Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 26. Juni 2018 - 5 U 85/17

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2018:0626.5U85.17.00
bei uns veröffentlicht am26.06.2018

Tenor

1. Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 21. November 2017 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme und ggf. Rücknahme des Rechtsmittels bis zum 23. Juli 2018.

Gründe

I.

1

Die Klägerin, Grundstücksnachbarin der Beklagten in L…, macht gegen diese einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch infolge der Auswirkungen eines Brandes auf dem von der Beklagten gepachteten Grundstück, die dort einen Holzhandel betreibt, auf das als Weinberg landwirtschaftlich genutzte Grundstück der Klägerin geltend.

2

Am 18.08.2016 geriet eine Lagerhalle des Gewerbebetriebs der Beklagten, die mit einer Welleternit - Dacheindeckung versehen war, in Brand und wurde hierdurch vollständig zerstört. Am 23.08.2016 verfügte die Stadt L… daraufhin „wegen der Belastung des Gefahrenbereichs mit Asbestfasern“ ein Betretungsverbot der Umgebung des Brandortes und forderte die Klägerin auf, ihr benachbartes und innerhalb des Sperrbezirks liegendes Grundstück auf eine Asbestbelastung untersuchen zu lassen. Die Klägerin kam dem nach und beauftragte den S… TÜV S… mit der Untersuchung. Am 21.09.2016 teilte der TÜV S… das Ergebnis der Untersuchung mit und gab verschiedene Empfehlungen zum weiteren Vorgehen. Demnach war der Weinberg der Klägerin im unteren Drittel stark, im mittleren Drittes mäßig und im oberen Drittel schwach mit Asbestzementbruch belastet, so dass die Reinigung in unterschiedlicher Intensität empfohlen wurde. Die Klägerin beauftragte sodann die Fa. W… entsprechend den Empfehlungen des TÜV mit einer Reinigung des Weinberges, die im unteren Drittel u.a. durch Abtragung des Erdreichs erfolgte. Nach einer am 28.09.2016 durchgeführten Überprüfung der Arbeiten durch den TÜV S… war der Weinberg nunmehr asbestfrei.

3

Die Klägerin hat die ihr durch die Maßnahmen (Gutachten, Reinigungskosten) entstandenen Kosten und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 40.336 € nebst Zinsen geltend gemacht.

4

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Hinblick auf die ungeklärte Brandursache ihre Einstandspflicht dem Grunde nach bestritten. Sie hat weiter, untermauert durch ein von ihrer Versicherung eingeholtes Gutachten des Sachverständigen A… P…, moniert, nur 3 von insgesamt 17 durch den TÜV entnommene Proben seien asbesthaltig gewesen, von dem „Asbestzementbruch“ auf dem Grundstück der Klägerin sei dabei keine einzige Probe genommen worden. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klägerin habe die Arbeiten deshalb ohne ausreichende vorherige Prüfung durchführen lassen. Eine Kontamination ihres Grundstücks sei nicht nachgewiesen, weshalb die ergriffenen Maßnahmen nicht, jedenfalls nicht in dem Maße notwendig bzw. erforderlich gewesen seien, wie sie tatsächlich durchgeführt wurden.

5

Die Kammer hat die Klageforderung ohne Beweisaufnahme in vollem Umfang zugesprochen.

6

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin Klageabweisung begehrt, hilfsweise die Zurückverweisung des Rechtsstreits an die erste Instanz. Sie macht geltend, das Erstgericht habe es unterlassen, gutachterlich abzuklären, ob das Grundstück der Klägerin überhaupt mit Asbestfasern kontaminiert worden sei. Sie meint weiterhin, die ungeklärte Brandursache hindere die Feststellung, dass sie Störerin im Sinne des § 1004 BGB sei, so dass der Anspruch dem Grunde nach nicht feststehe. Auch die Höhe des der Klägerin entstandenen Schadens sei streitig gewesen und bedürfe der Beweiserhebung.

7

Dagegen verteidigt die Klägerin das Urteil und verweist u.a. auf das Urteil des BGH vom 9.2.2018, V ZR 311/16.

II.

8

Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

9

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4 ZPO).

10

1. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte besteht als nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch aus einer analogen Anwendung von §§ 906 Abs. 2, 1004 BGB.

11

Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch besteht, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gem. §§ 1004 Absatz 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (BGHZ 155, 99). Mit seiner Entscheidung vom 9.2.2018, V ZR 311/16, hat der BGH außerdem klargestellt, dass eine Haftung nach § 906 Abs. 2 BGB analog dabei keinen Sorgfaltspflichtverstoß des Grundstücksberechtigten voraussetzt. Für eine „Zurechnung“, also die Bejahung einer Störereigenschaft kommt es ausschließlich darauf an, ob die zum Schaden führenden Einwirkungen wertungsmäßig aus dem Verantwortungsbereich des Grundstücksberechtigten stammen. Jedenfalls dies war hier der Fall. Welcher technische Mangel genau nun den Brand in der Halle der Beklagten verursacht hat (entweder ein Defekt der Photovoltaikanlage oder zu hohe Temperaturen im Technikraum; entsprechende Gutachten finden sich in der Ermittlungsakte) und ob es der Beklagten vorzuwerfen ist, dass sie der Gefahr nicht (rechtzeitig) entgegengewirkt hat, ist für ihre Haftung aus dem Gesichtspunkt des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs ohne jede Bedeutung, weshalb auch eine Beweiserhebung zur Brandursache nicht stattzufinden hat.

12

2. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich außerdem auch zur Anspruchshöhe als zutreffend.

13

Der Inhalt und Umfang des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs bestimmt sich unter Abwägung aller Umstände nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung; der Anspruch ist kein Schadensersatzanspruch, der sich - jedenfalls unmittelbar - nach den §§ 249 ff. BGB richtet. Er kann je nach Art und Weise der Einwirkung gleichwohl auf vollen Schadensersatz gehen. Besteht die Einwirkung in einer Substanzschädigung, so sind die Beseitigungskosten einschließlich der Planungskosten ebenso zu ersetzen wie der verbleibende Minderwert. Dasselbe gilt für die Anwaltskosten, die durch die einwirkungsbedingte rechtliche Auseinandersetzung entstanden sind. Sie gehören mit zu den ersatzfähigen Folgekosten der Einwirkung (BGH, NJW 2008, 992).

