Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Sept. 2017 - 7 W 29/17

bei uns veröffentlicht am01.09.2017

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 24.07.2017 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 05.07.2017 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die gerichtlichen Kosten der sofortigen Beschwerde; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO zulässig. Die Beschwerdefrist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO (1 Monat) ist eingehalten.

2

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die beabsichtigte Klage bietet im Sinne von § 114 Abs. 1 ZPO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ergänzend wird auf folgendes hingewiesen:

3

1. Eine Haftung des Amtes O. Mitte kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Verkehrssicherungspflicht und die Schneeräumpflicht für Gemeindestraßen (§ 13 StrWG SH) sowie für Ortsdurchfahrten einschließlich zusammenhängend bebauter Anliegergrundstücke außerhalb geschlossener Ortslage (§ 45 StrWG SH) den Gemeinden obliegt.

4

2. Die Gemeinde S. wird in einem gerichtlichen Verfahren nicht durch ihren - in der Regel ehrenamtlich tätigen - Bürgermeister, sondern gemäß § 3 Abs. 1 S. 5 Amtsordnung Schleswig-Holstein durch das zuständige Amt vertreten. Gemäß § 56 Abs. 1 ZPO ist die Legitimation eines gesetzlichen Vertreters von Amts wegen zu prüfen, d. h. es ist Sache des Gerichts, durch geeignete Hinweise auf die Mängelbeseitigung hinzuwirken. Das Rubrum ist deshalb von Amts wegen entsprechend berichtigt worden.

5

3. Unstreitig ereignete sich der Verkehrsunfall am Mittwoch, den 4. Januar 2017 gegen 20:15 Uhr auf der Gemeindestraße „...“ zwischen dem Wohnort des Antragstellers und dem Ort B. Nach eigenen Angaben befand sich der Antragsteller zum Unfallzeitpunkt als Mitarbeiter der Firma G. GmbH mit seinem eigenen Privat-Pkw bei auf einer Kontrollfahrt im Rahmen des Winterdienstes. Diese Kontrollfahrt will der Antragsteller im Auftrag der Gemeinde S. durchgeführt haben. Er war gegen 20.06 Uhr losgefahren, weil sich der Bürgermeister bis dahin immer noch nicht bei ihm gemeldet hatte. Zum Unfallzeitpunkt hatte es ununterbrochen geschneit. Die benachbarten Streudienste sollen -nach Angaben des Antragstellers - bereits seit ca. 18.30 Uhr im Einsatz gewesen sein.

6

Die Voraussetzungen für eine Verletzung der Räum- und Streupflicht in Form der hoheitlich ausgestalteten kommunalen Winterdienstpflicht gemäß §§ 10 Abs. 4, 13, 45 StrWG SH und damit für einen Amtshaftungsanspruch nach §§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG liegen nicht vor. Die Antragsgegnerin zu 2) war zum konkreten Unfallzeitpunkt - abends gegen 20:15 Uhr - nicht mehr räum- und streupflichtig.

