Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 15. Sept. 2011 - 8 U 342/10 - 92

bei uns veröffentlicht am15.09.2011

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 4.6.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 1 O 300/08 – abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger – Zug um Zug gegen Übertragung des Kommanditanteils an der N. E. GmbH & Co. KG in Höhe von 35.000,-- EUR gemäß Beitrittserklärung vom 26.11.2003 – einen Betrag in Höhe von 36.750,-- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2006 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der unter Ziffer 1. näher bezeichneten Fondsanteile in Verzug befindet.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den zukünftigen Schaden des Klägers infolge der Zeichnung der Beteiligung an der N. E. GmbH & Co. KG in Höhe von 35.000,-- EUR gemäß Beitrittserklärung vom 26.11.2003 zu ersetzen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn der Kläger leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger, der gelernter Bankkaufmann mit anschließendem Studium der Betriebswirtschaftslehre und seit 2002 als Marketingleiter bei der C. V. tätig ist, zeichnete nach vorangegangener mehrfacher Beratung durch den damals bei seiner Hausbank, der Beklagten, tätigen Zeugen G. am 26.11.2003 eine Beitrittserklärung, mit der er als Kommanditist mit einem Kommanditanteil (Hafteinlage) in Höhe von 35.000,-- EUR zuzüglich eines Agios von 3,5% (1.750,-- EUR) dem Filmfonds „N. E.-GmbH & Co. KG“ beitrat (Anlage K 1 = GA 9). Der Kläger verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über Kapitalanlagen in Festgeld, in Aktien sowie in einen Filmfonds, bei dem 90% des eingesetzten Kapitals durch eine Bankgarantie gesichert waren. Die vorformulierte Beitrittserklärung enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

„Der Anteilszeichner wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für den Beitritt ausschließlich der Inhalt des Beteiligungsprospekts für Beitritt 2003, des Gesellschaftsvertrags sowie diese Beitrittserklärung maßgeblich sind. Dies gilt auch im Verhältnis zum Prospektherausgeber, zur G. T. Verwaltungs-GmbH, zu Vertriebsbeauftragten, Steuerberatern, Anlageberatern, Vermittlern oder sonstigen Dritten, die an der Erstellung des Prospekts und der Konzeption der Gesellschaft mitgewirkt haben. Die Haftung für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben oder die Verletzung von Aufklärungspflichten ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Etwaige Ansprüche gegenüber dem Prospektherausgeber sowie den oben genannten Personen verjähren, soweit nicht anderweitig zwingend vorgeschrieben, innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis, spätestens jedoch innerhalb von drei Jahren ab Beitritt zur Gesellschaft.“

Gleichfalls am 26.11.2003 erstellte der Zeuge G. in dem letzten Gesprächstermin ein „Protokoll der Kundenberatung“ (GA 46 ff.), in dem er zu der Frage „Wie beschreibt der Anleger seine Anlagementalität?“ entsprechend den Angaben des Klägers die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten „auf Sicherheit der Anlage bedacht“ und „ertragsorientiert“ ankreuzte. Der Kläger bestätigte am Ende dieses Protokolls durch gesonderte Unterschrift, ein Exemplar des aktuellen Prospekts erhalten zu haben.

Die von der Fondsgesellschaft beauftragte Eigenkapitalvermittlerin, die ausweislich des Fondsprospekts (Anlage K 8, S. 25) eine Eigenkapitalvermittlungsgebühr in Höhe von 10,5% des platzierten Kommanditkapitals (5,5% zuzüglich des 5%igen Agios) erhielt, leitete an die Beklagte gemäß Provisionsabrechnung von Dezember 2003 (GA 92) für die Vermittlung des Klägers das von diesem auf 3,5% heruntergehandelte Agio zuzüglich weiterer 4% des Zeichnungsbetrages, insgesamt somit 2.625,-- EUR, weiter. Dass die Beklagte das Agio erhielt, war dem Kläger bekannt. Die Weiterleitung der weiteren 4% des Zeichnungsbetrags an die Beklagte wurde dem Kläger nicht offen gelegt.

Nachdem sich der Filmfonds nicht den Erwartungen entsprechend entwickelt hatte, hat der Kläger die Beklagte wegen Verletzung der Verpflichtung zur anleger- und objektgerechten Beratung auf Schadensersatz in Höhe der von ihm an die Fondsgesellschaft geleisteten Gesamtzahlung in Höhe von 36.750,-- EUR (Zug um Zug gegen Übertragung des Kommanditanteils) in Anspruch genommen. Darüber hinaus hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der angebotenen Übertragung der Fondsanteile in Verzug befindet und verpflichtet ist, ihm weiteren Schaden infolge der Zeichnung der Beteiligung an dem Filmfonds zu ersetzen.

Durch das angefochtene Urteil (GA 151-165), auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage nach persönlicher Anhörung des Klägers und Vernehmung des Zeugen G. abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur anleger- und anlagegerechten Beratung nicht verletzt.

Zwar sei die gezeichnete Anlage nicht mit der von dem Kläger – ausweislich des von dem Zeugen G. gefertigten Beratungsprotokolls (GA 46 ff.) – angegebenen Beschreibung seiner Anlagementalität als „auf Sicherheit der Anlage bedacht“ vereinbar. Abgesehen von – sich aus der persönlichen Anhörung des Klägers und der Vernehmung des Zeugen G. ergebenden – Zweifeln an der Richtigkeit dieser Angabe sei erwiesen, dass der Zeuge G. den Kläger auf diesen Widerspruch hingewiesen habe. Der Zeuge G. habe glaubhaft bekundet, er habe den Kläger, nachdem dieser sich beim Ausfüllen des Beratungsprotokolls als risikoscheu bezeichnet habe, darauf hingewiesen, dass dies nicht recht zu der ins Auge gefassten Anlage passe. Dieser Hinweis habe im Falle des Klägers aufgrund seiner Ausbildung und Anlageerfahrungen genügt, ihn zum Überdenken seiner Entscheidung anzuregen.

Auch gegen ihre Verpflichtung zur anlagegerechten Beratung habe die Beklagte nicht verstoßen.

Der insoweit beweisbelastete Kläger habe das Gericht auch nicht ansatzweise davon überzeugen können, dass ihm – entgegen der glaubhaften Aussage des Zeugen G. – der Fondsprospekt nicht mit dem Anschreiben vom 30.10.2003 (GA 41) übersandt worden sei.

Fehler des Prospekts (Anlage K 8), dessen sich die Beklagte zur Erfüllung ihrer Aufklärungspflicht bedient habe, lägen nicht vor. Der Prospekt verschleiere nicht das Totalverlustrisiko. Es werde wiederholt (S. 8, 53) erwähnt, dass es im Extremfall bei schlechter Entwicklung zum Verlust der Kommanditeinlage kommen könne. Auch die Angaben im Prospekt (S. 24 f., 50 f.) dazu, welcher Anteil des Beteiligungskapitals auf die Eigenkapitalvermittlungsgebühr oder die sonstigen Transaktionskosten entfalle, seien bei der gebotenen aufmerksamen Lektüre nachvollziehbar.

Der Zeuge G. habe die Prospektangaben auch nicht durch beschwichtigende mündliche Aussagen verwässert. Nach den eigenen Angaben des Klägers im Rahmen seiner Anhörung sei der Zeuge G. auch auf Risiken der Anlage zu sprechen gekommen. Der Zeuge G. habe bekundet, auch das volle Risiko der Beteiligung angesprochen zu haben. Im Hinblick auf die Darstellung der rechtsformabhängigen Risiken der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft im Prospekt (S. 55, 62) habe es einer mündlichen Darstellung dieser Problematik nicht bedurft.

Schließlich sei der Beklagten auch keine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit von ihr vereinnahmten Provisionen vorzuwerfen. Nach dem unstreitigen Parteivorbringen sowie der von der Beklagten zur Akte gereichten Provisionsabrechnung (GA 92) stehe fest, dass an die Beklagte für ihre Vermittlungsleistung das – von dem Kläger von 5% auf 3,5% heruntergehandelte – Agio sowie weitere 4% umsatzabhängig geflossen seien. Weitere Zahlungen habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Einer Aufklärung des Klägers bezüglich des Rückflusses des Agios an die Beklagte habe es jedoch nicht bedurft, da der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung selbst angegeben habe, dies gewusst zu haben. Über die weitere 4%ige Provision habe die Beklagte nicht ungefragt über die Prospektangaben hinausgehend aufklären müssen. Hierbei handele es sich um Zahlungen an die Vertriebsbank, die aus dem Nominalkapital der Anlage finanziert worden seien und die im Prospekt korrekt ausgewiesen seien. Denn aus den dortigen Angaben über die Verwendung des Kommanditanteils (S. 25 des Prospekts) gehe hervor, dass – abgesehen von dem Agio – 5,5% der Kommanditeinlagen an die G. als Eigenkapitalvermittlungsgebühr flössen und diese zur Einschaltung von Dritten berechtigt sei, wobei die von der Beteiligungsgesellschaft an die G. bzw. andere Vertriebspartner zu zahlende Eigenkapitalvermittlungsprovision im Durchschnitt 10,5% der gezeichneten Kommanditeinlagen nicht übersteigen dürfe (S. 50 des Prospekts). Der nicht über die G. zeichnende Anleger sei sich daher darüber im Klaren, dass er es mit einem Vertriebspartner zu tun habe, der aus den Kommanditeinlagen eine Provision erhalte, und „unter dem Strich“ nicht mehr als 10,5% abflössen, so dass er zur Beurteilung der Werthaltigkeit des Objekts in der Lage sei.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter.

Er meint, das Landgericht habe zu Unrecht einen Verstoß gegen eine anlegergerechte Beratung verneint. Da er ausweislich des Beratungsprotokolls vom 26.11.2003 gerade nicht risikobewusst habe vorgehen wollen, hätte ihm die Anlage nicht angeboten werden dürfen. Soweit das Landgericht den Hinweis des Zeugen G. auf den Widerspruch habe ausreichen lassen, habe es keine Feststellungen dazu getroffen, welches konkrete Wissen dem Kläger angeblich zur Verfügung gestanden habe.

Zudem habe das Landgericht verkannt, dass die Beklagte gegen die Pflicht zur objektgerechten Beratung verstoßen habe, da sie das Totalverlustrisiko nicht offenbart habe. Die berufliche Tätigkeit des Klägers sowie seine Ausbildung begründeten eine solche Kenntnis nicht. Zudem habe der Prospekt das Risiko des Totalverlusts verschleiert, weil sich der Hinweis auf dieses Risiko nicht eingangs des Prospekts unter der Rubrik „Wesentliche Chancen und Risiken“ befinde. Auch der Aussage des Zeugen G. lasse sich eine Aufklärung über das Risiko des Totalverlusts nicht entnehmen, sondern lediglich, dass dieser aufgrund der von ihm angenommenen Kenntnisse des Klägers lediglich eine oberflächliche Aufklärung betrieben habe.

Zu Unrecht habe das Landgericht auch eine Pflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf die nicht offenbarte Provisionszahlung verneint. Der Kläger hätte darüber aufgeklärt werden müssen, dass die Beklagte über das Agio hinaus eine weitere Vergütung von der Fondsgesellschaft erhält. Der Prospekt beinhalte keine ausreichende Aufklärung des Anlegers insoweit, da in ihm weder die Zahlungen an die Beklagte noch deren exakte Höhe angegeben seien. Auch sei das Landgericht von einer falschen Definition aufklärungspflichtiger Rückvergütungen ausgegangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege eine aufklärungspflichtige Rückvergütung nicht nur bei Rückflüssen an die beratende Bank aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren vor, sondern auch bei umsatzabhängigen Innenprovisionen. Zudem habe die Beklagte erkennbar den Irrtum des Klägers, dass sie nur das Agio empfange, ausgenutzt und die weitergehende Aufklärung über die zusätzliche Vergütung dem Kläger bewusst vorenthalten.

Der Kläger beantragt (GA 198 f., 246),

das angefochtene Urteil aufzuheben und

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung des Kommanditanteils an der N. E. GmbH & Co. KG in Höhe von 35.000,-- EUR gemäß Beitrittserklärung vom 26.11.2003 einen Betrag in Höhe von 36.750,-- EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.10.2006 zu zahlen;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der Fondsanteile im Verzug befindet;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den weiteren Schaden des Klägers infolge der Zeichnung der Beteiligung an der N. E. GmbH & Co. KG in Höhe von 35.000,-- EUR gemäß Beitrittserklärung vom 26.11.2003 zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt (GA 219, 246),

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihrer früheren Argumente entgegen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 8. September 2011 (GA 245- 247) Bezug genommen.

B.

Die Berufung des Klägers ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist mithin zulässig.

Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist begründet.

I.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung der aus dem zwischen den Parteien zumindest stillschweigend geschlossenen Beratungsvertrag resultierenden Aufklärungspflichten gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe von 36.750,-- EUR zu.

1. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landgericht allerdings mit Recht angenommen, dass die Beklagte nicht gegen ihre Verpflichtung zur anlegergerechten Beratung verstoßen hat.

a) Die Verpflichtung zur anlegergerechten Beratung bedeutet, dass die Beratung unter Berücksichtigung der Risikobereitschaft und des beabsichtigten Anlageziels (sichere Geldanlage oder spekulativer Charakter) auf die persönlichen Verhältnisse des Anlegers zugeschnitten sein muss (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.2008 – III ZR 159/07, Tz. 6, zit. nach juris). Soll gemäß dem Anlageziel des Kunden eine sichere Geldanlage getätigt werden, so kann die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein (vgl. BGH WM 2010, 1493 ff. Tz. 18, zit. nach juris). Weicht die empfohlene Anlage vom bisherigen Risikoprofil des Anlegers oder seinem Anlageziel ab, kann der Berater zu einer besonderen Warnung verpflichtet sein (vgl. BGH NJW-RR 2004, 484 ff. Tz. 25; BGHZ 160, 58 ff. Tz. 23; Saarländisches OLG ZIP 2007, 763 ff. Tz. 47 f.; jeweils zit. nach juris). Maßgebend sind aber immer die Umstände des Einzelfalls. Zu diesen Umständen gehört neben dem Anlageziel sowie der Risikobereitschaft des Kunden insbesondere auch dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art; zu berücksichtigen ist also auch, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt (vgl. BGHZ 123, 126 ff. Tz. 14 f.; BGH NJW-RR 2000, 1497 ff. Tz. 12; jeweils zit. nach juris). Nicht aufklärungsbedürftig sind daher Kunden, die über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit den vorgesehenen Anlagegeschäften verfügen oder sich – nicht ersichtlich unglaubwürdig – als erfahren gerieren und eine Aufklärung nicht wünschen (vgl. BGH NJW 2004, 3628 ff. Tz. 17, zit. nach juris).

b) Der Vorschlag des Zeugen G., in den hier in Rede stehenden Filmfonds zu investieren, war im Falle des Klägers unter Berücksichtigung des unstreitigen Parteivorbringens sowie des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme nach Maßgabe der vorstehend ausgeführten Grundsätze anlegergerecht.

aa) Zwar hat der Zeuge G. in dem Kundenberatungsprotokoll vom 26.11.2003 entsprechend den Angaben des Klägers bei der Frage „Wie beschreibt der Anleger seine Anlagementalität?“ die dort vorgesehenen Antwortmöglichkeiten „auf Sicherheit der Anlage bedacht“ sowie „ertragsorientiert“, nicht hingegen die vorgesehenen weiteren Alternativen „risikobewusst“ und „spekulativ“ angekreuzt. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil jedoch mit Recht bereits erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Beantwortung dieser auf die Ermittlung der allgemeinen Risikobereitschaft des Klägers, nicht aber seines konkreten Anlageziels abzielenden Frage zum Ausdruck gebracht. Die von dem Kläger vorgenommene Charakterisierung seiner Anlagementalität als „auf Sicherheit der Anlage bedacht“ und „ertragsorientiert“ war ersichtlich unzutreffend. Dies folgt schon daraus, dass der Kläger bereits zuvor nicht nur Kapitalanlagen in Festgeld, sondern auch solche in Aktien sowie in einen Filmfonds getätigt hatte. Zutreffend wäre die Charakterisierung seiner Anlagementalität als „risikobewusst“ gewesen.

