Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Jan. 2013 - 3 L 93/09

bei uns veröffentlicht am30.01.2013

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 17.04.2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenbescheid der Beklagten, mit dem diese Kosten für die Unterbringung und Pflege eines Hundes im Tierheim festgesetzt hat.

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Dabei geht es um die Unterbringung der Staffordshire-Hündin "Hera" im Tierheim A-Stadt in der Zeit vom 25.07.2001 bis zum 19.03.2004.

3

Das Tierheim wurde bis 2007 vom "Tierschutzverband A-Stadt und Umgebung e.V." betrieben. Der Betreibervertrag vom 06.06.1994/28.06.1994 enthält u.a. die folgenden Bestimmungen:

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§ 3 Zweckbestimmung und Übertragung von Pflichtaufgaben

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(1) Der TSV übernimmt die Pflichtaufgabe der Stadt A-Stadt zur Aufnahme und Verwahrung von Fundtieren entsprechend der Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden für die Durchführung des Fundrechts vom 09. Juni 1992 ... i.V.m. §§ 965 ff BGB in Verbindung mit § 90 a BGB und auf der Grundlage des § 2 des Tierschutzgesetzes.
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(2) Der TSV übernimmt die Aufbewahrung von Tieren, die durch den Oberbürgermeister als zuständige Ordnungsbehörde und die Polizei im Sinne des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (SOG) vom 04. August 1992 ... zur Verwahrung angewiesen werden.
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(3) Der TSV übernimmt die Aufbewahrung von Tieren, die durch das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt auf der Grundlage des § 16 a des Tierschutzgesetzes zur Verwahrung angewiesen werden.
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(4) Der TSV nimmt entsprechend den Kapazitäten des Tierheimes Tiere im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben auf, sofern die Erfüllung der übernommenen Pflichtaufgaben gemäß Abs. 1 bis 3 hiervon nicht beeinträchtigt wird.
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§ 4 Verpflichtungen des TSV

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Der TSV verpflichtet sich

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(1) in dem Tierheim die Fundtiere aus dem Zuständigkeitsbereich der Stadt A-Stadt aufzunehmen und unter Beachtung der einem Finder obliegenden Sorgfaltspflicht, bis zur Aushändigung an den Verlierer oder einen sonstigen Empfangsberechtigten oder bis zur Vermittlung an einen neuen Besitzer, entsprechend den Vorschriften des § 965ff BGB unbeschadet der Regelungen nach § 4 Abs. 2 bis 4 dieses Vertrages, mindestens 6 Monate zu verwahren. ...

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(5) Die Herausgabe von Verwahrtieren erfolgt ausschließlich auf Anweisung der zuständigen Behörde.

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Der TSV verpflichtet sich weiterhin

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(6) Fundtiere während der üblichen Arbeitszeit bei privaten Findern abzuholen, wenn  diese nicht in der Lage sind, das Tier ins Tierheim zu bringen.

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(7) Tiere nach Aufforderung durch die zuständigen Behörden der Stadt A-Stadt, die   Feuerwehr oder die Polizei zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Rahmen eines 24-Stunden-Bereitschaftsdienstes unverzüglich abzuholen.

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(8) ständig Notfallboxen bereit zu halten, um der Polizei die Möglichkeit zur geben, zu jeder Zeit ein Tier im Tierheim unterbringen zu können. Zu diesem Zweck erhält die Polizei einen Schlüssel, damit der Zugang zum Tierheim auch dann gewährleistet ist, wenn es nicht durch Pfleger besetzt ist.

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§ 5 Nachweisführung

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(1) Der TSV führt einen Nachweis über alle ihm nach § 3 Abs. 1 bis 3 dieses Vertrages übergebenen Tiere, der vom Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt der Stadt A-Stadt überprüft wird.

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(2) Der TSV führt außerdem Nachweis über Tiere, die nicht unter § 3 Abs. 1 bis 3 dieses Vertrages fallen (Pensionstiere, anderweitig aufgenommene Tiere). Kosten, die diese Tiere verursachen, sind in der Buchführung gesondert nachzuweisen und fallen nicht unter § 9 dieses Vertrages.

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§ 6 Kostenerhebung

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Der TSV ist verpflichtet, entstandene Kosten für die Abholung und Verwahrung gefundener oder anderweitig aufgenommener Tiere dem Verlierer oder sonstigen Empfangsberechtigten in Rechnung zu stellen.

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§ 9 Kostenübernahme

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(1) Die Stadt A-Stadt übernimmt, unter Berücksichtigung der Beteiligung des TSV gem. § 9 Abs. 2 die nachgewiesenen und anderweitig nicht gedeckten Aufwendungen des TSV für das Tierheim, die in Erfüllung der Verpflichtungen aus § 4 Abs. 1–9 des Vertrages entstehen:
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A. Personalkosten

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Die Stadt A-Stadt zahlt die Personalkosten für die Erfüllung der vertraglichen Aufgaben auf der Grundlage einer jährlichen Personalbedarfsermittlung und –kontrolle durch den Tierheimbeirat. Die jährliche Bemessung der Personalkosten erfolgt entsprechend des tatsächlichen Bedarfes.

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Für die Berechnung der Personalkosten ist der Bundesangestelltentarif OST anzuwenden, es sei denn, der Deutsche Tierschutzbund e.V. sieht einen eigenen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung vor.

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B. Kosten für

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a) Unterhaltung eines Tiertransportfahrzeuges
b) Futter
c) tierärztliche Leistungen
d) Medikamente
e) Heizung und Elektroenergie
f) Telefon- und Postgebühren
g) Versicherungen
h) Allg. Betriebsmittel, einschl. Reinigungs- und Desinfektionsmittel und Kleinstreparaturen
i) Wasser/Abwasser
j) Entsorgung

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(2) Der TSV verpflichtet sich, Spenden und Sponsorenmittel, soweit sie nicht einem anderen Bestimmungszweck unterliegen, für den Ausbau, die Unterhaltung und die Bewirtschaftung des Tierheimes einzusetzen.
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(3) Die Bauunterhaltung auf der Grundlage einer jährlichen Baubedarfsnachweisung obliegt der Stadt A-Stadt.
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(4) Alle sonstigen, nicht unter Abs. 1 fallenden Maßnahmen, die in Erfüllung der Aufgaben gem. § 3 Abs. 1 bis 3 Kosten verursachen obliegen der Stadt A-Stadt. Der TSV hat hierzu einen begründeten Antrag vorzulegen, der der schriftlichen Zustimmung der Stadt A-Stadt bedarf.
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§ 10 Zahlungsmodus

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Die Stadt A-Stadt leistet für den auf sie entfallenden Kostenanteil bis zum Beginn des 2. Monats eines jeden Quartals Abschlagszahlungen in entsprechend angemessener Höhe. Der Jahresabschluss des Tierheimes ist bis spätestens 30.06. des folgenden Jahres vorzulegen. Die Endabrechnung erfolgt jeweils dann, wenn der Jahresabschluss vom Rechnungsprüfungsamt der Stadt A-Stadt auf seine Richtigkeit überprüft wurde."

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Am 25.07.2001 wurde eine Staffordshire-Hündin im Tierheim abgegeben mit dem Hinweis, die Hündin sei angebunden an der Badeanstalt D. gefunden worden; sie höre auf den Namen "Hera". Dies ergibt sich aus der an diesem Tage im Tierheim aufgenommenen Fundtieranzeige.

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Mit Schreiben vom 02.03.2004 wandte sich der Tierschutzverband an das Veterinäramt der Beklagten. Eine Frau E. habe im Tierheim angerufen um sich nach der Hündin zu erkundigen. Sie habe angegeben, das Tier schon eine gewisse Zeit gehabt zu haben. Als sie schwanger gewesen sei, sei es an den alten Besitzer - den Kläger - zurück gegeben worden, der es nach ihrer Kenntnis dann ins Tierheim gegeben habe. Im Rahmen einer persönlichen Anhörung gab Frau E. an, das Tier habe ursprünglich dem Kläger gehört, der ihr Freund gewesen sei. Als der Kläger im Februar 2000 für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis gekommen sei, habe sie das Tier bis zur Geburt ihres Kindes am 01.07.2000 gehalten. Zwei Monate später habe der Stiefbruder des Klägers die Hündin abgeholt; der Kläger habe sich um sie kümmern sollen. Wie sie später erfahren habe, sei das Tier statt dessen ins Tierheim gebracht worden.

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Die Hündin wurde am 19.03.2004 vom Tierschutzverband gegen eine sog. Schutzgebühr von 100,00 EUR an Frau E. übereignet, der eine vorläufige Erlaubnis zum Halten und Führen eines gefährlichen Hundes erteilt worden war.

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Mehrere weitere von der Beklagten angehörte Personen machten jeweils unterschiedliche Angaben zu der Frage, wer die Verantwortung für das Tier getragen habe, als der Kläger in Haft gewesen sei, und wie es zu der Abgabe im Tierheim gekommen sei. Der zwischenzeitlich aus der Haft entlassene Kläger äußerte sich auf das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 12.10.2004 nicht.

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Mit Bescheid vom 15.12.2004 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger für die Unterbringung und Pflege der Hündin im Tierheim in der Zeit vom 25.07.2001 bis zum 19.03.2004 Kosten in Höhe von 8.128,00 Euro fest, wobei pro Tag Kosten in Höhe von 8,50 Euro erhoben und von der Summe in Höhe von 8.228,00 Euro der Erlös von 100,00 Euro abgezogen wurde. Die Verpflichtung zur Kostentragung ergebe sich aus den §§ 70, 114 Abs. 1 und Abs. 3 SOG M-V i.V.m § 13 VwKostG M-V.

39

Der Kläger legte mit Schreiben vom 05.01.2005 Widerspruch ein, den die Beklagte nach erneuter Anhörung mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2005 als unbegründet zurückwies.

40

Der Kläger hat am 21.04.2005 beim Verwaltungsgericht Schwerin "Widerspruch gegen das Schreiben vom 30.03.2005" erhoben und mit anwaltlichem Schreiben vom 18.05.2005 auf die entsprechende gerichtliche Aufforderung klar gestellt, dass es sich um eine Klage handeln sollte.

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Der Kläger hat geltend gemacht: Er sei in dem fraglichen Zeitraum von 2001 bis 2004 weder Halter noch Eigentümer oder sonst Berechtigter der Stafford-Terrier-Mix-Hündin "Hera" gewesen. Allerdings sei er bis zum Jahr 2000 deren Halter gewesen. Zu Beginn dieses Jahres sei er mit seiner damaligen Lebensgefährtin in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Die Lebensgefährtin sei mit dem gemeinsamen Kind schwanger gewesen, das am 01.07.2000 geboren worden sei. Wenige Tage vor der Geburt sei er inhaftiert worden. Da die Lebensgefährtin wegen des Kindes den Hund nicht habe behalten wollen, habe sein Bruder diesen übernommen. Kurze Zeit später habe die Lebensgefährtin das Tier jedoch zurück verlangt und auch bekommen. Weiteren Kontakt habe es wegen der folgenden Trennung nicht gegeben. Zu den getroffenen Absprachen hat der Kläger Zeugenbeweis angeboten.

42

Der Kläger hat u.a. weiter geltend gemacht: Im Rahmen der Schadensminderungspflicht sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihn frühzeitig zu informieren und aufzufordern, seine Hündin abzuholen. Die Höhe der geltend gemachten Unterbringungskosten werde bestritten. Ein Betrag in Höhe von 8,50 Euro übersteige den tatsächlichen Aufwand.

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Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 15.12.2004 und deren Widerspruchsbescheid vom 30.03.2005 aufzuheben.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat vorgetragen: Die Hündin sei am 25.07.2001 als Fundtier im Tierheim abgegeben worden. Der Eigentümer sei unbekannt gewesen, da die Hündin über Jahre nicht abgeholt worden sei. Eine Vermittlung sei nicht möglich gewesen, da es sich um einen nach der Hundehalterverordnung als gefährlich geltenden Hund gehandelt habe.

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Sie habe als zuständige Behörde für die Durchführung des Fundrechts von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Aufgabe des Betriebs eines Tierheims im Wege eines Betreibervertrages an den Tierschutzverband A-Stadt und Umgebung e.V. zu übertragen. Dieser erfülle mit der Aufnahme und Versorgung der aufgefundenen Tiere für sie die entsprechende Pflichtaufgabe. In der Aufnahme der Hündin liege eine Amtshandlung, die zur Kostenerhebung berechtige. Ob das Tier von der Polizei, der Ordnungsbehörde oder von einem Dritten "sichergestellt" und in das Tierheim gebracht worden sei, mache keinen Unterschied.

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Das Verwaltungsgericht Schwerin hat mit Urteil vom 17.04.2009, zugestellt am 05.05.2009, den angefochtenen Kostenbescheid mit der Begründung aufgehoben, es fehle an der für eine Heranziehung zur Kostenerstattung durch Leistungsbescheid zwingend erforderlichen Amtshandlung. Die Beklagte sei mangels behördlicher Sicherstellung des Hundes oder einer ihn betreffenden Verwahrungsanordnung nicht hoheitlich tätig geworden. Der private Tierheimbetreiber sei lediglich als Verwaltungshelfer anzusehen und daher nicht amtshandlungsfähig. Auf das Vorliegen eines Aufwendungsersatzanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag komme es nicht an, weil eine entsprechende Forderung nicht durch Bescheid durchgesetzt werden könnte, sondern im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden müsste.

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Auf den am 02.06.2009 gestellten Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 14.12.2010, zugestellt am 05.01.2011, die Berufung zugelassen.

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Nachdem der Senatsvorsitzende dem Antrag der Beklagten vom 04.02.2011, die Frist zur Begründung der Berufung um einen Monat zu verlängern, mit Verfügung vom selben Tage entsprochen hatte, hat die Beklagte die Berufung mit Schriftsatz vom 04.03.2011, beim Oberverwaltungsgericht am selben Tage per Fax eingegangen, begründet.

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Die Beklagte trägt vor: Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sei § 114 Abs. 1 und 3 SOG M-V iVm § 10 Abs. 1 Satz 1 VwKostG M-V. Das Tatbestandsmerkmal der Amtshandlung sei dadurch erfüllt worden, dass das Tier im Tierheim aufgenommen worden sei. Amtshandlung sei jede mit Außenwirkung in Ausübung hoheitlicher Befugnisse vorgenommene Handlung. Der das Tierheim betreibende Tierschutzverband habe bei der Unterbringung und Versorgung der Hündin als Verwaltungshelfer gehandelt. Er sei im Rahmen seiner Verpflichtung aus dem Betreibervertrag tätig geworden, mit dem sie die Aufgabe zur Unterbringung und Betreuung von Fundtieren zulässigerweise auf diesen übertragen habe. Der Betreiber des Tierheimes handele im Rahmen dieses Vertrages auf ihre Weisung ohne eigenen Entscheidungsspielraum. Der Vertrag fungiere als antizipierte Amtshandlung, die jeweils mit der Aufnahme, Registrierung und Meldung der jeweiligen Fundtiere ihre Konkretisierung erfahre. Auf eine behördliche Sicherstellung oder Verwahrungsanordnung komme es daher nicht an. Mit der Aufnahme der Fundtiere im Tierheim befänden diese sich in amtlicher Verwahrung durch Dritte in amtlichem Auftrag im Sinne des § 63 Abs. 1 SOG M-V. Als Ermächtigungsgrundlage sei ferner auch § 8 Abs. 4 HundeHVO M-V heranzuziehen. Schließlich könne der Bescheid auch auf den Gesichtspunkt der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt werden.

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Hinsichtlich der Höhe der Kosten handele es sich um einen Tagessatz, der aus den dem Tierheim für die Verwahrung entstehenden Kosten kalkuliert und aufwandsangemessen sei. Die Beklagte hat eine Kalkulation vorgelegt, nach der für die Jahre 2000 bis 2003 jeweils – vereinfacht gesagt - die Summe der Personal- und Sachkosten auf die sog. „Tiertage“ (Zahl der untergebrachten Tiere multipliziert mit der Verweildauer in Tagen) umgelegt wurden, und sodann der Durchschnitt der sich für die genannten Jahre jeweils ergebenden Beträge gebildet wurde; wegen der Einzelheiten wird auf die Kalkulation Bezug genommen.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 17.04.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er trägt vor: Er sei in der Zeit von 2001 bis 2004 nicht Eigentümer bzw. Halter des Hundes gewesen. Auf die erstinstanzlichen Beweisangebote werde Bezug genommen. Dass die Beklagte tatsächlich Kosten in der geltend gemachten Höhe gehabt habe, sei nicht ersichtlich. Eine separate Ermittlung der Kosten für die Unterbringung einzelner Tiere sei dem Betreibervertrag zwischen der Beklagten und dem Tierschutzverband nicht zu entnehmen. Dass bezogen auf die Unterhaltung und Pflege des Hundes Kosten in den geltend gemachten Umfang erforderlich und angemessen gewesen seien, werde bestritten. Im übrigen stehe, wenn die Pflichtaufgabe zur Verwahrung von Fundtieren von der Beklagten auf den Tierschutzverband übertragen worden sei, ein etwaiger Kostenerstattungsanspruch diesem zu. Dies ergebe sich auch aus § 6 des Betreibervertrages.

59

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die von der Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht begründet worden, nachdem die Frist von einem Monat nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses, die am Montag, den 07.02.2011 abgelaufen wäre, auf den am 04.02.2011 gestellten Antrag der Beklagten am selben Tage vom Vorsitzenden des Senats um einen Monat verlängert worden war, § 124a Abs. 3 Satz 3 und Abs. 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

61

Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Kostenbescheid der Beklagten vom 15.12.2004 und deren Widerspruchsbescheid vom 30.03.2005 im Ergebnis zu Recht aufgehoben, weil der Kostenbescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

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1. Der angefochtene Kostenbescheid kann nicht auf die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungskostengesetz (VwKostG M-V) gestützt werden. Zwar ist der Anwendungsbereich der Vorschrift eröffnet (a). Bei den von der Beklagten geltend gemachten Kosten handelt es sich jedoch nicht um Auslagen im Sinne dieser Vorschrift (b).

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a) Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 VwKostG M-V stellt keine allgemeine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Auslagen dar, die im Zusammenhang mit einer Amtshandlung entstehen. Die Erhebung von Auslagen setzt vielmehr voraus, dass mit der Amtshandlung ein (Verwaltungs-)Gebührentatbestand verwirklicht wird. Dies ist hier jedoch - auch wenn die Beklagte den Gebührentatbestand nicht ausdrücklich angegeben hat - der Fall.

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aa) § 10 VwKostG M-V regelt die Erstattung von Auslagen Annex zur Erhebung von Verwaltungsgebühren. Voraussetzung ist die Verwirklichung eines in einer Rechtsverordnung geregelten (Verwaltungs-)Gebührentatbestandes. Dies ergibt sich aus systematischen Überlegungen.

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Die Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes treffen lediglich allgemeine Regelungen über die Erhebung von Kosten, die als Rechtsgrundlage für einen entsprechenden Leistungsbescheid nicht ausreichen, sondern der Ergänzung durch Rechtsverordnung bedürfen. Dies gilt sowohl für die Verwaltungsgebühr - nämlich die Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme oder Leistung (Amtshandlung) der Behörden, § 1 Abs. 1 Satz 2 VwKostG M-V - als auch für die Benutzungsgebühr. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VwKostG M-V sind die einzelnen Amtshandlungen, für die Verwaltungsgebühren erhoben werden, und die Gebührensätze durch Verordnung zu bestimmen. Ebenso sind nach § 23 Abs. 1 VwKostG die öffentlichen Einrichtungen des Landes, für die Benutzungsgebühren erhoben werden, die gebührenpflichtigen Benutzungsarten und die Gebührensätze durch Verordnung zu bestimmen. Entsprechende Kostenverordnungen werden von den jeweils fachlich zuständigen obersten Landesbehörden im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium erlassen, § 2 Abs. 2 VwKostG.

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Die Vorschrift über die Erhebung von Auslagen in § 10 VwKostG stellt eine Verknüpfung mit der Gebührenerhebung her. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 VwKostG hat, wenn im Zusammenhang mit der Amtshandlung Auslagen notwendig werden, die nicht in die Verwaltungsgebühr einbezogen sind, der Kostenschuldner diese zu erstatten. Amtshandlung in diesem Sinne ist diejenige, für die eine Verwaltungsgebühr erhoben wird, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 und § 2 Abs. 1 Satz 1 VwKostG M-V. Die nachfolgenden Sätze des § 10 Abs. 1 VwKostG befassen sich sodann mit der Frage, welche Auslagen diese Voraussetzung - nicht in die Verwaltungsgebühr einbezogen zu sein - erfüllen, bzw. welche Regelungen hierzu in der der Erhebung der Verwaltungsgebühr zu Grunde liegenden Kostenverordnung getroffen werden können.

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Allerdings regelt § 10 Abs. 2 VwKostG M-V, dass Auslagen auch isoliert erhoben werden können, wenn für eine Amtshandlung Gebührenfreiheit besteht oder von der Gebührenerhebung abgesehen wird. Der Begriff der Gebührenfreiheit ist dabei aber im technischen Sinne zu verstehen und knüpft an die Regelungen der sachlichen und persönlichen Gebührenfreiheit in §§ 7, 8 VwKostG M-V an. Hingegen betrifft die Vorschrift nicht die Fälle, in denen eine Amtshandlung nicht gebührenpflichtig ist, weil es an der Regelung eines Gebührentatbestandes fehlt (tendenziell a.A. Busch, VwKostG S-H 1991 § 10 Anm. 4.1.). Hierfür spricht, dass nicht die Erstattung der "für eine Amtshandlung erforderlichen Auslagen" geregelt wird, sondern die Erstattung der "in Absatz 1 aufgeführten Auslagen". Mit der Bezugnahme auf § 10 Abs. 1 VwKostG M-V wird die Verknüpfung mit der Regelung einer Verwaltungsgebühr hergestellt. Die Bedeutung des § 10 Abs. 2 VwKostG erschöpft sich folglich darin zu regeln, dass (sachliche oder persönliche) Gebührenfreiheit nicht notwendig auch Auslagenfreiheit bedeutet; entsprechendes gilt für das Absehen von der Gebührenerhebung (vgl. Koglin in: Praxis der Kommunalverwaltung Bd. E 4 VwKostG M-V § 10 Anm. 4).

