Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 24. Mai 2017 - 5 U 23/17

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2017:0524.5U23.17.0A
bei uns veröffentlicht am24.05.2017

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 20. Januar 2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten in der Berufung nur noch um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Förderkredites.

2

Die Parteien schlossen am 15. März 2012 einen Immobiliardarlehensvertrag. Dieser ist nicht Gegenstand der Berufung. Sie schlossen zur Finanzierung desselben Objektes am 23. März 2012 einen Förderimmobiliendarlehensvertrag als KfW-Darlehen über € 50.000,00. Diesen widerriefen sie mit Schreiben vom 2. März 2016. Die Wirksamkeit dieses Widerrufs ist Gegenstand der Berufung. Beide Darlehen wurden zum 30. März 2017 vorzeitig abgelöst. Die Kläger zahlten zur Ablösung des Förderimmobiliendarlehensvertrages € 52.936,42, davon € 6.239,40 Vorfälligkeitsentschädigung.

3

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie die erstinstanzlich gestellten Anträge wird im Übrigen Bezug genommen.

4

Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen. Auch der Widerruf des Förderdarlehensvertrages sei unwirksam. Aufgrund der Ausnahme des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB aF habe ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht bestanden. Unstreitig hätten die Parteien günstigere als marktübliche Bedingungen und höchstens den marktüblichen Sollzinssatz vereinbart. Ein voraussetzungsloses vertragliches Widerrufsrecht hätten die Parteien nicht vereinbart. Die Erteilung der Widerrufsbelehrung stelle kein Angebot der Beklagten auf Einräumung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts dar. Sofern der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung XI ZR 434/15 in den Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages und der Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde in einer Widerrufsinformation ein vom Verbraucher angenommenes vertragliches Angebot des Unternehmers erkenne, so beziehe sich dieses ausdrücklich auf eine vertragliche Erweiterung hinsichtlich des Anlaufens einer Widerrufsfrist eines ohnehin bestehenden gesetzlichen Widerrufsrechts in Abhängigkeit von der zusätzlichen Erteilung dieser Angabe im Immobiliardarlehensvertrag. Das sei vorliegend nicht der Fall. Mangels Widerrufsrechts sei es daher unschädlich, dass die Beklagte entgegen der Nennung in der Widerrufsinformation im Vertrag keine Angabe zu der zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht habe.

5

Die Kläger beschränken ihre Berufung auf den Widerruf des Förderdarlehensvertrages. Sie vertreten die Ansicht, im Hinblick auf den Förderkredit habe den Klägern ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht zugestanden. Maßgeblich sei der Empfängerhorizont der Kläger. Diese hätten das von der Beklagten gestellte Vertragswerk so verstehen müssen, dass ihnen bei beiden Verträgen ein Widerrufsrecht zustehe, wobei sie sich keine Gedanken darüber hätten machen müssen, ob dieses Widerrufsrecht vertraglich oder gesetzlich begründet sei. Die Voraussetzung für das Anlaufen der vertraglich vereinbarten Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt des Widerrufs nicht eingetreten gewesen. Es sei unstreitig, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß Anlage B 6 dem Darlehensvertrag nicht beigelegen hätten.

6

Nachdem sie zunächst in beiden Instanzen Feststellung beantragt hatten, haben die Kläger ihren Antrag auf Zahlung umgestellt.

7

Die Kläger beantragen,

8

unter Abänderung des am 20. Januar 2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Kiel, Az.: 5 O 227/16 wird die Beklagte verurteilt, an die Kläger € 7.963,81 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2017 zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.

II.

12

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Den Klägern stand im Hinblick auf den allein in der Berufung streitgegenständlichen Förderdarlehensvertrag kein Widerrufsrecht zu.

A.

13

Die Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Die Voraussetzungen des § 264 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Klagänderung ist sachdienlich und kann auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).

1.

14

Die Voraussetzungen des § 264 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. In der Umstellung von der Feststellungsklage auf eine Leistungsklage liegt hier eine Klagänderung. Eine Klageänderung liegt vor, wenn entweder der Klageantrag oder der Klagegrund ausgewechselt wird (BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 235/03, Rn. 15; Beschluss vom 29. September 2011 - IX ZB 106/11, Rn. 11). Keine Klageänderung liegt gemäß § 264 Nr. 2 ZPO - der auch im Berufungsverfahren Anwendung findet - vor, wenn der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird.

15

Anträge, die auf die Feststellung gerichtet sind, ein Verbraucherdarlehensvertrag habe sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, betreffen nur dieses Rückgewährschuldverhältnis. In diesem sind nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF i. V. m. §§ 346 ff. BGB die bis zum Zugang der Widerrufserklärung ausgetauschten Leistungen zurückzugewähren. Mit der Umwandlung des Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis tritt, was den Rechtsgrund der Ansprüche des Widerrufenden betrifft, eine Zäsur ein. Werden danach Zins- und Tilgungsleistungen an die Darlehensgeberin erbracht, richtet sich der Anspruch auf Rückgewähr nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 814 BGB (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 - XI ZB 17/16), da die primären Leistungspflichten aus dem Verbraucherdarlehensvertrag entfallen sind (BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, Rn. 2).

16

So liegt es hier. Der Streitgegenstand wird durch den erstmals im Berufungsrechtszug gestellten Zahlungsantrag geändert, weil dieser auch die Zeit nach dem Widerruf miteinbezieht. Ein in dieser Weise erweiterter Antrag ist prozessual - im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO - ein aliud; seine Begründung hängt nunmehr von tatsächlichen Voraussetzungen ab, die zuvor nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden waren (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 235/03, Rn. 16). Das bisherige Begehren ist nicht bloßes inhaltsgleiches Minus des neuen Begehrens (Bacher in: BeckOK, ZPO, Stand 1. März 2017, § 264 Rn. 5).

2.

17

Die Klageänderung ist sachdienlich. Maßgebend für die Beurteilung der Sachdienlichkeit ist neben einer Abwägung der beiderseitigen Interessen in erster Linie der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Dabei kommt es allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem anderenfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt (BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - II ZR 137/08, Rn. 4 mwN). Die Sachdienlichkeit kann bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise daher im allgemeinen nur dann verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, Urteil vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, Rn. 10).

18

Nach diesen Maßstäben ist die Klageänderung sachdienlich. Es geht um einen einheitlichen Lebenssachverhalt, nämlich die Rückabwicklung des Darlehensvertrags nach Widerruf. Der Anspruch auf Erstattung der nach dem Widerruf geleisteten Raten nebst Nutzungsentschädigung knüpft unmittelbar an den Prozessstoff erster Instanz an (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, Rn. 12). Der Umstand, dass die Modalitäten der Rückabwicklung sich bis zum Widerruf nach §§ 346 ff. BGB und danach nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB richten, ändert daran nichts. Insbesondere können die Kläger wegen ihrer Ansprüche, die nach dem Wirksamwerden des Widerrufs entstanden sind, nicht unter Berufung auf eine fehlende Sachdienlichkeit auf einen weiteren Rechtsstreit verwiesen werden. Vielmehr spricht der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit im Gegenteil für die Sachdienlichkeit der Klageänderung.

3.

19

Die Klagänderung kann auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Neue Tatsachen sind nach §§ 529, 531 ZPO zu berücksichtigen, soweit dies zulässig ist (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - VIII ZR 288/14, Rn. 10). Das Berufungsgericht soll nicht über eine „Flucht in die Klageänderung“ mit Tatsachenstoff konfrontiert werden können, der hinsichtlich der Berufung nach § 529 i. V. m. § 531 ZPO ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 13. Januar 2012 - V ZR 183/10, Rn. 13).

20

Diese Voraussetzungen sind für die Klageerweiterung durch die Umstellung auf den Zahlungsantrag erfüllt. Denn die nach Widerruf weiterhin geleisteten Raten waren bereits Streitstoff in erster Instanz. Überdies ist unstreitig, dass die Kläger nach dem Widerruf weiter auf das Darlehen geleistet haben. Die im Berufungsrechtszug von den Klägern vorgelegte Berechnung gemäß der Anlage K 7 hat die Beklagte nicht bestritten; vielmehr hat sie mit Schriftsatz vom 8. Mai 2017 ausgeführt, der neu gefasste Antrag sei „insoweit unbegründet“, soweit Nutzungsentschädigung in Höhe von 5 Prozentpunkten gefordert wird. Der Umstand, dass der Anspruch auf Rückzahlung der nach Widerruf geleisteten Raten nicht auf §§ 346 ff. BGB beruht, sondern auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB, führt nicht zu einer Unzulässigkeit der Klageerweiterung nach § 533 Nr. 2 ZPO.

B.

21

Die Klage ist unbegründet. Der zwischen den Parteien geschlossene Förderdarlehensvertrag ist nicht rückabzuwickeln. Den Klägern stand im Hinblick auf den allein in der Berufung streitgegenständlichen Förderdarlehensvertrag weder ein gesetzliches noch ein vertragliches Widerrufsrecht zu. Den Klägern stand im Hinblick auf den Förderdarlehensvertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht zu. Es kann nicht offen bleiben, ob die Beklagte den Klägern ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt hat. Grundsätzlich ist es zwar möglich, aus einem in einem Formularvertrag enthaltenen Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit ein vertragliches Rücktrittsrecht zu begründen. Vorliegend ist die Widerrufsinformation auf Seite 4 des Darlehensvertrages aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden jedoch nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen.

1.

22

Den Klägern stand im Hinblick auf den Förderdarlehensvertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht zu. Das Landgericht hat festgestellt, dass auf Grund der Ausnahme des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB aF (günstigere als marktübliche Bedingungen und höchstens der marktübliche Sollzinssatz) ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht bestand. An diese Feststellung ist der Senat nach § 529 Absatz 1 ZPO gebunden. Sie wird weder mit der Berufung angegriffen (§ 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) noch zeigt die Berufung konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellung begründen, auf (§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO).

2.

23

Es kann nicht offen bleiben, ob die Beklagte den Klägern dadurch ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt hat, weil sie die Kläger mit einer Widerrufsinformation auf das Bestehen eines Widerrufsrechtes hingewiesen hat. Denn die in der Widerrufsinformation genannte Frist von 14 Tagen bzw. einem Monat war zum Zeitpunkt des Widerrufes nicht abgelaufen. Die Widerrufsfrist hatte nicht zu laufen begonnen. Denn die Beklagte hätte die Kläger entgegen der von ihr - unterstellt - vertraglich übernommenen weiteren Voraussetzung für das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht im Darlehensvertrag über die für sie zuständige Aufsichtsbehörde unterrichtet. Damit hätte sie nicht sämtliche vertraglichen Bedingungen erfüllt, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Die Kläger haben zumindest eine der in der Belehrung aufgeführten „Pflichtangaben“ (Aufsichtsbehörde) nicht erhalten.

a.

