Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 03. März 2017 - S 1 R 886/15

bei uns veröffentlicht am03.03.2017

Tenor

I.In Abänderung der Bescheide vom 19. Februar 2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. August 2015 wird festgestellt, dass die vom Kläger zu 2 auf der Grundlage des Kooperations-Honorarvertrages vom 23.04.2014 für die Klägerin zu 1 erbrachte Tätigkeit als Palliativmediziner eine selbstständige Tätigkeit darstellt und nicht der Versicherungspflicht nach dem Recht der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

II.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zu 2 auf der Grundlage seines mit der Klägerin zu 1 unter dem 23.04.2004 geschlossenen Kooperations-Honorarvertrages als Palliativmediziner selbstständig tätig ist. Die Klägerin zu 1 erbringt in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH kassenärztliche Leistungen der „spezialisierten ambulanten Palliativversorgung“ (SAPV). Zur Erfüllung dieses Versorgungsauftrages beschäftigt sie mehrere in Vollzeit angestellte Ärzte. Außerdem ist sie nach Angabe ihres Geschäftsführers strategisch bemüht, über Kooperationsverträge möglichst flächendeckend im Großraum Augsburg Hausärzte einzubinden, um mehr Palliativpatienten zu erreichen.

Der Kläger zu 2 betreibt zusammen mit einem Kollegen als Vertragsarzt ein medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Er ist berechtigt zur Führung der Zusatzbezeichnung „Palliativmedizin“.

Im Oktober 2014 beantragte der Kläger zu 2 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status als Palliativmediziner im Rahmen der SAPV durch die Klägerin zu 1. Zur Beurteilung legte er der Beklagten den „Kooperations-Honorarvertrag über die Erbringung spezialisierter ambulanter Palliativleistungen zur palliativmedizinischen Versorgung im multiprofessionellen Team“ vom 23.04.2014 vor. Nach Auswertung des Vertrages sowie der weiteren von den Klägern eingeholten Informationen teilte die Beklagte den Klägern mit Bescheiden vom 19.02.2015 mit, dass die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status ergeben habe, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2 als Palliativmediziner für die Klägerin zu 1 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Zwar betreibe der Kläger zu 2 ein eigenes medizinisches Versorgungszentrum und verfüge über eine eigene Berufshaftpflichtversicherung. Gleichwohl würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Der Kläger zu 2 sei nämlich zur Information über die wöchentlichen Teamsitzungen verpflichtet, verpflichtend sei auch die Übernahme von Beratung und Behandlung der Patienten in einer abgestimmten Behandlungsplanung und -durchführung, es werde von der Klägerin zu 1, die auch Räumlichkeiten und Arbeitsmittel zur Verfügung stelle, Rufbereitschaft übernommen. Der Kläger zu 2 sei zur Dokumentation seiner Leistungen unter Zuhilfenahme einer vom Auftraggeber vorgegebenen Software vertraglich verpflichtet, ebenso zur Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen. Abrechnungen mit der Krankenkasse, der vom Kläger zu 2 erbrachten Leistungen, würden von der Klägerin zu 1 vorgenommen, die ihrem Auftragnehmer einen festen Stundenlohn mit festen Zuschlägen (zum Beispiel für Nachtarbeit) für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden bezahle.

Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Bescheiden vom 24.08.2015 als unbegründet zurück. Während der Dauer der übernommenen Dienste sei es dem Kläger zu 2 nicht möglich, seine konkreten Arbeitszeiten und -orte im Wesentlichen selbst zu bestimmen. In seiner Tätigkeit als Palliativmediziner für die Klägerin zu 1 sei er weisungsgebunden in den laufenden Betrieb der Klägerin zu 1 eingebunden. Im Rahmen dieser Tätigkeit würde er auch kein unternehmerisches Risiko, vielmehr nur ein Verdienstrisiko, tragen. Mit ihren (durch Beschluss vom 04.02.2016 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen) Klagen machen die Kläger die Rechtswidrigkeit der Entscheidungen der Beklagten geltend. Der Kläger zu 2 sei entgegen der Einschätzung der Beklagten in jedem Stadium der Kooperation völlig frei und damit als Freelancer auf medizinischem Fachgebiet im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) anzusehen. Wenn er einen Palliativdienst übernehme, habe er allein die Verantwortung für das gesamte ärztliche Leistungsgeschehen gegenüber dem Patienten. Er arbeitet dementsprechend völlig eigenverantwortlich und selbstständig, ein Weisungsrecht der Klägerin zu 1 bestehe nicht. Entgegen der Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid sei im Vertrag vom 23.04.2014 ausdrücklich geregelt, dass Zuschläge nicht bezahlt würden; auch müsse der Kläger zu 2 nicht an den wöchentlichen Teamsitzungen teilnehmen, die Übernahme von Rufbereitschaften sei keineswegs verpflichtend. Ein unternehmerisches Risiko bestehe für den Kläger zu 2 insofern, als er für seine Einsätze ohne Kostenersatz sein eigenes Fahrzeug verwendet. Im Hinblick auf die Kooperation habe er außerdem beträchtliche Investitionen geleistet und leiste dies weiter, um die Anerkennung der Zusatzbezeichnung „Palliativmediziner“ behalten zu dürfen. Für den Erwerb der Zusatzqualifikation seien etwa 4000 € angefallen.

Im Erörterungstermin vom 14.09.2016 hat das Gericht die Beteiligten gehört. Die Kläger beantragen,

in Abänderung der Bescheide vom 19.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.08.2015 festzustellen, dass die vom Kläger zu 2 auf der Grundlage des Kooperations-Honorarvertrages vom 23.04.2014 für die Klägerin zu 1 erbrachte Tätigkeit als Palliativmediziner eine selbstständige Tätigkeit darstellt und nicht der Versicherungspflicht nach dem Recht der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen. Sie ist weiterhin von der Rechtmäßigkeit ihrer Entscheidungen überzeugt. Auch wenn der Kläger zu 2 in seiner eigentlichen ärztlichen Tätigkeit keinen Weisungen unterliege, sei er doch funktionsgerecht dienend in die fremde Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1 eingegliedert, ohne ein nennenswertes unternehmerisches Risiko zu tragen.

Auf Anfrage des Gerichts haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.

Beigezogen waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Sie waren ebenso wie die Gerichtsakte Gegenstand der Entscheidung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Klagen sind begründet. Die Bescheide vom 19.02.2015 und 24.08.2015 verletzen die Kläger in ihren Rechten. Sie waren daher aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger zu 2 in seiner Tätigkeit als Palliativmediziner für die Klägerin zu 1 selbstständig tätig ist und dementsprechend auch nicht einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung als abhängig Beschäftigter unterliegt.

In Absprache mit den Beteiligten entscheidet das Gericht den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid (§ 105 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Prüfungsmaßstab in dem bei der Beklagten seinerzeit beantragten Feststellungsverfahren nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ist § 7 SGB IV. Danach setzt die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers voraus.

Entscheidendes Kriterium für die Feststellung einer Beschäftigung im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung ist folglich die Nichtselbstständigkeit, deren Hauptmerkmal die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten ist. Diese wird dadurch deutlich, dass der Beschäftigte in einen fremden Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (BSGE 45, 199). In Abgrenzung dazu kennzeichnen eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigene Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Arbeitstätigkeit und Arbeitszeit. Je nachdem, welche Merkmale überwiegen, entscheidet sich, ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist. Letztlich maßgeblich ist dabei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Grundlage der Beurteilung sind die aufgrund der vertraglichen Vereinbarung tatsächlich gelebten Verhältnisse, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG vom 28.09.2011, B 12 R 17/09 R). Von maßgeblicher Bedeutung ist die zwischen den Beteiligten praktizierte Rechtsbeziehung und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Den vertraglichen Abreden wird daher nur dann Vorrang gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen eingeräumt, wenn sie sich im Bereich des rechtlich Zulässigen halten (BayLSG vom 17.11.2009, L 5 R 935/08). In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass der Kläger zu 2 als Palliativmediziner für die Klägerin zu 1 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, sondern als Selbstständiger tätig ist. Dies ergibt sich für die entscheidende Kammer insbesondere aus dem zwischen den Klägern geschlossenen Kooperationsvertrag. Damit in Widerspruch stehende und deshalb entscheidungsrelevante tatsächliche Verhältnisse liegen dem Gericht nicht vor. Denn nach dem glaubhaften (auch von der Beklagten nicht angezweifelten) Vortrag des Klägers zu 2 im Erörterungstermin wurde der Vertrag (abgesehen von einer einmaligen Rechnungsstellung im Juni 2014) wegen der bestehenden Rechtsunsicherheit bisher nicht gelebt. Mit ihren, sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen haltenden vertraglichen Abreden, haben die Kläger einen Rahmenvertrag abgeschlossen, durch den der Kläger zu 2 weder in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1 eingegliedert, noch deren Weisungsrecht unterworfen wird. Zunächst ist festzustellen, dass die Kläger bei Abschluss des Kooperationsvertrages übereinstimmend kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers zu 2 begründen wollten, sondern immer (und nur) eine Zusammenarbeit als rechtlich selbstständige Vertragspartner gewollt war. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus Abs. 2 der Präambel sowie § 5 Abs. 1, 2 Satz 1 des Vertrages. Wenn die Beklagte nun grundsätzlich zutreffend einwendet, dass die sozialversicherungsrechtliche Einordnung eines Vertragsverhältnisses nicht der Disposition der Vertragspartner unterliegt, übersieht sie gleichzeitig, dass das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 28.05.2008 (B 12 KR 13/07 R Rn. 16, zitiert nach juris) klargestellt hat, dass „dem im Vertrag dokumentierten Willen der Vertragsparteien, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, jedenfalls dann indizielle Bedeutung zukommt, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird.“ Davon ist vorliegend auszugehen. Denn im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme waren dem unstreitigen Parteiwillen offensichtlich widersprechende tatsächliche Verhältnisse mangels Umsetzung des Vertrages nicht festzustellen. Die deshalb rechtlich relevante indizielle Bedeutung des Vertragswillens wird von folgenden weiteren Aspekten gestützt.