14

Vorliegend geht es um die Folgen einer Immissionseinwirkung mit festen Teilen auf die Oberfläche des Grundstücks der Klägerin, was einer „Substanzverletzung“ für die Frage des Anspruchsumfanges wertungsmäßig gleichsteht. Eine Abwägung aller Umstände, namentlich der von Asbest ausgehenden Gesundheitsgefahr, der landwirtschaftlichen Nutzung des klägerischen Grundstücks zur Erzeugung von Lebensmitteln, des zeitlichen Drucks, unter dem hier eine (jedenfalls hochwahrscheinliche) Asbestkontamination beseitigt werden musste, führt dazu, dass der Klägerin all diejenigen Kosten zu erstatten sind, die sie auch im Falle eines Schadenersatzanspruchs erstattet bekäme.

15

Demnach gilt hier:

16

Das sog. Werkstatt- oder Prognoserisikos trägt der Schädiger (BGHZ 115, 364). Die Zuweisung des Prognoserisikos bewirkt, dass die für die Schadensschätzung maßgeblichen Feststellungen auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Einschätzung der Wiederherstellungskosten erfolgt, der konkrete Schadensersatz sich aber nach den tatsächlichen Kosten richtet (OLG Frankfurt, NZV 2001, 348). Vom Schädiger sind dabei solche Aufwendungen zu ersetzen, „die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Eigentümer in der besonderen Lage des Geschädigten für eine zumutbare Instandsetzung zu machen hätte“. Ersatzfähig sind danach die Kosten, die ex ante als erforderlich erschienen, ex post jedoch erfolglos oder in Wirklichkeit nicht erforderlich waren. Dies gilt nur dann nicht, wenn den Geschädigten ein Auswahlverschulden bei der Durchführung der Wiederherstellungsmaßnahmen durch einen Dritten oder der Auswahl des Gutachters, der die Erforderlichkeit der Maßnahmen ermittelt hat, trifft (BGHZ 115, 364).

17

Hier hat die Klägerin die Erforderlichkeit der Wiederherstellungsmaßnahmen durch ein Sachverständigengutachten des TÜV feststellen lassen, auf das sie sicher vertrauen durfte. Zwischen den Parteien ist auch unstreitig, dass die Dacheindeckung der abgebrannten Lagerhalle tatsächlich Asbest enthielt (wie alle Welleternit-Dacheindeckungen bis zumindest Mitte der 80er Jahre), was die gutachterlichen Feststellungen durch den TÜV plausibel erscheinen ließ. Ihre Schadensbeseitigungsmaßnahmen hat die Klägerin, die infolge der Vorgaben durch die Stadt Landau und durch weitere Grundstücksnachbarn auch unter einem zeitlichen Druck stand, sodann nach den Empfehlungen des TÜV ausgerichtet. Dass ihr die von ihr geltend gemachten Kosten hierfür tatsächlich entstanden sind, steht nicht im Streit. Sollte ein fehlerhaftes Sachverständigengutachten des TÜV erstellt worden sein, das zur Abwälzung des Prognoserisikos auf die Beklagte geführt hat, so hat die Beklagte ggf. Schadenersatzansprüche gegen den Gutachter aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl hierzu auch BGH, Urteil vom 26.04.2018, III ZR 367/16). Auf die Höhe des zu leistenden Schadenersatzes im Verhältnis zur Klägerin wirkt sich dies aber nicht aus.

Urteilsbesprechung zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 26. Juni 2018 - 5 U 85/17

Urteilsbesprechungen zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 26. Juni 2018 - 5 U 85/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 906 Zuführung unwägbarer Stoffe


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benu
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 26. Juni 2018 - 5 U 85/17 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 906 Zuführung unwägbarer Stoffe


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benu

Referenzen - Urteile

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 26. Juni 2018 - 5 U 85/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 26. Juni 2018 - 5 U 85/17 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2018 - III ZR 367/16

bei uns veröffentlicht am 26.04.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 367/16 Verkündet am: 26. April 2018 P e l l o w s k i Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Drittsc

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2018 - V ZR 311/16

bei uns veröffentlicht am 09.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 311/16 Verkündet am: 9. Februar 2018 Rinke Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 311/16 Verkündet am:
9. Februar 2018
Rinke
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Grundstückseigentümer, der einen Handwerker Reparaturarbeiten am Haus
vornehmen lässt, ist als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB verantwortlich,
wenn das Haus infolge der Arbeiten in Brand gerät und das Nachbargrundstück
beschädigt wird. Dass der Handwerker sorgfältig ausgesucht wurde, ändert daran
nichts.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 311/16 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
ECLI:DE:BGH:2018:090218UVZR311.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr. Kazele und Dr. Hamdorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Januar 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten zu 2 bis 4 sind die Rechtsnachfolger der ursprünglich beklagten Eheleute R. , die im Laufe des Rechtsstreits verstorben sind. Die Eheleute R. waren Eigentümer eines Wohnhauses. Am 8. Dezember 2011 führte der Beklagte zu 1 in ihrem Auftrag am Flachdach des Hauses Reparaturarbeiten durch. Im Verlauf der von ihm mit Hilfe eines Brenners durchgeführten Heißklebearbeiten verursachte er schuldhaft die Entstehung eines Glutnestes unter den aufgeschweißten Bahnen. Am Abend bemerkten die Eheleute Flammen in dem Bereich, in dem der Beklagte zu 1 gearbeitet hatte.
Der alarmierten Feuerwehr gelang es nicht, das Haus zu retten. Es brannte vollständig nieder. Durch den Brand und die Löscharbeiten wurde das an das brennende Haus unmittelbar angebaute Haus der Nachbarin erheblich beschädigt.
2
Das Haus der Nachbarin ist bei der Klägerin versichert, die ihr eine Entschädigung geleistet hat. Die Klägerin verlangt nun aus übergegangenem Recht gemäß § 86 Abs. 1 VVG von den Beklagten Ersatz. Das Landgericht hat den Beklagten zu 1 zur Zahlung von 97.801,29 € verurteilt; während des Berufungsverfahrens wurde über dessen Vermögen das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Die gegen die Beklagten zu 2 bis 4 gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin, mit der diese eine Verurteilung auch der Beklagten zu 2 bis 4 erstrebt hatte, zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten zu 2 bis 4 beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts sind die Beklagten zu 2 bis 4 nicht zum Ersatz verpflichtet. Eine Haftung aus unerlaubter Handlung scheide aus, da keine Anhaltspunkte bestünden, dass ihre Rechtsvorgänger den Dachdecker nicht sorgfältig ausgewählt hätten. Der Klägerin stehe auch kein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu. Die Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2 bis 4, die Eheleute R. , seien nicht Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB. Sie hätten mit der sorgfältigen Auswahl des Beklagten zu 1 alles Erforderliche getan, um das Risiko eines Brandschadens im Zuge der Dachdeckerarbeiten auszuschließen. Eine Beaufsichtigungspflicht oder Pflicht zur Erteilung von Anweisungen hinsichtlich der Arbeitsausführung habe sie nicht getroffen. Schließlich seien sie nach Beendigung der Arbeiten auch nicht verpflichtet gewesen zu prüfen, ob sich unterhalb der Dachabdeckung ein Glutnest gebildet haben könnte, was nach den örtlichen Gegebenheiten zudem gar nicht möglich gewesen wäre.

