Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Sept. 2015 - 9 U 48/15

bei uns veröffentlicht am23.09.2015

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 27. Februar 2015 - 4 O 379/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Diese Entscheidung und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % leisten.

Gründe

 
A)
Die Parteien streiten wechselseitig über Inhalt, Umfang und Reichweite eines am 20.08.1998 geschlossenen Bonussparvertrags „Vorsorgesparen S-S.“.
Danach soll der Kunde zusätzlichen zum jeweils aktuellen Zinsniveau, das derzeit nahe null liegt, einen Aufschlag erhalten, der sich mit fortschreitender Laufzeit von „-“ auf 3,5 % steigert.
Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung, auf deren tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Feststellungsantrag sei zulässig, da die Voraussetzungen der Bestimmung des § 256 Abs. 1 ZPO vorlägen. Die Klage sei begründet. Der Sparer sei jederzeit berechtigt, die Sparrate zwischen 25 EUR und 2.500 EUR zu ändern. Die Angaben des Flyers seien nach §§ 133, 157 BGB in das Angebot der Kläger auf Abschluss des Vorsorgesparen-S-S.-Vertrages einbezogen und dieses Angebot von der Beklagten angenommen worden. Die Auslegung ergebe eindeutig ein Änderungsrecht des Sparers, das sich nur nach dessen Wünschen und Bedürfnissen richte und nicht nach den Interessen der Bank.
Die Widerklage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte könne nicht wegen eigener fehlerhafter Zinsberechnung die Rückzahlung gutgeschriebener Zinsen verlangen. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehe nicht. Im Rahmen der Verzinsungsbestimmung sei unter dem Begriff „Einzahlungsjahr“ das Jahr der Laufzeit zu verstehen. Gleichfalls stehe der Beklagten kein Anspruch auf Vertragsaufhebung zu. Ein Verschulden der Sparer bei Vertragsschluss liege ebenso wenig vor wie eine Verletzung vertraglicher Pflichten. Die Voraussetzungen für eine Anpassung des Vertrages nach den Grundsätzen des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage lägen nicht vor.
Dagegen wendet sich die Beklagte auch unter Erweiterung und Vertiefung des Vorbringens mit ihrer Berufung.
Sie ist u.a. der Auffassung, ein Anspruch auf Erhöhung der Sparrate bestehe nicht. Werbeangaben seien aus mehreren Gründen nicht in das Vertragsverhältnis einbezogen worden. Es bestehe ein Rückforderungsanspruch wegen zu viel bezahlter Zinsen, weil für jede Rate eine gesonderte Zinsstaffelberechnung zu erfolgen habe. Der Beklagten stehe ein Anspruch auf Vertragsaufhebung als Schadensersatz beziehungsweise ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach §§ 490, 313 BGB zu.
Die Beklagte beantragt:
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I. Das Urteil des LG Ulm AZ: 4 O 379/13 wird aufgehoben.
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II. Die Klage wird abgewiesen.
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III. Die Kläger/Widerbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte EUR 4.620,95 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu bezahlen.
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IV. Die Kläger/Widerbeklagten werden verurteilt,
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1. in die Aufhebung des am 20. August 1998 mit der Beklagten geschlossenen S.-Sparvertrages Nr. 40034… einzuwilligen,
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2. hilfsweise, in die Änderung des zuvor bezeichneten S.-Sparvertrages dahingehend einzuwilligen, dass er sich ab Rechtskraft des Urteils am Alternativprodukt „Zuwachssparen" mit vier weiteren Jahren Laufzeit und einer Verzinsung von 3,75% (p.a.) orientiert, bei jederzeitiger Verfügbarkeit über das Guthaben bis 2.000,00 EUR pro Monat durch die Kläger/Widerbeklagten und ansonsten 3-monatiger Kündigungsfrist zu Gunsten der Kläger/Widerbeklagten,
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3. ganz hilfsweise, in die Änderung des zuvor bezeichneten S.-Sparvertrages dahingehend einzuwilligen, dass die Höhe der Gesamtverzinsung - zusammengesetzt aus Grundverzinsung und Bonuszinsstaffel - ab Rechtskraft des Urteils an einen unter Berücksichtigung der vereinbarten Einzahlungszeit marktüblichen Zins angepasst wird, der sich am gegenwärtigen Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank orientiert.
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Ganz hilfsweise wird die Feststellung begehrt,
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dass der Beklagten hinsichtlich des zuvor bezeichneten S.-Sparvertrages ein Recht auf Vertragsaufhebung zusteht,
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weiter hilfsweise,
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dass ihr ein Recht auf Vertragsanpassung dahingehend zusteht, dass der zuvor bezeichnete S.-Sparvertrag so angepasst wird, dass er sich ab Rechtskraft des Urteils am Alternativprodukt „Zuwachssparen" mit vier weiteren Jahren Laufzeit und einer Verzinsung von 3,75% (p.a.) orientiert, bei jederzeitiger Verfügbarkeit über das Guthaben bis 2.000,00 EUR pro Monat durch die Kläger/Widerbeklagten, und ansonsten 3-monatiger Kündigungsfrist zu Gunsten der Kläger/Widerbeklagten,
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noch weiter hilfsweise,
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dass der Beklagten ein Recht auf Vertragsanpassung dahingehend zusteht, dass der zuvor bezeichnete S.-Sparvertrag hinsichtlich der Höhe der Gesamtverzinsung - zusammengesetzt aus Grundverzinsung und Bonuszinsstaffel - ab Rechtskraft des Urteils an einen unter Berücksichtigung der vereinbarten Einzahlungszeitmarkt üblichen Zins angepasst wird, der sich am gegenwärtigen Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank orientiert.
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Die Kläger beantragen:
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Die Berufung wird zurückgewiesen.
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Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Die Konzeption des S.-Sparmodells führe dazu, dass der von der Beklagten gegenüber dem Sparer erhobene Vorwurf der Profitmaximierung, einer rechtsmissbräuchlichen, Treu und Glauben widersprechenden Ausübung seiner Rechte zu Unrecht erfolgt sei. Die Kläger hätten den Vertrag abgeschlossen, den die Beklagte als Sparmodell mit dem Namen „S-S.“ angeboten habe. Danach stehe den Klägern ein Recht zur Ratenänderung zu, von dem sie auch Gebrauch gemacht hätten. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liege nicht vor.
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Die Akten des Landgerichts Ulm 4 O 364/13, 4 O 376/13, 4 O 380/13, 4 O 404/13, 4 O 43/14, jeweils Stand April 2015, sowie 4 O 273/13 (= OLG Stuttgart 9 U 31/15), 4 O 377/13 (= OLG Stuttgart 9 U 161/15), 4 O 378/13 (= OLG Stuttgart 9 U 163/15), 4 O 340/14 (= OLG Stuttgart 9 U 160/15), 4 O 376/14 (= OLG Stuttgart 9 U 162/15) waren zu Informationszwecken beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
B)
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
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Zu Recht hat das Landgericht in der Sache die Verpflichtung der Beklagten zur Ausführung einer jederzeitigen Änderung der Sparrate innerhalb eines Rahmens von 25 EUR bis 2.500 EUR festgestellt (dazu unter I.). Zutreffend ist ferner die Abweisung der Widerklagen, weil die Beklagte keinen Anspruch auf Vertragsaufhebung oder -anpassung hat (dazu unter II.).
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I. Die Klage ist zulässig und begründet.
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1. Die Feststellungsklage ist zulässig.
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Die Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses setzt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse des Klägers daran voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird (BGH, Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14 NJW 2015, 873).
32 
a) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist zu bejahen, wenn dem Recht oder der Rechtsposition des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Ungewissheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - X ZR 56/09 BGHR ZPO § 256 Feststellungsinteresse 80). Dass eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht, weil die Beklagte eine Berechtigung eines Verlangens zur jederzeitigen Änderung der Sparrate bestreitet und diese Gefahr durch die beantragte Feststellung beseitigt werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2006 - VI ZR 77/05 BGHReport 2006, 804), zieht das Rechtsmittel zutreffend nicht in Zweifel.
33 
b) Bei der von den Klägern begehrten Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Ausführung einer jederzeitigen Erhöhung der monatlichen Sparrate bis zu einem Maximalbetrag in Höhe von EUR 2.500.- sowie einer jederzeitigen Senkung der monatlichen Sparrate bis zu einem Minimalbetrag in Höhe von EUR 25.- auf Verlangen der Kläger handelt es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Mit der Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses nach § 256 Abs. 1 ZPO kann nicht nur die Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses im Ganzen, sondern auch die Feststellung einzelner, aus dem umfassenden Rechtsverhältnis hervorgehender Berechtigungen und Verpflichtungen verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2011 - II ZR 306/09 BGHR ZPO § 256 Zwischenfeststellungsklage 6), hier der Änderung der Sparrate auf Verlangen der Kläger.
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c) Die Feststellungsklage betrifft ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Dem steht nicht entgegen, dass künftige Verlangen der Kläger noch nicht geltend gemacht wur-den. Denn unter einem solchen Rechtsverhältnis ist nicht nur die - aus dem vorgetragenen Lebenssachverhalt abgeleitete - (bereits bestehende) konkrete rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen oder zu einem Gegenstand zu verstehen. Darunter fallen auch diejenigen Beziehungen, die aus einem bereits vorhandenen Rechtsverhältnis künftig als Rechtsfolge erwachsen, so dass etwa bedingte oder betagte Beziehungen die Grundlage einer Feststellungsklage bilden können. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt daher auch vor, wenn eine Verbindlichkeit noch nicht entstanden, aber für ihren späteren Eintritt der Grund in der Art gelegt ist, dass die Entstehung der Verbindlichkeit nur von dem Eintritt weiterer Umstände oder dem Zeitablauf abhängt (BGH, Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14 aaO).
35 
2. Die Feststellungsklage ist begründet. Im Ergebnis zutreffend ist die Auffassung der ersten Instanz, die Beklagte sei verpflichtet, zukünftige Ratenänderungsverlangen der Kläger auszuführen.
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a) Die Änderungsverpflichtung ergibt sich allerdings nicht, weil, wie die erste Instanz meint, durch die Vereinbarung des Vorsorgesparen S-Scala-Vertrages zwischen den Parteien die Werbeaussagen aus dem Flyer nach §§ 133, 157 BGB Vertragsbestandteil geworden sind. Richtig ist die Auffassung, dass ein Einbeziehungswille für vertragliche Regelungen durch schlüssiges Verhalten der Beklagten, das nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB zu beurteilen ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 1992 - VIII ZR 84/91 BGHR AGBG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Einbeziehung 3), hier vorliegt. Das Verhalten der Beklagten besaß einen den Klägern zweifelsfrei erkennbaren Erklärungswert (§§ 133, 157 BGB) des Inhalts, dass ihre Bedingungen in den konkreten Vertrag einbezogen werden sollten. Insoweit folgt der Senat vollumfänglich den zutreffenden Darlegungen der ersten Instanz, auf die Bezug genommen wird.
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b) Bei der in dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aktuellen Flyer maßgeblichen Formulierung „Sie können Ihre Sparraten ständig ändern! Sie können schon mit einer Sparrate von 50 DM beginnen. Erhöhungen sind dabei bis zu 5000 DM möglich. Ratensenkungen sind bis zur Mindestrate möglich“ handelt es sich jedoch um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG a.F. (entsprechend § 305 Abs. 1 BGB), der gem. Art. 229 § 5 S. 1 und 2 EGBGB noch anwendbar ist (BGH, Urteil vom 22. Februar 2012 - VIII ZR 34/11 WM 2012, 2061). Diese wird nur dann Vertragsbestandteil, wenn deren Einbeziehung nach § 2 Abs. 1 AGB a.F. (jetzt: § 305 Abs. 2 BGB) vereinbart ist (BGH, Urteil vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04 WM 2005, 1567; BGH, Urteil vom 15. Januar 2014 - VIII ZR 111/13 AVB FernwärmeV § 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen 1). Eine den Anforderungen des § 2 Abs. 1 AGB a.F. entsprechende Einbeziehungsvereinbarung ist nicht zustande gekommen.
38 
Dennoch kann sich die Beklagte darauf nicht berufen. Dass, wie die Beklagte meint, bei Vertragsschluss andere Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen worden sein sollen, ist nicht erheblich. Die in dem Flyer wiedergegebenen Bestimmungen, die sich auf den Vorsorgesparen S-S.-Vertrag beziehen und damit konkrete Regelungen für diesen Sparvertrag enthalten, gehen den sonstigen Allgemeinen Bedingungen der Beklagten als Sparkasse vor. Welcher Regelung im Verhältnis zu einer zweiten Regelung gleicher Qualität der Vorrang zukommt, bestimmt sich nach den Kriterien der Spezialität oder der Sachnähe.
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aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.
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(1) Die in dem Flyer zur Änderung der Sparrate enthaltene Äußerung stellt freilich zunächst eine Werbung dar. Die Darstellung enthält auch hinsichtlich der Möglichkeit der Änderung der Sparrate keine Willenserklärung. Eine solche liegt vor, wenn der Verwender in vertragsmäßig bindender Weise, also mit Bindungswillen (BGH, Urteil vom 25. März 2015 - VIII ZR 125/14 NJW 2015, 2584) die Möglichkeit der Änderung der Raten anbietet. Dagegen ist eine durch einen Flyer übermittelte Aufforderung zum Vertragsschluss im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum aufzufassen (vgl. BGHZ 179, 319, 323). So liegt der Fall auch hier. Dass die Beklagte bereits in der Werbung für den Verkehr erkennbar durch den dort enthaltenen Hinweis auf die Möglichkeit der Änderung der Sparraten in vertragsmäßig bindender Weise ein Angebot unterbreitet hat, ist vom Landgericht weder festgestellt worden noch sonst ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011 - I ZR 133/09 BGHR BGB § 443 Garantieerklärung 1), sondern auch wegen des unbestimmten Adressatenkreises, an den sich die Werbung wendet, fernliegend.
41 
(2) Dennoch handelt es sich um eine von der Beklagten für ihre Zwecke aufgestellte und vorgegebene Vertragsbedingung, die von ihr dem „Vorsorgesparen S-S.“ zugrunde gelegt wird.
42 
(a) Bei der Möglichkeit der Änderung der Sparrate handelt es sich um eine Vertragsbedingung, also eine Bestimmung, die den Vertragsinhalt regeln soll (BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 154/04 BGHR BGB § 305 Abs. 1 Vertragsbedingung 1). Die in dem Flyer enthaltene Äußerung ruft nach ihrem objektiven Wortlaut bei den Empfängern den Eindruck hervor, es solle damit der Inhalt eines vertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden. Bei Angaben in Prospekten ist zwischen Anpreisungen und allgemeinen Informationen einerseits und Leistungsbeschreibungen andererseits, die unmittelbar den Vertragsgegenstand betreffen und den Vertragsinhalt festlegen, zu unterscheiden (vgl. Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeifer AGB-Recht 4. Aufl. § 305 Rdnr. 7; Kiene, VersR 2005, 1332). Bei Finanzprodukten besteht die Besonderheit, dass ihre Produktmerkmale wesentlich durch die frei vom Anbieter gestaltbaren Vertragsregeln geprägt werden (vgl. Poelzig, WM 2014, 917 [923]; Thomas ZHR 171 (2007), 684 [695]). Wer also ein Produkt wie das Vorsorgesparen S-S. hinsichtlich Laufzeit, Ratenhöhe, Verzinsung, Änderungsmöglichkeiten etc. in einem Werbeflyer beschreibt, nimmt eine Leistungsbeschreibung vor, die den Charakter einer Vertragsbedingung hat.
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(b) Dass der Kunde und nicht die Beklagte das Angebot zum Abschluss des Vertrages abgibt, ist unerheblich. Die Beklagte schließt Verträge üblicherweise unter Einbeziehung von ihr verwendeter Allgemeiner Geschäftsbedingungen ab.
44 
Nach der Zielsetzung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht durch das Stellen vorformulierter Bedingungen entgegenzuwirken, kann es nicht darauf ankommen, ob der Vertragspartner des Aufstellers sich diesen Regeln erst auf dessen Verlangen unterwirft oder sie in Kenntnis dieser Praxis und der daran anschließenden Erwartung, dass anders ein Vertragsabschluss nicht zu erreichen sein wird, von vornherein in das Angebot aufnimmt. Auch in diesem Fall ist die Aufnahme der Klausel nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung des Vertragspartners des Aufstellers, sondern Folge von dessen Übung, Verträge nur unter Einbeziehung dieser Regeln abzuschließen. Ihre Aufnahme in den Vertrag ist daher auch in diesem Falle Ausdruck der von dem Verfasser der Bedingungen ausgehenden Marktmacht, so dass sie allein ihm zuzurechnen ist. Auch ohne ausdrückliches Verlangen hat er durch diese Übung auf die inhaltliche Gestaltung der Vereinbarung Einfluss genommen und so die Einbeziehung der von ihm aufgestellten Vertragsbedingungen in den Vertrag veranlasst. Das genügt, um ihn auch insoweit als Verwender der Bedingungen erscheinen zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 1997 - X ZR 141/95 BGHR AGBG § 1 Abs. 1 Verwenden 5).
45 
bb) Die Allgemeine Geschäftsbedingung hinsichtlich der Möglichkeit der Änderung der Sparrate ist allerdings nicht Vertragsbestandteil geworden. Allein die Bezugnahme im Eröffnungsantrag auf „S-S.“ führte nicht dazu, dass die im Flyer aufgeführten Bedingungen insgesamt einbezogen wurden. Nach § 2 Abs. 1 AGB a.F. werden Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Diese Voraussetzungen, als Teilaspekt des Vertragsabschlusses (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1982 - VIII ZR 63/81 LM Nr. 2 zu § 2 AGBG), liegen, wie die erste Instanz zutreffend und von der Berufung da ihr günstig nicht angegriffen feststellt, nicht vor. Es bleibt offen, ob den Klägern der Flyer und dessen Inhalt bei Vertragsschluss bekannt waren, so dass, unabhängig davon, ob insoweit eine konkludente Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen möglich wäre, weiter vom Vorliegen eines sog. Selbsthinweises des Vertragspartners des Verwenders nicht ausgegangen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 1985 - VIII ZR 137/85 BGHR AGBG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Selbsthinweis 1).
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cc) Dennoch ist es der Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine fehlende Einbeziehung der eine zugunsten des Kunden enthaltenden Möglichkeit der Änderung der Sparrate zu berufen.
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(1) Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kommt bereits in Betracht, wenn die konkret im Flyer enthaltenen anwendbaren Regelungen für die Kläger günstiger sind als die gesetzlichen Regelungen, also dem Vertragspartner des Verwenders durch die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen Rechte entzogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999 - VII ZR 237/98 WM 1999, 2123) und der Vertragspartner die Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein akzeptiert (Staudinger/Schlosser BGB [2013] § 305 Rdnr. 104), weil dann ein Fall des widersprüchlichen Verhaltens vorliegt. In diesem Fall kann sich der Verwender nicht auf die Nichteinbeziehung von für seinen Vertragspartner günstigen Klauseln berufen (Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeifer, aaO. § 305 Rdnr. 110; AnwKommBGB/Kollmann, § 305 Rn. 78). So ist es hier.
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(a) Die nach dem Flyer anwendbaren Regelungen sind für die Kläger günstiger als die gesetzlichen Regelungen. Das folgt aus der Auslegung der einzelnen Bestimmungen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Hierbei ist auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders und auf die typisierten Interessen des Verwenders und seiner Vertragspartner abzustellen (statt aller BGH, Urteil vom 8. November 2002 - V ZR 78/02 BGHR AGBG § 1 Auslegung 1 m.w.N.).
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Danach steht dem Vertragspartner des Verwenders die Möglichkeit offen, die Sparraten zu ändern. Die Formulierung „Sie können Ihre Sparraten ständig ändern! Sie können schon mit einer Sparrate von 50 DM beginnen. Erhöhungen sind dabei bis zu 5000 DM möglich. Ratensenkungen sind bis zur Mindestrate möglich“ beschreibt eindeutig das Recht des Kunden zur einseitigen Änderung der Sparrate. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte infolge der Währungsumstellung die in DM geltenden Rahmenbeträge zwischen 50 DM und 5.000 DM im Verhältnis 1:2 auf den Rahmen von 25 EUR bis 2.500 EUR umgestellt hat. Der Kunde ist folglich berechtigt, eine Änderung der Sparrate in dem angegebenen Rahmen von 25 EUR bis 2.500 EUR zu verlangen. Das Verlangen enthält zugleich einen Antrag auf Vertragsänderung (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1997 - VIII ZR 373/96 BGHR MHG § 10 Abs. 1 Mieterhöhungsverlangen 1), zu dessen Annahme sich die Beklage verpflichtet hat. Das wird durch die o.g. Formulierung eindeutig zum Ausdruck gebracht. Eine Einschränkung dahingehend, dass es dem Berater überlassen bliebe, dem Verlangen auf Änderung der Sparrate nachzukommen, lässt sich der Bestimmung nicht entnehmen. Nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ist die Regelung einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Hierbei ist auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders und auf die typisierten Interessen des Verwenders und seiner Vertragspartner abzustellen (BGH, Urteil vom 14. November 2012 - VIII ZR 22/12 WM 2013, 2235). Danach ist die an erster Stelle in den Vordergrund gerückte auf den Kunden ausgerichtete Flexibilität („Vorsorgesparen S-S. ist der ideale Weg zu Ihren Sparzielen, denn es paßt sich ständig Ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen an.“) durch die Änderungsklausel näher ausgestaltet. Wäre die Beklagte in ihrer Entscheidung frei, dem Verlangen des Kunden nachzukommen, könnte von einer Flexibilität keine Rede sein. Ohne die Einräumung einer Änderungsmöglichkeit der Raten für den Kunden wäre für die gesamte Laufzeit die bei Vertragsschluss vereinbarte Rate maßgebend, weil sich darüber dann beide Parteien bei Vertragsschluss einig gewesen waren. Gerade durch die Aufnahme einer Änderungsklausel bei Vertragsschluss wird deutlich, dass sich die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein haben leiten lassen, nach welchem Änderungen im Laufe des auf bestimmte Zeit angelegten Vertrages nicht in Betracht kommen. Bei dem S.-Sparvertrag handelt es sich um ein langfristig angelegtes Vertragsverhältnis. Das ergibt sich nicht nur aus der vereinbarten Dauer des Vertragsverhältnisses, sondern auch aus der jeweils zu erbringenden Sparrate und der vertraglich vereinbarten Erhöhung der Verzinsung mit der Zunahme der Laufzeit. Durch die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen, wonach die Vertragsparteien grundsätzlich an ihre Vertragserklärungen gem. §§ 145 ff. BGB gebunden sind (Staudinger/Schlosser BGB [2013] § 305 Rdnr. 101), würde ohne die vereinbarte, dem Kunden zustehende Änderungsmöglichkeit diesem mithin Rechte, nämlich jene Vertragsänderungen herbeizuführen, entzogen werden.
50 
(b) Dass die Kläger die in dem Flyer enthaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein akzeptiert haben, weil sie sich generell mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten einverstanden erklärt und auf die Produktbezeichnung S-S. Bezug genommen haben, zieht die Beklagte zu Recht nicht in Zweifel.
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(2) Die Beklagte setzt sich mit ihrem früheren Verhalten in Widerspruch, wenn sie nun die Auffassung vertritt, dem Kunden stehe kein Recht zur einseitigen Änderung der Sparrate zu, weil die Aussagen des Flyers nicht Vertragsinhalt geworden seien. Allerdings ist nicht jeder Widerspruch zwischen zwei Verhaltensweisen als unzulässige Rechtsausübung zu werten. Auch liegt nicht allein deshalb eine unzulässige Rechtsausübung vor, wenn Rechtsauffassungen im Laufe der Zeit geändert werden. Vielmehr ist widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. So ist es hier.
52 
(a) Entscheidend sind letztlich die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Für die Bewertung, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, fallen auch ein etwaiges Verschulden und dessen Grad ins Gewicht. Ein Verschulden ist für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs, der aus widersprüchlichem Verhalten hergeleitet werden soll, aber nicht zwingend erforderlich. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann daher eine Rechtsausübung unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick darauf vorrangig schutzwürdig erscheinen. Hierbei handelt es sich allerdings um einen engen Ausnahmetatbestand.
53 
Ist durch das frühere Verhalten der Partei kein schutzwürdiges Vertrauen der Gegenseite begründet worden, ist ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht zu ziehen, etwa bei einem unlösbaren Widerspruch zwischen früherer und späterer Rechtsausübung (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 154/14 WuM 2015, 296).
54 
(b) Danach kann sich die Beklagte hier nicht darauf berufen, die ihren Vertragspartnern günstige Änderungsmöglichkeit der Raten sei nicht in den Vertrag einbezogen worden. Die Beklagte hat für die Kläger einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Deren Vertrauen auf die Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wie sie in dem Flyer enthalten sind, ist vorrangig schutzwürdig.
55 
(aa) Die Beklage verwendete die die S.-Vorsorgesparverträge betreffenden Flyer seit Anfang/Mitte der 1990-er Jahre, also bereits mehrere Jahre vor Abschluss des hier maßgebenden Vertrages im Jahr 1998. Sie hat über viele Jahre hinweg insgesamt mehrere Tausend S.-Sparverträge mit ihren Kunden abgeschlossen, denen die gleiche Struktur, einschließlich der Möglichkeit der Änderung der Höhe der Sparrate seitens des Sparers, zugrunde lag (vgl. z.B. den als Anlage K 6 vorgelegten Flyer der Beklagten Stand 01.09.93 und den als Anlage K 1 vorgelegten Flyer Stand 01.10.95, die mit jeweils identischer Formulierungen die Aussage hierzu enthalten: „Sie möchten Ihre Sparraten ändern können? Selbstverständlich können Sie das - so oft Sie wollen. ....“). Die Beklagte hat als Verwenderin mit den im Flyer wiedergegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für ihr Produkt „Vorsorgesparen S-S.“ geworben und dabei an erster Stelle dessen auf den Kunden ausgerichtete Flexibilität („Vorsorgesparen S-S. ist der ideale Weg zu Ihren Sparzielen, denn es paßt sich ständig Ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen an“) in den Vordergrund gerückt und diese Flexibilität durch die Änderungsklausel näher ausgestaltet. Sie wusste, dass ihre Kunden, die auf Grund der Werbung die S-S.-Verträge abgeschlossen haben, eine dieses Leistungsversprechen umsetzende Bedingung erwarteten. Die Beklagte wollte die Bedingungen zum Vertragsinhalt machen, hat aber beim konkreten Vertragsschluss deren Einbeziehung vereitelt (vgl. Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeifer, a.a.O. § 305 Rdnr. 110; AnwKommBGB/Kollmann, § 305 Rn. 78; Henkel ZGS 2003, 418, 420), weil sie es versäumt hat, die von ihr verwendeten Bedingungen durch Einhaltung der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 AGBG a.F. (§ 305 Abs. 2 BGB) zum Vertragsinhalt zu machen. Das wird auch daraus deutlich, dass die Einbeziehung der vertraglichen Bestimmungen trotz der Bezugnahme im Eröffnungsantrag auf S-Scala fehlgeschlagen ist.
56 
(bb) Die Interessen der Gegenpartei, der Kunden, sind deshalb vorrangig schutzwürdig. Das - zulässige - einfache Bestreiten der Kenntnis der Kläger vom Inhalt des Flyers bei Vertragsschluss durch die Beklagte liegt neben der Sache. Der Kunde bringt aus Sicht der Bank zum Ausdruck, dass er an dem von ihr vertriebenen Produkt „S-S.“ teilhaben will. Dabei geht es nicht um eine konkret-individuelle Betrachtungsweise, wie sie bei der Inhaltskontrolle eine Rolle spielen könnte (vgl. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB), sondern um die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Bedingungen (vgl. statt aller BGH, Urteil vom 10. Juni 1999 - VII ZR 170/98 BGHR AGBG § 2 Abs. 1 Nr. 2 - Einbeziehung 4), die die vorrangige Schutzwürdigkeit der Kunden der Beklagten begründet. Dass eine solche Gelegenheit für die Kläger vor Vertragsschluss bestand, die jedenfalls fortgewirkt hätte, zieht auch das Rechtsmittel nicht in Zweifel.
57 
c) Dass die Vereinbarung nicht schriftlich niedergelegt wurde, vermag daran nichts zu ändern. Die schriftlichen Abreden enthalten keine Erklärungen, aufgrund derer der Kunde annehmen musste, dass diese Angaben verbindliche Regelungen enthielten, die gegenüber den vertraglichen Bestimmungen der S.-Vorsorgespar-Verträge vorrangig sein sollten.
58 
d) Soweit die Berufung sich auf das Rechtsinstitut der Prospekthaftung stützt und ausführt, insoweit gebe es keinen Anspruch so gestellt zu werden, als wären die beanstandeten Prospektangaben zutreffend gewesen (BB 15), verkennt sie, dass vorliegend nicht eine Haftung und deren Folgen, sondern vertraglich vereinbarte Erfüllungsansprüche in Rede stehen. Der Beklagten wird lediglich nach § 242 BGB (Treu und Glauben) der Einwand versagt, die im Flyer enthaltenen, insbesondere auch kundengünstigen Vertragsbedingungen seien nicht in der für Allgemeine Geschäftsbedingungen gebotenen (kundenschützenden) Form einbezogen worden.
59 
e) Dem ersichtlich als Hilfsvorbringen einzuordnenden Vorbringen der Beklagten, das auf ein vom Wortlaut des Flyers abweichendes übereinstimmendes Verständnis der Möglichkeit der Ratenänderung in Form eines im Belieben der Beklagten stehenden Zustimmungserfordernis abzielt, muss der Erfolg gleichfalls versagt bleiben. Das allerdings nicht, weil (objektiv) feststünde, dass die Hilfsdarstellung bewusst wahrheitswidrig abgegeben wurde (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2015 - V ZR 63/13 WM 2015, 1434), sondern weil ein solches übereinstimmendes Verständnis bei Vertragsschluss nicht bestanden hat.
60 
aa) Der Wortlaut des Flyers enthält eine solche Einschränkung nicht, vielmehr ist dort ausgeführt „Sie können Ihre Sparraten ständig ändern“. Entgegen der Auffassung der Berufung lässt auch das Verhalten der Beklagten nach Vertragsschluss nicht darauf schließen, dass diese im Zeitpunkt des Vertragsschlusses davon ausgegangen ist, ihr stünde eine freie Entscheidung hinsichtlich der Änderung der Sparraten zu. Bei der Auslegung einer Willenserklärung sind nur solche Umstände zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung erkennbar waren. Aus Umständen, die erst nach Zugang der Erklärung zutage treten, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Empfänger diese Erklärung in einem anderen als in dem zum Zeitpunkt des Zugangs erkennbaren Sinn verstehen musste. Zwar kann bei der Auslegung eines Rechtsgeschäfts auch das nachträgliche Verhalten der Partei berücksichtigt werden. Dies gilt aber nur in dem Sinne, dass spätere Vorgänge Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der am Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen können (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2006 - VII ZR 166/05 BGHR BGB § 133 Auslegungsgrundsätze 20). Diese Bedeutung hat die erst seit Herbst 2012 seitens der Beklagten gemachte Aussage nicht. Bereits wegen des langen zeitlichen Abstands zwischen Vertragsschluss und dem Änderungsverlangen sowie der zwischenzeitlichen Entwicklung des Zinsniveaus kommt ein Rückschluss auf ein vom Wortlaut der Klausel abweichendes Verständnis der Beklagten nicht in Betracht. Das Gegenteil ist der Fall. Erst Recht kann den Äußerungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, über 16 Jahre nach dem Vertragsschluss, nicht entnommen werden, er sei bei Vertragsschluss davon ausgegangen, der Beklagten stünde bezüglich der Änderung der Sparraten im vorgegebenen Rahmen ein Entscheidungsspielraum zu. Die bejahende Antwort auf die Frage, ob er von einer Zustimmungsbedürftigkeit durch die Sparkasse ausgegangen sei, lässt nicht den Schluss zu, das Recht sei nicht vereinbart worden.
61 
bb) An einem vom Wortlaut des Flyers abweichenden übereinstimmenden Verständnis der Möglichkeit der Ratenänderung in Form eines im Belieben der Beklagten stehenden Zustimmungserfordernis fehlt es auch deshalb, weil die Beklagte, wie die erste Instanz zutreffend ausführt (LGU 24 letzter Abs.), selbst davon ausgegangen ist, der Sparer könne die Raten im vorgegebenen Rahmen jederzeit ändern. So wurden die Verträge gelebt. Erst durch die Entscheidung des Vorstands, mithin lange nach Vertragsschluss, wurde davon seitens der Beklagten einseitig Abstand genommen.
62 
II. Soweit die Berufung die widerklageweise gestellten Klageanträge weiterverfolgt, bliebt sie gleichfalls erfolglos. Die Widerklagen der Beklagten sind zwar zulässig, aber unbegründet.
63 
1. a) Gegen die Zulässigkeit der Widerklagen, die vom Senat vorrangig von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 25. Januar 2012 - XII ZR 139/09 NJW 2012, 1209), bestehen, soweit sie einen Leistungsantrag enthalten oder auf eine Feststellung gerichtet sind, keine durchgreifenden Bedenken. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, insoweit die Zulässigkeit der Widerklagen bejaht.
64 
b) Gleichfalls sind die in der Berufungsinstanz vom Berufungsführer hinsichtlich der unter IV. des Antrags vorgenommenen Änderungen und Erweiterungen zulässig. Dabei kann es dahin stehen, ob die Modifikationen der Bestimmung des § 263 ZPO oder, was näher liegt, jener des § 264 BGB unterfallen, weil unter den gegebenen Voraussetzungen § 533 ZPO einer Klageänderung nicht entgegenstünde. Der Senat legt bereits die hilfsweise in erster Instanz erhobenen Widerklagen dahingehend aus, dass sie jeweils auf die Annahme eines von der Beklagten formulierten Vertragsangebots, das sich dem Antrag noch mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen lässt, gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2006 - V ZR 97/05 WM 2006, 1499). Das wird in dem jeweiligen Antrag dadurch zum Ausdruck gebracht, eine Vertragsanpassung solle ab Rechtskraft des Urteils gemäß § 313 BGB stattfinden, was mit der Bestimmung des § 894 ZPO, welche die Fiktion von Willenserklärungen regelt, in Einklang steht. Die Anträge sind nach ihrer Formulierung nicht auf Leistung(en) gerichtet, die sich aus den von der Beklagten als angemessen erachteten Vertragsanpassungen ergeben, sondern auf die Anpassung des Vertrages selbst. Dem entsprechen die jetzt unter IV. 1. - 3. gestellten Anträge, die mit der Umschreibung „einzuwilligen“ auf die Annahme der jeweils von der Beklagten formulierten Vertragsangebote gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2006 - V ZR 97/05 BGHReport 2006, 1073).
65 
c) Ob die mit den Anträgen auf Annahme der von der Beklagten formulierten Vertragsangebote als Leistungsbegehren korrespondierenden Feststellungsanträge mangels ausreichender Darlegung des Feststellungsinteresses bereits unzulässig sind, kann dagegen dahinstehen, weil die auf positive Feststellung gerichteten Widerklagen jedenfalls unbegründet sind (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2012 - V ZR 83/11 WuM 2012, 399; BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12 WM 2014, 1621).
66 
2. Soweit die Berufung sich gegen die Aberkennung des geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs in Höhe von 4.620,95 EUR wegen überzahlter Zinsen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt, BGB wendet (Antrag Ziff. III), muss ihr der Erfolg versagt bleiben.
67 
Dabei kann es dahinstehen, ob die Widerklage auf Rückzahlung der angeblich zu viel berechneten Habenzinsen bereits deshalb unbegründet ist, weil die Kläger die Zinsen nicht erhalten haben. Eine Auszahlung der Zinsen hat die Beklagte nicht behauptet und ist aus dem vorgelegten Sparbuch nicht ersichtlich. Gutschriften auf einem Sparbuch haben rein deklaratorische Wirkung (vgl. BGHZ 64, 278, 283; OLG Hamm, Urteil vom 2. November 1998 - 31 U 67/98; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 13 Rdnr. 8; Staudinger/Marburger [2015] BGB § 808, Rn. 12; Klaas/Osterle, EWiR 1999, 313, 314). Sie unterscheiden sich von Gutschriften auf Girokonten, die ein abstraktes Schuldanerkenntnis der Bank darstellen (Schimansky/Bunte/Lwowski/Mayen, aaO, § 47 Rdnr. 52 ff.). Aus der Buchung im Sparbuch entsteht noch kein Vermögensvorteil des Sparers. Das Sparbuch ist gemäß § 808 BGB ein qualifiziertes Legitimationspapier, mithin ein deklaratorisches Wertpapier (Staudinger/Marburger aaO). Es verpflichtet das Kreditinstitut nicht zu einer Auszahlung über den materiell-rechtlichen, also vertraglich begründeten Anspruch hinaus (vgl. BGHZ aaO). Deshalb können fehlerhafte Buchungen durch einfache Stornobuchungen berichtigt werden (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 2. November 1998 - 31 U 67/98; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 13 Rn. 8; Klaas/Osterle, EWiR 1999, 313, 314).
68 
Die Parteien haben jedenfalls nicht vereinbart, dass sich die Erhöhung der Verzinsung nach dem Zeitpunkt der Einzahlung, sondern nach jenem des Vertragsschlusses richtet.
69 
a) Gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB besteht ein Bereicherungsanspruch, wenn es für die Leistung an einem Rechtsgrund fehlt. Das ist nicht der Fall. Der Rechtsgrund für die nach Auffassung der Beklagten ungerechtfertigt geleisteten Zinszahlungen findet sich in der in den Vertrag einbezogen Abrede über die Verzinsung der Spareinlage. Nach der im Sparbuch eingeklebten maßgebenden Vereinbarung heißt es unter 3. „......... Zusätzlich zahlt die Sparkasse einen Zusatzzins (Bonus). Dieser beträgt im“. Es folgt eine Tabelle, deren Spalten mit „Einzahlungsjahr“ und „%“ überschrieben sind. Die Zeilen sind mit den für die Jahre und Prozentsätze maßgebenden Zahlen („1 und 2“, „3 und 4“ bis 23 und 25“ sowie „-“und „0,5“ bis „3,50“) versehen.
70 
b) Der Inhalt dieser Abrede ist durch Auslegung zu ermitteln. Danach hat die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen und damit auch der hier in Rede stehenden Vertragsbedingungen nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der beteiligten Verkehrskreise ausgerichtet sein muss, so dass es grundsätzlich auf das Verständnis der Sparkunden in ihrer Gesamtheit und nicht nur auf das Verständnis der am vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien ankommt (vgl. statt aller BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11 BGHR BGB § 307 Abs. Satz 1 Erbnachweisklausel 1).
71 
c) Die Parteien haben eine gestufte Erhöhung der Verzinsung für die jeweilige Einzahlung vereinbart, wobei maßgebend für die Stufung nicht der Zeitpunkt der Einzahlung, sondern jener des Vertragsschlusses ist.
72 
aa) Zu Recht führt das Landgericht aus, die auf dem im Sparbuch angebrachten Aufkleber gewählte Formulierung „im Einzahlungsjahr“ könne den Schluss zu lassen, für die Höhe der Verzinsung der Sparrate sei der Zeitpunkt der Einzahlung und nicht jener des Vertragsschlusses maßgebend. Das hätte zur Folge, dass lediglich die in den ersten fünf Vertragsjahren eingezahlten Raten den gestaffelten Höchstzinssatz innerhalb der vereinbarten festen Laufzeit von 25 Jahren erreichen könnten.
73 
Der Wortlaut lässt aber auch den gegenteiligen Schluss zu. Danach wäre die Verzinsung der Raten so vorzunehmen, wie sie von der Beklagten auch tatsächlich durchgeführt wurde.
74 
bb) Ein der objektiven Auslegung vorgehendes abweichendes Verständnis der Parteien von der Regelung (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07 WM 2008, 1350) bei Vertragsschluss liegt nicht vor.
75 
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach objektiven Maßstäben auszulegen, wie die an solchen Geschäften typischerweise beteiligten Verkehrskreise sie verstehen können und müssen. Dies schließt es aus, ein davon abweichendes Verständnis nur einer der Vertragsparteien zum Maßstab der Auslegung zu machen. Soweit die Parteien den Inhalt ihrer Vereinbarungen aber übereinstimmend abweichend vom objektiven Sinngehalt einer Klausel, die in einbezogenen Geschäftsbedingungen enthalten ist, verstanden haben, ist anerkanntermaßen von der gemeinsamen Auffassung der Parteien auszugehen. Nicht nur bei der Auslegung von Individualvereinbarungen, sondern auch von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geht der übereinstimmende Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Deutung vor (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07 WM 2008, 1350). Dafür bestehen, wovon das Landgericht zutreffend ausgeht, keine Anhaltspunkte.
76 
cc) Gleichfalls lässt sich aus der gegensätzlichen Interessenlage der Kläger einerseits und der Beklagten anderseits keine Schlussfolgerung für die Verzinsung der einzelnen Raten ableiten. Der Beklagten kommt es darauf an, mit dem Geld zu arbeiten und eine geringe Vergütung für die Kapitalüberlassung zu zahlen. Die Sparer sind an einer hohen Rendite interessiert.
77 
dd) Doch ergibt sich die Maßgeblichkeit des Vertragsschlusses für die Stufung der Verzinsung aus Folgendem:
78 
(1) Nach dem Wortlaut der die Vertragsbedingungen wiedergebenden Aufkleber im Sparbuch (Anlage K2) betrifft die Zinsstaffelung in Ziff. 3 allgemein das Sparguthaben.
79 
(2) Zu Recht hebt das Landgericht darauf ab, dass im Falle einer nach dem Zeitpunkt der Einzahlung gestuften unterschiedlichen Verzinsung der einzelnen Raten wenn nicht unklar, so doch schwer zu ermitteln sei, auf welche Sparrate die jeweiligen Abhebungen verrechnet werden sollen, wenn hierzu bei der Abhebung keine Erklärungen abgegeben werden. Darüber hinaus wäre eine durchzuführende Verzinsung, wie sie von der Beklagten im Gegensatz zur jahrelangen Handhabung nun im Verfahren vertreten wird, mit erheblichem Aufwand verbunden.
80 
(3) Nach Ziff. 4 des Aufklebers gilt „nach Ablauf der in Ziff. 1 genannten Einzahlungszeit“ wieder der allgemeine Zinssatz für „Guthaben“. Diese Formulierung ist mit der Interpretation der Beklagten, jede Jahreseinzahlung habe eine eigene 25-jährige Zinsstaffel, nicht vereinbar. Die 25 Einzahlungsjahre in der Tabelle in Ziff. 3 korrespondieren mit der in Ziff. 1 festgelegten 25-jährigen Einzahlungszeit. Das ergibt sich auch aus dem Flyer (dort Ziff. 1), wonach zusätzlich zur variablen Grundverzinsung feste „laufzeitabhängige Zusatzzinsen“ gezahlt werden.
81 
(4) Oberhalb der grafischen Darstellung der Zinsentwicklung im Flyer, den die Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses verwendet hat, wird der Gesamtbetrag von Einzahlungen und Zinsen (65.315,68 DM) auf der Grundlage des Beispiels einer variablen Grundverzinsung von 3% mit regelmäßiger Einzahlung von 100 DM ausgewiesen. Dieser Betrag wird exakt nur erreicht, wenn die Bonuszinsen in Abhängigkeit der Vertragslaufzeit erhöht werden.
82 
(5) Dem entsprechend hat die Beklagte selbst in der Vergangenheit die Bonuszinsen in Abhängigkeit der Laufzeit des Vertrages und nicht des Zeitpunktes der jeweiligen Jahreseinzahlungen berechnet, was die Berufung einräumt (Berufungsbegründung S. 29).
83 
ee) Aber selbst wenn, wie nicht, die Auslegung der Bestimmung über die stufenweise Erhöhung der Verzinsung auch die von der Beklagten im Prozess vertretene Auffassung stützen könnte, führte das zu keinem anderen Ergebnis. Nach § 305 c Abs. 2 BGB, § 5 AGB a.F. gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Danach wäre die Bestimmung über die Verzinsung so anzuwenden, wie die Beklagte sie im Vorfeld des Prozesses gehandhabt hat und wie die Kläger, das Landgericht und der Senat sie verstehen. Dieses Verständnis der Verzinsungsregelung ist für die Beklagte ungünstiger und für den Vertragspartner des Verwenders, die Kläger, günstiger. § 305c Abs. 2 BGB (bzw. § 5 AGB a.F.) führt nicht zwingend zu einer einengenden Auslegung einer Klausel. Die Vorschrift kann insbesondere dann, wenn dem Vertragspartner des Verwenders Rechte gewährt werden, die ihm nach dispositivem Gesetzesrecht nicht zustehen, zu einer ausdehnenden Auslegung führen (Staudinger/Schlosser BGB [2013] § 305c Rdnr. 121 m.w.N.). Ein solcher Fall läge hier vor. Die vereinbarte Zinsregelung weicht von dispositivem Gesetzesrecht ab. Nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 608 a.F. BGB ist der vereinbarte Zins geschuldet. Auch wenn eine Vermutung hinsichtlich der Vereinbarung einer Zinspflicht besteht (BGH, Urteil vom 24. Februar 1983 - III ZR 121/82 WM 1983, 447; Staudinger/Freitag BGB [2015] § 488 Rdnr. 275), ist eine Vereinbarung erforderlich und lassen die gesetzlichen Regelungen keinen Rückschluss auf den Inhalt einer solchen Verpflichtung zu (BGH aaO).
84 
3. Die auf Einwilligung in die Aufhebung des Vertrages gerichtete Widerklage (Antrag Ziff. IV.1 sowie erster Hilfsantrag nach Ziff. IV.3) ist unbegründet.
85 
a) Ein Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (c.i.c., entsprechend §§ 311 Abs. 2, 249 BGB) wegen Verschweigens der Absicht, in einer Niedrigzinsphase die Sparraten zu erhöhen, ist nicht ersichtlich. Allerdings bestünde hier wegen einer arglistigen Täuschung außer der Anfechtungsmöglichkeit auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens beim Vertragsschluss, weil der Beklagten - nach ihrem Vorbringen - durch den Vertragsschluss ein Schaden entstanden sei (vgl. statt aller BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 281/06 NZM 2008, 379; BGH, Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 221/10 NJW 2011, 2785; BGH, Urteil vom 7. Februar 2013 - IX ZR 138/11 WM 2013, 942). Die Verletzung einer Aufklärungsverpflichtung durch die Kläger ist jedoch fernliegend. Die vorvertraglichen Pflichten von Verhandlungspartnern, aufgrund deren sie einander eine zumutbare Rücksichtnahme auf ihre berechtigten Belange schulden, sind gerechtfertigt durch das vertragsähnliche Vertrauensverhältnis, das durch den Eintritt in Verhandlungen begründet wird (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - I ZR 139/92 BGHR vor § 1/Verschulden bei Vertragsschluss Aufklärungspflicht 78). Bei Verhandlungen über den Abschluss eines Vertrages besteht regelmäßig die Verpflichtung, den anderen Teil über alle Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck gefährden und für die Entschließung des Partners von wesentlicher Bedeutung sein können (BGHZ 71, 386, 396). Hierzu gehört nicht die Absicht, von den vertraglich eingeräumten Rechten auch Gebrauch zu machen, weil eine Gefährdung des Vertragszwecks nicht vorliegt, dieser vielmehr erreicht wird.
86 
b) Gleichfalls besteht kein Schadensersatzanspruch wegen einer bei Vertragsschluss verschwiegenen Absicht, das Sparkonto als Tagesgeldkonto/Zahlungsverkehrskonto zu nutzen.
87 
aa) Es ist nicht einmal ansatzweise ersichtlich, inwiefern die Vertragspartner der Beklagten gegen ihre Verpflichtungen aus dem Sparvertrag verstoßen oder rechtswidrig Gebrauch von ihrem Verfügungsrecht gemacht haben sollten. Die Kläger haben, wie das Landgericht zutreffend ausführt, von der ihnen vertraglich über den Flyer von der Beklagten eingeräumten Möglichkeit Abhebungen vorzunehmen, in dem dort vorgesehenen Umfang Gebrauch gemacht. Soweit die Kläger Abhebungen über den Betrag von 3.000 DM bzw. 1.500 EUR getätigt haben, erfolgte dies jeweils mit Zustimmung der Beklagten, der hierfür eine Vorfälligkeitsentschädigung zustand.
88 
bb) Die Erheblichkeit des von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhoben Einwands, die von ihr beworbenen, angebotenen und abgeschlossenen S.-Sparverträge verstießen sowohl gegen ihre weiteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch gegen § 21 Abs. 4 RechKredV, weil der Vertrag befristet sei, erschließt sich nicht.
89 
Die Beklagte macht offensichtlich und zu Recht nicht geltend, es liege ein Fall des § 134 BGB, mithin ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vor, mit der Folge der Unwirksamkeit des Vertrages. Die Beklagte scheint vielmehr von einer vertraglichen Verpflichtung zur Vereinbarung der Aufhebung des Vertrages auszugehen. Dem bleibt der Erfolg versagt.
90 
Es ist bereits nicht ersichtlich, woraus die Beklagte eine Verpflichtung ihrer Kunden zur Vertragsaufhebung herleiten will. Dass eine hinsichtlich eines konkreten Vertrages vereinbarte Befristung sonstigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorginge, was aus der Auslegung der Bestimmungen folgt, ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Begründung. Gleichfalls ist es nach der Liberalisierung des Sparverkehrs aufgrund der 4. KWG-Novelle vom 21. Dezember 1992, die am 1. Januar 1993 in Kraft trat, ohne weiteres möglich, zivilrechtlich Einlagen, die nicht den Anforderungen des § 21 Abs. 4 RechKredV entsprechen, gleichwohl als Spareinlagen oder unter ähnlicher Bezeichnung anzubieten (Schürmann in Schimansky/Bunte/Lwowski aaO § 70 Rdnr. 10; vgl. Servatius in Langenbucher/Bliesener/Spindler Bankrechtkommentar 1. Aufl. § 35 Rdnr. 230; Kaiser WM 1996, 141, 141). Weiter ist der Sparvertrag nicht befristet. Bei der Befristung eines Vertragsverhältnisses handelt es sich um einen eigenständigen Beendigungstatbestand. Der Sparvertrag ist jedoch durch den Ablauf der vereinbarten Einzahlungszeit von 25 Jahren nicht beendet, sondern wird fortgesetzt.
91 
cc) Ebenfalls liegen die Ausführungen der Beklagten, die Kläger hätten das Sparkonto als Zahlungsverkehrskonto missbraucht, neben der Sache. Zwar trifft es zu, dass nach § 21 Abs. 4 Satz 1 RechKredV Spareinlagen nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt sind. Doch unabhängig von der fehlenden unmittelbaren Erheblichkeit der Bestimmung für die zivilrechtliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, ob und wie mittels des für die Sparer eingerichteten Kontos Zahlungsvorgänge zwischen Wirtschaftssubjekten abgewickelt worden sein sollen, wie das Landgericht zutreffend darlegt und im einzelnen ausführt (LGU 33 f.). Darüber hinaus haben die Kläger nur von den ihnen von der Beklagten eingeräumten Möglichkeiten der Verfügung über einzelne Geldbeträge Gebrauch gemacht.
92 
Allein die grafische Darstellung der Entwicklung der Sparleistung und der Zinsen der Sparkasse im Flyer, die mit „Gewinn und Guthaben steigen stetig“ unterschrieben ist, beinhaltet vom objektiven Erklärungswert nicht den Inhalt, es bestehe keine Möglichkeit, über einen Teil des Gesparten zu verfügen, wie sie dem Kunden durch die Formulierung in dem hier maßgeblichen Flyer, die sich neben der Grafik befindet, ausdrücklich eingeräumt wird. Die Grafik stellt lediglich den Verlauf der Entwicklung des Sparguthabens für den Fall dar, dass während der vereinbarten Laufzeit des Vertrage keine Verfügungen über den gesparten Betrag stattfinden, macht aber nicht zur Voraussetzung des Vertragsschlusses, dass keine Verfügungen über das Guthaben während der Laufzeit erfolgen.
93 
c) Ein angeblich in dem Verlangen nach Erhöhung der Sparrate auf 2.500 EUR liegendes rechtsmissbräuchliches Verhalten unterläge, wie jedes Gebrauchmachen von einer vertraglich wirksam eingeräumten Rechtsposition, jedenfalls zunächst einer Ausübungskontrolle (§ 242 BGB; BGH, Beschluss v. 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 NJW 2005, 139), was die erste Instanz zutreffend ausführt. Die Folgen einer unterstellten schuldhaften Pflichtverletzung während der Laufzeit des Vertrages wären auch anhand der Differenzhypothese zu beurteilen (BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12 BGHR BGB § 249 Abs. 1 Schadensersatz 1). Der gegebenenfalls zu ersetzende Schaden ist durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen Vermögenslage zu ermitteln, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 - IX ZR 167/13 WM 2015, 790). Hieraus ließe sich gleichfalls kein Anspruch auf Vertragsaufhebung herleiten.
94 
d) Die Beklagte stützt ihren Anspruch auf Einwilligung in die Vertragsaufhebung zu Recht nicht auf die Kündigungsrechte, die sich aus § 490 Abs. 3, §§ 313, 314 BGB oder aus § 700 Abs. 1, § 489 Abs. 1, 2 BGB, jeweils i.V.m. Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB, ergeben könnten. Eine Kündigung hat sie nicht erklärt und will dieses einseitige Gestaltungsrecht offenbar auch nicht ausüben. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB, wie noch im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Vertragsanpassung auszuführen ist, nicht vor.
95 
4. Die auf Anpassung der bestehenden Sparverträge auf andere Sparformen gerichtete Widerklage (Anträge Ziff. IV.2, 3, sowie zweiter und dritter Hilfsantrag nach Ziff. IV.3) ist unbegründet. Ein Anspruch auf Vertragsanpassung gem. § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 1 BGB besteht nicht. Die zutreffenden Feststellungen des Landgerichts (LGU 35 f.), denen der Senat folgt, vermögen den Schluss, die Anpassung des Vertrages sei unabweisbar, weil es ansonsten zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Folgen komme, nicht zu tragen.
96 
a) Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09 juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10 WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Das ist nicht der Fall.
97 
b) Dagegen, dass das Landgericht die Frage, ob eine schwerwiegende Veränderung der Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss stattgefunden habe, offen lässt, bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Allein die schwerwiegende Veränderung der Vertragsgrundlage rechtfertigt noch nicht das Verlangen nach einer Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Vielmehr muss als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass der durch die Änderung der Verhältnisse belasteten Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist deshalb insbesondere dann kein Raum, wenn nach der vertraglichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung beruft (vgl. statt aller BGH Urteil vom 6. Oktober 2003 II ZR 63/02 FamRZ 2004, 94; BGHZ 74, 370, 373). Danach scheidet eine Anpassung des Vertrages aus, weil die Beklagte das Risiko einer Zinsentwicklung zu ihrem Nachteil bewusst übernommen hat. Das belegt die von ihr stammende Vertragsgestaltung. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12 NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten, Gebrauch zu machen.
98 
Die Beklagte hat zudem keine Beeinträchtigung durch die Entwicklung des Marktzinsniveaus dargelegt. Das gegenwärtige niedrige Zinsniveau war im Gegenteil ein Risiko der Sparer, die an einer möglichst hohen Verzinsung interessiert sind, während die Beklagte von niedrigen variablen Zinssätzen profitiert. Mit der Vereinbarung einer festen Bonuszinsstaffel war der Beklagten bereits bei Vertragsschluss bekannt, dass sie je nach Laufzeit immer eine feste Marge oberhalb der sich an den Marktzinssätzen orientierenden variablen Grundverzinsung zahlen musste. Daran hat sich durch die aktuelle Zinsentwicklung und die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nichts geändert.
99 
c) Auch ansonsten kommt eine Vertragsanpassung nicht in Betracht.
100 
aa) Die von der Beklagten in der Sitzung vor dem Senat insoweit herangezogene Bestimmung des § 242 BGB vermag keine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Allerdings gebieten nach allgemeinen Grundsätzen Treu und Glauben, dass die Parteien eines Schuldverhältnisses je nach dessen Inhalt auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen haben. Jedoch muss eine Vertragspartei keine allgemeine Interessenverfolgung zu Gunsten der anderen betreiben, weil die Parteien häufig gegenläufige Interessen haben. Deshalb sind sie nicht verpflichtet, gleich- oder höherrangige Interessen hinter die des anderen Teils zurückzustellen. Nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigen eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung. Eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist vielmehr erst dann als missbräuchlich und unzulässig anzusehen, wenn dem anderen Vertragsteil ein Festhalten an den vertraglichen Vereinbarungen unzumutbar ist. Unzumutbarkeit setzt in der Regel voraus, dass das Festhalten am Vertrag für den betroffenen Vertragspartner zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 - XI ZR 193/14 NJW 2015, 2328; - XI ZR 47/14).
101 
bb) Nach diesen Maßgaben kann, wie bereits mehrfach ausgeführt, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Kläger nicht bejaht werden. Die Beklagte hat die Tragung des sich verwirklichten Risikos vertraglich übernommen, obwohl es ihr möglich gewesen wäre, jenes - aus ihrer Sicht - angemessen(er) abzusichern. Gleichfalls fehlt es an einem hinreichenden Vorbringen zu einer schwerwiegenden Bedrohung essenzieller Interessen der Beklagten, wie zum Beispiel deren wirtschaftliche Existenz.
102 
III. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Anders als im Parallelfall 9 U 31/15 ist die Frage des Bestehens eines Kündigungsrechts gem. § 700 Abs. 1, § 489 Abs. 1, 2 BGB im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Weder hat die Beklagte eine Kündigung erklärt noch liegt diesbezüglich eine negative Feststellungsklage vor.
103 
Dagegen kommt eine Zulassung der Revision hinsichtlich der weiteren sich im Rahmen des Rechtsstreits stellenden Fragen nicht in Betracht. Insbesondere hat die Frage der Einbeziehung von Angaben aus dem Werbeflyer der Beklagten in die vertragliche Vereinbarung der Parteien keine grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dass Werbeaussagen bei der Auslegung von bei Vertragsabschluss abgegebenen Willenserklärungen zu berücksichtigen sein können, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls hinreichend geklärt (vgl. BGHZ 52, 337 ff.; BGHZ 179, 319, 323 ff.) und folgt auch aus gesetzlichen Bestimmungen (z.B. § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB). Die von der Beklagten geltend gemachte Abweichung zu der Entscheidung des AG München (Urteil vom 9. Februar 2011 - 261 C 25225/10) ist unbeachtlich, weil die Entscheidung eines nachrangigen Gerichts keine Divergenz zu begründen vermag (BGHZ 154, 288, 292; BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - IX ZB 147/05). Die Möglichkeit, dass es dem Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwehrt sein kann, sich auf deren fehlende Einbeziehung zu berufen, weil er diese vereitelt hat, ist anerkannt (BGH, Urteil vom 8. Juli 1999 - VII ZR 237/98 aaO). Die insoweit nach Treu und Glauben maßgebenden Umstände sind solche des Einzelfalls. Jedenfalls hinreichend geklärt sind weiter der Anwendungsbereich des nun in § 311 Abs. 2 BGB kodifizierten Rechtsinstituts des Verschuldens bei Vertragsschluss sowie die Reichweite der Bestimmungen des § 313 BGB.
104 
IV. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Sept. 2015 - 9 U 48/15