Der Kläger zu 2 unterliegt nach dem maßgeblichen Kooperationsvertrag keinem Weisungsrecht der Klägerin zu 1. Denn diese kann den Kläger zu 2 weder in zeitlicher, noch in örtlicher Hinsicht einseitig zur Erbringung palliativmedizinischer Leistungen verpflichten. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus § 2, aber auch § 5 des Vertrages. Danach erbringt der Kläger zu 2 diese Leistungen auftragnehmertypisch „in freier eigener Zeitabstimmung“ und selbstbestimmt „im Rahmen seiner eigenen vertragsärztlichen Tätigkeit“ nur „im Einzugsgebiet seiner hausärztlichen Praxis“. Allein der Kläger zu 2 entscheidet also ob, und gegebenenfalls in welchem zeitlichen Umfang er vor dem Hintergrund seiner eigenen vertragsärztlichen Tätigkeit in seinem medizinischen Versorgungszentrum in der Lage und willens ist, Kooperationsleistungen zu erbringen. Auch die Regelung der Übernahme von Rufbereitschaft stützt im Ergebnis die klägerische Rechtsposition. Nicht nur, dass die Übernahme dem freien Ermessen des Klägers zu 2 (vergleiche „kann dispositiv… übernommen werden.“ in § 2 Abs. 3 Satz 2) überlassen ist. Hinzu kommt, dass dem Kläger zu 2 zugleich das Recht eingeräumt wird, vorrangig die Interessen seiner eigenen Vertragsarztpraxis zu berücksichtigen. Dem Kläger zu 2 sind damit Freiheiten eingeräumt, die klar gegen die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses sprechen.

Schon aus vorstehenden Gründen kann auch eine funktionell dienende Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1 nicht angenommen werden. Hinzu kommt das vertraglich zugesicherte Recht des Klägers zu 2, sich (kraft eigener Entscheidung) bei Verhinderung durch einen Facharzt gleicher Facharztrichtung in der Erbringung vertreten zu lassen (§ 5 Abs. 3). Wie jeder selbstständig tätige Arzt kann er also im Falle seiner persönlichen Verhinderung die zunächst übernommene Palliativbehandlung durch einen fachlich geeigneten Kollegen fortführen lassen. Wäre er bei der Klägerin zu 1 entsprechend der Rechtsauffassung der Beklagten abhängig beschäftigt, stünde ihm ein solches Recht typischerweise nicht zu. Kein Arbeitgeber lässt sich sein „ureigenstes“ (Organisations-) Recht selbst darüber zu entscheiden, wer im Falle der Verhinderung eines Arbeitnehmers die vertraglich geschuldete Leistung erbringt, nehmen bzw. gibt dieses aus der Hand. Es trifft auch nicht zu, dass der Kläger zu 2 vom personellen und sächlichen Knowhow des Betriebes der Klägerin zu 1 abhängig ist. Das für die geschuldete Leistung erforderliche Knowhow hat sich der Kläger zu 2 nämlich durch eigene (und selbst finanzierte) Zusatzqualifizierung angeeignet. Sächlich und personell (im Wesentlichen) von der Klägerin zu 1 unabhängig erbringt er seine Palliativleistungen nach den gesetzlichen Vorgaben des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V), konkretisiert durch den zum Vertragsgegenstand gemachten (vergleiche § 1) Versorgungsvertrag, zur Sicherstellung der bedarfsgerechten individuellen spezialisierten ambulanten Palliativversorgung von gesetzlich krankenversicherten Personen. Die Vereinbarung einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers zu 2 wird schließlich weiter gewichtig untermauert durch die in § 7 niedergelegte Haftungsregelung. Sowohl die Verpflichtung des Klägers zu 2 zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung (Abs. 1) wie auch dessen volle persönliche Haftung wegen eines ärztlichen Fehlers unter gleichzeitiger Verantwortungsbefreiung der Klägerin zu 1 (vergleiche Abs. 3) sprechen zweifelsfrei für ein Auftragsverhältnis. Entsprechendes gilt für den Anspruch des Klägers zu 2 auf gesonderte Erstattung nachgewiesener Kosten des Einsatzes eigener Sachmittel (§ 2 Abs. 6). Denn in einem Beschäftigungsverhältnis - wie die Beklagte es behauptet - setzt ein Arbeitnehmer typischerweise nicht eigene Sachmittel, sondern ausschließlich die des Arbeitgebers ein. Dementsprechend kommt ein Erstattungsanspruch nicht in Betracht.

Der Kläger zu 2 trägt auch ein hinreichendes unternehmerisches Risiko. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass der Kläger zu 1 für seine Tätigkeit ein vorab ausgehandeltes erfolgsunabhängiges Honorar erhält. Erfolgsunabhängige Honorare werden nach unserer Rechtsordnung aber nicht nur im Rahmen eines Arbeitsvertrages, sondern gleichermaßen zur Vergütung selbstständiger Dienstleistungen erbracht. Um diese gemäß der vertraglichen Vereinbarung erbringen zu können bzw. zu dürfen, hat der Kläger zu 2 (von der Beklagten nicht bestritten) Fortbildungskosten im Umfang von etwa 4000 €, also einen relevanten Kapitaleinsatz, aufwenden müssen. Insoweit trägt er auch ein Verlustrisiko, weil er einen wirtschaftlichen Ertrag aus dieser Investition längerfristig nur erzielen kann, wenn ihm einerseits eine palliativmedizinische Tätigkeit ermöglicht wird und er andererseits, um dies tun zu können, weitere Investitionen in Form von eigenfinanzierten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen tätigt. Wenn der Kläger zu 2 darüber hinaus keinen relevanten Kapitaleinsatz erbringt (die Nutzung des eigenen Pkw für die Fahrten zu den Patienten ist insoweit irrelevant, da das Fahrzeug - soweit bekannt - nicht speziell für die Ausübung der Palliativtätigkeit angeschafft wurde), liegt dies in der Natur der Sache und kann entgegen der Auffassung der Beklagten ein fehlendes unternehmerisches Risiko und damit eine Arbeitnehmereigenschaft nicht begründen.

Aufgrund der Einlassung des Geschäftsführers der Klägerin zu 1 im Erörterungstermin steht nämlich insoweit zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die vom Kläger zu 2 zu erbringende Tätigkeit im beruflichen Alltag typischerweise einen relevanten laufenden Kapitaleinsatz nicht erfordert bzw. mit sich bringt. Dies ergibt sich daraus, dass Palliativmedizin nicht „Gerätemedizin“, sondern „sprechende Medizin“ ist. Ganz überwiegend geht es im Verhältnis zu den Patienten, aber auch den Angehörigen um „zuhören, beruhigen, erklären“. Dafür sind im Rahmen der Zusatzqualifizierung erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten, nicht aber Apparaturen, d.h. sächliche Investitionen, erforderlich.

Zusammenfassend steht für die Kammer auch unter Berücksichtigung insbesondere der Umstände, dass der Kläger zu 2 nicht selbst als Leistungserbringer mit der jeweiligen Krankenkasse seiner Patienten abrechnet, die mit seiner Leistungserbringung zusammenhängende Administration durch die Verwaltung der Klägerin zu 1 erfolgt und er pflichtgemäß die von ihm erbrachten medizinischen Leistungen unter Verwendung der digitalen SAPV-Software der Klägerin zu 1 dokumentiert (vergleiche § 2 Abs. 4), fest, dass Regelungsgegenstand des Kooperationsvertrages der Kläger eine selbstständige Tätigkeit ist. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis wird damit nicht begründet.