II.

4
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagten ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG zu.
5
1. Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß § 1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. nur Senat, Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 102 f.; Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 44 f.; Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 9 jeweils mwN). Hiervon ist auszugehen, wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann (Senat, Urteil vom 1. Februar 2008 - V ZR 47/07, NJW 2008, 992 Rn. 7).
6
2. Weitere Voraussetzung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs ist, dass der Anspruchsgegner als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB zu qualifizieren ist (Senat, Urteil vom 1. Februar 2008 - V ZR 47/07, NJW 2008, 992 Rn. 8 mwN).
7
a) Die Störereigenschaft folgt nicht allein aus dem Eigentum oder Besitz an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht. Erforderlich ist vielmehr, dass die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es jeweils Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer oder -besitzer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen. Dies ist dann zu bejahen, wenn sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Einwirkung ausgeht, eine „Sicherungspflicht“, also eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen, ergibt (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 42; Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 193/10, NJW-RR 2011, 739 Rn. 12 mwN).
8
b) Mit der Sicherungspflicht ist allerdings nicht - wie das Berufungsgericht meint - eine Sorgfaltspflicht im schuldrechtlichen Sinne gemeint, die, um einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch zu begründen, von dem Grundstückseigentümer oder -besitzer verletzt worden sein muss. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Grundstückseigentümer oder -besitzer nach wertender Betrachtung für den gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks verantwortlich ist, er also zurechenbar den störenden Zustand herbeigeführt hat (vgl. Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 193/10, NJW-RR 2011, 739 Rn. 6). Wesentliche Zu- rechnungskriterien sind dabei u.a. die Veranlassung, die Gefahrenbeherrschung oder die Vorteilsziehung (vgl. Senat, Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 106; Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 193/10, NJWRR 2011, 739 Rn. 8). Bei natürlichen Immissionen ist entscheidend, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ, 157, 33, 42 mwN). Sachgründe, die es rechtfertigen, dem Grundstückseigentümer oder -besitzer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen und ihn damit als Störer zu qualifizieren, hat der Senat etwa bejaht, wenn ein Haus infolge eines technischen Defekts seiner elektrischen Geräte oder Leitungen in Brand gerät (Senat, Urteil vom 11. Juni 1999 - V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 70; Urteil vom 1. Februar 2008 - V ZR 47/07, NJW 2008, 992, 993) oder Wasser infolge eines Rohrbruchs auf das Nachbargrundstück gelangt (Senat, Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 105 f.). Hierdurch verursachte Störungen stellen kein allgemeines Risiko dar, das sich - wie etwa ein Blitzschlag - ebenso gut bei dem Haus des Nachbarn hätte verwirklichen können und dessen Auswirkungen von dem jeweils Betroffenen selbst zu tragen sind. Auch wenn konkret kein Anlass für ein vorbeugendes Tätigwerden bestanden haben mag, beruhen sie auf Umständen, auf die grundsätzlich der Grundstückseigentümer bzw. -besitzer, und nur dieser, Einfluss nehmen konnte (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 1999 - V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 70).
9
3. Gemessen an diesen Grundsätzen haften die Beklagten dem Grunde nach in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB für die aus dem Brand entstandenen Schäden am Nachbarhaus.
10
a) Die Eigentümerin des Nachbargebäudes hatte keine tatsächliche Möglichkeit , das drohende Übergreifen des Brandes auf ihr Grundstück durch die Geltendmachung von Abwehransprüchen gemäß § 1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB zu verhindern. Die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch den Brand und die Löscharbeiten verursachten erheblichen Beschädigungen ihres Gebäudes übersteigen das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Einwirkung. Die Beeinträchtigung beruhte auch auf einer privatwirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks der Beklagten.
11
b) Die Rechtsvorgänger der Beklagten sind als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB anzusehen.
12
aa) Der Annahme einer Verantwortlichkeit steht nicht entgegen, dass der Brand auf die Handlung eines Dritten, nämlich auf die Arbeiten des von den Rechtsvorgängern der Beklagten mit der Vornahme einer Dachreparatur beauftragten Werkunternehmers zurückzuführen ist. Mittelbarer Handlungsstörer ist auch derjenige, der die Beeinträchtigung des Nachbarn durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht (vgl. Senat, Urteil vom 7. April 2000 - V ZR 39/99, BGHZ 144, 200, 203 mwN; Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 55/15, NZM 2016, 735 Rn. 22). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für die Zurechnung des durch den Handwerker herbeigeführten gefahrträchtigen Zustands des Grundstücks nicht darauf an, ob die Rechtsvorgänger der Beklagten bei der Auswahl des Handwerkers Sorgfaltspflichten verletzt haben. Maßgeblich ist vielmehr, ob es Sachgründe gibt, die aufgetretene Störung ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnen. Das ist der Fall. Die Rechtsvorgänger der Beklagten waren diejenigen, die die Vornahme von Dacharbeiten veranlasst haben und die aus den beauftragten Arbeiten Nutzen ziehen wollten (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 55/15, NZM 2016, 735 Rn. 22). Dass sie den Handwerker sorgfältig ausgesucht und ihm die konkrete Ausführungsart nicht vorgeschrieben haben, ändert nichts daran, dass sie mit der Beauftragung von Dacharbeiten eine Gefahrenquelle geschaffen haben und damit der bei der Auftragsaus- führung verursachte Brand auf Umständen beruhte, die ihrem Einflussbereich zuzurechnen sind.
13
bb) Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus der Entscheidung desSenats zur eingeschränkten Verantwortlichkeit des Eigentümers für Handlungen seines Mieters (Urteil vom 27. Januar 2006 - V ZR 26/05, NJW 2006, 992 Rn. 5). Danach kann der Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu störenden Handlungen überlassen hat oder es unterlässt, ihn von einem fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch abzuhalten. Maßgeblich hierfür ist die Überlegung, dass ausgleichspflichtig derjenige ist, der die Nutzungsart des Grundstücks bestimmt (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 193/10, NJW-RR 2011, 739 Rn. 8) und dass dies bei einem vermieteten Grundstück grundsätzlich der Mieter ist. Diese Grundsätze sind auf den von einem Grundstückseigentümer beauftragten Handwerker nicht übertragbar. Anders als ein Mieter ist der Handwerker nicht Nutzer des Grundstücks, da er nicht dessen Nutzungsart bestimmt, sondern nach den Weisungen des Grundstückseigentümers lediglich bestimmte Tätigkeiten vornimmt (vgl. Senat, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 217/09, NJW 2010, 3158 Rn. 12 und 16). Dem Grundstückseigentümer bleibt die Möglichkeit, jederzeit auf Art und Umfang der von dem Handwerker durchgeführten Arbeiten Einfluss zu nehmen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Februar 2001 - V ZR 389/99, BGHZ 147, 45, 52).
14
c) Der entsprechenden Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB steht schließlich nicht entgegen, dass der Eigentümerin des Nachbargrundstücks gegen den Handwerker Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung zustehen. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist zwar subsidiär; das schließt eine Anwendung grundsätzlich aus, soweit eine andere in sich geschlossene Regelung besteht (Senat, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 28/08, BGHZ 178, 90 Rn. 23; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Juli 1999 - III ZR 198/98, BGHZ 142, 227, 236). So verhält es sich hier jedoch nicht. Das Bestehen einer Gesetzeslücke kann nicht damit verneint werden, dass ein anderer Haftungstatbestand eingreift (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 277/10, VersR 2012, 1265 Rn. 22; Urteil vom 8. Oktober 2004 - V ZR 84/04, juris Rn. 14; Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 104). Das gilt umso mehr, als hier der Haftungstatbestand die Haftung einer dritten Person betrifft.

