Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 07. Dez. 2017 - 10 L 2/17

bei uns veröffentlicht am07.12.2017

Tatbestand

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Die am (…) 1970 geborene Beklagte steht als Beamtin auf Lebenszeit im Polizeidienst des Landes Sachsen-Anhalt. Sie wurde nach Absolvierung einer Lehre zum Wirtschaftskaufmann/Industrie am 1. Oktober 1989 in den Polizeidienst aufgenommen und arbeitete zunächst im Streifendienst. Ab Dezember 1993 war sie als Sachbearbeiterin Streifendienst in der Revierstation A-Stadt (…) eingesetzt. Am 7. Dezember 1994 wurde sie zur Polizeimeisterin ernannt, und zum (…). Dezember 1997 erfolgte die Verbeamtung auf Lebenszeit. Zuletzt wurde sie mit Wirkung vom 1. April 2000 zur Polizeikommissarin ernannt. Die letzte über die Beklagte erstellte dienstliche Beurteilung gelangt für den Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 30. April 2014 in der Leistungsbeurteilung zu der Note „E“ („entspricht den Leistungsanforderungen im Wesentlichen“) und in der Befähigungsbeurteilung zu der Note „C“ („befähigt“).

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Die Beklagte ist geschieden und hat zwei Kinder im Alter von 10 und 13 Jahren, die bei ihr leben. Ihre (ungekürzten) monatlichen Netto-Dienstbezüge betragen nach einer Besoldungsmitteilung von September 2014 ca. 2.700,- €.

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Mit rechtskräftigem Urteil vom 12. November 2013 hat das Landgericht Magdeburg die Beklagte wegen falscher uneidlicher Aussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die Beklagte war zuvor vom Amtsgericht Magdeburg zu einer ebenfalls zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt worden. In dem Urteil des Landgerichts heißt es u. a.:

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„Die Kammer hat folgenden strafrechtlich relevanten Sachverhalt festgestellt:

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Vor dem Landgericht Magdeburg war ein Strafverfahren wegen versuchten Totschlags gegen den damaligen Angeklagten (F. K.) (Geschäftsnummer: 21 Ks 15/11) anhängig. Die Angeklagte hat mit (F. K.) eine Lebenspartnerschaft geführt, aus der 2 gemeinsame Kinder hervorgegangen sind. Diese Lebenspartnerschaft war im April 2011 beendet, jedoch bestand noch persönlicher Kontakt zwischen der Angeklagten und (F. K.).

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Dem Strafverfahren lag Folgendes zugrunde:

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Nach einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen (F. K.) und den Brüdern S. und A. T. in den Nachmittagsstunden des (…). April 2011 auf einem Sportplatz in A-Stadt, U-Straße, bei der (K.) dem (S. T.) einen Messerstich in den Halsbereich versetzte und lebensgefährlich verletzte, wurde (K.) unmittelbar darauf vorläufig festgenommen und in die Räume des Zentralen Polizeigewahrsams A-Stadt verbracht. Dort wurde der Angeklagten durch die sachbearbeitende Kriminalhauptkommissarin (F.) gestattet, mit (K.) zu sprechen, um insbesondere den Verbleib des Tatmessers in Erfahrung zu bringen. Unmittelbar nach dem Gespräch äußerte die Angeklagte gegenüber Kriminalhauptkommissarin (F.), dass (K.) ihr mitgeteilt habe, das Tatmesser sei ihm während der Auseinandersetzung von einem Anderen zugesteckt worden und nach der Tat wieder von ihm an einen Anderen übergeben worden. Eine geplante Durchsuchung der Wohnung des (K.) sei daher nicht Erfolg versprechend.

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In der öffentlichen Hauptverhandlung vor dem Landgericht Magdeburg in dem Strafverfahren gegen (F. K.) bekundete die Angeklagte als Zeugin nach erfolgter Belehrung über die Wahrheitspflicht in der Hauptverhandlung am (…). August 2011 wahrheitswidrig, weder habe ihr dies (K.) bei dem Gespräch am (…). April 2011 in den Räumen des Zentralen Polizeigewahrsams so mitgeteilt noch habe sie darüber entsprechend die Kriminalhauptkommissarin (F.) informiert. Durch diese wahrheitswidrige Aussage beabsichtigte die Angeklagte, den (F. K.) zumindest auch zu entlasten und seine Bestrafung als Täter der Messerattacke auf den (S. T.) zu verhindern. Gleichwohl wurde (F. K.) trotz der Falschaussage … u. a. wegen versuchten Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Monaten [Richtig: Jahren] verurteilt.

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Die Angeklagte wird jedoch durch die zur Verfügung stehenden Beweismittel zweifelsfrei der Tat überführt.

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Zugunsten der Angeklagten hat die Kammer gewertet, dass es sich bei (F. K.) um den ehemaligen Lebensgefährten der Angeklagten und den Vater der beiden gemeinsamen Kinder handelte, so dass nicht auszuschließen ist, dass sich die Angeklagte in einem inneren persönlichen Konflikt befunden hat. In erheblicher Weise strafverschärfend war dagegen zu berücksichtigen, dass die Angeklagte die Tat im Zusammenhang mit Erkenntnissen, die sie aufgrund ihrer beruflichen Stellung als Polizeibeamtin erlangt, begangen hat und der Angeklagten bewusst war, dass gerade den Aussagen von Polizeibeamten in Strafverfahren eine besondere Bedeutung zukommt. Schließlich war zu berücksichtigen, dass dem Strafverfahren gegen (K.) ein schwerwiegender Vorwurf, welcher eine erhebliche Bestrafung zur Folge haben konnte, zugrunde lag. …“

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Die Klägerin suspendierte die Beklagte mit Verfügung vom 18. September 2014 gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 DG LSA vom Dienst; seit November 2014 werden zugleich 31 % ihrer Dienstbezüge durch Verfügung vom 24. September 2014 gemäß § 38 Abs. 2 DG LSA einbehalten. Ein Eilantrag gegen die Suspendierung wurde zurückgenommen; der erkennende Senat bestätigte die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge mit Beschluss vom 19. Mai 2015 (- 10 M 3/15 -).

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Mit der am 5. Januar 2016 bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangenen Disziplinarklage begehrt die Klägerin die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Die Beklagte habe schuldhaft ein einheitlich zu wertendes schweres Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, indem sie 1. wegen falscher uneidlicher Aussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung verurteilt worden sei und 2. gegen ihre Pflicht zu vollem Arbeitseinsatz und zu sorgfältiger Arbeit und 3. gegen ihre Gesundheitserhaltungspflicht und dienstliche Auflagen verstoßen habe. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 17. Oktober 2016 das Disziplinarverfahren gemäß § 53 Satz 1 DG LSA auf die Handlungen beschränkt, welche zu der strafrechtlichen Verurteilung wegen falscher uneidlicher Aussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung durch das Landgericht Magdeburg geführt haben.

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Die Klägerin hat beantragt,

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die Beklagte aus dem Dienst zu entfernen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Disziplinarklage abzuweisen.

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Sie hat vorgebracht, es liege kein Dienstvergehen vor. Zur strafrechtlichen Verurteilung sei es nur auf Grund ihrer akuten psychischen Erkrankung gekommen. Sie habe an einem Burnout und akutem Schlafmangel sowie unter Mobbing gelitten. Das Strafurteil sei falsch. Sie sei unschuldig und habe nicht gelogen. Ein faires Verfahren habe seinerzeit nicht stattgefunden. Die Zeugin (F.) habe zum Zeitpunkt der Verhandlung eine Kopie der polizeilichen Verfahrensakte gehabt. Der besagte Satz um das Messer sei von Frau (F.) verdreht wiedergegeben worden.

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Das Verwaltungsgericht hat der Disziplinarklage mit Urteil vom 15. November 2016 entsprochen und die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die Beklagte habe ein schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, welches die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich ziehe.

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Das Disziplinargericht sei an die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts gebunden. Eine Möglichkeit bzw. ein Bedürfnis zur Lösung von diesen tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils sehe das Gericht nicht.

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Bei einem außerdienstlichen Fehlverhalten müssten die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG gegeben sein, um von einer Disziplinarwürdigkeit auszugehen. Die Kammer sehe bei der Begehung der Straftat der uneidlichen Falschaussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung durch eine Polizeivollzugsbeamtin den Dienstbezug als gegeben an. Das strafbare Verhalten der Polizeibeamtin bei einem solchen unmittelbar der gerichtlichen Wahrheitsfindung dienenden Delikt schlage auf ihr konkret-funktionales Amt durch. Aber auch ohne Annahme des Dienstbezuges sei die Disziplinarwürdigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das Gericht anschließe, auf Grund des Strafrahmens des § 153 StGB und des § 248 Abs. 1 StGB gegeben. Vorliegend sei der Strafrahmen des Straftatbestandes mit bis zu 5 Jahren belegt und damit in dem oberen und nicht mehr nur im mittleren Bereich angesiedelt. Daher liege eine im Bereich der Höchstmaßnahme zu ahnende schwere Dienstpflichtverletzung vor.

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Durchgreifende besondere Umstände, die ein Absehen von der schwerwiegendsten und eine mildere Disziplinarmaßnahme rechtfertigen würden, vermöge das Gericht vorliegend nicht zu erkennen und seien auch nicht vorgetragen. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass es sich bei dem damaligen Angeklagten um den Vater ihrer Kinder gehandelt habe, könne von einer psychischen Ausnahmesituation der Beklagten nicht ausgegangen werden. Denn sie habe sich nach Belehrung durch das Gericht zur Aussage entschlossen und die besondere Bedeutung der wahrheitsgemäßen Aussage sei ihr als Polizeibeamtin bewusst gewesen. Anhaltspunkte für schuldmindernde Gründe seien nicht erkennbar und auch von den Strafgerichten nicht gesehen worden. Unter Abwägung aller Erkenntnisse falle die anzustellende Persönlichkeit- und Prognosebewertung hinsichtlich der Vertrauensbeeinträchtigung für die Beklagte negativ aus. Hinsichtlich der - eingetretenen - Vertrauensbeeinträchtigung sei auch nicht entscheidend, dass die Beamtin im Folgezeitraum nicht mehr auffällig geworden sei. Die nach alledem dienstrechtlich notwendige Entfernung aus dem Dienst verstoße nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot.

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Gegen das - am 25. November 2016 zugestellte - Urteil des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte am 27. Dezember 2016 fristgerecht Berufung eingelegt und im Wesentlichen wie folgt begründet:

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Die Voraussetzungen für eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils seien gegeben. Die strafrichterlichen Feststellungen seien nicht plausibel und nachvollziehbar und verstießen gegen Denkgesetze oder Erfahrungswerte. Es bestehe kein vernünftiger oder irgendwie einleuchtender Grund, weshalb sie im Strafprozess die Unwahrheit gesagt haben solle. Ein sachlich einleuchtendes Motiv, zu Gunsten des damaligen Angeklagten wahrheitswidrig auszusagen, ihm womöglich zu helfen, sei nicht ersichtlich. Zum damaligen Zeitpunkt sei die Beziehung zu ihm seit mehreren Jahren bereits zerbrochen gewesen, dieser habe sie mehrfach geschlagen. Es sei ausgeschlossen, dass eine Polizeibeamtin, die von ihrem ehemaligen Partner mehrfach geschlagen worden sei und deren Beziehung danach zerbrochen sei, Jahre nach Ende der Beziehung die Unwahrheit sage und sich damit erheblich selbst beruflich gefährde. Gerade weil sie belehrt worden sei und ihr im Übrigen als Polizeibeamtin die besondere Bedeutung einer weitgemäßen Aussage vor Gericht bekannt gewesen sei, wäre ein vorsätzliches und schuldhaftes Handeln überhaupt nicht schlüssig. Andernfalls bestünden durch ein dann alternativ vorliegendes völlig irrationales Verhalten Schuldausschlussgründe und disziplinarrechtlich relevante Milderung- oder Entlastungsgründe. Sie habe unwidersprochen an einem Burnout und akutem Schlafmangel sowie unter Mobbing und der besonderen Belastung der Sorge für ihre kleinen Kinder gelitten und sei, wie bereits erstinstanzlich ausgeführt, u. a. an Borderline erkrankt. Es sei daher nicht mit der erforderlichen Gewissheit nachgewiesen, dass sie vorsätzlich und schuldhaft gegen ihre Wohlverhaltenspflicht nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen habe. Demnach wäre eine erneute Beweiserhebung oder auch nur anderweitige Tatwürdigung durch das erkennende Disziplinargericht zwingend gewesen.

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Hilfsweise werde vorgetragen, dass Milderungsgründe bestünden, die es geböten, von der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme Abstand zu nehmen. Es sei der außerdienstliche Bereich maßgeblich. Selbst unterstellt, sie habe bewusst die Unwahrheit gesagt, sei für sie dann Motivation gewesen, dass es sich bei dem damaligen Angeklagten um den Vater ihrer Kinder gehandelt habe. Ein anderes psychologisch nachvollziehbares plausibles Motiv sei nicht erkennbar. Im Hinblick auf die Kinder sei dann von einer psychischen Ausnahmesituation auszugehen. Auch wenn sie sich gerade nach Belehrung durch das Gericht zur Aussage entschlossen habe, habe sie deshalb und außerdem auf Grund ihrer psychischen Labilität (Borderline) subjektiv nur dieses Motiv besessen. Daher seien Anhaltspunkte für schuldmindernde Gründe durchaus erkennbar. Zudem handele es sich lediglich um ein einmaliges Verhalten. Hier sei der außerdienstliche, quasi-familiäre und intime Personalbereich betroffen, der die frühere Lebenspartnerschaft und ihre Elternschaft berühre. Bei einer Gesamtabwägung falle die anzustellende Persönlichkeit- und Prognosebewertung hinsichtlich der Vertrauensbeeinträchtigung hier nicht derart negativ aus, dass eine Entlassung aus dem Dienst verhältnismäßig und tat- und schuldangemessen wäre. Denn wahrheitsgemäße Angaben der Beamtin in anderen Verfahren seien hierdurch in keiner Weise tangiert. Diese könne den Dienst ohne diese Umstände des Einzelfalles aus ihrem persönlichen Bereich unangetastet ausüben, so dass das Ziel, Gerichte in die Lage zu versetzen, den be- oder entlastenden Aussagen der Polizeibeamten Glauben schenken zu können, völlig unangetastet bleibe. Die Vertrauensbeeinträchtigung beziehe sich allein auf einen atypischen Fall des engeren privaten und psychologischen Lebenszusammenhanges.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 15. November 2016 - 15 A 12/16 MD - zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Es ergäben sich aus dem Vortrag der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür, dass die strafgerichtlichen Feststellungen auf einer gegen Denkgesetze und Erfahrungswerte verstoßenden Beweiswürdigung beruhten. Sie versuche nunmehr mit ihren Ausführungen, eine andere rechtliche Bewertung herzuleiten. Darüber hinaus dürfte die Beklagte durchaus ein Motiv gehabt haben. Herr (K.) habe regelmäßig Kontakt zu den bei ihr lebenden Kindern gehabt. Durch eine Verurteilung zu einer längeren Haftstrafe wegen versuchten Totschlages wäre den Kindern der Vater und damit eine wichtige Bezugs- und Betreuungsperson für einen längeren Zeitraum entzogen worden. Gerade in der ständig betonten Sorge um ihre Kinder dürfte ein beachtliches Motiv darin liegen, ihnen den Vater für ein geordnetes, wenn auch getrenntes Familienleben zu erhalten.

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Eine psychische Ausnahmesituation, die einen Milderungsgrund darstelle, habe nicht vorgelegen. Der Beklagten stünden keine durchgreifenden besonderen Umstände zur Seite, die ein Absehen von der schwerwiegendsten und eine mildere Disziplinarmaßnahme rechtfertigen würden. Auch wenn ihre Gesundheit angeschlagen gewesen sein mag, sei sie ausweislich ihrer Personalakte an dem Tag ihrer Falschaussage nicht nur dienstfähig gewesen, sondern dürfte auch ausreichend erholt gewesen sein, da sie sich hier bereits in der 4. Woche ihres Jahresurlaubs befunden habe. Die Verfehlungen der Beklagten seien zudem nicht als persönlichkeitsfremde Einzelverfehlung während einer psychischen Ausnahmesituation einzustufen. Daran fehle es hier schon im Hinblick auf den zeitlichen Verlauf der Ladung und ihrer Aussage vor dem Landgericht Magdeburg. Die Beklagte habe genügend Zeit gehabt, sich auf eine Aussage in dem Prozess gegen Ihren ehemaligen Lebensgefährten einzustellen und vorzubereiten. Möglicherweise habe sie sich nach der Trennung im Mai 2009 in einem Belastungszustand befunden. Dieser habe aber zum Zeitpunkt ihrer Falschaussage bereits über 2 Jahre bestanden. Es fehle also an der für den Milderungsgrund kennzeichnenden psychischen Ausnahmesituation. Auch habe sie bereits bewiesen, dass sie durchaus in der Lage sei, als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern den Berufs- und Alltagsstress bewältigen zu können.

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Von einer besonderen einmaligen Versuchungssituation könne bei einer Polizeivollzugsbeamtin in Kriminaldienst, die vertraut mit dem Strafrecht sei und über eine mehr als 20-jährige Berufserfahrung verfüge, nicht ausgegangen werden. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte darauf, dass ihre wahrheitsgemäßen Angaben in anderen Verfahren in keiner Weise tangiert sein. Sie habe ihre Falschaussage in einem Prozess wegen eines versuchten Totschlags getätigt, über den zumal regional ausführlich berichtet worden sei. Es sei unstreitig, dass Dritte, denen das Dienstverhältnis der Beklagten bekannt gewesen sei, das strafrechtlich relevante Verhalten als Dienst erheblich störend empfinden mussten. Dass sie sich in einem inneren persönlichen Konflikt befunden habe, sei bereits sowohl vom Amts- als auch vom Landgericht erheblich mildernd in der Strafzumessung berücksichtigt worden.

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Indiz für die besondere Schwere des Dienstvergehens sei ferner auch die Höhe der gegen die Beklagte im Strafverfahren verhängten Gesamtfreiheitsstrafe. Das Urteil gebe Anhalt für das Ausmaß von Achtung- und Vertrauenseinbuße, das mit der in Rede stehenden Straftat in der Regel verbunden sei. Die Straftat der Beklagten beweise, dass man sich auf sie nicht zu jeder Zeit fest verlassen könne, wie dies bei einer Beamtin, die nicht immer beaufsichtigt und überwacht werden könne und die die volle persönliche Verantwortung für ihr dienstliches Handeln trage, jedoch vorbehaltlos der Fall sein müsse. Sie verletze schließlich die Treue, die sie ihrem Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis heraus schulde.

