Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 03. März 2010 - 5 U 246/09 - 65

bei uns veröffentlicht am03.03.2010

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 3.4.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 12 O 122/08 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.405 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche auf Krankenhaustagegeld aus einem privaten Krankenversicherungsvertrag.

Der Vater des am … 1991 geborenen Klägers ist gesetzlich krankenversichert. Zusätzlich unterhält er bei der Beklagten eine private Zusatzkrankenversicherung für stationäre Heilbehandlungen im Krankenhaus und Auslandsreisen, in welcher der Kläger mitversichert ist (Ersatzversicherungsschein zur Krankenversicherung vom 6.12.2006, Versicherungsschein-Nummer ...; Bl. 5 d. A.). Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung zu Grunde (Bl. 64 d. A.; im Folgenden: AVB), für die stationäre Heilbehandlung basierend auf dem Tarif SZ (Bl. 7 d. A.).

Im Tarif SZ ist Folgendes geregelt:

"1.1. Kostenersatz

1.1.1. Nach Vorleistung des gesetzlichen Versicherers sind erstattungsfähig:

a) die vom Krankenhaus berechneten Kosten der Wahlleistungen gemäß Bundespflegesatzverordnung bzw. Krankenhausentgeltgesetz,

b) Arzthonorare,

[...] 

1.2 Krankenhaustagegeld neben Kostenersatz

i.

Wird vom Versicherungsnehmer nur auf eine der nachstehenden Leistungen verzichtet, zahlt der Versicherer für jeden Tag einer voll stationären Unterbringung im Krankenhaus

- bei Verzicht auf privatärztliche Behandlung 30 EUR Krankenhaustagegeld

- bei Verzicht auf die Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer 25 EUR Krankenhaustagegeld

1.3 Krankenhaustagegeld anstelle von Kostenersatz

Anstelle der Leistungen gemäß 1.1 und 1.2 zahlt der Versicherer für jeden Tag einer voll stationären Unterbringung im Krankenhaus 55 EUR Krankenhaustagegeld, wenn auf Kostenersatz verzichtet wird oder dies für den Versicherungsnehmer günstiger ist."

Der damals noch minderjährige Kläger wurde am 17.1.2006 nach einem Suizidversuch in die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Kliniken S. in K, deren Träger die S. H. GmbH ist, stationär aufgenommen. Er befand sich dort bis zum 13.4.2006, dann nach einem erneuten Suizidversuch wieder vom 27.4.2006 bis zum 9.5.2006 und vom 12.5.2006 bis zum 21.7.2006. Er wurde mit Einzeltherapien, ab dem 27.1.2006 verhaltens-, sport- und arbeitstherapeutisch behandelt (Bl. 37 d. A.).

Vorgerichtlich machte zunächst der Vater des Klägers Erstattung stationärer Behandlungskosten gegenüber der Beklagten geltend (Bl. 39 d. A.).

Der Kläger hat in erster Instanz – neben der Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten – Krankenhaustagegeld verlangt gemäß Nr. 1.3 des Tarifs SZ für die Zeit vom 17.1.2006 bis zum 21.7.2006 in Höhe von 10.175 EUR (185 Tage zu je 55 EUR). Er hat behauptet, die stationäre Aufnahme sei am 17.1.2006 wegen einer Belastungsstörung, einer akuten Belastungsreaktion sowie wegen des Verdachts auf eine depressive Entwicklung erfolgt. Seine psychische Erkrankung, sein – unstreitiger – Alkohol- und Cannabiskonsum und die Selbstmordversuche beruhten auf der unverarbeiteten Trennung der Eltern und auf Konflikten in der Schule und mit der Freundin. Die in K. durchgeführte Heilbehandlung sei medizinisch notwendig gewesen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen der Nr. 1.3 des Tarifs SZ seien erfüllt. Für die Frage, ob (verzichtbare) Wahlleistungen abstrakt angeboten würden, komme es allein auf das Leistungsspektrum des Vertragspartners des Behandlungsvertrags an – hier der S. H. GmbH –, nicht auf dasjenige der nicht-rechtsfähigen "Betriebsstätte" in K..

