Anwendung kommen soll (AnwK-BGB/Budzikiewicz/Mansel Art. 229 § 6 EGBGB Rdn. 1; MünchKommBGB/Grothe aaO Vor § 194 Rdn. 38; Gsell NJW 2002, 1297, 1299). Dabei wird berücksichtigt, dass der Gesetzgeber die Einführung der kurzen Regelverjährungsfrist von drei Jahren deshalb als unbedenklich angesehen hat, weil die Verkürzung der Frist durch den nach dem subjektiven System hinausgeschobenen Fristbeginn kompensiert wird und die Höchstfristen die Gefahr der Verjährung von Ansprüchen, die dem Gläubiger unbekannt sind, auf ein hinnehmbares Maß reduzieren (BT-Drucks. 14/6040 S. 108; Heß NJW 2002, 253, 258; Piekenbrock AnwBl 2005, 737, 738). Dem Schutzbedürfnis des Gläubigers entspricht es, eine kürzere Verjährungsfrist erst dann anzuwenden, wenn auch alle Voraussetzungen dieser Frist vorliegen. Die Interessen des Schuldners werden durch die Höchstfristen aus § 199 Abs. 2 bis 4 BGB und die Regelung des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB gewahrt.
30
Diese Auslegung entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu der das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 begleitenden Überleitungsvorschrift des Art. 169 EGBGB, dem Art. 229 § 6 EGBGB nachgebildet worden ist (BTDrucks. 14/6040 S. 273). Danach sollte in dem Fall, in dem die Verjährungszeit nach altem Recht länger war als nach neuem Recht, dieses aber an den Beginn der Verjährung strengere Erfordernisse stellte als das alte Recht, die Verjährungsfrist des neuen Rechts erst von dem Zeitpunkt an beginnen, in welchem alle Voraussetzungen dieser kürzeren Verjährung erfüllt waren (RGZ 73, 434, 439 f.).
31
bb) Entgegen der Auffassung der Revision lagen bei den Klägern die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vor dem 1. Januar 2002 vor, so dass die Verjährung nicht bereits am 31. Dezember 2004 31. Dezember 2004 eingetreten ist (§ 199 Abs. 1 Halbs. 1 BGB), sondern durch die Geltendmachung des zuerkannten Bereicherungsanspruchs im Februar 2005 noch gehemmt werden konnte.
32
(1) Die Kläger selbst hatten vor dem 1. Januar 2002 nicht die erforderliche Kenntnis von den den Bereicherungsanspruch begründenden Umständen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war den Klägern das Zwischenfinanzierungsdarlehen damals nicht bekannt. Nach ihrem Vorbringen haben sie hierüber weder von der Treuhänderin noch von der Beklagten jemals Unterlagen erhalten , sondern davon erst im Jahr 2004 durch Parallelverfahren gegen die Beklagte erfahren. Die Beklagte, die als Schuldnerin die Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährung und damit für die Kenntnis der Kläger gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB trägt (vgl. OLG Bamberg NJW 2006, 304; OLG Karlsruhe ZIP 2006, 1855, 1858; Palandt/ Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 199 Rdn. 46), ist dem nicht entgegengetreten.
33
Die Unkenntnis der Kläger beruhte auch nicht auf grober Fahrlässigkeit , obwohl der Treuhandvertrag und die zugehörige Vollmacht mehrfach eine Zwischenfinanzierung erwähnen. Beide Urkunden sind derart umfassend, dass die Kläger nicht damit rechnen mussten, dass die Treuhänderin sämtliche darin genannten Verträge abschließt, ohne sie darüber zu informieren. So ist in der notariellen Urkunde vom 5. Dezember 1996 neben der Zwischenfinanzierung z.B. auch die Vorfinanzierung des Eigenkapitals genannt, die im Fall der Kläger entbehrlich war und nicht abgeschlossen wurde, weil diese den Kaufpreis vollständig fremdfinanzierten. Danach mussten die Kläger allein aus der entsprechenden Befugnis der Treuhänderin weder auf den tatsächlichen Abschluss eines solchen Zwischenfinanzierungskredits schließen noch sich danach erkundigen.
34
Schließlich (2) hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch nicht deshalb gegeben waren, weil die Treuhänderin den Zwischenfinanzierungskredit kannte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist den Klägern diese Kenntnis nicht zuzurechnen.