7

Zwar bestehen grundsätzlich auch auf Gemeindestraßen außerhalb geschlossener Ortslage Räum- und Streupflichten. Voraussetzung einer Streu- und Räumpflicht ist eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein vereinzelter Glättestellen (vgl. BGH vom 12.06.2012, VI ZR 138/11). Allein der Nachweis der Existenz einer Glättestelle am Unfallort genügt nicht (OLG München, Beschluss vom 19.11.2012, VersR 2013, 375-376, juris Rn. 4). Für die Verpflichtung zum Räumen und Streuen sind Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Zu den wichtigen Verkehrsflächen in dem vorgenannten Sinne zählen verkehrsreiche Durchgangsstraßen sowie vielbefahrene, innerörtliche Hauptverkehrsstraßen (BGHZ 40, 379, 380). Die Räum- und Streupflichten bestehen regelmäßig zur Gewährleistung eines sicheren Hauptberufsverkehrs und an Feiertagen nur für die Zeit des normalen Tagesverkehrs, d. h. werktags in der Regel ab 7:00 Uhr bzw. sonn- und feiertags ab 9:00 Uhr und tagsüber bis 20:00 Uhr (BGH vom 02.10.1984, VI ZR 125/83 - NJW 1985, 270-271; OLG Jena, Beschluss vom 10.11.2008, NZV 2009, 599-600, juris Rn. 4 m. w. N.). Bei extremen Wetterverhältnissen - etwa bei starkem Schneefall, Eisregen oder ständig überfrierender Nässe - besteht eine Räum-/Streupflicht sogar erst ab dem Zeitpunkt, ab dem sich das Wetter wieder beruhigt hat. Ein völlig sinnloses Handeln kann von der streupflichtigen Gemeinde nicht verlangt werden (OLG Jena, Beschluss vom 21.01.2009, 4 U 341/08, OLGR Jena, 2009, 414-415; Zimmerling in Herberg/Martinek/Rüßmann u. a., jurisPK BGB, 8. Aufl. 2017, § 839, Rn. 480 m. w. N.). Eine vorbeugende Streupflicht zur Verhinderung von Glättebildung an bestimmten Stellen in den Nachtstunden ist nur ausnahmsweise erforderlich, wenn nämlich mit einem entsprechenden Verkehr gerechnet werden muss (BGH vom 11.08.2009, VI ZR 163/08, WuM 2009, 677-678).

8

Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze bestand zur Unfallzeit keine Räum- und Streupflicht der Antragsgegnerin zu 2). Der Unfall ereignete sich auf einer wenig befahrenen Gemeindestraße außerhalb der üblichen Streupflicht. Soweit in den Nachbargemeinden in der Praxis tatsächlich umfangreicher Räum- und Streudienst geleistet worden ist, ist dies aus rechtlicher Sicht überobligatorisch und damit unerheblich. Im Übrigen sind bei extremen Wetterverhältnissen - hier bei andauernd starkem Schneefall und extremer Straßenglätte - keine Streu- und Räumdienste erforderlich. Unstreitig konnte die Polizei den Unfallort wegen starken Schneefalls und extremer Straßenglätte nämlich erst nach 25 Minuten erreichen (vgl. Polizeiliche Unfallaufnahme, Polizeistation Grömitz, vom 05.01.2017, Vg 8970/2017). Wer nach Ablauf der streupflichtigen Tageszeit zu Schaden kommt, muss darlegen und beweisen, dass sich der Unfall bei Erfüllung der Streupflicht in der vorgeschriebenen Zeit nicht ereignet hätte. Entsprechende Darlegungen sind jedoch nicht erfolgt. Es ist auch nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb der Antragsteller verpflichtet gewesen sein soll, gegen 20:06 Uhr - trotz ununterbrochenen Schneefalls - mit seinem privaten PKW zu der abendlichen Kontrollfahrt aufzubrechen.

9

Die Beschwerde ist nach alledem unbegründet.

10

Gemäß KG 1812 der Anlage 1 zum GKG trägt der Antragsteller die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

11

Röttger
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Sept. 2017 - 7 W 29/17

Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Sept. 2017 - 7 W 29/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Sept. 2017 - 7 W 29/17 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Zivilprozessordnung - ZPO | § 56 Prüfung von Amts wegen


(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen. (2) Die Partei oder deren gesetzlic

Referenzen - Urteile

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Sept. 2017 - 7 W 29/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Sept. 2017 - 7 W 29/17 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Aug. 2009 - VI ZR 163/08

bei uns veröffentlicht am 11.08.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 163/08 vom 11. August 2009 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. August 2009 durch die Richter Zoll, Wellner, Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz beschlossen: Die Anhöru

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juni 2012 - VI ZR 138/11

bei uns veröffentlicht am 12.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 138/11 Verkündet am: 12. Juni 2012 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen.