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Sept. 2015 - 9 U 48/15

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Sept. 2015 - 9 U 48/15 zitiert 32 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Gesetz über das Kreditwesen


Kreditwesengesetz - KWG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse


(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. (2) Ein Schuldverhä

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 434 Sachmangel


(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht. (2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag


(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 263 Klageänderung


Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 894 Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung


Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 489 Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers


(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,1.wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 490 Außerordentliches Kündigungsrecht


(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 443 Garantie


(1) Geht der Verkäufer, der Hersteller oder ein sonstiger Dritter in einer Erklärung oder einschlägigen Werbung, die vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbar war, zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung insbesondere die Verpflichtung ei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 808 Namenspapiere mit Inhaberklausel


(1) Wird eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, dass die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befrei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 700 Unregelmäßiger Verwahrungsvertrag


(1) Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvert

Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung - RechKredV | § 21 Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten (Nr. 1), Verbindlichkeiten gegenüber Kunden (Nr. 2)


(1) Als Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sind alle Arten von Verbindlichkeiten aus Bankgeschäften sowie alle Verbindlichkeiten von Finanzdienstleistungsinstituten oder Wertpapierinstituten gegenüber in- und ausländischen Kreditinstituten

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 264 Verzug des Wahlberechtigten


(1) Nimmt der wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht vor dem Beginn der Zwangsvollstreckung vor, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder auf die andere Leistung richten; der Schuldner kann sich jedoch, solan

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Sept. 2015 - 9 U 48/15 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Sept. 2015 - 9 U 48/15 zitiert 11 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Feb. 2012 - V ZR 83/11

bei uns veröffentlicht am 03.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 83/11 Verkündet am: 3. Februar 2012 Langendörfer-Kunz, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtsh

Bundesgerichtshof Urteil, 21. März 2006 - VI ZR 77/05

bei uns veröffentlicht am 21.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 77/05 Verkündet am: 21. März 2006 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Mai 2006 - V ZR 97/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 97/05 Verkündet am: 12. Mai 2006 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Apr. 2008 - IX ZB 147/05

bei uns veröffentlicht am 17.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 147/05 vom 17. April 2008 in dem Insolvenzverfahren Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann und die Richter Dr.

Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2010 - VIII ZR 235/09

bei uns veröffentlicht am 24.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 235/09 Verkündet am: 24. März 2010 Freitag, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshof

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Okt. 2003 - II ZR 63/02

bei uns veröffentlicht am 06.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 63/02 Verkündet am: 6. Oktober 2003 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Oberlandesgericht Hamm Urteil, 16. Sept. 2016 - 9 U 163/15

bei uns veröffentlicht am 16.09.2016

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.07.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Dieses und das angefochtene Urt

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2015 - XI ZR 47/14

bei uns veröffentlicht am 24.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X I Z R 4 7 / 1 4 Verkündet am: 24. Februar 2015 Herrwerth, Justizangstellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesg

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Feb. 2015 - VIII ZR 154/14

bei uns veröffentlicht am 04.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 154/14 Verkündet am: 4. Februar 2015 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2014 - VIII ZR 79/14

bei uns veröffentlicht am 19.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 79/14 Verkündet am: 19. November 2014 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Landgericht Arnsberg Urteil, 30. Okt. 2014 - 4 O 378/13

bei uns veröffentlicht am 30.10.2014

Tenor Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. 1Tatbestand 2Die Parteien streiten über Honoraransprüche der Klägerin aus einem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag zur ganzheitlichen Energieoptimierung. 3Die Klägerin ist als Energieberater
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Sept. 2015 - 9 U 48/15.

Oberlandesgericht Köln Beschluss, 15. Feb. 2016 - 13 U 151/15

bei uns veröffentlicht am 15.02.2016

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 20.08.2015 (1 O 119/15) wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das angefochtene Urteil und dieser Beschl

Referenzen

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Tenor

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.


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Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.07.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 77/05 Verkündet am:
21. März 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Feststellungsinteresse nach übereinstimmender Erledigungserklärung.
BGH, Urteil vom 21. März 2006 - VI ZR 77/05 - AG Leipzig
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 23. März 2005 wird - soweit der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt ist - zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug trägt die Beklagte. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 44 % und die Beklagte 56 %.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrte von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Schädigers Erstattung der Kosten für ein Sachverständigengutachten, das er nach einem Verkehrsunfall eingeholt hat. Die uneingeschränkte Haftung der Beklagten für die entstandenen Schäden war unstreitig.
2
Der Kläger beauftragte das Sachverständigenbüro S. & A. in L. mit der Begutachtung seines beschädigten Fahrzeugs. Grundlage der Honorarvereinbarung war eine Gebührentabelle des Sachverständigenbüros, die das Honorar in Abhängigkeit von der Brutto-Schadenshöhe zzgl. Wertminderung beziehungsweise im Falle eines Totalschadens in Abhängigkeit vom BruttoWiederbeschaffungswert festlegte. Dem Kläger wurden insgesamt 652 € netto in Rechnung gestellt. Der Kläger hat die Honorarforderung insgesamt ausgeglichen. Die Beklagte verweigerte die Erstattung. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 335 € verurteilt. Hiergegen richtete sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrte. Die Beklagte hat im Revisionsrechtszug die gesamte Klageforderung einschließlich Zinsen an die Prozessbevollmächtigten des Klägers im II. Rechtszug bezahlt und erklärt, dass sie die angefallenen Gerichtskosten und die festsetzbaren Anwaltskosten des Klägers übernehme.
3
Der Kläger hat darauf im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt und die Feststellung beantragt, dass die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen sei. Die Beklagte hat ebenfalls den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, aber Verwerfung der Feststellungsklage beantragt.