Der Kläger hat sich, obwohl nicht Versicherungsnehmer, für berechtigt gehalten, Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen, und gemeint, es sei sein eigenes, auf die eigenverantwortliche Regelung seiner gesundheitlichen Belange bezogenes Interesses versichert worden. Diese Sichtweise sei wegen des ihm auch als (damals) Minderjährigem zustehenden Selbstbestimmungsrechts geboten. Um ein Eigeninteresse seines Vaters als Versicherungsnehmers könne es hier nicht gehen, denn dieser sei wegen der bestehenden gesetzlichen Krankenversicherung nicht Kostenschuldner gewesen. Beim privaten Zusatzvertrag eines gesetzlich Krankenversicherten liege für den Versicherer auf der Hand, dass der Versicherungsnehmers ausschließlich Vorsorge für den Krankheitsfall seiner Kinder betreibe.

Das Landgericht hat im Termin vom 5.1.2009 dem Kläger aufgegeben darzulegen, ob im Rahmen der Behandlung "Wahlleistungen, zusätzliche Arzthonorare oder Transportkosten anfallen konnten (Nr. 1.1.1 des Tarifs) oder ob Mehrkosten für die bessere Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer bei fehlender Abrechnung nach Krankenhausentgeltgesetz entstehen konnten (Nr. 1.1.2 des Tarifs)". Hierauf hat der Kläger unter Antritt von Zeugenbeweis vorgetragen, die S. H. GmbH biete "die in Rede stehenden Leistungen tatsächlich in [ihren] Einrichtungen an und zwar auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie K.".

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn einen Betrag in Höhe von 10.175 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 26.3.2007 zu zahlen,

2. an ihn an vorgerichtlichen Kosten einen Betrag in Höhe von 837,53 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 26.3.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dem Kläger eigene Ansprüche aus dem Vertrag abgesprochen. Die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsstellung mitversicherter Ehegatten seien auf minderjährige Kinder nicht übertragbar. Auch im Übrigen hat sie die Klage für unschlüssig gehalten. Sie hat darauf verwiesen, dass der Kläger – dies ist unstreitig – nicht ununterbrochen 185 Tage im Krankenhaus gewesen sei, sondern insgesamt lediglich 171 Tage. Außerdem hat sie die medizinische Notwendigkeit des Aufenthalts infrage gestellt. Sie hat auf der Grundlage der vom Kläger teilweise eingereichten Unterlagen den Schluss gezogen, maßgeblicher Grund für die langwierige stationäre Unterbringung sei ein chronischer Abusus von Alkohol und Cannabis gewesen, der unter den Leistungsausschluss gemäß § 5 Abs. 1 h AVB falle. Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, die Voraussetzungen der Nr. 1.3 des Tarifs SZ seien nicht erfüllt, weil die Klausel einen Verzicht auf Wahlleistungen voraussetze. Ein hierauf bezogenes Angebot hat sie für die Kinder- und Jugendpsychiatrie K. indessen bestritten.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.3.2009 seinem Vater, dem Versicherungsnehmer R. L., den Streit verkündet.

Mit dem am 3.4.2009 verkündeten Urteil hat das Landgericht Saarbrücken die Klage abgewiesen. Es hat die Aktivlegitimation des Klägers verneint. Außerdem hat das Landgericht – bei Unterstellung der medizinischen Notwendigkeit der stationären Behandlung – die Voraussetzungen des Anspruchs auf das Krankenhaustagegeld gemäß Nr. 1.3 des Tarifs SZ nicht für gegeben erachtet. Die Klausel verlange, dass dem Versicherten im Rahmen der konkreten Krankenhausbehandlung Wahlleistungen zur Verfügung stünden, die er nicht wahrnehme. Der Kläger habe dies nicht hinreichend dargetan.

Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Der Kläger hat gegen die Entscheidung Berufung eingelegt.

Zur Frage der Gläubigerstellung wiederholt er im Wesentlichen seine in erster Instanz vertretene Ansicht, wonach es im Versicherungsvertrag um sein eigenes Interesse an einer optimalen gesundheitlichen Versorgung gegangen sei. Schon aus der bedingungsgemäßen Versicherung der medizinisch notwendigen Heilbehandlung einer versicherten Person zieht er den Schluss, dass entsprechende Leistungen unmittelbar ihm selbst zuzuordnen seien.

Der Kläger hält jedenfalls den Hilfsantrag auf Zahlung an seinen Vater für begründet.

Was die Erwägungen des Landgerichts zu den Voraussetzungen des Anspruchs gemäß Ziffer 1.3 des Tarifs SZ anbelangt, sieht der Kläger einen Verstoß gegen § 139 ZPO. Er ist der Ansicht, sein Sachvortrag zum Angebot von Wahlleistungen habe dem Hinweis und der Auflage des Landgerichts Genüge getan.

Schließlich rügt er die Verletzung von § 142 Abs. 1 ZPO. Das Landgericht habe in verfahrensfehlerhafter Weise seinen Antrag auf Vorlage der Originalbehandlungsunterlagen übergangen und damit sein rechtliches Gehör verletzt (Bl. 159, 160 d. A.).

Der Höhe nach beschränkt er den Zahlungsantrag nunmehr auf Krankenhaustagegeld für die tatsächlich im Krankenhaus verbrachten 171 Tage.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn einen Betrag in Höhe von 9.405 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 26.3.2007 zu zahlen,

2. an ihn an vorgerichtlichen Kosten einen Betrag in Höhe von 837,53 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 26.3.2007 zu zahlen

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen,

a. an Herrn R. L. einen Betrag in Höhe von 9.405 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 26.3.2007 zu zahlen,

b. an Herrn R. L. an vorgerichtlichen Kosten einen Betrag in Höhe von 837,53 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 26.3.2007 zu zahlen,

weiter hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie geht mit dem Landgericht davon aus, dass ein eigenes Interesse des Klägers an den versicherten Leistungen nicht erkennbar sei. Zudem eröffne die Auffassung des Klägers die Möglichkeit, das dieser an seiner Krankheit "verdiene", während sein Vater bei Inanspruchnahme von Wahlleistungen keine Deckung der von ihm geschuldeten Kosten erlangen könne. Die Beklagte schließt aus der in erster Instanz erfolgten Streitverkündung auf zwischen dem Kläger und seinem Vater bestehende Differenzen über die Anspruchsberechtigung im Innenverhältnis, welche sie der Gefahr aussetzten, nach Zahlung an den Kläger von seinem Vater als Versicherungsnehmer ein weiteres Mal in Anspruch genommen zu werden. Zum in zweiter Instanz gestellten Hilfsantrag macht die Beklagte darauf aufmerksam, dass eine ausdrückliche Zustimmung des Versicherungsnehmers zur Prozessführung fehle und darüber hinaus kein eigenes schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Durchsetzung fremder Forderungen bestehe.

Schließlich bestreitet sie, dass die Sucht- und Alkoholprobleme des Klägers im Rahmen der stationären Aufenthalte sachgerecht behandelt worden seien.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 5.1.2009 (Bl. 95 d. A.), vom 23.3.2009 (Bl. 105 d. A.) und des Senats vom 3.2.2010 (Bl. 181 d. A.) sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 3.4.2009 (Bl. 109 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage zu Recht ab.

Der Kläger kann Zahlung von Krankenhaustagegeld aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag gemäß §§ 1, 178b Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 VVG (in der gemäß Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 EGVVG maßgeblichen bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) i. V. m. Ziff. 1.3 des Tarifs SZ weder an sich selbst, noch – wie nunmehr hilfsweise beantragt – an den Versicherungsnehmer R. L. verlangen. Was den Hauptantrag anbelangt, ist er nicht Anspruchsinhaber. Für die Klage auf Leistung an den Versicherungsnehmer fehlt die Prozessführungsbefugnis.

Ob der Sache nach ein Anspruch auf Krankenhaustagegeld nach den einschlägigen Tarifbestimmungen der Beklagten besteht, bedarf keiner Entscheidung.

1.

Der Kläger kann keine Zahlung von Krankenhaustagegeld an sich selbst verlangen.

a. Gläubiger der etwaig geschuldeten Versicherungsleistung ist allein der Vater des Klägers als Versicherungsnehmer. Dass der Kläger im Versicherungsschein als versicherte Person aufgeführt ist, ändert daran nichts.

(1) Die Anspruchsberechtigung aus dem Versicherungsvertrag korrespondiert grundsätzlich mit der Stellung als Versicherungsnehmer (§ 1 Abs. 1 VVG a. F.). Ein Dritter hat nur dann eigene Ansprüche, wenn ihm solche im Vertrag eingeräumt worden sind. Bei solchen Versicherungsverträgen für fremde Rechnung handelt es sich grundsätzlich um Verträge zu Gunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB. Fehlt es an einer entsprechenden Vereinbarung, ist indessen ein in einem Vertrag mitversicherter Dritter reine Gefahrperson. Wenn sich in dieser Person das versicherte Risiko verwirklicht, bleibt gleichwohl der Versicherungsnehmer alleiniger Gläubiger der versicherungsvertraglichen Ansprüche. Das liegt im Wesen einer solchen Versicherung, so dass das Argument des Klägers, schon aus der Definition des Versicherungsfalls als medizinisch notwendiger Heilbehandlung "einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen" folge seine Anspruchsberechtigung, nicht verfängt.

(2) Der Bundesgerichtshof hat für die private Krankenversicherung in seiner Entscheidung vom 8.2.2006 (IV ZR 205/04 – VersR 2006, 686; bestätigt in BGH, Urt. v. 10.10.2007 – IV ZR 37/06 – VersR 2008, 64) den echten Vertrag zu Gunsten eines Dritten von der auf eine mit dem Versicherungsnehmer nicht identische Gefahrperson bezogenen Eigenversicherung abgegrenzt. Er hat ausgeführt, die Versicherung eines Dritten sei dann eine reine Eigenversicherung des Versicherungsnehmers, wenn dieser sich gegen wirtschaftliche Einbußen infolge einer Erkrankung der versicherten Person schützen wolle. Letztere habe bei einer solchen Gestaltung keine versicherungsvertraglichen Rechte. Anderes gelte, wenn mit dem Vertrag zumindest neben dem Interesse des Versicherungsnehmers auch das eigene Interesse der versicherten Person an einem Schutz vor krankheitsbedingten Einbußen versichert werden solle (siehe auch Senat, Urt. v. 18.12.1996 – 5 U 800/95 – VersR 1997, 863). Dann sollten ihr im Sinne eines echten Vertrags zu Gunsten Dritter nach § 328 Abs. 1 BGB auch Versicherungsleistungen zugewendet werden. Die allgemeinen bürgerlichrechtlichen Vorschriften zum Vertrag zu Gunsten Dritter seien anwendbar. Der BGH hat mit Blick auf § 178a VVG a. F in der Entscheidung dargelegt, dass die die Schadensversicherung für fremde Rechnung betreffenden §§ 74 ff. VVG a. F. für die private Krankenversicherung – auch soweit sie nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird – nicht gelten. Zur Entscheidung gestellt war im konkreten Fall die vertragliche Ausgestaltung der Mitversicherung einer Ehefrau. Der BGH hat diese nicht als bloße Gefahrperson einer Eigenversicherung des Ehemannes gesehen, sondern als ihrerseits Berechtigte des Krankenversicherungsvertrags. Es komme nicht darauf an, ob die Ehefrau einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Allein auf die Unterhaltsverpflichtung des Versicherungsnehmers abzustellen, werde dem Umstand nicht gerecht, dass auch in einer Ehe, in der einer der Ehepartner durch ausschließliche Tätigkeit im Haushalt zum Familienunterhalt beitrage, dieser ein eigenes Interesse daran behalte, selbstbestimmt seine gesundheitlichen Belange zu regeln. Generell ziele – für den Versicherer erkennbar – das Interesse des Versicherungsnehmers daher nicht bloß darauf ab, Vorsorge für den durch Krankheit des Ehepartners bedingten Unterhaltsanspruch zu treffen.

(3) Das Landgericht ist im vorliegenden Fall zu Recht davon ausgegangen, dass die Erwägungen des BGH auf in der privaten Krankenversicherung mitversicherte minderjährige Kinder nicht zu übertragen sind.

(a) Dem Versicherungsnehmer, der privaten Krankenversicherungsschutz für seine minderjährigen Kinder begründet, geht es – auch im Hinblick auf Ansprüche auf Krankenhaustagegeld – darum, eigene wirtschaftliche Einbußen abzudecken, die durch Krankheit des Kindes hervorgerufen werden. Zwar trifft es im Sinne der Argumentation des Klägers zu, dass Hintergrund der Versicherung das Bestreben seines Vaters gewesen sei, ihm eine hochwertige medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Das umschreibt indessen das Motiv der Versicherung, nicht ihren unmittelbaren Zweck und Inhalt. Natürlich können Eltern für ihre Kinder im Rahmen der ihnen obliegenden Personensorge auch ohne private (Zusatz-)Krankenversicherung bestimmte medizinische Leistungen in Anspruch nehmen und verfolgen damit zunächst einmal gesundheitliche Belange ihres Kindes. Tun sie das, müssen sie derartige Leistungen auf der Grundlage der von ihnen im eigenen Namen abgeschlossenen Behandlungsverträge (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 10.1.1984 – VI ZR 158/82 – NJW 1984, 1400) auch bezahlen. Diese, dann nurmehr wirtschaftliche und nur sie selbst treffende Einbuße abzudecken, ist Inhalt der mit dem Versicherungsvertrag vereinbarten Leistungspflicht des Versicherers. Soweit wie hier Krankenhaustagegeld in Rede steht, tritt die konkret bezifferbare Einbuße in den Hintergrund. Gleichwohl geht es auch hier darum, (pauschaliert) mit einem stationären Aufenthalt verbundene Nachteile zu kompensieren.

(b) Beim mitversicherten Ehegatten ist die Interessenlage im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht nach der Rechtsprechung des BGH in besonderer Weise zu beurteilen, die nach Ansicht des Senats mit der Interessenlage bei mitversicherten Kindern nicht zu vergleichen ist. Der Ehegatte, auch wenn er nach der familieninternen Aufgabenteilung kein eigenes Einkommen erzielt, trifft die Entscheidung, wo er sich von wem in welcher Weise medizinisch behandeln lässt, selbst. Entstehen aufgrund dieser Entscheidung Kosten, soll er nicht darauf beschränkt sein, sich auf unterhaltsrechtlicher Grundlage an den (verdienenden) Ehegatten zu wenden, sondern er soll vertragsrechtlich die Möglichkeit haben, diese kraft eigenen Rechts beim Versicherer geltend zu machen. Das minderjährige Kind hingegen kann gegen den Willen seiner gesetzlichen Vertreter keine wirksamen Arzt- oder Krankenhausverträge schließen. Der Begründung eigener Ansprüche bedarf es mithin nicht, um ein hierauf bezogenes Selbstbestimmungsrecht in die Abwicklung der versicherungsvertraglichen Leistungsbeziehungen gleichsam zu überführen.

Nach alldem ist ein zur Begründung eines Forderungsrechts gemäß § 328 BGB geeignetes Eigeninteresse des Klägers in Bezug auf den Krankenversicherungsvertrag weder unter dem Aspekt eigener wirtschaftlicher Einbußen noch – wie beim Ehegatten – vor dem Hintergrund eines Selbstbestimmungsrechts ersichtlich (gegen eigene Ansprüche des mitversicherten minderjährigen Kindes auch OLG Koblenz, VersR 2004, 993; Rogler, jurisPR-VersR 5/2009 Anm. 2 [zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.10.2008 – 4 W 49/08]; Voit, NJW 2006, 2225; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. 2003, § 74 Rdn. 20; wohl auch Jagmann in: Staudinger, BGB, 2009, § 328 Rdn. 227). Dies gilt im konkreten Fall sowohl für die eigentliche Krankheitskostenerstattung als auch für das nach Nr. 1.3 des Tarifs SZ diese im Verzichtsfall substituierende Krankenhaustagegeld.

(4) Die Argumentation des Klägers, es mache einen maßgeblichen Unterschied, ob eine private Vollversicherung in Rede stehe oder – wie hier – eine Zusatzversicherung, überzeugt nicht. Offenbar meint er, da ohnehin kein Bedarf für eine Kostenerstattung bestehe, könne es nicht um einen Schutz vor eigenen wirtschaftlichen Einbußen des Versicherungsnehmers gehen (Seite 4 der Berufungsbegründung, Bl. 154 d. A.). Das ist unzutreffend. Die relevanten Einbußen des Versicherungsnehmers beziehen sich nicht auf die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen. Diese sind nicht Gegenstand des Vertrags. Wirtschaftliche Einbußen entstehen indessen dann, wenn der Versicherungsnehmer sich entschließt, für eine im Vertrag versicherte Person Leistungen in Anspruch zu nehmen, die über die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragenen hinausgehen, wie etwa eine privatärztliche Behandlung oder eine stationäre Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer. Solche Kosten müsste er selber übernehmen, deshalb hat er den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag abgeschlossen und damit folgerichtig den Zweck verfolgt, eine Deckung eigener Kosten zu erreichen.

b. Ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen eines Krankenhaustagegeldanspruchs gemäß Nr. 1 .3 des Tarifs SZ gegeben sind und ob diese insbesondere davon abhängen würden, ob konkret in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in K. Wahlleistungen angeboten werden, kann offen bleiben.

c. Da die Klage schon an der fehlenden Aktivlegitimation scheitert, ist auch eine Klärung der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht geboten.

2.

Der in zweiter Instanz gestellte Hilfsantrag ist unzulässig. Der Kläger ist nicht prozessführungsbefugt. Er kann Rechte seines Vaters als Versicherungsnehmers im eigenen Namen nicht geltend machen, weil er nicht als gewillkürter Prozessstandschafter aufzutreten berechtigt ist (vgl. OLG Köln, NJW-RR 2001, 532). Hierzu müsste er zur Prozessführung durch den Versicherungsnehmer ermächtigt worden sein. Das hat der Kläger selbst nicht behauptet. Zwar ist eine Ermächtigung auch stillschweigend denkbar, etwa wenn der Rechtsinhaber offenkundig einverstanden ist. Davon kann indessen schon mit Blick auf die erstinstanzlich erfolgte Streitverkündung nicht ausgegangen werden. Dessen ungeachtet ist kein rechtsschutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers an der Prozessführung – weitere Zulässigkeitsbedingung der gewillkürten Prozessstandschaft – ersichtlich. Der Senat erkennt nicht, inwieweit die Entscheidung des Rechtsstreits die eigene Rechtslage des Klägers beeinflussen sollte (vgl. Senat, Urt. v. 11.1.2006 – 5 U 584/04 – VersR 2006, 1345). Der Kläger hat nicht vorgetragen, in irgendeiner Weise durch den stationären Krankenhausaufenthalt Ansprüchen Dritter ausgesetzt zu sein (zu der Frage, ob ein bedingungsgemäßes Abtretungsverbot – wie hier in § 6 Abs. 6 AVB [Bl. 69 d. A.] vereinbart – einer gewillkürten Prozessstandschaft entgegenstehen kann, siehe [verneinend] Bastian, VersR 2003, 945).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 9.405 EUR.

Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 03. März 2010 - 5 U 246/09 - 65

Urteilsbesprechungen zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 03. März 2010 - 5 U 246/09 - 65

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 03. März 2010 - 5 U 246/09 - 65 zitiert 11 §§.

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2007 - IV ZR 37/06

bei uns veröffentlicht am 10.10.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 37/06 Verkündetam: 10.Oktober2007 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durc

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.

(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.

Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 37/06 Verkündetam:
10.Oktober2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch ohne mündliche Verhandlung
nach § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 24. September 2007
am 10. Oktober 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 18. Januar 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: Bis 1.200 €.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

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Der Ehemann der Klägerin hält beim Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung , der Musterbedingungen für die Krankheitskostenversicherung (MB/KK) zugrunde liegen und in die die Klägerin als mitversicherte Person einbezogen ist. Sie begehrt im eigenen Namen die Erstattung des nach Leistungen der Beihilfestelle ihres Ehemannes noch offenen Restbetrages von 615,40 € für eine vom behandelnden Arzt am 11. November 2003 in Rechnung gestellte Heilbehandlung. Des Weiteren hatte sie ursprünglich die Feststellung begehrt, dass die so genannte Schulmedizinklausel des § 4 Abs. 6 MB/KK 94 nicht Bestandteil des Krankenversicherungsvertrages geworden sei. Nachdem der Beklagte dies gegenüber dem Ehemann der Klägerin schriftlich bestätigt hat, hat die Klägerin den Feststellungsantrag für erledigt erklärt.
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Dem hat der Beklagte widersprochen und beantragt, die Klage insgesamt abzuweisen. Er meint, die Klägerin könne Rechte aus dem Krankenversicherungsvertrag nicht im eigenen Namen geltend machen, und bestreitet hilfsweise die Notwendigkeit der durchgeführten Heilbehandlung.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


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Die Revision hat Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil ihr die gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Rechte aus dem Krankenversicherungsvertrag nicht selbst zustünden. Auch eine Abtretung der Rechte ihres Ehemannes an sie sei nicht erfolgt. Die Klägerin sei lediglich als mitversicherte Person im Rahmen der Familienversicherung anzusehen, und habe, weil sie über kein eigenes Einkommen verfüge, als reine Gefahrperson keine eigenen Rechte aus dem Versicherungsvertrag. Denn dieser sei zwar mit Blick auf die Klägerin als Fremdversicherung im Sinne des § 74 Abs. 1 VVG anzusehen, der Ehemann als Versicherungsnehmer habe aber allein sein eigenes Interesse versichert, vor finanziellen Einbußen geschützt zu sein, die ihm aus Heilbehandlungen der Klägerin entweder über § 1357 BGB oder aufgrund seiner Unterhaltspflicht drohten.
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Selbst wenn man die Klägerin nicht als bloße Gefahrperson ansähe , scheitere die Klage auch an § 75 Abs. 2 VVG, denn die dort vorausgesetzte Zustimmung des Versicherungsnehmers verstoße - unabhängig davon, ob die Klägerin im Besitz des Versicherungsscheins sei oder nicht - gegen das Abtretungsverbot aus § 6 Abs. 6 MB/KK 94.
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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Wie der Senat in seinem - erst nach Erlass des hier angefochtenen Berufungsurteils ergangenen - Urteil vom 8. Februar 2006 (IV ZR 205/04 - VersR 2006, 686 unter 1 b) im Einzelnen dargelegt hat, ist die Anwendung der §§ 74 bis 80 VVG in der privaten Krankheitskostenversicherung durch § 178a Abs. 2 VVG ausgeschlossen. Wird der Ehepartner des Versicherungsnehmers mitversichert (§ 178a Abs. 1 VVG) und enthalten die Versicherungsbedingungen - wie hier - keine besonderen Bestimmungen über seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag, ist er nicht lediglich als bloße Gefahrperson eines allein im Eigeninteresse des Versicherungsnehmers abgeschlossenen Versicherungsvertrages anzu- sehen, sondern es liegt eine Krankheitskostenversicherung für fremde Rechnung vor, die wegen der Unanwendbarkeit der §§ 74 bis 80 VVG uneingeschränkt den Regelungen über den Vertrag zugunsten Dritter (vgl. insbesondere §§ 328 Abs. 1, 335 BGB) unterliegt. Darauf, ob der mitversicherte Ehepartner einer bezahlten Erwerbstätigkeit nachgeht oder durch Tätigkeit im Haushalt zum Familienunterhalt beiträgt, kommt es für die Frage, welches Interesse versichert ist, nicht an (Senat aaO unter 1 c und 2 a).
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2. Der mitversicherte Ehepartner kann deshalb nach § 328 Abs. 1 BGB eine ihn betreffende Versicherungsleistung gegenüber dem Versicherer in eigenem Namen - auch gerichtlich - geltend machen (Senat aaO unter 2 b). Weiter gibt § 328 Abs. 1 BGB ihm die Befugnis, das Bestehen grundlegender Anspruchsvoraussetzungen gerichtlich feststellen zu lassen (Senat aaO unter 2 c). Darin liegt keine Vertragsgestaltung, solange ein Feststellungsantrag nicht auf eine Veränderung des bestehenden Vertrages gerichtet ist, sondern nur darauf, dessen Inhalt als Voraussetzung für einen Leistungsanspruch festzustellen. Dazu gehört unter anderem auch das Begehren, die Wirksamkeit von Vertragsklauseln anhand der §§ 9 AGBG/307 BGB gerichtlich überprüfen zu lassen. Demgemäß konnte die Klägerin hier im eigenen Namen auf Feststellung klagen, dass die Schulmedizinklausel des § 4 Abs. 6 MB/KK 94, auf die der Beklagte vorgerichtlich seine Leistungsablehnung gestützt hatte, nicht Vertragsbestandteil geworden war.

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Die 3. Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, weil der Tatrichter die weiteren Voraussetzungen des Klagebegehrens bisher noch nicht geprüft hat.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
AG Lampertheim, Entscheidung vom 19.08.2005 - 3 C 107/05 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 18.01.2006 - 7 S 130/05 -

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.