Der Klage war daher stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da sich aufgrund des einheitlichen Streitgegenstandes die Kostenprivilegierung auch auf die Klägerin zu 1 erstreckt (BayLSG L 7 R 181/15).

Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 03. März 2017 - S 1 R 886/15

Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 03. März 2017 - S 1 R 886/15

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B
Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 03. März 2017 - S 1 R 886/15 zitiert 5 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Referenzen - Urteile

Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 03. März 2017 - S 1 R 886/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 03. März 2017 - S 1 R 886/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 16. Juli 2015 - L 7 R 181/15

bei uns veröffentlicht am 16.07.2015

Tenor I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.Januar 2015 wird zurückgewiesen. II. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird

Bundessozialgericht Urteil, 28. Sept. 2011 - B 12 R 17/09 R

bei uns veröffentlicht am 28.09.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6500 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in der von ihr für einen privaten "Pflegedienst" ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlag.

2

Die Klägerin gehört zu einer Unternehmensgruppe, die im Bereich der ambulanten "Pflege und Betreuung" bundesweit tätig ist. Ihr Unternehmensziel ist darauf gerichtet, zumeist älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen ("Pflegebedürftigen"; im Folgenden: Betreuten) einen ua bis zu 24 Stunden täglich dauernden, umfassenden Service durch einen hauswirtschaftlichen Familienbetreuer bzw eine hauswirtschaftliche Familienbetreuerin ("Pflegepartner") anzubieten. Nach Unterweisung in einer von der Unternehmensgruppe betriebenen Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die von den Pflegepartnern teilweise selbst bezahlt werden muss, und nach Herstellung eines Kontakts zu den Betreuten durch eine bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester führen die Pflegepartner im Rahmen eines regelmäßig 14-tägigen Einsatzes den Haushalt der Betreuten im heimischen Umfeld und übernehmen ggf weitere Dienstleistungen - auch im Sinne von "Gesellschaft" und "Unterhaltung" - nach den jeweiligen Bedürfnissen des Betreuten. Die Pflegepartner erbrachten in den Jahren 2001 und 2002 keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Auch war die Klägerin seinerzeit keine durch Versorgungsvertrag zugelassene ambulante Pflegeeinrichtung.

3

Die Beigeladene zu 1., die nach ihrer - wie vorbeschrieben durchgeführten - Unterweisung ein Gewerbe "Hauswirtschaftliche Betreuung" angemeldet hatte, übte vom 18.1.2001 bis 1.7.2002 mit Unterbrechungen allein für die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) eine Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin aus. Später - nach ihrer Lösung von der Klägerin - arbeitete sie parallel für mehrere andere private Pflegedienste. Während zwischen der Klägerin und den Betreuten ein schriftlicher Pflege- und Betreuungsvertrag abgeschlossen wurde, erfolgten die "Einsatzaufträge" der Klägerin an die Beigeladene zu 1. lediglich fernmündlich von Mal zu Mal. Die Beigeladene zu 1. erteilte hierüber schriftliche Auftragsbestätigungen. Weitergehende schriftliche Verträge über die einzelnen Einsätze bestanden nicht, ebenso wenig existierte eine schriftliche Rahmenvereinbarung. Eine Verpflichtung der Klägerin, "Einsatzaufträge" zu erteilen, bestand nicht. Ebenso konnte die Beigeladene zu 1. ihr angebotene Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen ablehnen oder abbrechen oder verlängern. Aus einem laufenden Einsatz konnte sie von der Klägerin nicht abgezogen und einem anderen Kunden zugeteilt werden. Die Beigeladene zu 1. kalkulierte den Aufwand für sich selbst - gemessen an den an ihre Tätigkeit gestellten Anforderungen - ggf neu, verhandelte mit der Klägerin über die Vergütung und stellte dieser stets nach Abschluss ihrer Einsätze Rechnungen auf der Grundlage der - entsprechend vorher vereinbarten - pauschalierten Vergütung in Form von Tagessätzen (150 bis 170 DM bzw 87 Euro) aus. Während des Einsatzes dokumentierte die Beigeladene zu 1. die von ihr erbrachten Leistungen ("Pflegenachweis, Leistungsnachweis"). Eine vertragliche Verpflichtung zur Führung solcher Dokumentationen bestand im Verhältnis zur Klägerin nicht. Die examinierte Kraft ("Leitung des Pflegedienstes", "Einsatzleitung") kontrollierte diese Dokumentationen nicht. Eine Aufnahme der Beigeladenen zu 1. in einen von der Klägerin aufgestellten, alle Pflegepartner umfassenden Einsatzplan erfolgte nicht. Im Verhinderungsfall durfte sie - in Absprache mit der Klägerin - eine entsprechend qualifizierte Vertretung einsetzen. Für den Fall der "Kundeninsolvenz" hatten Klägerin und Beigeladene zu 1. einen Selbstbehalt Letzterer von 200 Euro je Rechnung ("Gewährleistungssumme") vereinbart, ebenso, dass bei Honorarkürzungen wegen Schlechtleistung diese von der Klägerin als Abzüge von der Vergütung an die Beigeladene zu 1. weitergegeben werden durften. Die Beigeladene zu 1. erzielte in den Jahren 2001 und 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19 706 DM bzw 6686 Euro.

4

Im November 2000 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ua die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status". Mit zwei Bescheiden vom 10.2.2003 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. fest, dass die Beigeladene zu 1. ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beigeladene zu 1. für die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2004 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.

5

Mit Urteil vom 4.6.2007 hat das SG der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und den sie betreffenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben sowie festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "im Zeitraum ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu dieser gestanden hat". Während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat die Beklagte die genannten Bescheide mit Bescheid vom 10.6.2009 "ergänzt" und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "in der Zeit zwischen dem 18.1.2001 bis zum 1.7.2002 mit Unterbrechungen in den Zeiten ihrer Beschäftigung für die Klägerin versicherungspflichtig zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung war" und "Beginn der Versicherungspflicht … der 18.1.2001 ist".

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG - nach umfangreichen Ermittlungen - mit Urteil vom 10.6.2009 das Urteil des SG geändert. Über die im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen Bescheide hinaus hat es auch den "ergänzenden" Bescheid vom 10.6.2009 aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin in den im Tenor näher bezeichneten Zeiträumen "nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten-, Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war". Es hat seine zurückweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beigeladene zu 1. habe in der streitigen Zeit nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit in keinem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Die mündlichen Abreden zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sprächen als starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die vereinbarten Einzelheiten machten den Willen der Beteiligten deutlich, eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. zu begründen. Die - gewollte - sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit sei auch tatsächlich umgesetzt worden. So habe die Beigeladene zu 1. angebotene Einsätze ablehnen können, über die Höhe des Vergütungsanspruchs verhandelt und nach Abschluss des Einsatzes wie ein Unternehmer Rechnungen geschrieben. Der Klägerin habe - auch über die von ihr eingesetzte examinierte Kraft - keine Weisungsbefugnis zugestanden. Eine ständige Dienstbereitschaft der Beigeladenen zu 1. sei nicht erwartet gewesen; diese habe ihre Dienstleistungen auch nicht in den Betriebsräumen der Klägerin erbracht. Die Beigeladene zu 1. habe schließlich ein Unternehmerrisiko getragen, etwa weil sie bei "Kundeninsolvenz" weniger Vergütung erhalten und Ausbildung und Fortbildungen selbst bezahlt habe. Dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen Auftrags von der Klägerin und von den Betreuten vorgegeben gewesen seien, stehe der Annahme von Selbstständigkeit indes nicht entgegen, ebenso wenig, dass die Beigeladene zu 1. Pflegedokumentationen geführt habe. Im konkreten, hier allein zu entscheidenden Fall seien diese von der Klägerin bzw der für sie tätigen examinierten Kraft lediglich zur Kenntnis genommen worden. Auch könne aus der Begründung aufeinanderfolgender, relativ kurzer Vertragsverhältnisse nicht auf das Vorliegen von Beschäftigung geschlossen werden. In diesem Sinne habe die Beigeladene zu 1. nur stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigt, eine weitere Vertragsbeziehung begründen zu wollen.

7

Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom LSG zugelassenen Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV: Nach dem Gesamtbild sprächen die Kriterien überwiegend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingeordnet, weisungsgebunden und ohne Unternehmerrisiko tätig gewesen. Die Führung der Pflegedokumentationen, zu der die Beigeladene zu 1. aufgrund des mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrags mittelbar verpflichtet gewesen sei, und das Prozedere beim Wechsel der Pflegepartner zeigten, dass die Beigeladene zu 1. Teil in der Kette der den jeweiligen Betreuten zur Verfügung gestellten Pflegepartner und damit in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Das ergebe sich auch aus deren Teilnahme am Gruppenversicherungsvertrag der Klägerin für die Berufshaftpflichtversicherung. Weil sie ihre Aufträge ausschließlich durch Vermittlung der Klägerin erhalten und sich die Betreuungstätigkeit nach den Wünschen der Betreuten gerichtet habe, sei die Beigeladene zu 1. auch - im Verhältnis zu diesen - weisungsgebunden gewesen. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. habe schließlich nicht bestanden. Dieses folge weder aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. Aufträge habe ablehnen dürfen, noch daraus, dass von der Klägerin eine "Gewährleistungssumme" für den Fall der "Kundeninsolvenz" habe einbehalten werden dürfen.