Entscheidungsgründe:

4
Mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien hat die Rechtshängigkeit der Leistungsklage des Klägers geendet (vgl. BGH, BGHZ 106, 359, 366).
5
Eine Entscheidung über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist nicht erforderlich. Der Beklagten sind ohne weitere Sachprüfung die Kosten aufzuerlegen, die auf den erledigten Teil entfallen und die sie anerkannt hat (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 307 ZPO entsprechend; vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 1985 - II ZR 248/84 - JZ 1985, 853, 854; BAG, Beschluss vom 4. September 1987 - 8 AZR 487/80 - NJW 1988, 990; vom 11. September 2003 - 6 AZR 457/02 - NJW 2004, 533; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91 a Rdnr. 22; Musielak /Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 a Rdnr. 20; Saenger/Gierl, ZPO, § 91 a Rdnr. 46; MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 91 a Rdnr. 58; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 a Rdnr. 36 zu FN 125). Sie hat durch ihren Prozessbevollmächtigten erklärt, die Beklagte übernehme die angefallenen Gerichtskosten und die festsetzbaren Anwaltskosten des Klägers. Der bisherige Sach- und Streitstand ist daher für die Kostenentscheidung nicht mehr maßgebend.
6
Der Kläger hat seine Erledigungserklärung mit dem Antrag verbunden festzustellen, dass das Zahlungsverlangen bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war. Diese Feststellungsklage ist unzulässig.
7
Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob einer solchen Feststellungsklage verfahrensrechtliche Bedenken entgegenstehen (vgl. einerseits BGH, BGHZ 106, 359, 367; andererseits BGH, Urteil vom 19. März 1998 - I ZR 264/95 - WM 1998, 1699, 1701; Stein/Jonas/Bork, aaO, Rdnr. 27; Wes- termeier, Die Erledigung der Hauptsache im Deutschen Verfahrensrecht, 2005, S. 332).
8
Jedenfalls setzt ein solcher in Anwendung des § 264 Ziff. 2 ZPO allein auf Feststellung gerichteter Antrag ein rechtliches Interesse auf Seiten des Klägers voraus (§ 256 ZPO). Ein solches ist hier nicht ersichtlich. Auch wenn es sich aus einer günstigeren Kostenfolge ergeben können sollte (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1998 - I ZR 264/95 - aaO), besteht es infolge der Kostenübernahmeerklärung durch die Beklagte im vorliegenden Fall nicht mehr. Der Umstand , dass die Frage, inwieweit das Honorar eines Kfz-Sachverständigen dem Unfallgeschädigten vom Schädiger zu erstatten ist (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB), in zahlreichen gleichgelagerten Rechtsstreitigkeiten zwischen anderen Parteien von Interesse sein mag, begründet kein rechtliches Interesse des Klägers an einer alsbaldigen Feststellung. Es ist nicht dargetan und nicht ersichtlich, dass für den unfallgeschädigten Kläger des hier zu entscheidenden Rechtsstreits ein weiteres Mal eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte eine Erstattungspflicht bestreitet und diese Gefahr nur durch die beantragte Feststellung beseitigt werden könnte.
9
Soweit nach allem die Feststellungsklage als unzulässig abzuweisen ist, ist der Kläger mit den Kosten belastet wie bei einer nur teilweisen Erledigungserklärung (vgl. Stein/Jonas/Bork aaO Rdnr. 27 und 37). Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 a, 92, 97 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Leipzig, Entscheidung vom 27.10.2004 - 106 C 5485/04 -
LG Leipzig, Entscheidung vom 23.03.2005 - 1 S 7099/04 -

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 79/14 Verkündet am:
19. November 2014
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Berufungsbeschwer kann mit allen im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO zur Führung des
Vollbeweises zugelassenen Beweismitteln, soweit präsent, glaubhaft gemacht werden. Dazu
können auch die bloßen Erklärungen des Berufungsklägers bei seiner Anhörung vor dem
Tatrichter gehören, selbst wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt
sind.
Die Frage der Fälligkeit von ansonsten nach Grund und Höhe unstreitigen Ansprüchen, die
im Rahmen eines bestehenden Dauerschuldverhältnisses periodisch wiederkehren (hier Abschlagszahlungen
aus einem Einspeiseverhältnis nach dem EEG), kann den Gegenstand
eines gemäß § 256 ZPO feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses bilden.
BGB § 271; EEG 2012 § 16, § 35, § 66 Abs. 1 Nr. 6; EEG 2014 § 19, § 57, § 71, § 100
Abs. 1 Nr. 10
Die Fälligkeit des gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 bestehenden Anspruchs eines Anlagenbetreibers
gegen den Netzbetreiber auf Zahlung von Abschlägen auf die zu erwartende
Einspeisevergütung bestimmt sich nach § 271 BGB. Sie ist gegeben, wenn der Netzbetreiber
in der Lage ist, an Hand der gemessenen Einspeiseleistung die in etwa angefallene Einspeisevergütung
vorläufig zu berechnen und den sich danach ergebenden Betrag an den Anlagenbetreiber
auszuzahlen.
BGH, Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14 - OLG München
LG Kempten
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. November 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die
Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München - 14. Zivilsenat - vom 13. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin betreibt seit 2001 in L. eine Biogasanlage, mit der sie Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt. Sie speist den in der Anlage erzeugten Strom seither in das vorgelagerte Netz der Beklagten ein, mit deren Rechtsvorgängerin sie im Februar 2002 einen Einspeisevertrag geschlossen hatte. Auf die geschuldete Einspeisevergütung leistete die Beklagte über lange Zeit jeweils bis zum Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats monatliche Abschlagszahlungen, wobei sie die den Abschlägen zugrunde liegende Einspeisemenge jeweils per Fernauslesung erfasste. Seit Juli 2011 leistet sie - nach vorheriger Ankündigung - die Abschlagszahlungen erst zum Ende des jeweiligen Folgemonats. Nachdem die Parteien daraufhin kein Einvernehmen über eine Beibehaltung der bisherigen Zahlungspraxis hatten erzielen können, kündigte die Klägerin den Einspeisevertrag schließlich zum 31. Dezember 2012 und speist den von ihr erzeugten Strom seit dieser Zeit auf gesetzlicher Grundlage in das Netz der Beklagten ein.
2
Mit ihrer im August 2012 erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der von der Beklagten an sie für den Vormonat zu zahlende Vergütungsabschlag für die Einspeisung aus der Biogasanlage am Zehnten eines jeden Folgemonates - hilfsweise am 15. eines jeden Folgemonates - fällig und zahlbar sei. Das Landgericht hat die Klage mangels Feststellungsinteresses der Klägerin als unzulässig abgewiesen und den Streitwert auf 225 € festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht unter gleichzeitiger Festsetzung des Streitwerts für beide Instanzen auf 5.000 € das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und unter Abweisung der Klage im Übrigen festgestellt, dass der von der Beklagten an die Klägerin zu zahlende Vergütungsabschlag für Stromeinspeisungen, die ab dem 1. Januar 2013 erfolgt sind, am Zehnten des auf die Einspeisung jeweils folgenden Monats fällig und zahlbar seien. Mit der vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht (OLG München, REE 2014, 97) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
5
Die Berufung sei zulässig, da die gemäß §§ 3, 9 ZPO nach dem Klageinteresse zu bemessende Beschwer der Klägerin durch das klageabweisende erstinstanzliche Urteil auf 5.000 € zu schätzen und deshalb die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erreicht sei. Zwar seien die sich auf durch- schnittlich 21.500 € brutto im Monat belaufenden Abschlagszahlungenals solche nicht streitig. Gestritten werde vielmehr nur über den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit , so dass es sachgerecht sei, den Streitwert weitgehend anhand der Zinsbelastung zu bestimmen, welche die Klägerin aufgrund der nach ihrem Standpunkt zu späten Zahlung treffe. Ausgehend von ihren glaubhaften Angaben in der Berufungsverhandlung, wonach aufgrund von Überziehungen des Girokontos ca. 2.000 € Zinskosten pro Jahr entstünden, sei von einer Zinsbelastung von ca. 7.000 € innerhalb von dreieinhalb Jahren auszugehen, was mit Rücksicht auf das lediglich erhobene Feststellungsbegehren zu einer Beschwer von 5.000 € führe.
6
Die Fälligkeit von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses könne auch Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Die Fälligkeiten der einzelnen Zahlungsverpflichtungen seien jeweils als gegenwärtige Rechtsverhältnisse im Sinne des § 256 ZPO zu verstehen. Insoweit erschöpfe sich das Begehren der Klägerin nicht nur in der Klärung der Rechtsfrage der Fälligkeit der einzelnen Ansprüche. Bei sach- und interessengerechter Auslegung verlange die Klägerin vielmehr die Klärung der Frage, ab welchem Zeitpunkt hinsichtlich der dem Grunde nach unstreitigen einzelnen Zahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Einspeiseverhältnis jeweils ein Zahlungsanspruch der Klägerin bestehen werde. Bei diesen einzeln festzustellenden Schuldverhältnissen handele es sich um gegenwärtige Schuldverhältnisse, da sie aus einem bereits bestehenden Schuldverhältnis, nämlich einem vertraglichen Stromeinspeisungsverhältnis bis Ende 2012 und für die anschließende Zeit aus einem gesetzlichen Stromeinspeisungsverhältnis herrührten. Dies bilde eine ausreichende Grundlage für die Feststellung der gegenseitigen Rechte und Pflichten. Ein solches Ergebnis sei auch unter prozessökonomischen Gesichtspunkten und im Sinne effektiven Rechtsschutzes für die Klägerin geboten, da diese nicht auf Monat für Monat zu erhebende Leistungsklagen verwiesen werden könne. Denn solche Klagen würden sich jeweils kurzfristig durch die Zahlungen der Beklagten erledigen mit der Folge, dass die Klägerin, deren Interesse an verlässlicher pünktlicher Zahlung zur Planbarkeit ihrer eigenen Liquidität nicht zu verkennen sei, keine Entscheidung zur Fälligkeit der Abschläge erlangen könne, sondern faktisch von vornherein auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verwiesen würde.
7
Im Gegensatz zu dem auf die Stromeinspeisungen vor dem 1. Januar 2013 bezogenen Feststellungsbegehren habe die Klage für die anschließende Zeit Erfolg. Soweit die Klägerin sich dabei für eine Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung von Abschlägen auf § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 stütze, seien diese Abschlagszahlungen gemäß § 271 BGB sofort fällig, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben seien. Das EEG 2012 enthalte zwar keine Regelung zur Fälligkeit solcher Abschläge. Dem könne aber nicht entnommen werden, der Gesetzgeber habe eine von § 271 BGB, der für Schuldverhältnisse aller Art gelte, abweichende Regelung dahin treffen wollen, dass der Verteilnetzbetreiber den Leistungszeitpunkt entsprechend § 315 Abs. 1 BGB habe bestimmen und damit frei sein sollen, die Abschläge nach seiner Wahl an jedem Tag des Folgemonats zahlbar zu stellen. Eine hierfür erforderliche Zuweisung des Bestimmungsrechts an den Netzbetreiber sei weder § 16 EEG 2012 noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Die in den Materialien gegebene Erläuterung, dass die Abschläge in der Regel angemessen seien, wenn sie monatlich erfolgten und auf der geschätzten oder vorläufig berechneten Einspeisung basierten, spreche im Gegenteil sogar dafür, dass die Abschlagszahlungen im Voraus zu leisten sein sollten.
8
Nichts anderes folge daraus, dass nach dem Vorbringen der Beklagten die an den Einspeiser zu zahlende Vergütung für den Verteilnetzbetreiber nur ein Durchlaufposten sei und dieser nach der Konzeption des EEG nicht mit einer Zwischenfinanzierung der Abschlagszahlungen belastet werden dürfe. Dem Umstand, dass dieser gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 seinerseits einen Anspruch gegen den Übertragungsnetzbetreiber auf Abschlagszahlungen habe und aus Sicht der Beklagten von der (Zwischen-)Finanzierungslast habe freigehalten werden sollen, könne ohne Weiteres auch gemäß § 271 Abs. 1 BGB bei der aus den Umständen zu entnehmenden Bestimmung der Leistungszeit Rechnung getragen werden.
9
Auf der Grundlage des hier maßgeblichen § 271 Abs. 1 BGB seien die Abschlagszahlungen spätestens zum Zehnten des Folgemonates des jeweiligen Einspeisemonats fällig. Unabhängig davon, ob die Fälligkeit der Abschlagszahlungen eine Einspeisung und deren Erfassung voraussetze, lägen die Voraussetzungen der Abschlagszahlungen jeweils zum Monatsende vor, nachdem die Einspeisemengen per Fernauslesung von der Beklagten erfasst worden seien. Die Fälligkeit und Zahlung der Abschläge des Übertragungsnetzbetreibers an den Verteilernetzbetreiber habe dagegen auf die Fälligkeit der Abschlagszahlungen an den Anlagenbetreiber keinen Einfluss; zumindest könne dies nicht dazu führen, dass letztgenannte Fälligkeit über den Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats hinausgeschoben sei. Denn auch der nach § 35 Abs. 1, 3 EEG 2012 bestehende Anspruch der Beklagten auf Abschlagszahlung gegen den Übertragungsnetzbetreiber sei mangels anderweitiger Regelung im EEG gemäß § 271 Abs. 1 BGB spätestens mit Abschluss des Monats der Einspeisung fällig. Unabhängig hiervon könne die Beklagte den ihr gegen den Übertragungsnetzbetreiber zustehenden Anspruch auf Abschlagszahlungen ebenfalls durch Mitteilung die Einspeisemenge zum Monatsende fällig stellen, womit gewährleistet sei, dass es für sie nicht zu einer Zwischenfinanzierungslast komme.

II.

10
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
11
Das Berufungsgericht hat sowohl die Zulässigkeit der Berufung als auch die Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage zu Recht bejaht. Ebenso hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass die von der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3, § 66 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbaren Energien vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1634; im Folgenden EEG 2012) geschuldeten monatlichen Abschläge spätestens am Zehnten des der jeweiligen Stromeinspeisung nachfolgenden Monats fällig sind.
12
1. Zu Unrecht geht dieRevision davon aus, dass ihr Rechtsmittel schon deshalb begründet sei, weil das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten mangels Erreichung der nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Beschwer als unzulässig hätte verwerfen müssen. Dem vermag der Senat, der die Zulässigkeit der Berufung von Amts wegen zu prüfen hat, weil es anderenfalls an einem gültigen und rechtswirksamen Verfahren vor dem Revisionsgericht fehlen würde (Senatsurteile vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, NZM 2008, 78 Rn. 8; vom 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99, WM 2001, 45 unter II mwN), nicht zu folgen.
13
a) Nach § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegen- standes 600 € übersteigt (Nr. 1) oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat (Nr. 2). Da hier das Landgericht die Berufung nicht zugelassen hat, kommt es darauf an, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes den genannten Schwellenbetrag von 600 € übersteigt. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.
14
aa) Die Bemessung der Berufungsbeschwer steht gemäß §§ 2, 3 ZPO im freien Ermessen des Berufungsgerichts, das dabei nicht an den in erster Instanz festgesetzten Streitwert gebunden ist (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - VI ZB 1/11, VI ZVI ZB 2/11, NJW 2012, 2523 Rn. 10 mwN). Der vom Berufungsgericht angenommene Wert kann zudem von der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht, etwa weil es bei der Ausübung seines Ermessens die in Betracht zu ziehenden Umstände nicht umfassend berücksichtigt (BGH, Beschluss vom 31. März 2010 - XII ZB 130/09, NJWRR 2010, 1081 Rn. 10; BGH, Urteil vom 7. März 2001 - IV ZR 155/00, juris Rn. 5 mwN), die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BGH, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 168/13, juris Rn. 5; BGH, Urteile vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, aaO Rn. 9; vom 24. Juni 1999 - IX ZR 351/98, NJW 1999, 3050 unter III; vom 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92, BGHZ 124, 313, 314 f.). Ein solcher Ermessensfehlgebrauch , der bei zutreffender Ermessensausübung zu einer Wertbemessung unterhalb der Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geführt hätte, liegt indes nicht vor.
15
bb) Das Berufungsgerichthat rechtsfehlerfrei angenommen, dass für die Wertbemessung gemäß § 3 ZPO die Finanzierungskosten heranzuziehensind und dabei von dem durch § 9 ZPO vorgegebenen dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Zinsbelastung auszugehen ist.
16
(1) Das Berufungsgericht hat die Beschwer ausgehend von der Zinsbelastung bestimmt, welche die Klägerin aufgrund der späteren Zahlung der Abschläge durch die Beklagte zu tragen hat. Das ist richtig und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Denn die Beschwer bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der in der ersten Instanz unterlegenen Partei am Erfolg ihres Rechtsmittels (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2011 - V ZR 247/10, GE 2012, 558 Rn. 3; vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11, NJW-RR 2012, 130 Rn. 13; vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 88; jeweils mwN). Dieses Interesse wiederum wird durch den Umfang der prozessualen Rechtskraftwirkung bestimmt, die das Urteil haben würde, wenn es nicht angefochten werden könnte (BGH, Beschluss vom 21. April 1961 - V ZR 58/60, NJW 1961, 1466 unter II; vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - IV ZR 28/03, WM 2004, 2128 unter II 1).
17
Demzufolge bemisst sich der Umfang der Beschwer der Klägerin vorliegend (nur) nach dem wirtschaftlichen Nachteil, der ihr durch den nach ihrer Auffassung verspäteten Zufluss der Abschlagszahlungen erst gegen Ende des der Einspeisung folgenden Monats und der daraus jeweils für etwa zwei Drittel eines jeden Monats resultierenden Belastung mit Kreditzinsen entsteht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZR 36/95, WM 1995, 2060 unter [II] 1; vom 21. April 1961 - V ZR 58/60, aaO unter III; MünchKommZPO /Wöstmann, 4. Aufl., § 3 Rn. 70 mwN). Denn die Klägerin begehrt allein die Feststellung der Fälligkeit der Abschlagszahlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt , ohne dass darüber hinaus auch der Grund oder die Höhe einzelner Abschlagszahlungen im Streit stünden. Die von der Klägerin erstrebte und vom Landgericht versagte Sachentscheidung war daher wirtschaftlich nur auf die zur Vermeidung eines ständigen Anfalls von Zwischenzinsen erstrebte Feststellung einer bestimmten Fälligkeit der monatlichen Abschläge gerichtet.
18
(2) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht zur Bemessung der Beschwer § 9 ZPO herangezogen, der auch Verträge erfasst, die darauf gerichtet sind, auf Dauer bestimmte Energielieferungen erbringen und dafür Bezahlung verlangen zu können (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April 2010 - VIII ZB 91/09, WuM 2010, 437 Rn. 5 mwN). Dabei hat es unter Ansatz des dreieinhalbfachen Jahresbetrages rechtsfehlerfrei auch den Zeitraum nach der Beendigung des Einspeisevertrages in die Wertbemessung mit einbezogen. Denn anders als die Revision meint, ist - wie die Revisionserwiderung im Einzelnen belegt hat - das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass sich bereits das von der Klägerin im ersten Rechtszug erhobene Feststellungsbegehren nicht nur auf den Zeitraum der zwischen den Parteien vertraglich geregelten Stromeinspeisung beschränkt, sondern auch auf die anschließende Zeit des gesetzlichen Einspeiseverhältnisses (vgl. §§ 7, 100 Abs. 1 des Gesetzes über den Ausbau erneuerbarer Energien vom 21. Juli 2014 [BGBl. I S. 1066; im Folgenden : EEG 2014]) bis zum Erreichen der gesetzlichen Vergütungsdauer (§§ 22, 100 Abs. 1 EEG 2014; vgl. BT-Drucks. 18/1891, S. 219) erstreckt hat. Die Klägerin ist deshalb auch insoweit durch die erstinstanzliche Klageabweisung beschwert.
19
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch sonstim Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Beschwerdewert auf der Grundlage der Angaben des Geschäftsführers der Klägerin zu den Mehrbelastungen an Zinsen durch die erst zum Monatsende erfolgenden Abschlagszahlungen mit mehr als 600 € bestimmt hat.
20
aa) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht zur Glaubhaftmachung der Beschwer (§ 511 Abs. 3 i.V.m. § 294 ZPO) die Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin hat ausreichen lassen. § 511 Abs. 3 ZPO schließt zur Glaubhaftmachung eines den Wert des Beschwerde- gegenstandes von 600 € übersteigenden Betrages zwar die eidesstattliche Ver- sicherung der Partei selbst aus, lässt im Übrigen aber bei vorausgesetzter Präsenz alle übrigen für einen Vollbeweis zugelassenen Beweismittel unter Einschluss der Parteivernehmung nach § 448 ZPO zu (vgl. MünchKommZPO /Prütting, 4. Aufl., § 294 Rn. 14, 17; Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozess , 7. Aufl., Kap. 47 Rn. 3; Ahrens/Scharen, aaO, Kap. 50 Rn. 27). Zu diesen im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO zur Führung des Vollbeweises zugelassenen Beweismitteln kann bei entsprechender Überzeugungskraft auch die bloße Parteierklärung vor dem Tatrichter gehören, selbst wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, dieser aber im konkreten Beweiswert um nichts nachsteht (BGH, Urteile vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96, NJW 1999, 363 unter II 2 b bb; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11, NJW 2013, 2601 Rn. 11; BGH, Beschluss vom 24. Juni 2003 - VI ZR 327/02, NJW 2003, 2527 unter 1 b; jeweils mwN). Dementsprechend war das Berufungsgericht nicht gehindert, den Erklärungen des von ihm in der Berufungsverhandlung angehörten Geschäftsführers der Klägerin zur Inanspruchnahme von Betriebsmittelkrediten und den damit einhergehenden Zinsbelastungen eine Überzeugungskraft beizumessen, die den Maßstäben der von § 511 Abs. 3 ZPO geforderten Glaubhaftmachung genügt hat.
21
bb) An dem vom Berufungsgericht für erreicht erachteten Beschwerdewert ändert im Ergebnis auch die Rüge der Revision nichts, das Berufungsgericht sei ermessensfehlerhaft nicht darauf eingegangen, dass in der vom Geschäftsführer der Beklagten angegebenen jährlichen Zinsbelastung von etwa 2.000 € auch Zinsen enthalten seien, die unabhängig von dererst am Monats- ende erfolgten Abschlagszahlung angefallen seien. Der Senat hat die Rüge geprüft , jedoch im Ergebnis nicht für durchgreifend erachtet. Denn auch unter Berücksichtigung des gerügten Umstandes fällt der Wert des Beschwerdegegen- standes nicht auf weniger als 601 €. Von einer Begründung wird insoweit gemäß § 564 ZPO abgesehen.
22
2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht. Die Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses setzt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse des Klägers daran voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das ist hier entgegen der Auffassung der Revision der Fall, da es sich bei der von der Klägerin begehrten Feststellung des Zeitpunkts der Fälligkeit ihres Anspruchs auf Abschlagszahlungen um ein feststellungsfähiges gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt, dessen Inhalt von der Beklagten insoweit bestritten wird.
23
a) Ein Rechtsverhältnis wird durch die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder Sachen gebildet (BGH, Urteile vom 5. Mai 2011 - VII ZR 179/10, WM 2011, 1125 Rn. 19; vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98, WM 2000, 1965 unter 5). Einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, deren Vorliegen allein zu keinen bestimmten Rechtsfolgen führt, stellen hingegen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Unzulässig ist daher etwa die Feststellung eines Schuldnerverzuges (BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, WM 2000, 1558 unter 1 a) oder die isolierte Feststellung einesAnnahmeverzuges, sofern er nicht dazu dient, bei einer Verurteilung Zug um Zug durch den erforderlichen Nachweis des Annahmeverzuges bereits im Erkenntnisverfahren die Vollstreckung zu erleichtern (BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98, aaO).
24
aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, bei der Frage der Fälligkeit der Abschlagszahlungen handele es sich schon deshalb um eine nicht feststellungsfähige Vorfrage eines Rechtsverhältnisses, weil die Fälligkeit lediglich eine Vorfrage des nicht feststellungsfähigen Schuldnerverzuges sei. Denn Gegenstand eines Feststellungsurteils können auch einzelne sich aus einem umfassenderen Rechtsverhältnis ergebende Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses sowie der Umfang und der Inhalt einer Leistungspflicht sein (BGH, Urteile vom 16. Februar 1967 - II ZR 171/65, WM 1967, 419 unter II 1; vom 12. Dezember 1994 - II ZR 269/93, NJW 1995, 1097 unter 1; vom 7. März 2013 - VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744 Rn. 16). Dabei muss sich das Feststellungsbegehren nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht , insbesondere auch auf einen streitigen Teil des Vertragsinhalts, beschränken (BGH, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 159/11, WM 2013, 232 Rn. 16; BAG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13, juris Rn. 16 mwN).
25
Das ist hier der Fall. Denn die von der Klägerin begehrte Feststellung des Fälligkeitszeitpunkts der von der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 monatlich geschuldeten Abschlagszahlungen zielt darauf ab, den Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses insoweit abschließend dahin zu klären, wann die Beklagte ihrer ansonsten unstreitigen Leistungspflicht jeweils nachkommen muss.
26
bb) Die Feststellungsklage betrifft auch ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Dem steht nicht entgegen, dass sie die künftige Fälligkeit der noch nicht entstandenen, sondern erst monatlich wiederkehrenden Ansprüche auf Zahlung eines Abschlages zum Gegenstand hat. Denn unter einem solchen Rechtsverhältnis ist nicht nur die - aus dem vorgetragenen Lebenssachverhalt abgeleitete - (bereits bestehende) konkrete rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen oder zu einem Gegenstand zu verstehen. Darunter fallen auch diejenigen Beziehungen, die aus einem bereits vorhandenen Rechtsverhältnis künftig als Rechtsfolge erwachsen, so dass etwa auch bedingte oder betagte Beziehungen die Grundlage einer Feststellungsklage bilden können. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt daher auch vor, wenn eine Verbindlichkeit noch nicht entstanden, aber für ihren späteren Eintritt der Grund in der Art gelegt ist, dass die Entstehung der Verbindlichkeit nur von dem Eintritt weiterer Umstände oder dem Zeitablauf abhängt (BGH, Urteile vom 25. Oktober2005 - II ZR 413/02, WM 2005, 95 unter II 1; vom 23. September 1987 - IVa ZR 59/86, NJW 1988, 774 unter 2 a).
27
Der danach erforderliche Grund des Anspruchs der Klägerin auf Erhalt monatlicher Abschläge und deren jeweilige Fälligkeit ist gegenwärtig bereits hinreichend angelegt. Denn zwischen den Parteien besteht auch nach Beendigung des zwischen den Parteien ursprünglich geschlossenen Einspeisevertrages noch ein bis zum voraussichtlichen Erreichen der gesetzlichen Vergütungsdauer (§ 22 EEG 2014) andauerndes gesetzliches Einspeiseschuldverhältnis (§ 7 EEG 2014), aus dem jeweils die fortdauernde Pflicht der Beklagten zur Leistung monatlicher Abschläge erwächst (§ 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012). Daraus abgeleitet kann die Klägerin - wie hier - zugleich die Feststellung beantragen , dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, an sie alle künftigen Abschlagszahlungen spätestens bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 159/11, aaO; BAG, Urteile vom 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13, aaO; vom 17. Januar 2012 - 3 AZR 135/10, juris Rn. 19 f.).
28
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Klägerin auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat (§ 256 Abs. 1 ZPO).
29
aa) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08, NJW 2010, 1877 Rn. 12 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn die Beklagte hat den von der Klägerin angenommenen Fälligkeitszeitpunkt für die zu erbringenden Abschläge zum Zehnten eines jeden der Einspeisung nachfolgenden Monats ernstlich bestritten und ab Juli 2011 jeweils nur noch zum Monatsende gezahlt (vgl. BGH, Urteile vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84, NJW 1986, 2507 unter II 1; vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99, NJW 2001, 1431 unter II 2).
30
bb) Zudem ist - als weiteres Erfordernis eines Feststellungsinteressesdas Feststellungsbegehren der Klägerin geeignet, den Streit der Parteien über die Leistung der Abschlagszahlungen und deren jeweilige Fälligkeit insgesamt zu beseitigen und das Rechtsverhältnis der Parteien in der erforderlichen Weise abschließend zu klären. Denn über weitere Voraussetzungen und Modalitäten der von der Beklagten geschuldeten Abschläge besteht - wie auch die Revision hervorhebt - zwischen den Parteien kein Streit, so dass die beantragte Feststellung des Fälligkeitszeitpunktes weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zu leistenden Abschlagszahlungen verhindert (vgl. BAG, Urteile vom 17. Januar 2012 - 3 AZR 135/10, aaO Rn. 20; vom 21. April 2010 - 4 AZR 755/08, juris Rn. 21).
31
cc) Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des grundsätzlichen Vorrangs einer Leistungsklage zu verneinen.
32
(1) Eine Leistungsklage auf Zahlung der jeweils fälligen Abschläge würde den Streitpunkt zwischen den Parteien nicht erledigen. Dieser Streit weist vielmehr über den Regelungsgegenstand einer solchen Leistungsklage hinaus. Denn die Klägerin erstrebt nicht nur für einzelne Monate, sondern für die gesamte Dauer des Einspeiseverhältnisses eine verbindliche Klärung, wann die monatlichen Abschläge jeweils fällig sind. Bei einer auf einen bestimmten Monat bezogenen Leistungsklage würde diese Frage dagegen nicht verbindlich entschieden. Die Klägerin könnte - worauf das Berufungsgericht mit Recht hinweist - zudem angesichts der Verfahrensdauer mit einer solchen Klage auch keine Zahlung zu dem von ihr angenommenen Fälligkeitstermin erreichen. Die Feststellungsklage hingegen lässt - wie vorstehend unter II 2 b bb ausgeführt und was für die Bejahung des erforderlichen Feststellungsinteresses ausreicht (vgl. Senatsurteil vom 6. November 2013 - VIII ZR 194/12, NVwZ 2014, 962 Rn. 11) - unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung des aufgetretenen Streitpunktes erwarten, da sie die Frage der Fälligkeit der Abschlagszahlungen in einem Prozess für die gesamte Dauer des zwischen den Parteien bestehenden Einspeiseverhältnisses ein für alle Mal verbindlich klärt.
33
(2) Nichts anderes folgt daraus, dass § 258 ZPO bei wiederkehrenden Leistungen eine Klage auf künftige Entrichtung auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen zulässt. Denn eine solche Klage könnte die Klägerin nicht mit Erfolg erheben. Wiederkehrend im Sinne des § 258 ZPO sind Ansprüche, die sich als einheitliche Folgen aus einem Rechtsverhältnis ergeben, so dass die einzelne Leistung in ihrer Entstehung nur noch vom Zeitablauf abhängig ist (BGH, Urteil vom 17. November 2006 - V ZR 71/06, NJW 2007, 294 Rn. 8). Allerdings muss dazu die Leistungspflicht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach Grund und Höhe mit ausreichender Sicherheit feststehen (BGH, Urteil vom 17. November 2007 - V ZR 71/06, aaO Rn. 9). Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die von der Beklagten gezahlten Abschläge - abhängig von der durch Fernauslesung erfassten Einspeisemenge des Vormonats - monatlich variieren.
34
(3) Es kann dahinstehen, ob es der Klägerin möglich und zumutbar wäre, eine Klage auf künftige Leistung der Abschläge (§ 259 ZPO) zu erheben. Denn die Möglichkeit einer solchen Klage steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage und dem dafür nach § 256 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse nicht entgegen (Senatsurteile vom 6. November 2013 - VIII ZR 194/12, aaO Rn. 13; vom 21. Januar 2004 - VIII ZR 99/03, NJW-RR 2004, 586 unter II 1 a mwN).
35
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch in der Sache selbst gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Abschlagszahlungen seien jeweils spätestens zum Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats fällig.
36
a) Der Anspruch der Klägerin auf die Zahlung von Abschlägen ergibt sich aus § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012. Danach müssen Netzbetreiber, die Anlagenbetreibern nach Maßgabe von § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 zur Vergütung von Strom aus Anlagen verpflichtet sind, die ausschließlich erneuerbare Energien oder Grubengas einsetzen, auf die zu erwartenden Zahlungen monatliche Abschläge in angemessenem Umfang leisten. An der fortbestehenden Anwendbarkeit von § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 hat auch § 19 Abs. 2 EEG 2014 nichts geändert, der die bisherige Regelung um eine Fälligkeitsbestimmung dahin ergänzt hat, dass die Abschläge monatlich jeweils zum Fünfzehnten für den Vormonat zu leisten sind. Denn nach der Übergangsvorschrift des § 100 Abs. 1 Nr. 10 EEG 2014 gilt für Anlagen, die - wie hier - vor dem 1. Januar 2012 in Betrieb genommen worden sind, gemäß der dort erfolgten Verweisung auf § 66 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EEG 2012 die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 unverändert weiter (vgl. BT-Drucks. 18/1891, aaO).
37
Ebenso wenig kann § 19 Abs. 2 EEG 2014 sonst etwas zum Fälligkeitszeitpunkt der in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 geregelten Abschläge entnommen werden. Weder ist der Gesetzesbegründung zu § 19 Abs. 2 EEG 2014 etwas zum Verständnis des Fälligkeitsdatums im bisherigen Recht zu entnehmen noch klingt darin ein Bestreben an, das bisherige Recht in diesem Sinne mit Anspruch auf Verbindlichkeit authentisch interpretieren zu wollen (BTDrucks. 18/1304, S. 126), ganz abgesehen davon, dass einer etwaigen verbindlichen Auslegung durch einen nachfolgenden Gesetzgeber auch gewisse Grenzen gezogen wären (vgl. BVerfG, NVwZ 2014, 577, 579 ff.).
38
b) Vergeblich will die Revision die Klage schon deshalb abgewiesen wissen , weil das Berufungsgericht nicht zwischen Abschlägen nach § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 und einer endgültig zu zahlenden Vergütung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 differenziert sowie verkannt habe, dass der Klägerin allein ein Anspruch auf monatliche Zahlung einer endgültigen Vergütung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 zustehe, so dass für monatliche Abschlagszahlungen kein Raum sei. Es kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen mit der Möglichkeit des Anlagenbetreibers zur Vornahme einer endgültigen Abrechnung das Recht zur vorläufigen Abrechnung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 erlischt (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 42 [zu § 16 Nr. 1 VOB/B]). Denn das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Voraussetzungen einer endgültigen Berechnung der gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 zu zahlenden Vergütung bereits im Anschluss an die Einspeisung des Vormonats vorliegen; übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf. Die monatliche Erfassung der Einspeisemenge durch Fernauslesung allein reicht - was auch die Revision in anderem Zusammenhang einräumt - hierfür jedenfalls nicht aus. Vielmehr setzt dies zusätzlich den (jährlichen) Nachweis von weiteren Vergütungsvoraussetzungen voraus, namentlich zur jährlich zu ermittelnden Bemessungsleistung sowie - etwa durch Nachweise hinsichtlich der Einsatzstoffe - zu einsatzstoffspezifischen Voraussetzungen der Vergütungszahlungen einschließlich etwaiger Boni (vgl. BT-Drucks. 17/6071, S. 65; Reshöft/Schäfermeier/Reshöft, Erneuerbare- Energien-Gesetz, 4. Aufl., § 16 Rn. 36; zu Einzelheiten: Empfehlung der Clearingstelle EEG Nr. 2012/6 vom 21. Juni 2012, Rn. 49 ff., abrufbar unter https://www.clearingstelle-eeg.de/empfv/2012/6).
39
c) Zu Unrecht macht die Revision - in offenem Widerspruch zu ihrer vorangegangenen Aussage, zwischen den Parteien bestehe lediglich Uneinigkeit über das "Wann" der zu leistenden Abschlagszahlungen - unter Berufung auf die Empfehlung der Clearingstelle EEG 2012/6 vom 21. Juni 2012 (aaO Rn. 82) geltend, für die Leistung von Abschlägen komme es nicht nur auf die Menge des aus der Anlage der Klägerin eingespeisten Stroms an; die Klägerin hätte zur Höhe der zu erwartenden monatlichen Abschlagszahlungen vielmehr auch insoweit vortragen müssen, als diese von den bei der Stromerzeugung verwendeten , aus den Werten der Fernauslesung aber nicht ersichtlichen Einsatzstoffen abhängig sei. Das trifft nicht zu.
40
Abgesehen davon, dass die Beklagte selbst in einem Fehlen solcher monatlich angeblich mitzuliefernder Angaben kein Hindernis gesehen hat, Abschlagszahlungen - wenn auch mit einem dreiwöchigen Zeitversatz - zu leisten, zeigt die Revision keinen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen auf, wonach es über die vom Berufungsgericht herangezogenen Werte der Fernauslesung hinaus an Angaben fehlt, die zusätzlich für die Entstehung und Bemessung des Anspruchs der Klägerin auf monatliche Abschläge erforderlich sind. Allein schon die von der Beklagten geübte Praxis belegt das Gegenteil.
41
Zudem verkennt die Revision, dass über den erstmaligen und im Rahmen der jeweiligen Jahresendabrechnungen (vgl. §§ 71, 100 Abs. 1 EEG 2014) gegebenenfalls zu erneuernden Nachweis hinaus für die Entstehung und Fälligkeit von Abschlagszahlungen nicht sämtliche Vergütungsvoraussetzungen noch einmal fortlaufend Monat für Monat zusätzlich nachgewiesen werden müssen, sondern bei entsprechendem Erforderniserst mit der Jahresendabrechnung zu belegen sind, es sei denn, es bestünden - wie hier nicht - bereits unterjährig begründete Zweifel an deren Fortbestand (vgl. Lehnert/Thomas in Altrock/ Oschmann/Theobald, EEG, 4. Aufl., § 16 Rn. 43; Säcker/Thorbecke/ Schumacher, Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Aufl., § 16 EEG Rn. 60). Dementsprechend hat auch der Gesetzgeber für die in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 angeordnete Pflicht der Netzbetreiber zur Leistung von Abschlägen und deren Angemessenheit für den Regelfall (nur) an die geschätzte oder vorläufig berechnete Einspeisung anknüpfen wollen und zusätzlich darauf hingewiesen, dass diese Abschläge deshalb nur vorläufig sein können, weil die konkrete Vergütungs- und Bonushöhe zum Teil von Faktoren abhängt, die erst mit Ablauf eines Kalenderjahres berechnet werden können (BT-Drucks. 17/6071, aaO).
42
d) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 kein Fälligkeitszeitpunkt für die zu leistenden Abschläge zu entnehmen ist und dass diese Regelungslücke durch § 271 Abs. 1 BGB auszufüllen ist mit der Folge, dass die hier zu leistenden Abschläge spätestens am Zehnten jedes auf die Einspeisung folgenden Monats fällig und zahlbar sind.
43
aa) Anders als das Berufungsgericht meint, sind die in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 geregelten Abschläge jedoch nicht bereits als im Voraus fällig werdende Vorauszahlungen auf eine im Einspeisungsmonat erst noch zu erbringende Einspeiseleistung zu verstehen. Denn bei Abschlägen handelt es sich um einen in der Rechtssprache seit jeher gebräuchlichen und in Abgrenzung zu Vorauszahlungen verwendeten Begriff,durch den bereits erbrachte Leistungen vergütet zu werden pflegen, bei denen die genaue Vergütungshöhe mangels Abrechnung oder Abrechenbarkeit noch nicht feststeht (vgl. nur BGH, Urteile vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 373; vom 15. April 2004 - VII ZR 471/01, NJW-RR 2004, 957 unter II 1 a; BAG, NZA 1987, 485,

486).

