Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 12. März 2015 - 2 U 61/14

bei uns veröffentlicht am12.03.2015

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Vorsitzenden der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 09. April 2014 (Az.: 40 0 71/11 KfH) wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 71.000,- EUR und im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in der Hauptsache Sicherheit in Höhe von 71.000,- EUR und vor derjenigen aus dem Kostenpunkt Sicherheit in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 57.761,23 EUR

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem beendeten Handelsvertreterverhältnis.
Das Landgericht hat, nachdem es mehrere Zeugen vernommen hatte (GA 447 ff. und 506 ff.), die Beklagte durch Teilurteil vom 09. April 2014, gestützt auf §§ 87 c Abs. 1 und 2, 87 Abs. 3 S. 1 HGB, wie folgt verurteilt:
1.
a) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin monatliche Provisionsabrechnungen zu erteilen über alle Lieferungen, die sie in der Zeit ab dem 01.06.2011 aus Geschäften mit der Firma D... AG, S..., bis zum 31.12.2013 ausgeführt hat.
b) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Buchauszüge zu erteilen über alle Geschäfte, die sie mit der Firma D... AG, S..., für die Zeit ab dem 01.01.2011 bis einschließlich 31.12.2013 geschlossen hat, und wobei insbesondere jeweils angegeben werden muss
Datum der jeweiligen Kundenbestellung und deren jeweiliger Inhalt, aufgegliedert nach Art, Zahl und Preis der gelieferten oder zu liefernden Ware; Lieferdatum und Liefermenge (bei Teillieferungen jeweils im Einzelnen exakt aufgegliedert);
Rechnungsdatum und Rechnungsbetrag;
Datum und Höhe der Kundenzahlungen;
eventuelle Storni oder Nichtauslieferungen sowie alle etwaigen Retouren unter jeweiliger präziser Angabe des hierfür jeweils maßgeblich gewesenen Grundes.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 52.761,23 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszins für die Zeit ab 15.09.2011 zu bezahlen sowie Zinsen in Höhe von 5 % p.a. aus
13.035,24 Euro ab 01.04.2011,
15.116,97 Euro ab 01.05.2011,
11.618,75 Euro ab 01.06.2011,
12.990,26 Euro ab 01.07.2011
jeweils bis 14.09.2011.
Den Streitwert hat das Landgericht festgesetzt auf 62.761,23 EUR.
Es hat ausgeführt:
10 
Die Klägerin habe durch die Mehrjahresvereinbarung vom November 2010 mit einer Laufzeit bis Ende 2013 mit der D... AG Geschäfte eingeleitet und so vorbereitet, dass sie überwiegend auf ihre Tätigkeit zurückzuführen seien. Dies gelte für Geschäfte, die zwischen Juni 2011 und Ende Dezember 2013 abgeschlossen worden seien. Die Mehrjahresvereinbarung (B 5 - GA 249) sei ein Rahmenvertrag ohne Abnahmepflicht der D... AG etwa in Form eines Sukzessiv-Lieferungsvertrages. Die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Z..., E... und W... habe ergeben, dass die Mehrjahresvereinbarung mit einer lediglich festgelegten Warengruppe und Rabatten in Verbindung mit den "Special Terms" der D... AG bereits eine Zulieferquote sichere und beiden Seiten Preisvereinbarungen während der Laufzeit erspare. Auch die Sondervereinbarung der Parteien in Bezug auf die D... AG und die Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin sogleich nach dem erstmaligen Zustandekommen einer Mehrjahresvereinbarung deute darauf hin, dass die Beklagte damit ihre Partnerschaft mit dem Kunden einen großen Schritt vorangekommen gesehen habe. Von Umsetzungshindernissen oder Nachverhandlungen habe die Beklagte nichts vorgetragen.
11 
Die Frist von 2 1/2 Jahren, also solange der Mehrjahresvertrag noch lief, sei für den Anspruch aus § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB angemessen (vgl. OLG Koblenz, Urteile vom 26.04.2007; und vom 14.06.2007 - 6 U 529/06; Baumbach/Hopt 35. Aufl. § 87 HGB Rn 43; Staub-Emde, 3. Aufl., § 87 HGB Rn 139).
12 
Auf der Grundlage der von der Beklagten für den Zeitraum Februar bis Mai 2011 nach dem rechtskräftigen Teilurteil der Kammer vom 18.01.2012 erteilten Abrechnungen ergäben sich Provisionsansprüche der Klägerin für den genannten Zeitraum in Höhe von 52.761,23 EUR, nebst Zinsen aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB, § 354 HGB.
13 
Der Klägerin sei, so auch der Zeuge W..., erst im Dezember 2010, zunächst mündlich, definitiv mitgeteilt worden, dass die Zusammenarbeit beendet werde, so dass das Handelsvertreterverhältnis bei einer einzuhaltenden Kündigungsfrist von sechs Monaten am 30.06.2011 geendet habe, wenn nicht auf die Kündigung der Klägerin per Email vom 27.01.2011 erst am 31.07.2011.
14 
Dem Beweisantritt der Beklagten mit dem Zeugen R... sei gemäß §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1, 399 ZPO nicht nachzukommen. Darüber hinaus wäre er zur Ursächlichkeit der Mehrjahresvereinbarung, der in den Bereich rechtlicher Wertung reiche, ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gewesen.
15 
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
16 
Sie trägt, teils rezidivierend, teils auch zweitinstanzlich neu vor:
17 
Die mit Schriftsatz vom 11. Juni 2013 beantragte Klageerweiterung (GA 287) sei unzulässig. Mit dem Berufungsurteil vom 02. Mai 2013 habe die Klägerin nur noch einen bezifferten Antrag zur Fortsetzung des Rechtsstreits der letzten Stufe stellen können. Daher sei nach §§ 254, 300, 301 ZPO kein Raum für ein Teil-Urteil über den bezifferten Leistungsantrag vom 30.07.2013 (GA 324). Über diesen Antrag hätte durch Schlussurteil entschieden werden müssen.
18 
Durch die Zulassung der Klageerweiterung um einen neuen Streitgegenstand sei der Beklagten das Recht und die Möglichkeit genommen worden, sich gegen diesen "mit ihren Verteidigungsmitteln zur Wehr zu setzen, bspw. das Fehlen eines Handelsvertreterverhältnisses zu bestreiten."
19 
Eine neue Auskunftsklage mit diesen Anträgen wäre wegen Verstoßes gegen § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Gleiches gelte für den Antrag vom 30.07.2013. Ohne Angabe der ladungsfähigen Anschrift der Parteien sei eine Klage unzulässig. Diese unentbehrlichen Angaben enthielten die Anträge GA 287 nicht.
20 
Die Klägerin hätte für die neuen Anträge die Tatbestandsvoraussetzungen, so den Abschluss eines Handelsvertretervertrages, vortragen müssen. Das zusprechende Urteil in der Auskunftstufe entfalte keine Rechtskraft zum Grund der Leistungsklage.
21 
Das OLG Stuttgart habe in seinem Berufungsurteil zur Mehrjahresvereinbarung falsch entschieden. Spätestens ab dem 30. Juni 2009 habe kein Handelsvertretervertrag mehr vorgelegen, sondern nur noch ein Handelsmaklerverhältnis bestanden (GA 303, unter Zeugenbeweis: W...). Der Zeuge habe bestätigt (GA 510 f.):
22 
„Wir sind übereingekommen, dass wir, bis wir etwas gefunden haben, mit der Firma W... weitermachen, aber nur in Bezug auf D... Man hat deswegen nochmals neue Verhandlungen mit der Firma W... geführt. Man sagte dann, man macht nur eine Kundenschutzvereinbarung. Es ist aber nicht zu einer schriftlichen Vereinbarung gekommen."
23 
Das Landgericht habe sich mit diesem erheblichen Vorbringen überhaupt nicht befasst. Hätte es dies getan, so hätte es die Klage abweisen oder zumindest Beweis erheben müssen. Es fehle aber schon an einem schlüssigen Vortrag der Klägerin zum Vorliegen eines Handelsvertretervertrages.
24 
Die Beklagte trägt in Anlehnung an ihren Vortrag in der Berufungsrechtssache 2 U 31/13 umfangreich dazu vor, dass kein Handelsvertretervertrag mehr vorgelegen habe; auch kein Kettenvertrag, und dass allenfalls eine Kündigungsfrist von zwei Monaten anzunehmen sei.
25 
Die Relevanz der Tätigkeit der Klägerin für Geschäftsabschlüsse beurteile das Landgericht falsch. Es verwende den Begriff „Einzelabschluss" synonym mit der einzelnen Bestellung oder dem einzelnen (Liefer-)Abruf; der Zeuge E... meine dagegen mit „Einzelabschluss" den Einkaufs- oder Preisabschluss (GA 508). Die jährlichen (Preis-)Einkaufsabschlüsse (vgl. K 16, BB 2) enthielten weder Liefertermine noch Mengen, begründeten also ebenfalls keine Lieferverpflichtungen und seien bestenfalls Rahmenverträge. Erst die einzelnen Bestellungen oder (Liefer-)abrufe, vom Erstgericht als Einzelabschlüsse bezeichnet, könnten „Geschäfte" i.S.d. §§ 87, 87c HGB sein.
26 
Das Erstgericht habe nicht geprüft, ob die Klägerin die einzelnen Bestellungen/Abrufe so eingeleitet und vorbereitet habe, dass sie überwiegend auf ihrer Tätigkeit beruhten. Dies sei zu verneinen. Das Merkmal „Einleitung und Vorbereitung" in Abs. 3 Nr. 1 sei qualitativ und quantitativ wesentlich mehr als die bloße „Mitverursachung" in Abs. 1 S. 1 (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 87, Rz. 11; Staub, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., 2008, Rz. 137: 60%; Ebenroth/Löwisch, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., 2008, § 87 Rz. 30). Die Beklagte habe substantiiert bestritten, dass der Abschluss der Mehrjahresvereinbarung (überhaupt) auf der Tätigkeit der Klägerin beruht habe (AG 240 - 243, 504; K 10 bis K 15, vgl. ferner GA 453 - 454).
27 
Neu trägt die Beklagte hierzu vor:
28 
"Niemals war Herr S... allein bei D... Auch die anderen genannten Personen (die Herren G..., N..., T... und Sc...) waren Mitarbeiter der Beklagten.
29 
Erst Recht hat die Klägerin die einzelnen Geschäftsabschlüsse (Abrufe) nicht durch eigene Einleitungs- und Vorbereitungstätigkeiten überwiegend verursacht. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass eigene und besondere Bemühungen der Beklagten, die Fa. D... zu den Bestellungen/Abrufen zu bewegen, nicht mehr erforderlich waren (Staub, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2008, Rz. 137; Ebenroth/Löwisch, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. 2008, § 87 Rz. 30)."
30 
Schon die jährlichen Preisverhandlungen zwischen D... und der Beklagten machten eigene und besondere Bemühungen der Beklagten notwendig, die Fa. D... zu Vertragsabschlüssen zu bewegen.
31 
Der Bundesgerichtshof verlange, dass durch den vom Handelsvertreter überwiegend herbeigeführten Rahmenvertrag „eine noch weitergehende Bindung" an das Unternehmen geschaffen worden sein müsse, wie z. B. durch eine exklusive Bezugsverpflichtung des Kunden (BGH, Urteil vom 18. November 1957, NJW 1958, 180). Dies ergebe die vorgelegte Mehrjahresvereinbarung nicht, die im Sinne des § 305 BGB vorformuliert sei (s. Zeuge Z... GA 448 und Zeuge E... GA 508) und damit als Rechtsnorm i.S.v. § 513 ZPO gelte. Ziffer 2.4 belege, dass die D... AG auch nach der Rahmenvereinbarung völlig frei gewesen sei, Ware abzunehmen oder auch nicht. Diese gehe den allgemeinen, in Bezug genommenen Regelungen der D... AG als Sondervereinbarung vor.
32 
Die angemessene Frist, innert derer Abschlüsse berücksichtigt werden dürften, betrage maximal einen bis zwei Monate, entsprechend der Abnahmebindung durch die Fa. D... AG. Die zum Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertretervertrages bestehenden Einkaufsabschlüsse hätten am 31.12.2011 geendet. Ab 01.01.2012 sei der ursprüngliche Konnex zwischen Mehrjahresvereinbarung nebst Einkaufsabschluss 2011 und Einzelbestellungen unterbrochen. Ein Abnahmeautomatismus sei nicht gegeben und durch die Beweisaufnahme auch nicht bestätigt. Die "Special Terms" der D... AG hätten nur eine Bindung auf einen bzw. zwei Monate enthalten.
33 
Dass dem Landgericht schon ausreiche, wenn der Handelsvertreter irgend eine Ursache für das spätere Geschäft setze, hätte es durch förmlichen Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO bekannt geben müssen. Dies habe es unterlassen. Beide Parteien hätten § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB ersichtlich anders verstanden. Bei einem rechtzeitigen Hinweis hätte die Beklagte die in dieser Berufungsbegründung gemachten Ausführungen vortragen können.
34 
Das Landgericht gehe auf weite Teile des Beklagtenvortrages nicht ein, argumentiere ungenau und habe angebotene Beweise nicht erhoben. Gemäß § 286 Abs. 1 S. 2 ZPO habe das Gericht die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Indem das Erstgericht bestimmte Zeugenaussagen zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht habe, obwohl diese eher das Gegenteil besagten, habe es gegen § 286 Abs. 1 ZPO verstoßen.
35 
Das Erstgericht habe zu Unrecht die Benennung des Zeugen R... als verspätet zurückgewiesen. Wenn die Klägerin erst im letzten Termin ein bestimmtes Angriffsmittel geltend mache, müsse die Beklagte darauf reagieren können. Dies habe sie umgehend getan, indem sie selbst den Zeugen R... nochmals benannt habe. Außerdem habe die Beklagte bereits in der Klageerwiderung vom 25.07.2013 zum Beweis der Tatsache, dass der Abschluss der Mehrjahresvereinbarung ohne Einbindung der Klägerin erfolgt sei, den Zeugen R... benannt (GA 317).
36 
Die Beklagte beantragt zur Sache (22. August 2014):
37 
Das Teil-Urteil des Landgerichts Stuttgart (40 0 71/11 KfH) vom 09.04.2014 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen,
38 
hilfsweise,
39 
Das Teil-Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.04.2014 wird mit dem Verfahren aufgehoben und die Sache an das Landgericht Stuttgart zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen,
40 
Über die Anträge der Beklagten nach § 718 ZPO und nach §§ 719, 707 ZPO hat der Senat bereits gesondert entschieden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 01. Oktober 2014 - 2 U 61/14), den Antrag der Beklagten, die Bestimmung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit in dem Urteil des Vorsitzenden der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 09. April 2014 (Az.: 40 O 71/11 KfH) abzuändern, hat der Senat durch Teilurteil vom 27. November 2014 zurückgewiesen.
41 
Die Klägerin beantragt (27. Oktober 2014):
42 
die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des LG Stuttgart vom 09.04.2014 - 40 0 71/11 KfH - zurückzuweisen.
43 
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Verfahren sowie das landgerichtliche Urteil. Sie trägt vor:
44 
Die Klageerweiterung vom 11.06.2013 sei zulässig gewesen.
45 
Die Beklagte habe, ihrem Berufungsvortrag zuwider, Gelegenheit gehabt, sich zu der Klageerweiterung zu äußern und habe dies auch ausgiebig getan.
46 
2. Durch das frühere Teilurteil des Landgerichts und das Berufungsurteil vom 02.05.2013 sei bereits entschieden worden, dass das Handelsvertreterverhältnis nicht zum 28.02.2011 beendet worden sei. Dies habe das Landgericht ohne Weiteres zugrunde legen dürfen. Einer eingehenden Begründung hätte es nicht bedurft, da die Beklagte hierzu nichts Neues vorgetragen gehabt habe.
47 
Weil die Lieferungen, die die Beklagte bis Ende Mai 2011 an die Firma D... getätigt hatte, noch innerhalb der Vertragszeit mit der Klägerin vorgenommen worden seien, stehe deren Provisionspflichtigkeit fest und die diesbezügliche Zahlungsverurteilung sei gemäß Ziffer 2 des Tenors aus der landgerichtlichen Entscheidung vom 09.04.2014 beanstandungsfrei erfolgt.
48 
Auch die weiteren Lieferungen der Beklagten an die Firma D... bis zum genannten Zeitpunkt seien nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB zugunsten der Klägerin provisionspflichtig, weshalb die Beklagte die begehrten Auskünfte schulde.
49 
Das Landgericht habe zurecht aufgrund der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass sowohl die einzelnen Lieferabrufe als auch die Jahreseinkaufsabschlüsse mit der Firma D... ganz überwiegend auf die Mehrjahresvereinbarung zurückzuführen seien, die die Klägerin im November 2011 zugunsten der Beklagten zustande gebracht habe (vgl. Prot. v. 14.10.2013, S. 3, 2. Abs. [Zeuge Z...] und Prot. v. 19.02.2014, S. 3/4 [Zeuge E...]).
50 
Die Mehrjahresvereinbarung sei noch innerhalb der Vertragszeit mit der Klägerin geschlossen worden (vgl. Prot. v. 19.02.2014, S. 6 [Zeuge W...]). Die Provisionspflicht für vertragliche Einzelabrufe laufe daraus bis Ende 2013.
51 
Sehe man zutreffenderweise die Rechtslage so, dass bereits durch das Vermitteln eines Rahmen- oder Options-Vertrags der Handelsvertreter eine Provisionsanwartschaft gemäß § 87 Abs. 1 HGB erwerbe, und zwar auch für solche Geschäfte, die in Ausfüllung des abgeschlossenen Rahmenvertrags erst nach Vertragsbeendigung ausgeführt würden, so komme es auf weiteres gar nicht an.
52 
Das Landgericht habe keinen Verfahrensfehler begangen. Insbesondere sei der Zeuge R... nicht zu vernehmen gewesen.
53 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 22. Januar 2015 Bezug genommen. Soweit die Parteien nach Schluss der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug noch neu vorgetragen haben, ist dieses Vorbringen verspätet und gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen; es ist daher für die Entscheidung unbeachtlich.
II.
54 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Die Angriffe der Berufung vermögen das nicht an von Amts wegen zu beachtenden Fehlern leidende landgerichtliche Urteil nicht zu erschüttern. Ihre Verfahrensrügen gehen fehl, und das Landgericht hat in der Sache richtig entschieden. Der Senat nimmt vorab Bezug auf dasjenige, was er bereits im Verfahren der Parteien zum Aktenzeichen 2 U 31/12 am 02. Mai 2013 durch Urteil entschieden und ausgeführt hat, sowie auf das angegriffene landgerichtliche Urteil um Wiederholungen zu vermeiden. Das weitere Vorbringen der Parteien gibt keinen Anlass, von den dortigen Feststellungen und Rechtsausführungen abzuweichen. Ergänzend ist auszuführen:
A
55 
Die Verfahrensrügen der Berufung greifen nicht durch.
1.
56 
Die Klageerweiterung auf einen weiteren Zahlungszeitraum war zulässig.
a)
57 
Aus §§ 256 Abs. 2, 261 Abs. 2, 297 ZPO ergibt sich, dass die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz unzulässig ist, weil Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen (BGH, Beschluss vom 19. März 2009 – IX ZB 152/08, MDR 2009, 824, bei juris Rz. 8, m.w.N.).
58 
Die Beklagte verkennt aber, indem sie daraus herleitet, das Landgericht hätte die mit Schriftsatz vom 11.Juni 2013 bei Gericht eingereichte Klageerweiterung nach Erlass des Senatsurteils vom 02. Mai 2013 nicht zulassen dürfen, dass jenes Berufungsurteil nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes betroffen hatte. Die Berufung zum Aktenzeichen 2 U 31/12 hatte sich gegen ein Teilurteil gerichtet, Infolge dessen hatte das Landgericht erneut mündlich zu verhandeln, nämlich über den Teil des Streitgegenstandes, über den noch nicht rechtskräftig entschieden war, was auch die Beklagte nicht verkennt.
59 
Ist aber in der Sache noch mündlich zu verhandeln, so kommt grundsätzlich auch eine Klageänderung oder -erweiterung in Betracht, sofern nicht besondere prozessuale Vorschriften entgegenstehen. Dass solche Gründe eine prozessuale Zurückweisung der Klageerweiterung vorliegend hätten tragen können, legt die Berufung nicht dar, geschweige denn, dass eine Zurückweisung zwingend gewesen wäre.
b)
60 
Darüber hinaus führt die Zulassung einer Klageerweiterung durch ein erstinstanzliches Gericht dazu, dass der neu in das Verfahren eingeführte Streitgegenstand Teil des Rechtsstreits wird. Diese Wirkung kann vom Berufungsgericht nicht mehr aufgehoben werden. Infolge dessen ist über diesen Streitgegenstand zu entscheiden.
2.
61 
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), begangen dadurch, dass der Beklagten das Recht und die Möglichkeit genommen worden wäre, sich gegen diesen "mit ihren Verteidigungsmitteln zur Wehr zu setzen, bspw. das Fehlen eines Handelsvertreterverhältnisses zu bestreiten", wie sie vorgibt, liegt offensichtlich nicht vor. Die Berufung übergeht schon, dass der Rechtsstreit als Einheit zu betrachten ist, so dass ihr bisheriges Bestreiten auch die Klageerweiterung erfasste, soweit für diese erheblich. Die Beklagte hatte außerdem Gelegenheit, auf die Klageerweiterung weiter vorzutragen. Das nunmehr angegriffene Teilurteil vom 09. April 2014 ist ergangen auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2014. Die Klageerweiterung datiert vom 11. Juni 2013. Dass sie der Beklagten nicht im ordnungsgemäßen Geschäftsgang zugestellt worden sei, macht die Beklagte nicht geltend. Ihr Einwand bezieht sich nur pauschal auf die Zulassung der Klageerweiterung.
3.
62 
Abwegig ist der Einwand der Berufung, es liege ein Verstoß gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vor. Wird in einem laufenden Rechtsstreit eine Klage gegen den bisher bereits Beklagten durch Schriftsatz erweitert, so ergibt sich die Bezeichnung der Partei grundsätzlich schon eindeutig aus dem bisherigen Prozessrechtsverhältnis. Die ladungsfähige Bezeichnung der Partei in einem solchen Schriftsatz ausdrücklich zu verlangen, wäre eine reine Förmelei, an der auch der Beklagte kein berechtigtes Interesse hätte.
63 
Die Berufung legt denn auch nicht dar, dass es im vorliegenden Verfahren zu einer Unklarheit gekommen wäre. Auch die Einbeziehung eines Dritten in den Rechtsstreit ist nicht erfolgt, noch konnte insoweit ein Zweifel entstehen.
4.
64 
Der Beklagten hat auch nicht darin Recht, dass die Klägerin, da das Auskunfturteil insoweit keine Rechtskraft entfalte, zu der streitgegenständlichen Mehrjahresvereinbarung mit der Klageerweiterung hätte vortragen müssen.
a)
65 
Zwar schafft bei einer Stufenklage die Verurteilung zur Auskunft oder Rechnungslegung keine Rechtskraft für den Grund des Zahlungsanspruchs (BGH, Urteil vom 14. November 1984 - VIII ZR 228/83, WM 1985, 303, m.w.N.). Durch das Teilurteil tritt insoweit auch keine Bindungswirkung nach § 318 ZPO ein. Diese erstreckt sich nur auf den Urteilsausspruch, nicht dagegen auf die in den Entscheidungsgründen dafür angegebene rechtliche Begründung und die dort festgestellten Tatsachen (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 356/99, NJW 2001, 78). Der Beklagte kann daher im weiteren Verfahren sein Interesse, den Zahlungsanspruch nicht erfüllen zu müssen, uneingeschränkt weiterverfolgen (vgl. BGHZ 128, 85, 90, m.w.N.; BGH, Beschluss vom 16. Juni 2008 – VIII ZB 87/06, ZMR 2008, 873 , bei juris Rz. 7; BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 – VIII ZR 62/09, MDR 2010, 944, bei juris Rz. 24, m.w.N.).
b)
66 
Dies führt aber nicht dazu, dass Vortrag, der in demselben Rechtsstreit gehalten worden war, mit einer Klageerweiterung ausdrücklich wiederholt werden müsste. Auch insoweit greift die Einheitlichkeit des Verfahrens, die in Bezug auf den Sachvortrag nicht durch ein vorangegangenes Teilurteil beseitigt oder gestört wird.
67 
Dem steht auch das von der Berufung zu den Schranken der Rechtskraft zitierte Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16. Juni 2010 (Az.: VIII ZR 62/09, MDR 2010, 944) nicht entgegen. Gegenstand jener Entscheidung war, wie weit die Bindung eines Teilurteils über die ersten Stufen einer Stufenklage reicht und ob daraus eine Gefahr einander widersprechender Entscheidungen herzuleiten sei, die dem Erlass eines Teilurteils entgegenstehe. Vorliegend moniert die Berufung aber weder die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, noch eine Bindungswirkung eines vorangegangenen Teilurteils, sondern hebt im Gegenteil die Ergebnisoffenheit trotz des ersten Teilurteils hervor.
5.
68 
Soweit die Beklagte eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör darin sieht, dass das Landgericht sich zum Bestehen eines Maklerverhältnisses nicht eingehender geäußert habe, überspannt sie die Anforderungen an ein Zivilurteil. § 313 Abs. 3 ZPO verlangt nur eine kurze Wiedergabe der tragenden Gründe, die das Gericht zu seiner Entscheidung bewogen haben. Diese Gründe konnten vorliegend um so knapper ausfallen, da das Landgericht und der Senat zu einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen bereits Stellung genommen hatten und Neues zur Begründung nicht veranlasst war. Das Begründungserfordernis ist insoweit von der Reichweite der Rechtskraft zu trennen. Es dient dazu, dass die Partei die tragenden Gründe der Entscheidung erfährt; einer doppelten Mittelung bedarf es aber nicht, da eine solche der Partei keinen Zugewinn an Erkenntnis brächte.
6.
69 
Auch dass das Landgericht den Zeugen R... nicht vernommen, sondern den Beweisantritt als verspätet zurückgewiesen hat, erweist sich im Ergebnis nicht als durchgreifend. Zwar hatte die Beklagte diesen Zeugen in der Klageerwiderung prozessordnungsgemäß benannt, und der Beweisantritt wurde nicht dadurch obsolet, dass die Klägerin auf diesen Zeugen verzichtet hat. Dennoch war der Zeuge nicht zu vernehmen. Denn der Vortrag, zu dem die Beklagte diesen Zeugen benannt hat und auf den sich ihre Verfahrensrüge bezieht (GA 317) kann der Entscheidung als wahr zugrunde gelegt werden, ohne dass sich die rechtliche Einschätzung über das Zustandekommen der Mehrjahresvereinbarung und der Anteil, den die Klägerin daran gehabt hatte, verändert.
7.
70 
Das Landgericht hat keine Hinweispflicht aus § 139 ZPO verletzt.
a)
71 
Zu den rechtlichen Voraussetzungen eines gerichtlichen Hinweises ist von Folgendem auszugehen (vgl. schon OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Mai 2013 - 2 U 31/12):
aa)
72 
Es ist Aufgabe der Partei, in der mündlichen Verhandlung zu erklären, zu welchen Punkten sie noch vortragen wolle und weshalb ihr dies nicht rechtzeitig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung möglich gewesen sei. Dies ist Ausfluss des Beibringungsgrundsatzes und der § 282 Abs. 1 ZPO zu entnehmenden Prozessförderungspflicht, die jeder Partei gebietet, schon im ersten Rechtszug und auch dort so zeitig wie möglich die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist (vgl. BGHZ 159, 245, 253, m.w.N.; BGH, Urteil vom 23. April 2010 - LwZR 20/09, NJW-RR 2010, 1500, Rn. 18). Angesichts dieser Pflicht zu konzentrierter Verfahrensführung ist es den Parteien verwehrt, etwa aus prozesstaktischen Erwägungen ein aus ihrer Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen zurückzuhalten, das in den Rechtsstreit eingeführt werden könnte (BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09, WM 2010, 2004, Rn. 28; vom 24. November 2009 - VII ZR 31/09, NJW 2010, 176, Rn. 9; jeweils m.w.N.).
bb)
73 
Ihre Grenze findet die Prozessförderungspflicht grundsätzlich dort, wo der Partei tatsächliche Umstände nicht bekannt sind und sie für deren Vorliegen auch sonst keine konkreten Anhaltspunkte hat; fehlt es an beidem, so ist sie nicht gehalten, diese ins Blaue hinein zu suchen oder zu ermitteln (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. August 2012 - VIII ZR 256/11, bei juris Rz. 16, und vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09, WM 2010, 2004, Rn. 28; BGH, Urteil vom 06. November 2008 - III ZR 231/07, WM 2008, 2355, Rn. 16; jeweils m.w.N.; weiterführend zum Fehlen einer Prüfpflicht BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2010 - IV ZR 229/07, VersR 2011, 414, Rn. 11; vom 29. September 2009 - VI ZR 149/08, VersR 2009, 1683, Rn. 3; anders zur Sachverständigenablehnung BGH, Beschluss vom 03. April 2012 - X ZR 67/09, GRUR 2012, 855, bei juris Rz. 7 - Sachverständigenablehnung V). Etwas anderes kann gelten, wenn das Gericht entgegen § 139 Abs. 4 ZPO einen rechtlich gebotenen Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung erteilt, der geboten war, weil eine Partei im Rahmen des Streitgegenstandes Erhebliches nicht vorgebracht hatte, ohne gegen ihre Prozessförderungspflicht zu verstoßen, weil sie einen rechtlichen Gesichtspunkt offensichtlich und eindeutig erkennbar übersehen oder verkannt hatte.
74 
Der gerichtliche Hinweis dient dazu, der Partei den Vortrag zu ermöglichen, den sie schuldlos unterlassen hatte. Er erstreckt sich nicht darauf, sie vorangegangene Verstöße gegen die Prozessförderungspflicht ausmerzen zu lassen. Ein Tatrichter ist daher weder verpflichtet noch berufen, Versäumnisse einer Prozesspartei oder deren Prozessbevollmächtigten mangels deren sorgfältiger und auf Verfahrensförderung bedachter Prozessführung gem. § 282 Abs. 1 ZPO zu kompensieren (so in anderem Zusammenhang schon OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. November 2013 – 7 W 58/13, MDR 2014, 1103, bei juris Rz. 11).
75 
Aus der Prozessförderungspflicht obliegt es der Partei auch, sich gewissenhaft auf den Verhandlungstermin vorzubereiten und die das Streitverhältnis betreffenden Unterlagen, soweit dem Umfang nach tunlich, mitzuführen. Denn die mündliche Verhandlung soll, soweit möglich, unmittelbar zu einer Sachentscheidung führen und nicht nur den Prozess einen Schritt vorantreiben.
cc)
76 
Haben die Parteien einen rechtlichen Gesichtspunkt, auf den das Gericht seine Entscheidung stützen will, offensichtlich übersehen, so hat das Gericht darauf förmlich hinzuweisen. Diese Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, sofern der Rechtsanwalt die Rechtslage offensichtlich falsch beurteilt hat oder darauf vertrauen konnte, dass sein schriftsätzliches Vorbringen ausreichend sei.
77 
Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Gegner bereits einen entsprechenden Vortrag gehalten hatte oder hinsichtlich solcher Anforderungen an den Sachvortrag, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf rechnen musste. Insbesondere besteht dann keine Hinweispflicht des Gerichts, wenn das Verhalten einer Partei den Schluss zulässt, dass sie nicht weiter vortragen kann oder will; vgl. BGH, Urteil vom 05. Juni 2003 - I ZR 234/00, NJW 2003, 3626). Auf Grundlegendes, das einem Rechtsanwalt ohnehin klar sein muss, braucht gleichfalls nicht hingewiesen zu werden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 20. Juli 2012 – 19 U 61/12; NZB zurückgewiesen durch BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – II ZR 260/12).
dd)
78 
Da ein Verstoß gegen § 139 ZPO einen Verfahrensfehler darstellt, hat die betroffene Partei in der Berufung schlüssig und substantiiert darzulegen, dass die Voraussetzungen einer Hinweispflicht im konkreten Fall tatsächlich gegeben waren und welche Folgerungen sie im Falle einer prozessordnungsgemäßen Vorgehensweise des Gerichts gezogen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2011 - IV ZB 6/10, bei juris Rz. 12 u.H. auf BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 253/07, NJW 2009, 148).
b)
79 
Nach dieser Maßgabe hat das Landgericht keine Hinweispflicht verletzt. Die Beklagte hat schon nicht dargelegt, dass es zu einem förmlichen Hinweis verpflichtet gewesen wäre. Sie behauptet zwar, die Parteien seien übereinstimmend von einem anderen Normverständnis ausgegangen als die Parteien. Tatsachen, die über eine einseitige abweichende Rechtsauffassung hinausweisen, bringt sie dazu aber nicht vor. Zudem zeigt sie nicht auf, welche Auswirkung diese abweichende Rechtsauffassung auf ihren Vortrag gehabt hätte.
80 
Dass die Beklagte eine bestimmte Rechtsansicht vertreten hat, führt außerdem schon an sich nicht dazu, dass die gegenläufige Rechtsauffassung des Gerichts für sie einen neuen Gesichtspunkt hervorgebracht hätte, den sie übersehen gehabt hätte. Es entsteht aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör auch kein Vertrauen darauf, das Gericht werde die eigene Rechtsauffassung teilen und es sei nicht erforderlich, sich mit den Folgen einer gegenteiligen Rechtsauslegung zu befassen. Vielmehr obliegt es der Partei aus ihrer Prozessförderungspflicht heraus, auch in Erwägung zu ziehen, dass das Gericht der parteieigenen Rechtsauffassung nicht folge (vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2012 - VIII ZR 256/11, bei juris Rz. 16).
81 
Dass das Landgericht durch seine Verhandlungsführung ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten auf die Richtigkeit ihrer Rechtsansicht begründet habe, legt die Beklagte nicht dar.
82 
Im Übrigen hatte die Beklagte schon deshalb keinen Grund, auf die Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung zu vertrauen, weil die Parteien die Fragen, zu denen die Beklagte nun, gestützt auf eine angebliche Hinweispflicht, neu vortragen möchte, bereits erstinstanzlich erörtert hatten (vgl. ferner BGHZ 170, 67, 75, Rn. 19; BGH, Beschlüsse vom 23. April 2009 - IX ZR 95/06, MDR 2009, 383, bei juris Rz. 5 f., und vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581, 582, Rn. 2).
8.
83 
Ein unzulässiges Teilurteil hat das Landgericht nicht gefällt.
B
84 
Auch in der Sache hat das Landgericht richtig entschieden.
1
85 
In seinem Urteil vom 02. Mai 2013 in Sachen 2 U 31/12 hat der Senat ein Handelsvertreterverhältnis zwischen den Parteien im maßgebenden Zeitpunkt bejaht und dieses als nicht mit Wirkung vor dem 31. Mai 2011 gekündigt angesehen. Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt der Senat Bezug auf Ziffer II. A und B der Entscheidungsgründe jenes Urteils.
86 
Davon ist auch das Landgericht in seinem weiteren Teilurteil ausgegangen; zurecht. Weder der weitere erstinstanzliche Vortrag, noch die durchgeführte Beweisaufnahme gab Grund, von einer Beendigung zu einem früheren Zeitpunkt auszugehen.
87 
Auch das Berufungsvorbringen trägt keine abweichende Beurteilung. Die Beklagte setzt lediglich ihre eigene, bereits in jenem Verfahren vorgetragene Auffassung gegen diejenige des Senats. Der Senat bleibt nach erneuter Befassung bei seiner bereits dargelegten Auffassung.
2.
88 
Zurecht hat das Landgericht die Mehrjahresvereinbarung auch in Bezug auf die später während ihrer Laufzeit abgeschlossenen Verträge zwischen der Beklagten und der D... AG, S..., als provisionsanspruchsbegründend angesehen.
89 
Es kann dahinstehen, ob der Klägerin, die mit beachtlichen Argumenten die Auffassung vertritt, der Abschluss einer Rahmenvereinbarung führe stets zur Provisionspflicht der in dem so geschaffenen Rahmen später abgeschlossenen Verträge zwischen dem Geschäftsherrn und dem Rahmenvertragspartner, darin zu folgen ist.
90 
Denn zurecht hat das Landgericht aus der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass die Rahmenvereinbarung als das Werk der Klägerin anzusehen ist und dass aufgrund der Usancen und der tatsächlichen Abwicklung nicht nur der Zugang der Beklagten zu diesem Kunden (D... AG) eröffnet, sondern bereits eine gesicherte Erwartung auf Lieferungen während der gesamten Vertragslaufzeit begründet war. Dass eine Konkretisierung von Lieferterminen und -mengen erst noch erfolgen musste, ändert an dieser Einstufung ebenso nichts wie die grundsätzliche Variabilität der Preise und die mit diesen Umständen erforderlichen weiteren Bemühungen der Beklagten um die Detailausgestaltung und die Abwicklung. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass mit der Mehrjahresvereinbarung faktisch der Weg für alle in der Vertragslaufzeit geschlossenen Verträge gebahnt und nicht lediglich eine vage Möglichkeit künftiger Vertragsabschlüsse geschaffen war.
91 
Die Zeugen St... und Z... haben das Vertragsgefüge nachvollziehbar dargelegt, ersterer aus der Sicht der Beklagten, der neutrale Zeuge Z... aus der Sicht der D... AG. Er hat den Zusammenhang zwischen der Mehrjahresvereinbarung, den Einkaufsabschlüssen (Jahresverträgen) und dem Abruf erläutert und bekundet, dass sich die Fa. D... AG zwar nach einer kurzen Bindungszeit auch im Rahmen einer Mehrjahresvereinbarung weitreichende Freiräume offen gelassen hat, sowohl was die Veränderung von Bauteilen anging, als auch über den Zulieferer als auch zu den Preisen. Er hat aber auch bekundet (GA 449): „Der Zulieferer kann davon ausgehen, dass für die Laufzeit des Vertrages die Firma D... auch bei ihm bleibt. Wir machen die Jahresvereinbarung, damit der Lieferant Planungssicherheit hat. Auf der anderen Seite haben wir Preissicherheit für diesen Zeitraum und die Lieferversorgung für diesen Zeitraum. Mir selbst ist nicht bekannt, dass ein Mehrjahresvertrag einmal aufgebrochen worden wäre, außer im gegenseitigen Einvernehmen. Es gibt eben die Wettbewerbsklausel im Vertrag.“ Und weiter: „Wenn die Teile aus dem Rahmenvertrag benötigt wurden, war klar, dass der Abruf bei der Firma F... erfolgte.“ (…) „Ohne Mehrjahresvertrag hat dieser Lieferant keinen Anspruch auf die mehrjährige Bindung. Der Einkaufsabschluss ist immer nur auf ein Jahr befristet. Wenn ein Teil aus technischen Gründen entfällt, findet natürlich kein Abruf statt.“ Dies belegt auch zur Überzeugung des Senats die weitreichende Bedeutung der Mehrjahresvereinbarung für die auf ihrer Grundlage während der Laufzeit gemäß Abruf durch die D... AG abgeschlossenen Verträge.
92 
Die Emails vom 08.11.2010 und vom 27.05.2010 untermauern, dass im Zusammenhang mit dem Abschluss der Mehrjahresvereinbarung bereits weiterreichende Gespräche zu Details verbunden waren.
93 
Die übrige Beweisaufnahme gibt keinen tragfähigen Anlass, an der grundlegenden, weitreichenden Bedeutung der Mehrjahresvereinbarung für die folgende Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der D... AG zu zweifeln.
3.
94 
Dagegen, dass das Landgericht die Provisionspflicht für den gesamten nunmehr streitgegenständlichen Zeitraum für gegeben erachtet hat, ist nichts zu erinnern. Anders als in Fallgestaltungen, bei denen der Handelsvertreter im wesentlichen nur den Kundenkontakt hergestellt und ein „Erstgeschäft“ vermittelt hat, nimmt die Wirkung der Bemühungen des Handelsvertreters in Bezug auf Geschäfte innerhalb der Geltungsdauer des streitgegenständlichen Mehrjahresvertrages nicht entscheidungserheblich ab. Denn dieser Vertrag war gerade auf eine bestimmte Dauer angelegt, so dass die zu seinem Zustandekommen beitragenden Bemühungen des Handelsvertreters den gesamten Geltungszeitraum in wesentlich gleicher Weise überwölben. An dieser Bedeutung, die weit über eine bloße Kausalität hinausreicht, ändern auch die späteren eigenen Bemühungen der Beklagten im Zusammenhang mit den einzelnen Lieferungen nichts.
4.
95 
Der zweitinstanzlich neue Prozessvortrag der Beklagen ist bestritten und nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, da ein Grund für die Zulassung im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO nicht dargelegt ist (vgl. zum rechtlichen Rahmen schon ausführlich OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Mai 2013 - 2 U 31/12, m. zahlr. w.N.).
III.
96 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 48 Abs. 1. 43 Abs. 1, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. Den Streitwert des Berufungsverfahrens abseits der Zahlungsansprüche, die mit dem Wert der Hauptsache anzusetzen sind, schätzt der Senat auf 5.000,- EUR. Er ist zu bemessen nach dem Aufwand der Auskunfterteilung. Ein besonderes, zusätzlich zu gewichtendes Geheimhaltungsinteresse ist nicht ersichtlich (vgl. BGHZ 128, 85, 87 ff., BGH, Beschlüsse vom 08. Dezember 2011 - VII ZR 97/11, bei juris Rz. 3 und vom 25. Januar 2006 - VIII ZB 33/05, bei juris, Rz. 5; vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Mai 2013 - 2 U 31/12).
97 
Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), besteht nicht. Auf die allenfalls als rechtsgrundsätzlich anzusehende Frage, ob die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung zur Kündigungsfrist bei Kettenverträgen auch auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist, kommt es wegen der von der Klägerin mit herbeigeführten Mehrjahresvereinbarung und des Umstandes, dass auf dieser die im streitgegenständlichen Zeitraum abgeschlossenen Verträge zwischen der Beklagten und der D... AG beruhen, nicht entscheidend an (so auch schon OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Mai 2013 - 2 U 31/12).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 12. März 2015 - 2 U 61/14