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Weitere Schuldausschließungsgründe ließen sich nicht erkennen und seien nicht vorgetragen. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum gegebenen Dienstbezug sei ebenfalls zu folgen.

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Zwar sei die Beklagte auf Grund eines Verwertungsverbotes disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Allerdings könne bereits bei erstmaligen außerdienstlichen Fehlverhalten die Eignung zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen im Hinblick auf das Ansehen des Berufsbeamtentums gegeben sein. Schon vor diesem Hintergrund stehe allein auf Grund des hohen Strafrahmens die Verhängung der disziplinarrechtlichen Maßnahme an. Zu berücksichtigen sei auch das Nachtatverhalten der Beklagten. Weder die Anklageerhebung noch die Verurteilung durch das Amtsgericht und das Landgericht hätten sie veranlasst, sich von nun an in ganz besonderem Maße um eine einwandfreie Dienstverrichtung zu bemühen. Nach der letzten über sie erstellten Beurteilung liege sie weit unter den Leistungen eines Durchschnittsbeamten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Klägerin Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

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Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist sowohl hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Sachverhalts als auch hinsichtlich der Sanktionsfindung nicht zu beanstanden. Auch nach Auffassung des Senats gebietet das Verhalten der Beklagten die Feststellung eines endgültigen Vertrauensverlustes des Dienstherrn und der Allgemeinheit mit der Folge, dass sie aus dem Dienst zu entfernen ist (§ 13 Abs. 2 Satz 1 DG LSA).

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1. Nach den gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA bindenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Magdeburg in dem Urteil vom 12. November 2013 hat sich die Beklagte in einer öffentlichen Verhandlung vor dem Landgericht Magdeburg am (…). August 2011 einer falschen uneidlichen Aussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung schuldig gemacht.

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Die Beklagte kann nicht mit Erfolg einwenden, das Verwaltungsgericht habe es in rechtsfehlerhafter Weise versäumt, eigene tatsächliche Feststellungen zu treffen. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend. Daher haben die Verwaltungsgerichte die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils ihrer Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen, soweit die Bindungswirkung reicht. Sie sind insoweit weder berechtigt noch verpflichtet, eigene Feststellungen zu treffen. Die erhöhte Richtigkeitsgewähr der Ergebnisse des Strafprozesses kann dabei nur für diejenigen tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils angenommen werden, die sich auf die Tatbestandsmerkmale der gesetzlichen Strafnorm beziehen. Die Feststellungen müssen entscheidungserheblich für die Beantwortung der Frage sein, ob der objektive und subjektive Straftatbestand erfüllt ist. Im Falle einer Verurteilung müssen sie diese tragen (BVerwG, Beschl. v. 29. August 2017 - 2 B 76.16 - und Beschl. v. 18. September 2017 - 2 B 14.17 -, jeweils zit. nach JURIS, m. w. N.).

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Es besteht danach kein Anlass, sich von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen. Das Disziplinargericht hat gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 DG LSA die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, deren Richtigkeit es bezweifelt. Die Lösung von den tatsächlichen Feststellungen eines sachgleichen rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteils ist auf Fälle beschränkt, in denen das Disziplinargericht sonst gezwungen wäre, auf der Grundlage offenkundig unzureichender oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden. Die Disziplinargerichte sind nach ihrer Zuständigkeit und Funktion keine Überprüfungsinstanz für Strafurteile. Für einen Lösungsbeschluss ausreichende Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen bestehen dann, wenn die strafgerichtlichen Feststellungen in sich widersprüchlich oder sonst unschlüssig sind, im Widerspruch zu den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen oder aus vergleichbar gewichtigen Gründen offenkundig unzureichend sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Januar 2014 - 2 WD 31.12 -, zit. nach JURIS zu § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO).

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Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die strafrichterlichen Feststellungen seien nicht plausibel und nachvollziehbar und verstießen gegen Denkgesetze oder Erfahrungswerte, weil kein vernünftiger oder irgendwie einleuchtender Grund bestehe, weshalb sie im Strafprozess die Unwahrheit gesagt haben solle. Es ist im Gegensatz zur Ansicht der Beklagten nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine Polizeibeamtin, die von ihrem ehemaligen Partner mehrfach geschlagen worden und deren Beziehung danach zerbrochen ist, Jahre danach für ihn in einem gerichtlichen Verfahren die Unwahrheit sagt und sich damit erheblich selbst beruflich gefährdet. Nach einer intimen Beziehung können für ein solches Verhalten zahlreiche Gründe bestehen, wobei es gerade nicht darauf ankommt, ob diese Gründe vernünftig oder einleuchtend sind bzw. ob das Verhalten der Beamtin schlüssig und rational war. So könnte - worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat - ein nachvollziehbares Motiv der Beklagten darin gelegen haben, Herrn (K.) deshalb vor einer Haftstrafe bewahren zu wollen, weil er regelmäßig Kontakt zu den bei ihr lebenden Kindern gehabt hat. Die Beklagte selbst hat im Übrigen dieses Motiv im Rahmen ihrer hilfsweise geltend gemachten Ausführungen zum Bestehen eines Milderungsgrundes genannt.

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Ebenfalls nicht durchgreifend ist der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand, die Beklagte habe entgegen der Annahme des Landgerichts gegenüber Frau (F.) eine anders zu verstehende Feststellung getroffen, und der Inhalt des Gespräches sei in dem Aktenvermerk falsch widergegeben worden. Damit trägt die Beklagte keinen Verstoß des Landgerichts gegen Denkgesetze oder Erfahrungswerte vor, sondern greift lediglich die Beweiswürdigung des Landgerichts an, das sich im Einzelnen mit den jeweiligen Zeugenaussagen der Beklagten und von Frau (F.) sowie dem Aktenvermerk auseinander gesetzt hat. Dass - wie die Beklagte meint - im Strafverfahren ein anderer Sachverhalt „in dubio pro reo“ hätte angenommen werden können und man vernünftigerweise nicht ausschließen könne, dass Frau (F.) falsch ausgesagt habe, führt nicht dazu, dass die strafgerichtlichen Feststellungen offenkundig unzureichend oder gar fehlerhaft sind. Der Vortrag der Beklagten, Frau (F.) habe vor ihrer Aussage Einsicht in die Verfahrensakten nehmen können und sie selbst sei von dem durch das Gericht erfolgten Vorhalt des Aktenvermerks überrascht worden, begründet als allgemeiner Angriff gegen die Beweiswürdigung ebenfalls keine ausreichenden Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen i. S. d. § 54 Abs. 1 Satz 2 DG LSA.

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Auch sonst bestehen keine nach § 54 Abs. 1 Satz 2 DG LSA durchgreifenden Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts.

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2. Mit der Straftat hat die Beklagte ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, indem sie ihre Dienstpflicht sowohl zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) als auch zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verletzt hat.

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a) Dieses Dienstvergehen ist als innerdienstlich zu werten, weil das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten in ihr Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - und Urt. v. 25. August 2009 - 1 D 1.08 -, jeweils zit. nach JURIS, m. w. N.). Die Beklagte wurde vor dem Landgericht - wie die Klägerin zutreffend ausführt - im Ergebnis in ihrer Eigenschaft als Polizeibeamtin über dienstlich gewonnene Erkenntnisse vernommen. Zwar ist sie zunächst mit Herrn (K.) außerhalb ihrer Dienstzeit zur Polizeiwache gekommen. Aber nachdem er verhaftet worden war und sie - wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - der sachbearbeitenden Beamtin das Angebot gemacht hat, noch in der Wache zur Sachverhaltsaufklärung allein mit ihm zu reden, betätigte sie sich insoweit und später bei dem Gespräch mit ihm nicht als Privatperson im außerdienstlichen Bereich, sondern handelte als Polizeibeamtin. Nur so konnte ihr Verhalten auch von ihren Kollegen aufgefasst werden. Dass ihr ehemaliger Lebensgefährte betroffen war, hat nicht zur Folge, dass deshalb von einem außerdienstlichen Verhalten auszugehen ist. Bei ihren Verfehlungen handelt es sich gerade nicht um Verhaltensweisen, die auch ohne Bezug zu ihrer Tätigkeit als Polizeibeamtin geschehen können und sich von ihren Dienstaufgaben im engeren Sinne trennen lassen (vgl. dazu OVG Niedersachsen, Urt. v. 18. März 2003 - 2 NDH L 2590/01 -, zit. nach JURIS). Dass sie vom Landgericht nicht wegen versuchter Strafvereitelung im Amt verurteilt worden ist, steht einer Einstufung ihres Verhaltens als innerdienstliches Dienstvergehen schon deshalb nicht entgegen, weil das Landgericht insoweit keine Feststellungen getroffen hat, an die der Senat möglicherweise gebunden wäre.

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b) Selbst bei einer Einstufung als außerdienstliche Verfehlung wären im Übrigen die besonders qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist danach nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt des betroffenen Beamten bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

49

Das Merkmal „in besonderem Maße" bezieht sich auf die Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung und ist nur erfüllt, wenn das Verhalten des Beamten in quantitativer oder qualitativer Hinsicht über das für eine jede Eignung vorausgesetzte Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung hinausgeht. Ist eine derart qualifizierte Möglichkeit der Beeinträchtigung gegeben, kommt es weiterhin darauf an, ob diese Beeinträchtigung bedeutsam wäre. Das Merkmal „in bedeutsamer Weise" bezieht sich auf den „Erfolg" der möglichen Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung. Die zur Beeinträchtigung in besonderem Maße geeignete Pflichtverletzung weist Bedeutsamkeit auf, wenn sie in qualitativer oder quantitativer Hinsicht das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß an disziplinarrechtlicher Relevanz deutlich überschreitet (so BVerwG, Urt. v. 19. August 2010 - 2 C 13.10 -, zit. nach JURIS).

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Schon eine durch einen Beamten begangene uneidliche Falschaussage ist aber qualitativ in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (vgl. OVG Niedersachsen, Urt. v. 18. März 2003 - 2 NDH L 2590/01 -; VG München, Urt. v. 9. Januar 2015 - M 19 DK 13.5342 -, jeweils zit. nach JURIS). Allein angesichts des gesetzlichen Strafrahmens des § 153 StGB wird ein disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis ausgelöst (vgl. dazu grundsätzlich BVerwG, Urt. v. 19. August 2010, a. a. O.). Der Strafrahmen beträgt bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Durch diese strafrechtliche Bewertung des Fehlverhaltens hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Hinzu kommt, dass eine uneidliche Falschaussage einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit der Beklagten als Polizeibeamtin aufweist. Dafür genügt, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Insoweit genügt die bloße Eignung; zu einem konkreten Ansehensschaden muss es nicht gekommen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 19. August 2010 - 2 C 5.10 -, zit. nach JURIS). Nicht nur lässt eine falsche uneidliche Aussage insoweit Rückschlüsse auf die Dienstausübung der Beklagten zu, als sich die Frage aufdrängt, ob sie ihre Dienstpflichten wahrhaftig und verlässlich erfüllt, sondern eine solche Falschaussage ist auch geeignet, das Vertrauen der behördlichen Mitarbeiter und der Öffentlichkeit zu untergraben, also die Dienstausübung zu beeinträchtigen.

51

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, es sei eine konkrete Betrachtungsweise geboten und es liege ein atypischer Geschehensablauf vor, so dass die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 DG LSA nicht erfüllt seien, nennt er damit Erwägungen, die im Rahmen der Prüfung nach § 13 DG LSA eine Rolle spielen. Die Annahme eines außerdienstlichen Dienstvergehens würde durch diesen Gesichtspunkt nicht in Frage gestellt.

52

3. Die Abwägung aller Umstände des Einzelfalls führt zur Verhängung der Höchstmaßnahme gegen die Beklagte, weil sie durch ihr Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 DG LSA).

53

Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 DG LSA nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten und des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 -; Urt. v. 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 -; Beschl. v. 16. März 2017 - 2 B 42.16 -, jeweils zit. nach JURIS, m. w. N.).

54

a) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangenen Straftat hervorgerufen worden ist, ist sowohl bei innerdienstlichen als auch außerdienstlichen Dienstverletzungen auf den Strafrahmen zurückzugreifen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 -, a. a. O.; Urt. v. 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 -, a. a. O.).

55

Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es für beide in Rede stehenden Straftaten bis zu fünf Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 -, a. a. O.). Für ein als außerdienstlich anzusehendes Dienstvergehen ist jedenfalls bei einem Strafrahmen bis zu fünf Jahren die Ahndung bis hin zur disziplinaren Höchstmaßnahme eröffnet (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 -, a. a. O.), bei einem hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten sogar bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 -, zit. nach JURIS).

56

Das von der Beklagten begangene Dienstvergehen wiegt bei konkreter Beurteilung der objektiven und subjektiven Handlungsmerkmale sowie der Folgen des Fehlverhaltens so schwer, dass die Höchstmaßnahme indiziert ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29. Oktober 2009 - DL 16 S 3361/08 -, zit. nach JURIS, m. w. N.). Dafür spricht nicht nur die vom Landgericht ausgesprochene Sanktion mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Zu Recht ist - wie auch vom Landgericht ausgeführt - zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Tat im Zusammenhang mit Erkenntnissen beging, die sie auf Grund ihrer beruflichen Stellung als Polizeibeamtin erlangt hat, und ihr bewusst war, dass gerade den Aussagen von Polizeibeamten in Strafverfahren eine besondere Bedeutung zukommt. Mit einer uneidlichen Falschaussage über dienstliche Wahrnehmungen verstößt eine Polizeibeamtin im Kernbereich ihrer Aufgaben in schwerwiegender Weise gegen ihre Dienstpflichten. Sie missbraucht damit die ihr zur Erfüllung ihrer Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttert das in sie vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in ihre dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtigt in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei als staatlicher Institution, weil der Achtungsverlust des Beamten auf die Polizei insgesamt ausstrahlt. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass sie mit ihrer Falschaussage im Ergebnis eine Kollegin der Lüge bezichtigt hat. Weiterhin hat sie versucht, die Bestrafung ihres ehemaligen Lebensgefährten zu verhindern, der eine erhebliche Freiheitsstrafe zu erwarten hatte. Selbst wenn man von einer außerdienstlich begangenen Straftat ausginge, wäre danach die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme indiziert, da der Pflichtenverstoß der Beklagten einen Bezug zu ihrem Statusamt hat.

57

b) Ist danach die Höchstmaßnahme Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung für das der Beklagten zur Last fallende einheitliche Dienstvergehen, so kommt es für die Bestimmung der im konkreten Einzelfall zu verhängenden Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zu ihrem Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist. Dabei sind nicht nur die in der Rechtsprechung entwickelten sogenannten „anerkannten“ Milderungsgründe zu berücksichtigen, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen und regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. § 13 Abs. 1 DG LSA sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten „anerkannten“ Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und von dem Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 -, a. a. O.). Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Delikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Tathandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Entlastungsgründe sind nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 -, zit. nach JURIS, m. w. N.).

58

(1) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, sie habe an einem Burnout und akutem Schlafmangel sowie unter Mobbing gelitten und sei u. a. an Borderline erkrankt.

59

Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Beklagte zur Zeit der Tatbegehung schuldfähig im Sinne des § 20 StGB war. Der Senat legt hier ebenfalls die bindenden Feststellungen des Strafurteils zugrunde. Die Bindungswirkung strafgerichtlicher Urteile umfasst auch die Feststellung, dass der Beamte vorsätzlich und schuldhaft gehandelt hat. Dies folgt aus der Tatsache der Verurteilung, die eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betroffenen voraussetzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25. Februar 2016 - 2 B 1.15 -, zit. nach JURIS, m. w. N.).

60

Weiterhin lag bei der Beklagten keine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB vor. Zwar entfällt insoweit eine Bindung an Feststellungen im strafgerichtlichen Urteil (vgl. BVerwG, Urt. v. 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 -, zit. nach JURIS). Allerdings sind bereits keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass bei ihr zum Tatzeitpunkt eines oder mehrere der Eingangsmerkmale des § 20 StGB gegeben waren, deren Vorliegen auch Voraussetzung für die Annahme einer (erheblich) verminderten Schuldfähigkeit sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21. Juli 2016 - 2 B 40.16; Urt. v. 25. März 2010 - 2 C 83.08 -; Urt. v. 29. Mai 2008 - 2 59.07 -, jeweils zit. nach JURIS, m. w. N.). Auch die Beklagte selbst macht nicht geltend, dass sie im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit gehandelt habe; sie beruft sich vielmehr nur darauf, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bei der Maßnahmenbemessung zu ihren Gunsten Milderungsgründe zu berücksichtigen seien.

61

Eine psychische Erkrankung ist zwar auch dann in die Gesamtwürdigung zur Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme einzustellen, wenn sie keinen Einfluss auf die Schuldfähigkeit des Beamten hat (BVerwG, Beschl. v. 29. März 2017 - 2 B 26.16 - und Beschl. v. 6. Juni 2013 - 2 B 50.12 -, jeweils zit. nach JURIS). Es gibt aber keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Bestehen einer psychischen Erkrankung. Die Beklagte hat eine Erkrankung lediglich behauptet, ohne auch nur ansatzweise entsprechende Belege, wie z.B. ein (fach)ärztliches Attest vorzulegen oder andere Beweismittel zu bezeichnen. Aus den Gerichtsakten und Verwaltungsvorgängen ergeben sich ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte. Nach der vor dem Tatzeitpunkt letzten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung vom 20. Juni 2011 lagen zwar - wie auch schon seit Oktober 2007 - „befristete gesundheitliche Bedenken“ vor. Dies führte aber lediglich dazu, dass die Beklagte in dem Zeitraum vom 20. Juni bis 3. August 2011 einen zeitlich befristeten Innendienst („AZ von 8h/d“) ausübte. Erst eine Vorsorgeuntersuchung vom 12. September 2011 ergab „dauernde gesundheitliche Bedenken“, die aber auch lediglich zu einer erhöhten Dienstzeitbeschränkung im Innendienst führte. Ab Januar 2012 war die Beklagte wieder voll dienstfähig. Auch wenn sie nach Aktenlage wohl schon seit längerer Zeit Gewichtsprobleme hatte, ergibt sich daraus allein kein Hinweis auf eine psychische Erkrankung.