44
Dass der Gesetzgeber, der den Begriff des Abschlags - in Abgrenzung zum Begriff der Vorauszahlung für eine erst künftig zu erbringende Leistung (vgl. § 556 Abs. 2, § 760 Abs. 1 BGB, § 14 Abs. 1 StromGVV/GasGVV, § 28 Abs. 1 AVBWasserV/AVBFernwärmeV) - auch in anderem Zusammenhang für die (vorläufige) Zahlung aufgrund bereits (teilweise) erbrachter Leistungen verwendet , die noch endgültig abzurechnen sind (vgl. etwa §§ 632a, 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 13 StromGVV/GasGVV, § 25 AVBWasserV/AVBFernwärmeV), mit diesem nach dem Wortsinn eindeutigen Begriff im Rahmen von § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 ein abweichendes Verständnis verbinden wollte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil wollte der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen Regelung von Abschlagszahlungen im Gesetz eine bestehende Praxis klarstellend festschreiben (BT-Drucks. 17/6071, aaO), die dadurch geprägt war, dass Abschlagszahlungen - wie hier seit 2002 durch die Beklagte - nachlaufend in dem auf die Einspeisung folgenden Monat geleistet wurden (Empfehlung der Clearingstelle EEG 2012/6 vom 21. Juni 2012, aaO Rn. 34). Dementsprechend wird der Begriff des Abschlags auch im Anwendungsbereich des EEG mit Recht überwiegend in seinem überkommenen Sinne verstanden (Empfehlung der Clearingstelle EEG 2012/6 vom 21. Juni 2012 aaO Rn. 22 ff.; Säcker/ Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 49; Lehnert/Thomas, aaO Rn. 42; aA Sachsenhauser , IR 2013, 26, 27 f.).
45
bb) Soweit der Gesetzgeber in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 die Leistung von monatlichen Abschlägen vorgeschrieben hat, hat er - in Abgrenzung etwa zu quartalsweisen Zahlungen - deren Periodizität geregelt, aber keine Aussage dazu getroffen, zu welchem Zeitpunkt der Abschlag innerhalb des jeweiligen Zahlmonats zu erbringen ist (vgl. Säcker/Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 53). Dafür, dass der Gesetzgeber die Frage des Zahlungszeitpunkts bewusst offen gelassen hat, um den Netzbetreibern etwa das Recht einzuräumen, den Zahlungszeitpunkt innerhalb des Zahlmonats frei zu bestimmen, oder dass er diesen Punkt sonst gänzlich ungeregelt wissen wollte, bietet die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/6071, aaO) keinen Anhalt.
46
Die so entstandene Regelungslücke ist deshalb durch Anwendung des in Betracht kommenden dispositiven Rechts, hier des § 271 Abs. 1 BGB, zu schließen. Denn für das gesetzlich regulierte Einspeiseschuldverhältnis (§ 7 EEG 2014, § 4 EEG 2012, § 4 EEG 2009, § 12 EEG 2004) mit seinem darin enthaltenen kaufrechtlichen Kern (vgl. Senatsurteile vom 26. November 2003 - VIII ZR 89/03, WM 2004, 745 unter II 2 a aa; vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 149/06, NJW 2007, 3637 Rn. 15; vom 6. April 2011 - VIII ZR 31/09, WM 2011, 1870 Rn. 31; ferner etwa Danner/Theobald/Oschmann, Energierecht, Stand 2014, § 4 EEG Rn. 15 mwN) hat es nach dem Willen des Gesetzgebers stets außer Zweifel gestanden, dass für Fragestellungen, die im EEG nicht oder nicht abschließend geregelt sind, auf das allgemeine Zivilrecht zurückzugreifen ist (vgl. BT-Drucks. 15/2864, S. 32, 45; 16/8148, S. 41, 46). Zu den danach heranzuziehenden Bestimmungen werden deshalb mit Recht etwa auch die in den §§ 269 f. BGB getroffenen Regelungen zum Leistungs- und Zahlungsort (Danner /Theobald/Oschmann, aaO; Hempel/Franke/Salje, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand Dezember 2012, § 16 EEG Rn. 9) oder in der vorliegenden Frage § 271 BGB gezählt (Säcker/Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 59; vgl. ferner Empfehlung der Clearingstelle EEG Nr. 2011/12 vom 9. Dezember 2011, Rn. 69, abrufbar unter https://www.clearingstelleeeg.de /empfv/2011/12).
47
cc) Gemäß § 271 Abs. 1 BGB, der für Schuldverhältnisse aller Art gilt (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 271 Rn. 3; BeckOK-BGB/Lorenz, Stand März 2011, § 271 Rn. 3) und deshalb grundsätzlich auch bei periodisch wiederkehrenden Leistungspflichten anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - IV ZR 230/12, BGHZ 196, 150 Rn. 17; Staudinger/Bittner, BGB, Neubearb. 2014, § 271 Rn. 27), ist eine Leistung sofort fällig, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch den Umständen zu entnehmen ist. Eine Bestimmung der Leistungszeit durch Parteivereinbarung oder durch Gesetz liegt hier nicht vor. Die deshalb mangels gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmung der Leistungszeit heranzuziehenden Umstände ergeben in dem vom Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei angenommenen Sinn, dass die im Streit stehenden Abschlagszahlungen spätestens bis zum Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats zu leisten sind.
48
(1) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe das Zusammenspiel der (Abschlags-)Zahlungen im gesetzlich vorgeschriebenen Abwälzungsmechanismus verkannt, welches dadurch geprägt sei, dass die vom Übertragungsnetzbetreiber nach § 35 EEG 2012 an die Beklagte zu leistenden Zahlungen Voraussetzung für die an die Klägerin zu leistenden Abschlagszahlungen seien, um eine sonst systemwidrig eintretende Zwischenfinanzierungslast der Beklagten zu vermeiden. Außerdem habe das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch die bei der Beklagten bestehenden Möglichkeiten einer Fälligstellung ihrer vom Übertragungsnetzbetreiber zu beanspruchenden Zahlungen unzutreffend beurteilt. Diese Rüge greift bereits im Ansatz nicht durch.
49
Das Berufungsgericht hat unabhängig von seinen lediglich hilfsweise angestellten Überlegungen zu den Möglichkeiten des Netzbetreibers, seine vom Übertragungsnetzbetreiber zu beanspruchenden (Abschlags-)Zahlungen fällig zu stellen, ausgeführt, dass die Fälligkeit der vom Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber zu zahlenden Abschläge weder von der Fälligkeit noch von der tatsächlichen Zahlung der vom Übertragungsnetzbetreiber an den Netzbetreiber zu zahlenden Abschläge abhänge. Das EEG sehe keine Regelung dahingehend vor, dass die Fälligkeit des Anspruchs nach § 16 Abs. 1 EEG 2012 von der Erfüllung des Anspruchs auf Abschlagszahlung nach § 35 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 abhängen solle; die Ansprüche seien vielmehr rechtlich voneinander unabhängig. Das trifft zu.
50
Der von der Revision geforderte Gleich- oder sogar Nachlauf der Fälligkeiten der nach § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 vom Netzbetreiber einerseits und der nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 vom Übertragungsnetzbetreiber andererseits zu leistenden Abschlagszahlungen lässt sich - wie auch die Revisionserwiderung mit Recht anmerkt - aus dem Gesetz nicht herleiten. Im Gegenteil wurde - wie nunmehr sogar im Wortlaut des § 57 Abs. 1 EEG 2014 klargestellt - bereits der Vergütungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Übertragungsnetzbetreiber nach § 35 Abs. 1 EEG 2012 und dem folgend der Anspruch auf Abschlagszahlungen nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 ganz überwiegend mit Recht nur als ein zur Abnahme- und Vergütungspflicht des aufnehmenden Netzbetreibers akzessorischer Erstattungsanspruch dahin aufgefasst, dass der aufnehmende Netzbetreiber vom Übertragungsnetzbetreiber nur das sollte erstattet verlangen können, was er zuvor selbst bereits an den Anlagenbetreiber für die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien vergütet hatte (Altrock in Altrock/Oschmann/Theobald, aaO, § 35 Rn. 13, 28; BeckOKEEG /Böhme, Stand Mai 2014, § 35 Rn. 6; jeweils mwN).
51
(2) Nach der Auslegungsregel des § 271 Abs. 1 BGB sind die von der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 zu erbringenden Abschlagszahlungen deshalb sofort nach Ablauf jedes Einspeisemonats, jedenfalls aber dann fällig, wenn für die Beklagte nach den Umständen die Möglichkeit besteht, die Höhe der von ihr zu leistenden Abschläge aufgrund der dazu erforderlichen Nachweise zu ermitteln (Säcker/Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 60; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. September 1989 - VII ZR 298/88, NJW 1990, 1170 unter 2 b; MünchKommBGB/Krüger, BGB, 6. Aufl., § 271 Rn. 30). Das ist - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - mangels eines Erfordernisses weiterer Nachweise (dazu vorstehend unter II 3 c) der Fall, wenn die Einspeisemenge durch Fernauslesung von der Beklagten erfasst worden ist. Denn dadurch wird die Beklagte in die Lage versetzt, an Hand der gemessenen Einspeiseleistung die in etwa angefallene Einspeisevergütung vorläufig zu berechnen und den sich danach ergebenden Betrag an die Klägerin auszuzahlen. Den hierzu von der Klägerin eingeräumten Zeitraum von zehn Tagen nach Ablauf des vorangegangenen Monats hat das Berufungsgericht ebenfalls ohne Rechtsfehler nach den Umständen für angemessen erachtet. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 28.03.2013 - 21 O 1469/12 -
OLG München, Entscheidung vom 13.02.2014 - 14 U 1823/13 -

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Geht der Verkäufer, der Hersteller oder ein sonstiger Dritter in einer Erklärung oder einschlägigen Werbung, die vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbar war, zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung insbesondere die Verpflichtung ein, den Kaufpreis zu erstatten, die Sache auszutauschen, nachzubessern oder in ihrem Zusammenhang Dienstleistungen zu erbringen, falls die Sache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung oder einschlägigen Werbung beschrieben sind (Garantie), stehen dem Käufer im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der Garantie gegenüber demjenigen zu, der die Garantie gegeben hat (Garantiegeber).

(2) Soweit der Garantiegeber eine Garantie dafür übernommen hat, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält (Haltbarkeitsgarantie), wird vermutet, dass ein während ihrer Geltungsdauer auftretender Sachmangel die Rechte aus der Garantie begründet.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 154/14 Verkündet am:
4. Februar 2015
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Vermieter, der eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder
entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen, setzt
sich mit einer später hierauf gestützten Eigenbedarfskündigung zu seinem früheren Verhalten
in Widerspruch, wenn er den Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, bei
Vertragsschluss nicht über die Aussicht einer begrenzten Mietdauer aufklärt. Die ausgesprochene
Eigenbedarfskündigung ist in diesen Fällen wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam
(Bestätigung von BGH, Urteil vom 21. Januar 2009, VIII ZR 62/08, NJW 2009, 1139;
Beschluss vom 6. Juli 2010 - VIII ZR 180/09, WuM 2010, 512).

b) Der Vermieter ist weder verpflichtet, von sich aus vor Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags
unaufgefordert Ermittlungen über einen möglichen künftigen Eigenbedarf anzu-
stellen (sogenannte “Bedarfsvorschau“) noch den Mieter ungefragt über mögliche oder
konkret vorhersehbare Eigenbedarfssituationen zu unterrichten (Fortführung von BGH,
Urteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, NJW 2013, 1596).

c) Daher liegt kein Rechtsmissbrauch vor, wenn der Vermieter einen unbefristeten Mietvertrag
wegen eines nach Vertragsschluss entstandenen Eigenbedarfs kündigt und das Entstehen
dieses Eigenbedarfs für ihn zwar im Rahmen einer “Bedarfsvorschau“ erkennbar
gewesen wäre, er jedoch bei Vertragsabschluss eine solche Kündigung nicht zumindest
erwogen hat.

d) Etwas anderes hat allerdings dann zu gelten, wenn der Vermieter anlässlich des Vertragsabschlusses
von sich aus oder auf Fragen des Mieters vorsätzlich unrichtige Angaben
über den derzeitigen Stand ihm bekannter, für die Beurteilung einer Eigenbedarfssituation
maßgebender Tatsachen gemacht hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 20. März
2013 - VIII ZR 233/12, NJW 2013, 1596).
BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 154/14 - LG Mannheim
AG Mannheim
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Februar 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen
Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 17. April 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte bewohnt aufgrund eines mit dem Kläger am 14. April 2011 abgeschlossenen Mietvertrags eine Zweizimmerwohnung in M. . Das zum 1. Mai 2011 begründete Mietverhältnis läuft auf unbestimmte Zeit.
2
Mit Schreiben vom 28. Februar 2013 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31. Mai 2013. Als Grund für die Kündigung führte er an, seine 20 Jahre alte Tochter, die nach ihrem Abitur einen Auslandsaufenthalt angestrebt habe und sich derzeit in Australien befinde, werde am 18. Juli 2013 nach Deutschland zurückkehren und danach eine Arbeitsstelle bei dem Unternehmen W. in F. antreten sowie ein berufs- begleitendes Studium an der Berufsakademie in M. aufnehmen. Sie sei deswegen an den Kläger mit dem Wunsch herangetreten, eine eigene abgeschlossene Wohnung zu beziehen. Vor ihrem Auslandsaufenthalt habe sie ein Zimmer bei ihren Eltern bewohnt.
3
Die Tochter des Klägers hatte im Juni 2012 ihr Abitur abgelegt und ab Ende August 2012 einen einjährigen Auslandsaufenthalt angetreten.
4
Die Beklagte widersprach der Kündigung mit - dem Kläger am selben Tag zugegangenem - Schreiben vom 27. März 2013. Sie hat unter anderem geltend gemacht, die ausgesprochene Kündigung sei deswegen rechtsmissbräuchlich , weil der Eigenbedarf für den Kläger bei Abschluss des Mietvertrags vorhersehbar gewesen sei.
5
Der daraufhin vom Kläger erhobenen Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung hat das Amtsgericht stattgegeben und der Beklagten eine Räumungsfrist bis 31. Januar 2014 bewilligt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Räumungs- und Herausgabebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Räumungs- und Herausgabeanspruch nach §§ 546, 985 BGB. Seine Eigenbedarfskündigung vom 28. Februar 2013 sei rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam.
9
Ein Vermieter setze sich zu seinem eigenen Verhalten dann in Widerspruch , wenn er eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermiete, obwohl er entweder entschlossen sei oder zumindest erwäge, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er dürfe dem Mieter, der mit einer längeren Wohndauer rechne, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Nutzungsdauer nicht aufkläre.
10
Vorliegend sei zwar weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger bei Abschluss des Mietvertrags erwogen habe, die Wohnung seiner Tochter zu überlassen. Für die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens reiche es jedoch bereits aus, wenn bei Vertragsschluss hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das Mietverhältnis nur von kurzer Dauer sein werde. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Vermieter den Mieter bei Abschluss des Mietvertrags auch auf einen nur möglichen Eigenbedarf - beispielsweise im Hinblick auf heranwachsende Kinder - hinweisen müsse, habe der Bundesgerichtshof bislang offen gelassen. Die Berufungskammer gehe aber mit der herrschenden Meinung davon aus, dass ein Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bereits dann anzunehmen sei, wenn der Vermieter den künftigen Eigenbedarf bei vorausschauender Planung hätte in Erwägung ziehen müssen. Auch der Bundesgerichtshof habe zuletzt das Kriterium der Absehbarkeit herangezogen.
11
Aus den Bekundungen der Tochter des Klägers und dessen ergänzenden Angaben ergäben sich für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erhebli- che Anhaltspunkte für einen zu erwartenden Eigenbedarf. Für den Kläger habe klar sein müssen, dass seine Tochter nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt eine Ausbildung in der Region beginne werde. Diese habe nur Ausbildungsstellen in M. , H. , F. und Ma. in Erwägung gezogen. Wenngleich sie sich bei Abschluss des Mietvertrags noch keine konkreten Vorstellungen über einen Auszug aus dem elterlichen Heim gemacht haben möge, hätte der Kläger bei verständiger Würdigung dieser Umstände den Eigenbedarf voraussehen können und müssen. Es entspreche durchaus der Lebenswahrscheinlichkeit, dass eine 20jährige Tochter nach einem im Ausland verbrachten Jahr nicht mehr in das elterliche Haus einziehen, sondern vielmehr alleine wohnen wolle. Denn es liege nahe, dass Kinder die einmal erfahrene Unabhängigkeit nicht wieder aufgeben wollten. Zudem sei nach den Bekundungen der Tochter des Klägers mit diesem darüber gesprochen worden, dass sie nach einem etwaigen Auszug aus dem elterlichen Anwesen in eine der Wohnungen des Klägers ziehen könne.
12
Bei umsichtiger Vorausschau wäre dem Kläger im April 2011 auch klar geworden, dass ein Eigenbedarf hinsichtlich der konkret betroffenen Wohnung in Betracht gekommen sei. Denn der Kläger habe trotz seines erheblichen Immobilienbesitzes nur über wenige Wohnungen verfügt, die als erste Wohnung für seine Tochter hätten dienen können. Andere Zwei-Zimmer-Wohnungen seien nicht frei geworden; die größeren Wohnungen hätten als Renditeobjekte genutzt werden sollen.
13
Die aufgeführten Erwägungen hätten den Kläger veranlassen müssen, die Beklagte vor dem Abschluss des Mietvertrags auf einen möglichen Eigenbedarf hinzuweisen. Da er den gebotenen Hinweis unterlassen habe, könne er sich auf den geltend gemachten Eigenbedarf nicht berufen.

II.

