Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 27. Jan. 2015 - S 4 SO 4416/12

bei uns veröffentlicht am27.01.2015

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Kosten der stationären Aufnahme des am … geborenen X. für die Zeit vom 22.07.2009 bis zum 29.10.2009 im Streit.
Der letzte Wohnsitz des X. vor der Aufnahme ins Krankenhaus war im Landkreis E. …
X. befand sich vom 25.06.2009 bis zum 29.10.2009 in der Klinik des Klägers zur stationären Behandlung in der Abteilung für akute Psychiatrie. Die Einlieferung erfolgte ausweislich des Berichts über den Aufenthalt vom 03.02.2010 aufgrund der Diagnosen „sonstige abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle, Persönlichkeitsstörung, Verdacht auf Pädophilie, reaktive depressive Episode“. Die Einlieferung sei wegen sexueller Übergriffe des X. gegenüber drei Mitzöglingen im Jugendheim in E. erfolgt, wobei darauf hingewiesen wurde, dass eine Fremdgefährdung und eventuell auch Selbstgefährdung des X. bestehe. Zu der stationären Aufnahme bei dem Kläger erschien der X. in Begleitung eines Erziehers. X. habe sich mit dem Aufenthalt bei dem Kläger auf der „akut psychiatrischen bei Bedarf geschlossenen Station“ einverstanden erklärt. Aus dem Bericht geht ferner hervor, dass X. in den Jahren 2006 und 2007 zweimal seinen damals dreijährigen Cousin vergewaltigt hatte, weswegen er nach seiner Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs in das Wohnheim in E. in eine pädagogisch-therapeutische Wohngruppe überwiesen worden war.
In dem Bericht vom 03.02.2010 über den stationären Aufenthalt ist weiter ausgeführt, dass aktuell keine Indikation zur medikamentösen Behandlung bestanden habe, psychotherapeutische sowie pädagogisch erziehende Maßnahmen seien im Rahmen der akutpsychiatrischen Situation begrenzt. Die Behandlung sei auf stützende Einzelgespräche, Gruppengespräche und Visiten beschränkt gewesen. Das Abklären des weiteren Vorgehens bezüglich X. habe sich schwierig gestaltet, der „Hauptbestand habe beim Sozialdienst gelegen“. Die Diskussion mit Ärzten, Sozialdienst, Bewährungshelfer, Jugendamt, Gericht und Staatsanwalt habe sich im Kreis bewegt und nicht enden wollen. Das Gericht habe weitere Maßnahmen bezüglich des X. abgelehnt, da kein dringender Tatverdacht vorliege. Eine Verlegung in einen heimatnahe Psychiatrie sei gescheitert, weil die dortige Klinik sich nicht zuständig gefühlt habe und die Aufnahmeärztin eine mangelnde Indikation für die Übernahme auf die Akutstation gesehen habe. Eine frühere Entlassung sei öfters erwogen worden, wegen der Vorgeschichte und der Möglichkeit weiterer sexueller Übergriffe jedoch nicht befürwortet worden. Es seien verschiedene Einrichtungen angegangen worden, die alle eine Übernahme des X. abgelehnt hätten.
Der Aufenthalt des X. bei dem Kläger endete schließlich dadurch, dass - nachdem X. zweimal aus der Einrichtung des Klägers entwichen war und nach ihm gefahndet werden musste - die Strafaussetzung des X. zur Bewährung widerrufen wurde und der X. am 29.10.2009 von der Polizei abgeholt und in die JVA in N. überführt wurde.
Bei den Akten befinden sich zwei MDK-Gutachten vom 18.03.2010 (Gutachterin B.) und vom 09.06.2010 (Gutachterin Dr. K.), wonach X. zwar aufgrund seiner psychischen Erkrankung für andere Menschen eine schwere Gefährdung dargestellt habe, weswegen der Kläger den X. nicht einfach habe entlassen können, sondern die Suche nach einer geeigneten Einrichtung erforderlich war (therapeutisch, psychosozial, Justizvollzug); allerdings hätten keine medizinischen Gründe für eine Behandlung über den 21.07.2009 hinaus vorgelegen.
Aufgrund dieser Gutachten übernahm die Krankenkasse des X. (die Beigeladene zu Ziff. 1) die Kosten des stationären Aufenthalts nur vom 25.06.2009 bis zum 21.07.2009, da danach keine medizinische Notwendigkeit mehr vorgelegen habe.
Mit Schreiben vom 16.02.2011 und dann erneut mit Schreiben vom 15.08.2011 machte der Kläger beim Landratsamt E. - Jugendamt - (Beigeladener Ziff. 2) die Kostenerstattung für den Zeitraum vom 22.07. bis zum 29.10.2009 geltend.
Der Beigeladene Ziff. 2 leitete den Antrag vom 15.08.2011 mit Schreiben vom 18.08.2011 an den Beklagten als für die Kostenerstattung nach § 25 SGB XII zuständigen Träger weiter.
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Der Kläger behauptete in der Folge, bereits am 07.07.2009 eine Meldung gemäß § 19 SGB II, „ersatzweise nach 25 SGB XII“ bei der Agentur für Arbeit in E. gestellt zu haben. X. habe eine Gefährdung dargestellt und keinesfalls nach dem Ende der medizinisch indizierten Behandlung nach Hause entlassen werden können. Eine geeignete Einrichtung zur Aufnahme des X. habe zum gegebenen Zeitpunkt nicht zur Verfügung gestanden, so dass sein Verbleiben in der Klinik alternativlos gewesen sei. X. sei dann am 29.10.2009 in die JVA überführt worden.
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Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 26.09.2011 mit, dass eine Kostenübernahme nach § 25 SGB XII für den Aufenthalt in der Klinik ab dem 22.07.2009 nicht möglich sei, weil man sich am Leistungskatalog der Krankenkasse orientiere. Da die Krankenkasse keine medizinischen Gründe für die Krankenhausbehandlung ab dem 22.07.2009 habe feststellen können, habe keine medizinische Notwendigkeit für den Krankenhausaufenthalt vorgelegen. Das Ablehnungsschreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
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Der Bevollmächtigte des Klägers legte am 27.04.2012 Widerspruch gegen diese Entscheidung ein. Bei X. hätten die Aufnahmediagnosen dissoziative Persönlichkeitsstörung, Verdacht auf Sadismus und Verdacht auf Pädophilie bestanden. Eine Entlassung des X. nach Hause sei daher nicht möglich gewesen. Mangels Vorhandenseins einer geeigneten Anschlussaufnahme-einrichtung sei X. dann im Klinikum des Klägers verblieben. Insbesondere sei eine Wiederaufnahme im Wohnheim in E. nicht möglich gewesen. Dort sei X. zwar eineinhalb Jahre vor der Aufnahme zur stationären Behandlung untergebracht gewesen, jedoch habe X. sich dort an mehreren männlichen Jugendlichen sexuell vergangen, was zur fristlosen Beendigung des Heimvertrages, zum Widerruf einer Bewährungsstrafe und zur Einweisung des X. in die JVA am 29.10.2009 geführt habe. Aus dem Gutachten des MDK ergebe sich, dass der Verbleib des X. im Klinikum des Klägers aufgrund der Vorgeschichte erforderlich und alternativlos gewesen sei. Der Kostenerstattungsanspruch des Nothelfers nach § 25 SGB XII erfasse nicht nur medizinisch notwendige Leistungen, sondern sämtliche Leistungen, die eine Person benötige, um eine aktuelle Notlage abzuwenden. Deswegen seien auch Leistungen der Eingliederungshilfe, der Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und anderes dem Kostenerstattungsanspruch des Nothelfers aus § 25 SGB XII zugänglich (mit Hinweis auf BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 21/05 R -). X. sei zwar entlassungsfähig gewesen, jedoch sei eine Entlassung aufgrund erheblicher Persönlichkeitsstörungen mit Krankheitswert nicht möglich gewesen, was die Voraussetzungen des § 25 SGB XII aufgrund einer eigenen Erkrankung des X. erfülle. Es sei auch nicht möglich gewesen, X. bei der ungeklärten Zuständigkeitssituation „auf die Straße zu setzen“, weswegen der Sozialhilfeträger die Kosten zu übernehmen habe bzw. die Klärung der Zuständigkeitssituation herbeizuführen habe (mit Hinweis auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX, § 6 Abs. 1 SGB IX, § 11 Abs. 4 SGB V, § 19 SGB XII und § 1 Satz 2 SGB XII).
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Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger am 25.18.2012 mit, dass X. nicht aufgrund eines Unterbringungsbeschlusses stationär aufgenommen worden sei und nicht in der Forensik/forensischen Abteilung untergebracht worden sei. X. habe sich auf einer „akut psychiatrisch bei Bedarf geschlossenen Station“ befunden und Ausgang nur in Begleitung gehabt.
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Am 24.08.2012 erhob der Kläger-Bevollmächtigte Untätigkeitsklage beim SG N. (Az.: S 20 SO 150/12). Nach einem Hinweis des SG N. auf die Zuständigkeitsvorschrift des § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG erklärte der Kläger-Bevollmächtigte die dortige Klage am 05.11.2012 für erledigt.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Widerspruch sei zulässig, da der Bescheid vom 26.09.2011 mit keiner Rechtsbehelfsbelehrung versehen sei und die Widerspruchsfrist daher nicht in Gang gesetzt worden sei, §§ 84 Abs. 2 Satz 3, 66 Abs. 1 „SGB XII“. Die mit Bescheid erfolgte Ablehnung der Übernahme der Betreuung im Rahmen des § 25 SGB XII sei rechtmäßig erfolgt. Der weitere Verbleib des X. bei dem Kläger sei anstelle einer notwendigen Heimunterbringung erfolgt. Sowohl vor dem Krankenhausaufenthalt als auch danach sei X. auf Kosten des Jugendamtes E. in einer stationären Einrichtung betreut worden. Daher wäre für einen evtl. Anspruch des Klägers auf Leistungen das Jugendamt des Landratsamtes E. der zuständige Leistungsträger (mit Hinweis auf BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 19/05 R, juris Rd.-Nr. 25). Nach § 10 Abs. 4 SGB VIII seien die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe gegenüber den Leistungen nach dem SGB XII vorrangig. Es habe daher nach § 2 SGB XII kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII bestanden.
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Am 05.12.2012 haben die Bevollmächtigten des Klägers deswegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, mit der sie sich auf ihren bisherigen Vortrag beziehen. Auch wenn man annehme, dass X. früher in einer speziellen Einrichtung für seelisch erkrankte Jugendliche hätte untergebracht werden müssen, habe der Kläger eine Leistung erbracht, die anderenfalls vom Träger der Sozialhilfe hätte erbracht werden müssen. Dem X. seien vom Kläger Unterkunft, Verpflegung und Versorgung gewährt worden, welche sich ohne Weiteres unter die Kapitel des SGB XI subsumieren ließen. Werde ein Nothelferanspruch gegen den Beklagten verneint, sei jedenfalls davon auszugehen, dass aufgrund der Leistungszuständigkeit des Beklagten oder des Beigeladenen zu Ziff. 2, ggf. aufgrund eines Herstellungsanspruchs, eine Erstattung der im Sinne der Allgemeinheit getätigten Aufwendungen zu erfolgen habe. Ergänzend wird die Auffassung vertreten, dass ein Ausschluss nach § 10 SGB VIII nicht bestehe, da solche Leistungen vorliegend nicht in Rede stünden. Unzutreffend sei auch, dass ein Eilfall nicht angenommen werden könne, weil dieser auch bestehe, wenn ein Kostenträger fraglich sei. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Beklagte sich nicht mit der einschlägigen Rechtsprechung auseinandergesetzt habe. Es sei bereits entschieden, dass es nicht in die Risikosphäre des Krankenhausträgers falle, wenn ein Patient zwar nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftig sei, dessen ungeachtet aber nicht entlassen werden könne (mit Hinweis auf BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 21/05 R -). Für den Antrag vom 26.01.2011 könne der Kläger die Vorschrift des § 98 Abs. 1 Satz 3 SGB XII nicht in Anspruch nehmen. Völlig unabhängig davon, welcher der diversen angegangenen Sozialhilfeträger jedoch letztendlich zuständig sei, gelte im Zusammenhang mit der Weiterleitungsvorschrift des § 14 SGB IX die Folge der Zuständigkeit des erstangegangenen Trägers.
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Anschließend hat der Kläger-Bevollmächtigte seine Auffassung zur Einschlägigkeit des § 14 SGB IX revidiert und die Auffassung vertreten, dass diese Vorschrift mangels der Erbringung einer Reha-Leistung nicht einschlägig sein dürfte. Einschlägig sei die Weiterleitungsvorschrift des § 16 SGB I, wonach der Antrag zu dem Zeitpunkt gestellt sei, in welchem er bei einer der in Satz 1 genannten (unzuständigen) Stellen eingegangen sei. Vorgelegt wurde schließlich eine Aufstellung des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum, wonach lediglich der Basispflegesatz i. X. von „Hotelkosten“ für X. im streitgegenständlichen Zeitraum geltend gemacht werde, welcher sich über einen Betrag von 7.732,06 EUR erstrecke.
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Der Kläger beantragt, teils sinngemäß,
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den Bescheid des Beklagten vom 26.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.01.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm als Nothelfer die Kosten für die stationäre Versorgung des X. im Zeitraum vom 22.07.2009 bis zum 29.10.2009 in Höhe von 7.732,06 EUR zu erstatten,
hilfsweise, den Beigeladenen zu Ziff. 2 zu verurteilen, ihm diesen Betrag zu erstatten.
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Der Beklagte beantragt,
21 
die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hält einen Erstattungsanspruch für nicht gegeben. Er ist der Auffassung, dass bereits kein Eilfall vorgelegen habe, da X. zum Zeitpunkt der Beendigung der Kostenträgerschaft der Krankenkasse bereits einen Monat lang im Klinikum des Klägers behandelt worden sei. Die unklare Kostenträgerschaft bzw. Unterbringungsmöglichkeit des X. könne nicht mit einem Not- oder Eilfall i.S. von § 25 SGB XII gleichgesetzt werden. Der Kläger habe auch nicht davon ausgehen können, dass die Krankenkasse bis zur möglichen Aufnahme in eine geeignete Einrichtung durchgehend die Kosten in der Klinik übernehmen werde. Ein solcher Überbrückungszeitraum unterliege nicht der Kostenübernahmeverpflichtung durch die Krankenkassen. Der Beklagte habe zudem erst am 19.08.2011 von dem Sachverhalt erfahren (Kenntnis gemäß § 18 SGB XII), also knapp 22 Monate nach Entlassung aus der Klinik. Eine rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs nach § 25 SGB XII liege daher ebenfalls nicht vor (mit Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.02.2008 - L 20 SO 63/07 -). Es liege ein „Warten auf einen Heimplatz“ durch Verbleiben im Krankenhaus und damit kein Eilfall vor. Aus Sicht des Beklagten sei das Jugendamt der richtige Ansprechpartner gewesen, weil der verlängerte Klinikaufenthalt anstelle einer notwendigen Heimunterbringung erfolgt sei, für welche zweifelsfrei der öffentliche Jugendhilfeträger als infrage kommender Rehabilitationsträger zuständig gewesen wäre (mit Hinweis auf § 6 Abs. 1 SGB IX und BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 19/05 R -). Schließlich habe der Kläger es auch selbst unterlassen, den zuständigen Jugendhilfeträger ausdrücklich heranzuziehen. Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass eine Weiterleitung der Anträge an ihn gemäß § 14 Abs. 1 SGB IX weder durch das Landratsamt C. noch durch das Landratsamt E. (Beigeladener Ziff. 2) erfolgt sei. Der Beklagte sei erstmals durch das Landratsamt E. mit Kurzmitteilung vom 18.08.2011 unter Weiterleitung verschiedener Unterlagen über den Antrag in Kenntnis gesetzt worden mit der Bitte, über diesen zuständigkeitshalber zu entscheiden; hierbei handele es sich nicht um eine fristgemäße Weiterleitung nach § 14 Abs. 1 SGB IX. Der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 14 SGB IX sei auch fraglich, weil diese Vorschrift Verzögerungen bei eiligen Rehabilitationsbedarfen vorbeugen wolle und es vorliegend um die mehr als 1 ¼ Jahr rückwirkende Erstattung von Behandlungskosten gehe.
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Mit Beschluss vom 13.03.2014 wurde die Krankenkasse des X. zum Verfahren beigeladen (Beigeladene Ziff. 1). Mit weiterem Beschluss vom 28.05.2014 wurde das Landratsamt E. als zuständiger Träger der Jugendhilfe zum Verfahren beigeladen (Beigeladener Ziff. 2).
24 
Auf Nachfrage des Gerichts hat die Beigeladene Ziff. 1 mitgeteilt, dass sie den Kläger mit Schreiben vom 26.03.2010 davon benachrichtigte habe, dass sie die Kosten der stationären Behandlung für X. (lediglich) bis 21.07.2009 übernommen werden.
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Die Beigeladene Ziff. 1 hat keinen Antrag gestellt und sich lediglich gegen eine eigene Kostentragungspflicht ab dem 22.07.2009 verwahrt, wozu sie auf die beiden MDK-Gutachten hingewiesen hat. Die Beigeladene Ziff. 1 vertritt die Auffassung, dass der Kläger die Feststellungslast für die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung trage. Entsprechend den vorliegenden MDK-Stellungnahmen sei eine stationäre Behandlung im Krankenhaus über den 21.0o7.2009 nicht medizinisch indiziert gewesen. Der Krankenkasse sei es auch erlaubt, rückwirkend ihre Einstandspflicht einzuschränken.