62

Auch gibt es im Rahmen der Prüfung des Bemessungskriteriums „Persönlichkeitsbild des Beamten" keine Hinweise, dass das festgestellte Dienstvergehen als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation von dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten abweicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15. August 2013 - 2 B 19.13 -, zit. nach JURIS, m. w. N.). Insbesondere ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht, dass sich die Beklagte in einer psychischen Ausnahmesituation befand. Vielmehr hatte sie sich vom 1. August bis 26. August 2011 im Urlaub befunden und mindestens mehrere Wochen Zeit, sich auf die Aussage hinlänglich und in jeder Hinsicht vorzubereiten. Dass der Vorhalt der von der Zeugin (F.) angefertigten Vermerks in der mündlichen Verhandlung für die Beklagte möglicherweise überraschend war, führt nicht zur Annahme einer anzuerkennenden Ausnahmesituation. Ob sie vom Landgericht auf ein Aussageverweigerungsrecht hingewiesen worden ist, was sich allerdings aus der Niederschrift der Verhandlung nicht ergibt und nach § 52 StPO auch nicht erforderlich war, kann offen bleiben.

63

Schließlich kommt auch der „anerkannte" Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" der Beklagten nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urt. v. 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 -, a. a. O. m. w. N.). Zum Zeitpunkt der Tat war die Beklagte aber nicht „vorübergehend aus der Bahn geworfen". Dazu hätte es sich um eine persönlich besonders belastende Situation handeln müssen, die so gravierend gewesen ist, dass die Pflichtverletzung des Beamten in einem milderen Licht erscheint, weil ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann (so BVerwG, Beschl. v. 15. Juni 2016 - 2 B 49.15 -, zit. nach JURIS, m. w. N.). Insoweit gibt es ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte zum Tatzeitpunkt nicht in der Lage war, ihren dienstlichen Pflichten im Wesentlichen nachzukommen.

64

(2) Die Vertrauensbeeinträchtigung bezieht sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht allein „auf einen atypischen Fall des engeren privaten und psychologischen Lebenszusammenhang“, weil „wahrheitsgemäße Angaben der Beamtin in anderen Verfahren .. hierdurch in keiner Weise tangiert“ seien. Durch das von der Beklagten begangene schwerwiegende Dienstvergehen ist das zwischen ihr und dem Dienstherrn bestehende Vertrauensverhältnis in seiner Gesamtheit erheblich beeinträchtigt. Denn in Rede steht das grundsätzliche Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamtin als unabdingbare Voraussetzung für das ordnungsgemäße Funktionieren des öffentlichen Dienstes. Die Beeinträchtigung beruht nicht zuletzt darauf, dass die Begehung des Dienstvergehens auch unabhängig von der mit ihr verbundenen Presseberichterstattung zu einem erheblichen Ansehensverlust in der Öffentlichkeit geführt hat.

65

(3) Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte im Hinblick auf die Bewertung ihrer Gesamtpersönlichkeit auf ihren bisherigen dienstlichen Werdegang, der durch positive Beurteilungen sowie ein über das Normalmaß weit hinausgehendes Engagement, auch im sozialen Bereich, geprägt sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - deren Erbringung sich hier nach Aktenlage schon nicht aufdrängt - regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18. November 2014 - 10 L 3/14 -, jeweils zit. nach JURIS). Darüber hinaus hat die Beklagte gerade in den Jahren 2011 bis 2014, d.h. dem letzten Beurteilungszeitraum, ausweislich der für diesen Zeitraum erstellten dienstlichen Beurteilung unterdurchschnittliche Leistungen gezeigt. Der Umstand, dass die Beklagte die in Rede stehende Straftat kurz vor Beginn dieses Beurteilungszeitraums begangen hat, steht einer Berücksichtigung der Beurteilung nicht entgegen.

66

(4) Ebenfalls nicht zu Gunsten der Beklagten ist einzustellen, dass das „Verfahren an sich schon lehrreich“ für sie gewesen sei. Es handelt sich dabei von vornherein nicht um eine Erwägung, die maßgeblich als entlastender Gesichtspunkt innerhalb der disziplinarrechtlichen Prüfung nach § 13 DG LSA dienen könnte. Dass das Disziplinarverfahren, d.h. das behördliche und gerichtliche Verfahren insgesamt, unangemessen lange gedauert hat i.S.v. Art. 6 Abs. 1 EMRK, was mildernd zugunsten des Beamten zu berücksichtigen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 -, zit. nach JURIS, m. w. N.), ist weder ersichtlich noch geltend gemacht.

67

(5) Die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten auf Bewährung durch das Landgericht ist schon als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des durch die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens herangezogen worden. Eine eigenständige entlastende Wirkung für die Beklagte innerhalb des § 13 DG LSA hat der Strafausspruch nicht.

68

(6) Mildernd zu berücksichtigen ist dagegen, dass sich die Beklagte auf Grund der früheren Beziehung und der noch bestehenden persönlichen Verbindungen zu Herrn (K.) bei ihrer Aussage möglicherweise in einem inneren persönlichen Konflikt befunden hat. Insoweit könnte zudem die Sorge um die fortbestehende Beziehung von Herrn (K.) zu seinen beiden leiblichen Kindern mit der Beklagten eine Rolle gespielt haben, auch wenn nach den Geburtsurkunden (rechtlicher) Vater der Kinder ein anderer Mann ist, dessen Ehe mit der Beklagten erst im Juli 2008 nach Geburt des zweiten Kindes geschieden worden ist.

69

(7) Grundsätzlich mildernd ist ferner zu berücksichtigen, dass die Beklagte, von der den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Verurteilung abgesehen, strafrechtlich nicht belangt worden ist und dass bislang auch noch keine Disziplinarmaßnahmen gegen sie verhängt worden sind. Eine Geldstrafe aus dem Jahr 2010 ist nach den §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) BZRG inzwischen getilgt. Die Berücksichtigung einer Vorbelastung als erschwerender Umstand bei der Maßnahmebemessung scheidet aus, wenn ein Verwertungsverbot eingreift, was sich für strafrechtliche Verurteilungen nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes bestimmt (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 -, zit. nach JURIS).

70

c) Die mildernden Umstände erlangen jedoch kein solches Gewicht, dass sie die Schwere des Pflichtenverstoßes aufwiegen. Insbesondere darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Beziehung der Beklagten zu Herrn (K.) nicht nur zum Tatzeitpunkt seit mehr als zwei Jahren beendet war, sondern dieser sie nach eigenem Bekunden früher auch geschlagen hatte. Eine emotionale Bindung wie bei einer bestehenden Beziehung lag danach gerade nicht vor. Auch dass es sich um ein als erstmalig anzusehendes Fehlverhalten der Beklagten handelt, kommt ihr nur begrenzt zugute. Die Würdigung aller Umstände führt bei prognostischer Beurteilung entgegen der Ansicht der Beklagten zu der Bewertung, dass der Dienstherr und die Allgemeinheit ihr nach dem von ihr begangenen schwerwiegenden Dienstvergehen kein Vertrauen mehr in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen können, weil die von ihr zu verantwortende Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums bei einem Fortbestehen des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist. Es besteht aus Sicht des Senats insbesondere auch keine durch ein Verhalten der Beklagten (z. B. Einsicht, Reue und/oder positives Nachtatverhalten) geprägte Grundlage, um das durch die Tat zerstörte Vertrauen wieder aufzubauen.

71

4. Danach war die Beklagte gemäß §§ 13 Abs. 2 Satz 1, 10 Abs. 1 DG LSA aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Angesichts des von der Beklagten begangenen Dienstvergehens und der aufgezeigten Gesamtwürdigung ist die Höchstmaßnahme schließlich nicht unverhältnismäßig. Die darin liegende Härte für sie ist insbesondere nicht unvereinbar mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise. Diese Härte beruht auf dem vorangegangenen Fehlverhalten des für ihr Handeln verantwortlichen Beklagten, die sich bewusst gewesen sein muss, dass sie hiermit - wie die Berufungsbegründung zutreffend selbst ausführt - ihre berufliche Existenz aufs Spiel setzt. Die damit verbundenen, insbesondere wirtschaftlichen Konsequenzen hat sie selbst zu tragen, denn sie hat die Ursache hierfür selbst mit ihrem Fehlverhalten gesetzt.

72

Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 DG LSA steht der Beklagten zur Vermeidung besonderer Härten für die Dauer von sechs Monaten ein sog. Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 % ihrer Dienstbezüge zu. Umstände, die eine Verlängerung der Frist i. S. d. § 10 Abs. 3 Satz 3 DG LSA nahelegen, hat die Beklagte nicht glaubhaft gemacht (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 3 HS 2 DG LSA).

73

II. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 72 DG LSA, 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit ergibt sich aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.

74

III. Diese Entscheidung ist gemäß § 3 DG LSA i. V. m. § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 31. Januar 2012 - 2 B 132.11 -, zit. nach JURIS).


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 07. Dez. 2017 - 10 L 2/17

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 07. Dez. 2017 - 10 L 2/17

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 07. Dez. 2017 - 10 L 2/17 zitiert 12 §§.

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(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Strafprozeßordnung - StPO | § 52 Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt 1. der Verlobte des Beschuldigten;2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteh

Strafgesetzbuch - StGB | § 153 Falsche uneidliche Aussage


Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 84 Bindung an tatsächliche Feststellungen anderer Entscheidungen


(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren oder Bußgeldverfahren, auf denen die Entscheidung beruht, sind im gerichtlichen Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für die Einleitun

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 07. Dez. 2017 - 10 L 2/17 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 07. Dez. 2017 - 10 L 2/17 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Jan. 2015 - M 19 DK 13.5342

bei uns veröffentlicht am 09.01.2015

Tenor I. Gegen den Beklagten wird wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um 1/20 auf die Dauer von 36 Monaten erkannt. II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Nov. 2014 - 10 L 3/14

bei uns veröffentlicht am 18.11.2014

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Okt. 2009 - DL 16 S 3361/08

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Tenor Die Berufung des Beamten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe - Disziplinarkammer - vom 13. Oktober 2008 - DL 13 K 1/07 - wird zurückgewiesen. Der Beamte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Referenzen

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren oder Bußgeldverfahren, auf denen die Entscheidung beruht, sind im gerichtlichen Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für die Einleitungsbehörde, den Wehrdisziplinaranwalt und das Wehrdienstgericht bindend. Das Wehrdienstgericht hat jedoch die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit, bei einfacher Besetzung der Truppendienstkammer mit der Stimme des Vorsitzenden, bezweifeln. Dies ist in den Urteilsgründen zum Ausdruck zu bringen.

(2) Die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht bindend, können aber der Entscheidung im gerichtlichen Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt werden.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Tenor

I.

Gegen den Beklagten wird wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um 1/20 auf die Dauer von 36 Monaten erkannt.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der 1970 geborene Beklagte besuchte von 1977 bis 1986 die Grund- und Hauptschule in München. Im Anschluss daran begann er im September 1986 eine Konditorlehre, die er am ... Januar 1990 mit der Gesellenprüfung abschloss. Im Anschluss daran arbeitete er als Konditor.

Vom ... Januar 1992 bis ... Juni 1992 war er als Zeitangestellter beim OLG ... und vom ... Juli 1992 bis ... Juni 1993 als Justizaushelfer beim Amtsgericht ... tätig. Zum ... Juli 1993 wurde er als Justizoberwachtmeister z. A. ernannt. Sein dienstlicher Werdegang verlief wie folgt:

... 01.1995 Ernennung zum Justizoberwachtmeister

... 03.1998 Ernennung zum Justizhauptwachtmeister

... 06.1998 Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

... 12.2007 Ernennung zum Ersten Justizhauptwachtmeister.

Seit ... Januar 2011 führt er die Amtsbezeichnung Justizsicherheitssekretär.

Der Beklagte ist schwerbehindert mit einem GdB von 70. Bei seiner letzten Beurteilung für das Beurteilungsjahr 2012 erzielte er 8 Punkte. Er ist ledig und bezieht Bezüge nach Besoldungsgruppe A 5.

Der Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom ... Februar 2013, rechtskräftig seit ... Februar 2013, wurde der Beklagte auf seinen Einspruch gegen den Strafbefehl vom ... 2013 hin wegen falscher uneidlicher Aussage zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 40,- € verurteilt.

Dem Urteil liegen die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls zugrunde:

„Zu einem weiter nicht mehr genauer feststellbaren Zeitpunkt Ende ... 2010 entwendete die im diesbezüglich geführten Strafverfahren Az.: ... durch Berufungsurteil des Landgerichts ... vom ... 2012 inzwischen rechtskräftig verurteilte ... in der Einlaufstelle des Amtsgerichts ... in der ... in ... ein an ihren Kollegen, den Zeugen ... persönlich adressierten, per Post eingegangenen Brief, der einen Handyakku Typ BT 50 im Wert von 6,65 € enthielt, um diesen für sich zu behalten. Sie versteigerten den von der verurteilten ... entwendeten Akku unter dem von ihnen genutzten Benutzernamen „...“ am ... 2010, also kurze Zeit nach seiner Entwendung, bei Ebay an die Zeugin ... Der Kaufpreis in Höhe von 5,99 € netto wurde durch die Käuferin absprachegemäß auf das Konto der Verurteilten ... überwiesen.

In dem oben genannten gegen die Verurteilte ... geführten Strafverfahren fand am ... 2012 die erstinstanzliche Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... statt.

Dabei sagten Sie nach ordnungsgemäßer Belehrung ohne die Aussage zu beeiden bewusst wahrheitswidrig als Zeuge aus, dass Sie ca. zwei bis drei Wochen vorher auf einem Straßenfest ein Motorola Handy gekauft hätten, für welches Sie zwei entsprechende Akkus gehabt hätten. Einer hiervon sei neu und verschweißt gewesen, diesen Akku hätten Sie auf Ebay verkauft, nachdem das Telefon defekt gewesen sei. Weiterhin führten Sie bewusst wahrheitswidrig aus, dass Sie sich von der der Verurteilten ... wegen Kreditkartenschulden in Höhe von zwischen 24.000,- € und 27.000,- € 20.000,- € in bar geliehen hätten und diese nun mit den Erlösen aus den Ebay-Verkäufen zurückzahlen würden.

Hierbei wussten Sie, dass dies nicht der Wahrheit entsprach, insbesondere dass es sich bei dem von Ihnen versteigerten Akku um den von der Verurteilten ... erlangten Akku handelt.“

Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft ... vom ... 2012 wurde gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung wegen Hehlerei durch Verkauf des Handyakkus Motorola BT 50 im Wert von 6,65 € abgesehen. Bezüglich des Vergehens der versuchten Strafvereitelung wurde dem Beklagten im Strafverfahren der Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 5 StPO zugute gehalten.

Mit Verfügung des Präsidenten des Amtsgerichts ... vom ... 2013 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Das Verfahren wurde an die Generalstaatsanwaltschaft München als Disziplinarbehörde abgegeben und von dieser mit Schreiben vom ... April 2013 übernommen. Der Beklagte wurde angehört. Die Schwerbehindertenvertretung wurde unterrichtet. Die abschließende Anhörung konnte dem Beklagten nicht zugestellt werden. Folglich musste ihm das Anhörungsschreiben vom ... Juni 2013 gegen Empfangsbekenntnis am Dienstort zugestellt werden. Sein anwaltlicher Vertreter nahm Stellung. Die Schwerbehindertenvertretung wurde mit Schreiben der Disziplinarbehörde vom ... September 2013 und ... Oktober 2013 angehört.

Mit am 22. November 2013 eingegangener Klage vom 20. November 2013 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

den Beklagten gemäß Art. 6 Abs. 1 Nr. 4 BayDG zurückzustufen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beklagte habe in der Hauptverhandlung am 6. Februar 2013 den ihm zur Last gelegten Sachverhalt - uneidliche Falschaussage am ... Januar 2012 - eingeräumt. Der Beklagte habe dadurch ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Er habe schuldhaft gegen Strafgesetze und die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen. Eine uneidliche Falschaussage eines Beamten vor Gericht stelle ein schwerwiegendes Dienstvergehen dar. Zu berücksichtigen sei, dass die Strafgerichte in besonderem Maße darauf angewiesen seien, dass die aussagenden Zeugen glaubwürdig aussagten. Das Fehlverhalten des Beklagten sei auch deshalb besonders verwerflich, da er versucht habe, eine Kollegin, die im Dienst einen Diebstahl begangen habe, zu decken und der möglichen Bestrafung zu entziehen. Die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft bezüglich des Verdachts einer versuchten Strafvereitelung den Strafausschließungsgrund für gegeben halte, führe zu keiner anderen disziplinarrechtlichen Bewertung. Das Verhalten des Beklagten weise somit insgesamt einen innerdienstlichen Bezug auf. Das pflichtwidrige Verhalten erscheine auch aus Sicht eines neutralen Dritten als Handlung eines Beamten und nicht als Handlung einer Privatperson. Die strafrechtliche Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen stehe nach Art. 15 BayDG einer weiteren disziplinarrechtlichen Ahndung nicht entgegen. Die disziplinarrechtliche Ahndung der Zurückstufung werde von Art. 15 Abs. 1 BayDG nicht eingeschränkt. Aufgrund des schwerwiegenden Pflichtenverstoßes seien Disziplinarmaßnahmen in Form einer Geldbuße oder einer Kürzung der Dienstbezüge nicht ausreichend. Bei dieser Einschätzung bliebe nicht unberücksichtigt, dass der Beklagte in der Hauptverhandlung des gegen ihn geführten Strafverfahrens zunächst ein Geständnis abgelegt habe, was auch strafmildernd berücksichtigt worden sei. Das Verhalten des Beklagten sei in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Von der Verhängung der Höchstmaßnahme könne gerade noch abgesehen werden. Auch der Beweisantrag des Bevollmächtigten des Beklagten, ein ärztliches Sachverständigengutachten zu der Frage, ob der Beklagte bei seiner Zeugenaussage aussagefähig gewesen sei, einzuholen, habe nicht Folge geleistet werden müssen. Aus der Beweiswürdigung des Urteils gegen die anderweitig Verurteilte ... ergebe sich, dass die Angaben des Beklagten im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme falsch im Sinne von § 153 StGB gewesen seien. Auch sei den Ausführungen in der Stellungnahme vom ... Juli 2013 nicht zu entnehmen, dass die Angaben des Beklagten in seiner Zeugenvernehmung vor dem Amtsgericht ... am ... Januar 2012 nicht getätigt worden seien.

Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte vor seiner Zeugeneinvernahme am ... Januar 2012 einen epileptischen Anfall erlitten habe, insbesondere sei dem Hauptverhandlungsprotokoll ein diesbezügliches Vorbringen des Beklagten nicht zu entnehmen. In seiner Stellungnahme vom ... Juli 2013 würden weder Ort noch Zeitpunkt noch Erscheinungsform und Dauer eines möglichen epileptischen Anfalls vorgetragen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Disziplinarklage abzuweisen und das Disziplinarverfahren einzustellen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom ... Januar 2013 entfalte keinerlei Bindungswirkung. Der Einspruch gegen den Strafbefehl sei nur deshalb in der Verhandlung auf die Tagessatzhöhe beschränkt worden, weil dem Beklagten eine weitere Belastung durch eine Verhandlung zur Sache erspart werden sollte. Der Beklagte leide bereits seit seiner Kindheit an epileptischen Anfällen. Kurz vor der Verhandlung am ... Januar 2012 habe er einen epileptischen Anfall erlitten. Allein zur Schonung des Beklagten vor einer weiteren physischen und psychischen Belastung sei der Einspruch gegen den Vorwurf der Falschaussage nicht weiter aufrechterhalten worden. Die Einleitung des Disziplinarverfahren sei daher völlig überraschend gekommen. Gemäß Art. 25 Abs. 1 BayDG könnten nur die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- und Bußgeldverfahren eine Bindungswirkung für das Disziplinarverfahren entfalten, nicht jedoch die Feststellungen in einem Strafbefehl.

Das Disziplinarklageverfahren wurde am 9. Januar 2015 mündlich verhandelt.

Der Beklagte ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Die Beteiligten haben übereinstimmend beantragt, auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Bezüge um 1/20 auf die Dauer von 36 Monaten zu erkennen.

Ergänzend wird auf die Niederschrift, die vorgelegten Akten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage führt zur Kürzung der Bezüge um 1/20 auf die Dauer von 36 Monaten. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Der Beklagte wurde in allen Verfahrensabschnitten gehört. Die Klageschrift entspricht den Vorgaben der Art. 58, 53 Abs. 1 BayDG.

Das dem Beklagten zur Last gelegte Dienstvergehen steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Beklagte hat am ... Januar 2012 im Strafverfahren gegen seine Kollegin ... eine uneidliche Falschaussage gemacht. Insoweit besteht die Bindungswirkung des Urteils des Amtsgerichts ... vom ... Februar 2013 gemäß Art. 25, 55 BayDG.

Damit hat der Beklagte ein schweres, außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Das außerdienstliche Verhalten erfüllt die besonders qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Eine durch einen Beamten begangene uneidliche Falschaussage ist in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ein Beamter, der sich der uneidlichen Falschaussage schuldig macht, verliert regelmäßig an Achtung. Das bedeutet, dass er auch nicht mehr das Ansehen in der Öffentlichkeit für sich in Anspruch nehmen kann, dessen ein Beamter gerade in einem freiheitlichen Rechtsstaat zur Ausübung seines Amtes notwendigerweise bedarf. Darüber hinaus erschüttert er durch eine solche Tat tiefgreifend das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn setzt und auch setzen muss. Seine Straftat beweist, dass man sich auf ihn nicht zu jeder Zeit fest verlassen kann, was aber bei einem Beamten, der nicht immer beaufsichtigt und überwacht werden kann und der die volle persönliche Verantwortung für sein dienstliches Handeln trägt, vorbehaltlos der Fall sein muss. Er zeigt, dass er in einem entscheidenden Augenblick der Bewährung nicht gewillt ist, zwingenden Geboten der Rechtsordnung zu folgen, zu denen insbesondere auch die gerichtliche Zeugenpflicht und die Verpflichtung gehören, als Zeuge vor Gericht nichts als die Wahrheit zu sagen. Er beweist im Gegenteil, dass er, wenn es um die Wahrheit geht, nicht einmal davor zurückschreckt, straffällig zu werden. Er verletzt schließlich die Treue, die er seinem Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis heraus schuldet.

Der Beklagte hat damit vorsätzlich und schuldhaft gegen die Gesetze verstoßen und gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten.

Welche Disziplinarmaßnahme das Fehlverhalten des Beklagten in diesem Fall zur Folge haben muss, richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. Grundsätzlich erfordert eine solche Straftat die Ahndung im förmlichen Disziplinarverfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist im vorliegenden Fall Ausgangspunkt der Maßnahmenzumessung die Zurückstufung.

Von der Verhängung dieser Maßnahme kann nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall gerade noch abgesehen werden, da zugunsten des Beklagten erhebliche Milderungsgründe zu berücksichtigten sind.

Der Beklagte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet und hat im Strafverfahren ein Geständnis abgelegt. Auch spricht zu seinen Gunsten, dass er aufgrund seiner 70%igen Schwerbehinderung unter erheblichen gesundheitlichen Belastungen steht. Auch lebt er, wie sich im Strafverfahren herausgestellt hat, in äußerst angespannten finanziellen Verhältnissen.

Schließlich kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Beklagte wohl im Hinblick auf die Geringwertigkeit des von seiner Kollegin entwendeten Akkus die Schwere seines Dienstvergehens nicht in entsprechendem Umfang erkannt hat.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Auffassung des Gerichts ausnahmsweise zugunsten des Beklagten von der an und für sich verwirkten Zurückstufung abzusehen und auf die Disziplinarmaßnahme der Gehaltskürzung zu erkennen. Diese Maßnahme ist angemessen aber auch geboten.

Der Verhängung der Gehaltskürzung steht Art. 15 BayDG nicht entgegen. Nach Auffassung des Gerichts ist gemäß Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDG die Kürzung der Dienstbezüge zu verhängen, um das Ansehen des Berufsbeamtentums zu wahren.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus Art. 72 BayDG.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Kläger und der Beklagte haben auf Rechtsmittel verzichtet.

Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Tenor

Die Berufung des Beamten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe - Disziplinarkammer - vom 13. Oktober 2008 - DL 13 K 1/07 - wird zurückgewiesen.