III.

15
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu der Höhe des geltend gemachten Anspruchs getroffen hat. Das Urteil ist aufzu- heben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Stresemann Brückner Weinland Kazele Hamdorf

Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 03.07.2015 - 10 O 1082/13 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.01.2016 - 4 U 52/15 -

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 367/16
Verkündet am:
26. April 2018
P e l l o w s k i
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Drittschutz
Eine dem Vertragspartner des von einer Amtspflicht primär Geschützten (hier dem
von dem Eigentümer beauftragten Generalunternehmer eines Bauvorhabens) gegebene
Auskunft ist jedenfalls dann im Interesse des Auskunftsempfängers erteilt,
wenn sich - ähnlich der Situation der Drittschadensliquidation - das (wirtschaftliche
) Risiko der Falschauskunft vollständig auf ihn verlagert hat, während dem vorrangig
geschützten Betroffenen der entsprechende Schaden nicht entsteht.
BGH, Urteil vom 26. April 2018 - III ZR 367/16 - OLG Celle
LG Hannover
ECLI:DE:BGH:2018:260418UIIIZR367.16.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink und Dr. Remmert sowie die Richterinnen Dr. Arend und Dr. Böttcher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Juni 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt den beklagten Bezirksschornsteinfeger aus eigenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen einer unzutreffenden Auskunft in Anspruch und verlangt ferner die Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schäden.
2
Die J. (im Folgenden: Bauherrin oder Zedentin) beauftragte die Klägerin als Generalunternehmerin mit der Errichtung eines Neubaus für eine Pflegeeinrichtung auf ihrem Grundstück. Das Gebäude sollte mit einer Pellet-Heizungsanlage beheizt werden.
3
Auf Antrag der Klägerin erteilte die zuständige Baubehörde am 29. Oktober 2012 eine Baugenehmigung, die unter Nummer 7 folgende Auflage vorsah: "Bis zur Schlussabnahme bzw. Ingebrauchnahme der baulichen Anlage ist der Bauaufsicht eine Bescheinigung des zuständigen Bezirksschornsteinfegermeisters über die sichere Benutzbarkeit der Feuerungsanlage vorzulegen. Zuständig ist Herr Bezirksschornsteinfeger D. [der Beklagte], (…)."
4
Am 7. November 2013 fand ein Ortstermin mit dem Beklagten statt, an dem neben den Mitarbeitern der Klägerin auch die mit der Errichtung des Schornsteins für die Feuerungsanlage beauftragten Subunternehmer teilnahmen. Bei diesem Termin vermaß der Beklagte die Entfernung zwischen dem geplanten Standort des Schornsteins mit einer Höhe von circa 1,5 m über dem Dachfirst des Gebäudes und der Wohnbebauung auf dem Nachbargrundstück und gab "grünes Licht" für die vorgesehene Ausführung. Die Kosten für den Ortstermin rechnete der Beklagte der Bauherrin gegenüber ab.
5
Nach der planungsgemäßen Errichtung des Schornsteins stellte sich jedoch aufgrund erneuter Prüfung durch den Beklagten heraus, dass der erforderliche Abstand zum Nachbargebäude doch nicht eingehalten worden war und der Schornstein um etwa vier Meter auf die andere Seite des Daches versetzt werden musste.
6
Die Klägerin nahm daraufhin entsprechende Umbauten vor. Hierdurch entstanden ihr im Einzelnen streitige Kosten, die sie mit 56.707,72 € beziffert und deren Übernahme die Bauherrin unter Hinweis auf den mit der Klägerin geschlossenen Pauschal-Festpreisvertrag ablehnte. Stattdessen trat die Bau- herrin etwaige Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin ab. Ein Abbruch des ursprünglich errichteten Schornsteinkopfs steht noch aus.
7
Die Klägerin hat behauptet, sie habe den Beklagten im eigenen Interesse um den Ortstermin gebeten. Anders als durch die Neuerrichtung des Schornsteins seien die Voraussetzungen der Baugenehmigung nicht zu erfüllen gewesen.
8
Das Landgericht hat ein Teilurteil und Teil-Grundurteil erlassen, wonach es den Anspruch der Klägerin auf Ersatz des bereits entstandenen Schadens auf der Grundlage der von dem Beklagten erteilten Auskunft für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt und ferner die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten für zukünftige Schäden im Zusammenhang mit dem Umbau des Schornsteins einschließlich der Entfernung des bisherigen Schornsteinkopfs festgestellt hat. Das Berufungsgericht hat unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe


9
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


10
Das Landgericht hat angenommen, der Klägerin stehe jedenfalls aus abgetretenem Recht der Bauherrin (§ 398 BGB) ein Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den Beklagten zu, der durch die unzutreffende Auskunft bei dem Ortstermin eine ihm zum Schutz der Zedentin obliegende Amtspflicht verletzt habe.
11
Das Berufungsgericht hat ebenfalls allein einen Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht der Bauherrin in Betracht gezogen. Es sei zwar eine fahrlässige Amtspflichtverletzung des Beklagten anzunehmen. Aus Sicht der Zedentin bestehe jedoch eine anderweitige Ersatzmöglichkeit, weil sie die Klägerin aus dem Generalunternehmervertrag auf Errichtung eines mangelfreien Schornsteins habe in Anspruch nehmen können. Im Übrigen gehöre die Klägerin als Generalunternehmerin ebenso wenig wie die von ihr eingeschalteten Subunternehmer zu den im Rahmen der Amtspflicht geschützten Dritten.

