Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 23. Juni 2016 - 10 U 48/16

bei uns veröffentlicht am23.06.2016

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 10.03.2016, Az. 3 O 245/12, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.07.2016.

Gründe

 
I.
Die Parteien schlossen in der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Tübingen am 18. Mai 2015 einen Prozessvergleich, der vorgespielt und von ihnen genehmigt wurde. Ziff. 5 des Prozessvergleichs lautet wie folgt:
„Die Beklagten können diesen Vergleich durch Einreichung eines Anwaltsschriftsatzes widerrufen, der bis zum Ablauf von 2 Wochen ab Zugang des in der Vorbemerkung dieses Vergleichs geregelten negativen Standsicherheitsnachweises beim Landgericht Tübingen eingegangen sein muss. Die vorgenannte Frist beginnt mit Eingang des genannten negativen Standsicherheitsnachweises beim Landgericht Tübingen.
Der Widerruf des Vergleichs ist nur möglich, wenn der Standsicherheitsnachweis nicht oder nicht bis zum Ablauf des 31. August 2015 geführt werden kann.“
Die in dem Prozessvergleich erwähnte „Vorbemerkung“ lautet wie folgt:
1.Die Beklagten werfen der Klägerin vor, dass die Tiefe einiger Fundamente an dem streitgegenständlichen Bauvorhaben lediglich eine Tiefe von 55 cm - gemessen von der Oberkante der Bodenplatte bis zur Unterkante des Fundaments ohne darunter befindlichem Magerbeton - betrage. Die Klägerin bestreitet dies.
2.Die Klägerin wird ihren Tragwerksplaner damit beauftragen, unter Zugrundelegung der oben genannten von den Beklagten behaupteten geometrischen Verhältnissen einen Standsicherheitsnachweis für das streitgegenständliche Gebäude zu erbringen. Diesen Nachweis wird die Klägerin dem zuständigen Prüfingenieur Herrn B. mit der Bitte um Prüfung vorlegen. Die Klägerin wird den Standsicherheitsnachweis und das Ergebnis der Prüfung durch Herrn … unverzüglich dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorlegen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 9. Juni 2015, beim Landgericht am selben Tag eingegangen, widerriefen die Beklagten den Prozessvergleich. Mit Anwaltsschriftsatz vom 2. Juni 2015 hatte die Klägerin ein Schreiben von Dipl.-Ing. B. vom 1. Juni 2015 vorgelegt. Darin heißt es:
„nach Ausfertigung meines 4. Prüfberichts vom 18. Januar 2012 wurden mir heute für das oben genannte Bauvorhaben von der Firma … GmbH … die Nachtragsstatik S. N2 + N3 zur Prüfung vorgelegt.

Danach sind die Außenfundamente mit einer Höhe h = 55 m (statt 0,85 m im Plan S4) ausgeführt worden.

Hiermit bestätige ich, dass diese Fundamente ausreichende Tragfähigkeit haben.