Der Beamte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

 
I.
Der am ... geborene Beamte legte am ... die Mittlere Reife ab. Nach einer Beschäftigung als Ladenhilfe in einem Großmarkt wurde er am 02.03.1981 in den Polizeidienst des Landes Baden-Württemberg eingestellt. Am 15.02.1982 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Probe verliehen. Mit Wirkung zum 21.03.1983 wurde der Beamte zum Polizeioberwachtmeister und mit Wirkung zum 01.08.1983 zum Polizeihauptwachtmeister ernannt. In der Zeit vom 01.03.1983 bis 31.08.1985 war er als Einsatzbeamter bei der Bereitschaftspolizei ... tätig. Vom 01.09.1985 bis 29.02.1988 tat er im Streifen- und Verkehrsdienst bei der Polizeidirektion ..., Polizeirevier ... Dienst. Zum 08.10.1986 wurde er zum Polizeimeister ernannt. In der Zeit vom 01.03.1988 bis 28.02.1989 war er im Streifendienst beim Polizeipräsidium ..., Polizeirevier ... tätig. Am 04.08.1989 wurde er zum Polizeiobermeister ernannt, am 13.09.1989 zum Beamten auf Lebenszeit. Vom 01.03.1990 bis 28.02.1993 war er Sachbearbeiter im Streifendienst beim Polizeirevier ... und vom 01.03.1993 bis 31.08.1994 beim Polizeirevier ... Ab 01.09.1994 war er Sachbearbeiter im Streifendienst beim Polizeirevier ... und - bis 31.12.2000 - Diensthundeführer bei der Polizeidirektion ... Am 02.10.2000 wurde er zum Polizeihauptmeister ernannt. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom 12.03.2002, die den Beurteilungszeitraum vom 02.01.1995 bis 30.11.2001 betraf, wurde er mit der Note „gut“ (1,75) beurteilt.
Der verheiratete Beamte hat drei Söhne im Alter von ..., ... und ... Jahren. Er erhält Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 9, die seit Oktober 2002 um 10% gekürzt sind.Nach den Angaben des Beamten in der Verhandlung vor dem Senat betrug sein Monatsverdienst zuletzt knapp 2.550 EUR netto, der seiner Ehefrau ca. 900 EUR netto und es bestehen Schulden für das gemeinsame Haus in Höhe von ca. 90.000 EUR sowie weitere Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 35.000 EUR.
Der Beamte ist disziplinarrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten. Mit Verfügung vom 18.03.2002 leitete der Dienststellenleiter der Polizeidirektion ... gegen den Beamten disziplinarische Vorermittlungen gemäß § 27 LDO ein. Ihm wurde zur Last gelegt,
a) er habe während des Dienstes eine Polizeibeamtin wiederholt angemacht und durch sexistische Bemerkungen auf übelste Weise beleidigt,
b) er habe sie innerhalb des Polizeireviers ... verleumdet,
c) er habe mehrfach PKW-Fahrern Rauschgift in deren PKW abgelegt, das dann von seinem Rauschgiftspürhund gefunden worden sei und somit Unschuldige beschuldigt und eine Straftat vorgetäuscht,
d) er habe einen Schusswechsel an der Grenze zu Frankreich mit Flucht des Täters nach Frankreich gemeldet, obwohl tatsächlich nichts passiert sei, um „was los zu machen“ und damit Eindruck bei ihm unterstellten Kollegen zu schinden.
Gleichzeitig mit der Einleitung der disziplinarischen Vorermittlungen wurden die Verfahren bezüglich der Vorwürfe zu c) und d) gemäß § 18 Abs. 2 LDO ausgesetzt. Mit Verfügung vom 05.06.2002 leitete der Dienststellenleiter der Polizeidirektion ... das förmliche Disziplinarverfahren gegen den Beamten mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst ein und setzte gemäß § 18 Abs. 2 LDO das förmliche Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des gegen den Beamten anhängigen Strafverfahrens aus. Zugleich enthob er den Beamten gemäß § 89 LDO vorläufig des Dienstes. Mit weiterer Verfügung vom 29.07.2002 wurde die Einbehaltung von 10 % der Besoldungsbezüge angeordnet. Den hiergegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 93 Abs. 2 LDO lehnte die Disziplinarkammer mit Beschluss vom 26.05.2003 (DL 13 K 21/02) ab.
Durch Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - ... vom 11.03.2003 - 11 Ls 300 Js 4306/02 - wurde der Beamte wegen Vortäuschens einer Straftat, Verfolgung Unschuldiger und uneidlicher Falschaussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Wegen eines weiteren Vorwurfs einer Verfolgung Unschuldiger wurde er freigesprochen. Das Urteil enthält in tatsächlicher Hinsicht folgende Feststellungen:
10 
„Der Angeklagte hat auf Grund jeweils neugefassten Willensentschlusses folgende strafbaren Handlungen begangen:
11 
1. Am 02.06... gegen 2:15 Uhr teilte der Angeklagte, der als Polizeibeamter beim Polizeirevier ... Dienst tat und sich zusammen mit PM ... auf Streifenfahrt befand, dem Polizeirevier ... bewusst der Wahrheit zuwider mit, dass soeben anlässlich einer ereignisunabhängigen Kontrolle an der Grenzübergangsstelle ... ein einreisender dunkler Pkw Renault mit französischem Kennzeichen nach kurzzeitiger Verminderung der Geschwindigkeit beschleunigt habe und auf ihn zugefahren sei. Es sei ihm gelungen, unmittelbar vor diesem PKW noch auf die Mittelinsel der Straße zu springen. Als sich der Pkw auf gleicher Höhe mit ihm befunden habe, sei aus dem geöffneten Fenster der Fahrerseite dreimal auf ihn geschossen worden. Dabei hatte der Angeklagte, wie er wusste, weder die behauptete Kontrolle durchgeführt noch war aus einem Fahrzeug auf ihn geschossen worden; den einzigen Schuss hatte er selbst aus seiner Dienstwaffe in die Luft abgegeben. Unmittelbar nach Eingang seiner Mitteilung wurde durch die Polizei eine Ringfahndung ausgelöst; am 05.06... hat die Staatsanwaltschaft ... unter dem Aktenzeichen 300 UJs 46/97 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen versuchten Mordes u. a. eingeleitet, womit der Angeklagte zumindest gerechnet und was er auch in Kauf genommen hat.
12 
2. Am 21.09.1998 durchsuchte der Angeklagte auf dem Gelände der Firma ... in ..., den sichergestellten und dort verschlossen abgestellten PKW Porsche mit dem amtlichen Kennzeichen ... des damaligen Beschuldigten ..., dem Fahren ohne Fahrerlaubnis in mehreren Fällen vorgeworfen wurde. Bei der Durchsuchung des PKW fand der Angeklagte im Ablagefach der Beifahrertür dieses PKW vorgeblich ein Briefchen mit 0,5 Gramm Heroin. Obgleich der Angeklagte wusste, dass sich dieses Rauschgift vorher nicht in dem PKW befunden hatte, sondern von ihm selbst mitgebracht worden war, legte er am 08.10.1998 der Staatsanwaltschaft ... eine Formblattanzeige gegen ... wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das BtMG vor. Dabei beabsichtigte der Angeklagte, dass ... zu Unrecht auch wegen Verstoßes gegen das BtMG strafrechtlich verfolgt wird. Tatsächlich erließ das Amtsgericht ... am 03.02.1999 auf Antrag der Staatsanwaltschaft ... gegen den Angeklagten einen Strafbefehl auch wegen des behaupteten Besitzes von Betäubungsmitteln, wobei für den angeblichen Besitz der 0,5 Gramm Heroin eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 50 DM festgesetzt wurde. Nachdem ... gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte, wurde er durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 06.07.1999 - 9 Ds 30/99 - nach Verbindung mit einem anderen gegen ... beim Amtsgericht ... anhängigen Verfahren wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt, wobei die Einsatzstrafe wegen des unerlaubten Besitzes von Heroin in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis vier Monate Freiheitsstrafe betrug. Auf seine Berufung hin wurde ... durch Urteil des Landgerichts ... vom 07.12.1999 vom Vorwurf des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln freigesprochen.
13 
3. Im Strafverfahren 9 Ds 30/99 des Amtsgerichts ... gegen ... wurde der Angeklagte im Hauptverhandlungstermin vom 06.07.1999 als Zeuge vernommen. Nach ordnungsgemäßer Belehrung über seine Wahrheitspflicht und die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage sowie über sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO gab der Angeklagte vorsätzlich der Wahrheit zuwider an, er habe das Fahrzeug des... nochmals nach Papieren durchsucht, nachdem dieses Fahrzeug zuvor bereits mit einem Rauschgifthund durchsucht worden sei. Dabei habe er in der Ablage der Beifahrertür ein Briefchen gefunden, wobei der Vortest ergeben habe, dass dieses Briefchen Heroin enthalten habe. Dieses Briefchen habe unter verschiedenen Stiften in der Ablage der Beifahrertür gelegen. Der Angeklagte wurde auf diese Aussage nicht vereidigt, sondern blieb gemäß § 60 Ziff. 2 StPO unvereidigt.“
14 
Zur Beweiswürdigung hinsichtlich des Unterschiebens des Heroinbriefchens führte das Amtsgericht nach einer Wiedergabe und Würdigung verschiedener Zeugenaussagen unter anderem aus:
15 
„Der Zeuge ... hat bekundet, mit dem Angeklagten bei der Firma ... das Fahrzeug nochmals durchsucht zu haben. Er habe sich zunächst die Beifahrerseite vorgenommen, während sich der Angeklagte zunächst mit der Fahrerseite beschäftigt habe. Er habe auf der Beifahrerseite alles durchsucht und auch in der seitlichen Ablage nachgeschaut; er kenne die Fahrzeuge der Firma Porsche, weil er auf Porsche Automechaniker gelernt habe. Was sich außer verschiedenen Papieren noch in der Ablage befunden habe, könne er heute nicht mehr sagen; er habe sich aber sehr gewundert, als der Angeklagte nach einem Tausch der Plätze in dieser Ablage ein weißes Briefchen gefunden und ihm gezeigt habe. Er könne sich nicht vorstellen, dieses Briefchen bei einer Nachschau übersehen zu haben.
16 
Gegen die Richtigkeit dieser Aussage des Zeugen ... bestehen zunächst Bedenken, da dieser Zeuge bei seiner polizeilichen Vernehmung vom 10.06.2002 sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte, ob er selbst oder der Angeklagte das Briefchen in der Ablage der Beifahrertür des PKW Porsche gefunden hatte. Seine Aussage in der Hauptverhandlung mit dem Platzwechsel im PKW wird jedoch durch den Angeklagten bestätigt, so dass das Gericht keine Bedenken hat, die Aussage insoweit als zutreffend anzusehen.
17 
Auch befremdet, dass der Zeuge ... damals der Darstellung des Angeklagten nicht widersprochen hat, wenn er sich sicher war, dass dieses Briefchen sich zuvor nicht im PKW Porsche befunden hat. Dies ist allerdings im Hinblick darauf nachvollziehbar, dass der Zeuge dem Angeklagten das Unterschieben des Heroinbriefchen nicht hätte nachweisen können und Gefahr gelaufen wäre, sich dem Vorwurf auszusetzen, selbst nicht sorgfältig genug nachgesehen zu haben und neidisch auf den erfolgreicheren Kollegen zu sein.
18 
Das Gericht hält daher auch die Aussage des Zeugen ... für glaubhaft.
19 
Keine dieser Aussagen ist für sich allein geeignet, die Einlassung des Angeklagten, das Briefchen mit Heroin in der Ablage des PKW Porsche gefunden zu haben, zu widerlegen. Dieses Briefchen mit Heroin könnte von einem früheren Beifahrer im PKW Porsche stammen; es erscheint auch nicht völlig ausgeschlossen, dass dieses Briefchen mit Heroin auch bei einer sorgfältigen Durchsuchung übersehen worden sein könnte. Bei einer Gesamtwürdigung dieser Aussagen und des Umstandes, dass der PKW Porsche von drei verschiedenen Kollegen des Angeklagten, in einem Fall auch mit Rauschgiftspürhund, durchsucht wurde, ohne dass dieses Briefchen mit Heroin gefunden wurde, ist das Gericht jedoch zweifelsfrei davon überzeugt, dass dieses Briefchen mit Heroin sich zuvor nicht in diesem Fahrzeug befunden hat und vom Angeklagten unterschoben wurde.“
20 
Gegen das Urteil legten der Beamte und die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Im Rahmen der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht ... ergab sich der Verdacht, dass der Beamte einen Polizeibeamten beim Polizeirevier ... gebeten hatte, zwei polizeiliche Ermittlungsakten betreffend ... aus der Aktenverwahrung des Polizeireviers zu entnehmen, und diese von ihm auch erhalten hatte. Daraufhin erließ das Landgericht ... am 19.02.2004 vormittags Haftbefehl gegen den Beamten wegen des Verdachts des Vortäuschens einer Straftat, der Verfolgung Unschuldiger und uneidlicher Falschaussage. Es bestehe der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr. Es bestünden dringende Gründe für die Annahme, dass der Beamte auch künftig durch unlauteres Einwirken auf mögliche Zeugen oder frühere Kollegen auf Beweismittel einwirken werde. Der Haftbefehl wurde zunächst vollzogen; nachdem am 19.02.2004 nachmittags der den Beamten seit 2002 behandelnde Arzt dessen Verhandlungsunfähigkeit und Haftunfähigkeit feststellte, setzte das Landgericht noch am 19.02.2004 den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug. In der Hauptverhandlung vom 09.03.2004 vor dem Landgericht nahmen der Beamte und die Staatsanwaltschaft jeweils ihre Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 11.03.2003 zurück. Dieses wurde dadurch rechtskräftig.
21 
Wegen des Verdachts, dass sich der Beamte zwei polizeiliche Ermittlungsakten aus der Aktenverwahrung des Polizeireviers ... hatte verschaffen lassen, leitete die Staatsanwaltschaft ... gegen den Beamten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ein. Auf ihren Antrag erließ das Amtsgericht ... am 02.06.2004 gegen den Beamten einen Strafbefehl wegen Anstiftung zum Verwahrungsbruch in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung. Auf den hiergegen eingelegten Einspruch hin wurde der Beamte durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 13.09.2004 - 9 Cs 300 Js 2529/04 - zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 50,00 EUR wegen Anstiftung zum Verwahrungsbruch sowie Urkundenfälschung verurteilt. Auf die hiergegen eingelegte Revision des Beamten hob das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 15.03.2005 (1 Ss 200/04) das Urteil des Amtsgerichts ... insoweit auf, als der Beamte wegen Urkundenfälschung verurteilt wurde, weil das vom Amtsgericht festgestellte Herausreißen der Ablichtungen von Vorkommnisberichten aus den polizeilichen Ermittlungsakten durch den Beamten nicht den Tatbestand der Urkundenfälschung erfülle. Zugleich stellte das Oberlandesgericht fest, dass der Beamte wegen Anstiftung zum Verwahrungsbruch zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50,00 EUR verurteilt ist. Das damit rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts ... vom 13.09.2004 enthält hierzu in tatsächlicher Hinsicht folgende Feststellungen:
22 
„Durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 11.03.2003 (11 Ls 300 Js 4306/02) war der Angeklagte wegen Vortäuschens einer Straftat, Verfolgung Unschuldiger sowie falscher uneidlicher Aussage zu der zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt worden; Gegenstand der Verurteilung war u. a. der Vorwurf, er habe am 21.9.1998 als beim Polizeirevier ... tätiger Polizeibeamter in dienstlicher Eigenschaft dem Geschädigten ... ein Briefchen mit 0,5 Gramm Heroin „untergeschoben“, den ... wider besseres Wissens wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Anzeige gebracht und hinsichtlich dieses Vorwurfs im Verfahren gegen ... vor Gericht als Zeuge falsch ausgesagt.
23 
Zu der im Strafverfahren gegen den Angeklagten vor dem Landgericht ... auf den 17.02.2004 angesetzten Berufungshauptverhandlung war, wie der Angeklagte wusste, seitens des Landgerichts ... die Beiziehung der sich auf den Vorwurf gegen ... beziehenden polizeilichen Ermittlungsakten mit den Tagebuchnummern ... und ... angeordnet worden. Diese Akten befanden sich, wie der Beamte ebenfalls wußte, in der in einem verschlossenen Kellerraum des Polizeireviers ... befindlichen Aktenverwahrung.
24 
Aufgrund neugefassten Willensentschlusses hat sich der Beamte daraufhin wie folgt strafbar gemacht und verhalten:
25 
Obwohl er wußte, daß er aufgrund o.a. strafrechtlichen Vorwurfs vom Dienst suspendiert und deshalb nicht mehr berechtigt war, noch Zugriff auf polizeiliche Ermittlungsakten zu nehmen, bat er im Vorfeld der Berufungshauptverhandlung zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt, jedenfalls kurz vor dem 03.02.2004 , den damals beim Polizeirevier ... als Polizeibeamten tätig gewesenen, gesondert verfolgten Polizeihauptmeister ..., die polizeilichen Ermittlungsakten mit den Tagebuchnummern ... und ..., welche sich auf die erwähnten Vorgänge zum Nachteil des ... wegen angeblichen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz bezogen, aus der Aktenverwahrung des Polizeireviers ... zu entnehmen und ihm zwecks Fertigung von Ablichtungen zur Verfügung zu stellen.
26 
Aufgrund dieser Bitte des Angeklagten entnahm ..., der um die Suspendierung des Beamten ebenso wie um den Umstand wußte, daß polizeiliche Ermittlungsakten nur zu dienstlichen Zwecken der Aktenverwahrung entnommen werden dürfen, am Abend des 03.02.2004 die vorbezeichneten Akten der Aktenverwahrung des Polizeireviers ... und legte diese neben einem Müllcontainer am Parkplatz für Privatfahrzeuge des Reviers ... ab, wo der Angeklagte die Akten sodann an sich nahm.“
27 
Der Dienststellenleiter der Polizeidirektion ... ordnete mit Verfügung vom 23.03.2004 nach Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts ... vom 05.03.2003 die Fortführung des ausgesetzten Disziplinarverfahrens an und bestellte einen Untersuchungsführer. Mit Verfügung vom 14.10.2004 wurde das förmliche Disziplinarverfahren um den Vorwurf der Anstiftung zum Verwahrungsbruch und der Urkundenfälschung erweitert. Der Verteidiger des Beamten machte mit Schriftsatz vom 06.02.2006 geltend, dass sich sein Mandant bei der Anstiftung zum Verwahrungsbruch in einer psychischen Belastungssituation und einer als ausweglos empfundenen Lage befunden habe und dass die Beweiswürdigung des Amtsgerichts ... im „Fall ...“ fehlerhaft sei. Bei seiner Vernehmung am 09.03.2006 berief sich der Beamte auf diese schriftsätzliche Stellungnahme und machte im Übrigen nur Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen. Von der Gelegenheit, sich nach § 59 Abs. 1 LDO abschließend zu äußern, sah der Beamte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 12.09.2006 ab. Am 27.09.2006 legte der Untersuchungsführer seinen Abschlussbericht vor.
28 
Der Vertreter der Einleitungsbehörde hat der Disziplinarkammer beim Verwaltungsgericht Karlsruhe am 30.01.2007 die Anschuldigungsschrift vorgelegt, in der dem Beamten vorgeworfen wird, mit dem Vortäuschen einer Straftat, der Verfolgung Unschuldiger, der uneidlichen Falschaussage und der Anstiftung zum Verwahrungsbruch, die Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilungen waren, ein Dienstvergehen nach § 95 Abs. 1 LBG begangen zu haben. Der Beamte hat im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht durch seinen Verteidiger schriftsätzlich geltend gemacht, dass die Beweiswürdigung des Amtsgerichts ... im „Fall ...“ einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand halte, weil sie in sich widersprüchlich und daher rechtsfehlerhaft sei. Sie könne daher der disziplinarrechtlichen Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Heranzuziehen seien nur die Verurteilungen wegen Vortäuschens einer Straftat und Anstiftung zu Verwahrungsbruch. Die Entfernung aus dem Dienst sei unverhältnismäßig, da der Vorfall an der Grenze mehr als zehn Jahre zurückliege und bei der Anstiftung zum Verwahrungsbruch sich der Beamte in einer extremen psychologischen Ausnahmesituation befunden habe. In der Hauptverhandlung vor der Disziplinarkammer hat der Beamte angegeben, der Vorfall an der Grenze habe sich genau so abgespielt, wie er damals von der Polizei aufgenommen worden sei, nämlich dass bei der Kontrolle aus einem Fahrzeug auf ihn geschossen worden sei. Im „Fall ...“ habe er bei der Durchsuchung des Autos das Briefchen mit Heroin gefunden. Er wisse, dass Rauschgifthunde zu einem gewissen Prozentsatz nicht fündig würden; auch Kollegen könnten versagen. In der Verhandlung gegen ... habe er so ausgesagt, wie es aus seiner Sicht gewesen sei. Für die Anstiftung zum Verwahrungsbruch wolle er sich in aller Form entschuldigen. Er habe aufgrund seiner Existenzangst keine klaren Gedanken fassen können. Er habe einen Blackout gehabt.
29 
Mit Urteil vom 13.10.2008 hat die Disziplinarkammer auf Entfernung aus dem Dienst erkannt und dem Beamten auf die Dauer eines Jahres einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 60 % des erdienten Ruhegehalts bewilligt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie habe in tatsächlicher Hinsicht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO von den bindenden tatsächlichen Feststellungen in den rechtskräftigen Urteilen des Amtsgerichts... in Verbindung mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe auszugehen. Dies gelte auch für die vom Beamten angegriffene Verurteilung wegen Vortäuschens einer Straftat, Verfolgung Unschuldiger sowie falscher uneidlicher Aussage. Ein Lösungsbeschluss nach § 19 Abs. 1 Satz 2 LDO komme nicht in Betracht, weil keine offensichtliche Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts zu erkennen sei. Hinsichtlich des Sachverhaltskomplexes „Vortäuschen einer Straftat“ habe der Beamte die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts in der Hauptverhandlung nicht substantiiert in Frage gestellt. Soweit der Beamte in Bezug auf die Tatkomplexe „Verfolgung Unschuldiger“ und „uneidliche Falschaussage“ die Beweiswürdigung des Amtsgerichts zur Begründung seiner Täterschaft für widersprüchlich halte, da eine Alternativtäterschaft des Polizeihauptmeisters ... ebenso wahrscheinlich sei wie seine Täterschaft, habe er zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass die umfassende Beweiswürdigung des Strafrichters in einer im Rahmen des § 19 Abs. 1 LDO erheblichen Weise fehlerhaft gewesen sei. Insbesondere habe er nicht die konkrete Möglichkeit aufgezeigt, dass und warum Polizeihauptmeister ... als Täter in Betracht kommen sollte. Allein die vom Beamten dargelegte abstrakte Möglichkeit, dass eine andere Person ebenfalls als Täter in Betracht kommen könnte, begründe keine erheblichen Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Strafgerichts. Der Beamte habe sich einer nach Art und Ausmaß schwerwiegenden vorsätzlichen Verfehlung gegenüber seinen Dienstpflichten als Polizeihauptmeister schuldig gemacht. Eine weniger schwerwiegende Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst komme nicht in Betracht, da der Beamte aufgrund seines Fehlverhaltens für den Dienstherrn absolut und objektiv untragbar geworden sei. Das Dienstvergehen des Beamten wiege außerordentlich schwer. Der Beamte habe mit der Verfolgung Unschuldiger in besonders gravierender Weise im Kernbereich seiner beamtenrechtlichen Pflichten versagt. Entsprechendes gelte für die uneidliche Falschaussage. Auch wenn dem Beamten insoweit zugute zu halten sei, dass er sich in einer selbstverschuldeten Zwangslage befunden habe, liege ein (einheitliches) Dienstvergehen vor, aufgrund dessen die Annahme gerechtfertigt sei, dass er für den öffentlichen Dienst untragbar sei. Die Verfolgung Unschuldiger und die anschließende uneidliche Falschaussage seien nach Art und Ausmaß derart schwerwiegende Dienstverfehlungen, dass sie je für sich genommen schon seine Entfernung aus dem Dienst rechtfertigten. Auch die weiter von dem Beamten begangenen Straftaten des Vortäuschens eines angeblichen rechtswidrigen Angriffs auf seine Person sowie die Anstiftung zum Verwahrungsbruch rechtfertigten es, den Beamten - jedenfalls unter Berücksichtigung der anderen Verurteilungen - als für den öffentlichen Dienst untragbar zu halten. Zwar sei zugunsten des Beamten in die Gesamtwürdigung einzustellen, dass er bisher disziplinarrechtlich und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei, durchweg gute Beurteilungen erhalten habe und hinsichtlich des Tatkomplexes „Anstiftung zum Verwahrungsbruch“ geständig gewesen sei. Soweit sich der Beamte im Hinblick auf diesen Tatkomplex auf eine psychische Ausnahmesituation berufen habe, könne diese keine entscheidende Bedeutung erlangen. In seiner im Strafverfahren abgegebenen schriftlichen Erklärung habe sich der Beamte nicht auf eine psychische Zwangslage berufen. Auch sei der Strafrichter nicht von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen. Die Entfernung aus dem Dienst komme hier selbst bei verminderter und geringer Schuld des Beamten in Betracht, weil das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstört und er durch die Art und Weise seiner Dienstverfehlung objektiv untragbar geworden sei. Die Dauer des im März 2002 eingeleiteten Disziplinarverfahrens könne nicht entlastend berücksichtigt werden. Zu Lasten des Beamten falle ins Gewicht, dass er nicht davor zurückgeschreckt sei, Kollegen in sein strafbares Verhalten hineinzuziehen. Zudem habe er seine Vorbildfunktion missbraucht, indem er das Vortäuschen einer Straftat im Beisein eines Auszubildenden und Praktikanten begangen habe. Schließlich habe der Beamte auch dem Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit einen erheblichen Schaden zugefügt.