bb) Auf diesen Widerspruch hat der Zeuge G. den Kläger auch hingewiesen. Er hat bekundet, dass er den Kläger im Hinblick darauf, dass dieser sich selbst bei dem gemeinsamen Ausfüllen des Beratungsprotokolls als risikoscheu bezeichnet habe, darauf hingewiesen habe, dass „das aber nicht recht zu der ins Auge gefassten Anlage“ passe; bei einer Beteiligung sei immer ein volles Risiko gegeben. Trotz dieses Hinweises habe sich der Kläger dann aber für diese Anlage entschieden. Er – der Zeuge – habe die Kreuze in dem Beratungsprotokoll dennoch so wie aus diesem ersichtlich gesetzt, weil er schließlich nicht „risikobewusst“ oder „spekulativ“ angeben könne, wenn sich der Kläger selbst als risikoscheu bezeichne. Auf dem Boden dieser vom Landgericht mit überzeugender und von dem Kläger mit seiner Berufung auch nicht beanstandeter Begründung für glaubhaft erachteten Aussage hat das Landgericht mit Recht angenommen, dass der Zeuge G. den Kläger in ausreichender Weise auf die vorhandene Abweichung von dem von ihm angegebenen Risikoprofil hingewiesen hat. Dabei hat es zutreffend auf die Vorbildung des Klägers (Ausbildung zum Bankkaufmann mit anschließendem Studium der Betriebswirtschaftslehre) sowie seine bisherigen Anlageerfahrungen (Aktien, Fonds) abgestellt, die einen deutlicheren Warnhinweis nicht geboten erscheinen ließen. Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es insoweit nicht konkreterer Feststellungen hinsichtlich seines spezifischen Wissens bezüglich der in Rede stehenden Anlage. Vielmehr wurde dem Kläger durch den Hinweis, dass die empfohlene Anlage in den in Rede stehenden Filmfonds nicht zu der von ihm angegebenen Beschreibung seiner Anlagementalität als „auf Sicherheit der Anlage bedacht“ und „ertragsorientiert“ passe, deutlich vor Augen geführt, dass es sich um eine Anlage für einen zumindest risikobewussten Anleger handelt. Der Zeuge G. durfte auch darauf vertrauen, dass der Kläger bei seiner Vorbildung und Anlageerfahrung einen solchen Hinweis verstehen würde.

cc) Die empfohlene Anlage war auch unter Berücksichtigung des von dem Kläger vorgegebenen Anlageziels anlegergerecht.

aaa) Der Zeuge G. hat bekundet, der Kläger habe ihm im Vorfeld des ersten Beratungsgesprächs berichtet, dass er Bedarf für eine (steuerliche) Abschreibungsmöglichkeit in Höhe eines Betrages von 50.000,-- EUR habe. Daraufhin habe er dem Kläger die in dem Schreiben vom 30.10.2003 (GA 41) genannten Prospekte zu drei verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten übersandt, von denen lediglich für den hier in Rede stehende Filmfonds die Möglichkeit einer 100%igen Abschreibung bestanden habe. Als Anlageziele des Klägers hätten die Abschreibungsmöglichkeit sowie das Erzielen einer möglichst hohen Rendite im Vordergrund gestanden. Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Beratungsprotokolls habe sich der Kläger sinngemäß dahin geäußert, dass für den Fall, dass etwas schief gehe bzw. die Anlage nicht so gut laufe, er einen Teil seines Kapitals auf jeden Fall über die Steuerersparnis wieder zurück kriege. Der Kläger habe ihm auch berichtet, dass er sich – neben einer von ihm bereits gezeichneten Beteiligung an einem Filmfonds – bei einer anderen Bank ebenfalls über einen Filmfonds mit einer teilweisen Kapitalgarantie informiert habe. Hierbei sei darüber gesprochen worden, dass zum damaligen Zeitpunkt absehbar gewesen sei, dass die Abschreibungsmöglichkeit bei Fondszeichnungen mit Kapitalgarantie fallen werde. Explizit aus diesem Grund habe der Kläger nicht dieses andere Angebot mit einer teilweisen Kapitalgarantie zeichnen wollen, sondern sich für den hier in Rede stehenden Fonds ohne eine solche teilweise Kapitalgarantie entschieden. Der Kläger habe also das steuerlich günstigere Objekt zu Lasten einer Risikominimierung gewollt.

bbb) Diese glaubhafte Aussage des Zeugen G. wird durch die Angaben des Klägers im Rahmen seiner erstinstanzlichen persönlichen Anhörung nicht in Frage gestellt. Dass es ihm um Steuervorteile sowie um eine möglichst hohe Rendite ging, hat der Kläger selbst eingeräumt. Soweit der Kläger behauptet hat, es sei ihm erklärtermaßen auch darum gegangen, Kapitalsicherheit zu haben, lag es auf der Hand, dass dieses Anlageziel mit den beiden anderen Anlagezielen nicht vereinbar war. Dies war dem Kläger zum einen aufgrund seiner Vorbildung, zum anderen aufgrund des vorstehend – entsprechend der glaubhaften Aussage des Zeugen G. – geschilderten Inhalts des Beratungsgesprächs auch bewusst. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgehen wollte, dass es ihm zunächst auch um eine sichere Kapitalanlage ging, ist er von diesem Anlageziel abgerückt und hätte sich letztlich bewusst auf die diesem Anlageziel widersprechende Fondsbeteiligung eingelassen.

2. Zu Unrecht hat das Landgericht jedoch einen Verstoß der Beklagten gegen deren Verpflichtung zur objektgerechten Beratung verneint.

a) Die Verpflichtung zur objektgerechten Beratung bedeutet, dass der Anlageberater den Kunden über alle für dessen Anlageentschluss wesentlichen tatsächlichen Umstände rechtzeitig, richtig und vollständig informieren muss (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.2008 – III ZR 159/07 Tz. 7; BKR 2010, 118 ff. Tz. 19; jeweils zit. nach juris). Als Mittel der Aufklärung kann es genügen, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Anlageprospekt überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und vollständig zu vermitteln, und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.2008 – III ZR 159/07 Tz. 7; BKR 2010, 118 ff. Tz. 24; Urt. v. 22.7.2010 – III ZR 99/09 Tz. 18; WM 2010, 1690 ff. Tz. 15; Urt. v. 14.4.2011 – III ZR 27/10 Tz. 7; jeweils zit. nach juris). Vermittelt der Prospekt hinreichende Aufklärung, ist dies allerdings selbstverständlich kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidung des Anlegers mindert (vgl. BGH BKR 2010, 118 ff. Tz. 24; Urt. v. 14.4.2011 – III ZR 27/10 Tz. 7; jeweils zit. nach juris). Die Darlegungs- und Beweislast für eine diesen Anforderungen nicht genügende Aufklärung liegt beim Anleger. Das gilt auch, soweit es auf die Frage ankommt, ob der Berater dem Anleger rechtzeitig vor der Anlageentscheidung einen Anlageprospekt übergeben hat (vgl. BGH WM 2006, 1288 f. Tz. 6 ff.; BKR 2010, 118 ff. Tz. 25; jeweils zit. nach juris). Allerdings hat der Berater aufgrund der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast im Einzelnen darzulegen, wie er seiner Aufklärungsverpflichtung genügt hat (vgl. BGH WM 2006, 1288 f. Tz. 7, zit. nach juris).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze war die Beratung des Klägers durch den Zeugen G. nicht objektgerecht.

aa) Allerdings hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass der Kläger ausreichend auf das Risiko des Totalverlusts der Anlage hingewiesen wurde.

aaa) Das Landgericht hat auf dem Boden der von ihm für glaubhaft erachteten Aussage des Zeugen G., der die Behauptung der Beklagten, dem Kläger sei der Emissionsprospekt mit Schreiben vom 30.10.2003 und somit rechtzeitig vor der Zeichnung der Anlage übersandt worden, bestätigt hat, die Behauptung des Klägers, ihm sei der Prospekt erst nach der Zeichnung zugeschickt worden, nicht für erwiesen erachtet. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Berufung auch nicht beanstandet.

bbb) Entgegen der Auffassung des Klägers enthält der Prospekt eine hinreichende Aufklärung über das Risiko des Totalverlusts der Anlage.

(1) Bereits in dem Vorwort auf Seite 1 des Prospekts ist der Hinweis enthalten, dass eine Filminvestition neben Chancen auch Risiken enthalte und nicht erwartete Entwicklungen die in dem Prospekt prognostizierten Ergebnisse zur erwarteten Ertragsentwicklung negativ beeinflussen und im Extremfall sogar zum Verlust der Kapitalanlage führen könnten. Dieser Hinweis wird – entgegen der anders lautenden Darstellung des Klägers in der Berufungsbegründung – auf Seite 8 des Prospekts unter der Überschrift „Wesentliche Chancen und Risiken“ wiederholt. Schließlich wird dem potentiellen Anleger das Verlustrisiko nochmals unter der Überschrift „Risiken der Beteiligung“ auf Seite 53 des Prospekts deutlich vor Augen geführt. Dort heißt es unter anderem, dass die Beteiligung von Kommanditisten an der Beteiligungsgesellschaft eine unternehmerische Beteiligung mit entsprechenden Risiken sei. Gewinne bzw. Verluste im Rahmen der Herstellung und Vermarktung von Filmen hingen letztendlich von der Akzeptanz des jeweiligen Films beim Publikum ab. Dieses Beteiligungsangebot sei keine Kapitalanlage, die genau bestimmbare und gesicherte Erträge gewährleiste. Es bestehe infolge zukünftiger wirtschaftlicher und rechtlicher Entwicklungen die Möglichkeit, dass die tatsächlichen Ergebnisse der Beteiligungsgesellschaft von den prognostizierten Ergebnissen negativ abwichen und zu einer Reduzierung oder Verschiebung der prognostizierten Ausschüttungen bzw. im Extremfall gegebenenfalls zum Verlust der Kommanditeinlage führen könnten.

(2) Zwar ist unter den „Risiken der Beteiligung“ auf Seite 53 des Prospekts auch ausgeführt: „Die Konzeption des vorliegenden Beteiligungsangebots beinhaltet gewisse Sicherungselemente (Vorzugserlöse aus der Rahmenvereinbarung s. S. 19, sowie vom Filmerfolg unabhängige Mindesterlöse s. S. 20), die lediglich eine Minimierung des Risikos für die Beteiligungsgesellschaft und letztendlich für die Anleger darstellen.“ Auch heißt es dort nach dem Hinweis auf den möglichen Verlust der Kommanditeinlage: „Die Beteiligungsgesellschaft wird grundsätzlich eine Begrenzung spezifischer Produktionsrisiken durch den Abschluss von üblichen Versicherungen und einer Fertigstellungsgarantie sicherstellen. Dennoch können unerwartete Ereignisse eintreten, die ggf. zu negativen Auswirkungen auf das Ergebnis der Beteiligungsgesellschaft führen.“

(3) Diese Ausführungen vermitteln jedoch bei einem hinreichend sorgfältigen und kritischen Leser des Prospekts nicht das Gesamtbild eines insgesamt nur begrenzten wirtschaftlichen Risikos und damit einen unrichtigen Eindruck hinsichtlich des Risikos eines Totalverlusts. Der – offensichtlich denselben Prospekt betreffenden – gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichts Naumburg in dessen Urteil vom 9.2.2010 (6 U 147/09, BKR 2010, 215 ff. Tz. 12, zit. nach juris), das im Übrigen nach Rücknahme der Klage durch den dortigen Kläger mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 1.6.2010 (XI ZR 63/10) für wirkungslos erklärt worden ist, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die erwähnten Sicherungsmaßnahmen sind jeweils mit dem ausdrücklichen Hinweis versehen, dass sie lediglich eine Minimierung des Risikos für die Beteiligungsgesellschaft und damit letztlich für den Anleger darstellen. Auch im Übrigen weicht der hier zu beurteilende Prospekt in wesentlichen Punkten von dem Prospekt ab, der den vom Oberlandesgericht Naumburg für seine Auffassung zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zugrunde lag (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1329 ff. Tz. 9 ff.; NJW-RR 2007, 1332 ff. Tz. 10 ff.; BKR 2010, 515 ff. Tz. 7; jeweils zit. nach juris). Anders als hier ist in dem in jenen Entscheidungen zu beurteilenden Prospekt ein unzutreffendes Gesamtbild hinsichtlich des Risikos des Totalverlusts dadurch vermittelt worden, dass in dem Prospekt unter anderem ausgeführt war, das Risiko werde durch ein Sicherheitsnetz begrenzt, das aus präzise definierten Kriterien für das Tätigen einer Investition und aus einem intelligenten Konzept von Versicherungen und aus einer breiten Risikostreuung bestehe, und zur Absicherung der Risiken eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden sei, darunter eine Versicherung zur Sicherung der Fertigstellung von Produktionen und eine Erlös-Versicherung, die den Rückfluss von mindestens 75 v.H. der Nettoproduktionskosten absichere. Darüber hinaus enthielt der Abschnitt „Risiken der Beteiligung“ – anders als im Streitfall – keinen Hinweis auf die Möglichkeit eines Totalverlusts. Vielmehr wurde dort unter Herausstellung der wesentlichen Bedeutung der Erlösausfallversicherung eine „Restrisiko-Betrachtung“ angestellt, die als „worst-case-Szenario“ bezeichnet wurde und mit dem Ergebnis schloss, nach Ansicht des Prospektherausgebers werde das Vermögensverlustrisiko des Anlegers in diesem ungünstigsten Fall auf ein Maximum von ca. 21,6 v.H. beschränkt. Hierdurch wurde der unzutreffende Eindruck erweckt, der Anleger müsse im Extremfall mit einem Vermögensverlust in lediglich dieser Größenordnung rechnen. An einer solchen oder vergleichbaren Verharmlosung des Risikos des Totalverlusts der Kapitalanlage fehlt es hier. Entgegen der Auffassung des Klägers wird das Risiko eines Totalverlusts auch nicht dadurch verschleiert, dass in dem Abschnitt „Sensitivitätsanalysen“ (S. 35 f. des Prospekts) sowohl für ein dort entwickeltes „Low Case Szenario“ als auch ein „High Case Szenario“ erhebliche Renditen prognostiziert werden, ohne dass an dieser Stelle auf das Risiko des Totalverlusts hingewiesen wird. Denn darauf, dass die tatsächlichen Ergebnisse des Filmfonds von diesen Prognoseberechnungen negativ abweichen können und dies im Extremfall auch zum Verlust der Kommanditeinlage führen kann, wird in dem Prospekt – wie ausgeführt – an mehreren Stellen hingewiesen, und zwar insbesondere an solchen Stellen, an denen der sorgfältige und kritische Leser dies erwartet, nämlich in den Abschnitten „Wesentliche Chancen und Risiken“ und „Risiken der Beteiligung“. Eines nochmaligen Risikohinweises im Abschnitt „Sensitivitätsanalysen“ bedurfte es daher nicht.

ccc) Zudem war das Risiko eines Totalverlusts des Anlagekapitals auch Gegenstand des zwischen dem Kläger und dem Zeugen G. geführten persönlichen Beratungsgesprächs, ohne dass der Zeuge G. hierbei dieses Risiko verharmloste. Dies folgt entgegen der anders lautenden Darstellung des Klägers im Rahmen seiner erstinstanzlichen persönlichen Anhörung aus der glaubhaften Aussage des Zeugen G.. Danach wies der Zeuge G. den Kläger nicht nur darauf hin, dass bei einer Beteiligung immer ein volles Risiko vorhanden sei. Vielmehr war das Risiko des Totalverlusts auch insoweit Gegenstand der Beratung, als darüber gesprochen wurde, dass die steuerliche Abschreibungsmöglichkeit für Fondsbeteiligungen mit einer Kapitalgarantie in absehbarer Zeit entfallen würde. Gerade deshalb entschied sich der Kläger – anders als bei der von ihm bereits vorher gezeichneten Fondsbeteiligung mit einer Bankgarantie in Höhe von 90% des eingesetzten Kapitals – für die hier in Rede stehende Fondsbeteiligung ohne eine solche Kapitalgarantie. Dabei äußerte sich der Kläger dahingehend, dass er selbst dann, wenn etwas schief ginge, einen Teil seines Kapitals über die Steuerersparnis wieder zurück kriege. Ihm war also entgegen seiner anders lautenden, vor dem Hintergrund seiner Ausbildung, seiner Anlageerfahrung sowie des von dem Zeugen G. glaubhaft geschilderten Ablaufs des Beratungsgesprächs ersichtlich unwahren Darstellung das Risiko eines Totalverlusts des Anlagekapitals in vollem Umfang bewusst.

bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Beklagte jedoch gegen die ihr obliegende Verpflichtung zur objektgerechten Beratung dadurch verstoßen, dass sie den Kläger nicht im erforderlichen Umfang über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufgeklärt hat.

aaa) Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs muss eine Bank, die im Rahmen eines mit ihrem Kunden geschlossenen Beratungsvertrags Fondsanteile empfiehlt, darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält (vgl. BGH NJW 2007, 1876, 1878 Tz. 22; WM 2009, 2306 f. Tz. 31). Das gilt auch im Falle des Vertriebs eines Medienfonds (vgl. BGH NJW 2009, 1416 f. Tz. 12, zit. nach juris). Diese Aufklärung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offenzulegen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient (vgl. BGH NJW 2007, 1876, 1878, Tz. 23). Diese Aufklärungspflicht gilt unabhängig von der Höhe der Rückvergütung (vgl. BGH NJW 2009, 1416 f. Tz. 12, zit. nach juris). Es kommt auch nicht darauf an, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt. Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten sind insoweit nur Beispielsfälle, mit denen lediglich zum Ausdruck gebracht werden soll, dass Rückvergütungen – anders als Innenprovisionen – nicht im Anlagebetrag enthalten (versteckt) sind, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann. Maßgebend für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ist vielmehr, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt (vgl. BGH WM 2011, 925 ff. Tz. 24, zit. nach juris). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind danach – regelmäßig umsatzabhängige – Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (vgl. BGH WM 2011, 925 ff. Tz. 25, zit. nach juris).

bbb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Beklagte ihre Verpflichtung zur Aufklärung des Klägers über die von ihr erhaltenen Rückvergütungen verletzt.