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Der Beigeladene Ziff. 2 vertritt ebenfalls die Auffassung, nicht zur Kostentragung verpflichtet zu sein. Einen Antrag im Gerichtsverfahren hat auch er nicht gestellt. Der Kläger sei zur Beantragung von Jugendhilfe weder leistungsberechtigt, noch stehe ihm ein unmittelbarer Kostenerstattungsanspruch nach dem SGB VIII zu. Außerdem mangele es an einer rechtswirksamen Antragstellung. Die Vorschrift des § 16 SGB I gelte nur Anträge auf Sozialleistungen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 26.01.2011 habe bereits seit mehr als einem Jahr kein aktueller Bedarf mehr auf eine Sozialleistung bestanden, weswegen keine Sozialleistung, sondern ein Anspruch auf (nachträgliche) Kostenerstattung verfolgt werde. Ein Antrag nach § 16 SGB I sei zudem nur dann wirksam gestellt, wenn der Antragsteller auch unmittelbar leistungsberechtigt sei, woran es fehle. Die Weiterleitungsvorschrift des § 14 SGB IX sei nicht anwendbar. Da im streitgegenständlichen Zeitraum auch lediglich Unterbringungsleistungen und Leistungen für den Lebensunterhalt erbracht worden seien, lägen insgesamt keine Reha-Leistungen vor, und die Regelungen des SGB IX seien nicht einschlägig. § 25 SGB XII greife nicht, da dieser nur gegenüber dem Träger der Sozialhilfe anwendbar sei. Auch fehle es an einer Geltendmachung innerhalb einer angemessenen Frist. Selbst bei Annahme einer sachlichen Zuständigkeit des Beigeladenen Ziff. 2 sei eine nachträgliche Kostenübernahme nicht möglich, da eine spezifische Rechtsnorm hierfür nicht ersichtlich sei. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe habe die Kosten einer Hilfemaßnahme grundsätzlich nur dann zu tragen, wenn diese Hilfemaßnahme auf der Grundlage der Entscheidung des Jugendamtes und nach Maßgabe des vorher entwickelten Hilfeplanes erbracht werde, § 36a Abs. 1 SGB VIII. Dem liege nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der gesetzliche Leitgedanke zugrunde, dass nur dem Jugendamt die Steuerungsverantwortung der fachlich geeigneten Maßnahme obliege, da dieser nicht lediglich eine Zahlstelle sei. Da der Aufenthalt im Klinikum des Klägers nicht der Entscheidung des Jugendamtes entsprochen habe, sei eine Kostenerstattung nicht möglich.
27 
Der Beklagte hat den Ausführungen des Beigeladenen zu Ziff. 2 insoweit widersprochen, als aufgrund des dem Krankenhausaufenthalt vorausgegangenen Aufenthalts im Heim in E. die Steuerungsverantwortung für den Verbleib des jungen Erwachsenen über das Ende der Krankenhausbehandlung hinaus dem Beigeladenen zu Ziff. 2 obliegen habe (BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 19/05). Der Beklagte sei zu keinem Zeitpunkt der zuständige Kostenträger für Leistungsbedarfe des X. gewesen und demzufolge auch nicht in den Abklärungsprozess zur weiteren Versorgung von X. eingebunden gewesen. Erstmalige Kenntnis von dem Klinikaufenthalt habe er erst viel später erhalten.
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Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Akten des SG sowie die beigezogene Klageakte des Sozialgerichts Nürnberg Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
30 
Die Entscheidung erging aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG.
31 
Der Kläger hat wegen der stationären Unterbringung des X. für die Zeit ab dem 22.07.2009 keinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen den Beklagten oder gegen den Beigeladenen zu Ziff. 2.
32 
Zunächst besteht kein sogenannter Nothelferanspruch gegen den Beklagten nach § 25 SGB XII. Nach dieser Vorschrift sind demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, auf Antrag Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (Satz 1). Der Anspruch richtet sich gegen den für die Sozialhilfeleistung zuständigen Sozialhilfeträger. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird (Satz 2).
33 
Ein „Eilfall“ im Sinne von § 25 SGB XII ist insbesondere bei einem medizinischen Notfall anzunehmen, kann aber auch bei einem sonstigen akuten Hilfebedarf nach dem SGB XII bestehen, etwa außerhalb der Öffnungszeiten des zuständigen Sozialamtes (Bieback in Grube/Wahrendorf, 5. Aufl. 2014, § 25 Rn. 11 ff. m.w.N.). Ein Eilfall setzt zunächst voraus, dass ein beim Nothilfeempfänger bestehender Bedarf nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII unabwendbar ist und unmittelbar durch den Nothelfer gedeckt werden muss. Dies beschreibt zunächst als bedarfsbezogenes Moment die Eilbedürftigkeit des Eingreifens selbst (BSG, Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 19/12 R).
34 
Ausweislich der Unterlagen lag bei X. bei der Einlieferung aufgrund einer akuten psychiatrischen Symptomatik (u.a. mit Verdacht auf Selbstgefährdung) zunächst ein solcher Eilfall vor, was auch zu Recht unstreitig ist.
35 
Schwieriger festzustellen ist vorliegend, wann dieser Eilfall beendet war. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens geht die Kammer davon aus, dass dies in Bezug auf den medizinischen Eilfall jedenfalls spätestens ab dem Zeitpunkt während des stationären Aufenthalts der Fall war, als auch das Klinikum selbst erkannte, dass es nicht viel für den X. bewirken konnte (vgl. die Verlaufsbeschreibung über den stationären Aufenthalt in dem Entlassungsbericht) und sich daraufhin nach einer geeigneten Einrichtung für die anschließende Aufnahme des X. umsah. Ausweislich der mit dem Entlassungsbericht insoweit übereinstimmenden Gutachten des MDK geht die Kammer davon aus, dass die medizinische Indikation für einen stationären Aufenthalt spätestens ab dem 22.07.2009 und damit auch eine Kostenträgerschaft der Krankenkasse (Beigeladene Ziff. 1) nicht mehr bestand.
36 
Das Verhalten des Klägers, den X. bei ungeklärten Verhältnissen über die weitere Beaufsichtigung des X. nicht ohne Weiteres zu entlassen, ist offenbar zum Schutz der Allgemeinheit erfolgt und nach der Aktenlage für diesen Schutz auch erforderlich gewesen. Andererseits war dieser Schutz sehr unvollständig, weil es dem X. zweimal gelang, zu entweichen, weswegen nach ihm gefahndet werden musste.
37 
Unabhängig von der Frage nach der Geeignetheit der Maßnahme des Klägers kann insoweit jedoch aus mehreren Gründen kein Eilfall mehr im Sinne von § 25 SGB XII angenommen werden. Zum einen muss es sich, auch wenn es nicht nur um medizinische Leistungen geht, um Leistungen handeln, die dem X. nach dem SGB XII zugestanden hätten (vgl. BVerwGE 114, 298; LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.01.2013 - L 20 SO 554/11). Hier handelt es sich jedoch um einen Schutz der Allgemeinheit vor strafbaren Handlungen, der mit den Leistungen des SGB XII nicht bezweckt wird. Bereits deswegen scheidet ein Leistungsanspruch des Nothelfers nach § 25 SGB XII aus, denn zugrunde liegen muss immer ein vom Nothelfer anstelle des Sozialamtes erfüllter Anspruch des Hilfeberechtigten nach dem SGB XII, während hier der X. keinen Anspruch auf seine Unterbringung nach dem SGB XII zum Schutze der Allgemeinheit gegenüber dem Beklagten hatte.
38 
Etwas anderes gilt nicht mit dem Argument des Klägerbevollmächtigten, der X. habe insoweit durchaus Leistungen nach dem SGB XII im Sinne Unterkunftskosten von dem Kläger erhalten. Denn insoweit hätte es zunächst an dem X. selbst gelegen, diesen Anspruch gegenüber dem Beklagten geltend zu machen, denn ein Eilfall lag insoweit offenbar weder aus der Sicht des X. noch aus der Sicht des Klägers vor. X. war bei der Aufnahme im Klinikum bereits volljährig und konnte und durfte selbst entscheiden, ob er einen entsprechenden Antrag auf die Gewährung von Unterkunftskosten beim Sozialamt stellen wollte. Dass X. einen solchen Antrag nicht gestellt hat, führt auch unter Berücksichtigung von § 25 SGB XII nicht dazu, dass der Kläger diesen Anspruch für den X. geltend machen konnte.
39 
Außerdem scheidet ein Anspruch nach § 25 SGB XII auch ab dem Zeitpunkt aus, ab dem es dem Nothelfer möglich und zumutbar ist, den zuständigen Sozialhilfeträger über den Hilfefall zu unterrichten (LSG Nordrhein-Westfalen vom 27.02.2012 – L 20 SO 48/11 –, juris; LSG NRW, Urteil vom 13.09.2007 - L 9 SO 8/06; OVG NRW, Urteil vom 30.10.1997 - 8 A 5887/95; VGH Hessen, Urteil vom 15.12.1992 - 9 UE 1694/87 Rn. 23/24 m.w.N.). Hier hat das Klinikum aber bereits während des stationären Aufenthalts das Fehlen der medizinischen Voraussetzungen für einen weiteren stationären Aufenthalt erkannt und sich über seinen Sozialdienst intensiv bemüht, einen Träger bzw. eine Einrichtung zu finden, in welche der X. abgegeben werden konnte (siehe X. 3 des Entlassungsberichts vom 03.02.2010). Auf die Frage, ob eine ausreichende Unterrichtung oder gar Antragstellung erfolgt ist, kommt es hierfür nicht an, sondern alleine darauf, ob diese Unterrichtung möglich war. Die in dem Entlassungsbericht bekundete umfangreiche „kreisende Kommunikation“ hinsichtlich des weiteren Verbleibs des X. belegt, dass diese Unterrichtung möglich war, weswegen der Nothelferanspruch ausscheidet.
40 
Sofern sich der Kläger auf die Unterrichtung des Jobcenters bereits am 07.07.2009 (Faxkopie Bl. 5 f. der Verwaltungsakte des Beklagten) mit einer Antragstellung nach § 19 SGB II / hilfsweise nach dem SGB XII beruft, führt dies ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung, sondern zur weiteren Bestätigung der Verneinung des Nothelferanspruchs aus § 25 SGB XII. Denn der Nothelferanspruch hat als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, dass der Sozialhilfeträger keine Kenntnis von der Nothelfersituation hatte (Bieback in Grube/Wahrendorf, 5. Aufl. 2014, § 25 Rn. 21 ff. m.w.N.). Sowohl aus diesem Fax als auch aus dem Entlassungsschreiben des Klinikums geht jedoch hervor, dass eine umfangreiche Kommunikation des Klinikums während des stationären Aufenthalts unter anderem auch mit dem Jugendamt, dem Sozialdienst und dem Bewährungshelfer erfolgte. Die Kammer geht insoweit davon aus, dass - auch wenn dies nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist - auch der zuständige Träger der Sozialhilfe bei dieser umfangreichen Kommunikation einbezogen wurde.
41 
Andere sozialrechtliche Anspruchsgrundlagen gegen den Beklagten sind für den geltend gemachten Anspruch nicht ersichtlich. Der Auffassung, bei Verlängerung eines Krankenhausaufenthalts aus nicht-medizinischen Gründen sei hinsichtlich Unterkunft und Verpflegung ein Anspruch nach dem Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) möglich (Quaas SGb 2008, 261, 266) kann nicht gefolgt werden, weil es sich bei § 25 SGB XII um eine vorrangige Spezialnorm handelt, welche gerade eine solche Geschäftsführung ohne Auftrag bereits regelt und daher auch verbindlich die Grenzen des Anspruchs definiert (Bieback in Grube/Wahrendorf, 5. Aufl. 2014, § 25 Rn. 2 mi Hinweis auf BSG vom 11.06.2008 - B 8 SO 45/07 B).
42 
Schließlich kann wegen des Vorliegens einer gesetzlichen Spezialregelung auch nicht auf das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zurückgegriffen werden, zumal angesichts der späten Einbeziehung des Beklagten in das Verfahren ein Fehlverhalten des Beklagten kaum ersichtlich sein dürfte. Es müsste hierfür vor allem auch durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre, was angesichts eines fehlenden Anspruchs des Klägers gegen den Beklagten im Hinblick auf sozialrechtliche Unterkunftskosten nicht möglich ist (vgl. BSG vom 3.4.2014 - B 5 R 5/13 R - SozR 4-2600 § 137b Nr. 1 RdNr. 37).
43 
Ein Anspruch gegen die Beigeladene zu Ziff. 1 als Krankenkasse des X. scheitert abgesehen vom Fehlen eines diesbezüglichen klägerischen Antrags am Fehlen eines krankenversicherungs-rechtlichen Anspruchs des X. nach dem SGB V ab dem 22.07.2009. Eine medizinische Indikation für den weiteren stationären Aufenthalt lag nach dem SGB V nicht vor, wozu auf die beiden überzeugenden MDK-Gutachten, die Einschätzung der Klinik selbst in dem vorliegenden Entlassungsbericht und die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Beigeladenen Ziff. 1 in dem Schriftsatz vom 08.08.2014 Bezug genommen wird. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich (allein) nach medizinischen Erfordernissen. Reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt und wegen des Fehlens einer geeigneten Einrichtung vorübergehend im Krankenhaus verbleiben muss (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 25. September 2007 – GS 1/06 –, BSGE 99, 111-122, SozR 4-2500 § 39 Nr. 10).
44 
Auch ein Anspruch auf Kostenübernahme gegen den Beigeladenen zu Ziff. 2 als zuständigen Träger der Jugendhilfe besteht nicht. Ein diesbezüglicher Antrag wurde von den Klägerbevollmächtigten zwar nicht ausdrücklich, aber aufgrund des Schriftsatzes vom 21.08.2014 sinngemäß gestellt.
45 
Insofern ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift des § 14 SGB IX, wonach unter bestimmten Voraussetzungen auch ein unzuständiger Leistungsträger im Außenverhältnis zuständig sein kann, wenn er einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht rechtzeitig weiterleitet, vorliegend nicht einschlägig ist. Deswegen kann auf Grundlage dieser Vorschrift keine Verurteilung zur Leistung erfolgen, und zwar auch nicht im Hinblick auf einen anderen Träger, der ggf. noch nicht zum Verfahren beigeladen worden ist. § 14 SGB IX ist bereits deswegen nicht einschlägig, weil der Kläger für die Geltendmachung von Ansprüchen nach dieser Vorschrift nicht aktivlegitimiert ist, sondern eine Geltendmachung von Ansprüchen insoweit nur durch den X. erfolgen könnte. Die Vorschrift ist zudem ersichtlich nicht auf einen Erstattungsstreit zugeschnitten, sondern auf die zügige Leistungserbringung. Schließlich liegt bei den streitigen Unterkunftskosten auch keine Reha-Leistung im Sinne der Vorschrift vor, da es um die sichere Unterbringung zur Vermeidung einer Gefährdung der Allgemeinheit ging; nach § 5 Nr. 3 SGB IX können insofern allenfalls unterhaltssichernde Leistungen angenommen werden, für die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 SGB IX die Träger der Sozialhilfe und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gerade keine Rehabilitationsträger sind.
46 
Sofern ein Anspruch auf die Norm des § 16 SGB I zur Antragstellung gestützt werden soll, ist darauf zu verweisen, dass auch diese Norm eine Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Ansprüchen voraussetzt und nicht ersetzen kann.
47 
Im Übrigen ist eine spezifische Anspruchsgrundlage des Klägers für Ansprüche gegen den Beigeladenen Ziff. 2 nicht ersichtlich. Es fehlt insoweit auch an einem vorher entwickelten Hilfeplan, § 36a Abs. 1 SGB VIII. Für den Anspruch auf selbstbeschaffte einschlägige Maßnahmen ist der Kläger wiederum nicht aktivlegitimiert, vgl. § 36a Abs. 3 SGB VIII. Schließlich liegt auch ein bestandskräftiger Bescheid vom 08.07.2009 über die Beendigung der Jugendhilfeleistung vor.
48 
Sofern der Klägerbevollmächtigte darauf abstellt, dass der Beigeladene zu Ziff. 2 eine rechtzeitige Erstellung eines solchen Hilfeplans bzw. die Steuerung (vgl. BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 19/05 R) des ganzen Falls ungenügend und bzw. zögerlich geregelt habe, mag ein Anspruch auf Schadenersatz oder Amtshaftung im Raum stehen. Hierfür ist das SG jedoch nicht zuständig. Eine Verweisung an ein hierfür zuständiges Gericht kam nicht in Betracht. Unabhängig vom Fehlen eines einschlägigen Antrags im Gerichtsverfahren darf ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung an ein anderes Gericht vornehmen, weil das GVG keine Teilverweisung kennt und der Verweisung des gesamten Rechtsstreits der Grundsatz entgegensteht, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist (BSG, Beschluss vom 30. Juli 2014 – B 14 AS 8/14 B –, juris).
49 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für den Anspruch des Nothelfers gegen den Sozialhilfeträger auf Erstattung der ihm entstandenen Aufwendungen ist das Gerichtsverfahren kostenfrei, weil der Nothelfer Leistungsempfänger im Sinne des § 183 SGG ist (BSG, Beschluss vom 11. Juni 2008 – B 8 SO 45/07 B –, SozR 4-1500 § 183 Nr. 7, SozR 4-1500 § 197a Nr. 6).