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 12. März 2015 - 2 U 61/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 12. März 2015 - 2 U 61/14 zitiert 31 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313 Form und Inhalt des Urteils


(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296 Zurückweisung verspäteten Vorbringens


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebrac

Zivilprozessordnung - ZPO | § 301 Teilurteil


(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 282 Rechtzeitigkeit des Vorbringens


(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfä

Zivilprozessordnung - ZPO | § 719 Einstweilige Einstellung bei Rechtsmittel und Einspruch


(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung einges

Zivilprozessordnung - ZPO | § 254 Stufenklage


Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 318 Bindung des Gerichts


Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 707 Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung


(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag

Handelsgesetzbuch - HGB | § 87


(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen

Handelsgesetzbuch - HGB | § 87c


(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächst

Handelsgesetzbuch - HGB | § 354


(1) Wer in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, Lagergeld nach den an dem Orte üblichen Sätzen fordern. (2) Für

Zivilprozessordnung - ZPO | § 718 Vorabentscheidung über vorläufige Vollstreckbarkeit


(1) In der Berufungsinstanz ist über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf Antrag vorab zu entscheiden. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. (2) Eine Anfechtung der in der Berufungsinst

Zivilprozessordnung - ZPO | § 300 Endurteil


(1) Ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil zu erlassen. (2) Das Gleiche gilt, wenn von mehreren zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung verbundenen Prozessen nur der eine zur Endentsch

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(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn

1.
er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder
2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht.

(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wer in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, Lagergeld nach den an dem Orte üblichen Sätzen fordern.

(2) Für Darlehen, Vorschüsse, Auslagen und andere Verwendungen kann er vom Tage der Leistung an Zinsen berechnen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil zu erlassen.

(2) Das Gleiche gilt, wenn von mehreren zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung verbundenen Prozessen nur der eine zur Endentscheidung reif ist.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn

1.
er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder
2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht.

(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn

1.
er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder
2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht.

(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) In der Berufungsinstanz ist über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf Antrag vorab zu entscheiden. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Eine Anfechtung der in der Berufungsinstanz über die vorläufige Vollstreckbarkeit erlassenen Entscheidung findet nicht statt.

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

(2) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn

1.
er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder
2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht.

(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 152/08
vom
19. März 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstands bleibt eine nach Schluss der
mündlichen Verhandlung geltend gemachte Klageerweiterung grundsätzlich außer
Ansatz.
BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08 - LG Bonn
AGSiegburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und
Grupp
am 19. März 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 13. Juni 2008 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 655,35 € (569,63 € + 85,72 €) festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar in Anspruch. Sie haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht nach teilweiser Klagerücknahme beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 414,59 € nebst Zinsen sowie weiterer 18,76 € zu verurteilen, und im Übrigen den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Erledigungserklärung ist einseitig geblieben. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Kläger einen Schriftsatz eingereicht, durch den sie im Wege der Klageerhöhung eine Verurteilung der Beklagten auf Zahlung von weiteren 85,72 € beantragt haben. Die- sen Schriftsatz hat das Amtsgericht der Beklagten formlos mit dem Hinweis übermittelt , dass ein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht gegeben sei.
2
Das Amtsgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Kläger 321,29 € nebst Zinsen zu zahlen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Landgericht als unzulässig verworfen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

II.


3
Das Landgericht hat ausgeführt, die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sei nicht erreicht. Die Beschwer der Kläger belaufe sich bei günstigster Berechnung unter Einbeziehung der Kosten für den erledigten Teil auf höchstens 569,63 €. Bei der Bemessung der Beschwer bleibe die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgenommene Klageerhöhung um 85,72 € außer Betracht, weil sie in dem angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden sei und daher keine Beschwer zu Lasten der Kläger begründe.

III.


4
Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der Beschwerdegegenstand von über 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht erreicht ist.

5
1. Fehlt es - wie im Streitfall - an einer Zulassung durch das Erstgericht (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), ist eine Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes unterscheidet sich begrifflich sowohl von dem erstinstanzlichen Streitwert als auch der Beschwer: Der Streitwert bestimmt die Grenzen der Beschwer, die im Falle einer Teilstattgabe den Streitwert unterschreiten, ihn aber selbst bei einer uneingeschränkten Verurteilung oder Klageabweisung nicht überschreiten kann. In Übereinstimmung mit dem Verhältnis von Streitwert zu Beschwer begrenzt der Wert der Beschwer seinerseits den Wert des mit einem Rechtsmittel zu verfolgenden Beschwerdegegenstandes , der - wenn der Rechtsmittelführer die ihm nachteilige Entscheidung teils hinnimmt - geringer, aber selbst bei einem unbeschränkten Rechtsmittel keinesfalls höher als die Beschwer sein kann (Jauernig NJW 2001, 3027 f). Mit dem Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist darum der Wert der Beschwer gemeint, den der Rechtsmittelführer mit dem Ziel ihrer Beseitigung zur Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht stellt (RGZ 160, 204, 213; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl. § 511 Rn. 46; Musielak/Ball, ZPO 6. Aufl. § 511 Rn. 18). Aus diesen Erwägungen muss der Rechtsmittelführer mit der Berufung die Beseitigung einer Beschwer von mehr als 600 € verfolgen.
6
2. Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels eines Klägers ist grundsätzlich von der "formellen Beschwer" auszugehen. Danach ist der Kläger insoweit beschwert, als das angefochtene Urteil von seinen Anträgen abweicht (BGHZ 50, 261, 263; BGH, Urt. v. 9. Oktober 1990 - VI ZR 89/90, NJW 1991, 703, 704). Im Blick auf den Teilerfolg der Klage beträgt die Beschwer der Kläger bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhand- lung nach den rechtlich zutreffenden und von den Klägern unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts höchstens 569,63 €. Angesichts dieser Beschwer kann der Beschwerdegegenstand von 600 € nicht erreicht sein.
7
3. Die Rechtsbeschwerde meint, wegen der uneingeschränkten Weiterverfolgung des erstinstanzlich abgewiesenen Klagebegehrens erhöhe sich die Beschwer der Kläger um den nach Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemachten weiteren Zahlungsanspruch über 85,72 € auf 655,35 €. Dem kann nicht beigetreten werden.
8
a) Gemäß § 296a ZPO können nach Schluss der mündlichen Verhandlung neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. Da die Vorschrift lediglich Angriffsmittel, aber nicht den Angriff und damit die Klage selbst betrifft, werden zwar neue Sachanträge von ihrem Regelungsbereich nicht erfasst (vgl. nur Musielak/Huber aaO § 296a Rn. 3). Wie sich jedoch aus § 256 Abs. 2, § 261 Abs. 2, § 297 ZPO ergibt, ist die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz unzulässig, weil Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen (BGH, Urt. v. 2. Juni 1966 - VII ZR 41/64, WM 1966, 863, 864; Beschl. v. 9. Juli 1997 - IV ZB 11/97, NJW-RR 1997, 1486; Musielak/Huber, aaO; Stein/Jonas/Leipold, ZPO 22. Aufl. § 296a Rn. 26; Zöller/Greger, ZPO 27. Aufl. § 296a Rn. 2a; HK-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 296a Rn. 3; Frank O. Fischer NJW 1994, 1315, 1316; vgl. zur Unzulässigkeit einer nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Widerklage: BGH, Beschl. v. 12. Mai 1992 – XI ZR 251/91, NJW-RR 1992, 1085; Urt. v. 19. April 2000 - XII ZR 334/97, NJW 2000, 2512, 2513).
9
b) Mangels einer Antragstellung in mündlicher Verhandlung darf über eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Klageerweiterung nicht entschieden werden (BGH, Beschl. v. 9. Juli 1997, aaO; OLG München ZIP 1981, 321, 322; Stein/Jonas/Leipold, aaO). In Einklang damit hat das Amtsgericht von einer Entscheidung über die Klageerweiterung abgesehen. Da die Klageerweiterung mithin nicht Gegenstand der Ausgangsentscheidung wurde, ist ihr Wert bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstandes außer Betracht zu lassen (BGH, Beschl. v. 9. Juli 1997, aaO).
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp

Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 21.11.2007 - 118 C 474/06 -
LG Bonn, Entscheidung vom 13.06.2008 - 8 S 247/07 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
V ZR 356/99 Verkündet am:
13. Oktober 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
Hält das Berufungsgericht ein Teilurteil des Landgerichts zu Unrecht für zulässig
und zieht den dort noch anhängigen Streitteil nicht zu sich herauf, kann das Revisionsgericht
unter Aufhebung des Berufungsurteils die Sache an das Berufungsgericht
zurückverweisen, wenn dessen Entscheidung über den gesamten Rechtsstreit
sachdienlich im Sinne des § 540 ZPO ist.
BGH, Urt. v. 13. Oktober 2000 - V ZR 356/99 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Tropf, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. August 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 1. September 1997 erwarben die Kläger von der Beklagten ein Grundstück "wie besichtigt, ohne Gewähr für Größe, Güte und Beschaffenheit ...", das mit einem 1973 im vorderen Teil errichteten Mehrfamilienhaus und einem älteren Hintergebäude bebaut ist. Die Baugenehmigung für das Vordergebäude war der Beklagten und ihrem Großvater mit der - rechtskräftigen - Auflage erteilt worden, das Hintergebäude spätestens acht Monate nach der Schlußabnahme zu beseitigen. Nach einer vom Landgericht
eingeholten amtlichen Auskunft ist das Hintergebäude formell und materiell illegal, die Wahrscheinlichkeit einer Vollstreckung der Abrißverfügung aber sehr gering.
Die Kläger haben auf den Kaufpreis von 750.000 DM lediglich 574.900 DM bezahlt. Den Restbetrag von 175.100 DM behalten sie mit der Behauptung ein, die Beklagte habe ihnen die Abrißverfügung arglistig verschwiegen. Nachdem die Beklagte wegen des Restkaufpreises die Zwangsvollstreckung aus der Kaufvertragsurkunde eingeleitet hatte, haben die Kläger Klage erhoben und (neben einem Hilfsantrag) beantragt,
1. die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären, 2. festzustellen, daß sie zur Kaufpreisminderung um 175.100 DM berechtigt seien, 3. die Beklagte zu verurteilen, den beurkundenden Notar zur Stellung des Eigentumsumschreibungsantrags anzuweisen und 4. festzustellen, daß die Beklagte zur Zahlung der Abrißkosten verpflichtet sei, wenn die Kläger aufgrund behördlicher Anweisung das Hintergebäude abreißen lassen müßten.
Das Landgericht hat mit seiner als "Grundurteil" bezeichneten Entscheidung dem Klageantrag zu 2 dem Grunde nach und zu 4 uneingeschränkt stattgegeben ; im übrigen hat es eine Beweisaufnahme über die Minderung des Kaufpreises durch die Beseitigungsauflage angeordnet. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klageanträge zu 2 und 4 abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie in erster Linie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, hilfsweise die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht begehren.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht sieht die landgerichtliche Entscheidung als TeilGrundurteil (Klageantrag zu 2) und Teil-Endurteil (Klageantrag zu 4) an. Es hält sie für zulässig, weil die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht bestehe; denn die Klageanträge zu 1 und 3 stützten sich materiellrechtlich auf den mit dem Teil-Grundurteil zuerkannten Anspruch, das Landgericht sei nach § 318 ZPO an dieses Urteil und an die insoweit ergehende rechtskräftige Entscheidung des Rechtsmittelgerichts gebunden.
In der Sache verneint das Berufungsgericht ein arglistiges Handeln der Beklagten.

II.


Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Die Beklagte war trotz ordnungsgemäßer Ladung im Verhandlungstermin nicht vertreten. Deshalb ist über die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden, obwohl das Urteil inhaltlich nicht auf der Säumnisfolge beruht
(vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff; Senatsurt. v. 6. Juni 1986, V ZR 96/85, NJW 1996, 3086).
2. Zu Unrecht hält das Berufungsgericht die vom Landgericht gewählte Verfahrensweise der teilweisen Entscheidung des Rechtsstreits für zulässig. Die Voraussetzungen für den Erlaß eines Teilurteils (§ 301 ZPO) lagen nämlich nicht vor.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Teilurteil nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so daß die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist (s. nur BGHZ 107, 236, 242; 120, 376, 380; BGH, Urt. v. 26. September 1996, X ZR 48/95, NJW 1997, 453, 455; Urt. v. 12. Januar 1999, VI ZR 77/98, NJW 1999, 1035; Urt. v. 24. Februar 1999, XII ZR 155/97, NJW 1999, 1718, 1719 - jeweils m.w.N. -). Das gilt nach § 301 Abs. 1, 1. Alt. ZPO auch für den - hier gegebenen - Fall, daß von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur ein Teil entscheidungsreif ist (BGH, Urt. v. 12. Januar 1999, aaO).
Hier liegt die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen wegen der abweichenden Beurteilung der Frage der Arglist durch das Rechtsmittelgericht geradezu auf der Hand. Denn alle Klageanträge stützen sich auf denselben Klagegrund, nämlich die von den Klägern behauptete arglistige Täuschung durch die Beklagte (§ 463 Satz 2 BGB). Auch die Begründetheit der noch nicht beschiedenen Klageanträge setzt voraus, daß die Kläger von der Beklagen arglistig getäuscht wurden; nur dann wäre der restliche Kaufpreisanspruch der
Beklagten durch Aufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch der Kläger erloschen.
3. Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen kann auch nicht mit dem vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsatz der Eigenbindung der Gerichte nach § 318 ZPO beseitigt werden. Denn die Bindung erstreckt sich nur auf den Urteilsausspruch, nicht dagegen auf die in den Entscheidungsgründen dafür angegebene rechtliche Begründung und die vom Tatrichter festgestellten Tatsachen (BGH, Beschl. v. 21. Februar 1994, II ZB 13/93, NJW 1994, 1222 f; Musielak, ZPO, § 318 Rdn. 2). Deswegen könnte das Landgericht bei seiner Entscheidung über die Klageanträge zu 1 und 3 die Frage der Arglist durchaus anders beurteilen als bisher. Dies übersieht das Berufungsgericht und erkennt deswegen nicht, daß seine Auffassung auf das Ergebnis hinausläuft, daß jedes Teilurteil gerechtfertigt wäre.

III.