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bb) Im vorliegenden Fall ist ein (Verwaltungs-)Gebührentatbestand verwirklicht worden. Dass die Beklagte diesen nicht ausdrücklich angegeben hat, ändert daran nichts.

69

Allerdings ergibt sich die Verwirklichung eines Gebührentatbestandes nicht aus der Hundehalterverordnung (Verordnung über das Führen und Halten von Hunden vom 04.07.2000, GVOBl. S. 295 - HundehVO M-V). Eine Amtshandlung nach § 8 Abs. 1 HundehVO M-V liegt nicht vor. Insbesondere ist der Hund nicht etwa im Hinblick darauf, dass es sich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 HundehVO M-V um einen gefährlichen Hund handelt, gemäß § 4 Abs. 5 Satz 3 bzw. § 4 Abs. 5 Satz 6 HundehVO M-V sichergestellt worden. Ebenso wenig ist ein Gebührentatbestand nach den Vorschriften der Verwaltungsvollzugskostenverordnung (Verordnung über die Kosten im Verwaltungsvollzugsverfahren vom 09.10.2002, GVOBl. S. 726 - VwVKO M-V -; zwischenzeitlich ist die Neufassung vom 28.03.2012, GVOBl. S. 106 in Kraft getreten) verwirklicht worden. Eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung oder der unmittelbaren Ausführung nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz im Sinne des § 1 VwVKO M-V steht nicht in Rede.

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Verwirklicht worden ist jedoch der Gebührentatbestand der Verwahrung von Fundsachen nach § 1 iVm Ziff. 4 bzw. Ziff. 4.1 des Allgemeinen Kostentarifs der Kostenverordnung Innenministerium (Verordnung über Kosten im Geschäftsbereich des Innenministeriums vom 09.07.1997, GVOBl. S. 318 bzw. vom 14.12.2001, GVOBl. S. 564).

71

(1) Die Hündin, um deren Unterbringungskosten gestritten wird, ist als Fundtier in das Tierheim aufgenommen worden.

72

Fundsachen bzw. Fundtiere sind gemäß § 965 Abs. 1 BGB verlorene Sachen bzw. Tiere. Eine Sache ist verloren, wenn sie besitz-, aber nicht herrenlos ist (Oechsler in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 6, 5. Aufl. 2009, § 965 Rn. 3 m.w.N.).

73

Die Hündin war vorliegend besitzlos, als sie ins Tierheim aufgenommen wurde. Der Besitz wird dadurch beendet, dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert, § 856 Abs. 1 BGB. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn – wie hier - ein Haustier auf einer öffentlichen Fläche angebunden angetroffen wird.

74

Die Hündin war nicht herrenlos. Herrenlos ist eine Sache, an der kein privates Eigentum besteht (Oechsler a.a.O. § 958 Rn. 3). Soweit die Hündin ausgesetzt worden war, führt dies nicht zur Beendigung des Eigentums. Die Aufgabe bestehenden Eigentums an einem Tier gemäß § 959 BGB durch Aussetzen des Tieres ist nicht wirksam möglich, weil damit zugleich gegen ein bußgeldbewehrtes Verbotsgesetz verstoßen wird, § 134 BGB i.V.m. §§ 3 Abs. 3, 18 Abs. 1 Ziff. 4 TierSchG (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, Einführung Rn. 81 m.w.N.). Auch aus dem Umstand, dass sich nachträglich kein Eigentümer gemeldet hat, kann nicht auf eine Herrenlosigkeit des Tieres und damit auf eine fehlende Zuständigkeit der Fundbehörde geschlossen werden. Unabhängig von der Frage, ob der Erlass über die Kostentragung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren vom 23.11.1998 (ABl. M-V 1999 S. 5) bei der zivilrechtlichen Prüfung der Eigentumslage überhaupt berücksichtigt werden kann, regelt dieser in Abs. 9 lediglich, dass dann, wenn sich ein Eigentümer eines Tieres nicht binnen vier Wochen bei der örtlichen Ordnungsbehörde gemeldet hat, üblicherweise angenommen werden muss, dass er die Suche nach seinem Tier aufgegeben hat und das Tier herrenlos ist beziehungsweise herrenlos geworden ist. Für den hier maßgeblichen Zeitpunkt des Auffindens der Hündin lässt sich keine Aussage treffen; vielmehr bezieht sich die aufgestellte Vermutungsregel erst auf den Zeitpunkt vier Wochen nach dem Fund (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, U. v. 12.01.2011 - 3 L 272/06 -, DVBl 2011, 275).

75

Die Beklagte war als zuständige Fundbehörde verpflichtet, die Hündin in ihre Obhut zu übernehmen und tierschutzgerecht zu versorgen. Gemäß der Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden für die Durchführung des Fundrechts vom 09.06.1992 (GVOBl. M-V S. 333) ist die Beklagte „als örtliche Ordnungsbehörde“ zuständig. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich auf Fundsachen und Fundtiere (vgl. § 90a BGB).

76

(2) Die Aufnahme und Versorgung der Hündin erfüllt den Gebührentatbestand der Verwahrung einer Fundsache gemäß § 1 iVm Ziff. 4 bzw. Ziff. 4.1 des Allgemeinen Kostentarifs der Kostenverordnung Innenministerium. Insbesondere liegt eine Amtshandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 VwKostG M-V vor. Danach sind Verwaltungsgebühren die Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme oder Leistung (Amtshandlung) u.a. der Behörden des Landes, der Gemeinden, Ämter und Landkreise. Unter Amtshandlung ist dabei jede abgeschlossene Tätigkeit einer Behörde zu verstehen, die diese in Ausübung hoheitlicher Gewalt mit Außenwirkung vornimmt, wobei schlichtes Verwaltungshandeln ohne Regelungscharakter ausreicht (Koglin in: Praxis der Kommunalverwaltung Bd. E 4 VwKostG M-V § 1 Anm. 7.1.2 mwN). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

77

Allerdings ist hier eine unmittelbar von der Beklagten selbst vorgenommene Amtshandlung nicht erkennbar. Der Tierschutzverband seinerseits ist nicht selbst amtshandlungsfähig. Eine Beleihung mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben ist nicht erfolgt und mangels der erforderlichen gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerwG, U. v. 26.08.2010 - 3 C 35.09 -, DVBl. 2010, 1434 m.w.N) nicht möglich. Der Erlass über die Kostentragung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren vom 23.11.1998 (ABl. M-V 1999 S. 5) reicht als Grundlage nicht aus. Auch soweit es in § 3 Abs. 1 des Betreibervertrages vom 15.01./19.02.1997 heißt, der Tierschutzverband übernehme die Pflichtaufgabe der Stadt A-Stadt zur Aufnahme und Verwahrung von Fundtieren entsprechend der Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden für die Durchführung des Fundrechts vom 09.06.1992 iVm §§ 965 ff. BGB, vermag diese Klausel keine (außen-)wirksame Aufgabenübertragung zu begründen.

78

Der Tierschutzverband hat aber als Verwaltungshelfer mit Wirkung für die Beklagte gehandelt. Der Verwaltungshelfer wird für die Behörde tätig, und zwar im Rahmen einer untergeordneten Tätigkeit auf Weisung der Behörde; eine eigenständige Ausübung hoheitlicher Gewalt ist mit der Stellung als Verwaltungshelfer nicht verbunden, weshalb die Verwaltungshilfe auch keinem Gesetzesvorbehalt unterliegt (vgl. Schultze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem ua, Grundlagen des Verwaltungsrechts Bd. I 2. Aufl. 2012 § 12 Rn. 105; missverständlich zum Gesetzesvorbehalt Hess.VGH B. v. 17.03.2010 - 5 A 3242/09.Z -, NVwZ 2010, 1254 = Juris Rn. 5). Da das Handeln des Verwaltungshelfers der Behörde zugerechnet wird, kann darin die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch die Behörde liegen (vgl. BGH, U. v. 14.10.2004 – III ZR 169/04 –, NJW 2005, 286; U. v. 21.01.1993 – III ZR 189/91 –, NJW 1993, 1258; U. v. 21.03.1991 – II ZR 77/90 –, NJW 1991, 2954; jew. zur Amtshaftung). So liegt der Fall hier. Der Tierschutzverband ist ein sog. ausführender Verwaltungshelfer, der die öffentliche Einrichtung Tierheim betreibt (vgl. Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006 § 1 II Rn. 17). Dabei handelt es sich gewissermaßen um ein "ausgelagertes Fundbüro" speziell für Tiere.

79

Im vorliegenden Fall ist der Tierschutzverband bei der Aufnahme des Hundes auch tatsächlich für die Beklagte als zuständige Fundbehörde tätig geworden. Dass das Tier nicht - privatrechtlich - auf der Grundlage der Vereinssatzung aufgenommen und betreut werden sollte, sondern in Erfüllung der Pflicht der Beklagten zur Aufnahme und Verwahrung von Fundtieren, ergibt sich aus § 3 Abs. 1 des Betreibervertrages. Dies ist mit der Aufnahme der Fundtieranzeige vom 25.07.2001 auch nach außen deutlich geworden, weil die Fundtieranzeige gegenüber der zuständigen Fundbehörde abzugeben ist, § 965 BGB.

80

Auf die Frage, ob die Entscheidung über die Aufnahme eines Fundtieres möglicherweise nicht dem Tierschutzverband hätte überlassen werden dürfen, sondern der Beklagten hätte vorbehalten bleiben müssen, weil es sich insoweit um einen Verwaltungsakt handelt (vgl. Kohler-Gehrig VBlBW 1995, 377, 379; zur Unzulässigkeit der Übertragung hoheitlicher Entscheidungsbefugnisse auf Private ohne gesetzliche Grundlage vgl. Hess. VGH B. v. 17.03.2010 - 5 A 3242/09.Z -, NVwZ 2010, 1254 - Erlass von Gebührenbescheiden; Bay. VGH U. v. 17.02.1999 - 4 B 96.1710 -, NVwZ 1999, 1122 - Zulassung von Schaustellern zu einem Volksfest sowie B. v. 17.12.1991 - 11 B 91.2603 -, NVwZ-RR 1992, 515 - Sperrung einer öffentlichen Straße; BayObLG B. v. 11.07.1997 - 1 ObOWi 282/97 -, NJW 1997, 3454 - Feststellung von Park- und Halteverstößen; KG B. v. 23.10.1996 - 2 Ss 171/96 3 Ws (B) 406/96 -, NJW 1997, 2894 - Parkraumüberwachung), kommt es vorliegend nicht an.

81

b) Bei den von der Beklagten geltend gemachten Kosten handelt es sich nicht um Auslagen im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 VwKostG M-V. Zwar sind nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 VwKostG M-V die Kosten für die Verwahrung von Sachen regelmäßig nicht in die Verwaltungsgebühr einbezogen und damit "auslagenfähig". Um Auslagen handelt es sich jedoch nur, soweit besondere, durch die jeweilige konkrete Amtshandlung entstandene Verwaltungskosten in Rede stehen, die aus den allgemeinen Verwaltungskosten ausgesondert werden können. Mit diesem Erfordernis der Aussonderungsfähigkeit soll u.a. gesagt sein, dass Verwaltungskosten, die in gleicher Höhe auch ohne die den maßgeblichen Gebührentatbestand erfüllende Amtshandlung angefallen wären, nicht lediglich rechnerisch anteilig erfasst und auf den Pflichtigen umgelegt werden können, weil es insoweit bereits an der Kausalität im Sinne der conditio sine qua non fehlt (vgl. OVG NW, U. v. 25.01.1980 - 11 A 19/78 -, OVGE MüLü 34, 286 = Juris Rn. 9). Insoweit unterscheidet sich die Auslage als ausscheidbare Aufwendung von der Gebühr als pauschaliertem Entgelt (vgl. Koglin aaO Bd. E 4 VwKostG M-V § 10 Anm. 1.2).

82

Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für das Vorliegen von Auslagen hier nicht erfüllt, weil keine aussonderungsfähigen Kosten geltend gemacht werden. Dass der Beklagten konkret für die Unterbringung und Pflege der Hündin „Hera“ Kosten in Höhe von 8,50 EUR je Tag entstanden wären, die ohne deren Aufnahme nicht angefallen wären, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hatte für den fraglichen Zeitraum im Betreibervertrag mit dem Tierschutzverband keine Abrechnung je aufgenommenes Fundtier vereinbart, sondern eine Übernahme der Kosten für den Betrieb des Tierheims insgesamt, abzüglich des Kostenanteils, der auf die auf satzungsrechtlicher Grundlage aufgenommenen Tiere entfällt (§ 5 Abs. 2 Satz 2 des Betreibervertrages), und abzüglich etwaiger darüber hinaus zu diesem Zweck eingeworbener Spenden (§ 9 Abs. 2 des Betreibervertrages). Der in dem angefochtenen Kostenbescheid von der Beklagten zu Grunde gelegte Tagessatz von 8,50 EUR ist nachträglich rechnerisch ermittelt worden und entspricht dem Durchschnitt der in den Jahren 2000 bis 2003 rechnerisch anteilig auf jeden Unterbringungstag eines Tieres entfallenden Kosten. Bei den hierfür angesetzten Kostenpositionen gemäß § 9 Abs. 1 Abschnitt B des Betreibervertrages handelt es sich überwiegend um solche, die nicht individuell der Aufnahme und Versorgung eines bestimmten Tieres zugeordnet werden können, sondern unabhängig von Zahl und Verweildauer der Tiere anfallen. Dies gilt insbesondere für die Kosten für die Unterhaltung eines Tiertransportfahrzeuges, für Heizung und Elektroenergie, Telefon- und Postgebühren, Versicherungen, Allgemeine Betriebsmittel, Wasser/Abwasser und Entsorgung. Dass es nicht um konkret der Unterbringung eines bestimmten Tieres zuzuordnende Kosten geht, wird auch daraus deutlich, dass für die verschiedenen Jahre jeweils unterschiedlich hohe Kosten „je Tiertag“ ermittelt wurden, ohne dass dies auf entsprechende allgemeine Preisentwicklungen zurück geführt werden könnte; Hintergrund ist vielmehr die jeweils unterschiedliche Auslastung des Tierheimes, die dem einzelnen Kostenpflichtigen nicht zuzurechnen ist.

83

c) Ob und ggf. wie die Geltendmachung von Unterbringungskosten für ein Fundtier gemäß § 10 Abs. 1 VwKostG u.a. aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zu begrenzen ist, kann offen bleiben. Insoweit könnte zum einen eine zeitliche Begrenzung in Betracht kommen, für die eine Parallele zu den Fällen der Sicherstellung nach den Vorschriften des SOG M-V sprechen könnte (vgl. die Regelung des § 64 Abs. 1 Nr. 3 SOG M-V zur Zulässigkeit der Verwertung einer sichergestellten Sache nach Ablauf von 6 Monaten; vgl. a. VG Köln, U. v. 19.11.2009 – 20 K 1143/09 –, Juris m.w.N). Zum anderen könnte eine Begrenzung der Höhe nach in Betracht zu ziehen sein, wie sie die Gebührenregelungen in Ziff. 9.2 des Gebührenverzeichnisses zur Verwaltungsvollzugskostenverordnung vorsehen, wonach Gebühren für die im Zusammenhang mit Vollzugsmaßnahmen oder der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme durchgeführte amtlichen Verwahrung nur bis zur Höhe von 50 Prozent des Veräußerungswertes des Tieres erhoben werden können. Dabei dürften jedoch in Anknüpfung an §§ 1 TierSchG, 90a BGB Gesichtspunkte des Tierschutzes zu berücksichtigen sein (vgl. Bay. VGH B. v. 27.06.2006 - 25 ZB 05.1507 -, Juris). Letztlich bedürfen diese Fragen im vorliegenden Fall jedoch keiner Entscheidung.

84

d) Ebenso hat der Senat nicht mehr über die Frage zu entscheiden, ob der Kläger nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG als Veranlasser oder Begünstigter Kostenschuldner ist. In diesem Zusammenhang wird jedoch darauf hingewiesen, dass auch für den Fall, dass der Kläger im Zeitpunkt der Aufnahme der Hündin im Tierheim Eigentümer gewesen sein sollte, er dies nur für die Dauer von 6 Monaten geblieben wäre (§§ 973 Abs. 1 Satz 1, 976 Abs. 1 BGB) und danach möglicherweise noch unter dem Gesichtspunkt eines fortbestehenden Rückübereignungsanspruchs (§ 977 BGB) als Begünstigter hätte angesehen werden können, und ferner dass über die Auswahl zwischen ihm und einem ggf. ebenfalls fest gestellten Tierhalter ermessensfehlerfrei zu entscheiden gewesen sein dürfte.

85

2. Soweit die Beklagte ihre Kostenforderung auf öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag stützen will, liegen die entsprechenden Voraussetzungen wegen der spezielleren Regelungen des Fund- und Kostenrechts nicht vor. Bestehen gesetzliche Sonderregelungen für das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn, schließen diese die Anwendung der §§ 677 ff. BGB aus (vgl. BVerwG, U. v. 01.12.2010 – 9 C 8/09 –, NVwZ 2011, 690 = Juris Rn. 55; vgl. a. BGH, U. v. 13.11.2003 – III ZR 70/03 –, NJW 2004, 213 = Juris Rn. 10 ff.). Im übrigen könnte eine entsprechende Forderung mangels gesetzlicher Grundlage auch nicht durch Leistungsbescheid geltend gemacht werden (vgl. Nds OVG, U. v. 28.10.1998 – 13 L 4668/96 -, Juris Rn. 15). Entsprechendes gilt für einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung.

86

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

87

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Jan. 2013 - 3 L 93/09

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Jan. 2013 - 3 L 93/09

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Jan. 2013 - 3 L 93/09 zitiert 19 §§.

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Tierschutzgesetz - TierSchG | § 2


Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, 1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einsc

Tierschutzgesetz - TierSchG | § 1


Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 90a Tiere


Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 965 Anzeigepflicht des Finders


(1) Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigentümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen. (2) Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr Aufenthalt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 959 Aufgabe des Eigentums


Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 856 Beendigung des Besitzes


(1) Der Besitz wird dadurch beendigt, dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert. (2) Durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Gewalt wird der Besitz nicht be

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 973 Eigentumserwerb des Finders


(1) Mit dem Ablauf von sechs Monaten nach der Anzeige des Fundes bei der zuständigen Behörde erwirbt der Finder das Eigentum an der Sache, es sei denn, dass vorher ein Empfangsberechtigter dem Finder bekannt geworden ist oder sein Recht bei der zustä

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 977 Bereicherungsanspruch


Wer infolge der Vorschriften der §§ 973, 974, 976 einen Rechtsverlust erleidet, kann in den Fällen der §§ 973, 974 von dem Finder, in den Fällen des § 976 von der Gemeinde des Fundorts die Herausgabe des durch die Rechtsänderung Erlangten nach den Vo

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Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigentümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr Aufenthalt unbekannt, so hat er den Fund und die Umstände, welche für die Ermittelung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Ist die Sache nicht mehr als zehn Euro wert, so bedarf es der Anzeige nicht.

(1) Der Besitz wird dadurch beendigt, dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert.

(2) Durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Gewalt wird der Besitz nicht beendigt.

Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 11. Juli 2006 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 95,75 Euro nebst Zinsen p.a. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juli 2003 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Forderung des Klägers, ihm die Kosten für eine von ihm durchgeführte tierärztliche Behandlung zu erstatten.

2

Die Forderung betrifft die Behandlung eines verletzten Katers, der am 14.03.2003 nachmittags auf dem Gelände der Martinschule in A-Stadt aufgefunden wurde. Der Kläger hielt in seiner Behandlungskartei fest, er sei gegen 14.00 Uhr von einer Lehrerin bzw. Erzieherin der Martinschule über den Fund einer verletzten Hauskatze auf dem Gelände des Schulhofs benachrichtigt worden, das Tier könne kaum laufen, eine andere Tierarztpraxis sowie das Tierheim A-Stadt lehnten eine Versorgung ab. Der Kläger begab sich vor Ort, fing die Katze ein, betäubte sie und nahm sie zur Untersuchung mit in seine Praxis, wo er mehrere Brüche im Bereich des Beckens und der rechten Hintergliedmaße diagnostizierte und die Katze einschläferte. Unter dem 18.03.2003 stellte der Kläger die Behandlungskosten in Höhe von 95,75 Euro der Beklagten in Rechnung und wies auf den Erlass über die Kostentragung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23.11.1998 hin. In der Behandlungskartei hielt der Kläger fest, die Katze habe einen guten Ernährungs- und Pflegezustand und einen mäßigen Allgemeinzustand aufgewiesen; es habe sich um einen kastrierten Kater der Rasse "Europäisch Kurzhaar" gehandelt. In dem Anschreiben an die Beklagte teilte er ferner mit, das Tier habe weder ein Halsband getragen noch einen Mikrochip; die Art der Verletzungen deute auf einen Fenstersturz hin; daher habe es sich wahrscheinlich um ein entlaufenes Tier gehandelt. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 11.07.2003 wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 24.07.2003 zur Zahlung aufgefordert.

3

Der Kläger hat am 29.09.2003 Klage erhoben. Im Hinblick darauf, dass vorgerichtlich um die Erforderlichkeit einer Fundanzeige gestritten worden war, hat er eine auf den 30.04.2003 datierte und von der Erzieherin der Martinschule unterzeichnete an das Ordnungsamt der Beklagten gerichtete Fundanzeige vorgelegt. Im übrigen hat der Kläger die Klage wie folgt begründet: Die Kostenpflicht der Beklagten ergebe sich aus dem Erlass über die Kostenerstattung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren vom 23.11.1998. Die erforderliche Fundanzeige sei erfolgt. Zu den von der Ordnungsbehörde zu tragenden Kosten gehörten auch die Kosten für eine notwendige tierärztliche Behandlung. Auch er als Tierarzt und nicht lediglich der Finder könne den Anspruch geltend machen, weil nach dem genannten Erlass eine Kostenpflicht auch dann bestehe, wenn der Finder das Fundtier unmittelbar zu einem Tierarzt in Behandlung bringe. Dass es sich um ein Fundtier gehandelt habe, ergebe sich daraus, dass der Kater kastriert und in gutem Ernährungs- und Pflegezustand gewesen sei.