Gründe

 
29 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
30 
Die Entscheidung erging aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG.
31 
Der Kläger hat wegen der stationären Unterbringung des X. für die Zeit ab dem 22.07.2009 keinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen den Beklagten oder gegen den Beigeladenen zu Ziff. 2.
32 
Zunächst besteht kein sogenannter Nothelferanspruch gegen den Beklagten nach § 25 SGB XII. Nach dieser Vorschrift sind demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, auf Antrag Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (Satz 1). Der Anspruch richtet sich gegen den für die Sozialhilfeleistung zuständigen Sozialhilfeträger. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird (Satz 2).
33 
Ein „Eilfall“ im Sinne von § 25 SGB XII ist insbesondere bei einem medizinischen Notfall anzunehmen, kann aber auch bei einem sonstigen akuten Hilfebedarf nach dem SGB XII bestehen, etwa außerhalb der Öffnungszeiten des zuständigen Sozialamtes (Bieback in Grube/Wahrendorf, 5. Aufl. 2014, § 25 Rn. 11 ff. m.w.N.). Ein Eilfall setzt zunächst voraus, dass ein beim Nothilfeempfänger bestehender Bedarf nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII unabwendbar ist und unmittelbar durch den Nothelfer gedeckt werden muss. Dies beschreibt zunächst als bedarfsbezogenes Moment die Eilbedürftigkeit des Eingreifens selbst (BSG, Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 19/12 R).
34 
Ausweislich der Unterlagen lag bei X. bei der Einlieferung aufgrund einer akuten psychiatrischen Symptomatik (u.a. mit Verdacht auf Selbstgefährdung) zunächst ein solcher Eilfall vor, was auch zu Recht unstreitig ist.
35 
Schwieriger festzustellen ist vorliegend, wann dieser Eilfall beendet war. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens geht die Kammer davon aus, dass dies in Bezug auf den medizinischen Eilfall jedenfalls spätestens ab dem Zeitpunkt während des stationären Aufenthalts der Fall war, als auch das Klinikum selbst erkannte, dass es nicht viel für den X. bewirken konnte (vgl. die Verlaufsbeschreibung über den stationären Aufenthalt in dem Entlassungsbericht) und sich daraufhin nach einer geeigneten Einrichtung für die anschließende Aufnahme des X. umsah. Ausweislich der mit dem Entlassungsbericht insoweit übereinstimmenden Gutachten des MDK geht die Kammer davon aus, dass die medizinische Indikation für einen stationären Aufenthalt spätestens ab dem 22.07.2009 und damit auch eine Kostenträgerschaft der Krankenkasse (Beigeladene Ziff. 1) nicht mehr bestand.
36 
Das Verhalten des Klägers, den X. bei ungeklärten Verhältnissen über die weitere Beaufsichtigung des X. nicht ohne Weiteres zu entlassen, ist offenbar zum Schutz der Allgemeinheit erfolgt und nach der Aktenlage für diesen Schutz auch erforderlich gewesen. Andererseits war dieser Schutz sehr unvollständig, weil es dem X. zweimal gelang, zu entweichen, weswegen nach ihm gefahndet werden musste.
37 
Unabhängig von der Frage nach der Geeignetheit der Maßnahme des Klägers kann insoweit jedoch aus mehreren Gründen kein Eilfall mehr im Sinne von § 25 SGB XII angenommen werden. Zum einen muss es sich, auch wenn es nicht nur um medizinische Leistungen geht, um Leistungen handeln, die dem X. nach dem SGB XII zugestanden hätten (vgl. BVerwGE 114, 298; LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.01.2013 - L 20 SO 554/11). Hier handelt es sich jedoch um einen Schutz der Allgemeinheit vor strafbaren Handlungen, der mit den Leistungen des SGB XII nicht bezweckt wird. Bereits deswegen scheidet ein Leistungsanspruch des Nothelfers nach § 25 SGB XII aus, denn zugrunde liegen muss immer ein vom Nothelfer anstelle des Sozialamtes erfüllter Anspruch des Hilfeberechtigten nach dem SGB XII, während hier der X. keinen Anspruch auf seine Unterbringung nach dem SGB XII zum Schutze der Allgemeinheit gegenüber dem Beklagten hatte.
38 
Etwas anderes gilt nicht mit dem Argument des Klägerbevollmächtigten, der X. habe insoweit durchaus Leistungen nach dem SGB XII im Sinne Unterkunftskosten von dem Kläger erhalten. Denn insoweit hätte es zunächst an dem X. selbst gelegen, diesen Anspruch gegenüber dem Beklagten geltend zu machen, denn ein Eilfall lag insoweit offenbar weder aus der Sicht des X. noch aus der Sicht des Klägers vor. X. war bei der Aufnahme im Klinikum bereits volljährig und konnte und durfte selbst entscheiden, ob er einen entsprechenden Antrag auf die Gewährung von Unterkunftskosten beim Sozialamt stellen wollte. Dass X. einen solchen Antrag nicht gestellt hat, führt auch unter Berücksichtigung von § 25 SGB XII nicht dazu, dass der Kläger diesen Anspruch für den X. geltend machen konnte.
39 
Außerdem scheidet ein Anspruch nach § 25 SGB XII auch ab dem Zeitpunkt aus, ab dem es dem Nothelfer möglich und zumutbar ist, den zuständigen Sozialhilfeträger über den Hilfefall zu unterrichten (LSG Nordrhein-Westfalen vom 27.02.2012 – L 20 SO 48/11 –, juris; LSG NRW, Urteil vom 13.09.2007 - L 9 SO 8/06; OVG NRW, Urteil vom 30.10.1997 - 8 A 5887/95; VGH Hessen, Urteil vom 15.12.1992 - 9 UE 1694/87 Rn. 23/24 m.w.N.). Hier hat das Klinikum aber bereits während des stationären Aufenthalts das Fehlen der medizinischen Voraussetzungen für einen weiteren stationären Aufenthalt erkannt und sich über seinen Sozialdienst intensiv bemüht, einen Träger bzw. eine Einrichtung zu finden, in welche der X. abgegeben werden konnte (siehe X. 3 des Entlassungsberichts vom 03.02.2010). Auf die Frage, ob eine ausreichende Unterrichtung oder gar Antragstellung erfolgt ist, kommt es hierfür nicht an, sondern alleine darauf, ob diese Unterrichtung möglich war. Die in dem Entlassungsbericht bekundete umfangreiche „kreisende Kommunikation“ hinsichtlich des weiteren Verbleibs des X. belegt, dass diese Unterrichtung möglich war, weswegen der Nothelferanspruch ausscheidet.
40 
Sofern sich der Kläger auf die Unterrichtung des Jobcenters bereits am 07.07.2009 (Faxkopie Bl. 5 f. der Verwaltungsakte des Beklagten) mit einer Antragstellung nach § 19 SGB II / hilfsweise nach dem SGB XII beruft, führt dies ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung, sondern zur weiteren Bestätigung der Verneinung des Nothelferanspruchs aus § 25 SGB XII. Denn der Nothelferanspruch hat als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, dass der Sozialhilfeträger keine Kenntnis von der Nothelfersituation hatte (Bieback in Grube/Wahrendorf, 5. Aufl. 2014, § 25 Rn. 21 ff. m.w.N.). Sowohl aus diesem Fax als auch aus dem Entlassungsschreiben des Klinikums geht jedoch hervor, dass eine umfangreiche Kommunikation des Klinikums während des stationären Aufenthalts unter anderem auch mit dem Jugendamt, dem Sozialdienst und dem Bewährungshelfer erfolgte. Die Kammer geht insoweit davon aus, dass - auch wenn dies nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist - auch der zuständige Träger der Sozialhilfe bei dieser umfangreichen Kommunikation einbezogen wurde.
41 
Andere sozialrechtliche Anspruchsgrundlagen gegen den Beklagten sind für den geltend gemachten Anspruch nicht ersichtlich. Der Auffassung, bei Verlängerung eines Krankenhausaufenthalts aus nicht-medizinischen Gründen sei hinsichtlich Unterkunft und Verpflegung ein Anspruch nach dem Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) möglich (Quaas SGb 2008, 261, 266) kann nicht gefolgt werden, weil es sich bei § 25 SGB XII um eine vorrangige Spezialnorm handelt, welche gerade eine solche Geschäftsführung ohne Auftrag bereits regelt und daher auch verbindlich die Grenzen des Anspruchs definiert (Bieback in Grube/Wahrendorf, 5. Aufl. 2014, § 25 Rn. 2 mi Hinweis auf BSG vom 11.06.2008 - B 8 SO 45/07 B).
42 
Schließlich kann wegen des Vorliegens einer gesetzlichen Spezialregelung auch nicht auf das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zurückgegriffen werden, zumal angesichts der späten Einbeziehung des Beklagten in das Verfahren ein Fehlverhalten des Beklagten kaum ersichtlich sein dürfte. Es müsste hierfür vor allem auch durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre, was angesichts eines fehlenden Anspruchs des Klägers gegen den Beklagten im Hinblick auf sozialrechtliche Unterkunftskosten nicht möglich ist (vgl. BSG vom 3.4.2014 - B 5 R 5/13 R - SozR 4-2600 § 137b Nr. 1 RdNr. 37).
43 
Ein Anspruch gegen die Beigeladene zu Ziff. 1 als Krankenkasse des X. scheitert abgesehen vom Fehlen eines diesbezüglichen klägerischen Antrags am Fehlen eines krankenversicherungs-rechtlichen Anspruchs des X. nach dem SGB V ab dem 22.07.2009. Eine medizinische Indikation für den weiteren stationären Aufenthalt lag nach dem SGB V nicht vor, wozu auf die beiden überzeugenden MDK-Gutachten, die Einschätzung der Klinik selbst in dem vorliegenden Entlassungsbericht und die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Beigeladenen Ziff. 1 in dem Schriftsatz vom 08.08.2014 Bezug genommen wird. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich (allein) nach medizinischen Erfordernissen. Reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt und wegen des Fehlens einer geeigneten Einrichtung vorübergehend im Krankenhaus verbleiben muss (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 25. September 2007 – GS 1/06 –, BSGE 99, 111-122, SozR 4-2500 § 39 Nr. 10).
44 
Auch ein Anspruch auf Kostenübernahme gegen den Beigeladenen zu Ziff. 2 als zuständigen Träger der Jugendhilfe besteht nicht. Ein diesbezüglicher Antrag wurde von den Klägerbevollmächtigten zwar nicht ausdrücklich, aber aufgrund des Schriftsatzes vom 21.08.2014 sinngemäß gestellt.
45 
Insofern ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift des § 14 SGB IX, wonach unter bestimmten Voraussetzungen auch ein unzuständiger Leistungsträger im Außenverhältnis zuständig sein kann, wenn er einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht rechtzeitig weiterleitet, vorliegend nicht einschlägig ist. Deswegen kann auf Grundlage dieser Vorschrift keine Verurteilung zur Leistung erfolgen, und zwar auch nicht im Hinblick auf einen anderen Träger, der ggf. noch nicht zum Verfahren beigeladen worden ist. § 14 SGB IX ist bereits deswegen nicht einschlägig, weil der Kläger für die Geltendmachung von Ansprüchen nach dieser Vorschrift nicht aktivlegitimiert ist, sondern eine Geltendmachung von Ansprüchen insoweit nur durch den X. erfolgen könnte. Die Vorschrift ist zudem ersichtlich nicht auf einen Erstattungsstreit zugeschnitten, sondern auf die zügige Leistungserbringung. Schließlich liegt bei den streitigen Unterkunftskosten auch keine Reha-Leistung im Sinne der Vorschrift vor, da es um die sichere Unterbringung zur Vermeidung einer Gefährdung der Allgemeinheit ging; nach § 5 Nr. 3 SGB IX können insofern allenfalls unterhaltssichernde Leistungen angenommen werden, für die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 SGB IX die Träger der Sozialhilfe und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gerade keine Rehabilitationsträger sind.
46 
Sofern ein Anspruch auf die Norm des § 16 SGB I zur Antragstellung gestützt werden soll, ist darauf zu verweisen, dass auch diese Norm eine Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Ansprüchen voraussetzt und nicht ersetzen kann.
47 
Im Übrigen ist eine spezifische Anspruchsgrundlage des Klägers für Ansprüche gegen den Beigeladenen Ziff. 2 nicht ersichtlich. Es fehlt insoweit auch an einem vorher entwickelten Hilfeplan, § 36a Abs. 1 SGB VIII. Für den Anspruch auf selbstbeschaffte einschlägige Maßnahmen ist der Kläger wiederum nicht aktivlegitimiert, vgl. § 36a Abs. 3 SGB VIII. Schließlich liegt auch ein bestandskräftiger Bescheid vom 08.07.2009 über die Beendigung der Jugendhilfeleistung vor.
48 
Sofern der Klägerbevollmächtigte darauf abstellt, dass der Beigeladene zu Ziff. 2 eine rechtzeitige Erstellung eines solchen Hilfeplans bzw. die Steuerung (vgl. BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 19/05 R) des ganzen Falls ungenügend und bzw. zögerlich geregelt habe, mag ein Anspruch auf Schadenersatz oder Amtshaftung im Raum stehen. Hierfür ist das SG jedoch nicht zuständig. Eine Verweisung an ein hierfür zuständiges Gericht kam nicht in Betracht. Unabhängig vom Fehlen eines einschlägigen Antrags im Gerichtsverfahren darf ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung an ein anderes Gericht vornehmen, weil das GVG keine Teilverweisung kennt und der Verweisung des gesamten Rechtsstreits der Grundsatz entgegensteht, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist (BSG, Beschluss vom 30. Juli 2014 – B 14 AS 8/14 B –, juris).
49 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für den Anspruch des Nothelfers gegen den Sozialhilfeträger auf Erstattung der ihm entstandenen Aufwendungen ist das Gerichtsverfahren kostenfrei, weil der Nothelfer Leistungsempfänger im Sinne des § 183 SGG ist (BSG, Beschluss vom 11. Juni 2008 – B 8 SO 45/07 B –, SozR 4-1500 § 183 Nr. 7, SozR 4-1500 § 197a Nr. 6).

Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 27. Jan. 2015 - S 4 SO 4416/12

Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 27. Jan. 2015 - S 4 SO 4416/12

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 27. Jan. 2015 - S 4 SO 4416/12 zitiert 27 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 124


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. (3) Entscheidungen des Gerichts, d

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 14 Leistender Rehabilitationsträger


(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen um

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 19 Leistungsberechtigte


(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. (2)

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 2 Nachrang der Sozialhilfe


(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozia

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 98 Örtliche Zuständigkeit


(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerha

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 36a Steuerungsverantwortung, Selbstbeschaffung


(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 11 Leistungsarten


(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen 1. bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),2. zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 6 Rehabilitationsträger


(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein: 1. die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,2. die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,3. die Träger der gesetzlichen

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 10 Verhältnis zu anderen Leistungen und Verpflichtungen


(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch ents

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 16 Antragstellung


(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundes

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 57


(1) Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem fü

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 5 Leistungsgruppen


Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht: 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,3. unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,4. Leistungen zur Teilhabe an Bildung und5. L

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 18 Einsetzen der Sozialhilfe


(1) Die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliege

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 1 Aufgabe der Sozialhilfe


Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistung

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 25 Erstattung von Aufwendungen Anderer


Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 12 Maßnahmen zur Unterstützung der frühzeitigen Bedarfserkennung


(1) Die Rehabilitationsträger stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass ein Rehabilitationsbedarf frühzeitig erkannt und auf eine Antragstellung der Leistungsberechtigten hingewirkt wird. Die Rehabilitationsträger unterstützen die frühzeitige Er

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Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 27. Jan. 2015 - S 4 SO 4416/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 27. Jan. 2015 - S 4 SO 4416/12 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Beschluss, 30. Juli 2014 - B 14 AS 8/14 B

bei uns veröffentlicht am 30.07.2014

Tenor Die Beschwerden der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. November 2013 werden als unzulässig verworfen.

Bundessozialgericht Urteil, 03. Apr. 2014 - B 5 R 5/13 R

bei uns veröffentlicht am 03.04.2014

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2012 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 23. Aug. 2013 - B 8 SO 19/12 R

bei uns veröffentlicht am 23.08.2013

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 26. Oktober 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurüc

Referenzen

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

(1) Die Rehabilitationsträger stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass ein Rehabilitationsbedarf frühzeitig erkannt und auf eine Antragstellung der Leistungsberechtigten hingewirkt wird. Die Rehabilitationsträger unterstützen die frühzeitige Erkennung des Rehabilitationsbedarfs insbesondere durch die Bereitstellung und Vermittlung von geeigneten barrierefreien Informationsangeboten über

1.
Inhalte und Ziele von Leistungen zur Teilhabe,
2.
die Möglichkeit der Leistungsausführung als Persönliches Budget,
3.
das Verfahren zur Inanspruchnahme von Leistungen zur Teilhabe und
4.
Angebote der Beratung, einschließlich der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung nach § 32.
Die Rehabilitationsträger benennen Ansprechstellen, die Informationsangebote nach Satz 2 an Leistungsberechtigte, an Arbeitgeber und an andere Rehabilitationsträger vermitteln. Für die Zusammenarbeit der Ansprechstellen gilt § 15 Absatz 3 des Ersten Buches entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt auch für Jobcenter im Rahmen ihrer Zuständigkeit für Leistungen zur beruflichen Teilhabe nach § 6 Absatz 3, für die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 3 und für die Pflegekassen als Träger der sozialen Pflegeversicherung nach dem Elften Buch.

(3) Die Rehabilitationsträger, Integrationsämter und Pflegekassen können die Informationsangebote durch ihre Verbände und Vereinigungen bereitstellen und vermitteln lassen. Die Jobcenter können die Informationsangebote durch die Bundesagentur für Arbeit bereitstellen und vermitteln lassen.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen

1.
bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),
2.
zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
3.
zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26),
4.
zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52),
5.
des Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches.

(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.

(3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Absatz 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege nach § 63b Absatz 6 Satz 1 des Zwölften Buches durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen. Ist bei stationärer Behandlung die Anwesenheit einer Begleitperson aus medizinischen Gründen notwendig, eine Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung jedoch nicht möglich, kann die Unterbringung der Begleitperson auch außerhalb des Krankenhauses oder der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art und Dauer der Leistungen für eine Unterbringung nach Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen; die Kosten dieser Leistungen dürfen nicht höher sein als die für eine Mitaufnahme der Begleitperson in die stationäre Einrichtung nach Satz 1 anfallenden Kosten.

(4) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche; dies umfasst auch die fachärztliche Anschlussversorgung. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a des Elften Buches zu gewährleisten. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Soweit in Verträgen nach § 140a nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln.

(5) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Dies gilt auch in Fällen des § 12a des Siebten Buches.

(6) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (§§ 23, 40), der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 24d), der künstlichen Befruchtung (§ 27a), der zahnärztlichen Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Absatz 2), bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Absatz 1 Satz 1), mit Heilmitteln (§ 32), mit Hilfsmitteln (§ 33) und mit digitalen Gesundheitsanwendungen (§ 33a), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37) und der Haushaltshilfe (§ 38) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorsehen. Die Satzung muss insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.

(1) Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen. Klagt eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts, in Angelegenheiten nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch ein Unternehmen der privaten Pflegeversicherung oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts oder des Schwerbehindertenrechts ein Land, so ist der Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten maßgebend, wenn dieser eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist.

(2) Ist die erstmalige Bewilligung einer Hinterbliebenenrente streitig, so ist der Wohnsitz oder in Ermangelung dessen der Aufenthaltsort der Witwe oder des Witwers maßgebend. Ist eine Witwe oder ein Witwer nicht vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die jüngste Waise im Inland ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort hat; sind nur Eltern oder Großeltern vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Eltern oder Großeltern ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort haben. Bei verschiedenem Wohnsitz oder Aufenthaltsort der Eltern- oder Großelternteile gilt der im Inland gelegene Wohnsitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberechtigten Ehemanns oder geschiedenen Mannes.

(3) Hat der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland, so ist örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.

(4) In Angelegenheiten des § 51 Abs. 1 Nr. 2, die auf Bundesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat, in Angelegenheiten, die auf Landesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, das Sozialgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat.

(5) In Angelegenheiten nach § 130a Absatz 4 und 9 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die zur Entscheidung berufene Behörde ihren Sitz hat.

(6) Für Antragsverfahren nach § 55a ist das Landessozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Körperschaft, die die Rechtsvorschrift erlassen hat, ihren Sitz hat.

(7) In Angelegenheiten nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftraggeber seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat dieser seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz im Ausland, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftragnehmer seinen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.

(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.

(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

(1) Die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen.

(2) Wird einem nicht zuständigen Träger der Sozialhilfe oder einer nicht zuständigen Gemeinde im Einzelfall bekannt, dass Sozialhilfe beansprucht wird, so sind die darüber bekannten Umstände dem zuständigen Träger der Sozialhilfe oder der von ihm beauftragten Stelle unverzüglich mitzuteilen und vorhandene Unterlagen zu übersenden. Ergeben sich daraus die Voraussetzungen für die Leistung, setzt die Sozialhilfe zu dem nach Satz 1 maßgebenden Zeitpunkt ein.

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.

(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.

(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 26. Oktober 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, soweit die Beklagte zur Zahlung weiterer 38 038 Euro verurteilt worden ist.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Februar 2010 wird zurückgewiesen, soweit mit ihr Zinsen für weitere 38 038 Euro geltend gemacht worden sind.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Erstattung weiterer Aufwendungen in Höhe von 38 038 Euro als Nothelfer gegenüber der Beklagten für eine Behandlung in der Zeit vom 31.8. bis zum 19.10.2003 zuzüglich Zinsen seit dem 1.6.2004 im Streit.

2

Der Kläger betreibt das Unfallkrankenhaus Hamburg-Boberg (UKH). Am Nachmittag des 31.8.2003, einem Sonntag, begab sich der Beigeladene in die dortige Notfallambulanz. Von der in der Notfallambulanz tätigen Ärztin wurde er zur stationären Behandlung in das UKH eingewiesen, weil er bei einem privaten Unfall ausgedehnte drittgradige Säureverätzungen erlitten hatte und im Zeitpunkt der Aufnahme bereits Anzeichen einer Infektion zeigte, die zu einer lebensgefährlichen Sepsis hätten führen können; im UKH wurde er (nach einer Operation am 4.9.2003) bis zum 19.10.2003 stationär behandelt. Er, der Beigeladene, gab bei Aufnahme an, bei der See-Krankenkasse (nunmehr Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) krankenversichert zu sein; Ende Oktober 2003 lehnte die See-Krankenkasse eine Übernahme der Behandlungskosten aber ab, weil er nicht Mitglied der Kasse sei.

3

Am 12.11.2003 beantragte der Kläger erfolglos die Erstattung der entstandenen Behandlungskosten bei der Beklagten als Träger der Sozialhilfe (Bescheid vom 4.12.2003; Widerspruchsbescheid vom 23.2.2006). Dem Beigeladenen stellte der Kläger Kosten für die Heilbehandlung in Höhe von insgesamt 39 039 Euro in Rechnung (Rechnung vom 21.9.2005), die der Beigeladene nicht beglich.

4

Das Sozialgericht (SG) Hamburg hat die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 4.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2006 verurteilt, "die Aufwendungen des Klägers für die stationäre Behandlung des Beigeladenen vom 31.8.2003 bis zum 1.9.2003 in Höhe von 1001 Euro zu erstatten" und daraus "Zinsen in Höhe von 4 % ab dem 1.6.2004 zu zahlen"; die Klage im Übrigen hat es abgewiesen (Urteil vom 1.2.2010). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg das Urteil des SG geändert und die Beklagte zur Zahlung weiterer 38 038 Euro nebst 4 % Zinsen jährlich seit dem 1.6.2004 verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, entgegen der Auffassung des SG bestehe auch über den Aufnahme- und Folgetag hinaus ein Anspruch des Klägers als Nothelfer nach § 121 Bundesssozialhilfegesetz (BSHG); insbesondere sei über den gesamten streitbefangenen Behandlungszeitraum von einem sozialhilferechtlichen Eilfall auszugehen. Am Aufnahmetag habe für den Kläger keine Möglichkeit bestanden, den Sozialhilfeträger zu unterrichten; die Voraussetzungen eines Eilfalls seien damit auch nicht mit dem nächsten Werktag entfallen. Für die Beurteilung des Eilfalls sei nämlich grundsätzlich einheitlich für die gesamte Hilfe auf den Zeitpunkt der (ursprünglichen) Notlage abzustellen; vor dem Hintergrund der plausiblen Angaben einer bestehenden gesetzlichen Krankenversicherung habe am ersten Werktag des Klinikaufenthaltes und in der Folge kein Anlass bestanden, einen Sozialhilfeträger einzuschalten. Eine andere Auffassung hätte zur Konsequenz, dass alle Krankenhäuser, die Notfallpatienten behandelten, unabhängig von den Angaben des Patienten jeweils beim zuständigen Sozialhilfeträger alsbald vorsorglich einen Antrag auf Kostenübernahme stellen müssten, um sich den Anspruch des § 121 BSHG als Nothelfer zu erhalten; dies könne vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein. Der Senat schließe sich im Übrigen der Würdigung des SG an, dass der Beigeladene bei rechtzeitiger Kenntnis der Beklagten einen Anspruch auf Krankenhilfe gehabt hätte und dieser der Höhe nach zutreffend sowie rechtzeitig iS des § 121 Satz 2 BSHG geltend gemacht worden sei. Der Zinsanspruch stütze sich auf § 44 Abs 1 und 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I).

5

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie macht eine Verletzung von § 121 BSHG geltend. Zwar habe ein medizinischer Eilfall am Aufnahmetag und am Folgetag vorgelegen; es komme aber entgegen der Auffassung des LSG für die Prüfung des Eilfalls nicht allein auf den Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus an. Vielmehr habe dieser - wie vom SG entschieden - nicht über den 1.9.2003 hinaus bestanden. Im Übrigen habe das LSG die rechtlichen Maßstäbe des § 37 BSHG (Hilfe bei Krankheit) verkannt und nicht geprüft, ob nicht der Freund des Beigeladenen, für den dieser eine Gaststätte geführt und der für den Beigeladenen gesorgt habe, für die Kosten der Krankenbehandlung als "Dritter" iS des § 37 BSHG eingetreten wäre. Auch die Ermittlungen zum Einkommen des Beigeladenen seien nicht ausreichend gewesen. Zudem hätte er ohnedies keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen wollen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

9

Der Beigeladene beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Auch er hält die angegriffene Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die auch im Hinblick auf den Zinsanspruch zulässige Revision (vgl zum hier zulässigen Verzicht auf eine eigenständige Revisionsbegründung wegen des Zinsanspruchs nur BSGE 102, 10 ff RdNr 8 mwN = SozR 4-2500 § 264 Nr 2) ist nur zum Teil im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob der vom Kläger geltend gemachte Anspruch als Nothelfer nach § 121 BSHG (auf weitere 38 038 Euro) besteht. Soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Zinsen aus diesem Betrag wendet, ist das Urteil des LSG jedoch aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Ein solcher Anspruch steht dem Kläger mangels Anspruchsgrundlage nicht zu.