(2) Die Partei oder deren gesetzlicher Vertreter kann zur Prozessführung mit Vorbehalt der Beseitigung des Mangels zugelassen werden, wenn mit dem Verzug Gefahr für die Partei verbunden ist. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beseitigung des Mangels zu bestimmende Frist abgelaufen ist.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 138/11 Verkündet am:
12. Juni 2012
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sind im Bereich eines Grundstücks nur vereinzelte Glättestellen ohne erkennbare
Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vorhanden, ist nicht von
einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, die eine Streupflicht begründen
könnte.
BGH, Urteil vom 12. Juni 2012 - VI ZR 138/11 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke und die Richter Zoll,
Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz aufgrund eines Glatteisunfalls.
2
Sie suchte am Sonntag, dem 23. Dezember 2007, gegen 10.00 Uhr im Auftrag ihrer Arbeitgeberin, eines Pflegedienstunternehmens, das Grundstück der Beklagten, einer Kundin, auf, um ihr eine Weihnachtsgrußkarte zukommen zu lassen. Von der Straße aus führt ein etwa zwei Meter breiter Weg auf dem Grundstück zum Hauseingang, den die Klägerin benutzte, um die Karte in den Briefkasten einzuwerfen. Als sie in Richtung ihres Fahrzeugs zurückging, kam sie auf dem Weg zu Fall.
3
Die Klägerin hat behauptet, sie sei auf dem zum Grundstück der Beklagten gehörenden, unstreitig nicht gestreuten Weg auf einer Eisfläche, die ein Ausmaß von etwa 20 x 30 cm gehabt und sich mittig auf dem Weg nahe der Grundstücksgrenze befunden habe, ausgerutscht und deshalb gestürzt. Weder auf dem Hinweg zum Hauseingang der Beklagten noch auf dem Rückweg habe sie diese Eisfläche bemerken können.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin verneint, weil es nicht habe feststellen können, dass die Beklagte die ihr obliegende Räum- bzw. Streupflicht verletzt habe.
6
Diese Pflicht setze eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein vereinzelter Glättestellen voraus. An dem Vorliegen einer solchen allgemeinen Glätte bestünden bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin Zweifel. Diese habe bei ihrer persönlichen Anhörung angegeben, sie habe vor dem Sturz kein Eis wahrgenommen, auch nicht auf der Straße. Auch auf dem Weg der Beklagten habe sie keine weiteren vereisten Stellen bemerkt.
7
Jedenfalls lasse sich nicht feststellen, dass es bereits vor 9.15 Uhr zu einer allgemeinen Glätte gekommen sei. Nach dem Gutachten des Deutschen Wetterdienstes sei es in der Zeit zwischen etwa 8.30 Uhr und 9.15 Uhr zu leich- tem, kurzzeitig auch mäßigem Regen gekommen, der auf dem unterkühlten Boden gefroren sei. Da nicht sicher feststellbar sei, zu welcher Uhrzeit konkret im Bereich des Grundstücks der Beklagten Niederschlag eingesetzt habe, könne von Regenfall mit der Folge einer allgemeinen Glättebildung erst um 9.15 Uhr ausgegangen werden. Zur Erfüllung der Räum- und Streupflicht sei dem Pflichtigen im Regelfall ein Zeitraum von nicht unter einer Stunde nach Einsetzen der allgemeinen Glätte zuzubilligen, wenn nicht aufgrund besonderer Umstände Anlass zu einer früheren Durchführung von Räum- bzw. Streumaßnahmen bestehe. Bei der am Unfalltag herrschenden Wetterlage hätten keine hinreichend erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr bestanden , die ausnahmsweise vorbeugende Maßnahmen geboten hätten. Es sei auch nicht festzustellen, dass die Beklagte am Unfalltag, einem Sonntag, damit habe rechnen müssen, dass Personen schon um 10.00 Uhr ihr Grundstück beträten.

II.