II.


12
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
13
Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand und den dazu getroffenen Feststellungen kommt ein auf eigenes Recht gestützter Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht, worauf sie ihr Begehren auch vorrangig stützt.
14
1. Zutreffend allerdings hat das Berufungsgericht angenommen, dass der mit öffentlichen Aufgaben beliehene Beklagte, der als niedersächsischer Gebührenbeamter in Abweichung von Art. 34 Satz 1 GG persönlich haftet (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 1974 - III ZR 89/72, BGHZ 62, 372, 376 und Begründung des Regierungsentwurfs des Ersten Gesetzes zur Änderung des Schornsteinfeger -Handwerksgesetzes, BR-Drs. 265/17 S. 37; siehe jetzt § 12a des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes (SchfHwG) vom 26. November 2008 - BGBl. I S. 2242 in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes vom 17. Juli 2017, BGBl. I S. 2495), bei dem Ortstermin am 7. November 2013 fahrlässig gegen eine ihm obliegende Amtspflicht verstoßen hat, indem er den Abstand zwischen dem geplanten Standort des Schornsteins und dem Nachbargebäude falsch vermessen und aufgrund dessen für die beabsichtigte weitere Bauausführung "grünes Licht" gegeben und damit zu erkennen gegeben hat, dass die Bescheinigung entsprechend der Auflage Nummer 7 der Baugenehmigung bei der Abnahme erteilt werden würde.
15
a) Auch nach der Reform des Schornsteinfegerwesens durch das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz, das das Schornsteinfegergesetz (SchfG) abgelöst hat, und dem Inkrafttreten der Vorschriften der §§ 8 bis 12, 14 bis 16, 18, 20, 21, 27 bis 47 und 49 bis 51 gemäß Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26. November 2008 zum 1. Januar 2013 (BGBl. I S. 2242, 2257) ist die Beleihung des Bezirksschornsteinfegermeisters (des "Bezirksbevollmächtigten") mit - anderenfalls durch eine Behörde vorzunehmenden - "klassischen" Kontrollaufgaben unberührt geblieben (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens, BT-Drs. 16/9237, S. 22, linke Sp., 8. Spiegelstrich). Der Bezirksschornsteinfeger ist trotz der vorgenommenen Einschränkung der hoheitlichen Aufgabenbereiche, namentlich des Entfallens der vormaligen Re- gelung des § 13 Abs. 1 Nr. 5 SchfG (Beratung in feuerungstechnischen Fragen ), weiterhin mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben beliehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des Ersten Gesetzes zur Änderung des Schornsteinfeger -Handwerksgesetzes aaO S. 31 f zu den Änderungen von §§ 8, 9 SchfHwG; siehe jetzt auch § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes vom 17. Juli 2017 aaO). Hierzu gehören neben der Ausstellung von Bescheinigungen zu Bauabnahmen nach Landesrecht und der Feuerstättenschau ausdrücklich auch Tätigkeiten, die aus Gründen der Betriebs- und Brandsicherheit sowie des Umwelt- und Klimaschutzes dem Bezirksbevollmächtigten als Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vorbehalten geblieben sind (vgl. BT-Drs. 16/9237, S. 21, linke Sp. Nr. 8 und S. 23, linke Sp. Abs. 4; vgl. weiter BeckOGK/Dörr, Stand: 15. Dezember 2017, § 839 BGB Rn. 717; Geigel/Kapsa, Haftpflichtprozess , 27. Aufl., Rn. 121). Dementsprechend sind die Vorschriften des § 14 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG (Durchführung der Feuerstättenschau und Erlass des Feuerstättenbescheids) und § 16 Satz 1 SchfHwG (Ausstellung von Bescheinigungen über die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit von Abgasanlagen und von Leitungen zur Abführung von Verbrennungsgasen nach Landesrecht;hier: § 40 NBauO) mit der bisherigen Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 9 SchfG weitgehend wortgleich oder jedenfalls ihrem Inhalt nach gleich geblieben.
16
b) Der Beklagte ist bei dem Ortstermin innerhalb dieses Aufgabenbereichs und nicht privatrechtlich tätig geworden. Seine Hinzuziehung stand im Zusammenhang mit der Auflage Nummer 7 der Baugenehmigung und damit mit den hoheitlichen Aufgaben auf der Grundlage von § 16 Satz 1 SchfHwG.
17
Dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger obliegt gemäß § 16 Satz 1 SchfHwG die Ausstellung von Bescheinigungen über die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit von Abgasanlagen in ihren jeweiligen Bezirken, soweit dies durch Landesrecht vorgesehen ist.
18
Gemäß § 40 Abs. 6 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) dürfen Feuerungsanlagen [...] erst in Betrieb genommen werden, wenn der Bezirksschornsteinfegermeister [...] ihre sichere Benutzbarkeit sowie die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit der zugehörigen Schornsteine [...] geprüft und bescheinigt hat. Bei der geplanten Pellet-Heizung handelt es sich um eine solche Feuerungsanlage. Gemäß § 40 Abs. 3 Satz 2 NBauO ist für die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit des der Feuerungsanlage zugehörigen Schornsteins auch dessen Beschaffenheit und Lage relevant (Kaellander, in: Große-Suchsdorf , Niedersächsische Bauordnung, 9. Aufl., § 40 Rn. 46). Auch § 19 Abs. 1 und 2 der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImSchV, Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen vom 26. Januar 2010, BGBl. I S. 38) - Ableitbedingungen für Abgase - regelt unter anderem die Bauweise, insbesondere die Höhe von Schornsteinen, § 4 Abs. 2 1. BImSchV die Emissionsbegrenzungen.
19
Die vorbereitende Beratung nebst der dabei erteilten Auskunft über den vorschriftsgerechten Standort des Schornsteins stand mit der - erwarteten - nachfolgenden Bescheinigung zur Inbetriebnahme in einer unmittelbaren Wechselbeziehung (zu einer vergleichbaren Konstellation OLG Karlsruhe, Urteil vom 31. August 2006 - 12 U 60/06, BeckRS 2006, 10634). Die Auskunft über die geeignete Ausführung und den zulässigen Standort des Schornsteins diente ersichtlich dazu, beim Bau die Anforderungen öffentlich-rechtlicher Regelungen einzuhalten, die erforderliche Bescheinigung zur Inbetriebnahme zu erhalten und künftige Beanstandungen bei der Sicherheitsprüfung zu vermeiden (ähnlich : Senatsurteil vom 10. Juni 1974 aaO S. 375).