24

Die Beklagte hätte für das Anlaufen der Widerrufsfrist - unterstellt - vertraglich eine weitere Voraussetzung mit den Klägern vereinbart. Die von der Beklagten konkret ausgewählten Beispiele gingen zwar über die Pflichtangaben bei Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags hinaus. Die Widerrufsinformation ist deshalb aber nicht unwirksam. Vielmehr haben die Parteien das Anlaufen der Widerrufsfrist gültig von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht (für gesetzliches Widerrufsrecht: BGH, Urteil vom 22. November 2016 - XI ZR 434/15, Rn. 23).

b.

25

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat sie die Kläger im Förderdarlehensvertrag nicht über die für sie zuständige Aufsichtsbehörde unterrichtet. Die Beklagte trägt hierzu vor, dass die dem Förderdarlehensvertrag beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Nummer 17 auf das Preis und Leistungsverzeichnis der Beklagten verweisen und diesem Preis und Leistungsverzeichnis unter Anlage D die zuständige Aufsichtsbehörde, nämlich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, entnommen werden kann.

26

Die Anlage D enthält jedoch keine von Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB aF geforderte klare und verständliche Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde. Zum einen ergibt sich aus Nummer 17 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kein Hinweis auf die Aufsichtsbehörde. Der Abschnitt ist überschrieben mit „Entgelt und Auslagen“ und auch die Überschriften der einzelnen Absätze der Nummer 17 enthalten keinen Hinweis auf die Aufsichtsbehörde. Zudem ergibt sich auch aus Ziffer D des Allgemeinen Preis- und Leistungsverzeichnisses (B 6 Anlagenband) kein Hinweis darauf, dass die am Ende benannte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die zuständige Aufsichtsbehörde ist. Aus der Anlage D ergeben sich drei Institutionen, zwei Schlichtungsstellen und eine Beschwerdestelle. Dass letztere auch die zuständige Aufsichtsbehörde ist, ist nicht zu erkennen.

c.

27

Die Beklagte hätte damit nicht sämtliche - unterstellt - vertraglichen Bedingungen erfüllt, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Die Kläger haben zumindest eine der in der Belehrung aufgeführten „Pflichtangaben“ (Aufsichtsbehörde) nicht erhalten.

3.

a)

28

Die Beklagte hat den Klägern aber kein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt. Dies ist zwar möglich. Die Widerrufsinformation ist aber nicht als Angebot auf Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen.

29

Grundsätzlich ist es möglich, aus einem in einem Formularvertrag enthaltenen Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit ein vertragliches Rücktrittsrecht zu begründen (BGH, Urteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 115/81, juris Rn. 17; Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 88/11, Rn. 11). Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 442/10, Rn. 24, Rn. 22). Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 15. Oktober 1980 (VIII ZR 192/79, juris Rn. 16) offen gelassen, ob die bei unklarer Rechtslage in einen (Bierlieferungs-)Vertrag aufgenommene „Belehrung über das Widerrufsrecht" als Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrechts auszulegen ist. In einem weiteren Urteil vom 30. Juni 1982 (VIII ZR 115/81, juris Rn. 17) hat er angenommen, aus dem in einem auf Bargeschäfte zugeschnittenen Formularvertrag enthaltenen Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit nach dem Abzahlungsgesetz ergebe sich für den Kunden ein vertragliches Rücktrittsrecht (vgl. auch: BGH, Urteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 442/10, Rn. 23). Ob immer dann, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, aus der Erteilung einer Widerrufsbelehrung auf die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts geschlossen werden kann, erscheint allerdings nicht zweifelsfrei. Dies hätte nämlich zur Folge, dass es auf die Voraussetzungen des gesetzlichen Widerrufsrechts nicht mehr ankäme und die betreffenden Vorschriften letztlich leer liefen. Ein solches Ergebnis dürfte mit Blick auf die gesetzlichen Regelungen des Widerrufsrechts, die an bestimmte tatbestandliche Merkmale anknüpfen, zumindest Bedenken begegnen (BGH, Urteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 442/10, Rn. 24 und XI ZR 401/10, Rn. 17; Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 88/11, Rn. 17).

30

Vorformulierte Widerrufsbelehrungen der in Rede stehenden Art sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 BGB (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 442/10, Rn. 29 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung gilt im Zusammenhang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Grundsatz der objektiven Auslegung. Danach sind diese ausgehend von den Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Außer Betracht zu bleiben haben dabei Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind. Nur wenn nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden Zweifel verbleiben und mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar sind, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 442/10, Rn. 30).

b)

31

An diesen Maßstäben gemessen, ist die Widerrufsinformation auf Seite 4 des Darlehensvertrages aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen. Inhalt und Wortlaut der Widerrufsinformation lassen einen solchen Schluss nicht zu. Es handelt sich bei der Widerrufsinformation um eine Belehrung für den Fall eines gesetzlichen Widerrufsrechts.

32

Dieses wird bereits aus der Überschrift „Widerrufsinformation“ deutlich. Eine Information ist eine Teilmenge an Wissen, die ein Sender einem Empfänger übermittelt. Eine Willenserklärung (Angebot) mit Rechtsbindungswillen geht über eine Wissensübermittlung deutlich hinaus. Auch die wiederholte Bezugnahme auf „Pflichtangaben“ spricht aus der Sicht eines durchschnittlichen Kunden gegen ein vertragliches Widerrufsrecht. Das Wort „Pflicht“ ergibt nur Sinn, wenn es um die Pflicht zur Einräumung eines Widerrufsrechts und somit ein gesetzliches Widerrufsrecht geht. Das gleiche gilt für die Möglichkeit der Nachbelehrung für den Fall nicht vollständiger Pflichtangaben. Will der Darlehensgeber freiwillig ein vertragliches Widerrufsrecht anbieten, so kann er die mitzuteilenden Angaben selbst bestimmen. Eine Pflicht, bestimmte Angaben zu machen, besteht in diesem Fall nicht. Die Möglichkeit der Unvollständigkeit scheidet aus. Sie ist nur im Falle gesetzlich vorgegebener Angaben denkbar. Überdies ergibt sich aus dem Satz, „Der Darlehensnehmer ist mit den nachgeholten Pflichtangaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen“, ein klarer Hinweis auf gesetzliche Vorgaben. Nicht zuletzt sprechen die Ankreuzoptionen in der Widerrufsinformation gegen ein vertragliches Widerrufsrecht. Für einen durchschnittlichen Kunden ist das Vorhandensein mehrerer Möglichkeiten ein deutlicher Hinweis auf gesetzliche Vorgaben.

33

Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht der Berufung weder aus der Entscheidung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 22. November 2016 (XI ZR 434/15) noch aus der Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 30. Juni 1982 (VIII ZR 115/81). Der Streitfall unterscheidet sich grundlegend von dem Sachverhalt, der dem Urteil des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 22. November 2016 (XI ZR 434/15 juris) zugrunde lag. Dort ging es um die vertragliche Erweiterung eines bereits bestehenden gesetzlichen Widerrufsrechts. Hier geht es um die Begründung eines vertraglichen Widerrufsrechts (vgl.: BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 88/11, Rn. 21). Auch von dem Sachverhalt, der dem Urteil des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 30. Juni 1982 (VIII ZR 115/81) zugrunde lag, unterscheidet sich der Streitfall. Dort ging es zwar auch um eine Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht bei einer besonderen Fallgestaltung, die im konkreten Fall nicht vorlag. Von einem durchschnittlichen Kunden war aber aufgrund der Art und Weise der Verwendung des Begriffes „Abzahlungskauf“ nicht zu erwarten, dass er die Begriffsabgrenzung und die sich daraus ergebenden Rechtswirkungen klar erkennt. Er durfte, anders als im Streitfall (siehe oben) vielmehr annehmen, er schließe ein Geschäft ab, das er widerrufen kann.

34

Der Senat folgt der Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, das keine generelle Betrachtung anstellt, sondern den Einzelfall bewertet. Eine falsche Belehrung über ein nicht existierendes gesetzliches Widerrufsrecht beziehungsweise die „unterschiedslose” Verwendung des Belehrungsformulars vermag für sich genommen im Einzelfall ohne gesetzliches Widerrufsrecht das vermeintliche gesetzliche Widerrufsrecht nicht zu begründen (OLG Hamburg, Urteil vom 19. Juni 2009 - 11 U 210/06, juris Rn. 121). Die Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, im Zweifel werde ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt, wenn ein Vertrag einen Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit enthält, obwohl nach den gesetzlichen Regelungen ein Widerrufsrecht nicht besteht, überzeugt nicht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. Juli 2013 - VI-U (Kart) 5/13, juris Rn. 26). Der Fall des OLG Köln (OLG Köln, Urteil vom 22. Juli 2009 - 27 U 5/09, Rn. 23, juris) und die Sachverhalte, die den Urteilen des OLG Frankfurt (OLG Frankfurt für den Widerruf der Beitrittserklärung zu einer Fonds-GbR: Urteil vom 26. Oktober 2011 - 9 U 68/11, juris Rn. 20; OLG Frankfurt, Urteil vom 21. September 2011 - 9 U 53/10, juris Rn. 27; OLG Frankfurt, Urteil vom 25. Mai 2011 - 9 U 43/10, juris Rn. 39) zugrunde lagen, sind nicht vergleichbar. Dort waren den Belehrungen eine Einschränkung dahin, dass das Widerrufsrecht nur für den Fall bestehen soll, dass es sich tatsächlich um ein Haustürgeschäft im Sinne von § 312 BGB handelt, bei dem dem Verbraucher von Gesetzes wegen ein Widerrufsrecht zusteht, gerade nicht zu entnehmen.

35

Die Anlage B3 (AB) kann entgegen der Auffassung der Kläger zur Argumentation nicht herangezogen werden, da es sich um eine interne Checkliste handelt. Zudem trägt sie das Datum 15. März 2012. Der Förderkreditvertrag wurde am 23. März 2012 geschlossen.

C.

36

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

D.

37

Die Revision ist zuzulassen.

38

Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

39

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, juris Rn. 4; Beschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02, juris Rn. 2). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 381/10, juris Rn. 12).

40

Die hier entscheidende Frage, unter welchen Voraussetzungen aus der bloßen Erteilung einer Widerrufsbelehrung auf die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts geschlossen werden kann, ist nicht höchstrichterlich geklärt, auch wenn die Anwendung der bisherigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs nach Auffassung des Senats zu einer Lösung führt. Es sind zahlreiche Klagen gegen Sparkassen mit einem gleichgelagerten Sachverhalt anhängig, so dass zudem die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich erscheinen lässt (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).


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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2002 - V ZB 16/02

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(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für Verbraucherdarlehensverträge, soweit nichts anderes bestimmt ist. Verbraucherdarlehensverträge sind Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge.

(2) Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer. Keine Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge,

1.
bei denen der Nettodarlehensbetrag (Artikel 247 § 3 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) weniger als 200 Euro beträgt,
2.
bei denen sich die Haftung des Darlehensnehmers auf eine dem Darlehensgeber zum Pfand übergebene Sache beschränkt,
3.
bei denen der Darlehensnehmer das Darlehen binnen drei Monaten zurückzuzahlen hat und nur geringe Kosten vereinbart sind,
4.
die von Arbeitgebern mit ihren Arbeitnehmern als Nebenleistung zum Arbeitsvertrag zu einem niedrigeren als dem marktüblichen effektiven Jahreszins (§ 6 der Preisangabenverordnung) abgeschlossen werden und anderen Personen nicht angeboten werden,
5.
die nur mit einem begrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse abgeschlossen werden, wenn im Vertrag für den Darlehensnehmer günstigere als marktübliche Bedingungen und höchstens der marktübliche Sollzinssatz vereinbart sind,
6.
bei denen es sich um Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge oder Immobilienverzehrkreditverträge gemäß Absatz 3 handelt.