35
Grundsätzlich (a) müssen die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Person des Gläubigers vorliegen (Erman/ Schmidt-Räntsch, BGB 11. Aufl. § 199 Rdn. 12; Palandt/Heinrichs aaO § 199 Rdn. 23). Allerdings hat die Rechtsprechung zu § 852 Abs. 1 BGB a.F., dem § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nachgebildetist (BT-Drucks. 14/6040 S. 105, 107), aus dem Rechtsgedanken des § 166 Abs. 1 BGB abgeleitet , dass auch die Kenntnis eines "Wissensvertreters" genügt. So muss der Gläubiger, der einen Dritten mit der Tatsachenermittlung gerade zur Durchsetzung oder Abwehr unter anderem desjenigen Anspruchs, um dessen Verjährung es konkret geht, beauftragt hat, dessen Kenntnis gegen sich gelten lassen (BGH, Urteile vom 29. Januar 1968 - III ZR 118/67, NJW 1968, 988 f., vom 22. November 1983 - VI ZR 36/82, ZIP 1984, 221, 222, vom 19. März 1985 - VI ZR 190/83, NJW 1985, 2583, vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 258 und vom 19. März 1997 - XII ZR 287/95, NJW 1997, 2049, 2050). Denn derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, hat sich unabhängig von einem Vertretungsverhältnis das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen zu lassen (BGHZ 134, 343, 347 f.; BGH, Urteile vom 19. März 1985 aaO und vom 16. Mai 1989 - VI ZR 251/88, NJW 1989, 2323; Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 220/99, WM 2000, 1539, 1541 zu § 819 Abs. 1 BGB).
36
(b) Ob diese Rechtsprechung unverändert auf § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB übertragen werden kann, obwohl diese Vorschrift nicht nur - wie bisher - deliktische, sondern auch vertragliche und bereicherungsrechtliche Ansprüche erfasst, ist umstritten (dafür: AnwK-BGB/Mansel/Stürner § 199 Rdn. 27; differenzierend Henrich/Spindler, in: Beck'scher OnlineKommentar BGB, Stand: 1. März 2006, § 199 Rdn. 35 ff. m.w.Nachw.). Dies kann jedoch dahinstehen, weil vorliegend eine Wissenszurechnung entsprechend § 166 Abs. 1 BGB bereits aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt.
37
Eine (c) Zurechnung aufgrund der rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung der Treuhänderin scheidet aus, weil die ihr erteilte Vollmacht nichtig ist und die Kläger ihr Handeln nicht genehmigt haben.
38
Entgegen der Ansicht der Revision kann sich die Beklagte im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch nicht mit der Begründung auf §§ 171, 172 BGB berufen, dass die Treuhänderin im Zeitpunkt der Rückzahlung des Zwischenfinanzierungskredits durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde als Vertreter der Kläger legitimiert war. Die §§ 171 ff. BGB sind Anwendungsfälle des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dass zum Schutz des Rechtsverkehrs derjenige, der einem gutgläubigen Dritten gegenüber zurechenbar den Rechtsschein einer Bevollmächtigung eines anderen setzt, sich so behandeln lassen muss, als habe er dem anderen wirksam Vollmacht erteilt (vgl. BGHZ 102, 60, 64; Senatsurteil vom 25. März 2003 - XI ZR 227/02, WM 2003, 1064, 1065 f.). Sie gelten nur dann, wenn das Bestehen der Vertretungsmacht bei Vornahme einer konkreten Handlung durch den Vertreter in Frage steht. Eine solche Handlung spielt im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ebenso wenig eine Rolle wie der Schutz des Rechtsverkehrs.
39
(d) Eine Zurechnung der Kenntnis des "Wissensvertreters" kommt zwar auch dann in Betracht, wenn dieser ohne Vertretungsmacht oder ohne Auftrag gehandelt hat (BGHZ 117, 104, 107). Dies kann aber nicht gelten, wenn - wie hier - die Beauftragung und Bevollmächtigung wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam sind. Andernfalls würde dem Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes, die Rechtsuchenden vor unsachgemäßer Erledigung ihrer rechtlichen Angelegenheiten zu schützen (BGHZ 37, 258, 262; 153, 214, 220; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2262; Senatsurteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01, WM 2002, 1273, 1274), nicht hinreichend Rechnung getragen. Mit dieser Zweckrichtung wäre es unvereinbar , dem Gläubiger die Kenntnis des unbefugten Rechtsberaters, vor dem er geschützt werden soll, mit der Folge zuzurechnen, dass er möglicherweise seine Ansprüche, die sich aus dem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz ergeben, wegen Verjährung nicht mehr durchsetzen könnte, obwohl er selbst keine Kenntnis davon hatte.
40
c) Die zehnjährige Höchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB war im Jahr 2005 ebenfalls noch nicht abgelaufen, weil sie gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vom 1. Januar 2002 an zu berechnen ist.

III.


41
Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Joeres Ellenberger
Schmitt Grüneberg

Vorinstanzen:
LG Frankenthal, Entscheidung vom 09.12.2004 - 7 O 269/04 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 23.01.2006 - 7 U 7/05 -

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Streitwert: 30.677,51 EUR.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Ersatz für Aufwendungen, die er auf das Haus der Beklagten getätigt hat.