14
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Klägers rechtsfehlerhaft wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) für unwirksam gehalten. Dabei hat es unzutreffende Maßstäbe angelegt.
15
1. Das Berufungsgericht hat - im Hinblick auf die von ihm angenommene Rechtsmissbräuchlichkeit der Kündigung - keine Feststellungen dazu getroffen, ob der vom Kläger geltend gemachte Eigenbedarf tatsächlich besteht. Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz unter Beweisantritt vorgebracht, der Eigenbedarf (Benötigen der Wohnung für die Tochter des Klägers) sei nur vorgeschoben , denn der Kläger habe auf eine von ihr gegen eine Betriebskostenabrechnung erhobene Beanstandung erklärt, "[…] jetzt folge eine Kündigung". Der Kläger hat diese Behauptung bestritten, weswegen das Berufungsgericht die Vernehmung der hierfür angebotenen Zeugen angeordnet hat. Hiervon hat es später jedoch im Hinblick auf seine zwischenzeitlich gewonnene Überzeugung abgesehen, die Geltendmachung des Eigenbedarfs sei rechtsmissbräuchlich. Für das Revisionsverfahren ist daher zu unterstellen, dass die Kündigung vom 28. Februar 2013 auf einen tatsächlich bestehenden Eigenbedarf gestützt wurde.
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2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die vom Kläger am 28. Februar 2013 ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nicht wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) unwirksam. Die Frage, ob ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt, unterliegt zwar der tatrichterlichen Würdigung (Senatsurteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, NJW 2013, 1596 Rn. 11). Revisionsrechtlich kann aber überprüft werden, ob der Tatrichter den Sachverhalt zutreffend festgestellt hat, ob er den Rechtsbegriff der unzulässigen Rechtsausübung richtig erfasst hat und ob seine Wertung gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2007 - II ZR 95/06, NJW-RR 2007, 1676 Rn. 9). Einer Prüfung an diesem Maßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.
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a) Beizupflichten ist dem Berufungsgericht allerdings im Ausgangspunkt darin, dass eine Eigenbedarfskündigung dann wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) unwirksam ist, wenn sich der Vermieter mit ihrem Ausspruch zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzt (vgl. Senatsurteile vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, NJW 2009, 1139, Rn. 16 f.; vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, aaO Rn. 12). Wie der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 79, 292, 308 ff.; NJW-RR 1993, 1357) entschieden hat, liegt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in diesem Sinne dann vor, wenn der Vermieter Wohnraum auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, ihn alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf in diesen Fällen dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt (Senatsurteile vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, aaO Rn. 17; vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, aaO Rn. 12; Senatsbeschlüsse vom 13. April 2010 - VIII ZR 180/09, WuM 2010, 575 Rn. 2 [Hinweisbeschluss], und vom 6. Juli 2010 - VIII ZR 180/09, WuM 2010, 512 Rn. 3 [Zurückweisungsbeschluss]). Für den Mieter ist ein sich abzeichnender Eigenbedarf des Vermieters vor allem für die Entscheidung von Bedeutung, ob er eine Wohnung überhaupt anmieten und damit das Risiko eines Umzugs nach verhältnismäßig kurzer Mietzeit eingehen will (Senatsurteile vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, aaO Rn. 19; vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, aaO; Senatsbeschluss vom 13. April 2010 - VIII ZR 180/09, aaO).
18
b) Rechtsfehlerhaft lässt das Berufungsgericht es jedoch für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Vermieters genügen, dass dieser einen künftigen Eigenbedarf bei Abschluss des Mietvertrags zwar nicht konkret erwägt, aber bei vorausschauender Planung aufgrund hinreichend konkreter Anhaltspunkte hätte in Erwägung ziehen müssen und den mit einer längeren Mietdauer rechnenden Mieter nicht ungefragt über einen solchen möglichen Eigenbedarf unterrichtet. Eine solche Fallgestaltung erfüllt - was der Senat bislang offen lassen konnte (Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, aaO Rn. 19; Senatsbeschluss vom 13. April 2010 - VIII ZR 180/09, aaO) - nicht die rechtlichen Voraussetzungen eines Rechtsmissbrauchs.
19
aa) Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung entspricht zwar einer in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum weit verbreiteten Meinung, die vom Vermieter, der einen unbefristeten Mietvertrag abschließen will, verlangt , eine vorausschauende Prüfung über das künftige Entstehen eines Eigenbedarfs anzustellen (so genannte "Bedarfsvorschau"), wobei meist in Anlehnung an die nach altem Recht bei Zeitmietverträgen geltende Höchstfrist (§ 564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB aF) auf einen Bedarfszeitraum von fünf Jahren abgestellt wird.
20
Dabei soll nach einer - vorwiegend in der Instanzrechtsprechung vertretenen - Auffassung ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Vermieters schon dann vorliegen, wenn der bei Abschluss des Mietvertrags nicht offenbarte (künftige ) Eigenbedarf lediglich eine bloße Möglichkeit darstellte, die der Vermieter angesichts seiner familiären Umstände bei vorausschauender Planung hätte in Betracht ziehen müssen (LG Wuppertal, WuM 1991, 691 f.; LG Hamburg, NJWRR 1993, 80; NJW-RR 1994, 465, 466; LG Paderborn, WuM 1994, 331 f.; LG Gießen, WuM 1996, 416 f.; LG Berlin, NZM 1998, 433, 434; LG Ulm, DWW 2008, 387, 388; LG Göttingen, Urteil vom 8. Juli 2009 - 5 S 54/08, BeckRS 2010, 18173; LG Lüneburg, ZMR 2012, 357; OLG München, WuM 2009, 359 unter Bezugnahme auf AG Erding, WuM 2009, 358, 359; AG Winsen, WuM 2006, 622, 623; wohl auch BeckOK-BGB/Hannappel, Stand Mai 2014, § 573 Rn. 67).
21
Andere, überwiegend im Schrifttum anzutreffende Stimmen nehmen einen etwas restriktiveren Standpunkt ein und bejahen mit unterschiedlichen Nuancen einen Rechtsmissbrauch nur dann, wenn bei Abschluss des Mietvertrags konkrete (greifbare) Anhaltspunkte für einen künftigen Eintritt eines Eigenbedarfs vorlagen, aufgrund derer der Vermieter einen solchen bei vorausschauender Planung hätte in Erwägung ziehen müssen (LG Ravensburg, WuM 2003, 332; AG Bremen, Urteil vom 4. Februar 2004 - 23 C 0363/03, juris Rn. 16; Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., Kap. IV Rn. 145 f.; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. XI 159 und Rn. 162; Barthelmess, Wohnraumkündigungsschutzgesetz, 5. Aufl., § 564b BGB aF Rn. 72; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., § 573 BGB Rn. 138; MünchKommBGB/Häublein, 6. Aufl., § 573 Rn. 79; Lützenkirchen/ Lützenkirchen, Mietrecht, 2013, § 573 BGB Rn. 81, 85; Köhler/ Kossmann/Meyer-Abich, Handbuch der Wohnraummiete, 7. Aufl., § 117 Rn. 21; Benedicter, GE 2014, 976, 978; ähnlich auch LG Frankfurt am Main, WuM 2007, 635, 637). Beiden Auffassungen ist gemein, dass letztlich bereits eine fahrlässige Fehleinschätzung den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs rechtfertigen soll; es sei nicht erforderlich, dass der Vermieter den vorhersehbaren Eigenbedarf tatsächlich in Erwägung gezogen habe (LG Berlin, NZM 1998, 433, 434; LG Hamburg, NJW-RR 1994, 465, 466; LG Gießen, aaO S. 417; LG Ravensburg , aaO; LG Göttingen, aaO; LG Lüneburg, aaO; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Barthelmess, aaO; BeckOK-BGB/Hannappel, aaO).
22
bb) Eine andere Auffassung nimmt demgegenüber ein widersprüchliches Verhalten des Vermieters nicht bereits dann an, wenn der Vermieter das Entstehen eines künftigen Eigenbedarfs (als bloße Möglichkeit oder aufgrund konkreter Anhaltspunkte) hätte vorhersehen können oder müssen, sondern verlangt hierfür das Vorliegen eines über die Fahrlässigkeit hinausgehenden subjektiven Elements, nämlich die "Absicht" (das "Entschlossensein"), den Wohnraum einer baldigen Eigennutzung zuzuführen, oder zumindest das (ernsthafte) "Erwägen" einer solchen Nutzung (LG Oldenburg, WuM 1998, 316; LG Münster , NJW-RR 1990, 1354, 1355; LG Mannheim, DWW 1990, 309; LG Köln, WuM 1992, 542, 543; LG Berlin, GE 1990, 255 und 493; Soergel/Heintzmann, BGB, 13. Aufl., § 573 Rn. 37; Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht , § 573 BGB Anm. 21; wohl auch Sonnenschein, NJW 1993, 161, 168; Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2014, § 573 Rn. 116; Emmerich/Sonnenschein/Haug, Miete, 11. Aufl., § 573 Rn. 53).
23
cc) Der letztgenannten Auffassung gebührt der Vorzug, weil nur sie mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs in Gestalt eines widersprüchlichen Verhaltens in Einklang steht. Die Stimmen in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur, die dem Vermieter in unterschiedlichen Ausprägungen die Verpflichtung auferlegen, eine "Bedarfsvorschau" anzustellen, und ihm ein rechtsmissbräuchliches Verhalten schon dann anlasten, wenn er einen sich mehr oder minder abzeichnenden künftigen Eigenbedarf nicht in Betracht zieht, verkennen den auf Missbrauchsfälle beschränkten Charakter des widersprüchlichen Verhaltens und ersetzen diesen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem ausgeformten Tatbestand durch allgemeine Billigkeitserwägungen. Dabei berücksichtigen sie zum einen nicht hinreichend die von Art. 14 Abs. 1 GG geprägte Rechtsstellung des Vermieters bei der Festlegung eines Eigenbedarfs und wählen zum anderen einen unzutreffenden Ausgangspunkt für die im Rahmen des § 242 BGB anzustellende Beurteilung, ob sich der Vermieter mit seinem späteren Vorgehen in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzt und ob dieses einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat.
24
(1) Ein widersprüchliches Verhalten liegt vor, wenn sich eine Partei zu ihrem früheren Verhalten inhaltlich in Widerspruch setzt (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - X ZR 73/95, NJW 1997, 3377 unter II 4 b). Nicht jeder Widerspruch zwischen zwei Verhaltensweisen ist jedoch als unzulässige Rechtsausübung zu werten. Vielmehr ist widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium ) erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteile vom 5. Juni 1997 - X ZR 73/95, aaO; vom 17. Februar 2005 - III ZR 172/04, BGHZ 162, 175, 181; vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12; vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, NJW 2014, 2723 Rn. 33).
25
Entscheidend sind letztlich die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Für die Bewertung, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, fallen auch ein etwaiges Verschulden und dessen Grad ins Gewicht (Senatsurteil vom 12. Juni 2002 - VIII ZR 187/01, NJW 2002, 3110 unter II 3). Ein Verschulden ist für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs, der aus widersprüchlichem Verhalten hergeleitet werden soll, aber nicht zwingend erforderlich (BGH, Urteile vom 20. März 1968 - VIII ZR 127/67, WM 1968, 876 unter 3 c; vom 31. Januar 1975 - IV ZR 18/74, BGHZ 64, 5, 9; vom 12. November 2008 - XII ZR 134/04, NJW 2009, 1343 Rn. 41). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann daher eine Rechtsausübung unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späte- ren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick darauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 12. November 2008 - XII ZR 134/04, aaO; vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, aaO; vom 9. Mai 2014 - V ZR 305/12, NJW 2014, 2790 Rn. 41; vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, aaO; jeweils mwN). Hierbei handelt es sich allerdings um einen engen Ausnahmetatbestand (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, aaO Rn. 13).
26
Ist durch das frühere Verhalten der Partei kein schutzwürdiges Vertrauen der Gegenseite begründet worden, ist ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht zu ziehen, etwa bei einem unlösbaren Widerspruch zwischen früherer und späterer Rechtsausübung (BGH, Urteile vom 20. September 1995 - VIII ZR 52/94, WM 1995, 2073 unter II 2; vom 1. Juli 2014 - VI ZR 391/13, VersR 2014, 1226 Rn. 42; jeweils mwN).
27
(2) Gemessen an diesen Maßstäben liegt in den Fällen, in denen ein Vermieter einen unbefristeten Mietvertrag wegen eines nach Vertragsabschluss entstandenen Eigenbedarfs kündigt, kein Rechtsmissbrauch vor, wenn das künftige Entstehen des Eigenbedarfs zwar im Rahmen einer "Bedarfsvorschau" zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erkennbar gewesen wäre, der Vermieter aber zu diesem Zeitpunkt weder entschlossen war, alsbald Eigenbedarf geltend zu machen, noch ein solches Vorgehen erwogen, also ernsthaft in Betracht gezogen, hat. In diesen Fällen ist dem Vermieter schon ein widersprüchliches Verhalten nicht anzulasten. Zudem wird durch den Abschluss des unbefristeten Mietvertrags kein schutzwürdiges Vertrauen des Mieters dahin begründet , dass eine spätere Eigenbedarfskündigung nicht auf solche Umstände gestützt wird, deren Eintritt für den Vermieter im Rahmen einer vorausschauender Lebensplanung allgemein oder jedenfalls aufgrund konkreter Anhaltspunkte vorhersehbar gewesen wäre, von ihm aber nicht zumindest erwogen worden ist.
28
(a) Ein Vermieter, der eine Eigenbedarfskündigung auf nach Abschluss des Mietvertrags entstandene Umstände stützt, deren Eintritt möglich oder sogar konkret vorhersehbar, von ihm aber bei Vertragsschluss nicht erwogen worden war, setzt sich hierdurch mit seinem früheren Verhalten regelmäßig schon nicht inhaltlich in Widerspruch.
29
(aa) Anders als die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum meint, kommt es für die Bewertung, ob sich ein Vermieter mit einer Eigenbedarfskündigung zu seinem früheren Verhalten bei Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags sachlich in Widerspruch setzt, nicht darauf an, ob das Entstehen einer Eigenbedarfssituation für ihn erkennbar war, sondern allein darauf, welcher Aussagegehalt seinem Verhalten bei Vertragsabschluss zukommt. Bei verständiger und objektiver Betrachtung bringt aber ein Vermieter dadurch, dass er dem Mieter ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags unterbreitet und diesem nicht von sich aus Angaben über den Stand und die mögliche Entwicklung seiner familiären und persönlichen Verhältnisse (etwa Heranwachsen von Kindern, drohende Trennung von Familienangehörigen , Erkrankung, berufliche Veränderungen) macht, nicht zum Ausdruck , dass er die Möglichkeit eines alsbaldigen Entstehens einer Eigenbedarfssituation unaufgefordert geprüft hat und nach derzeitigem Erkenntnisstand ausschließen kann.
30
(bb) Wer in solchen Fällen dem Schweigen des Vermieters in Verbindung mit dem Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags einen solchen Inhalt beimessen will, verkennt bereits, dass nicht allein das Vorliegen objektiver Umstände zum Entstehen von Eigenbedarf führt; entscheidend ist vielmehr, ob diese beim Vermieter einen (ernsthaften) Selbstnutzungswunsch auslösen (vgl. LG Köln, WuM 1992, 542, 543). Ob ein Eigenbedarf eintritt, hängt damit letztlich vom Verlauf des Entscheidungsprozesses beim Vermieter ab.
31
Weiter übersehen diese Stimmen, dass der Entschluss des Vermieters, sein Eigentum selbst oder für seine Familien- oder Haushaltsangehörigen (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) zu nutzen, Teil der durch Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Verfügungsbefugnis ist und infolgedessen nur eingeschränkt der gerichtlichen Überprüfung unterworfen ist (BVerfGE 79, 292, 305). Zu der sich aus dem Eigentumsgrundrecht ergebenden Befugnis des Vermieters gehört auch die Entscheidung darüber, von welchem Zeitpunkt an ein Wohnbedarf Anlass für eine Eigenbedarfskündigung sein soll (BVerfG, NZM 1999, 659, 660). Dabei ist zu beachten, dass der Wunsch, eine bestimmte Wohnung zu nutzen, sich nicht ausschließen oder in erster Linie an objektiven Kriterien messen lässt (BVerfGE 79, 292, 305; BVerfG, NJW 1994, 309, 310).
32
Die Gerichte dürfen dem Vermieter daher keine mit rechtlichen Risiken behaftete Lebensplanung ansinnen, die er im Rahmen seines Rechts, sein Eigentum nach seinen Vorstellungen zu nutzen, nicht anzustellen brauchte (BVerfG, NJW-RR 1993, 1357, 1358; NJW 1993, 2166, 2167). Würde vom Vermieter bei Abschluss eines Mietvertrags eine sich auf bis zu fünf Jahren erstreckende Lebensplanung verlangt werden, würde dessen verfassungsrechtlich garantierte Freiheit missachtet, über die Verwendung seines Eigentums innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei zu bestimmen (Soergel/Heintzmann, aaO Rn. 37).
33
(cc) Davon ausgehend kann das Verhalten eines Vermieters, der ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags unterbreitet und dabei - ungefragt - keine Angaben zu einer künftigen Eigenbedarfssituation macht, bei objektiver und verständiger Betrachtung regelmäßig nicht dahin gedeutet werden , er habe auf der Grundlage seiner Lebensumstände und der seiner Familienangehörigen unter Einbeziehung möglicher oder sich konkret abzeichnender Lebens- oder Berufsplanungen eine "Bedarfsvorschau" angestellt und könne daher für absehbare Zeit das mögliche Entstehen eines Eigenbedarfs ausschließen.
34
Vielmehr kann einem solchen Verhalten objektiv betrachtet und redlicherweise nur entnommen werden, dass der Vermieter bislang weder den Entschluss gefasst hat, in nächster Zeit den Wohnraum für sich oder den nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB privilegierten Kreis Dritter in Anspruch zu nehmen, noch einen solchen Schritt erwägt, also ernsthaft in Betracht zieht. Denn in diesen Fällen hat der für das Entstehen eines Eigenbedarfs notwendige Entscheidungsprozess des Vermieters entweder schon stattgefunden oder zumindest begonnen, so dass das künftige Entstehen eines Eigenbedarfs feststeht oder sich zumindest "abzeichnet" und dieser rechtlich in der Lage wäre, dem Mieter eine Alternative, nämlich den Abschluss eines befristeten Mietvertrags (§ 564c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BGB aF; § 575 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB) anzubieten (BVerfGE 79, 292, 308 ff.; BVerfG, NJW-RR 1993, 1357, 1358; NJW 1993, 2166 f.).
35
Ein befristeter Mietvertrag kann gemäß § 575 Abs. 1 Satz 1 BGB abgeschlossen werden, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit für sich, seine Familien- oder Haushaltsangehörigen nutzen will. Die Entscheidung hierfür muss noch nicht endgültig gefallen sein; es genügt vielmehr eine ernsthafte Absicht (Senatsurteil vom 18. April 2007 - VIII ZR 182/06, NJW 2007, 2177 Rn. 24) beziehungsweise - falls sich der Vermieter über seine Eigenbedarfsabsichten noch nicht endgültig schlüssig geworden ist - auch ein (ernsthaf- tes) Erwägen (BVerfGE 79, 292, 308). Wenn der Vermieter in solchen Fällen einen unbefristeten Mietvertrag abschließt, ohne dem Mieter - wozu er bei Abschluss eines befristeten Mietvertrags sogar gesetzlich verpflichtet wäre (§ 575 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. BGB) - auf eine beabsichtigte oder zumindest (ernsthaft ) erwogene künftige Nutzung durch sich oder einen gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB privilegierten Familien- oder Haushaltsangehörigen hinzuweisen, gibt er damit objektiv betrachtet zu verstehen, dass er einen solchen Schritt weder beabsichtigt noch erwägt.
36
(dd) In diesem Sinne ist auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen. Ein Rechtsmissbrauch in der Erscheinungsform des widersprüchlichen Verhaltens wird dort nur für die Fälle angenommen, in denen der Vermieter in Kenntnis oder in Erwartung der bei Vertragsabschluss nicht offenbarten, später aber geltend gemachten Eigenbedarfssituation einen unbefristeten Mietvertrag abgeschlossen hat, obwohl er einen befristeten Mietvertrag hätte abschließen können (BVerfGE 79, 292, 308 ff.; BVerfG, NJW-RR 1993, 1357, 1358; vgl. auch BVerfG, NJW 1992, 3032, 3033). Soweit das Bundesverfassungsgericht dabei verschiedentlich ausgesprochen hat, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs dürfe nicht aus Gründen erfolgen, die bereits bei Abschluss des Mietvertrags vorgelegen hätten (BVerfGE 79, 292, 308 f.; BVerfG, NJW-RR 1993, aaO), sind damit ausschließlich - wie die sich daran anschließenden Ausführungen jeweils zeigen - die Fälle der beabsichtigten oder zumindest erwogenen Eigennutzung gemeint.
37
(ee) Ein Vermieter setzt sich also grundsätzlich nur dann in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten, wenn er die Eigenbedarfskündigung auf Gründe stützt, die ihn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon den Entschluss haben fassen lassen, die Wohnung für sich selbst oder seine Familien- oder Haushaltsangehörigen in Gebrauch zu nehmen, oder aufgrund derer er eine solche Nutzung zum damaligen Zeitpunkt (ernsthaft) erwogen hat. Um einen solchen Widerspruch aufzulösen, muss er den Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet und rechnen darf, ungefragt über die beabsichtigte oder zumindest in Absicht genommene Begrenzung der Mietdauer aufklären (BVerfGE 79, aaO; BVerfG, NJW-RR 1993, aaO).
38
Abgesehen von diesen Fallgestaltungen kommt ein widersprüchliches Verhalten des Vermieters dann in Betracht, wenn er anlässlich des Vertragsschlusses von sich aus oder auf konkrete Fragen des Mieters vorsätzlich unrichtige Angaben ("Wissenserklärung") über den derzeitigen Stand ihm bekannter , für die Beurteilung einer Eigenbedarfssituation maßgebender Tatsachen macht (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, aaO Rn. 14). Dabei kommt es entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere den Inhalt der vom Mieter gestellten Fragen an. Fahrlässige Falschangaben zu solchen Tatsachen oder gar (schuldhafte oder schuldlose) Fehleinschätzungen über die Entwicklung der Eigenbedarfssituation können dagegen nicht die Grundlage für ein widersprüchliches Verhalten bilden, denn vom Vermieter kann nicht verlangt werden, dass er bei dem nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB privilegierten Personenkreis Erkundigungen darüber einzieht, wie deren Lebensplanung in den nächsten Jahren (wohl) aussehen wird, und sich darüber schlüssig wird, wie sich sein eigenes Leben in den nächsten Jahren (wohl) entwickeln wird (vgl. LG Köln, aaO; LG Münster, aaO; Soergel/Heintzmann, aaO). Soweit im Berufungsurteil anklingt, dem Senatsurteil vom 20. März 2013 (VIII ZR 233/12) könne angesichts der Verwendung des Begriffes "absehbar" entnommen werden, der Senat sehe den Vermieter zu einer vorausschauenden Planung verpflichtet, übersieht das Berufungsgericht hierbei, dass dieser Begriff nicht vom Senat geprägt, sondern von den damaligen Parteien gebraucht worden war. Der Senat hat aus den Erklärungen der Vermieterseite zur "Absehbarkeit" eines Eigenbedarfs gerade keine Verpflichtung des Vermieters zur Ermitt- lung der künftigen Lebensplanung seiner Angehörigen und zur Beurteilung seiner eigenen Lebensplanung abgeleitet, sondern im Gegenteil ausgeführt, die Angaben des Vertreters der Vermieterin bezüglich der "Absehbarkeit" eines Eigenbedarfs hätten sich auf den damaligen Stand bezogen; ein auf künftige Entwicklungen bezogener Vertrauenstatbestand sei dadurch nicht erweckt worden , denn die persönlichen Verhältnisse eines Vermieters und seiner Familienangehörigen könnten sich ändern (Senatsurteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, aaO).
39
(b) Das Verhalten des Vermieters, der nach Abschluss des Mietvertrags Eigenbedarf geltend macht, hierzu aber bei Vertragsabschluss weder entschlossen war noch dies erwogen hatte und der auch über ihm bekannte, für das Entstehen von Eigenbedarf bedeutsame Tatsachen nicht vorsätzlich unrichtige Wissenserklärungen abgegeben hatte, rechtfertigt auch nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs.
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(aa) Anders als manche Stimmen in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum meinen (vgl. etwa LG Heidelberg, WuM 1991, 270; LG Gießen, aaO; Barthelmess, aaO), lässt sich allein aus dem Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags kein Vertrauenstatbestand dahin ableiten, dass das Mietverhältnis von längerer Dauer sein werde (Staudinger/Rolfs, aaO § 573 Rn. 116; Emmerich/Sonnenschein/Haug, aaO § 573 Rn. 53). Dagegen spricht schon die gesetzliche Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB, die - wenn das Mietverhältnis nicht länger als fünf Jahre gedauert hat - nur drei Monate beträgt (Staudinger/Rolfs, aaO; Emmerich/Sonnenschein/Haug, aaO). Der Mieter befindet sich damit in einer ähnlichen Situation wie der Vermieter, der bei Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags ebenfalls damit rechnen muss, dass der Mieter gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigt.
41
(bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats. Soweit dort ausgeführt wird, der Vermieter dürfe dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt, bezieht sich dies ausschließlich auf die Fälle, in denen der Vermieter bei Vertragsabschluss entweder schon entschlossen ist, Eigenbedarf an dem Wohnraum geltend zu machen, oder dies zumindest erwägt (BVerfGE 79, 292, 308 ff.; BVerfG, NJW-RR 1993, 1357, 1358; Senatsurteile vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, aaO; vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, aaO; Senatsbeschlüsse vom 13. April 2010 - VIII ZR 180/09, aaO [Hinweisbeschluss], und vom 6. Juli 2010 - VIII ZR 180/09, aaO [Zurückweisungsbeschluss]; so auch LG Oldenburg, aaO; LG Münster, aaO). Dies verkennen manche Stimmen im Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung, die aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Bestehen einer allgemeinen Aufklärungspflicht ableiten wollen (vgl. etwa Schmidt-Futterer/Blank, aaO Rn. 137 ff.; LG Heidelberg , aaO).
42
Das Bundesverfassungsgericht und ihm folgend der Bundesgerichtshof legen einem Vermieter allein zur Vermeidung eines in den genannten Fällen auftretenden Widerspruchs zwischen früherem und späterem Verhalten eine Obliegenheit zur Aufklärung des Mieters auf (so zutreffend LG Münster, aaO). Eine allgemeine Aufklärungspflicht über mögliche oder konkret vorhersehbare Entwicklungen ("Bedarfsvorschau") wäre bereits mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht in Einklang zu bringen (vgl. Soergel/ Heintzmann, aaO), wonach dem Eigentümer die durch Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Freiheit zuzubilligen ist, seine Lebensplanung weitgehend frei zu gestalten (vgl. BVerfG, NJW-RR 1993, 1357, 1358; NJW 1993, 2166, 2167; vgl. auch BVerfG, NZM 1999, 659, 660).
43
(cc) Unabhängig von ihrer Unvereinbarkeit mit dem verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsschutz ließe sich eine allgemeine Aufklärungsverpflichtung auch nicht den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches entnehmen. Es ist grundsätzlich Sache jeder Partei, ihre Interessen selbst wahrzunehmen (BGH, Urteil vom 11. August 2010 - XII ZR 192/08, NJW 2010, 3362 Rn. 21 ff. mwN). Eine aus § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 242 BGB ableitbare allgemeine Offenbarungspflicht ist schon deswegen auszuschließen, weil der Mieter im Hinblick auf die Veränderlichkeit der Lebensumstände und Lebensplanungen des Vermieters und seiner Familien- und Haushaltsangehörigen (beispielsweise Eheschließung, Geburt, Heranwachsen und Ausbildung von Kindern, Veränderungen im Berufsleben, insbesondere Wechsel oder Verlust des Arbeitsplatzes, Erkrankung, Trennung des Vermieters vom Ehe- oder Lebenspartner , Trennung der Kinder von deren Partnern, Pflegebedürftigkeit der Eltern, des Ehegatten oder der Kinder, Veränderungen in den Einkommensund Vermögensverhältnissen etc.) nicht redlicherweise (§ 242 BGB) damit rechnen darf, dass solche durch vielfältige Faktoren beeinflussbaren Umstände für den Vermieter berechenbar sind. In Anbetracht der beschriebenen Unwägbarkeiten ist ein Vermieter daher nicht aus Gründen besonderer Rücksichtnahme gehalten, den Mieter allgemein über mögliche Entwicklungen aufzuklären (aA etwa Schmidt-Futterer/Blank, aaO Rn. 138 f.), zumal mit der Unterrichtung über mehr oder minder konkrete Möglichkeiten einer künftigen Eigennutzung für den Mieter in aller Regel kaum eine (spürbare) Planungssicherheit verbunden wäre. Der Mieter darf folglich - von den oben beschriebenen Fällen abgesehen - aufgrund eines Schweigens des Vermieters bei Vertragsschluss regelmäßig nicht darauf vertrauen, das Mietverhältnis werde länger andauern.
44
(c) Besteht damit keine rechtliche Basis für eine allgemeine Aufklärungspflicht des Vermieters bei lediglich vorhersehbarem Eigenbedarf, kann - von den oben beschriebenen Fällen abgesehen - aus einer unterlassenen Unter- richtung des Mieters weder eine Widersprüchlichkeit noch ein Rechtsmissbrauch abgeleitet werden. Zugleich scheidet auch der von manchen Stimmen im Schrifttum (Schmidt-Futterer/Blank, aaO Rn. 139; vgl. auch BeckOKBGB /Hannappel, aaO, § 573 Rn. 66 f.) gewählte Weg einer Schadensersatzverpflichtung des Vermieters wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten (§§ 242, 241 Abs. 2; § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB) aus, die zu der Unwirksamkeit einer gleichwohl ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung führen solle (vgl. hierzu auch AG Hamburg, aaO Rn. 43).
45
Abgesehen davon, dass das Gesetz - wie bereits ausgeführt - eine solche allgemeine Aufklärungspflicht nicht kennt, übersieht diese Auffassung, dass ein auf einen unterlassenen Hinweis einer möglicherweise eintretenden Eigenbedarfssituation gestützter Schadensersatzanspruch grundsätzlich nur auf den Ersatz des Vertrauensinteresses gerichtet wäre (vgl. etwa BGH, Urteile vom 6. April 2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 unter II 2 b aa; vom 19. Mai 2006 - V ZR 264/05, BB 2006, 1650 Rn. 21; jeweils mwN). Danach wäre der gekündigte Mieter (allenfalls) so zu stellen wie er bei Offenbarung der für seinen Vertragsentschluss maßgeblichen Umstände stünde (BGH, Urteil vom 19. Mai 2006 - V ZR 264/05, aaO Rn. 21 mwN). Er wäre grundsätzlich also so zu behandeln , als hätte er den für ihn nachteiligen Vertrag nicht geschlossen, so dass die ihm infolge eines "verfrühten" Umzugs entstandenen Mehrkosten und vergeblich getätigten Aufwendungen zu erstatten wären (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 334/11, NJW 2013, 450 Rn. 16 [zur Kapitalanlage]). Das Erfüllungsinteresse (Abschluss eines über längere Zeit nicht wegen Eigenbedarfs kündbaren Mietvertrags) wäre dagegen nicht zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2006 - V ZR 264/05, aaO Rn. 20; zu den Anforderungen hierfür vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 176/03, NJW-RR 2007, 32 Rn. 29 f.), denn die Zielsetzung einer aus dem Rücksichtnahmegebot abgeleiteten allgemeinen Aufklärungspflicht über vorhersehbare Eigenbedarfssituationen ginge - so sie denn bestünde - nur dahin, den Mieter in die Lage zu versetzen, aufgrund umfassender Informationen zu entscheiden, ob er den Wohnraum überhaupt anmieten und damit das Risiko eines Umzugs nach verhältnismäßig kurzer Zeit überhaupt eingehen will (vgl. hierzu auch Senatsurteile vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, aaO Rn. 19; vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, aaO Rn. 12; Senatsbeschluss vom 13. April 2010 - VIII ZR 180/09, aaO).
46
(d) Dass den Vermieter keine Verpflichtung zu einer "Bedarfsvorschau" trifft, stellt den Mieter nicht schutzlos. Will er das Risiko künftiger Entwicklungen nicht auf sich nehmen, kann er vielmehr mit dem Vermieter für einen gewissen Zeitraum einen beiderseitigen Ausschluss der ordentlichen Kündigung oder einen einseitigen Ausschluss der Eigenbedarfskündigung vereinbaren (vgl. auch Senatsurteile vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, aaO; vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, aaO; vom 11. Dezember 2013 - VIII ZR 235/12, NZM 2014, 235 Rn. 12; vom 13. Juli 2013 - VIII ZR 388/12, NJW 2013, 2820 Rn. 17 [zur Zulässigkeit eines längerfristigen Kündigungsausschluss durch Individualvereinbarung ]; AG Hamburg, Urteil vom 5. Juni 2009 - 46 C 21/09, juris Rn. 43). Damit würde letztlich der Rechtszustand herbeigeführt, den eine in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum verbreitete Auffassung (zum Meinungsstand vgl. etwa Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 62/08, aaO Rn. 18; Staudinger/Rolfs, aaO Rn. 115; MünchKommBGB/Häublein, aaO Rn. 77) durch eine temporäre Treuwidrigkeit der Eigenbedarfskündigung zu erreichen versucht , indem sie dem Vermieter bei nicht offen gelegter "Vorhersehbarkeit" eines Eigenbedarfs in Anlehnung an die Bestimmung des § 564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB aF für die Dauer von fünf Jahren eine Eigenbedarfskündigung versagt.
47
(e) Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, ist der Vermieter grundsätzlich nicht gehindert, den Wohnraum später wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Etwas anderes gilt - wie bereits ausgeführt - unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, wenn der Vermieter einen Eigenbedarf, zu dessen Geltendmachung er bereits entschlossen ist oder den er zumindest erwägt, bei Vertragsabschluss nicht offenbart, oder wenn er vorsätzlich unrichtige Angaben über die für den späteren Eigenbedarf bedeutsamen Tatsachen macht. All diesen Fallgestaltungen ist gemein, dass es letztlich auf die Kenntnis des Vermieters von der Eigenbedarfssituation beziehungsweise der sie begründenden Umstände ankommt.
48
(aa) Für die Ermittlung solcher innerer Tatsachen darf allerdings nicht allein auf die Darstellung des Vermieters abgestellt werden. Vielmehr kommt es auf eine Würdigung der Gesamtumstände an (Senatsbeschlüsse vom 13. April 2010 - VIII ZR 180/09, aaO; vom 6. Juli 2010 - VIII ZR 180/09, aaO). Dabei kann auch auf objektive (äußerliche) Umstände zurückgegriffen werden, sofern diese tragfähige Anhaltspunkte für den Kenntnisstand des Vermieters bilden (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 2014 - VIII ZR 376/13, NJW 2014, 2864 Rn. 37 [zur Einordnung eines Mischmietverhältnisses]). Ergeben die Gesamtumstände, dass der Grund für den Eigenbedarf bei Mietvertragsabschluss schon nach Zeit und Umständen konkret vorgelegen hat (vgl. Staudinger/Rolfs, aaO Rn. 116, und Emmerich/Sonnenschein/Haug, aaO), kann dies - sofern nicht die konkreten Umstände des Einzelfalls dagegen sprechen - den Schluss rechtfertigen, dass der Vermieter den Eigenbedarf schon bei Vertragsabschluss (zumindest) erwogen hat.
49
(bb) Indizwirkung kann auch - gegebenenfalls mit weiteren Umständen - den zeitlichen Abläufen zukommen (vgl. auch Barthelmess, aaO; Bub/Treier/Grapentin, aaO Rn. 145). So kann die Tatsache, dass der Vermieter das Mietverhältnis kurze Zeit nach Abschluss des unbefristeten Mietvertrags kündigt, nahe legen, dass er eine Eigennutzung schon bei Vertragsabschluss beabsichtigt oder zumindest erwogen hat (Senatsbeschlüsse vom 13. April 2010 - VIII ZR 180/09, aaO, und vom 6. Juli 2010 - VIII ZR 180/09, aaO [Kündigung erfolgte knapp drei Monate nach Vertragsabschluss]). Umgekehrt kann das Verstreichen einer mehrjährigen Zeitspanne zwischen Vertragsabschluss und Eigenbedarfskündigung - je nach Fallgestaltung - den Schluss zulassen, dass der Eigenbedarf vom Vermieter bei Zustandekommen des Mietvertrags noch nicht erwogen worden ist (vgl. Barthelmess, aaO; Bub/Treier/Grapentin, aaO).
50
Dabei lassen sich aber keine festen Fristen festlegen. Insbesondere ist die in § 564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB aF vorgesehene fünfjährige Höchstfrist für den Abschluss eines Zeitmietvertrags kein geeigneter Anknüpfungspunkt. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in seinen Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre ergangenen Entscheidungen an die nach damaligem Recht für einen befristeten Mietvertrag geltende Höchstfrist von fünf Jahren angeknüpft (BVerfGE 79, 292, 310). Dabei hat es aber ausschließlich eine verfassungsrechtliche Betrachtung angestellt, was in folgenden Ausführungen deutlich wird: "Liegt zwischen dem Zeitpunkt, zu dem der für den Eigentümer nunmehr maßgebliche Sachverhalt eingetreten ist, und der Kündigungserklärung ein Zeitraum von mehr als fünf Jahren, so fehlt es […] an einem verfassungs- rechtlich zureichenden Grund, dem Vermieter die Berufung auf die Kündigungsfolgen zu versagen" (BVerfGE 79, 292, 310).
51
Die nunmehr geltende Bestimmung des § 575 BGB sieht eine solche Höchstfrist aber nicht mehr vor (vgl. auch BT-Drucks. 14/4553, S. 70). Zudem haben die Fachgerichte einen anderen Maßstab als das Bundesverfassungsgericht anzulegen. Der Tatrichter hat unter Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles die Überzeugung zu gewinnen, ob der Ausspruch der Eigenbedarfskündigung rechtsmissbräuchlich ist oder nicht. Eine schematische Betrach- tung verbietet sich daher. Danach kann eine Eigenbedarfskündigung, die der Vermieter schon bei Vertragsabschluss beabsichtigt oder erwogen hat, ohne dies dem Mieter zu offenbaren, oder die er auf Gründe stützt, zu denen er bei Vertragsschluss vorsätzlich unrichtige Angaben gemacht hat, auch dann, wenn noch keine fünf Jahre seit Vertragsschluss verstrichen sind, ihre Rechtsmissbräuchlichkeit "eingebüßt" haben. Umgekehrt kann eine Eigenbedarfskündigung in bestimmten Einzelfällen auch dann noch rechtsmissbräuchlich sein, wenn zwischen dem Abschluss des Mietvertrags und der Kündigung mehr als fünf Jahre liegen, so etwa wenn der Vermieter weiß, dass er die Wohnung zu einem bestimmten Zeitpunkt definitiv benötigen wird.
52
c) Gemessen an den aufgezeigten rechtlichen Maßstäben ist die vom Kläger ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nicht wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen, im Revisionsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags mit der Beklagten weder erwogen , die Mietwohnung seiner Tochter zu überlassen, noch war er hierzu entschlossen. Auf die vom Berufungsgericht in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gerückte Prüfung, ob der später von der Tochter des Klägers gefasste Wunsch, nach Rückkehr von ihrem einjährigen Auslandsaufenthalt eine eigene Wohnung zu beziehen, für ihn vorhersehbar gewesen war, kommt es aus Rechtsgründen nicht an. Denn der Kläger war nicht verpflichtet, bei oder vor Vertragsschluss eine "Bedarfsvorschau" anzustellen und die Beklagte darauf hinzuweisen, dass seine Tochter möglicherweise in naher Zukunft die vermietete Wohnung benötigen könne.
53
Es spielt daher für die Entscheidung des Rechtsstreits keine Rolle, dass dem Berufungsgericht bei der Umsetzung seines Rechtsstandpunkts ein weiterer Rechtsfehler unterlaufen ist, indem es zwei sich einander widersprechende Bewertungsmaßstäbe angelegt hat. Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs noch "hinreichend konkrete Anhaltspunkte" dafür verlangt, dass das Mietverhältnis nur von kurzer Dauer sein werde, im Ergebnis dann aber doch eine bei "umsichtiger Vorausschau" erkennbare Möglichkeit einer künftigen Eigenbedarfssituation genügen lassen. Denn es hat eine Vorhersehbarkeit des Eigenbedarfs bejaht, obwohl es angenommen hat, dass sich noch nicht einmal die Tochter des Klägers zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses konkrete Vorstellungen über einen Auszug aus dem elterlichen Heim gemacht haben möge. Es hat dem Kläger schon allein deswegen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten angelastet, weil er habe voraussehen müssen, dass seine Tochter, deren Abitur rund ein Jahr nach Vertragsabschluss anstand, nach einem sich daran anschließenden einjährigen Auslandsaufenthalt in der Region H. /M. /Ma. /F. einen Ausbildungsplatz annehmen würde und eine eigene Wohnung würde beziehen wollen.
54
Auch auf die von der Revision in diesem Zusammenhang zu Recht erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe bei seiner Würdigung den Teil der Bekundungen der in beiden Tatsacheninstanzen als Zeugin vernommenen Tochter des Klägers, die den noch nicht ausgereiften Stand ihrer Lebensplanung bei Abschluss des Mietvertrages beschrieben hätten, nicht ausreichend berücksichtigt , kommt es nicht an. Wie bereits mehrfach ausgeführt, trifft den Vermieter unabhängig vom Grad der Vorhersehbarkeit oder der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines künftigen Eigenbedarfs (vorhersehbare Möglichkeit eines künftigen Eigenbedarfs oder konkrete Anhaltspunkte hierfür) keine Verpflichtung zu einer "Bedarfsvorschau" und einer Unterrichtung des Mieters über das Ergebnis einer solchen Ermittlung.

III.

55
Nach alledem hat das Berufungsurteil keinen Bestand; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Vorliegen eines Eigenbedarfs oder zu Härtegründen im Sinne von § 574 BGB getroffen hat. Er ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat macht dabei von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Im Verlauf des weiteren Verfahrens wird das Berufungsgericht in eigener Zuständigkeit zu entscheiden haben, ob die Voraussetzungen für die Erhebung der von der Beklagten in zweiter Instanz angetretenen Beweise zu den von ihr behaupteten Äußerungen des Klägers anlässlich der Beanstandung einer Betriebskostenabrechnung zu erheben sind. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
AG Mannheim, Entscheidung vom 24.07.2013 - 10 C 213/13 -
LG Mannheim, Entscheidung vom 17.04.2014 - 4 S 93/13 -

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Nimmt der wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht vor dem Beginn der Zwangsvollstreckung vor, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder auf die andere Leistung richten; der Schuldner kann sich jedoch, solange nicht der Gläubiger die gewählte Leistung ganz oder zum Teil empfangen hat, durch eine der übrigen Leistungen von seiner Verbindlichkeit befreien.

(2) Ist der wahlberechtigte Gläubiger im Verzug, so kann der Schuldner ihn unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Vornahme der Wahl auffordern. Mit dem Ablauf der Frist geht das Wahlrecht auf den Schuldner über, wenn nicht der Gläubiger rechtzeitig die Wahl vornimmt.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 97/05 Verkündet am:
12. Mai 2006
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die durch einen Vorvertrag begründete Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages
führt in einem gerichtlichen Verfahren um den Inhalt des abzuschließenden Vertrages
dazu, dass jede Partei des Vorvertrags berechtigt ist, die Erfüllung der übernommenen
Verpflichtung durch Klage auf Abgabe einer von ihr formulierten Vertragserklärung
zu verlangen. Sache der beklagten Partei ist es sodann, einen möglichen
Gestaltungsspielraum einwendungsweise durch konkrete Alternativvorschläge
geltend zu machen. Unterlässt sie dies, ist die Klage begründet, wenn die von dem
Kläger formulierten Regelungen des abzuschließenden Vertrages den Vorgaben des
Vorvertrages, dessen Auslegung sowie Treu und Glauben entsprechen.
BGH, Urt. v. 12. Mai 2006 - V ZR 97/05 - OLG München
LG München I
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. März 2005 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Eigentümer eines mit einem Geschäftshaus bebauten Grundstücks in M. . Mit notariell beurkundetem "Mietvertrag mit Kaufoption“ vom 15. Oktober 1998 vermietete er das Grundstück für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2008 dem Beklagten. Die eingeräumte Option berechtigte den Beklagten, ab dem 1. Dezember 2000 von dem Kläger mit schriftlicher Erklärung den Abschluss eines notariell beurkundeten Vertrags zu verlangen, durch den das Grundstück für 7.000.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer dem Beklagten verkauft würde. Über die Bezeichnung des Grundstücks , den Kaufpreis und Regelungen zu dessen Fälligkeit in dem abzuschließenden Vertrag hinaus enthält der Vertrag vom 15. Oktober 1998 insoweit keine weiteren Einzelheiten.
2
Der Beklagte übte sein Recht mit auf den 8. Dezember 2000 datiertem Schreiben aus. Mit der Behauptung, seine Erklärung auf Bitten des Klägers zum Schein abgegeben zu haben, verweigert er den Abschluss eines Kaufvertrags über das Grundstück.
3
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ein im Klageantrag im Einzelnen formuliertes Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags über das Grundstück abzugeben und nach näheren Vorgaben die Auflassung des Grundstücks entgegenzunehmen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


4
Das Berufungsgericht bejaht die Verpflichtung des Beklagten, die von dem Kläger verlangten Erklärungen abzugeben. Es meint, die Optionsvereinbarung sei als durch die Ausübung des vereinbarten Rechts aufschiebend bedingter Vorvertrag auszulegen. Der Vertrag sei wirksam. Die vereinbarte Bedingung sei durch die Erklärung des Beklagten eingetreten. Notarieller Beurkundung habe es hierzu nicht bedurft. Dass die Erklärung nur zum Schein abgegeben worden sei, sei nicht bewiesen.
5
Soweit die Einzelheiten des abzuschließenden Kaufvertrags in dem Vorvertrag nicht geregelt seien, seien diese im Wege der ergänzenden Ver- tragsauslegung bzw. nach §§ 315 ff. BGB zu bestimmen. Nachdem der Beklagte seine Mitwirkung verweigert habe, habe der Kläger die Ausformulierung des Vertrags allein vornehmen können. Die von ihm verlangte Vertragsgestaltung sei nicht unbillig. Sie entspreche in der Praxis üblichen Grundstückskaufverträgen , wie sie die Parteien hätten wählen wollen.

II.