20
Die Auskunft und die nachfolgende Abnahme stellen einen einheitlichen Vorgang dar, der nicht künstlich in teils hoheitliche, teils bürgerlich-rechtliche Akte aufgespalten werden kann (vgl. Senatsurteile vom 16. April 1964 - III ZR 182/63, BGHZ 42, 176, 179; vom 9. Januar 2003 - III ZR 217/01, BGHZ 153, 268, 276; vom 16. September 2004 - III ZR 346/03, BGHZ 160, 216, 224 und vom 6. März 2014 - III ZR 320/12, BGHZ 200, 253, 260 Rn. 31; vgl. auch Senatsurteil vom 8. Dezember 1958 - III ZR 235/56, BGHZ 29, 38, 40 f).
21
c) Auskünfte, die ein Amtsträger erteilt, müssen dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeit entsprechend sachgerecht, das heißt vollständig, richtig und unmissverständlich sein, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann (st. Senatsrechtsprechung, z.B. Urteile vom 13. Juni 1991 - III ZR 76/90, NJW 1991, 3027; vom 6. Februar 1997 - III ZR 241/95, NVwZ 1997, 1243; vom 10. Juli 2003 - III ZR 155/02, BGHZ 155, 354, 357 und vom 8. November 2012 - III ZR 151/12, BGHZ 195, 276, 291 Rn. 25 jew. mwN). Für die Frage, ob die Auskunft den zu stellenden Anforderungen genügt, kommt es entscheidend darauf an, wie sie vom Empfänger aufgefasst wird und werden kann und welche Vorstellungen zu erwecken sie geeignet ist (Senatsurteil vom 13. Juni 1991 aaO mwN). Dabei hängt der Umfang der Auskunftspflicht auch vom Inhalt der Frage ab, die der Auskunftssuchende an die Behörde richtet (Senat aaO und Senatsbeschuss vom 25. Juni 1987 - III ZR 228/86, BGHRZ Nr. 2267). Eine amtliche Auskunft ist selbst dann richtig, klar, unmissverständlich und vollständig zu erteilen, wenn keine Pflicht zu ihrer Erteilung besteht (z.B. Senatsurteil vom 24. Juni 1993 - III ZR 43/92, NJW 1993, 3204, 3205) oder der Beamte fachlich dafür nicht ausgebildet oder befugt ist (OLG Köln, VersR 2005, 508).
22
Die von dem Beklagten aufgrund der vorgenommenen Vermessung erteilte Auskunft, es bestehe ein ausreichender Abstand zu der Wohnbebauung auf dem Nachbargrundstück, weswegen er für die geplante Ausführung "grünes Licht" gab, war, wie der Beklagte nicht in Abrede stellt, falsch und daher pflichtwidrig.
23
d) Die verletzte Amtspflicht bestand auch der Klägerin gegenüber, ohne dass es darauf ankommt, ob die Klägerin bei dem Ortstermin im eigenen oder im Namen der Bauherrin auftrat.
24
Die Drittgerichtetheit der Amtspflicht hat sowohl haftungsbegründende als auch begrenzende Funktionen: Begründend, soweit klargestellt wird, gegenüber welchem Geschädigten die Verantwortlichkeit des Staates eintritt, begrenzend , soweit anderen Personen, die nicht zum Kreis der Dritten zählen, ein Anspruch auch dann zu versagen bleibt, wenn sich das pflichtwidrige Handeln des Amtsträgers für sie nachteilig ausgewirkt hat (ständige Senatsrechtsprechung ; etwa Senatsurteil vom 20. Oktober 2016 - III ZR 278/15, BGHZ 212, 303 Rn. 21 m. zahlr. w.N.).
25
Ob der Geschädigte geschützter Dritter ist, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke - auch den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts muss sich ergeben, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen. Hierfür ist die unmittelbare Beteiligung am Amtsgeschäft ebenso wenig notwendige Voraussetzung wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die inRede stehende Amtshandlung. Allerdings genügt es nicht allein, dass sich die Verletzung der Amtspflicht für den Geschädigten nachteilig ausgewirkt hat. Da eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein muss, ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt sein soll (st. Senatsrechtsprechung; zu allem Vorstehenden z.B. Senat aaO Rn. 21 ff m. zahlr. w.N.).
26
aa) Die Amtspflicht zu richtiger Auskunft besteht gegenüber jedem Dritten , in dessen Interesse oder auf dessen Antrag sie erteilt wird (st. Rspr., z.B. Senatsurteile vom 3. Mai 2001 - III ZR 191/00, NVwZ 2002, 373, 374 und vom 10. April 2003 - III ZR 38/02, VersR 2004, 604, jew. mwN).
27
bb) Die fragliche Auskunft ist vorliegend auch im Interesse der Klägerin erteilt worden, die daher als Dritte im vorstehend genannten Sinn anzusehen ist. Aus den Bestimmungen des Schornsteinfegerhandwerksgesetzes und den dort in Bezug genommenen weiteren Vorschriften folgt nichts anderes, ebenso wenig aus ihrer Stellung als Generalunternehmerin.
28
(1) Die Amtspflichten des Beklagten gemäß § 16 Satz 1 SchfHwG in Verbindung mit den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften bestehen allerdings vor allem im allgemeinen Interesse und darüber hinaus im Interesse von Eigentümern und Nachbarn. Insbesondere dient die Gewährleistung der Feuersicherheit dem Eigentümer, dessen Eigentum durch Versäumnisse und unsach- gemäße Maßnahmen des Schornsteinfegers unmittelbar bedroht ist (Senatsurteil vom 10. Juni 1974 aaO S. 375 f; OLG Hamm, NJW 1972, 2088, 2089). Überdies sollen die - Abgasen ausgesetzten - Nachbarn vor unzumutbaren Belästigungen durch Immissionen (vgl. § 4 Abs. 2 1. BImSchV) geschützt werden.
29
(2) Ferner ist nach der Rechtsprechung des Senats "Dritter" regelmäßig nicht derjenige, der nur aufgrund besonderer rechtsgeschäftlicher Abmachungen mit dem unmittelbar Verletzten von Nachwirkungen der Amtshandlung betroffen wird (Senatsurteil vom 23. Oktober 1958 - III ZR 91/57, VerwRspr 1959, 464, 467; vgl. auch Senatsurteil vom 10. März 1981 - III ZR 9/93, BGHZ 125, 258, 269 f). Amtspflichten bestehen weiter nicht in Bezug auf Vertragspartner, denen gegenüber sich der Betroffene auf die Amtshandlung berufen hat (vgl. Senatsurteil vom 17. November 1958 - III ZR 123/57, VerwRspr 1959, 457, 458).
30
(3) Eine dem Vertragspartner des nach diesen Grundsätzen primär Geschützten - wie hier der Klägerin als Generalunternehmerin - gegebene Auskunft ist jedoch jedenfalls dann im Interesse des Auskunftsempfängers erteilt, wenn sich - ähnlich der Situation der Drittschadensliquidation (vgl. dazu etwa BGH, Urteile vom 10. Juli 1963 - VIII ZR 204/61, BGHZ 40, 91, 100 ff, vom 29. Januar 1968 - II ZR 18/65, BGHZ 49, 356, 361, und vom 14. Januar 2016 - VII ZR 271/14, NJW 2016, 1089, 1090, Rn. 27) - das (wirtschaftliche) Risiko der Falschauskunft vollständig auf ihn verlagert hat, während dem vorrangig geschützten Betroffenen - das heißt vorliegend der Bauherrin als Grundstückseigentümerin - ein Schaden nicht entsteht. Dies ist hier der Fall.
31
Die Bauherrin konnte die Klägerin aus dem mit ihr abgeschlossenen Werkvertrag wegen des nicht abnahmefähigen Standorts des Schornsteins gemäß §§ 633 ff BGB in Anspruch nehmen und hat dies auch erfolgreich getan.