(3) Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer, die

1.
durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert sind oder
2.
für den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder für den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten bestimmt sind.
Keine Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge gemäß Absatz 2 Satz 2 Nummer 4. Auf Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge gemäß Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 ist nur § 491a Absatz 4 anwendbar. Keine Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind Immobilienverzehrkreditverträge, bei denen der Kreditgeber
1.
pauschale oder regelmäßige Zahlungen leistet oder andere Formen der Kreditauszahlung vornimmt und im Gegenzug nur einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erwirbt und
2.
erst nach dem Tod des Verbrauchers eine Rückzahlung fordert, außer der Verbraucher verstößt gegen die Vertragsbestimmungen, was dem Kreditgeber erlaubt, den Vertrag zu kündigen.

(4) § 358 Abs. 2 und 4 sowie die §§ 491a bis 495 und 505a bis 505e sind nicht auf Darlehensverträge anzuwenden, die in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes gerichtliches Protokoll aufgenommen oder durch einen gerichtlichen Beschluss über das Zustandekommen und den Inhalt eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs festgestellt sind, wenn in das Protokoll oder den Beschluss der Sollzinssatz, die bei Abschluss des Vertrags in Rechnung gestellten Kosten des Darlehens sowie die Voraussetzungen aufgenommen worden sind, unter denen der Sollzinssatz oder die Kosten angepasst werden können.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

15
a) Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten, m.w.N.). Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot gerade der bestimmten - als rechtswidrig angegriffenen - Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger in seinem Antrag sowie seiner zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 77/96, GRUR 1999, 272, 274 = WRP 1999, 183 - Die Luxusklasse zum Nulltarif). Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt damit den Inhalt des Klagebegehrens.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.

(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.

(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.

(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 17/16
vom
10. Januar 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:100117BXIZB17.16.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber

beschlossen:
Die Kläger werden, nachdem sie die Rechtsbeschwerde gegen den am 24. August 2016 ergangenen Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz zurückgenommen haben, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt. Die Kosten der Rechtsbeschwerde werden ihnen auferlegt (§ 516 Abs. 3 ZPO entsprechend). Der Streitwert wird auf bis 45.000 € festgesetzt. Im Falle eines wirksamen Widerrufs ist das Schuldverhältnis gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung nach den §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln, so dass für den Streitwert - wenn wie hier auf Feststellung geklagt wird, dass der Darlehensvertrag sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat - die Leistungen maßgeblich sind, die der Darlehensnehmer gemäß §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 6 f.). Maßgeblich sind dabei die Zins- und Tilgungsleistungen bis zum Widerruf. Danach vom Darlehensnehmer - ggfs. unter Vorbehalt - weiter erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen fallen nicht in das Rückgewährschuldverhältnis gemäß §§ 346 ff. BGB. Ein im Falle eines wirksamen Widerrufs insoweit unter Umständen (vgl. § 814 BGB) gegebener Bereicherungsanspruch ist vorliegend vom Antrag nicht umfasst.
Ellenberger Maihold Matthias Derstadt Dauber
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 20.04.2016 - 3 O 402/15 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 24.08.2016 - 8 U 616/16 -

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. September 2015 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 13. Mai 2015 wird zurückgewiesen, soweit die Klägerin beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.085,95 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31. Dezember 2014 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass zwei von ihr mit der Beklagten geschlossene Darlehensverträge aufgrund des Widerrufs der Klägerin rückabzuwickeln sind. Außerdem begehrt sie Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten.

2

Die Parteien schlossen im Juni und November 2007 im Wege des Fernabsatzes zwei - überwiegend noch valutierende - Verbraucherdarlehensverträge über 70.000 € und 10.000 €. Die Beklagte belehrte die Klägerin über ihr Widerrufsrecht jeweils wie folgt:

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3

Mit Schreiben vom 8. Juli 2014 widerrief die Klägerin ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. Zugleich bat sie die Beklagte um Bestätigung des Eingangs ihres Schreibens und Mitteilung der "aktuellen Salden der Darlehen", die sie von ihrer "Hausbank ablösen lassen" werde. Außerdem bat sie darum, ihr und der Beklagten "rechtliche Schritte zur Durchsetzung des Widerrufes" zu ersparen. Mit Schreiben vom 9. September 2014 und vom 11. September 2014 - dort unter Bezugnahme auf ein weiteres, im Rechtsstreit nicht vorgelegtes Schreiben der Klägerin vom 9. September 2014 - wies die Beklagte den Widerruf der Klägerin zurück und unterbreitete Vergleichsvorschläge. Die Klägerin legte der Beklagten im September 2014 ein "Kurzgutachten über die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung" ihres Prozessbevollmächtigten vor, auf das die Beklagte im Oktober 2014 erneut mit der Zurückweisung des Widerrufs reagierte.

4

Ihre Klage auf Feststellung, sie habe die Darlehensverträge "wirksam widerrufen" und es bestünden "keine Zahlungsverpflichtungen aus diesen Darlehensverträgen", auf Erteilung einer "löschungsfähige[n] Quittung" für eine der Beklagten gestellte Grundschuld und auf Zahlung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie zuletzt nur noch ihre Feststellungs- und Zahlungsklage weiterverfolgt hat, hat das Berufungsgericht, das die Klägerin zu einer entsprechenden Änderung ihres Feststellungsbegehrens veranlasst hat, dahin erkannt, es werde festgestellt, dass aufgrund des Widerrufs vom 8. April 2014 (richtig: 8. Juli 2014) die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse "umgewandelt" worden seien. Weiter hat es die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten verurteilt. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Zurückweisung der Berufung weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit, als sie das Zahlungsbegehren zum Gegenstand hat, zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin, im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Über die Revision ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war. Inhaltlich ist das Urteil insoweit jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 f.).

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

7

Die Feststellungsklage sei in der zuletzt gestellten Fassung zulässig. Das Bestehen eines Rückgewährschuldverhältnisses sei feststellungsfähig. Die Klägerin müsse sich nicht auf die Leistungsklage verweisen lassen. Die Beklagte habe sich darauf berufen, die Parteien stritten wirtschaftlich lediglich über die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Eine Klage der Beklagten auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung könne die Klägerin nicht durch eine eigene Leistungsklage abwehren. Im Falle einer Leistungsklage der Klägerin betreffe im ihr günstigen Fall die Rechtsmeinung des Gerichts, die Darlehensverträge hätten sich in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt, lediglich eine der Rechtskraft nicht fähige Vorfrage.

8

Die Feststellungsklage sei auch begründet. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des vom Verordnungsgeber geschaffenen Musters für die Widerrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie das Muster nicht verwandt habe. Die von ihr erteilten Belehrungen hätten nicht deutlich gemacht, von der Erteilung welcher Informationen das Anlaufen der Widerrufsfrist habe abhängen sollen. Ein Widerrufsrecht der Klägerin nach fernabsatzrechtlichen Vorschriften habe nicht bestanden, so dass die Klägerin Informationen auf der Grundlage solcher Vorschriften nicht erhalten habe und der Verweis auf die Erteilung solcher Informationen missverständlich gewesen sei. Die Klägerin habe ihr Widerrufsrecht nicht verwirkt. Da die Darlehen noch teilweise valutierten, fehle es jedenfalls am Umstandsmoment. Eine sonst unzulässige Rechtsausübung sei nicht ersichtlich.

9

Aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs begründet sei das Begehren der Klägerin auf Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten. Mit ihrem Schreiben vom 8. Juli 2014 habe die Klägerin den Widerruf ihrer auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen erklärt, um eine Eingangsbestätigung sowie Mitteilung der Salden der Darlehen gebeten und zugleich rechtliche "Schritte zur Durchsetzung des Widerrufs gegen die Bank" angekündigt. Unbeschadet des Umstands, dass die Klägerin der Beklagten keine bestimmte Frist gesetzt habe, reiche dies als Mahnung aus. Die Beklagte habe sich im September 2014 geweigert, den Widerruf anzuerkennen.

II.

10

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

11

1. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Feststellungsklage sei zulässig, weil das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben sei. Das trifft nicht zu. Die Klägerin kann und muss vielmehr, wie die Revision zu Recht geltend macht, vorrangig mit der Leistungsklage auf der Grundlage der § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: a.F.) in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB gegen die Beklagte vorgehen.

12

a) Allerdings ist die Feststellungsklage der Klägerin in der zuletzt gestellten Form nicht schon deshalb unzulässig, weil die Klägerin die Wirksamkeit des Widerrufs als eine nicht feststellungsfähige bloße Vorfrage geklärt sehen will (Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 2008 - XI ZR 173/07, - XI ZR 248/07 und - XI ZR 260/07, juris). Vielmehr ist ihr Antrag - insoweit vom Berufungsgericht richtig veranlasst - in Übereinstimmung mit § 256 Abs. 1 ZPO auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet.

13

b) Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert aber am Vorrang der Leistungsklage.

14

aa) Ist dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar und erschöpft sie das Rechtsschutzziel, fehlt ihm das Feststellungsinteresse, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann. Die auf Feststellung des Anspruchsgrundes gerichtete Feststellungsklage ist dann unzulässig (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 1952 - III ZA 20/52, BGHZ 5, 314, 315 und Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 159/11, WM 2013, 232 Rn. 14; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 256 Rn. 7a). Das Vorhandensein eines Feststellungsinteresses ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12, WM 2014, 1621 Rn. 18; BGH, Urteile vom 8. Juli 1955 - I ZR 201/53, BGHZ 18, 98, 105 f. und vom 11. Oktober 1989 - IVa ZR 208/87, WM 1990, 243).

15

bb) Sämtliche Voraussetzungen, unter denen die Leistungsklage Vorrang hat, sind gegeben, so dass die Feststellungsklage unzulässig ist.

16

(1) Anders als vom Berufungsgericht zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen genommen, hat die Klägerin nicht die (negative) Feststellung begehrt, der Beklagten stehe eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht zu. Vielmehr hat sie ihr Klagebegehren umfassender formuliert. Damit hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht davon ab, ob die Klägerin ein Leistungsbegehren der Beklagten auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung effizient anders abwehren kann, sondern davon, ob sie den wirtschaftlichen Gegenstand ihres weiter gefassten Feststellungsbegehrens - ihr aus dem Rückgewährschuldverhältnis resultierendes eigenes Leistungsinteresse (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 5 ff.) - möglich, zumutbar und das der konkreten Feststellungsklage zugrundeliegende Rechtsschutzziel erschöpfend mit einer Leistungsklage verfolgen kann.