6
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nur im Ergebnis stand.
7
1. Die Klage ist zulässig. Ihr fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Soweit mit einer Klage das Zustandekommen eines Vertrages erstrebt wird, ist die Klage zwar grundsätzlich auf die Annahme eines von dem Kläger zu formulierenden Vertragsangebots zu richten. Bedarf es zum Zustandekommen des Vertrags notarieller Beurkundung der beiderseitigen Erklärungen, kann die Klage jedoch auch auf die Abgabe eines Vertragsangebots gerichtet werden. Um den beabsichtigten Vertrag zustande zu bringen, hat der Kläger das Angebot, zu dessen Abgabe der Beklagte verurteilt worden ist, in notariell beurkundeter Form anzunehmen. So kann die mehrfache Beurkundung eines Angebots vermieden werden, die notwendig wäre, wenn das zur Entscheidung angerufene Gericht die Meinung des Klägers zum Inhalt eines von ihm abgegebenen Vertragsangebots , dessen Annahme er von dem Beklagten verlangt, nicht vollständig teilt (Senat, BGHZ 98, 130, 133 f.; ferner Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 34/92, NJW-RR 1994, 1272, 1273).
8
2. Die Ausübung des im Vertrag vom 15. Oktober 1998 vereinbarten Rechts verpflichtet den Beklagten, die von dem Kläger verlangten Erklärungen abzugeben.
9
a) Das Berufungsgericht hat die am 15. Oktober 1998 beurkundete "Kaufoption“ als aufschiebend bedingten Vorvertrag ausgelegt. Eine solche Auslegung ist nicht nur möglich, sondern auch nahe liegend, weil nur sie der lediglich schriftlichen Erklärung, die nach der unter Mitwirkung eines Notars vereinbarten Kaufoption für die Ausübung des Optionsrechts genügen soll, zur Wirksamkeit verhilft (vgl. Staudinger/Bork, BGB [2003], Vorbem. zu §§ 145-156, Rdn. 72). Auslegungsfehler zeigt die Revision insoweit nicht auf. Dass die Bedingungen des abzuschließenden Kaufvertrags in dem Vertrag vom 15. Oktober 1998 nicht vollständig geregelt sind, berührt die Wirksamkeit der vereinbarten Regelung nicht.
10
aa) Nach der Auslegungsregel von § 154 Abs. 1 S. 1 BGB kommt ein bindender Vertrag zwar erst zustande, wenn sich die Parteien über alle nach ihrer Vorstellung regelungsbedürftigen Punkte geeinigt haben. Die Regel gilt jedoch nur im Zweifel und hindert die Parteien nicht, sich durch den Abschluss eines Vorvertrags zunächst nur hinsichtlich einzelner Punkte zu binden und die Bereinigung der offen gebliebenen Punkte einer späteren Verständigung vorzubehalten (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 97, 147, 154; Urt. v. 25. November 1964, V ZR 169/62, BB 1965, 103; Urt. v. 9. November 1966, V ZR 39/64, NJW 1967, 153; MünchKomm-BGB/Kramer, 4. Aufl., Vor § 145 Rdn. 44; Staudinger/Bork, aaO, § 154 Rdn. 6 f.; Ritzinger, NJW 1990, 1201, 1202 f). Im Hinblick auf § 154 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Annahme eines Vorvertrags allerdings nur gerechtfertigt , wenn besondere Umstände darauf schließen lassen, dass sich die Parteien ausnahmsweise vor der abschließenden Einigung über alle regelungsbedürfti- gen Punkte vertraglich binden wollten (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 30. April 1992, VII ZR 159/91, NJW-RR 1992, 977; MünchKomm-BGB/Kramer, aaO, Vor § 145 Rdn. 43; Ritzinger, aaO, 1202 jeweils m.w.N.). So liegt es hier. Im Hinblick auf die notarielle Beurkundung der Vereinbarung steht der Bindungswille der Parteien außer Zweifel (vgl. Senat, Urt. v. 6. Mai 1988, V ZR 32/87, NJWRR 1988, 970, 971; RGZ 73, 116, 119 f.; Staudinger/Bork, aaO, Vorbem. zu §§ 145-156 Rdn. 52; Ritzinger, aaO, 1202).
11
bb) Soweit die Einzelheiten der zu treffenden Regelungen dem abzuschließenden Vertrag vorbehalten sind, führt das Fehlen der Einigung der Vertragsparteien nur dann zur Unwirksamkeit des Vorvertrags, wenn die Parteien den nicht geregelten Punkt für wesentlich angesehen haben (vgl. BGH, Urt. v. 28. September 1964, VIII ZR 101/63, WM 1964, 1216, 1218; u. v. 20. September 1989, VIII ZR 143/88, NJW 1990, 1234, 1235). In einem solchen Fall - der bei vorhandenem Bindungswillen allerdings kaum vorstellbar ist - ist die Feststellung dessen, was zu gelten hat, nicht möglich. Es ist keine Lücke innerhalb einer getroffenen Vereinbarung zu schließen, sondern es fehlt an dem von den Vertragsparteien für wesentlich angesehenen Inhalt ihrer vertraglichen Einigung (vgl. BGH, Urt. v. 4. Oktober 1967, VIII ZR 105/66, WM 1967, 1250, 1251). In allen anderen Fällen kann die nähere Ausgestaltung der Vertragsbedingungen der späteren Einigung vorbehalten werden, ohne dass die Wirksamkeit des Vorvertrags dadurch in Frage gestellt wird (BGH, Urt. v. 30. April 1992, VII ZR 159/91, NJW-RR 1992, 977, 978; u. v. 21. Oktober 1992, XII ZR 173/90, NJW-RR 1993, 139, 140; RGZ 73, 116, 119).
12
So verhält es sich hier. Dass die Parteien über die Fälligkeit des Kaufpreises hinaus einen weiteren nicht geregelten Nebenpunkt als vertragswesentlich angesehen hätten, ist nicht behauptet.
13
Inhaltlich ist es im Übrigen zwar erforderlich, aber auch ausreichend, dass die wesentlichen Bestandteile des Hauptvertrags (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 28. September 1964, VIII ZR 101/63, WM 1964, 1216; v. 20. September 1989, VIII ZR 143/88, NJW 1990, 1234; u. v. 21. Oktober 1992, XII ZR 173/90, NJW-RR 1993, 139, 140) und die Verpflichtung, über die weiteren Einzelheiten des abzuschließenden Vertrages eine Einigung herbeizuführen, festgelegt sind.
14
Dem genügt der Vertrag vom 15. Oktober 1998. Der zum Erwerb des Grundstücks abzuschließende Vertrag ist als Kaufvertrag bezeichnet. Die Vertragsparteien , der Kaufgegenstand und der Kaufpreis sind bestimmt. Einzelheiten zum Inhalt des abzuschließenden Vertrages, die die Parteien ihren künftigen Verhandlungen vorbehalten hatten, konnte und brauchte die Vereinbarung nicht zu enthalten.
15
cc) Der Vertrag vom 15. Oktober 1998 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die von § 313 S. 1 BGB a.F. (jetzt: § 311b Abs. 1 S. 1 BGB) vorgeschriebene Form nicht gewahrt wäre. Ein Vorvertrag über den Kauf eines Grundstücks bedarf allerdings der notariellen Beurkundung (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 82, 398, 403; 142, 84, 87; Staudinger/Bork, aaO, Vorbem. zu §§ 145-156 Rdn. 60 m.w.N). Das ist geschehen.
16
Ohne Bedeutung ist, dass die einzelnen Regelungen des Hauptvertrages in der Vertragsurkunde vom 15. Oktober 1998 noch nicht enthalten sind (und auch nicht enthalten sein können). Der Vorvertrag begründet eine Verhandlungspflicht. Gegenstand der Verhandlungspflicht sind die Vertragsbedingungen , deren Regelung von den Vertragsparteien dem Hauptvertrag vorbehalten worden sind und die darum auch erst in diesem zu beurkunden sind. Für die Klage aus einem formbedürftigen Vorvertrag bedeutet dies, dass sich die ver- langte Vertragserklärung nicht auf die bereits vereinbarten und beurkundeten Regelungen beschränken muss und dass der weitere Vertragsinhalt nicht daran zu messen ist, ob in der Vorvertragsurkunde ein entsprechender Parteiwille zumindest andeutungsweise zum Ausdruck kommt. Diese Frage stellt sich nur, soweit der Inhalt des Hauptvertrags in dem Vorvertrag bestimmt werden sollte und darum in diesem formwirksam erklärt werden musste (vgl. Senat, Urt. v. 18. April 1986, V ZR 32/85, NJW 1986, 2820, 2822; u. v. 6. Mai 1988, V ZR 32/87, NJW-RR 1988, 970, 971). Soweit dies nicht der Fall ist, kommt es nur insofern auf die formgerechte Andeutung des Parteiwillens an, als die Vorgaben des Vorvertrags, denen die mit der Klage verlangte Vertragserklärung entsprechen muss, der Beurkundung bedürfen. Der gesetzliche Maßstab von § 242 BGB und hieraus abzuleitende Pflichten der Vertragsparteien werden dagegen von dem Formerfordernis nicht berührt.
17
Daher war der Kläger auch wegen der Formbedürftigkeit des Vertrages vom 15. Oktober 1998 nicht gehalten, das mit der Klage verlangte Vertragsangebot auf die bereits formgerecht vereinbarten Bedingungen zu beschränken. Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es insoweit auch keiner Andeutung in dem beurkundeten Vertragstext. Soweit die von dem Kläger verlangten Vertragserklärungen über den vereinbarten Vertragsinhalt hinausgehen, konnten und mussten sie in dem Vertrag vom 15. Oktober 1998 noch nicht beurkundet werden. Der Formzwang von § 313 S. 1 BGB a.F. erstreckt sich allerdings auf den von dem Berufungsgericht ermittelten Willen der Parteien, den abzuschließenden Kaufvertrag nach einem in der Praxis üblichen Muster zu gestalten.
18
Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob bei einem beurkundungsbedürftigen Vertrag auch der durch ergänzende Vertragsauslegung zu ermit- telnde hypothetische Parteiwille einen formgerechten Niederschlag in der Urkunde gefunden haben muss (so RGRK/Krüger-Nieland, BGB, 12. Aufl., § 125 Rdn. 10; vgl. auch BGB, Urt. v. 23. Februar 1987, II ZR 183/86; NJW 1987, 2437, 2438; a.A. die herrschende Lehre, vgl. nur Staudinger Roth, aaO., 157 Rdn. 12 und MünchKomm-BGB/Mayer-Maly/Busche, aaO, § 157 Rdn. 46) bedarf auch in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn die Auslegung des Berufungsgerichts bezieht sich nicht auf den mutmaßlichen Willen der Parteien , sondern auch die tatsächlich getroffene - und beurkundete - Vereinbarung , im Fall der Ausübung der Option umgehend einen notariell zu beurkundenden Kaufvertrag über das Grundstück abzuschließen.
19
b) Die Ausübungserklärung des Beklagten vom 8. Dezember 2000 bedurfte nicht der notariellen Beurkundung.
20
Ob ein Ankaufs- oder Optionsrecht bei Grundstücken in der Form des § 313 S. 1 BGB a.F. (jetzt § 311b Abs. 1 S. 1 BGB) ausgeübt werden muss, hängt von seiner konkreten, durch Auslegung zu ermittelnden Gestaltung in dem jeweiligen Einzelfall ab (Senat, Urt. v. 28. September 1962, V ZR 8/61, LM BGB § 433 Nr. 16). Ist das eingeräumte Recht als befristetes Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags zu qualifizieren, bedarf die Ausübung als Annahme des Angebots der notariellen Beurkundung. Ist dagegen ein durch die Optionsausübung aufschiebend bedingter Kaufvertrag geschlossen worden, muss die Erklärung, die den Bedingungseintritt bewirkt, nicht mehr beurkundet werden, weil der Schutzzweck von § 313 S. 1 BGB a.F. (jetzt § 311b Abs. 1 S. 1 BGB) durch die Beurkundung des bedingten Kaufvertrags gewahrt ist (st. Rspr.; vgl. Senat, BGHZ 140, 218, 220; Urt. v. 28. Juni 1996, V ZR 136/95, NJW-RR 1996, 1167). Das gewährleistet sowohl die sachkundige Beratung als auch den Schutz der Beteiligten vor Übereilung, weil der Notar über die rechtliche Bedeu- tung und die grundsätzliche Formfreiheit der Optionsausübung zu belehren hat (Senat, Urt. v. 28. Juni 1996, V ZR 136/95, NJW 1996, 1167). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - die Erklärung einen aufschiebend bedingt geschlossenen Vorvertrag in Geltung setzt.
21
c) Entgegen der Meinung der Revision ist die Erklärung des Beklagten vom 8. Dezember 2000 auch nicht als misslungenes Scheingeschäft gemäß § 118 BGB nichtig.
22
Der dem Beklagten obliegende Nachweis eines Scheingeschäfts ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum einen daran gescheitert, dass die hierzu vernommene Zeugin I. die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe ihn um eine "Pro-Forma-Erklärung“ gebeten, nicht eindeutig bestätigt, sondern lediglich von der Bitte um einen "Gefallen“ berichtet hat. Zum anderen hat sich das Berufungsgericht wegen erheblicher Zweifel an der Erinnerung der Zeugin außer Stande gesehen, seine Überzeugung auf deren Aussage zu gründen. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision rügt auch lediglich , das Berufungsgericht habe keine Feststellungen zu den Voraussetzungen von § 118 BGB getroffen, obwohl die Angaben der Zeugin auf ein misslungenes Scheingeschäft schließen ließen.
23
Die Rüge hat im Ergebnis keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar nicht bedacht, dass eine Willenserklärung, die mit dem bloß vermeintlichen, in Wahrheit aber nicht bestehenden Einverständnis des Empfängers nur zum Schein abgegeben wird, mangels Ernstlichkeit gemäß § 118 BGB nichtig ist (Senat, BGHZ 144, 331, 334; RGZ 168, 204, 205). Die Entscheidung beruht aber nicht auf diesem Rechtsfehler. Denn das Berufungsgericht hat die Aussage der Zeugin nicht nur unter dem Gesichtspunkt von § 117 Abs. 1 BGB gewür- digt und für unergiebig erachtet, sondern insgesamt als nicht hinreichend glaubhaft bewertet. Dieser Bewertung liegen allgemeine Zweifel an dem Erinnerungsvermögen der Zeugin zugrunde. Die Wertung ist von der unvollständigen rechtlichen Würdigung nicht beeinflusst und schließt es daher aus, dass sich das Berufungsgericht aufgrund der Angaben der Zeugin von dem Vorliegen eines misslungenen Scheingeschäfts überzeugt hätte.
24
d) Dass eine Einigung der Parteien über die Einzelheiten in dem abzuschließenden Vertrag nicht zustande kommt, führt, wie die Revision zutreffend ausführt, nicht dazu, dass ein Partner des Vorvertrags berechtigt wäre, die Einzelheiten des Hauptvertrags einseitig zu bestimmen (Soergel/Wolf, BGB, 13. Aufl., Vor § 145 Rdn. 62; Staudinger/Bork, aaO, Vorbem. zu §§ 145-156 Rdn. 58). Ein solches Recht liefe dem Wesen des Vorvertrags zuwider, die Nebenbestimmungen des abzuschließenden Hauptvertrags der Einigung der Parteien vorzubehalten. Trotzdem verbleibt es im Ergebnis bei der Entscheidung des Berufungsgerichts.
25
aa) Das Berufungsgericht legt den Vertrag vom 15. Oktober 1998 dahin aus, dass die Ausübung der vereinbarten Option durch den Beklagten nicht nur einen Anspruch des Beklagten gegen den Kläger begründet, einen Kaufvertrag über das Grundstück abzuschließen, sondern ebenso einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten. Insoweit erhebt die Revision keine Rügen. Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich.
26
bb) Ein Vorvertrag verpflichtet beide Parteien, an dem Aushandeln der Bedingungen des abzuschließenden Vertrages mitzuwirken (BGH, Urt. v. 21. September 1958, VIII ZR 119/57, WM 1958, 491, 492; u. v. 18. März 1981, VIII ZR 66/80, WM 1981, 695, 697 f.). Durch den Abschluss des Vorver- trags haben beide Vertragsparteien die Pflicht übernommen, sich mit den Vorschlägen der jeweils anderen Partei zum Inhalt des angestrebten Vertrages auseinanderzusetzen. Wird in einem gerichtlichen Verfahren um den Inhalt des abzuschließenden Vertrages gestritten, so ist jede Partei des Vorvertrags berechtigt , die Erfüllung der übernommenen Verpflichtung in Gestalt einer von ihr formulierten Vertragserklärung zu verlangen und zum Gegenstand einer Klage zu machen, sofern die andere Partei ihrer Verpflichtung zu ernsthaften Verhandlungen über den Inhalt des abzuschließenden Vertrages nicht nachkommt oder eine Einigung nicht zu erzielen ist. Sache der beklagten Partei ist es sodann , einen möglichen Gestaltungsspielraum einwendungsweise durch konkrete Alternativvorschläge geltend zu machen. Dem Kläger ist es hierauf überlassen , die Abweichungen durch Änderungen des Klageantrags - gegebenenfalls hilfsweise - zum Gegenstand der Klage zu machen oder aber, mit dem Risiko der Klageabweisung, auf seinem Antrag zu beharren (BGH, Urt. v. 18. November 1993, IX ZR 256/92, NJW-RR 1994, 317, 318; ferner Senat, Urt. v. 5. Februar 1971, V ZR 75/70, WM 1971, 351, 352). Kriterium der gerichtlichen Entscheidung ist, welcher Vorschlag den Vereinbarungen im Vorvertrag, dessen Auslegung (vgl. Senat, Urt. v. 18. Oktober 1961, V ZR 230/60, RdL 1962, 18, 19; v. 18. April 1986, V ZR 32/85, NJW 1986, 2820, 2822; v. 20. Juni 1986, V ZR 21/84, NJW 1986, 2822, 2823 - insoweit in BGHZ 98, 130 nicht abgedruckt; v. 6. Mai 1988, V ZR 32/87, NJW-RR 1988, 970, 971; u. v. 21. Dezember 2000, V ZR 254/99, NJW 2001, 1285, 1287; Staudinger/Bork, aaO, Vorbem zu §§ 145-156 Rdn. 57) und dem für die Erfüllung der Pflichten aus dem Vorvertrag geltenden Grundsatz von § 242 BGB entspricht. Die dispositiven gesetzlichen Regelungen sind dabei nicht ohne weiteres maßgebend, sondern nur dann, wenn die Auslegung des Vorvertrags ergibt, dass keine abweichende Regelung beabsichtigt ist (Senat, Urt. v. 4. März 1983, V ZR 209/81, WM 1983, 677, 678; u. v. 21. Dezember 2000, V ZR 254/99, NJW 2001, 1285, 1287). Unterlässt es der Beklagte, seine Vorschläge und Wünsche im Hinblick auf den abzuschließenden Vertrag in das Verfahren einzubringen, ist die Klage begründet, wenn die von dem Kläger formulierten Regelungen des abzuschließenden Vertrags den Vorgaben des Vorvertrags, dessen Auslegung sowie Treu und Glauben entsprechen.
27
So verhält es sich hier. Zum Inhalt des von dem Kläger verlangten Vertragsangebots hat der Beklagte in den Tatsacheninstanzen keine Einwendungen erhoben. Dass auch andere Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Nebenpflichten der Parteien aus dem abzuschließenden Kaufvertrag bestehen, ist rechtlich ohne Bedeutung. Soweit der Beklagte eine andere als die von dem Kläger verlangte Gestaltung des Vertrages herbeiführen wollte, oblag es ihm, seine Vorschläge hierzu in den Tatsacheninstanzen in das Verfahren einzuführen. Eines besonderen Hinweises durch das Berufungsgericht hierauf bedurfte es entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Revision nicht. Der Beklagte war bei sachgerechter Prozessführung gehalten, sich nicht nur mit dem Vorbringen zu verteidigen, er habe die Option nur zum Schein ausgeübt. Er musste vielmehr damit rechnen, dass er diese Behauptung nicht würde beweisen können, und für diesen Fall etwaige Einwendungen gegen den von dem Kläger vorgeschlagenen Inhalt des Hauptvertrages erheben und Alternativen dazu unterbreiten. Die verlangte Mitwirkung an der Auflassung und am Vollzug des Vertrages gehört zwar zur Erfüllung des abzuschließenden Kaufvertrags. Aus prozessökonomischen Gründen kann das Mitwirkungsverlangen jedoch mit dem Antrag auf Abgabe der verlangten Vertragserklärung verbunden werden (Senat, BGHZ 98, 130, 134 f.).
28
Die von dem Beklagten für das Zustandekommen eines Kaufvertrags über das Grundstück verlangten Erklärungen entsprechen den Vorgaben des Vertrags vom 15. Oktober 1998. Soweit dieser keine weiteren Regelungen für den abzuschließenden Hauptvertrag enthält, bedeutet es keinen Rechtsfehler, dass das Berufungsgericht dieser Tatsache und der Funktion des Vorvertrags, die Parteien für den Fall der Ausübung des dem Beklagten eingeräumten Rechts zum Abschluss eines Kaufvertrags über das Grundstück zu verpflichten, entnommen hat, dass der Kaufvertrag der üblichen Gestaltung von Kaufverträgen über bebaute genutzte Grundstücke zu entsprechen habe. Dem sowie dem Gebot von Treu und Glauben genügt das von dem Kläger formulierte Angebot. Insoweit erhebt die Revision auch keine Rügen.

III.


29
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 11.03.2004 - 31 O 10882/03 -
OLG München, Entscheidung vom 22.03.2005 - 18 U 2948/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 83/11 Verkündet am:
3. Februar 2012
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10. März 2011 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 17. März 2005 beschlossen die Wohnungseigentümer , die beiden im Hof stehenden Pappeln fällen zu lassen. Der Beschluss ist bestandskräftig. Die Verwalterin holte die Erlaubnis der Stadt ein und ließ die Bäume im Dezember 2005 fällen. Nachdem das beauftragte Unternehmen mit der Entfernung der Bäume begonnen hatte, forderte der Kläger die Verwalterin erfolglos zur Unterbrechung der Arbeiten auf, weil er die Bäume für gesund hielt. Mit der Klage begehrt er nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens die Feststellung, dass die Beklagte ihm den Ersatz des entstandenen Schadens schuldet. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht lässt offen, ob das erforderliche Feststellungsinteresse besteht, weil die Klage jedenfalls unbegründet sei. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hafte nicht für eine schuldhafte Pflichtverletzung der Verwalterin. Diese werde nicht als ihre Erfüllungsgehilfin tätig, sondern nehme eigene Aufgaben wahr.

II.

3
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
4
1. Die Revision ist zulässig. Sie ist allerdings nur wegen der Bindung des Revisionsgerichts an die Zulassung (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO) als statthaft zu behandeln; die Entscheidung des Berufungsgerichts lässt - nicht zum ersten Mal (siehe z.B. Senatsurteil vom 21. Oktober 2011 - V ZR 265/10, WuM 2012, 48 Rn. 4) - die an Allgemeinbelange gebundene Beschränkung des Zugangs zur Revision durch die in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmten Zulassungsgründe außer Acht.
5
a) Der in dem angefochtenen Urteil genannte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) liegt offensichtlich nicht vor. Für das Berufungsgericht kommt eine Zulassung der Revision aus diesem Zulassungsgrund nur in den Fällen der Divergenz in Betracht, wenn also seine Entscheidung von derjenigen eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (vgl. Senat , Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292 ff.). Dazu ist in dem angefochtenen Urteil nichts ausgeführt und auch nicht ansatzweise etwas erkennbar. Soweit dieser Zulassungsgrund auch andere Fallgruppen erfasst, nämlich verallgemeinerungsfähige Rechtsfehler, Verstöße gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) und Verletzungen von Verfahrensgrundrechten (insbesondere Art. 103 Abs. 1 GG), vermag dies zwar auf eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) die Zulassung einer Revision durch den Bundesgerichtshof , aber nicht die Zulassung eines Rechtsmittels durch ein Berufungs - oder Beschwerdegericht zu begründen. Solche Fehler, die das Vertrauen in die Rechtsprechung zu schädigen geeignet sind (vgl. Senat aaO., 295), hat nämlich jedes Gericht tunlichst zu vermeiden und nicht nur (vorsorglich) deren Behebung (mit der Zulassung eines Rechtsmittels) durch den Bundesgerichtshof zu ermöglichen (Senat, Beschluss vom 17. August 2011 - V ZB 128/11, NJW-RR 2011, 1459 Rn. 8 ff. zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
6
b) Ebenso wenig ist der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts ersichtlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Er setzt voraus, dass der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Ein solcher Anlass besteht für die Entwicklung höchstrichterlicher Leitsätze nur dann, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. Senat, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292). Dies ist nicht der Fall, wie bereits der Umstand belegt, dass das Berufungsgericht selbst der Meinung war, sich mit seiner Sachentscheidung der „ganz herrschendenAuffassung in Literatur und Rechtsprechung“ anzuschließen.
7
2. Die Revision ist in der Sache unbegründet. Das Berufungsgericht lässt offen, ob der Feststellungsklage das Rechtsschutzbedürfnis deshalb fehlt, weil eine bezifferte Leistungsklage möglich ist. Hiergegen bestehen dann keine Bedenken , wenn der sowohl für die Feststellungs- als auch für die Leistungsklage maßgebliche Anspruchsgrund zu verneinen und demnach auch die Leistungsklage unbegründet wäre (Senat, Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 285/85, NJW 1987, 2808, 2809; Musielak/Foerste, ZPO, 8. Aufl., vor § 253 Rn. 12). So ist es hier. Die Klage ist sowohl als Feststellungs- als auch als Leistungsklage unbegründet.
8
a) Das Berufungsgericht hat Schadensersatzansprüche des Klägers, soweit er sie nicht auf ein eigenes Verschulden der Beklagten, sondern auf eine behauptete Pflichtverletzung des Verwalters im Zusammenhang mit der Entfernung der Bäume stützt, im Ergebnis ohne Rechtsfehler verneint. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verwalter im Verhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft zu dem einzelnen Wohnungseigentümer Erfüllungsgehilfe gemäß § 278 BGB ist. Ansprüche des Klägers gemäß § 280 Abs. 1, § 278 BGB scheiden nämlich schon deshalb aus, weil eine schadensursächliche Pflichtverletzung des Verwalters auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts nicht ersichtlich ist. Die Entfernung der Bäume beruhte auf einem bestandskräftigen Beschluss der Wohnungseigentümer, der lediglich die vorherige Erlaubnis der Stadt zur Voraussetzung machte. Anlass für die Maßnahme war ausweislich der Beschlussvorlage für einen der Bäume die schon seit längerer Zeit bestehende Fällgenehmigung der Stadt, hinsichtlich des zweiten Baumes eine Empfehlung der Entfernung wegen einer nur noch für wenige Jahre bestehenden Standfestigkeit. Über diese eher vagen Beweggründe hinaus enthielt der Beschluss keine weiteren Einschränkungen etwa dahingehend, dass seiner Umsetzung noch eine weitere Überprüfung der Standfestigkeit vorangehen solle. Die Verwalterin war gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verpflichtet, den Beschluss zu vollziehen, indem sie die Erlaubnis der Stadt einholte und die Entfernung der Bäume in Auftrag gab. Durch die von dem Kläger begehrte Weisung an den beauftragten Unternehmer, die Arbeiten zu einem Zeitpunkt abzubrechen, als nur noch die Stämme standen, hätte sie sich schadensersatzpflichtig machen können. Soweit der Kläger darüber hinaus behauptet hat, die Verwalterin habe der Stadt den Beginn der Baumarbeiten nicht angezeigt, wäre ein solcher Verstoß gegen die öffentlich-rechtliche Anzeigepflicht nicht ursächlich für die Entfernung der Bäume, nachdem die Erlaubnis als solche bereits erteilt worden war. Die Anzeigepflicht bezieht sich allein auf den Zeitpunkt der Arbeiten.
9
b) Ebenso wenig haftet die Beklagte für eine eigene Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Soweit die Revision meint, ein auf den Zustand der Bäume bezogenes Wissen des Verwalters sei der Beklagten gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechenbar, übersieht sie, dass der bestandskräftige Beschluss die Entfernung der Bäume nur an die Voraussetzung einer Erlaubnis der Stadt knüpfte. Der Einwand, die Beschlussfassung habe nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen, ist aufgrund der Bestandskraft ausgeschlossen (vgl. Senat , Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 202/10, NJW 2011, 2660 Rn. 16). Selbst wenn ein bestandskräftiger Beschluss anfechtbar gewesen sein sollte, kann ein einzelner Wohnungseigentümer nicht gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangen, dass seine Umsetzung unterbleibt. Allenfalls bei einer schwerwiegenden nachträglichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse könnte ein solcher Anspruch in Betracht kommen (Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 21 Rn. 54). Dafür ist angesichts der beschlossenen Voraussetzungen für die Maßnahme nichts ersichtlich.

III.

10
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 04.03.2010 - 202 C 328/09 -
LG Köln, Entscheidung vom 10.03.2011 - 29 S 60/10 -

(1) Wird eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, dass die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit. Der Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen.

(2) Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so kann sie, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Die in § 802 für die Verjährung gegebenen Vorschriften finden Anwendung.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Als Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sind alle Arten von Verbindlichkeiten aus Bankgeschäften sowie alle Verbindlichkeiten von Finanzdienstleistungsinstituten oder Wertpapierinstituten gegenüber in- und ausländischen Kreditinstituten auszuweisen, sofern es sich nicht um verbriefte Verbindlichkeiten (Passivposten Nr. 3) handelt. Hierher gehören auch Verbindlichkeiten aus Namensschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen, die nicht Teile einer Gesamtemission sind, Namensgeldmarktpapieren, Haben-Salden aus Effektengeschäften und aus Verrechnungskonten sowie Verbindlichkeiten aus verkauften Wechseln einschließlich eigener Ziehungen, die den Kreditnehmern nicht abgerechnet worden sind.

(2) Als Verbindlichkeiten gegenüber Kunden sind alle Arten von Verbindlichkeiten gegenüber in- und ausländischen Nichtbanken (Kunden) auszuweisen, sofern es sich nicht um verbriefte Verbindlichkeiten (Passivposten Nr. 3) handelt. Hierzu gehören auch Verbindlichkeiten aus Namensschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen, die nicht Teile einer Gesamtemission sind, Namensgeldmarktpapieren, Sperrguthaben und Abrechnungsguthaben der Anschlußfirmen im Teilzahlungsfinanzierungsgeschäft, soweit der Ausweis nicht unter dem Posten "Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" (Passivposten Nr. 1) vorzunehmen ist, sowie "Anweisungen im Umlauf".

(3) Verbindlichkeiten, die einem Institut dadurch entstehen, daß ihm von einem anderen Institut Beträge zugunsten eines namentlich genannten Kunden mit der Maßgabe überwiesen werden, sie diesem erst auszuzahlen, nachdem er bestimmte Auflagen erfüllt hat (sogenannte Treuhandzahlungen), sind unter "Verbindlichkeiten gegenüber Kunden" (Passivposten Nr. 2) auszuweisen, auch wenn die Verfügungsbeschränkung noch besteht. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn nach dem Vertrag mit dem die Treuhandzahlung überweisenden Kreditinstitut nicht der Kunde, sondern das empfangende Institut der Schuldner ist.

(4) Als Spareinlagen sind nur unbefristete Gelder auszuweisen, die folgende vier Voraussetzungen erfüllen:

1.
sie sind durch Ausfertigung einer Urkunde, insbesondere eines Sparbuchs, als Spareinlagen gekennzeichnet;
2.
sie sind nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt;
3.
sie werden nicht von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, wirtschaftlichen Vereinen, Personenhandelsgesellschaften oder von Unternehmen mit Sitz im Ausland mit vergleichbarer Rechtsform angenommen, es sei denn, diese Unternehmen dienen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken oder es handelt sich bei den von diesen Unternehmen angenommenen Geldern um Sicherheiten gemäß § 551 des Bürgerlichen Gesetzbuchs;
4.
sie weisen eine Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten auf.
Sparbedingungen, die dem Kunden das Recht einräumen, über seine Einlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten bis zu einem bestimmten Betrag, der jedoch pro Sparkonto und Kalendermonat 2 000 Euro nicht überschreiten darf, ohne Kündigung zu verfügen, schließen deren Einordnung als Spareinlagen im Sinne dieser Vorschrift nicht aus. Geldbeträge, die auf Grund von Vermögensbildungsgesetzen geleistet werden, gelten als Spareinlagen. Bauspareinlagen gelten nicht als Spareinlagen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Als Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sind alle Arten von Verbindlichkeiten aus Bankgeschäften sowie alle Verbindlichkeiten von Finanzdienstleistungsinstituten oder Wertpapierinstituten gegenüber in- und ausländischen Kreditinstituten auszuweisen, sofern es sich nicht um verbriefte Verbindlichkeiten (Passivposten Nr. 3) handelt. Hierher gehören auch Verbindlichkeiten aus Namensschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen, die nicht Teile einer Gesamtemission sind, Namensgeldmarktpapieren, Haben-Salden aus Effektengeschäften und aus Verrechnungskonten sowie Verbindlichkeiten aus verkauften Wechseln einschließlich eigener Ziehungen, die den Kreditnehmern nicht abgerechnet worden sind.

(2) Als Verbindlichkeiten gegenüber Kunden sind alle Arten von Verbindlichkeiten gegenüber in- und ausländischen Nichtbanken (Kunden) auszuweisen, sofern es sich nicht um verbriefte Verbindlichkeiten (Passivposten Nr. 3) handelt. Hierzu gehören auch Verbindlichkeiten aus Namensschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen, die nicht Teile einer Gesamtemission sind, Namensgeldmarktpapieren, Sperrguthaben und Abrechnungsguthaben der Anschlußfirmen im Teilzahlungsfinanzierungsgeschäft, soweit der Ausweis nicht unter dem Posten "Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" (Passivposten Nr. 1) vorzunehmen ist, sowie "Anweisungen im Umlauf".

(3) Verbindlichkeiten, die einem Institut dadurch entstehen, daß ihm von einem anderen Institut Beträge zugunsten eines namentlich genannten Kunden mit der Maßgabe überwiesen werden, sie diesem erst auszuzahlen, nachdem er bestimmte Auflagen erfüllt hat (sogenannte Treuhandzahlungen), sind unter "Verbindlichkeiten gegenüber Kunden" (Passivposten Nr. 2) auszuweisen, auch wenn die Verfügungsbeschränkung noch besteht. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn nach dem Vertrag mit dem die Treuhandzahlung überweisenden Kreditinstitut nicht der Kunde, sondern das empfangende Institut der Schuldner ist.

(4) Als Spareinlagen sind nur unbefristete Gelder auszuweisen, die folgende vier Voraussetzungen erfüllen:

1.
sie sind durch Ausfertigung einer Urkunde, insbesondere eines Sparbuchs, als Spareinlagen gekennzeichnet;
2.
sie sind nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt;
3.
sie werden nicht von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, wirtschaftlichen Vereinen, Personenhandelsgesellschaften oder von Unternehmen mit Sitz im Ausland mit vergleichbarer Rechtsform angenommen, es sei denn, diese Unternehmen dienen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken oder es handelt sich bei den von diesen Unternehmen angenommenen Geldern um Sicherheiten gemäß § 551 des Bürgerlichen Gesetzbuchs;
4.
sie weisen eine Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten auf.
Sparbedingungen, die dem Kunden das Recht einräumen, über seine Einlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten bis zu einem bestimmten Betrag, der jedoch pro Sparkonto und Kalendermonat 2 000 Euro nicht überschreiten darf, ohne Kündigung zu verfügen, schließen deren Einordnung als Spareinlagen im Sinne dieser Vorschrift nicht aus. Geldbeträge, die auf Grund von Vermögensbildungsgesetzen geleistet werden, gelten als Spareinlagen. Bauspareinlagen gelten nicht als Spareinlagen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvertrag, bei anderen Sachen die Vorschriften über den Sachdarlehensvertrag Anwendung. Gestattet der Hinterleger dem Verwahrer, hinterlegte vertretbare Sachen zu verbrauchen, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvertrag, bei anderen Sachen die Vorschriften über den Sachdarlehensvertrag von dem Zeitpunkt an Anwendung, in welchem der Verwahrer sich die Sachen aneignet. In beiden Fällen bestimmen sich jedoch Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften über den Verwahrungsvertrag.