Der Kläger ist der Sohn der im Jahre 1919 geborenen Beklagten. Er nahm in dem Zeitraum von 1974 bis 1995 am Haus der Beklagten Arbeiten vor und machte finanzielle Aufwendungen zur Erhaltung, Verbesserung und zum Ausbau des Hauses und des Grundstückes. Während dieses Zeitraumes wohnte er auch mietfrei in dem Haus der Beklagten.
Am 29.06.1995 schlossen die Parteien gemeinsam mit der damaligen Ehefrau des Klägers, Frau H., sowie den beiden Kindern des Klägers M. und S., einen notariellen „Übergabe- und Pflegevertrag“. Darin wurde die Übergabe des Grundbesitzes der Beklagten (Flst. im Grundbuch von W.) an die Kinder M. und S. vereinbart. In diesem Vertrag heißt es unter Ziff. I unter anderem:
„Der Veräußerer [die Beklagte] bzw. nach seinem Ableben Herr R. [Kläger] sind berechtigt, die jeweilige Zuwendung an einen Erwerber zurückzufordern, sofern
a) ein Erwerber gegen dieses Verfügungsverbot verstößt;
b) ein Erwerber sich durch Verfehlungen gegenüber dem Veräußerer oder seinen Eltern oder einem Elternteil als undankbar erweist.“
In Ziffer III des Vertrages heißt es unter der Überschrift „Abfindungsvereinbarung“:
„R. [Kläger] hat in den zurückliegenden Jahren, und zwar seit 1974, in erheblichem Umfang durch Aufwand an Arbeitszeit und Geld Aufwendungen zur Erhaltung, Verbesserung und zum Ausbau von Haus und Grundstück getätigt.
Die Vertragsschließenden veranschlagen den Wert dieser Leistungen mit 60.000,- DM.
10 
J. [Beklagte] und R. [Kläger] erklären sich darin einig, dass mit den Zuwendungen gemäß Teil I. dieser Urkunde diese Leistungen von R. [Kläger] abgegolten sind.“
11 
Aufgrund von behaupteten Verfehlungen forderte die Beklagte mit Klage vom 23.09.1996 von den Kindern M. und S. des Klägers die Rückübertragung des Grundstücks. Mit Versäumnisurteil vom 03.04.1997 des Landgerichts R. wurden die Kinder zur Rückübertragung verurteilt. In Folge des Versäumnisurteils wurde das Grundstück auf die Beklagte zurückübertragen. Mit notariellem Vertrag vom 17.10.2002 übertrug die Beklagte das Grundstück auf ein weiteres Enkelkind. Der Kaufpreis entsprach der Höhe der valutierten Grundpfandrechte und wurde zur Ablösung von Handwerkerrechnungen verwendet.
12 
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
13 
Der Kläger behauptet, bei den im notariellen Vertrag zugesicherten 60.000,00 DM handle es sich um Eigenleistungen des Klägers, die er in das Haus gesteckt habe, und nicht um Fremdleistungen von Werkunternehmen.
14 
Der Kläger ist der Ansicht, dass mit der Zuwendung des Grundbesitzes an seine Kinder seine Arbeitsleistungen und finanziellen Leistungen abgegolten sein sollten. Mit der Rückabwicklung durch das Versäumnisurteil sei die Geschäftsgrundlage dieser Vereinbarung weggefallen.
15 
Der Kläger beantragt:
16 
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.677,51 EUR nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz an Zinsen seit dem 19.01.2006 zu bezahlen.
17 
Die Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Die Beklagte behauptet, der Kläger habe die Aufwendungen auf das Haus nicht selbst, sondern durch Werkunternehmen erbracht, die er nicht bezahlt habe.
20 
Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei entreichert, da sie das Haus auf ein anderes Enkelkind übertragen habe.
21 
Die Klage ist am 02.01.2006 beim Landgericht R. eingegangen und der Beklagten am 05.01.2006 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I.
23 
Die Klage ist zulässig. Das Landgericht R. ist sachlich und örtlich zuständig (§§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG, 12, 13 ZPO).
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Es kann offen bleiben, ob dem Kläger aufgrund der Rückübertragung des Eigentums an dem Haus von seinen Kindern auf die Beklagte ein Anspruch zusteht. Ein solcher ist, bestünde er, jedenfalls verjährt.