4

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat unter anderem geltend gemacht, es habe sich nicht um ein Fundtier, sondern um ein herrenloses Tier gehandelt, weil es kein Halsband getragen habe und auch in der Folgezeit keine Nachfrage durch einen Eigentümer zu verzeichnen gewesen sei. Eine Geschäftsführung ohne Auftrag komme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht entsprechend dem mutmaßlichen Willen der Beklagten gehandelt habe. Diese habe zum Zweck der Versorgung von Fundtieren den Bau eines Tierheims unterstützt und einen Vertrag mit dem gemeinnützigen Verein "Tierheim A-Stadt e.V." abgeschlossen, der nicht nur die Aufbewahrung und Pflege der Tiere, sondern auch die medizinische Versorgung umfasse. Dies sei möglich, da der Tierheimleiter selbst Veterinär sei und somit kostengünstig eine entsprechende Versorgung der Tiere gewährleistet werden könne. Die Behandlungskosten seien in der jährlichen Vergütung für die Versorgung von Fundtieren im Tierheim einkalkuliert. Im Übrigen hätten vorrangig der amtstierärztliche Bereitschaftsdienst oder die Polizei im Hinblick auf ihre Eilzuständigkeit informiert werden können. Die erforderliche Fundanzeige sei unterblieben; die nunmehr vom Kläger vorgelegte Anzeige vom 30.04.2003 sei bei der Behörde nicht eingegangen. Im Übrigen seien Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag nachrangig gegenüber Ansprüchen aus einem Auftragsverhältnis, das zwischen der Erzieherin der Martinschule und dem Kläger zu Stande gekommen sei.

5

Mit Urteil vom 11.07.2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Erlass über die Kostentragung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren begründe keinen Anspruch des Klägers. Ein Anspruch aus § 970 BGB bestehe nicht, weil die Beklagte nicht Empfangsberechtigte des Tieres gewesen sei. Die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag lägen nicht vor, weil nicht erweislich sei, dass es sich um ein Fundtier und nicht um ein herrenloses Tier gehandelt habe. Im Übrigen obliege der Fundbehörde lediglich die Verwahrung der Fundsache für den Eigentümer, die vom Kläger aber nicht vorgenommen worden sei. Es fehle auch an dem erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen des Klägers, weil er ein objektiv fremdes Geschäft lediglich für den Eigentümer des Tieres geführt habe, nicht aber für die Behörde, und sonstige Anhaltspunkte für einen Fremdgeschäftsführungswillen bereits während der Geschäftsführung nicht bestünden. Sollte die Katze herrenlos gewesen sein, so könne die Führung eines Geschäftes der Beklagten auch nicht mit der Begründung bejaht werden, es habe eine Gefahr oder Störung für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung vorgelegen. Dies sei - wie im einzelnen näher ausgeführt wird - nicht der Fall.

6

Gegen das am 13.07.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 14.08.2006 die Zulassung der Berufung beantragt und den Antrag am 13.09.2006 begründet. Mit Beschluss vom 17.11.2009, zugestellt am 24.11.2009, hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Kläger hat die Berufung am 22.12.2009 begründet und ausgeführt:

7

Ihm stehe ein Aufwendungsersatzanspruch aus § 970 BGB zu. Die Beklagte sei nach § 967 BGB Empfangsberechtigte gewesen. Als zuständige Fundbehörde habe ihr ein durch behördliche Anordnung durchsetzbarer Herausgabeanspruch zugestanden. Bei der Katze habe es sich um ein Fundtier gehandelt. Das fehlende Halsband und das Ausbleiben von Anfragen nach dem Verbleib der Katze ließen keinen Schluss auf ihre Herrenlosigkeit zu. Eine sich gegebenenfalls darin ausdrückende Aufgabe des Eigentums wirke nicht auf den Zeitpunkt der Behandlung oder der Rechnungslegung zurück. Im Hinblick auf die entsprechende Regelung in dem Erlass über die Kostenerstattung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren vom 23.11.1998 sei es auch nicht gerechtfertigt, die Unaufklärbarkeit der Fundtiereigenschaft der Katze zu seinen Lasten zu werten. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag zu Unrecht verneint. Die Beklagte selbst habe in der Klageerwiderung eingeräumt, dass sie für die Versorgung von Fundtieren ein von ihr gefördertes Tierheim vertraglich verpflichtet habe, von dem im konkreten Fall jedoch unstreitig keine Hilfe zu erlangen gewesen sei. Dass neben der medizinischen Versorgung noch zumindest zeitweise eine (weitere) Verwahrung stattgefunden habe, könne nicht verlangt werden. Dass er ein fremdes Geschäft geführt habe, ergebe sich auch aus dem Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und der daraus für die Beklagte folgenden Verpflichtung zum Einschreiten. Das qualvolle Verenden von Tieren, die sich nicht in der Obhut ihrer Eigentümer befinden, entspreche nicht dem normalen Geschehensablauf und sei auch nicht mit allgemein gültigen Grundsätzen der Ethik und des Tierschutzes vereinbar. Verletze sich - wie vermutlich hier - eine Katze durch einen Fenstersturz, so bestehe ebenso eine Pflicht zum Einschreiten wie wenn ein Tier durch eine Kollision mit einem Kraftfahrzeug verletzt werde. Der Fremdgeschäftsführungswille ergebe sich daraus, dass er erst nach erfolgloser Kontaktierung des Tierheims von den Findern der Katze gebeten worden sei, an Stelle der Beklagten tätig zu werden.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 11.07.2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 95,75 Euro nebst Zinsen p.a. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2003 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig und begründet.

14

Allerdings steht dem Kläger kein Ersatzanspruch aus § 970 BGB zu. Dieser Anspruch ist hier gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG auch im Verwaltungsrechtsweg zu prüfen. Nach § 970 BGB kann der Finder, wenn er zum Zweck der Verwahrung oder Erhaltung der Sache oder zur Ermittlung eines Empfangsberechtigten Aufwendungen macht, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, von dem Empfangsberechtigten Ersatz verlangen. Die Beklagte ist jedoch nicht Empfangsberechtigte im Sinne dieser Vorschrift und daher nicht Schuldnerin des Anspruchs. Empfangsberechtigter im Sinne der §§ 965, 970 BGB ist jeder, der ein Besitzrecht und damit einen Herausgabeanspruch hat, wie der Eigentümer (§ 985 BGB), der Inhaber eines beschränkten dinglichen Rechts (§§ 1065, 1227 BGB) oder ein früherer Besitzer (§ 1007 BGB) (vgl. Bassenge in: Palandt, 70. Aufl. 2011, vor § 965 Rn. 1; Quack, in: Münchener Kommentar Bd. 6, 4. Aufl. 2004, § 965 Rn. 14, 20). Hingegen ist die Behörde, der der Fund gemäß § 965 Abs. 2 BGB anzuzeigen ist, wenn der Empfangsberechtigte unbekannt ist, nicht ihrerseits Empfangsberechtigte (vgl. auch VG Gießen, U. v. 05.09.2001 – 10 E 2160/01 -, NVwZ-RR 2002, 95; Kohler-Gehrig, VBlBW 1995, 377, 381). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. Die Ablieferungspflicht gemäß § 967 BGB gegenüber der Fundbehörde hat mit dem Herausgabeanspruch des Berechtigten nichts zu tun.

15

Dem Kläger steht jedoch ein Ersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu, die im öffentlichen Recht entsprechend anwendbar sind (vgl. § 683 BGB). Auch im öffentlichen Recht kommt ein Anspruch des Bürgers gegen die Verwaltung auf Ersatz seiner Aufwendungen für die Wahrnehmung von Aufgaben in Betracht, die an sich zum Tätigkeitsbereich der öffentlichen Verwaltung gehören. Wer eine Angelegenheit erledigt, die - wie er weiß - zum Aufgabenbereich einer Behörde gehört, tätigt ein objektiv fremdes Geschäft und handelt als Geschäftsführer ohne Auftrag. Die gleichzeitige Wahrnehmung eigener Interessen steht dem nicht entgegen. Die Vorschriften des BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag sind in einer solchen Lage entsprechend anwendbar. Die darin vorgesehene Verteilung der Rechte und Pflichten von "Geschäftsführer" und "Geschäftsherrn" ist auch für das Verhältnis eines für die Verwaltung einspringenden Bürgers zum Hoheitsträger selbst tragfähig und angemessen, so etwa wenn er in besonderen Notlagen Hilfe leistet, so lange die Behörde dazu nicht in der Lage ist. Einschränkungen ergeben sich im öffentlichen Recht aus dem Erfordernis, die behördliche Zuständigkeitsordnung zu beachten, sowie daraus, dass der Behörde grundsätzlich kein Handeln aufgedrängt werden soll, das sie so nicht vorgenommen hat bzw. hätte (vgl. BVerwG, U. v. 06.09.1988 - 4 C 5.86 -, NJW 1989, 922, 923). Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag hier vor.

16

1. Der Kläger hat eine Aufgabe der Beklagten und damit im Sinne der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ein zumindest auch "fremdes Geschäft" wahrgenommen.

17

Ein Vertragsverhältnis lag nicht vor. Insbesondere war ein Vertrag über die Behandlung der Katze zwischen dem Kläger und der Erzieherin bzw. der Martinschule nicht zu Stande gekommen. Indem die Erzieherin dem Kläger mitteilte, dass sie sich zuvor an das Tierheim gewandt hatte, wurde deutlich, dass sie den Kläger nicht im eigenen Namen mit der Behandlung der Katze beauftragen wollte. Zwischen den Beteiligten ist ferner unstreitig, dass der Kläger ihr gegenüber erklärte, dass sie die Behandlung nicht bezahlen müsse.

18

Die Beklagte war als zuständige Fundbehörde verpflichtet, die Katze in ihre Obhut zu übernehmen und tierschutzgerecht zu versorgen.

19

Gemäß der Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden für die Durchführung des Fundrechts vom 09.06.1992 (GVOBl. M-V S. 333) ist der Oberbürgermeister der Beklagten die zuständige Fundbehörde.

20

Die Zuständigkeit der Fundbehörde erstreckt sich auf Fundsachen und Fundtiere (vgl. § 90a BGB). Fundsachen bzw. Fundtiere sind gemäß § 965 Abs. 1 BGB verlorene Sachen bzw. Tiere. Eine Sache ist verloren, wenn sie besitz-, aber nicht herrenlos ist (Oechsler, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 6, 5. Aufl. 2009, § 965 Rn. 3 m.w.N.).

21

Die Katze war vorliegend besitzlos. Der Besitz wird dadurch beendet, dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert, § 856 Abs. 1 BGB. Demgegenüber wird der Besitz durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Gewalt nicht beendet, § 856 Abs. 2 BGB. Gezähmte Tiere gehen entsprechend dem Rechtsgedanken des § 960 Abs. 3 BGB verloren, wenn sie ihre Bindung an den Eigentümer ("animus revertendi") aufgegeben haben oder trotz Bestehens dieser Bindung nicht zum Eigentümer zurückfinden (vgl. Oechsler a.a.O. Rn. 4). Eine Katze, die sich vom Grundstück des Eigentümers oder aus dessen unmittelbarer Umgebung entfernt, ist daher - worauf der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung zu Recht hingewiesen hat - deshalb nicht verloren gegangen. Anders verhält es sich jedoch, wenn das Tier aus eigener Kraft nicht mehr zum Eigentümer zurückkehren kann. So liegt der Fall hier, weil die Katze auf Grund ihrer schweren Verletzungen an der Fortbewegung gehindert war.

22

Dass die Katze nicht herrenlos war, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Herrenlos ist eine Sache, an der kein privates Eigentum besteht (Oechsler a.a.O. § 958 Rn. 3). Im vorliegenden Fall spricht der vom Kläger festgestellte gute Ernährungs- und Pflegezustand der Katze dafür, dass es einen privaten Eigentümer gab. Dass das Tier kastriert war und keine Tätowierung trug, wie sie nach dem von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Vortrag des Klägers bei einer Unfruchtbarmachung herrenloser Katzen erfolgt, lässt jedenfalls darauf schließen, dass es ursprünglich einem privaten Eigentümer gehörte, der die Kastration vornehmen ließ. Allerdings trug das Tier kein Halsband und auch sonst keine Kennzeichnung z.B. durch einen Mikrochip, durch die der Eigentümer oder zumindest der Umstand, dass Eigentum an dem Tier (noch) bestand, zweifelsfrei hätte festgestellt werden können.

23

Ebenso wenig kann – mit der Folge der Unanwendbarkeit des Fundrechts – mit Sicherheit festgestellt werden, dass die Katze herrenlos war. Die Aufgabe bestehenden Eigentums an einem Tier gemäß § 959 BGB durch Aussetzen des Tieres dürfte nicht wirksam möglich sein, weil damit zugleich gegen ein bußgeldbewehrtes Verbotsgesetz verstoßen wird, § 134 BGB i.V.m. §§ 3 Abs. 3, 18 Abs. 1 Ziff. 4 TierSchG (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, Einführung Rn. 81 m.w.N.). Dass die Katze nach § 960 Abs. 3 BGB herrenlos geworden wäre, weil sie die Gewohnheit abgelegt hätte, an den ihr bestimmten Ort zurück zu kehren („animus revertendi“), ist nicht ersichtlich, weil eine Rückkehr ihr auf Grund der vorliegenden Verletzungen nicht möglich war. Auch aus dem Umstand, dass sich nachträglich kein Eigentümer gemeldet hat, kann nicht auf eine Herrenlosigkeit der Katze und damit auf eine fehlende Zuständigkeit der Fundbehörde geschlossen werden. Unabhängig von der Frage, ob der Erlass über die Kostentragung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren vom 23.11.1998 (ABl. M-V 1999 S. 5) bei der zivilrechtlichen Prüfung der Eigentumslage überhaupt berücksichtigt werden kann, regelt dieser in Abs. 9 lediglich, dass dann, wenn sich ein Eigentümer eines Tieres nicht binnen vier Wochen bei der örtlichen Ordnungsbehörde gemeldet hat, üblicherweise angenommen werden muss, dass er die Suche nach seinem Tier aufgegeben hat und das Tier herrenlos ist beziehungsweise herrenlos geworden ist. Für den hier maßgeblichen Zeitpunkt des Auffindens der Katze lässt sich danach keine eindeutige Aussage treffen; vielmehr erlaubt die aufgestellte Vermutungsregel eine solche erst für einen Zeitpunkt vier Wochen nach dem Fund.

24

Sprechen zum Zeitpunkt des Auffindens einer Sache maßgebliche Anhaltspunkte für das Bestehen privaten Eigentums, kann dieses aber nicht abschließend festgestellt werden, so darf die Zuständigkeit der Fundbehörde nicht ohne weiteres unter Hinweis auf die die allgemeinen Beweislastregeln verneint werden. Vielmehr ist die Behörde entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts zur Anscheinsgefahr auch für „Anscheins-Fundsachen“ zuständig. Eine Anscheinsgefahr liegt vor, wenn sich nachträglich – bei einer Betrachtung ex post – herausstellt, dass ein Schaden tatsächlich nicht drohte, obwohl bei einer Betrachtung ex ante in verständiger Würdigung des Sachverhalts von einer Gefahr auszugehen war (ganz h.M., vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht 6. Aufl. 2009 Rn. 80). Dies gilt erst recht, wenn auch nachträglich nicht geklärt werden kann, ob ein Schaden drohte. Die Anwendung der Grundsätze des Gefahrenabwehrrechts rechtfertigt sich daraus, dass das öffentlich-rechtliche Fundrecht als Spezialmaterie des allgemeinen Ordnungsrechts anzusehen ist. Die Fundbehörde wird im Interesse des Eigentumsschutzes des Verlierers tätig; die abzuwehrende Rechtsbeeinträchtigung betrifft private Rechte (vgl. § 1 Abs. 3 SOG M-V), zu deren Gunsten ein Tätigwerden der Behörde in §§ 965 ff. BGB angeordnet ist. Der drohende Verlust einer Sache für den Eigentümer oder Inhaber des Besitzrechts steht auch als Voraussetzung für ein polizeiliches Einschreiten im Wege der Sicherstellung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit gleich, § 61 Abs. 1 Nr. 3 SOG M-V. Diesem Befund entsprechend sind gemäß der Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden für die Durchführung des Fundrechts vom 09.06.1992 die Oberbürgermeister (Bürgermeister) der kreisfreien Städte als Kreisordnungsbehörden, die Bürgermeister der amtsfreien Gemeinden und die Amtsvorsteher „als örtliche Ordnungsbehörden“ zuständig.

25

Dieses Verständnis ist bei Tieren auch aus Gründen des Tierschutzes geboten. Dem entsprechend heißt es in Abs. 2 Satz 2 des Erlasses über die Kostentragung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren vom 23.11.1998: "Im Zweifel hat die Fundbehörde bis zum Nachweis des Gegenteils davon auszugehen, daß es sich bei Fundsachen oder Fundtieren um verlorene Sachen oder Tiere handelt." Die Erlasslage in Mecklenburg-Vorpommern entspricht insoweit derjenigen in anderen Bundesländern, u.a. in Brandenburg (Runderlass des Ministers des Innern vom 21.12.1993; in der fraglichen Passage wortgleich), Baden-Württemberg (Hinweise des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum und des Innenministeriums zur Unterbringung von herrenlosen Tieren und Fundtieren) und Schleswig-Holstein (Richtlinie über die Verwahrung von Fundtieren - Gemeinsamer Erlass der Ministerin für Natur und Umwelt und des Innenministers vom 30.06.1994, ABl. Schl.-H. 1994, 318). In der - insoweit ersten und ausführlichsten - schleswig-holsteinischen Richtlinie heißt es hierzu: "Eine klare Abgrenzung von Fundtieren zu herrenlosen Tieren ist in der Praxis äußerst problematisch. Es ist naturgemäß zunächst nicht erkennbar, ob der bisherige Eigentümer das Eigentum an dem Tier aufgegeben hat oder nicht. In der Praxis wird deshalb zunächst davon auszugehen sein, daß es sich um ein Fundtier handelt, welches von dem Finder oder von der zuständigen Behörde zu verwahren und zu versorgen ist. Dies ist auch im Einklang mit § 1 Tierschutzgesetz schon aus ethischen Gründen geboten (Ethik ist unteilbar) und zwar unabhängig von der Frage bezüglich ihrer Eigenschaft als Fundtiere. Dies gilt umso mehr, als nach § 3 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes es verboten ist, ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen. Zudem ist nach Einfügung des § 90a BGB das Tier keine Sache mehr. Somit kann der Eigentümer mit seinem Tier nur unter Beachtung der Tierschutzbestimmungen (s. § 903 Satz 2 BGB) verfahren. Die Aufgabe des Eigentums ist daher nicht durch einfachen Verzicht wie bei einer beweglichen Sache (§ 959 BGB) möglich, da diese Art der Besitzaufgabe durch § 3 Nr. 3 Tierschutzgesetz i.V.m. § 903 Satz 2 BGB verboten ist." Die in Schleswig-Holstein getroffene Regelung wird auch im Tierschutzbericht 1997 der Bundesregierung als einer sachverständigen Äußerung zum Tierschutz zitiert (BT-Drs. 13/7016, S. 47).

26

2. Der Kläger hat ferner im Einklang mit dem mutmaßlichen Willen der Beklagten bzw. im öffentlichen Interesse gehandelt.

27

Grundsätzlich ist Voraussetzung für einen Ersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, dass der Geschäftsführer im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der an sich zuständigen Behörde handelt, vgl. § 678 BGB. Dem steht der Fall gleich, dass die zuständige Behörde die Aufgabe an sich zwar wahrnehmen könnte, dazu aber aus welchen Gründen auch immer nicht bereit ist. Das bürgerliche Recht lässt einen entgegenstehenden Willen des Geschäftsherrn unbeachtlich sein, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt werden würde (§ 679 BGB). Im Bereich des öffentlichen Rechts gilt, dass ein Tätigwerden Privater an Stelle einer zuständigen Behörde gegen deren wirklichen oder mutmaßlichen Willen nur dann Rechte und Pflichten nach den Regeln über eine Geschäftsführung ohne Auftrag auslösen kann, wenn ein öffentliches Interesse nicht allein an der Erfüllung der Aufgabe an sich, sondern darüber hinaus daran bestand, dass sie in der gegebenen Situation von dem privaten "Geschäftsführer" wahrgenommen wurde (vgl. BVerwG aaO). Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger hier möglicherweise bereits entsprechend dem mutmaßlichen Willen der Beklagten, jedenfalls aber im öffentlichen Interesse gehandelt.

28

Im Hinblick auf die Regelung des Abs. 7 Satz 1 des Erlasses vom 23.11.1998 kann möglicherweise bereits von einem Handeln entsprechend dem mutmaßlichen Willen der Beklagten ausgegangen werden. Die Regelung lautet: "Bringt der Finder ein Fundtier unmittelbar zu einem Tierarzt, ist die örtliche Ordnungsbehörde für die Kosten einer tierärztlichen Behandlung des kranken oder verletzt aufgefundenen Tieres erstattungspflichtig, wenn die Behandlung unaufschiebbar war." Ein solcher Fall lag hier vor. Der Zustand der Katze ließ nicht zu, mit der Entscheidung über die Versorgung zuzuwarten.

29

Ob der hiesige Fall dem Fall gleich steht, dass die Behörde zur Wahrnehmung ihrer Zuständigkeit nicht bereit ist, erscheint dem gegenüber fraglich. Denn die Behörde selbst war nicht angesprochen worden, sondern lediglich das Tierheim, das seinerseits ein Tätigwerden abgelehnt hatte. Allerdings darf nach dem zwischen der Beklagten und dem Betreiber des Tierheims abgeschlossenen Vertrag ein Bürger den Fund eines Tieres unmittelbar im Tierheim melden und das Tier dort abgeben; durch den Betreiber des Tierheims wird dann die gemäß § 965 Abs. 2 BGB erforderliche Fundanzeige aufgenommen und an die Beklagte weiter geleitet (vgl. § 4 Abs. 2 des Betreibervertrages vom 22.07.2003). Es bestehen jedoch Zweifel, ob vor diesem Hintergrund eine Ablehnung durch das Tierheim der Beklagten zuzurechnen ist.

30

Jedenfalls hat der Kläger im öffentlichen Interesse gehandelt. Ein öffentliches Interesse an der Erfüllung der Aufgabe der Behörde durch den Privaten besteht auch dann, wenn es sich um eine Notstandssituation handelt (vgl. BVerwG aaO).