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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 und des Sozialgerichts Duisburg vom 4. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1. lasse sich eine Weisungs- und/oder Kontrollbefugnis nicht herleiten. Pflegedokumentationen seien ein Arbeitsmittel der professionellen Pflege und ließen keinen Rückschluss auf den Status der sie Führenden zu. Ebenso wenig spreche die Teilnahme an einem Gruppenversicherungsvertrag für eine abhängige Beschäftigung.

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Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich auch nicht in der Sache.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG zunächst - auf Klage - auch den während des Berufungsverfahrens erlassenen "ergänzenden" Bescheid der Beklagten vom 10.6.2009 aufgehoben. Ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, hat es sodann die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG mit den im Tenor genannten, auf die Zeiten der einzelnen Betreuungseinsätze vorgenommenen Einschränkungen zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil insoweit geändert. Der ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 10.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 und ihres "ergänzenden" Bescheids vom 10.6.2009 ist rechtswidrig. Wie das LSG ohne Rechtsfehler entschieden hat, hat sie darin unzutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.

13

1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist vom Senat auch der während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von der Beklagten erlassene Bescheid vom 10.6.2009. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen (vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 13 ff) Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht und ihres Beginns "ergänzt". Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt - und damit auch erst einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht -, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt.

14

Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob die Beigeladene zu 1. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin nicht festzustellen ist, bei den jeweils von ihr Betreuten versicherungspflichtig beschäftigt war. Ebenso ist hier nicht zu überprüfen, ob die Beigeladene zu 1. - was bei Annahme einer selbstständigen Tätigkeit in Betracht kommt - jedenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 Satz 1 SGB VI unterlag. Zutreffend hat das LSG insoweit ausgeführt, dass in dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV allein geklärt werden sollte, ob die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war, und dass eine Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der Voraussetzungen der § 2 Satz 1, § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI erfordert, deshalb vom Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst ist.

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2. Die Beklagte ist in ihren Bescheiden in dem von der Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32), auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen -rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offenlassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in den streitigen Zeiträumen auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen und ob die Beklagte - bei Bestehen von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung - über den Zeitpunkt ihres Eintritts zutreffend entschieden hat.

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a) In den Jahren 2001 und 2002, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III)der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (vgl zur Beurteilung von Familienhelfern im Arbeitsrecht BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 KR 10/09 R, RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

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b) Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG - für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation - auf Grund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung, ohne dass dies vom Senat zu beanstanden wäre, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei der Klägerin nicht beschäftigt war. Die vom Berufungsgericht hierbei in seinem Ausgangspunkt zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend. So ist das LSG bei seiner Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit zu Recht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 15 f; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 22) davon ausgegangen, dass dem in den - hier allein mündlich getroffenen - Abreden dokumentierten Willen der Beteiligten, keine Beschäftigung zu wollen, nur dann keine - indizielle - Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert wurde. Als rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erfasst hat das LSG auch, dass aus dem Umstand, dass - ohne (mündliche oder schriftliche) Rahmenvereinbarung - jeweils einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse von in der Regel 14 Tagen mit Diensten "rund um die Uhr" begründet wurden, zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden können, sondern stets eine Bewertung der einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff). Als Ausgangsüberlegung richtig ist schließlich, dass eine Tätigkeit wie die eines hauswirtschaftlichen Familienbetreuers bzw einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden kann (vgl zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Hauskrankenpflegerin auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung aus der Zeit vor Einführung der Pflegeversicherung LSG Berlin, Urteil vom 26.11.1986 - L 9 Kr 8/85 - Breith 1987, 345; ferner zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Tagesmutter als Beschäftigte und Selbstständige Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - Juris RdNr 11, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sowohl die Befristung der Arbeitseinsätze der Beigeladenen zu 1. als auch ihr Einsatz "rund um die Uhr" lassen dabei nicht schon den Schluss zu, dass ein (rechtlich zulässiger) Einsatz von vornherein überhaupt nur im Rahmen einer frei ausgestalteten selbstständigen Tätigkeit in Betracht kam. Zwar waren (und sind) kurzzeitige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber nur begrenzt zulässig (vgl § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1966), aber immerhin nicht generell ausgeschlossen. Auch unter dem Blickwinkel des Arbeitszeitrechts bestanden (und bestehen) für Beschäftigungen auf diesem Gebiet keine engen Vorgaben hinsichtlich der maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (vgl § 18 Abs 1 Nr 3 Arbeitszeitgesetz vom 6.6.1994, BGBl I 1170: keine Geltung des Gesetzes für "Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen").

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c) Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen, auf der Grundlage umfangreicher Ermittlungen getroffenen detaillierten Feststellungen des LSG zu den im vorliegenden Fall zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen und deren - hiermit übereinstimmender - (tatsächlicher) Umsetzung rechtfertigen dessen Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei dieser nicht beschäftigt gewesen. Das Berufungsgericht hat ausgehend von zutreffenden (allgemeinen) rechtlichen Erwägungen begründet, dass und warum hiernach starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für das hier (allein) zu beurteilende Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit umfassendes Weisungsrecht der Klägerin sowie eine Eingliederung in deren "Betrieb" verneint, demgegenüber aber ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Ebenso ist es beanstandungsfrei, dass das LSG diesen Befund - unter Einbeziehung weiterer, für eine selbstständige Tätigkeit sprechender Umstände - bei der Gesamtwürdigung seiner Statusbewertung maßgebend zugrunde gelegt und der Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin, der Vergütung in Form (pauschaler) Tagessätze sowie der Führung einer Pflegedokumentation durch die Beigeladene zu 1. hierbei keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

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aa) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung unterlag die Beigeladene zu 1. bei der Durchführung ihrer einzelnen "Einsatzaufträge" keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin. Sie unterlag auch keinem solchen der von ihr Betreuten. Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Lehrtätigkeiten entwickelten Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 29, mwN) hat das Berufungsgericht den Umständen hier rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen, dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen "Einsatzauftrags" wie Beginn und Ende des Einsatzes und "grober" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin vorgegeben waren und sich die Betreuungstätigkeit (allgemein) nach den Bedürfnissen und Wünschen der Betreuten oder ihrer Angehörigen auszurichten hatte. Wie die Betreuung im Einzelnen ausgestaltet ist, richtet sich nach den individuellen Erfordernissen, die sowohl inhaltlich als auch in zeitlicher Hinsicht die zu erbringenden Leistungen bestimmen. Das gilt für Tätigkeiten hauswirtschaftlicher Art wie für Pflegetätigkeiten (im weiteren Sinne) gleichermaßen. Der hierbei - gerade auch im Hinblick auf die zeitliche Dimension des "Einsatzauftrags" (14-Tage-Einsatz, 24-Stunden-Service) - geforderten Fähigkeit des Pflegepartners zur Reaktion auf die - sich ggf ständig verändernde - aktuelle Betreuungs- und/oder Pflegesituation steht zwangsläufig eine Flexibilität im Handeln gegenüber, die diesem gerade wegen der Individualität und Einzigartigkeit dieser Situation prinzipiell einen großen Entscheidungsbereich belässt. Hiervon ausgehend und nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall unterlag die Beigeladene zu 1. keiner arbeitnehmertypischen Leistungspflicht, weil sich für sie bei ihrer Tätigkeit für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume ergaben (vgl insoweit - im Arbeitsrecht - zum Gesichtspunkt einer möglichen Einflussnahme des Betroffenen auf Art und zeitliche Lage der konkreten Tätigkeit in einer Betreuungssituation BAG AP Nr 45 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Leitsatz 1 und Bl 413 ff). Allein aus der im Hinblick auf die genannten (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin und der Betreuten bestehenden "Minderung" der "Autonomie" der Pflegepartner bei der Durchführung der einzelnen Einsätze kann daher nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne und damit eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin und/oder der Betreuten geschlossen werden (zur Übertragung der für die Beurteilung von Lehrtätigkeiten aufgestellten Grundsätze auf als sog Freelancer tätige Flugzeugführer vgl BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Ob die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, den Betreuten und der Beigeladenen zu 1. - wie die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 18.6.2008 (L 1 RA 257/05 - Juris RdNr 60 f) meint - einem Leiharbeitsverhältnis ähnelten mit der Besonderheit, dass hier das "Weisungsrecht" wie dort auf die Betreuten "delegiert" war, ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.