17

(2) Das ist hier der Fall:

18

(a) Eine Leistungsklage ist der Klägerin möglich. Sie kann die Beklagte auf Zahlung aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB in Anspruch nehmen. Dem steht nicht entgegen, dass - die Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse unterstellt - eine "Saldierung" der aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB resultierenden wechselseitigen Ansprüche nicht zu einem Überschuss zu Gunsten der Klägerin führte. Wechselseitige Ansprüche nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB unterliegen keiner automatischen Verrechnung (Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 19 f., Senatsbeschlüsse vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, ZIP 2016, 109 Rn. 7 und vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 16). Bis zur Aufrechnung hat die Klägerin einen Zahlungsanspruch auf Rückgewähr der von ihr auf die Darlehensverträge erbrachten Leistungen, den sie im Wege der Leistungsklage geltend machen kann.

19

(b) Eine Leistungsklage ist der Klägerin auch zumutbar. Zwar hat der Bundesgerichtshof in Zusammenhang mit der Geltendmachung von Schadensersatzforderungen entschieden, eine Leistungsklage könne dem Kläger unzumutbar sein, wenn sein Schaden noch in der Entstehung begriffen oder nicht hinreichend bezifferbar sei, weil voraussichtlich eine Begutachtung erforderlich werde. Der Kläger soll in solchen Fällen davon entlastet werden, möglicherweise umfangreiche Privatgutachten vor Klageerhebung einholen zu müssen, um seinen Anspruch zu beziffern (BGH, Urteile vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, BGHZ 163, 351, 361 f. und vom 21. Januar 2000 - V ZR 387/98, WM 2000, 872, 873). Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Der Klägerin ist die Ermittlung der von ihr erbrachten Leistungen, die sie nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB zurückverlangen kann, ohne weiteres möglich. Soweit sie von der Beklagten Nutzungsersatz auf von ihr erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen beansprucht, kann sie sich auf die widerlegliche Vermutung berufen, die Beklagte habe, sofern zu Gunsten der Klägerin spiegelbildlich § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung Anwendung findet, Nutzungen in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und sonst Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 58, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ). Einer aufwändigen Vorbereitung einer bezifferten Zahlungsklage bedarf es daher nicht.

20

Zugunsten der Klägerin streitet auch nicht der im Schadensrecht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, sofern eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen sei, könne der Kläger nicht hinsichtlich des bereits entstandenen Schadens auf eine Leistungsklage verwiesen werden, sondern dürfe in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren (Senatsurteil vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rn. 51; BGH, Urteile vom 4. Dezember 1986 - III ZR 205/85, NVwZ 1987, 733, vom 21. Februar 1991 - III ZR 204/89, VersR 1991, 788 und vom 17. Juli 2009 - V ZR 254/08, NJW-RR 2010, 200 Rn. 11; Beschluss vom 6. März 2012 - VI ZR 167/11, r+s 2012, 461 Rn. 3). Nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB zurückzugewähren sind die bis zum Zugang der Widerrufserklärung ausgetauschten Leistungen. Mit der Umwandlung des Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis tritt, was den Rechtsgrund der Ansprüche des Widerrufenden betrifft, eine Zäsur ein. Erbringt er danach Zins- und Tilgungsleistungen an den Darlehensgeber, richtet sich der Anspruch auf Rückgewähr nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 814 BGB (Senatsbeschluss vom 10. Januar 2017 - XI ZB 17/16), da die primären Leistungspflichten aus dem Verbraucherdarlehensvertrag entfallen sind. Damit ist die allein die Rechtsfolgen, nicht den Rechtsgrund betreffende schadensersatzrechtliche Rechtsprechung nicht übertragbar.

21

(c) Eine Leistungsklage erschöpft das Feststellungsziel der Klägerin. Wie der Senat mit Beschluss vom 12. Januar 2016 (XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 5 ff.) entschieden hat, deckt sich das Begehren, die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis feststellen zu lassen, in Fällen wie dem vorliegenden, dem kein verbundener Vertrag zugrunde liegt, wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Leistungen. Nur auf den Austausch dieser Leistungen ist das Rückgewährschuldverhältnis gerichtet. Es unterscheidet sich darin maßgeblich vom Verbraucherdarlehensvertrag selbst, der als Dauerschuldverhältnis eine Vielzahl in die Zukunft gerichteter Pflichten statuiert, die durch den Austausch von Zahlungen nicht vollständig abgebildet werden können. Deshalb geht das Feststellungsinteresse der Klägerin wirtschaftlich in einer auf die § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB gestützten Leistungsklage vollständig auf. Darin liegt der maßgebliche Unterschied zu den Fallkonstellationen, die Gegenstand früherer Entscheidungen des Senats (Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rn. 48 f. und vom 15. Dezember 2009 - XI ZR 110/09, WM 2010, 331 Rn. 10) und des XII. Zivilsenats auf dem Gebiet des gewerblichen Mietrechts (BGH, Urteile vom 7. Mai 2008 - XII ZR 69/06, BGHZ 176, 301 Rn. 37 und vom 3. Juli 2002 - XII ZR 234/99, NJW-RR 2002, 1377, 1378) waren und in denen die dortigen Kläger die Feststellung des Fortbestands des Dauerschuldverhältnisses begehrten.

22

c) Die Leistungsklage tritt auch nicht zurück, weil die Beklagte als Bank die Erwartung rechtfertigte, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe (Senatsurteile vom 30. April 1991 - XI ZR 223/90, WM 1991, 1115, vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94, WM 1995, 1219, 1220, insofern in BGHZ 130, 59 nicht abgedruckt, und vom 5. Dezember 1995 - XI ZR 70/95, WM 1996, 104). Im Gegenteil könnte in Fällen wie dem vorliegenden ein dem Feststellungsantrag rechtskräftig stattgebendes Erkenntnis zu keiner endgültigen Erledigung führen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92, WM 1994, 1888, 1889 f. und vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, WM 2015, 1005 Rn. 8; anderer Sachverhalt Senatsurteil vom 27. Juni 1995 - XI ZR 8/94, BGHZ 130, 115, 119 f.).

23

2. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung überdies nicht stand, soweit das Berufungsgericht unter II.2. der Entscheidungsformel ausgeurteilt hat, die Klägerin könne von der Beklagten aus Schuldnerverzug vorprozessual aufgewendete Anwaltskosten in Höhe von 2.085,95 € nebst Zinsen in Höhe von fünf - richtig: - Prozentpunkten (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2013 - VII ZB 2/12, WM 2013, 509 Rn. 12) über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31. Dezember 2014 ersetzt verlangen.

24

a) Das Berufungsgericht hat - seinen Rechtsstandpunkt als richtig unterstellt, der Eintritt des Schuldnerverzugs der Beklagten richte sich allein nach § 286 BGB - rechtsfehlerhaft die Feststellung unterlassen, mit welcher Leistung die Beklagte in Schuldnerverzug sei. Der Schuldnerverzug setzt einen vollwirksamen und fälligen Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner voraus (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 286 Rn. 8 ff.), auf den sich die - zumindest mit der die Fälligkeit des Anspruchs begründenden Handlung zu verbindende (Senatsurteil vom 13. Juli 2010 - XI ZR 27/10, WM 2010, 1596 Rn. 14) - Mahnung beziehen muss (BGH, Urteile vom 6. Mai 1981 - IVa ZR 170/80, BGHZ 80, 269, 276 f. und vom 1. Dezember 1961 - VI ZR 60/61, VRS 22, 169, 171). Gleiches gilt für die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung. Die von der Klägerin beanspruchte Leistung haben weder sie selbst in ihrem Schreiben vom 8. Juli 2014 noch das Berufungsgericht klar bezeichnet. Damit hat das Berufungsgericht zugleich den Bezugspunkt für eine Mahnung oder Erfüllungsverweigerung nicht hinreichend festgestellt. Die Klägerin benötigte keine Auskünfte von der Beklagten, um eine Ungewissheit hinsichtlich der Höhe ihrer Ansprüche aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB zu beseitigen. Deshalb greift zu ihren Gunsten nicht der allgemeine Grundsatz, dass der auskunftspflichtige Schuldner durch eine unbezifferte, einem zulässigen Antrag in einer Stufenklage entsprechende Mahnung in Verzug kommt (BGH, Urteil vom 6. Mai 1981 - IVa ZR 170/80, BGHZ 80, 269, 277).

25

b) Auch nach Maßgabe der § 357 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB a.F. in Verbindung mit § 286 Abs. 3 BGB hätte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen dürfen, die Beklagte habe sich wenigstens 30 Tage nach Zugang des Widerrufs in Schuldnerverzug mit der Rückgewähr von Leistungen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB befunden.

26

Zwar wollte der Gesetzgeber - wie der Gesetzgebungsgeschichte zu entnehmen - mittels des Zusatzes in § 357 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB a.F., die Frist des § 286 Abs. 3 BGB beginne "mit der Widerrufs- oder Rückgabeerklärung des Verbrauchers", sowohl den Verbraucher als auch den Unternehmer abweichend von den sonst geltenden Grundsätzen von der Bezifferung des Rückgewähranspruchs als fingierter Entgeltforderung mittels einer Zahlungsaufstellung als Voraussetzung des Schuldnerverzugs freistellen (vgl. BT-Drucks. 14/3195, S. 33; 14/6040, S. 199; 15/2946, S. 23 f.; 15/3483, S. 22; außerdem Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl., § 357 Rn. 3, 5; MünchKommBGB/ Masuch, 6. Aufl., § 357 Rn. 40; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 357 Rn. 8; PWW/Medicus/Stürner, BGB, 8. Aufl., § 357 Rn. 3).

27

Da der Gesetzgeber allerdings nur § 286 Abs. 3 BGB an die besondere Situation des Verbraucherwiderrufs angepasst hat, unterliegt der Eintritt des Schuldnerverzugs im Übrigen den allgemeinen Voraussetzungen (MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 357 Rn. 40). Folglich konnte die Beklagte wegen §§ 348, 320 BGB nur dann in Schuldnerverzug geraten, wenn ihr die Klägerin die von ihr selbst nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB geschuldete Leistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise anbot. Dies war hier nicht der Fall.

28

Die Klägerin hat der Beklagten nach § 294 BGB ihre Leistung nicht so angeboten, wie sie zu bewirken war (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 294 Rn. 2).

29

Ein der Erklärung der Beklagten, sie werde die ihr gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB geschuldete Leistung nicht annehmen, nachfolgendes (BGH, Urteil vom 20. Januar 1988 - IVa ZR 128/86, WM 1988, 459; Palandt/Grüneberg, aaO, § 295 Rn. 4; MünchKommBGB/Ernst, 7. Aufl., § 295 Rn. 7) wörtliches Angebot der Klägerin nach § 295 Satz 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1991 - V ZR 229/90, BGHZ 116, 244, 250) hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Das Schreiben vom 8. Juli 2014, auf das das Berufungsgericht Bezug genommen hat, datiert vor den Schreiben der Beklagten vom 9. September 2014 und 11. September 2014.

30

Ein wörtliches Angebot war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil etwa offenkundig gewesen wäre, die Beklagte werde auf ihrer Weigerung beharren (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2000 - II ZR 75/99, WM 2000, 2384). Vielmehr hat die Beklagte in ihren Schreiben vom 9. September 2014 und 11. September 2014 ihre grundsätzliche Vergleichsbereitschaft zu erkennen gegeben.