Frostsicherheit ist durch Magerbeton unter den Fundamenten gegeben.“
Mit weiterem Anwaltsschriftsatz, der am 16. Juni 2015 beim Landgericht einging, legte die Klägerin die „5. Bautechnische Prüfbestätigung“ von Dipl.-Ing. B. erneut vor, diesmal mit der dort erwähnten Seite N2, die einen Prüfvermerk von Dipl.-Ing. B. trägt. Im Nachgang übersandte die Klägerin mit Schriftsatz vom 16. Juni 2015 die Seite N3 mit einem Prüfvermerk.
10 
Nachdem die Beklagten den Prozessvergleich widerrufen und Antrag auf Anberaumung eines Termins zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung gestellt hatten, hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung am 1. Februar 2016 mit dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass der zwischen den Parteien geführte Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich vom 18. Mai 2015 beendet worden ist.
11 
Gegen dieses ihnen am 15. März 2016 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 12. April 2016 Berufung ein, die sie am 13. Mai 2016 begründeten.
12 
Sie sind der Ansicht, dass die von der Klägerin dem Prüfingenieur vorgelegte zweiseitige Berechnung mit den Seiten N2 und N3 schwerwiegende formale und inhaltliche Mängel aufweise. Der Standsicherheitsnachweis für das Gebäude sei durch diese Berechnung nicht erbracht worden. Ein Zusammenhang mit der Ursprungsstatik sei nicht einmal erkennbar. Zudem habe der Prüfingenieur die Tragfähigkeit des vorgelegten Fundaments bestätigt. Die Standsicherheit des Gebäudes habe er nicht bestätigt. Die bautechnische Prüfbestätigung enthalte zudem eine Bedingung - Magerbeton unter den Fundamenten -, die nicht erfüllt sei, da statt der erforderlichen 25 cm Magerbeton nach den Ausführungen der Klägerin lediglich 5 cm Magerbeton verbaut seien. Die Prüfbestätigung sei zudem entgegen § 5 Abs. 6 BauPrüfVO BW nicht auf jeder Seite mit einem Prüfstempel versehen. Die entsprechend § 10 LBOVVO BW erforderlichen Angaben zum Ersteller des Standsicherheitsnachweises hätten gefehlt. Die Angaben am 1. Februar 2016 seien verspätet. Es habe offenbar keinen Prüfingenieur gegeben, der bereit gewesen sei, seinen Namen und seine Unterschrift unter das vorgelegte Papier zu setzen und damit den Pfusch der Klägerin im Nachhinein zu legitimieren.
13 
Dem Landgericht sei offenkundig das Procedere bei der Erstellung und Prüfung eines Standsicherheitsnachweises gänzlich unbekannt. Die Klägerin hätte einen Nachweis für das Fundament an der Stelle der höchsten Lasten entsprechend der Darstellung in den Schnitten C-C bzw. D-D führen müssen. Ein solcher Nachweis liege nicht vor. Trotz des Testats des Prüfingenieurs, der die Korrektheit der im Standsicherheitsnachweis betrachteten Fälle nicht zu prüfen gehabt habe, sei die Standsicherheit des Gebäudes nicht nachgewiesen.
14 
Die Parteien hätten vereinbart, dass die Klägerin für das Gebäude die Standsicherheit nachweist und insoweit einen Standsicherheitsnachweis unter Zugrundelegung der genannten geometrischen Verhältnisse führt.
15 
Es sei daher auch festzustellen, dass die Vollstreckung unzulässig gewesen sei.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 12. Mai 2016 verwiesen.
17 
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Berufungserwiderung vom 8. Juni 2016 verwiesen.
II.
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Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 10. März 2016, Az. 3 O 245/12, hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil dadurch den Beklagten weitere Kosten entstünden, ohne dass durch eine mündliche Verhandlung weitere, für die Beklagten günstige entscheidungserhebliche Erkenntnisse zu erwarten wären (§ 522 Abs. 2 ZPO).
19 
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Prozessvergleich vom 18. Mai 2015 zur Beendigung des Rechtsstreits der Parteien geführt hat. Die Voraussetzungen für einen Widerruf des Vergleichs durch die Beklagten lagen nicht vor. Der am 9. Juni 2015 und nochmals am 11. September 2015 von den Beklagten erklärte Widerruf des Vergleichs ließ die prozessbeendende Wirkung des formgerecht geschlossenen Prozessvergleichs nicht entfallen.
20 
Den Beklagten stand ein Widerrufsrecht nur für den Fall zu, dass die Klägerin nicht den nach den Vorbemerkungen zu dem Prozessvergleich von ihr einzuholenden „Standsicherheitsnachweis“ für das streitgegenständliche Gebäude bis spätestens 31. August 2015 erbringt. Tatsächlich hat die Klägerin aber bereits mit Anwaltsschriftsatz vom 2. Juni 2015 die „5. Bautechnische Prüfbestätigung“ des Prüfingenieurs für Baustatik Dipl.-Ing. B. vom 1. Juni 2015 vorgelegt. Diese Prüfbestätigung stellt zusammen mit den dem Prüfingenieur von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, die von der Klägerin mit am 16. Juni 2015 beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz nachgereicht wurden, einen „Standsicherheitsnachweis“ im Sinne von Ziff. 2 der Vorbemerkungen zum Prozessvergleich dar.