25 
1. Zum Zeitpunkt des notariellen Vertrages im Jahr 1995 stand dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 60.000,00 DM zu. Dies steht fest aufgrund des Anerkenntnisses im notariellen Vertrag. Die Parteien konkretisierten die erbrachten Leistungen des Klägers in der Abfindungsvereinbarung dahingehend, dass sie sich einig waren, dass die vom Kläger in der Zeit von 1974 bis 1995 erbrachten Leistungen einen Wert von 60.000,00 DM haben. Der Umstand, dass die Parteien diese Leistungen in dem notariellen Vertrag erwähnten, zeigt auch, dass die Parteien nicht davon ausgingen, dass es sich bei den erbrachten Leistungen um bloße Gefälligkeiten handelte. Durch die notarielle Erwähnung haben die Parteien vielmehr klar stellen wollen, dass ein entsprechender Anspruch bestand.
26 
2. Die Parteien haben mit der Abfindungsvereinbarung in dem notariellen Vertrag einen Erlassvertrag gemäß § 397 Abs. 1 BGB geschlossen. Sie haben damit über den in derselben Urkunde festgestellten Anspruch des Klägers über 60.000,00 DM verfügt.
27 
3. Aufgrund der Rückübertragung des Grundstückes an die Beklagte durch das Versäumnisurteils aus dem Jahr 1997 könnte dem Kläger ein Anspruch auf Rückabwicklung des Erlassvertrages zustehen. Ein solcher Anspruch ergäbe sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung, die einem Anspruch wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorgeht. Ob ein solcher Anspruch tatsächlich besteht, wird hier jedoch offen gelassen, da er jedenfalls verjährt ist (siehe unten).
28 
4. Der mögliche Anspruch auf Rückabwicklung des Erlassvertrages ist verjährt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Die Verjährung beurteilt sich nicht nach § 196 BGB, sondern nach § 195 BGB.
29 
a. Nach § 196 BGB verjähren in zehn Jahren die Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung. Die Gegenleistung ist in der Regel der Kaufpreis für das Grundstück, kann aber auch ein anderes Entgelt sein (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 196 Rn. 4). Es kann hier offen bleiben, ob der zwischen den Parteien im Jahr 1995 vereinbarte Erlass eine Gegenleistung in diesem Sinne für die Übertragung des Grundstücks an die Kinder des Klägers darstellt. Die zehnjährige Verjährungsdauer des § 196 BGB ist nämlich nach Sinn und Zweck auf Ansprüche aus einer Rückabwicklung eines Grundstücksgeschäfts nicht anzuwenden.
30 
Vom Wortlaut her fallen Ansprüche aus der Rückübertragung eines Grundstückes, zu denen der Schuldner aufgrund von Störungen des ursprünglichen Leistungsverhältnisses verpflichtet ist, unter die Regelung des § 196 BGB. Es handelt sich nämlich auch bei den Rückübertragungsansprüchen um „Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück“ und die korrespondierenden „Ansprüche auf die Gegenleistung“. Der Anspruchsinhalt ändert sich nicht dadurch, dass es sich um einen Sekundäranspruch handelt. Zum Teil wird daher in der Kommentarliteratur vertreten, dass auch die Rückgewähransprüche beider Seiten durch § 196 BGB abgesichert werden (Staudinger/Peters, BGB, Neubearbeitung 2004, § 196 Rn. 11; Palandt/Heinrichs, aaO, § 196 Rn. 5; MüKo/Grothe, BGB, 4. Aufl. 2003, § 196 Rn. 4; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 11. Aufl. 2004, § 196, Rn. 4).
31 
Richtigerweise ist jedoch § 196 BGB für Rückabwicklungsansprüche einschränkend auszulegen, da die zehnjährige Verjährungsdauer nach Sinn und Zweck lediglich für solche Fälle gelten soll, bei denen sich der Vollzug des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus Gründen verzögern kann, auf die der leistungsbereite Schuldner keinen Einfluss hat (Bamberger/Roth, BGB, Aktualisierung Januar 2005, § 196 Rn. 3).
32 
Mit der Zehnjahresfrist soll insbesondere den Besonderheiten von Verträgen Rechnung getragen werden, die Grundstücke oder Rechte an Grundstücken zum Inhalt haben. Bei diesen Verträgen besteht die Besonderheit, dass der zur Erfüllung führende Leistungserfolg nicht ausschließlich von der Leistungshandlung des Schuldner abhängt. Vermessungen und Katastereintragungen können zu erheblichen Zeitverzögerungen führen. Hinzu kommen Verzögerungen im Zusammenhang mit der vom Finanzamt zu erteilenden Unbedenklichkeitsbescheinigung, wenn der Käufer über die Höhe der Grunderwerbssteuer mit dem zuständigen Finanzamt streitet und deshalb die Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht erteilt wird (BT-Drucks. 14/6040, S. 105; MüKo/Grothe, BGB, 4. Aufl. 2003, § 196 Rn. 1). Bei Rückübertragungen können derartige Probleme nicht mehr auftreten. Für die Ansprüche aus der Rückübertragung ist daher die Verjährungsdauer nicht dem § 196 BGB zu entnehmen, vielmehr gilt die Regelverjährung des § 195 BGB. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rückübertragung aufgrund einer Störung des ursprünglichen Leistungsverhältnisses vorgenommen wird oder weil der Schuldner aufgrund eines vertraglichen Rücktrittsrechts zur Rückübertragung verpflichtet ist (Bamberger/Roth, aaO, § 196 Rn. 3).