32
Der Werkunternehmer schuldet die Errichtung eines - abnahmefähigen - Bauwerks, das frei von Sachmängeln ist (§ 631, §§ 633 ff BGB), ohne dass es auf sein Verschulden ankommt. Soweit eine Beschaffenheit nicht vereinbart ist, muss das Werk die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder jedenfalls die für die gewöhnliche Verwendung geeignete Beschaffenheit aufweisen, die bei Werken gleicher Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werks erwarten darf. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Bauleistung von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit abweicht (z.B. BGH, Urteil vom 20. April 1989 - VII ZR 80/88, BauR 1989, 462, 464). Der Auftragnehmer hat die anerkannten Regeln der Technik und die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu beachten (z.B. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 16). Darunter fallen alle Regelungen des privaten und öffentlichen Rechts, etwa die Bauordnungen der Länder und Brandschutzvorschriften (z.B.Kniffka/ Koeble, aaO).
33
Dazu gehört mithin auch die Errichtung eines den Anforderungen von § 16 SchfHwG, § 40 Abs. 6 NBauO, § 4 Abs. 1, § 19 Abs. 1 und 2 1. BImSchV entsprechenden, das heißt den richtigen Abstand zum Nachbargebäude aufweisenden Schornsteins.
34
Die Klägerin trug aufgrund der gegenüber der Bauherrin übernommenen Verpflichtung, ein in allen Belangen mangelfreies Bauwerk zu erstellen, daher die im Außenverhältnis zur Bauaufsicht den Eigentümer treffende Gefahr, für einen den Anforderungen der Feuerstättenschau entsprechenden Schornstein zu sorgen (das Senatsurteil vom 8. Mai 1980 - III ZR 27/78, NJW 1980, 2578, 2579 zur Rechtsstellung des Bauunternehmers in einem Amtshaftungsprozess betrifft daher eine andere Konstellation). Darüber hinaus obliegt dem Bauleiter - hier der Klägerin - gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 NBauO die Pflicht, darüber zu wachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird, weswegen die Auskunft des Beklagten weiterhin dazu diente, der Klägerin diese Pflichterfüllung zu ermöglichen.
35
Der Ortstermin, dessen Zweck die Bestimmung des zutreffenden Abstands zum Nachbargebäude war, fand nach den konkreten Umständen des Falls daher vor allem im Interesse der Klägerin statt, was aus der Teilnahme ihrer Mitarbeiter und der mit dem Schornsteinbau befassten Subunternehmer folgte. Eine nur zufällige Benachteiligung der Klägerin (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 1962 - III ZR 57/61, NJW 1962, 2100, 2102) kann vor diesem Hintergrund gerade nicht angenommen werden. Ihr Anliegen, eine regelgerechte Bauausführung zu gewährleisten, stand vielmehr in einem inneren sachlichen Bezug mit der erteilten Auskunft. Die Verletzung von dem Bauunternehmer gegenüber bestehenden Amtspflichten hat der Senat auch im Baugenehmigungsverfahren für den Fall in Erwägung gezogen, in dem jener eine Besprechung mit einem Beamten des Tiefbauamts in eigenem Namen veranlasst und wahrgenommen hatte (Senatsurteil vom 8. Mai 1980 aaO).
36
Ungeachtet dessen, wer den Ortstermin veranlasst hatte, dienten die vom Beklagten durchgeführte Besichtigung und das von ihm daraufhin erteilte "grüne Licht" zu der beabsichtigen Bauausführung - das heißt zu dem Standort des Schornsteins - dazu, die Planung der Klägerin zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, als der Auskunft eine Messung voran ging und sie daher den Eindruck besonderer Genauigkeit und Zuverlässigkeit erweckte. Daran ändert es nichts, dass der Beklagte möglicherweise annehmen durfte, die Klägerin trete (zugleich ) für die Bauherrin, die gleichlaufende Interessen hatte, auf.
37
Dies steht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht im Gegensatz zur Rechtsprechung des Senats zur Begrenzung des Kreises der geschützten Dritten im Baugenehmigungsverfahren (vgl. z.B. Senatsurteil vom 10. März 1994 - III ZR 9/93, BGHZ 125, 258, 269). Die Gefahr, die Haftung des Amtsträgers könne zu weit ausgedehnt werden, wenn die Interessen anderer als des primär Ersatzberechtigten in den Schutzbereich der Amtspflicht einbezogen werden, besteht in der vorliegenden Fallgestaltung nicht. Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden ist identisch mit demjenigen, den die in erster Linie durch die verletzte Amtspflicht geschützte Bauherrin bei einer anderen Vertragsgestaltung mit der Klägerin erlitten hätte. Es handelt sich demgegenüber nicht um einen anderen oder zusätzlichen Schaden, wie etwa in dem Fall, dass dem mit der Baureifmachung eines Grundstücks beauftragten Architekten , der eine - amtspflichtwidrig negativ beschiedene - Bauvoranfrage in eigenem Namen stellt, ein im Erfolgsfall zu erwartendes weiteres Honorar entgeht (vgl. dazu Senatsurteil vom 10. März 1994). Ebenso wenig geht es um die Folgen einer erst nachträglichen vertraglichen Einbeziehung Dritter (vgl. Senatsurteil vom 17. November 1958 aaO) oder sonstige Nachwirkungen, wie das Eintreten einer für den Schadensfall aufkommenden Versicherung (Senatsurteil vom 23. Oktober 1958 aaO).
38