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Leistungsablehnung im Bescheid vom 4.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2006 (§ 95 SGG), soweit das LSG die Beklagte zur Zahlung weiterer 38 038 Euro nebst 4 % Zinsen verurteilt hat. Richtige Beklagte ist die Freie und Hansestadt Hamburg; das Hamburgische Ausführungsgesetz zum SGG sieht eine Beteiligtenfähigkeit von Behörden gemäß § 70 Nr 3 SGG nicht vor.

13

Ob die Beklagte für die Erstattung von Kosten des Nothelfers überhaupt zuständig ist (vgl §§ 96, 97 BSHG; s dazu BVerwGE 114, 326 ff), mag das LSG noch prüfen. Dabei kann gegenwärtig dahinstehen, ob wegen eines Eilfalls der tatsächliche Aufenthalt des Hilfeempfängers maßgeblich ist und welcher dies war (vgl § 97 Abs 2 Satz 3 BSHG). Es spricht nämlich vieles dafür, dass vorliegend der tatsächliche Aufenthalt des Beigeladenen zur Zeit der erforderlichen Nothilfe und sein gewöhnlicher Aufenthalt zusammenfallen.

14

Verfahrensfehler, die die Leistungsablehnung formell rechtswidrig machen würden, liegen ansonsten nicht vor. Insbesondere war eine Beteiligung sozial erfahrener Dritter im Widerspruchsverfahren beim Streit über den Anspruch des Nothelfers nicht erforderlich. Es handelt sich nicht - wie dies das Gesetz in § 114 Abs 2 BSHG verlangt - um einen Widerspruch gegen die "Ablehnung von Sozialhilfe" des Hilfebedürftigen, sondern um einen Anspruch des Nothelfers aus eigenem Recht(vgl: Blüggel in juris PraxisKommentar SGB XII, § 116 SGB XII RdNr 30; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 116 RdNr 13, Stand Juni 2012). Es kann deshalb offen bleiben, welche Rechtsfolge sich aus einem Verstoß gegen das Gebot der Beteiligung sozial erfahrener Dritter für den Anspruch selbst ergäbe; allenfalls die Leistungsablehnung wäre nämlich rechtswidrig.

15

Ob dem Kläger ein Anspruch aus § 121 BSHG zusteht - andere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht -, kann nicht entschieden werden. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das LSG zwar davon ausgegangen, dass allein die Annahme des Klägers auf der Grundlage der Angaben des Beigeladenen, dieser sei gesetzlich versichert, weder bei seiner Aufnahme noch in der Folge einen Eilfall zwingend ausschließt. Die weiter gehenden Feststellungen des LSG reichen gleichwohl nicht aus.

16

§ 121 BSHG, dem § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in der seit dem 1.1.2005 geltenden Fassung trotz des leicht geänderten Wortlauts entspricht (vgl dazu BT-Drucks 15/1514, S 58), bestimmt in seiner vorliegend maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des BSHG vom 23.3.1994 (BGBl I 646), dass jemandem, der in einem Eilfall einem anderen Hilfe gewährt, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt haben würde, auf Antrag die Aufwendungen in gebotenem Umfange zu erstatten sind, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nach Satz 2 jedoch nur, wenn er den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt.

17

Der Anspruch des Nothelfers setzt damit einen Eilfall in dem Sinne voraus, dass ein beim Nothilfeempfänger bestehender Bedarf nach den Abschnitten 2 und 3 des BSHG (seit 1.1.2005 des Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII) unabwendbar und unmittelbar durch den Nothelfer gedeckt werden muss. Dies beschreibt zunächst als bedarfsbezogenes Moment die Eilbedürftigkeit des Eingreifens selbst. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG steht insoweit fest, dass am Aufnahmetag die sofortige medizinische Hilfe durch das UKH notwendig war. Solange im Anschluss an die Aufnahme ein stationärer Behandlungsbedarf andauerte und eine Entlassung des Beigeladenen in die ambulante Behandlung aus medizinischen Gründen ausschied, bestand dieses bedarfsbezogene Moment des Eilfalls fort. Ob stationäre Behandlungsbedürftigkeit durchgehend bis zum Ende der Behandlung vorlag, ist vom LSG bislang allerdings im Einzelnen nicht geprüft; dies wird es ggf nachzuholen haben.

18

Hinzukommen muss ein sozialhilferechtliches Moment: Grundsätzlich darf eine rechtzeitige Leistung des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erlangen sein; der Sozialhilfeträger darf nicht eingeschaltet werden können. Es darf keine Zeit zur Unterrichtung des zuständigen Sozialhilfeträgers verbleiben, um zunächst dessen Entschließung über eine Gewährung der erforderlichen Hilfe abzuwarten (vgl: BVerwGE 59, 73, 75; 114, 298, 300). Der Anspruch des Nothelfers besteht also in Abgrenzung zum Anspruch des Hilfebedürftigen nur dann, wenn der Sozialhilfeträger keine Kenntnis vom Leistungsfall hat und ein Anspruch des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger (nur) deshalb nicht entsteht (vgl: BVerwG, Beschluss vom 17.7.1992 - 5 B 69/92 -, juris RdNr 6 mwN; im Einzelnen Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 25 SGB XII RdNr 21 f). Die Kenntnis des Sozialhilfeträgers bildet damit die Zäsur für die sich gegenseitig ausschließenden Ansprüche des Nothelfers und des Hilfebedürftigen.

19

Zweck der Regelung ist es nur, die Hilfsbereitschaft Dritter im Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu stärken und Hilfe auch in Fällen sicherzustellen, in denen Leistungen des Sozialhilfeträgers zu spät kämen oder wegen Zeitablaufs ins Leere gingen (vgl: BSGE 103, 178 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 25 Nr 1; BVerwGE 91, 245, 248; 114, 326, 332; BT-Drucks III/1799, S 61 zu § 114). Die Entlastung des Nothelfers von seinen Kosten ist nur in diesen Fallgestaltungen die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge, auch wenn Dritte schon wegen der strafrechtlichen Sanktionen (vgl § 323c Strafgesetzbuch) und Krankenhausträger und ihr ärztliches Personal zudem aus berufs- und zulassungsrechtlichen Gründen ggf zu entsprechender Hilfe verpflichtet sind (vgl auch BGH, Urteil vom 10.2.2005 - III ZR 330/04 -, NJW 2005, 1363).

20

Dieses sozialhilferechtliche Moment eines Eilfalls kann - wovon das LSG zutreffend ausgegangen ist - aber auch vorliegen, wenn der Träger zwar erreichbar ist und unterrichtet werden könnte, aber die Umstände des Einzelfalles seine Einschaltung aus Sicht des Nothelfers nicht nahelegen, weil nach dem Kenntnisstand des Nothelfers die Leistungspflicht einer gesetzlichen Krankenkasse besteht. Die weitergehende Auffassung des LSG, das Vorliegen des Eilfalls in diesem Sinne bestimme sich ausschließlich nach den Verhältnissen am ersten Tag der Hilfeleistung, ist indes verfehlt. Treten Umstände, die die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers entstehen lassen, erst im Verlauf der Hilfeleistung hinzu, verliert das Handeln den Charakter des Eilfalls (vgl: Schoch in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 25 SGB XII RdNr 9; Adolph in Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, § 25 SGB XII RdNr 13, Stand Juni 2005). Nichts anderes kann gelten, wenn solche Umstände dem Nothelfer im Verlauf der Hilfeleistung erkennbar werden und es ihm zumutbar möglich ist, den Sozialhilfeträger zu unterrichten (Coseriu in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 25 SGB XII RdNr 3; ähnlich Dauber in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 25 SGB XII RdNr 9, Stand November 2012). Darüber hinaus kann bei medizinischen Hilfeleistungen der Helfer schon dann nicht mehr das Vorliegen eines Eilfalls geltend machen, wenn er die erforderliche Aufklärung des Versicherungsstatus unterlässt. Die so vorgenommene Abgrenzung verhindert einerseits, dass der Träger der Sozialhilfe in die Stellung eines "Ausfallbürgen" gedrängt wird (vgl dazu bereits BVerwGE 114, 298, 300), andererseits aber auch, dass die mit der Norm zu fördernde Hilfsbereitschaft Dritter durch ein für den Nothelfer unabsehbares Kostenrisiko beeinträchtigt wird.

21

Ob derartige Umstände vorliegen, die dem Kläger im Verlauf der Hilfeleistung haben erkennbar werden lassen, dass der (vom Montag nach dem Aufnahmetag an im Grundsatz erreichbare) Sozialhilfeträger zu unterrichten war, hat das LSG nicht ermittelt. Der Kläger, der mit dem UKH ein zugelassenes Krankenhaus iS der § 107 Abs 1, § 108 Nr 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) betreibt, Mitglied der Hamburger Krankenhausgesellschaft ist und an der Versorgung gesetzlich Versicherter auf Grundlage des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V für die Freie und Hansestadt Hamburg teilnimmt, handelte nach den Feststellungen des LSG in der Annahme, die Versorgung des Beigeladenen, der seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) behauptet hatte, sei ein eigenes Geschäft, nämlich die Erfüllung seiner in diesem Fall bestehenden Verpflichtungen aus § 109 Abs 4 SGB V iVm dem Sicherstellungsvertrag. Diese Annahme des Klägers steht einem Anspruch als Nothelfer jedoch nicht von vornherein entgegen. Der Gesetzeswortlaut des § 121 BSHG (wie auch des § 25 SGB XII) gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein Anspruch des Helfers auf Erstattung seiner Aufwendungen von seinen Vorstellungen über die Frage abhinge, ob er mit der Hilfeleistung ein eigenes oder ein fremdes Geschäft führt(vgl Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 121 RdNr 6). Selbst wenn im Privatrecht die irrtümliche Eigengeschäftsführung (sog "unechte Geschäftsführung ohne Auftrag") bei einem objektiv fremden Geschäft eine Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließt (vgl § 687 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch), so ist der Anspruch des Nothelfers der Geschäftsführung ohne Auftrag nur nachgebildet (vgl: BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 7 RdNr 9; BVerwGE 37, 133, 134); ein unmittelbarer oder entsprechender Rückgriff auf die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag ist - abgesehen davon, ob es sich überhaupt um ein objektiv fremdes Geschäft gehandelt hat - damit nicht verbunden. § 121 BSHG bzw § 25 SGB XII regeln abschließend die Voraussetzungen eines Kostenersatzanspruchs einer Person, die anstelle des Sozialhilfeträgers und damit entgegen dem öffentlichrechtlich geregelten Kompetenz- und Zuständigkeitsgefüge Hilfeleistungen ohne dessen Auftrag erbringt. Soweit öffentlichrechtliche Regelungen solche Sachverhalte erfassen, scheidet ein Rückgriff auf die Grundsätze der Regelungen der §§ 677 ff BGB aus(vgl: BSGE 85, 110, 114 f = SozR 3-2500 § 60 Nr 4 S 24; BSGE 86, 1, 4 ff = SozR 3-7610 § 683 Nr 4 S 12 ff).

22

Da der Nothelfer, wenn der Träger der Sozialhilfe erreichbar ist und unterrichtet werden könnte, mit seiner Hilfeleistung (auch) eine öffentliche Aufgabe anstelle des eigentlich zuständigen Hoheitsträgers erfüllt und eine Durchbrechung des öffentlichrechtlichen Systems für die Gewährung der Sozialhilfe (insbesondere des speziell hierfür normierten Verwaltungsverfahrens und der "Vergütungsstruktur") regelmäßig nicht im öffentlichen Interesse liegt (vgl dazu im Einzelnen BSGE 86, 1, 7 ff = SozR 3-7610 § 683 Nr 4 S 15 ff), kann er Ersatz hierfür nur verlangen, wenn er ohne Verletzung eigener Obliegenheiten davon ausgehen durfte, den Sozialhilfeträger nicht einschalten zu müssen. Soweit sich ein zur Versorgung von Versicherten der GKV zugelassenes Krankenhaus darauf beruft, es habe davon ausgehen dürfen, einen Versicherten der GKV zu deren Lasten zu behandeln, und den Sozialhilfeträger wegen des Grundsatzes des Nachrangs der Hilfe deshalb nicht eingeschaltet, sind maßgeblich für die entsprechenden Obliegenheiten die Prüfungspflichten im Verhältnis zur Krankenkasse; denn hier ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine solche (vorrangige) Behandlung stattzufinden hat. Wird wegen der Verletzung dieser Prüfungspflichten dem Krankenhaus nicht erkennbar, dass eine Kostentragung durch die Krankenkasse zumindest zweifelhaft ist, und unterbleibt deshalb die Unterrichtung des Sozialhilfeträgers, greift auch ein Anspruch nach § 121 BSHG ab diesem Zeitpunkt nicht (mehr).

23

Dies hat das LSG nicht ausreichend berücksichtigt, wenn es pauschal darauf abstellt, einem Krankenhaus könne es nicht zugemutet werden, von der Aufnahme jedes Patienten, der angibt, gesetzlich versichert zu sein, zugleich dem Träger der Sozialhilfe Kenntnis zu geben. Von Krankenhäusern, die mit der Behandlung von Notfallpatienten zu Lasten der GKV vertraut sind, sind - ähnlich wie im Fall der Aufnahme von Privatpatienten, der vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 114, 298 ff) zu entscheiden war - differenziertere Schritte wegen der Prüfung der Kostentragung zu erwarten. Eine Einschaltung des Sozialhilfeträgers in jedem Fall der Aufnahme eines Notfallpatienten ist dabei - anders als das LSG meint - bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Prüfungspflichten den Krankenkassen gegenüber nicht notwendig. Soweit der Kläger die Prüfungspflichten im Hinblick auf Versichertenstatus des Patienten gegenüber der Krankenkasse erfüllt hat, kann er der Beklagten gegenüber geltend machen, es habe für ihn die Notwendigkeit der Einschaltung des Sozialhilfeträgers nicht erkennbar werden können, weil seitens der Krankenkasse keine Hinweise auf das Fehlen einer Mitgliedschaft erfolgt seien.