8
Die vorstehenden Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine Verletzung der der Beklagten obliegenden Räum- bzw. Streupflicht nicht festgestellt werden könne, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
9
1. Nach allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung muss der Verletzte alle Umstände beweisen, aus denen eine Streupflicht erwächst und sich eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht ergibt. Er muss deshalb den Sachverhalt dartun und gegebenenfalls beweisen, aus dem sich ergibt, dass zur Zeit des Unfalls aufgrund der Wetter-, Straßen- oder Wegelage bereits oder noch eine Streupflicht bestand und diese schuldhaft verletzt worden ist (vgl.
Senatsurteile vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, VersR 1970, 1130, 1131; vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83, VersR 1985, 243, 245; Senatsbeschluss vom 7. Juni 2005 - VI ZR 219/04, NZV 2005, 578).
10
Die winterliche Räum- und Streupflicht beruht auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setzt eine konkrete Gefahrenlage, d.h. eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 80/81, VersR 1982, 299, 300; vom 26. Februar 2009 - III ZR 225/08, NJW 2009, 3302 Rn. 4 mwN; OLG Jena NZV 2009, 599, 600 mwN; Carl, VersR 2012, 414, 415; Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 14 Rn. 147; Staudinger/Hager, BGB [2009], § 823 Rn. E 128). Ist eine Streupflicht gegeben, richten sich Inhalt und Umfang nach den Umständen des Einzelfalls (Senatsurteile vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, aaO; vom 2. Oktober 1984 - VI ZR 125/83, NJW 1985, 270; BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, BGHZ 112, 74, 75; Beschluss vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, VersR 1995, 721, 722). Bei öffentlichen Straßen und Gehwegen sind dabei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, aaO, 75 f. mwN; vom 15. Januar 1998 - III ZR 124/97, VersR 1998, 1373, 1374 f.; Beschluss vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, aaO).
11
Nach diesen Grundsätzen bestehen Räum- und Streupflichten regelmäßig für die Zeit des normalen Tagesverkehrs, d.h. an Sonn- und Feiertagen ab 9.00 Uhr (vgl. OLG Köln, VersR 1997, 506, 507; OLG Jena, aaO; LG Berlin, Grundeigentum 2010, 272). Bei Auftreten von Glätte im Laufe des Tages ist allerdings dem Streupflichtigen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte zu treffen (vgl. Senatsurteil vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83, aaO; BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1984 - III ZR 54/84, VersR 1985, 189; vom 27. April 1987 - III ZR 123/86, VersR 1987, 989).
12
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Revision schon deswegen nicht begründet, weil nach dem vom Berufungsgericht wiedergegebenen Vortrag der Klägerin und ihren Ausführungen bei ihrer persönlichen Anhörung eine allgemeine Glätte im Bereich des Grundstücks der Beklagten nicht dargelegt ist. Auch wenn das Berufungsgericht das Vorliegen einer allgemeinen Glätte nur in Zweifel gezogen und nachfolgend maßgeblich darauf abgestellt hat, dass sich jedenfalls nicht feststellen lasse, dass es bereits vor 9.15 Uhr zu einer allgemeinen Glätte gekommen sei, ist entgegen der Auffassung der Revision für das Revisionsverfahren nicht davon auszugehen, dass eine allgemeine Glättebildung vorgelegen hat. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin lagen im Bereich des Grundstücks der Beklagten keine erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vor, die eine Streupflicht der Beklagten hätte begründen können. Nach dem Vortrag der Klägerin ist sie auf einer Eisfläche gestürzt, die ein Ausmaß von etwa 20 x 30 cm gehabt hat. Sie hatte im Übrigen weder auf der Straße noch auf dem Weg weitere vereiste Stellen bemerkt. Dann ist aber nicht von einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, sondern nur vom Vorhandensein vereinzelter Glättestellen. Dies reicht nach den oben unter 1. dargestellten Grundsätzen für die Annahme einer Räum- und Streupflicht auf dem Weg zum Haus der Beklagten nicht aus.
13
3. Bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Verletzung der Streupflicht deswegen verneint hat, weil zum Zeitpunkt des Sturzes gegen 10.00 Uhr die der Klägerin zuzubilligende Zeit für die Vornahme eventueller Streumaßnahmen noch nicht abgelaufen gewesen sei. Zwar ist der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu folgen, dass dem Verkehrssicherungspflichtigen im Regelfall ein Zeitraum von nicht unter einer Stunde nach Einsetzen der allgemeinen Glätte für den Beginn der Streumaßnahmen zuzubilligen sei, wenn nicht aufgrund besonderer Umstände Anlass zu einer früheren Durchführung von Räum- bzw. Streumaßnahmen bestehe. Vielmehr ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen und unter Berücksichtigung dieser Umstände dem Verkehrssicherungspflichtigen eine angemessene Zeit für den Beginn der Streumaßnahmen zuzubilligen. Für den Beginn der Streupflicht ist dabei vor allem von Bedeutung, in welchem Maße die erkennbare Wetterlage und die Eigenheiten des Gehwegs Anlass zur Vorsorge gegeben haben (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, aaO).
14
Im Streitfall ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine Verletzung der Streupflicht verneint hat. Ausgehend von dem von ihm festgestellten - und von der Revision nicht angegriffenen - frühesten Zeitpunkt einer allgemeinen Glättebildung ab 9.15 Uhr hat es für den Zeitpunkt des Sturzes gegen 10.00 Uhr eine Verletzung der Streupflicht ohne Rechtsfehler verneint. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass bei der am Unfalltag herrschenden Wetterlage keine hinreichend erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr bestanden hätten, die ausnahmsweise vorbeugende Maßnahmen schon vor der Bildung von Glätte geboten hätten. Es sei ebenfalls nicht festzustellen, dass die Beklagte am Unfalltag, einem Sonntag, damit rechnen musste, dass Personen schon um 10.00 Uhr ihr Grundstück betraten. Insbe- sondere seien an diesem Tag keine Pflegeleistungen für die Beklagte zu erbringen gewesen. Unter diesen Umständen bestand keine Notwendigkeit, eventuelle Streumaßnahmen mit besonderer Eile durchzuführen. Eine vorbeugende Verpflichtung zum Bereithalten eines Streudienstes bestand nicht, weil an dem Sonntagvormittag auf dem Weg zum Haus weder mit einem Fußgängerverkehr zu rechnen war noch die Wetterlage dafür Anlass gab (vgl. zur vorbeugenden Streupflicht Senatsbeschluss vom 11. August 2009 - VI ZR 163/08, WuM 2009, 677 Rn. 5; BGH, Urteil vom 15. Februar 1979 - III ZR 172/77, VersR 1979, 541,