(1) Zwar wusste der Kläger, dass das von ihm an die Fondsgesellschaft gezahlte Agio an die Beklagte zurückfloss, so dass er insoweit nicht der Aufklärung bedurfte. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelte es sich jedoch auch bei der nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten über das Agio hinaus an sie geflossenen weiteren Provision in Höhe von 4% des Anlagekapitals um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung im Sinne der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts beruht – wie sich aus der Klarstellung des Bundesgerichtshofs in seinem nach dem angefochtenen Urteil ergangenen Beschluss vom 9.3.2011 (XI ZR 191/10, WM 2011, 925 ff., zit. nach juris), an dem der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 19.7.2011 (WM 2011, 1506 ff., zit,. nach juris) festgehalten hat, ergibt – auf einem unzutreffenden Verständnis der vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27.10.2009 (XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 f. Tz. 31, zit. nach juris) vorgenommenen rechtlichen Unterscheidung zwischen Innenprovisionen und Rückvergütungen. Nach diesen zuletzt ergangenen Beschlüssen des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei der weiteren 4%igen Provision, die an die Beklagte geflossen ist, um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung. Sie war gerade nicht – wie bei der Innenprovision – im Anlagebetrag versteckt, sondern stammte aus den im Fondsprospekt offen ausgewiesenen Vertriebskosten. Die Eigenkapitalvermittlerin, die G.Vermögens-Anlage-Gesellschaft mbH (nachfolgend: G.), erhielt ausweislich des Fondsprospekts (S. 25) eine Eigenkapitalvermittlungsgebühr in Höhe von 10,5% (5,5% + das 5%ige Agio). Die G. schaltete dem eigenen Vorbringen der Beklagten zufolge unter anderem die Beklagte zur Eigenkapitalvermittlung ein, wofür die Beklagte von der G. wiederum eine Provision in Höhe von 9% (5% Agio + 4%) erhielt.

(2) Darüber, dass die Beklagte über das Agio hinaus eine weitere Provision in Höhe von 4% erhielt, wurde der Kläger jedoch nicht aufgeklärt. Dem Fondsprospekt ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen sein sollte. Dort heißt es lediglich, dass die G. für die Vermittlung des Eigenkapitals eine Gebühr in Höhe von 10,5% (5,5% + 5% Agio) erhält und ihrerseits berechtigt ist, zur Vermittlung des Eigenkapitals ganz oder teilweise Dritte zu beauftragen (S. 25 des Prospekts). An anderer Stelle wird ausgeführt, dass die G. berechtigt sei, Vertriebsvereinbarungen mit Dritten abzuschließen, und die von der Beteiligungsgesellschaft an die G. bzw. andere Vertriebspartner zu zahlende Eigenkapitalvermittlungsprovision im Durchschnitt 10,5% der gezeichneten Kommanditeinlagen nicht übersteigen dürfe (S. 50 des Prospekts). Dem Prospekt lässt sich hingegen an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte von der G. einen Teil der Vertriebsprovisionen erhalten sollte. Das ergibt sich entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht allein aus dem Umstand, dass die G. zur Vermittlung des Eigenkapitals Dritte einschalten durfte (vgl. BGH WM 2011, 925 ff. Tz. 27, zit. nach juris). Selbst wenn man jedoch annehmen wollte, dass hiermit auch die Beklagte gemeint war, ist dem Prospekt jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Höhe Rückvergütungen an die Beklagte flossen. Auch in dem zwischen dem Kläger und dem Zeugen G. geführten Beratungsgespräch ist eine dahin gehende Aufklärung nicht erfolgt. Nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung sowie des Zeugen G. war die an die Beklagte über das Agio hinaus fließende Provision nicht Thema des Beratungsgesprächs. Der von der Beklagten erstinstanzlich vertretenen Auffassung, dem Kläger habe aufgrund seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bekannt sein müssen, dass bei derartigen Geschäften Kick-back-Provisionen gezahlt werden, vermag der Senat nicht beizutreten. Jedenfalls ist weder dargetan noch ersichtlich, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände der Kläger hätte davon ausgehen sollen, dass und in welcher Höhe über das Agio hinaus Vertriebsprovisionen an die Beklagte zurückfließen. Demnach ist die weitere Vertriebsprovision in Höhe von 4% der jeweiligen Kommanditeinlage hinter dem Rücken des Klägers an die Beklagte geflossen, so dass der Kläger mangels Kenntnis von der zutreffenden Höhe der Rückvergütungen das besondere Interesse der Beklagten an der Empfehlung des in Rede stehenden Medienfonds und die damit verbundene Gefährdung seiner eigenen Interessen nicht richtig einschätzen konnte.

2. Die Beklagte hat die pflichtwidrig unterlassene Aufklärung über erhaltene Rückvergütungen auch zu vertreten. Sie handelte insoweit zumindest fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB).

a) Nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH NJW 2010, 2339 ff. Tz. 3; WM 2011, 1506 ff. Tz. 11; jeweils zit. nach juris). Die Haftung wegen einer fahrlässig begangenen Pflichtverletzung entfällt nur bei Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss. Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGH NJW 2010, 2339 ff. Tz. 3; WM 2011, 1506 ff. Tz. 12; jeweils zit. nach juris).

b) Nach diesen Maßstäben hat es die Beklagte zumindest fahrlässig unterlassen, den Kläger über den Umfang der Rückvergütungen, die sie bei Zeichnung des hier in Rede stehenden Medienfonds durch den Kläger erhielt, zutreffend aufzuklären. Die von der Beklagten insoweit vorgetragenen Gesichtpunkte – nämlich dass es sich bei ihr um eine mittelständische Bank handele, die zum Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Beratung im Jahr 2003 weder über eine eigene Rechtsabteilung noch über einen angestellten Volljuristen verfügt habe, und dass ihr ihre Aufklärungsverpflichtung über erhaltene Rückvergütungen nicht bekannt gewesen sei – vermögen sie nicht zu entlasten. Der Bundesgerichtshof hat inzwischen entschieden, dass sich eine anlageberatende Bank jedenfalls für die Zeit nach 1990 hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum berufen kann, weil bereits der seit dieser Zeit veröffentlichten Rechtsprechung entnommen werden konnte, dass verheimlichte Rückflüsse aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufklärungspflichtig sind (vgl. BGH NJW 2010, 2339 ff. Tz. 4 ff.; WM 2011, 1506 ff. Tz. 12; jeweils zit. nach juris). Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006 (NJW 2007, 1876 ff.) zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen stellt daher keine grundlegende Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung oder gar eine Rechtsfortbildung dar, so dass auch keine rückwirkende Rechtsprechungsänderung vorliegt (vgl. BGH NJW 2010, 2339 ff. Tz. 11; WM 2011, 1506 ff. Tz. 12; jeweils zit. nach juris). All dies gilt unabhängig von der Art des empfohlenen Fonds und daher auch für einen Medienfonds (vgl. BGH WM 2011, 1506 ff. Tz. 10 ff., zit. nach juris). Der Beklagten ist daher ein mindestens fahrlässiges Organisationsverschulden anzulasten, weil sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt jedenfalls nach Einholung externen Rechtsrats ihre Verpflichtung zur Aufklärung über erhaltene Rückvergütungen erkannt hätte und ihre Anlageberater hätte anweisen müssen, die Kunden entsprechend aufzuklären.

c) Die Haftung der Beklagten für fahrlässiges Verhalten ist auch nicht wegen der in der Beitrittserklärung des Klägers vom 26.11.2003 enthaltenen Beschränkung der Haftung für Aufklärungsfehler auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen.

aa) Es ist bereits fraglich, ob diese Klausel hinreichend klar und verständlich zum Ausdruck bringt, dass auch die Haftung der – den zu dem Medienfonds Beitretenden – beratenden Bank, also die Haftung eines Drittunternehmens, für Aufklärungsfehler auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sein soll, und die Klausel daher dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügt. Das braucht indessen nicht entschieden zu werden.

bb) Jedenfalls ist diese Haftungsbeschränkung, soweit sie auch für die den Beitretenden beratende Bank gelten soll, gemäß § 305c Abs. 1 BGB als überraschende Klausel unwirksam. Danach werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. So verhält es sich hier. Das hat der Bundesgerichtshof für eine nahezu gleich lautende Klausel, die in dem Emissionsprospekt zu einem geschlossenen Immobilienfonds enthalten war, entschieden (vgl. BGH NJW-RR 2004, 780 f., zit. nach juris). Im vorliegenden Fall, in dem die Klausel in der Beitrittserklärung zu einem Medienfonds enthalten ist, gilt nichts anderes. Der durchschnittliche Anleger brauchte nicht damit zu rechnen, dass die Beteiligungsgesellschaft, der er als Kommanditist beitreten sollte, die Beitrittserklärung mit dem darin enthaltenen „Kleingedruckten“ benutzen würde, um zugleich auch auf den Inhalt weiterer selbstständiger Vertragsverhältnisse des Anlegers zu Dritten, die bei der Anbahnung der Vertragsbeziehung oder im Rahmen des Anlagemodells mit dem Anleger in Berührung kommen konnten, Einfluss zu nehmen (vgl. BGH NJW-RR 2004, 780 f. Tz. 22, zit. nach juris). Insbesondere brauchte der Kläger nicht damit zu rechnen, dass mit seinem Beitritt zu dem Medienfonds auch das bereits bestehende Vertragsverhältnis zu der für ihn als Anlageberaterin tätigen Beklagten geändert, nämlich die Haftung der Beklagten für Aufklärungspflichtverletzungen beschränkt würde (vgl. BGH NJW-RR 2004, 780 f. Tz. 23 f., zit. nach juris). Der Überraschungscharakter einer derart ungewöhnlichen – nicht vertragstypkonformen – Klausel ist im allgemeinen nur dann beseitigt, wenn sie wenigstens drucktechnisch so hervorgehoben ist, dass erwartet werden kann, der Vertragspartner des Verwenders werde von ihr Kenntnis nehmen (vgl. BGH NJW-RR 2004, 780 f. Tz. 26, zit. nach juris). Daran fehlt es hier. Die Klausel geht vielmehr im „Kleingedruckten“ unter.

3. Die Aufklärungspflichtverletzung war auch ursächlich für den Erwerb der Kapitalanlage und damit für den Schaden des Klägers.

a) Im Falle einer fehlerhaften Anlageberatung ist bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (vgl. BGH NJW 2009, 2298 ff. Tz. 22; WM 2011, 925 ff.Tz. 33, jeweils zit. nach juris). Diese Vermutung aufklärungspflichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (vgl. BGH NJW 2009, 2298 ff. Tz. 22, zit. nach juris). Die Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab. Davon kann bei verschwiegenen Rückvergütungen nicht schon wegen deren Geringfügigkeit im Verhältnis zur Anlagesumme ausgegangen werden. Es muss vielmehr aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls feststehen, dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zur Verfügung standen (vgl. BGH NJW 2011, 925 ff. Tz. 34, zit. nach juris). Die Darlegungs- und Beweislast sowohl für das Nichteingreifen der Vermutung als auch für deren Widerlegung trifft die Bank, deren Aufklärungspflichtverletzung feststeht (vgl. BGH WM 2011, 925 ff. Tz. 35, zit. nach juris).

b) Im Streitfall trägt die Beklagte keine Umstände vor, die zum Nichteingreifen der für den Kläger sprechenden Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens oder zu deren Widerlegung führen könnten. Dass der Kläger gewusst hat, dass die Beklagte das Agio erhält, lässt die für ihn streitende Vermutung nicht entfallen. Denn aus seiner Sicht machte es einen erheblichen Unterschied, ob die Beklagte eine Provision in Höhe von 3,5% oder eine solche in Höhe weiterer 4%, insgesamt also in Höhe von 7,5% erhält. Gerade der Umstand, dass der Kläger die Provision, von der er wusste, dass sie die Beklagte erhält, nämlich das Agio, herunterhandelte, spricht gegen die Annahme, er hätte die Anlage auch dann gezeichnet, wenn er gewusst hätte, dass die Beklagte noch eine weitere Provision in Höhe von 4% erhält. Denn in diesem Fall hätte sich für den Kläger umso mehr aufgedrängt, dass die Beklagte ihm den Fondsbeitritt nicht in seinem Interesse, sondern in ihrem eigenen Interesse empfahl. Auch die Behauptung der Beklagten, dem Kläger sei es in einem derartigen Maße auf die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten angekommen, dass ohnehin nur unternehmerische Beteiligungen, für die jedoch sämtlich derartige Provisionen zu zahlen gewesen seien, als mögliche Anlageform im Raum gestanden hätten, ist nicht geeignet, die Kausalitätsvermutung entfallen zu lassen, weshalb eine (nochmalige) Vernehmung des Zeugen G. zu dieser Behauptung nicht in Betracht kommt. Selbst wenn die steuerliche Abschreibungsmöglichkeit im Vordergrund der Überlegungen des Klägers gestanden haben sollte und auch bei der Empfehlung anderer unternehmerischer Beteiligungen durch beratende Banken Rückvergütungen an diese damals gängiger Praxis entsprochen haben sollten, wäre durch nichts belegt, dass sich der Kläger auch dann für die in Rede stehende Anlage entschieden hätte, wenn er hiervon, insbesondere auch über die Höhe der von der Beklagten erhaltenen Rückvergütung Kenntnis gehabt hätte. Dementsprechend hat auch der Zeuge G. in seiner erstinstanzlichen Vernehmung lediglich ausgesagt, er „glaube schon“, dass der Kläger die Anlage auch in Kenntnis der vollen Höhe der Rückvergütung an die Beklagte gezeichnet hätte, weil es ihm auf die Abschreibungsmöglichkeit angekommen sei. Die bloße Vermutung, dass ein Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, reicht jedoch zur Widerlegung der für den Anleger sprechenden Kausalitätsvermutung nicht aus. Es fehlt demnach jedweder Anhaltspunkt dafür, dass die Höhe der Rückvergütung, die die Beklagte für die Beteiligung des Klägers an dem Medienfonds erhielt, für die Anlageentscheidung des Klägers ohne Bedeutung gewesen wäre.

c) Da der Kläger bei gehöriger Aufklärung nicht dem in Rede stehenden Medienfonds beigetreten wäre, besteht sein Schaden in Höhe des von ihm an die Fondsgesellschaft gezahlten Kommanditanteils zuzüglich des Agios, insgesamt somit in Höhe des geltend gemachten Betrages von 36.750,-- EUR. Den von ihm aufgrund der Pflichtverletzung erlangten Vorteil, seine Beteiligung an dem Medienfonds, muss der Kläger – wie beantragt – Zug um Zug gegen Erfüllung der Schadensersatzpflicht durch die Beklagte an diese herausgeben.

4. Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede steht der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs nicht entgegen. Der Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt.

a) Auf die in der vorformulierten Beitrittserklärung vom 26.11.2003 enthaltene, kenntnisunabhängige Verjährungsfrist von drei Jahren ab dem Beitritt zur Gesellschaft kann sich die Beklagte nicht berufen, weil auch dieser Teil der Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist. Der Kläger brauchte nicht damit zu rechnen, dass die in seinem Vertragsverhältnis zu der ihn beratenden Bank, der Beklagten, geltende, kenntnisabhängige dreijährige gesetzliche Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zu seinem Nachteil im „Kleingedruckten“ seiner Beitrittserklärung zu der Fondsgesellschaft verkürzt wird. Die vorstehenden Ausführungen zur Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in der Beitrittserklärung gelten hier entsprechend (vgl. unter 2. c) bb)).

b) Die Vorschrift des § 37a WpHG a. F. mit ihrer ebenfalls kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist von drei Jahren findet im Streitfall keine Anwendung, da Kommanditbeteiligungen keine Wertpapiere im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes sind (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 14.5.2008 – 23 U 225/06 Tz. 50 m. w. N., zit. nach juris).

c) Die dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB war bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen. Davon, dass die Beklagte über das Agio hinaus von der von der Fondsgesellschaft beauftragten Vertriebsgesellschaft eine weitere Rückvergütung in Höhe von 4% erhielt, erlangte der Kläger erst im vorliegenden Rechtsstreit aufgrund des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 23.7.2009, mit dem diese die den Beitritt des Klägers betreffende interne Provisionsabrechnung von Dezember 2003 vorlegten, Kenntnis. Eine frühere Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von diesem Umstand hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte bereits nicht dargetan.

5. Auch der geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß den §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Der Kläger hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 11.10.2006 (Anlage K 4 = GA 17 f.) zur Rückzahlung der geleisteten Einlage gegen Übertragung des Fondsanteils aufgefordert. Die ab dem 17.10.2006 geltend gemachten Verzugszinsen sind daher berechtigt.

II.

Der auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten gerichtete Klageantrag ist zulässig. Insbesondere ist im Hinblick auf die vollstreckungsrechtlichen Vorschriften der §§ 756, 765 ZPO das hierfür gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 256 Rdnr. 3). Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Kläger hat der Beklagten die Übertragung seiner Kommanditanteile dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers in der Klageschrift zufolge mit anwaltlichem Schreiben vom 11.10.2006 erfolglos angeboten, so dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet (§§ 293 ff. BGB). Soweit die Formulierung unter Ziffer I. 2. des Urteilstenors von Ziffer 2. des Berufungsantrags abweicht, handelt es sich lediglich um eine Klarstellung.

III.

Schließlich ist auch der auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des weiteren Schadens gerichtete Antrag des Klägers gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Feststellungsantrag ist auch begründet, da – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen (unter I.) ergibt – die Haftungsvoraussetzungen nach § 280 Abs. 1 BGB gegeben sind und nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers in der Klageschrift ein künftiger Schaden des Klägers zu befürchten ist. Da es dem Kläger um die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für einen befürchteten zukünftigen Schaden geht (vgl. Klageschrift vom 10.9.2008, S. 7 a. E. = GA 7), war – worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat – das Wort „weiteren“ unter Ziffer 3. des Berufungsantrags in Ziffer I. 3. des Urteilstenors durch das Wort „zukünftigen“ zu ersetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 i. V. mit § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 15. Sept. 2011 - 8 U 342/10 - 92

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Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 09. Feb. 2010 - 6 U 147/09

bei uns veröffentlicht am 09.02.2010

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das am 08.09.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal - 23 O 498/08 - abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 63.000,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 159/07
Verkündet am:
19. Juni 2008
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dr. Kapsa, Dörr, Dr. Herrmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamburg vom 23. April 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die am Revisionsverfahren allein beteiligte Beklagte zu 1 (künftig: die Beklagte) wegen fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch. Auf Empfehlung der Beklagten trat er im November 1996 mit einer Einlagesumme von 50.000 DM der "V.I.A. I. KG", einem geschlossenen Immobilienfonds , bei. Der Fonds entwickelte sich ungünstig. Lediglich im ersten Verpachtungsjahr 1998 erhielt der Kläger eine Ausschüttung von 1.375 DM. Der Kläger hat der Beklagten insbesondere eine ungenügende Risikoaufklärung vorgewor- fen und behauptet, sie habe ihm versichert, die Anlage biete eine absolute Sicherheit , es könne überhaupt nichts passieren.
2
Das Landgericht hat die auf Zahlung von insgesamt 34.104,26 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die - nach Berufungsrücknahme gegenüber der früheren Beklagten zu 2 - nur noch gegen die Beklagte gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger insoweit seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht verneint Aufklärungspflichtverletzungen von Seiten der Beklagten. Sie seien auch nicht der Behauptung des Klägers zu entnehmen , die Beklagte habe über den Prospektinhalt hinaus zugesagt, es handele sich um eine absolut sichere Vermögensanlage, bei der Beteiligung an dem Fonds könne ihm überhaupt nichts passieren. Einer Beweisaufnahme hierzu bedürfe es nicht. Nach den Gesamtumständen hätte der Kläger sich nämlich hierauf nicht verlassen dürfen. Denn unstreitig habe dem Kläger vor Vertragsschluss der Prospekt mit seinem die Anlageform und ihre Risiken beschreibenden Inhalt vorgelegen. Von einer "absolut sicheren Vermögensanlage" sei dort aber gerade nicht die Rede. Der Kläger habe - auch als unerfahrener Anleger - aufgrund seines Berufs als Bilanzbuchhalter erkennen müssen, dass es sich bei einer unternehmerischen Beteiligung durch Erwerb eines Kommanditanteils gerade nicht um eine absolut sichere Anlageform wie etwa bei einem Sparbuch gehandelt habe. Die von ihm gewünschte Steuerersparnis hätte sich andernfalls nicht realisieren lassen. Daher habe der Kläger eine solche Äußerung lediglich als werbende Anpreisung verstehen dürfen.

II.


5
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
6
1. Das Berufungsgericht stellt nicht fest, ob die Beklagte, die mit dem hier in Rede stehenden Immobilienfonds eine nicht zur Produktpalette der früheren Beklagten zu 2 gehörende Anlage vertrieben hat und deswegen insoweit entweder im eigenen Namen aufgetreten ist oder jedenfalls mangels Vertretungsmacht für Pflichtverletzungen in dieser Beziehung selbst haftet, dem Kläger als Anlageberaterin oder Anlagevermittlerin gegenübergetreten ist (zur Abgrenzung vgl. etwa Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114 f.; vom 27. Oktober 2005 - III ZR 71/05, NJW-RR 2006, 109 Rn. 14 und vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, ZIP 2007, 636, 637 Rn. 10). Zugunsten des Klägers ist daher von einer Anlageberatung auszugehen. Auf dieser Grundlage wäre aber, wie die Revision mit Recht rügt, zu prüfen gewesen, ob angesichts des vom Kläger behaupteten Ziels einer absolut sicheren Vermögensanlage bereits die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos fehlerhaft gewesen war. Die Beratung hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten, d.h. "anlegergerecht" sein (BGHZ 123, 126, 129; Senatsurteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, 729 Rn. 25). Mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob die Beklagte hier diesen Anforderungen, etwa mit Rücksicht auf das vom Kläger gleichzeitig verfolgte Ziel einer Steuerersparnis, die im Allgemeinen nicht ohne Verlustrisiken zu erreichen ist, genügt hat. Schon deswegen kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben.
7
2. Anlageberatung wie Anlagevermittlung verpflichten darüber hinaus objektbezogen zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (vgl. nur Senatsurteile vom 13. Mai 1993 aaO; vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06, WM 2007, 1606, 1607 Rn. 8; vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06, WM 2007, 1608 Rn. 8 und vom 25. Oktober 2007 - III ZR 100/06, ZIP 2008, 512 f. Rn. 7; jeweils m.w.N.). Eine derartige Aufklärung kann zwar auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (hierzu Senatsbeschluss vom 12. Januar 2006 - III ZR 407/04, WM 2006, 522). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat dem Kläger auch ein inhaltlich genügender Prospekt vorgelegen. Der Umstand indes, dass ein solcher Prospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend verdeutlicht, ist, wie der Senat schon in seinem Urteil vom 12. Juli 2007 (III ZR 83/06, aaO) hervorgehoben hat, selbstverständlich kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidung des Anlegers mindert. Dies gilt auch dann, wenn sich bei ausreichenden rechtlichen und geschäftlichen Kenntnissen (hier, dass eine steuersparende Anlage regelmäßig nicht völlig risikolos sein wird), die bei unerfahrenen Anlegern jedoch nicht vorausgesetzt werden können, Zweifel an der Richtigkeit der Aussage aufdrängen müssen.
8
3. Nach diesen Maßstäben war es verfehlt, die behaupteten Erklärungen der Beklagten über eine absolute Sicherheit der Anlage unter Hinweis auf den Prospektinhalt als bloße Anpreisungen herunterzuspielen. Mit einer solchen, unstreitig unrichtigen Aussage hätte die Beklagte vielmehr ihre Aufklärungspflichten verletzt und sich dem Kläger gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht. Für einen Ursachenzusammenhang zwischen diesem Fehlverhalten und der Anlageentscheidung des Klägers spräche eine durch die Lebenserfahrung begründete Vermutung (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685, 687 f. Rn. 22 ff.).
9
4. Aus beiden Gründen ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachholen kann.
Schlick Kapsa Dörr
Herrmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 20.10.2005 - 321 O 464/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.04.2007 - 10 U 10/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 99/09
Verkündet am:
22. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. Februar 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der nach Erlass des Berufungsurteils verstorbene und von den nunmehrigen Klägern beerbte vormalige Kläger hat die beklagte Finanzberatungsgesellschaft aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau auf Schadensersatz wegen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an einem Immobilienfonds in Anspruch genommen. Der frühere Kläger (im Folgenden: Kläger) und die Zedentin erklärten am 20. Februar 2001 aufgrund einer Empfehlung des Streithelfers der Beklagten ihren Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds mit einer treuhänderisch verwalteten Kommanditeinlage über 30.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 %. Im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss erhielten der Kläger und seine Ehefrau einen Anlageprospekt über den Fonds. Der genaue Zeitpunkt der Übergabe ist zwischen den Parteien streitig. Auf dem Beitrittsformular bestätigten sie, den Prospekt erhalten und vor der Unterzeichnung genügend Zeit gehabt zu haben, seinen Inhalt zur Kenntnis zu nehmen. Die ihnen in dem Formular eingeräumte Widerrufsfrist von zwei Wochen ließen der Kläger und seine Ehefrau verstreichen.
2
Der Fonds leistete zunächst Ausschüttungen. Diese wurden jedoch 2004 eingestellt. Die Beteiligung ist nach Behauptung des Klägers nahezu wertlos.
3
Der Kläger macht geltend, der Streithelfer der Beklagten, der für diese tätig geworden sei, habe die Beteiligung unzutreffend als eine sichere, Kapital erhaltende und zur ergänzenden Altersvorsorge geeignete Anlage bezeichnet. Der Streithelfer habe den Prospekt mit den darin enthaltenen Risikohinweisen erst nach der Unterschrift unter die Beitrittserklärung mit dem Bemerken ausgehändigt , dieser werde nur zur Abheftung übergeben, nachdem alles, was dort zu lesen sei, besprochen worden sei.
4
Mit seiner 2007 erhobenen Klage verlangt der Kläger, an den seine Ehefrau ihre Ansprüche gegen die Beklagte am 29. Dezember 2005 abgetreten hatte , Zahlung von Schadensersatz wegen der Eingehung der Beteiligung und Freistellung von Darlehensverbindlichkeiten, die er und die Zedentin zur Finanzierung der Einlage eingegangen sind. Die Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.
5
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


7
Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Klägers und seiner Ehefrau erfüllt sind. Jedenfalls sei die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede begründet, weshalb etwaige Schadensersatzansprüche gemäß § 214 BGB nicht durchsetzbar seien. Diese hätten gemäß § 195 BGB in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung zunächst einer dreißigjährigen Verjährungsfrist unterlegen. Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB verjähre der Anspruch gemäß § 195 BGB n.F. aber seither innerhalb von drei Jahren. Diese Frist beginne gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger sowohl Kenntnis von der Forderung wie auch von der Person des Schuldners erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können.
8
Der den etwaigen Anspruch des Klägers und der Zedentin begründende Schaden sei bereits mit Vertragsschluss, also der Unterzeichnung der Beitrittserklärung am 20. Februar 2001 entstanden. Auch die subjektiven Vorausset- zungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien bereits 2001 erfüllt gewesen. Zwar habe positive Kenntnis davon, dass die erworbenen Fondsanteile nicht den in sie gesetzten Erwartungen entsprochen hätten, frühestens im Januar 2004 vorgelegen. Allerdings hätten dem Kläger und der Zedentin bereits im Jahr 2001 Umstände bekannt sein müssen, die nahe gelegt hätten, dass ihnen in Bezug auf das finanzierte Geschäft ein Ersatzanspruch zugestanden habe. Dass ihnen diese Umstände nicht bewusst gewesen seien, sei als grob fahrlässig zu werten.
9
Da der Kläger und seine Ehefrau den Anlageprospekt jedenfalls bei Unterzeichnung der Beitrittserklärung zum Verbleib in ihren eigenen Unterlagen erhalten hätten, wäre eine mühelose Kenntnisnahme der im Prospekt dargestellten Risiken jederzeit ohne weiteres möglich gewesen. Bereits beim Durchblättern der Anfangsseiten hätten sie Hinweise auf mögliche Risiken erhalten, die sich hinreichend deutlich aus den Prospekt ergeben hätten. Nach den Gesamtumständen hätten der Kläger und seine Ehefrau gegen die Obliegenheit, ihre eigenen Interessen wahrzunehmen, grob fahrlässig verstoßen, weil sie allein aufgrund mündlicher Anpreisungen in erheblichem Umfang in eine unternehmerische Beteiligung investiert hätten, ohne die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen ergänzend zur Kenntnis zu nehmen. Vor dem Hintergrund , dass sie sich langfristig an eine ihnen zuvor offensichtlich nicht bekannte Gesellschaft gebunden hätten, sei ein Verzicht auf die Lektüre des Prospekts nicht nachvollziehbar. Der Streithelfer der Beklagten sei lediglich als Anlagevermittler , nicht jedoch als Anlageberater tätig gewesen. Anlagevermittler würden erkennbar für den Emittenten tätig und würben für ihn um Kunden. Sie stellten die vertriebene Anlage vor, wobei der anpreisende Charakter der erteilten Auskünfte deutlich werde. Der Anleger habe die ihm zur Verfügung gestellten zusätzlichen Informationsquellen jedenfalls zu nutzen, wenn - wie hier - der Vermittler einerseits die Anlage als praktisch risikolos darstelle, der Anleger andererseits gleichzeitig mit der Beitrittserklärung ausdrücklich zweifach schriftlich auf den Inhalt des mit der Anlageentscheidung übergebenen Prospekts aufmerksam gemacht werde, zumal der Kläger und die Zedentin schriftlich bestätigt hätten, den Prospekt erhalten und seinen Inhalt zur Kenntnis genommen zu haben. Eine Lektüre des Prospekts sei auch bereits deshalb zu erwarten gewesen , weil dem Kläger und seiner Ehefrau ein Widerrufsrecht zugestanden habe und sie über liquide Mittel zur Finanzierung der Anlage nicht verfügt hätten, sie vielmehr mit dem Beitritt einen Darlehensvertrag abgeschlossen und der finanzierenden Bank zur Sicherheit eine Lebensversicherung abgetreten hätten.

II.