31

Die Beklagte war verpflichtet, die Katze in ihre Obhut zu übernehmen und tierschutzgerecht zu versorgen. Zu den Pflichten der Fundbehörde gehört auch eine erforderliche tierärztliche Versorgung, zu der der Eigentümer seinerseits im Rahmen der Pflege gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG verpflichtet ist. Diese umfasst auch die Gesundheitsfürsorge (vgl. Lorz/Metzger, TierSchG, 5. Aufl. 1999, § 2 Rn. 32) einschließlich einer erforderlichen tierärztlichen Behandlung (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Auflage 2007, § 2 Rn. 27; Kluge [Hrsg.], TierSchG, 1. Aufl. 2002, § 2 Rn. 32). Dem entsprechend regelt auch der Erlass vom 23.11.1998 in Abs. 5 und 6, dass die von der örtlichen Ordnungsbehörde zu tragenden Aufwendungen insbesondere auch die Kosten für eine artgemäße Unterbringung, Pflege und Ernährung im Sinne des § 2 TierSchG umfassen, einschließlich notwendiger tierärztlicher Behandlungen. Soweit es sich tatsächlich nicht um ein Fundtier gehandelt haben sollte, ergab sich die Verpflichtung zur Inobhutnahme und tierärztlichen Versorgung der Katze daher zwar nicht aus §§ 965 ff. BGB, aber aus der Ermessensbindung durch den Erlass bzw. die entsprechende Verwaltungspraxis.

32

Bei dem Erlass handelt es sich um eine Handlungsanweisung an die Ordnungsbehörden für den Bereich des Fundrechts betreffend Fundtiere und unter dem Aspekt des Tierschutzes. Er beinhaltet nicht nur eine zulässige Konkretisierung des Prognosemaßstabs für das Vorliegen einer Gefahr, sondern lenkt auch das Ermessen der Behörde, soweit es das „Ob“ des Einschreitens und die Art und Weise angeht, in der die Behörde tätig wird. Gegen die Berücksichtigung dieser Regelung bestehen keine Bedenken. Unabhängig davon, ob es auf eine abweichende Verwaltungspraxis noch ankommen könnte, wenn ein veröffentlichter Erlass Dritten unmittelbar Rechte zuspricht, bestehen für eine entsprechende abweichende Verwaltungspraxis im Einklang mit dem Willen des Vorschriftengebers (vgl. dazu BVerwG, U. v. 24.03.1977 – BVerwG II C 14.75 -, BVerwGE 52, 193; U. v. 31.08.1988 – 1 WB 143/87 -, BVerwGE 86, 55) keine Anhaltspunkte.

33

Dass ein öffentliches Interesse nicht allein an der Erfüllung der Aufgabe an sich, sondern darüber hinaus daran bestand, dass sie in der gegebenen Situation von dem privaten "Geschäftsführer" wahrgenommen wird, folgt aus der bereits angesprochenen Regelung in Abs. 7 Satz 1 des Erlasses vom 23.11.1998. War der Entscheidungsspielraum der Behörde durch den angesprochenen Erlass ohnehin eingeschränkt, so wurde ein solcher auch nicht - mit der Folge dass ein Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeschlossen wäre - durch das Handeln des Klägers überspielt. Im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Erlass um eine im Amtsblatt veröffentlichte Regelung handelte, die dem Kläger auch bekannt war, ist es der Beklagten verwehrt, sich auf die Möglichkeit einer kostengünstigeren Versorgung durch das Tierheim zu berufen. Ebenso ist die unterbliebene Fundanzeige gemäß § 965 Abs. 2 BGB nicht von Bedeutung. Aus Abs. 7 Satz 2 des Erlasses, wonach die Anzeigepflicht des Finders gemäß § 965 BGB bestehen bleibt, folgt nichts anderes.

34

3. Gegen die Höhe des geltend gemachten Aufwendungsersatzes sind Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich.

35

Der vom Kläger geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich für die Zeit ab dem 29.09.2003 aus § 291 BGB analog. Für die Zeit ab dem 25.07.2003 folgt er unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens aus § 288 BGB analog, weil die Beklagte sich seither wegen der Nichtleistung auf die Mahnung des Klägers vom 11.03.2003 im Verzug befand, § 286 Abs. 1 BGB analog.

36

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 169/04
Verkündet am:
14. Oktober 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Rückgriffsbeschränkung in Art. 34 Satz 2 GG auf Vorsatz und grobe
Fahrlässigkeit gilt nicht für als Verwaltungshelfer herangezogene
selbständige private Unternehmer.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - III ZR 169/04 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Das klagende Land nimmt die Beklagte im Wege des Rückgri ffs auf Freistellung von Amtshaftungsforderungen Dritter in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte ist Inhaberin einer vom Regierungspräsidiu m S. erteilten Erlaubnis, Hirnstammproben von Rindern mittels eines "BSE-Schnelltests" auf die Erreger der Bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) zu
untersuchen. Mit der Durchführung derartiger Prüfungen, die nach § 1 Abs. 1, § 22a Fleischhygienegesetz i.V.m. § 1 der Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE vom 1. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1659 - BSE-Untersuchungsverordnung - in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 23. Mai 2001, BGBl. I S. 982) gesetzlich dem amtlichen Tierarzt obliegen, wurde die Beklagte von den Landratsämtern S. und S. -B. -K. beauftragt. Nach der BSE-Untersuchungsverordnung müssen alle Rinder im Alter von über 24 Monaten untersucht werden. Bis das Ergebnis eines BSE-Schnelltests vorliegt, sind der Tierkörper , die Nebenprodukte der Schlachtung, das Blut und die Haut vorläufig sicherzustellen. Bei einem negativen Ergebnis des Tests ist die vorläufige Sicherstellung aufzuheben (§ 1 Abs. 2 und 3 Nr. 1 der Verordnung).
Am 11. und 12. Februar 2002 kontrollierten Vertrete r des Klägers bei der Beklagten deren Testauswertungen. Den Prüfern erschienen eine Reihe von dokumentierten Testergebnissen, die als Original-Rohbilddateien vorlagen, zu hell und damit nicht auswertbar. Grund war, daß im EDV-System der Beklagten der "Autoscale" nicht eingestellt war, eine abrufbare Software-Variante, die automatisch die Helligkeit herunterregelt. Wegen der Unklarheiten wurde das getestete Fleisch bei den Unternehmen sichergestellt. Nachdem sich in einer erneuten Überprüfung herausgestellt hatte, daß die Testergebnisse der Beklagten doch verwertbar waren und deren Beurteilung als "negativ" richtig gewesen war, gab das klagende Land das sichergestellte Fleisch frei. Zu einem Teil war es allerdings zwischenzeitlich verdorben. Dessen Eigentümer machen darum Amtshaftungsansprüche in Höhe von 7.998,17 € und 1.217,33 € gegen das Land geltend.
Mit der vorliegenden Klage begehrt das Bundesland sein erseits gegenüber der Beklagten Freistellung von den erhobenen Ansprüchen sowie die Feststellung, daß die Beklagte zum Ersatz aller weiteren Schäden verpflichtet sei, die ihm oder den Landkreisen S. und S. -B. -K. - insoweit in gewillkürter Prozeßstandschaft - infolge der vorübergehenden Nichtauswertbarkeit der Testergebnisse entstanden sind oder noch entstehen werden.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat Erfolg.

I.


Nach Ansicht des Berufungsgerichts haftet die Beklagte dem klagenden Land entsprechend Art. 34 Satz 2 GG nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Dieses Haftungsprivileg komme auch der Beklagten zugute, weil sie die Untersuchungen als Beamter im haftungsrechtlichen Sinn (Verwaltungshelfer) innerhalb hoheitlicher Tätigkeit übernommen und dabei Feststellungen ohne ein Ermessen zu treffen gehabt habe. Für die Beschränkung des Rückgriffs nach Art. 34 Satz 2 GG genüge es, die Voraussetzungen des Art. 34 Satz 1 GG zu bejahen; einer zusätzlichen Begründung durch Normzweck und Interessenlage
bedürfe es nicht. Das erscheine auch aus der Sicht des Verwaltungshelfers geboten, weil er nur so das übernommene Eigenrisiko sicher abschätzen könne. Auch in formaler Hinsicht erscheine es naheliegend, daß eine vom Grundgesetz gewährte Rechtsposition nicht durch einfache Auslegung verkürzt werden könne, sondern daß es dazu einer gesetzlichen Regelung bedürfe.
Die Beklagte habe den Schaden jedenfalls nicht grob fa hrlässig verursacht. Außerdem habe es sich bei der Überprüfung der Testergebnisse nicht um eine von der Beklagten geschuldete, sondern um eine dem Kläger selbst obliegende Tätigkeit gehandelt. Der damit befaßte Angestellte der Beklagten habe bei der Vorführung deshalb nicht als deren Erfüllungsgehilfe gehandelt.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision n icht stand.
1. Für die schuldhafte Verletzung von Pflichten in dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis haftet die Beklagte dem Kläger grundsätzlich nach den Regeln über die Leistungsstörungen auf Schadensersatz, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Vertrag als Dienst- oder Werkvertrag anzusehen ist oder ob er, wie das Landgericht gemeint hat, dem öffentlichen Recht angehört. Weder ein Verstoß gegen vertragliche Nebenpflichten noch ein Verschulden auf seiten der Beklagten läßt sich nach dem für die Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Klagevorbringen verneinen; gegenteilige tatsächliche Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die Revision rügt mit Recht, daß es schon auf der Grundlage des Erlaubnisbescheids vom
21. Dezember 2001 zu den vertraglichen Pflichten der Beklagten zählte, das Ergebnis der von ihr durchgeführten Untersuchungen zu dokumentieren und Nachweis hierüber zu führen. Infolgedessen gehörte es auch zum Kreis der ihr obliegenden Aufgaben und war nicht etwa, wie das Berufungsgericht meint, Sache des Klägers, die gewonnenen Testergebnisse bei behördlichen Kontrollen überprüfbar darzustellen.
Der Kläger hat behauptet, die von der Beklagten am 1 1. und 12. Februar 2002 den Prüfern präsentierten Bilder seien infolge von Bedienungsfehlern nicht aussagekräftig gewesen. Davon muß der Senat ausgehen.
2. Auch auf das Haftungsprivileg des Art. 34 Satz 2 GG kann sich die Beklagte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht berufen.

a) Mit Recht hat das Oberlandesgericht allerdings die B eklagte bei der Durchführung und Auswertung der BSE-Schnelltests als Amtsträger und "Beamten" im Sinne des § 839 BGB und des Art. 34 Satz 1 GG angesehen. Haftungsrechtlich ist hiernach Beamter jeder, den der Bund, ein Land oder eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft mit öffentlicher Gewalt ausgestattet hat, ohne Rücksicht darauf, ob ihm staatsrechtliche Beamteneigenschaft zukommt. Beamte in diesem Sinne können deshalb auch Private oder private Unternehmer sein, wenn sie von einem Verwaltungsträger im Wege der Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben betraut worden sind, im Einzelfall aber auch bei bloßen Hilfstätigkeiten im Rahmen öffentlicher Verwaltung (Verwaltungshelfer) (vgl. zum Ganzen Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 13 ff.). Soweit Verwaltungshelfer von der öffentlichen Hand durch freie Dienst- oder Werkverträge oder ähnliche Vertragsverhältnisse herangezogen werden, ist darauf ab-
zustellen, wer Vertragspartner des Verwaltungsträgers ist. Insofern kommen auch juristische Personen des Privatrechts haftungsrechtlich als "Beamte" in Betracht (a.A. Heintzen, VVDStRL 62 [2003], 220, 254 m. Fn. 173).
Nach diesen Maßstäben war die Beklagte - anders als der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr (BGHZ 49, 108), der mit der Vorprüfung einer überwachungsbedürftigen Anlage betraute TÜV-Sachverständige (Senatsurteil BGHZ 122, 85) oder ein Prüfer bei der Nachprüfung der Lufttüchtigkeit eines Luftfahrtgeräts (Senatsurteil BGHZ 147, 169) - zwar nicht Beliehene, da alle zur Durchführung der BSE-Untersuchungsverordnung erforderlichen Verwaltungsakte in der Zuständigkeit des amtlichen Tierarztes verblieben und die Beklagte gerade in den kritischen Fällen (bei positiven oder nicht eindeutig negativen Befunden) das weitere Vorgehen den staatlichen Behörden zu überlassen hatte, ihr darum kein eigener Entscheidungsraum verblieb. Die Beklagte war jedoch in dem oben beschriebenen Sinne (selbständiger ) Verwaltungshelfer. Davon gehen auch die Parteien aus. Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich die öffentliche Hand jedenfalls im Bereich der Eingriffsverwaltung, wie hier, der Amtshaftung für fehlerhaftes Verhalten ihrer Bediensteten grundsätzlich nicht dadurch entziehen, daß sie die Durchführung einer von ihr angeordneten Maßnahme durch privatrechtlichen Vertrag auf einen privaten Unternehmer überträgt. Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen den übertragenen Tätigkeiten und der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers ist, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen (BGHZ 121, 161, 165 f. - Abschleppunternehmer; s. auch - abgrenzend - Senatsurteil BGHZ 125, 19, 24 f. - planender Ingenieur; BGH, Urteil vom 26. Juni
2001 - X ZR 231/99 - NJW 2001, 3115, 3117 zur Sonderprüfung eines Kreditinstituts durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft). Diese Voraussetzungen sind auch bei einem mit der Durchführung von BSE-Tests betrauten privaten Labor gegeben. Dessen Prüfungen enthalten einen unverzichtbaren Teil der dem Staat obliegenden Überwachung nach dem Fleischhygienegesetz und der ausführenden BSE-Untersuchungsverordnung und sind von dieser nicht zu trennen. Wenn die Beklagte auch selbst keine Verwaltungsakte erläßt und, wie der Kläger in anderem Zusammenhang vorgetragen hat, zu den Adressaten der Verwaltungsakte weder unmittelbar noch mittelbar in Rechtsbeziehungen tritt, so ist doch bei einem negativen Testergebnis, wie regelmäßig, die Entscheidung praktisch gefallen. Infolgedessen erscheint die Tätigkeit des privaten Labors als Bestandteil der staatlichen Verwaltung.

b) Nach Art. 34 Satz 2 GG bleibt der anstelle des an si ch verantwortlichen Beamten in die Haftung eintretenden öffentlich-rechtlichen Körperschaft (Art. 34 Satz 1 GG) - nur - bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Rückgriff vorbehalten. Wortlaut und systematischer Zusammenhang dieser aufeinander bezogenen Regelungen legen es allerdings nahe, die Haftungsbegrenzung mit den Vorinstanzen auf alle Amtsträger im Sinne des Satzes 1 zu beziehen. Dem stehen jedoch die Entstehungsgeschichte und vor allem Sinn und Zweck der Bestimmung entgegen. Der Senat hält deswegen für den Fall, daß der Staat durch freie Dienst- oder Werkverträge oder ähnliche Vertragsgestaltungen selbständigen Privatunternehmern in beschränktem Umfang die Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben überträgt, eine einschränkende Auslegung oder eine teleologische Reduktion für geboten. Daß es sich um eine Verfassungsnorm handelt, bedeutet entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kein Hindernis. Für selbständige private Unternehmer gilt daher die Rückgriffsbe-
schränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht (ebenso U. Stelkens, JZ 2004, 656, 660 f.; ähnlich Quantz, VersR 2004, 1244, 1248; undifferenziert hingegen für Anwendung des Art. 34 Satz 2 auf alle Verwaltungshelfer beispielsweise Ossenbühl aaO S. 120; Erman/J. Hecker, BGB, 11. Aufl., § 839 Rn. 95; Soergel/ Vinke, BGB, 12. Aufl., § 839 Rn. 262).
aa) Mit Art. 34 GG folgt das Grundgesetz dem Vorbild des Art. 131 der Weimarer Reichsverfassung. Art. 131 Abs. 1 Satz 2 WRV enthielt für den Rückgriff gegen den Beamten freilich noch keine Einschränkungen. Die Weimarer Verfassung überließ vielmehr auch insoweit die näheren Regelungen der zuständigen Gesetzgebung (Art. 131 Abs. 2). Eine gesetzliche Beschränkung des staatlichen Regresses auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit findet sich reichsweit erstmals in § 23 des Deutschen Beamtengesetzes vom 26. Januar 1937 (RGBl. I S. 39), und zwar in Absatz 2 für die staatsrechtlichen Beamten und in Absatz 4, wenn "eine Person, die nicht Beamter im Sinne dieses Gesetzes ist, in Ausübung der ihr anvertrauten öffentlichen Gewalt ihre Amtspflicht verletzt hat". Mit dieser Ausdehnung auf andere Amtsträger sollten indes nach dem damaligen Verständnis lediglich die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes in die Haftungsprivilegierung einbezogen werden (vgl. Brand, Das deutsche Beamtengesetz, 4. Aufl. 1942, § 23 Anm. 1), zumal auch das Reichsgericht nur Organmitglieder oder abhängig Beschäftigte als Amtsträger im Sinne des § 839 BGB und des Art. 131 WRV anerkannt hatte (RGZ 104, 257 - Arbeiter- und Soldatenräte; 105, 334 - Unterwachtmeister der Sicherheitswehr; 118, 241 - Kanzleiangestellter; 142, 190 und 158, 95 - Feldund Forsthüter; 159, 235 - Nachtwächter; 164, 1 - Soldat). Auch der Parlamentarische Rat hatte ausweislich der Materialien bei der Regelung des Rückgriffs
nach Art. 34 Satz 2 GG allein die Beamten und die ihnen gleichzustellenden Angestellten des öffentlichen Dienstes vor Augen (JöR 1 n.F. S. 329; hierzu U. Stelkens, JZ 2004, 656, 661; Quantz, VersR 2004, 1244, 1245).
bb) Die verfassungsrechtliche Limitierung der Innenhaftu ng bei haftungsrechtlichen Beamten nach Art. 34 Satz 2 GG beruht zum einen auf dem Gedanken, deren Entschlußfähigkeit und Entschlußfreudigkeit, insbesondere bei Eilmaßnahmen, zu fördern (Abgeordneter Dr. Schmid, JöR 1 n.F. S. 328 f.; Amtliche Begründung zum Deutschen Beamtengesetz, abgedruckt bei H. Daniels, Deutsches Beamtengesetz vom 26. Januar 1937, S. 19), und zum anderen auf dem Gebot der Fürsorge gegenüber den öffentlichen Bediensteten (vgl. Bonner Kommentar/Dagtoglou, GG, Art. 34 Rn. 349 f.; v. Danwitz in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 34 Rn. 125); in dem letztgenannten Punkt besteht eine Parallele zu den arbeitsrechtlichen Haftungserleichterungen für Arbeitnehmer (vgl. BAG NJW 1995, 210; BAGE 101, 107; BGH, Urteil vom 11. März 1996 - II ZR 230/94 - NJW 1996, 1532). Beide normativen Zielsetzungen erstrecken sich unmittelbar nur auf die staatsrechtlichen Beamten, die Richter, Soldaten und Zivildienstleistenden sowie auf die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes; das findet seinen Niederschlag einfachrechtlich in den entsprechenden gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen (§ 46 Abs. 1 Satz 1 BRRG, § 78 Abs. 1 Satz 1 BBG, § 24 Abs. 1 Satz 1 SoldG, § 34 Abs. 1 Satz ZDG, § 14 BAT). Die Zweckrichtung der Norm bezieht in ihren Anwendungsbereich darüber hinaus indes auch unselbständige Verwaltungshelfer ein, soweit ihnen gegenüber eine ähnliche Fürsorgepflicht besteht, wie etwa beim Turnunterricht hilfeleistende Schüler (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1958 - III ZR 88/57 - VersR 1958, 705) oder Schülerlotsen (OLG Köln NJW 1968, 655); in solchen Fällen kann der Innenregreß allerdings auch schon ein-
fachrechtlich ausgeschlossen sein (vgl. § 106 SGB VII). Der Senat hat außerdem aus ähnlichen Überlegungen die Innenhaftung einer privatrechtlich organisierten Beschäftigungsstelle des Zivildienstes bei dem Unfall eines Zivildienstleistenden gleichfalls auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt (BGHZ 135, 341, 347 f.), während auf der anderen Seite § 10 Abs. 4 des Kraftfahrsachverständigengesetzes vom 22. Dezember 1971 (BGBl. I S. 2086) dem Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr eine vollständige Haftungsfreistellung des Bundeslandes abverlangt (s. auch Senatsurteil BGHZ 122, 85, 88 f.).
Über derartige Sachverhalte ist hier nicht zu entscheiden . Im Streitfall besteht keine Rechtfertigung für eine entsprechende Haftungserleichterung. Deren Zweck, die Entschlußfreudigkeit und Schlagkraft der öffentlichen Verwaltung zu stärken, spielt bei einem als Verwaltungshelfer herangezogenen privaten Unternehmer von vornherein keine Rolle, weil eine solche Qualifizierung grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn ihm allenfalls geringe Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt sind (ebenso U. Stelkens aaO; a.A. Würtenberger , JZ 1993, 1003, 1005 für einen Abschleppunternehmer). Vor allem aber ist für den Fürsorgegedanken unter solchen Umständen kein Raum. Anders als ein abhängig Beschäftigter kann der gewerbliche Unternehmer über Art und Umfang seines Einsatzes selbst bestimmen; es steht ihm frei, die - jedenfalls im Regelfall auch versicherbaren (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. Juli 1978 - VI ZR 138/76 - NJW 1978, 2502, 2503 zur Haftung des Abschleppunternehmers ) - Haftungsrisiken einzugehen und deren Kosten in das von ihm geforderte Entgelt einzukalkulieren oder von der Übernahme der Tätigkeit abzusehen , wenn ihm das Risiko zu groß erscheint. Insofern besteht zwischen einer Mitwirkung des Unternehmers an hoheitlichen Aufgaben und der Ausfüh-
rung von Dienst- oder Werkleistungen im fiskalischen Bereich, bei denen er nach den allgemeinen Regeln für jedes Verschulden haftet, kein wesentlicher Unterschied. Es fehlt deswegen an einem inneren rechtfertigenden Grund, den Unternehmer im Rahmen hoheitlicher Verwaltungsaufgaben von seiner vertraglichen Haftung auch nur teilweise freizustellen. Soweit der Wortlaut des Art. 34 Satz 2 GG auch eine solche Fallgestaltung abdeckt, ist die Norm darum nach ihrem Sinn und Zweck entsprechend einzuschränken. Die Verwaltung mag hierdurch die Möglichkeit erhalten, eigene Haftungsrisiken durch eine "Flucht in die Privatisierung" zu vermeiden, was die Revisionserwiderung für bedenklich hält; sie erkauft dies jedoch durch eine in der Gegenleistung kalkulatorisch enthaltene Versicherungsprämie.