Die Unzulässigkeit des Teilurteils führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 564 Abs. 1 ZPO). Eine abschließende Entscheidung (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) ist dem Senat nicht möglich. Er kann den noch nicht beschiedenen Teil des Rechtsstreits nicht an sich ziehen und anstelle des Berufungsgerichts gemäß § 540 ZPO darüber entscheiden (vgl. MünchKomm-ZPO/ Wenzel, 2. Aufl., § 565 Rdn. 28), weil die Nachprüfung des Berufungsurteils durch die Revisionsanträge begrenzt wird (§ 559 Abs. 1 ZPO). Da aber das Berufungsgericht so verfahren kann (vgl. BGH, Urt. v. 19. November 1959, VII ZR 93/59, NJW 1960, 339, 340; v. 12. Januar 1999, VI ZR 77/98, NJW 1999, 1035, 1036 m.w.N.), ist die Sache nicht an das Landgericht, sondern an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dessen Entscheidung ist sachdienlich , weil der Sachverhalt geklärt ist, das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen getroffen hat, weitere Feststellungen durch das Landgericht nicht mehr zu erwarten sind und ein arglistiges Handeln der Beklagten danach nicht vorliegt.
1. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß das den Klägern verkaufte Grundstück mit einem Fehler behaftet ist, weil das Hintergebäude baurechtlich formell und materiell illegal ist. Ob die zuständige Behörde den baurechtswidrigen Zustand weiter - wie bisher - duldet, ist unerheblich. Mangelfrei wäre das Grundstück nur dann gewesen, wenn bei Gefahrübergang eine rechtsverbindliche behördliche Erklärung vorgelegen hätte, die den Klägern auf Dauer die gesicherte Befugnis gegeben hätte, das Hintergebäude stehen zu lassen (vgl. Senatsurt. v. 20. März 1987, V ZR 27/86, NJW 1987, 2511, 2512). Das war nicht der Fall, denn nach der vom Landgericht eingeholten amtlichen Auskunft ist lediglich die Wahrscheinlichkeit einer Vollstreckung der Beseitigungsauflage sehr gering.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Parteien hätten in dem Kaufvertrag einen umfassenden Gewährleistungsausschluß vereinbart.
Der Umfang der Haftungsfreizeichnung ist durch Auslegung zu ermitteln. Da das Berufungsgericht dies unterlassen hat und weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen (BGHZ 65, 107, 112; 121, 284, 289). Dafür ist in erster Linie vom Wortlaut der Vereinbarung auszugehen. Soll die Haftung für jeden Mangel ausgeschlossen sein,
muß dies eindeutig und für den Käufer verständlich formuliert werden (Senatsurt. v. 27. Mai 1964, V ZR 146/62, WM 1964, 853, 854). Das ist hier geschehen. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß die Anknüpfung an eine vorausgegangene Besichtigung des Grundstücks durch die Kläger auf eine Beschränkung des Haftungsausschlusses auf erkennbare Mängel hindeutet, zu denen der baurechtswidrige Zustand des Grundstücks nicht gehört. Aber die Formulierung "verkauft wie besichtigt" wird durch den Nachsatz "ohne Gewähr für Größe, Güte und Beschaffenheit ergänzt. Dies ist eindeutig in dem Sinn, daß die Haftung für alle Mängel, also auch für verborgene, ausgeschlossen sein soll (vgl. Senatsurt. v. 27. Mai 1964, aaO). Daß sich der baurechtswidrige Zustand auf die Beschaffenheit des Grundstücks auswirkt, ist - entgegen der Auffassung der Revision - nicht zweifelhaft.
3. Zu Recht verneint das Berufungsgericht ein arglistiges Handeln der Beklagten.
Die Darlegungs- und Beweislast für die Arglist der Beklagten liegt bei den Klägern. Sie müssen beweisen, daß die Beklagte seinerzeit von der auch an sie gerichteten Baugenehmigung, in der die Beseitigungsauflage enthalten war, Kenntnis genommen hat. Das bloße Bestreiten des anderslautenden Vortrags der Beklagten reicht nicht aus. Die Beweislast läßt sich insoweit nicht auf die Beklagte verlagern. Eine Beweislastumkehr muß auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen nach anerkannten methodischen Grundlagen eine Abweichung von der Grundregel, daß der Anspruchsteller die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatbestandsmerkmale trägt, erforderlich erscheint. Das ist hier nicht der Fall. Auch eine Beweiserleichterung nach den Grundsätzen über den Anscheinsbeweis kommt nicht in Betracht. Es gibt nämlich grundsätzlich
keinen Beweis des ersten Anscheins für individuelle Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen (BGHZ 123, 311, 316 m. umfangr. Nachw.). Der vorliegende Sachverhalt rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
Auf die Hilfserwägung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Beseitigungsauflage vergessen, kommt es nach alledem nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr. 2 ZPO.
Wenzel Tropf Schneider Klein Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 87/06
vom
16. Juni 2008
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juni 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers, die Richterinnen Hermanns
und Dr. Hessel sowie den Richter Dr. Achilles

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 11. Juli 2006 wird als unzulässig verworfen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beschwerdewert wird auf bis zu 300 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Kläger sind Eigentümer eines von acht gleichen Häusern einer Einfamilienhausreihe in D. . Die Häuser werden aufgrund einheitlicher Verträge mit den jeweiligen Hauseigentümern von der Beklagten, die in einem zusätzlichen Gebäude eine Gasheizungsanlage unterhält, mit Wärme und Wasser versorgt. Das Entgelt für die Wärmelieferung setzt sich nach den Lieferverträgen aus einem bezugsunabhängigen Grundpreis in Höhe von 16,75 DM/m² pro Jahr sowie einem bezugsabhängigen Wärmearbeitspreis in Höhe von 7,864 Pfg./kWh (jeweils Stand 15. Juni 2000) zusammen. Die mit dem Wärmearbeitspreis berechnete Wärmemenge wird wie folgt ermittelt: Zum einen wird in jedem Haus die bezogene Wärmemenge durch einen Zähler erfasst. Zum anderen wird in der Heizungsanlage die erzeugte Wärmemenge registriert. Diese wird den einzelnen Hauseigentümern im Verhältnis der jeweils bezogenen Wärmemenge in Rechnung gestellt.
2
Die Kläger widersprachen den Abrechnungen der Beklagten für die Jahre 2002 und 2003. Sie sind der Ansicht, dass die Abrechnungen nicht den Anforderungen der Heizkostenverordnung entsprechen. In dem vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger zuletzt beantragt, festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, ihnen einen Grundpreis in Rechnung zu stellen, der 30%, hilfsweise 50% der Gesamtkosten der Wärmelieferung überschreitet, sowie die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen, ihnen für die Jahre 2002 und 2003 eine Wärmeabrechnung zu erteilen, die die Anforderungen der Heizkostenverordnung erfüllt, und an sie die Differenz zwischen den Endbeträgen der alten und der neuen Abrechnungen nebst Zinsen zu zahlen.
3
Das Amtsgericht hat die Beklagte durch Teilurteil verurteilt, den Klägern für die Jahre 2002 und 2003 eine Wärmeabrechnung zu erteilen, die die Anforderungen der Heizkostenverordnung erfüllt; zugleich hat es die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags abgewiesen. Die Beklagte hat gegen dieses Urteil , soweit es zu ihrem Nachteil ergangen ist, Berufung eingelegt. Nach einem entsprechenden Hinweis hat das Landgericht die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass weder der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteige noch das Amtsgericht die Berufung zugelassen habe (§ 511 Abs. 2 ZPO). Der Wert des Beschwerdegegenstandes richte sich nach dem Aufwand der Beklagten, der mit der Erstellung der beiden streitigen Wärmeabrechnungen verbunden sei. Dieser Aufwand betrage unter Berücksichtigung der im Laufe des Rechtsstreits bereits vorgelegten Abrechnungsentwürfe nicht, wie von der Beklagten geltend gemacht, sechzehn, sondern lediglich vier Arbeitsstunden zu dem angegebenen Stundensatz und damit insgesamt lediglich 194,88 € einschließlich Umsatzsteuer. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist jedoch unzulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).
5
1. Die Fragen, die sich hier bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) stellen, sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt.
6
a) Wie auch die Beschwerde nicht verkennt, bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstandes nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Fall der Einlegung der Berufung gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, die die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie nach einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten, nicht aber nach dem Wert des Auskunftsanspruchs (grundlegend GSZ BGHZ 128, 85; ferner etwa BGHZ 155, 127, 128 f.; 164, 63, 65 f.; Senatsbeschluss vom 26. Juli 2004 – VIII ZR 289/03, NJW-RR 2005, 74, unter II 2, jeweils m.w.N.). Entgegen der Annahme der Beschwerde gilt das nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur im Fall der Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft, sondern auch im Fall der Verurteilung zur Rechnungslegung oder dergleichen und dementsprechend auch in dem hier gegebenen Fall der Verurteilung zur Erteilung von Wärmeabrechnungen , die die Anforderungen der Heizkostenverordnung erfüllen.
7
b) Der Umstand, dass die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung der Wärmeabrechnungen im Rahmen einer Stufenklage durch Teilurteil erfolgt ist, rechtfertigt es nicht, bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes den Wert des auf Zahlung der Differenz zwischen den Endbeträgen der alten und der neuen Abrechnungen gerichteten Hauptanspruchs zugrunde zu legen. Dieser Umstand bedeutet entgegen der Annahme der Beschwerde nicht, dass die Entscheidung über den Hauptanspruch präjudiziert wäre. Vielmehr schafft auch bei einer Stufenklage die Verurteilung zur Auskunft oder Rechnungslegung keine Rechtskraft für den Grund des Zahlungsanspruchs (Senatsurteil vom 14. November 1984 – VIII ZR 228/83, WM 1985, 303, unter I m.w.N.). Durch das Teilurteil tritt insoweit auch keine Bindungswirkung nach § 318 ZPO ein. Diese erstreckt sich nur auf den Urteilsausspruch – hier die Verurteilung zur Erteilung der Wärmeabrechnungen, nicht dagegen auf die in den Entscheidungsgründen dafür angegebene rechtliche Begründung und die dort festgestellten Tatsachen (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2000 – V ZR 356/99, NJW 2001, 78, unter II 3 m.w.N.). Die Beklagte kann daher im weiteren Verfahren ihr Interesse, den Zahlungsanspruch nicht erfüllen zu müssen, uneingeschränkt weiterverfolgen (vgl. BGHZ 128, 85, 90 m.w.N.). Aus dem von der Beschwerde angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 1975 – II ZR 18/74 (WM 1975, 1086, unter I 1 a) ergibt sich nichts anderes. Dort wird lediglich die Präjudizialität der Verurteilung zur Rechnungslegung für die in einem Folgeprozess geltend gemachte Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bejaht. Darum geht es hier nicht.
8
c) Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, die Verurteilung zur Erteilung der Wärmeabrechnungen stelle einen Eingriff in die Geschäftsinteressen der Beklagten dar, indem diese zur Offenlegung ihrer Kalkulation und damit auch ihrer Gewinnmarge gezwungen werde. Richtig ist zwar, dass nach der oben (unter a) zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein etwaiges Geheimhaltungsinteresse bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes werterhöhend zu berücksichtigen ist. Das setzt jedoch im Einzelfall die substantiierte Darlegung der zur Auskunft verurteilten Partei voraus, dass gerade in der Person des Auskunftbegehrenden die Gefahr begründet ist, dieser werde von ihm gegenüber offenbarten Tatsachen über den Rechtsstreit hinaus in einer Weise Gebrauch machen, die schützenswerte wirtschaftliche Interessen des zur Auskunft Verpflichteten gefährden können (BGHZ 164, 63, 66 f. m.w.N.). Dazu ist hier nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Beschwerde, der vorliegende Rechtsstreit sei für die Eigentümer der sieben anderen Häuser der Hausreihe ein Musterprozess. Bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes sind nur unmittelbar aus dem Urteil fließende rechtliche Nachteile zu berücksichtigen , Drittbeziehungen dagegen außer Betracht zu lassen (BGH, Urteil vom 4. Juli 1997 – V ZR 208/96, NJW 1997, 3246, unter II 2; BGHZ aaO, 67; Senatsbeschluss vom 25. Januar 2006 – VIII ZB 33/05, n.v., unter II 2).
9
Davon abgesehen ist die Verurteilung der Beklagten durch das Amtsgericht , den Klägern für die Jahre 2002 und 2003 eine Wärmeabrechnung zu erteilen , die die Anforderungen der Heizkostenverordnung erfüllt, nicht geeignet, die Beklagte zur Offenlegung ihrer Kalkulation und damit auch ihrer Gewinnmarge zu zwingen. Im Urteilstenor ist nicht im Einzelnen festgelegt, welchen Inhalt die von der Beklagten zu erteilende Wärmeabrechnung haben soll, um die Anforderungen der Heizkostenverordnung zu erfüllen. Auch aus den Urteilsgründen , die zur Auslegung des Tenors ergänzend herangezogen werden können (BGHZ 122, 16, 18; MünchKommZPO/Krüger, 3. Aufl., § 704 Rdnr. 8), lässt sich dies nicht eindeutig entnehmen. Zwar hat das Amtsgericht im Zusammenhang mit der Darlegung, dass der Anspruch der Kläger auf Erteilung von Abrechnungen, die der Heizkostenverordnung entsprechen, nicht erfüllt sei, ausgeführt, dass neben den Brennstoffkosten die sonstigen in § 7 Abs. 2 HeizkV enthaltenen Kosten einzustellen seien, sofern sie – was offen bleibt – vertraglich als umlagefähig vereinbart seien. Andererseits hat das Amtsgericht aber die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung von Wärmeabrechnungen, die den Anforderungen der Heizkostenverordnung entsprechen, aus § 1 Abs. 3 HeizkV hergeleitet, wonach die Heizkostenverordnung unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Verteilung der Kosten der Wärmelieferung gilt. Zu den Kosten der Wärmelieferung, die nach § 7 Abs. 3 HeizkV gemäß Abs. 1 zu verteilen sind, gehört indessen nach § 7 Abs. 4 HeizKV – neben den Kosten des Betriebs der zugehörigen Hausanlagen, für deren Vorhandensein hier nichts ersichtlich ist – lediglich das Entgelt für die Wärmelieferung, das sich im vorliegenden Fall gemäß dem Liefervertrag der Parteien aus dem bezugsunabhängigen Grundpreis und dem bezugsabhängigen Wärmearbeitspreis zusammensetzt. Danach kommt den vom Amtsgericht angesprochenen Kosten im Sinne von § 7 Abs. 2 HeizkV in dem von ihm bejahten Fall der Wärmelieferung überhaupt keine Bedeutung zu.
10
d) Vergeblich beruft sich die Beschwerde weiter darauf, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts müsse gegebenenfalls bei der Ermittlung der Zeit und des Aufwands für die Erteilung der Wärmeabrechnungen unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte einen Teil der erforderlichen Arbeit bereits im Laufe des Rechtsstreits für die Erstellung der Abrechnungsentwürfe geleistet habe. Sie verkennt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Berechnung des Werts des Beschwerdegegenstandes grundsätzlich der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels maßgeblich ist und dass deswegen die Beschwer eines zur Auskunft verurteilten Beklagten entfällt, soweit dieser die Auskunft bereits vor Einlegung des Rechtsmittels nicht etwa nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erteilt hat (Beschluss vom 27. Juni 2001 – IV ZB 3/01, NJW-RR 2001, 1571, unter II 2 m.w.N.).
11
2. Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe die Beklagte in ihren Verfahrensgrundrechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Das Berufungsgericht hat sich bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes im Rahmen seines nur beschränkt überprüfbaren Ermessens (Senatsurteil vom 14. November 2007 – VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218, unter II 1 a m.w.N.) nicht über den Vortrag der Beklagten hinweggesetzt , der zeitliche Aufwand für die Erstellung der Wärmeabrechnungen betrage sechzehn Stunden; vielmehr hat es diesen Vortrag aus mehreren Gründen, darunter der gemäß den vorstehenden Ausführungen nicht zu beanstandenden Berücksichtigung des bereits im Laufe des Rechtsstreits für die Abrechnungsentwürfe geleisteten Arbeitsaufwands, für nicht nachvollziehbar erachtet. Das Berufungsgericht war auch nicht nach § 139 ZPO verpflichtet, die anwaltlich vertretene Beklagte darauf hinzuweisen, dass es deren Vortrag zu dem Hinweis auf den nicht ausreichenden Wert des Beschwerdegegenstandes für unzureichend halte. Andernfalls würde es sich zudem nur um einen einfachen Verfahrensfehler handeln, der eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht zu rechtfertigen vermöchte. Das gilt auch deswegen, weil – selbst unter Berücksichtigung der von der Beschwerde vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiter der Beklagten – nicht dargetan ist, dass die Beklagte erheblichen neuen Vortrag gehalten hätte.
12
3. Im Ergebnis ohne Erfolg beanstandet die Rechtsbeschwerde schließlich , dass das Berufungsgericht nicht die Entscheidung des Amtsgerichts darüber nachgeholt hat, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO erfüllt sind.
13
Hierzu war das Berufungsgericht allerdings gemäß dem – erst nach Erlass seines Beschlusses ergangenen – Senatsurteil vom 14. November 2007 (VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218) verpflichtet. Hat das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, weil es den Streitwert auf über 600 € festgesetzt hat und deswegen von einem entsprechenden Wert der Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, hält aber das Berufungsgericht diesen Wert nicht für erreicht, so muss das Berufungsgericht die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO erfüllt sind (Senatsurteil, aaO, Tz. 12). Hier hat das Amtsgericht zwar nicht den Streitwert festgesetzt, so dass sich insoweit nichts für die von ihm angenommene Beschwer der Beklagten durch das Teilurteil ergibt. Gleichwohl ist das Amtsgericht aber ersichtlich davon ausgegangen, dass die Beklagte durch das Teilurteil mit mehr als 600 € beschwert ist. Denn es hat darin keine Ausführungen dazu gemacht , ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung erfüllt sind. Da das Berufungsgericht aber einen niedrigeren Beschwerdewert angenommen hat als das Amtsgericht, hätte es die von dessen Standpunkt aus nicht veranlasste Prüfung nachholen müssen.
14
Dieser Rechtsfehler vermag indessen die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO nicht zu begründen. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Nachdem das bei Erlass des angefochtenen Beschlusses noch nicht ergangene Senatsurteil vom 14. November 2007 (aaO) inzwischen veröffentlicht ist, kann erwartet wer- den, dass das Berufungsgericht seinen Rechtsfehler nicht wiederholt und damit insoweit eine einheitliche Rechtsprechung gesichert ist. Ball Wiechers Hermanns Dr. Hessel Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 12.01.2006 - 49 C 1441/05 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 11.07.2006 - 11 S 47/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 62/09
Verkündet am:
16. Juni 2010
Vorusso
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit eines Teilurteils über die ersten Stufen einer Stufenwiderklage
, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch und die mit der Stufenwiderklage
verfolgten Ansprüche auf dasselbe Rechtsverhältnis gestützt sind und zum
Teil von denselben Vorfragen abhängen.
BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Hermanns, Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. Februar 2009 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klägerin auf die Widerklage verurteilt worden ist, der Beklagten einen Buchauszug zur Verfügung zu stellen, der Auskunft (auch) über sämtliche Pflegeversicherungsverträge gibt, die der Vermittler R. zwischen dem 1. Januar 1998 und dem 31. Dezember 1999 für die A. Krankenversicherung vermittelt hat, und ihr eine vollständige Provisionsabrechnung (auch) über die vorstehend genannten Pflegeversicherungsverträge für die Zeit vom 1. Mai 1999 bis 31. Dezember 1999 zu erteilen. Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Vertrag über die Vermittlung von Versicherungsverträgen.
2
Am 20. September 1995 unterzeichneten die Klägerin und die V. GmbH eine "Agentur-Übernahme-Erklärung", nach der die V. GmbH als hauptberuflicher Vertreter die Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen für die C. Krankenversicherung AG, die später als A. Krankenversicherung AG firmierte, übernahm. Am 19. März 1996 teilte die V. GmbH der Klägerin schriftlich mit, dass sie den Bereich Versicherungsvermittlung mit allen Rechten und Pflichten mit sofortiger Wirkung auf die neu gegründete Beklagte übertrage. Mit Schreiben vom 4. Juli 1996 übersandte die V. GmbH der Klägerin Bewerbungsunterlagen von R. , der als Mehrfachagent Krankenversicherungsverträge für die C. Krankenversicherung AG vermitteln wollte. In dem Schreiben heißt es unter anderem: "Strukturieren Sie bitte Herrn R. direkt unter die V. GmbH mit folgenden Konditionen: KV 7,5 MB [= Monatsbeitrag] 2 % Bestandspflege …"
3
Am 13. August 1996 unterzeichneten die Parteien eine AgenturÜbernahme -Erklärung, die auszugsweise wie folgt lautet: "Firma F. … [= Beklagte] 01. übernimmt hiermit als hauptberuflicher Vertreter die Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen für die C. Krankenversicherung AG (CK). 02. Für die Stellung als Vertreter der CK gelten die Bestimmungen des § 84 ff HGB mit den sich aus den Bestimmungen des § 43 VVG ergebenden Einschränkungen der Vertretungsmacht.
03. Für die der CK vermittelten Krankenversicherungsverträge gewährt die CK gemäß der nachstehend aufgeführten Provisionsordnung Provisionen unter Zugrundelegung der bei der CK üblichen Arbeitsabläufe. 04. Die Provisionen aus den für die CK vermittelten Krankenversicherungen betragen als Abschlussprovision für: Normalgeschäft: 7,00MB Für die Sondertarife VAIP, BAW, PSKV, TH ohne Vollversicherung, Anwartschaftstarife sowie Gruppenversicherungstarife erfolgt die Provisionsfestlegung von Fall zu Fall. Für den Neuabschluss einer Pflegepflichtversicherung beträgt die Abschlussprovision 2,00 MB, sofern die Pflegeversicherung in Verbindung mit einer Krankenvollversicherung abgeschlossen wird. … 09. Folgende Bonistaffel gilt als vereinbart: 1. Ab 15.000,00 DM MOB [= Monatsbeitrag] netto werden 0,30 MB nachvergütet. 2. Ab 30.000,00 DM MOB netto werden 0,60 MB nachvergütet. 3. Ab 45.000,00 DM MOB netto werden 1,05 [unstreitig: 1,00] MB nachvergütet. 4. Ab 65.000,00 DM MOB netto werden 1,50 MB nachvergütet. Die 1. bis 3. Stufe dieser Bonistaffel betrachten wir zum 31.12.1996 als erfüllt. …"
4
Der Vertreter R. , der am 1. September 1996 eine auch von der Klägerin unterzeichnete Agentur-Übernahme-Erklärung unterschrieb, vermittelte in der folgenden Zeit Krankenversicherungsverträge mit der C. (A. ) Krankenversicherung AG. Die Beklagte erbrachte keine eigenen Vermittlungsleistungen. Aufgrund der von dem Vertreter R. erbrachten Vermittlungsleistungen erhielt die Beklagte von der Klägerin für die Zeit bis einschließlich 30. April 1999 Abrechnungen und Zahlungen; im Rahmen der vereinbarten Bonistaffel wurde der Beklagten auch über den 31. Dezember 1996 hinaus ein voller Monatsbeitrag nachvergütet.
5
Mit Schreiben vom 18. Mai 1999 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass "irrtümlich für die Geschäftsjahre 1997, 1998 und 1999 Anteilsprovisionen für uns zugeführte Geschäftsverbindungen" gewährt worden seien. Im genannten Zeitraum seien lediglich die Voraussetzungen der Bonifikationsstufe 1 erfüllt worden; daraus resultiere "ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 0,7 MB auf das von der Firma R. vermittelte Nettogeschäft." Ferner teilte die Klägerin in dem Schreiben mit, dass sie sich aufgrund der Neuordnung der Konditionen mit der Firma R. ab dem 1. Januar 2000 außerstande sehe, die Produktionsergebnisse der Firma R. auf die mit der Beklagten vereinbarten Bonifikationsstaffeln anzurechnen. Danach leistete die Klägerin keine weiteren Zahlungen an die Beklagte und erteilte ihr auch keine Provisionsabrechnungen mehr. Mit Schreiben vom 23. September 2002 kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis vorsorglich zum 31. Dezember 2002.
6
Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Rückzahlung von Provision in Höhe von 16.141,89 €. Die Beklagte verlangt widerklagend im Wege der Stufenklage Erteilung eines Buchauszugs und einer Provisionsabrechnung für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2002 sowie Zahlung der sich daraus noch ergebenden Provision für die von dem Versicherungsvertreter R. vermittelten Verträge. Das Landgericht hat durch Teilurteil über die auf Erteilung eines Buchauszuges und einer Provisionsabrechnung gerichtete Widerklage entschieden und die Klägerin - mit Ausnahme der Klage auf Provisionsabrechnung für den (bereits abgerechneten) Zeitraum bis zum 30. April 1999 - antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klägerin unter Abweisung der weitergehenden Widerklage verurteilt, der Beklagten einen Buchauszug zur Verfügung zu stellen, der Auskunft über sämtliche Krankenund Pflegeversicherungsverträge gibt, die der Vermittler R. zwischen dem 1. Januar 1998 und dem 31. Dezember 1999 für die A. Krankenversi- cherung AG vermittelt hat. Ferner hat das Oberlandesgericht die Klägerin zur Erteilung einer vollständigen Provisionsabrechnung über die genannten Kranken - und Pflegeversicherungsverträge für die Zeit vom 1. Mai 1999 bis zum 31. Dezember 1999 verurteilt.
7
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter. Die Beklagte begehrt mit ihrer Anschlussrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat teilweise Erfolg. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Der Anschlussrevision bleibt der Erfolg versagt.

A.

9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Ohne Rechtsfehler habe das Landgericht über die Widerklage durch Teilurteil entschieden. Das Teilurteil sei zulässig, obwohl das Landgericht nicht auch über die Klage entschieden habe. Zwar werde durch die abgetrennte Entscheidung die Möglichkeit sich widerstreitender Urteile eröffnet. Denn Vorfrage sowohl für die Klage als auch die Widerklage sei, ob die Klägerin Vertragspartnerin der Beklagten sei. Darüber hinaus sei die für den Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs relevante Frage, ob für die Berechnung der Superprovision (gemäß Bonistaffel) auch Pflegeversicherungsbeiträge und Sonder- und Gruppenversicherungstarife zu berücksichtigen seien, ebenso für die Klage ent- scheidungserheblich. Da der mit der Klage geltend gemachte Bereicherungsanspruch und die mit der Widerklage auf der ersten Stufe geltend gemachten Ansprüche auf Buchauszug und Abrechnung faktisch in einem Stufenverhältnis stünden, sei es jedoch in Anwendung des sich aus § 254 ZPO ergebenden Rechtsgedankens gerechtfertigt, zunächst über den Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs und den Anspruch auf Abrechnung zu entscheiden. Denn maßgeblich für den Erfolg der Klage sei die Frage, in welcher Höhe der Beklagten für den Zeitraum 1. Januar 1997 bis 1. Mai 1999 Vermittlungsprovisionen zustünden. Da die Beklagte entsprechenden Vortrag der Klägerin erst anhand des Buchauszugs und der durch die Klägerin vorgelegten Abrechnung überprüfen könne, sei es sachgerecht, zunächst hierüber zu entscheiden.
11
Die Klägerin sei hinsichtlich der Widerklage passiv legitimiert. Allerdings sei Vertragspartner der Beklagten nicht die Klägerin, sondern die A. Krankenversicherung AG geworden, in deren Namen und mit deren Vollmacht die Klägerin nach dem Inhalt der geschlossenen Vereinbarungen erkennbar gehandelt habe. Jedoch habe die Klägerin für die geltend gemachten Ansprüche auf Buchauszug und Provisionsabrechnung selbst einzustehen. Denn sie habe durch ihr Verhalten vor und im Prozess den Rechtsschein begründet, sie werde den Agentur-Übernahmevertrag als eigene Angelegenheit durchführen. Dem könne sie sich nicht ohne Verstoß gegen Treu und Glauben entziehen.
12
Die Klägerin sei verpflichtet, einen Buchauszug über die von dem Vermittler R. vermittelten Versicherungsverträge vorzulegen. Da die Beklagte einen Anspruch auf Provision für die von dem Vertriebspartner R. vermittelten Geschäfte habe, könne sie gemäß § 87c Abs. 2 HGB die Mitteilung über alle Umstände verlangen, für die ihr die Provision gebühre. Die Beklagte sei auch als Handelsvertreterin anzusehen. Da der schriftliche Vertrag vom 13. August 1996 die Abreden der Parteien nicht vollständig wiedergebe, komme dem bei- derseitigen Verständnis der Parteien, dass die Beklagte die Rechte einer Handelsvertreterin haben solle, maßgebende Bedeutung zu. Denn es sei unstreitig, dass es in Weiterführung einer Absprache zwischen der Klägerin und der V. GmbH zu der Erklärung vom 13. August 1996 gekommen sei. Weiter sei unstreitig , dass die Beklagte nach Zuführung des Vermittlers R. zur Klägerin jedenfalls zum Teil entsprechend dem Schreiben der V. GmbH an die Klägerin vom 4. Juli 1996 aus der Vermittlungstätigkeit R. Provision erhalten habe.
13
Obwohl die Beklagte in keinerlei Vertragsbeziehung zu dem Vermittler R. stehe und unmittelbar nicht an der Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen durch diesen mitgewirkt habe, stehe ihr für derartige Verträge ein Provisionsanspruch zu. Zur Anwendung der §§ 84 ff. HGB sei es nicht erforderlich , dass ein Vertreter, der einer Mehrzahl von Untervertretern organisatorisch übergeordnet ist, selbst bei der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften mitwirke. Es genüge, dass die Zusammenarbeit mit den zugeteilten Vertretern bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Vermittlung oder dem Abschluss von Versicherungsverträgen diene und dem wirtschaftlichen Erscheinungsbild des echten Generalvertreters mit eigenem Vertreterstab nahe komme. Diese Voraussetzung sei im Fall der Beklagten erfüllt.
14
Der Provisionsanspruch bestehe auch hinsichtlich der vermittelten Pflegeversicherungen und Sonder- und Gruppenversicherungen. Dies könne nicht mit der Begründung verneint werden, dass die Beklagte bisher die Provisionsabrechnungen der Klägerin, bei denen Pflegeversicherungsbeiträge und Sonder - und Gruppenversicherungen nicht berücksichtigt worden seien, widerspruchslos hingenommen habe. Ein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen und damit das Anerkenntnis, keine weiteren Ansprüche zu haben, könne im Allgemeinen nicht aus einem untätigen Verhalten des Handelsvertreters gefolgert werden. Die Parteien hätten die Bonusprovision, wie sie in Ziffer 09 des Vertrages vereinbart gewesen sei, auf die Umsätze bezogen, die im Direktgeschäft des Vermittlers R. zu verprovisionieren gewesen seien. Nach Ziffer 04 der Vereinbarung seien Pflegepflichtversicherungen mit einem besonders ausgewiesenen Satz provisionspflichtig gewesen, wenn die Pflegeversicherung in Verbindung mit einer Krankenvollversicherung abgeschlossen worden sei. Also hätten die Vertragsparteien unter der Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen auch die Vermittlung von Pflegeversicherungsverträgen verstanden. Unstreitig habe R. auch Pflegeversicherungen vermittelt und hierfür Provision erhalten.
15
Die Berufung der Klägerin habe Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2002 richte. Denn entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die zwischen der A. Krankenversicherung AG und der Beklagten bestehende Vereinbarung über die Betreuung des Vermittlers R. mit Schreiben der Klägerin vom 18. Mai 1999 zum 31. Dezember 1999 beendet worden. Hierbei handele es sich nicht um eine unzulässige Teilkündigung. Maßgeblich für die Zulässigkeit einer Teilkündigung sei, ob durch diese ein einheitliches Vertragsverhältnis inhaltlich verändert werde. Die Kündigung vom 18. Mai 1999 sei aber ohne Einfluss auf den Inhalt des Agentur-Übernahmevertrags gewesen, weil es sich bei der den Vertriebsmitarbeiter R. betreffenden Vereinbarung um eine eigenständige, selbständig neben dem Agentur-Übernahmevertrag stehende Abrede gehandelt habe.
16
Zu Unrecht habe das Landgericht auch den Anspruch auf Provisionsabrechnung für den Zeitraum nach dem 1. Januar 2000 bejaht. Da das Vertragsverhältnis insoweit am 31. Dezember 1999 geendet habe, bestehe Anspruch auf vollständige Provisionsabrechnung lediglich für die Zeit vom 1. Mai 1999 bis 31. Dezember 1999.