(2) Bei der Hinterlegung von Wertpapieren ist eine Vereinbarung der im Absatz 1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrücklich getroffen wird.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 235/09 Verkündet am:
24. März 2010
Freitag,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Dr. Milger, Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 11. August 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger haben im Jahr 1977 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Wohnung in B. gemietet. Die ursprüngliche Vermieterin hatte das Gebäude, in dem sich die Wohnung der Kläger befindet, in den 1970er Jahren unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel saniert.
2
In § 1 (2) des Mietvertrags vom 3. August 1977 heißt es: "Die Wohnung ist zweckbestimmt für Zusatzdarlehen Land B. ."
3
Die Grundmiete - ursprünglich 306,78 DM (156,85 €) monatlich - wurde von der Vermieterin wiederholt einseitig nach §§ 10, 8a WoBindG erhöht, unter anderem von der Beklagten für die Zeit ab Januar 2004 auf 463,89 €, ab April 2004 auf 494,24 €, ab Januar 2005 auf 529,46 € und ab Juni 2006 auf 541,73 €. Ab Dezember 2006 wurde die Grundmiete auf 539,16 € reduziert und zuletzt auf 552,23 € erhöht. Die Kläger zahlten die jeweils geforderten Beträge.
4
Die Kläger machen geltend, dass sie nur die ursprünglich vereinbarte Ausgangsmiete schuldeten. Die von der Beklagten einseitig vorgenommenen Mieterhöhungen seien unwirksam, weil die in den siebziger Jahren von ihrer Rechtsvorgängerin durchgeführten Sanierungsmaßnahmen nicht den in § 17 Abs. 1 Satz 2 II. WoBauG beschriebenen Umfang gehabt hätten und die Wohnung aus diesem Grund während der gesamten Mietdauer nicht der Mietpreisbindung unterlegen habe. Die Beklagte sei deshalb zur Rückzahlung verpflichtet , soweit sie für den Zeitraum von Januar 2004 bis Dezember 2006 eine die Ausgangsmiete von 156,85 € übersteigende Grundmiete erhalten habe. Eine vorangegangene Klage, mit der die Kläger für frühere Zeiträume Rückerstattung überzahlter Miete verlangt hatten, ist rechtskräftig abgewiesen worden.
5
Die Kläger haben Zahlung von 11.880,40 € nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass die von ihnen ab März 2008 zu zahlende Nettokaltmiete den Betrag von monatlich 156,85 € nicht übersteige. Das Amtsgericht hat dem Feststellungsbegehren stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht hat die gegen die Abweisung des Zahlungsantrags gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage auch bezüglich des Feststellungsantrags abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
8
Den Klägern stehe ein Anspruch auf Rückzahlung vermeintlich zu viel gezahlter Mieten nicht zu. An der Geltendmachung eines dahingehenden Bereicherungsanspruchs seien die Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert. Die Rückforderung der Mieterhöhungsbeträge stelle ebenso wie das Verlangen nach einer rückwirkenden Herabsetzung der Miete eine unzulässige Rechtsausübung dar, nachdem die Kläger bis zur ersten Klage im Jahr 2003 über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren vorbehaltlos jede Mieterhöhung akzeptiert und die entsprechenden Zahlungen geleistet hätten. Denn die Beklagte habe im Hinblick auf die Preisgebundenheit der Miete auf Mieterhöhungen nach §§ 558 ff. BGB verzichtet und könne diese auch nicht mehr nachholen.
9
Die Kläger hätten den Mietvertrag mit der Maßgabe geschlossen, dass es sich um einen preisgebundenen Neubau handele, weil umfangreiche bauliche Änderungen in dem Gebäude und in Bezug auf ihre Wohnung vorgenommen worden seien. Auch wenn sie sich keine Gedanken über die rechtliche Gestaltung des Mietverhältnisses gemacht hätten, sei für sie jedoch erkennbar gewesen, dass und wie sich die Miete zukünftig erhöhen würde. Darauf, dass die Miete in diesem langen Zeitraum unverändert bleiben würde, hätten sie offensichtlich nicht vertraut und auch nicht vertrauen dürfen. In der Vergangenheit sei die Behandlung der Wohnung als preisgebunden für die Kläger insoweit wirtschaftlich vorteilhaft gewesen, als die Mieterhöhungen infolge der öffentlichrechtlichen Vorgaben maßvoll gewesen seien und jedenfalls längerfristig nach den Erfahrungen der Kammer unterhalb der im preisfreien Wohnungsmietbereich zu erzielenden Mieten gelegen hätten.
10
Auch aus dem Rechtsgedanken des § 313 BGB ergebe sich, dass die Beklagte sich nicht mit der ursprünglich vereinbarten Grundmiete zufrieden geben müsse, so dass die auf Fortgeltung dieser Grundmiete gerichtete Feststellungsklage unbegründet sei. Die Mietpreisbindung der Wohnung und damit die Möglichkeit einseitiger Mieterhöhungen nach §§ 10, 8a WoBindG habe nicht allein die Risikosphäre der Beklagten betroffen, sondern sei Grundlage des Mietvertrages gewesen.
11
Da der Beklagten ein Festhalten an der Ausgangsmiete nicht zumutbar sei, stehe ihr ein Anpassungsanspruch zu, den sie auch einredeweise geltend machen könne. Denn die Ausgangsmiete betrage nur 30 % der ortsüblichen Vergleichsmiete, die sich nach dem B. Mietspiegel 2007 auf 518,66 € belaufe. Diese ganz erhebliche Differenz könne die Beklagte mittels Mieterhöhung nach § 558 ff. wegen der dortigen Kappungs- und Zeitgrenzen auf absehbare Zeit nicht erreichen.
12
Soweit die Kläger geltend machten, dass die Beklagte in einem Schreiben im Jahre 1995 selbst Zweifel an der Einordnung der Wohnung als preisgebunden geäußert habe, rechtfertige diese immerhin erst 18 Jahre nach Vertragsschluss vorgenommene Äußerung es nicht, der Beklagten den Vertrauensschutz auf das Bestehen des Vertrages zu den vorgesehenen Bedingungen zu versagen.

II.

13
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beklagte nicht an der im Jahr 1977 vereinbarten Ausgangsmiete festhalten lassen muss, weil die Voraussetzungen einer Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Fehlens der Geschäftsgrundlage vorliegen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Anpassung aber nicht in der Weise erfolgen, dass die Klägerin die an sich unwirksamen Mieterhöhungen in vollem Umfang gegen sich gelten lassen muss. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass die von der Beklagten begehrte Kostenmiete die ortsübliche Vergleichsmiete in dem hier entscheidenden Zeitraum ab dem Jahr 2004 zumindest teilweise übersteigt.
14
1. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob es sich bei der von den Klägern gemieteten Wohnung mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 II. WoBauG um nicht preisgebundenen Wohnraum handelt und die nach den Vorschriften für preisgebundenen Wohnraum von der Beklagten einseitig vorgenommenen Mieterhöhungen deshalb unwirksam sind. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Kläger ist dies jedoch der Fall und ist deshalb - wie auch das Berufungsgericht unterstellt hat - von einem grundsätzlichen Rückforderungsanspruch der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) auszugehen, soweit sie Zahlungen auf unwirksame Mieterhöhungen geleistet haben.
15
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass die Beklagte dem Rückforderungsanspruch der Kläger entgegenhalten kann, dass eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Fehlens der Geschäftsgrundlage geboten ist und sie sich deshalb nicht an der im Jahr 1977 vereinbarten Ausgangsmiete festhalten lassen muss. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, kann das Fehlen der Geschäftsgrundlage vom Verpflichteten auch einredeweise geltend gemacht werden (MünchKommBGB/Roth, 5. Aufl., § 313 Rdnr. 91). Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht ferner zu Recht angenommen, dass die Preisgebundenheit der Wohnung Geschäftsgrundlage des Mietvertrags war und dass eine Vertragsanpassung erforderlich ist, weil der Beklagten ein unverändertes Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Vertragsanpassung sei in der Weise vorzunehmen, dass - ohne Rücksicht auf die ortsübliche Vergleichsmiete - jeweils die Miete geschuldet sei, die sich aus den bis zum Jahr 2007 vorgenommenen Kostenmieterhöhungen ergebe.
16
a) Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (BGHZ 120, 10, 23; Senatsurteile vom 15. November 2000 - VIII ZR 324/99, WM 2001, 523, unter II 1 a, sowie vom 8. Februar 2006 - VIII ZR 304/04, WM 2006, 828, Tz. 8). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Preisgebundenheit der Wohnung der Kläger erfüllt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts entsprach es den Vorstellungen der Mietvertragsparteien bei Abschluss des Mietvertrages im Jahre 1977, dass die Wohnung der Kläger der Mietpreisbindung unterliegt und die Miete deshalb nach den für die Kostenmiete geltenden Vorschriften erhöht werden kann.
17
Ob ein bestimmter Umstand Geschäftsgrundlage ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung, die für das Revisionsgericht nur dann nicht bindend ist, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind (Senatsurteil vom 15. November 2000 aaO, unter II 1 b). Einen derartigen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf. Die Preisgebundenheit einer Wohnung ist auch kein Umstand, der nach der gesetzlichen Regelung der Risikosphäre des Vermieters zugeordnet ist. Die Einordnung einer Wohnung als preisfreier oder preisgebundener Wohnraum steht nicht im Belieben des Vermieters, sondern richtet sich nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (hier § 17 Abs. 1 II. WoBauG). Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme, dass die Preisgebundenheit der Wohnung Geschäftsgrundlage war, nicht entgegen, dass dieser Umstand in § 1 des Mietvertrags Niederschlag gefunden hat. Insoweit hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Preisgebundenheit der Wohnung der Parteidisposition nicht unterliegt (Senatsurteil vom 7. Februar 2007 - VIII ZR 122/05, NZM 2007, 283, Tz. 15) und deshalb nicht Vertragsgegenstand geworden sein kann.
18
Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich auch der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Mai 2002 (XII ZR 8/00, NJW 2002, 2384), wonach bei der Staffelmiete jede Partei das Risiko trägt, dass sich die Marktmiete aus ihrer Sicht ungünstiger entwickelt als die jeweilige Mietstaffel, mangels Vergleichbarkeit nichts dafür entnehmen, dass die Einordnung einer Wohnung als preisgebunden oder preisfrei allein der Risikosphäre des Vermieters zuzuordnen wäre und deshalb nicht Geschäftsgrundlage eines Mietvertrags sein könnte.
19
b) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Beklagten ein unverändertes Festhalten am Mietvertrag angesichts des erst nach lang- jähriger Vertragsdauer zu Tage getretenen Fehlens der Geschäftsgrundlage nicht zumutbar ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass die vor mehr als 25 Jahren vereinbarte Ausgangsmiete nur etwa 29 % des nach der Abwicklung des Mietverhältnisses zuletzt erreichten Mietniveaus und nur etwa 30 % der ortsüblichen Vergleichsmiete des Jahres 2007 beträgt, die Beklagte Mieterhöhungen nach §§ 558 ff. BGB für die Vergangenheit nicht mehr nachholen und den Stand der ortsüblichen Vergleichsmiete auch für die Zukunft mit Rücksicht auf die Kappungsgrenze und die Sperrfrist des § 558 BGB nicht in absehbarer Zeit erreichen kann. Ohne eine Vertragsanpassung würde ein erhebliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen, weil die Kläger dann über einen längeren Zeitraum - eine Kündigung ist der Beklagten wegen des sozialen Kündigungsschutzes verwehrt - nur eine Miete zahlen müssten, die weniger als die Hälfte sowohl der Kostenmiete als auch der ortsüblichen Vergleichsmiete beträgt.
20
Ohne Erfolg wendet die Revision ein, dass der Beklagten während des Mietverhältnisses Zweifel an der Preisgebundenheit der Wohnung gekommen sein müssten und sie aus diesem Grund nicht schutzwürdig sei. Diesen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung berücksichtigt, aber nicht für durchgreifend erachtet. Einen Rechtsfehler dieser tatrichterlichen Würdigung zeigt die Revision nicht auf.
21
c) Zu weit geht allerdings die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, die Vertragsanpassung sei in der Weise vorzunehmen, dass - ohne Rücksicht auf die ortsübliche Vergleichsmiete - jeweils die Miete geschuldet sei, die sich aus den bis zum Jahr 2006 vorgenommenen Kostenmieterhöhungen ergebe. Das Berufungsgericht hat hierbei nicht berücksichtigt, dass bei nicht preisgebundenem Wohnraum Mieterhöhungen - abgesehen von der Modernisierungs- mieterhöhung nach § 559 BGB - nur bis zur Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt werden können (§ 558 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine Vertragsanpassung im Interesse der Beklagten ist hier nicht schon deshalb erforderlich , weil sie die Miete angesichts der fehlenden Preisbindung der Wohnung nicht nach §§ 10, 8a WoBindG erhöhen kann, denn auch bei preisfreiem Wohnraum hat der Vermieter grundsätzlich die Möglichkeit, die Miete zu erhöhen, nämlich nach § 558 BGB bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Notwendigkeit einer Vertragsanpassung ergibt sich vielmehr erst aus dem Zeitablauf seit dem Beginn des Mietverhältnisses und dem Umstand, dass die Beklagte nach § 558 BGB mögliche Mieterhöhungen im Vertrauen auf das Bestehen der Preisbindung über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren nicht geltend gemacht hat und sie jetzt nicht mehr nachholen kann. Hinzu kommt, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, dass die Beklagte ohne eine Vertragsanpassung auch durch künftige Mieterhöhungen die ortsübliche Vergleichsmiete in absehbarer Zeit nicht annähernd erreichen dürfte.
22
Es liegt zwar nahe, dass die Beklagte als gewerbliche Vermieterin, falls die Parteien nicht von preisgebundenem Wohnraum ausgegangen wären, seit Beginn des Mietverhältnisses Mieterhöhungsverfahren nach § 558 BGB durchgeführt und in den Grenzen dieser Vorschrift auch die Anhebung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erreicht hätte. Obergrenze für eine Anpassung des Vertrages ist damit aber die ortsübliche Vergleichmiete; auch aus dem Gesichtspunkt der Verwirkung oder der unzulässigen Rechtsausübung kann den Klägern die Rückforderung der in den Jahren 2004 bis 2006 gezahlten Miete insoweit nicht verwehrt werden, als sie Zahlungen über die ortsübliche Miete hinaus erbracht haben. Dies hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, indem es sämtliche Rückzahlungsansprüche der Kläger verneint hat, obwohl die ortsübliche Vergleichsmiete im Jahr 2007 sich nach seinen Feststellungen auf monatlich 518,66 € belief und die Kläger schon seit Januar 2005 eine diesen Betrag übersteigende Miete gezahlt haben. Dass die Kläger nicht geltend gemacht hatten, dass die Miete überhöht sei, geht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu ihren Lasten. Da die Beklagte Vertragsanpassung verlangt, ist es ihre Sache darzulegen, welche Mieterhöhungen sie nach §§ 558 ff. BGB hätte durchsetzen können.
23
3. Für die Feststellungsklage gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch insoweit hat das Berufungsgericht die Klage zu Unrecht vollständig abgewiesen. Zwar können die Kläger nach den vorstehenden Ausführungen nicht verlangen, dass für den Zeitraum ab März 2008 noch die Ausgangsmiete von 156,85 € gilt. Der Antrag der Kläger enthält jedoch als Minus, dass jedenfalls ein geringerer Betrag als die von der Beklagten zuletzt geforderte Miete von 552,23 € maßgeblich sein soll. Da die ortsübliche Vergleichsmiete des Jahres 2007 deutlich niedriger lag, dürfte die der Beklagten im Wege der Vertragsanpassung insoweit zustehende Miete den Betrag der letzten Kostenmieterhöhung nicht erreichen.

III.

24
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben ; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zu § 17 Abs. 1 Satz 2 II. WoBauG getroffen hat und der Beklagten im Übrigen Gelegenheit zu geben ist, zur Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete in den Jahren 2004 bis 2006 und 2008 näher vorzutragen, zu denen das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat (§ 563 Abs. 1 ZPO). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 15.04.2008 - 224 C 222/07 -
LG Berlin, Entscheidung vom 11.08.2009 - 65 S 158/08 -

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 63/02 Verkündet am:
6. Oktober 2003
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 157 D, 242 Bb, 705
Haben die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine Immobilie als
Altersruhesitz gemeinsam erworben und gleichzeitig das Recht, die Aufhebung
der Gemeinschaft zu verlangen, auf Dauer ausgeschlossen, ist ihnen bei einem
Scheitern der Lebensgemeinschaft der Einwand des Fortfalls der Geschäftsgrundlage
entzogen.
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2003 - II ZR 63/02 - OLG Frankfurt/Main
LG Wiesbaden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 6. Oktober 2003 durch die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer,
Dr. Graf, Dr. Gehrlein und Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2002 und das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 22. August 2000 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin und der 16 Jahre ältere Beklagte lebten in eheähnlicher Lebensgemeinschaft und erwarben im Dezember 1993 zur Schaffung eines gemeinsamen Altersruhesitzes das von ihnen zu gleichen Teilen finanzierte Hausgrundstück H.straße 7 in W. zu Miteigentumsanteilen von je 1/2. Mit notarieller Urkunde vom gleichen Tag übertrug der Beklagte 2/3 seines Miteigentumsanteils auf die Klägerin, der seither insgesamt 5/6 Miteigen-
tumsanteile an dem Hausgrundstück zustehen. Im Gegenzug vereinbarten die Parteien im notariellen "Schenkungsvertrag", daß dem Beklagten im Umfang des ihm verbleibenden und der von ihm übertragenen Miteigentumsanteile ein Mitbenutzungsrecht (Wohnrecht) gemäß § 1090 BGB zustehen sollte, welches in der Folge auch im Grundbuch eingetragen wurde. Weiterhin schlossen die Parteien das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Dauer aus, was gleichfalls ins Grundbuch eingetragen wurde. Schließlich wurde dem Beklagten u.a. für den Fall der Beendigung der Lebensgemeinschaft oder des Vorversterbens der Klägerin das Recht zum Rücktritt und auf Rückauflassung des ihr übertragenen Miteigentumsanteils eingeräumt und gleichzeitig zur Sicherung dieses bedingten Anspruchs eine Auflassungsvormerkung für den Beklagten ins Grundbuch eingetragen (§ 5 der notariellen Vereinbarung).
Im Jahr 1998 zog die Klägerin aus dem bis dahin gemeinsam bewohnten Anwesen aus; seitdem ist die Lebensgemeinschaft der Parteien beendet.
Die Klägerin ist der Auffassung, im notariellen Vertrag seien die Rechtsfolgen für den Fall der Beendigung der Lebensgemeinschaft unvollständig geregelt , weil nur dem Beklagten ein Rücktrittsrecht eingeräumt worden sei. Nicht sei daran gedacht worden, daß der Beklagte durch Eintragung von Dienstbarkeiten und Rechten eine Rechtsposition erlangt habe, die es ihr - der Klägerin - unmöglich mache, Nutzen aus ihrem Miteigentumsanteil zu ziehen oder diesen zu verwerten. Sie ist der Ansicht, daß die sich daraus ergebende Regelungslücke unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dahingehend zu schließen sei, daß sie gegen Rückübertragung des ihr übertragenen Miteigentumsanteils an den Beklagten Löschung der im Grundbuch eingetragenen Rechte, auch soweit sie selbst nicht von ihnen begünstigt sei (§ 7 Nr. 4 aaO: Ausschluß der Aufhebung der Gemeinschaft), beanspruchen könne.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und den Beklagten zur Ab- gabe von Löschungsbewilligungen verurteilt, allerdings ohne dies von der Rückübertragung des der Klägerin übertragenen Miteigentumsanteils abhängig zu machen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts nur insoweit abgeändert, daß die Verurteilung von der Rückübertragung des der Klägerin übertragenen Miteigentumsanteils abhängig gemacht wird, im übrigen aber die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet.
I. Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht der Auffassung, für den gemeinsamen Erwerb des Anwesens wie auch die als "Schenkungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung sei das Fortbestehen der Lebensgemeinschaft der Parteien Geschäftsgrundlage. Diese sei mit der Beendigung der Lebensgemeinschaft entfallen, so daß der Vertragsinhalt der Schenkungsvereinbarung einer Anpassung dahingehend bedürfe, daß auch die Klägerin eine Rückabwicklung des Schenkungsvertrages sowie aller im Zuge der Schenkung bewilligten grundbuchlich gewahrten Belastungen beanspruchen könne.
Dies greift die Revision mit Erfolg an.
II. Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stehen die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund, daß sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensmäßige Handeln der Partner bestimmen und daher nicht
nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht keine Rechtsgemeinschaft besteht (st. Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 4. November 1991 - II ZR 26/91, BGHR BGB § 705 - Lebensgemeinschaft 1; Sen.Urt. v. 8. Juli 1996 - II ZR 340/95, NJW 1996, 2727). Wenn die Partner nicht etwas Besonderes unter sich geregelt haben, werden dementsprechend persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht ausgeglichen (vgl. BGHZ 77, 55, 59).
1. Diese Grundsätze stehen der Annahme entgegen, das Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft lasse die Geschäftsgrundlage für bisher erbrachte Leistungen entfallen (Sen.Urt. v. 25. September 1997 - II ZR 269/96, ZIP 1997, 1962, 1963). Geschäftsgrundlage sind nach ständiger Rechtsprechung die bei Abschluß eines Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (BGHZ 121, 378, 391; Sen.Urt. v. 25. September 1997 - II ZR 269/96 aaO). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Parteien mit dem Erwerb des Eigentums die Vorstellung verfolgt, das Anwesen als Altersruhesitz zu erwerben. Ersichtlich diesem Zweck diente die beiderseitige Vereinbarung, das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Dauer auszuschließen. Wen diese Klausel bei Scheitern der Lebensgemeinschaft schützen würde, weil er in der Folge im gemeinsamen Haus verbleiben wollte, war bei Abschluß der Vereinbarung nicht absehbar. Wenn aber beide Parteien ein solches vertragliches Risiko eingegangen sind, ist ihnen später der Einwand des Fortfalls der Geschäftsgrundlage entzogen (BGHZ 74, 370, 373).
2. Demgegenüber macht die Klägerin vergeblich geltend, von einer der- artigen Risikoübernahme könne nicht ausgegangen werden, weil andernfalls auch ihr ein Rücktrittsrecht, nämlich von der die Aufhebung der Gemeinschaft ausschließenden Klausel, hätte eingeräumt werden müssen. Aus § 5 des notariellen Vertrages, den der Senat selbst auslegen kann, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht in Betracht kommen, ergibt sich zweifelsfrei, daß die Parteien den Fall einer auch ohne den Tod eines der Beteiligten beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaft bedacht haben. Ihre Regelung, für diesen Fall allein dem Beklagten ein Rücktrittsrecht von der Übertragung der Miteigentumsanteile einzuräumen, ist schon angesichts des Altersunterschieds der Parteien und ihres Ziels, dem Beklagten einen Wechsel des Altersruhesitzes zu ersparen, interessengerecht. Zumal unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Parteien notariell beraten waren, kann von einer lückenhaften Regelung nicht ausgegangen werden.
Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Beklagte selbst bei einem von ihm erklärten Rücktritt nicht besser, weil dadurch nur der ursprüngliche Zustand beim Erwerb des Grundstücks - hälftiges Miteigentum - wiederhergestellt würde. Auch der Beklagte kann dann nicht die Aufhebung der Gemeinschaft gegenüber der Klägerin durchsetzen. Daß angesichts des Zerwürfnisses der Parteien die Klägerin das Miteigentum nicht mehr gemeinsam nutzen will und kann, beruht auf der von ihnen selbst geschaffenen (Mit-)Eigentumslage und der Raumsituation des Anwesens.
III. Weitere Feststellungen kommen nicht in Betracht, so daß auf die Re- vision des Beklagten die Klage abzuweisen war.
Goette Kraemer Graf
Gehrlein Strohn

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X I Z R 4 7 / 1 4 Verkündet am:
24. Februar 2015
Herrwerth,
Justizangstellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Februar 2015 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden, die Richter
Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und
Dr. Derstadt

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. Januar 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht gegen den beklagten Staat Zinsansprüche aus einer von diesem begebenen Inhaberschuldverschreibung geltend.
2
Die Beklagte emittierte im Jahr 1996 die 11¾% Deutsche Mark-Anleihe 1996/2026 im Gesamtnennbetrag von 500 Mio. DM (Wertpapierkennnummer …10) in unterschiedlicher Stückelung und jeweils effektiv verbrieften und girosammelverwahrten Inhaber-Schuldverschreibungen zu bestimmten Nennbeträgen nebst in Zinsscheinen verbrieften Zinsansprüchen. In den Anleihebedingungen wurden die Anwendung deutschen Rechts und der Gerichtsstand Frankfurt am Main bestimmt. Ferner verpflichtete sich die Beklagte, an den jeweiligen Inhaber der Zinsscheine nachträglich zum 13. November eines jeden Jahres, erstmals zum 13. November 1997, Zinsen in Höhe von jährlich 11¾% des Nominalbetrags zu zahlen. Der Kläger erwarb von der Anleihe fünf InhaberSchuldverschreibungen über jeweils 10.000 DM mit den Nummern …01, …91 , …32, …33 und …34.
3
Die Beklagte sieht sich seit 1999 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert, die sich zumindest zeitweise bis zu einer Finanzkrise des Staates ausgeweitet hatten. Mit Gesetz Nr. 25.561 über den öffentlichen Notstand und die Reform des Wechselkurssystems vom 6. Januar 2002 erklärte sie den "öffentlichen Notstand auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischem Gebiet". Auf der Grundlage der daraufhin erlassenen Verordnung Nr. 256/2002 vom 6. Februar 2002 zur Umstrukturierung der Verbindlichkeiten und Schuldenzahlungen der argentinischen Regierung wurde der Auslandsschuldendienst durch die Beklagte ausgesetzt, um ihn neu zu ordnen. Das Gesetz über den öffentlichen Notstand wurde immer wieder - zuletzt bis zum 31. Dezember 2015 - verlängert. Aufgrund dessen fiel auch der Kläger mit den auf die von ihm erworbene Staatsanleihe anfallenden Zinsen aus. Die Zinsansprüche für das Jahr 2003 klagte er in einem anderen Rechtsstreit mit Erfolg ein.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsen aus den von ihm gehaltenen fünf Inhaber-Schuldverschreibungen in Höhe von insgesamt 3.003,84 € (= 5.875 DM) gegen Aushändigung der Zinsscheine Nummer zu den von der Beklagten ausgegebenen 11¾% Deutsche Mark-Inhaberschuldverschreibungen mit der Wertpapierkennnummer …10, Stückenummer …01, …91 , …32, …33 und …34, und Schadensersatz in Höhe von mindestens 300 € als im Zusammenhang mit dem Zinsausfall entstandenen Wiederanlageschaden nebst Rechtshängigkeitszinsen; ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Zahlungsverweigerung entstanden sei oder noch entstehen werde. Die Beklagte beruft sich im Hinblick auf das von ihr erklärte Zahlungsmoratorium und die mit anderen Gläubigern geschlossenen Umstrukturierungsvereinbarungen auf ein völkerrechtliches Leistungsverweigerungsrecht gegenüber sogenannten Holdout-Gläubigern. Das Amtsgericht hat der Klage mit Ausnahme des Feststellungsantrags und im Hauptantrag im Wege der Zug-um-Zug-Leistung stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verurteilung zur Zahlung nicht Zug um Zug, sondern gegen Aushändigung der Zinsscheine zu erfolgen hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
7
Das Amtsgericht habe zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus der streitgegenständlichen Inhaberschuldverschreibung auf Zahlung des am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsbetrags von 3.003,84 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen bejaht. Der Beklagten stehe gegenüber dem Kläger kein Leistungsverweigerungsrecht zu.
8
Das von der Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann, wonach aufgrund eines völkerrechtlichen Gewohnheitsrechts die wirtschaftliche und finanzielle Staatsinsolvenz der Beklagten zu berücksichtigen seien, sei nicht überzeugend. Das Gutachten begründe nicht die Feststellung eines entsprechenden völkerrechtlichen Grundsatzes bzw. Gewohnheitsrechts, wonach eine solche nachträgliche Einwirkung auf die verbrieften Staatsanleihen privater Gläubiger gerechtfertigt sein könnte. Das Gutachten beruhe vor allem auf der These, dass im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft grundsätzlich ein völkerrechtliches Gewohnheitsrecht in dem Sinne erkannt werden müsste, dass die Mehrheit von Gläubigern solcher Staatsanleihen im Falle einer qualifizierten Mehrheitsentscheidung (75 Prozent der Gläubiger solcher Inhaberschuldverschreibungen) an den Konsens gebunden seien, und sich eine Minderheit nicht auf Kosten der Mehrheit einen Sondervorteil sichern dürfe. Dem könne indes bereits deswegen nicht gefolgt werden, weil in dem Gutachten ein solches völkerrechtliches Gewohnheitsrecht nicht nachvollziehbar dargestellt werde. Das Gutachten begründe dies damit, dass die Bedingungen von Staatsanleihen heute regelmäßig sogenannte Collective Action Clauses enthielten, die im Nachhinein eine Schuldenumstrukturierung durch Mehrheitsentscheid der Gläubiger ermöglichen würden. Dies übersehe jedoch, dass es im völkerrechtlichen Bereich erst der Einführung solcher Klauseln bedurft habe, um überhaupt eine solche Möglichkeit im Rahmen von Staatsanleihen zu schaffen. Aufgrund dessen verbiete es sich, in der Schaffung und Einbeziehung solcher Klauseln rückwirkend eine entsprechende gewohnheitsrechtliche Praxis zu sehen, weil es dann solcher Klauseln als Grundlage späterer Schuldumschaffungen nicht bedurft hätte.
9
Darüber hinaus überzeuge das Gutachten auch deshalb nicht, weil die Autoren ihren Auftraggeber nicht benannt hätten, so dass Misstrauen gegen die wissenschaftliche Neutralität der von ihnen vertretenen Rechtsmeinung beste- hen würde. Außerdem hätten die Gutachter durch die Bezugnahme auf den Schuldenschnitt für Griechenland oder die Forderungskürzung für Gläubiger zyprischer Banken weder eine für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht erforderliche gefestigte Praxis (consuetudo) noch die zugehörige Überzeugung rechtlicher Verbindlichkeit (opinio iuris) belegt. Der "Fall Zypern" sei bereits deshalb nicht vergleichbar, weil die dortigen Maßnahmen private Schuldner betroffen hätten. Der "Fall Griechenland" sei erkennbar kein Beleg für eine gefestigte völkerrechtliche Praxis. Gegen eine solche Praxis spreche schließlich auch, dass die in dem Gutachten in Bezug genommenen "Principles on Promoting Responsible Sovereign Lending and Borrowing" der United Nations Conference on Trade and Development vom 10. Januar 2012 lediglich eine in die Zukunft gerichtete Empfehlung für den Fall einer Umstrukturierung von Staatsschulden seien und ihnen keine allgemeine, rückwirkende Geltung zukommen könne.
10
Schließlich stehe dem Kläger auch ein Schadensersatzbetrag von 300 € als Verzugsschaden nebst Rechtshängigkeitszinsen zu. Er habe unter Vorlage von Kaufabrechnungen entsprechend den Anforderungen der § 252 BGB, § 287 ZPO glaubhaft dargelegt, dass er die Zinserträge bei rechtzeitiger Zahlung in eine 7,82%-Anleihe der Beklagten investiert hätte.

II.