21 
Die Beantwortung der Frage, ob die Beklagten zum Widerruf des Prozessvergleichs berechtigt waren, hängt von der Auslegung des Widerrufsrechts in Ziff. 5 des Prozessvergleichs sowie der Vormerkungen zu dem Prozessvergleich ab. Nach dem ersten Absatz von Ziff. 5 des Prozessvergleichs konnten die Beklagten den Vergleich innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des „in der Vorbemerkung zum Vergleich geregelten negativen Standsicherheitsnachweises“ beim Landgericht widerrufen. Nach dem zweiten Absatz sollte der Widerruf „nur möglich“ sein, wenn der Standsicherheitsnachweis nicht oder nicht bis zum 31. August 2015 geführt werden kann. Danach ist ein Widerruf nicht möglich, wenn der „Standsicherheitsnachweis“ bis zum 31. August 2015 erbracht wird. Erbringt die Klägerin hingegen keinen „Standsicherheitsnachweis“ bis zum 31. August 2015 oder wird ein „negativer Standsicherheitsnachweis“ vorgelegt, sind die Beklagten zum Vergleichswiderruf berechtigt.
22 
Nach den Ausführungen unter Ziff. 2 der Vorbemerkungen zu dem Prozessvergleich sollte die Klägerin ihren Tragwerksplaner mit der Erbringung eines „Standsicherheitsnachweises“ unter Zugrundelegung der in Ziff. 1 der Vorbemerkungen genannten, von den Beklagten behaupteten geometrischen Verhältnisse beauftragen. Diesen „Nachweis“ sollte die Klägerin dem zuständigen Prüfingenieur Dipl.-Ing. … zur Prüfung vorlegen. Das Ergebnis der Prüfung sollte sie sodann zusammen mit dem „Standsicherheitsnachweis“ unverzüglich dem Beklagtenvertreter vorlegen.
23 
Was unter dem in Ziff. 2 der Vormerkungen zum Prozessvergleich genannten „Standsicherheitsnachweis“ und unter dem im ersten Absatz von Ziff. 5 des Prozessvergleichs erwähnten „negativen Standsicherheitsnachweis“ gemeint ist, ist weder im Prozessvergleich noch in dessen Vorbemerkungen ausdrücklich geregelt. Besondere formale Anforderungen an den „Standsicherheitsnachweis“ haben die Parteien nicht statuiert.
24 
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dabei nicht auf die Anforderungen abzustellen, die sich aus dem öffentlichen Baurecht, insbesondere aus den auf Grundlage der Landesbauordnung (LBO) ergangenen Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften für das Kenntnisgabe- und Genehmigungsverfahren ergeben. Maßgeblich ist vielmehr lediglich, ob der Prüfingenieur B. aufgrund der ihm vorgelegten Unterlagen in der Lage ist, die Standsicherheit des streitgegenständlichen Gebäudes zu bestätigen. Dies ergibt sich aus Ziff. 2 der Vorbemerkungen zu dem Prozessvergleich. Darin werden weder formelle noch inhaltliche Anforderungen an den von der Klägerin zu erbringenden „Standsicherheitsnachweis“ statuiert noch findet sich hinsichtlich dessen Anforderungen ein Verweis auf die öffentlichen Bauvorschriften. Entscheidend ist vielmehr das Ergebnis der Prüfung des Prüfingenieurs. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck dieser Vorgehensweise, der sich aus den Vorbemerkungen zu dem Prozessvergleich ergibt. Zentraler Streitpunkt der Parteien war nach Ziff. 1 der Vorbemerkungen die Tiefe einiger Fundamente des streitgegenständlichen Bauvorhabens. Die sich daraus ergebenden Zweifel hinsichtlich der Tragfähigkeit der Fundamente und der Standsicherheit des errichteten Gebäudes sollten durch die Prüfung des Prüfingenieurs, der im Baugenehmigungsverfahren von dem Landratsamt als zuständiger Baurechtsbehörde mit der bautechnischen Prüfung gemäß § 17 der Verfahrensverordnung zur LBO beauftragt worden war, geklärt werden. Diese Prüfung sollte anhand eines „Standsicherheitsnachweises“ erfolgen, den die Klägerin unter Zugrundelegung der unter Ziff. 1 der Vorbemerkungen genannten von den Beklagten behaupteten geometrischen Verhältnissen erstellt. Es sollte weder eine Prüfung der von den Beklagten behaupteten „geometrischen Verhältnisse“ vorgenommen werden noch wurden nähere Vorgaben zur formalen und inhaltlichen Ausgestaltung des dem Prüfingenieur vorzulegenden „Standsicherheitsnachweises“ gemacht.
25 
Der Prüfingenieur Dipl.-Ing. B. erklärte am 1. Juni 2015 in dem als „5. Bautechnische Prüfbestätigung“ überschriebenen Schreiben, dass ihm für das Bauvorhaben „Fertigungsgebäude mit Verkaufs-/Ausstellungsraum, Büroräumen und Wohnung“ in …, …straße, Flst.-Nr. …, …, …“ von der Klägerin die „Nachtragsstatik S. N2 + N3 zur Prüfung vorgelegt“ worden sei. Danach seien die Außenfundamente mit Höhe h = 0,55 m (statt 0,85 m im Plan S4) ausgeführt worden. Weiter führt er aus:
26 
„Hiermit bestätige ich, dass diese Fundamente ausreichende Tragfähigkeit haben.
Frostsicherheit ist durch Magerbeton unter den Fundamenten gegeben.“
27 