B.

17
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung lediglich in einem Punkt nicht stand.
18
I. Revision der Klägerin
19
Im Grundsatz zutreffend hat das Berufungsgericht der Beklagten einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 1999 (§ 87c Abs. 2 HGB) sowie auf Erteilung einer vollständigen Provisionsabrechnung für die Zeit vom 1. Mai 1999 bis zum 31. Dezember 1999 (§ 87c Abs. 1 HGB) zuerkannt. Allerdings kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein Anspruch auf Buchauszug und Abrechnung nicht auch hinsichtlich der vermittelten Pflegeversicherungen bejaht werden.
20
1. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe ein unzulässiges Teilurteil erlassen, ist unbegründet.
21
a) Allerdings darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch bei subjektiver oder objektiver Klagehäufung oder grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes ein Teilurteil (§ 301 ZPO) nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (st. Rspr.; BGHZ 107, 236, 242; Senatsurteile vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, WM 2001, 106, unter II 1 b, und vom 19. November 2008 - VIII ZR 47/07, NJW-RR 2009, 494, Tz. 14 f.; BGH, Urteile vom 4. Februar 1997 - VI ZR 69/96, NJW 1997, 1709, unter II; vom 25. November 2003 - VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452, unter II 1 a; vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156, Tz. 12; jeweils m.w.N.).
22
Eine solche Gefahr besteht bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind (BGHZ 157, 133, 142 f.; BGH, Urteil vom 7. November 2006, aaO). Das ist hier der Fall, weil nicht nur der mit der Klage geltend gemachte Provisionsrückzahlungsanspruch der Klägerin und der auf der letzten Stufe der Widerklage verfolgte Anspruch der Beklagten auf Zahlung weiterer Provision auf das gleiche Rechtsverhältnis gestützt sind. Vielmehr gilt dies gleichermaßen für die auf der ersten Stufe der Widerklage verfolgten Ansprüche auf Buchauszug und Provisionsabrechnung (§ 87c Abs. 1 und 2 HGB), über die das Teilurteil ergangen ist. Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei und von der Revisionserwiderung unbeanstandet angenommen, dass sowohl die im Streit stehenden Zahlungsansprüche als auch die von der Beklagten erhobenen Ansprüche auf Buchauszug und Provisionsabrechnung zum Teil von denselben Vorfragen abhängen.
23
b) Das steht indessen der im Streitfall erfolgten Entscheidung über die im Wege der Stufen(wider)klage (§ 254 ZPO) auf der ersten Stufe geltend ge- machten Ansprüche auf Buchauszug und Provisionsabrechnung durch Teilurteil gemäß § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht entgegen.
24
aa) Im Falle einer Stufenklage darf das Gericht zunächst nur über den Auskunftsanspruch (hier: Ansprüche auf Buchauszug und Abrechnung) verhandeln und durch Teilurteil hierüber entscheiden; eine Entscheidung über den auf der letzten Stufe der Klage verfolgten Anspruch ist grundsätzlich nicht zulässig (BGHZ 107, 236, 242; Senatsurteil vom 28. November 2001 - VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, unter II 4). Die auf die Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch (hier: Zahlungsanspruch) nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung im Sinne von § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über den Zahlungsanspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGHZ aaO; BGH, Urteil vom 19. Dezember 1969 - V ZR 114/66, WM 1970, 405, unter 1; Beschluss vom 10. Juni 1999 - VII ZB 17/98, NJW 1999, 3049, unter II 1). Eine einheitliche Entscheidung über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen Anträge kommt nur dann in Betracht, wenn schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (Senatsurteil vom 28. November 2001, aaO, m.w.N.). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Auch die Möglichkeit, mit dem Teilurteil zur ersten Stufe der Stufenklage ein Grundurteil über den Zahlungsanspruch der weiteren Stufe zu verbinden (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1999 - II ZR 312/97, NJW 1999, 1706, unter III), kommt nicht in Betracht, weil im Streitfall nicht feststeht, ob überhaupt ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegeben ist.
25
bb) Im Hinblick auf Klage und Widerklage gilt der Grundsatz, dass ein Teilurteil über die Klage oder die Widerklage nur dann zulässig ist, wenn die Entscheidung unabhängig davon ist, wie das Schlussurteil über den noch an- hängigen Teil des Rechtsstreits entscheidet, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen im Teilurteil und im Schlussurteil also nicht besteht (Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 236/05, WM 2007, 1901, Tz. 25 m.w.N.). Entscheidet das Gericht hingegen - wie im Streitfall - nur über die auf der ersten Stufe der Widerklage erhobene Auskunftsklage, besteht die Gefahr, dass dieses Teilurteil in Widerspruch zu der im weiteren Verfahren zu treffenden Entscheidung über die Klageforderung treten könnte.
26
cc) Diese Gefahr steht aber dem Erlass eines Teilurteils (allein) über den Auskunftsanspruch nicht entgegen. Da - wie oben unter aa ausgeführt - die Gefahr einander widersprechender Teilurteile über die auf den einzelnen Stufen einer Stufenklage geltend gemachten Ansprüche hingenommen wird, kann grundsätzlich nichts anderes gelten, wenn der Stufenklage ein im Wege der Widerklage oder - wie hier - im Wege der vor der Stufenwiderklage erhobenen Klage erhobener Anspruch gegenüber steht, der mit den durch die Stufenklage verfolgten Ansprüchen materiell-rechtlich verknüpft ist. In einem solchen Fall gilt das Teilurteilsverbot bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, das auch sonst nicht uneingeschränkt besteht (vgl. für den Fall der Verfahrensunterbrechung durch Insolvenz oder Tod eines einfachen Streitgenossen: BGH, Urteil vom 7. November 2006, aaO, Tz. 15 f. m.w.N.), nicht. Anderenfalls könnte im Ergebnis weder über die Klage noch über die Widerklage entschieden werden. Denn einerseits dürfte über den Auskunftsanspruch (isoliert) wegen der Gefahr eines Widerspruchs zu der später zu treffenden Entscheidung über den vom Gegner des Auskunftsanspruchs erhobenen Anspruch (hier: Klageforderung ) nicht entschieden werden. Andererseits darf auch nicht über die beiden zuvor genannten Ansprüche zusammen entschieden werden, weil dann ein Widerspruch zu der im weiteren Verfahren zu treffenden Entscheidung über den auf der letzten Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht auszuschließen wäre. Schließlich steht einer jeden Widerspruch ausschließenden Ent- scheidung sowohl über die Klage als auch über die Widerklage (gegebenenfalls durch Teil- und Grundurteil) entgegen, dass - mangels Auskunft (hier: Buchauszug und Abrechnung) - noch nicht feststeht, ob auf der letzten Stufe der Stufenklage überhaupt irgendein Zahlungsanspruch besteht.
27
Vor diesem Hintergrund ist die Gefahr eines Widerspruchs zwischen der Entscheidung über den Auskunftsanspruch und der im weiteren Verfahren zu treffenden Entscheidung über den vom Gegner des Auskunftsanspruchs erhobenen Anspruch hinzunehmen. Dafür spricht, dass ein solcher Widerspruch auch hinsichtlich der auf den verschiedenen Stufen der Stufenklage zu treffenden Entscheidungen akzeptiert wird (vgl. dazu oben unter aa). Die im Rahmen der Stufenklage verlangte Auskunft ist lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (BGH, Urteile vom 2. März 2000 - III ZR 65/99, NJW 2000, 1645, unter 1 a, und vom 18. April 2002 - VII ZR 260/01, NJW 2002, 2952, unter II 1 a). Dieser Leistungsanspruch (hier: der Provisionsanspruch der Beklagten), nicht die Auskunft, ist das eigentliche Rechtsschutzziel, das mit der Stufenklage verfolgt wird. Dem steht im Streitfall der mit der Klage verfolgte Provisionsrückzahlungsanspruch der Klägerin gleichrangig gegenüber. Somit ist es gerechtfertigt, die Rangordnung zwischen Auskunftsanspruch und Zahlungsanspruch bei der Stufenklage auch im Verhältnis zwischen dem Auskunftsanspruch und dem vom Gegner des Auskunftsanspruchs geltend gemachten Zahlungsanspruch zu berücksichtigen (vom Berufungsgericht als "faktisches Stufenverhältnis" bezeichnet). Ein Widerspruch zwischen den insoweit ergehenden Entscheidungen ist deshalb ebenso zu akzeptieren wie ein Widerspruch hinsichtlich der auf den verschiedenen Stufen der Stufenklage zu treffenden Entscheidungen.
28
2. Die Klägerin ist hinsichtlich der Widerklage passiv legitimiert. Das ergibt sich bereits daraus, dass - wie die Revisionserwiderung mit ihrer Gegenrü- ge zu Recht geltend macht - die Klägerin und nicht die C. (A. ) Krankenversicherung AG Vertragspartnerin der Beklagten geworden ist, wie das Berufungsgericht gemeint hat. Deshalb bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Rügen der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei gemäß § 242 BGB daran gehindert, ihre Passivlegitimation zu bestreiten.
29
Die Auslegung der Agentur-Übernahme-Erklärung vom 13. August 1996 unterliegt der unbeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung, weil es sich um eine von der Klägerin über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus formularmäßig verwendete Erklärung handelt (vgl. BGHZ 98, 303, 313 f.; 105, 24, 27). Danach ist die Klägerin als Vertragspartnerin der Beklagten anzusehen. Zwar ist im Text der Übernahmeerklärung mehrfach davon die Rede, dass Krankenversicherungsverträge "für die C. Krankenversicherung AG (CK)" vermittelt werden sollen, worauf das Berufungsgericht seine Beurteilung maßgeblich gestützt hat. Sowohl in der Kopfzeile als auch in der Unterschriftszeile der Erklärung ist aber die Klägerin aufgeführt. Weder dort noch bei den Unterschriften selbst findet sich ein Vertretungszusatz. Hinzu kommt, dass die gesamte Abwicklung des Vertragsverhältnisses, einschließlich sämtlicher Abrechnungen und der Kündigungserklärung im Schreiben vom 18. Mai 1999, unstreitig durch die Klägerin - im eigenen Namen - erfolgt ist. Danach war das Verhalten der Klägerin vom Empfängerhorizont der Beklagten jedenfalls nicht eindeutig dahin zu verstehen, dass die Klägerin den Agentur-Übernahme-Vertrag in fremdem Namen geschlossen hat. Dies hat gemäß § 164 Abs. 2 BGB zur Folge , dass ein eventuell fehlender Wille der Klägerin, im eigenen Namen zu handeln , unbeachtlich ist. Dagegen lässt sich nicht einwenden, die Klägerin könne einen Buchauszug oder sonst für die Vertragsabwicklung erforderliche Informationen nicht erteilen und komme deshalb als Vertragspartnerin nicht in Betracht, weil die betreffenden Geschäftsvorfälle lediglich in den Büchern der C. (A. ) Krankenversicherung AG festgehalten seien. Denn die dafür notwendi- gen Unterlagen muss sich die Klägerin, falls sie ihr nicht zur Verfügung stehen sollten, von der C. (A. ) Krankenversicherung AG, in deren Interesse die Klägerin tätig ist, verschaffen (vgl. Senatsurteil vom 21. März 2001 - VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333, unter II 1).
30
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , dass die Beklagte gemäß § 87 Abs. 1 HGB in Verbindung mit § 92 HGB Anspruch auf Provision für die von dem Vertreter R. vermittelten Geschäfte hat und deshalb auch die Ansprüche aus § 87c Abs. 1 und 2 HGB geltend machen kann.
31
a) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Beklagte nach dem beiderseitigen Verständnis der Parteien die Rechte einer Handelsvertreterin haben sollte und ihr damit im Grundsatz auch die Ansprüche auf Abrechnung und Buchauszug (§ 87c Abs. 1 und 2 HGB) zustehen sollten. Diese Annahme wird jedenfalls hinsichtlich der vorliegend im Streit stehenden Ansprüche von den Feststellungen des Berufungsgerichts getragen und ist frei von Rechtsfehlern. Denn nach den - insoweit von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts gab es unstreitig eine mündliche Vereinbarung , nach der das von dem Vertreter R. vermittelte Krankenversicherungsgeschäft im Rahmen der Bonifikationsstaffel gemäß Ziffer 09 der AgenturÜbernahme -Erklärung einstweilen wie von der (an die Stelle der V. GmbH getretenen) Beklagten vermitteltes Geschäft zu berücksichtigen ist. Daraus ergibt sich, dass der Beklagten zumindest im Hinblick auf das von dem Vertreter R. vermittelte Geschäft, das allein Gegenstand des Rechtsstreits ist, Provisionsansprüche und damit auch die Ansprüche aus § 87c Abs. 1 und 2 HGB zustehen sollten. Auf die von der Revision erhobenen Rügen gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verhältnis der Parteien im Übrigen kommt es deshalb nicht an.
32
b) Indessen kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein Provisionsanspruch - und damit ein Anspruch auf Buchauszug und Abrechnung - der Beklagten auch hinsichtlich der vermittelten Pflegeversicherungen und Sonder- und Gruppenversicherungen nicht bejaht werden.
33
Wie das Berufungsgericht allerdings zutreffend angenommen hat, ist allein in dem Umstand, dass die Beklagte über mehrere Jahre hinweg die Abrechnungen der Klägerin, in denen Provisionen für vermittelte Pflegeversicherungsverträge nicht aufgeführt waren, widerspruchslos hingenommen hat, weder ein stillschweigend erklärtes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf weitere Provisionen zu sehen (vgl. Senatsurteil vom 20. September 2006 - VIII ZR 100/05, NJW-RR 2007, 246, Tz. 22 m.w.N.).
34
Mit Recht beanstandet die Revision jedoch die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin hätte Beweis für ihre Behauptung antreten müssen, dass Pflegeversicherungsverträge im Rahmen der Bonifikationsstaffel nicht berücksichtigt werden sollten. Diese Annahme ist von Rechtsfehlern beeinflusst, weil es sich insoweit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht um die Behauptung einer (nachträglichen) Kürzung oder Einschränkung von Provisionsansprüchen handelt. Vielmehr hat die Klägerin im Schriftsatz vom 22. August 2007 ausgeführt: "Die mündliche Vereinbarung betreffend den Vermittler R. ging dahin, das an die A. Krankenversicherung AG vermittelte Krankenversicherungsgeschäft, nicht auch von Herrn R. vermitteltes Pflegeversicherungsgeschäft, im Rahmen der Bonifikationsstaffel gemäß Ziffer 09 der Vereinbarung mit der V. GmbH vom 08.08./20.09.1995 zu berücksichtigen. (…)"
35
Darin liegt aber die Behauptung, dass die für das Bestehen der Ansprüche maßgebliche mündliche Vereinbarung (vgl. dazu oben unter 3) von vornherein dahin ging, das vermittelte Pflegeversicherungsgeschäft nicht zu berück- sichtigen. Soweit die Beklagte behauptet, die Vereinbarung sei weiter gegangen , ist das als eine rechtsbegründende Tatsache von ihr als Anspruchstellerin zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 25. Januar 2006 - VIII ZR 56/04, NJWRR 2006, 591, Tz. 11; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., Vor § 284 Rdnr. 17a m.w.N.). Deshalb bedurfte es eines Beweisantritts der Klägerin nicht.
36
Das weitere Argument des Berufungsgerichts, die von der Klägerin behauptete Vereinbarung stelle lediglich eine Teilregelung dar, weil sie sich lediglich auf die Provision für Krankenversicherungsverträge beziehe, trägt nicht. In der vom Berufungsgericht herangezogenen Kommentarliteratur wird vertreten, bei einer Teilregelung - beispielsweise zur Berechnung der Provision - greife im Übrigen im Zweifel die gesetzliche Regelung ein; eine Teilregelung bedeute nicht, dass Provision nur gezahlt werden solle, soweit die Teilregelung reiche (Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 87b Rdnr. 3 m.w.N.). Daraus lässt sich für die hier zu beantwortende Frage indessen nichts herleiten. Denn das Eingreifen der gesetzlichen Regelung zum Provisionsanspruch setzt eine nach §§ 87 ff. HGB (hier: in Verbindung mit § 92 Abs. 2 HGB) provisionspflichtige Tätigkeit des Handelsvertreters voraus. Ein gesetzlicher Provisionsanspruch steht der Beklagten hier aber gerade nicht zu.
37
4. Soweit die Revision den vom Berufungsgericht zuerkannten Inhalt des Buchauszugs als zu weitgehend beanstandet, bleibt sie ohne Erfolg. Die Revision macht geltend, die Bonifikationszahlungen an die Beklagte seien "akzessorisch" , insbesondere seien die von dem Vertreter R. akzeptierten Stornierungen auch von der Beklagten zu akzeptieren gewesen, so dass die Beklagte keiner weitergehenden Informationen bedurft hätte, als bereits in den Abrechnungen enthalten gewesen seien. Dieser Einwand ist aber schon deshalb unbeachtlich , weil die Revision keinerlei Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen anführt , der die Annahme der von der Revision behaupteten "Akzessorietät" der Ansprüche stützt. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, die mündliche Vereinbarung sei dahin gegangen, die tatsächliche Jahresnettoproduktion (Abschlüsse abzüglich Storno) des Vermittlers R. zu vergüten. Daraus ergibt sich aber nur die Berechnungsgrundlage für den Provisionsanspruch der Beklagten. Anders als die Revision meint, lässt sich daraus nicht herleiten, dass die Beklagte die gegenüber dem Vertreter R. tatsächlich abgerechnete und von diesem akzeptierte Jahresnettoproduktion (einschließlich aller Stornobuchungen) hinnehmen musste. Die Revision zeigt auch nicht auf, warum die nach dem Berufungsurteil in den Buchauszug aufzunehmenden Informationen für die Beklagte ohne jede Bedeutung sein sollten.
38
II. Anschlussrevision der Beklagten
39
Die Anschlussrevision ist unbegründet. Sie wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die Vereinbarung über die Betreuung des Vermittlers mit Schreiben vom 18. Mai 1999 wirksam gekündigt.
40
Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision handelt es sich nicht um eine unzulässige Teilkündigung. Eine Teilkündigung ist - abgesehen von dem Fall eines ausdrücklichen Vorbehalts - auch dann zulässig, wenn ein Gesamtvertragsverhältnis sich aus mehreren Teilverträgen zusammensetzt und diese Teilverträge selbst nach dem Gesamtbild des Vertrages jeweils für sich als nach dem Vertrag selbständig lösbar angesprochen sind oder von vornherein eindeutig als selbständig lösbar aufgefasst werden müssen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1977 - I ZR 175/75, WM 1977, 589, unter II; Senatsurteil vom 6. Oktober 1999 - VIII ZR 125/99, WM 2000, 472, unter I 2 d). Das ist hier der Fall.
41
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, die Beklagte habe keinen Anspruch darauf gehabt, dass die von ihr zugeführten Vermittler unter die Beklagte "strukturiert" werden. Dagegen wendet sich die Anschlussrevision nicht; sie nimmt selbst an, dass es insoweit jeweils einer individuellen Vereinbarung bedurft habe. Daraus ergibt sich aber zugleich, dass es sich auch im Hinblick auf die Einbeziehung des Vermittlers R. um eine selbständig kündbare Vereinbarung gehandelt hat. Dies steht auch, anders als die Anschlussrevision meint, nicht in Widerspruch zu der Annahme des Berufungsgerichts, die Tätigkeit der Beklagten sei der Tätigkeit eines echten Generalvertreters mit eigenem Vertreterstab nahe gekommen. Ein Widerspruch besteht schon deshalb nicht, weil das Berufungsgericht insoweit ausdrücklich auf das wirtschaftliche Erscheinungsbild , nicht aber auf die vertraglichen Grundlagen der Tätigkeit der Beklagten abgestellt hat.
42
Ohne Erfolg macht die Anschlussrevision geltend, die Vereinbarung hinsichtlich des Vermittlers R. und die damit verbundene organisatorische Zuordnung dieses Vermittlers zur Beklagten habe von der Klägerin nicht ohne weiteres gekündigt werden dürfen. Die Klägerin hat sich durch die Kündigung nicht einseitig der vereinbarten Gegenleistung dafür entzogen, dass ihr der Vertreter R. von der Beklagten zugeführt worden ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet, durch Akquise und Betreuung der Vertriebspartner mittelbar die Vermittlung von Versicherungsverträgen zu fördern. Dies rechtfertigt, anders als die Anschlussrevision meint, die Annahme, dass die vereinbarten Bonuszahlungen auch eine Gegenleistung für die Betreuung des Vermittlers R. darstellten. Es ist nicht ersichtlich, warum eine Kündigung der darauf gerichteten Vereinbarung nicht zum 31. Dezember 1999 - also nach Ablauf von mehr als drei Jahren - möglich gewesen sein soll. Das gilt umso mehr, als die mündliche Vereinbarung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich dahin ging, das von dem Vertreter R. getätigte Geschäft "einstweilen" wie von der V. (später der Beklagten ) vermitteltes Geschäft zu berücksichtigen.

C.

43
Nach alledem ist die Anschlussrevision der Beklagten zurückzuweisen. Auf die Revision der Klägerin ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit die Klägerin verurteilt worden ist, einen Buchauszug zur Verfügung zu stellen, der Auskunft (auch) über sämtliche Pflegeversicherungsverträge gibt, die der Vermittler R. zwischen dem 1. Januar 1998 und dem 31. Dezember 1999 für die C. (A. ) Krankenversicherung vermittelt hat, und soweit die Klägerin verurteilt worden ist, eine vollständige Provisionsabrechnung (auch) über die in Ziffer 1 des Berufungsurteils genannten Pflegeversicherungsverträge für die Zeit vom 1. Mai 1999 bis 31. Dezember 1999 zu erteilen. Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die erforderlichen Feststellungen zu der Frage getroffen werden können, ob nach der Vereinbarung der Parteien auch das von dem Vertreter R. vermittelte Pflegeversicherungsgeschäft zugunsten der Beklagten als provisionspflichtig zu berücksichtigen sein sollte. Ball Hermanns Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 27.09.2007 - 23 O 15/02 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 11.02.2009 - 7 U 219/07 -