III.


Das klageabweisende Berufungsurteil kann nach alledem ni cht bestehenbleiben. Der Senat ist zu einer abschließenden Entscheidung nicht in der Lage. Der Rechtsstreit ist deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils zur weiteren Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Schlick Streck Kapsa
Dörr Galke

(1) Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigentümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr Aufenthalt unbekannt, so hat er den Fund und die Umstände, welche für die Ermittelung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Ist die Sache nicht mehr als zehn Euro wert, so bedarf es der Anzeige nicht.

Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

(1) Mit dem Ablauf von sechs Monaten nach der Anzeige des Fundes bei der zuständigen Behörde erwirbt der Finder das Eigentum an der Sache, es sei denn, dass vorher ein Empfangsberechtigter dem Finder bekannt geworden ist oder sein Recht bei der zuständigen Behörde angemeldet hat. Mit dem Erwerb des Eigentums erlöschen die sonstigen Rechte an der Sache.

(2) Ist die Sache nicht mehr als zehn Euro wert, so beginnt die sechsmonatige Frist mit dem Fund. Der Finder erwirbt das Eigentum nicht, wenn er den Fund auf Nachfrage verheimlicht. Die Anmeldung eines Rechts bei der zuständigen Behörde steht dem Erwerb des Eigentums nicht entgegen.

Wer infolge der Vorschriften der §§ 973, 974, 976 einen Rechtsverlust erleidet, kann in den Fällen der §§ 973, 974 von dem Finder, in den Fällen des § 976 von der Gemeinde des Fundorts die Herausgabe des durch die Rechtsänderung Erlangten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Anspruch erlischt mit dem Ablauf von drei Jahren nach dem Übergang des Eigentums auf den Finder oder die Gemeinde, wenn nicht die gerichtliche Geltendmachung vorher erfolgt.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren von der Beklagten die Erstattung von Abschlagszahlungen, die sie an die Beklagte für die Erschließung ihres Grundstücks geleistet haben. Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die in der Region als Erschließungs- und Bauträgerin tätig ist. Sie ist im hundertprozentigen Anteilsbesitz der beigeladenen Stadt.

2

Das Grundstück der Kläger liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Mühläcker/St. Peter" der Beigeladenen. Die Grundstücke im Plangebiet standen ursprünglich im Eigentum der Beigeladenen sowie privater Dritter. Die Beklagte selbst hatte keine Grundstücke zu Eigentum.

3

Nachdem der Gemeinderat der Beigeladenen für das Baugebiet den Entwurf eines Bebauungsplans beschlossen und die amtliche Umlegung angeordnet hatte, schlossen die Beigeladene und die Beklagte am 3. März 1997 einen privatschriftlichen "Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag". Darin wird die Erschließung des Baugebiets auf die Beklagte übertragen und im Einzelnen bestimmt, welche Anlagen sie herzustellen hat. Unter anderem enthält der Vertrag folgende Regelungen:

"I. Vorbemerkung

(1) Der Gemeinderat der Stadt Bietigheim-Bissingen hat am 24.10.1996 für das Gebiet 'Mühläcker/St. Peter' einen Bebauungsplan als Entwurf beschlossen. Die Erschließung dieses Gebietes soll auf die Bietigheimer Wohnbau GmbH übertragen werden.

Die Arbeiten werden grundsätzlich im Auftrag und für Rechnung der am Baulandumlegungsverfahren und am Kleingartenumlegungsverfahren beteiligten Grundstückseigentümer und teilweise im Auftrag und für Rechnung der Stadt ausgeführt.

<...>

Teil I

Städtebaulicher Vertrag gemäß § 6 Wohnungsbauerleichterungsgesetz

§ 1 Umfang der städtebaulichen Planungen und Maßnahmen

(1) Die Bietigheimer Wohnbau GmbH übernimmt, neben den im folgenden Teil II übernommenen Maßnahmen für den Geltungsbereich des Bebauungsplans 'Mühläcker/St. Peter' folgende Aufgaben:

1. Im Bereich der vorgesehenen Wohnbebauung:

1.1 Im Auftrag und für Rechnung der Grundstückseigentümer:

a) Die Freilegung des gesamten Gebietes.

b) Den Ausbau des St.-Peter-Weges und dessen Einmündung in das Gebiet 'Mühläcker/St. Peter'.

1.2 Im Auftrag und für Rechnung der Stadt:

<...>

Teil II

Erschließungsträgervertrag gemäß §§ 124 ff. Baugesetzbuch

§ 4 Gegenstand des Erschließungsträgervertrages

(1) Das Erschließungsgebiet umfasst den Geltungsbereich des Bebauungsplanes 'Mühläcker/St. Peter'.

(2) Die Stadt Bietigheim-Bissingen überträgt im Auftrag und für Rechnung der Umlegungsbeteiligten der Bietigheimer Wohnbau GmbH:

a) Die Erschließung des Wohngebietes im Bereich 'Mühläcker/St.Peter'. <...>

b) Die Abwasserbeseitigung im Bereich 'Mühläcker/St. Peter'.

c) Die Erschließung des Kleingartengebietes. <...>

§ 5 Umfang der Erschließungsmaßnahme

(1) Die Bietigheimer Wohnbau GmbH stellt folgende öffentliche Anlagen und Einrichtungen her:

<...>

(2) Die Stadt behält sich vor, einzelne Arbeiten selbst durchzuführen und die Kosten in Rechnung zu stellen.

<...>

§ 6 Kostenverteilung

(1) Die in § 7 aufgeführten Kosten der Erschließung werden auf die Bauplatzgrundstücke und Kleingartengrundstücke innerhalb des Erschließungsgebietes aufgeteilt.

(2) Die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Wohn- und Baugrundstücke erfolgt auf die Grundstücks- und Geschossfläche.

(3) Die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Kleingartengrundstücke erfolgt auf die Grundstücksfläche.

(4) Die Stadt erhebt im Erschließungsgebiet keine einmaligen Beiträge für die erstmalige Erschließung der Baugrundstücke und der Kleingartengrundstücke sowie für den erstmaligen Anschluss an die Abwasserbeseitigungsanlagen, da diese von den Grundstückseigentümern finanziert werden. Eine Regelung in den jeweiligen Satzungen der Stadt über Nachveranlagung von Beiträgen bleibt unberührt. <...>

(5) Die Erschließungsträgerin ist verpflichtet, entsprechend dem Baufortschritt an den Erschließungsanlagen Abschlagszahlungen anzufordern <...>.

§ 7 Kosten der Erschließung

(1) Die Kosten der Erschließung bei der Bietigheimer Wohnbau GmbH umfassen:

a) Sämtliche Kosten der in § 5 Abs. 1 genannten Maßnahmen und Entschädigungen, einschließlich möglicher Rückstellungen für Restarbeiten.

<...>

c) Die Kosten der technischen und wirtschaftlichen Betreuung der Erschließungsmaßnahme durch die Bietigheimer Wohnbau GmbH, diese werden festgesetzt mit 5 % zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer der Summe der Kosten inklusive Mehrwertsteuer der in § 5 beschriebenen Maßnahmen.

<...>

§ 9 Durchführung der Erschließungsarbeiten

(1) Die Bietigheimer Wohnbau GmbH stellt die in § 5 Abs. 1 aufgeführten Anlagen und Einrichtungen nach Weisung und unter Aufsicht der Stadt her.

(2) Die Entscheidung über die technische Gestaltung der Erschließungsmaßnahmen und die entsprechende Materialverwendung trifft ausschließlich die Stadt.

(3) Die Erschließungsträgerin verpflichtet sich, die erforderlichen Arbeiten und sonstigen Leistungen nur im Einvernehmen mit der Stadt zu vergeben. Leistungsverzeichnisse für die Ausschreibung von Erschließungsarbeiten sind mit der Stadt vorher abzustimmen.

(4) Die Ausschreibung und Planung der gesamten Erschließungsarbeiten kann die Stadt gegen Kostenersatz selbst durchführen oder der Bietigheimer Wohnbau GmbH in Auftrag geben. Die Bietigheimer Wohnbau GmbH ist berechtigt, Aufträge an Dritte weiterzugeben. Die Stadt ist weiterhin berechtigt, die ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten an Ort und Stelle zu überwachen und Weisungen zu erteilen.

<...>"

§ 16 Schlussbestimmungen

(1) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages, gleich aus welchem Grunde, nicht wirksam sein, werden hiervon die übrigen Bestimmungen des Vertrages und der Gesamtvertrag nicht berührt. Unwirksame Bestimmungen sind ggf. so abzuändern oder auszutauschen, zu ergänzen bzw. zu berichtigen, dass letztlich der Wille der Vertragsschließenden beibehalten wird und zur Durchführung kommt.

<...>"

4

Am 17. April 1997 schlossen die Beigeladene und die Beklagte einen notariell beurkundeten Vertrag über "Allgemeine Bestimmungen für die Baulandumlegung 'Mühläcker/St. Peter'". Dieser Vertrag enthält u.a. folgende Regelung:

"§ 12 Anliegerbeiträge, Städtebaulicher- und Erschließungsträgervertrag

(1) Die Abwicklung der Neuordnung und die Erschließung des Umlegungsgebietes erfolgt über einen Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag zwischen der Stadt Bietigheim-Bissingen und der Bietigheimer Wohnbau GmbH. Hierin wurde festgelegt, dass die einzelnen städtebaulichen Planungen, Maßnahmen und Erschließungsarbeiten im Auftrag und für Rechnung der Grundstückseigentümer erteilt werden. Bezüglich den einzelnen Kosten, die in den Erschließungsaufwand einzurechnen und zu verteilen sind, wird auf die §§ 1, 3, 11 und 12 des Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrages Bezug genommen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gesamtaufwand auf die einzelnen Grundstücke entsprechend der Grundstücks- und Geschossfläche übertragen wird, unabhängig von den rechtlichen Bestimmungen des Erschließungsbeitragsrechtes. Insoweit wird keine Abrechnung der einzelnen Erschließungsmaßnahmen vorgenommen, sondern es erfolgt eine Gesamtverteilung der Kosten. Die näheren Regelungen bezüglich Aufwand und Verteilung sind im Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag, der eine Anlage zu diesem Vertrag bildet, aufgeführt. Auf diese wird ausdrücklich Bezug genommen.

(2) Der einzelne Umlegungsbeteiligte tritt für sein Zuteilungsgrundstück in vollem Umfang in diese vertraglichen Bestimmungen ein.

(3) Im Rahmen des Umlegungsverfahrens werden auf dem neugebildeten Grundstück in den Umlegungsplan eine Grundschuld ohne Brief in Höhe der zu erwartenden Kosten aus dem Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag eingetragen <...>"

5

Mit notariellem Vertrag vom 28. Juli 1999 erwarben die Kläger von der Beigeladenen das im Baugebiet liegende Grundstück Flst.-Nr. ..., R.-Straße ... In dem Vertrag wird auf die vorstehenden "Allgemeinen Bestimmungen für die Baulandumlegung 'Mühläcker/St. Peter'" Bezug genommen. Unter Ziffer I.1 der Urkunde heißt es u.a.:

"Die Erschließungskosten, die Kosten für städtebauliche Maßnahmen, die Abwasserbeiträge und die Versorgungsbeiträge sind im Kaufpreis nicht enthalten. Diese gehen zu Lasten der Erwerber. Näheres ist in Ziff. III. dieser Urkunde geregelt.

Die Stadt Bietigheim-Bissingen hat bisher Kosten für Erschließung und städtebauliche Maßnahmen in Höhe von 46.559,50 DM an die Bietigheimer Wohnbau GmbH bezahlt. Diese sind neben dem Kaufpreis an die Stadt Bietigheim-Bissingen zu entrichten."

6

Unter Ziffer II.2. der Urkunde ist weiter ausgeführt:

"Aufgrund eines Städtebaulichen- und Erschließungsvertrages mit der Stadt Bietigheim-Bissingen wurde die Bietigheimer Wohnbau GmbH beauftragt, im Gebiet 'Mühläcker/St. Peter' im Auftrag und auf Rechnung der Grundstückseigentümer die Erschließungsanlagen, städtebauliche Anlagen und Anlagen für die Abwasserbeseitigung herzustellen.

Des weiteren wurden für die Durchführung der Baulandumlegung 'Mühläcker/St. Peter' 'Allgemeine Umlegungsbestimmungen' ... beurkundet. Dieser Urkunde ist als Anlage 1 der Städtebauliche- und Erschließungsvertrag mit der Bietigheimer Wohnbau GmbH angefügt und somit Vertragsbestandteil. <...>

Die Erwerber treten in den Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag mit der Bietigheimer Wohnbau GmbH mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber der Stadt Bietigheim-Bissingen ein. <...>"

7

Soweit die Grundstücke im Gebiet "Mühläcker/St. Peter" nicht im Eigentum der Beigeladenen standen, schloss sie mit den übrigen Grundstückseigentümern notarielle Verträge, in denen diese sich ebenfalls verpflichteten, mit schuldbefreiender Wirkung für die Beigeladene in den Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag einzutreten.

8

Im Rahmen der Abrechnung der Erschließungskosten zahlten die Kläger an die Beklagte als 4. und 5. Abschlagszahlung insgesamt 7 163 €. Diesen (Teil-)Betrag nebst Zinsen fordern sie mit ihrer Klage zurück. Auf die Schlussrechnung der Beklagten haben sie nicht gezahlt.

9

Die vor dem Landgericht erhobene Klage wurde von diesem wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten an das Verwaltungsgericht verwiesen. Die Kläger haben zur Begründung ihres Klagebegehrens im Wesentlichen vorgetragen:

10

Die Beigeladene habe die Erschließung nicht wirksam auf die Beklagte übertragen. Bei dem "Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag" handele es sich der Sache nach um einen zivilrechtlichen Generalunternehmervertrag, mit dem der Beklagten sämtliche Bauarbeiten gegen Kostenerstattung und Vergütung eines Zuschlags übertragen worden seien. Die Beigeladene diene nur dazu, die Kosten gegenüber den Grundstückseigentümern abzurechnen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass es sich um einen Erschließungsvertrag nach § 124 Abs. 1 BauGB handele, sei dieser nichtig, weil die Beklagte als von der Beigeladenen beherrschtes Unternehmen nicht "Dritte" i.S.d. § 124 Abs. 1 BauGB sein könne. Wenn eine Gemeinde im Rahmen einer Umlegung gegenüber den Grundstückseigentümern und durch Kaufverträge bei der Veräußerung der eigenen Grundstücke die Voraussetzung für eine vollständige Erstattung der erschließungsbeitragsfähigen Kosten und der nicht beitragsfähigen Erschließungskosten schaffe, liege darin eine Umgehung des Erschließungsbeitragsrechts. Mit § 124 BauGB sei den Gemeinden nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, durch Verlagerung der Erschließungsleistungen auf ein Tochterunternehmen den vollen Ersatz der Erschließungskosten und zusätzlich einen Erschließungsträgerzuschlag von vorliegend 5 % der Erschließungskosten zu verlangen.

11

Aus der Nichtigkeit des erschließungsrechtlichen Teils des Vertrages folge auch die Nichtigkeit der Eintrittsklausel im Grundstückskaufvertrag. Diese Regelung sei ferner als unangemessene Benachteiligung wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Die Unangemessenheit ergebe sich aus der vollständigen Übertragung der nicht beitragsfähigen Erschließungskosten. Nicht beitragsfähig seien die teure Herstellung eines Kinderspielplatzes sowie weiterer näher bezeichneter Anlagen, denen keine Erschließungsfunktion für die Baugrundstücke zukomme. Aus denselben Gründen fehle es auch an der Angemessenheit der vertraglich vereinbarten Leistungen gemäß § 124 Abs. 3 BauGB. Beanstandet werde ferner, dass die Eigentümer der bereits bebauten Grundstücke nicht an den Erschließungskosten beteiligt worden seien.

12

Die Beklagte hat die vertraglichen Regelungen gegenüber sämtlichen Einwänden der Kläger verteidigt und im Wesentlichen ausgeführt: Der Erschließungsvertrag sei wirksam. Auch eine gemeindliche Eigengesellschaft könne als juristische Person des Privatrechts und eigenständiges, vom Anteilseigner zu unterscheidendes Rechtssubjekt ein "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein. Die in dem Vertrag getroffenen Regelungen verstießen auch nicht gegen das Angemessenheitsgebot des § 124 Abs. 3 BauGB.

13

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt (vgl. DVBl 2010, 185):

14

Die Kläger machten einen zivilrechtlichen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 BGB geltend. Da die Leistungen der Kläger, die aufgrund der kaufvertraglichen Eintrittsklausel die Refinanzierung der Erschließungskosten übernommen hätten, auf zivilrechtlicher Basis erfolgt seien, sei auch der geltend gemachte Rückforderungsanspruch dem Zivilrecht zuzuordnen. Ein Rückforderungsanspruch bestehe aber nicht, da die Abschlagszahlungen nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden seien. Der Anspruch der Beklagten auf die Abschlagszahlungen setze allerdings voraus, dass die Gemeinde die Erschließung im Wege eines Vertrages nach § 124 Abs. 1 BauGB auf ein Erschließungsunternehmen übertragen habe und dass dieser Erschließungsvertrag wirksam sei. Denn es sei unzulässig, die Abwälzung von Erschließungskosten außerhalb gesetzlich zugelassener Möglichkeiten zu vereinbaren. Der "Städtebauliche- und Erschließungsträgervertrag" sei ein Erschließungsvertrag nach § 124 Abs. 1 BauGB, weil er die für einen Erschließungsvertrag charakteristische Verpflichtung des Erschließungsträgers enthalte, die Erschließungsanlagen nach Maßgabe bestimmter Vorgaben der Gemeinde technisch herzustellen und sie nach Fertigstellung auf diese zu übertragen. Zwar sei die Formulierung in § 4 Abs. 2 des Vertrages, nach der die Gemeinde "im Auftrag und für Rechnung der Umlegungsbeteiligten" handle, missverständlich. Sie müsse aber im Zusammenhang mit den weiteren Vorgaben über die Verteilung der Erschließungskosten gesehen werden, wonach diese letztlich auf die an der Umlegung beteiligten Grundstückseigentümer abgewälzt werden sollten. Ein zivilrechtlicher Generalunternehmervertrag würde dagegen voraussetzen, dass die Beigeladene der Beklagten ein Entgelt zu zahlen hätte; daran fehle es hier.

15

Die Beklagte könne Vertragspartner eines Erschließungsvertrages sein. "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB könnten auch rechtlich selbständige juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts sein, an denen die Gemeinde ganz oder mehrheitlich beteiligt sei. Zwar sei der Gesetzgeber ursprünglich wohl davon ausgegangen, dass der Dritte ein Privatunternehmen sei, das weder rechtlich noch organisatorisch irgendetwas mit der Gemeinde zu tun habe. Wortlaut und Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen über den Erschließungsvertrag sprächen aber für eine Einbeziehung auch einer gemeindlichen Eigengesellschaft. Als "Dritter" lasse sich jedes von der Gemeinde verschiedene Rechtssubjekt ansehen. Der Zweck, die Gemeinden von der Vorfinanzierungslast für die Erschließung zu befreien, könne in gleicher Weise von einer kommunalen Eigen- oder Mehrheitsgesellschaft erfüllt werden.

16

Die Regelung in § 5 Abs. 2 des Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrages, wonach sich die Beigeladene vorbehalten habe, einzelne Arbeiten selbst durchzuführen und die Kosten dem Erschließungsträger in Rechnung zu stellen, führe nicht zu einer Umgehung der Vorgaben des Erschließungsbeitragsrechts. Für die Annahme eines Erschließungsvertrages sei nicht erforderlich, dass der Erschließungsunternehmer die Durchführung der Erschließungsarbeiten selbst übernehme. Er könne sich zur Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben Dritter bedienen. Dritter in diesem Sinne könne aber auch die Gemeinde selbst sein. Selbst wenn § 5 Abs. 2 des Vertrages unwirksam sein sollte, führe dies wegen der salvatorischen Klausel des § 16 nicht zur Gesamtnichtigkeit.

17

Ohne Erfolg bleibe weiter die mit Blick auf die Höhe der auf die Grundstückseigentümer insgesamt abgewälzten Kosten bzw. hinsichtlich verschiedener öffentlicher Anlagen und Einrichtungen erhobene Rüge der Kläger, das Angemessenheitserfordernis des § 124 Abs. 3 Satz 1 BauGB sei nicht gewahrt. Auch der Umstand, dass die Kosten der Erschließung des Baugebiets ausschließlich auf die Eigentümer der Bauplatzgrundstücke verteilt worden seien, begegne keinen rechtlichen Bedenken.

18

Mit ihrer Revision wiederholen und vertiefen die Kläger ihr Begehren. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 7 163 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

19

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

20

Die Beigeladene hat sich nicht geäußert. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren. Er ist der Auffassung, dass auch kommunale Eigen- oder Mehrheitsgesellschaften Vertragspartner eines Erschließungsvertrages sein könnten.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision ist im Wesentlichen begründet.

22

Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof die vertraglichen Beziehungen der Beteiligten im Ausgangspunkt zutreffend beurteilt (1.). Er hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass der "Städtebauliche- und Erschließungsträgervertrag" zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 3. März 1997 (nachfolgend: Erschließungsvertrag) wirksam sei. Der genannte Vertrag ist vielmehr wegen Verstoßes gegen § 124 Abs. 1 BauGB nichtig, weil die Beklagte als eine von der Beigeladenen beherrschte sog. kommunale Eigengesellschaft kein "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift ist, auf den die Gemeinde die Erschließung übertragen kann (2.). Darüber hinaus ist der streitgegenständliche Erschließungsvertrag auch deswegen nichtig, weil er wegen der darin zugunsten der Beigeladenen vorbehaltenen umfangreichen Befugnisse zur Selbstvornahme keine "Übertragung" der Erschließung i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB darstellt (3.). Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen insgesamt als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Vielmehr hätte der Verwaltungsgerichtshof dem Zahlungsbegehren der Kläger entsprechen müssen, abgesehen von einer geringen Zuvielforderung bei der Höhe des geltend gemachten Zinssatzes auf den zu erstattenden Betrag (4.).