24

Die Bestimmungen in dem für die entsprechenden Prüfungspflichten eines in der Freien und Hansestadt Hamburg zugelassenen Krankenhauses maßgeblichen, seit dem 1.1.2003 geltenden Sicherstellungsvertrag hat das LSG unberücksichtigt gelassen, sodass der Senat nicht daran gehindert ist, diese dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) Vorschriften heranzuziehen. Sie regeln ausdrücklich, dass sich Versicherte bei Aufnahme in dem Krankenhaus mit ihrer Krankenversicherungskarte (vgl § 15 Abs 6 SGB V) und einem Lichtbildausweis auszuweisen haben (§ 6 Abs 2 des Vertrages). Wenn der Beigeladene vorliegend noch 6 Monate nach dem bislang aktenkundigen Ende seiner Mitgliedschaft in der GKV im Besitz einer solchen Karte war, er diese vorgewiesen und sich zugleich als berechtigter Inhaber dieser Karte mit einem Lichtbildausweis ausgewiesen haben sollte, könnte bei dem Kläger vernünftigerweise die Annahme entstanden sein, die Behandlung finde im Rahmen der Versorgung nach dem SGB V statt. Zwar lässt die missbräuchliche Verwendung der Karte allein einen Anspruch gegen die Krankenversicherung nicht entstehen (vgl dazu BSGE 101, 33 ff = SozR 4-2500 § 109 Nr 9); dem Krankenhaus kann aber im Anwendungsbereich des § 121 BSHG nicht vorgeworfen werden, die verspätete Kenntnisnahme vom Hilfefall durch den Träger der Sozialhilfe beruhe auf seiner fehlerhaften Einschätzung der Absicherung des Notfallpatienten. Das Krankenhaus darf vielmehr bei Vorlage der Karte solange davon ausgehen, die Zahlungsverpflichtung einer gesetzlichen Krankenkasse entstehe unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten, bis sich entgegenstehende Hinweise ergeben. Im Verhältnis zum Träger der Sozialhilfe kann es sich dann auf das Vorliegen eines Eilfalls berufen. Ergeben die Ermittlungen des LSG, dass sich der Beigeladene nicht mehr als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse hat ausweisen können, bestand für den Kläger von Beginn der Behandlung an Anlass, an der Richtigkeit der Behauptung des Beigeladenen, versichertes Mitglied der See-Krankenkasse zu sein, zu zweifeln und deshalb jedenfalls (ggf neben weitergehenden Ermittlungen bei der See-Krankenkasse) an dem der Aufnahme folgenden Werktag den Sozialhilfeträger zu unterrichten. Ein über die ersten beiden Tage hinausgehender Anspruch nach § 121 BSHG würde in diesem Fall ausscheiden. Die erforderliche Prüfung wird das LSG durchzuführen haben; die Beweislast trägt der Kläger (vgl bereits BVerwGE 45, 131, 132 f).

25

Auch welche Schritte der Kläger im Anschluss an die Aufnahme zur Klärung seiner Verpflichtung aus § 109 Abs 4 SGB V unternommen hat und ob er dabei insbesondere die weiteren in § 301 SGB V und im Sicherstellungsvertrag vorgeschriebenen Mitteilungspflichten der Krankenkasse gegenüber erfüllt hat, ist bislang nicht festgestellt. Ob der Kläger auch im Verlauf der Behandlung weiterhin annehmen durfte, es liege eine Behandlung zu Lasten der GKV vor, oder ob er, wenn sich in der Folge bei ihm ernstliche Zweifel hätten aufdrängen müssen, versucht hat, eine Klärung über den Versichertenstatus des Beigeladenen herbeizuführen, wird das LSG aufzuklären haben. Dabei kann das vom SG in Bezug genommene Schreiben der See-Krankenkasse vom 17.9.2008 nicht unberücksichtigt bleiben. Aus der Angabe der See-Krankenkasse, "der Anspruch" sei noch "ungeklärt", könnte sich für den mit der Versorgung von Versicherten der GKV vertrauten Kläger der Schluss aufdrängen, dass der Versichertenstatus ernstlich in Zweifel zu ziehen ist, und deshalb wegen der unterbliebenen Unterrichtung des Sozialhilfeträgers (bzw der fehlenden weitergehenden Abklärung bei der Krankenkasse) ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Kostenersatz als Nothelfer ausscheiden.

26

Liegt ein Eilfall iS des § 121 BSHG vor, wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch im Hinblick auf die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs die notwendigen Feststellungen zu treffen haben. Zu prüfen ist, ob die Beklagte bei Kenntnis Leistungen an den Beigeladenen gemäß § 27 Abs 1 Nr 2 BSHG iVm §§ 37, 38 BSHG zu erbringen gehabt hätte. Allein die berufs- und zulassungsrechtlichen Verpflichtungen des Klägers zur Behandlung stehen einem Anspruch als Nothelfer allerdings nicht entgegen. Nicht die eigene rechtliche Pflicht zur Hilfeleistung, sondern die Pflicht zur Tragung der Kosten hierfür (etwa als Schädiger) geht nach § 121 Satz 1 BSHG einem Anspruch als Nothelfer vor(ähnlich Coseriu in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 25 SGB XII RdNr 5). Bislang ist indes ungeprüft geblieben, ob der Anspruch des Klägers daran scheitert, dass der Beigeladene wegen des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs 1 BSHG; seit 1.1.2005 § 2 Abs 1 SGB XII) gegenüber Leistungen der Krankenkasse keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen besaß. Er, der Beigeladene, könnte entgegen der Annahme der Beteiligten pflichtversichertes Mitglied der GKV nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V gewesen sein, wenn er in der Gaststätte, die er nach seinen Angaben als "Strohmann" geführt hat, tatsächlich iS des § 7 Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschiften der Sozialversicherung - (SGB IV) abhängig beschäftigt war. Wäre dies der Fall, hätte die zuständige Krankenkasse durch die Maßnahme des Klägers als dem zugelassenen Leistungserbringer die (vorrangige) Krankenversicherungsleistung als Sachleistung bereits erbracht.

27

Ob von Hilfebedürftigkeit des Beigeladenen (§ 28 Abs 1 BSHG) auszugehen ist, ist auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilbar; die in ihren Einzelheiten unklare Bezugnahme auf die Entscheidung des SG lässt eigene Feststellungen des LSG nicht erkennbar werden, sodass es insoweit auch nicht auf die erhobenen Verfahrensrügen ankommt. Das LSG wird ggf dem Einwand der Beklagten nachzugehen haben, der Beigeladene hätte - um die von ihm (nur) behauptete Selbständigkeit nach außen aufrechterhalten zu können - seinerseits die notwendige Hilfe nicht in Anspruch genommen. Ein Anspruch des Nothelfers scheidet nämlich auch aus, wenn der Hilfebedürftige von seinem Recht, Leistungen der Sozialhilfe nicht in Anspruch zu nehmen, Gebrauch gemacht hätte: Sozialhilfe darf nicht aufgezwungen werden (vgl dazu BVerfGE 22, 180, 219). Der Träger der Sozialhilfe wäre deshalb im Falle der ernstlichen, in Kenntnis der ihn dann treffenden Kostenlast ausgesprochenen Weigerung des Beigeladenen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, nicht leistungspflichtig geworden.

28

Ob der Kläger einen eventuellen Anspruch rechtzeitig geltend gemacht hat, lässt sich ebenfalls nicht abschließend beurteilen. Der Anspruch des Nothelfers besteht nach § 121 Satz 2 BSHG nur, wenn er den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt. Ist noch bis zum Ende der stationären Behandlung von einem Eilfall auszugehen, ist der Antrag (vom 12.11.2003) jedenfalls innerhalb angemessener Frist erfolgt. Der Senat hält aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität eine Frist von einem Monat für angemessen, die regelmäßig mit dem Ende des Eilfalls beginnen wird. Eine abschließende Festlegung braucht im derzeitigen Stand des Verfahrens jedoch nicht zu erfolgen.

29

Schließlich wird der Anspruch der Höhe nach zu überprüfen sein. Der Anspruch des Nothelfers ist auf die Erstattung von Aufwendungen "in gebotenem Umfang" begrenzt. Die zu erstattenden Aufwendungen sind deshalb mit den dem Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten, die LSG und SG in den Entscheidungen in Bezug genommen haben, nicht notwendigerweise deckungsgleich. Maßstab für die gebotene Höhe der Aufwendungen eines Nothelfers sind die Kosten, die die Beklagte bei rechtzeitiger Kenntnis ihrerseits hätte aufwenden müssen; ob darüber hinaus Kosten erstattungsfähig sein können, kann im derzeitigen Stand des Verfahrens offen bleiben. Soweit bei Hilfebedürftigkeit und in Kenntnis der Notlage von der Beklagten Hilfe bei Krankheit nach § 37 Abs 1 BSHG hätte gewährt werden müssen, gilt für die Erbringung dieser Leistungen jedenfalls das SGB V entsprechend(vgl § 38 Abs 3 Satz 1 BSHG). Feststellungen, in welcher Höhe der Kläger nach den krankenversicherungsrechtlichen Regelungen Vergütungsansprüche (§ 109 Abs 4 SGB V, s dazu nur: BSGE 109, 236 ff RdNr 15 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2; Wahl in jurisPK-SGB V, § 109 RdNr 119 ff mwN) gehabt hätte, fehlen bislang. Deshalb könnten sich höhere Ansprüche auch für die ersten beiden Tage der Behandlung ergeben. Sollte der Beigeladene eine Krankenhausbehandlung erhalten haben, für die eine Fallpauschale bzw Fallpauschalen vereinbart wären, und nur für einen Teil der streitbefangenen Zeit ein Anspruch des Klägers als Nothelfer bestehen, ist die Aufteilung der nach § 121 BSHG erstattungsfähigen Kosten in Abhängigkeit von der tatsächlich für die Fallpauschale in Anspruch genommenen Zahl der Krankenhaustage - pro rata temporis - zu erwägen(so für den Fall des Kassenwechsels während einer Krankenhausbehandlung BSGE 99, 102 ff = SozR 4-2500 § 19 Nr 4). Abschließend braucht hierüber im derzeitigen Stand des Verfahrens aber nicht entschieden zu werden.

30

Ein Anspruch des Klägers auf Verzinsung eines ggf bestehenden Anspruchs auf Leistungen als Nothelfer besteht nicht. Aus § 44 Abs 1 SGB I kann der Nothelfer entgegen der Auffassung des LSG einen Zinsanspruch nicht herleiten. Bei dem Anspruch des Nothelfers nach § 121 BSHG handelt es sich nicht um eine Geldleistung iS des § 11 Satz 1 SGB I, die dem Einzelnen nach den Vorschriften des SGB zur Verwirklichung seiner sozialen Rechte gewährt wird. Soweit der Senat den Anspruch des Nothelfers als eine Sozialhilfeleistung im weiten Sinne ansieht (BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 7 RdNr 9 unter Hinweis auf Rothkegel in Rothkegel, Sozialhilferecht, 2005, Teil II Kap 5 RdNr 12; kritisch nunmehr Pattar in Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Teil II Kap 10 RdNr 41), ist damit eine unmittelbare Anknüpfung an § 11 Satz 1 SGB I ausdrücklich nicht verbunden(BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 7 RdNr 8). Im Übrigen wollte der Gesetzgeber mit § 44 SGB I nur der Tatsache Rechnung tragen, dass soziale Geldleistungen in der Regel die Lebensgrundlage des Hilfebedürftigen bilden und bei verspäteter Zahlung nicht selten Kreditaufnahmen, die Auflösung von Ersparnissen oder die Einschränkung der Lebensführung notwendig machen(BT-Drucks 7/868 S 30 zu § 44). Solche Nachteile entstehen beim anspruchsberechtigten Nothelfer durch die Hilfeleistung im Eilfall typischerweise aber nicht; eine analoge Anwendung des § 44 SGB I oder - für Verzugs- oder Prozesszinsen - der §§ 284, 285, 288 oder 291 BGB kommt für andere Personen als Empfänger einer Sozialleistung nicht in Betracht(BSGE 71, 72, 74 = SozR 3-7610 § 291 Nr 1; BSG SozR 3-1300 § 61 Nr 1).

31

Das LSG wird bei seiner Entscheidung ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens mit zu befinden haben; der Nothelfer gehört zum kostenprivilegierten Personenkreis nach § 183 SGG(vgl BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 7).

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2012 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 18. November 2011 wird zurückgewiesen.

Für den Rechtsstreit sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf eine Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze aus der Seemannskasse, die seit dem 1.1.2009 anstelle der See-Berufsgenossenschaft (See-BG) von der Beklagten geführt wird.

2

Der am 1942 geborene Kläger ist zur See gefahren. Zum 31.12.2007 schied er aus der seemännischen Beschäftigung aus und bezieht seit dem 1.1.2008 eine Altersrente. Ende 2007 plante die Seemannskasse die Einführung einer Leistung, die sie als "Überbrückungsgeld für langjährig Versicherte" bezeichnen wollte. Die Leistung sollte an den Eintritt der Regelaltersgrenze anknüpfen und neben der Altersvollrente erbracht werden. Am 6.11.2007 beschloss die Vertreterversammlung der See-BG eine entsprechende Änderung der Satzung mit Wirkung zum 1.1.2008. Die betroffenen Versicherten wurden ab Ende März 2008 mit der ihnen übersandten Zeitschrift See und Sicherheit Nr. 1/2008 über eine geplante "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" informiert. Im Juni 2008 wurden auch die Versicherten der Geburtsjahrgänge 1937 bis 1942 persönlich angeschrieben. Das Bundesversicherungsamt (BVA) hatte die Genehmigung zur Änderung der Seemannskasse im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einführung der neuen Leistung zunächst versagt. Die Genehmigung der "von der Vertreterversammlung der See-Berufsgenossenschaft am 6. November 2007 beschlossenen Neufassung der Satzung der Seemannskasse" erfolgte gemäß § 34 Abs 1 S 2 SGB IV iVm § 143 Abs 1 SGB VII unter dem 6.11.2008, nachdem ua § 143 SGB VII geändert worden war. Mit Schreiben vom selben Tag hatte das BVA die Beklagte außerdem darauf hingewiesen, dass "die textliche Angleichung der Satzung an den Wortlaut des durch Artikel 1 Nr. 18 geänderten § 143 SGB VII in den §§ 9, 17, 20 Abs. 1 Satz 3 und § 21 Abs. 6 als redaktionelle Änderungen im Rahmen der Drucklegung erfolgen" könne. Unter anderem in § 9 Nr 5 und § 17 der in der Zeitschrift HANSA vom Dezember 2008 veröffentlichten Neufassung der Satzung wurde die neue Leistung aus der Seemannskasse daraufhin als "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" bezeichnet. Die veröffentlichte Neufassung enthält - ohne Hinweis auf die dort vorgenommenen Textänderungen - am Schluss eine wörtliche Wiedergabe der Genehmigung des BVA vom 6.11.2008.

3

Die Beklagte lehnte den am 10.9.2009 gestellten Antrag auf Gewährung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze ab. Der Kläger habe bereits vor dem 1.1.2008 die Regelaltersgrenze erreicht und sei auch vor diesem Tag aus der Seefahrt ausgeschieden (Bescheid vom 6.10.2009, Widerspruchsbescheid vom 21.1.2010).

4

Das SG Stade hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 18.11.2011). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat auf die Berufung des Klägers die Bescheide der Beklagten und den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil vom 20.6.2012). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe ihre Entscheidung auf Satzungsbestimmungen gestützt, die mit höherrangigem Recht unvereinbar seien. Der Beklagten obliege es, die entsprechenden Bestimmungen ihrer Satzung neu zu fassen und sodann das Begehren des Klägers neu zu prüfen.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die angegriffene Entscheidung beruhe auf einer völligen Verkennung der "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" und einer Missachtung des im Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG - vom 30.10.2008, BGBl I 2130) und in den Vorschriften des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII aF und § 137b Abs 1 S 2 SGB VI zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens. Bei dieser Leistung handele es sich um eine neue, vom Überbrückungsgeld unabhängige Leistung, die arbeitsmarktpolitischen und versichertenbezogenen Zwecken diene und von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei. Selbst wenn § 17 S 3 der Satzung der Seemannskasse (zukünftig: Satzung) eine Stichtagsregelung sei, stelle die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine neue Leistung dar, weshalb es sachgerecht sei, den Tag für den frühesten Erhalt der Leistung auf den Tag des Inkrafttretens der Neuregelung der Satzung zu legen. Die zeitliche Abgrenzung berücksichtige ferner die zukunftsgerichtete Zwecksetzung und den Umstand, dass die zu erbringenden Leistungen von den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln gedeckt sein müssten.