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Die Beigeladene zu 1. war auch nicht - gleichwohl - wegen der von ihr in der Gestalt von "Pflegeberichten", "Pflegeprotokollen" und "Checklisten für die Pflegepartner zur Durchführung einer Ablösung" geführten Pflegedokumentationen von der Klägerin weisungsabhängig. Die Beklagte behauptet dieses auch selbst nicht, sondern stützt sich auf diesen Umstand (nur) für ihre Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in eine von der Klägerin vorgegebene Ordnung eingegliedert gewesen. Das LSG hat in dem hier (allein) zu entscheidenden Fall festgestellt, dass sich die bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester in die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. tatsächlich nicht eingemischt, insbesondere deren Arbeitsergebnisse - etwa beim Wechsel von Pflegepartnern - nicht anhand der Pflegedokumentationen kontrolliert hat, und hieraus den Schluss gezogen, dass der Klägerin über diese Kraft keine Weisungsbefugnis zustand. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden, zumal - wie das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt hat - der Klägerin keine Rechtsmacht zur Kontrolle zustand, weil im Verhältnis zu ihr eine (vertragliche) Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. zur Dokumentation nicht bestand und diese jedenfalls nach dem mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrag (dort Punkt 1.6) nur als "Pflege"- bzw "Leistungsnachweis" (der Klägerin) gegenüber den Betreuten dienen sollte. Eine - von der Beklagten angenommene - auf Grund "mittelbarer" Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. hierzu dieser gegenüber bestehende Weisungsbefugnis der Klägerin etwa dahingehend, dass und wie sie ihre Dienstleistung optimieren könne, lässt sich daraus nicht entnehmen.

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Schließlich greift das Vorbringen der Beklagten auch insoweit nicht durch, als sie sich für die Annahme eines Weisungsrechts der Klägerin darauf stützt, dass diese die Beigeladene zu 1. in einer speziellen Bildungsmaßnahme geschult und so auf ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin vorbereitet, dieser dann die Aufträge vermittelt und (allein) mit den Betreuten "Erstverhandlungen" über den Umfang der Betreuungsleistungen geführt habe. Warum sich hieraus - bezogen auf die Verhältnisse, die nach Annahme eines "Einsatzauftrags" bestehen - ein für eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechendes Weisungsrecht der Klägerin ergeben soll, erläutert die Beklagte nicht. Demgegenüber fallen als relevant auf eine (weitgehend) autonome Durchführung der einzelnen Einsätze hindeutende Umstände ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall übernommene Aufträge (vorzeitig) abbrechen oder verlängern und sie nach Übernahme eines bestimmten Auftrags (und vor dessen Beendigung) von der Klägerin nicht gegen ihren Willen "umgesetzt", also zur Annahme eines anderen Auftrags veranlasst werden konnte.

22

bb) Die Beigeladene zu 1. war auch nicht wie eine Beschäftigte in den "Betrieb" der Klägerin eingegliedert. Ebenso fehlte eine entsprechende arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von den Betreuten vorgegebene betriebliche Ordnung. Soweit das LSG diese Annahme damit begründet hat, dass von der Beigeladenen zu 1. mangels Aufnahme der Pflegepartner in einen bei der Klägerin geführten Dienstplan keine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden sei und diese - im Gegenteil - die Übernahme von "Einsatzaufträgen" eher an eigenen Bedürfnissen ausgerichtet hat, ist sein Prüfungsansatz indessen unzutreffend. Denn auch für die Beurteilung, ob die Beigeladene zu 1. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden. Im Übrigen lässt die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler nicht erkennen. Zu Recht hat das LSG auf der Grundlage seiner Feststellungen entschieden, dass die Beigeladene zu 1. in den "Betrieb" der Klägerin nicht eingegliedert war (vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter die Einbindung der Beigeladenen zu 1. in den Haushalt des jeweils Betreuten (mit den dort zur Verfügung gestellten sächlichen Mitteln) nicht als funktionsgerechte Einordnung in eine von dieser Seite vorgegebene Ordnung betrachtet, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet werden kann (vgl - zur Möglichkeit des Fehlens einer Eingliederung von Dozenten in den Lehr-/Bildungsbetrieb einer Volkshochschule - BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 18 ff; ferner - zum Fehlen einer Eingliederung von als sog Freelancer tätigen Flugzeugführern in den Betrieb eines Luftfahrtunternehmens - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff).

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Das Revisionsvorbringen der Beklagten greift demgegenüber nicht durch. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung folgt aus dem - vom LSG festgestellten - Ablauf beim Wechsel der Pflegepartner und der Organisation der Folgepflege sowie der hierauf bezogenen Funktion der Pflegedokumentationen (Checkliste) nicht schon, dass die Beigeladene zu 1. wegen ihrer Eigenschaft als "ein Teil in der Kette der den jeweiligen Kunden zur Verfügung gestellten Pflegepersonen" in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Dass jemand zu einem "Pool" von Einsatzkräften gehört, die zur Erfüllung anderen Personen obliegender Verpflichtungen gegenüber Dritten bereitstehen, besagt über deren Eingliederung in den "Betrieb" der insoweit Verpflichteten nichts (vgl - zum Status in einem "Personalpool" zusammengefasster, als sog Freelancer tätiger Flugzeugführer als Selbstständige - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris). Ebenso wenig kann für eine Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin daraus etwas hergeleitet werden, dass ihr und das Auftreten der Beigeladenen zu 1. im Rechtsverkehr von den Betreuten so wahrgenommen wurden, als sei die Beigeladene zu 1. nicht (ihrerseits) Unternehmerin, sondern befinde sich in einem Anstellungsverhältnis zur Klägerin.

24

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung spricht für eine entsprechende Eingliederung schließlich nicht, dass die Klägerin für die Pflegepartner zur Absicherung in einer Berufshaftpflichtversicherung einen Gruppenversicherungsvertrag angeboten hat. Zutreffend hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nämlich darauf hingewiesen, dass Angebote zur Teilnahme an einer Gruppenversicherung allgemein auch Selbstständigen (etwa Rechtsanwälten) gemacht werden, ohne dass eine Teilnahme hieran für eine Eingliederung in den "Betrieb" des Anbieters als Indiz wirkt.

25

cc) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das LSG ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Zutreffend hat es darauf hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Beigeladene zu 1. - wie das für Dienstleistungen in der Hauswirtschaft typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.

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Richtig ist allerdings, dass - so die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8.8.2006 (L 11 R 2987/05) - aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze folgt (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug. Die vom LSG im gleichen Zusammenhang genannte Vereinbarung über Abzüge für Schlechtleistungen stellt demgegenüber kein Indiz für ein Unternehmerrisiko dar, weil eine solche "Haftung" für Schlechtleistungen, wenn auch eingeschränkt, Arbeitnehmer gleichermaßen trifft (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36). Zu dem Risiko des Verdienstausfalls bei "Kundeninsolvenz" tritt - wenn auch in geringerem Umfang - ein Kapitalrisiko hinzu, weil sich der Einsatz von Reisekosten bei (vorzeitigem) Abbruch des "Einsatzauftrags", etwa bei Versterben von Kunden oder deren Verlegung ins Krankenhaus oder Heim nicht lohnen konnte. Auch amortisierten sich in einem solchen Fall die von der Beigeladenen zu 1. aufgewandten Ausbildungs- und Fortbildungskosten nicht.

27

Der Belastung der Beigeladenen zu 1. mit diesen Risiken stand auf der anderen Seite, was - wie dargestellt - erforderlich ist, bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes eine größere Freiheit und Flexibilität gegenüber. Die Beigeladene zu 1. war nämlich nicht wie ein klassischer Arbeitnehmer gehalten, Arbeitsanweisungen zur Vermeidung vertragsrechtlicher Sanktionen und/oder von Schadensersatzansprüchen Folge zu leisten, sondern konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft entsprechend ihren Bedürfnissen sehr weitreichend selbst steuern. So konnte sie nach den nicht mit Revisionsgründen angegriffenen Feststellungen des LSG in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise die ihr von der Klägerin angebotenen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen oder verlängern; sie konnte auch nicht von der Klägerin aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Kunden zugeteilt werden.

28

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist ein Unternehmerrisiko hier auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beigeladene zu 1. für ihre Einsätze vereinbarungsgemäß und tatsächlich pauschal - nach Tagessätzen - vergütet wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kalkulierte die Beigeladene zu 1. ihren Aufwand ggf neu und hat diese Kalkulation in die Verhandlungen mit der Klägerin um die Höhe des Vergütungsanspruchs eingebracht. Damit hing in dem hier zu beurteilenden Fall der Beigeladenen zu 1. die Höhe ihres Verdienstes in der Form höherer Tagessätze weitestgehend vom Umfang und der Intensität des Einsatzes ihrer Arbeitskraft bei dem jeweiligen Auftrag ab. Sie konnte durch die Gestaltung der "Einsatzaufträge" die wirtschaftliche Verwertung ihrer Arbeitskraft in hohem Maße selbst steuern und andererseits durch besondere Anstrengungen ihre Verdienstchancen erhöhen bzw einen Mehrverdienst erzielen.