23

1. Im Ausgangspunkt ist die Beurteilung des Klageanspruchs durch den Verwaltungsgerichtshof revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

24

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend angenommen, dass es sich bei dem von den Klägern geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der zwei Abschlagszahlungen, die sie an die Beklagte geleistet haben, um einen zivilrechtlichen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB handelt. Zwar ist anerkannt, dass die sich aus einem Erschließungsvertrag ergebenden Rechtsbeziehungen entsprechend dessen Regelungsgegenstand öffentlich-rechtlicher Natur sind (Urteil vom 23. April 1969 - BVerwG 4 C 69.67 - BVerwGE 32, 37 <38> = Buchholz 406.11 § 123 BBauG Nr. 3 S. 2; Beschluss vom 16. November 2007 - BVerwG 9 B 36.07 - Buchholz 316 § 62 VwVfG Nr. 17 Rn. 3; BGH, Beschluss vom 6. Juli 2000 - V ZB 50/99 - ZfBR 2001, 125 <126>). Im Streitfall geht es jedoch nicht um einen Leistungs- oder Erstattungsanspruch aus dem Erschließungsvertrag vom 3. März 1997. Gegenstand dieses Vertrages ist die Rechtsbeziehung der Beigeladenen als Trägerin der Erschließungslast i.S.v. § 123 Abs. 1 BauGB und der Beklagten, der sie die Erschließung übertragen hat. Hiervon zu unterscheiden ist die Rechtsbeziehung zwischen der Beklagten und den Grundstückseigentümern betreffend die Kostenerstattung für Erschließungsmaßnahmen, die die Beklagte durchgeführt hat. Der hier streitgegenständliche Klageanspruch kann sich nur aus der Rückabwicklung der zuletzt genannten Rechtsbeziehung ergeben, in die die Kläger im Kaufvertrag vom 28. Juli 1999 mit der Beigeladenen als bisheriger Grundstückseigentümerin eingetreten sind. Die aus dieser Rechtsbeziehung folgenden Leistungs- und Erstattungsansprüche sind zivilrechtlicher Natur (unzutreffend daher die im Verweisungsbeschluss des Landgerichts angeführte Entscheidung des OLG Rostock, Beschluss vom 8. September 2005 - 7 U 2/05 - NJW 2006, 2563; der weiter angeführte Fall des BayObLG, Urteil vom 25. Mai 2004 - 1 Z RR 5/03 - NVwZ-RR 2005, 135 betrifft das Rechtsverhältnis Gemeinde - Erschließungsträger). Aufgrund der bindenden Verweisung des Rechtsstreits durch das Landgericht war die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges in der Rechtsmittelinstanz indes nicht mehr zu überprüfen (§ 17a Abs. 5 GVG).

25

b) Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter zutreffend erkannt, dass der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch der Kläger gegenüber der Beklagten (auch) davon abhängt, ob der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen geschlossene Erschließungsvertrag vom 3. März 1997 rechtswirksam ist. Er ist zu Recht davon ausgegangen, dass die vertraglichen Beziehungen in dem "Dreiecksverhältnis" zwischen den Klägern, der Beklagten und der Beigeladenen in besonderer Weise aufeinander ausgerichtet sind mit der Folge, dass eine Nichtigkeit des Erschließungsvertrages nicht allein den vertraglichen Rechtsgrund für die Leistungen im Verhältnis Beigeladene - Beklagte, sondern auch den im Verhältnis Beigeladene - Kläger entfallen lässt. Dies war im Streitfall aus einem doppelten Grunde der Fall:

26

aa) Erschließt ein privater Erschließungsträger Grundstücke, die im Eigentum Dritter stehen, entsteht - wie bereits erwähnt - ein Dreiecksverhältnis: Die Gemeinde überträgt die Durchführung und finanzielle Abwicklung der Erschließung gemäß § 124 Abs. 1 BauGB auf den Erschließungsträger. Dieser refinanziert sich privatrechtlich bei den Grundstückseigentümern, indem diese sich verpflichten, dem Erschließungsträger die ihm aus der Erfüllung des mit der Gemeinde geschlossenen Erschließungsvertrages entstehenden Kosten zu ersetzen. Es trifft daher - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht zu, dass Erschließungsträger und Grundstückseigentümer einen vom Erschließungsvertrag völlig unabhängigen Vertrag schließen. Dies zeigt sich schon daran, dass aus der Kostenerstattungsvereinbarung - im Streitfall wie in aller Regel - keine eigenen Leistungsansprüche der Grundstückseigentümer gegen den Erschließungsträger auf Herstellung der Erschließungsanlage folgen. Letztere werden vielmehr für die Gemeinde hergestellt, von ihr abgenommen und ihr übertragen; auch Sachmängelgewährleistungsansprüche stehen allein ihr zu. Die Grundstückseigentümer verpflichten sich lediglich, den Erschließungsträger - um des Vorteils der Befreiung von Erschließungsbeiträgen willen - zu refinanzieren (vgl. Grziwotz, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 2010, § 124 Rn. 127 f.). Insoweit besteht eine "Akzessorietät" zwischen Erschließungsvertrag und Kostenvereinbarung.

27

bb) Unabhängig davon folgt jedenfalls aus der vorliegenden Vertragskonstruktion, dass im Streitfall die Wirksamkeit des Erschließungsvertrages vom 3. März 1997 Voraussetzung für die zwischen der Beklagten und den Klägern vereinbarte Kostenerstattung ist: Bereits in § 6 Abs. 1 und 2 des Erschließungsvertrages wurde festgelegt, dass die Erschließungskosten auf die Bauplatzgrundstücke aufzuteilen sind. In § 12 Abs. 2 der "Allgemeinen Bestimmungen für die Baulandumlegung" hat die Beigeladene für ihre Grundstücke eine entsprechende zivilrechtliche Verpflichtung übernommen. Gemäß Ziff. II.2 des notariellen Vertrages vom 28. Juli 1999 sind die Kläger mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber der Beigeladenen in diese Verpflichtung "eingetreten". Entgegen dem missverständlichen Wortlaut dieser Vertragsklausel handelt es sich dabei nicht um eine Vertragsübernahme. Letzteres, also eine rechtsgeschäftliche Übernahme aller Rechte und Pflichten der Beigeladenen aus diesem Vertrag durch die Kläger, kann im Streitfall weder gewollt sein noch wäre sie rechtlich möglich. Denn wesentliches Element eines Erschließungsvertrages i.S.v. § 124 BauGB ist die Übertragung der technischen Durchführung und kostenmäßigen Abwicklung der Erschließung. Eine solche Übertragung kann nur die Gemeinde vornehmen, die gemäß § 123 Abs. 1 BauGB die Erschließungslast trifft. Im Übrigen hat die Beigeladene entsprechende Grundstückskaufverträge mit einer Vielzahl von Käufern abgeschlossen, so dass unklar bliebe, in welcher Form diese Personenmehrzahl in den Erschließungsvertrag eintreten sollte. Nach den Gesamtumständen gewollt war vielmehr, dass die Kläger mit befreiender Wirkung insoweit an die Stelle der Beigeladenen treten sollten, als diese die Übernahme der Kosten für das jeweils verkaufte Grundstück schuldete. Dies stellt eine Schuldübernahme gemäß § 415 BGB dar, die von der Beklagten als Gläubigerin spätestens mit der Aufforderung zur Zahlung eines Abschlags konkludent genehmigt worden ist.

28

Die Übernahme der Verpflichtung zur Kostenerstattung zunächst durch die Beigeladene in § 12 Abs. 2 der "Allgemeinen Bestimmungen für die Baulandumlegung" und dann durch die Kläger in Ziff. II.2 des notariellen Vertrages vom 28. Juli 1999 setzt aber nach dem durch die ausdrückliche Bezugnahme auf den Erschließungsvertrag zum Ausdruck gebrachten Willen der Vertragsparteien die Wirksamkeit jenes Erschließungsvertrages voraus.

29

c) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass es sich bei dem "Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag" vom 3. März 1997 in dem hier interessierenden Teil II - entgegen der Ansicht der Kläger - nicht um einen atypischen Generalunternehmer- bzw. Werkvertrag, sondern um einen Erschließungsvertrag i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB handelt. Er hat sich hierfür auf die Überschrift von Teil II sowie auf § 4 Abs. 2 des Vertrages berufen, wonach die Beigeladene der Beklagten die Erschließung des Wohngebiets übertrage. Die missverständliche Formulierung, dies geschehe "im Auftrag und für Rechnung der Umlegungsbeteiligten", habe nur klarstellen sollen, dass die Kosten nicht bei der Beklagten als Erschließungsträgerin verbleiben, sondern letztlich auf die Grundstückseigentümer abgewälzt werden sollten.

30

Unabhängig von der Bindung des Revisionsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) an diese tatrichterliche Feststellung zur Frage, was von den Beteiligten vertraglich gewollt war, ist die Würdigung des in Rede stehenden Vertrages durch den Verwaltungsgerichtshof auch in der Sache bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

31

Wesentlicher Regelungsgegenstand eines Erschließungsvertrages ist die Herstellung der Erschließungsanlagen im Namen und auf Kosten des Erschließungsträgers. Dies hat zur Folge, dass bei der Gemeinde kein beitragsfähiger Aufwand i.S.v. § 127 Abs. 1 BauGB verbleibt, soweit sie die Durchführung der Erschließung übertragen hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 6 Rn. 7 ff.; Quaas, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 124 Rn. 3). Genau dies regelt der Vertrag vom 3. März 1997: Nach dessen § 5 stellt die Beklagte als Erschließungsträgerin im Einzelnen aufgeführte öffentliche Anlagen und Einrichtungen her, nach § 7 Abs. 1 fallen die Kosten der Erschließung bei ihr an und nach § 6 Abs. 4 verzichtet die Beigeladene auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen.

32

Die von den Klägern erhobenen Einwände verfangen nicht. Entgegen ihrer Ansicht muss der Erschließungsträger nicht selbst Grundstückseigentümer sein. Eine Übertragung der Erschließung durch die Gemeinde an einen Erschließungsträger kommt auch dann in Betracht, wenn die Grundstückseigentümer diesem die für die Organisation und Durchführung der Erschließung notwendigen Rechte an ihren Grundstücken einräumen und mit ihm Kostenerstattungsverträge schließen (vgl. Grziwotz, a.a.O. § 124 Rn. 110; Ruff, KStZ 2002, 21 <22>; Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2007, 316 <318 f.>). Der letztgenannte Fall lag auch hier vor - mit der Besonderheit, dass die Beigeladene selbst Grundstückseigentümerin im Erschließungsgebiet war. Demgegenüber fehlt es bei der Vertragskonstruktion des Streitfalls an den Grundelementen eines Werkvertrags. Bei einem solchen bleibt die Gemeinde Erschließungsträgerin und beauftragt Unternehmer nach §§ 631 ff. BGB mit einzelnen Erschließungsmaßnahmen. Ähnliches gilt für den Sonderfall des Generalunternehmervertrags, in dem ein Generalunternehmer damit beauftragt wird, die Erschließung für die Gemeinde zu planen, durchzuführen und dazu ggfs. Subunternehmer zu beauftragen. Immer stellt der Werkunternehmer aber seine Kosten der Gemeinde in Rechnung, der dadurch ein beitragsfähiger Aufwand i.S.d. § 127 BauGB entsteht (vgl. Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 7 f.). Das ist vorliegend gerade nicht der Fall.

33

d) In Einklang mit Bundesrecht steht schließlich, dass der Verwaltungsgerichtshof seiner rechtlichen Beurteilung, ohne dies zu problematisieren, nicht die Regelung über den städtebaulichen Vertrag in § 11 BauGB zugrunde gelegt hat, die keine Einschränkung auf "Dritte" als Vertragspartner der Gemeinde enthält. § 124 BauGB ist gegenüber § 11 BauGB die speziellere Norm. Nicht zu folgen vermag der Senat der im Schrifttum vertretenen Ansicht, wonach § 11 BauGB, namentlich die Regelung über den Folgekostenvertrag (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB), grundsätzlich gleichberechtigt neben den Vorschriften über den Erschließungsvertrag stehe (vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 2010, § 11 Rn. 160; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 11 Rn. 20; einschränkend ders. a.a.O., § 124 Rn. 1, wonach § 124 vorrangig sei, wenn die Erschließung "alleiniger oder prägender Bestandteil" des Vertrages sei; vgl. weiter die Nachweise bei Fischer, in: Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Bd. 1, Stand: Mai 2010, Kap. F, Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht, Rn. 33).

34

Die Bestimmung über städtebauliche Verträge in § 11 BauGB hat - in der Nachfolge von § 124 Abs. 2 BauGB 1987 und § 6 des BauGB-Maßnahmengesetzes - ihre derzeit gültige Fassung durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 vom 18. August 1997 (BGBl I S. 2081) erhalten. Sie enthält eine nicht abschließende ("insbesondere") Regelung über die Zulässigkeit und den Gegenstand städtebaulicher Verträge, darunter den Folgekostenvertrag. Dieser wird in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB beschrieben als ein Vertrag über "die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind; dazu gehört auch die Bereitstellung von Grundstücken". Hiernach ist der Erschließungsvertrag i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB eine besondere Form des städtebaulichen Vertrages, und zwar auch gegenüber dem Folgekostenvertrag (vgl. Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 2 f. und 9). Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 sollte mit § 11 BauGB die Vorgängerregelung des § 6 des BauGB-Maßnahmengesetzes lediglich redaktionell verkürzt, inhaltlich aber weitgehend unverändert übernommen werden (vgl. BTDrucks 13/6392 S. 50 l.Sp.); namentlich mit der Regelung des Folgekostenvertrages sollte lediglich eine von der Rechtsprechung seit langen Jahren gebilligte Vertragspraxis aufgegriffen werden (a.a.O. r.Sp.). Das Erschließungsbeitragsrecht und insbesondere das Verhältnis des städtebaulichen Vertrages zu § 124 BauGB wird dagegen in den Gesetzesmaterialien mit keinem Wort erwähnt. Hätte der Gesetzgeber das System des Erschließungsrechts durch § 11 BauGB aufweiten wollen, hätte es nahe gelegen, § 124 BauGB bei Erlass des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 zu streichen oder in § 11 BauGB aufzunehmen. Da der Gesetzgeber dies nicht getan und auch im Übrigen sich nicht zum Verhältnis des § 11 zu § 124 BauGB geäußert hat, fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass er den Gemeinden durch § 11 BauGB - neben dem Beitragsrecht (§§ 127 ff. BauGB) und dem Erschließungsvertrag (§ 124 Abs. 1 BauGB) - einen dritten Weg zur Finanzierung von Erschließungsmaßnahmen eröffnen wollte. Hiernach bleibt es dabei, dass § 124 BauGB mit seinen tatbestandlichen Voraussetzungen, insbesondere mit dem Begriff des "Dritten", im Verhältnis zu § 11 BauGB die speziellere Vorschrift ist (so zutreffend Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 2; Quaas, a.a.O. § 11 Rn. 26).

35

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter entscheidungstragend angenommen, dass der von den Klägern geltend gemachte Rückzahlungsanspruch unbegründet sei, weil der Erschließungsvertrag vom 3. März 1997 wirksam sei. Insbesondere sei es der Beigeladenen nicht verwehrt gewesen, die Erschließung des Baugebiets auf die Beklagte als eigene (im hundertprozentigen Anteilsbesitz der Beigeladenen stehende) Tochtergesellschaft zu übertragen. Auch sie sei "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB. Diese Auffassung ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

36

Die damit aufgeworfene Frage ist allerdings umstritten. Der Verwaltungsgerichtshof folgt mit dem angefochtenen Urteil einer im Schrifttum vertretenen Ansicht, die für eine weite Auslegung der Vorschrift eintritt, derzufolge auch eine (ganz oder mehrheitlich) von der Gemeinde beherrschte sog. kommunale Eigengesellschaft "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB und damit Vertragspartner eines Erschließungsvertrages sein könne (vgl. insbesondere Grziwotz, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 2010, § 124 Rn. 94; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 124 Rn. 1; Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, 6. Aufl. 2010, § 124 Rn. 9; Hoffmann, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2009, § 124 Rn. 12; Reif, BWGZ 1994, 200 <219>; Ruff, KStZ 2002, 21 <25>; Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2007, 316 <317>; Oertel, Der Erschließungsvertrag mit der kommunalen Eigengesellschaft, 2009, S. 169 ff. <231 ff.>; Walter, Der Erschließungsvertrag im System des Erschließungsrechts, 2010, S. 142 ff. <161 ff.>). Die Gegenansicht ist der Auffassung, die Vorschrift sei nach ihrem Sinn und Zweck eng auszulegen mit der Folge, dass eine kommunale Eigengesellschaft nicht "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein könne (so Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 14; ders., in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: November 2009, § 124 Rn. 8 ff.; ders., BauR 1999, 862 <863 ff.>; Birk, BauR 1999, 205 <207>; Quaas, BauR 1999, 1113 <1123>; Weber, VBlBW 2001, 95; Vogel, in: Brügelmann, BauGB, Stand 1998, § 124 Rn. 19).

37

Der Senat ist der Überzeugung, dass die letztgenannte Ansicht, also eine enge Auslegung, dem Gesetz entspricht. Dies beruht auf folgenden Überlegungen:

38

Aus dem Wortlaut des Gesetzes, der sowohl ein "formal-juristisches" als auch ein materielles Begriffsverständnis ermöglicht, lässt sich für keine der beiden Ansichten Entscheidendes herleiten. Vielmehr ist der Begriff des "Dritten" nur vor dem Hintergrund der Gesetzeshistorie und der mit ihr einhergehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sachgerecht zu erfassen:

39

a) Die Ermächtigung der Gemeinde, die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten zu übertragen, fand sich bereits in § 123 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (BGBl I S. 341). Sie wurde durch das am 1. Juli 1987 in Kraft getretene Baugesetzbuch in § 124 Abs. 1 BauGB unverändert mit dem bis heute gültigen Wortlaut übernommen und ergänzt durch einen Absatz 2, wonach die Zulässigkeit anderer Verträge, insbesondere zur Durchführung städtebaulicher Planungen und Maßnahmen, unberührt bleibe. Das Bundesverwaltungsgericht urteilte hierzu, dass die Gemeinde auch bei Abschluss eines Erschließungsvertrages grundsätzlich mindestens 10 Prozent des Erschließungsaufwandes übernehmen müsse; die Regelung des § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG gehöre zu den wesentlichen Regelungen des Erschließungsbeitragsrechts, die auch im Rahmen einer vertraglichen Regelung beachtet werden müssten (Urteil vom 23. April 1969 - BVerwG 4 C 69.67 - BVerwGE 32, 37 <39 ff.>). Die Gemeinde dürfe nur diejenigen Kosten durch Erschließungsvertrag abwälzen, die sie andernfalls abgabenrechtlich liquidieren dürfe. Eine Vertragsgestaltung, die gegen diese Schutzfunktion des Abgabenrechts verstoße, führe zur (teilweisen) Nichtigkeit des Erschließungsvertrages (Urteil vom 23. August 1991 - BVerwG 8 C 61.90 - BVerwGE 89, 7 <9 f.>). Dies entsprach auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 - III ZR 177/81 - LM § 123 BBauG Nr. 5 Bl. 1183 <1185>).

40

b) In ausdrücklicher Reaktion auf diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts änderte der Gesetzgeber § 124 BauGB mit dem Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz) vom 22. April 1993 (BGBl I S. 466) und gab der Vorschrift ihre bis heute gültige Fassung. In der Begründung des Gesetzesentwurfs (BTDrucks 12/3944 S. 1 ff. <24, 29>) wurde darauf verwiesen, dass in den alten und neuen Bundesländern ein erheblicher Mangel an ausgewiesenem und verfügbarem Wohnbauland bestehe. Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der Anwendungsbereich des Erschließungsvertrages inhaltlich eingeengt worden. Infolgedessen sei zu befürchten, dass die Erschließungstätigkeit in den Gemeinden spürbar zurückgehen werde, weil sie wegen der häufig angespannten Haushaltslage vom Abschluss eines Erschließungsvertrages und der damit verbundenen finanziellen Belastung absehen würden. "Um vertraglichen Regelungen zwischen Gemeinde und Investoren im Städtebaurecht mehr Raum zu eröffnen, zugleich aber die rechtlichen Grenzen solcher Verträge festzulegen" (BTDrucks 12/3944 S. 24 l.Sp.), führte der Gesetzgeber deshalb u.a. in § 124 Abs. 2 BauGB eine Freistellung von Vorgaben des Erschließungsbeitragsrechts ein. Der Erschließungsvertrag sollte dadurch so ausgeformt werden, "dass er wie bisher angewandt werden" könne und durch den Wegfall der zwingenden Eigenbeteiligung von 10 v.H. zugleich zur Kostenentlastung der Gemeinden beitrage (BTDrucks a.a.O. S. 24 r.Sp.). Dies sei gerechtfertigt, weil die Gemeinde ohnehin keinen Einfluss darauf habe, ob der Erschließungsunternehmer Ersparnisse auf der Kostenseite an den Grundstückskäufer weitergebe (BTDrucks a.a.O. S. 29 r.Sp.). Zu der erweiterten Möglichkeit der Kostenabwälzung gemäß § 124 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB heißt es, der Erschließungsunternehmer solle frei entscheiden können, ob er auch diejenigen Kosten übernimmt, die bei einer Erschließung in gemeindlicher Eigenregie auf die Gemeinde selbst entfallen würden. Der Erschließungsunternehmer werde zur vollständigen Kostenübernahme nur dann bereit sein, wenn er sich davon einen "Gewinn" verspreche, er also die ihm gehörenden Grundstücke selbst baulich oder gewerblich frühzeitiger als sonst nutzen könne, oder wenn er durch Veräußerung der erschlossenen Grundstücke die ihm entstandenen Erschließungskosten aufgrund der Marktlage auf die Käufer abwälzen könne. Die Käufer handelten ebenfalls aus freiem Entschluss; sie würden einkalkulieren, dass der Kaufpreis einschließlich der Erschließungskosten für sie tragbar bleibe. Für sie sei entscheidend, dass eine Erschließung im Vertragswege zumeist zu einer früheren Bebaubarkeit der Grundstücke führe als bei einer Erschließung durch die Gemeinde, woraus sich nicht selten Einsparungen hinsichtlich der Baukosten und Zwischenfinanzierungskosten ergäben (BTDrucks a.a.O. S. 29 r.Sp.).