31

Davon abgesehen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, der ausweislich der Akten zumindest seit Mitte September 2014 mit der Angelegenheit befasste Prozessbevollmächtigte der Klägerin sei nach Eintritt des Schuldnerverzugs mandatiert worden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 208/15, VersR 2016, 1139 Rn. 20).

III.

32

Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Es kann nicht aus anderen Gründen aufrecht erhalten werden (§ 561 ZPO).

33

1. Soweit das Berufungsgericht zulasten der Beklagten die unter I.1. der Entscheidungsformel tenorierte Feststellung getroffen hat, gilt dies schon deswegen, weil die Feststellungsklage unzulässig ist.

34

2. Der Klägerin steht entgegen dem Ausspruch unter I.2. der Entscheidungsformel unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als dem des Schuldnerverzugs der Beklagten ein Anspruch auf vorgerichtlich verauslagte Anwaltskosten zu. Insbesondere kann die Klägerin die Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten nicht mit der Begründung verlangen, die Beklagte sei ihr zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihre Verpflichtung zur Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung oder der nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge geschuldeten Informationen verletzt habe.

35

Rechtsverfolgungskosten sind nur dann ersatzfähig, wenn sie sich auf einen vom Schädiger zu ersetzenden Schaden beziehen (MünchKommBGB/Oetker, 7. Aufl., § 249 Rn. 180). Daran fehlt es hier. Vor der Entstehung von Ansprüchen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB soll die Widerrufsbelehrung nicht schützen (Senatsurteil vom 19. September 2006 - XI ZR 242/05, WM 2006, 2303 Rn. 16). Gleiches gilt für die Erteilung von Informationen nach fernabsatzrechtlichen Vorschriften.

IV.

36

Eine eigene Sachentscheidung zugunsten der Beklagten (§ 563 Abs. 3 ZPO) kann der Senat nur insoweit fällen, als sie sich gegen ihre Verurteilung zur Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten wendet. Insoweit stehen der Klägerin keine Ansprüche zu, so dass die Berufung unbegründet ist. Im Übrigen ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung verwehrt.

37

1. Unbeschadet der Frage, ob im Juli 2014 ein Widerrufsrecht der Klägerin noch fortbestand, ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, dass sich die Beklagte vor Entstehung der Rechtsverfolgungskosten mit der Erbringung der von ihr nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB geschuldeten Leistung in Schuldnerverzug befand. Der Zahlungsantrag ist daher, ohne dass es vorab eines Hinweises bedarf (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO), abweisungsreif (vgl. Senatsurteile vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 70, vom 22. Juni 1999 - XI ZR 316/98, WM 1999, 1555 f. und vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 387/15, WM 2017, 84 Rn. 39; BGH, Urteil vom 21. November 1991 - I ZR 98/90, NJW-RR 1992, 868, 869 f.).

38

2. Nicht abweisungsreif ist dagegen der Feststellungsantrag.

39

a) Der Senat kann auf die Revision der Beklagten die Feststellungsklage nicht als unzulässig abweisen. Denn das Berufungsgericht hätte, wenn es die Unzulässigkeit des Feststellungsantrags erkannt hätte, auf diese Tatsache hinweisen müssen. In solchen Fällen muss, sofern dies - wie hier - noch möglich ist, dem Kläger durch Zurückverweisung der Sache Gelegenheit gegeben werden, eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Umstellung vorzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, BGHZ 163, 351, 362, vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92, WM 1994, 1888, 1890 und vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, WM 2015, 1005 Rn. 9).

40

b) Der Senat kann aber auch nicht auf die Unbegründetheit der Feststellungsklage erkennen.

41

aa) Freilich ist das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung (BGH, Beschluss vom 27. September 2011 - II ZR 256/09, juris Rn. 9). Ein Feststellungsbegehren, das das Berufungsgericht für zulässig erachtet hat, kann bei tatsächlich fehlendem Feststellungsinteresse in der Revisionsinstanz aus sachlichen Gründen abgewiesen werden (Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12, WM 2014, 1621 Rn. 18; BGH, Urteile vom 24. Februar 1954 - II ZR 3/53, BGHZ 12, 308, 316, vom 9. November 1967 - KZR 10/65, GRUR 1968, 219, 221 unter I. und vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, WM 2015, 1005 Rn. 9 a.E.). Gründe der prozessualen Fairness gebieten es in einem solchen Fall nicht, dem Kläger zuvor die Möglichkeit zu geben, von der unzulässigen und unbegründeten Feststellungs- zu einer ebenso unbegründeten Leistungsklage überzugehen.

42

bb) Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist die Klage indessen nicht in der Sache abweisungsreif.

43

(1) Allerdings entsprachen die von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrungen den gesetzlichen Vorgaben, so dass das Widerrufsrecht nicht nach § 355 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 BGB in der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) noch am 8. Juli 2014 fortbestand.

44

(a) Die Beklagte hat die Klägerin über die Voraussetzungen, von denen der Beginn der Widerrufsfrist abhing, richtig belehrt.

45

Sie hat die Bedingungen des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. zutreffend wiedergegeben (Senatsbeschluss vom 27. September 2016 - XI ZR 309/15, WM 2016, 2215 Rn. 8).

46

Der Verweis auf § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) und auf § 1 BGB-InfoV in der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) umschrieb hinreichend deutlich die Voraussetzungen, von denen nach § 312d Abs. 2 und 5 Satz 2 BGB in der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 3. August 2009 geltenden Fassung (künftig: a.F.) das Anlaufen der Widerrufsfrist außerdem abhängig war. Eine Verweisung auf eine konkret bezeichnete gesetzliche Vorschrift stellt, wenn der Gesetzestext - wie hier das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung - für jedermann ohne weiteres zugänglich ist, keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot dar, sondern dient im Gegenteil der Verständlichkeit, Übersichtlichkeit und Vollständigkeit der Belehrung (Senatsurteil vom 22. November 2016 - XI ZR 434/15, Umdruck Rn. 19, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).

47

Der Zusatz, die Frist beginne nicht "vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages", war auch im Verein mit der Einleitung "Die Frist beginnt einen Tag nachdem …" nicht irreführend. Er erweckte nicht den (unzutreffenden) Eindruck, im Falle der Abgabe und des Zugangs von Antrag und Annahme am selben, der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen nachfolgenden Tag sei die Widerrufsfrist nicht nach § 187 Abs. 1 BGB, sondern nach § 187 Abs. 2 BGB zu berechnen. Er orientierte sich vielmehr am Wortlaut des § 312d Abs. 2 BGB a.F. und war damit hinreichend bestimmt.

48

(b) Die Angaben der Beklagten zu den Widerrufsfolgen entsprachen bis auf wenige sprachliche Anpassungen denen unter der Überschrift "Widerrufsfolgen" gemäß dem Muster für die Widerrufsbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 31. März 2008 geltenden Fassung (künftig: a.F.). Sie waren, ohne dass es auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters ankommt, in Ordnung (vgl. Senatsbeschluss vom 27. September 2016 - XI ZR 309/15, WM 2016, 2215 Rn. 9).

49

(c) Die Ausführungen im Abschnitt "Finanzierte Geschäfte", die mit einigen unmaßgeblichen Anpassungen im Wesentlichen einer Kombination der Texte im Gestaltungshinweis (9) des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. gleichkamen, machten die Widerrufsbelehrung der Beklagten ebenfalls nicht undeutlich, obwohl verbundene Verträge nicht vorlagen.

50

Formularverträge müssen für verschiedene Vertragsgestaltungen offen sein (Senatsurteil vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2234 unter II.2.b.aa). Wie der Senat mit Urteil vom 23. Juni 2009 (XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 17) entschieden hat, ist eine Widerrufsbelehrung nicht generell unwirksam, weil sie Elemente zu finanzierten Geschäften enthält, zu deren Aufnahme der Unternehmer nicht verpflichtet ist.

51

Auch der Gestaltungshinweis (9) der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. sah den nur fakultativen Wegfall der "nachfolgenden Hinweise für finanzierte Geschäfte" vor, wenn ein verbundener Vertrag nicht vorlag. Dass der Verordnungsgeber in der Folgeversion des Musters für die Widerrufsbelehrung offenlegte, er stelle die Verwendung dieser Hinweise frei, weil "die Beurteilung, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, im Einzelfall schwierig sein" könne (BMJ, Begründung zur Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung, BAnz. 2008, 957, 962 unter B.II.2.i.[2]), führt nicht dazu, dass "Sammelbelehrungen" als undeutlich und unwirksam zu behandeln sind. Vielmehr hat der (Parlaments-)Gesetzgeber - wenn auch für andere als Verbraucherdarlehensverträge - selbst durch die Übernahme des insoweit nicht veränderten Gestaltungshinweises der Folgeversionen der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. (dazu BT-Drucks. 16/11643, S. 147) in Gestaltungshinweis (11), später (10) und schließlich (12) der Anlage 1 zu Art. 246 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB und Gestaltungshinweis (7), später (8) der Anlage 2 zu Art. 246 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB in Verbindung mit § 360 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB, jeweils in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: a.F.), zu erkennen gegeben, von der hinreichenden Deutlichkeit einer Widerrufsbelehrung (und Rückgabebelehrung) auch dann auszugehen, wenn sie nicht erforderliche Hinweise zu finanzierten Geschäften enthält (vgl. OLG München, BKR 2015, 337, 338 f.).

52

Sein erst ab dem 30. Juli 2010 wirksamer gesetzgeberischer Wille, bei der Gestaltung des Musters für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge gemäß Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB eine Information über verbundene Verträge nur bei deren Vorliegen zuzulassen (BT-Drucks. 17/1394, S. 30, linke Spalte oben; dazu auch MünchKommBGB/ Habersack, 7. Aufl., § 358 Rn. 71), betrifft nicht den Anwendungsbereich des § 360 BGB a.F. und ist für die Interpretation des Deutlichkeitsgebots des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. nicht maßgeblich. Entsprechend geht auch die obergerichtliche Rechtsprechung davon aus, "Sammelbelehrungen" seien nicht per se undeutlich und unwirksam (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. Januar 2016 - 22 U 126/15, juris Rn. 111; OLG Köln, Urteil vom 24. Februar 2016 - 13 U 84/15, juris Rn. 76 ff.; Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 168/14, juris Rn. 6; Beschluss vom 3. Mai 2016 - 13 U 33/16, juris Rn. 9 ff.; OLG München, BKR 2015, 337, 338 f. und WM 2016, 123, 124 ff.; Beschluss vom 21. Mai 2015 - 17 U 709/15, juris Rn. 5; OLG Naumburg, Urteil vom 7. Oktober 2015 - 5 U 95/15, juris Rn. 24).

53

(d) Schließlich gaben die Hinweise der Beklagten zum Widerrufsrecht mehrerer Darlehensnehmer und den Folgen des Widerrufs nur eines Darlehensnehmers die Rechtslage korrekt wieder (Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 13 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).