10
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
11
1. Dem Berufungsgericht ist jedoch im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass die möglichen, nunmehr gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf seine Erben übergegangenen Ansprüche des Klägers, nachdem für sie zunächst die dreißigjährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. galt, nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB innerhalb von drei Jahren ab dem 1. Januar 2002 verjährten, sofern an diesem Tage die geltend gemachte Forderung entstanden war, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, und die Gläubiger von ihr sowie von der Person des Schuldners Kenntnis hatten oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht hatten, § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. z.B. BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; Senat, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 119 Rn. 13).
12
2. Ebenfalls zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der behauptete Schaden bereits mit Eingehung der Anlage, mithin im Jahr 2001, entstanden ist. Zwar ist der Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation genügt hierfür grundsätzlich nicht (z.B. BGHZ 124, 27, 30; BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1499). Allerdings kann der auf einer fehlerhaften Auskunft beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage zum Zeitpunkt ihrer Eingehung - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schaden entsteht hierbei in der Regel schon mit dem unwiderruflichen und vollzogenen Erwerb der Kapitalanlage (z.B. BGHZ 162, 306, 309 f; BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02 - NJW-RR 2004, 1407). Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor.
13
3. Nicht beizupflichten vermag der Senat jedoch der Auffassung der Vorinstanz , auch die subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) hätten bei dem Kläger und seiner Ehefrau bereits im Jahr 2001 vorgelegen, weil sie die Lektüre des ihnen im Zusammenhang mit ihrer Beitrittserklärung überreichten Anlageprospekt unterlassen hatten und ihnen deshalb die darin enthaltenen Risikohinweise entgangen waren. Die unterlassene Kenntnisnahme des Prospekts rechtfertigt nicht den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verstoßes gegen ihre Obliegenheiten.
14
a) Zwar unterliegt die Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, nur der eingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht dahin, ob der Tatrichter die allgemeinen Maßstäbe der groben Fahrlässigkeit verkannt hat, bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215 Rn. 12 und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 Rn. 17 jeweils m.w.N.).
15
Ein b) solcher, revisionsrechtlich beachtlicher Fehler liegt jedoch der Würdigung des Berufungsgerichts zu Grunde. Es hat für die Fallgestaltungen, in denen einem Anlageinteressenten im Zusammenhang mit seiner Investition ein Prospekt überreicht wird, welcher Risikohinweise enthält, die der Anlageberater oder -vermittler im Gespräch so nicht oder nicht zutreffend erteilt hat, zu geringe allgemeine Anforderungen an das Vorliegen grober Fahrlässigkeit auf Seiten des Anlegers gestellt, der es unterlässt, den Prospekt zu lesen.
16
aa) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis von dem Anspruch oder dem Schuldner deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (z.B. BGH, Urteile vom 10. November 2009 aaO Rn. 13 und vom 23. September 2008 aaO Rn. 16 jeweils m.w.N.). Dies ist etwa der Fall, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquel- len nicht genutzt hat (OLG Saarbrücken NZG 2008, 638, 640; Palandt/Ellenberger , BGB, 69. Aufl., § 199 Rn. 36). Ihn trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben. Vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers anzunehmen. Für den Gläubiger müssen konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anspruchs ersichtlich sein (BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO, S. 216 Rn. 16 m.w.N.).
17
bb) Gemessen hieran lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts die grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers und der Zedentin von ihrem etwaigen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte vor dem Jahr 2004 nicht bejahen. Allein der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, genügt, wie der Senat in seinem Urteil vom 8. Juli 2010 (III ZR 249/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) entschieden hat, noch nicht, um die grob fahrlässige Unkenntnis von einem Auskunfts- oder Beratungsfehler zu begründen. Danach gilt Folgendes:
18
Zwar kommt dem Anlageprospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten Genüge zu tun (z.B. Senat, Urteile 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 120 Rn. 24; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17 und III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12; vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 – BeckRS 2008, 13080 Rn. 7; vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1690, Rn. 9 und vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 jeweils m.w.N.). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen.
19
Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Anlageentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Anlageberaters oder -vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis zurück und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar".
20
Eine andere Betrachtungsweise stünde zum einen in einem Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der ein Mitverschulden des Anlageinteressenten im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung kommt, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf (z.B. BGHZ 100, 117, 125; BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1870 jeweils m.w.N.). Zum anderen würde sie den Anleger unangemessen benachteiligen und seinen Schadensersatzanspruch oftmals leer laufen lassen. Denn die Risiken und Nachteile einer Kapitalanlage wirken sich vielfach erst einige Jahre nach dem Erwerb finanziell spürbar aus (Reduzierung oder gar Wegfall von Ausschüttungen etc.). Fiele dem Anleger bereits die unterbliebene Lektüre des Anlageprospekts als grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Last, so wäre sein Schadensersatzanspruch häufig schon verjährt, bevor sich die Risiken oder Nachteile der Kapitalanlage für ihn "bemerkbar" machen und er sich daher veranlasst sieht, die Richtigkeit der ihm von einem Anlageberater oder -vermittler gegebenen Empfehlungen und Auskünfte zu hinterfragen.
21
cc) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts sind auch keine sonstigen Umstände ersichtlich, die ungeachtet der vorstehenden Ausführungen die Wertung rechtfertigen würden, die fehlende Kenntnis des Klägers und seiner Ehefrau von der (etwaigen) Unrichtigkeit der Auskünfte des Streithelfers der Beklagten beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Das Berufungsgericht hebt in diesem Zusammenhang das den beiden Anlegern eingeräumte Widerrufsrecht und die Tatsache hervor, dass sie zur Eingehung der Beteiligung einen Kredit aufnahmen. Zum einen hat es jedoch diese Umstände bei seiner Würdigung nicht als selbstständig tragend erachtet, sondern nur ergänzend herangezogen. Zum anderen würden sie den Vorwurf einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung des Klägers und seiner Ehefrau auch nicht rechtfertigen.
22
Das dem Kläger und der Zedentin eingeräumte Widerrufsrecht sollte den Anlegern in erster Linie ermöglichen, ihre Anlageentscheidung dahin zu überdenken , ob sie zweckmäßig war, sowie sie in die Lage zu versetzen, noch andere , möglicherweise günstigere Angebote zu prüfen. Zwar hätte das Widerrufsrecht den Kläger und seine Ehefrau auch in die Lage versetzt, sich problemlos von der Beteiligung zu lösen, wenn sie erkannten, hinsichtlich der Anlagerisiken falsche Auskünfte erhalten zu haben. Aber auch Anleger, denen kein Widerrufsrecht zusteht, können, wenn ein Beratungs- oder Auskunftsfehler vorliegt , in der Regel verlangen, ihre Beteiligung rückabzuwickeln oder wirtschaftlich so gestellt zu werden, als ob sie sie nicht eingegangen wären. Deshalb hat ein Investor, der zusätzlich über ein gesetzliches oder vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht verfügt, bei Auskunftspflichtverletzungen gegenüber jenen anderen Anlegern lediglich in tatsächlicher Hinsicht leichtere Möglichkeiten, seine Rechte durchzusetzen. Hieraus folgt aber - wenn überhaupt - nur eine geringfügig gesteigerte Obliegenheit, die ihm anempfohlene Beteiligung anhand des Prospekts auf Risiken hin zu überprüfen, über die der Anlagevermittler möglicherweise getäuscht hat. Jedenfalls käme einer in solcher Weise verstärkten Obliegenheit kein derartig erhöhtes Gewicht zu, dass ihre Verletzung als grob fahrlässig zu beurteilen wäre.
23
Gleiches gilt für den Umstand, dass der Kläger und die Zedentin zur Finanzierung der Beteiligung Fremdkapital eingesetzt haben. Zwar nimmt ein Anleger , der die von ihm eingegangene Beteiligung kreditfinanziert, im Hinblick auf die Zinsen und unter Umständen langfristig belastenden Kapitaltilgungsverpflichtungen ein höheres wirtschaftliches Risiko auf sich als derjenige, der die Investition aus eigenen Mitteln aufbringt. Er mag deshalb zu noch größerer Vorsicht Anlass haben als ein "liquider" Anlageinteressent. Unterlässt er die - grundsätzlich jedem Anleger gebotene - Lektüre des Anlageprospekts, be- gründet dies aber im Vergleich mit einem Anleger, der Eigenkapital einsetzt, keinen derart gesteigerten Vorwurf eines Verschuldens gegenüber sich selbst, dass dies als grobe Fahrlässigkeit zu bewerten ist.
24
4. Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu den Voraussetzungen und zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs getroffen hat, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 03.07.2008 - 12 O 96/07 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 19.02.2009 - 12 U 140/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 27/10
Verkündet am:
14. April 2011
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. April 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 15. Januar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger zeichnete zunächst am 27. Februar 2002 eine Beteiligung an der F. Beteiligungsgesellschaft 75 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. - Fonds 75), einem geschlossenen Immobilienfonds, über 50.000 € zuzüglich Agio. Am gleichen Tag erhielt er dazu einen farbigen, 125 Seiten umfassenden Prospekt. Nachdem der zur Finanzierung des Anlagebetrags gewünschte Bankkredit unter Hinweis auf eine negative Einschätzung des Fonds im sogenannten "G. -Report", der auch dem Kläger zugänglich gemacht wurde, abgelehnt worden war, wurde seine Beitrittserklärung einvernehmlich "entwer- tet". Nach weiteren Gesprächen mit den Mitarbeitern der Beklagten, L. und S. , zeichnete er am 11. März 2002 und 19. April 2002 erneut Beteiligungen am F. -Fonds 75 über 20.000 € und 30.000 €, jeweils zuzüglich Agio. Diese Beträge wurden von unterschiedlichen Kreditinstituten finanziert.
2
Der Kläger hat die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil sich der F. -Fonds 75 nicht seinen Erwartungen entsprechend entwickelt habe und die der Zeichnung seiner Beteiligungen vorausgegangene Beratung hinsichtlich der bestehenden Risiken sowie der Eignung für eine sichere Altersvorsorge unzutreffend gewesen sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich seine vom Senat zugelassene Revision, mit der er seine bisherigen Klageanträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


4
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch verneint, weil zwischen den vom Kläger behaupteten Beratungspflichtverletzungen und der Zeichnung der jeweiligen Beteiligungen kein ursächlicher Zusammenhang festgestellt werden könne. Dabei komme es auf die Angaben des Beraters L. im Zusammenhang mit der Beitrittserklärung vom 27. Februar 2002 nicht an, weil diese später ohnehin storniert worden sei. Zudem sei nicht erkennbar, dass sich eine besonders günstige, schönfärberische Darstellung des Fonds auf die weiteren Beitrittserklärungen des Klägers entscheidend ausgewirkt habe. Denn derartige Angaben, insbesondere zu einer "sicheren Altersvorsorge", seien jedenfalls durch den dem Kläger bereits am 27. Februar 2002 überreichten Prospekt in Frage gestellt und maßgeblich relativiert worden. Darüber hinaus sei der Kläger durch den so genannten G. -Report, den er nach eigenen Angaben gelesen habe, über die Risiken der Anlage eingehend aufgeklärt worden. Auch soweit die Berater L. und S. seine auf dem Inhalt des G. -Reports beruhenden Bedenken zerstreut haben sollten, sei dies für die Anlageentscheidung nicht kausal gewesen. Die in diesem Report wiedergegebenen Fakten und Rückschlüsse seien nicht als unrichtig hingestellt worden, es habe sich lediglich um Hinweise auf dieser Veröffentlichung zugrunde liegende Beweggründe gehandelt. Letztlich ließen die Angaben des in Anlagegeschäften erfahrenen Klägers bei seiner mündlichen Anhörung die Möglichkeit offen, dass er unabhängig von einer "Überredung" aufgrund eigener Entscheidung und Prüfung etwaiger Bedenken entschlossen gewesen sei, dem Fonds beizutreten.

II.


5
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in mehrfacher Hinsicht nicht stand. Ausgehend von dem für die revisionsrechtliche Beurteilung zugrunde zu legenden, mit tauglichen Beweisangeboten versehenen, Vortrag des Klägers zu Beratungspflichtverstößen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts , das geschilderte Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten habe keine ent- scheidende Auswirkung auf den Entschluss des Klägers gehabt, die Beteiligungen am F. -Fonds 75 zu zeichnen, rechtsfehlerhaft.
6
1. Die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Behauptungen des Klägers zu den Erklärungen der Berater L. und S. - auch schon anlässlich der Beratung vor Zeichnung der später stornierten Beteiligung am 27. Februar 2002 - bezüglich der Eignung für eine sichere Altersvorsorge und bestehender Risiken war nicht deshalb entbehrlich, weil der ihm übergebene Prospekt mögliche unzutreffende Angaben in Frage gestellt hat und ausreichende Hinweise auf die Gefahr geringerer oder ganz ausbleibender Ausschüttungen sowie ein Totalverlustrisiko enthielt. Diese Auffassung widerspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
7
Danach kann eine ordnungsgemäße Erfüllung der bestehenden Aufklärungspflichten gegenüber dem Anlageinteressenten zwar auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln , und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann. Der Umstand indes, dass ein solcher Prospekt Chancen und Risiken der Anlage hinreichend verdeutlicht, ist kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise und Erläuterungen im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rn. 15, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07, juris Rn. 7, jeweils vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06, NJW-RR 2007, 1690 Rn. 10, und III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9). Hinzu kommt, dass der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anla- geberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht beimisst. Die notwendig allgemein gehaltenen und mit zahlreichen Fachbegriffen versehenen Prospektangaben treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2010, aaO).
8
Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall, sofern sich die Behauptungen des Klägers zum Inhalt der Beratung, insbesondere zu einer beschönigenden Darstellung des Fonds - an denen er durchgängig festgehalten hat, und von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist -, als zutreffend erweisen , ein für die Zeichnungsentscheidung ursächliches Beratungs- und Aufklärungsverschulden vor, das sich die Beklagte nach §§ 276, 278 BGB zurechnen lassen muss.
9
2. Ein weiterer durchgreifender Mangel des Berufungsurteils liegt darin, dass die Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers und damit eine Haftung der Beklagten auch deshalb verneint worden ist, weil der Kläger nicht nur durch den Prospekt, sondern auch durch den sogenannten G. -Report eine eingehende Aufklärung über die fragliche Anlage und die damit verbundenen Risiken erhalten habe. Das Berufungsgericht übersieht bereits im Ausgangspunkt, dass der G. -Report der Ursächlichkeit eines Aufklärungs- und Beratungsverschuldens nur insoweit entgegenstehen kann, als entsprechende Risiken darin überhaupt angesprochen worden sind. Der Inhalt, vor allem der in den Vordergrund gestellte Hinweis auf teilweise nur kurzfristige Mietverträge und die sich daraus ergebende zweifelhafte Vollvermietung des Anlageobjekts, stehen der Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers für die Anlageentscheidung des Klägers jedoch nicht entgegen. Denn der Kläger hat über die vom Berufungsgericht auf- gezählten, im G. -Report enthaltenen Informationen hinaus unter Beweisantritt geltend gemacht, die Berater L. und S. hätten ihm mitgeteilt , er brauche im schlimmsten Fall "mal" mit reduzierten Ausschüttungen für ein bis zwei Jahre zu rechnen; über ein Totalverlustrisiko sei er nicht aufgeklärt worden. Dieses Vorbringen ist für die Beurteilung der Kausalität von maßgeblicher Bedeutung, vom Berufungsgericht aber ersichtlich unberücksichtigt gelassen worden. Der Report enthält gerade keine Richtigstellung und keinen Bezug zu den behaupteten Angaben der Berater bezüglich eines etwa nur "eingeschränkten" Risikos und auch sonst keinen unmittelbaren Hinweis auf ein Totalverlustrisiko. Aus dem vom Berufungsgericht dargestellten wesentlichen Inhalt des Reports könnte ein hinreichend sachkundiger oder besonders misstrauischer Anlageinteressent allenfalls mittelbar den Rückschluss ziehen, dass sogar die Gefahr eines vollständigen Verlustes der eingesetzten Gelder bestehen kann. Da aber dieses für die Anlageentscheidung besonders wesentliche Risiko nicht ausreichend deutlich wird, konnten insoweit das Beratungsdefizit und dessen Ursächlichkeit für die Anlageentscheidung durch den "G. -Report" nicht beseitigt werden.
10
3. Die Revision rügt weiter im Ergebnis zu Recht, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, das spätere Verhalten der Berater L. und S. , die dem Kläger Bedenken aufgrund des G. -Reports gegen die Seriosität des Fonds ausgeredet haben sollen, sei für die Anlageentscheidung nicht ursächlich gewesen, ebenfalls von Rechtsfehlern beeinflusst ist. Denn bereits in der Klageschrift und unter Hinweis darauf im Berufungsverfahren hat der Kläger mit entsprechenden Beweisangeboten vorgetragen, der G. -Report sei nicht nur als durch Neid veranlasst, sondern auch inhaltlich als unzutreffend dargestellt worden. Dabei mag es zwar sein, dass er diesen Vortrag in seiner persönlichen Anhörung so nicht ausdrücklich wiederholt hat. Gleichwohl hätte das Berufungsgericht diesen jedoch nicht, jedenfalls nicht ohne eine entsprechende Nachfrage, übergehen dürfen.
11
a) In seiner persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger zwar mitgeteilt, dass inhaltliche Argumente zur Richtigkeit des G. - Reports, den er zuvor gelesen habe, wohl nicht geäußert worden seien. Diese Angaben sind jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht allein maßgebend, sondern im Zusammenhang mit seinen weiteren Äußerungen zu beurteilen. Danach sollen die Berater L. und S. dem Kläger sinngemäß erläutert haben, dass hinter dem Report die N. Landesbank stecke, die diesen initiiert habe, und alles nur "Mache" sei, weil sie an der Finanzierung des F. -Fonds nicht beteiligt gewesen sei. So seien ihm und den Eheleuten B. die auf dem G. -Report fußenden Bedenken ausgeredet worden. Der Berater S. habe noch zusätzlich erklärt, er habe mit einem Mitarbeiter der Sparkasse B. telefoniert und ihm dabei erklärt, er verbitte sich, dass die Sparkasse den F. -Fonds schlecht rede.
12
b) Diese vom Kläger behaupteten Äußerungen der Anlageberater legen bei unbefangener Betrachtung aber die Annahme nahe, dass die im G. - Report enthaltenen Ausführungen damit auch als inhaltlich unrichtig dargestellt werden sollten. Der Kläger konnte jedenfalls den deutlichen Hinweis auf eine angeblich sachwidrig motivierte Veranlassung des Reports im Hinblick auf das im Vordergrund stehende Ziel der Berater, ihn von der Werthaltigkeit des Fonds zu überzeugen, nur dahin verstehen, dass die darin enthaltenen Bedenken auch der Sache nach unbegründet waren, wie er dies auch in der Klageschrift bereits ausgeführt hatte. Die Wertung des Berufungsgerichts, es habe sich lediglich um die Darstellung der Beweggründe für eine derartige Berichterstattung gehandelt, berücksichtigt nicht den Gesamtzusammenhang der Äußerungen des Klägers und geht deshalb am wesentlichen Kern dessen vorbei, was er erkennbar hat zum Ausdruck bringen wollen.
13
4. Letztlich verkennt das Berufungsgericht auch die Rechtsprechung des Senats, wonach für einen Ursachenzusammenhang zwischen einer Beratungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung und dafür, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte , eine durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung streitet , die von dem Aufklärungspflichtigen durch konkreten Vortrag zu entkräften ist (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 2010, aaO, Rn. 20; vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, NJW 2010, 3292 Rn. 20 mwN; vom 19. Juni 2008, aaO Rn. 8 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, WM 2006, 668, 671). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist deshalb auch die Annahme im Berufungsurteil, die Angaben des Klägers in seiner mündlichen Anhörung ließen die Möglichkeit offen, dass er unabhängig von einer "Überredung" durch die Mitarbeiter der Beklagten aufgrund eigener Entscheidung und Prüfung bestehender Bedenken entschlossen gewesen sei, dem Fonds beizutreten, von Rechtsfehlern beeinflusst.
14
5. Aus diesen Gründen kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Da der Rechtsstreit mangels der erforderlichen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist, war das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Es wird dabei gegebenenfalls auch Gelegenheit haben, Feststellungen zur Frage des Eintritts der Verjährung zu treffen; insoweit wird auf die bereits erwähnten Senatsentscheidungen vom 22. Juli 2010 (aaO, Rn. 9 ff) und 8. Juli 2010 (aaO, Rn. 22 ff) sowie das weitere Senatsurteil vom 22. Juli 2010 (III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn. 13 ff) verwiesen.
15
6. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 23.04.2009 - 2 O 2547/07 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 15.01.2010 - 2 U 70/09 -