30 
Der Beamte hat gegen das ihm am 21.11.2008 zugestellte Urteil am 20.12.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus: Hinsichtlich der Verurteilung wegen Verfolgung Unschuldiger und falscher uneidlicher Aussage hätte das Verwaltungsgericht einen Lösungsbeschluss fassen müssen. Es habe verkannt, dass nicht nur ein Verstoß gegen Denkgesetze der Logik und allgemein anerkannte Erfahrungssätze Maßstab für einen Lösungsbeschluss sein könnte. Das Urteil des Amtsgerichts ... vom 11.03.2003 wäre bei einer strafrechtlichen Revision zwingend aufzuheben gewesen. Denn die Beweiswürdigung des Amtsgerichts sei in sich widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Das Amtsgericht habe keine der Zeugenaussagen für sich allein ausreichend gehalten, die Einlassung des Angeklagten zu widerlegen, aber bei einer Gesamtwürdigung. Die Einbeziehung der Aussage des Zeugen ... in diese Gesamtwürdigung sei unzulässig. Die Täterschaft des Zeugen ... sei nämlich gleich wahrscheinlich wie die vom Amtsgericht angenommene Täterschaft des Beamten. Sowohl für den Beamten als auch für den Zeugen ... sei der Motivationsdruck für eine unrichtige Sachverhaltsdarstellung vor dem Amtsgericht gleich groß gewesen. Der Beamte sei daher zu Unrecht wegen Verfolgung Unschuldiger und falscher uneidlicher Aussage verurteilt worden. Einer disziplinarischen Beurteilung könnten daher nur das Vortäuschen einer Straftat und die Anstiftung zum Verwahrungsbruch zugrunde gelegt werden. Das Vortäuschen einer Straftat stelle zwar objektiv wie subjektiv einen schweren Vertrauensbruch dar. Insoweit sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Tat am 02.06... stattgefunden habe und daher mehr als 10 Jahre zurückliege. Es liege mithin ein gewichtiger Strafmilderungsgrund vor, der auch im Disziplinarverfahren zu berücksichtigen sei. Zudem könnten, da die Tat so lange zurückliege, aus der Tat sprechende Persönlichkeitsdefizite zur Bewertung der Person des Beamten nicht herangezogen werden, ohne zuvor zwingend ein psychologisches Gutachten über den Beamten einzuholen. Der Beamte sei heute ein anderer Mensch, von dem die Gefahr der Begehung solcher Straftaten nicht mehr ausgehe. Bei der Bewertung der Anstiftung zum Verwahrungsbruch sei die extreme psychologische Ausnahmesituation des Beamten zu berücksichtigen. Die Angst um die Existenz seiner Familie habe sich derart gesteigert, dass er sich selbst in einer für ihn ausweglosen Situation befunden habe; die Berufungsverhandlung habe unmittelbar bevorgestanden. Er habe damals an einer psychopathogenen Störung gelitten, die maßgeblichen Einfluss auf sein Handeln gehabt habe. Bei der Tat handele es sich jedenfalls nicht um eine Verletzung der Pflichten eines Beamten aus dem Kernbereich. Die Entfernung aus dem Dienst sei unverhältnismäßig und dürfe daher nicht angeordnet werden. Der Beamte könne andere als klassisch-hoheitliche Aufgaben wahrnehmen.
31 
Der Beamte beantragt,
32 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Oktober 2008 - DL 13 K 1/07 - aufzuheben und eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu verhängen.
33 
Der Vertreter der obersten Dienstbehörde beantragt,
34 
die Berufung zurückzuweisen.
35 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Der Beamte habe sich nach Art und Ausmaß schwerwiegender Verfehlungen gegenüber seinen Dienstpflichten schuldig gemacht. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht von der Bindungswirkung der strafrechtlichen Verurteilung des Beamten durch das Amtsgericht ... ausgegangen. Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Beamten sei zu erwähnen, dass der Vorwurf des Vortäuschens eines angeblichen Angriffs auf seine Person am Grenzübergang ... in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch den Beamten noch bestritten, in der Berufungsschrift nunmehr jedoch eingeräumt worden sei. Eine weniger schwerwiegende Disziplinarmaßnahme komme nicht in Betracht, da der Beamte aufgrund seines Fehlverhaltens in besonders gravierender Weise im Kernbereich seiner beamtenrechtlichen Pflichten versagt habe. Anerkannte Milderungsgründe, insbesondere eine psychische Konflikt- oder Ausnahmesituation oder eine einmalige persönlichkeitsfremde Tat lägen nicht vor.
36 
Dem Senat liegen die Personalakten des Beamten, die Disziplinarakten, die Akten der Disziplinarkammer sowie die Strafakten des Amtsgerichts ...
37 
- 11 Ls 300 Js 4306/02 und 9 Cs 300 Js 2529/04 - vor. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II.
38 
Die zulässige Berufung des Beamten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Oktober 2008 - DL 13 K 1/07 - hat in der Sache keinen Erfolg.
39 
Der Senat hat die Rechtslage nach der Landesdisziplinarordnung in der Fassung vom 25.04.1991 (GBl. S. 227), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 15.12.1997 (GBl. S. 552) - LDO - zu beurteilen. Denn die LDO ist zwar nach Art. 27 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts - LDNOG - vom 14.10.2008 (GBl. S. 343) am 22.10.2008 außer Kraft getreten. Doch werden nach Art. 26 Abs. 3 Satz 1 LDNOG förmliche Disziplinarverfahren, in denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (22.10.2008) der Beamte bereits zur Vernehmung nach § 55 LDO geladen war, bis zu ihrem unanfechtbaren Abschluss nach bisherigem Recht fortgeführt.
40 
An die tatsächlichen Feststellungen in den rechtskräftigen Urteilen des Amtsgerichts ... vom 11.03.2003 und vom 13.09.2004, in Verbindung mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15.03.2005, ist der Disziplinarsenat gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO gebunden. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils in Strafverfahren für das Disziplinargericht bindend, soweit das Disziplinarverfahren denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat. Mit der in dieser Norm getroffenen Bindungswirkung rechtskräftiger strafgerichtlicher Urteile und dem darin zum Ausdruck kommenden Vorrang des „sachnäheren“ Strafverfahrens vor dem Disziplinarverfahren sollen einander widersprechende Tatsachenfeststellungen verschiedener Gerichte vermieden werden. Der Vorrang des Strafverfahrens rechtfertigt sich insbesondere durch die besseren Ermittlungsmöglichkeiten der zur Aufklärung von Straftaten berufenen Stellen und den dem Beschuldigten im Strafverfahren durch die StPO gewährten optimalen Schutz gegen falsche und rechtsstaatswidrig zustande gekommene Tatsachenfeststellungen (vgl. Urteile des Senats vom 19.03.2009 - DB 16 S 3421/08 -, vom 04.02.2009 - DB 16 S 2888/08 - und vom 31.01.2006 - DL 16 S 32/06 -; Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, § 57 BDG RdNr. 9).
41 
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 LDO hat das Disziplinargericht allerdings zu Gunsten eines Beamten die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln. Eine Lösung von strafgerichtlichen Feststellungen kommt hiernach jedoch nur ausnahmsweise in Betracht, etwa dann, wenn das Disziplinargericht ansonsten gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden, wenn etwa Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen oder in einem ausschlaggebenden Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Ein Lösungsbeschluss kommt auch dann in Betracht, wenn neue Beweismittel - etwa neue Sachverständigengutachten - vorgelegt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen die strafgerichtlichen Feststellungen offenbar unrichtig sind oder jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.2000 - 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 zu § 18 Abs. 1 Satz 2 BDO). Es genügt insoweit aber nicht, dass die Disziplinargerichte auf Grund einer eigenen anderen Würdigung abweichende Feststellungen für richtig halten; das Disziplinargericht darf insbesondere nicht seine eigene Beweiswürdigung gegen die des Strafgerichts setzen. Auch die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen ganz oder teilweise anders gewesen sein könnte, oder der Umstand, dass der beschuldigte Beamte die ihm zur Last gelegte Tat bestreitet, reichen für einen Lösungsbeschluss nicht aus (BVerwG, Urteil vom 05.09.1990 - 1 D 78.89 - juris; Urteile des Senats vom 19.03.2009 - DB 16 S 3421/08 -, vom 04.02.2009 - DB 16 S 2888/08 -, vom 05.06.2008 - DL 16 S 38/06 - und vom 31.01.2006 - DL 16 S 32/06 -, jew. m.w.N.; Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl., § 57 RdNr. 10).
42 
Die so umschriebenen Voraussetzungen für einen Lösungsbeschluss liegen hier nicht vor, auch nicht hinsichtlich der Verurteilung wegen Verfolgung Unschuldiger und uneidlicher Falschaussage, deren Unrichtigkeit der Beamte geltend macht. Die tatsächlichen Feststellungen und die Beweiswürdigung im strafgerichtlichen Urteil des Amtsgerichts ... vom 11.03.2003 beruhen auf in sich schlüssigen, von Widersprüchen in sich selbst freien und den Denkgesetzen nicht entgegenstehenden, überzeugenden Erwägungen. Soweit der Beamte weiterhin daran festhält, er habe das Heroinbriefchen nicht in den PKW von ... gelegt und das Amtsgericht habe verkannt, dass die Alternativtäterschaft des Zeugen ... ebenso wahrscheinlich sei wie seine Täterschaft, zeigt er einen abweichenden möglichen Geschehensablauf auf, der die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen jedoch nicht in der für einen Lösungsbeschluss erforderlichen Weise erschüttert. Das bloße Behaupten einer in sich widersprüchlichen Beweiswürdigung lässt nicht den Schluss darauf zu, dass die Tatsachenfeststellungen des Amtsgerichts offenkundig unrichtig sind. Insbesondere folgt eine Widersprüchlichkeit der Beweiswürdigung nicht daraus, dass das Amtsgericht einzelne Zeugenaussagen je für sich nicht, jedoch in ihrer Gesamtheit für ausreichend hielt, die Einlassung des Beamten zu widerlegen. Vielmehr war das Amtsgericht zu dieser Gesamtwürdigung der Zeugenaussagen nach § 261 StPO verpflichtet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen genügt es nicht, mehrere Beweisanzeichen jeweils einzeln abzuhandeln. Auf solche einzelnen Indizien ist der Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht isoliert anzuwenden. Das einzelne Beweisanzeichen ist vielmehr mit allen anderen Indizien in eine Gesamtwürdigung einzustellen. Erst die Würdigung des gesamten Beweisstoffes entscheidet letztlich darüber, ob der Richter die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten und den sie tragenden Feststellungen gewinnt. Auch wenn keine der Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreichen würde, besteht die Möglichkeit, dass sie in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die entsprechende Überzeugung vermitteln können (vgl. BGH, Urteil vom 30.03.2004 - 1 StR 354/03 -, NStZ-RR 2004, 238, 239 ; Urteil vom 12.09.2001 - 2 StR 172/01 -, NStZ 2002, 48; Urteil vom 17.01.2001 - 2 StR 437/00 -, NStZ 2001, 491; Urteil vom 26.05.1999 - 3 StR 110/99 -, juris RdNr. 5). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die Aussage des Zeugen ... in die Gesamtwürdigung der Beweise einbezog. Eine offenbare Unrichtigkeit des Urteils des Amtsgerichts folgt auch nicht aus dem Umstand, dass sich das Gericht in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich mit der Möglichkeit einer Täterschaft des Zeugen ... auseinandersetzte. Denn das Amtsgericht kam aufgrund einer widerspruchsfreien und in sich schlüssigen Beweiswürdigung dazu, die Aussage des Zeugen ... für glaubhaft zu halten. Es nahm mithin für diese Aussage die gebotene Beweiswürdigung vor. Auf dieser Grundlage, die Aussage des Zeugen ... für glaubhaft zu halten, war zugleich die Möglichkeit einer Alternativtäterschaft des Zeugen ... schlüssig und in sich konsequent verneint. Das Urteil entspricht damit auch den Grundsätzen rationaler Argumentation, auf die der Beamte sich bezieht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08.01.1988 - 2 StR 551/87, NStZ 1988, 236 = NJW 1988, 3273).
43 
Disziplinarrechtlich sind daher die strafgerichtlich festgestellten und geahndeten Verhaltensweisen des Vortäuschens einer Straftat, der Verfolgung Unschuldiger, der uneidlichen Falschaussage sowie der Anstiftung zum Verwahrungsbruch zugrunde zu legen. Der Beamte hat durch diese Verfehlungen seine Pflicht, sein Amt nach bestem Gewissen zu verwalten (§ 73 Satz 2 LBG), seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 73 Satz 3 LBG) und seine Pflicht, die dienstlichen Anordnungen der Vorgesetzten auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen (§ 74 Satz 2 LBG) verletzt und ein einheitliches - innerdienstliches und außerdienstliches - Dienstvergehen im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 LBG begangen.
44 
Der Senat teilt die von der Disziplinarkammer ausführlich begründete Einschätzung, dass aufgrund des erwiesenen - schwerwiegenden - Dienstvergehens die Entfernung des Beamten aus dem Dienst (§ 11 LDO) unumgänglich ist. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
45 
Ein Polizeibeamter, der unter Einsatz seiner dienstlichen Befugnisse selbst Straftaten begeht, beeinträchtigt das für die Ausübung seines Berufes erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und sein Ansehen in der Öffentlichkeit auf das Schwerste. Er stellt seine Eignung, für die Wahrung von Recht und Gesetz einzutreten und die Kriminalität zu bekämpfen, nachhaltig in Frage, wenn er selbst einen Straftatbestand verwirklicht und dabei seine Kompetenzen als Polizeibeamter missbraucht. Denn ein Polizeibeamter, der - wie hier - im Kernbereich seiner Aufgaben in schwerwiegender Weise gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat, ist schon aus objektiven Gründen untragbar. Bei einer Verfolgung Unschuldiger und einer uneidlichen Falschaussage über dienstliche Wahrnehmungen ist das typischerweise der Fall. Ein Polizeibeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine oder mehrere Straftaten begeht, die mit seinem gesetzlichen Auftrag, Straftaten aufzuklären und zu verfolgen, in jeder Hinsicht unvereinbar sind, verletzt in grober Weise den Kernbereich seiner Dienstpflichten. Er missbraucht damit die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttert das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtigt in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei als staatlicher Institution, weil der Achtungsverlust des Beamten auf die Polizei insgesamt ausstrahlt. Denn die Allgemeinheit darf mit Recht erwarten, dass die Polizei ihre Aufgabe, Straftaten zu erforschen und zu verfolgen, ausnahmslos uneigennützig und in uneingeschränkter Objektivität erfüllt (vgl. BayVGH, Urteil vom 05.03.2008 - 16a D 06.2662 -, juris RdNr. 75 ff.). Daraus folgt, dass bei Polizeibeamten, die in Ausübung ihres Amtes eine Verfolgung Unschuldiger nach § 344 StGB oder eine uneidliche Falschaussage nach § 153 StGB begangen haben, die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich die angemessene Disziplinarmaßnahme ist (vgl. zur Falschaussage: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.09.2000 - D 17 S 11/00 -, VBlBW 2001, 151; SächsOVG, Urteil vom 06.07.2004 - 6 B 871/03.D -, juris RdNr. 35 ff..; zur Verfolgung Unschuldiger: BayVGH, Urteil vom 15.05.2002 - 16 D 01.950 -, juris RdNr. 68 ff.).
46 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Verfolgung Unschuldiger und die anschließende uneidliche Falschaussage daher hier so schwerwiegende Dienstverfehlungen, dass sie je für sich bereits die Entfernung des Beamten aus dem Dienst rechtfertigen. Das gilt im vorliegenden Fall auch für die Falschaussage des Beamten in der Hauptverhandlung gegen ... Zwar befand sich der Beamte hier aufgrund des vorangegangenen Unterschiebens des Heroinbriefchens in einer selbstverschuldeten Zwangslage. Gleichwohl handelt es sich um eine schwerwiegende Verfehlung des Beamten. Denn der dadurch verursachte Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust und die damit verbundene Ansehensschädigung für die Polizei sind so gravierend, dass weder dem Dienstherrn noch der Allgemeinheit der weitere Einsatz eines in dieser Weise straffällig gewordenen Beamten zugemutet werden kann. Hinzu kommt, dass die Strafgerichte in besonderem Maße darauf angewiesen sind, auf die Glaubwürdigkeit der in einem Strafverfahren aussagenden Polizeibeamten vertrauen zu können. Denn oftmals hängt die Entscheidung über Verurteilung oder Freispruch entscheidend von den Angaben der gegen einen Angeklagten ermittelnden Polizeibeamten ab, so dass der Richter diesen nur dann guten Gewissens verurteilen kann, wenn er dem ihn belastenden Polizeibeamten Glauben schenken kann. Wird dies in Frage gestellt, ist eine effektive und im Interesse der Allgemeinheit unverzichtbare gerechte Strafjustiz nicht mehr handlungsfähig (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.09.2000, a.a.O.).
47 
Auch die weiteren Straftaten des Vortäuschens einer Straftat und der Anstiftung zum Verwahrungsbruch begründen die Annahme, dass der Beamte aufgrund seines einheitlichen Dienstvergehens für den Polizeidienst untragbar geworden ist. Denn auch diese Verhaltensweisen stellen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, einen groben Vertrauensbruch dar und offenbaren ein hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und eine erhebliche Fehleinstellung gegenüber den Belangen des Dienstherrn und der Rechtsordnung.
48 
Der Senat teilt auch die Auffassung der Disziplinarkammer, dass bei der Gesamtwürdigung aller Umstände auch unter Berücksichtigung der zugunsten des Beamten sprechenden Umstände keine Gründe vorliegen, die die Annahme begründen könnten, dass der Beamte trotz des schwerwiegenden Dienstvergehens das Vertrauen seines Dienstherrn oder der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren hat; auf die zutreffenden Gründe des Urteils der Disziplinarkammer nimmt der Senat insoweit Bezug. Besondere Milderungsgründe, die ausnahmsweise eine mildere Disziplinarmaßnahme rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Auch die Berufungsbegründung des Beamten vermag solche nicht überzeugend darzulegen. Soweit der Beamte geltend macht, das Vortäuschen einer Straftat liege mehr als 10 Jahre zurück und aus der Tat sprechende Persönlichkeitsdefizite könnten nicht angenommen werden, ohne ein psychologisches Gutachten über den Beamten einzuholen, ergeben sich für den Senat hieraus weder durchgreifende Milderungsgründe, die zu einer milderen Maßnahme als der Entfernung aus dem Dienst führen, noch Anlass zu weiterer Sachaufklärung durch Einholung eines psychologischen Gutachtens. Dem Vorbringen des Beamten kommt bereits deshalb kein entscheidendes Gewicht bei, weil - wie dargelegt - bereits die Verfolgung Unschuldiger und die uneidliche Falschaussage nach Art und Ausmaß so schwerwiegende Dienstverfehlungen sind, dass sie je für sich und erst recht zusammen die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen. Auf die vom Beamten insoweit vorgebrachten Umstände kommt es daher entscheidungserheblich nicht an. Zudem vermag der Senat bereits im Ansatz keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass insoweit über die Persönlichkeit des Täters ein psychologisches Gutachten einzuholen wäre. Ausreichende Anhaltspunkte für die Erhebung eines Sachverständigengutachtens sind weder vom Beamten dargelegt noch sonst für den Senat ersichtlich. Die bloße Behauptung des Beamten, er sei heute ein anderer Mensch als zur Tatbegehung im Juni ..., von dem die Gefahr der Begehung solcher Taten nicht mehr ausgehe, ist für den Senat in dieser Form nicht nachvollziehbar. Es ist bereits nicht erkennbar, welche Motivation den Beamten zur Begehung der Tat bewogen hat. Der Beamte hat - wie im gesamten Verfahren - in der Hauptverhandlung vor der Disziplinarkammer und auch vor dem Disziplinarsenat bestritten, dass er eine Straftat vorgetäuscht hat. Das Amtsgericht ... hat in dem Urteil vom 11.03.2003, das mit seinen tatsächlichen Feststellungen nach § 19 LDO bindend ist, zu den Motiven des Beamten keine sicheren Feststellungen treffen können. Ebenso wenig ist ersichtlich, worin die behauptete Änderung der Persönlichkeit des Beamten liegen soll.
49 
Das weitere Vorbringen des Beamten, bei der Bewertung der Anstiftung zum Verwahrungsbruch sei seine extreme psychologische Ausnahmesituation und die psychopathogene Störung, unter der er damals gelitten habe, zu berücksichtigen, vermag ebenfalls weder weiteren Aufklärungsbedarf noch die Annahme zu begründen, es sei eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu verhängen. Zutreffend hat bereits die Disziplinarkammer ausgeführt, dass die Entfernung aus dem Dienst auch bei verminderter und geringer Schuld des Beamten in Betracht kommt, wenn das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstört und dieser durch die Art und Weise seiner Dienstverfehlung objektiv untragbar geworden ist, und dass die weiteren festgestellten schweren Verfehlungen des Beamten nicht in einer psychischen Ausnahmesituation begangen wurden. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Die Berufungsbegründung vermag dies nicht in Frage zu stellen. Insbesondere rechtfertigen, wie dargelegt, bereits die anderen Dienstverfehlungen des Beamten seine Entfernung aus dem Dienst. Eine psychische Ausnahmesituation ist für diese weder behauptet noch sonst ersichtlich.
50 
Die Dauer des Disziplinarverfahrens vermag schließlich ebenfalls nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Entfernung aus dem Dienst zu führen. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine disziplinare Maßnahme unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden, wenn das Disziplinarverfahren unverhältnismäßig lange dauert. Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass bereits die mit einem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile auf den Beamten einwirken können mit der Folge, dass das durch das Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis durch die Verfahrensdauer gemindert wird oder sogar ganz entfallen kann. Dementsprechend ist bei der Frage, welche Disziplinarmaßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes erforderlich ist, stets zu prüfen, ob und inwieweit bereits die mit einem langen Disziplinarverfahren konkret verbundenen Nachteile auf den Beamten positiv eingewirkt haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.10.1977 - 2 BvR 80/77 -, BVerfGE 46, 17). Diese Überlegungen greifen jedoch dann nicht, wenn die Entfernung des Beamten aus dem Dienst geboten ist. Bei der Dienstentfernung geht es darum, das Dienstverhältnis in Fällen besonders schwerwiegender Dienstvergehen zu beenden, weil jedes Vertrauen in den Beamten unwiederbringlich verloren gegangen ist. Dieser Vertrauensverlust kann durch die dem Beamten aus einer langen Verfahrensdauer entstehenden Nachteile nicht behoben werden. Ein solcher Beamter ist vielmehr für den öffentlichen Dienst untragbar geworden und muss unabhängig von der Verfahrensdauer aus Gründen der Funktionssicherung aus dem Dienst entfernt werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 08.09.1993 - 2 BvR 1517/92 -, NVwZ 1994, 574 und vom 09.08.2006 - 2 BvR 1003/05 -, DVBl. 2006, 1372; Urteil des Senats vom 04.11.2008 - DL 16 S 616/08 -, juris). Nach diesen Maßstäben ist hier unbeschadet der Verfahrensdauer eine Entfernung des Beamten aus dem Dienst unumgänglich, da dieser aufgrund seines schwerwiegenden Dienstvergehens untragbar geworden ist.
51 
Damit vermag der Senat - ebenso wie das Verwaltungsgericht - unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände, auch der langjährigen dienstlichen Unbescholtenheit des Beamten und seiner dienstlichen Beurteilungen, nicht zu erkennen, dass der durch die Begehung des schwerwiegenden Dienstvergehens eingetretene Vertrauensverlust durch durchgreifende Entlastungsgründe entfallen ist und der Beamte gegenüber seinem Dienstherrn noch ein Restvertrauen für sich in Anspruch nehmen könnte. Ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion. Die hierin liegende Härte ist für den Beamten - auch unter familiären und wirtschaftlichen Gesichtspunkten - nicht unverhältnismäßig, da sie auf zurechenbarem Verhalten beruht.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112 Abs. 1 Satz 1 LDO.
53 
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 88 LDO).