54

(2) Mangels tragfähiger Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, die Beklagte habe die Informationen nach § 312d Abs. 2 und 5 Satz 2, § 312c Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 BGB, § 1 BGB-InfoV a.F. erteilt, steht wegen § 355 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BGB a.F. indessen nicht fest, dass der im Juli 2014 erklärte Widerruf der Klägerin ins Leere gegangen ist und deshalb Ansprüche der Klägerin aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB nicht bestehen. Im Gegenteil hat das Berufungsgericht ausgeführt, "die Klägerin" habe "keinerlei diesbezügliche Informationen […] erhalten".

55

Zwar hat das Berufungsgericht diesen Umstand, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, allein mit seiner rechtsfehlerhaften Auffassung begründet, aufgrund des Vorrangs eines Widerrufsrechts nach den für Verbraucherdarlehensverträge geltenden Regelungen seien solche Informationen "aus Rechtsgründen" nicht zu erteilen gewesen. Deshalb gehen die Aussagen des Berufungsgerichts zur Erfüllung fernabsatzrechtlicher Informationspflichten nicht über die Kundgabe einer bloßen Rechtsmeinung hinaus. Auch die Revisionsrüge einer Verletzung des § 286 ZPO führt indessen nicht dazu, dass der Senat vom der Beklagten günstigen Gegenteil ausgehen kann.

V.

56

Da die Sache, soweit das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin dem Feststellungsbegehren entsprochen hat, nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht - sollte die Klägerin zur Leistungsklage übergehen - Feststellungen zur Erfüllung gesetzlicher Informationspflichten der Beklagten nachzuholen haben wird.

Rechtsbehelfsbelehrung

57

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Ellenberger      

        

Grüneberg      

        

Maihold

        

Menges      

        

Derstadt      

        

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

15
a) Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten, m.w.N.). Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot gerade der bestimmten - als rechtswidrig angegriffenen - Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger in seinem Antrag sowie seiner zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 77/96, GRUR 1999, 272, 274 = WRP 1999, 183 - Die Luxusklasse zum Nulltarif). Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt damit den Inhalt des Klagebegehrens.
10
a) Die Beurteilung der Sachdienlichkeit erfordert eine Berücksichtigung, Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Interessen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999, aaO, unter II 2 a). Nach ständiger Rechtsprechung zu dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Berufungsrecht (Senatsurteil vom 15. Juni 2005, aaO, unter II 5 a; BGHZ 143, 189, 197 f. m.w.Nachw.) kommt es für die Frage der Sachdienlichkeit allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Unter diesem Gesichtspunkt ist nicht die beschleunigte Erledigung des anhängigen Prozesses, sondern die Erledigung der Streitpunkte zwischen den Parteien entscheidend. Deshalb steht der Sachdienlichkeit einer Klageänderung nicht entgegen, dass im Falle ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert würde. Die Sachdienlichkeit kann vielmehr bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise im allgemeinen nur dann verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

10
b) Rechtsfehlerhaft verneint es jedoch die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Klageänderung gemäß § 533 Nr. 2 ZPO. Nach § 533 Nr. 2 ZPO setzt eine Klageänderung in der Berufungsinstanz voraus, dass diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Neue Tatsachen - wie hier den weiteren Zahlungsrückstand - hat das Berufungsgericht nach § 529 ZPO zu berücksichtigen, soweit dies zulässig ist.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

13
(3) Entgegen der in der Revisionserwiderung vertretenen Rechtsauffassung enthält § 533 Nr. 2 ZPO keine weiteren Anforderungen an die Zulässigkeit der Widerklage. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob das Vorbringen (auch) für die Klage erheblich ist. Eine solche zusätzliche Einschränkung kann schon dem Wortlaut des § 533 Nr. 2 ZPO nicht entnommen werden. Zwar heißt es dort, die Widerklage könne nur auf Tatsachen gestützt werden, die "das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat". Diese Formulierung knüpft aber wörtlich an den Eingangssatz von § 529 Abs. 1 ZPO an; schon daraus folgt, dass das Tatsachenvorbringen, auf das die Widerklage gestützt wird, (nur) die in jener Norm enthaltenen Anforderungen erfüllen muss. Dies war auch die erklärte Absicht des Gesetzgebers. § 533 Nr. 2 ZPO soll verhindern, dass über die Widerklage neuer Tatsachenstoff eingeführt wird, der nach § 529 ZPO nicht zugrunde zu legen ist; umgekehrt soll der Tatsachenstoff ausreichen, um über die Widerklage entscheiden zu können. Nur durch die Bezugnahme auf § 529 ZPO soll eine "Flucht in die Widerklage" mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung in der Berufungsinstanz verhindert werden (BT-Drucks. 14/4722 S. 102; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 533 Rn. 21). Wird eine aufwendige Beweisaufnahme über im ersten Rechtszug vorgetragene Tatsachen ausschließlich im Hinblick auf die in zweiter Instanz erhobene Widerklage erforderlich, kann dies bei fehlender Einwilligung des Gegners allenfalls dazu führen, dass die Sachdienlichkeit gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zu verneinen ist. Ob der Beklagte - wie die Klägerin geltend macht - im Hinblick auf einzelne Forderungen aktivlegitimiert ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Widerklage.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für Verbraucherdarlehensverträge, soweit nichts anderes bestimmt ist. Verbraucherdarlehensverträge sind Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge.

(2) Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer. Keine Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge,

1.
bei denen der Nettodarlehensbetrag (Artikel 247 § 3 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) weniger als 200 Euro beträgt,
2.
bei denen sich die Haftung des Darlehensnehmers auf eine dem Darlehensgeber zum Pfand übergebene Sache beschränkt,
3.
bei denen der Darlehensnehmer das Darlehen binnen drei Monaten zurückzuzahlen hat und nur geringe Kosten vereinbart sind,
4.
die von Arbeitgebern mit ihren Arbeitnehmern als Nebenleistung zum Arbeitsvertrag zu einem niedrigeren als dem marktüblichen effektiven Jahreszins (§ 6 der Preisangabenverordnung) abgeschlossen werden und anderen Personen nicht angeboten werden,
5.
die nur mit einem begrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse abgeschlossen werden, wenn im Vertrag für den Darlehensnehmer günstigere als marktübliche Bedingungen und höchstens der marktübliche Sollzinssatz vereinbart sind,
6.
bei denen es sich um Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge oder Immobilienverzehrkreditverträge gemäß Absatz 3 handelt.

(3) Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer, die

1.
durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert sind oder
2.
für den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder für den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten bestimmt sind.
Keine Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge gemäß Absatz 2 Satz 2 Nummer 4. Auf Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge gemäß Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 ist nur § 491a Absatz 4 anwendbar. Keine Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind Immobilienverzehrkreditverträge, bei denen der Kreditgeber
1.
pauschale oder regelmäßige Zahlungen leistet oder andere Formen der Kreditauszahlung vornimmt und im Gegenzug nur einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erwirbt und
2.
erst nach dem Tod des Verbrauchers eine Rückzahlung fordert, außer der Verbraucher verstößt gegen die Vertragsbestimmungen, was dem Kreditgeber erlaubt, den Vertrag zu kündigen.

(4) § 358 Abs. 2 und 4 sowie die §§ 491a bis 495 und 505a bis 505e sind nicht auf Darlehensverträge anzuwenden, die in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes gerichtliches Protokoll aufgenommen oder durch einen gerichtlichen Beschluss über das Zustandekommen und den Inhalt eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs festgestellt sind, wenn in das Protokoll oder den Beschluss der Sollzinssatz, die bei Abschluss des Vertrags in Rechnung gestellten Kosten des Darlehens sowie die Voraussetzungen aufgenommen worden sind, unter denen der Sollzinssatz oder die Kosten angepasst werden können.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

23
(3) Die von der Beklagten konkret ausgewählten Beispiele gingen zwar über die Pflichtangaben bei Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags hinaus. Die Widerrufsinformation ist deshalb aber nicht unwirksam. Vielmehr haben die Parteien das Anlaufen der Widerrufsfrist gültig von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht.
11
1. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 355 Rn. 5; Bamberger/ Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 4; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 355 Rn. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16 f.).

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.

(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.

(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.

(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.

24
Ob immer dann, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, aus der Erteilung einer Widerrufsbelehrung auf die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts geschlossen werden kann, erscheint allerdings nicht zweifelsfrei. Dies hätte nämlich zur Folge, dass es auf die Voraussetzungen des gesetzlichen Widerrufsrechts nicht mehr ankäme und die betreffenden Vorschriften letztlich leer liefen. Ein solches Ergebnis dürfte mit Blick auf die gesetzlichen Regelungen des Widerrufsrechts, die an bestimmte tatbestandliche Merkmale anknüpfen, zumindest Bedenken begegnen.
17
Ob immer dann, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, aus der Erteilung einer Widerrufsbelehrung auf die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts geschlossen werden kann, erscheint allerdings nicht zweifelsfrei. Dies hätte nämlich zur Folge, dass es auf die Voraussetzungen des gesetzlichen Widerrufsrechts nicht mehr ankäme und die betreffenden Vorschriften letztlich leer liefen. Ein solches Ergebnis dürfte mit Blick auf die gesetzlichen Regelungen des Widerrufsrechts, die an bestimmte tatbestandliche Merkmale anknüpfen, zumindest Bedenken begegnen.
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1. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 355 Rn. 5; Bamberger/ Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 4; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 355 Rn. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16 f.).

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

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Ob immer dann, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, aus der Erteilung einer Widerrufsbelehrung auf die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts geschlossen werden kann, erscheint allerdings nicht zweifelsfrei. Dies hätte nämlich zur Folge, dass es auf die Voraussetzungen des gesetzlichen Widerrufsrechts nicht mehr ankäme und die betreffenden Vorschriften letztlich leer liefen. Ein solches Ergebnis dürfte mit Blick auf die gesetzlichen Regelungen des Widerrufsrechts, die an bestimmte tatbestandliche Merkmale anknüpfen, zumindest Bedenken begegnen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

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Ob immer dann, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, aus der Erteilung einer Widerrufsbelehrung auf die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts geschlossen werden kann, erscheint allerdings nicht zweifelsfrei. Dies hätte nämlich zur Folge, dass es auf die Voraussetzungen des gesetzlichen Widerrufsrechts nicht mehr ankäme und die betreffenden Vorschriften letztlich leer liefen. Ein solches Ergebnis dürfte mit Blick auf die gesetzlichen Regelungen des Widerrufsrechts, die an bestimmte tatbestandliche Merkmale anknüpfen, zumindest Bedenken begegnen.
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(3) Die von der Beklagten konkret ausgewählten Beispiele gingen zwar über die Pflichtangaben bei Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags hinaus. Die Widerrufsinformation ist deshalb aber nicht unwirksam. Vielmehr haben die Parteien das Anlaufen der Widerrufsfrist gültig von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht.
11
1. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 355 Rn. 5; Bamberger/ Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 4; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 355 Rn. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16 f.).

(1) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet.

(1a) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen, und sie zu keinem anderen Zweck verarbeitet.