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 08.09.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal - 23 O 498/08 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 63.000,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2003 zu zahlen unter Anrechnung folgender Vorabausschüttungen

3.030,30 Euro am 02.11.2007

1.212,12 Euro am 28.06.2007

1.818,18 Euro am 14.02.2008

sowie Zug um Zug gegen Rückübertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds „N. GmbH & Co. KG“ auf die Beklagte.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der Fonds-Anteile in Verzug befindet.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.716,08 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2008 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung einer Beteiligung an einem Filmfonds wegen Falschberatung und unterlassener Aufklärung über eine geflossene Rückvergütung.

2

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen, mit der Maßgabe, dass bereits in erster Instanz neben einer Falschberatung auch die sog. „kick-back-Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs Streitgegenstand war (vgl. Bl. 99, 120 f, 128 f I d.A.).

3

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei anlage- und anlegergerecht beraten worden. Darauf, dass die Beklagte über eine weitere Provision der Beklagten neben dem zu zahlenden Agio nicht ausdrücklich hingewiesen habe, habe sich der Kläger nicht gestützt; im Übrigen habe der als Zeuge vernommene Bankmitarbeiter M. insoweit gemutmaßt, dass der Kläger die Anlage auch nach einem entsprechenden Hinweis gezeichnet hätte.

4

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er trägt vor, bei dem streitgegenständlichen Fonds handele es sich nicht um die von ihm gewünschte „ertragsorientierte“, sondern um eine spekulative, mindestens jedoch eine risikobewusste Anlageform. Der Zeuge M. habe ihn bereits deshalb nicht richtig beraten können, weil er nach seiner eigenen Aussage vor dem Landgericht offenbar selbst völlig falsche Vorstellungen über die Voraussetzungen eines Totalverlustes gehabt habe. Im Übrigen sei er, der Kläger, nicht konkret über die Rückvergütung aufgeklärt worden.

5

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

6

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, denn der Kläger hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB.

7

1. a) Die Beklagte hat gegen die Grundsätze der anlage- und anlegergerechten Beratung verstoßen.

8

a) Zwischen den Parteien ist hier - unstreitig - zumindest stillschweigend ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 26; OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 35; OLG Hamm, Urt. v. 23.09.2009, 31 U 31/09, Rn. 52; jeweils zitiert nach juris). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind entscheidend einerseits der Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft, wobei das vom Kunden vorgegeben Anlageziel zu berücksichtigen ist („anlegergerechte“ Beratung), sowie andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarkts, und die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben („objektgerechte“ Beratung). Über diese Umstände hat die Bank richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten, soweit diese für das konkrete Anlagegeschäft von Bedeutung sind (vgl. BGHZ 123, 126, 128 f; BGH, WM 2000, 1441, 1442; OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 159 f).

9

b) aa) In dem Protokoll zur Kundenberatung vom 20.11.2003 sind hinter der Frage „Wie beschreibt der Anleger seine Anlagementalität?“ vier Optionen vorgesehen, nämlich „auf Sicherheit der Anlage bedacht“, „ertragsorientiert“, „risikobewusst“ und „spekulativ“, wobei die zweite Möglichkeit „ertragsorientiert“ angekreuzt worden ist. Anders als bei einem Immobilienfonds ist mit der Beteiligung an einem Filmfonds aber von vornherein ein erhöhtes Risiko verbunden, das darin besteht, dass der Misserfolg der Produktion unmittelbar einen entsprechenden Verlust des eingebrachten Kapitals nach sich ziehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.2009, XI ZR 338/08, Rn. 28). Eine solche Anlage passt daher von vornherein nur zu einem zumindest „risikobewussten“ Anleger. Ob der Kläger vor der streitgegenständlichen Anlage bei anderen Anlagen eine höhere Risikobereitschaft an den Tag gelegt hat, tut angesichts des in Bezug auf die streitgegenständliche Anlage klar zum Ausdruck gekommenen Wunsches nach einer lediglich „ertragsorientierten“ Anlage nichts zur Sache, zumal die Fondsbeteiligung unstreitig aus Sparvermögen bezahlt worden ist, dessen Vorhandensein allein bereits verdeutlicht, dass der Kläger hier nicht allzu risikofreudig gewesen sein kann.

10

bb) Darüber hinaus hat die Beklagte nicht hinreichend deutlich auf die Möglichkeit eines Totalverlustes hingewiesen.

11

(1) Zwar hat der Zeuge M. ausgesagt, einen derartigen Hinweis erteilt zu haben. Der Zeuge hatte aber offenbar selbst völlig diffuse Vorstellungen über den Begriff des Totalverlustes, denn er hat hierzu im Landgerichtstermin vom 18.08.2009 ausgesagt: „Ein Totalverlust ist nach meiner Vorstellung dann eingetreten, wenn das Finanzamt die steuerliche Wirkung nicht anerkennen würde. Das wäre dann, wenn keine Erträge erzielt würden. Ein Totalverlust hieße, es wäre überhaupt kein Geld da. ... ein Totalverlust liegt für mich vor, wenn weder Ausschüttungen erfolgen, noch ein Vorteil in der Einkommenssteuer vorliegt. Aus meiner Sicht tritt ein Totalverlust eben nicht ein, wenn die steuerliche Komponente berücksichtigt wird“ (Bl. 180 f I d.A.). Vor diesem Hintergrund konnte der Zeuge M. den Kläger naturgemäß nicht zutreffend darüber aufklären, dass der Misserfolg der Produktion unmittelbar einen Verlust des eingebrachten Kapitals nach sich ziehen konnte.

12

(2) Insoweit kann sich die Beklage auch nicht auf den bei der Beratung (hier mit-) verwendeten (vgl. dazu OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 87 ff, zitiert nach juris) Prospekt berufen. Dort findet sich auf Seite 53 unter der Überschrift „Risiken der Beteiligung“ im zweiten Absatz zwar der Hinweis, es bestehe „infolge zukünftiger wirtschaftlicher oder rechtlicher Entwicklungen die Möglichkeit, dass die tatsächlichen Ergebnisse der Beteiligungsgesellschaft von den prognostizierten Ergebnissen negativ abweichen und zu einer Reduzierung oder Verschiebung der prognostizierten Ausschüttungen bzw. im Extremfall ggf. zum Verlust der Kommanditeinlage führen“ könnten. Unmittelbar vorher, am Ende des vorangehenden Absatzes, heißt es aber, die Konzeption des vorliegenden Beteiligungsangebots beinhalte „gewisse Sicherungselemente (Vorzugserlöse aus der Rahmenvertriebsvereinbarung, s.S. 19, sowie vom Filmerfolg unabhängige Mindesterlöse s.S. 20), die lediglich eine Minimierung des Risikos für die Beteiligungsgesellschaft und letztendlich für die Anleger darstellen“. Unmittelbar nach dem Hinweis auf das Risiko eines Totalverlusts wird dann ausgeführt, dass „die Beteiligungsgesellschaft grundsätzlich eine Begrenzung spezifischer Produktionsrisiken durch den Abschluss von üblichen Versicherungen und einer Fertigstellungsgarantie sicherstellen“ werde; dennoch könnten „unerwartete Ereignisse eintreten, die ggf. zu negativen Auswirkungen auf das Ergebnis der Beteiligungsgesellschaft führen“ könnten. Der im Prospekt vorhandene Hinweis auf das Risiko eines Totalverlusts ist damit eingebettet in Ausführungen, die ersichtlich den Gesamteindruck vermitteln sollen, dass der Anleger mit seiner Beteiligung nur ein äußerst begrenztes Risiko eingeht. Dies stellt keine hinreichend klare, sondern eine im Hinblick auf die spezifischen Risiken eines Filmfonds irreführende und verharmlosende Information über das Risiko eines Totalverlusts dar (vgl. BGH, Urt. v. 06.03.2008, III ZR 298/05, Rn. 22, zitiert nach juris; WM 2007, 1503, 1504, Rn. 15; 1507, 1509, Rn. 14; OLG München, Urt. v. 18.07.2007, 20 U 2052/07, Rn. 35; vgl. auch OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 89-100; jeweils zitiert nach juris).

13

2. Unabhängig von der vorliegenden Falschberatung hat die Beklagte - wie der Senat in ähnlichen Fällen bereits mehrfach nach § 522 Abs. 2 ZPO entschieden hat (siehe Senat, 6 U 99/09: Hinweisbeschluss vom 30.09.2009 und Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 21.10.2009 sowie Senat, 6 U 106/09: Hinweisbeschluss vom 15.10.2009 und Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 29.10.2009) - ihre Pflicht zur Aufklärung über die erhaltene Rückvergütung verletzt, weil sie dem Kläger verschwiegen hat, dass von den 10,5 % Eigenkapitalvermittlungsgebühr, welche die G. erhielt, 9 %, d.h. über das Agio i.H.v. 5 % hinaus weitere 4 % an die Beklagte geflossen sind.

14

a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19.12.2006, XI ZR 56/07; Beschluss vom 20.01.2009, XI ZR 510/07; Urteil vom 12.05.2009, XI ZR 586/07; jeweils zitiert nach juris) ist ein Anlageberater verpflichtet, den Anlageinteressenten über Rückvergütungen aufzuklären, die ihr der Eigenkapitalsuchende für den Fall der Zeichnung in Aussicht gestellt hat, und zwar unabhängig von der Höhe einer solchen Provision. Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass Anlageberater, anders als bloße Vermittler, in besonderem Maße persönliches Vertrauen des Anlegers in Anspruch nehmen. Stellt eine Fonds-Gesellschaft oder ein Emittent für die Vermittlung von Beteiligungen dem Berater eine Vergütung in Aussicht, ist damit ein Interessenkonflikt und eine Gefährdungssituation für den Anleger verbunden, denn dieser kann nicht ausreichend einschätzen, inwieweit sein Berater eine bestimmte Anlage nur im Eigeninteresse empfiehlt, um eine versprochene Provision zu verdienen (vgl. OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 41, zitiert nach juris). In seiner Entscheidung vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 12, zitiert nach juris, hat der Bundesgerichtshof auch bereits ausdrücklich ausgeführt, dass es hinsichtlich der Verpflichtung zur Aufklärung über die Rückvergütung keinen Unterschied macht, ob der Berater Beteiligungen an Aktien- oder Medienfonds vertreibt, weil der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt in beiden Fällen der gleiche und in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG lediglich der auch zivilrechtlich anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden ist.

15

b) Die von den Banken in einer ganzen Reihe von Parallelverfahren gegen diese höchstrichterliche Rechtsprechung ins Feld geführten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht.

16

aa) Das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot führt nicht dazu, dass eine von einer bis dahin in der Literatur vertretenen Meinung abweichende neue Rechtsprechung nur für die Zukunft wirkt. Änderungen in der Rechtsprechung sind durchaus nicht selten und teilweise mit ganz erheblichen Auswirkungen für eine Vielzahl von Fällen verbunden. Entscheidend ist hier, dass nie eine konsistente höchstrichterliche Entscheidung zu Gunsten der Banken vorlag, wonach diese über den hier vorliegenden Interessenkonflikt nicht aufzuklären brauchten (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 55, 56, zitiert nach juris). Bei dieser Sachlage konnte es durch eine anderslautende gerichtliche Entscheidung von vornherein nicht zu einer rückwirkenden Beseitigung erworbener Rechte kommen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 70; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 27; OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 86; Urt. v. 23.11.2004, 6 U 76/04, Rn. 30; Urt. v. 23.11.2004, 6 U 82/03, Rn. 49; jeweils zitiert nach juris).