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

Tatbestand

1

Der jetzt 42 Jahre alte Beklagte steht als Rechtspfleger und Beamter auf Lebenszeit im Justizdienst des Landes Sachsen-Anhalt. Er bestand im Jahr 1995 die Rechtspflegerprüfung und wurde zunächst bei dem Amtsgericht Stendal, später bei dem Amtsgericht (...) beschäftigt. Zuletzt wurde der Beklagte im November 2000 zum Justizoberinspektor (BesGrp. A 10) befördert. Der Beklagte ist ledig und Vater eines im Jahre 2008 geborenen Sohnes, für welchen er unterhaltspflichtig ist. Die über den Beklagten erstellte dienstliche Beurteilung aus dem Jahr 2011 gelangt sowohl in der Leistungs- als auch in der Befähigungsbeurteilung jeweils zu der Gesamtnote „D“. Abgesehen von den hier zugrunde liegenden Vorwürfen ist der Beklagte bisher weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet.

2

In der Zeit von 1996 bis Ende 2007 war der Beklagte als Rechtspfleger bei dem Amtsgericht (...) tätig; dort hatte er vor allem Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren zu bearbeiten. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte er den Rechtsanwalt (D.) aus (...) kennen gelernt, welcher seit dem Jahr 2002 im Bereich der Zwangsverwaltung tätig war.

3

Im Dezember 2002 war der Beklagte als Rechtspfleger bei dem Amtsgericht (...) geschäftsplanmäßig für Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren mit den Endziffern 1 bis 8 zuständig. In seine Zuständigkeit fiel daher auch ein am 4. Dezember 2002 eingegangener Antrag einer Gläubiger-Bank des Grundstückseigentümers (T.) auf Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung in dessen Grundstück in (L.), L-Straße 12.

4

In dem vorangegangenen Strafverfahren hat der Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil vom 18. Juli 2011 - 4 StR 156/11 - die vom Landgericht Halle in dessen rechtskräftigem Strafurteil vom 22. September 2010 - 13 KLs 13/09 - getroffenen tatsächlichen Feststellungen wie folgt zusammengefasst:

5

„Mit Beschluss vom 14. Januar 2003 ordnete der Angeklagte A., in dessen Zuständigkeit die Bearbeitung dieses Antrags fiel, die Zwangsverwaltung an und bestellte den Angeklagten (D.) zum Zwangsverwalter, obwohl ihm in diesem Anwesen bereits zuvor vom Eigentümer unentgeltlich eine Dachgeschosswohnung zur Nutzung überlassen worden war, die er auch in der Folgezeit - bis mindestens Ende 2007 - nutzte, ohne hierfür Miete bzw. eine sonstige Nutzungsentschädigung und Betriebskosten an den Zwangsverwalter zu bezahlen. Der Angeklagte (D.) nahm das Grundstück am 21. Januar 2003 in Besitz und übte seine Verwaltertätigkeit aus. Dabei war ihm bekannt, dass der Angeklagte A., der in dem Haus „nach dem Rechten sah“, die Dachgeschosswohnung unentgeltlich nutzte. Dies gestatte er im Einvernehmen mit dem Angeklagten A. auch weiterhin, obwohl beide Angeklagte wussten, dass der Angeklagte A. auch unter Berücksichtigung seiner Dienste Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung zu entrichten und die Betriebskosten zu tragen gehabt hätte. Der Angeklagte A. hielt den Angeklagten (D.) zu keinem Zeitpunkt dazu an, ihn als Nutzer der Immobilie zu erfassen und bei ihm Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung und die Betriebskosten einzufordern. Der Angeklagte (D.) sah von der Geltendmachung dieser Ansprüche ab, „weil er sich hierfür ein Gewogensein des Angeklagten A. im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprach. Davon ging auch der Angeklagte A. aus.

6

Zwischen Februar 2003 und November 2007 entgingen dem Zwangsverwalter bzw. der Gläubigerin von (T.) bzw. diesem selbst infolge der kostenlosen Nutzung der Wohnung durch den Angeklagten A. insgesamt 8.408,84 Euro (108,50 Euro/Monat Kaltmiete und 36,48 Euro/Monat Betriebskosten).“

7

Aufgrund des vorstehenden Sachverhalts wurde der Beklagte durch Verfügung des Klägers vom 7. Juni 2010 gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 DG LSA vom Dienst suspendiert; seit dem 22. Juni 2010 werden zugleich 50 % seiner Dienstbezüge gemäß § 38 Abs. 2 DG LSA einbehalten. Der erkennende Senat hat die vorstehenden Maßnahmen mit Beschluss vom 8. März 2011 - 10 M 2/11 -bestätigt.

8

In dem zugrunde liegenden, seit dem 28. Juli 2011 rechtskräftigen Urteil vom 22. September 2010 hat das Landgericht Halle den Angeklagten (D.) wegen gemeinschaftlicher Untreue in Tateinheit mit Vorteilsgewährung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, den Beklagten wegen gemeinschaftlicher Untreue in Tateinheit mit Vorteilsannahme zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 35,00 Euro verurteilt.

9

Mit der am 7. August 2012 bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangenen Disziplinarklage begehrt der Kläger die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Der Beklagte habe in zweifacher Hinsicht gegen die Pflicht, die ihm übertragenen Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und sein Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen (§ 33 BeamtStG), sowie gegen die Pflicht, diese uneigennützig nach bestem Wissen wahrzunehmen und durch sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, welche seinen Beruf erfordere (§ 34 BeamtStG), verstoßen.

10

Zum einen habe er als zuständiger Rechtspfleger des Amtsgerichts (...) für das Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren über das Grundstück L-Straße 12 in (L.) weder dem Dienstherrn noch den Verfahrensbeteiligten offen gelegt, dass er selbst in dem Haus eine Wohnung genutzt habe, so dass er von dem Zwangsverwalter weder als Nutzer erfasst worden sei noch dieser Umstand bei der Verteilung der Hausnebenkosten Berücksichtigung gefunden habe. Zudem habe er als zuständiger Rechtspfleger des Amtsgerichts (...) in zwei Teilungsversteigerungsverfahren und in zwei Verfahren der Mobiliarzwangsvollstreckung kollusiv mit einem der Verfahrensbeteiligten zusammengearbeitet, indem er für diesen Anträge bei Gericht eingereicht und über jene selbst entschieden habe.

11

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 9. Dezember 2013 das Disziplinarverfahren gemäß § 53 Satz 1 DG LSA auf die Handlungen beschränkt, welche zu der strafrechtlichen Verurteilung wegen Untreue und Vorteilsannahme durch das Landgericht Halle in dem Urteil vom 22. September 2010 geführt haben.

12

In dem erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger ausgeführt, der Beklagte habe ein schweres Dienstvergehen begangen, welches die Entfernung aus dem Dienst rechtfertige. Das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und der Allgemeinheit sei endgültig zerstört. Der Beamte habe seine dienstliche Stellung als zuständiger Rechtspfleger im Verfahren der Zwangsverwaltung und der Zwangsvollstreckung missbraucht, um sich einen persönlichen Vorteil, namentlich die fortdauernde kostenlose Nutzung der Wohnung in dem zwangsverwalteten Objekt zu verschaffen. Unbestechlichkeit und Uneigennützigkeit seien eine wesentliche Grundlage für jedes öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis. Der Beklagte habe gezeigt, dass er es nicht verstehe, seine dienstlichen Obliegenheiten von privaten, eigenen Interessen zu trennen.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

15

Der Beklagte hat beantragt,

16

die Disziplinarklage abzuweisen.

17

Er hat zunächst formelle Mängel des Disziplinarverfahrens geltend gemacht. Es bestehe vor allem keine Bindungswirkung bezüglich der Feststellungen in dem rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteil. Entgegen diesen Feststellungen sei er weder Mieter noch Nutzer der Immobilie L-Straße 12 in (L.) gewesen, sondern er habe sich lediglich um das Objekt „gekümmert“ und „nach dem Rechten geschaut.“ Von einer stillschweigenden Übereinkunft zwischen ihm und dem Zwangsverwalter sei in keiner Weise auszugehen. Er habe das Zwangsverwaltungsverfahren neutral geführt. Auch sei seine Persönlichkeit bisher nicht hinreichend berücksichtigt worden. Er habe die Justiz in Sachsen-Anhalt mit aufgebaut und sich stets als ein vertrauenswürdiger und zuverlässiger Rechtspfleger erwiesen; so habe er mit erheblichem persönlichen Einsatz u. a. die Beratungshilfeverfahren mit der Folge einer deutlichen Ersparnis für den Dienstherrn bearbeitet. Seit dem Jahr 2007 sei er aufgrund von „Repressalien“ der damaligen Direktorin des Amtsgerichts erheblichen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt gewesen. Schließlich habe er erheblich an den wirtschaftlichen Folgen des Strafverfahrens und der damit verbundenen Rufschädigung zu tragen.

18

Das Verwaltungsgericht hat der Disziplinarklage entsprochen und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

19

Der Beklagte habe ein schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, welches die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich ziehe. Das Disziplinargericht sei gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA an die tatsächlichen Feststellungen in dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Halle vom 22. September 2010 gebunden. Die Bindungswirkung erstrecke sich auf den inneren und äußeren Tatbestand der Straftat, also auch auf den Vorsatz sowie auf die Schuldfähigkeit. Danach habe die Disziplinarkammer keine Zweifel an der Richtigkeit der strafrichterlichen Feststellungen zum Tathergang der strafrechtlich relevanten Untreue und der Vorteilsannahme. Der Beklagte habe gegen die ihn aus seiner Tätigkeit als Rechtspfleger obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen, indem er den von ihm eingesetzten Zwangsverwalter nicht dazu angehalten habe, bei ihm selbst Miet- bzw. Nutzungsentschädigung und Betriebskosten einzufordern. Dieses Verhalten habe bei der Gläubigerin bzw. bei dem Schuldner selbst zu einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geführt. Die unentgeltliche Nutzung der Wohnung während der von dem Beklagten angeordneten Zwangsverwaltung stelle einen Vorteil im Sinne der §§ 331, 333 StGB dar.

20

Der Beklagte habe damit sowohl seine Dienstpflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 34 Satz 3 BeamtStG) als auch zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verletzt. Verstöße gegen die Uneigennützigkeit der Dienstausübung stellten sehr schwerwiegende Pflichtverletzungen dar. Dem Verbot der Vorteilsannahme in Bezug auf das Amt komme als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung herausragende Bedeutung zu. Ein Beamter, der hiergegen verstoße, zerstöre regelmäßig das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit. Der Beklagte habe sich in einer herausgehobenen amtlichen Vertrauensposition befunden. Der durch sein Verhalten eingetretene finanzielle Schaden liege auch weit über der sog. Bagatellgrenze. Schließlich seien durchgreifende besondere Umstände, die ein Absehen von der angezeigten disziplinaren Höchstmaßnahme rechtfertigten, nicht zu erkennen. Vor allem könne aufgrund des mehrjährigen Zeitraums auch nicht von einem einmaligen Fehlverhalten oder einem persönlichkeitsfremden „Ausrutscher“ ausgegangen werden. Auch die von dem Beklagten vorgetragenen gesundheitlichen und beruflichen Nachteile seien nicht dazu geeignet, die Dienstpflichtverletzung in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Schließlich rechtfertige auch weder die Dauer des Disziplinarverfahrens noch der Umstand, dass die hier maßgebliche Tat schon lange zurückliege, nicht dazu, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn diese Maßnahme an sich geboten sei.

21

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte - im Ergebnis fristgerecht - Berufung eingelegt, welche er wie folgt begründet:

22

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf einem wesentlichen Verstoß gegen Verfahrensregeln, die bereits im behördlichen Disziplinarverfahren missachtet worden seien:

23

Er habe bereits in der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2013 als wesentlichen Mangel gemäß § 52 DG LSA gerügt, dass während des gegen ihn geführten Disziplinarverfahrens zu keinem Zeitpunkt die Personalvertretung beteiligt worden sei. Zwar regele § 66 Ziff. 9, 10 PersVG LSA die Mitbestimmung des Personalrats lediglich bei der Entlassung von Beamten auf Probe sowie von Widerrufsbeamten; allerdings sei zu bedenken, dass nach der bundesrechtlichen Regelung in § 78 Abs. 1 Ziff. 3 BPersVG der Personalrat mitzuwirken habe, sofern gegen einen Bundesbeamten Disziplinarklage erhoben werden solle. Eine derartige landesrechtliche Regelung bestehe in zehn Bundesländern, allerdings nicht in Sachsen-Anhalt; mithin beanspruche die landesrechtliche Regelung des § 66 PersVG LSA Geltung auch bei den Beamten auf Lebenszeit, anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorläge.

24

2. Das Verwaltungsgericht habe es in rechtsfehlerhafter Weise versäumt, im Hinblick auf den der Disziplinarklage zugrunde liegenden Lebenssachverhalt eigene Feststellungen zu treffen. Zwar sei es zutreffend, dass gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA grundsätzlich eine Bindungswirkung an vorausgegangene Strafurteile, welche denselben Sachverhalt betreffen, bestehe. Allerdings hätten sich dem Verwaltungsgericht ernsthafte Zweifel an den vom Landgericht Halle in seinem Urteil vom 22. September 2010 getroffenen tatsächlichen Feststellungen aufdrängen müssen, weshalb es gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 DG LSA eigene Sachverhaltsfeststellungen hätte treffen müssen. Insoweit wiederholt der Beklagte seine Ausführungen in der Klageerwiderung vom 11. Oktober 2012 unter Aufrechterhaltung der dortigen Beweisantritte. Schließlich habe das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung, gegen ihn die disziplinare Höchstmaßnahme zu verhängen und ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, in rechtsfehlerhafter Weise wesentliche Gesichtspunkte für die zu treffende Prognoseentscheidung unberücksichtigt gelassen. Insofern bezieht sich der Beklagte auf seinen im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Schriftsatz vom 23. Januar 2013, in welchem er u. a. seine dienstlichen Leistungen und die von ihm dort aufgeführten nebenamtlichen Tätigkeiten, u. a. als Dozent an der FHS und als Mitglied des Prüfungsausschusses für den mittleren Justizdienst vorgetragen hat.

25

3. Schließlich habe das Verwaltungsgericht sein Verhalten fälschlich als ausschließlich innerdienstlichen Pflichtverstoß gewürdigt, indes außer Acht gelassen, dass er „in Kontakt mit der in Rede stehenden Immobilie in (L.)“ zunächst als Privatperson und nicht von Beginn an in seiner Tätigkeit als Beamter gekommen sei.

26

Der Beklagte beantragt,

27

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 13. Dezember 2013 - 8 A 17/12 MD - aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

28

Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Er tritt zunächst dem Vorbringen entgegen, das Disziplinarverfahren sei formal fehlerhaft durchgeführt worden. Die Beteiligung der Personalvertretung bei Erhebung der Disziplinarklage sei nicht erforderlich, weil sie gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Es bestehe insoweit auch keine planwidrige Gesetzeslücke, die durch eine entsprechende Anwendung des geltenden Rechts zu füllen sei.

31

Das vom Verwaltungsgericht getroffene Ergebnis sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst habe das Verwaltungsgericht zu Recht die von dem Strafgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde gelegt. Das Vorbringen des Beklagten sei nicht geeignet, der Einordnung der Benutzung der Wohnung durch ihn als geldwerten Vorteil entgegen zu stehen. Er stelle selbst nicht in Abrede, in der Wohnung behördlich gemeldet zu sein, die Adresse gegenüber seinem Dienstherrn als Wohnanschrift angegeben und auch seine Post dort empfangen zu haben. Diese Indizien habe das Landgericht heranziehen können, um die Benutzung der Wohnung durch den Beklagten als geldwerten Vorteil einzustufen, welcher mit einer Mietzahlung abzugelten gewesen wäre. Das Landgericht habe sich mit den Angaben der Zeugen und seiner Beweiswürdigung auseinandergesetzt; die schließlich vom Bundesgerichtshof gebilligte Beweiswürdigung sei vollständig und stelle eine tragfähige Grundlage des gewonnenen Ergebnisses dar. Die vom Beklagten vorgebrachten Argumente seien nicht geeignet, der Einordnung der Benutzung der Wohnung durch ihn als geldwerten Vorteil entgegen zu stehen. Sein Verhalten begründe - wie der Bundesgerichtshof festgestellt habe - einen Verstoß gegen die §§ 331, 333 StGB.

32

Mit Recht habe das Verwaltungsgericht das Dienstvergehen des Beklagten als hinreichend schwerwiegend eingestuft, um dessen Entfernung aus dem Dienst zu rechtfertigen. Wenngleich das Verwaltungsgericht auf das Leistungsbild, welches der Beklagte vor dem Dienstvergehen erbracht habe, nicht eingegangen sei, so vermöge dies gleichwohl die Disziplinarmaßnahme nicht infrage zu stellen. Das Verwaltungsgericht habe unausgesprochen zu erkennen gegeben, dass die vom Beklagten erbrachten Leistungen die disziplinarischen Verfehlungen nicht aufzuwiegen vermögen.

Entscheidungsgründe

33

Die am 25. Februar 2013 eingelegte Berufung des Beklagten ist im Ergebnis zulässig, wenngleich das erstinstanzliche Urteil in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Beklagten bereits am 16. Januar 2013 eingegangen ist, der Prozessbevollmächtigte selbst jedoch das Empfangsbekenntnis erst am 27. Januar 2013 - seinen Angaben zufolge nach vorheriger Rücksprache mit dem Beklagten, ob die Berufung überhaupt durchgeführt werden solle - unterzeichnet hat. Der Senat sieht sich insoweit an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 29. April 2001 -8 B 86/10 -) gebunden, wonach die wirksame Zustellung eines Urteils im Verwaltungsprozess den Annahmewillen des Prozessbevollmächtigten voraussetze.