11
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht den vom Kläger im Berufungsverfahren noch geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsbetrags von 3.003,84 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen nebst einem Verzugsschaden von 300 € bejaht.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagten kein auf dem Völkerrecht beruhendes Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Entgegen der Auffassung der Revision ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG feststellbar, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung - wie hier - fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf ein rechtlich zu missbilligendes Verhalten von sogenannten Holdout-Gläubigern zu verweigern, um diese dadurch zu einer Beteiligung an einer mit der Mehrheit der Gläubiger zustande gekommenen Umschuldung der emittierten Staatsanleihen zu zwingen.
13
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Regel des Völkerrechts dann allgemein im Sinne des Art. 25 GG, wenn sie von der überwiegenden Mehrheit der Staaten anerkannt wird (vgl. BVerfGE 15, 25, 34; 118, 124, 134). Die Allgemeinheit der Regel bezieht sich auf deren Geltung, nicht auf den Inhalt, wobei eine Anerkennung durch alle Staaten nicht erforderlich ist. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass gerade die Bundesrepublik Deutschland die Regel anerkannt hat. Allgemeine Regeln des Völkerrechts sind Regeln des universell geltenden Völkergewohnheitsrechts, ergänzt durch aus den nationalen Rechtsordnungen tradierte allgemeine Rechtsgrundsätze (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 ff.; 16, 27, 33; 23, 288, 317; 94, 315, 328; 96, 68, 86; 118, 124, 134). Ob eine Regel eine solche des Völkergewohnheitsrechts ist oder ob es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handelt, ergibt sich aus dem Völkerrecht selbst, welches die Kriterien für die Völkerrechtsquellen vorgibt. Nach einhelliger Auffassung bezieht sich Art. 25 GG dagegen nicht auf völkervertragliche Regelungen. Völkerrechtliche Verträge sind von den Fachgerichten selbst anzuwenden und auszulegen (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 f., 34 f.; 16, 27, 33; 18, 441, 450; 59, 63, 89; 99, 145, 160; 118, 124, 134 f.). An die Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts sind wegen der darin zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen Verpflichtung aller Staaten hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 118, 124, 135).
14
Völkergewohnheitsrecht ist der Brauch, hinter dem die Überzeugung rechtlicher Verpflichtung steht. Seine Entstehung ist demnach an zwei Voraussetzungen geknüpft: erstens an das zeitlich andauernde und möglichst einheitliche Verhalten unter weit gestreuter und repräsentativer Beteiligung von Staaten und anderen, rechtsetzungsbefugten Völkerrechtssubjekten; zweitens an die hinter dieser Übung stehende Auffassung, "im Rahmen des völkerrechtlich Gebotenen und Erlaubten oder Notwendigen zu handeln" (opinio iuris sive necessitatis , vgl. BVerfGE 66, 39, 64 f.; 96, 68, 86 f.; 109, 13, 27 f.). Zu seiner Ermittlung sind die einschlägige Staatspraxis, die sich aus dem völkerrechtlich erheblichen Verhalten der Staatsorgane ergibt, sowie als Hilfsmittel richterliche Entscheidungen und völkerrechtliche Lehrmeinungen heranzuziehen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Handlungen von Organen internationaler Organisationen und internationaler Gerichte sowie die Arbeiten der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen und weitere Vorschläge zur Kodifikation des Völkerrechts (BVerfGE 109, 13, 28; 117, 141, 150 f., 161; jeweils mwN).
15
Die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts (Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut) sind im Wege der Rechtsvergleichung in einer Gesamtschau der großen Rechtsordnungen zu entwickelnde Prinzipien, die sich von ihrem Inhalt her auf die Rechtsbeziehungen in der Völkergemeinschaft und auf das Recht internationaler Organisationen übertragen lassen (vgl. BVerfGE 94, 315, 328; 96, 68, 86; 117, 141, 149 f.; BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1988, 1462, 1463). Dazu gehören etwa das Prinzip von Treu und Glauben (vgl. BVerfGE 16, 27, 63), der Vertrauensschutz oder die Verwirkung. Die allgemei- nen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts haben in erster Linie lückenfüllende Bedeutung (in Ergänzung von Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht; vgl. Maunz/Dürig/Herdegen, GG, Stand: Juli 2014, Art. 25 Rn. 35 mwN).
16
b) Nach diesen Maßgaben hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2007 - auf mehrere Vorlagen des Amtsgerichts Frankfurt am Main - im Zusammenhang mit anderen Staatsanleihen der Beklagten festgestellt, dass das Völkerrecht weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten kennt (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur und könnten, wenn sich die entsprechende Verfestigung anhand der völkerrechtlichen Kriterien nachweisen lasse, nur dem Völkergewohnheitsrecht oder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zuzuordnen sein (BVerfG aaO).
17
Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass zwar im Völkergewohnheitsrecht die Berufung auf den Staatsnotstand in solchen Rechtsverhältnissen anerkannt sei, die ausschließlich dem Völkerrecht unterliegen ; für eine Erstreckung der Rechtfertigung auf Privatrechtsverhältnisse zu privaten Gläubigern fehle es hingegen an Belegen für eine von der notwendigen Rechtsüberzeugung (opinio juris sive necessitatis) getragene Staatenpraxis (vgl. BVerfGE 118, 124, 135). Dabei hat sich das Bundesverfassungsgericht insbesondere mit Art. 25 des von der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission - ILC) im Jahre 2001 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorgelegten Konventionsentwurfs zum The- ma Responsibility of States for internationally wrongful acts befasst, der die Staatenverantwortlichkeit betrifft (im Folgenden: Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit ). Diese Vorschrift stelle zwar geltendes Völkergewohnheitsrecht dar, enthalte aber lediglich einen Rechtfertigungsgrund in einem Völkerrechtsverhältnis (BVerfG aaO, S. 136 ff.). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte und den Stellungnahmen des völkerrechtlichen Schrifttums. Vielmehr erlaubten auch diese nicht die positive Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, wonach ein Staat über den auf Völkerrechtsverhältnisse beschränkten Anwendungsbereich des Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit hinaus berechtigt wäre, nach Erklärung des Staatsnotstandes wegen Zahlungsunfähigkeit auch die Erfüllung fälliger Zahlungsansprüche in Privatrechtsverhältnissen gegenüber privaten Gläubigern zeitweise zu verweigern. Es fehle an einer einheitlichen Staatenpraxis, die einen solchen Rechtfertigungsgrund kraft Völkerrechts anerkenne (BVerfG aaO, S. 138 ff.).
18
c) Diese Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts haben nach wie vor Gültigkeit. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich insbesondere nicht als Folge der Weltfinanzmarktkrise in den Jahren 2008 und 2009 und der sogenannten Euro-Rettungsmaßnahmen für Griechenland und Zypern eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG mit dem Inhalt herausgebildet , dass sich sämtliche privaten Gläubiger eines Staates im Falle eines wirtschaftlichen und finanziellen Staatsnotstands an einer Umstrukturierung der Schulden beteiligen müssen und dem notleidend gewordenen Staat bis zu einer entsprechenden Vereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich fälliger Zahlungsansprüche aus Privatrechtsverhältnissen zusteht.
19
aa) Soweit die Revision ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten aus einer nach Art. 25 GG zu berücksichtigenden allgemeinen Regel des Völ- kerrechts zu begründen versucht, dass auf der Grundlage der von den Kulturvölkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätze gemäß Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut zwei verallgemeinerungsfähige Prinzipien, nämlich die Gleichbehandlung aller Gläubiger und die Integrität eines geordneten Insolvenzverfahrens , herzuleiten seien, kann sie damit keinen Erfolg haben.
20
Denn in der Sache besagt dieser Ansatz nichts anderes, als dass dadurch das völkergewohnheitsrechtliche Institut des Notstands für den Sonderfall der Zahlungsunfähigkeit in Voraussetzungen und Rechtsfolgen konkretisiert wird. Im Kern beinhaltet er damit die Behauptung eines von der Staatengemeinschaft anerkannten Insolvenzrechts der Staaten. Ein solches besteht indes unzweifelhaft nicht. Nach den Regeln des Völkerrechts kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf einen wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
21
(1) Nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2007 kannte das Völkerrecht zu diesem Zeitpunkt weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies - wie bereits oben näher ausgeführt worden ist - vor allem damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur. An diesem Befund hat sich seitdem nichts geändert.
22
(2) Dies wird bereits durch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 (Towards the establishment of a multilateral legal framework for sovereign debt restructuring processes; abrufbar unter: www.un.org) bestätigt, in dem die Anregung der Group of 77 and China aufgegriffen wird, die Bemühungen um die Etablierung eines Staateninsolvenzverfahrens voranzutreiben. Daran wird deutlich, dass es bislang an völkerrechtlichen Regelungen fehlt, die die Zahlungseinstellung eines Staates in geordnete Bahnen lenken und die Gläubiger zu einer Zwangsgemeinschaft zusammenführen würden. Dies wird auch - entgegen der Revision - durch die auf freiwilliger Basis beruhenden Umschuldungsmaßnahmen in den Fällen Zypern und Griechenland belegt.
23
(3) Dies entspricht auch der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte.
24
Das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID), das als Schiedsgericht fungiert und organisatorisch der Weltbank angegliedert ist, hat im Rahmen einer Schiedsklage 180.000 italienischer Anleihegläubiger gegen die Beklagte am 4. August 2011 angenommen, dass es kein völkerrechtliches Insolvenzrecht für Staaten gebe, das eine Nichtzahlung rechtfertigen könne (Abaclat and Others v. Argentine Republik, ICSID Case No. ARB/07/5, Award, Rn. 323 und 325, abrufbar unter: http://italaw.com; siehe dazu auch Bischoff, WM 2012, 1371,1373).
25
In den zahlreichen Klagen von Anlegern gegen die Beklagte vor New Yorker Bundesgerichten stand zuletzt nur noch die Problematik der pari passuKlauseln zur Diskussion, während ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nicht erörtert wurde (vgl. etwa Urteil des New Yorker Court of Appeal vom 26. Oktober 2012 in Sachen NML Capital Ltd. v. Republic of Argentina; dazu und zu weiteren Entscheidungen siehe Sandrock, RIW 2014, 703 ff. mwN). Zuletzt hat der US Supreme Court mit Urteil vom 16. Juni 2014 die im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens getroffene discovery-Anordnung eines New Yorker Gerichts hinsichtlich desjenigen Vermögens der Beklagten, das außerhalb der USA belegen ist, in vollem Umfang bestätigt (Republic of Argentina v. NML Capital Ltd., No. 12-842; abrufbar unter: www.supremecourt.gov).
26
In Deutschland hat neben dem Berufungsgericht auch das in diversen Verfahren mit Argentinien-Anleihen befasste Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten verneint (vgl. nur OLG Frankfurt am Main, NJW 2006, 2931, 2932 ff.; Urteile vom 9. März 2012 - 8 U 149/11, juris Rn. 45, 47 und vom 4. Mai 2012 - 8 U 188/11, juris Rn. 29). Ein solches ist bislang auch vom Senat nicht angenommen worden (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - XI ZR 160/12, WM 2013, 1264 ff.; Senatsbeschlüsse vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris und vom 13. November 2012 - XI ZR 161/12, juris).
27
(4) Schließlich wird auch im völkerrechtlichen Schrifttum - soweit es sich dazu überhaupt äußert - die Einführung eines Restrukturierungsverfahrens für Staatsinsolvenzen zwar für wünschenswert gehalten, das verbindliche Vorhandensein solcher Regelungen aber einhellig verneint (vgl. nur Herdegen, WM 2011, 913, 914 ff.; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025; Sester, WM 2011, 1057, 1062 ff.; jeweils mwN).
28
(5) Die Revision kann ihre abweichende Rechtsauffassung auch nicht auf das UNCTAD-Prinzip Nr. 7 stützen. Dieses hat sinngemäß folgenden Wortlaut: "Treten Umstände ein, in denen ein Staat offenkundig nicht in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen, haben alle Kreditgeber die Pflicht, sich nach Treu und Glauben und kooperativ zu verhalten, um eine einvernehmliche Umschul- dung der Verbindlichkeiten zu erreichen. Gläubiger sollten eine schnelle und geordnete Lösung für das Problem anstreben."
29
In dem UNCTAD-Prinzip Nr. 7 kommt jedoch noch keine für die Staatengemeinschaft verbindliche Grundregel nationaler Insolvenzrechtsordnungen dahingehend zum Ausdruck, dass es zu einer bestmöglichen Befriedigung unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots aller Gläubiger kommen soll. Zielsetzung der UNCTAD-Prinzipien ist vielmehr - was auch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 eindeutig belegt - erst die Schaffung neuen Rechts, nicht dagegen die Beschreibung bereits bestehenden Völkerrechts. Dies ergibt sich aus der konsolidierten Fassung des UNCTAD-Papiers vom 10. Januar 2012 (abrufbar unter: www.unctad.org). Danach sollte die UNCTAD in einem "ersten Schritt" lediglich allgemeine Prinzipien für die staatliche Aufnahme und Vergabe von Krediten als Leitlinien entwickeln und Einigkeit über eine Reihe international anerkannter Prinzipien "zur Verhinderung einer unverantwortlichen Staatsfinanzierung" erzielen. In einem zweiten Schritt sollten auf staatlicher und regionaler Ebene Rückmeldungen zur Gestaltung der Prinzipien und zur Möglichkeit ihrer freiwilligen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen eingeholt werden.
30
Dieser bloß in die Zukunft weisende Charakter des UNCTAD-Prinzips Nr. 7 kommt auch unzweifelhaft in der mit "Konsequenzen" ("implications") überschriebenen Begründung dieses Vorschlags zum Ausdruck. Darin heißt es zutreffend, dass "bis heute … kein universeller Mechanismus zur Restrukturie- rung von Staatsschulden eingerichtet worden" ist. Gerate ein Schuldnerstaat in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten, habe er daher keine andere Wahl, als an seine Gläubiger mit dem Ziel einer "einvernehmlichen Umschuldung" der Schuldenlast heranzutreten. Aufgrund dessen "sollten" Kreditgeber bereit sein, nach Treu und Glauben in Verhandlungen mit dem Schuldner und anderen Gläubigern einzutreten, um eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden. Ferner wird noch ergänzend ausgeführt, dass ein Gläubiger, der Schuldverschreibungen eines Staates in finanzieller Notlage mit der Absicht erwerbe, außerhalb des einvernehmlichen Umschuldungsprozesses eine bevorzugte Befriedigung seiner Forderung zu erzwingen, rechtsmissbräuchlich handle.
31
(6) Schließlich zeigt die Revision keine entgegenstehende einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die Zweifel an dem Fehlen völkerrechtlicher Regelungen für eine in geordneten, insolvenzrechtsähnlichen Bahnen geleitete Restrukturierung eines Staates erwecken könnten, geschweige denn, das Bestehen solcher Regelungen belegen würden. In dem von ihr vorgelegten Privatgutachten Goldmann werden vielmehr lediglich Lösungsansätze gesucht, um dem als ordnungspolitisch unerwünscht eingestuften Verhalten der Holdout-Gläubiger zu begegnen. Dabei wird eingeräumt, dass bislang kein Gericht einem Schuldnerstaat eine (dauerhafte) Einrede gegen HoldoutGläubiger wegen Rechtsmissbräuchlichkeit zugestanden habe (S. 31) und sich das Völkerrecht erst in der Phase der Anpassung befinde (S. 22). Davon abgesehen wird in dem Gutachten auch verkannt, dass die Staaten - was im Einzelnen nachfolgend ausgeführt wird - mehrheitlich nicht einen insolvenzrechtlichen , d.h. öffentlich-rechtlichen Ansatz eines geordneten Umschuldungsverfahrens , sondern einen privatrechtlichen Ansatz einer Einbeziehung sogenannter Collective Action Clauses verfolgen.
32
bb) Entgegen der Revision ergibt sich aus der in den letzten Jahren zu verzeichnenden sukzessiven Verbreitung von sogenannten Collective Action Clauses (im Folgenden: CAC) nichts anderes. Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für im Einzelfall unterschiedlich ausgestaltete Anleihebedingungen, denen gemein ist, dass sie qualifizierte Mehrheitsentscheidungen auf Gläubigerseite mit Bindungswirkung für alle Gläubiger vorsehen. Solche Klauseln müssen jedoch zu ihrer Anwendbarkeit wirksam Bestandteil der Anleihebedingungen geworden sein und können nicht unabhängig davon als rechtsverbindlich angesehen werden, ob eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen worden ist.
33
(1) Wie aus dem von der Beklagten beauftragten Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann hervorgeht, waren CAC im englischen Recht bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlich. Des Weiteren wurden im Jahre 1922 tschechische Anleihen in Absprache mit dem Völkerbund ausgegeben, die eine Mehrheitsentscheidung von Gläubigern ermöglichten, um die Anleihebedingungen nachträglich zu ändern. Auch in Japan sollen CAC bereits vor dem Jahr 2002 obligatorisch gewesen sein (Gutachten, S. 21 mwN; siehe auch Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 30 ff.). Am 20. April 2002 beschlossen die Finanzminister und Notenbankchefs der G-7-Staaten einen Aktionsplan für emerging markets (abrufbar unter: www.g7.utoronto.ca) und forderten unter anderem, Staatsanleihen nur noch mit CAC auszugeben. Im April 2003 verpflichteten sich die EU-Mitgliedstaaten in der Absicht, "mit gutem Beispiel" voranzugehen , künftig Umschuldungsklauseln in ihre nach fremdem Recht emittierten Anleihen aufzunehmen (siehe dazu Mitteilung der Kommission an den Rat - Überprüfung der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten nach Artikel 119 EG-Vertrag vom 25. Juli 2005, KOM/2005/0331 endg., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu; Monatsbericht der Europäischen Zentralbank, November 2003, S. 75).
34
Diese Umstände haben indes dem Bundesverfassungsgericht keinen Anlass gegeben, sie in der maßgeblichen Entscheidung vom 8. Mai 2007 zu erörtern , obwohl sich daraus - vom Rechtsstandpunkt der Revision aus gesehen - eine allgemeine Regel des Völkerrechts ergeben soll, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise oder unter Berufung auf den Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung mit den Gläubigern (hier: die Umschuldungsvereinbarung aus dem Jahr 2005) teilweise zu verweigern. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass das Bundesverfassungsgericht ein solches Leistungsverweigerungsrecht verneint hat, falls nicht in den streitgegenständlichen Anleihebedingungen - wie hier nicht - eine solche Möglichkeit rechtsverbindlich vereinbart worden ist.
35
(2) Diese Sichtweise entspricht auch dem gegenwärtigen Rechtszustand. Danach müssen CAC zu ihrer Gültigkeit ausdrücklich in den Anleihebedingungen vereinbart worden sein. Dies ergibt sich aus den einschlägigen Rechtsgrundlagen.
36
In der Europäischen Union sind CAC durch Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zwingend für Staatsanleihen im Euroraum seit dem 1. Januar 2013 vorgesehen. Damit haben sich die Mitgliedstaaten der Eurozone für eine Lösung auf vertraglicher, d.h. zivilrechtlicher Grundlage entschieden und damit die vor allem vom IWF befürwortete "große" Lösung eines umfassenden insolvenzrechtlichen Ansatzes, also der Einführung eines insolvenzartigen Verfahrens für Staaten namens "Sovereign Debt Resolution Mechanism" (SDRM; siehe dazu Keller in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, 2004, S. 155, 165; Paulus, WM 2002, 725) - zumindest vorerst - zurückgestellt (vgl. European Council, EUCO 10/11 vom 25. März 2011, S. 29; siehe auch Sester, WM 2011, 1057 f. mwN; Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 15 spricht sogar von einem politischen Scheitern des SDRM).
37
Vergleichbare Regelungen im nationalen (deutschen) Recht sehen die bereits am 5. August 2009 in Kraft getretenen §§ 5 ff. des Schuldverschreibungsgesetzes für die Anleihebedingungen der unter dieses Gesetz fallenden Schuldverschreibungen und die mit Wirkung zum 19. September 2012 eingefügten §§ 4a bis 4k des Bundesschuldenwesengesetzes für die Emissionsbedingungen der vom Bund begebenen Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von über einem Jahr vor. Ihnen ist gemein, dass die Möglichkeit zu einer Änderung der Anleihebedingungen, wie insbesondere eine solche zum Zwecke der Umschuldung, bereits in den ursprünglichen Anleihebedingungen vorgesehen sein muss. Die Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes diente der Umsetzung der Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, die Verwendung von Umschuldungsklauseln durch Ergänzung der Emissionsbedingungen von Bundeswertpapieren mit einer Laufzeit von über zwölf Monaten vorzusehen. Dies wäre allerdings auch ohne eine Gesetzesänderung durch schlichte Einfügung entsprechender Klauseln in den Anleihebedingungen möglich gewesen. Die Gesetzesänderung sollte daher vor allem dem Umstand Rechnung tragen, dass Emissionsbedingungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 5. Oktober 1992 - II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 312, vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311, 314, vom 30. Juni 2009 - XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 Rn. 20 und vom 29. April 2014 - II ZR 395/12, WM 2014, 1076 Rn. 24) Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen und daher einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Um die Anleihebedingungen insoweit der gerichtlichen Kontrolle zu entziehen, übernehmen das Schuldverschrei- bungsgesetz und das Bundesschuldenwesengesetz jeweils die Funktion eines Leitbildes, das die wesentlichen Inhalte der unter den Staaten der Eurozone abgestimmten Umschuldungsklauseln nachzeichnet und damit "kontrollfest" macht (BT-Drucks. 16/12814, S. 1 f., 13 f. und BT-Drucks. 17/9049, S. 1 f., 7; zur Möglichkeit der Änderung der Anleihebedingungen von Altschuldverschreibungen nach § 24 Abs. 2 SchVG siehe BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7).
38
(3) Diese Rechtslage spricht eindeutig gegen eine allein völkerrechtlich begründete Geltung von CAC ohne eine entsprechende Vereinbarung in den Anleihebedingungen. Es sind insoweit keine Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum ersichtlich, die ein darauf gründendes Leistungsverweigerungsrecht des insolventen Staates bejaht hätten. Die oben angeführten Entscheidungen des ICSID-Schiedsgerichts und der US-amerikanischen Gerichte haben ein solches Recht nicht angenommen. Soweit im völkerrechtlichen Schrifttum das zivilrechtliche Modell der Vereinbarung von CAC erörtert wird, wird - teilweise unausgesprochen - davon ausgegangen, dass solche Umschuldungsklauseln nur im Falle ihrer ausdrücklichen Vereinbarung in den Anleihebedingungen Geltung beanspruchen können, ihnen jedoch keine rückwirkende Geltung als allgemeine Regel zukommt (vgl. Herdegen, WM 2011, 913, 914 f.; Kolling, BKR 2007, 481, 488; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025, 2029 ff.; Sester, WM 2011, 1057, 1063 f.; Tietje/Szodruch, ZBB 2007, 498, 503).
39
Die Bemühungen zur Verwirklichung einer Gleichbehandlung der Gläubiger eines überschuldeten Staates, zu denen neben der Einbeziehung von CAC in die Anleihebedingungen auch das vom IWF entwickelte SDRM-Konzept gehört , wären unnötig, wenn die Gläubiger schon heute bzw. nach Auffassung der Revision sogar schon seit Beginn des 21. Jahrhunderts aufgrund einer allge- meinen Regel des Völkerrechts zu einem kooperativen Schuldenmanagement verpflichtet wären und einem dazu nicht bereiten Gläubiger kein Rechtsschutz gewährt werden dürfte (so bereits Ohler, JZ 2005, 590, 595).
40
(4) Weder die Revision noch die von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten zeigen insoweit einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die eine Geltung von CAC auch ohne eine entsprechende Vereinbarung , d.h. in Form einer allgemein anerkannten Regel des Völkerrechts, bejahen. Insoweit legt die Revision auch nicht dar, welchen näheren Inhalt diese Regel haben sollte. Wie die genannten gesetzlichen Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes und des Bundesschuldenwesengesetzes wie auch entsprechende Anleihebedingungen zeigen, regeln diese - entgegen der Revision - nicht "nur noch Feinheiten" eines solchen Verfahrens zur Änderung der Anleihebedingungen, sondern legen deren Grundlagen - insbesondere auch zum Schutz der Gläubiger - fest. Ohne entsprechende Regelungen bliebe unter anderem offen, welche Maßnahmen Gegenstand einer Beschlussfassung der Gläubiger sein können, mit welchem Stimmenquorum sie zu ihrer Verbindlichkeit getroffen werden müssen, wer stimmberechtigt ist, wie er seine Stimme abgeben kann, ob er sich vertreten lassen kann, wer mit welcher Frist und an welchem Ort die Gläubigerversammlung einberufen kann, wie dies und gegebenenfalls gefasste Beschlüsse bekannt zu machen sind und auf welche Weise solche Beschlüsse einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen werden können.
41
d) Einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 GG bedarf es nicht. Danach ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit objektiv zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (vgl. BVerfGE 109, 13, 23 f.). Dies setzt voraus, dass das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, mag das Gericht selbst auch keine Zweifel haben (vgl. BVerfGE 23, 288, 316 ff.; 64, 1, 13 ff.; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Ernstzunehmende Zweifel bestehen dann, wenn das Gericht von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher , ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft abweichen würde (vgl. BVerfGE 23, 288, 319; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Anzeichen mangelnder Eindeutigkeit sind Meinungsverschiedenheiten in der Frage, ob oder mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt (vgl. BVerfGE 64, 1, 15). Bestehen solche Zweifel nicht, ist die Rechtslage also offenkundig, sind die Gerichte dagegen auch in Völkerrechtsfragen uneingeschränkt selbst prüfungs- und entscheidungsberechtigt und -verpflichtet (vgl. BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1986, 1427; BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 284 f.). So liegt der Fall hier.
42
Im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 2007 (BVerfGE 118, 124) war die erste Umschuldung durch die Beklagte , bei der mehr als 75% aller Anleihegläubiger ihre notleidenden gegen neue Staatsanleihen getauscht hatten (vgl. Sester, NJW 2006, 2891), bereits erfolgt, ohne dass das Bundesverfassungsgericht - sei es auch nur auf einen entsprechenden Vortrag der Beklagten - Anlass gesehen hätte, diesen Gesichtspunkt in seiner Entscheidung zu erörtern, obwohl bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Revision als richtig die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage dann nicht gegeben gewesen wäre. Aufgrund dessen spricht nichts dafür, dass bereits vor Mai 2007 eine von der Revision behauptete Regel des Völkerrechts mit dem Inhalt bestanden hätte, dem insolventen Staat stehe gegenüber seinen Gläubigern bis zum Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
43
Wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich eine solche Regel im Hinblick auf die Weltfinanzmarktkrise nach dem Jahr 2007 entwickelt hätte. Vielmehr lässt sich dies eindeutig verneinen. Ernsthafte objektive Zweifel, die gegen diesen Befund sprechen könnten, bestehen nicht und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
44
2. Davon abgesehen steht der Beklagten vorliegend auch dann kein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn eine ihrer Behauptung entsprechende allgemeine Regel des Völkerrechts existieren würde, wonach auch private Gläubiger grundsätzlich verpflichtet sind, sich an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates zu beteiligen. Die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der Einrede obliegt dem Fachgericht und unterfällt nicht der Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2907 Rn. 7 ff.; Beschluss vom 14. September 2006 - 2 BvR 1504/06 u.a., Umdruck, S. 7; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
45
a) Nach allgemeinen Grundsätzen - auf die auch die Revision unter Anknüpfung an § 242 BGB und § 313 BGB abstellt - gebieten Treu und Glauben, dass die Parteien eines Schuldverhältnisses je nach dessen Inhalt auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen haben. Allerdings muss eine Vertragspartei keine allgemeine Interessenverfolgung zu Gunsten der anderen betreiben, weil die Parteien häufig gegenläufige Interessen haben. Deshalb sind sie nicht verpflichtet, gleich- oder höherrangige Interessen hinter die des anderen Teils zurückzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 220/11, NJW 2012, 2184 Rn. 23). Nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigen eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung. Eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist vielmehr erst dann als missbräuchlich und unzulässig anzusehen, wenn dem anderen Vertragsteil ein Festhalten an den vertraglichen Vereinbarungen unzumutbar ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 8. Februar 2006 - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037 Rn. 10 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30). Unzumutbarkeit setzt in der Regel voraus, dass das Festhalten am Vertrag für den betroffenen Vertragspartner zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung (vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 189/93, BGHZ 127, 212, 218 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30).
46
b) Nach diesen Maßgaben kann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers nicht bejaht werden. Nach Auffassung der Beklagten handele der Kläger rechtsmissbräuchlich, soweit er mehr verlange, als er bei einer Teilnahme an den Umschuldungen in den Jahren 2005 und 2010 erhalten hätte. Damit wolle er im Ergebnis einen ungerechtfertigten Sondervorteil auf Kosten derjenigen Gläubiger der Beklagten erlangen, die durch ihre Vermögensopfer die Sanierung des Staatshaushalts der Beklagten ermöglicht hätten. Damit kann sie indes nicht durchdringen.
47
aa) Die Voraussetzungen für die von der Beklagten erhobene Einrede des Rechtsmissbrauchs, wonach ein privater Gläubiger treuwidrig handele, wenn er sich nicht an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates beteilige, liegen bereits im Ausgangspunkt nicht vor. Bei dem Erlass des argentinischen Notstandsgesetzes und des Zahlungsmoratoriums handelt es sich nicht um ein geordnetes Umschuldungsverfahren , sondern um einseitige Maßnahmen der Beklagten als Schuldnerin, mit denen sie eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat. Die von ihr erlassenen Vorschriften dienen in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
48
bb) Dem Kläger war es mangels Vorhandenseins eines einheitlichen oder eines kodifizierten Konkursrechts der Staaten oder internationaler Normen für die Durchführung eines Umschuldungsverfahrens weder zuzumuten, sich an dem von der Beklagten durchgeführten Restrukturierungsverfahren zu beteiligen , noch muss er sich dessen Ergebnis entgegenhalten lassen. Für ihn war insbesondere nicht erkennbar, auf welcher Grundlage und nach welchen Maßgaben die Gläubiger auf den Umschuldungsvorschlag der Beklagten eingegangen sind. Insbesondere ist offen, ob die Verhandlungen einen für die Gläubiger günstigeren Ausgang genommen hätten (z.B. in Form von Besserungsscheinen ), wenn sie - etwa im Rahmen eines geordneten Insolvenzverfahrens - besser organisiert gewesen wären (vgl. dazu Sester, NJW 2006, 2891, 2892). Des Weiteren durfte der Kläger darauf vertrauen, dass die Beklagte - unabhängig von der Frage der Wirksamkeit solcher Klauseln in Deutschland - wegen des Fehlens einer Umschuldungsklausel in den Anleihebedingungen die von ihm gezeichnete Anleihe auch im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten in voller Höhe bedienen und ihm jedenfalls nicht eine mit anderen Gläubigern getroffene Umschuldungsvereinbarung entgegenhalten würde. Dieses Vertrauen durfte der Kläger darauf gründen, dass die Beklagte in anderen Staaten auch Anleihen mit CAC unterschiedlichen Inhalts emittiert hat (vgl. dazu Kolling, BKR 2007, 481, 487 f.; Sester, WM 2011, 1057, 1061).
49
Darüber hinaus fehlt es an einem substantiierten Vorbringen der Beklagten , dass die Bezahlung der eingeklagten Forderung in Höhe von 3.067,75 € nebst Zinsen eine schwerwiegende Bedrohung eines essenziellen Interesses, wie zum Beispiel den Ausfall oder einen drohenden Ausfall essenzieller Staatsfunktionen im Bereich der Sicherheit und Daseinsvorsorge zur Folge hätte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Lübbe-Wolff in ihrem Sondervotum, BVerfGE 118, 124, 146, 150 ff.).
50
Schließlich spricht gegen ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nach Treu und Glauben auch der Umstand, dass die Beklagte dieses nicht gegenüber allen Gläubigern durchsetzen kann, wie etwa das in den USA anhängige Verfahren der Beklagten gegen NML Capital Ltd. zeigt. In der bislang letzten Entscheidung des Supreme Court of the United States vom 16. Juni 2014 (No. 12-842), die ein Vollstreckungsverfahren betrifft, ergibt sich aus den Gründen nicht, dass die Beklagte unter Berufung auf eine allgemeine Regel des Völkerrechts ein daraus abgeleitetes Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht hätte.
51
3. Entgegen der Revision steht der Beklagten die Einrede eines Leistungshindernisses wegen des argentinischen Zahlungsmoratoriums auch nicht nach den Regeln des Internationalen Privatrechts zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; Senatsbeschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
52
Die dagegen von der Revision vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere Entscheidung. Da die Anleihe vor dem 17. Dezember 2009 bege- ben wurde, unterliegt sie gemäß Art. 28 Rom-I-VO nicht den Regelungen dieser Verordnung, sondern Art. 27 ff. EGBGB a.F. Entgegen der Revision kann danach das argentinische Zahlungsmoratorium kein Leistungshindernis begründen. Bei dem Zahlungsmoratorium und den zu seiner Durchsetzung erlassenen Regelungen handelt es sich aus interlokaler Sicht um "ausländische" international zwingende Bestimmungen (Eingriffsnormen; vgl. MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 7 ff., 9; Palandt/Thorn, BGB, 68. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 4, 5), und zwar hier aus einer Rechtsordnung, die weder das Vertragsstatut stellt, noch der lex fori angehört (sog. drittstaatliche Normen; vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52; MünchKomm /Martiny, aaO Rn. 37). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind ausländische Eingriffsnormen, die - wie hier - allein der Verwirklichung wirtschaftlicher oder staatspolitischer Ziele des rechtsetzenden Staates selbst dienen, nur zu beachten, wenn und soweit dieser die Möglichkeit besitzt, die Bestimmungen durchzusetzen, etwa, wenn sie auf seinem Territorium belegene Sachen und Rechte oder Handlungen, die dort zu vollziehen sind, betreffen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Dezember 1959 - VII ZR 198/58, BGHZ 31, 367, 371, vom 16. April 1975 - I ZR 40/73, BGHZ 64, 183, 188 ff. und vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52 f.). Das ist hier nicht der Fall.
53
Die Revision kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Wirkungen eines Auslandskonkurses oder eines ausländischen Zwangsvergleichs im Inland berufen. Nach dieser Rechtsprechung erfasst ein solches Verfahren das im Inland belegene Vermögen des Gemeinschuldners , weil der Konkurs oder der Zwangsvergleich - anders als Enteignung und Konfiskation - nicht dem Staat, sondern ausschließlich allen Gläubigern des Gemeinschuldners und ihrer gleichmäßigen Befriedigung dient (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 263 ff. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80 ff.). Voraussetzung für die An- erkennung ist allerdings, dass es sich bei dem Auslandsverfahren nach den inländischen Rechtsgrundsätzen überhaupt um ein Insolvenz-(Konkurs- oder Vergleichs-)Verfahren handelt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 269 f. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80). Daran fehlt es hier. Das argentinische Notstandsgesetz und das Zahlungsmoratorium sind einem Insolvenzverfahren funktionell nicht vergleichbar , weil die Beklagte als Schuldnerin eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat und es sich daher nicht um ein staatlich geordnetes Verfahren handelt, das der Kontrolle und Aufsicht durch eine neutrale Stelle unterliegt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 89). Zudem dienen die von der Beklagten erlassenen Vorschriften in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
54
Soweit aufgrund dessen die argentinische Notstandsgesetzgebung allenfalls auf materiell-rechtlicher Ebene, d.h. hier nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), Berücksichtigung finden können, scheidet dies vorliegend - wie bereits oben ausgeführt worden ist - aus.
55
4. Aufgrund dessen steht dem Kläger auch der geltend gemachte Verzögerungsschaden von 300 € zu. Die diesbezüglichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Revision nicht angegriffen und lassen auch keinen Rechtsfehler erkennen.
Joeres Grüneberg Maihold Menges Derstadt

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.04.2013 - 30 C 2877/11 (20) -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 13.01.2014 - 2-24 S 95/13 -

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvertrag, bei anderen Sachen die Vorschriften über den Sachdarlehensvertrag Anwendung. Gestattet der Hinterleger dem Verwahrer, hinterlegte vertretbare Sachen zu verbrauchen, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvertrag, bei anderen Sachen die Vorschriften über den Sachdarlehensvertrag von dem Zeitpunkt an Anwendung, in welchem der Verwahrer sich die Sachen aneignet. In beiden Fällen bestimmen sich jedoch Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften über den Verwahrungsvertrag.

(2) Bei der Hinterlegung von Wertpapieren ist eine Vereinbarung der im Absatz 1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrücklich getroffen wird.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 147/05
vom
17. April 2008
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann und die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 17. April 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 19. April 2005 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6, 296 Abs. 3 Satz 1 InsO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
2
Die Vorinstanzen haben zu Recht den gestellten Versagungsantrag als unzulässig angesehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 InsO nicht nur einen entsprechenden Antrag eines Insolvenz- gläubigers voraus, sondern mit dem Antrag ist der Versagungsgrund - Verstoß gegen eine der in § 295 InsO aufgeführten Obliegenheiten - sowie eine darauf beruhende Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger darzulegen und gemäß § 294 ZPO glaubhaft zu machen (vgl. BGHZ 156, 139, 141 f; BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 50/05, ZVI 2006, 257, 258; Beschl. v. 8. Februar 2007 - IX ZB 88/06, WM 2007, 661, 662). Unmittelbare Auskunftsobliegenheiten gegenüber den einzelnen Gläubigern hat der Schuldner, wie bereits der Wortlaut des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO eindeutig zum Ausdruck bringt, nicht. Der weitere Beteiligte macht selbst nicht geltend, dass in den Verhältnissen der Schuldnerin tatsächlich Veränderungen aufgetreten sind, deren Anzeige sie unterlassen haben könnte.
3
Die von der Rechtsbeschwerde zum Beleg einer Divergenz angeführte Entscheidung des AG Oldenburg ZInsO 2001, 1170 betrifft einen anderen Fall.
Im Übrigen kann die Entscheidung eines nachrangigen Gerichts keine Divergenz begründen (MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 7 Rn. 50).
Ganter Gehrlein Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Kiel, Entscheidung vom 04.02.2005 - 25 IN 247/02 -
LG Kiel, Entscheidung vom 19.04.2005 - 13 T 51/05 -

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)