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

18
2. Gegen die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung von 5.305,61 € nebst Zinsen wendet sich die Revision ebenfalls ohne Erfolg. Mit dem Widerruf des in der ersten Instanz abgeschlossenen Vergleichs, der Grundlage der Zahlung des genannten Betrags war, entfiel die Zahlungspflicht der Klägerin. Sie hat somit ohne Rechtsgrund geleistet; die Beklagte ist nach § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Rückzahlung verpflichtet. Zwar hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Zahlung rückständiger Pacht erklärt. Aber dieses Verteidigungsmittel ist nach §§ 296 Abs. 2, 555 ZPO zurückzuweisen. Die Beklagte hätte nämlich nach § 282 Abs. 1 ZPO die Aufrechnungserklärung bereits im ersten Rechtszug, jedenfalls nach dem Widerruf des Vergleichs abgeben müssen, weil deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt war oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande war (vgl. BGH, Urt. v. 8. Juni 2004, VI ZR 199/03, NJW 2004, 2825, 2827). Da in dem Berufungsurteil nicht festgestellt ist, dass die Klägerin rückständige Pacht schuldet, müsste im Fall der Berücksichtigung der Aufrechnungserklärung die Sache unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung über den Zahlungsantrag an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Dadurch verzögerte sich die Erledigung des Rechtsstreits , weil die Revision ohne die jetzt erklärte Aufrechnung insgesamt unbe- gründet ist. Schließlich beruht die verspätete Abgabe der Aufrechnungserklärung auf grober Nachlässigkeit. Der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat die Prozessförderungspflicht in besonders hohem Maß vernachlässigt , denn er hat zwar auf einen Anspruch der Beklagten hingewiesen, aber nicht die notwendige prozessrechtliche Konsequenz gezogen und damit dasjenige unterlassen, was jeder Partei nach dem Stand des Verfahrens als notwendig hätte einleuchten müssen (BGH, Urt. v. 20. März 1997, VII ZR 205/96, NJW 1997, 2244, 2245). Dieses Verschulden, das die jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht ausräumen konnte, steht dem Verschulden der Beklagten gleich (§ 85 Abs. 2 ZPO).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 256/11
vom
15. August 2012
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. August 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Achilles, die
Richterin Dr. Fetzer und den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Juli 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Wertstufe bis 65.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Der Kläger betreibt ein Transportunternehmen. Er hatte in der Vergangenheit unter Vermittlung der B. Niederlassung der Beklagten mehrfach gebrauchte Lkw über die Leasinggesellschaft der Beklagten geleast und diese nach Ablauf der vereinbarten Leasingzeit von der Beklagten, welche die Lkw ihrerseits von der Leasinggesellschaft zurückgekauft hatte, zu den in den Leasingverträgen ausgewiesenen Restwerten zuzüglich eines Aufschlags von acht Prozent angekauft. Im Zeitraum von März 2006 bis Januar 2007 leaste er über die genannte Niederlassung wiederum drei gebrauchte Lkw, die er nach Ablauf der jeweiligen Leasingzeiten zu den bisherigen Bedingungen ankaufen wollte. Dies wurde ihm von der nunmehr für die Verwertung solcher Fahrzeuge zuständigen D. Niederlassung der Beklagten verweigert.
2
Mit der Behauptung, ihm sei ein festes Ankaufsrecht zu den bisherigen Bedingungen eingeräumt worden, hat der Kläger, nachdem er zuvor die Leasinggesellschaft der Beklagten erfolglos vor dem Landgericht Stuttgart in Anspruch genommen hatte, von der Beklagten die Übereignung der drei zuvor geleasten Lkw sowie den Ersatz des ihm durch die Weigerung der Beklagten entstandenen Schadens begehrt. Seine Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Hiergegen richtet sich seine Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.
4
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
5
Der Kläger habe die Vereinbarung des von ihm beanspruchten Ankaufsrechts nicht bewiesen.
6
Insoweit entfalte das Urteil des Landgerichts Stuttgart, wonach der für die Beklagte tätig gewesene Fahrzeugverkäufer Ba. zwar, wie von ihm bekundet , die behauptete Abrede mit dem Kläger getroffen, dabei aber nicht für die Leasinggesellschaft, sondern für die Beklagte gehandelt habe, aufgrund der gegenüber der Beklagten erfolgten Streitverkündung keine Bindungswirkung. Denn auf die Feststellung der Ankaufsabrede sei es für die vom Landgericht Stuttgart als fallentscheidend angesehene Verneinung einer Passivlegitimation der Leasinggesellschaft nicht angekommen.
7
Die erneute Vernehmung des Zeugen Ba. habe, auch wenn sich eine Reihe von Widersprüchen gegenüber seinen Bekundungen vor dem Landgericht Stuttgart ergeben hätten und einige Anhaltspunkte für die Einräumung eines festen Ankaufsrechts vorlägen, nicht die erforderliche Überzeugung begründen können, dass dahingehend über das bloße Inaussichtstellen eines Ankaufs hinaus bereits eine feste Zusage erfolgt sei.
8
Soweit der Kläger im Berufungsrechtszug durch Benennung seines Prozessbevollmächtigten S. Zeugenbeweis dafür angetreten habe, der Zeuge Ba. habe im Anschluss an seine Vernehmung vor dem Landgericht geäußert , er habe mit seiner Aussage, der Kläger habe im Fall eines Verkaufs der Leasingfahrzeuge "erster Ansprechpartner" sein sollen, zum Ausdruck bringen wollen, dass eine verbindliche Erwerbszusage getroffen worden sei, sei diese Äußerung, selbst wenn sie so gefallen sein sollte, nicht geeignet, die erforderliche Überzeugung vom Bestehen der behaupteten Zusage zu vermitteln. Denn sie lasse nicht den sicheren Schluss auf den tatsächlichen Inhalt der seinerzeitigen Vertragsverhandlungen zu, zumal der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Berufungsgericht deutlich zu erkennen gegeben habe, dass er den Unterschied zwischen einer bereits bindenden Vereinbarung und dem schlichten Hinweis auf die tatsächliche Möglichkeit eines künftigen Vertragsschlusses kenne, und dass er dementsprechend das Zustandekommen einer verbindlichen Erwerbszusage eindeutig verneint habe.
9
Der Zeuge Sa. , den der Kläger erstmals im Berufungsrechtszug zu der Behauptung benannt habe, dass der Zeuge Ba. bei anderer Gelegenheit gegenüber dem Kläger geäußert habe, dieser habe wirklich günstige Leasingverträge abgeschlossen, da er die Fahrzeuge nach Vertragsablauf zu sehr günstigen Konditionen übernehmen könne und gerade im Hinblick darauf die Leasingraten vergleichsweise hoch angesetzt worden seien, sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu vernehmen gewesen. Es habe sich um neuen Vortrag gehandelt. Gründe, die dessen Zulassung rechtfertigen könnten, seien we- der vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass der Kläger sich erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils an die durch Vernehmung des Zeugen unter Beweis gestellte Tatsache erinnert habe, rechtfertige eine Zulassung nicht.
10
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet.
11
a) Die Zulassung der Revision ist entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde allerdings nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) geboten, weil das Berufungsgericht bei Beurteilung der sich aus §§ 68, 74 Abs. 2, 3 ZPO ergebenden Bindungswirkungen des Urteils des Landgerichts Stuttgart verkannt habe, dass Voraussetzung für die dort getroffene Entscheidung, in wessen Namen der Zeuge Ba. bei Vereinbarung des Ankaufsrechts gehandelt habe, die Feststellung eines solchen Ankaufsrechts gewesen sei. Das trifft nicht zu.
12
Das Landgericht Stuttgart hat ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Zeuge Ba. mit dem Kläger zwar dieAbrede getroffen habe, dass der Kläger den streitgegenständlichen Lkw nach dem Ablauf der Leasingzeit gegen Zahlung des Restwerts zuzüglich eines Aufschlags von acht Prozent übernehmen dürfe. Der Zeuge habe dabei aber nicht im Namen der Leasinggesellschaft, sondern im Namen der Beklagten des hiesigen Prozesses gehandelt, so dass der Kläger aus der Vereinbarung mit dem Zeugen keine Ansprüche gegenüber der Leasinggesellschaft herleiten könne. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, kam es nach dem vom Landgericht Stuttgart gewählten Begründungsansatz für die Klageabweisung nicht entscheidend auf das Bestehen des Ankaufsrechts, sondern allein darauf an, dass für alle dort geltend gemachten Ansprüche im Verhältnis zur beklagten Leasinggesellschaft die vertragliche Grundlage fehle. Hinsichtlich der Feststellungen zum Bestehen des Ankaufsrechts hat es sich mithin nur um eine "überschießende", für das Ergebnis nicht entscheidungserhebliche Beweiswürdigung gehandelt, die an der Bindungswirkung nicht teilnimmt (vgl. BGH, Urteile vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02, NJW-RR 2004, 676 unter III 1; vom 18. März 2004 - IX ZR 255/00, WM 2004, 2217 unter II 3 b aa [1]). Insoweit ist das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung - anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint - nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen, wonach es für die Frage, aus wessen Sicht sich beurteilt, ob eine Feststellung das Urteil trägt und damit Bindungswirkung erzeugt, darauf ankommt, worauf die Entscheidung des Erstprozesses - ausgehend von dem dort gewählten Begründungsansatz - objektiv nach zutreffender Rechtsauffassung beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2003 - V ZB 43/03, BGHZ 157, 97, 99 f.).
13
b) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch deshalb begründet, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, dass es den vom Kläger durch Benennung des Zeugen Sa. angetretenen Zeugenbeweis nicht erhoben und darüber hinaus die Angaben des Klägers bei dessen Parteianhörung (§ 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO) übergangen hat. Wegen der verfassungsrechtlichen Relevanz dieser Verfahrensfehler ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO).
14
aa) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, WM 2009, 671, 672; Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10 mwN). Diese Grenze ist bei Anwendung einer Präklusionsvorschrift wie des § 531 ZPO bereits dann erreicht, wenn diese - wie hier jedenfalls hinsichtlich des Zeugen Sa. geschehen - in offenkundig unrichtiger Weise angewandt wird (BVerfG, NJW 2001, 1565; Senatsbeschluss vom 21. Februar 2006 - VIII ZR 61/04, WM 2006, 1115 Rn. 5 mwN).
15
(1) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel wie der in Rede stehende Antritt von Zeugenbeweis sind gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Das Berufungsgericht ist zwar ersichtlich von einer solchen Nachlässigkeit ausgegangen, wenn es ausführt, ein Zulassungsgrund sei insbesondere nicht dadurch begründet, dass sich der Kläger erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils an die durch Vernehmung des Zeugen unter Beweis gestellte Tatsache erinnert habe. Mit den dazu vom Kläger im Einzelnen vorgetragenen Umständen hat es sich jedoch nicht befasst und deshalb die gebotene Würdigung unterlassen, woraus sich der Fahrlässigkeitsvorwurf ergeben soll. Denn dass der Kläger den Beweis auch schon im ersten Rechtszug hätte antreten können, kann - was das Berufungsgericht grundlegend verkannt hat - einen Fahrlässigkeitsvorwurf für sich allein nicht begründen. Die vom Senat selbst vorzunehmende Prüfung dieser vom Berufungsgericht nicht aufgeklärten und deshalb revisionsrechtlich zu unterstellenden Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330, 333 mwN) ergibt, dass dem Kläger ein Fahrlässigkeitsvorwurf, der eine Zurückweisung des Beweisantritts hätte rechtfertigen können, nicht gemacht werden kann.
16
(2) Jede Partei ist zwar mit Rücksicht auf ihre Prozessförderungspflicht grundsätzlich gehalten, schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist (BGH, Urteile vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 253 mwN; vom 23. April 2010 - LwZR 20/09, NJW-RR 2010, 1500 Rn. 18). Angesichts dieser Pflicht zu konzentrierter Verfahrensführung ist es deshalb den Parteien verwehrt, etwa aus prozesstaktischen Erwägungen ein aus ihrer Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen zurückzuhalten, das bereits im ersten Rechtszug in den Rechtsstreit hätte eingeführt werden können (BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09, WM 2010, 2004 Rn. 28; vom 24. November 2009 - VII ZR 31/09, NJW 2010, 176 Rn. 9; jeweils mwN). Jedoch folgt aus der Prozessförderungspflicht grundsätzlich keine Verpflichtung der Partei, tatsächliche Umstände, die ihr nicht bekannt sind und für die sie auch sonst keine konkreten Anhaltspunkte hat, erst zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09, aaO; Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, WM 2008, 2355 Rn. 16; jeweils mwN). Ebenso trifft sie regelmäßig keine Pflicht, die Richtigkeit bisher bekannter Umstände in Zweifel zu ziehen und zu deren Verlässlichkeit Ermittlungen anzustellen oder Erkundigungen einzuziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2010 - IV ZR 229/07, VersR 2011, 414 Rn. 11; vom 29. September 2009 - VI ZR 149/08, VersR 2009, 1683 Rn. 3).
17
Auch hier hatte der Kläger nach dem Beweisergebnis im Vorprozess vor dem Landgericht Stuttgart keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass ihm der Beweis für eine verbindliche Ankaufszusage allein schon durch die Bekundungen des Zeugen Ba. gelingen würde, zumal der Zeuge selbst bei seiner späteren Vernehmung vor dem Berufungsgericht keine Erklärung dafür geben konnte , warum er von entscheidenden Passagen, die das Landgericht Stuttgart überzeugt hatten, wieder abgerückt war. Vor diesem Hintergrund hatte der Kläger keine Veranlassung, vorsorglich noch nach zusätzlichen Beweismitteln zu forschen.
18
Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den Begebenheiten, die in das Wissen des Zeugen Sa. gestellt sind, nicht um Geschehnisse handelt, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertragsschluss stehen, sondern um ein eher zufälliges privates Gespräch aus anderem Anlass, das nicht notwendig in der Erinnerung des Klägers geblieben sein musste. Es begründet deshalb nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt keinen Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht, wenn der Kläger den auf dieseBegebenheit gestützten Beweisantritt erst in den Prozess eingeführt hat, nachdem er nach Beendigung des ersten Rechtszuges von dem Zeugen Sa. auf die ihm nicht mehr erinnerliche Begebenheit hingewiesen worden war.
19
(3) Das Berufungsurteil beruht auf dieser Gehörsverletzung. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, wenn es den Zeugen Sa. in der gebotenen Weise zu den in sein Wissen gestellten Tatsachen vernommen hätte.
20
bb) Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) auch dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt, dass es die Angaben, die der Kläger bei seiner Parteianhörung (§ 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO) gemacht hat, nicht zur Kenntnis genommen und in die gebotene Würdigung einbezogen hat.
21
(1) Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern es, dass einer Partei , wenn sie - wie hier - für ein mit der Gegenseite geführtes Vier-AugenGespräch keinen Zeugen hat und das Gericht sich für die Beurteilung des unter Beweis gestellten Gesprächsinhalts nicht noch zusätzlich auf sonstige Beweismittel oder Indizien stützen kann, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (BGH, Urteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 16; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04, WM 2006, 548 unter II 3 b; jeweils mwN). Spricht in einem solchen Fall eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vortrags der in Beweisnot stehenden beweisbelasteten Partei , muss das Gericht in nachprüfbarer Weise darlegen, weshalb es von einer Parteivernehmung abgesehen hat. Andernfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass es von dem ihm nach § 448 ZPO eingeräumten Ermessen Ge- brauch gemacht hat (BGH, Urteil vom 9. März 1990 - V ZR 244/88, BGHZ 110, 363, 366). Zwar rechtfertigt eine derartige Beweisnot für sich allein keine Verminderung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs. Sie erhöht jedoch die Anforderungen an eine Begründung, mit der der Tatrichter die Wahrscheinlichkeit verneint ; die Gründe seiner Entscheidung müssen deshalb erkennen lassen, dass er die Beweisnot der Partei in Erwägung gezogen hat, und sich mit dem Prozessstoff und bereits vorhandenen Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander setzen (BGH, Beschluss vom 8. März 2006 - IV ZR 151/05, juris Rn. 8 mwN). Dem ist das Berufungsgericht offenkundig nicht gerecht geworden.
22
(2) Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Würdigung lediglich auf die Bekundungen des von ihm vernommenen Zeugen Ba. , die bei Vertragsschluss erstellten Antragsunterlagen sowie die Verwertungspraxis im Verhältnis zwischen der Beklagten und ihrer Leasinggesellschaft gestützt. Danach hat es eine verbindliche Erwerbszusage der Beklagten für möglich, aber nicht für überwiegend wahrscheinlich erachtet, weil es sich nicht in der Lage gesehen hat, die Überzeugung zu gewinnen, dass die Bekundungen des Zeugen Ba. in seiner Vernehmung vor dem Landgericht Stuttgart zutreffend und in seiner Vernehmung vor dem Berufungsgericht falsch gewesen seien. Die von ihm vorgenommene Parteianhörung des Klägers und deren protokolliertes Ergebnis hat es im Berufungsurteil nicht erwähnt.
23
Die fehlende Erwähnung zeigt, dass das Berufungsgericht sich mit dem Ergebnis der Parteianhörung des Klägers bei seiner Beweiswürdigung nicht ansatzweise auseinander gesetzt oder es sonst in seine Würdigung einbezogen hat. Auch hierauf beruht das Berufungsurteil.

III.

24
Nach alldem hat das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Dies führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Hierbei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 03.12.2010 - 15 O 116/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 04.07.2011 - I-2 U 21/11 -
11
Der Beklagten ist unabhängig hiervon jedenfalls keine Nachlässigkeit i.S. des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zur Last zu legen. Denn sie hat unbestritten erst durch das Gutachten vom 26. Januar 2007 und damit nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils Kenntnis davon erlangt, dass der Kläger die Flächengröße falsch angegeben hatte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich der Vorwurf prozessualer Nachlässigkeit nicht damit begründen, dass sie die Falschangabe des Klägers bereits in erster Instanz hätte erkennen können, weil sie schon nach Erhalt der Bauzeichnungen vom Kläger die Möglichkeit gehabt hätte , seine Angaben zur Größe der Geschäftsfläche überprüfen zu lassen. Dabei verkennt das Berufungsgericht, dass ein konkreter Anlass für die Beklagte, den Größenangaben des Klägers zu misstrauen und deshalb insoweit eine Überprüfung, die immerhin eine Flächenermittlung durch einen Sachverständigen erforderte, vorzunehmen, weder festgestellt noch ersichtlich ist. Dann liegt aber keine Nachlässigkeit vor, da die Parteien aufgrund der Prozessförderungspflicht allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände gehalten sein können, tatsächliche Umstände, die ihnen nicht bekannt sind, erst noch zu ermitteln; generell trifft sie eine solche Pflicht nicht (BGH, Urteile vom 6. November 2008 - III ZR 231/07 - NJW-RR 2009, 329 Tz. 15 f. und vom 15. Oktober 2002 - X ZR 69/01 - NJW 2003, 200 unter II 6 b; Zöller/Heßler aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 67/09
vom
3. April 2012
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sachverständigenablehnung V
Ist einer Partei im Patentnichtigkeitsverfahren vor der Bestellung des gerichtlichen
Sachverständigen Gelegenheit gegeben worden, zur fachlichen und persönlichen
Eignung einer von der Gegenpartei vorgeschlagenen Person Stellung
zu nehmen, und verfügt sie über keinerlei Informationen zur Person des Sachverständigen
, handelt sie schuldhaft, wenn sie, ohne zumindest einfache und
ohne weiteres mögliche Erkundigungen eingeholt zu haben, die Erklärung abgibt
, gegen die als Sachverständigen vorgeschlagene Person bestünden keine
Einwände.
BGH, Beschluss vom 3. April 2012 - X ZR 67/09 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. April 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher,
Hoffmann und die Richterin Schuster

beschlossen:
Das den gerichtlichen Sachverständigen Dr. G. betreffende Ablehnungsgesuch wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. Die Beklagte hat den gerichtlichen Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, nachdem er sein schriftliches Gutachten erstattet hat. Dessen Inhalt habe ihr Veranlassung gegeben, ihre Prozessbevollmächtigten mit einer Internetrecherche zum beruflichen Hintergrund des Sachverständigen zu beauftragen. Diese Recherche habe ergeben, dass der gerichtliche Sachverständige am 9. März 2009 auf dem von der Streithelferin ausgerichteten "Internationalen Wissenschaftlichen Forum zur X. " einen Vortrag zum Thema "X. im täglichen Einsatz" gehalten und am 17. Juni 2010 im Rahmen eines auf dem 13. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Y. e.V. von der Streithelferin gesponserten Workshops zum Thema "X. im ambulanten Einsatz" vorgetragen habe. Die hieraus und aus weiteren Umständen und Zusammenhängen (nachstehend II 2) ersichtlichen Beziehungen zur Streithelferin gingen deutlich über das hinaus, was als Austausch zwischen niedergelasse- nen Ärzten und Unternehmen, deren Produkte sie verwendeten, üblich sei, und begründe die Besorgnis der Befangenheit.
2
II. Das Gesuch war zurückzuweisen.
3
1. Es ist unzulässig, soweit die Beklagte sich dafür auf die vom Sachverständigen am 9. März 2009 und 17. Juni 2010 gehaltenen Vorträge stützt.
4
a) Die Ablehnung eines Sachverständigen ist nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über seine Bestellung (hier: im April 2011) nur zulässig , wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 ZPO). An dieser Glaubhaftmachung fehlt es.
5
b) Entsprechend seiner neueren ständigen Praxis hat der Senat den Parteien und der Streithelferin vor Beauftragung des gerichtlichen Sachverständigen aufgegeben, fachlich qualifizierte und unabhängige Sachverständige vorzuschlagen und danach Gelegenheit gegeben, wechselseitig zu den jeweils unterbreiteten Vorschlägen Stellung zu beziehen. Zu den übereinstimmend von den Klägerinnen und der Streithelferin vorgeschlagenen Personen, Dr. G. als dann beauftragtem Sachverständigen und Prof. Dr. R., haben die seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten in deren Namen und Vollmacht erklärt, dass gegen sie keine Einwände bestünden.
6
c) Vor diesem Hintergrund kann es nicht als unverschuldet angesehen werden, dass die Beklagte ihr Ablehnungsgesuch nicht früher angebracht hat.
7
Für die Parteien besteht im Allgemeinen keine Verpflichtung, Erkundigungen darüber anzustellen, ob ein Ablehnungsgrund in Betracht kommt. Jedoch kann im Einzelfall Abweichendes gelten, denn konkreten Anhaltspunkten für das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes muss die Partei aufgrund ihrer Prozessförderungspflicht nachgehen. Zumutbare Nachforschungen muss die Partei auch dann anstellen, wenn ihr bekannt ist, dass die Gewinnung des Sachverständigen wegen der Besonderheiten des Falls außergewöhnliche Schwierigkeiten bereitet (BGH, Beschluss vom 23. September 2008 - X ZR 135/04, GRUR 2009, 92 = NJW 2009, 84 - Sachverständigenablehnung III). Entsprechendes gilt, wenn die Partei im Patentnichtigkeitsverfahren die ihr vom Gericht eingeräumte Gelegenheit wahrnimmt, zu Sachverständigenvorschlägen der Gegenseite Stellung zu nehmen.
8
Die Findung eines geeigneten Sachverständigen ist in Patentnichtigkeitsverfahren nicht nur deswegen regelmäßig schwierig, weil die wünschenswerte Qualifikation des Sachverständigen eng mit der gegebenenfalls nicht einfach zu beantwortenden und zwischen den Parteien streitigen Frage zusammenhängt , über welche Ausbildung und Erfahrung der Fachmann verfügt, der im Prioritätszeitpunkt mit der Lösung des dem Streitpatent zugrunde liegenden technischen Problems beauftragt worden wäre. Es kommt vielmehr hinzu, dass in vielen Fällen notwendigerweise mehr oder weniger enge fachliche und berufliche Beziehungen zwischen den als Sachverständige in Betracht kommenden Wissenschaftlern, die auf dem betreffenden Gebiet forschen und lehren, und denjenigen am Patentnichtigkeitsverfahren beteiligten Unternehmen bestehen, die auf diesem Gebiet tätig sind und sich ihrerseits mit Forschung und Entwicklung befassen. Für die Parteien erkennbares Ziel ihrer Einbindung in die Sachverständigensuche ist es daher, ihre Fach- und Sachkunde nicht nur hinsichtlich der Qualifikationsanforderungen, sondern auch hinsichtlich etwaiger Bedenken zu nutzen, die gegen die Bestellung eines Sachverständigen wegen eines zu starken Näheverhältnisses des Vorgeschlagenen zu einer Prozesspartei oder einem am Verfahrensausgang interessierten Wettbewerber bestehen könnten. Dies ermöglicht es dem Gericht, Bedenken schon im Vorfeld der Beauftragung Rechnung zu tragen und nicht erst - wie hier - nach der Erstellung des schriftlichen Gutachtens mit der Folge eines beträchtlichen Zeitverlusts bei einer erfolgreichen Ablehnung.
9
Im Streitfall kann dahinstehen, ob sich hieraus eine Obliegenheit der Parteien ergibt, zur Qualifikation und Unabhängigkeit der von den jeweiligen Prozessgegnern vorgeschlagenen Sachverständigen Nachforschungen anzustellen , um diesbezüglich gegebenenfalls Einwendungen erheben zu können. Denn jedenfalls handelt eine Partei, die über keinerlei Informationen zur Person des vorgeschlagenen Sachverständigen verfügt, schuldhaft im Sinne von § 406 Abs. 2 ZPO, wenn sie, ohne zumindest einfache und ohne weiteres mögliche Erkundigungen wie etwa durch eine Internetrecherche eingeholt zu haben, die Erklärung abgibt, gegen die als Sachverständigen vorgeschlagene Person bestünden keine Einwände.
10
Die Beklagte macht diesbezüglich lediglich geltend, ihr als einem in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässigen Unternehmen sei der Sachverständige nicht bekannt gewesen, so dass sie keine Veranlassung gehabt habe, an seiner Unbefangenheit zu zweifeln. Damit ist nach Sinn und Zweck der Gewährung rechtlichen Gehörs zu den wechselseitig vorgeschlagenen Sachverständigen fehlendes Verschulden an der verspäteten Geltendmachung des Ablehnungsgrundes schon nicht dargelegt. Auch wenn die Beklagte erwarten durfte , dass die Klägerinnen und ihre Streithelferin Verbindungen zu den vorgeschlagenen Personen offenlegen würden, hatte sie angesichts der ihr vom Senat eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme dennoch Veranlassung, über Personen, die ihr nicht bekannt waren, Informationen einzuholen, die ihr ohne weiteres zugänglich waren. Um solche Informationen handelt es sich nach ihrem eigenen Vorbringen bei den hier in Rede stehenden Umständen.
11
2. Dass der Sachverständige auch nach der Bekanntgabe seiner Bestellung auf von der Streithelferin gesponserten Veranstaltungen Vorträge gehalten hat und dass die Streithelferin den Aufbau der Akademie H. und der Arbeitsgemeinschaft für Z. , deren Geschäftsführer und Gesellschafter bzw. Gründungsmitglied der Sachverständige ist, unterstützt hat, begründet die Besorgnis der Befangenheit nach den gesamten Umständen nicht. Unstreitig hat auch die alleinige (seinerzeitige) Lizenznehmerin der Beklagten den Aufbau dieser beiden Einrichtungen unterstützt , und sie hat, wie die Beklagte selbst vorträgt, auch Veranstaltungen, auf denen der Sachverständige Vorträge gehalten hat, als Hauptsponsor im Ganzen unterstützt. Sie hat außerdem auch selbst einen entsprechenden Workshop gesponsert. Dass der gerichtliche Sachverständige dort nicht vorgetragen hat, ist zumindest ohne zusätzliche Umstände unerheblich.
12
Nach allem stellen weder die Beteiligung des Sachverständigen an den beiden Einrichtungen noch seine Vortragstätigkeit Umstände dar, die durchgreifende Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen wecken. Dass bestimmte Einrichtungen und Veranstaltungen von Konkurrenten durch Sponsoring und ähnliche Maßnahmen unterstützt werden, deutet auf ein allseitiges und beständiges Interesse aller Marktbeteiligten hin, bei den Disponenten ihrer Erzeugnisse präsent zu sein. Personen, die als Geschäftsführer einer Einrichtung oder als Referent auf einem Kongress mittelbar von der Förderung profitieren , sind deshalb aus der Sicht einer besonnenen Partei nicht dem Lager eines einzelnen unterstützenden Unternehmens zuzurechnen, sofern nicht im Einzelfall zusätzliche Umstände hinzutreten, die eine solche Schlussfolgerung nahelegen. Solche Umstände sind im Streitfall weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
13
3. Soweit der Sachverständige im Vorfeld seiner Bestellung die Frage des Senats, ob er zu einer der Parteien oder deren Vertreter in irgendeiner Beziehung stehe, verneint hat, beruht dies, wie aus seiner Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch zu schließen ist, auf der Einschätzung, dass erst Beraterverträge oder ähnlich enge Beziehungen bedenklich sein könnten. Dieser Bewertung kann zwar nicht beigetreten werden, vielmehr wäre es angebracht gewesen , die Aktivitäten und Zusammenhänge, die Gegenstand des Ablehnungsgesuchs sind, offenzulegen. Dass der Sachverständige dies anders bewertet hat, begründet die Besorgnis der Befangenheit nach den gesamten Umständen aber ebenfalls nicht.
Meier-Beck Gröning Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 17.03.2009 - 4 Ni 39/07 (EU) -