Die vom Prüfingenieur abverlangte Tätigkeit stellt ein Schiedsgutachten im engeren Sinn dar, da es auf die Feststellung von Tatsachen gerichtet war, die für die Frage relevant waren, ob die Beklagten zum Widerruf des Prozessvergleichs berechtigt waren. Auf ein solches Schiedsgutachten ist § 319 Abs. 1 S. 1 BGB entsprechend anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2013 - III ZR 10/12, NJW 2013, 1296, juris Rn. 16 m.w.N.; s. auch Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 319 Rn. 4; Gehrlein in BeckOK-BGB, Stand 1.5.2016, § 319 Rn. 3; Würdinger in MünchKomm-BGB, 7. Aufl., § 319 Rn. 14). Es ist unverbindlich, wenn es offenbar unrichtig ist. Eine solche offenbare Unrichtigkeit, die auch dann vorliegen kann, wenn sich der Fehler einem sachkundigen, unbefangenen Beobachter erst nach intensiver Prüfung aufdrängt, liegt aber nicht vor.
28 
Der Prüfingenieur hat weder die ihm vorgelegten Unterlagen als ungeeignet beanstandet noch erklärt, dass unter Zugrundelegung der ihm vorgelegten „Nachtragsstatik S. N2 + N3“ Bedenken im Hinblick auf die Standsicherheit bestehen.
29 
Dies war auch nicht geboten. Den Beklagten ist es versagt, sich auf angebliche schwerwiegende formale und inhaltliche Mängel der von der Klägerin vorgelegten Berechnung mit den Seiten N2 und N3 zu berufen. Mit der Bezeichnung des Projekts als „…_...“ ist eine Zuordnung zum streitgegenständlichen Bauvorhaben zwangslos möglich. Eine nähere Beschreibung des Bauvorhabens war nicht erforderlich. Der Prüfingenieur hat keine diesbezüglichen Bedenken geäußert. Auch soweit die Beklagten bemängeln, dass die Bezeichnung „POS: Fxa“, die sich jeweils rechts oben auf den Seiten N2 und N3 befindet, in der Ursprungsstatik nicht finden ist, stellt dies keinen Mangel der dem Prüfingenieur vorgelegten Unterlagen dar, sondern ist dem Umstand geschuldet, dass die Klägerin die Berechnung auf Grundlage der in den Vorbemerkungen zum Prozessvergleich unter Ziff. 1 genannten Vorgabe einer Fundamenttiefe von 0,55 m erstellen ließ. Schließlich hinderte auch die fehlende Angabe des Verfassers auf den Seiten N2 und N3 den Prüfingenieur nicht an einer Prüfung dieser Unterlagen. Wie bereits dargelegt wurde, muss der von der Klägerin zu erbringende „Standsicherheitsnachweis“ nicht den formalen Anforderungen des öffentlichen Baurechts genügen. Es ist daher unerheblich, dass die Klägerin den Namen des Verfassers erstmals im Termin vom 1. Februar 2016 angegeben hat.
30 
Die Prüfbestätigung des Prüfingenieurs ist nicht offenbar unrichtig. Sie musste nicht den formalen Anforderungen des öffentlichen Baurechts genügen. § 5 Abs. 6 der Verordnung des Umweltministeriums über die bautechnische Prüfung baulicher Anlagen (BauPrüfVO) vom 12. Mai 2010, wonach jede geprüfte statische Berechnung und jede geprüfte Konstruktionszeichnung mit einem Prüfvermerk der prüfenden Stelle zu versehen ist und bei den geprüften Berechnungen zusätzlich auf jeder Seite der Stempel der prüfenden Stelle anzubringen ist, ist auf das von den Parteien vereinbarte Verfahren nicht anwendbar.
31 
Die inhaltlichen Einwendungen der Beklagten gegen die Prüfbestätigung des Prüfingenieurs vom 1. Juni 2015 sind ebenfalls nicht berechtigt und begründen jedenfalls keine offenbare Unrichtigkeit.
32 
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht die Prüfbestätigung des Prüfingenieurs Dipl.-Ing. B. vom 1. Juni 2015 nicht unter einer Bedingung, deren Voraussetzung nach ihrer Ansicht nicht gegeben sind. Schon nach seinem Wortlaut steht die Bestätigung, dass die Fundamente ausreichende Tragfähigkeit haben, nicht unter einer Bedingung. Der Prüfingenieur statuiert keine näheren Anforderungen an die Magerbetonschicht unter den Fundamenten.
33 
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Beklagten nicht zum Vergleichswiderruf berechtigt waren, weil der Prüfingenieur eine ausreichende Tragfähigkeit der Fundamente bestätigt und nicht im Sinne eines „negativen Standsicherheitsnachweises“ Zweifel im Hinblick auf die Standsicherheit des Gebäudes zum Ausdruck gebracht hat. Die Vorgehensweise zum Nachweis der Standsicherheit entsprach der Regelung in den Vorbemerkungen zu dem Prozessvergleich. Mangels weitergehender formeller oder inhaltlicher Vorgaben bedurfte es keiner zusätzlichen Anforderungen für den Nachweis der Standsicherheit.
34 
Der Widerruf der Beklagten vom 9. Juni 2015 war auch nicht deshalb berechtigt, weil zu diesem Zeitpunkt dem Landgericht nur die „5. Bautechnische Prüfbestätigung“ ohne die Seiten N2 und N3 vorgelegt worden war. Ein Widerruf wäre nur in Betracht gekommen, wenn ein „negativer Standsicherheitsnachweis“ vorgelegt worden wäre. Die Prüfbestätigung vom 1. Juni 2015 ist jedoch kein derartiger „negativer Standsicherheitsnachweis“.
III.
35 
Nachdem die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, wird deren Rücknahme angeregt.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 23. Juni 2016 - 10 U 48/16