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3. Nach alledem ist die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin nicht als versicherungspflichtig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV anzusehen. Denn für den hier (allein) zu beurteilenden Sachverhalt ist das LSG ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war. Dahinter kann zurücktreten, dass die Klägerin - und nicht die Beigeladene zu 1. - Kundenwerbung betrieb und "Einsatzaufträge" aquirierte, weil sie jene damit lediglich an die Beigeladene zu 1. vermittelte und in diesem Zusammenhang für diese den Kontakt zu den Betreuten herstellte.

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Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit, wie sie die Beigeladene zu 1. im hauswirtschaftlichen und "pflegenahen" Bereich ausgeübt hat, stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wäre. Maßgebend für die Beurteilung sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese Feststellungen sind bindend, wenn sie - wie hier - nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen, insbesondere mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl § 163 SGG). Von daher ist es durchaus möglich, dass andere LSG in ihren Entscheidungen zu Tätigkeiten ähnlicher Art, wie sie von der Beigeladenen zu 1. verrichtet wurden, auf der Grundlage der in ihren Verfahren festgestellten tatsächlichen entscheidungserheblichen Umstände zu anderen Ergebnissen gelangen.

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt. Ihre außergerichtlichen Kosten sind daher nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs 3 VwGO).

32

Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist nach § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG schon für das Berufungsverfahren angenommenen Streitwerts festzusetzen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.Januar 2015 wird zurückgewiesen.

II.

Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger zu 1 (künftig Kläger) in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2 (künftig Klägerin) in der Zeit von 26.11.2013 bis 12.04.2015 wegen abhängiger Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sozialversicherungspflichtig war. Strittig ist insbesondere, ob der Kläger als GmbH-Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung weisungsfrei war, weil er wegen beherrschender Fachkenntnisse und als Sohn des Mehrheitsbeteiligten der Klägerin faktisch weisungsfrei gearbeitet habe.

Der 1980 geborene Kläger hat nach Abschluss der Lehre zum Industrieelektroniker eine Ausbildung zum staatlich geprüften Informatik-Techniker absolviert. Von 2004 bis 2010 studierte er an der Fachhochschule mit Abschluss als Diplom-Informatiker. Ende 2005 gründete er die Einzelfirma E. Datentechnik.

Der Vater des Klägers, J. A., Maurermeister, war Alleingesellschafter der A. GmbH Vermögensverwaltung, gegründet 1988 für Bauvorhaben. Er war Inhaber aller Geschäftsanteile in Höhe von 50.000,- Deutsche Mark.

Mit notariellem Vertrag vom 26.11.2013 vereinbarten der Kläger und sein Vater, beide handelnd in eigenem Namen und für die Firma A. GmbH Vermögensverwaltung die Veräußerung eines Teilgeschäftsanteils von 10.000,- DM an den Kläger zum Preis von 5.112,91 Euro und die Bestellung des Klägers als neuer Geschäftsführer unter Ablösung der bisherigen Geschäftsführerin Frau B.

Vereinbart wurde, dass der Geschäftsführer stets einzelvertretungsberechtigt ist und ermächtigt ist, die Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten zu vertreten (Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB). Ferner wurde vereinbart, dass das auf Euro umgestellte Stammkapital auf insgesamt 75.000,- Euro erhöht wird. Der Kläger erhielt einen Geschäftsanteil in Höhe von 15.000,- Euro (gleich 20%), der Vater des Klägers die restlichen 60.000,- Euro. Die neuen Geschäftsanteile sind ab Beginn des bei Handelsregistereintragung der Kapitalerhöhung laufenden Geschäftsjahres gewinnbezugsberechtigt.

Zugleich wurde die Satzung der Gesellschaft insgesamt neu gefasst:

In § 1 erhielt die Klägerin den neuen Namen A. Datentechnik GmbH. § 2 legte als Gegenstand des Unternehmens Telekommunikationsdienstleistungen (Internet), Dienstleistungen im IT- und Internetbereich sowie Handel mit IT- und TK-Produkten fest. In § 5 wurde geregelt, dass Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt sind, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt ist und dass ein Geschäftsführer nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann. Für die Gesellschafter besteht gemäß § 13 kein Wettbewerbsverbot im Verhältnis zur Gesellschaft. Eine Bestimmung über die Beschlussfassung enthält die Satzung nicht.

Am 11.02.2014 beantragte der 1980 geborene Kläger die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status für seine Tätigkeit für die Klägerin. Beginn der Tätigkeit sei der 26.11.2013 gewesen. Eine Treuhandvereinbarung zur Ausübung von Stimmrechten bestehe nicht. Der Kläger kann nach seinen Angaben mangels vertraglicher Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse weder herbeiführen noch verhindern. Darlehen oder Bürgschaften habe der Kläger nicht übernommen. Für die Führung des Unternehmens verfüge nur er über die erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Zuvor sei er seit 01.10.2005 bis aktuell Inhaber einer Einzelfirma der IT-Branche gewesen. Die regelmäßige Arbeitszeit betrage 40 Wochenstunden. Er unterliege bezüglich Zeit, Ort oder Art der Beschäftigung keinem Weisungsrecht und könne seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Die Gestaltung der Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen abhängig. Er könne selbstständig Personal einstellen oder entlassen. Urlaub müsse er sich nicht genehmigen lassen. Eine Abberufung/Kündigung sei jederzeit möglich, die Kündigungsfrist betrage 6 Monate zum Quartalsende. Er erhalte eine gleichbleibende monatliche Vergütung von 4.350,- Euro. Bei Arbeitsunfähigkeit erfolge eine Fortzahlung der Vergütung für sechs Monate. Von der Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet und diese werde als Betriebsausgabe verbucht. Er sei mit Tantiemen am Gewinn beteiligt.

Vorgelegt wurde der Dienstvertrag vom 26.11.2013, abgeschlossen durch die Klägerin vertreten durch die Gesellschafterversammlung und den Kläger.

Nach § 1 (Aufgaben) besteht Alleinvertretung. Der Geschäftsführer hat die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu befolgen. Er ist von den Beschränkungen nach § 181 BGB befreit. Nach § 2 (Umfang der Geschäftsführungsbefugnis) ist der Geschäftsführer für alle Handlungen des gewöhnlichen Betriebs zuständig. Für außergewöhnliche Geschäfte ist die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung notwendig, insbesondere für Einstellung/Entlassung leitender Angestellter, Erwerb/Veräußerung von Grundstücken, Investitionen die im Einzelfall den Betrag von 25.000,- Euro übersteigen, Gewährung von Sicherheiten von mehr als 25.000,- Euro, Aufnahme von Krediten von mehr als 25.000,- Euro außer laufenden Ratenkredite, etc.

Nach § 3 (Bezüge) erhält der Geschäftsführer Bezüge von monatlich 4350,- Euro und Tantieme in Höhe von 15% des tantiemepflichtigen Gewinnes. Nach § 4 erfolgt Gehaltsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall für sechs Monate. Der Jahresurlaub beträgt 25 Arbeitstage (§ 5). Ab Kalenderjahr 2016 wird eine betriebliche Altersversorgung zugesagt (§ 6). Nach § 8 hat der Geschäftsführer die Pflicht, seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Jedwede auf Erwerb gerichtete Nebentätigkeit bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Für zwei Jahre nach Beendigung des Vertrags besteht ein Wettbewerbsverbot. Nach § 9 tritt der Dienstvertrag am 26.11.2013 in Kraft. Es besteht eine Probezeit von einem Jahr mit Kündigungsfrist drei Monate, danach eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Quartals.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 14.02.2014 dazu angehört, dass die Beklagte beabsichtige, das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu bejahen. Der Kläger wies darauf hin, dass die GmbH ursprünglich als Bauunternehmen gegründet worden sei. Mit Aufgabe der Bautätigkeit sei Geschäftsgegenstand die Vermögensverwaltung gewesen. Aufgrund seiner Ausbildung als Diplom-Informatiker (FH) verfüge er allein über die notwendigen Fachkenntnisse und Qualifikationen zur Geschäftsführung und treffe die entscheidenden strategischen Entscheidungen. Das wirtschaftliche Wohl und die Zukunft der GmbH sei ausschließlich von seiner Person abhängig.