41

c) Hiernach verhalten sich die vorstehend wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zwar nicht ausdrücklich zur Frage, ob auch eine gemeindliche Eigengesellschaft "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein kann. Jedoch ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass die gesetzliche Neuregelung sich ausdrücklich als Korrektur der im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. August 1991 gezogenen inhaltlichen Grenzen des Erschließungsvertrages verstand, damit dieser "wie bisher" (d.h. ohne solche Begrenzungen) "angewandt werden" könne. Sollte hiernach ein "status quo ante" wiederhergestellt und der Anwendungsbereich des Erschließungsvertrages durch die genannten als maßvoll angesehenen Entgrenzungen erweitert werden, spricht dies gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe bei unverändertem Wortlaut des § 124 Abs. 1 BauGB auch eine weite Auslegung des Begriffs "Dritter" in seinen Willen aufgenommen. Vielmehr wird aus der Gesetzesbegründung deutlich, dass der Gesetzgeber als Partner eines Erschließungsvertrages einen privaten Erschließungsunternehmer als "Investor" vor Augen hatte (BTDrucks a.a.O. S. 24 l.Sp.), der seine Entscheidungen unabhängig von der Gemeinde trifft und sich dabei vor allem von kaufmännischen Überlegungen und den Möglichkeiten des "Marktes" leiten lässt (BTDrucks a.a.O. S. 29 r.Sp.). Es liegt fern, darunter auch eine gemeindliche Eigengesellschaft zu verstehen, hinter der die Gemeinde selbst steht, um deren Entlastung von finanziellen Belastungen wegen ihrer angespannten Haushaltslage es nach der Gesetzesbegründung gerade geht (BTDrucks a.a.O. S. 29 l.Sp.). Eine solche Eigengesellschaft wäre wegen des Einflusses der sie beherrschenden Gemeinde in ihren kaufmännischen Überlegungen nicht vergleichbar frei wie der Erschließungsunternehmer. Sie wird in der Regel sämtliche Kosten übernehmen, um sie möglichst umfänglich auf die Grundstückskäufer/-eigentümer abwälzen zu können. Denn sie wird regelmäßig zu dem Zweck gegründet, die Gemeinde von den finanziellen Lasten der Erschließung (und deren verwaltungsmäßiger Abwicklung) so weit wie möglich zu befreien. Wäre es der Gemeinde erlaubt, "im Mantel" ihrer als "Dritter" auftretenden Eigengesellschaft die Erschließung durchzuführen und die Erschließungskosten vertraglich ohne die Begrenzungen des Beitragsrechts auf die Grundstückskäufer abzuwälzen, wäre praktisch kein Fall mehr denkbar, in dem es nicht im Interesse der Gemeinde läge, die Erschließung auf ihre Eigengesellschaft zu übertragen.

42

d) Gegen die Annahme, dass eine kommunale Eigengesellschaft "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein kann, sprechen ferner Gründe der Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs reicht es insoweit nicht aus, dass die hier in Rede stehende Regelung auch dem Zweck dient, die Gemeinden von der Vorfinanzierungslast für die Erschließung zu befreien, und dieser Zweck von einer kommunalen Eigen- oder Mehrheitsgesellschaft in gleicher Weise erfüllt werden kann wie von einem privaten Dritten. Entscheidend ist, ob andere Gründe dem entgegenstehen. Dies ist hier der Fall. Die vom Verwaltungsgerichtshof befürwortete weite Auslegung des Begriffs "Dritter" in § 124 Abs. 1 BauGB fügt sich weder in den näheren noch in den weiteren Rahmen des Gesetzes, sondern sprengt dessen Systematik. Zugleich verfehlt sie Sinn und Zweck des Gesetzes, weil sie die Vorschriften des Erschließungsbeitragsrechts ohne hinreichende Rechtfertigung der ihnen vom Gesetz zugedachten Schutzfunktion beraubt.

43

Ein erster Auslegungskonflikt ergibt sich schon innerhalb von § 124 BauGB selbst, nämlich zwischen Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2. Die zuletzt genannte Vorschrift bestimmt, dass die Gemeinde verpflichtet ist, die Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie einen Bebauungsplan i.S.d. § 30 Abs. 1 BauGB erlassen hat und das zumutbare Angebot eines Dritten ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung selbst vorzunehmen. Dass eine Gemeinde ein Erschließungsangebot, zumal ein zumutbares, ihrer eigenen Tochtergesellschaft, die von ihr (ganz oder mehrheitlich) beherrscht wird, ablehnt, ist tatsächlich nicht vorstellbar.

44

Die Ansicht, auch eine gemeindliche Eigengesellschaft könne "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein, würde vor allem zu einem im Rahmen des geltenden Rechts nicht auflösbaren Konflikt mit den Vorschriften des Erschließungsbeitragsrechts führen, denen nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes eine Schutzfunktion zukommt. Dies ergibt sich aus Folgendem:

45

Die §§ 127 ff. BauGB werden geprägt durch das verfassungsrechtlich begründete Vorteilsprinzip (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20. Mai 1959 - 1 BvL 1, 7/58 - BVerfGE 9, 291 <297 f.> und vom 26. Mai 1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223 <228>). Dieses schützt die Grundstückseigentümer davor, über den ihnen durch die Erschließung zufließenden Sondervorteil (Erschließungsvorteil) hinaus, mit Kosten belastet zu werden, die für Vorteile der Allgemeinheit entstehen. Zum Ausdruck kommt die darin liegende Schutzfunktion des Erschließungsbeitragsrechts in der Beschränkung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands auf die in § 127 Abs. 2 BauGB abschließend aufgeführten Erschließungsanlagen und die in § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB normierte Verpflichtung der Gemeinden, mindestens 10 v.H. dieses Erschließungsaufwands selbst zu tragen. Nach der sich aus der dargelegten Entstehungsgeschichte des § 124 Abs. 2 BauGB ergebenden Wertung des Gesetzgebers ist dieser Schutz der Grundstückseigentümer dann entbehrlich, wenn ein Investor durch Vertrag mit der Gemeinde die Erschließung übernimmt. Der Verzicht auf den Schutz des beitragsrechtlichen Vorteilsprinzips in derartigen Fällen ist dadurch zu rechtfertigen, dass die Bereitschaft eines Investors zur vertraglichen Übernahme der Erschließung regelmäßig nur dann bestehen wird, wenn die Nachfrage nach Baugrundstücken in der Gemeinde so hoch ist, dass die Erschließung eine über den beitragsrechtlichen Erschließungsvorteil hinausgehende allgemeine Wertsteigerung der Grundstücke im Erschließungsgebiet erwarten lässt, die der Investor als Gewinn seines Einsatzes ganz oder teilweise abschöpfen kann. Fehlt es an einer solchen Bereitschaft eines privaten Investors, ist dies ein Indiz dafür, dass eine entsprechende Marktlage nicht besteht. Dann ist es aber auch nicht gerechtfertigt, die Grundstückseigentümer über den beitragsrechtlichen Erschließungsvorteil hinaus mit Erschließungskosten zu belasten, die ihnen keinen Sondervorteil vermitteln, sondern der Allgemeinheit zugute kommen. Die vertragliche Übernahme der Erschließung durch eine gemeindliche Eigengesellschaft ist kein Indiz für eine hohe Nachfrage nach Baugrundstücken, sondern ein Instrument gemeindlicher Siedlungspolitik, die grundsätzlich von der Allgemeinheit zu finanzieren ist. Die Einschaltung einer solchen Eigengesellschaft liefe praktisch und wirtschaftlich darauf hinaus, dass die Gemeinde "im Mantel eines Privaten" vertraglich Kosten auf die Eigentümer bzw. Käufer abwälzen könnte, ohne den Begrenzungen des Beitragsrechts zu unterliegen und ohne den (Markt-)Voraussetzungen unterworfen zu sein, die nach der Wertung des Gesetzgebers im Falle eines privaten Erschließungsträgers den Verzicht auf jene Begrenzungen rechtfertigen.

46

3. Der streitgegenständliche Erschließungsvertrag ist - unabhängig von den vorstehenden Ausführungen zum Begriff des "Dritten" - auch deswegen nichtig, weil darin zugunsten der Beigeladenen in großem Umfang Befugnisse zur Selbstvornahme vorbehalten werden mit der Folge, dass tatsächlich keine "Übertragung" der Erschließung i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB vorliegt.

47

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich - auf entsprechenden Einwand der Kläger - insoweit lediglich mit § 5 Abs. 2 des Erschließungsvertrages befasst, wonach die Beigeladene sich vorbehält, einzelne Arbeiten selbst durchzuführen und die Kosten in Rechnung zu stellen. Er hat hierzu ausgeführt, für die Annahme eines Erschließungsvertrages sei nicht erforderlich, dass der Erschließungsunternehmer die Durchführung der Erschließungsarbeiten selbst übernehme; er könne sich zur Erledigung der ihm übertragenen Aufgabe seinerseits Dritter - auch der Gemeinde selbst - bedienen. Selbst wenn die Vertragsklausel des § 5 Abs. 2 unwirksam sein sollte, scheide angesichts ihrer untergeordneten Bedeutung und mit Blick auf die salvatorische Klausel des Erschließungsvertrages (§ 16) eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages aus. Diese Ausführungen sind für sich genommen bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Verwaltungsgerichtshof sich im weiteren Gang seiner Entscheidungsgründe anderen Prüfungspunkten zuwendet, bringt er aber - ohne das Tatbestandsmerkmal der "Übertragung" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB ausdrücklich zu thematisieren - damit inzident zum Ausdruck, dass auch die übrigen Bestimmungen des Vertrages und dieser in seiner Gesamtheit den rechtlichen Anforderungen genüge. Diese Annahme verletzt ebenfalls Bundesrecht. Denn der streitgegenständliche Erschließungsvertrag stellt keine "Übertragung" im Sinne des Gesetzes dar.

48

a) Mit der in § 124 Abs. 1 BauGB eröffneten Möglichkeit, die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten zu übertragen, stellt das Gesetz die Gemeinde vor eine "Regimeentscheidung": Sie muss wählen, ob sie die Erschließung in "Eigenregie" durchführt mit der Folge, dass sie den ihr entstandenen Aufwand (nur) in dem von den §§ 127 ff. BauGB bestimmten Umfang durch Erhebung von Erschließungsbeiträgen auf die Grundstückseigentümer umlegen kann (und muss), oder ob sie die Erschließung auf einen Dritten überträgt, der sie in "Fremdregie" durchführt und sich wegen der von ihm übernommenen Erschließungskosten - mit der in § 124 Abs. 2 und 3 BauGB geregelten Befreiung von Begrenzungen des Beitragsrechts - privatrechtlich durch mit den Grundstückseigentümern/-käufern vertraglich vereinbarte Kostenerstattung refinanziert (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 6 Rn. 10 ff.). Hiernach ist es der Gemeinde verboten, die Erschließung selbst durchzuführen und die entstehenden Kosten sodann auf vertraglicher Grundlage auf die Grundstückseigentümer umzulegen (Urteil vom 22. August 1975 - BVerwG 4 C 7.73 - BVerwGE 49, 125 <127 f.>; Ruff, KStZ 2002, 21 <23>; Vogel, in: Brügelmann, BauGB, Stand 1998, § 124 Rn. 9). Führt sie die Erschließung in Eigenregie selbst durch, muss sie den Weg des Beitragsrechts gehen; der Weg der vertraglichen Refinanzierung ist nur einem Dritten nach Übertragung der Erschließung auf ihn eröffnet. Es ist der Gemeinde verwehrt, formal eine "Übertragung" zu vereinbaren, die tatsächlich nicht stattfindet, etwa indem alle oder wesentliche Elemente der Aufgabenerledigung sogleich auf die Gemeinde zurückübertragen werden oder die Gemeinde sich vorbehält, diese selbst durchzuführen. Denn damit steht die Gemeinde im Ergebnis so da, als führe sie die Erschließung selbst durch. Eine derartige vertragliche Regelung ist wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 59 Abs. 1 VwVfG, § 134 BGB i.V.m. § 124 Abs. 1 BauGB). So liegt es hier.

49

b) Im Streitfall hat die Beigeladene sich das Recht vorbehalten, Durchführung und Abwicklung der Erschließungsmaßnahmen weitgehend an sich zu ziehen, oder sie zumindest von ihrer Zustimmung abhängig gemacht. Da dieser Vorbehalt an keinerlei Voraussetzungen geknüpft ist, handelt es sich um ein jederzeit ausübbares unbeschränktes Selbstausführungsrecht, das im Ergebnis der Durchführung in Eigenregie gleich steht. Die insoweit maßgebliche Vorschrift ist dabei nicht die oben erwähnte, vom Verwaltungsgerichtshof allein angesprochene Klausel des § 5 Abs. 2, sondern § 9 des Erschließungsvertrages. Danach hat die Beigeladene nicht nur ein Weisungs- und Aufsichtsrecht gegenüber der Beklagten bei der Herstellung der Erschließungsanlagen (Abs. 1), sondern ausschließlich sie entscheidet über die technische Gestaltung der Erschließungsmaßnahmen und die Materialverwendung (Abs. 2). Vergabe und Ausschreibung der Erschließungsmaßnahmen bedürfen des vorherigen Einvernehmens bzw. der Abstimmung mit der Beigeladenen (Abs. 3), die diese Aufgaben sowie die Planung der gesamten Erschließungsarbeiten gegen Kostenersatz aber auch selbst durchführen kann (Abs. 4). In der Gesamtschau, in die auch die vom Verwaltungsgerichtshof für sich allein für unbedenklich gehaltene Bestimmung des § 5 Abs. 2 des Erschließungsvertrages einzubeziehen ist, hat sich die Beigeladene hinsichtlich Planung, Ausschreibung und Vergabe der Erschließungsmaßnahmen das Recht zur Selbstvornahme vorbehalten und damit den vollen Durchgriff auf alle wesentlichen Aufgaben, deren Durchführung typischerweise dem Erschließungsunternehmer überlassen ist. Der Beklagten bleiben hiernach kaum eigenständige Befugnisse. Insoweit ist kein Unterschied zu dem Fall zu erkennen, dass die Beigeladene die Erschließung in Eigenregie (ggf. durch den eigenen Bauhof, ggf. durch Fremdfirmen) durchführt.

50

c) Die Nichtigkeit von § 9 und § 5 Abs. 2 führt zur Gesamtnichtigkeit des Erschließungsvertrages. Daran vermag die salvatorische Klausel des § 16 des Erschließungsvertrages nichts zu ändern. Die in den beanstandeten Vertragsbestimmungen zugunsten der Beigeladenen in großem Umfang vorbehaltenen Befugnisse zur abschließenden Entscheidung und Selbstvornahme stellen keine Nebenabrede dar, sondern müssen als wesentliche Vertragsbestimmungen angesehen werden. Beigeladene und Beklagte haben einen Erschließungsvertrag geschlossen, in dem die Beigeladene Herrin der Erschließung ist und sich nicht nur einzelne Kontroll- und Mitwirkungsrechte, sondern ein weit reichendes Selbsteintritts- und -ausführungsrecht gesichert hat. Wollte man lediglich die zu beanstandenden Vertragsklauseln als (teil-)nichtig ansehen, wäre die Beklagte in der technischen Durchführung der Erschließung völlig frei und die Beigeladene auch ihrer Kontrollrechte beraubt. Dafür, dass die Beteiligten einen solchen Erschließungsvertrag hätten schließen wollen, fehlt jeder Anhaltspunkt.

51

4. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen insgesamt als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Vielmehr hätte der Verwaltungsgerichtshof dem Zahlungsbegehren der Kläger entsprechen müssen (a), abgesehen von einer Zuvielforderung bei der Höhe des geltend gemachten Zinssatzes auf den zu erstattenden Betrag (b).

52

a) Dem Zahlungsanspruch der Kläger aus § 812 BGB stehen - jenseits der vom Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht angenommenen Wirksamkeit des Erschließungsvertrages - keine anderen Rechtshindernisse entgegen mit der Folge, dass die Klage mit ihrem Hauptantrag auf Erstattung zweier Abschlagszahlungen in Höhe von 7 163 € begründet ist.

53

Darf eine Gemeinde die Erschließung nur auf einen von ihr nicht beherrschten "Dritten" übertragen, so war der Beigeladenen die Übertragung der Erschließung des Baugebiets "Mühläcker/St. Peter" an die Beklagte als kommunale Eigengesellschaft verboten. Der Erschließungsvertrag ist daher wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 59 Abs. 1 VwVfG, § 134 BGB i.V.m. § 124 Abs. 1 BauGB nichtig. Damit entfällt der vertragliche Rechtsgrund für die Abschlagszahlungen aus § 6 Abs. 1, 2 und 5 des Erschließungsvertrages i.V.m. § 12 Abs. 2 der Allgemeinen Bestimmungen für die Baulandumlegung i.V.m. Ziff. II.2 des Vertrages der Kläger mit der Beigeladenen vom 28. Juli 1999 und § 415 BGB. Die Kläger haben die Abschlagszahlungen ohne Rechtsgrund geleistet.

54

Andere nichtvertragliche Rechtsgrundlagen oder rechtshindernde bzw. rechtsvernichtende Einwendungen gegen den Anspruch aus § 812 BGB bestehen nicht.

55

Für die Beklagte ergibt sich ein Rechtsgrund nicht unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag mit der Folge eines ihr insoweit zustehenden Anspruchs auf Aufwendungsersatz (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB). Bestehen gesetzliche Sonderregelungen für das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn, schließen diese die Anwendung der §§ 677 ff. BGB aus (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl. 2010, Einf. vor § 677 Rn. 8/9 und 13). Hier bestimmt § 123 Abs. 1 BauGB, dass die Erschließung Aufgabe der Gemeinde ist. Die Beklagte hat angesichts des nichtigen Erschließungsvertrages somit zwar ein objektiv fremdes Geschäft geführt, aber kein Geschäft der Kläger, sondern der Beigeladenen. Ihre Aufwendungen muss sich die Beklagte daher im Rechtsverhältnis mit der Beigeladenen erstatten lassen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1973 - VII ZR 246/72 - BGHZ 61, 359 <363>); der Beigeladenen entsteht dadurch ein beitragsfähiger Aufwand, den sie im Rahmen der erschließungsbeitragsrechtlichen Bestimmungen auf die Kläger umlegen kann.

56

Der Klageforderung steht nicht § 814 BGB entgegen, wonach die Rückforderung des zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleisteten ausgeschlossen ist, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. § 814 BGB verlangt die positive Kenntnis von der Nichtschuld. Dieser Kondiktionsausschluss greift erst ein, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich ergibt, dass er nicht zur Leistung verpflichtet ist, sondern auch weiß, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet (stRspr, vgl. BGH, Urteile vom 28. November 1990 - XII ZR 130/89 - BGHZ 113, 62 <70> und vom 7. Mai 1997 - IV ZR 35/96 - NJW 1997, 2381 <2382 f.>). Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages wussten, dass der Erschließungsvertrag nichtig war.

57

Die Beklagte ist nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB i.V.m. den Grundsätzen der sog. Saldotheorie entreichert. Eine Saldierung der von den Klägern geleisteten Abschlagszahlungen mit der von der Beklagten erbrachten Gegenleistung, nämlich dem anteiligen (auf das Grundstück der Kläger entfallenden) Wert der Erschließungsanlagen, findet nicht statt, weil die beiden Leistungen nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zueinander stehen. Wie bereits erwähnt, verpflichtet sich der Erschließungsträger regelmäßig nicht auch gegenüber den Grundstückseigentümern zur Herstellung der Erschließungsanlagen; diese Verpflichtung geht er ausschließlich im Erschließungsvertrag gegenüber der Gemeinde ein. Inhalt der Kostenerstattungsvereinbarung des Erschließungsträgers mit den privaten Eigentümern ist allein die Regelung, wer in welchem Maß die anfallenden Kosten zu tragen hat (vgl. Grziwotz, a.a.O. § 124 Rn. 117 f.). So ist die Vertragslage auch im vorliegenden Fall.

58

Der Klageanspruch ist nicht verjährt. Die hier maßgebliche regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) ist noch nicht abgelaufen. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Eine Klageerhebung hemmt die Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Hier haben die Kläger bislang nur Abschlagszahlungen geleistet. Diese sind ihrer Rechtsnatur nach keine abschließenden Vergütungen, sondern Anzahlungen auf die Vergütung für das Gesamtwerk (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O. § 632a Rn. 4 und - für Bauverträge nach VOB - BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - IX ZR 430/97 - NJW 1999, 2113 <2113 f.>). Der Anspruch auf Rückzahlung entsteht daher erst mit der Schlussrechnung. Diese ist im Streitfall im Jahr 2005 erstellt worden, so dass der Lauf der Verjährungsfrist durch die im Jahr 2006 erhobene Klage gehemmt wurde. Im Übrigen hat der Senat gemäß den Feststellungen der Vorinstanzen (§ 137 Abs. 2 VwGO) davon auszugehen, dass die Beklagte die Einrede der Verjährung bislang nicht erhoben hat. Da die Erhebung der Einrede eine Tatsache ist, wäre eine erst im Revisionsverfahren erhobene Verjährungseinrede unbeachtlich (BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95 - NJW 1998, 1395 <1398>; Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB, § 214 Rn. 11).

59

b) Die Kläger haben ferner gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung von Zinsen auf die Hauptforderung seit Rechtshängigkeit (sog. Prozesszinsen) in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Ihre mit dem Klageantrag geltend gemachte weitergehende Forderung nach einer Verzinsung in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ist unbegründet. Gemäß § 288 Abs. 2 BGB gilt der Zinssatz von acht Prozent nur für Geschäfte, an denen kein Verbraucher beteiligt ist. Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Die Kläger haben weder dargetan noch ist sonst ersichtlich, dass sie den Grundstückskaufvertrag und die darin enthaltene Eintrittsklausel in den Erschließungsvertrag nicht als Verbraucher abgeschlossen haben. Wegen dieser Zuvielforderung bei der Verzinsung des Erstattungsbetrags ist ihre Klage daher insoweit abzuweisen.