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Ravensburg - 4 O 147/13 - vom 10.09.2013 wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 21.992,70 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 27.09.2013 gegen den Kammerbeschluss des Landgerichts Ravensburg - 4 O 147/13 - vom 10.09.2013 (Bl. 63 ff.), mit dem ihr Antrag auf Befangenheit gegen die Einzelrichterin, Richterin am Landgericht …, als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Richterin am Landgericht … habe einen vom Klägervertreter am Vortag der Sitzung vom 06.08.2013 mittels Fax eingereichten Schriftsatz vom 05.08.2013 noch nicht bis zur Sitzung gelesen. Ferner habe die Richterin nach Auffassung des Klägervertreters bei der Protokollierung der Angaben der Klägerin gem. § 141 ZPO den Zusatz „Auf Nachfrage des Klägervertreters“ falsch protokolliert. Die Klägerin habe nicht „auf Nachfrage“ des Klägervertreters geantwortet.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Befangenheitsgesuch des Klägervertreters vom 06.08.2013 (Bl. 53 f.) und auf die Beschwerdebegründung vom 08.10.2013 und vom 30.10.2013 (Bl. 73 ff., 80 f.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet, §§ 42, 46 Abs. 2 ZPO.
Das Landgericht hat zu Recht den Befangenheitsantrag der Klägerin gegen Richterin am Landgericht … als unbegründet zurückgewiesen, § 46 Abs. 2 ZPO.
Die Ablehnung eines Richters findet nach allgemeiner Meinung und nach allseits gefestigter ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Maßgeblich insoweit ist, ob aus der Sicht des Ablehnenden objektive Gründe vorhanden sind, die nach der Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass bieten, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist das Landgericht im angefochtenen Beschluss zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass die von der Klägerin vorgebrachten Gründe im Einzelnen und in der Gesamtschau die Befangenheit der abgelehnten Richterin nicht besorgen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Gründe im Kammerbeschluss des Landgerichts Bezug genommen (Bl. 63 ff.).
1. Die Erklärung der Richterin in der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2013, sie habe den am Vortag zur Sitzung vom Klägervertreter eingereichten Fax-Schriftsatz vom 05.08.2013 noch nicht lesen können, begründet die Befangenheit für jede ruhig und vernünftig denkende Partei und auch für jeden ruhig und vernünftig denkenden Parteivertreter nicht im Geringsten.
Dies gilt erst Recht, wenn der Klägervertreter die ihm bis 24.07.2013 gesetzte Replikfrist auf die Klageerwiderung des Beklagtenvertreters, die antragsgemäß bis 31.07.2013 verlängert wurde (Bl. 37), fruchtlos und ohne Angabe von Gründen hat verstreichen lassen.
10 
Der Klägervertreter hat unter Missachtung von § 282 Abs. 1 ZPO und der vom Landgericht gesetzten Frist zur Einreichung der Replikschrift gem. § 277 Abs. 4 ZPO seinen Schriftsatz verspätet eingereicht. Der 13-seitige Schriftsatz vom 05.08.2013 war überdies so spät vom Klägervertreter eingereicht worden, dass er von der für den Rechtsstreit berufenen Richterin beim Landgericht Ravensburg im normalen Geschäftslauf nicht mehr zur Kenntnis genommen werden konnte.
11 
Der Klägervertreter versucht in bemerkenswerter und in einer dem Senat bislang nicht bekannten Art und Weise, seine eigenen prozessualen Versäumnisse dem Landgericht anzulasten. Ein Tatrichter ist weder verpflichtet noch berufen, Versäumnisse einer Prozesspartei oder deren Prozessbevollmächtigten mangels deren sorgfältiger und auf Verfahrensförderung bedachter Prozessführung gem. § 282 Abs. 1 ZPO durch gerichtliche bevorzugte zeitliche Behandlung eines solchen Rechtsstreits, etwa mittels Vernachlässigung oder Hintanstellung anderer - ordnungsgemäß betriebener - Rechtsstreite, zu kompensieren.
12 
Die von manchen Rechtsanwälten praktizierte und auch dem Senat bekannte Unsitte, Schriftsätze unter Missachtung der prozessualen Prozessförderungspflicht gem. § 282 Abs. 1 ZPO und unter eigenmächtiger Nichtbeachtung gerichtlicher Fristen erst am Vortag des Sitzungstages oder unwesentlich früher einzureichen, rechtfertigt keinen Befangenheitsantrag, sondern fällt - wie hier - auf derart prozessordnungswidrig arbeitende Rechtsanwälte zurück.
13 
2. Auch der Vorwurf der Klägerin gegenüber der Richterin, sie habe im Protokoll vom 06.08.2013 nicht auf Antrag des Klägervertreters das Protokoll bezüglich des Eingangssatzes zur Protokollierung gem. § 141 ZPO „Auf Nachfrage des Klägervertreters“ gestrichen, rechtfertigt kein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters.
14 
a) Der Klägervertreter konnte mit seiner Erklärung zum von ihm behaupteten Ablauf in der mündlichen Verhandlung und auch mit seiner handschriftlichen Notiz (Bl. 62) bereits keine hinreichende Glaubhaftmachung zur Überzeugung des Senats führen, §§ 44 Abs. 2, 294 ZPO.
15 
Die Richterin hat bereits in der mündlichen Verhandlung und insbesondere in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 06.08.2013 (Bl. 56 f.) gem. § 44 Abs. 3 ZPO eingehend und überzeugend ausgeführt, weshalb sie sich, wie protokolliert, an die Nachfrage des Klägervertreters positiv erinnert. Für eine Streichung der gewünschten kurzen Einleitungspassage zu einer Aussage der Klägerin im Protokoll vom 06.08.2013 gebe es deshalb keine Möglichkeit. Der Senat hat keine Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der dienstlichen Stellungnahme der vom Klägervertreter abgelehnten Richterin am Landgericht. Die vom Klägervertreter abgegebenen Erklärungen und seine handschriftliche Notiz (Bl. 62) sind nicht geeignet, die dienstliche Stellungnahme der Richterin in Zweifel zu ziehen oder sogar zu widerlegen.
16 
Das Protokoll ist demnach richtig und wäre auch nicht gem. § 164 ZPO wegen Unrichtigkeit zu korrigieren. Bei Streit über den Protokollinhalt entscheidet der protokollierende Richter und nicht die Partei, die entweder unbewusst oder im schlimmsten Fall bewusst eine Protokollfassung begehrt und durchzusetzen versucht, die ihr günstig ist. Auch bei widersprüchlichen Erinnerungen zwischen Richter und einer Partei entscheidet der Tatrichter über den Protokollinhalt und nicht eine Partei oder deren Parteivertreter. Die Berichtigung gem. § 164 Abs. 3 S. 2 ZPO oder Nichtberichtigung obliegt folgerichtig auch der Urkundsperson des § 163 ZPO, die durch ihre Unterschrift die alleinige Verantwortung für die Richtigkeit des ursprünglichen Protokolls übernommen hat (statt aller: Zöller, ZPO, 30. Auflage, § 164 Rn. 5).
17 
b) Im Übrigen wäre bei einem „non liquet“ hinsichtlich der Glaubhaftmachung, wie das Landgericht in seinem Beschluss vom 10.09.2013 zutreffend ausführt, von keiner Glaubhaftmachung gem. § 44 ZPO zugunsten des Befangenheitsantragstellers auszugehen. Auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung wird insoweit Bezug genommen.
18 
3. Der Senat sieht Veranlassung zu dem Hinweis, dass der Klägervertreter sich mit dem von der von ihm abgelehnten Richterin im Protokoll Festgehaltenen nicht abzufinden vermag und daher versucht, die Vorschriften über die Befangenheit als „weitere Instanz“ zur „Protokollberichtigung“ gem. § 164 ZPO zu verwenden.
19 
Insoweit werden, wie ausgeführt, die Vorschriften zur Protokollaufnahme gem. §§ 159 ff. ZPO, die insoweit normierten Kompetenzzuweisungen für die Errichtung eines Protokolls und die ebenfalls normierte Verantwortlichkeit für den Inhalt eines gerichtlichen Protokolls grundlegend verkannt.
20 
Der Klägervertreter verkennt insbesondere, dass die Vorschriften zur Protokollberichtigung gem. § 164 ZPO für eine, auch von einer Partei vehement behaupteten, Unstimmigkeit oder Unrichtigkeit eines Protokolls geschaffen sind und der protokollierende Tatrichter bei Streit über den Inhalt des Protokolls in alleiniger Verantwortung über den Protokollinhalt entscheidet. Das Befangenheitsrecht ist demgegenüber - auch neben dem Protokollberichtigungsrecht - nach allgemeiner Meinung weder zur Fehler- und Inhaltskontrolle bei von einer Partei behaupteten Fehlern geeignet noch geschaffen.
21 
Weder eine Partei noch ein Parteivertreter haben das Befangenheitsrecht gem. §§ 42 ff. ZPO zur prozessordnungswidrigen Durchsetzung ihnen nicht zustehender prozessualer Rechte oder als Druck- oder Drohmittel zur Durchsetzung für nicht zustehende prozessuale Rechte einzusetzen und zu missbrauchen.
III.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
23 
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht. Die gesetzlichen Voraussetzungen liegen nicht vor, § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 234/00 Verkündet am:
5. Juni 2003
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Grundsätze zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs kommen
auch nach Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli
1998 zur Anwendung.

b) Bei einem völlig ungeklärten Schadenshergang ist der Fixkostenspediteur
grundsätzlich verpflichtet, detailliert zum Organisationsablauf in seinem Betrieb
und zu den von ihm gegen einen Verlust von Transportgut eingerichteten
Sicherheitsmaßnahmen vorzutragen. Kommt er dem nicht einmal ansatzweise
nach, läßt das im allgemeinen den Schluß darauf zu, daß der eingetretene
Schaden durch Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB und in dem Bewußtsein
, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht
wurde.

c) Die Berücksichtigung eines mitwirkenden Schadensbeitrages nach § 425
Abs. 2 HGB kommt auch dann in Betracht, wenn dem Frachtführer ein qualifiziertes
Verschulden i.S. von § 435 HGB anzulasten ist.
BGH, Urteil vom 5. Juni 2003 - I ZR 234/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 5. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. September 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportversicherer der E. Computersysteme in Essen (im folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin kaufte von der H. Computersysteme in Essen diverse Computerteile, für die ihr die Verkäuferin unter dem
11. November 1998 insgesamt 95.615 DM netto in Rechnung stellte. Gemäß dem zu der Sendung gehörenden Lieferschein sollte die Ware per Paketdienst an den Messestand der Versicherungsnehmerin auf einer Messe in Köln geliefert werden. Mit der Beförderung der Ware von Essen zu dem Messestand in Köln beauftragte die Verkäuferin die Beklagte zu festen Kosten. Dem Beförderungsvertrag lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand Februar 1998) zugrunde, die Regelungen zum Haftungsumfang unter anderem bei einer vom Versender unterlassenen Wertangabe enthalten. Ferner ist in Nr. 10 Abs. 5 der Beförderungsbedingungen bestimmt, daß die darin vorgesehenen Haftungsbeschränkungen nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Beklagten, ihrer gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen gelten. Nach einem Absendebeleg der Beklagten übergab die Verkäuferin einem Fahrer der Beklagten am 12. November 1998 zwei Pakete (28 und 29 kg schwer) zur Beförderung zu dem Messestand der Versicherungsnehmerin in Köln, wo sie jedoch nicht ankamen. Die Beklagte teilte unter dem 22. Januar 1999 mit, daß sie einen Zustellnachweis nicht ermitteln könne.
Die Klägerin hat behauptet, in den beiden Paketen, die dem Fahrer der Beklagten übergeben worden seien, hätten sich die ihrer Versicherungsnehmerin unter dem 11. November 1998 in Rechnung gestellten Computerteile befunden. Die Beklagte habe für den Verlust der Sendung lediglich 1.000 DM Entschädigung gezahlt. In Höhe des Restbetrages habe sie ihrer Versicherungsnehmerin , die ihre etwaigen Schadensersatz- und Regreßansprüche am 1. März 1999 an sie, die Klägerin, abgetreten habe, den Schaden ersetzt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte angesichts ihrer gerichtsbekannt mangelhaften Organisation für den Verlust der beiden Pakete unbeschränkt.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 94.615 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, die Rechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Spediteurs/Frachtführers (im weiteren : Fixkostenspediteur) könne nach dem seit 1. Juli 1998 geltenden Transportrecht nicht unverändert aufrechterhalten bleiben. Ihr könne auch nicht vorgeworfen werden, zu ihrer Organisation nicht genügend vorgetragen zu haben. Sie habe erstinstanzlich ausdrücklich um einen richterlichen Hinweis gebeten, falls das Gericht nähere Angaben über ihre Organisation für erforderlich halten sollte. Ein derartiger Hinweis sei ihr nicht erteilt worden. Zudem sei es rechtsmißbräuchlich , trotz unterlassener Wertangabe vollen Schadensersatz zu verlangen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hafte für den Verlust der beiden ihr zur Beförderung anvertrauten Pakete gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB (in der seit dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung) i.V. mit § 398 BGB und § 67 Abs. 1 VVG unbeschränkt auf Schadensersatz. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte unterliege gemäß § 459 HGB der Frachtführerhaftung, da sie die Beförderung des Transportgutes zu festen Kosten übernommen habe. Die für den Messestand der Versicherungsnehmerin in Köln bestimmten Pakete seien der Beklagten übergeben worden. Die Sendung sei im Gewahrsam der Beklagten verlorengegangen, da sie einen Ablieferungsnachweis nicht führen könne.
Die Beklagte hafte für den Verlust gemäß § 435 HGB unbeschränkt, weil - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - davon auszugehen sei, daß der Schaden durch ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder ihrer Leute verursacht worden sei. Auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, da diese in dem hier gegebenen Fall grober Fahrlässigkeit nicht zur Anwendung kämen.
Die unterlassene Wertdeklaration ändere weder an der grundsätzlichen Einlassungsobliegenheit der Beklagten etwas noch rechtfertige sie den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs oder des Mitverschuldens. Aufgrund der Beweisauf-
nahme stehe fest, daß sich in den beiden abhanden gekommenen Paketen die in der Rechnung vom 11. November 1998 aufgeführten Computerteile befunden hätten.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 HGB bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versenderin als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - ihren Beförderungsbedingungen beurteilt, soweit diese mit den in § 449 Abs. 2 HGB enthaltenen Regelungen in Einklang stehen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.1.2003 - I ZR 174/00, TranspR 2003, 119, 120).
2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt.
Nach § 435 HGB gelten die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätz-
lich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, grundsätzlich sei zwar die Klägerin als Anspruchstellerin darlegungs- und beweisbelastet für ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten. Jedoch treffe den Fixkostenspediteur zumindest dann vorab eine Einlassungspflicht hinsichtlich der seiner betrieblichen Sphäre zuzurechnenden und damit der Wahrnehmung des Auftraggebers entzogenen Umstände der generellen und konkreten Abwicklung des Beförderungsauftrags , wenn der Anspruchsteller plausible Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Verschulden des Fixkostenspediteurs vorbringe oder - wie im Streitfall - der Schadenshergang völlig im Dunkeln liege. An dieser Verteilung der Darlegungs - und Beweislast habe sich durch das Inkrafttreten des neuen Transportrechts , welches im Streitfall zur Anwendung komme, nichts geändert. Der Umstand, daß § 435 HGB statt grober Fahrlässigkeit Leichtfertigkeit verlange, rechtfertige ebenfalls keine andere Beurteilung der Frage, in welchem Umfang den Fixkostenspediteur eine Einlassungspflicht treffe. Denn die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs seien unabhängig vom Grad des Verschuldens, das für dessen unbeschränkte Haftung gefordert werde.
Die Beklagte sei - so hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen - ihrer Einlassungspflicht nicht ansatzweise nachgekommen. Dies begründe die Vermutung qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB. Wer als Fixkostenspediteur seine generellen und konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht darlege bzw. nicht darlegen könne, zeige damit regelmäßig, daß seine Sicherheitsstandards so ungenügend seien, daß sie den Vorwurf des Vorsatzes oder jedenfalls
der Leichtfertigkeit rechtfertigten. Im Streitfall sei der Beklagten auch deshalb Leichtfertigkeit vorzuwerfen, weil ihr aus zahlreichen vom Berufungsgericht entschiedenen Rechtsstreitigkeiten bekannt sei, welche Sicherheitsstandards von ihr gefordert würden, und sie ihre Betriebsorganisation gleichwohl nicht entsprechend geändert habe. Damit habe die Beklagte rücksichts- und bedenkenlos die gegenüber den Vermögensinteressen ihrer Kunden gebotenen Schutzvorkehrungen unterlassen.

b) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs - und Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners. Die ihm obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Fixkostenspediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich die Anhaltspunkte für das Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken , den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebs und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, TranspR 1998, 262, 263 f. = VersR 1998, 657 m.w.N.). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt. v.
6.10.1994 - I ZR 179/92, TranspR 1995, 106, 110 = VersR 1995, 320 m.w.N., zu § 15 Abs. 2 GüKUMT; BGHZ 127, 275, 284).
Diese Darlegungs- und Beweislastgrundsätze hat der Bundesgerichtshof auch im Bereich des internationalen Luftverkehrs hinsichtlich der verschärften Haftung des Luftfrachtführers nach Art. 25 des Warschauer Abkommens in der Fassung von Den Haag 1955 (WA 1955) anerkannt (vgl. BGHZ 145, 170, 183 ff.), dessen Umschreibung qualifizierten Verschuldens in der deutschen Übersetzung in § 435 HGB übernommen worden ist (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 71).
bb) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß diese Darlegungs - und Beweislastgrundsätze auch hinsichtlich der Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Fixkostenspediteurs bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gemäß §§ 435, 461 Abs. 1 Satz 2 HGB Anwendung finden. Danach trägt der Anspruchsteller die Beweislast dafür, daß der Fixkostenspediteur oder seine "Leute" i.S. von § 428 HGB leichtfertig und in dem Bewußtsein gehandelt haben , daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 72). Hinsichtlich der Einlassungspflicht des Fixkostenspediteurs und der insoweit bestehenden Beweislastverteilung hat das Transportrechtsreformgesetz ebenfalls keine sachlichen Änderungen mit sich gebracht (vgl. Piper, Festgabe für Herber, S. 135, 143 f.; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 435 HGB Rdn. 20 f.; Gass in: Ebenroth /Boujong/Joost, HGB, § 435 Rdn. 11; Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht , § 435 HGB Rdn. 20).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ist es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast - und damit auch für die Haftung des Fixkostenspediteurs aufgrund ungenügender Einlassungen zu den in seiner Sphäre liegenden Umständen - ohne Bedeutung, ob und inwieweit aufgrund des nunmehr in § 435 HGB verwendeten Verschuldensbegriffs der Leichtfertigkeit, zu der das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts hinzukommen muß, strengere Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden zu stellen sind als nach § 430 HGB (in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung), der grobe Fahrlässigkeit vorausgesetzt hat (vgl. Piper aaO S. 144). Die Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs sowie die Rechtsfolge der Nichterfüllung dieser Pflicht folgt bereits aus den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und im Schrifttum anerkannten Grundsätzen der sogenannten sekundären Behauptungslast. Danach können dem Prozeßgegner der beweisbelasteten Partei ausnahmsweise nähere Angaben über die zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zuzumuten sein, wenn die primär darlegungspflichtige Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozeßgegner nähere Angaben machen kann (vgl. BGHZ 145, 170, 184 m.w.N.; Zöller /Greger, ZPO, 23. Aufl., Vor § 284 Rdn. 34; vgl. auch Herber, TranspR 2003, 164, 165).
dd) Auch der weitere Einwand der Revision, die Rechtsprechung zur Haftung des Fixkostenspediteurs für grobes Organisationsverschulden aufgrund ungenügender Einlassungen zu den in seiner Sphäre liegenden Umständen führe faktisch zu einer Beweislastumkehr, greift nicht durch. Denn die Einlassungsobliegenheit besteht nur dann, wenn das prozessuale Geschehen, also der Klagevortrag oder der unstreitige Sachverhalt, Anhaltspunkte für ein Orga-
nisationsverschulden bieten. Auch dann, wenn der Fixkostenspediteur seine Einlassungsobliegenheit erfüllt, bleibt der Anspruchsteller beweisbelastet dafür, daß der vorgetragene Organisationsablauf den Vorwurf qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB rechtfertigt (vgl. BGHZ 145, 170, 184 f.).
ee) Die Revision rügt des weiteren ohne Erfolg, das Berufungsgericht hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, daß sie auch in der zweiten Instanz ihrer Einlassungspflicht nicht nachgekommen sei.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt das Gericht seiner Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1, § 278 Abs. 3 ZPO a.F. nur dann, wenn es die Parteien auf fehlenden Sachvortrag, der von seinem materiellrechtlichen Standpunkt aus gesehen entscheidungserheblich ist, unmißverständlich hingewiesen und der Partei die Möglichkeit eröffnet hat, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen (vgl. BGHZ 127, 254, 260 m.w.N.). Diese Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt hat oder darauf vertrauen konnte, daß sein schriftsätzliches Vorbringen ausreichend sei (vgl. BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urt. v. 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 179/98, WRP 2001, 699, 701 = NJW 2001, 2548 - Impfstoffe, m.w.N.). Etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich solcher Anforderungen an den Sachvortrag, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter nach dem bisherigen Prozeßverlauf rechnen mußte (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16; vgl. auch BVerfG NJW 1994, 1274). Insbesondere besteht dann keine Hinweispflicht des Gerichts, wenn das
Verhalten einer Partei den Schluß zuläßt, daß sie nicht näher vortragen kann oder will (vgl. Zöller/Greger aaO § 139 Rdn. 3). So liegt der Fall hier.
(2) Die Klägerin hatte bereits in der Klageschrift auf die Senatsrechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs hingewiesen und die Auffassung vertreten, daß sich daran durch das Transportrechtsreformgesetz nichts geändert habe. Dem hiervon abweichenden Standpunkt der Beklagten ist schon das Landgericht in seinem Urteil entgegengetreten. Die Beklagte hätte sich daher in ihrer Berufungsbegründung nicht auf den Vortrag beschränken dürfen, sie habe im Hinblick auf die Zweifel an der schlüssigen Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen und den fehlenden erstinstanzlichen Hinweis auf die Notwendigkeit ergänzenden Sachvortrags keinen Anlaß gesehen , näher zum Organisationsablauf in ihrem Unternehmen vorzutragen. Aufgrund des vorausgegangenen Prozeßverlaufs mußte ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter damit rechnen, daß auch das Berufungsgericht dem abweichenden Standpunkt der Beklagten, die Rechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs könne nicht unverändert aufrechterhalten bleiben, nicht beitritt. Das gilt im Streitfall um so mehr deshalb, weil die prozessuale Darlegungslast des Fixkostenspediteurs zu seiner Betriebsorganisation grundsätzlich nichts mit der Frage zu tun hat, welche materiellrechtlichen Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden i.S. des § 435 HGB zu stellen sind. Die Beklagte konnte sich für ihren abweichenden Standpunkt zudem nicht auf entsprechende Stimmen in der Rechtsprechung oder im Schrifttum stützen. Daß sie vor diesem Hintergrund jegliche Darlegung zu ihrer Betriebsorganisation und insbesondere zu den von ihr zum Schutz der ihr anvertrauten Güter ergriffenen Maßnahmen unterlassen hat, durfte das Beru-
fungsgericht rechtsfehlerfrei dahingehend werten, daß die Beklagte hierzu keinen Vortrag halten konnte oder wollte.
Auf die Rüge, die die Revision gegen die Hilfserwägung des Berufungsgerichts erhoben hat, wonach der Beklagten die Rechtsprechung des Berufungsgerichts zu der sie treffenden Darlegungslast unter der Geltung des neuen Transportrechts bekannt sei, kommt es mithin nicht mehr an.
ff) Entgegen der Auffassung der Revision sind an die Einlassungspflicht des Fixkostenspediteurs hinsichtlich seines betrieblichen Organisationsablaufs auch dann keine geringeren Anforderungen zu stellen, wenn es sich bei ihm um einen Paketdienst handelt, bei dem es auf Massenumschlag, Massenlagerung und Massenbeförderung ankommt und dessen Kunden eine kostengünstige Abholung und Zustellung binnen 24 Stunden erwarten. Denn nach der Rechtsprechung des Senats gelten für solche Paketdienstunternehmen keine geringeren Sorgfaltsanforderungen (vgl. BGHZ 149, 337, 349 ff. sowie BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 257).

c) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das Berufungsgericht die Beklagte mit Recht für verpflichtet gehalten, den von der Klägerin vorgetragenen Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens durch konkrete Angaben zum Ablauf des Warenumschlags zu entkräften. Denn nach der unangegriffen gebliebenen Feststellung des Berufungsgerichts liegt der Schadenshergang völlig im Dunkeln. Nimmt man die Weigerung der Beklagten hinzu, auch nur ansatzweise zu den von ihr gegen den Verlust von Transportgut ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen vorzutragen, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht angenommen hat, der von der Klägerin vorgetragene
Sachverhalt biete hinreichende Rückschlüsse auf ungenügende Sicherheitsstandards , die den Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. des § 435 HGB rechtfertigten.
aa) Wenn wie im Streitfall der Schadenshergang völlig ungeklärt ist und der Frachtführer sich weigert, auch nur ansatzweise zum Organisationsablauf in seinem Betrieb vorzutragen, ist der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden schon aufgrund einer generalisierenden Betrachtungsweise geboten, weil der Anspruchsteller von den näheren Umständen der Behandlung des Transportgutes im Gewahrsamsbereich des Fixkostenspediteurs keine Kenntnis hat und eine solche Kenntnis auch nicht haben kann, während jener nähere Informationen in zumutbarem Umfang unschwer erteilen könnte. Unterläßt er dies, ist nicht nur der Schluß auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit, sondern - entgegen der Auffassung der Revision - auch der Schluß auf das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gerechtfertigt. Denn in einem solchen Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig nicht nur von einer Organisation des Betriebsablaufs auszugehen, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Güter gegen ein Abhandenkommen gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzt (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1982 - VI ZR 286/80, TranspR 1982, 100, 101 = VersR 1982, 369; BGHZ 145, 170, 183), sondern auch von einer sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängenden Erkenntnis, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstehen (vgl. hierzu BGHZ 74, 162, 168).
bb) Dieser Annahme steht nicht entgegen, daß der Verschuldensbegriff der Leichtfertigkeit in § 435 HGB, der vom Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit
des Schadenseintritts getragen sein muß, nicht mit dem in den bisherigen transportrechtlichen Regelungen verwendeten Begriff der groben Fahrlässigkeit gleichzusetzen ist.
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daß nicht mit jedem leichtfertigen Verhalten ein Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts verbunden sein muß (vgl. BGHZ 74, 162, 168). Das ändert jedoch nichts daran, daß der Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe naheliegen kann. Von einem solchen typischen Geschehensablauf, der den Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zuläßt, ist auszugehen , wenn - wie im Streitfall - der Fixkostenspediteur über sichernde Maßnahmen in der Organisation seines Betriebs und zum Schadenshergang keinen Vortrag hält (vgl. Herber, TranspR 2003, 164, 165 f.).
Entgegen der Auffassung der Revision widerlegt die von ihr behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei der Beklagten umgeschlagenen Pakete äußerst geringe Verlustquote für sich allein nicht die Annahme des Bewußtseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dem steht schon entgegen, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Verlustquote ergeben sich im übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß in der theoretischen oder praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten im hier maßgeblichen Zeitraum schwerwiegende Mängel nicht vorgelegen haben (vgl. BGH TranspR 1998, 262, 264 f. = VersR 1998, 657).
cc) Auf die Rügen der Revision gegen die Hilfserwägung des Berufungsgerichts , ein leichtfertiges und vom Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts getragenes Verhalten der Beklagten sei auch deshalb anzunehmen , weil ihr aus zahlreichen von ihm entschiedenen Rechtsstreitigkeiten bekannt sei, welche Sicherheitsstandards von ihr gefordert würden, und sie diese Erfahrungen nicht zum Anlaß genommen habe, ihre Betriebsorganisation zu verändern, kommt es danach nicht mehr an.
3. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich die unterlassene Wertdeklaration bei der in Verlust geratenen Sendung nicht als Mitverschulden der Absenderin anrechnen lassen.

a) Der Senat hat zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 allerdings entschieden, daß ein Paketversender in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, daß der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht. Mit seinem Verzicht auf die vom Spediteur angebotenen weitergehenden Schutzvorkehrungen setzt der Versender das Transportgut bewußt einem erhöhten Verlustrisiko aus mit der Folge, daß ihm der eingetretene Schaden bei wertender Betrachtung gemäß § 254 BGB anteilig zuzurechnen ist (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2003, 255, 258). Ein anspruchsminderndes Mitverschulden kann sich gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auch daraus ergeben, daß der Geschädigte es unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen mußte (vgl. BGHZ 149, 337, 353).


b) Hieran hat sich durch das Transportrechtsreformgesetz grundsätzlich nichts geändert. Maßgeblich sind nunmehr § 425 Abs. 2 und § 461 Abs. 3 HGB. Diese Bestimmungen, die den Rechtsgedanken des § 254 BGB aufgreifen und an Art. 17 Abs. 2 und 5 CMR angelehnt sind, fassen alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 60; MünchKomm. HGB/Dubischar, Aktualisierungsband zum Transportrecht, § 425 Rdn. 4; Fremuth aaO § 425 HGB Rdn. 2, 63; Gass aaO § 425 Rdn. 44 f.).
Zwar wird die Auffassung vertreten, daß im Falle eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers i.S. des § 435 HGB die Berücksichtigung eines mitwirkenden Schadensbeitrags nach § 425 Abs. 2 HGB ausscheide, weil dann alle Haftungsbefreiungen und -begrenzungen und somit auch diejenigen des § 425 Abs. 2 HGB entfielen (vgl. Gass aaO § 425 Rdn. 48; Koller aaO § 425 HGB Rdn. 83, Art. 29 CMR Rdn. 8; vgl. auch BGH, Urt. v. 27.6.1985 - I ZR 40/83, TranspR 1985, 338, 340 = VersR 1985, 1060 zu Art. 17 Abs. 5 u. Art. 29 CMR). Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Die unbeschränkte Haftung des Frachtführers gemäß § 435 HGB gründet sich ausschließlich auf Umstände aus seiner Sphäre. Die Vorschrift besagt dagegen nichts über eine Mithaftung des Versenders oder Empfängers aufgrund von schadensursächlichen Umständen aus deren Bereich.
Im vorliegenden Fall kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß die unterlassene Wertdeklaration den Schaden tatsächlich mitverursacht hat (vgl. dazu BGHZ 149, 337, 355 sowie BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, Umdr. S. 6 f.). Voraussetzung hierfür wäre, daß die Beklagte bei richtiger Wert-
angabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann zumindest zu einer Verringerung des Verlustrisikos gekommen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, Umdr. S. 7). Dazu läßt sich den Feststellungen im Berufungsurteil nichts entnehmen. Die Revision macht nicht geltend, daß das Berufungsgericht einen entsprechenden Sachvortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen verfahrensfehlerhaft übergangen hat.
III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 28. Februar 2012 - 5 O 85/10 - wird

zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Streitwert der Berufung: bis 80.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Parteien, beide Zahnärzte, machen wechselseitig Ansprüche hinsichtlich der Abrechnung einer Zahnarztpraxis geltend. Weiter verlangt der Kläger vom Beklagten Räumung und Herausgabe der von diesem mit genutzten Praxisräume.
Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung, auf deren tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, der Zahlungsklage im Wesentlichen und dem Räumungs- und Herausgabebegehren in vollem Umfang stattgegeben sowie die Widerklage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe mit Ausnahme der Personalkosten für die Zahnarzthelferin ... für die Quartale I/2007 bis III/2011 ein hälftiger Kostenerstattungsanspruch zu, was u.a. aus den Bekundungen der Zeugen … und … folge. Eine Abänderung dieser Vereinbarung auf einen für den Beklagten günstigeren Kostenschlüssel sei dagegen nicht erfolgt. Die Praxisgemeinschaft sei beendet, dennoch habe sich der Beklagte, der in den Praxisräumen verblieben ist, weiterhin an den Kosten zu beteiligen.
Der Anspruch des Klägers ergebe sich aus den belegten Abrechnungen (Schriftsatz vom 03. Januar 2012 GA IV 438 ff), die im Einzelnen durch die Anlagen, die sich in dem dazugehörigen Leitzordner befinden, belegt seien. Der Beklagte sei zur Räumung und Herausgabe der Räumlichkeiten verpflichtet.
Die Widerklage hat die I. Instanz mit der Begründung abgewiesen, das Vorbringen hierzu sei nicht nachvollziehbar und unverständlich.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
Er ist der Auffassung, das Landgericht sei verfahrensfehlerhaft zu dem Ergebnis einer hälftigen Kostenteilung gelangt. Es sei ein Kostenschlüssel von 2/3 : 1/3 vereinbart worden. Er, der Beklagte, habe auch Zahlungen für die Praxisgemeinschaft geleistet, was belegt werde. Insoweit habe das Landgericht seine Hinweisverpflichtung verletzt. Die für die Praxis angeschafften Materialien seien nicht entsprechend der Kostenverteilung verwendet worden. Weiter hätte nicht auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu Gunsten des Klägers erkannt werden dürfen. Bezüglich des Räumungs- und Herausgabeanspruchs verhalte sich der Kläger treuwidrig.
Der Beklagte beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 28.02.2012, Az. 5 O 85/10, wird wie folgt abgeändert:
10 
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.268,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er hält die Entscheidung der I. Instanz für zutreffend.
14 
Der Senat hat mit Beschluss vom 28. Juni 2012 bekanntgegeben, dass er beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II.
15 
Die Berufung war nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
16 
Insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 28. Juni 2012 Bezug genommen. Die Ausführungen des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 18. Juli 2012 vermögen keine andere Beurteilung zu rechtfertigen.
17 
Das erneut geltend gemachte Versäumnis eines Hinweises in I. Instanz besteht nicht. Das Gericht genügt seiner Hinweisverpflichtung nach § 139 ZPO nur dann, wenn es die Parteien auf fehlenden Sachvortrag, der von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus gesehen entscheidungserheblich ist, unmissverständlich hingewiesen und der Partei die Möglichkeit gegeben hat, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen. Diese Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt hat oder darauf vertrauen konnte, dass sein schriftsätzliches Vorbringen ausreichend ist. Etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich solcher Anforderungen an den Sachvortrag, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf rechnen musste. Insbesondere besteht dann keine Hinweispflicht des Gerichts, wenn das Verhalten einer Partei den Schluss zulässt, dass sie nicht weiter vortragen kann oder will (vgl. BGH, Urteil vom 05. Juni 2003 - I ZR 234/00, NJW 2003, 3626). So ist es hier. Hierin liegt zugleich der Unterschied zum prozessualen Verhalten des Klägers.
18 
Die Ausführungen zur Erforderlichkeit der Vernehmung des Zeugen … verlieren die Darlegungen im landgerichtlichen Urteil auf S. 12 unter I 1 c aus dem Blick. Dass der Beklagte den Zeugen … für das von ihm für zutreffend erachtete Vorbringen benannt habe, ist nicht ersichtlich. Auch lässt sich dem Aufklärungsbeschluss des Landgerichts vom 05. Juli 2011, auf den verwiesen wird (GA III 386 ff), nicht das entnehmen, was die Berufung aus ihm ableiten will.
19 
Kosten: § 97 Abs. 1 ZPO.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 6/10
vom
18. Mai 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die
Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 18. Mai 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. April 2010 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 37.400 €