Mit zwei gleich lautenden Bescheiden vom 14.05.2014 stellte der Beklagte jeweils gegenüber den Klägern fest, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Klägerin seit 26.11.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Es bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab 26.11.2013. Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses würden überwiegen. Bei einem Anteil von 20% des Gesamtkapitals sei es dem Kläger nicht möglich, die Geschicke der Firma maßgeblich zu beeinflussen. Er habe keine Vetorechte oder Sperrminoritäten und könne keine Entscheidungen verhindern. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Kläger zu 1 kein Unternehmensrisiko. Die Tantieme sei nur Ausdruck eines leistungsorientierten Vergütungsbestandteils. Trotz weit gehender Gestaltungsfreiheit bezüglich Zeit, Ort und Ausübung der Tätigkeit bleibe die Arbeitsleistung fremdbestimmt, da sie in die von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebs eingegliedert sei. Besondere Branchenkenntnisse seien für Geschäftsführer durchaus üblich.

Für die beiden Kläger wurden rechtzeitig Widersprüche eingelegt. Der Kläger habe einen so großen tatsächlichen Einfluss auf die Willensbildung im Unternehmen, dass Weisungen faktisch ausgeschlossen seien. Dies gelte besonders für Familienunternehmen. Aufgrund familiärer Rücksichtnahme werde das Weisungsrecht nicht ausgeübt.

Die Widersprüche wurden mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 25.08.2014 zurückgewiesen. Maßgeblich für die Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit sei die abstrakte Rechtsmacht, die allein durch fehlenden Gebrauch nicht verloren gehe. Der Kläger habe bei einem Anteil am Stammkapital von 20% keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Beschlüsse der GmbH würden mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Die Wahrnehmung von Handlungsfreiheiten sei bei leitenden Angestellten, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Die Zahlung des monatlichen Festgehalts, die Fortzahlung des Gehalts im Krankheitsfall und ein bezahlter Erholungsurlaub seien gewichtige Indizien für eine abhängige Beschäftigung. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht zu erkennen. Die familienhafte Rücksichtname im Rahmen einer „Schönwetter-Selbstständigkeit“ sei nicht entscheidend (BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R).

Der Kläger erhob am 17.09.2014 die Klage S 56 R 1776/14. Die Klägerin erhob am 19.09.2014 die Klage S 56 R 1799/14. Der Kläger arbeite weisungsfrei. Er allein habe Branchenkenntnis. Er habe das bereits vorhandene Einzelunternehmen E. Datentechnik in die GmbH eingebracht. Es sei geplant, dass der Kläger nach und nach die Anteile der Gesellschaft übernehme. Es habe lediglich steuerrechtliche Gründe, dass er nicht von Anfang an sämtliche Anteile übernommen habe. Die Mitarbeit in einer Familien-GmbH sei anders zu beurteilen (BSG, Urteil vom 08.12.1987, 7 RAr 25/86 und BSG, Urteil vom 11.02.1993, 7 RAr 48/92). Es sei zu prüfen, ob tatsächlich eine Weisungsbindung bestehe. Der Kläger sei „Kopf und Seele“ des Betriebs.

Der Kläger wurde zum Verfahren der Klägerin notwendig beigeladen und umgekehrt. Der Kläger teilte mit, dass seine Einzelfirma floriert habe. Die Klägerin habe keine Umsatzerlöse gehabt, nur sonstige Erträge von z. B. je 34.000,- Euro in 2011 und 2012 bzw. 17.000,- Euro in 2013. Er habe, entsprechend dem Namenswechsel, seine Einzelfirma in die GmbH eingebracht. Es sei nur darum gegangen, die 100.000,- Euro Verlustvortrag der Klägerin zu nutzen. Sein Vater habe eine Pensionszusage der Klägerin von monatlich 500,- Euro.

Die beiden Klagen wurden verbunden und mit Urteil vom 29.01.2015 abgewiesen.

Der tatsächlich eingeräumten Rechtsmacht komme die größere Bedeutung zu als den tatsächlichen Verhältnissen. Denn entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer Beschäftigung sei die Möglichkeit, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden. Diese mögen aufgrund geübter familiärer Rücksichtnahme solange nicht erteilt werden, wie das Einvernehmen der Beteiligten gewahrt bleibe. Im Falle eines Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die tatsächlich zustehende Rechtsmacht zum Tragen, so dass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestehe. Eine solche „Schönwetter-Selbstständigkeit“ sei mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So habe das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liege, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein könne (BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn. 32).

Im Sinne der Rechtssicherheit sei auf die rechtlichen Verhältnisse und die sich aus ihnen ergebende Rechtsmacht abzustellen. Es bestehe das Erfordernis, den sozialversicherungsrechtlichen Status von objektiv beurteilbaren Gegebenheiten und nicht von situationsgebundenen und ohne weiteres veränderbaren persönlichen Verhältnissen der in einem Unternehmen tätigen Personen und Entscheidungsträger abhängig zu machen. Eine selbstständige Tätigkeit komme deshalb nur dann in Betracht, wenn der Geschäftsführer entweder Mehrheitsgesellschafter ist oder über eine Sperrminorität verfügt. Auf andere Umstände wie z. B. eine überragende Marktkenntnis komme es nicht an. Dies würde der erstrebten Vorhersehbarkeit der Verhältnisse entgegenstehen. Auch die überragende Marktkenntnis verschaffe keine beherrschende Position. Denn es bestehe die Möglichkeit, im Fall eines persönlichen Zerwürfnisses die Marktkenntnis durch einen anderen Geschäftsführer oder Mitarbeiter in das Unternehmen einzubringen.

Der Kläger sei weder Mehrheitsgesellschafter noch verfüge er mit 20% der Stammeinlage über eine Sperrminorität. Beschlüsse der Gesellschafter würden nach der gesetzlichen Regelung des § 47 Abs. 1 GmbHG mit einfacher Mehrheit gefasst werden.

Die von dem Kläger genannten steuerlichen Beweggründe für die konkrete Ausgestaltung der Beteiligungsverhältnisse führten zu keinem anderen Ergebnis. Die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit habe sich an § 7 SGB IV und dem Zweck der Norm, unselbstständigen Erwerbstätigen in den Schutz der Sozialversicherung einzubeziehen zu orientieren. Es sei nicht Aufgabe dieser Abgrenzung, für das betroffene Unternehmen die optimale steuerliche Lösung sicherzustellen. Das Urteil wurde den Klägern am 02.03.2015 zugestellt.

Die Kläger haben beide am 05.03.2015 Berufung gegen das Urteil eingelegt. Die Einzelfirma des Klägers sei ein gesundes Unternehmen gewesen. Geschäftsräume, Know-how, Kunden, Mitarbeiter und die Ausstattung seien nicht verändert worden. Eigentlich sei die Klägerin in dem Einzelunternehmen aufgegangen. Der Kläger sei faktisch Alleininhaber der GmbH. Die Rechtsmacht sei lediglich ein formales Kriterium. Der Kläger habe wenn überhaupt nur wenig Urlaub genommen. Die Regelungen zum Festgehalt, bezahlten Urlaub und Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall seien üblich und schon wegen dem Problem der verdeckten Gewinnausschüttung nötig.

Mit notarieller Urkunde vom 24.03.2015 ist eine Änderung der Satzung der Klägerin belegt worden. § 6 Abs. 3 lautet nunmehr: „Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden einstimmig gefasst.“ Diese Änderung ist am 13.04.2015 ins Handelsregister eingetragen worden. Die Beklagte hat ein Teilanerkenntnis abgegeben. Der Kläger sei seit 13.04.2015 nicht mehr im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses tätig. Die Kläger haben dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Die Bundesagentur für Arbeit ist notwendig beigeladen worden.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Januar 2015 sowie den Bescheid vom 14.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.08.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit von 26.11.2013 bis 12.04.2015 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Beklagten, insbesondere auf den dortigen Dienstvertrag vom 26.11.2013, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Berufungsgerichts verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist richtig und überzeugend. Der Kläger war in der Zeit von 26.11.2013 bis 12.04.2015 als abhängig Beschäftigter der Klägerin versicherungspflichtig nach dem Recht der GRV und der Arbeitsförderung.

Streitgegenstand sind die Bescheide vom 14.05.2014 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.08.2014, in denen die Beklagte die Tätigkeit des Klägers bei der Klägerin für die Zeit ab 26.11.2013 als abhängige Beschäftigung eingestuft hat und die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt hat. Der streitige Zeitraum endet infolge des angenommenen Teilanerkenntnisses gemäß § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Ablauf des 12.04.2015.

Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 56 SGG). Denn über die Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinaus begehren die Kläger die Feststellung des Nichtbestehens der Versicherungspflicht zur GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Es besteht Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III für gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen.

1. Prüfungsmaßstab hierfür ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung „die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“ (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn. 15).

Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist.

Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn. 16).

Die allgemeinen Grundsätze zur Unterscheidung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH.