33 
b. Soweit im Jahr 1997 ein Anspruch auf Rückabwicklung des Erlassvertrages bestand, unterliegt dieser somit der Regelverjährung des § 195 BGB. Dieser Anspruch ist gemäß Art. 229, § 6 EGBGB spätestens zum Jahreswechsel 2004/2005 verjährt.
III.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I.
23 
Die Klage ist zulässig. Das Landgericht R. ist sachlich und örtlich zuständig (§§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG, 12, 13 ZPO).
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Es kann offen bleiben, ob dem Kläger aufgrund der Rückübertragung des Eigentums an dem Haus von seinen Kindern auf die Beklagte ein Anspruch zusteht. Ein solcher ist, bestünde er, jedenfalls verjährt.
25 
1. Zum Zeitpunkt des notariellen Vertrages im Jahr 1995 stand dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 60.000,00 DM zu. Dies steht fest aufgrund des Anerkenntnisses im notariellen Vertrag. Die Parteien konkretisierten die erbrachten Leistungen des Klägers in der Abfindungsvereinbarung dahingehend, dass sie sich einig waren, dass die vom Kläger in der Zeit von 1974 bis 1995 erbrachten Leistungen einen Wert von 60.000,00 DM haben. Der Umstand, dass die Parteien diese Leistungen in dem notariellen Vertrag erwähnten, zeigt auch, dass die Parteien nicht davon ausgingen, dass es sich bei den erbrachten Leistungen um bloße Gefälligkeiten handelte. Durch die notarielle Erwähnung haben die Parteien vielmehr klar stellen wollen, dass ein entsprechender Anspruch bestand.
26 
2. Die Parteien haben mit der Abfindungsvereinbarung in dem notariellen Vertrag einen Erlassvertrag gemäß § 397 Abs. 1 BGB geschlossen. Sie haben damit über den in derselben Urkunde festgestellten Anspruch des Klägers über 60.000,00 DM verfügt.
27 
3. Aufgrund der Rückübertragung des Grundstückes an die Beklagte durch das Versäumnisurteils aus dem Jahr 1997 könnte dem Kläger ein Anspruch auf Rückabwicklung des Erlassvertrages zustehen. Ein solcher Anspruch ergäbe sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung, die einem Anspruch wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorgeht. Ob ein solcher Anspruch tatsächlich besteht, wird hier jedoch offen gelassen, da er jedenfalls verjährt ist (siehe unten).
28 
4. Der mögliche Anspruch auf Rückabwicklung des Erlassvertrages ist verjährt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Die Verjährung beurteilt sich nicht nach § 196 BGB, sondern nach § 195 BGB.
29 
a. Nach § 196 BGB verjähren in zehn Jahren die Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung. Die Gegenleistung ist in der Regel der Kaufpreis für das Grundstück, kann aber auch ein anderes Entgelt sein (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 196 Rn. 4). Es kann hier offen bleiben, ob der zwischen den Parteien im Jahr 1995 vereinbarte Erlass eine Gegenleistung in diesem Sinne für die Übertragung des Grundstücks an die Kinder des Klägers darstellt. Die zehnjährige Verjährungsdauer des § 196 BGB ist nämlich nach Sinn und Zweck auf Ansprüche aus einer Rückabwicklung eines Grundstücksgeschäfts nicht anzuwenden.
30 
Vom Wortlaut her fallen Ansprüche aus der Rückübertragung eines Grundstückes, zu denen der Schuldner aufgrund von Störungen des ursprünglichen Leistungsverhältnisses verpflichtet ist, unter die Regelung des § 196 BGB. Es handelt sich nämlich auch bei den Rückübertragungsansprüchen um „Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück“ und die korrespondierenden „Ansprüche auf die Gegenleistung“. Der Anspruchsinhalt ändert sich nicht dadurch, dass es sich um einen Sekundäranspruch handelt. Zum Teil wird daher in der Kommentarliteratur vertreten, dass auch die Rückgewähransprüche beider Seiten durch § 196 BGB abgesichert werden (Staudinger/Peters, BGB, Neubearbeitung 2004, § 196 Rn. 11; Palandt/Heinrichs, aaO, § 196 Rn. 5; MüKo/Grothe, BGB, 4. Aufl. 2003, § 196 Rn. 4; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 11. Aufl. 2004, § 196, Rn. 4).