6

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 18. November 2011 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das LSG hat gegen Bundesrecht verstoßen, indem es den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Beklagte verpflichtet hat, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

10

Die Revision ist zulässig. Beteiligtenfähig (§ 70 SGG) ist die Beklagte, nicht aber die Seemannskasse. Die Seemannskasse wird mit Wirkung vom 1.1.2009 unter ihrem Namen durch die Beklagte als Träger der allgemeinen Rentenversicherung nach den §§ 137b bis 137e SGB VI weitergeführt(§ 137a SGB VI). Ihr Vermögen ist zum 1.1.2009 mit allen Rechten und Pflichten auf die Beklagte übergegangen (§ 137c Abs 1 SGB VI). Zu diesem Zeitpunkt ist die Beklagte im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (vgl BT-Drucks 16/9154 S 43) in die Rechte und Pflichten der See-BG bzw - soweit die Seemannskasse teilrechtsfähig war (vgl dazu Waibel, WzS 2003, 238, 243) - der Seemannskasse eingetreten. Damit ist die Seemannskasse selbst jedenfalls seit dem 1.1.2009 weder Trägerin von Rechten und Pflichten noch über § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig.

11

Die Revision der Beklagten ist auch begründet. Selbst wenn das LSG (zu Recht) von der Nichtigkeit der im Rahmen der Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers inzident überprüften Satzung der Beklagten überzeugt gewesen wäre, hätte es die Beklagte nicht verurteilen dürfen. Auch dann hätte es grundsätzlich und in aller Regel dem Ermessen der Beklagten als Normgeber überlassen bleiben müssen, wie die sich ergebende Lücke zu schließen ist. Andernfalls griffe das LSG in die dem Normgeber (Satzungsgeber) vorbehaltene Gestaltungsfreiheit ein, die ihm trotz zustehender Kontroll- und Verwerfungskompetenz über untergesetzliche Normen nicht zusteht (vgl BVerfGE 115, 81, 93 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 45 sowie BVerwGE 102, 113, 117 f). Eine Rechtsschutzmöglichkeit, um den Erlass untergesetzlicher Normen durchzusetzen, gibt es daher grundsätzlich nicht. Dem Berufungsgericht war es folglich verwehrt, das Begehren des Klägers abweichend von seinem Antrag im Sinne einer von ihm angenommenen kombinierten Anfechtungs- und Verbescheidungsklage zu verstehen. Eine zusätzliche Feststellungsklage, um effektiven Rechtsschutz iS von Art 19 Abs 4 GG zu erlangen, hat der Kläger vor den Instanzgerichten nicht erhoben, obwohl ein derartiges Rechtsschutzbegehren grundsätzlich möglich gewesen wäre. Denn auch die Rechtsetzung der Exekutive in der Form von Rechtsverordnungen und Satzungen ist Ausübung öffentlicher Gewalt und daher in die Rechtsschutzgarantie einzubeziehen (vgl BVerfG, aaO, S 92 bzw RdNr 40). Die Erhebung einer Feststellungsklage vor dem BSG im Rahmen des Revisionsverfahrens ist nicht (mehr) möglich (vgl § 168 S 1 SGG sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 99 RdNr 12 und § 168 RdNr 2b).

12

Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Kläger auf der Grundlage des geltenden Bundesrechts keinen Anspruch auf die begehrte Leistung hat. Weder unmittelbar das geltende Gesetzesrecht noch eine der in Betracht kommenden Textfassungen der Satzung der Beklagten für Zeiten ab dem 1.1.2008 vermittelt denkbar ein entsprechendes Recht.

13

Nach der in der Zeitschrift HANSA im Dezember 2008 veröffentlichten Fassung erhält ein Versicherter auf Antrag eine "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze", wenn er auf Dauer als Seemann nicht mehr tätig ist und die Wartezeit sowie die Halbbelegung erfüllt (vgl § 9 Nr 7, § 10 Abs 1 bis Abs 3 der Satzung). Ein Anspruch besteht jedoch nicht, wenn der Versicherte die Regelaltersgrenze noch vor dem 1.1.2008 erreicht hat und aus der Seefahrt ausgeschieden ist (vgl § 17 S 3 iVm S 1 der Satzung). Vorliegend hat der am 1942 geborene Kläger nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG die Regelaltersgrenze am 2007 erreicht und ist vor dem 1.1.2008, hier zum 31.12.2007, aus der Seefahrt ausgeschieden. Ein Anspruch scheidet damit nach § 17 S 3 der Satzung aus.

14

Die Beklagte konnte sich für den Erlass einer so gefassten Satzung und des hierauf gestützten (ablehnenden) Verwaltungsakts auf die Ermächtigung des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII(in der ab 1.1.2008 geltenden Fassung des UVMG vom 30.10.2008, aaO) bzw auf § 137b Abs 1 S 2 SGB VI(in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung des UVMG vom 30.10.2008, aaO) stützen. Die Gesetzgebungskompetenz für diese Regelungen beruht auf Art 74 Nr 12 GG.

15

Nicht einschlägig ist demgegenüber § 143 Abs 1 SGB VII(in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407). Nach dieser Vorschrift konnte die See-BG unter ihrer Haftung mit Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie eines Überbrückungsgelds auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt an Seeleute sowie Küstenschiffer und Küstenfischer, die nach § 2 Abs 1 Nr 7 SGB VII versichert sind, eine Seemannskasse mit eigenem Haushalt einrichten(Satz 1). Die Mittel für die Seemannskasse waren im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen, die bei ihr versichert waren oder die bei ihr Versicherte beschäftigten (Satz 2). Das Nähere, insbesondere über die Voraussetzungen und den Umfang der Leistungen sowie die Festsetzung und die Zahlung der Beiträge, bestimmte die Satzung; die Satzung konnte auch eine Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorsehen (Satz 3). Die Satzung bedurfte der Genehmigung des BVA (Satz 4).

16

Durch das UVMG vom 30.10.2008 (aaO) wurden in § 143 Abs 1 S 3 SGB VII die Worte "die Satzung kann auch eine Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorsehen" durch die Worte "die Satzung kann ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen" ersetzt. Die Möglichkeit, in der Satzung die Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorzusehen, wurde in dem neu eingefügten § 143 Abs 1 S 4 SGB VII geregelt. Die Änderungen des § 143 SGB VII traten gemäß Art 13 Abs 3 UVMG rückwirkend zum 1.1.2008 in Kraft. Gemäß Art 2 Nr 2 iVm Art 13 Abs 3 UVMG wurde § 143 SGB VII zum 1.1.2009 aufgehoben. Gleichzeitig traten die Regelungen der §§ 137a ff SGB VI in Kraft(Art 5 iVm Art 13 Abs 4 UVMG). Nach § 137b Abs 1 S 1 SGB VI ist Aufgabe der Seemannskasse die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres an die bei ihr versicherten Seeleute sowie an Küstenschiffer und Küstenfischer, die aus der Seefahrt ausgeschieden sind. Nach S 2 dieser Regelung kann die Satzung ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen.

17

Mit der Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage zur Einführung einer ergänzenden Leistung für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze als zugelassene Aufgabe (§ 30 Abs 1 SGB IV) hat der Gesetzgeber einen Anreiz für ältere Berufsseeleute bezweckt, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden und dennoch eine, wenn auch geringere Leistung in Anspruch nehmen zu können. Ein weiteres Ziel war die Deckung des Bedarfs an qualifiziertem Personal, der aufgrund der im Rahmen des "maritimen Bündnisses" zugesagten Rückflaggungen entstanden war (BT-Drucks 16/9154 S 29). Dieses weitere Ziel macht die Leistung aber - anders als das LSG meint - nicht etwa zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die vom Bund finanziert werden müsste (vgl BSGE 81, 276, 285 = SozR 3-2600 § 158 Nr 1). Der verfassungsrechtliche weite Gattungsbegriff der "Sozialversicherung" schließt eine zur Grundversorgung hinzutretende Zusatzversorgung ein (BVerfGE 63, 1, 36). Die Beschränkung auf eine Notlage gehört hingegen nicht zu ihren konstituierenden Merkmalen. Außer dem Bedürfnis nach Ausgleich besonderer Lasten ist (nur) die Art und Weise kennzeichnend, wie die Aufgabe organisatorisch bewältigt wird. Die hierzu berufenen Träger der Sozialversicherung sind selbständige Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts, die ihre Mittel durch Beiträge der Beteiligten aufbringen (BVerfGE 11, 105, 113).

18

Diese wesentlichen Strukturmerkmale der klassischen Sozialversicherung sind vorliegend erfüllt. Die Leistungen werden aus den Mitteln der Seemannskasse erbracht, die grundsätzlich im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen sind, wobei die gesetzlichen Regelungen auch eine Beteiligung der Seeleute ermöglichen. Träger der Leistungen sind eigenständige juristische Personen des öffentlichen Rechts. Die auszugleichende besondere Last liegt in der Bereitschaft, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung in der Seefahrt tätig zu sein, obwohl nach dem 71. Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) - das die Bundesrepublik zwar nicht ratifiziert hat, dessen Grundanliegen der Gewährung einer vorgezogenen Altersrente für Seeleute aber schon bei der Entstehung des § 891a RVO Berücksichtigung fand(vgl die Ausführungen des Abgeordneten Orgaß in der 197. Sitzung der 6. Wahlperiode des Deutschen Bundestages, 11650 A) - das System der Rentenversicherung für Seeleute so zu gestalten ist, dass Altersrenten bereits bei Erreichung des 55. oder 60. Lebensjahres zu gewähren sind.

19

Existenz erlangt eine Satzung erst mit ihrer öffentlichen Bekanntmachung. Gemäß § 34 Abs 2 SGB IV ist die Satzung, die sich ein Versicherungsträger gibt, öffentlich bekannt zu machen. Sie tritt, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft und erlangt damit rechtliche Geltung. Nach der Grundregel des § 34 Abs 2 S 2 SGB IV iVm § 33 der Satzung wäre die Änderung der Satzung erst am Tag nach der Bekanntmachung in der Dezemberausgabe 2008 der "HANSA", Zeitschrift für Schifffahrt, Schiffbau, Hafen in Hamburg in Kraft getreten. Abweichend hiervon bestimmt § 34 der Satzung im Einklang mit der entsprechenden Ermächtigung in § 34 Abs 2 S 2 SGB IV das Inkrafttreten der Satzungsänderung spezialgesetzlich mit Wirkung vom 1.1.2008. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung lag damit vor dem der Bekanntmachung in der Vergangenheit. Das ist grundsätzlich zulässig (Finkenbusch, WzS 1992, 1, 10; aA Schneider-Danwitz, jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 34 RdNr 35), zumal Satzungsänderungen nicht vor Erteilung der Genehmigung durch das BVA bekannt gemacht werden dürfen (Schneider-Danwitz in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 34 RdNr 83), sodass die wirksame Wahrnehmung der Selbstverwaltungskompetenz bei einer Abhängigkeit des Zeitpunkts des Inkrafttretens von dem Datum der Genehmigung behindert werden könnte.

20

Die Einführung einer Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze in der Satzung bedurfte einer gesetzlichen Ermächtigung, die bis zur Neufassung des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII durch das UVMG vom 30.10.2008 (aaO) zum 1.1.2008 nicht vorlag.

21

Satzungen sind Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden (BVerfGE 10, 20, 49 f). Der Gesetzgeber begibt sich mit der Verleihung dieser Autonomie innerhalb eines von vornherein durch Wesen und Aufgabenstellung der Körperschaft begrenzten Bereichs seiner Regelungsbefugnis und ermächtigt einen bestimmten Kreis von Bürgern, durch demokratisch gebildete Organe ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Er darf sich aber seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der von den körperschaftlichen Organen zu erlassenden Normen völlig preisgeben (BVerfGE 33, 125, 158). Der Gesetzesvorbehalt aus Art 20 Abs 3 GG verlangt, dass staatliches Handeln durch förmliches Gesetz legitimiert ist. Im Rahmen einer demokratisch-parlamentarischen Staatsverfassung, wie sie das GG ist, liegt es nahe anzunehmen, dass die Entscheidung aller grundsätzlichen Fragen, die den Bürger unmittelbar betreffen, durch Gesetz erfolgen muss, und zwar losgelöst von dem in der Praxis fließenden Abgrenzungsmerkmal des "Eingriffs" (BVerfGE 40, 237, 249).

22

Unabhängig von verfassungsrechtlichen Vorgaben hat der Gesetzgeber mit dem allgemeinen einfachgesetzlichen Gesetzesvorbehalt in § 31 SGB I bestimmt, dass in den Sozialleistungsbereichen des SGB Rechte und Pflichten nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen, soweit es ein Gesetz vorschreibt oder zulässt. Ohne Ermächtigung durch Parlamentsgesetz ist dem Sozialversicherungsträger die Regelung von Rechten oder Pflichten des Bürgers verwehrt. Insoweit bedürfen untergesetzliche Normen wie Satzungen einer Inhalt und Umfang bestimmenden Ermächtigungsgrundlage in einem formellen Gesetz (BSGE 108, 194 = SozR 4-2700 § 6 Nr 2, RdNr 37).

23

Nicht maßgeblich ist insofern, ob die Satzungsregelung den Bürger belastet und ihm Pflichten auferlegt oder ob er aus ihr Rechte herleiten kann. Der Gesetzesvorbehalt des § 31 SGB I gilt bereits seinem ausdrücklichen Wortlaut nach("Rechte") auch für begünstigende Handlungen und macht somit selbst bei der Leistungsgewährung eine gesetzliche Grundlage erforderlich (Weselski in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 31 RdNr 9). Infolgedessen kann der Gesetzgeber die Satzungsautonomie insoweit einschränken, als Satzungsregelungen über zu gewährende Leistungen nur zulässig sind, soweit das Gesetz solche Leistungen zulässt (BSG SozR 4-7862 § 9 Nr 3 RdNr 18). Ergänzend bestimmt § 30 Abs 1 SGB IV, dass Versicherungsträger nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden dürfen.

24

Zur Einführung einer Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze war die See-BG erst seit dem 1.1.2008 durch § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII(in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) ermächtigt. Die Einführung einer Ermächtigungsnorm für die Gewährung ergänzender Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze - die grundsätzlich dazu führt, dass eine Vollrente bezogen werden kann - war nicht bereits durch die Ermächtigung zur Gewährung eines Überbrückungsgelds gedeckt. Weil die ergänzende Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine andere Zielrichtung als das Überbrückungsgeld verfolgt, handelt es sich bei der Ermächtigung zu ihrer Regelung auch nicht um eine gesetzgeberische "Klarstellung", sondern nach Wortlaut und Inhalt um die erstmalige Einführung einer besonderen Ermächtigungsgrundlage.