Gründe:


1
I. Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus einer notariellen Urkunde mit dem Begehren, diese für unzulässig zu erklären. Das Landgericht hat diesem Begehren mit Urteil vom 23. Dezember 2009 lediglich in Höhe eines Teilbetrages von 6.000 € entsprochen.
2
Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28. Dezember 2009 zugestellt worden. Nach rechtzeitiger Berufungseinlegung hat er mit Schriftsatz vom 25. Februar 2010 die Berufung begründet. Dieser Schriftsatz ging erst am 2. März 2010 beim Oberlandesge- richt ein. Mit Schriftsatz vom 19. März 2010 hat er wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung ausgeführt:
3
Der Schriftsatz habe zunächst am 26. Februar 2010, einem Freitag , um 11.44 Uhr per Fax an das Oberlandesgericht übermittelt werden sollen. Nachdem eine Verbindung (wegen einer unbemerkt falsch gewählten Nummer) nicht zustande gekommen sei, habe die Auszubildende ihn gefragt, ob weitere Faxversuche unternommen werden sollten oder ein Versand mit der normalen Post ausreichend sei. Wegen des erst am Montag, den 1. März 2010 eintretenden Fristablaufs habe er entschieden , dass ein Postversand ausreichen müsse. Der Postversand sei in seiner Kanzlei so organisiert, dass zur Zustellung von Briefsendungen die W. GmbH genutzt werde, die mit gleichen Zustellzeiten wie die Deutsche Post AG arbeite und die zuzustellenden Postsendungen durch Mitarbeiter in der Kanzlei abhole, und zwar freitags jeweils um 13.00 Uhr. Die Versendung sei dann am 26. Februar 2010 mittags um 13.00 Uhr mit einem Großumschlag erfolgt. Er habe von einer Zustellung am Samstag, spätestens aber am Montag ausgehen können und mit einer um zwei Werktage verspäteten Zustellung nicht zu rechnen brauchen.
4
Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Schriftsatz spätestens bis um 13.00 Uhr mit den anderen Postsendungen verpackt, die Poststücke gezählt und abholfertig bereitgestellt werden mussten, wobei häufig der Abholer bereits vor 13.00 Uhr in der Kanzlei eintreffe. Die abzuholenden Poststücke würden in eine vom Zustelldienst bereit gestellte grüne Box gelegt. Das sei auch an diesem Tag geschehen; die Sendungen seien kurze Zeit später gegen 13.00 Uhr abgeholt worden, darunter insgesamt fünf größere Umschläge, dabei auch derjenige mit der Berufungsbegründung. Er habe noch registriert, dass der Abholbote gekommen war. Dass das besagte Schreiben bei den abgeholten Poststücken mit dabei war, habe er nicht persönlich überprüft. Jedoch würden nicht mehr rechtzeitig zum Versand gelangte Poststücke auf einem gesonderten Tisch zur Abholung am nächsten Werktag in einer weiteren grünen Box bereit gelegt, und diese sei, kurz bevor er die Kanzlei gegen 14.00 Uhr verlassen habe, vollständig leer gewesen.
5
Eine gesonderte Glaubhaftmachung dieses Vortrags ist nicht erfolgt.
6
Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 22. April 2010 die Berufung als unzulässig verworfen und in den Gründen des Beschlusses zugleich den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Klägers.
7
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht. Die angefochtene Entscheidung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und erweist sich im Ergebnis als richtig.
8
1. Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren. Demgemäß dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung zu erlangen, nicht überspannt werden (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZB 14/10, juris Rn. 5 m.w.N.).
9
2. Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht in entscheidungserheblicher Weise verstoßen.
10
a) Zutreffend geht es davon aus, dass eine Partei zur Begründung ihres Antrages auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist die den Antrag rechtfertigenden Tatsachen nicht nur angeben, sondern darüber hinaus auch glaubhaft machen muss (§ 236 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der von ihr zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen an die Schilderung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen (BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - XI ZB 34/09, VersR 2011, 508 Rn. 9 und vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07, NJW 2008, 3501 Rn. 15 m.w.N.). Erforderlich sind danach die Angabe und die Glaubhaftmachung von Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass weder die Partei selbst noch ihren Prozessbevollmächtigten , dessen Verschulden sie sich im Rahmen der Wiedereinsetzung zurechnen lassen muss (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO), ein Verschulden an der Fristversäumnis trifft.
11
Schon an jeglicher Glaubhaftmachung der vorgetragenen Tatsachen fehlte es hier. Sie war nicht deshalb entbehrlich, weil in dem Wiedereinsetzungsantrag eine eigene Schilderung von Vorgängen durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers enthalten war. Zwar kann die Schilderung von Vorgängen durch einen Rechtsanwalt die mitgeteilten Tatsachen in gleicher Weise glaubhaft machen, wie dies sonst durch eine eidesstattliche Versicherung der Fall ist, wenn der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichert (BGH, Urteil vom 2. November 1988 - IVb ZR 109/87, FamRZ 1989, 373 unter 4 a; Beschluss vom 18. Januar 1984 - IVb ZB 112/83, VersR 1984, 861 unter a; Zöller/Greger, ZPO 28. Aufl. § 294 Rn. 5; Musielak/Huber, ZPO 8. Aufl. § 294 Rn. 4). Eine derartige besondere Versicherung lag aber nicht vor.
12
b) Es kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht gegen § 139 ZPO verstoßen hat, indem es vor seiner Entscheidung nicht auf die fehlende Glaubhaftmachung hingewiesen und damit den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem etwaigen Verstoß beruht. Wird von einer Partei die Verletzung einer Hinweispflicht geltend gemacht, so hat sie darzulegen, wie sie auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere was sie im Einzelnen vorgetragen hätte und wie sie weiter vorgegangen wäre (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 253/07, NJW 2009, 148 Rn. 10).
13
Hierzu macht der Kläger lediglich geltend, dass er dann schon vor Erlass der angefochtenen Entscheidung die im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 27. April 2010 abgegebene eidesstattliche Versicherung vorgelegt hätte. Diese allein ist indes zur Glaubhaftmachung eines die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Sachverhalts nicht ausreichend.
14
aa) Zwar hat die Beschwerde darin Recht, dass eine Partei grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 aaO Rn. 7). Dies gilt auch für den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in Anspruch genommenen privaten Postdienstleister.
15
bb) Die eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist indes von vornherein nicht geeignet glaubhaft zu machen , dass alle anderen denkbaren Ursachen für die Versäumung der Frist als die eines verzögerten Postlaufs ausscheiden.
16
Denn weder der Umstand, dass die Auszubildende oder ein anderer Mitarbeiter der Kanzlei die Berufungsbegründung rechtzeitig postfertig gemacht und in die Abholbox gelegt hat, noch dass gerade diese Sendung vor der Abholung dort gelegen hat, war Gegenstand eigener Wahrnehmung des Prozessbevollmächtigten. Es ist nicht völlig fern liegend , dass angesichts der knappen Zeit bis zur Abholung der Post die Berufungsbegründung nicht mehr rechtzeitig versandfertig gemacht worden war, zumal nach den eigenen Angaben des Prozessbevollmächtigten im Wiedereinsetzungsantrag der Abholbote häufig auch schon vor 13.00 Uhr erschien. Die entscheidende Tatsache, dass gerade die Berufungsbegründung noch an diesem Tage an den Abholer des Zustelldienstes übergeben worden ist, wird von den eidesstattlich als richtig versicherten Wahrnehmungen des Prozessbevollmächtigten nicht gedeckt.
17
Es kommt hinzu, dass auch jeglicher Vortrag zur Organisation der Ausgangskontrolle bei fristgebundenen Schriftsätzen in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten fehlt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine Frist im Fristenkalender erst gestrichen werden darf, wenn der fristwahrende Schriftsatz zumindest in einer Weise versandfertig gemacht worden ist, dass er noch am gleichen Tage zur Post oder zum Gericht gelangt. Ist das geschehen, so ist die Frist unverzüglich zu streichen (BGH, Beschluss vom 22. April 2009 - XII ZB 167/08, VersR 2010, 964 Rn. 15). Durch eine solche Organisation wäre sichergestellt, dass die Frist am Freitag nur dann gestrichen worden wäre , wenn die Berufungsbegründung tatsächlich noch vor der Abholung in die fragliche Abholbox gelegt worden wäre. Wäre die Frist jedoch ungestrichen geblieben, so hätte dies am folgenden Montag, dem Tag des Fristablaufs entdeckt werden müssen, und es hätte noch für eine rechtzeitige Übermittlung der Berufungsbegründung Sorge getragen werden können.
18
Hier hätte zu einer wirksamen Ausgangskontrolle angesichts der zuvor gescheiterten Übermittlung der Berufungsbegründung an das Gericht per Fax bei der nunmehr angeordneten alleinigen Versendung per Post zudem besondere Veranlassung bestanden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Eilbedürftigkeit der Sendung und die ansonsten drohende Fristversäumnis der mit der Übermittlung der Berufungsbegründung per Fax befassten Auszubildenden, über deren Ausbildungsstand nichts bekannt ist, vom Anwalt verdeutlicht worden sind.
19
Es spricht deshalb alles dafür, dass bei ordnungsgemäß organisierter Ausgangskontrolle weitere Angaben zu einer rechtzeitigen Übergabe der Sendung an den Postzustelldienst möglich gewesen wären. Zu alledem verhalten sich der Vortrag und die nachgereichte Glaubhaftmachung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht.
20
Unter diesen Umständen genügt auch die Tatsache, dass nach seinen Angaben die weitere, für die Abholung von Sendungen am nächsten Werktag vorgesehene Abholbox leer gewesen ist, als er die Kanzlei verließ, nicht zur Glaubhaftmachung, dass die Berufungsbegründung bereits am Freitag die Kanzlei verlassen hatte.
21
c) Nach alledem kommt es auf die von der Beschwerde thematisierte Rechtsfrage, ob im Wiedereinsetzungsverfahren eine lediglich fehlende Glaubhaftmachung auch unabhängig von einem Verstoß der Vorinstanz gemäß § 139 ZPO noch im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt werden kann, nicht an.
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 23.12.2009 - 2 O 183/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.04.2010- 13 U 4/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 253/07
Verkündet am:
16. Oktober 2008
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Wider-Widerklage kann in einem Rechtsstreit, in dem über eine Widerklage
bereits rechtskräftig entschieden worden ist, nicht mehr erhoben
werden. Auch zum Zwecke der Korrektur eines Verfahrensfehlers kann
durch eine Verfahrensweise nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO eine Verfahrenssituation
, die bestanden hat, solange über die Widerklage noch nicht
rechtskräftig entschieden worden war, nicht wiederhergestellt werden.
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 253/07 - OLG Koblenz
LG Mainz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick sowie die
Richter Dr. Wurm, Dr. Herrmann, Wöstmann und Hucke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 12. Oktober 2007 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das ihre Klage als unzulässig abweisende Urteil des Landgerichts Mainz vom 22. Februar 2006 wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Oberlandesgerichts vom 15. Juni 2007 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die in der Touristikbranche tätigen Parteien schlossen im März 1997 eine Vereinbarung, wonach die Klägerin mit der offiziellen Vertretung der in Großbri- tannien ansässigen Beklagten auf dem deutschen, österreichischen und schweizerischen Markt beauftragt wurde. Als Vergütung war zunächst ein Betrag von 5.500 US $ monatlich vereinbart, der nach kurzer Zeit auf 3.750 US $ herabgesetzt wurde; der Klägerin sollten daneben laufende Kosten für Telefon, Fax, Parkgebühren und Reisekosten auf entsprechenden Nachweis hin erstattet werden. Seit November 1997 leistete die Beklagte keine Zahlungen mehr.
2
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Begleichung rückständiger Vergütung von November 1997 bis Juni 1998. Nach vorausgegangenem Mahnbescheid und Widerspruch der Beklagten hiergegen ist der Rechtsstreit an das Landgericht Mainz abgegeben worden, bei dem die Klägerin ihre Klageforderung begründet und noch einen Betrag in Höhe von 40.119,15 DM (= 20.512,60 €) gefordert hat. Die Beklagte hat die Unzuständigkeit des Landgerichts gerügt und die Auffassung vertreten, sie könne nur vor einem Gericht in London verklagt werden; zugleich hat sie Widerklage auf Rückzahlung von aus ihrer Sicht zu viel an die Klägerin gezahlter 27.178,20 DM (= 13.895,99 €) nebst Zinsen erhoben.
3
Nachdem das Landgericht in einem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 16. November 2005 ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hatte, nach nochmaliger Überprüfung sei nunmehr von einem einheitlichen Gerichtsstand für Klage und Widerklage gemäß Art. 5 EuGVÜ auszugehen, hat es die Klage mit Urteil vom 22. Februar 2006 gleichwohl mangels internationaler Zuständigkeit deutscher Gerichte ohne nochmaligen Hinweis auf seine insoweit inzwischen abermals geänderte Meinung als unzulässig, die Widerklage als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat lediglich die Klägerin Berufung eingelegt, während die Beklagte die Abweisung ihrer Widerklage hinge- nommen hat. Im Verhandlungstermin vom 15. Juni 2007 vor dem Berufungsgericht , in dem es unter anderem auch die Ansicht geäußert hat, bei einem - hier fehlerhaft unterbliebenen - Hinweis auf die Unzulässigkeit der Klage habe die Klägerin ihre Forderung in Form einer Eventual-Wider-Widerklage erheben können, um die Zuständigkeit des Landgerichts zu begründen, war die Beklagte nicht vertreten. Daraufhin ist an diesem Tag im Wege eines Versäumnisurteils die erstinstanzliche Entscheidung, soweit darin über die Klage entschieden worden war, einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit in diesem Umfang zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen worden. Nach fristgerechtem Einspruch der Beklagten hat das Berufungsgericht dieses Versäumnisurteil aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung unter Aufhebung des Versäumnisurteils.

I.


5
Berufungsgericht Das hat die vorgenommene Aufhebung des landgerichtlichen Urteils einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens und die Zurückverweisung in die erste Instanz damit begründet, dass die Klageabweisung als unzulässig auf einem Verfahrensfehler beruhe. Die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts für die erhobene Klage sei zwar mit zutreffender Be- gründung verneint worden. Denn die Klägerin könne sich nicht auf Art. 5 Nr. 1 EuGVVO berufen, weil ihre Klage noch vor Inkrafttreten dieser Verordnung erhoben worden sei und ihre Bestimmungen deshalb nach Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nicht anwendbar seien. Eine Zuständigkeit des Landgerichts ergebe sich auch nicht aus den Vorschriften des EuGVÜ, wobei mit Recht von zwei unterschiedlichen Erfüllungsorten für die wechselseitigen vertraglichen Verpflichtungen der Parteien ausgegangen worden sei.
6
Allerdings liege eine verfahrensfehlerhafte Überraschungsentscheidung vor, weil das erstinstanzliche Gericht noch mit Hinweisbeschluss vom 16. November 2005 ausdrücklich ausgeführt habe, es gehe von einem einheitlichen Gerichtsstand für Klage und Widerklage aus, dann aber dennoch ohne weiteren Hinweis ein Prozessurteil bezüglich der Klage erlassen habe. Wäre der Klägerin die letztlich angenommene Unzulässigkeit deutlich gemacht worden, hätte sie eine Zuständigkeit für die Klageforderung nach Art. 6 Nr. 3 EuGVVO durch Erhebung einer Wider-Widerklage begründen können und nach ihrem nicht zu widerlegenden Vortrag auch begründet. Bei ordnungsgemäßer Verfahrensweise hätte für sie die Möglichkeit bestanden, ihre Klage zuvor zurücknehmen. Dabei könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die erforderliche Einwilligung dazu verweigert hätte. Dies vor allem dann nicht, wenn die Klägerin ihre Absicht, eine Wider-Widerklage zu erheben, zunächst nicht offenbart hätte. Der Verfahrensfehler führe zur Zurückverweisung unter Aufhebung des zugrunde liegenden Verfahrens, der Klägerin sei Gelegenheit zu geben, entsprechend zu verfahren. Doppelte Rechtshängigkeit stehe dem nicht von vornherein entgegen. Durch die Verfahrensaufhebung werde der Rechtsstreit hinsichtlich der Klage in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor der ersten mündlichen Verhandlung in erster Instanz befunden habe. Somit bestehe für die Klägerin die Möglichkeit, die Klage auch ohne Einwilligung der Beklagten zurückzunehmen, um anschließend ihre Klageforderung im Wege der Wider-Widerklage geltend zu machen. Da auf die Verfahrenssituation im Zeitpunkt eines rechtzeitigen Hinweises des Landgerichts abzustellen sei, stehe dem die bereits rechtskräftige Entscheidung über die Widerklage nicht entgegen, weil nach dem nicht widerlegbaren Vortrag der Klägerin dann über die Widerklage noch nicht rechtskräftig entschieden wäre.

II.