31 
Richtigerweise ist jedoch § 196 BGB für Rückabwicklungsansprüche einschränkend auszulegen, da die zehnjährige Verjährungsdauer nach Sinn und Zweck lediglich für solche Fälle gelten soll, bei denen sich der Vollzug des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus Gründen verzögern kann, auf die der leistungsbereite Schuldner keinen Einfluss hat (Bamberger/Roth, BGB, Aktualisierung Januar 2005, § 196 Rn. 3).
32 
Mit der Zehnjahresfrist soll insbesondere den Besonderheiten von Verträgen Rechnung getragen werden, die Grundstücke oder Rechte an Grundstücken zum Inhalt haben. Bei diesen Verträgen besteht die Besonderheit, dass der zur Erfüllung führende Leistungserfolg nicht ausschließlich von der Leistungshandlung des Schuldner abhängt. Vermessungen und Katastereintragungen können zu erheblichen Zeitverzögerungen führen. Hinzu kommen Verzögerungen im Zusammenhang mit der vom Finanzamt zu erteilenden Unbedenklichkeitsbescheinigung, wenn der Käufer über die Höhe der Grunderwerbssteuer mit dem zuständigen Finanzamt streitet und deshalb die Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht erteilt wird (BT-Drucks. 14/6040, S. 105; MüKo/Grothe, BGB, 4. Aufl. 2003, § 196 Rn. 1). Bei Rückübertragungen können derartige Probleme nicht mehr auftreten. Für die Ansprüche aus der Rückübertragung ist daher die Verjährungsdauer nicht dem § 196 BGB zu entnehmen, vielmehr gilt die Regelverjährung des § 195 BGB. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rückübertragung aufgrund einer Störung des ursprünglichen Leistungsverhältnisses vorgenommen wird oder weil der Schuldner aufgrund eines vertraglichen Rücktrittsrechts zur Rückübertragung verpflichtet ist (Bamberger/Roth, aaO, § 196 Rn. 3).
33 
b. Soweit im Jahr 1997 ein Anspruch auf Rückabwicklung des Erlassvertrages bestand, unterliegt dieser somit der Regelverjährung des § 195 BGB. Dieser Anspruch ist gemäß Art. 229, § 6 EGBGB spätestens zum Jahreswechsel 2004/2005 verjährt.
III.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren.

Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.

Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 16/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc

a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt,
wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als
einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die
Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung
überläßt, ist eine Frage des Einzelfalls und als solche einer Verallgemeinerung
nicht zugänglich.

c) Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung
von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen
oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlaß, wenn es
für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte
an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise
fehlt.

d) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts nur dann, wenn bei der Auslegung
oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus
die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Dies ist in der Regel dann
der Fall, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen
Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist und die
angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 8.835,12 ?.

Gründe:

I.


Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe eines Grundstücks an die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin verurteilt. Gegen dieses ihrem Prozeûbevollmächtigten am 24. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 25. September 2001 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag beantragt. Zur Rechtfertigung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht: Eine im Büro des Beklagtenvertreters seit 1990 stets sehr zuverlässig und fehlerlos arbeitende Gehilfin habe die Akte am Freitag, dem 21. September 2001 (weisungsgemäû notierte dreitägige Vorfrist), im Büro
nicht auffinden können. Zu diesem Zeitpunkt sei sie infolge Urlaubs einer weiteren Vollzeitmitarbeiterin und Abwesenheit einer nur an drei Tagen in der Woche tätigen Teilkraft die einzig verfügbare Angestellte gewesen. Wegen des von ihr zu bewältigenden auûerordentlichen Arbeitsanfalles habe sie die Aktensuche auf Montag, den 24. September 2001 (Ablauf der notierten Berufungsfrist ), verschoben. An diesem Tag habe die Gehilfin die im Fristenbuch eingetragenen Verfahrensakten herausgesucht, jedoch in der unzutreffenden, nicht überprüften Annahme, die den vorliegenden Fall betreffende Akte läge dem Beklagtenvertreter bereits mit einem Extrazettel "Fristablauf" vor, die rot notierte Berufungsfrist gestrichen und später im Fristenbuch neben der dort bereits durchgestrichenen Rotfrist einen Erledigungsvermerk mit ihrem Kürzel angebracht. Auch an diesem Tag sei sie als wiederum allein im Büro anwesende Angestellte einem auûerordentlichen Arbeitsdruck ausgesetzt gewesen. Allerdings habe der Beklagtenvertreter sie dadurch entlastet, daû er die am Wochenende und Montag eingegangene umfangreiche Post selbst bearbeitet, insbesondere die Notierung der jeweiligen Fristen und Termine verfügt habe. Diese Maûnahme habe sich in der Vergangenheit immer als ausreichend erwiesen , zumal der Beklagtenvertreter in Urlaubs- und Krankheitszeiten durch regelmäûige Stichproben überprüft habe, ob die im Kalender eingetragenen Fristen ordnungsgemäû gestrichen würden.