17

bb) Der Bundesgerichtshof greift mit seiner Rechtsprechung auch nicht verfassungswidrig in das Grundrecht der Berufungsfreiheit (Art. 12 GG) des Anlageberaters ein, weil er außerhalb des Geltungsbereiches des Wertpapierhandelsgesetzes ohne besondere gesetzliche Grundlage die beschriebene Aufklärungspflicht angenommen hat. Auch bei wertpapierbezogenen Anlageberatungen folgt die Aufklärungspflicht nämlich nicht aus der öffentlich-rechtlichen (vgl. Fuchs, Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, Rn. 56 vor § 31 bis 37a) Vorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sondern aus den §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Zivilgerichte den Inhalt von Pflichten im Einzelfall durch Vertragsauslegung unter Anwendung abstrakter Prinzipien wie dem Vertrauensprinzip im Bankgeschäft, dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der kommissionsrechtlichen Pflicht zur Interessenwahrung (§ 384 HGB) und vorvertraglichen Pflichten (§ 311 Abs. 2 BGB) bestimmen (vgl. Fuchs, a.a.O., Rn. 59, 60 – 62). Dabei können sie auch grundsätzliche Wertungen aus kapitalmarktrechtlichen Vorschriften außerhalb deren unmittelbar öffentlich rechtlichem Anwendungsbereich heranziehen. Wie oben bereits erwähnt, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 12, zitiert nach juris, daher ausdrücklich betont, dass die Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zwar in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. normiert ist, sich aber nicht auf den Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschränkt. Ein verfassungswidriger Eingriff in die Berufsfreiheit liegt demnach nicht vor (so im Ergebnis auch OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 70 und OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 47, jeweils zitiert nach juris, sowie mit weitergehender Begründung OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 36-53).

18

cc) Im Übrigen kann es weder unter dem Gesichtspunkt der Berufsausübungsfreiheit noch dem Rückwirkungsverbot Aufgabe des Verfassungsrechts sein, es den Banken zu ermöglichen, das ersichtlich treuwidrige Verschweigen eines massiven Interessenkonflikts risikolos bis zu dem Zeitpunkt weiterführen zu können, in dem die höchstrichterliche Rechtsprechung – was sie anderen Berufsgruppen gegenüber längst getan hatte (dazu unten) – speziell auch ihnen dies erstmals ausdrücklich untersagt.

19

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten beinhaltet der Prospekt keine ausreichende Aufklärung des Anlegers.

20

Daraus, dass der Anleger auf Seite 25 des Prospekts erfährt, dass die G. berechtigt ist, zur Vermittlung des Eigenkapitals der Beteiligungsgesellschaft ganz oder teilweise Dritte zu beauftragen, auf den Seiten 39 und 50 allgemein von an die G. oder andere Vertriebspartner zu zahlende Eigenkapitalvermittlungskosten bzw. auf Seite 63 von einer Eigenkapitalvermittlungsgebühr i.H.v. 5,5 % die Rede ist, lässt sich die vom Bundesgerichtshof geforderte Aufklärung nicht entnehmen. Hieraus wird bereits nicht deutlich, dass es sich bei diesen nicht weiter bezeichneten Vertriebspartnern letztlich um die beratenden Banken handelt, welche mit den Anlegern in direkten Kontakt treten. Insbesondere lässt sich nicht ermessen, in welchem Umfang die G. ihre eingesetzten Vertriebspartner an den ihr zufließenden Anteil des gezeichneten Kapitals teilnehmen lässt und ob es sich hierbei überhaupt um eine umsatzabhängige Provision handelt. Der Anleger bleibt letztlich zu Art und Umfang einer solchen Provision im Unklaren (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/05, Rn. 24, zitiert nach juris) und kann deshalb ein mögliches Umsatzinteresse der beratenden Bank nicht einschätzen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 31; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 56; OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 42; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 23; OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 57; jeweils zitiert nach juris; OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, S. 3, 1. Absatz). In der Entscheidung des BGH vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07), der ein Fall zu Grunde lag, in dem Vertriebskosten grundsätzlich ebenfalls erwähnt waren, heißt es unter Rn. 13 ausdrücklich, dass die Beklagte den (dortigen) Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs über den Interessenkonflikt informieren musste. Insoweit liegt es auf der Hand, dass die Beklagte die unterlassene Aufklärung im persönlichen Beratungsgespräch über einen grundlegenden Interessenkonflikt der vorliegenden Art auch nicht durch einzelne verstreute und zudem insbesondere zur Höhe der Provision unvollständige Angaben im Prospekt ersetzen kann. Zwar lässt sich dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07) nicht entnehmen, dass eine Pflicht zur Mitteilung der genauen Höhe der Provision besteht. Letzteres ergibt sich aber bereits aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006, XI ZR 56/07, Rn. 24, zitiert nach juris. Soweit demgegenüber das OLG Frankfurt (Urt. v. 24.06.2009, 17 U 307/08, Rn. 450, 51, zitiert nach juris) eine Aufklärungspflichtverletzung unter Hinweis auf die rechtzeitige Übergabe des Prospektes verneint und sich zur Begründung auf die Entscheidung des BGH vom 25.09.2007 (XI ZR 320/06, zitiert nach juris) beruft, weicht es damit von der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab. Zudem hat sich der Bundesgerichtshof in der vom OLG Frankfurt zitierten Entscheidung auch nicht mit der Aufteilung einer Vertriebsprovision und einem Eigeninteresse des Anlageberaters befasst, sondern zur Aufklärung über die Werthaltigkeit und Rentabilität einer Anlage und ihrer Aushöhlung durch sogenannte „weiche“ Kosten Stellung bezogen (Rn. 15 und 16 a.a.O.). Daraus lässt sich nicht ableiten, dass ein Prospekt, der die Höhe der Kapitalbeschaffungskosten zutreffend ausweist, bereits auf das spezifische Eigeninteresse der beratenden Bank schließen lässt und weitere individuelle Aufklärung hierüber entbehrlich macht. Im Übrigen beruht die Entscheidung des OLG Frankfurt auf der Annahme, dass die fehlende Aufklärung über die genaue Höhe der Rückvergütung auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls für die Anlageentscheidung nicht kausal geworden sei und steht auch deshalb einer abweichenden Wertung im vorliegenden Fall nicht entgegen (so bereits OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, Rn. 58, zitiert nach juris).

21

d) Die Beklagte ist auch nicht durch einen unvermeidbaren Rechtsirrtum entschuldigt, denn sie musste bei der im Jahre 2003 vorgenommenen Beratung mit einer entsprechenden Aufklärungspflicht rechnen.

22

aa) Insoweit reicht bereits Fahrlässigkeit aus. Die Voraussetzungen für einen Rechtsirrtum, der neben dem Vorsatz auch die Fahrlässigkeitsschuld entfallen lässt, sind besonders streng (BGHZ 74, 281, 284, BGHZ 89, 296, 303; BGH NJW 2007, 428, 430). Der Schuldner hat die Rechtslage unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung umfassend zu prüfen. Entlasten kann ihn ein Rechtsirrtum nur dann, wenn er mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH NJW 2006, 3271). Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage darf er nicht das Risiko, dass seine eigene Beurteilung sich später durch höchstrichterliche Entscheidungen als unzutreffend herausstellt, dem Gläubiger zuschieben (vgl. OLG München, Urt. v. 27.02.2009, 17 U 5587/06, Rn. 97, zitiert nach juris). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lag kein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor; vielmehr lag es auf Hand, dass es treuwidrig ist, wenn eine als unabhängige Beraterin auftretenden Bank ihrem Kunden verschweigt, dass sie für ihre Beratungsleistungen von dritter Seite selbst eine Provision erhält.

23

bb) Ergänzend zu der insoweit bereits vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 15, in Bezug genommenen Rechtsprechung zum Geschäftsbesorger und Kommissionär ist auf eine Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1904 hinzuweisen, wonach es Treu und Glauben widerspricht, wenn ein Bankier als Kommissionär seinem Kunden einen Teil seiner Bonifikation verschweigt (RG, JW 1905, 118). Auch für die Steuerberaterhaftung ist seit langem höchstrichterlich anerkannt, dass ein Steuerberater eine schwerwiegende Pflichtverletzung begeht, wenn er bei der Erteilung einer Anlageempfehlung seinem Mandanten nicht offenlegt, dass er für das Zustandekommen der Beteiligung eine Provision erhält (vgl. BGH, NJW 1985, 2523; NJW-RR 1987, 1381; NJW-RR 1991, 145). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestanden auch bereits Ansätze, die auf eine solche Pflicht der Bank hindeuteten (vgl. die Übersicht im Urteil des LG Wuppertal vom 12.03.2009, 3 O 240/08, Rn. 106-111, zitiert nach juris). So hat der BGH in seinem Urteil vom 19.12.2000 (NJW 2001, 962, 963), das alsbald in den bankrechtlichen Fachzeitschriften veröffentlicht worden ist (vgl. etwa WM 2001, 297 ff), bereits klargestellt, dass eine Bank dem Vermögensverwalter ihres Kunden gewährte Rückvergütungen wegen eines damit verbundenen Interessenkonfliktes offen legen muss. Dass dies für von der Bank im Rahmen der Anlageberatung selbst vereinnahmte Rückvergütungen erst recht gelten muss, war daher vorhersehbar (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 33; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 65; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 26; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 22; jeweils zitiert nach juris), zumal diese Auffassung in gewichtigen Teilen der Literatur seit jeher vertreten wurde (vgl. die Literaturhinweise bei OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 72, zitiert nach juris; OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, Seite 5 letzter Absatz, Seite 6 erster Absatz; OLG Celle, Urt. vom 01.07.2009, 3 U 257/08, Rn. 37; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 22; LG Heidelberg, Urt. v. 14.07.2009, 2 O 371/08, Rn. 125; LG Hamburg, Urt. v. 18.03.2009, 301 O 26/08, Rn. 38; jeweils zitiert nach juris). Darüber hinaus bestand, worauf der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 15, zitiert nach juris, ausdrücklich hingewiesen hat, bereits seit dem 26.05.1997 eine Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel, nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird. Nicht erst mit dem Erscheinen des Aufsatzes von Schirp/Mosgo „Aufklärungspflichten bei internen Provisionsvereinbarungen“ in BKR 2002, 354 musste die Beklage daher ernsthaft mit einer derartigen Offenlegungspflicht rechnen.

24

cc) Die Beklagte durfte hier auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertrauen, wonach der Vermittler den Anleger auf eine im Anlagenprospekt nicht ausgewiesene Innenprovision nur hinweisen muss, wenn diese mindestens 15 % beträgt (vgl. BGH, NJW 2004, 1732, 1735). Nach einem Urteil des XI. Zivilsenats vom 25.09.2007 (BKR 2008, 199, 200) gilt dies zwar auch für eine Bank, die ihrem Kunden den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds empfiehlt. In dieser Entscheidung wird aber weder klargestellt noch angedeutet, dass die Rechtsprechung zur Offenbarungspflicht bei Rückvergütungen nicht auf geschlossene Fonds übertragbar wäre. Das Urteil vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05) wird dort nicht einmal erwähnt, und es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bank in dem zur Entscheidung stehenden Fall selbst an den Innenprovisionen teilgehabt hätte. Zudem haben die Pflicht zur Aufklärung über eine Innenprovision und die Pflicht zur Aufklärung über eine Rückvergütung völlig unterschiedliche Schutzrichtungen. Über eine Innenprovision von mehr als 15 % muss der Anleger aufgeklärt werden, weil sie keine Gegenleistung für die Schaffung eines Sachwerts darstellt und deshalb auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und eine geringere Rentabilität der Anlage schließen lässt. Diese Aufklärungspflicht besteht daher nur bei überhöhten Innenprovisionen, aber unabhängig davon, wer sie erhält. Auf eine ihr selbst zufließende Rückvergütung muss die Bank hingegen schon deshalb hinweisen, weil sie einen Interessenkonflikt und damit die konkrete Gefahr begründet, dass die Anlage nicht allein im Kundeninteresse empfohlen wird. Diese Offenbarungspflicht trifft daher nur den Anlageberater und gilt auch nur für dessen Rückvergütung, dafür aber unabhängig von deren Höhe (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 30, 34; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 51; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 18; jeweils zitiert nach juris).

25

dd) Vor diesem Hintergrund geht der Bundesgerichtshof in der vorliegenden Fallkonstellation ersichtlich vom Nichtvorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums aus. In seiner Entscheidung vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07) hat er einen solchen Irrtum erst gar nicht erwähnt, was sich auf Grund der Tatsache, dass die Fondsbeteiligung dort im Mai 2001 vermittelt worden war, geradezu aufgedrängt hätte, sofern es hierauf aus seiner Sicht angekommen wäre. In der Entscheidung vom 12.05.2009 (XI ZR 586/07) hat er für einen im Jahre 2001 geschlossenen Anlagevertrag wegen einer fehlenden Aufklärung über Rückvergütungen seitens des Wertpapierdienstleisters in einem Halbsatz und ohne weitere Begründung eine „ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten“ angenommen (a.a.O., zitiert nach juris, Rn. 18) und im Weiteren sogar eine Vorsatzschuld für nicht fernliegend erachtet. Dass hier kein vermeidbarer Verbotsirrtum vorliegt, ist damit endgültig geklärt (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 60 sowie OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 22; jeweils zitiert nach juris).

26

ee) Die einen Verbotsirrtum bejahenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden, (Urt. v. 24.07.2009, 8 O 1240/08, Rn. 27-44, zitiert nach juris) und Oldenburg (Urt. v. 11.09.2009, 11 U 75/09 = BB 2009, 2390 ff) überzeugen hingegen nicht. Beide Gerichte stellen wesentlich darauf ab, dass zum jeweiligen Beratungszeitpunkt noch kein vergleichbar gelagerter Fall höchstrichterlich entschieden gewesen sei und verweisen in diesem Zusammenhang auf die vermeintlich entgegenstehende Rechtsprechung des III. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs. Diese betrifft nach Gegenstand (Anlagevermittlung) und rechtlicher Anknüpfung (Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage) jedoch gerade nicht die vorliegend bestehende Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten, welche - wie aufgezeigt - bereits in der früheren Rechtsprechung zu Beratungs- und Vermögensverwaltungsverträgen angelegt war (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 35).

27

ff) Bei dieser Sachlage ist ein Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, weil sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung zumindest fahrlässig nicht erkannt und es deshalb unterlassen hat, ihre Anlagenberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 14; OLG Celle, Urt. v. 01.07.2009, 3 U 257/08, Rn. 38; jeweils zitiert nach juris; OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, S. 7 zweiter Absatz). Ferner ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte ohne Sorgfaltsverstoß ausgeschlossen haben will, dass die Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG auch zivilrechtliche Wirkung entfaltet und warum dies trotz des oben dargestellten Standes von Literatur und Rechtsprechung im hier fraglichen Anlagezeitraum 2003 anders sein soll (vgl. OLG München, a.a.O., S. 7 letzter Absatz).

28

e) Die fehlerhafte Anlageberatung bzw. die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten war auch für den Erwerb der Kapitalanlage und damit für den Schaden ursächlich.

29

Steht eine Beratungs- bzw. eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung beratungs- bzw. aufklärungsrichtigen Verhaltens, d.h. der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2006, III ZR 20/05, zitiert nach juris, Rn. 23, 24; OLG Celle, VersR 2003, 61, 65; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 105). Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (BGH, Urteil vom 12.05.2009, X ZR 586/05, Rn. 22, zitiert nach juris). Danach obliegt es der Beklagten, eine solche Vermutung zu widerlegen. Mutmaßungen allgemeinerer Art genügen hierfür nicht. Vielmehr bedarf es konkreter Anhaltspunkte, die den Schluss zulassen, dass der jeweilige Anleger sich trotz richtiger Aufklärung für die Anlage entschieden hätte. Die Beklagte verkennt, dass es bei der Kausalität nicht nur um die Frage geht, ob der Anleger bei richtiger Beratung und pflichtgemäßer Offenbarung der Rückvergütung ebenso entschieden hätte, sondern auch darum, dass die Beklagte durch die unterlassene Aufklärung über die Rückvergütung das der Beratung zugrunde liegende Vertrauensverhältnis mit dem Anleger zerstört hat und es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein Anleger dieses pflichtwidrige Handeln akzeptiert, über das zerstörte Vertrauensverhältnis hinweggesehen und dessen ungeachtet den Abschluss getätigt hätte (vgl. OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, S. 4, 1. Absatz; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 73; jeweils zitiert nach juris). Wegen der ursprünglich vorgesehenen und nicht offen gelegten Innenprovision steht aus Sicht des Anlegers die Objektivität der Beratung und damit letztlich die Qualität der empfohlenen Anlage insgesamt in Zweifel. Daran ändert im vorliegenden Fall auch die Aussage des Zeugen M. im Landgerichtstermin vom 18.08.2009 nichts, wonach der Kläger „wohl nichts dagegen gehabt“ hätte, dass die Bank i.H.v. 9 % mitverdient (Bl. 188 I d.A.), denn insoweit handelt es sich lediglich um eine die inneren Entscheidungsvorgänge des Anlegers betreffende bloße Mutmaßung des Zeugen, die nicht durch eine konkrete diesbezügliche Äußerung des Klägers unterlegt ist (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 73).