e) Allerdings wird das Berufungsgericht noch Feststellungen dazu zu treffen haben, ob und inwieweit sich die - in dieser Hinsicht darlegungs- und beweisbelastete - Klägerin auf die Auskunft des Beklagten verlassen durfte. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass sie sich das Wissen ihrer Subunternehmerin - der W. - zurechnen lassen muss, die ihrerseits für ihre Nachunternehmerin - das Fachunternehmen R. - einzustehen hat. Insoweit wird zu klären sein, womit die Subunternehmerinnen im Einzelnen beauftragt waren, inwieweit sie an der Planung beteiligt waren und ob sie über besondere, denen des Beklagten gleichkommende oder gar überlegene Fachkenntnisse zu der in Rede stehenden Frage verfügten oder hätten verfügen müssen. Dabei wird weiter zu berücksichtigen sein, dass Mitarbeiter dieser Subunternehmerinnen an dem Ortstermin teilgenommen haben und - im Ausgangspunkt - auf die Sachkunde des Beklagten, der später die notwendigen Bescheinigungen für die Abnahme des Schornsteins zu erstellen hatte, vertrauen durften. Es kann auf der Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstands nicht beurteilt werden, ob und inwieweit ihnen der Messfehler des Beklagten gleichwohl hätte auffallen müssen. Immerhin wurde es nach Bekanntwerden des falschen Messergebnisses erforderlich, den Schornstein um vier Meter auf die andere Seite des Daches zu versetzen. Jedenfalls dann, wenn ein für einen Fachmann augenfälliger Fehler vorgelegen hätte, hätte es möglicherweise zumindest den Mitarbeitern des Fachunternehmens R. oblegen, eine eigene Messung vorzunehmen. Es wird jedoch auch zu beachten sein, dass die Auskunft des Beklagten die bis dahin bestehende vorläufige Bauplanung bestätigte und daher auf erste Sicht kein Anlass zu Zweifeln bestand.
39
f) Von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig hat sich das Berufungsgericht auch nicht mit der Frage befasst, ob die Klägerin den Amtshaftungsanspruch gegen den Beklagten gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ausschließende anderweitige Ersatzmöglichkeiten in Form von Gewährleistungs- oder Schadensersatzforderungen gegen Dritte, insbesondere ihre Nachunternehmerinnen hat. Für deren Fehlen - als (negative) Voraussetzung des Amtshaftungsanspruchs - trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast (st. Rspr. z.B. Senatsurteile vom 13. Dezember 1990 - III ZR 14/90, BGHZ 113, 164, 167 und vom 15. Mai 1997 - III ZR 204/96, BGHZ 135, 354, 365 f; BeckOGK/Dörr, Stand 15. Dezember 2017, § 839 BGB, Rn. 645 mwN). Das Berufungsgericht wird hierzu die notwendigen Feststellungen nachzuholen haben.
40
Sonstige Ersatzmöglichkeiten sind auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands nicht ersichtlich. Nach dem unbestritten gebliebenen Beklagtenvortrag hatte die Klägerin auch die Planungsleistungen (einschließlich der Architekten- und Ingenieurleistungen) zu erbringen. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin diese Leistungen extern vergab, gibt es bislang nicht. Hinweise darauf, dass die Bauherrin selbst Architekten oder Ingenieure beauftragt hat, gegen die Rückgriffsansprüche der Klägerin gemäß § 426 Abs. 1 i.V.m. §§ 633 ff BGB denkbar wären, gibt es derzeit ebenfalls nicht.
41
Ansprüche gegen eine andere Behörde - hier die Baubehörde, die die Planung genehmigt hatte - sind wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der öffentlichen Hand unbeachtlich (vgl. z.B. Senatsurteile vom 29. Januar 1968 - III ZR 111/66, BGHZ 49, 267, 275, und vom 4. Juli 1974 - III ZR 63/72, BGHZ 62, 394, 397, vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 7, und vom 15. Mai 1997 - III ZR 204/96, BGHZ 135, 354, 367; Dörr, aaO, Rn. 623 ff jew. mwN).
42
2. Einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB aus abgetretenem Recht der Bauherrin (§ 398 BGB) hat das Berufungsgericht hingegen zu Recht verneint.
43
a) Zwar besteht die Amtspflicht zur richtigen Auskunft im Zusammenhang mit der Errichtung eines den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im obigen Sinn entsprechenden Schornsteins - wie vorstehend ausgeführt - ohne weiteres im Interesse des Eigentümers. Der Zedentin konnte aber - wie ausgeführt und wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die Klägerin erfolgreich aus Gewährleistungsrecht (§§ 633 ff BGB) in Anspruch nehmen, so dass ihr kein Schaden entstanden ist.
44
b) Die Grundsätze der Drittschadensliquidation finden auf die vorliegende Fallgestaltung keine Anwendung, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob diese im Bereich der Amtshaftung überhaupt in Betracht zu ziehen sind (vgl. hierzu Senatsurteile vom 15. November 1984 - III ZR 70/83, BGHZ 93, 87, 95 f und vom 6. Juni 1991 - III ZR 221/90, NJW 1991, 2696, 2697; Senatsbeschlüsse vom 29. Februar 1996 - III ZR 4/95, NJW-RR 1996, 724 und vom 26. Juni 2008 - III ZR 118/07, NVwZ-RR 2008, 670, 671, Rn. 9).
45
Die Möglichkeit einer Schadensliquidation im Drittinteresse besteht, wenn der Anspruchsteller nur formell Berechtigter ist, während der Schaden dem Träger des geschützten Interesses erwächst (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1966 - VI ZR 49/65, NJW 1967, 930, 931 zu dem Fall des vertraglich geschützten Interesses), mithin der Ersatzberechtigte keinen Schaden und der Dritte zwar einen Schaden, aber keinen Anspruch hat (BGH, Urteile vom 10. Juli 1963 - VIII ZR 204/61, BGHZ 40, 91, 100 ff; vom 29. Januar 1968 - II ZR 18/65, BGHZ 49, 356, 361 und vom 14. Januar 2016 - VII ZR 271/14, NJW 2016, 1089, 1090, Rn. 27; Erman/Ebert, BGB, 15. Aufl., Vorbem. v. § 249253 Rn. 124). Letzteres ist nicht der Fall, da die Klägerin aus den unter Nummer 1 dargestellten Gründen entweder über einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten oder aber über Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche gegen ihre Nachunternehmerinnen verfügt.

III.


46
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Herrmann Tombrink Remmert
Arend Böttcher
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 01.12.2015 - 9 O 5/15 -
OLG Celle, Entscheidung vom 02.06.2016 - 16 U 1/16 -