Das Kammergericht hat mit Beschluû vom 8. Februar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 5. März 2002 zugestellten Beschluû richtet sich die am 22. März 2002 eingegangene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und die Aufhebung der vom Kammergericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, aaO, § 238 Rdn. 7). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 4; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5; Zöller/Gummer, aaO, § 543 Rdn. 11). So liegen die Dinge hier nicht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung überläût, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Denn dabei ist nicht allein entscheidend, in welchem Umfang der Personalbestand reduziert ist, sondern es kommt vor allem darauf an, ob infolge einer angespannten Personallage eine erkennbare und durch zumutbare Maûnahmen behebbare Überlastung der mit der Fristenkontrolle betrauten, verfügbaren Mitarbeiter
eingetreten ist. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung je nach Fallgestaltung eine Erhöhung der grundsätzlichen Organisationspflichten eines Anwalts im Falle einer erheblichen Mehrbelastung des verfügbaren Personals manchmal bejaht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. April 1965, II ZB 11/64, VersR 1965, 596, 597: Ausfall zweier von drei Bürokräften; Beschl. v. 1. Juli 1999, III ZB 47/98, NJW-RR 1999, 1664: Ausfall zweier von drei Mitarbeiterinnen während eines Arbeitstages; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 f: Reduzierung der Belegschaft auf fast die Hälfte für mehr als einen Monat; Beschl. v. 28. Juni 2001, III ZB 24/01, NJW 2001, 2975, 2976: Verzicht auf Eintragung des Fristablaufes bei Erkrankung einer Mitarbeiterin zum Fristende und unzureichender Wiedervorlagezeit wegen eines Wochenendes), teilweise aber auch verneint (BGH, Beschl. v. 17. November 1975, II ZB 8/75, VersR 1976, 343: Abwesenheit zweier von drei Kräften; Beschl. v. 29. Juni 2000, Vll ZB 5/00, NJW 2000, 3006: Ausscheiden eines Anwalts und Eheprobleme einer Anwaltssekretärin; Beschl. v. 27. März 2001, VI ZB 7/01, NJW-RR 2001, 1072, 1073: Doppeltes Fehlverhalten einer Bürokraft in einer Sache). Vorliegend erschöpft sich die Beurteilung der Sorgfaltspflichten des Beklagtenvertreters ebenfalls in einer Würdigung der konkreten Einzelfallumstände und ist damit nicht auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen übertragbar.
Ob einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zukommt, wenn nur die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, kann hier offen bleiben, weil dieser Tatbetand hier ebenfalls nicht vorliegt.
2. Aus denselben Gründen ist eine Entscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten.
Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 104; BGHSt 24, 15, 21 f; Hannich in: Hannich/Meyer/Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 7; Zöller/Greger, aaO, § 543 Rdn. 12). Die Beklagte zeigt aber nicht auf, daû über die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verschärfung der Organisationspflichten eines Anwalts in Fällen angespannter Personallage (vgl. vor allem Beschl. vom 1. Juli 1999, III ZB 47/98 aaO; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99 aaO; Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, aaO), zur fehlenden Zurechenbarkeit organisationsunabhängigen Fehlverhaltens von Angestellten (vgl. Beschl. v. 23. März 2001, VI ZB 7/01, aaO) oder zum Überwachungs- und Organisationsverschulden bei Häufung von Mängeln (vgl. Beschl. v. 18. Dezember 1997, III ZB 41/97, BGHR ZPO § 233 Büropersonal 11) hinaus eine Notwendigkeit für weitere sachverhaltsbezogene Leitlinien besteht. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlaû, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz
geboten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 8, § 574 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers, aaO, § 543 Rdn. 6, 574 Rdn. 2). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, daû die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, aaO).

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlieûlich auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23, § 574 Rdn. 12).