60

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die geringfügige Abweisung der Klage hinsichtlich der Zinsforderung ändert nichts am überwiegenden Unterliegen der Beklagten, so dass ihr die Kosten ganz aufzuerlegen sind. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 70/03
Verkündet am:
13. November 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (zu B. I. der Entscheidungsgründe)
BGHR: ja
BGB §§ 683, 670; Bay PAG Art. 9, 55
Die Vorschriften des bayerischen Polizeirechts über die unmittelbare Ausführung
einer Maßnahme (Art. 9 PAG) und die Ersatzvornahme (Art. 55
PAG) einschließlich der dazugehörenden Bestimmungen über die Erhebung
von Kosten (Gebühren und Auslagen) enthalten eine erschöpfende Sonderregelung
, die in diesem Bereich einen Anspruch des Trägers der Polizei aus
Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließt.
Ein Polizeibeamter, der in dienstlicher Eigenschaft hoheitlich tätig wird, kann
nicht zugleich (in seiner Person) das bürgerlich-rechtliche Geschäft eines
Dritten führen.
BGH, Urteil vom 13. November 2003 - III ZR 70/03 - OLG Bamberg
LG Würzburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2003 durch die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa, Dörr und
Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 3. Februar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Beklagte, die einen Viehhandel betreibt, ließ am 10. November 1997 durch den bei ihr angestellten N. S. drei ihr gehörende Jungrinder zu dem Landwirt H. in W. Ortsteil D. transportieren. Beim Abladen von dem Viehtransporter riß sich eines der Rinder los und rannte weg. Es durchschwamm den Main und gelangte auf die Autobahn, wo es einen Unfall mit einem Pkw verursachte, floh anschließend in die umliegenden Felder, kehrte aber nach kurzer Zeit wieder auf die Autobahn zurück. Als die über Funk
herbeigerufene Polizei eintraf, befand sich das Rind auf der Autobahn im Be- reich der Mittelleitplanke. Die beiden Polizeibeamten versuchten zunächst, das Tier von der Autobahn zu vertreiben. Als dies nicht gelang, schoß der Polizeihauptwachtmeister M. mehrfach mit seiner Dienstpistole aus dem geöffneten Fenster der Beifahrerseite des Streifenwagens auf das Rind, bis dieses tödlich getroffen zusammenbrach. Der Polizeibeamte erlitt hierbei ein Knalltrauma an beiden Ohren. Er war wegen dieser Verletzung bis zum 30. November 1997 arbeitsunfähig krank.
Der klagende Freistaat macht gegen die Beklagte unter Berufung auf eine Abtretungserklärung des Geschädigten sowie auf einen Rechtsübergang nach Art. 96 des Bayerischen Beamtengesetzes Erstattungs- bzw. Schadensersatzansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag und aus unerlaubter Handlung (Haftung für den Verrichtungsgehilfen und Tierhalterhaftung) geltend , und zwar neben den von ihm aufgewendeten Heilbehandlungskosten von 9.016,32 DM einen "Dienstausfallschaden" in Höhe von 3.116,82 DM.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 12.133,14 DM zuzüglich Zinsen verurteilt und darüber hinaus festgestellt, daß die Beklagte dem Kläger den weiteren dadurch entstandenen oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen habe, daß der Kläger wegen des Schadensfalles Leistungen an den verletzten Polizeibeamten direkt oder an Dritte noch zu erbringen habe. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen, jedoch gegen sein Urteil die Revision zugelassen, "soweit es um die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag geht". Mit der hiergegen gerichteten Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe


A.


Die Revision des Klägers eröffnet eine uneingeschränkte Überprüfung des angefochtenen Urteils. Selbst wenn das Berufungsgericht eine Zulassungsbeschränkung hätte aussprechen wollen, wäre diese unwirksam, weil die Zulassung der Revision grundsätzlich auf den prozessualen Anspruch (Streitgegenstand ) bezogen und die Beschränkung auf einzelne rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte unwirksam ist (vgl. BGHZ 101, 276, 278 f; BGH Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - ZIP 2003, 1240 f). Mit diesem Grundsatz wäre es zwar vereinbar, die Zulassung der Revision auf einzelne von mehreren selbständigen prozessualen Ansprüchen oder auf Teile eines Anspruchs zu begrenzen, wenn und soweit eine Entscheidung durch Teil- oder Grundurteil zulässig wäre, nicht jedoch die Beschränkung auf einzelne reine Rechtsfragen (vgl. Zöller/Gummer ZPO 24. Aufl. § 543 Rn. 19 ff, 22 f).

B.


In der Sache führt die Revision zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Zwar hat das Berufungsgericht den Klageanspruch rechtsfehlerfrei unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag verneint (I.), die Ablehnung des Anspruchs aus Delikt (Haftung für den Verrichtungsgehilfen und Tierhalterhaftung ) ist jedoch mit einem Verfahrensfehler behaftet (II.).

I.


Das Berufungsgericht hält - anders als das Landgericht - Erstattungsansprüche aus § 683 Satz 1 i.V.m. § 670 BGB ("in der Person des verletzten Polizeibeamten" ) nicht für gegeben: Gegen die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag bei einer Fallgestaltung, wie sie hier vorliegt, werde vorgebracht: Erstens fehle es an einer Fremdheit des Geschäfts, wenn und soweit eine öffentlich -rechtliche Handlungspflicht bestehe. Zweitens schließe das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Handlungspflicht den gemäß § 677 BGB erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen aus, denn das Bestehen einer öffentlichrechtlichen Handlungspflicht verhindere die von § 683 BGB vorausgesetzte Unterordnung unter den Willen des "Geschäftsherrn". Drittens sei der aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Handlungspflicht tätig werdende Verwaltungsträger dem Geschäftsherrn gegenüber gemäß § 677 BGB auch ohne Auftrag "sonst" zur Geschäftsführung "berechtigt". Vor allem die beiden letzteren Argumente hält das Berufungsgericht für überzeugend. Vorliegend mache der klagende Freistaat geltend, Polizeihauptwachtmeister M. sei als Polizeivollzugsbeamter aufgrund und unter Beachtung der Vorschriften des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) tätig geworden. Dann sei er auch zu seinem Vorgehen im Verhältnis zur Beklagten "sonst berechtigt" im Sinne des § 677 BGB gewesen und habe sich wegen seiner Verpflichtung zur Einhaltung der Vorschriften des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes auch nicht einem (gegebenenfalls davon abweichenden) wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Beklagten als "Geschäftsherrn" im Sinne des § 683 Satz 1 BGB unterwerfen können. Darüber hinaus erscheine es zweifelhaft, ob in der vorgeschilderten Situation ausgehend von einem objektiv (auch) fremden Geschäft wie üblich der
Fremdgeschäftsführungswille vermutet werden könne oder ob dies für die Fälle der Hilfeleistung durch Polizeivollzugsbeamte "gerade nicht" gelte. Bei Richtigkeit der letzteren Auffassung ließe sich ein Fremdgeschäftsführungswille des Polizeihauptwachtmeisters M. im vorliegenden Fall nicht feststellen. Auf die Äußerung des Landwirts H. vor der Tötung des Rindes, das Tier müsse erlegt werden, es sei nicht mehr möglich, es einzufangen, käme es hierbei nicht an, denn "Geschäftsherr" wäre nicht H. , sondern die Beklagte gewesen.
Diese Ausführungen werden von der Revision vergeblich angegriffen.
1. Die §§ 677 ff BGB sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch im Verhältnis zwischen Verwaltungsträgern und Privatpersonen anwendbar (siehe die Hinweise bei MünchKomm/Seiler BGB 3. Aufl. vor § 677 Rn. 23 ff, 31 f). Die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag der Verwaltung für den Bürger verbietet sich nicht einmal dann ohne weiteres, wenn die öffentliche Hand bei dem betreffenden Vorgang hauptsächlich zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten tätig geworden ist (vgl. BGHZ 40, 28; 63, 167, 169 f, jeweils für den Einsatz der Feuerwehr [vgl. hierzu auch BayVGH BayVBl. 1979, 621, 623]; BGH, Urteile vom 10. April 1969 - II ZR 239/67 - NJW 1969, 1205 und BGHZ 65, 384, jeweils zur Bergung von einem Schiff verlorengegangener, für die Schiffahrt gefährlicher Gegenstände durch den Eigentümer der öffentlichen Wasserstraße; BGHZ 65, 354, 357 ff, zur Beseitigung von Straßenverschmutzungen, die von einem Anlieger herrühren, durch die Straßenbaubehörde).
Gegen diese Rechtsprechung wird von einem erheblichen Teil des Schrifttums insbesondere eingewandt, soweit eine Behörde eine eigene gesetzlich zugewiesene Aufgabe (Pflicht zum Tätigwerden) nach öffentlichem Recht wahrnehme, bestimme sich ihre Handlungsweise ausschließlich nach diesem Recht und könne nicht zugleich privatrechtlicher Natur sein (vgl. Ehlers , Verwaltung in Privatrechtsform [1984], 468 ff, 471 ff, 474; Scherer NJW 1989, 2724, 2728 f; Wolff/Bachof/Stober VerwR Bd. 2 § 55 Rn. 14), die Anwendung der privatrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag würde die geltenden Verwaltungsvollstreckungsgesetze und die bestehenden polizeilichen Eingriffs- und Kostenersatznormen als Spezialregelungen unterlaufen (vgl. Erichsen, in: Erichsen/Ehlers Allg. VerwR 12. Aufl. § 29 Rn. 14; Seiler aaO Rn. 31; Bamberger JuS 1998, 706, 709; weit. Nachw. bei Ossenbühl Staatshaftungsrecht 5. Aufl. S. 343), und jedenfalls bei einem Einschreiten der Polizei aufgrund ihrer Eilkompetenz zur Gefahrenabwehr sei sie dem Störer gegenüber zur Geschäftsbesorgung im Sinne des § 677 BGB in sonstiger Weise "berechtigt" und auch ein Fremdgeschäftsführungswille im Sinne einer Unterordnung unter den Willen des Störers komme nicht in Betracht (Erichsen aaO Rn. 17; Wolff/ Bachof/Stober aaO). Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, auf diese grundsätzlichen Einwände umfassend einzugehen. Der Streitfall nötigt auch nicht dazu, allgemein auf die - in BGHZ 63, 167, 170 ausdrücklich offengelassene - Frage einzugehen, inwieweit der für eine bürgerlich-rechtliche Geschäftsführung ausschlaggebende Wille, ein fremdes Geschäft zumindest mitzubesorgen , auch beim unmittelbaren Eingreifen der Polizei und anderer Ordnungsbehörden angenommen werden kann.
2. Denn selbst wenn und soweit es möglich sein sollte, über die bloße Hilfeleistung zugunsten privater Interessen hinausgehendes hoheitliches Handeln der Polizei - selbst das unmittelbare Einschreiten gegen einen Dritten als polizeilichen Störer, sogar, wie hier, verbunden mit der Vernichtung von Eigentum desselben - zugleich als Fremdgeschäftsführung im bürgerlich-rechtlichen Sinne zu begreifen, wären Aufwendungsersatzansprüche aus §§ 683, 670 BGB durch die diesbezüglich im bayerischen Polizei- und Kostenrecht enthaltene Sonderregelung ausgeschlossen.

a) Vorliegend dienten die Maßnahmen der Polizei einschließlich der von dem Polizeihauptwachtmeister M. abgegebenen Schüsse der Abwehr von Gefahren, die der öffentlichen Sicherheit durch das entlaufene Rind drohten. Die Beklagte war als Eigentümerin für diesen Zustand polizeirechtlich verantwortlich (Zustandsstörer; vgl. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 PAG). Da die Polizei die Gefahr nicht durch Inanspruchnahme des für die Störung nach Art. 8 PAG Verantwortlichen abwehren konnte, durfte sie die erforderlichen Maßnahmen selbst unmittelbar ausführen (Art. 9 Abs. 1 PAG).
Gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 1 PAG werden für die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme von den (unter anderem) nach Art. 8 PAG Verantwortlichen Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Diese Bestimmung entspricht der Regelung für den Fall der polizeilichen Ersatzvornahme, wenn der Polizeipflichtige eine ihm aufgegebene Handlungspflicht nicht erfüllt (Art. 55 Abs. 1 Satz 2 PAG). Nach der auf der Grundlage des Art. 76 Satz 3 PAG erlassenen Polizeikostenverordnung werden abweichend von dem im übrigen geltenden (Art. 9 Abs. 2 Satz 2, 55 Abs. 1 Satz 3 PAG) bayerischen Kostengesetz bestimmte Gebühren für die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme und für
die Ausführung einer Ersatzvornahme erhoben. Einzelne der im Kostengesetz als erstattungsfähig aufgeführten Auslagen werden in der Polizeikostenverordnung als durch die aufgeführten Gebühren abgegolten bezeichnet. Das Kostengesetz erklärt im übrigen Amtshandlungen, die von der Polizei zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Art. 2 des Polizeiaufgabengesetzes vorgenommen worden sind, von bestimmten einzelnen Ausnahmen abgesehen, für kostenfrei, "soweit nichts anderes bestimmt ist" (Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Kostengesetz).
In diesen ineinander greifenden Bestimmungen liegt eine lückenlose Regelung des Rückgriffs der Polizei auf den Störer. Diese deckt sachlich auch den gesamten Bereich des "Aufwendungsersatzes" für einen solchen Einsatz ab, der - da die Polizei im Fall der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme wie auch im Fall der Ersatzvornahme regelmäßig eine Aufgabe vornimmt, die an sich dem Störer obliegt - in diesen Fällen aus polizeirechtlicher Sicht grundsätzlich ebenso umfassend in den Blick zu nehmen war wie ihn das bürgerliche Recht für die Geschäftsführung ohne Auftrag vorsieht. Damit liegt eine die vorliegende Fallgruppe abschließende Regelung vor (so schon BayObLGZ 1968, 200 für Art. 58 PAG a.F.), die zugleich in diesem Regelungsbereich inhaltlich den Ersatz von "Aufwendungen" auch im Sinne des Ersatzes von (Gesundheits -)Schäden, wie ihn die Rechtsprechung im Zusammenhang mit § 670 BGB anerkannt hat (BGHZ 33, 251, 257; 38, 270, 277), ausschließt.

b) Ausgehend hiervon läßt sich der von dem Kläger (Freistaat Bayern) geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683 Satz 1, 670 BGB aber auch nicht dadurch begründen, daß der Kläger diesen Anspruch statt aus eigenem Recht aus übergegangenem Recht des bei seinem Einsatz verletzten Polizeibeamten M. herleitet, der hierbei als maßgeblicher "Geschäftsfüh-
rer" ein (privates) Geschäft - auch - für die Beklagte als Eigentümerin des im Bereich der Bundesautobahn herumirrenden Rindes geführt habe (vgl. die ähnliche rechtliche Einordnung in BayObLGZ 1968, 200, 204 ff).
Die Annahme einer (privatrechtlichen) Geschäftsführung ohne Auftrag in der Person des Polizeibeamten scheitert schon daran, daß dieser dann im Zusammenhang mit der Durchführung seiner polizeilichen Aufgabe uno actu eine Handlung als Organ des Staates wie auch eine ihm als "Privatmann" zuzurechnende Handlung begangen haben müßte. Eine dienstliche Tätigkeit des Beamten kann aber nicht zugleich eine private Tätigkeit desselben sein. Ein Beamter handelt entweder in Ausübung seines Dienstes, also als Staatsorgan, oder als Privatmann - sei es auch "bei Gelegenheit" der Ausübung seines Dienstes (vgl. Maurer JuS 1970, 561, 566). Das dienstliche Handeln des Polizeibeamten ist immer dem Staat, der durch seine Organe handelt, zuzurechnen.

II.


1. Das Berufungsgericht verneint auch einen (gegebenenfalls von dem Polizeihauptwachtmeister M. auf den Kläger übergegangenen) Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 831 Abs. 1 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB (Haftung für den Verrichtungsgehilfen) und aus § 833 BGB (Tierhalterhaftung).
Zu der ersteren Anspruchsgrundlage entnimmt es der durchgeführten Beweisaufnahme, daß die Beklagte bei der Auswahl des Zeugen S. zu ihrem Verrichtungsgehilfen die erforderliche Sorgfalt beachtet habe (§ 831
Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Zeuge S. führe nach seinen glaubhaften Anga- ben seit ca. 30 Jahren Viehtransporte für die Beklagte bzw. ein früheres Unternehmen unter einer Einzelfirma durch, und zwar monatlich etwa 100 bis 110 Stunden; er transportiere dabei alle Arten von Vieh, nämlich Bullen, Kühe und Schweine. Größere Zwischenfälle seien ihm dabei noch nicht passiert. Auch sonst habe der Zeuge nach der Gesamtheit seiner Ausführungen einen kompetenten und erfahrenen Eindruck auf dem betreffenden Gebiet gemacht.
Hinsichtlich der anderen Anspruchsgrundlage sieht das Berufungsgericht zwar den Tatbestand des § 833 Satz 1 BGB als gegeben an, weil die Verletzung des Polizeihauptwachtmeisters M. bei Abgabe der Schüsse aus seiner Dienstpistole adäquat kausal durch das später getötete Rind, dessen "Halter" die Beklagte war, herbeigeführt worden sei. Die Ersatzpflicht der Beklagten trete aber gemäß § 833 Satz 2 BGB nicht ein, denn es habe sich bei dem entlaufenen Rind um ein Haustier gehandelt, das der Erwerbstätigkeit der Beklagten zu dienen bestimmt gewesen sei, und es sei - wie das Berufungsgericht unter Erörterung des Ergebnisses der Beweisaufnahme einschließlich eines Sachverständigengutachtens näher ausführt - bewiesen, daß die Beklagte als Tierhalterin bei der Beaufsichtigung desselben die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet habe. Soweit seitens des Klägers im Zusammenhang mit der mündlichen Anhörung des Sachverständigen Zweifel an der Verwendung eines Kopfstricks durch den Zeugen S. zum Ausdruck gebracht worden seien, sei dies unbeachtlich, weil der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 16. Januar 2001 vorgetragen habe: "Der Zeuge S. konnte das Rind am Kopfstrick nicht mehr festhalten ...". Dies stelle ein vorweggenommenes Geständnis dar, das seine Wirkung auch für das Berufungsverfahren behalten habe. Ein Widerruf dieses Geständnisses durch den Kläger sei nicht erfolgt;
die Voraussetzungen für einen wirksamen Widerruf des Geständnisses lägen auch nicht vor.
2. Die Revision erhebt gegen die Würdigung des Berufungsgerichts zur Exkulpation der Beklagten gemäß §§ 831 Abs. 1 Satz 2, 833 Satz 2 BGB mehrere Beanstandungen, auf die hier nicht umfassend eingegangen zu werden braucht. Das Berufungsgericht hat in der neuen Berufungsverhandlung Gelegenheit , sich mit diesen Rügen der Revision zu befassen. Jedenfalls ist die Argumentation des Berufungsgerichts, was das von ihm angenommene Geständnis des Klägers hinsichtlich der Verwendung eines Kopfstricks durch die Beklagte angeht, verfahrensfehlerhaft.

a) Der (erstmals) im Berufungsverfahren eingeschaltete Sachverständige Dr. P. hat in seinem Gutachten vom 22. Juli 2002 ausgeführt, bei Rindern in dem betreffenden Alter sei das Anlegen von "Kopfstricken" die ausschließliche und ausreichende Methode, um die Tiere sicher anzubinden und zu führen. Die Ausgestaltung eines solchen "Kopfstricks" - der wie ein Halfter angelegt wird - hat der Sachverständige durch Kopien aus einem Lehrbuch näher verdeutlicht. Bei seiner Anhörung in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 9. Dezember 2002 hat er hierzu ergänzt, der Begriff "Kopfstrick" werde mit "Halfterstrick" und "Strickhalfter" synonym verwendet; das Anlegen um die Hörner oder den Hals könnte nur dazu dienen, das Tier festzuhalten.
Angesichts dieses Verfahrensablaufs, der dafür spricht, daß der Begriff des Kopfstricks im vorliegenden Prozeß in seiner eigentlichen, "technischen" (prozeßrelevanten) Bedeutung erst im Laufe des Berufungsverfahrens heraus-
gearbeitet worden ist, bestehen durchgreifende Bedenken, ob der vom Beru- fungsgericht zitierte Vortrag des Klägers in dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 16. Januar 2001 ("... S. konnte das Rind am Kopfstrick nicht mehr festhalten ...") schon in dem erst später problematisierten "technischen" Sinne zu verstehen war - und nicht einfach als ein (begrifflich wenig präzises) Aufgreifen der Darstellung in der (zu diesem Punkt ebenso unpräzisen) Klageerwiderungsschrift der Beklagten vom 20. Dezember 2000, wonach es dem Zeugen S. nicht gelungen war, das Tier "am um den Hals gelegten Seil" festzuhalten.

b) Darüber hinaus ergibt sich weder aus dem Tatbestand des Urteils des Landgerichts oder dem des Berufungsurteils, noch ist sonst festgestellt, daß die Beklagte den genannten Vortrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 16. Januar 2001 speziell zum "Kopfstrick" aufgegriffen und sich zu eigen gemacht hätte. Eine solche Übernahme des Klägervortrags durch die Beklagtenseite wäre aber erforderlich gewesen, um zu Lasten des Klägers eine Bindungswirkung als (vorweggenommenes) Geständnis zu erzeugen (Zöller /Greger ZPO 24. Aufl. § 288 Rn. 3a). Bloßes Nichtbestreiten begründet regelmäßig noch keine Bindungswirkung, so daß auch der Hinweis der Revisionserwiderung auf eine (von ihr als möglich erachtete) diesbezügliche "Einigkeit zwischen den Parteien" nicht weiterführt.
3. Da nicht auszuschließen ist, daß die Würdigung des Berufungsgerichts zu den deliktischen Schadensersatzansprüchen (§ 831 i.V.m § 823 Abs. 1 BGB; § 833 BGB) ohne das von ihm (fehlerhaft) zugrunde gelegte Geständnis des Klägers hinsichtlich der Verwendung eines Kopfstricks beim Transport des
entlaufenen Rindes anders ausgefallen wäre, kann sein klagabweisendes Urteil insoweit keinen Bestand haben.
Hierzu bedarf es einer neuen Prüfung durch den Tatrichter.
Streck Schlick Kapsa Galke Dörr

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.