30

f) Da die Fondsbeteiligung nicht fremdfinanziert, sondern aus Sparguthaben bezahlt worden ist, muss auf die Frage, ob eine Widerruflichkeit des Darlehensvertrages den Schaden entfallen lässt, hier nicht eingegangen werden (verneinend Senat, 6 U 99/09 und 6 U 106/09 sowie OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 75; OLG Celle, Urt. 21.10.2009, 3 U 86/09, Rn. 54; OLG Schleswig, Urt. v. 27.01.2005, 7 O 75/03, Rn. 33; jeweils zitiert nach juris).

31

3. Auf Grund der schuldhaften Verletzung der Beratungspflicht sowie der Pflicht zur Aufklärung über die erhaltene Rückvergütung hat die Beklagte den Kläger so zu stellen, als habe dieser nach erfolgter Aufklärung von der Zeichnung Abstand genommen. Der Anspruch richtet sich auf Rückzahlung des aufgewandten Betrages, Zug um Zug gegen Herausgabe der Beteiligung (vgl. BGHZ 115, 213, 221; OLG Stuttgart, ZIP 2009, 2185, 2192) und unter Anrechnung der zwischenzeitlichen Ausschüttungen (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 28, zitiert nach juris). Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil die Rückabwicklung der Beteiligung im Rahmen des Schadensersatzes zu einer Nachversteuerung führt und weder vorgetragen, noch ersichtlich ist, dass dem Kläger danach außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 42; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 29, 30; jeweils m.w.N., zitiert nach juris). Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Klageforderung zutreffend berechnet.

32

4. Dem Kläger fällt auch kein anspruchsminderndes Mitverschulden zur Last.

33

a) Derjenige, der seine Vertragspflicht zur Erteilung richtiger Auskunft verletzt hat, kann gegenüber dem Ersatzanspruch des Geschädigten nach Treu und Glauben nicht geltend machen, diesen treffe ein Mitverschulden, weil er der Auskunft vertraut und dadurch einen Mangel an Sorgfalt gezeigt hat. Ein mitwirkendes Verschulden kann nur in Betracht kommen, wenn der Kunde seinerseits Obliegenheiten zur Nachprüfung verletzt hat, wenn sich ihm der verschwiegene Umstand geradezu aufdrängen musste, oder er Warnungen Dritter nicht beachtet hat (vgl. KG, OLGR 2000, 96, 98). Davon, dass das mit der Beteiligung an einem Filmfonds bestehende Risiko jedermann bekannt sein muss, kann entgegen der Auffassung der Beklagten indes keine Rede sein.

34

b) Soweit es um die unterlassene Aufklärung über die Rückvergütung geht, greift der allein an das Beratungsverschulden anknüpfende Mitverschuldenseinwand ohnehin nicht (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 45).

35

5. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht verjährt.

36

a) Die dreijährige Frist des § 37 a WpHG ist hier nicht maßgeblich, weil es sich beim Erwerb einer Kommanditbeteiligung mangels Handelbarkeit an einem Markt nicht um ein Wertpapier i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 letzter Hs WpHG handelt und nur die Beratung bei der Anlage von Wertpapieren eine Wertpapierdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 3a WpHG darstellt (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 14.05.2008, 23 U 225/06, Rn. 50; OLG München, Urt. v. 22.09.2005, 19 U 2529/05, Rn. 56; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.04.2007, 5 U 157/06, Rn. 55; jeweils zitiert nach juris).

37

b) Die Verjährungsfrist beträgt daher gem. §§ 195, 199 BGB drei Jahre ab dem Schluss des Jahres der Kenntniserlangung von der Pflichtverletzung (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 91; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 107; Saarländisches OLG, Urt. v. 21.08.2008, 8 U 289/07, 39 ff; jeweils zitiert nach juris).

38

aa) Hinsichtlich der Beratungspflichtverletzung lässt sich entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht feststellen, dass der Kläger bereits am 10.09.2004, jedenfalls aber im November 2005 von der Falschberatung Kenntnis erlangt hat. Bei der von der Beklagten vorgelegten Information vom 10.09.2004 (Anlage B 33) handelt es sich um ein nicht ausgefülltes Formularschreiben „Für Beitritte 2002“ (der Kläger ist erst 2003 beigetreten); bei dem nach „Sehr geehrter“ der Namen des Klägers fehlt. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bereits im September 2004 Kenntnis von der Schieflage des Fonds erlangt hat. Der e-mail des Klägers vom 29.07.2008 (Anlage B 29) lässt sich lediglich entnehmen, dass ab November 2005 die im Prospekt versprochene Rendite nicht erreicht wurde. Eine vor Ablauf des Jahres 2005 erlangte Kenntnis des Klägers von dem Totalverlust lässt sich damit nicht belegen, sodass der Anspruch wegen Beratungsverschuldens nicht verjährt ist.

39

bb) Hinsichtlich der verschwiegenen Rückvergütung kann sich die Beklagte ebenfalls nicht auf Verjährung berufen, denn davon, dass die von der auf Seite 25 des Prospekts genannte Vermittlungsgebühr der G. i.H.v 10,5 % fast vollständig, nämlich i.H.v. insgesamt 9 %, d.h. 5 % Agio plus weitere 4 Prozent an die von der G. mit der Vermittlung unterbeauftragte Bank (vgl. Bl. 129 I d.A.) geflossen ist, hat der Kläger erst durch die Aussage des Zeugen M. im Landgerichtstermin vom 18.08.2009 Kenntnis erlangt (Bl. 188 I d.A.).

40

6. Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 45; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 87; jeweils zitiert nach juris).

III.

41

Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 2 BGB. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten ergibt sich aus § 280 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 286 BGB (vgl. Palandt-Grüneberg, § 286, Rn. 44, 45) und ist nach Nr. 2300 und 7002 VV RVG zutreffend berechnet.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.

43

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

44

Die Frage eines Aufklärungsverschuldens ist ebenso wie die eines unvermeidbaren Rechtsirrtums durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20. Januar 2009 und Urteil vom 12.05.2009 bereits endgültig geklärt. Bei dieser Sachlage obliegt es nicht dem Senat, sondern allein den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Oberlandesgerichten Frankfurt (Urt. v. 24.06.2009, 17 U 307/08), Dresden (Urt. v. 24.07.2009, 8 U 1240/08) und Oldenburg (Urt. v. 11.09.2009, 11 U 75/08), die Revision zuzulassen (so bereits Senat 6 U 99/09 und 6 U 106/09 sowie OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 51; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 91, 92; Urt. v. 23.09.2009, 31 U 31/09, Rn. 95; OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, 3 U 86/09, Rn. 61; Urt. v. 01.07.2009, 3 U 257/08, Rn. 46; jeweils zitiert nach juris; OLG München, Beschl. nach § 522 Abs. 2 ZPO v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, Seite 6, zweiter Absatz sowie Beschl. v. 17.07.2009, 25 U 1614/09).


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
24. August 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur erfolglosen Gehörsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011.
BGH, Beschluss vom 24. August 2011 - XI ZR 191/10 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 24. August 2011

beschlossen:
Die Gehörsrüge der Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO). Er hat das Vorbringen der Beklagten umfassend geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
2
Insbesondere hat sich der Senat sowohl im Beschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 Rn. 32 ff.) als auch im Beschluss vom 19. Juli 2011 (WM 2011, 1506 Rn. 7 ff.) eingehend mit der Frage der Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen auseinandergesetzt. Die Beklagte verkennt in diesem Zusammenhang, dass gemäß den Ausführungen im Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 35) die anlageberatende Bank die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts hat, der zum Nichteingreifen der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens führen würde. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens tritt bereits dann ein, wenn eine fehlerhafte Beratung feststeht. Nur dann, wenn bei einer zutreffenden Beratung ein Entscheidungskonflikt beim Anleger vorliegt, greift die Vermutung nicht ein. Diese der Bank günstige Ausnahme von der Regel muss die Bank, die sich darauf beruft, auch darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dem entspricht entgegen der Ansicht der Revision auch die bisherige Handhabung durch den Senat.

II.

3
Entgegen der Annahme der Beklagten, die sich auf eine Anmerkung von Nobbe (BKR 2011, 302 ff.) zu dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 ff.) bezieht, enthält der angegriffene Beschluss keine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innen- oder Vertriebsprovisionen, sondern wendet die bereits bisher geltenden Grundsätze an.
4
1. Wie bereits in dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 dargestellt, sind Innenprovisionen nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Positionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, sodass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, sodass dieser das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
5
Danach handelt es sich in dem zugrunde liegenden Fall um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, weil in den Anlageprospekten zwar verschiedene Provisionen offen ausgewiesen sind, jedoch nicht angegeben wird, dass und in welcher Höhe die Beklagte als beratende Bank diese Provisionen - teilweise - bezieht.
6
2. Die Auffassung, hierin liege eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen, lässt sich nicht auf das Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (XI ZR 338/08, ZIP 2009, 2380 ff.) stützen. Aus diesem Urteil folgt keineswegs , dass "im Anlageprospekt offen ausgewiesene Innenprovisionen, d.h. im Anlagebetrag enthaltene Vertriebsprovisionen … expressis verbis keine auf- klärungspflichtigen Rückvergütungen" sind. Diese - auch terminologisch verfehlte (der Begriff "offen ausgewiesene Innenprovision" ist ein Widerspruch in sich) - Annahme beruht - ebenso wie die Darstellung von Nobbe (aaO S. 302) - auf einer falschen Wiedergabe des Sachverhalts dieses Senatsurteils. Damals hatte die beratende Bank gerade keine versteckte "Innenprovision kassiert". Das lässt sich sowohl dem Senatsurteil als auch dem Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Frankfurt sowie dessen Urteil im Parallelverfahren entnehmen. Der Senat hat an diesem Tag zwei Urteile zu im Wesentlichen gleich gelagerten Parallelfällen erlassen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 ff. vollständig abgedruckt; Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, aaO vollständig abgedruckt, in WM 2009, 2306 f. in Auszügen abgedruckt). In diesen Fällen waren die Provisionen der Höhe nach korrekt im rechtzeitig übergebenen Prospekt angegeben. Die beratende Bank war ausdrücklich als Empfängerin dieser Provisionen genannt. Damit lagen diesen Fällen weder verheimlichte Rückvergütungen noch versteckte Innenprovisionen zugrunde.
7
Dies hat der Senat mit der Formulierung "dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen" zum Ausdruck gebracht (vgl. Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 aaO Rn. 31). Das ergab sich auch schon aus den beiden vorangegangenen Berufungsurteilen. In dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 voranging, heißt es ausdrücklich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 17/06, juris Rn. 52): "Der Beklagten zu 1. kann auch nicht vorgeworfen werden, dass ihre Rechtsvorgängerin Rückvergütungen verschwiegen habe (vgl. BGHZ 170, 226ff. = BB 2007, 627ff.), da sie sich aus S. 36f. des Prospekts in Verbindung mit § 7 des Gesellschaftsvertrages, der als Anlage zum Prospekt genommen wurde, exakt ergeben." In dem Urteil, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 337/08 voranging , heißt es wörtlich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 348/05, juris Rn. 7): "Die C. werden bereits auf dem Titelblatt als die Bank genannt, die die Eigen- und Fremdkapitalvermittlung durchführt; Interessenten werden in dem Prospekt aufgefordert, sich an sie zu wenden."
8
Deswegen waren die Anleger in diesen Fällen nicht nur über sämtliche Provisionen, sondern auch über die beratende Bank als Empfängerin aufgeklärt. Es lagen damit weder versteckte Innenprovisionen noch versteckte oder verheimlichte Rückvergütungen vor, sodass eine Aufklärungspflicht der beratenden Bank nicht bestand. Das ist auch in der sorgfältig und unvoreingenommen analysierenden Literatur so verstanden worden (vgl. u.a. Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 310 f.; Koch, BKR 2010, 177, 184; siehe auch Ellenberger in Anle- gerschutz im Wertpapiergeschäft, AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, S. 37, 46 und 47 f. und in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 944 und aus der Rechtsprechung KG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 26 U 104/09 Umdruck S. 8 f. und OLG München, Urteil vom 21. Juni 2010 - 17 U 5374/09, Umdruck S. 9).
9
3. Ebenso geht der Hinweis auf das im Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 in der Sache XI ZR 338/08 (aaO) zitierte Senatsurteil vom 25. September 2007 (XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 15, 16) fehl. In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte die Anlegerin gerade nicht das Verschweigen von an den Anlageberater fließende Rückvergütungen gerügt, sondern nur, dass der Anteil der "weichen Kosten" am Gesamtaufwand unverhältnismäßig hoch sei (Senatsurteil aaO Rn. 3). Damit ging es in jenem Fall nicht um die Frage der verheimlichten Interessenkollision. Das Urteil befasst sich zudem in den Entscheidungsgründen lediglich allgemein mit den Grundsätzen zur Aufklärung über nicht im Prospekt ausgewiesene (versteckte) Innenprovisionen, nicht jedoch mit Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen an den Anlageberater (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart, ZIP 2010, 824, 827; LG München, Urteil vom 25. Februar 2010 - 22 O 1797/09, juris, Rn. 64; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 312 f.).
10
4. Entbehrt mithin die Annahme, aus den Senatsurteilen vom 27. Oktober 2009 und 25. September 2007 ergebe sich, dass aufklärungspflichtige Rückvergütungen bereits dann nicht vorlägen, wenn die betreffenden Provisionen als solche im Anlageprospekt ausgewiesen seien, jeder Grundlage, kann auch keine Rede davon sein, der Senatsbeschluss vom 9. März 2011 enthalte eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen. Vielmehr entspricht er insoweit, als der Anleger danach darüber aufzuklären ist, dass und in welcher Höhe die beratende Bank die offen ausgewiesenen Provisionen bezieht, dem Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (aaO Rn. 31). Zugleich verbleibt es dabei, dass die Nennung von Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen als Quelle der Rückvergütungen nicht abschließend, sondern nur beispielhaft zu verstehen ist.

III.

11
Zu Unrecht ist die Beklagte unter Berufung auf Nobbe (aaO) weiter der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Revision gemäß § 552a ZPO lägen nicht vor, weil in der obergerichtlichen Rechtsprechung streitig sei, ob eine Pflicht der beratenden Bank bestehe, Kunden über Innenprovisionen aufzuklären; angesichts der divergierenden obergerichtlichen Urteile lägen vielmehr die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) auf der Hand. Dies verkennt bereits im Ansatz, dass sich die Frage, ob die beratende Bank über von ihr bezogene Innenprovisionen , also im Anlagebetrag versteckte Provisionen, aufklären muss, im zu entscheidenden Fall nicht stellt. Hier geht es allein darum, ob die Beklagte als beratende Bank darüber aufklären muss, dass und in welcher Höhe sie Empfängerin der im Anlageprospekt offen ausgewiesenen Leistungen ist, damit der Anleger ihr besonderes Interesse an der Empfehlung gerade dieser Anlage erkennen kann.
12
Unverständlich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Beklagten auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2011 (WM 2011, 1117), durch den der eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisende Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (XI ZR 155/06, juris) betreffend einen Ausgleichsanspruch des Ausfall- gegen den Regelbürgen aufgehoben worden ist. Dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die Revision auch wegen einer Frage zuzulassen ist, die sich in dem betreffenden Rechtsstreit nicht stellt.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.

Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf das Vollstreckungsgericht eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn

1.
der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist; der Zustellung bedarf es nicht, wenn bereits der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 756 Abs. 1 begonnen hatte und der Beweis durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers geführt wird; oder
2.
der Gerichtsvollzieher eine Vollstreckungsmaßnahme nach § 756 Abs. 2 durchgeführt hat und diese durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers nachgewiesen ist.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.