Grundsätzlich kann ein Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Allerdings schließt ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter damit an ihn gerichtete Einzelanweisungen im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann. Das Bundessozialgericht bejaht eine selbstständige Tätigkeit, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter entweder Mehrheitsgesellschafter ist oder über eine Sperrminorität dergestalt verfügt, dass er an ihn gerichtete Weisungen verhindern kann (BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn. 25). Demgegenüber geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Fremdgeschäftsführer (Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile) in der Regel in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (siehe BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, Rn. 21).

2. Ausgehend von den tatsächlichen Umständen haben im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, höheres Gewicht als die Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen

Nach dem Vortrag der Kläger seien keine Weisungen erfolgt. Diese seien wegen des überlegenen Fachwissen des Klägers („Herz und Seele des Betriebs“) und der familiären Beziehung zum Inhaber der Mehrheitsbeteiligung der Klägerin auch ausgeschlossen. Selbst wenn es in der tatsächlichen Praxis nicht zu Weisungen gekommen ist, ist dies nicht entscheidend, weil die im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen, die Regelungen der GmbH-Satzung und das GmbH-Gesetz (GmbHG) verbindliche Regelungen bewirken, wonach der Kläger in einem fremden Betrieb weisungsabhängig tätig war.

Der Kläger war abhängig Beschäftigter der Klägerin. Er hatte keinerlei Rechtsmacht. Er war dem Weisungsrecht des Mehrheitsgesellschafters uneingeschränkt unterworfen. Er wurde behandelt wie ein Arbeitnehmer (festes Gehalt, Urlaub, Lohnfortzahlung) und er hatte kein Unternehmerrisiko.

Ausgangspunkt der Prüfung ist der Dienstvertrag. Der Kläger ist nach dem Dienstvertrag eindeutig ein abhängig Beschäftigter. Der Gesellschaftsvertrag bestätigt dies. Die Weisungsabhängigkeit des Klägers wurde nicht wirksam abbedungen.

Der Kläger hat als Geschäftsführer nach § 1 des Dienstvertrags die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu befolgen, soweit Vereinbarungen im Dienstvertrag nicht entgegenstehen. Der Dienstvertrag enthält keine Regelungen, die die Weisungsbindung beschränken. Dass er nach § 2 des Dienstvertrags für die Geschäfte des gewöhnlichen Betriebs zuständig ist, ist selbstverständlich und schränkt die Weisungsbefugnisse der Gesellschaft bzw. deren Gesellschafterversammlung - auch im Bereich der gewöhnlichen Geschäfte - nicht ein.

Nach der Satzung und dem GmbHG hat der Kläger dieser Weisungsbefugnis nichts entgegenzusetzen. Mit dem Geschäftsanteil von 20% am Stammkapital der Klägerin (vgl. § 5 GmbHG) kann der Kläger in der GmbH nichts durchsetzen oder verhindern. Er hat weder einen beherrschenden Einfluss noch eine Sperrminorität. Die Entscheidungen werden mangels einer anderweitigen Bestimmung in der Satzung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen, § 47 Abs. 1 GmbHG. Der Kläger hatte mit einem Geschäftsanteil in Höhe von 15.000,- Euro von 75.000,- Euro nur einen Anteil von nur 20%. Sein Vater hatte einen Anteil von 80%. Der Vater des Klägers hätte dem Kläger jederzeit verbindliche Weisungen erteilen können. Bei einem Zerwürfnis hätte der Vater den Kläger auch entlassen können (wichtiger Grund nach § 5 Abs. 2 der Satzung) und den Kläger durch einen fachkompetenten anderen Geschäftsführer ersetzen können. Durch eine derartige Entwicklung ist auch das Argument des Klägers, er sei „Kopf und Seele des Betriebs“, entwertet. Er wäre dann ein „ersetzter Kopf und ersetzte Seele des Betriebs“ gewesen.

Diese grundsätzliche gesellschaftsrechtliche Bewertung wird durch die weiteren Regelungen des Dienstvertrags bestätigt.

Der Kläger wurde wie ein Arbeitnehmer mit einem festen monatlichen Gehalt entlohnt. Dieses wurde zur Lohnsteuer veranlagt, sprich nach § 36 Einkommensteuergesetz der Besteuerung für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit unterworfen.

Die Tantieme ist kein Beleg für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers. Tantiemen sind als erfolgsabhängige Vergütung bei in höheren Diensten abhängig Beschäftigten durchaus verbreitet. So war es auch hier. Die Höhe der Tantieme von 15% des tantiemepflichtigen Gewinns entsprach nicht dem Geschäftsanteil von 20%. Die Gewinnbeteiligung als Anteilseigner bestand neben der Tantieme.

Auch die sonstigen Regelungen des Dienstvertrags entsprechen weitgehend einem Arbeitsvertrag eines Beschäftigten: Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4), der Jahresurlaub von 25 Arbeitstagen (§ 5), die Pflicht, die ganze Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen und jedwede erwerbsbezogene Nebentätigkeit genehmigen zu lassen (§ 8 Abs. 1) sowie die Vereinbarung einer Altersversorgung (§ 6), einer Probezeit (§ 9) und eines Wettbewerbsverbotes (§ 13).

Ein erhebliches Unternehmensrisiko des Klägers ist nicht festzustellen. Maßgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Das Bestehen eines Unternehmerrisikos ist nicht schlechthin entscheidend, sondern nur im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, Rn. 23). Der Kläger hat 20% des Stammkapitals übernommen. Wenn die Klägerin in Vermögensverfall kommt, kann er dieses Kapital verlieren. Dieses Risiko trägt er aber als Anteilseigner, nicht als Geschäftsführer. Darlehen oder Bürgschaften hat der Kläger für die Klägerin nicht gegeben bzw. übernommen. Für seine Arbeitskraft erhält er ein festes Gehalt zuzüglich Tantiemen.

3. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er aufgrund familienbedingter Rücksichtnahme selbstständig tätig sei. Hier ist in der Rechtsprechung ein Wandel eingetreten.

In der Vergangenheit haben Senate des BSG - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungsrechts und der Unfallversicherung - trotz fehlender Sperrminorität des Geschäftsführers einer Gesellschaft eine selbstständige Tätigkeit für möglich erachtet, wenn die Tätigkeit in der Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme auf familiäre Bindungen geprägt war. Insoweit wird auf die Darstellung im Urteil des BSG vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, Rn. 27, verwiesen. In den früheren Entscheidungen ging es im Kern darum, Leistungsansprüche von Klägern zu prüfen, die diese aus einer angeblich abhängigen Beschäftigung mit zum Teil sehr hohen Vergütungen ableiteten.

Diese frühere Rechtsprechung orientiert sich nicht an den Abgrenzungskriterien, die das BSG für Statusfeststellungen entwickelt hat, insbesondere zum Verhältnis vertraglicher Abreden zu den tatsächlichen Verhältnissen.

Das BSG führt im Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, dort Rn. 28, dazu aus (ebenso BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, Rn. 32):

„Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung [Urteil vom 30.01.1990, 11 RAr 47/88] (ggf. modifiziert bzw. auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, maßgebende Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, so dass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (...).

Eine solche „Schönwetter-Selbstständigkeit“ ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (...).“

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass im vorliegenden Fall die tatsächlichen objektiven Verhältnisse, das heißt die tatsächliche Rechtsmacht, sprich die Weisungsabhängigkeit des Klägers, den Ausschlag gibt. Es handelte sich lediglich um eine subjektive „Schönwetter-Selbstständigkeit“, auf die nicht abgestellt werden kann.

4. Der Beginn der Versicherungspflicht erfolgt mit Beschäftigungsbeginn. Er ist nicht gemäß § 7a Abs. 6 SGB IV hinauszuschieben, weil der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung (26.11.2013) gestellt wurde, sondern erst am 11.02.2014.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kläger sind unterlegen. Die Klägerin ist zwar keine kostenprivilegierte Beteiligte nach § 183 SGG und wäre daher der Kostenentscheidung nach § 197a SGG zuzuordnen. Es handelt sich bei einer Statusfeststellung nach § 7a SGB IV aber nicht um eine objektive Klagehäufung nach § 56 SGG, sondern um einen einheitlichen Streitgegenstand (zu dieser Unterscheidung siehe BSG, Beschluss 26.07.2006, B 3 KR 6/06 B). Deshalb erfolgte auch die notwendige Beiladung des anderen Beteiligten nach § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG. Aus diesem Grund erstreckt sich die Kostenprivilegierung nach § 193 SGG auch auf die Klägerin als GmbH (ebenso BSG, Urteil vom 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Rn. 43, BayLSG, Beschluss vom 07.07.2015, L 7 AS 4/15 B und Beschluss vom 02.03.2010, L 5 R 109/10 B, sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2014, L 4 R 2204/13, Rn. 76; a.A. etwa LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.12.2013, L 6 R 152/12 B).

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil keine Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG ersichtlich sind.