(2) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 auf folgende Verträge anzuwenden:

1.
notariell beurkundete Verträge
a)
über Finanzdienstleistungen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden,
b)
die keine Verträge über Finanzdienstleistungen sind; für Verträge, für die das Gesetz die notarielle Beurkundung des Vertrags oder einer Vertragserklärung nicht vorschreibt, gilt dies nur, wenn der Notar darüber belehrt, dass die Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 und das Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 entfallen,
2.
Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken,
3.
Verbraucherbauverträge nach § 650i Absatz 1,
4.
(weggefallen)
5.
(weggefallen)
6.
Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme nach den §§ 481 bis 481b,
7.
Behandlungsverträge nach § 630a,
8.
Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden,
9.
Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden,
10.
Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden,
11.
Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Telefaxverbindung,
12.
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet, und
13.
Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen.

(3) Auf Verträge über soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung oder Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege, sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur folgende anzuwenden:

1.
die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge nach den §§ 312b und 312c,
2.
§ 312a Absatz 1 über die Pflicht zur Offenlegung bei Telefonanrufen,
3.
§ 312a Absatz 3 über die Wirksamkeit der Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung gerichtet ist,
4.
§ 312a Absatz 4 über die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung von Zahlungsmitteln,
5.
§ 312a Absatz 6,
6.
§ 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht und
7.
§ 312g über das Widerrufsrecht.

(4) Auf Verträge über die Vermietung von Wohnraum sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur die in Absatz 3 Nummer 1 bis 7 genannten Bestimmungen anzuwenden. Die in Absatz 3 Nummer 1, 6 und 7 genannten Bestimmungen sind jedoch nicht auf die Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat.

(5) Bei Vertragsverhältnissen über Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung (Finanzdienstleistungen), die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinanderfolgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge gleicher Art umfassen, sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur auf die erste Vereinbarung anzuwenden. § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 ist daneben auf jeden Vorgang anzuwenden. Wenn die in Satz 1 genannten Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinanderfolgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 3.

(6) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist auf Verträge über Versicherungen sowie auf Verträge über deren Vermittlung nur § 312a Absatz 3, 4 und 6 anzuwenden.

(7) Auf Pauschalreiseverträge nach den §§ 651a und 651c sind von den Vorschriften dieses Untertitels nur § 312a Absatz 3 bis 6, die §§ 312i, 312j Absatz 2 bis 5 und § 312m anzuwenden; diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Reisende kein Verbraucher ist. Ist der Reisende ein Verbraucher, ist auf Pauschalreiseverträge nach § 651a, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, auch § 312g Absatz 1 anzuwenden, es sei denn, die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschluss beruht, sind auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden.

(8) Auf Verträge über die Beförderung von Personen ist von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur § 312a Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 16/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc

a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt,
wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als
einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die
Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung
überläßt, ist eine Frage des Einzelfalls und als solche einer Verallgemeinerung
nicht zugänglich.

c) Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung
von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen
oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlaß, wenn es
für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte
an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise
fehlt.

d) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts nur dann, wenn bei der Auslegung
oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus
die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Dies ist in der Regel dann
der Fall, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen
Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist und die
angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 8.835,12 ?.

Gründe:

I.


Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe eines Grundstücks an die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin verurteilt. Gegen dieses ihrem Prozeûbevollmächtigten am 24. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 25. September 2001 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag beantragt. Zur Rechtfertigung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht: Eine im Büro des Beklagtenvertreters seit 1990 stets sehr zuverlässig und fehlerlos arbeitende Gehilfin habe die Akte am Freitag, dem 21. September 2001 (weisungsgemäû notierte dreitägige Vorfrist), im Büro
nicht auffinden können. Zu diesem Zeitpunkt sei sie infolge Urlaubs einer weiteren Vollzeitmitarbeiterin und Abwesenheit einer nur an drei Tagen in der Woche tätigen Teilkraft die einzig verfügbare Angestellte gewesen. Wegen des von ihr zu bewältigenden auûerordentlichen Arbeitsanfalles habe sie die Aktensuche auf Montag, den 24. September 2001 (Ablauf der notierten Berufungsfrist ), verschoben. An diesem Tag habe die Gehilfin die im Fristenbuch eingetragenen Verfahrensakten herausgesucht, jedoch in der unzutreffenden, nicht überprüften Annahme, die den vorliegenden Fall betreffende Akte läge dem Beklagtenvertreter bereits mit einem Extrazettel "Fristablauf" vor, die rot notierte Berufungsfrist gestrichen und später im Fristenbuch neben der dort bereits durchgestrichenen Rotfrist einen Erledigungsvermerk mit ihrem Kürzel angebracht. Auch an diesem Tag sei sie als wiederum allein im Büro anwesende Angestellte einem auûerordentlichen Arbeitsdruck ausgesetzt gewesen. Allerdings habe der Beklagtenvertreter sie dadurch entlastet, daû er die am Wochenende und Montag eingegangene umfangreiche Post selbst bearbeitet, insbesondere die Notierung der jeweiligen Fristen und Termine verfügt habe. Diese Maûnahme habe sich in der Vergangenheit immer als ausreichend erwiesen , zumal der Beklagtenvertreter in Urlaubs- und Krankheitszeiten durch regelmäûige Stichproben überprüft habe, ob die im Kalender eingetragenen Fristen ordnungsgemäû gestrichen würden.
Das Kammergericht hat mit Beschluû vom 8. Februar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 5. März 2002 zugestellten Beschluû richtet sich die am 22. März 2002 eingegangene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und die Aufhebung der vom Kammergericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, aaO, § 238 Rdn. 7). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 4; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5; Zöller/Gummer, aaO, § 543 Rdn. 11). So liegen die Dinge hier nicht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung überläût, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Denn dabei ist nicht allein entscheidend, in welchem Umfang der Personalbestand reduziert ist, sondern es kommt vor allem darauf an, ob infolge einer angespannten Personallage eine erkennbare und durch zumutbare Maûnahmen behebbare Überlastung der mit der Fristenkontrolle betrauten, verfügbaren Mitarbeiter
eingetreten ist. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung je nach Fallgestaltung eine Erhöhung der grundsätzlichen Organisationspflichten eines Anwalts im Falle einer erheblichen Mehrbelastung des verfügbaren Personals manchmal bejaht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. April 1965, II ZB 11/64, VersR 1965, 596, 597: Ausfall zweier von drei Bürokräften; Beschl. v. 1. Juli 1999, III ZB 47/98, NJW-RR 1999, 1664: Ausfall zweier von drei Mitarbeiterinnen während eines Arbeitstages; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 f: Reduzierung der Belegschaft auf fast die Hälfte für mehr als einen Monat; Beschl. v. 28. Juni 2001, III ZB 24/01, NJW 2001, 2975, 2976: Verzicht auf Eintragung des Fristablaufes bei Erkrankung einer Mitarbeiterin zum Fristende und unzureichender Wiedervorlagezeit wegen eines Wochenendes), teilweise aber auch verneint (BGH, Beschl. v. 17. November 1975, II ZB 8/75, VersR 1976, 343: Abwesenheit zweier von drei Kräften; Beschl. v. 29. Juni 2000, Vll ZB 5/00, NJW 2000, 3006: Ausscheiden eines Anwalts und Eheprobleme einer Anwaltssekretärin; Beschl. v. 27. März 2001, VI ZB 7/01, NJW-RR 2001, 1072, 1073: Doppeltes Fehlverhalten einer Bürokraft in einer Sache). Vorliegend erschöpft sich die Beurteilung der Sorgfaltspflichten des Beklagtenvertreters ebenfalls in einer Würdigung der konkreten Einzelfallumstände und ist damit nicht auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen übertragbar.
Ob einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zukommt, wenn nur die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, kann hier offen bleiben, weil dieser Tatbetand hier ebenfalls nicht vorliegt.
2. Aus denselben Gründen ist eine Entscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten.
Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 104; BGHSt 24, 15, 21 f; Hannich in: Hannich/Meyer/Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 7; Zöller/Greger, aaO, § 543 Rdn. 12). Die Beklagte zeigt aber nicht auf, daû über die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verschärfung der Organisationspflichten eines Anwalts in Fällen angespannter Personallage (vgl. vor allem Beschl. vom 1. Juli 1999, III ZB 47/98 aaO; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99 aaO; Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, aaO), zur fehlenden Zurechenbarkeit organisationsunabhängigen Fehlverhaltens von Angestellten (vgl. Beschl. v. 23. März 2001, VI ZB 7/01, aaO) oder zum Überwachungs- und Organisationsverschulden bei Häufung von Mängeln (vgl. Beschl. v. 18. Dezember 1997, III ZB 41/97, BGHR ZPO § 233 Büropersonal 11) hinaus eine Notwendigkeit für weitere sachverhaltsbezogene Leitlinien besteht. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlaû, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz
geboten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 8, § 574 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers, aaO, § 543 Rdn. 6, 574 Rdn. 2). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, daû die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, aaO).