542).

15
4. Nach allem ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden , dass die Verletzung einer Räum- und Streupflicht seitens der Beklagten nicht vorliegt. Die Revision der Klägerin ist mithin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Galke Zoll Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 22.06.2010 - 5 O 202/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.03.2011 - I-9 U 158/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 163/08
vom
11. August 2009
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. August 2009 durch die
Richter Zoll, Wellner, Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Klägerin vom 22. Juli 2009 gegen den Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rügeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:

1
Die statthafte (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. § 321a Rn. 5) und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
2
Nach Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte brauchen jedoch nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04 - NJW 2005, 1432 f.). Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfGE 21, 191, 194; 70, 288, 294; st.Rspr.). Nach § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO kann das Revisionsgericht von einer Begründung des Beschlusses, mit dem es über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet, absehen, wenn diese nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Von die- ser Möglichkeit hat der Senat im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht. Bei der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde hat er das mit der Anhörungsrüge des Klägers als übergangen beanstandete Vorbringen in vollem Umfang geprüft, ihm aber keine Gründe für eine Zulassung der Revision entnehmen können.
3
Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts lässt weder einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG noch gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG erkennen. Das Berufungsgericht hat den Aussagen der Zeuginnen H. und R. zum Zustand der Straße nichts Verlässliches abgewinnen können und bei der Aussage des Zeugen P. durchaus berücksichtigt, dass der Zeuge zunächst ausgeführt hatte, es sei insgesamt auf der Straße glatt gewesen. Dann jedoch - und darauf stützt sich das Berufungsgericht letztlich - hat der Zeuge seine Aussage relativiert und letztlich geäußert, es sei durch geschicktes Gehen möglich gewesen, die Straße von der einen oder anderen Seite zu überqueren ohne zwangsläufig immer auf Eisflächen zu landen. Auch die Zeugin J. hat nicht nur, wie von der Nichtzulassungsbeschwerde zitiert worden ist, geäußert, es sei auf der Straße durchgängig glatt gewesen, sondern sie hat vielmehr auch - wie das Berufungsgericht gewürdigt hat - das Vorhandensein von einzelnen Eisflächen bestätigt.
4
Nach alledem handelt es sich um eine vertretbare Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, die Verfahrensfehler nicht erkennen lässt und deshalb einer revisionsrechtlichen Überprüfung - insbesondere einer abweichenden Würdigung der Zeugenaussagen durch das Revisionsgericht - nicht zugänglich ist.
5
Darüber hinaus könnte auch allein ein verkehrswidriger Zustand der Straße zum Zeitpunkt des Unfalls einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht begründen. Denn der Unfall hat sich gegen 4.30 Uhr und damit außerhalb der räum- und streupflichtigen Zeit ereignet. Wer nach Ablauf der mit der Streupflicht verbundenen Zeit durch Glätte stürzt, muss jedoch beweisen, dass sich der Unfall bei Erfüllung der Streupflicht in der vorgeschriebenen Zeit nicht ereignet hätte (Senatsurteil vom 4. Oktober 1983 - VI ZR 98/82 - VersR 1984, 40; OLG Düsseldorf, VersR 1984, 1173; KG VersR 1993, 1369; Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 14. Kap., Rn. 163). Die Klägerin hatte zwar behauptet, die Beklagte bzw. ihre Streithelferin seien bereits am Vortag des Unfalles, am 13. März 2005, ihrer Streupflicht nicht nachgekommen. Die Kausalität einer solchen - unterstellten - Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hätte jedoch den Nachweis vorausgesetzt, dass eine Erfüllung der Streupflicht am Vortag den Unfall der Klägerin am frühen Morgen des nächsten Tages verhindert hätte. Hierzu zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde keinen übergangenen Sachvortrag der Klägerin auf, wozu jedoch insbesondere deshalb Veranlassung bestanden hätte, weil die Beklagte vorgetragen und in der Berufungsinstanz als unbestritten bezeichnet hatte, dass sich nach Ende der Streupflicht am 13. März 2005 bis zur Unfallzeit erneut Glätte gebildet habe. Im Übrigen hatte die Klägerin selbst vorgetragen, dass mehrere Tauwasserstellen mehrere Tage vor dem Unfallereignis ständig nachts überfroren seien. Wenn sich aber die Glättestellen erst nachts gebildet haben, so hätte die Beklagte grundsätzlich vor 6.00 Uhr am nächsten Morgen nicht streuen (lassen) müssen. Eine vorbeugende Streupflicht zur Verhinderung von Glättebildung an bestimmten Stellen auch in den Nachtstunden ist nur ausnahmsweise dann erforderlich, wenn mit einem entsprechenden Verkehr gerechnet werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1979 - III ZR 172/77 - VersR 1979, 541, 542). Dazu reicht nicht aus, dass lediglich vereinzelte Personen, insbesondere Zeitungsausträger, vor Einsetzen der allgemeinen Streupflicht unterwegs sind, zumal diese sich auf die seit Tagen bestehenden Witterungsverhältnisse einstellen konnten. Zoll Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 14.12.2006 - 5 O 41/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 03.06.2008 - 2 U 8/07 -

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.