34

Die Berufung ist indes unbegründet, denn das Urteil des Verwaltungsgerichts ist sowohl hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Sachverhalts als auch hinsichtlich der Sanktionsfindung nicht zu beanstanden.

35

1. Soweit der Beklagte zunächst einen Verfahrensmangel mit der Begründung rügt, dass die Personalvertretung nicht beteiligt worden sei, hat er damit keinen Erfolg. Wie der Kläger zutreffend ausführt, ist eine Beteiligung der Personalvertretung im Zusammenhang mit der Erhebung einer Disziplinarklage rechtlich nicht geboten, weil das PersVG LSA ein solches Beteiligungserfordernis nicht vorsieht. Gemäß den ausdrücklichen Regelungen in § 66 Nr. 1 und 2 PersVG LSA hat der Personalrat lediglich bei der (beamtenrechtlichen) Entlassung von Beamten auf Probe bzw. auf Widerruf mitzubestimmen. Eine Beteiligungsbefugnis im Fall der Entlassung eines Beamten auf Lebenszeit hat der Landesgesetzgeber gerade nicht vorgeschrieben. Insoweit ist auch keine sog. Gesetzeslücke zu erkennen, die durch die Konstruktion einer weitergehenden Beteiligungsmöglichkeit auszufüllen wäre. Vielmehr weist der Kläger mit Recht auf die grundlegend unterschiedliche Situation der jeweiligen Verfahren hin: Während die Entlassung eines Beamten auf Probe bzw. auf Widerruf durch den Dienstherrn in eigener Zuständigkeit, mithin im Verwaltungsverfahren erfolgt, liegt die Zuständigkeit hinsichtlich der Entlassung von Beamten auf Lebenszeit im Disziplinarwege bei den Disziplinargerichten. Insofern hat der Landesgesetzgeber mit seiner Entscheidung, eine Beteiligung der Personalvertretung vor bzw. in gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht vorzusehen, der unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit der Betroffenen in den jeweiligen Verfahrensarten Rechnung getragen. Für eine vom Beklagten geforderte Anwendung der Beteiligungsvorschriften des PersVG LSA auf die vorliegende Konstellation unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG besteht danach kein Anlass.

36

2. Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, das Verwaltungsgericht habe es in rechtsfehlerhafter Weise versäumt, eigene tatsächliche Feststellungen zu treffen. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend. Dabei bezieht sich die Bindungswirkung nicht nur auf die Feststellungen zum eigentlichen Tathergang, sondern auch auf diejenigen zum inneren Tatbestand, mithin auf Feststellungen zur Schuldform sowie zu Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründen (vgl. hierzu Urban/Wittkowski, § 23 BDG, Rdn. 3 m. w. N.).

37

Der Sinn der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung strafgerichtlicher Urteile besteht darin, dass eine erneute Beweisaufnahme durch die Disziplinargerichte grundsätzlich vermieden werden soll. Dies zeigt sich gerade an dem hier zugrunde liegenden Verfahrensgang:

38

Das Landgericht Halle hat den Sachverhalt aufgrund einer elftägigen Hauptverhandlung, in deren Rahmen der jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten als Verteidiger aufgetreten ist, abschließend geklärt, insbesondere eine umfassende Beweisaufnahme durch Vernehmung zahlreicher, auch von der Verteidigung benannter Zeugen durchgeführt. Das mehr als 90seitige Urteil des Landgerichts würdigt im Einzelnen das Ergebnis der Beweisaufnahme, gerade auch unter Einbeziehung der Einlassungen der Angeklagten. Dass das Urteil des Landgerichts Halle hinsichtlich der Würdigung des Sachverhalts keinen Beanstandungen unterliegt, zeigt nicht nur der Umstand, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 28. Juli 2011 die sowohl sachlich als auch rechtlich begründete Revision des Beklagten verworfen hat; vielmehr hat der Bundesgerichtshof seinem Revisionsurteil ausdrücklich die vom Landgericht Halle getroffenen tatsächlichen Feststellungen - zusammengefasst - zugrunde gelegt.

39

Danach ist nicht zu erkennen, inwieweit hier für das Verwaltungsgericht Anlass bestanden haben sollte, ausnahmsweise von der gesetzlichen Bindungswirkung der strafrichterlichen Feststellungen abzusehen und eine (erneute) Beweisaufnahme durchzuführen. Dementsprechend sieht auch der Senat keine Veranlassung zur Durchführung einer Beweisaufnahme, sondern legt ebenso den von den Strafgerichten festgestellten Sachverhalt zugrunde.

40

3. Soweit der Beklagte schließlich rügt, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft verkannt, dass er zunächst als „Privatperson“ mit der Immobilie in (L.) „in Kontakt gekommen“ sei und sei deswegen zu Unrecht von einem ausschließlich innerdienstlichen Fehlverhalten ausgegangen, geht auch dieser Einwand im Ergebnis fehl. Der Vorwurf der innerdienstlichen Pflichtverletzung bezieht sich (lediglich) auf seine dienstliche Befassung mit dem Objekt, und zwar beginnend mit dem Eingang des Antrags der Gläubigerbank auf Anordnung der Zwangsverwaltung. Hierzu hat der Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil ausgeführt, dass der Beklagte - weil selbst betroffen - gemäß § 10 RPflG i. V. m. § 41 Nr. 1 ZPO in dem Zwangsverwaltungsverfahren schon gar nicht hätte tätig werden dürfen. Bereits der Umstand, dass sich der Beklagte über dieses Verbot schlicht hinweggesetzt hat, begründet den Vorwurf eines innerdienstlichen Fehlverhaltens.

41

Im übrigen hat der Bundesgerichtshof im einzelnen ausgeführt, dass sich der Beklagte - in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit als Rechtspfleger - in doppelter Hinsicht strafbar gemacht hat:

42

Die Verurteilung des Beklagten wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) gründet sich darauf, dass diesem eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Gläubigern bzw. dem Grundstückseigentümer selbst oblag. Der Bundesgerichtshof hat dazu ausgeführt, dem Rechtspfleger komme im Zwangsverwaltungsverfahren eine „verfahrensbeherrschende Stellung“ zu. Das Vollstreckungsgericht sei berechtigt und verpflichtet, den Verwalter zu leiten und im Rahmen der Aufsicht festgestellte Pflichtwidrigkeiten zu beseitigen; die Aufsichtstätigkeit des Rechtspflegers beziehe sich insbesondere auf die treuhändische Tätigkeit des Zwangsverwalters und die diesem obliegende Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Beteiligten.

43

Der Beklagte hat danach - wie der Bundesgerichtshof weiter ausführt - gegen die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen, indem er den Zwangsverwalter nicht dazu anhielt, bei ihm selbst Miete bzw. Nutzungsentschädigung und Betriebskosten für die Dachwohnung einzufordern. Die Verletzung dieser Pflicht hat auch zu einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB bei der Gläubigerin bzw. dem Grundstückseigentümer geführt, mithin bei denjenigen, deren Interessen der Beklagte gerade zu wahren hatte.

44

Die für die Verurteilung wegen Vorteilsannahme (§§ 331,333 StGB) erforderliche Unrechtsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Zwangsverwalter (D.) hat der Bundesgerichtshof bejaht. Dabei hat er ausgeführt, dass unter die Straftatbestände auch die Konstellationen fallen, in denen durch einen Vorteil nur das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers erkauft bzw. „allgemeine Klimapflege“ betrieben wird, wobei allerdings erforderlich sei, dass Ziel der Vorteilszuwendung sei, auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen und/oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren. Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof als gegeben angesehen, weil sich der Zwangsverwalter ein „Gewogensein des Angeklagten A. gerade im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprochen“ habe. Im Einvernehmen hiermit habe der Beklagte als der für das Zwangsverwaltungsverfahren zuständige Rechtspfleger, mithin als Amtsträger handeln sollen. Die unentgeltliche Nutzung der Wohnung während der vom Beklagten angeordneten Zwangsverwaltung stelle einen entgegengenommenen bzw. gewährten Vorteil im Sinne der §§ 331,333 StGB dar. Denn hierunter sei jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch habe und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessere.

45

Der Senat legt seiner Entscheidungsfindung sowohl die im rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen als auch die strafrechtliche Bewertung des Sachverhalts durch den Bundesgerichtshof zugrunde. Ergänzend weist der Senat auf folgende, sich aus den Akten ergebende Umstände hin, welche die durch die Strafgerichte getroffene Tatsachenfeststellung stützen:

46

Der Beklagte war in der Wohnung in (L.) seit dem 1. November 1999 bis Ende 2005 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Die dortige Wohnsitznahme hat er seiner Dienststelle mit Veränderungsanzeige vom 18. November 1999 übermittelt. Dies unterstreicht, dass der Beklagte die Wohnung auch tatsächlich genutzt hat. Zudem hat der Beklagte in seiner dienstlichen Eigenschaft die vom Zwangsverwalter erstellten Auflistungen bzw. Jahresabrechnungen über die Mietverhältnisse in dem Haus - mit namentlicher Aufzählung der Mieter, der jeweiligen Wohnfläche und des gezahlten Mietzinses - entgegengenommen; ihm war daher stets bewusst, dass die eigene Nutzung der Wohnung von vornherein außer Betracht blieb, was ihm indes keine Veranlassung gab, auf eine tatsächliche Richtigkeit der Aufstellungen hinzuwirken. Dies lässt ohne weiteres darauf schließen, dass es zwischen ihm und dem Verwalter eine Vereinbarung gab, die vom Beklagten genutzte Fläche von vornherein außer Betracht zu lassen.

47

In disziplinarrechtlicher Hinsicht schließt sich der Senat der rechtlichen Einordnung durch das Verwaltungsgericht an:

48

Mit seinem Verhalten hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, indem er seine Dienstpflicht sowohl zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) als auch zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verletzt hat.

49

Im Rahmen der Sanktionsfindung hat das Verwaltungsgericht zutreffend die gesetzlichen Kriterien gemäß § 13 Abs. 1 DG LSA berücksichtigt. Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung (vgl. BVerwG, U. v. 25. Juli 2013 - 2 C 63/11 -, Rdn. 13 ff.). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, a. a. O. unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -).

50

Das hier zugrunde liegende Verhalten des Beklagten stellt sich schon deswegen als eine schwerwiegende Verletzung von Dienstpflichten dar, weil dieser sich zugleich wegen Delikten strafbar gemacht hat, welche den Kernbereich der Amtsausübung im Beamtenverhältnis betreffen. Wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -) zutreffend ausgeführt hat, kommt dem Verbot der Vorteilsnahme in Bezug auf das Amt als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung herausragende Bedeutung zu. Eine rechtsstaatliche Verwaltung - zu der insoweit selbstverständlich auch die Tätigkeit von Grundbuchrechtspflegern zählt - ist auf die berufliche Integrität des Berufsbeamtentums zwingend angewiesen. Jeder Eindruck, ein Beamter sei für Gefälligkeiten offen oder gar käuflich, beschädigt das unverzichtbare Vertrauen in die strikte Bindung staatlichen Handelns an Gesetz und Recht.

51

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist bei strafbarem Verhalten nach § 331 StGB (Vorteilsannahme im strafrechtlichen Sinn) im Regelfall angezeigt, wenn ein Beamter als Inhaber eines herausgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung für die Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil fordert oder annimmt. Dabei muss eine Unrechtsvereinbarung zustande kommen, d.h. der Beamte muss eine Beziehung zwischen Vorteil und Dienstausübung herstellen. Es reicht indes aus, wenn durch den Vorteil das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erkauft werden soll (vgl. BVerwG, U. v. 28. Februar 2013, a. a. O., Rdn. 31 ff.).

52

Die Voraussetzungen für die Anwendung der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind gegeben. Der Beklagte hat sich wegen Vorteilsannahme gemäß § 331 (und zusätzlich wegen Untreue gemäß § 266 StGB) strafbar gemacht, wobei es nach den Feststellungen der Strafgerichte zu einer Unrechtsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem von ihm bestellten Zwangsverwalter gekommen ist. Insoweit reicht es aus, wenn - wie hier - durch den Vorteil das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben „erkauft“ werden soll. Im übrigen kommt es auch nicht darauf an, ob es sich bei einem unerlaubten Vorteil um eine Geld- oder um eine Sachleistung handelt; daher unterfällt auch der - hier gegebene - Verzicht auf die Erhebung vom Miete und Nebenkosten für die vom Beklagten genutzte Wohnung den Kriterien für die Sanktionsbemessung bei unerlaubter Vorteilsannahme.

53

Ist danach im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens grundsätzlich die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 DG LSA indiziert, so ist gleichwohl zu prüfen, ob mildernde Umstände von einem Gewicht vorliegen, das die Schwere des Pflichtenverstoßes und sonstige belastende Umstände aufwiegt.

54

Derartige mildernde Umstände liegen nicht darin begründet, dass der Beklagte im Strafverfahren nur zu einer relativ geringen Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden ist. Der Bundesgerichtshof hat dazu bemerkt, dass die gegen beide Angeklagte verhängten Strafen außerordentlich milde seien, die Grenze des Vertretbaren „noch nicht“ überschritten sei. Der Senat vermag daher aus der - insbesondere mit dem Vorliegen eines sog. vertypten Milderungsgrundes im Sinne der §§ 13 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB begründeten - Strafzumessung durch das Landgericht nicht auf das Vorliegen besonderer Umstände schließen, die das Handeln des Beklagten in disziplinarrechtlicher Hinsicht in einem besonders milden Licht erscheinen ließen.

55

Auch der Umstand, dass der Beklagte die Wohnung schon vor der Bestellung des Zwangsverwalters kostenlos genutzt hat, vermag den Senat nicht zur Annahme besonderer Milderungsgründe zu veranlassen. Der Vorwurf dienstlichen Fehlverhaltens bezieht sich gerade auf die Zeit seit der erstmaligen dienstlichen Befassung mit dem Mietobjekt, weshalb es auch als innerdienstliches Fehlverhalten anzusehen ist. Im übrigen hätte der Beklagte den Umstand der kostenlosen Nutzung einer Wohnung in dem von ihm dienstlich zu betreuenden Objekt schon im Hinblick auf den vom Bundesgerichtshof hervorgehobenen gesetzlichen Hinderungsgrund, jedenfalls aber zur Vermeidung schon des Verdachts möglicher Pflichtenkollisionen dem Dienstherrn anzeigen können und auch müssen. Dass er eine solche Anzeige nicht nur unterlassen, sondern die Wohnung während seiner laufenden dienstlichen Tätigkeit noch für einen mehrjährigen Zeitraum weiter genutzt hat, spricht für ein bewusstes, am eigenen Vorteil orientiertes Kaschieren der tatsächlichen Situation. Im übrigen hat der Beklagte den rechtswidrigen Zustand auch nicht etwa aus eigenem Antrieb beendet und sich dem Dienstherrn offenbart, sondern schlicht abgewartet, bis sein Fehlverhalten im Rahmen von Personalgesprächen anlässlich einer Entscheidung über eine in Aussicht genommene Versetzung im November 2007 offenbar wurde.

56

Es handelte sich bei der Gesamtsumme der „ersparten Aufwendungen“ von 8408,84 Euro auch nicht um einen Betrag, der unter die von der Rechtsprechung entwickelte Bagatellgrenze fallen könnte. Unabhängig davon ist der Gesamtbetrag - auch wenn die angenommenen monatlichen Raten bei ca. 150 Euro liegen - nicht dermaßen gering, dass er Anlass zur Annahme von Milderungsgründen geben könnte.

57

Auch der Hinweis des Beklagten auf seine dienstlichen Leistungen und seinen langjährigen Einsatz vermag den Senat nicht dazu veranlassen, von der an sich gebotenen Sanktion der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - deren Erbringung sich hier angesichts der Durchschnittsnote „D“ allerdings nicht aufdrängt - regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, a. a. O. Rdn. 43 m. w. N.).

58

Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass sich das Disziplinarverfahren etwa unverhältnismäßig lange hinausgezögert hat. Der Umstand, dass die Disziplinarklage erst im Jahr 2012 erhoben worden ist, ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass das Strafverfahren erst im September 2011 mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes abgeschlossen wurde. Eine Verzögerung des weiteren Verfahrens durch den Kläger ist darin nicht zu erkennen. Unabhängig davon würde allerdings auch eine unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens keinen bemessungsrelevanten Umstand darstellen, der das Verwaltungsgericht berechtigen würde, von der gebotenen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (vgl. BVerwG, a. a. O., Rdn. 44).

59

Schließlich vermag auch die vom Beklagten vorgebrachte gesundheitliche Beeinträchtigung im Jahr 2007 nicht zur Annahme von Milderungsgründen zu führen - dies schon deswegen nicht, weil der disziplinarrechtlich maßgebliche Zeitrahmen bis zum Jahr 2002 zurückreicht, sich mithin auf einen sehr langen Zeitraum bezieht, für welchen der Beklagte selbst keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorträgt. Gleiches gilt für die von ihm behaupteten finanziellen Belastungen im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren; diese beziehen sich auf die Zeit nach Entdeckung seines Fehlverhaltens, können also schon deswegen für die Sanktionsfindung außer Betracht bleiben.

60

Zu dem Vorbringen des Beklagten in der Berufungsverhandlung, man könne sich in einer so kleinen Stadt wie (...) „kaum aus dem Weg gehen“, bemerkt der Senat abschließend, dass gerade in derartigen - scheinbaren - Näheverhältnissen dafür Sorge zu tragen ist, dass gar nicht erst der Eindruck einer „Kumpanei“ zwischen Justizbediensteten und Außenstehenden entstehen darf. Die Rechtsuchenden müssen sich stets darauf verlassen können, dass ihre Anliegen ausschließlich nach Recht und Gesetz bearbeitet und beschieden werden.

61

Danach ist der Beklagte gemäß §§ 13 Abs. 3, 10 Abs. 1 DG LSA aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die damit verbundenen, insbesondere wirtschaftlichen Konsequenzen hat er selbst zu tragen, denn er hat die Ursache hierfür selbst mit seinem Fehlverhalten gesetzt. Gemäß § 10 Abs. 3 DG LSA steht ihm zur Vermeidung besonderer Härten zunächst für die Dauer von sechs Monaten ein sog. Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 v. H. seiner Dienstbezüge zu.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 72 DG LSA, 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit ergibt sich aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.