7
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der nach Zurückverweisung und Aufhebung auch des zugrunde liegenden Verfahrens für die Klägerin noch bestehenden Möglichkeit der Klagerücknahme und der Erhebung einer WiderWiderklage , um damit die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts nach Art. 6 Nr. 3 EuGVVO zu begründen, halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Dieser mit der Erhebung einer Wider-Widerklage angestrebte Erfolg kann in dem Verfahrensstadium, in dem sich der Rechtsstreit nach rechtskräftiger Entscheidung über die Widerklage befindet, nicht mehr erreicht werden. Einer reformierenden Entscheidung nach Erteilung eines Hinweises auf die fehlende internationale Zuständigkeit und der dem Berufungsgericht im Anschluss an die Zurückverweisung der Sache vorschwebenden prozessualen Vorgehensweise ist bei dieser Sachlage der Boden entzogen.
8
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 153, 82, 84 ff; vgl. auch BGHZ 132, 105, 107; 134, 127, 129 f; 157, 224, 227; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004 - XI ZR 366/03 - NJW-RR 2005, 581), verneint. Denn die Klägerin kann sich nicht auf Vorschriften der EuGVVO berufen, weil diese nach Art. 66 Abs. 1 nur auf solche Klagen Anwendung findet, die erst nach ihrem Inkrafttreten erhoben worden sind. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall, so dass noch die Bestimmungen des zuvor geltenden EuGVÜ heranzuziehen sind. Auch wenn zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die EuGVVO bereits in Kraft getreten war, konnte die fehlende internationale Zuständigkeit nicht rückwirkend dadurch entstehen, dass diese nunmehr, hier nach Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO, begründet wäre (vgl. BGHZ 132, aaO; BGH, Urteil vom 14. November 1991 - IX ZR 250/90 - NJW 1993, 1070, 1071; Hk-ZPO/Dörner, 2. Aufl.2007, Art. 66 EuGVVO, Rn. 2 m.w.N.).
9
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist vorliegend nicht gegeben, weil im EuGVÜ für eine auf vertragliche Ansprüche gestützte Klage, wie sie hier geltend gemacht wird, keine Ausnahmevorschrift im Sinne des Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ enthalten war, die es ermöglicht hätte, die Beklagte, die ihren Geschäftssitz in Großbritannien hat, abweichend von der Regelvorschrift des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ in einem anderen Vertragsstaat zu verklagen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004, aaO). Eine solche Möglichkeit ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, wegen vertraglicher Ansprüche zwar auch vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung zu erfüllen wäre. Rechtsfehlerfrei haben beide Vorinstanzen jedoch angenommen, dass der Erfüllungsort für die vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten im Sinne der genannten Vorschrift nicht in der Bundesrepublik Deutschland liegt. Der nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ maßgebliche Erfüllungsort richtet sich nach dem internationalen Privatrecht des Gerichtsstaates und dem danach berufenen Sachrecht, nicht dagegen autonom nach der vertragscharakteristischen Leistung (EuGH NJW 1977, 491 f m. Anm. Geimer; NJW 2000, 721, 722 f, Rn. 33; BGHZ 157, aaO, S. 231; BGH, Urteile vom 25. Februar 1999 - VII ZR 408/97 - NJW 1999, 2442 f, und vom 7. Dezember 2004, aaO, S. 582 m.w.N.; vgl. auch Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl. 2007, Art. 5 EuGVVO, Rn. 1a f). Die nunmehr in Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO enthaltene Ausnahme für Dienstverträge (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05 - NJW 2006, 1806, 1807) bestand seinerzeit noch nicht. Danach gilt aber gemäß Art. 28 EGBGB für den zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrag deutsches Recht, weil die Klägerin, die als Dienstverpflichtete die charakteristische Leistung zu erbringen hatte (vgl. Senatsurteil BGHZ 128, 41, 48; Palandt/ Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, EGBGB Art. 28, Rn. 14), ihren Geschäftssitz in Deutschland hat. Der Erfüllungsort für die hier eingeklagte Zahlungsverpflichtung bestimmt sich daher nach den §§ 269, 270 BGB. Bei Dienstverträgen besteht aber nach herrschender Auffassung grundsätzlich kein einheitlicher Erfüllungsort etwa am Ort der charakteristischen Leistung, sondern Zahlungsansprüche sind in der Regel am Wohn-(Geschäfts-)Sitz des Zahlungspflichtigen zu erfüllen (so für Rechtsanwaltshonorare BGHZ 157, 20, 23 ff; BGH, Urteil vom 4. März 2004 - IX ZR 101/03 - NJW-RR 2004, 932; Palandt/Heinrichs, aaO, § 269, Rn. 13 f). Gesichtspunkte, die im Streitfall eine davon abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich; vor allem ist die internationale Zuständigkeit des Landgerichts nicht durch rügelose Einlassung der Beklagten nach Art. 18 EuGVÜ (jetzt Art. 24 EuGVVO) begründet worden. Sie hat bereits mit ihrer Klageerwiderung die Zuständigkeitsrüge erhoben und ist davon im Laufe des weiteren Verfahrens nicht abgerückt. Dass sie sich hilfsweise (auch) zur Sache eingelassen hat, ließ nicht ihre Befugnis entfallen, sich auf die Unzuständigkeit zu berufen (vgl. EuGH, Slg. 1981, 1671, 1686, Rn. 17 = IPRax 1982, 234, 238; NJW 1984, 2760, 2761; BGH, Urteil vom 25. Februar 1999, aaO; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 18 EuGVÜ Rn. 46 f; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 1998, Art. 18 EuG- VÜ, Rn. 10 bis 12 sowie 8. Aufl. 2005, Rn. 10 f zu Art. 24 EuGVVO m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Klägerin widerspricht ein derartiges Verhalten auch nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben, denn die Beklagte hat das Recht, sich unabhängig von der Erhebung ihrer Widerklage mit allen prozessualen Möglichkeiten gegen die Klage zu verteidigen.
10
2. Das Berufungsgericht geht zwar weiter mit Recht davon aus, dass es sich bei dem erstinstanzlichen Urteil aus Sicht der Klägerin um eine Überraschungsentscheidung gehandelt hat. Denn nach dem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 16. November 2005, wonach ein einheitlicher Gerichtsstand für Klage und Widerklage angenommen wurde, hätte die Klage nicht ohne einen weiteren Hinweis und Gelegenheit zur Stellungnahme als unzulässig abgewiesen werden dürfen. Darin liegt jedoch nicht zugleich auch eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG. Abgesehen davon, dass nicht jede Verletzung einer prozessualen Hinweispflicht gleichbedeutend ist mit einer Versagung rechtlichen Gehörs (vgl. BVerfGE 66, 116, 146 f; 67, 90, 95 f; BayVerfGH NJW 1992, 1094; BGH, Beschluss vom 24. April 2008 - I ZB 72/07 - juris, Rn. 12), kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einem Gehörsverstoß beruht. Ist eine Hinweispflicht unbeachtet geblieben, hat die darauf gerichtete Rüge auszuführen, wie die Partei auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte, insbesondere, was sie im Einzelnen vorgetragen hätte und wie sie weiter vorgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02 - NJW-RR 2003, 1003, 1004; Beschluss vom 24. April 2008 aaO ; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 543 Rn. 9 f).
11
Diesen Anforderungen ist die Klägerin jedoch nicht gerecht geworden. Im Berufungsverfahren hat sie keinen prozessual zulässigen Weg aufgezeigt, den sie bei Erteilung des erforderlichen Hinweises auf die Unzulässigkeit ihrer Klage beschritten hätte. Die von ihr für diesen Fall beabsichtigte Erhebung einer Eventual -Wider-Widerklage stellte kein taugliches prozessuales Mittel dar, um die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts zu begründen. Die Erhebung einer Wider-Widerklage unter der vorgesehenen Bedingung, dass die (Haupt-)Klage mangels internationaler Zuständigkeit deutscher Gerichte unzulässig sei, wäre nicht möglich gewesen. Denn eine solche hilfsweise und (auflösend) bedingt erhobene Wider-Widerklage hätte lediglich zur nochmaligen Rechtshängigkeit desselben Streitgegenstandes geführt. Dem hätte jedoch, wie die Beklagte zu Recht geltend macht, das Verbot doppelter Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) entgegengestanden. Erhebt eine Prozesspartei hilfsweise eine Wider -Widerklage für den Fall, dass die von ihr erhobene Klage unzulässig ist, hat dies zur Folge, dass über denselben Streitgegenstand einerseits die Klage, andererseits aber auch die Wider-Widerklage anhängig ist. Die Bedingung der Unzulässigkeit der Klage kann daran nichts ändern, weil diese Klage bis zu ihrer rechtskräftigen Abweisung oder wirksamen Rücknahme rechtshängig bleibt. In der Rechtsprechung wird deshalb nur eine solche hilfsweise erhobene WiderWiderklage als zulässig angesehen, die von einer mit der Verteidigung gegen die Widerklage zusammenhängenden Bedingung abhängig gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1959 - VIII ZR 44/58 - LM § 164 BGB Nr. 15; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., 2003, § 33 Rn. 35, 37, 39; Thomas /Putzo/Hüßtege, ZPO, 29. Aufl., § 33, Rn. 14). So liegt der Streitfall aber ersichtlich nicht. Die hier vom Berufungsgericht zunächst als möglich angesehene Bedingung betraf nicht den möglichen Erfolg der Widerklage, sondern die Abweisung ihrer eigenen Klage und damit einen identischen Streitgegenstand , so dass es sich letztlich um eine Eventualklage gehandelt hätte. Die Zulassung einer derartigen Vorgehensweise widerspräche Sinn und Zweck einer Wider-Widerklage. Eine Widerklage ist eine Reaktion auf die Klage (vgl. etwa BGHZ 43, 28, 30; 132, 390, 397 f), die Wider-Widerklage somit eine solche auf eine Widerklage (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 1995 - XII ARZ 14/95 - NJW-RR 1996, 65). Eine nur die eigene Klage betreffende Bedingung ist danach nicht möglich, zumal damit darüber hinaus eine unzulässige Umgehung der Regelung in Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ einhergehen würde.
12
Abgesehen davon lässt sich dieser Verfahrensfehler jedoch wegen der weiteren Entwicklung des Rechtsstreits, nämlich dessen endgültiger Beendigung bezüglich der Widerklage durch Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Landgerichts insoweit, ohnehin nicht mehr korrigieren; insbesondere geht die Ansicht des Berufungsgerichts fehl, durch eine Verfahrensweise nach § 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO könne die Verfahrenssituation (wieder) hergestellt werden, die bestanden hat, solange über die Widerklage noch nicht rechtskräftig entschieden worden war.
13
3. Soweit das Berufungsgericht die Zurückverweisung in die erste Instanz zum Zwecke der Rücknahme der Klage und Erhebung einer unbedingten Wider-Widerklage trotz rechtskräftiger Abweisung der Widerklage gleichwohl als möglich ansieht, erweist sich dieser der Klägerin gewiesene Weg ebenfalls als nicht gangbar. Die vorgenommene Zurückverweisung mit der Aufhebung des Verfahrens geht vielmehr ersichtlich ins Leere.
14
a) Bereits der in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zunächst enthaltene Ansatz, wonach die Klägerin entsprechend ihrem Vorbringen bei Erteilung des erforderlichen Hinweises ihre Klage zurückgenommen und Wider-Widerklage erhoben hätte, wobei davon auszugehen sei, dass die Beklagte die erforderliche Einwilligung hierzu erteilt hätte, ist nicht tragfähig. Nichts spricht für eine derartige Erwartung; eine solche Annahme ist lediglich spekulativ. Daran ändert auch nichts die in diesem Zusammenhang weiter angestellte - für sich genommen äußerst fragwürdige - Überlegung des Berufungsgerichts , die erforderliche Einwilligung der Beklagten habe jedenfalls dadurch erlangt werden können, dass die Klägerin ihre Absicht, nach Klagerücknahme eine Wider-Widerklage zu erheben, zunächst geheim gehalten hätte.
15
b) Auch die Vorgabe des Berufungsgerichts, das Landgericht müsse der Klägerin nach Zurückverweisung nun ermöglichen, die Klage zurückzunehmen, wobei durch die mit der Aufhebung auch des Verfahrens verbundene Zurückversetzung des Prozesses in die Lage noch vor der ersten mündlichen Verhandlung eine Einwilligung der Beklagten hierzu ni cht erforderlich sei, stellt sich als rechtsfehlerhaft dar.
16
Mit der Erklärung der Klagerücknahme wäre bei der vorliegenden Sachlage der Prozess vollständig abgeschlossen, für die Erhebung einer WiderWiderklage anstelle der Klage bestünde schon deshalb kein Raum mehr.
17
c) Die weitere Annahme, es könne nicht auf die bereits eingetretene Rechtskraft bezüglich der Widerklage ankommen, weil nach dem nicht zu widerlegenden Vortrag der Klägerin bei der beschriebenen Vorgehensweise die Abweisung der Widerklage noch keine Rechtskraft erlangt hätte, ist ebenso verfehlt. Die eingetretene Rechtskraft hinsichtlich dieses Teils des Rechtsstreits kann für die Beurteilung etwaiger noch bestehender prozessualer Möglichkeiten für die Klägerin nicht hinweggedacht werden. Denn die Widerklage setzt nach allgemeiner Meinung begrifflich und denknotwendig voraus, dass die Klage in der Hauptsache im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch anhängig ist (vgl. nur BGHZ 40, 185, 187; BGH, Urteile vom 8. März 1972 - VIII ZR 34/71 - JR 1973, 18, und vom 18. April 2000 - VI ZR 359/98 - NJW-RR 2001, 60; Stein/Jonas/Roth, aaO, § 33, Rn. 16 ff; Zöller/Vollkommer, aaO, § 33, Rn. 17), die Wider-Widerklage erfordert somit zwingend eine noch anhängige Widerklage. Durch die rechtskräftige Entscheidung über der Widerklage ist deren Rechtshängigkeit aber unabänderlich beseitigt worden. Auch zum Zwecke der Korrektur eines Verfahrensfehlers kann sie nicht wieder aufleben oder fiktiv als noch bestehend angesehen werden.
18
4. Danach konnten das Berufungsurteil und das zuvor ergangene Versäumnisurteil keinen Bestand haben. Das Versäumnisurteil ist dabei nicht in gesetzlicher Weise ergangen, denn die Rechtskraft der Entscheidung über die Widerklage war bereits zum Zeitpunkt der (Versäumnis-)Entscheidung des Berufungsgerichts am 15. Juni 2007 eingetreten, so dass diese auf den fristgerechten Einspruch der Beklagten hin hätte aufgehoben und die Berufung hätte zurückgewiesen werden müssen.
19
5. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst abschließend entscheiden.
Schlick Wurm Herrmann
Wöstmann Hucke
Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 22.02.2006 - 3 O 10/02 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 12.10.2007 - 8 U 430/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 256/11
vom
15. August 2012
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. August 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Achilles, die
Richterin Dr. Fetzer und den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Juli 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Wertstufe bis 65.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Der Kläger betreibt ein Transportunternehmen. Er hatte in der Vergangenheit unter Vermittlung der B. Niederlassung der Beklagten mehrfach gebrauchte Lkw über die Leasinggesellschaft der Beklagten geleast und diese nach Ablauf der vereinbarten Leasingzeit von der Beklagten, welche die Lkw ihrerseits von der Leasinggesellschaft zurückgekauft hatte, zu den in den Leasingverträgen ausgewiesenen Restwerten zuzüglich eines Aufschlags von acht Prozent angekauft. Im Zeitraum von März 2006 bis Januar 2007 leaste er über die genannte Niederlassung wiederum drei gebrauchte Lkw, die er nach Ablauf der jeweiligen Leasingzeiten zu den bisherigen Bedingungen ankaufen wollte. Dies wurde ihm von der nunmehr für die Verwertung solcher Fahrzeuge zuständigen D. Niederlassung der Beklagten verweigert.
2
Mit der Behauptung, ihm sei ein festes Ankaufsrecht zu den bisherigen Bedingungen eingeräumt worden, hat der Kläger, nachdem er zuvor die Leasinggesellschaft der Beklagten erfolglos vor dem Landgericht Stuttgart in Anspruch genommen hatte, von der Beklagten die Übereignung der drei zuvor geleasten Lkw sowie den Ersatz des ihm durch die Weigerung der Beklagten entstandenen Schadens begehrt. Seine Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Hiergegen richtet sich seine Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.
4
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
5
Der Kläger habe die Vereinbarung des von ihm beanspruchten Ankaufsrechts nicht bewiesen.
6
Insoweit entfalte das Urteil des Landgerichts Stuttgart, wonach der für die Beklagte tätig gewesene Fahrzeugverkäufer Ba. zwar, wie von ihm bekundet , die behauptete Abrede mit dem Kläger getroffen, dabei aber nicht für die Leasinggesellschaft, sondern für die Beklagte gehandelt habe, aufgrund der gegenüber der Beklagten erfolgten Streitverkündung keine Bindungswirkung. Denn auf die Feststellung der Ankaufsabrede sei es für die vom Landgericht Stuttgart als fallentscheidend angesehene Verneinung einer Passivlegitimation der Leasinggesellschaft nicht angekommen.
7
Die erneute Vernehmung des Zeugen Ba. habe, auch wenn sich eine Reihe von Widersprüchen gegenüber seinen Bekundungen vor dem Landgericht Stuttgart ergeben hätten und einige Anhaltspunkte für die Einräumung eines festen Ankaufsrechts vorlägen, nicht die erforderliche Überzeugung begründen können, dass dahingehend über das bloße Inaussichtstellen eines Ankaufs hinaus bereits eine feste Zusage erfolgt sei.
8
Soweit der Kläger im Berufungsrechtszug durch Benennung seines Prozessbevollmächtigten S. Zeugenbeweis dafür angetreten habe, der Zeuge Ba. habe im Anschluss an seine Vernehmung vor dem Landgericht geäußert , er habe mit seiner Aussage, der Kläger habe im Fall eines Verkaufs der Leasingfahrzeuge "erster Ansprechpartner" sein sollen, zum Ausdruck bringen wollen, dass eine verbindliche Erwerbszusage getroffen worden sei, sei diese Äußerung, selbst wenn sie so gefallen sein sollte, nicht geeignet, die erforderliche Überzeugung vom Bestehen der behaupteten Zusage zu vermitteln. Denn sie lasse nicht den sicheren Schluss auf den tatsächlichen Inhalt der seinerzeitigen Vertragsverhandlungen zu, zumal der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Berufungsgericht deutlich zu erkennen gegeben habe, dass er den Unterschied zwischen einer bereits bindenden Vereinbarung und dem schlichten Hinweis auf die tatsächliche Möglichkeit eines künftigen Vertragsschlusses kenne, und dass er dementsprechend das Zustandekommen einer verbindlichen Erwerbszusage eindeutig verneint habe.
9
Der Zeuge Sa. , den der Kläger erstmals im Berufungsrechtszug zu der Behauptung benannt habe, dass der Zeuge Ba. bei anderer Gelegenheit gegenüber dem Kläger geäußert habe, dieser habe wirklich günstige Leasingverträge abgeschlossen, da er die Fahrzeuge nach Vertragsablauf zu sehr günstigen Konditionen übernehmen könne und gerade im Hinblick darauf die Leasingraten vergleichsweise hoch angesetzt worden seien, sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu vernehmen gewesen. Es habe sich um neuen Vortrag gehandelt. Gründe, die dessen Zulassung rechtfertigen könnten, seien we- der vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass der Kläger sich erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils an die durch Vernehmung des Zeugen unter Beweis gestellte Tatsache erinnert habe, rechtfertige eine Zulassung nicht.
10
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet.
11
a) Die Zulassung der Revision ist entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde allerdings nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) geboten, weil das Berufungsgericht bei Beurteilung der sich aus §§ 68, 74 Abs. 2, 3 ZPO ergebenden Bindungswirkungen des Urteils des Landgerichts Stuttgart verkannt habe, dass Voraussetzung für die dort getroffene Entscheidung, in wessen Namen der Zeuge Ba. bei Vereinbarung des Ankaufsrechts gehandelt habe, die Feststellung eines solchen Ankaufsrechts gewesen sei. Das trifft nicht zu.
12
Das Landgericht Stuttgart hat ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Zeuge Ba. mit dem Kläger zwar dieAbrede getroffen habe, dass der Kläger den streitgegenständlichen Lkw nach dem Ablauf der Leasingzeit gegen Zahlung des Restwerts zuzüglich eines Aufschlags von acht Prozent übernehmen dürfe. Der Zeuge habe dabei aber nicht im Namen der Leasinggesellschaft, sondern im Namen der Beklagten des hiesigen Prozesses gehandelt, so dass der Kläger aus der Vereinbarung mit dem Zeugen keine Ansprüche gegenüber der Leasinggesellschaft herleiten könne. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, kam es nach dem vom Landgericht Stuttgart gewählten Begründungsansatz für die Klageabweisung nicht entscheidend auf das Bestehen des Ankaufsrechts, sondern allein darauf an, dass für alle dort geltend gemachten Ansprüche im Verhältnis zur beklagten Leasinggesellschaft die vertragliche Grundlage fehle. Hinsichtlich der Feststellungen zum Bestehen des Ankaufsrechts hat es sich mithin nur um eine "überschießende", für das Ergebnis nicht entscheidungserhebliche Beweiswürdigung gehandelt, die an der Bindungswirkung nicht teilnimmt (vgl. BGH, Urteile vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02, NJW-RR 2004, 676 unter III 1; vom 18. März 2004 - IX ZR 255/00, WM 2004, 2217 unter II 3 b aa [1]). Insoweit ist das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung - anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint - nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen, wonach es für die Frage, aus wessen Sicht sich beurteilt, ob eine Feststellung das Urteil trägt und damit Bindungswirkung erzeugt, darauf ankommt, worauf die Entscheidung des Erstprozesses - ausgehend von dem dort gewählten Begründungsansatz - objektiv nach zutreffender Rechtsauffassung beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2003 - V ZB 43/03, BGHZ 157, 97, 99 f.).
13
b) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch deshalb begründet, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, dass es den vom Kläger durch Benennung des Zeugen Sa. angetretenen Zeugenbeweis nicht erhoben und darüber hinaus die Angaben des Klägers bei dessen Parteianhörung (§ 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO) übergangen hat. Wegen der verfassungsrechtlichen Relevanz dieser Verfahrensfehler ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO).
14
aa) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, WM 2009, 671, 672; Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10 mwN). Diese Grenze ist bei Anwendung einer Präklusionsvorschrift wie des § 531 ZPO bereits dann erreicht, wenn diese - wie hier jedenfalls hinsichtlich des Zeugen Sa. geschehen - in offenkundig unrichtiger Weise angewandt wird (BVerfG, NJW 2001, 1565; Senatsbeschluss vom 21. Februar 2006 - VIII ZR 61/04, WM 2006, 1115 Rn. 5 mwN).
15
(1) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel wie der in Rede stehende Antritt von Zeugenbeweis sind gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Das Berufungsgericht ist zwar ersichtlich von einer solchen Nachlässigkeit ausgegangen, wenn es ausführt, ein Zulassungsgrund sei insbesondere nicht dadurch begründet, dass sich der Kläger erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils an die durch Vernehmung des Zeugen unter Beweis gestellte Tatsache erinnert habe. Mit den dazu vom Kläger im Einzelnen vorgetragenen Umständen hat es sich jedoch nicht befasst und deshalb die gebotene Würdigung unterlassen, woraus sich der Fahrlässigkeitsvorwurf ergeben soll. Denn dass der Kläger den Beweis auch schon im ersten Rechtszug hätte antreten können, kann - was das Berufungsgericht grundlegend verkannt hat - einen Fahrlässigkeitsvorwurf für sich allein nicht begründen. Die vom Senat selbst vorzunehmende Prüfung dieser vom Berufungsgericht nicht aufgeklärten und deshalb revisionsrechtlich zu unterstellenden Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330, 333 mwN) ergibt, dass dem Kläger ein Fahrlässigkeitsvorwurf, der eine Zurückweisung des Beweisantritts hätte rechtfertigen können, nicht gemacht werden kann.
16
(2) Jede Partei ist zwar mit Rücksicht auf ihre Prozessförderungspflicht grundsätzlich gehalten, schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist (BGH, Urteile vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 253 mwN; vom 23. April 2010 - LwZR 20/09, NJW-RR 2010, 1500 Rn. 18). Angesichts dieser Pflicht zu konzentrierter Verfahrensführung ist es deshalb den Parteien verwehrt, etwa aus prozesstaktischen Erwägungen ein aus ihrer Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen zurückzuhalten, das bereits im ersten Rechtszug in den Rechtsstreit hätte eingeführt werden können (BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09, WM 2010, 2004 Rn. 28; vom 24. November 2009 - VII ZR 31/09, NJW 2010, 176 Rn. 9; jeweils mwN). Jedoch folgt aus der Prozessförderungspflicht grundsätzlich keine Verpflichtung der Partei, tatsächliche Umstände, die ihr nicht bekannt sind und für die sie auch sonst keine konkreten Anhaltspunkte hat, erst zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09, aaO; Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, WM 2008, 2355 Rn. 16; jeweils mwN). Ebenso trifft sie regelmäßig keine Pflicht, die Richtigkeit bisher bekannter Umstände in Zweifel zu ziehen und zu deren Verlässlichkeit Ermittlungen anzustellen oder Erkundigungen einzuziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2010 - IV ZR 229/07, VersR 2011, 414 Rn. 11; vom 29. September 2009 - VI ZR 149/08, VersR 2009, 1683 Rn. 3).
17
Auch hier hatte der Kläger nach dem Beweisergebnis im Vorprozess vor dem Landgericht Stuttgart keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass ihm der Beweis für eine verbindliche Ankaufszusage allein schon durch die Bekundungen des Zeugen Ba. gelingen würde, zumal der Zeuge selbst bei seiner späteren Vernehmung vor dem Berufungsgericht keine Erklärung dafür geben konnte , warum er von entscheidenden Passagen, die das Landgericht Stuttgart überzeugt hatten, wieder abgerückt war. Vor diesem Hintergrund hatte der Kläger keine Veranlassung, vorsorglich noch nach zusätzlichen Beweismitteln zu forschen.
18
Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den Begebenheiten, die in das Wissen des Zeugen Sa. gestellt sind, nicht um Geschehnisse handelt, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertragsschluss stehen, sondern um ein eher zufälliges privates Gespräch aus anderem Anlass, das nicht notwendig in der Erinnerung des Klägers geblieben sein musste. Es begründet deshalb nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt keinen Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht, wenn der Kläger den auf dieseBegebenheit gestützten Beweisantritt erst in den Prozess eingeführt hat, nachdem er nach Beendigung des ersten Rechtszuges von dem Zeugen Sa. auf die ihm nicht mehr erinnerliche Begebenheit hingewiesen worden war.
19
(3) Das Berufungsurteil beruht auf dieser Gehörsverletzung. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, wenn es den Zeugen Sa. in der gebotenen Weise zu den in sein Wissen gestellten Tatsachen vernommen hätte.
20
bb) Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) auch dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt, dass es die Angaben, die der Kläger bei seiner Parteianhörung (§ 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO) gemacht hat, nicht zur Kenntnis genommen und in die gebotene Würdigung einbezogen hat.
21
(1) Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern es, dass einer Partei , wenn sie - wie hier - für ein mit der Gegenseite geführtes Vier-AugenGespräch keinen Zeugen hat und das Gericht sich für die Beurteilung des unter Beweis gestellten Gesprächsinhalts nicht noch zusätzlich auf sonstige Beweismittel oder Indizien stützen kann, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (BGH, Urteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 16; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04, WM 2006, 548 unter II 3 b; jeweils mwN). Spricht in einem solchen Fall eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vortrags der in Beweisnot stehenden beweisbelasteten Partei , muss das Gericht in nachprüfbarer Weise darlegen, weshalb es von einer Parteivernehmung abgesehen hat. Andernfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass es von dem ihm nach § 448 ZPO eingeräumten Ermessen Ge- brauch gemacht hat (BGH, Urteil vom 9. März 1990 - V ZR 244/88, BGHZ 110, 363, 366). Zwar rechtfertigt eine derartige Beweisnot für sich allein keine Verminderung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs. Sie erhöht jedoch die Anforderungen an eine Begründung, mit der der Tatrichter die Wahrscheinlichkeit verneint ; die Gründe seiner Entscheidung müssen deshalb erkennen lassen, dass er die Beweisnot der Partei in Erwägung gezogen hat, und sich mit dem Prozessstoff und bereits vorhandenen Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander setzen (BGH, Beschluss vom 8. März 2006 - IV ZR 151/05, juris Rn. 8 mwN). Dem ist das Berufungsgericht offenkundig nicht gerecht geworden.
22
(2) Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Würdigung lediglich auf die Bekundungen des von ihm vernommenen Zeugen Ba. , die bei Vertragsschluss erstellten Antragsunterlagen sowie die Verwertungspraxis im Verhältnis zwischen der Beklagten und ihrer Leasinggesellschaft gestützt. Danach hat es eine verbindliche Erwerbszusage der Beklagten für möglich, aber nicht für überwiegend wahrscheinlich erachtet, weil es sich nicht in der Lage gesehen hat, die Überzeugung zu gewinnen, dass die Bekundungen des Zeugen Ba. in seiner Vernehmung vor dem Landgericht Stuttgart zutreffend und in seiner Vernehmung vor dem Berufungsgericht falsch gewesen seien. Die von ihm vorgenommene Parteianhörung des Klägers und deren protokolliertes Ergebnis hat es im Berufungsurteil nicht erwähnt.
23
Die fehlende Erwähnung zeigt, dass das Berufungsgericht sich mit dem Ergebnis der Parteianhörung des Klägers bei seiner Beweiswürdigung nicht ansatzweise auseinander gesetzt oder es sonst in seine Würdigung einbezogen hat. Auch hierauf beruht das Berufungsurteil.

III.

24
Nach alldem hat das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Dies führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Hierbei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 03.12.2010 - 15 O 116/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 04.07.2011 - I-2 U 21/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 95/06
vom
23. April 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterlässt das Berufungsgericht, auf die Konkretisierung eines unbestimmten
Feststellungsantrags hinzuwirken, nach welchem das Eingangsgericht erkannt
hat, verkürzt es das rechtliche Gehör des Berufungsbeklagten, wenn es nunmehr
die Feststellungsklage als unzulässig abweist.
BGH, Beschluss vom 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel, Vill, Dr. Fischer und. Dr. Pape
am 23. April 2009

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widerklägerin wird die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 19. Dezember 2005 zugelassen.
Auf die Revision der Widerklägerin wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Revisionsverfahrens wird auf 93.600 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat auf die Widerklage der Beklagten antragsgemäß festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten alle Schäden zu ersetzen, die ihr infolge unrichtiger Verbuchung, Voranmeldung und Erklärung der Umsatzsteuer in den Jahren 1993 bis Oktober 2000 entstanden sind und noch entstehen. Mit ihrer dagegen erhobenen Berufung hat die Klägerin die Bestimmtheit dieses Ausspruchs gerügt. Die Beklagte ist dieser Rüge entgegengetreten.
2
Nach dem Protokoll der Berufungsverhandlung haben die Parteien die schriftsätzlich angekündigten Sachanträge gestellt. Danach ist die Sach- und Rechtslage erörtert worden. Mit seinem am Schluss der Sitzung verkündeten Urteil hat das Berufungsgericht die landgerichtliche Feststellung aufgehoben und die Widerklage auch insoweit als unzulässig abgewiesen, weil der gestellte Sachantrag nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Die Revision gegen seine Entscheidung hat es nicht zugelassen.
3
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde, in welcher sie eine Verkürzung ihres rechtlichen Gehörs rügt. Hätte das Berufungsgericht auf die nach seinem Urteil mangelhafte Fassung des Feststellungsantrags hingewiesen , so wäre dieser Antrag - wie ausgeführt - bestimmter gefasst worden. Die Beschwerdeerwiderung entnimmt dem Protokoll der Berufungsverhandlung, dass das Gericht auf die nach seiner Ansicht unbestimmte Antragsfassung hingewiesen habe.

II.


4
Die Revision ist zuzulassen und begründet, weil das angegriffene Urteil den Anspruch der Widerklägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Das angefochtene Urteil ist daher nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
5
Gerichtliche 1. Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f). Die grundrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs vor Gericht schützt auch das Vertrauen der in erster Instanz siegreichen Partei darauf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Sachvortrags erforderlich sein kann (BGH, Beschl. v. 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 m.w.N.; v. 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, Rn. 5). Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Eingangsgericht nach den § 525 Satz 1, § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO insbesondere dahin zu wirken, dass die Parteien sachdienliche Anträge stellen. Das rechtliche Gehör vor Gericht zum Streitgegenstand einer Klage bezieht sich danach nicht allein auf den Sachverhalt und seinen Vortrag, sondern ebenso auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge, mit denen eine Partei vor Gericht verhandelt. Hält das Berufungsgericht einen solchen Antrag abweichend vom Ausspruch der Vorinstanz für unzulässig, weil er seines Erachtens dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht genügt, so muss es auf eine Heilung dieses Mangels hinwirken. Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen.
6
2. Sonst gebotene Hinweise des Gerichts können entfallen, wenn die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat (BGHZ 170, 67, 75 Rn. 19; BGH, Beschl. v. 20. Dezember 2007 - IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581, 582 Rn. 2). Dies gilt aber nicht ohne weiteres für die gerichtliche Pflicht, auf sachdienliche Klaganträge hinzuwirken. Begründeten Anlass zur Änderung ihres Sachantrags hat eine Partei nicht schon dann, wenn die Gegenseite in der Berufungsinstanz das erstrittene Sachurteil wegen seines angeblich unbestimmten Ausspruchs angreift. Denn dieser Angriff wiegt nicht schwerer als das ergangene günstige Sachurteil. Prozessuale Obliegenheiten des Berufungsbeklagten erwachsen deshalb allein aus der gegnerischen Bestimmtheitsrüge im Hinblick auf eine nachträgliche Konkretisierung des Sachantrags noch nicht. Solche Konsequenzen muss der Berufungsbeklagte erst dann erwägen, wenn er durch das Berufungsgericht selbst erfährt, dass es den für ihn günstigen Standpunkt der Vorinstanz insoweit nicht teilt. Ein solcher Hinweis ist nach dem Beschwerdevorbringen hier unterblieben.
7
Die 3. entgegengesetzte Behauptung der Beschwerdegegnerin kann nach § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Der vom Berufungsgericht protokollierte allgemeine Hinweis, dass die Sach- und Rechtslage erörtert worden sei, erlaubt nicht den Beweisschluss, es sei bei dieser Erörterung auf die Behebung des Antragsmangels hingewirkt worden. Die Erörterung kann sich auf die sachlichen Einwände beschränkt haben , welche im Berufungsurteil zur fehlenden Haftung der Klägerin für Tätigkeiten vor dem 1. September 1995 enthalten sind und welche die Klägerin sonst gegen den Vortrag der Widerklage erhoben hat.

III.


8
Für das Verfahren der wiedereröffneten Berufungsinstanz weist der Senat auf Folgendes hin:
9
Durch den konkretisierten Feststellungsantrag, wie er in der Beschwerdeschrift gefasst worden ist, werden die vorherigen Bedenken gegen die Bestimmtheit ausgeräumt. Den Feststellungsantrag alter Fassung hat das Beru- fungsgericht entgegen dem Beschwerdevortrag mit Recht beanstandet, weil zwischen den Parteien gerade streitig war, inwieweit Buchungen und Erklärungen der Klägerin unrichtig gewesen sein sollen. Dieser Streit würde durch die beantragte Feststellung nicht entschieden, selbst wenn zu ihrer Auslegung, wo dies nicht anders möglich ist, der Sachvortrag herangezogen werden kann. Es bedarf zu einer Entscheidung dieses Streits andererseits hier nicht einer Aufgliederung des Urteilsausspruchs für sämtliche einzelnen Buchungen und Vorsteuerabzüge , welche die Klägerin angesetzt hat, weil ihr nicht einzelne Versehen oder Fehlgriffe zur Last gelegt werden, sondern ein Methodenfehler, welcher die gesamte Tätigkeit durchzogen haben soll. Die Feststellung, ob sich dieser Methodenfehler in der Tätigkeit der Klägerin während des gesamten Antragszeitraums findet, gehört zur Sachprüfung der Widerklage. Hierbei wird die Widerklägerin den Steuersachverhalt soweit darzulegen haben, dass das Berufungsgericht imstande ist zu beurteilen, wie dieser seiner Ansicht nach richtigerweise unter Berücksichtigung der damaligen Rechtsprechung und Steuerrichtlinien von Beraterseite zu behandeln gewesen wäre. Die vom Landgericht insoweit angenommene Vermutung, welche sich auf die konkreten Beanstandungen der Finanzverwaltung und das gegen den Geschäftsführer der Widerklägerin geführte Steuerstrafverfahren stützt, ist verfehlt. Im Rahmen dieser Sachprüfung ist dann auch auf die Frage der Passivlegitimation der Klägerin für Tätigkeiten vor dem 1. September 1995 zurückzukommen.
Ganter Raebel Vill
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 29.01.2004 - 10 O 513/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.12.2005 - 23 U 35/04 -
2
1. Ein gerichtlicher Hinweis ist entbehrlich, wenn die Partei von der Gegenseite die gebotene Unterrichtung erhalten hat (BGH, Urt. v. 22. November 2006 - VIII ZR 72/06, WM 2007, 984, 986 Tz. 19; v. 24. September 1987 - III ZR 188/86, NJW 1988, 696 f; v. 2. Oktober 1979 - VI ZR 245/78, NJW 1980, 223 f).

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.