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 23. Juni 2016 - 10 U 48/16

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 319 Unwirksamkeit der Bestimmung; Ersetzung


(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt,
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 23. Juni 2016 - 10 U 48/16 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt,

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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 23. Juni 2016 - 10 U 48/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Jan. 2013 - III ZR 10/12

bei uns veröffentlicht am 17.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 10/12 Verkündet am: 17. Januar 2013 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 280, 317

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

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aa) Ein Schiedsgutachter verfehlt seinen Auftrag (nur) dann, wenn er ein offenbar unrichtiges und damit entsprechend § 319 BGB unverbindliches Gutachten erstellt. Offenbare Unrichtigkeit ist anzunehmen, wenn sich einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter, wenn auch erst nach eingehender Prüfung, offensichtliche Fehler der Leistungsbestimmung aufdrängen, die das Gesamtergebnis verfälschen. Sie verlangt mehr als bloße Unrichtigkeit, so dass ein Gutachten offenbar unrichtig erst dann ist, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben in grober Weise verletzt und sich seine Unrichtigkeit dem Blick eines sachkundigen und unbefangenen Beurteilers sofort aufdrängen muss (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 1967 - III ZR 22/66, WM 1968, 307, 308; BGH, Urteile vom 27. Juni 2001 - VIII ZR 235/00, NJW 2001, 3775, 3776 f sowie vom 21. Januar 2004 - VIII ZR 74/03, NJW-RR 2004, 760, 761; in: MünchKommBGB /Würdinger, aaO, § 319 Rn. 15).