aa) Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte verletzt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Lipp, NJW 2002, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, aaO, § 543 Rdn. 8; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO, Einl. Rdn. 103), namentlich die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Aus dem Beschluû des IX. Zivilsenats vom 7. März 2002, IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577 - zur Veröffentl. in BGHZ
vorgesehen) ergibt sich nichts anderes. Dieser verweist ledigIich darauf, daû zur Korrektur von Verfahrensgrundrechtsverletzungen (§ 544 ZPO) eine "auûerordentliche Rechtsbeschwerde" nicht statthaft ist. Zu der - hiervon zu unterscheidenden - Frage, unter welchen Voraussetzungen eine "statthafte" Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, hat der IX. Zivilsenat dagegen nicht Stellung genommen. Ist die Rechtsbeschwerde - wie hier - gemäû § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, dann hat das Rechtsbeschwerdegericht - im Rahmen seiner Möglichkeiten - die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und einen Grundrechtsverstoû der Vorinstanz zu beseitigen (vgl. BVerfGE 49, 252, 257 ff; 73, 322, 327; vgl. ferner BVerfG, Vorlagebeschl., ZVI 2002; 122), sofern diese nicht - etwa im Wege der Gegenvorstellung - die Grundrechtsverletzung selbst geheilt hat (vgl. BVerfGE 63, 77, 79; 73, 322, 327; BGHZ 130, 97, 99 ff; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, JZ 2000, 526 f; Beschl. v. 26. April 2001, IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; vgl. ferner BT-Drucks. 14/4722, S. 63). Da andererseits für die Frage, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, Art und Gewicht eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann Bedeutung erlangen sollen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen (BT-Drucks. 14/4722 S. 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wird eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde in der Regel nur dann zulässig sein, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (vgl. auch BVerfGE 47, 182, 187; 69, 233, 246; 73, 322, 329; 86, 133, 145 f; BVerfG, NJW-RR 2002, 68, 69), und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
bb) Die Beklagte zeigt jedoch keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für eine offenkundige Verletzung von Verfahrensgrundrechten auf.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff; 41, 332, 334 ff; 44, 302, 305 ff; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1993, 720; 1995, 249; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162). Demgemäû dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaût haben muû, um Wiedereinsetzung zu erlangen, insbesondere beim "ersten Zugang" zum Gericht (vgl. BVerfGE 25, 158, 166; 38, 35, 38; 40, 88, 91; 67, 208, 212 ff), aber auch beim Zugang zu einer weiteren Instanz (vgl. BVerfGE 44, 302, 305 ff; 62, 334, 336; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1995, 249; 1996, 2857; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162) nicht überspannt werden. Entsprechendes gilt für die Anforderungen, die nach Fristversäumung an den Vortrag und die Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe gestellt werden dürfen (vgl. BVerfGE 26, 315, 319, 320; 37, 100, 103; 40, 42, 44; 40, 88, 91; BVerfG, NJW 1997, 1770, 1771).
(2) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoûen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts und
die Kausalität einer Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daû die von der Beklagten vorgetragenen und glaubhaft gemachten organisatorischen Maûnahmen grundsätzlich den von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine hinreichende Fristenkontrolle genügen (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Februar 1996, II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschl. v. 14. März 1996, III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; Beschl. v. 27. November 1996, XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312, 1313). Es ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daû im Büro des Beklagtenvertreters sowohl im Zeitpunkt der auf den 21. September 2001 notierten Vorfrist als auch bei Ablauf der Berufungsfrist (24. September 2001) infolge des Ausfalls von zwei Bürokräften und der hierdurch bedingten erheblichen Mehrbelastung der allein verbliebenen Mitarbeiterin eine Sondersituation gegeben war, die den Beklagtenvertreter ausnahmsweise zu einer eigenen Fristenkontrolle verpflichtete. Diese auf den Einzelfall bezogene rechtliche Würdigung hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar hätte das Beschwerdegericht nicht ohne weitere Aufklärung unterstellen dürfen, daû die allein verbliebene Bürokraft des Beklagtenvertreters auch deswegen einer erheblichen Arbeitsbelastung ausgesetzt war, weil sie nicht nur für diesen, sondern auch für einen mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen weiteren Rechtsanwalt tätig gewesen sei. Hierin liegt jedoch kein Verstoû gegen die Grundrechte auf rechtliches Gehör und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Denn eine Beeinträchtigung dieser Verfahrensgrundrechte läge nur dann vor, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts hierauf beruhte (vgl. BVerfGE 86, 133, 147; 89, 381, 392 f). Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits allein der im Büro des Beklagtenvertreters
selbst aufgetretene auûergewöhnliche Arbeitsanfall Anlaû zu einer eigenen Fristenkontrolle des Anwalts gab. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich, daû das dort am 21. und 24. September anstehende Arbeitspensum von der verbliebenen Kanzleikraft allein nicht hinreichend bewältigt werden konnte.
(3) Auch für eine offenkundige Verletzung des Grundrechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Verstoû hiergegen kommt nur in Betracht , wenn die angefochtene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273, 278 ff; BVerfG, NJW 1996, 1336; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99 aaO) oder wenn durch zu strenge Anforderungen an die Erfolgsaussicht eines Vorbringens (Prozeûkostenhilfe) eine sachwidrige Ungleichbehandlung erfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, NJW 1998, 82). Dies ist jedoch nicht der Fall.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke