Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 28. Jan. 2011 - 5 W 312/10 - 116

bei uns veröffentlicht am28.01.2011

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 11.11.2010 (2 O 4/10) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Vollstreckung aus dem Beschluss des Landgerichts nicht vor dem 01.03.2011 beginnen darf.

2. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Gläubiger haben gegen den Schuldner im Januar 2010 beim Landgericht Saarbrücken eine Stufenklage erhoben und auf der ersten Stufe Auskunftsansprüche als Pflichtteilsberechtigte gemäß § 2314 BGB geltend gemacht. Mit für vorläufig vollstreckbar erklärtem Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Saarbrücken vom 5.3.2010 (Bl. 25 d. A.) wurde der Schuldner verurteilt, Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses der am 4.3.2008 verstorbenen Tochter der Kläger, Frau B. S., durch Vorlage eines notariell aufgenommenen Verzeichnisses unter Beifügung der entsprechenden Belege und Nachweise, in dem auch Schenkungen der Erblasserin innerhalb der letzten 10 Lebensjahre sowie Pflicht- und Anstandsschenkungen an den Beklagten enthalten sein sollten. Mit weiterem Teilanerkenntnisurteil von 23.3.2010 (Bl. 30 d. A.) wurde der Beklagte verurteilt, den Wert der Immobilien, die ganz oder teilweise im Eigentum der Erblasserin standen, durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln.

Der Schuldner übersandte den Gläubigern die Urkunde vom 18.05.2010 – Urk-Nr. 00000 – des Notars Dr. K. (Bl. 41 d.A.). Mit Schriftsatz vom 15.06.2010 beantragten die Gläubiger die Festsetzung eines Zwangsgelds wegen fehlender Belege und Nachweise und fehlenden Verkehrswertgutachtens über die Immobilie in R. (Bl. 47 d. A.). Mit Schriftsatz vom 12.08.2010 (Bl. 135 d.A.) stützten die Gläubiger ihren Antrag auch darauf, dass ein notarielles Verzeichnis letztendlich in der geschuldeten Form nicht vorliege.

Der Schuldner legte hierauf eine weitere Urkunde von Notar Dr. K. vom 18.09.2010 – Urk-Nr. 0000 – vor. Als Anlage enthielt diese u. a. auch eine Verkehrswertermittlung des Grundeigentums in R. durch den Architekten M. vom 25.06.2010. Die Gläubiger hielten auch dieses Nachlassverzeichnis für unvollständig und mangelhaft.

Das Landgericht Saarbrücken setzte mit Beschluss vom 11.11.2010 antragsgemäß ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR fest, wies den Antrag insoweit zurück, als die Gläubiger diesen darauf gestützt hatten, dass ein Verkehrswertgutachten über die Immobilie in R. fehle, und legte dem Schuldner die Kosten des Verfahrens auf (Bl. 175 d. A.).

Der Schuldner hat gegen den am 17.11.2010 zugestellten Beschluss am 30.11.2010 sofortige Beschwerde eingelegt. Die Gläubiger haben Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

Der Rechtsbehelf des Schuldners ist als sofortige Beschwerde gemäß §§ 793, 891, 888 ZPO statthaft und zulässig. Die sofortige Beschwerde hat aber keinen Erfolg.

(1.)

Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gemäß §§ 704 Abs. 1, 724, 725, 750 Abs. 1 ZPO liegen vor. Der Schuldner ist durch ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO anzuhalten, seine Verpflichtung aus dem Teilanerkenntnisurteil vom 05.03.2010 zu erfüllen.

Diese Verpflichtung, durch Vorlage eines notariell aufgenommenen Verzeichnisses Auskunft zu erteilen, betrifft eine nach § 888 ZPO zu vollstreckende unvertretbare Handlung (OLG Köln, Beschl. v. 29.8.2008 – 2 W 66/08; Senat, Beschl. v. 26.04.2010 – 5 W 81/10-33 – ZEV 2010, 416).

Der Schuldner hat seine Verpflichtung nicht erfüllt (zur Berücksichtigung des Erfüllungseinwands im Zwangsvollstreckungsverfahren siehe BGH, Beschl. v. 22.9.2005 – I ZB 4/05 – GuT 2005, 256 betreffend § 887 ZPO; BGH, Beschl. v. 3.7.2008 – I ZB 87/06 – NJW 2008, 2919, betreffend § 888 ZPO). Die notarielle Urkunde des Notars Dr. K. vom 18.09.2010 – Urk-Nr. 0000 – genügt ebenso wenig wie die Urkunde vom 18.05.2010 – Urk-Nr. 00000 – zur Erfüllung des titulierten Auskunftsanspruchs.

Die Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 26.04.2010 – 5 W 81/10-33 – ZEV 2010, 416 dargelegt. Danach ist die bloße Beurkundung von Erklärungen des Auskunftspflichtigen kein notarielles Verzeichnis im Sinne von § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB. Ein solches soll eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft bieten und genügt deshalb den Anforderungen des § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB nur dann, wenn der Notar den Nachlassbestand selbst und eigenständig – wenn auch zunächst ausgehend von Angaben des Auskunftspflichtigen – ermittelt hat und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringt, für den Inhalt verantwortlich zu sein (Senat, Beschl. v. 26.04.2010 – 5 W 81/10-33 – ZEV 2010, 416; OLG Düsseldorf, RNotZ 2008, 105; Schlüter in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 2314 Rdn. 5). Zwar ist der Notar in der Ausgestaltung des Verfahrens zur Ermittlung der Vermögensmasse und zur Niederlegung des Ergebnisses dieser Ermittlungen in einer Urkunde weitgehend frei. Er hat aber die vorhandenen Vermögensgegenstände sorgfältig festzustellen und seine Feststellungen in einer von ihm zu unterzeichnenden berichtenden Urkunde niederzulegen (OLG Karlsruhe, ZEV 2008, 189). Der Notar darf sich aus diesen Gründen nicht darauf beschränken, Angaben des Erben wiederzugeben und von diesem vorgelegte Belege auf Plausibilität zu prüfen, selbst wenn er den Erben über seine Vollständigkeits- und Wahrheitspflicht belehrt hat. Eine sich hierin erschöpfende Urkunde ist kein notarielles Nachlassverzeichnis (OLG Celle, DNotZ 2003, 62; Senat, Beschl. v. 26.04.2010 – 5 W 81/10-33 – ZEV 2010, 416; Haas in: Staudinger, BGB, 2006, § 2314 Rdn. 41).

Allerdings ist der Notar auch nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle Richtungen zu ermitteln, um Nachlassvermögen aufzuspüren. Die Anforderungen an den von ihm zu verlangenden Ermittlungsumfang richten sich nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles. Leitlinie kann dafür die Überlegung sein, welche naheliegenden Nachforschungen ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich hielte. Das Ergebnis dieser Feststellungen muss der Notar in der Urkunde niederlegen und zum Ausdruck bringen, dass nach diesen Ermittlungen weitere Nachlassgegenstände nicht vorhanden sind, und deutlich machen, dass er eine dahingehende eigene Erklärung abgibt, für die er verantwortlich ist. Diese Verantwortung kann er dadurch eingrenzen, dass er die von ihm vorgenommenen Ermittlungen offenlegt, so dass deutlich wird, in welchem Umfang er überhaupt eigene Feststellungen treffen konnte. Diese zwangsläufige Begrenzung der Aussagekraft des notariellen Verzeichnisses und der Verantwortlichkeit des Notars liegt in der Natur der Sache und ist vom Gläubiger hinzunehmen.

Bereits die äußere Form der notariellen Urkunde des Notars Dr. K. vom 18.09.2010 – Urk-Nr. 0000 –, die damit beginnt, dass der Schuldner selbst nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB zur Auskunft verpflichtet ist und das Folgende erklärt, macht deutlich, dass es sich um eine Erklärung des Schuldners handelt, und nicht um eine Erklärung des Notars. Die geschuldete Erklärung des Notars beruht auf § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB, nicht auf § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB.

Daran ändern auch die fettgedruckten Einschübe nichts. Zwar bestätigt der Notar dadurch beispielsweise die Eigentumsverhältnisse bezüglich der Immobilien in P/OP bzw. eine telefonische Auskunft der Steuerberaterin Ma. über in Deutschland in den Jahren 2007 und 2008 gezahlte und/oder erstattete Steuern. Alle Einschübe beziehen sich aber nur auf Einzelpunkte. An keiner Stelle der Urkunde kommt zum Ausdruck, dass der Notar eine eigene abschließende Erklärung formuliert und durch seine Unterschrift die Verantwortung dafür übernommen hat.

Dies hat zur Folge, dass der Notar eine neue Urkunde erstellen muss, die den oben genannten Anforderungen genügen muss.

Zur weiteren Vorgehensweise gibt der Senat vorsorglich folgende Hinweise:

Der Auskunftsanspruch kann zwar nicht bei jeder Unvollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses als unerfüllt angesehen werden. Allerdings besteht ein Anspruch auf Ergänzung der Auskunft, wenn der Schuldner in Folge Irrtums einen Teil des Bestandes weggelassen hat, wenn in der Aufstellung bestimmte sachliche oder zeitliche Teile völlig fehlen, wenn die Angaben erkennbar unvollständig sind oder wenn das Verzeichnis auf Grund gefälschter Unterlagen aufgestellt worden ist (BGH, Urt. v. 29.06.1983 – IVb ZR 391/81 – NJW 1983, 2243; Senat, Beschl.v. 29.8.2006, 5 W 72/06-26; BayObLG, NJW-RR 2002, 1381). Ein ergänzender Auskunftsanspruch besteht darüber hinaus in den Fällen, in denen die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen nicht verschafft hat, obwohl ihm dies zumutbar ist (BGH, Urt. v. 28.02.1989 – XI ZR 91/88 – BGHZ 107, 104; Senat, Beschl. v. 20.11.2006 – 5 W 236/06-70).

Deshalb wird der Notar darauf zu achten haben, dass das neue Verzeichnis vollständig ist und alle notwendigen Belege beigefügt sind. Im Einzelnen wird aufgrund der Rügen der Gläubiger zu beachten sein:

(a)

Eigentumsverzeichnisse der aufgeführten Immobilien in P/OP müssen dem notariellen Verzeichnis beigefügt werden.

(b)

Der Kaufvertrag für das Objekt in R. befindet sich in Kopie als Anlage zu der Urkunde vom 18.09.2010 in den Gerichtsakten. Einer Beifügung zu einem ausreichenden notariellen Verzeichnis, welches den Gläubigern überlassen wird, dürfte deshalb ebenfalls nichts im Wege stehen.

(c)

Die Rüge der Gläubiger, dass die Auskunft bezüglich des „Ausgleichsanspruchs wegen Investitionen Anwesen Fam. S.“ falsch sei und korrigiert werden müsse, ist nicht berechtigt. Diese Forderung braucht der Schuldner nicht näher zu begründen, denn es handelt sich um eine streitige Forderung gegenüber den Gläubigern selbst. Ob die Forderung besteht oder nicht, ist keine Frage der Auskunftserteilung. Der Schuldner ist auch nicht gehalten, im Rahmen der Auskunftsverpflichtung die von ihm aufgeführte Forderung im Einzelnen zu belegen, denn die nicht konkretisierte, auslegungsbedürftige Verpflichtung zur Belegvorlage bezieht sich nur auf Nachweise, auf die die Gläubiger mangels eigener Kenntnis der Vorgänge angewiesen sind.

(d)

Bezüglich der Bankkonten rügen die Gläubiger zu Recht, dass sich die bislang vorgelegte Bankauskunft nicht auf den Todestag der Erblasserin, den 04.03.2008, bezieht, sondern auf den 03.03.2008. Dies ist zu korrigieren. Außerdem ist der Notar verpflichtet, die Banken, die ihm vom Auskunftspflichtigen als Vertragspartner des Erblassers genannt werden, selbst anzuschreiben und um abschließende und vollständige Auskunft über alle Aktiva und Passiva der Erblasserin zum Todeszeitpunkt zu bitten, einschließlich der Angabe von Wertpapieren, Depots, Schließfächern oder sonstiger Anlagen. Auf eine vom Auskunftspflichtigen vorgelegte Bescheinigung kann er sich nicht verlassen, denn die Aussagekraft der Antwort kann grundsätzlich nicht ohne Kenntnis des Wortlautes der Anfrage beurteilt werden. Gegebenenfalls wird der Notar auch nachfragen müssen, wenn die Bankauskunft nicht eindeutig ist, denn er kann die Auskunft nicht einfach weiterreichen, sondern muss die Richtigkeit dieser Auskunft durch seine Unterschrift bestätigen. Dazu muss er sich gegebenenfalls die Darlehensverträge vorlegen lassen, um zu prüfen, ob der Erblasser tatsächlich (Mit-)Schuldner war. Da sich aus den Darlehensverträgen auch die Sicherheiten ergeben, kann durch Einsicht in die Darlehensverträge verhindert werden, dass große Vermögenswerte vom Notar nicht bemerkt werden. Dieser naheliegende Ermittlungsschritt zur Plausibilitätsprüfung der Angaben des Auskunftspflichtigen darf im Regelfall nicht ausgelassen werden.

(e)

Hinsichtlich der aufgeführten Lebensversicherungen reicht die Übersendung einzelner Kopien nicht aus. Der Notar ist verpflichtet, selbst bei den in Frage kommenden Versicherern nach Verträgen zum Todeszeitpunkt nachzufragen und sich durch Einsichtnahme in die vollständigen Versicherungsscheine ein wirkliches Bild sowohl über die in den Nachlass fallenden Versicherungsleistungen zu verschaffen, als auch über die Schenkungsanteile durch Einräumung von Bezugsberechtigungen. Entsprechende Belege sind nach dem Vollstreckungstitel beizufügen, soweit sie Versicherungen der Erblasserin betreffen, ob als Versicherungsnehmerin oder als mitversicherte Person.

(f)

Bezüglich der Steuern genügt es, wenn der Notar sich die Steuerbescheide von 2007 und 2008 (dem Todesjahr) zeigen lässt und sich aus diesen kein Guthaben ergibt. Weitere Ermittlungen muss er ohne Anhaltspunkte nicht anstellen.

Steuererklärungen und Bescheide für die Erblasserin in L. fehlen allerdings und müssen vorgelegt werden. Andernfalls kann der Notar nicht erklären, ob noch Rückerstattungsansprüche bestehen oder nach dem Todestag erfüllt wurden.

(g)

Hinsichtlich der Beerdigungskosten können die Gläubiger nicht mehr verlangen, als bislang ermittelt und vorgelegt. Der Schuldner hat erklärt, dass er keinen schriftlichen Beleg über höhere Kosten als 3.498,60 EUR für das Grabmal hat. Weitere Belege können deshalb nicht vorgelegt werden. Ob die Auskunft über Kosten in Höhe von 13.498,00 EUR richtig oder falsch ist, hat keine Bedeutung für die Frage, ob die Auskunft erfüllt ist oder nicht. Gleiches gilt für die mitgeteilten Kosten für den Blumenschmuck und den Leichenschmaus. Der Schuldner hat mitgeteilt, dass er nicht über Belege verfügt.

(h)

Auch bezüglich der Forderung der Maler-Fassadenarbeiten S.. genügt die Angabe dieser Forderung und die Vorlage des Rechnungsbelegs. Ob diese Forderung zu Recht aufgeführt ist, ob die Erblasserin Schuldnerin war bzw. ob die Forderung durch eine Versicherungsleistung ausgeglichen wurde, kann im Rahmen der Auskunftsverpflichtung nicht geklärt werden.

(i)

Ob die Auskunft über die angegebenen Steuerschulden der Erblasserin aus den Jahren 2005 und 2006 in L. zum Todeszeitpunkt richtig ist oder nicht, spielt keine Rolle. Insoweit genügen diese Angabe und die Vorlage eines „Kassenbeleges“.

(j)

Bezüglich des Pkw’s (Audi TT) genügen die Vorlage der An- und Verkaufsverträge und die Aufnahme eines Wertes in das Nachlassverzeichnis, welchen der Auskunftspflichtige aufgrund seiner rechtlichen Einordnung für richtig hält. Ob dies zutreffend ist oder nicht, ist für die Auskunft ohne Bedeutung.

(k)

Zu der Überweisung des Schuldners vom 06.03.2008 an die Maler-Fassadenarbeiten S. muss der Schuldner keine weiteren Auskünfte erteilen. Mit dem Wert des Nachlasses der Erblasserin am 04.03.2008 hat dies nichts zu tun.

Zu der Krankenkassenzahlung in Höhe von 1.405,72 EUR, die am 06.03.2008 auf dem Konto der D. Bank eingegangen ist, muss der Schuldner erklären, ob es sich um die Erfüllung einer Forderung der Erblasserin handelte.

(2.)

Der Festsetzung eines Zwangsgelds steht auch nicht entgegen, dass es dem Schuldner trotz intensiver Bemühungen nicht möglich war, der titulierten Auskunftspflicht zu entsprechen (zu diesem Aspekt siehe OLG Nürnberg, FamRZ 2010, 584). Dafür sind ausreichende Anhaltspunkte nicht vorgetragen. Dass ein beauftragter Notar sich trotz seiner Amtspflichten weigert, ein den Anforderungen der Rechtsprechung genügendes Verzeichnis zu erstellen, ist nicht erkennbar.

Wen ein Verschulden daran trifft, dass es bislang nicht zur Vorlage eines ausreichenden notariellen Nachlassverzeichnisses gekommen ist, ist ohne Belang. Ein Verschulden des Schuldners ist keine Voraussetzung für die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO (OLG Köln, VersR 1997, 723). Das Zwangsgeld kann auch nicht vollstreckt werden, wenn der Schuldner seine Verpflichtung erfüllt hat.

Dazu war dem Schuldner eine letztmalige Frist bis Ende Februar 2011 einzuräumen, weil die Anforderungen an ein ausreichendes notarielles Nachlassverzeichnis hoch und mangels gesetzlicher Regelung streitig sind.

Die Höhe des vom Landgericht festgesetzten Zwangsgeldes und die Dauer der für den Fall seiner Uneinbringlichkeit ersatzweise verhängten Zwangshaft begegnen keinen Bedenken. Kriterien für die Zwangsgeldbemessung sind insbesondere das Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung der titulierten Forderung und die Hartnäckigkeit, mit der der Schuldner die Erfüllung der Verbindlichkeit unterlässt. Richtschnur für das Vollstreckungsinteresse bildet der Streitwert für das Hauptsacheverfahren (OLG Köln, OLGR Köln 2009, 675; Senat, Beschl. v. 26.04.2010 – 5 W 81/10-33 – ZEV 2010, 416). Gemessen daran, ist der vom Landgericht festgesetzte Betrag nicht unverhältnismäßig hoch.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der für die Rechtsanwaltsgebühren relevante Beschwerdewert (§ 25 Abs. 2 RVG) beträgt 500,00 EUR. Da der Schuldner das Rechtsmittel eingelegt hat und der Gegenstandswert sich nach allgemeinen Grundsätzen am "Angreiferinteresse" ausrichtet, bestimmt er sich nach dem Interesse, das festgesetzte Zwangsgeld nicht zahlen zu müssen, und entspricht deshalb dem Zwangsgeldbetrag (OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.11.2007 – 7 W 68/07; OLG Rostock, OLGR Rostock 2009, 480; Senat, Beschl. v. 26.04.2010 – 5 W 81/10-33 – ZEV 2010, 416).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 28. Jan. 2011 - 5 W 312/10 - 116

Urteilsbesprechungen zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 28. Jan. 2011 - 5 W 312/10 - 116

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 888 Nicht vertretbare Handlungen


(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Hand

Zivilprozessordnung - ZPO | § 793 Sofortige Beschwerde


Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 28. Jan. 2011 - 5 W 312/10 - 116 zitiert 13 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 887 Vertretbare Handlungen


(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 750 Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung


(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2314 Auskunftspflicht des Erben


(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichniss

Zivilprozessordnung - ZPO | § 724 Vollstreckbare Ausfertigung


(1) Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausfertigung) durchgeführt. (2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des

Zivilprozessordnung - ZPO | § 704 Vollstreckbare Endurteile


Die Zwangsvollstreckung findet statt aus Endurteilen, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 891 Verfahren; Anhörung des Schuldners; Kostenentscheidung


Die nach den §§ 887 bis 890 zu erlassenden Entscheidungen ergehen durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören. Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 91 bis 93, 95 bis 100, 106, 107 entsprechend.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 25 Gegenstandswert in der Vollstreckung und bei der Vollziehung


(1) In der Zwangsvollstreckung, in der Vollstreckung, in Verfahren des Verwaltungszwangs und bei der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung bestimmt sich der Gegenstandswert 1. nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 725 Vollstreckungsklausel


Die Vollstreckungsklausel:"Vorstehende Ausfertigung wird dem usw. (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt"ist der Ausfertigung des Urteils am Schluss beizufügen, von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben

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(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

Die nach den §§ 887 bis 890 zu erlassenden Entscheidungen ergehen durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören. Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 91 bis 93, 95 bis 100, 106, 107 entsprechend.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

Die Zwangsvollstreckung findet statt aus Endurteilen, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind.

(1) Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausfertigung) durchgeführt.

(2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges erteilt. Ist der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig, so kann die vollstreckbare Ausfertigung auch von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts erteilt werden.

Die Vollstreckungsklausel:
"Vorstehende Ausfertigung wird dem usw. (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt"
ist der Ausfertigung des Urteils am Schluss beizufügen, von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.

(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.

(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.

(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 4/05
vom
22. September 2005
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. September 2005
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts Zwickau - 8. Zivilkammer - vom 20. September 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 4.747 €

Gründe:


I. Die Schuldnerin ist aufgrund der Urteile des Amtsgerichts Zwickau vom 11. Dezember 2001 und des Landgerichts Zwickau vom 5. Juli 2002 rechtskräftig verurteilt worden, verschiedene Nachbesserungsarbeiten an der Schaufenster - und der Automatiktüranlage des Getränkemarktes des Gläubigers in Z. straße 27, vorzunehmen.
Der Gläubiger hat beantragt, ihn zu ermächtigen, auf Kosten der Schuldnerin die im Urteil des Amtsgerichts Zwickau unter Ziffer I Abs. 5 und Abs. 7-12 angeführten Nachbesserungsarbeiten vornehmen zu lassen und die Schuldnerin zur Vorauszahlung der Kosten von 4.747 € zu verurteilen.
Die Schuldnerin ist dem entgegengetreten. Sie hat behauptet, sie habe die Nachbesserungsarbeiten ausgeführt.
Das Amtsgericht hat den Gläubiger antragsgemäß zur Ersatzvornahme ermächtigt und hat die Schuldnerin verurteilt, den Kostenvorschuss zu zahlen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Schuldnerin.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und im Übrigen auch zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat mit einem Teil der Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG München NJW-RR 2002, 1034, 1035; KG NJW-RR 2003, 214; Walker in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 887 ZPO Rdn. 15; Wieczorek/Schütze/Storz, ZPO, 3. Aufl., § 887 Rdn. 46 jeweils m.w.N.) angenommen, der Einwand der Schuldnerin, die Verpflichtungen aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung (ordnungsgemäß) erfüllt zu haben, sei eine materiell-rechtliche Frage, die nicht im Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO, sondern im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO zu klären sei, wenn der Gläubiger die von der Schuldnerin behauptete Erfüllung bestreite.
2. Der Bundesgerichtshof hat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses dagegen entschieden, dass der Einwand der Erfüllung im Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO grundsätzlich zu berücksichtigen ist (BGHZ 161, 67 = NJW 2005, 367 m.w.N.). Daran wird auch im Streitfall festgehalten. Zu einer abweichenden Beurteilung besteht auch nicht deshalb Anlass, weil die Schuldnerin nach Bewilligung der Ersatzvornahme durch das Amtsgericht Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO erhoben hat. Dadurch hat die Schuldnerin nur der vom Amtsgericht vertretenen Ansicht Rechnung getragen, wonach der zwischen den Parteien umstrittene Erfüllungseinwand nicht im Verfahren nach § 887 ZPO zu berücksichtigen sei.
3. Die Sache ist danach zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, das die notwendigen Feststellungen zu treffen hat.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant Büscher Bergmann

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 87/06
vom
3. Juli 2008
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Der titulierte Anspruch auf Nennung des Vaters des nichtehelichen Kindes ist in
der Regel auch vollstreckbar, weil durch die Vollstreckung der Eingriff in die
Grundrechte der auskunftspflichtigen Kindesmutter nicht über das Maß hinaus
vertieft wird, in dem ihre grundrechtlich geschützten Interessen bereits durch
die (rechtskräftige) Verurteilung berührt sind.
BGH, Beschl. v. 3. Juli 2008 - I ZB 87/06 - OLG Jena
LG Gera
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juli 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert,
Dr. Bergmann und Dr. Koch

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Gläubigers werden der Beschluss des 9. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 5. Oktober 2006 und der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 8. Mai 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die 3. Zivilkammer des Landgerichts Gera zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Gläubiger erbrachte, nachdem er seine Vaterschaft mit Zustimmung der Schuldnerin urkundlich anerkannt hatte, als sogenannter Scheinvater für den am 10. Oktober 1989 geborenen Sohn der Schuldnerin Unterhaltszahlungen. Es steht rechtskräftig fest, dass der Gläubiger nicht der Vater des Kindes ist.

2
Mit rechtskräftigem Versäumnisurteil des Landgerichts Gera vom 3. August 2005 wurde die Schuldnerin verurteilt, dem Gläubiger den Namen des biologischen Vaters des Kindes zu benennen. Auf Antrag des Gläubigers verhängte das Landgericht Gera mit rechtskräftigem Beschluss vom 10. November 2005 gegen die Schuldnerin zur Erzwingung der Auskunft ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 €, ersatzweise für je 100 € einen Tag Zwangshaft. Das Zwangsgeld konnte nicht beigetrieben werden. Am 17. Februar 2006 hat der Gläubiger den Erlass eines Haftbefehls gegen die Schuldnerin beantragt. Dem ist die Schuldnerin mit Schreiben vom 22. März 2006 entgegengetreten. Sie macht unter Berufung auf Fehler im Rahmen des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens geltend, dass der Gläubiger der Vater ihres Sohnes sei.
3
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 8. Mai 2006 "klarstellend festgestellt" , dass die Schuldnerin damit Auskunft erteilt habe und die Vollstreckung aus dem Beschluss vom 10. November 2005 entfalle. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gegen die Schuldnerin weiter. Diese war im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vertreten.
4
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Gläubigers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
5
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dass die Schuldnerin zwar den Auskunftsanspruch nicht erfüllt habe. Die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung durch Erlass eines Haftbefehls sei aber deshalb unzulässig, weil eine derartige Vollstreckungsmaßnahme in verfassungswidriger Weise die Grundrechte der Schuldnerin verletze. Ob ein titulierter Anspruch gegen die Kindesmutter auf Benennung des biologischen Vaters im Wege des § 888 ZPO vollstreckt werden könne, sei umstritten. Jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung bei einem vorangegangenen Versäumnisurteil sei - auch noch im Stadium nach Erlass eines rechtskräftigen Zwangsgeldbeschlusses - eine Grundrechtsabwägung durchzuführen, bei der das Recht der Schuldnerin, keine Einzelheiten aus ihrem Intimleben preisgeben zu müssen, grundsätzlich höher zu bewerten sei als die reinen Vermögensinteressen des Gläubigers. Besondere Umstände, unter denen der Schuldnerin ausnahmsweise ein Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht zuzumuten sei, seien nicht ersichtlich.
6
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
a) Der Beschluss des Landgerichts ist als Ablehnung des Antrags auf Erlass eines Haftbefehls auszulegen, die vom Beschwerdegericht bestätigt worden ist.
8
b) Der Erlass des Haftbefehls ist vom Gläubiger zum Zweck der Vollstreckung der Verurteilung der Schuldnerin, ihm den Namen des biologischen Vaters des Kindes zu nennen, beantragt worden. Die Verurteilung ist auf die Erteilung einer Auskunft gerichtet, die nur aufgrund des persönlichen Wissens der Schuldnerin gegeben werden kann und daher als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist (vgl. Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 888 Rdn. 11 m.w.N.). Das Landgericht hat als das zuständige Prozessgericht des ersten Rechtszugs auf Antrag des Gläubigers durch rechtskräftigen Beschluss vom 10. November 2005 Zwangsgeld und (Ersatz-)Zwangshaft als Beugemittel gegen die Schuldnerin festgesetzt (vgl. § 888 Abs. 1 Satz 1, § 891 Satz 1 ZPO). Der Beschluss ist ein eigener Vollstre- ckungstitel i.S. von § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für die Beitreibung des Zwangsgeldes und die Vollstreckung der (Ersatz-)Zwangshaft (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 888 Rdn. 13; MünchKomm.ZPO/Gruber, 3. Aufl., § 888 Rdn. 31; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 888 Rdn. 27). Für die Vollstreckung der (Ersatz-)Zwangshaft gelten die in den §§ 899 ff. ZPO enthaltenen Vorschriften über die Haft entsprechend (§ 888 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Die Vollstreckung der Haft setzt demzufolge einen Haftbefehl voraus (vgl. § 901 ZPO), für dessen Erlass gleichfalls das Prozessgericht zuständig ist (vgl. Zöller/Stöber aaO § 888 Rdn. 13; Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl., § 888 Rdn. 15; a.A. Stein/Jonas/ Brehm aaO § 888 Rdn. 29: Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 764 Abs. 2 ZPO).
9
c) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann im vorliegenden Fall nach den vom Beschwerdegericht zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen der Erlass des beantragten Haftbefehls nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Verurteilung auf Erteilung der Auskunft über den Namen des Kindesvaters könne wegen eines Grundrechtsverstoßes nicht vollstreckt werden.
10
aa) Das Beschwerdegericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Grundrechte und die aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitenden Verfassungsprinzipien, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, auch im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens Geltung beanspruchen (BVerfGE 52, 214, 219; vgl. auch BVerfGE 48, 396, 400 f.; 61, 126, 134 ff.). Sie sind daher bei der Auslegung der Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts zu berücksichtigen.
11
bb) Im Rahmen der Zwangsvollstreckung eines Titels, der zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung verpflichtet, kann Vollstreckungshindernissen, die sich aus drohenden Grundrechtsverletzungen ergeben, durch eine entsprechende Anwendung von § 888 Abs. 3 ZPO, wonach die Vollstreckung nach § 888 Abs. 1 und 2 ZPO im Falle der Verurteilung zur Eingehung einer Ehe, zur Herstellung des ehelichen Lebens und zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag ausgeschlossen ist, Rechnung getragen werden (vgl. Schuschke/ Walker aaO § 888 Rdn. 44, 47; MünchKomm.ZPO/Gruber aaO § 888 Rdn. 22; Stein/Jonas/Brehm aaO § 888 Rdn. 38). Entsprechend § 888 Abs. 3 ZPO kann die Vollstreckung ausgeschlossen sein, wenn die Durchsetzung des Titels mit den Zwangsmitteln des § 888 Abs. 1 ZPO einen Verstoß gegen Grundrechte des Schuldners darstellen würde. Dem auf der Grundlage eines die Zwangsmittel anordnenden (rechtskräftigen) Beschlusses gestellten Antrag auf Erlass eines Haftbefehls fehlte in einem solchen Fall das Rechtsschutzbedürfnis.
12
cc) Von einem unter dem Gesichtspunkt eines Grundrechtsverstoßes bestehenden Vollstreckungshindernis kann nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden.
13
(1) Die Vollstreckung des Anspruchs auf Auskunft über den Vater ihres Kindes berührt zwar das Persönlichkeitsrecht der Schuldnerin nach Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG, das unter anderem das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehören (vgl. BVerfGE 96, 56, 61; 117, 202 Tz. 77; BVerfG NJW 1988, 3010). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden , inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbart (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 f.). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Soweit nicht in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung eingegriffen wird, hat der Einzelne die Einschränkungen hinzunehmen, die im überwiegenden Allgemeininteresse oder im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Interessen Dritter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit vorgenommen werden (BVerfGE 96, 56, 61).
14
Leitet sich - wie im vorliegenden Fall - der dem Vollstreckungstitel zugrunde liegende materiell-rechtliche Anspruch aus einer zivilrechtlichen Generalklausel her - als Anspruchsgrundlage kommen hier nur § 826 BGB oder § 242 BGB in Betracht (vgl. OLG Oldenburg FamRZ 1994, 651; OLG Bamberg FamRZ 2004, 562) -, stellt sich die grundrechtliche Problematik bereits und in erster Linie im Erkenntnisverfahren. Dies gilt auch bei einer Verurteilung durch ein Versäumnisurteil, das nach § 331 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Halbs. 1 ZPO gegen den Beklagten nur ergehen kann, wenn das als zugestanden anzunehmende tatsächliche Vorbringen des Klägers den Klageantrag rechtfertigt. Die danach erforderliche Schlüssigkeit der Klage setzt folglich in einem Fall wie dem vorliegenden die Prüfung voraus, ob dem geltend gemachten Anspruch auf Nennung des Kindesvaters Grundrechte der auf Auskunft in Anspruch genommenen Kindesmutter entgegenstehen. Führt die Abwägung unter Beachtung der grundrechtlich geschützten Interessen der Schuldnerin zu deren Verurteilung im Erkenntnisverfahren , ist der titulierte Anspruch in der Regel auch vollstreckbar, weil durch die Vollstreckung der Eingriff in die Grundrechte der Schuldnerin nicht über das Maß hinaus vertieft wird, in dem ihre grundrechtlich geschützten Interessen bereits durch die Verurteilung berührt sind (vgl. OLG Bremen NJW 2000, 963, 964; OLG Hamm NJW 2001, 1870, 1871; Staudinger/Rauscher, BGB [2004], Einl. zu §§ 1589 ff. Rdn. 105; Musielak/Lackmann aaO § 888 Rdn. 3; Walker, JZ 2000, 316 f.).
15
(2) Stellt danach entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts die Vollstreckbarkeit des rechtskräftig titulierten Auskunftsanspruchs die Regel dar, müssen im Einzelfall besondere, die Belange des Gläubigers deutlich überwiegende Umstände vorliegen, um ausnahmsweise von einer Nichtvollstreckbar- keit entsprechend § 888 Abs. 3 ZPO ausgehen zu können (vgl. dazu auch Schuschke/Walker aaO Allgemeine Vorbemerkungen Rdn. 3). Im vorliegenden Fall sind besondere, das Gläubigerinteresse an einer Vollstreckung des rechtskräftigen Titels deutlich überwiegende Interessen der Schuldnerin, die begehrte Auskunft zu verweigern, nicht ersichtlich und von ihr auch nicht vorgetragen worden.
16
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann allein aus dem Umstand , dass der die Schuldnerin zur Auskunft verpflichtende Titel als Versäumnisurteil ergangen ist, nicht hergeleitet werden, dass die verfassungsrechtlich gebotene Interessenabwägung entweder vollständig unterblieben oder rechtlich fehlerhaft vorgenommen worden ist. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen , dass das Versäumnisurteil rechts- und verfahrensfehlerfrei ergangen ist. Nach § 313b Abs. 1 Satz 1 ZPO kann bei einem Versäumnisurteil auf Entscheidungsgründe verzichtet werden. Sieht das Gericht danach, wie im Regelfall, von einer Begründung seines Versäumnisurteils ab, ergibt sich allein daraus kein Anhaltspunkt für die Annahme, es habe von der Schlüssigkeitsprüfung nach § 331 Abs. 2 ZPO abgesehen oder diese nicht rechtsfehlerfrei vorgenommen. Umstände, die im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, zeigt das Beschwerdegericht nicht auf. Es hat allerdings eine eigene Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten nach verfassungsrechtlichen Maßstäben vorgenommen und dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass das Persönlichkeitsrecht der Kindesmutter, den Partner einer von ihr unterhaltenen geschlechtlichen Beziehung nicht preisgeben zu müssen, grundsätzlich höher zu bewerten sei als reine Vermögensinteressen des Scheinvaters und dass besondere Umstände, nach denen der Schuldnerin ein Eingriff in ihre Persönlichkeitssphäre zuzumuten wäre, nicht vorlägen. Dabei hat das Beschwerdegericht aber außer Betracht gelassen, dass der Gläubiger, der mit der allein sorgeberechtigten Schuldnerin nicht verheiratet war, die Un- terhaltsleistungen für das Kind der Schuldnerin nur deshalb erbracht hat, weil er die Vaterschaft zunächst nach § 55 Abs. 1 Satz 1 des Familiengesetzbuches der DDR - FGB - vom 20. Dezember 1965 (GBl. DDR I 1966, 1 in der Fassung des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19. Juni 1975, GBl. DDR I, 517) anerkannt hatte. Die Schuldnerin hatte die dazu nach § 55 FGB erforderliche Zustimmung erklärt. Sie hat damit selbst bereits aus diesem Grunde eine maßgebliche Ursache dafür gesetzt, dass der Gläubiger anstelle des tatsächlichen Vaters Unterhaltszahlungen erbracht hat.
17
Der Frage, ob die Zustimmungserklärung der Mutter zu der Anerkennungserklärung des Vaters nach § 55 FGB zur Entstehung eines Rechtsverhältnisses zwischen diesen mit etwaigen Treue- und Auskunftspflichten geführt hat, braucht nicht nachgegangen zu werden. Denn unabhängig davon begegnet es jedenfalls unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keinen Bedenken, wenn dem Scheinvater, der mit Zustimmung der Mutter die Vaterschaft anerkannt hatte, ein zivilrechtlicher Anspruch gegen die Mutter auf Nennung des tatsächlichen Vaters zugesprochen wird, nachdem die Unwirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung rechtskräftig festgestellt worden ist. Ein Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Schuldnerin liegt nicht vor. Sie hat spätestens mit der Zustimmungserklärung nach § 55 FGB zum Ausdruck gebracht, das Kind stamme von dem Gläubiger. Sie hat sich folglich schon dadurch auch über die Tatsache des geschlechtlichen Verkehrs geäußert, und zwar in einer für den Gläubiger nachteiligen Weise. Da nunmehr die Unrichtigkeit ihrer Erklärung feststeht, ist es ihr zuzumuten, durch Angabe des tatsächlichen Vaters an der Beseitigung der dem Scheinvater entstandenen Nachteile mitzuwirken.
18
Bei der im vorliegenden Fall gebotenen Interessenabwägung ist weiter zu berücksichtigen, dass die Schuldnerin im Verfahren vor dem Amtsgericht, das die Sache anschließend an das Landgericht verwiesen hat, persönlich angehört worden ist (Sitzungsprotokoll vom 17.9.2003 - GA 19) und sie sodann gegen das aufgrund ihres Nichterscheinens im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ergangene Versäumnisurteil keinen Einspruch eingelegt hat. Auch gegen den die Zwangsmittel anordnenden Beschluss vom 10. November 2005, der ihr am 17. November 2005 zugestellt worden ist, hat sie kein Rechtsmittel eingelegt. Sie hat lediglich mit Schreiben vom 22. März 2006 geltend gemacht, sie erkenne das im Vaterschaftsanfechtungsverfahren vom Amtsgericht eingeholte Sachverständigengutachten nicht an, weil es zu diesem Verfahren nur dadurch gekommen sei, dass der Gläubiger zuvor eine Speichelprobe des Kindes ohne dessen und ohne ihre Zustimmung eingeholt und diese (außergerichtlich) habe untersuchen lassen. Einwendungen gegen das im Vaterschaftsanfechtungsverfahren vom Gericht eingeholte Abstammungsgutachten als solches bringt sie nicht vor. Die Entscheidung des Amtsgerichts im Vaterschaftsanfechtungsverfahren ist von der Schuldnerin als gesetzlicher Vertreterin ihres Kindes auch nicht mit Rechtsmitteln angegriffen worden. Gründe, die eine etwaige Nichtigkeits- oder Restitutionsklage (§§ 579, 580 ZPO) rechtfertigen könnten, lassen sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen.
19
Demzufolge kann ein schützenswertes Interesse der Schuldnerin, trotz rechtskräftiger Verurteilung den Namen des Kindesvaters nicht anzugeben, nicht angenommen werden. Vielmehr besteht ein vorrangiges öffentliches Interesse daran, dass dem Gläubiger, dem der Staat als Inhaber des Zwangsmonopols die Selbsthilfe verbietet, die Verwirklichung des ihm rechtskräftig zugesprochenen Anspruchs ermöglicht wird. Die Beachtung dieses Interesses dient der Wahrung des Rechtsfriedens und der Rechtsordnung, welche ihrerseits Grundbestandteil der rechtsstaatlichen Ordnung ist (vgl. BVerfGE 61, 126, 136).
20
(3) Die Zwangsvollstreckung stellt sich auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen insbesondere auch nicht als unverhältnismäßig dar. Die Vollstreckung ist geeignet, dem Gläubiger Auskunft über die Identität des tatsächlichen Vaters zu verschaffen und ihn damit in die Lage zu versetzen, diesen nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB auf übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Scheinvater in Fällen der vorliegenden Art, in denen die zur Erhebung einer Vaterschaftsfeststellungsklage Befugten von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch machen oder sie ablehnen , die Vaterschaft inzident im Rahmen eines Prozesses über den Scheinvaterregress feststellen lassen (BGH, Urt. v. 16.4.2008 - XII ZR 144/06 Tz. 29, zum Abdruck in BGHZ bestimmt; anders noch BGHZ 121, 299, 301 ff.). Die Schuldnerin kann die ihr drohende Haft durch Erteilung der Auskunft ohne weiteres abwenden.
21
d) Auch die sonstigen Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls können nach den im Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde zu legenden tatsächlichen Feststellungen nicht verneint werden.
22
aa) Der Gläubiger hat einen entsprechenden Antrag gestellt. Der Versuch der Gerichtsvollzieherin, das festgesetzte Zwangsgeld beizutreiben, ist erfolglos geblieben. Die Schuldnerin ist angehört worden.
23
bb) Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass die Schuldnerin durch die Angabe, Vater ihres Kindes sei der Gläubiger, den Auskunftsanspruch nicht erfüllt hat (zur Berücksichtigung des Erfüllungseinwands im Zwangsvollstreckungsverfahren vgl. BGHZ 161, 67). Da das Gegenteil rechtskräftig feststeht, stellt die Angabe der Schuldnerin keine erschöpfende Auskunft dar.

24
III. Die angefochtenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts und des Landgerichts sind somit aufzuheben. Eine eigene Entscheidung in der Sache (vgl. § 577 Abs. 5 ZPO) ist dem Senat nicht möglich, weil dies die insbesondere unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmende Prüfung voraussetzt, ob in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht die Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls weiterhin gegeben sind. Die Sache ist daher an das Landgericht zurückzuverweisen, damit dieses erneut über den Antrag auf Erlass des Haftbefehls entscheiden kann.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann RiBGH Dr. Koch ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 08.05.2006 - 3 O 1656/04 -
OLG Jena, Entscheidung vom 05.10.2006 - 9 W 269/06 -

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) In der Zwangsvollstreckung, in der Vollstreckung, in Verfahren des Verwaltungszwangs und bei der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung bestimmt sich der Gegenstandswert

1.
nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen; soll ein bestimmter Gegenstand gepfändet werden und hat dieser einen geringeren Wert, ist der geringere Wert maßgebend; wird künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen nach § 850d Absatz 3 der Zivilprozessordnung gepfändet, sind die noch nicht fälligen Ansprüche nach § 51 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen und § 9 der Zivilprozessordnung zu bewerten; im Verteilungsverfahren (§ 858 Absatz 5, §§ 872 bis 877 und 882 der Zivilprozessordnung) ist höchstens der zu verteilende Geldbetrag maßgebend;
2.
nach dem Wert der herauszugebenden oder zu leistenden Sachen; der Gegenstandswert darf jedoch den Wert nicht übersteigen, mit dem der Herausgabe- oder Räumungsanspruch nach den für die Berechnung von Gerichtskosten maßgeblichen Vorschriften zu bewerten ist;
3.
nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat, und
4.
in Verfahren über die Erteilung der Vermögensauskunft (§ 802c der Zivilprozessordnung) sowie in Verfahren über die Einholung von Auskünften Dritter über das Vermögen des Schuldners (§ 802l der Zivilprozessordnung) nach dem Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet wird; der Wert beträgt jedoch höchstens 2 000 Euro.

(2) In Verfahren über Anträge des Schuldners ist der Wert nach dem Interesse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.