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlieûlich auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23, § 574 Rdn. 12).
aa) Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte verletzt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Lipp, NJW 2002, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, aaO, § 543 Rdn. 8; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO, Einl. Rdn. 103), namentlich die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Aus dem Beschluû des IX. Zivilsenats vom 7. März 2002, IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577 - zur Veröffentl. in BGHZ
vorgesehen) ergibt sich nichts anderes. Dieser verweist ledigIich darauf, daû zur Korrektur von Verfahrensgrundrechtsverletzungen (§ 544 ZPO) eine "auûerordentliche Rechtsbeschwerde" nicht statthaft ist. Zu der - hiervon zu unterscheidenden - Frage, unter welchen Voraussetzungen eine "statthafte" Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, hat der IX. Zivilsenat dagegen nicht Stellung genommen. Ist die Rechtsbeschwerde - wie hier - gemäû § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, dann hat das Rechtsbeschwerdegericht - im Rahmen seiner Möglichkeiten - die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und einen Grundrechtsverstoû der Vorinstanz zu beseitigen (vgl. BVerfGE 49, 252, 257 ff; 73, 322, 327; vgl. ferner BVerfG, Vorlagebeschl., ZVI 2002; 122), sofern diese nicht - etwa im Wege der Gegenvorstellung - die Grundrechtsverletzung selbst geheilt hat (vgl. BVerfGE 63, 77, 79; 73, 322, 327; BGHZ 130, 97, 99 ff; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, JZ 2000, 526 f; Beschl. v. 26. April 2001, IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; vgl. ferner BT-Drucks. 14/4722, S. 63). Da andererseits für die Frage, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, Art und Gewicht eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann Bedeutung erlangen sollen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen (BT-Drucks. 14/4722 S. 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wird eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde in der Regel nur dann zulässig sein, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (vgl. auch BVerfGE 47, 182, 187; 69, 233, 246; 73, 322, 329; 86, 133, 145 f; BVerfG, NJW-RR 2002, 68, 69), und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
bb) Die Beklagte zeigt jedoch keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für eine offenkundige Verletzung von Verfahrensgrundrechten auf.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff; 41, 332, 334 ff; 44, 302, 305 ff; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1993, 720; 1995, 249; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162). Demgemäû dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaût haben muû, um Wiedereinsetzung zu erlangen, insbesondere beim "ersten Zugang" zum Gericht (vgl. BVerfGE 25, 158, 166; 38, 35, 38; 40, 88, 91; 67, 208, 212 ff), aber auch beim Zugang zu einer weiteren Instanz (vgl. BVerfGE 44, 302, 305 ff; 62, 334, 336; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1995, 249; 1996, 2857; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162) nicht überspannt werden. Entsprechendes gilt für die Anforderungen, die nach Fristversäumung an den Vortrag und die Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe gestellt werden dürfen (vgl. BVerfGE 26, 315, 319, 320; 37, 100, 103; 40, 42, 44; 40, 88, 91; BVerfG, NJW 1997, 1770, 1771).
(2) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoûen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts und
die Kausalität einer Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daû die von der Beklagten vorgetragenen und glaubhaft gemachten organisatorischen Maûnahmen grundsätzlich den von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine hinreichende Fristenkontrolle genügen (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Februar 1996, II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschl. v. 14. März 1996, III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; Beschl. v. 27. November 1996, XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312, 1313). Es ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daû im Büro des Beklagtenvertreters sowohl im Zeitpunkt der auf den 21. September 2001 notierten Vorfrist als auch bei Ablauf der Berufungsfrist (24. September 2001) infolge des Ausfalls von zwei Bürokräften und der hierdurch bedingten erheblichen Mehrbelastung der allein verbliebenen Mitarbeiterin eine Sondersituation gegeben war, die den Beklagtenvertreter ausnahmsweise zu einer eigenen Fristenkontrolle verpflichtete. Diese auf den Einzelfall bezogene rechtliche Würdigung hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar hätte das Beschwerdegericht nicht ohne weitere Aufklärung unterstellen dürfen, daû die allein verbliebene Bürokraft des Beklagtenvertreters auch deswegen einer erheblichen Arbeitsbelastung ausgesetzt war, weil sie nicht nur für diesen, sondern auch für einen mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen weiteren Rechtsanwalt tätig gewesen sei. Hierin liegt jedoch kein Verstoû gegen die Grundrechte auf rechtliches Gehör und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Denn eine Beeinträchtigung dieser Verfahrensgrundrechte läge nur dann vor, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts hierauf beruhte (vgl. BVerfGE 86, 133, 147; 89, 381, 392 f). Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits allein der im Büro des Beklagtenvertreters
selbst aufgetretene auûergewöhnliche Arbeitsanfall Anlaû zu einer eigenen Fristenkontrolle des Anwalts gab. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich, daû das dort am 21. und 24. September anstehende Arbeitspensum von der verbliebenen Kanzleikraft allein nicht hinreichend bewältigt werden konnte.
(3) Auch für eine offenkundige Verletzung des Grundrechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Verstoû hiergegen kommt nur in Betracht , wenn die angefochtene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273, 278 ff; BVerfG, NJW 1996, 1336; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99 aaO) oder wenn durch zu strenge Anforderungen an die Erfolgsaussicht eines Vorbringens (Prozeûkostenhilfe) eine sachwidrige Ungleichbehandlung erfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, NJW 1998, 82). Dies ist jedoch nicht der Fall.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 193/02
vom
8. April 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________

a) Eine die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
begründende Divergenz liegt begriffsnotwendig nur dann vor, wenn zum
Zeitpunkt der Entscheidung des Tatgerichts bereits entgegenstehende höchstrichterliche
Rechtsprechung existiert, von der das angefochtene Urteil abweicht.

b) Eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
setzt Wiederholungsgefahr voraus, die in der Regel zu verneinen ist, wenn das
Tatgericht zwar bereits ergangene, aber noch nicht veröffentlichte höchstrichterliche
Rechtsprechung in nicht vorwerfbarer Weise (noch) nicht beachtet.

c) Ob die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
geboten ist, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde.
BGH, Beschluß vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Joeres, die Richterin
Mayen und den Richter Dr. Appl
am 8. April 2003

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. Mai 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 185.087,28

Gründe:


Die Rechtssache hat entgegen der Ansicht des Klägers weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) kann einer Rechtssache nur dann zukommen, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft , die entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und klärungsfähig ist (Senatsbeschluß vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, WM 2002, 2344,
2347, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Das ist bei den vom Kläger angesprochenen Fragen nicht der Fall.

a) Durch die Senatsurteile vom 2. Mai 2000 (XI ZR 150/99, BGHZ 144, 223, 226 ff. und XI ZR 108/99, WM 2000, 1247, 1249) ist geklärt, daß es für die Widerruflichkeit einer Vertragserklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz grundsätzlich nicht auf die Haustürsituation des Vertretenen bei der Vollmachtserteilung, sondern auf die des Vertreters bei Abschluß des Darlehensvertrages ankommt. Ausreichend ist eine Haustürsituation allein des Vertretenen allenfalls dann, wenn der Vertretene dem Vertreter - anders als hier - für den Abschluß des Rechtsgeschäfts bestimmte Weisungen gegeben und deshalb sein Geschäftswille Abgabe und Inhalt der Willenserklärung des Vertreters entscheidend bestimmt hat.
Die Ausführungen des Klägers geben zu einer Änderung dieser Rechtsprechung keinen Anlaß. Auch die von ihm angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof kommt nicht in Betracht. § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG schließt einen Widerruf einer von einem Notar beurkundeten Willenserklärung - wie hier die Vollmachtserteilung - nach dem Haustürwiderrufsgesetz aus. Dies gilt nach dem eindeutigen, nicht auslegungsfähigen Wortlaut des Gesetzes ausnahmslos. Eine einschränkende richtlinienkonforme Auslegung kommt danach nicht in Betracht, ist aber auch nicht veranlaßt. Art. 1 Abs. 1, 3 und 4 der Richtlinie 85/577/EWG des Rates betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen vom 20. Dezember 1985 (Abl. Nr. L 372/31 vom 31. Dezember 1985; Haustürgeschäfterichtlinie) setzt den Abschluß des Vertrages bzw. die Abgabe der Vertragserklärung in
einer Haustürsituation voraus. An einer solchen Situation fehlt es im Falle der notariellen Beurkundung einer Willenserklärung in den Kanzleiräumen des Notars.

b) Ebenso sind die Voraussetzungen, unter denen die kreditgebende Bank bei der Finanzierung des Kaufpreises einer Eigentumswohnung ausnahmsweise eine Aufklärungs- oder Beratungspflicht trifft, geklärt (vgl. Senatsurteile vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 902 ff., vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921, jeweils m.w.Nachw.). Das gilt auch für die vom Kläger besonders angesprochene Frage, ob die Bank über eine vom Verkäufer an den Vermittler gezahlte Vergütung, vom Kläger als versteckte Innenprovision bezeichnet, aufzuklären hat. Durch Urteil vom 12. November 2002 (XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63), das bei Abfassung der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung noch nicht vorlag, ist entschieden, daß eine Aufklärungspflicht der kreditgebenden Bank nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn die Innenprovision zu einer - hier nicht dargelegten - so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt , daß die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß.
2. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Zulassung der Revision nicht erforderlich. Dieser Zulassungsgrund soll verhindern, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen. Das ist nicht schon dann anzunehmen, wenn ein Gericht in einem Einzelfall eine Fehlentscheidung getroffen hat, selbst wenn der Fehler offensichtlich ist, wohl aber dann, wenn es von
der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht und die Gefahr einer Wiederholung durch dasselbe Gericht oder einer Nachahmung durch andere Gerichte besteht (Senatsbeschluß vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, WM 2002, 2344, 2345; BGH, Beschluß vom 4. September 2002 - VIII ZB 23/02, WM 2003, 554, 555 zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 8 unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung BT-Drucks. 14/4722, S. 104). An diesen Voraussetzungen fehlt es, wenn das angefochtene Urteil nicht von einer in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde konkret zu benennenden Vorentscheidung abweicht.

a) Als Vorentscheidung, von der das angefochtene Urteil vom 3. Mai 2002 angeblich abweicht, benennt der Kläger nur die Entscheidung des erkennenden Senats vom 14. Mai 2002 (XI ZR 155/01, WM 2002, 1273). Dieses Urteil ist indes erst nach dem Berufungsurteil ergangen und damit keine Vorentscheidung. Ein Abweichen setzt aber begriffsnotwendig voraus, daß bereits eine anderslautende Entscheidung existent ist. Schon deshalb liegt eine Divergenz des Berufungsurteils zur Senatsentscheidung vom 14. Mai 2002, die dem Berufungsgericht nicht bekannt sein konnte, nicht vor. Unter diesem Gesichtspunkt scheidet auch eine Wiederholungsgefahr aus. Eine solche wird in der Regel nur dann angenommen werden können, wenn ein Gericht anderslautende höchstrichterliche Rechtsprechung in vorwerfbarer Weise nicht beachtet. Ein solches vorwerfbares Abweichen setzt aber stets voraus, daß die entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung zum einen schon ergangen und zum anderen auch schon veröffentlicht ist, so daß das Tatgericht zumindest die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat.

b) Das angefochtene Berufungsurteil weicht zwar von der Entscheidung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 11. Oktober 2001 (III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261), auf die der erkennende Senat in seinem Urteil vom 14. Mai 2002 (aaO) lediglich hingewiesen hat, ab; dies macht der Kläger aber nicht - wie erforderlich - geltend. Während nach Ansicht des III. Zivilsenats ein Verstoß eines Geschäftsbesorgungsvertrages gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG ohne weiteres die Nichtigkeit der dem Geschäftsbesorger erteilten Ausführungsvollmacht zur Folge hat, hat das Berufungsgericht die Wirksamkeit der Ausführungsvollmacht für den unbefugten Rechtsberater bejaht. Es ist dabei dem Senatsurteil vom 18. September 2001 (XI ZR 321/00, WM 2001, 2113, 2115) gefolgt, wonach es für die Frage der Nichtigkeit der Ausführungsvollmacht entscheidend darauf ankommt, ob der Geschäftsbesorgungsvertrag und die Vollmacht ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 139 BGB bilden.

c) Inzwischen sind Unterschiede in der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des III. Zivilsenats insoweit ausgeräumt. Mit Urteilen vom 18. März 2003 (XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 919 f.) und vom 25. März 2003 (XI ZR 227/02, Urteilsumdr. S. 9 f.) hat sich der erkennende Senat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dem Erkenntnis des III. Zivilsenats vom 11. Oktober 2001 (aaO), dem auch der II. und der IV. Zivilsenat folgen (Urteile vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01, WM 2003, 247, 249 und vom 26. März 2003 - IV ZR 222/02, Urteilsumdr. S. 6 f.), ausdrücklich angeschlossen. Damit besteht zum allein maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde (BGH, Beschlüsse vom 20. November 2002 - IV ZR 197/02, WM 2003, 554 und vom 12. März 2003 - IV ZR 278/02, Umdr. S. 5) keine
Notwendigkeit mehr für eine Vereinheitlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Es spricht auch nichts dafür, das Berufungsgericht werde die nunmehr vereinheitlichte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs künftig nicht beachten.
Nobbe RiBGH Dr. Bungeroth ist Joeres wegen Krankheit an der Unterschrift gehindert. Nobbe
Mayen Appl

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.