25

Zweck der Gewährung eines Überbrückungsgelds ist es, ein vorzeitiges Ausscheiden aus der Seefahrt zu ermöglichen oder zu erleichtern. Mit dem Überbrückungsgeld wird den besonderen Belastungen der Seeschifffahrt Rechnung getragen und dem Seemann vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze eine Versorgung gewährleistet, die die Lücke in der Zeit zwischen der Aufgabe der Seeschifffahrt und dem Beginn der allgemeinen Altersversorgung schließt (vgl Göttsch in Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, Bd 3, 4. Aufl, Stand April 2009, § 143 aF SGB VII RdNr 2). Nähert sich der Seemann beim Ausscheiden aus der Seefahrt dem Rentenalter, wird durch das Überbrückungsgeld de facto das Rentenalter für Seeleute vorgezogen (Orgelmann, Die Seemannskasse in § 891a RVO - Geschichte, Struktur und Funktion - Diss Bremen 1980, S 147). Ist die Regelaltersgrenze erreicht, kommt dem Zweck des Überbrückungsgelds keine Bedeutung mehr zu. Daher ist der Anspruch auf Überbrückungsgeld ausdrücklich an die negative Tatbestandsvoraussetzung geknüpft, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Vollrente wegen Alters nach den Vorschriften der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorliegen (§ 10 Abs 1 S 2 der Satzung). Von einer derartigen Beschränkung gingen auch frühere Fassungen der Satzung aus (vgl BSG vom 14.11.1984 - 1 RS 4/83 - SozR 2200 § 891a Nr 4 S 6; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 11.5.2001 - L 3 RJ 78/00 - Juris RdNr 39; LSG Niedersachsen-Bremen vom 16.12.2004 - L 1 RA 40/04 - Juris RdNr 29) aus.

26

Demgegenüber verfolgt die vorliegend in Frage stehende Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze einen anderen - demjenigen des Überbrückungsgelds entgegengesetzten - Zweck. Durch die Ergänzung des § 143 S 3 SGB VII(idF ab 1.1.2008) um die Worte "die Satzung kann ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen" sollte die Aufgabenstellung der Seemannskasse erweitert werden. Alleinige Aufgabe der Seemannskasse war es bis zum 31.12.2007, eine zusätzliche soziale Sicherung für Berufsseeleute zu schaffen, die ihnen in der Zeit ab der Vollendung des 55. Lebensjahres durch Zahlung eines Überbrückungsgelds das Ausscheiden aus der Seefahrt und ggf die Aufnahme einer Beschäftigung an Land erleichterte. Durch die Erweiterung der Vorschrift sollte den veränderten Beschäftigungsbedingungen in der deutschen Seeschifffahrt Rechnung getragen werden. Dazu wurde die Möglichkeit geschaffen, einen Anreiz für ältere Berufsseeleute zu setzen, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden und dennoch eine Leistung in Anspruch nehmen zu können (vgl BT-Drucks 16/9154 S 29). Der Versicherte, dem trotz der schwierigen Arbeitsbedingungen in der Seefahrt eine Tätigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze möglich ist, soll hiervon nicht durch den "Fehlanreiz" eines Überbrückungsgelds bei vorzeitigem Ausscheiden abgehalten werden. Im Ergebnis geht es darum, die Versicherten zu einer Tätigkeit in der Seefahrt bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze anzuhalten, indem den durch das Überbrückungsgeld geschaffenen finanziellen Anreizen durch Setzung eines finanziellen Gegenanreizes entgegengewirkt wird. Insofern wird den Versicherten entgegen der Ansicht des LSG kein finanzieller Nachteil bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Seefahrt, sondern im Vergleich mit der Rechtslage vor dem 1.1.2008 ein finanzieller Vorteil bei Verbleib in der Seefahrt in Aussicht gestellt.

27

Ebenfalls entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts begrenzt die so verstandene Ermächtigung zur Einführung "ergänzender Leistungen" die Satzungsbefugnis logisch und rechtlich nicht auf weitere Leistungen, die ihrer grundsätzlichen Zielrichtung nach das mit dem Überbrückungsgeld als "Hauptleistung" verfolgte Ziel erreichen können.

28

Die Satzung kann "ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze" vorsehen. Insofern hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass das Überbrückungsgeld nach der gesetzlichen Ermächtigung an Versicherte ab der Vollendung des 55. Lebensjahres gezahlt werden kann, dagegen die ab dem 1.1.2008 neu eingeführte Leistung aber das Erreichen der Regelaltersgrenze voraussetzt und sich daher an unterschiedliche Zielgruppen richtet. Ist die Zielgruppe nicht identisch, kann die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze nur die Gesamtkonzeption der Leistungen der Seemannskasse als Vorruhestands- und Zusatzversorgungskasse (vgl BT-Drucks 16/9154 S 42) ergänzen, nicht aber die - kontradiktorische - Leistung des Überbrückungsgelds. Dessen Anwendungsbereich entfällt vielmehr notwendig, sobald die Regelaltersrente beansprucht werden kann, deren Fehlen es kompensieren sollte, während es sich umgekehrt bei einer neben der Regelaltersrente zu erbringenden Leistung nur um ein aliud gegenüber dem Überbrückungsgeld handeln kann.

29

Abermals entgegen der Ansicht des LSG ist eine "enge" Auslegung des Begriffs der ergänzenden Leistung für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze aus § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VI(idF ab 1.1.2008) bzw § 137b Abs 1 S 2 SGB VI(idF ab 1.1.2009) auch aus sonstigen Gründen nicht geboten. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus einer vermeintlich erhöhten Beitragsbelastung der Mitglieder. Der Normgeber hat diesem Aspekt bereits dadurch ausreichend Beachtung geschenkt, dass er durch die Wahl einer Stichtagsregelung einen Eingriff in bereits abgeschlossene Rentenbiographien vermieden und durch die Beschränkung der begünstigenden Neuregelung auf Rentenneuzugänge eine erst allmählich zunehmende Belastung der Finanzierungsgemeinschaft sichergestellt hat (vgl zur Zulässigkeit einer derartigen Vorgehensweise in der Sozialversicherung BVerfG vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90 und 1 BvR 761/91 - BVerfGE 87, 1, 43 ff = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Der Kläger ist zu keinem Zeitpunkt mit der Finanzierung der neuen Leistung belastet worden, kann sich aber auch umgekehrt nicht denkbar darauf berufen, er habe durch von ihm getragene Beiträge bereits entsprechende Anwartschaften erworben. Zudem wird schließlich gemäß § 19 Abs 5 S 1 der Satzung die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze um alle nach § 9 Nr 1 bis 6 der Satzung zuvor gewährten Überbrückungsgelder vermindert und auch auf diese Weise eine Begrenzung der durch die neue Leistung verursachten Kosten erreicht.

30

Dass der Regelung über die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine echte Rückwirkung zukommt, macht die Satzung nicht unwirksam. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl BVerfGE 11, 139, 145 f; 101, 239, 263) oder wenn der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, dh gültig geworden ist (vgl BVerfGE 63, 343, 353; zu alledem BVerfGE 126, 369, 391 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 71). Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines (materiellen) Gesetzes mit rückwirkender Kraft ist nur dann fraglich, wenn es sich um ein den Bürger belastendes Gesetz handelt (vgl BSG vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - Juris RdNr 70 f). Eine solche Belastung fehlt, wenn die streitige Satzungsnorm erstmalig Ansprüche der Versicherten der Seemannskasse regelt, für die es zuvor keine Anspruchsgrundlage gegeben hat (vgl BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art 2 § 9a Nr 8 S 24). Dies ist hier der Fall. Gemäß § 143 SGB VII(in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) konnte die See-BG unter ihrer Haftung die Seemannskasse lediglich für die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie eines Überbrückungsgelds auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt einrichten. Nur für diese beiden Leistungen als zugelassene Aufgaben iS des § 30 Abs 1 SGB IV durfte die Seemannskasse ihre Mittel verwenden. Dem folgten die Regelungen der Satzung. Erst im Zuge der Schaffung der gesetzlichen Ermächtigung in § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII zum 1.1.2008 wurde ein Anspruch auf Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze in der Satzung - begünstigend - geregelt.

31

Die Einführung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze scheitert auch nicht an der Zweckbindung von Sozialversicherungsbeiträgen. Sozialversicherungsbeiträge zeichnen sich durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung aus. Eine unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft vermag die Auferlegung nur solcher Geldleistungspflichten zu rechtfertigen, die ihren Grund und ihre Grenze in den Aufgaben der Sozialversicherung finden. Die Kompetenzvorschrift des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG lässt nur solche Finanzierungsregelungen zu, die einen sachlich-gegenständlichen Bezug zur Sozialversicherung aufweisen. Die erhobenen Geldmittel dürfen daher allein zur Finanzierung der Aufgaben der Sozialversicherung eingesetzt werden. Zur Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staats und seiner Glieder stehen sie nicht zur Verfügung (vgl BVerfGE 75, 108, 148 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55).

32

Diese Vorgaben sind bereits in den Regelungen der §§ 143 Abs 1 S 1 SGB VII(idF ab 1.1.2008) und 137c Abs 2 S 1 und 2 SGB VI (idF ab 1.1.2009) berücksichtigt, nach denen für die Seemannskasse (bis zum 31.12.2008) ein eigener Haushalt einzurichten war bzw (seit dem 1.1.2009) das Vermögen der Seemannskasse als Sondervermögen getrennt von dem sonstigen Vermögen der Beklagten zu verwalten ist, der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben dem Vermögen zuzuführen und ein etwaiger Fehlbetrag aus diesem zu decken ist.

33

Der Einwand des LSG, finanzielle Anreize für einen möglichst langen aktiven Dienst der Seeleute müssten allein aus allgemeinen Steuermitteln oder von den betroffenen Unternehmen geleistet werden, verfängt nicht. Denn die Mittel für die Seemannskasse sind grundsätzlich im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen, die bei ihr versichert sind oder die bei ihr Versicherte beschäftigen (§ 143 Abs 1 S 2 SGB VII bzw § 137c Abs 3 S 1 SGB VI). Darüber hinaus stellen die Regelungen des § 24 Abs 1 und 2 der Satzung sicher, dass die Unternehmer mindestens die Hälfte der Umlage aufbringen müssen.

34

Die Anknüpfung des Anspruchs an einen Stichtag (1.1.2008) verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Satzungen der Berufsgenossenschaften sind autonomes Recht (§ 34 SGB IV), wobei der Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung in ihrer besonderen Sachkunde und Sachnähe zu sehen ist. Von den Gerichten ist daher nicht zu entscheiden, ob die Vertreterversammlung im gesetzlichen Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat (BSG vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr 17 f mwN).

35

Die Wahl des Stichtages 1.1.2008 verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Die Festlegung eines Stichtags für die Schaffung von Ansprüchen ist trotz der damit verbundenen Härten grundsätzlich zulässig, wenn der Gesetzgeber seinen Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt und nicht als willkürlich erscheint (vgl BVerfGE 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73).

36

Vorliegend orientiert sich der gewählte Stichtag an der Einführung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Gewährung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Eine solche Lösung erscheint sachgerecht. Zum einen werden mit ihr einzelfallbezogene Ermittlungen einer Anspruchsdauer über die Fragen nach bereits bezogenen Überbrückungsgelds hinaus vermieden. Zudem war zu berücksichtigen, dass eine Lenkung des Ausscheideverhaltens Versicherter im Wege der Normsetzung durch die Selbstverwaltungsorgane insofern beschränkt war, als eine Abschaffung des Überbrückungsgelds zum 1.1.2008 an höheren Anforderungen zu messen ist als die Einführung einer neuen Leistung. Seit dem 1.1.2009 ist der Beklagten die Abschaffung des Überbrückungsgelds gänzlich verwehrt, da die Gewährung eines Überbrückungsgelds gemäß § 137b Abs 1 S 1 SGB VI gesetzliche Pflichtaufgabe ist. Schließlich führt der neben der Gewährung eines Ausgleichs für die Nichtinanspruchnahme des Überbrückungsgelds verfolgte weitere Zweck der Personalbedarfsdeckung dazu, dass die in der Satzung erfolgte Stichtagsregelung sachgerecht ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass nur der zum Zeitpunkt der gesetzlichen Ermächtigung vorhandene Versichertenbestand durch die neu eingeführte Leistung veranlasst werden sollte, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden. Eine am aktuellen Versichertenbestand orientierte Lösung ermöglicht eine bessere Planbarkeit der Ausgaben für die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Zudem erscheint nicht absehbar, welche Maßnahmen für die erneute Heranführung von aus der Seefahrt bereits aufgrund Alters ausgeschiedener Seeleute ergriffen werden müssten, um den mit dem Ausscheiden aus der Seefahrt und dem Erwerbsleben einhergehenden Verlust von Kenntnissen und Fertigkeiten zu begegnen.

37

Auch aufgrund des richterrechtlich entwickelten Rechtsinstituts eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs steht dem Kläger kein Anspruch zu. Die Voraussetzungen eines Herstellungsanspruchs sind hier nicht erfüllt. Dessen (im Wesentlichen dreigliedriger) Tatbestand fordert das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl BSGE 92, 182 = SozR 4-6940 Art 3 Nr 1, RdNr 25; BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 28).

38

Es kann vorliegend offenbleiben, ob eine Hinweispflicht des Versicherungsträgers schon vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung bestehen kann (vgl BSG vom 6.5.1992 - 12 BK 1/92). Das hier maßgebliche Gesetz (UVMG, aaO) ist am 30.10.2008 verabschiedet worden und mit Wirkung zum 1.1.2008 in Kraft getreten. Auch aufgrund eines Hinweises zu diesem Zeitpunkt bzw ab Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens (vgl Gesetzentwürfe vom 14.3.2008, BR-Drucks 113/08 bzw vom 8.5.2008, BT-Drucks 16/9154) wäre der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, die Voraussetzungen für eine "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" (hier: keine Vollendung des 65. Lebensjahres vor dem 1.1.2008, kein Ausscheiden aus der Seefahrt vor dem 1.1.2008, vgl § 17 S 3 der Satzung) tatsächlich zu erfüllen.

39

Ein dem Kläger günstigeres Ergebnis ließe sich auch nicht aus der von der Vertreterversammlung der See-BG am 6.11.2007 beschlossenen und vom BVA am 6.11.2008 genehmigten - so aber nicht bekannt gemachten - Textfassung der Satzung ableiten. Die dort noch enthaltene Bezeichnung der neuen Leistung als "Überbrückungsgeld für langjährig Versicherte" ändert ungeachtet der vordergründigen und vom BVA schon deshalb beanstandeten Namensähnlichkeit nichts an ihren rechtlichen Unterschieden gegenüber dem hergebrachten, noch auf § 143 Abs 1 SGB VII in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung als Ermächtigungsgrundlage beruhenden Überbrückungsgeld.

40

Unter diesen Umständen kann vorliegend offenbleiben, ob die in Frage stehende Fassung der Satzung mit der Folge der Nichtigkeit möglicherweise durchgreifenden formellen Bedenken begegnen könnte. Über die schlussendlich veröffentlichte Fassung hat nämlich weder die Vertreterversammlung der See-BG beschlossen noch ist sie vom BVA genehmigt worden. Das Vorliegen lediglich "redaktioneller Änderungen", die das BVA in seinem Begleitschreiben zur Genehmigung vom 6.11.2008 angenommen hat und die es nach der Rechtsprechung des BVerwG zum Erlass von gemeindlichen Bebauungsplänen (vgl Beschluss vom 14.8.1989 - 4 NB 24/88 - DVBl 1989, 1105 f) erlauben könnten, von einem Rechtssetzungsbefehl in Form eines (erneuten) Satzungsbeschlusses zur Umsetzung der nur bedingt erteilten Genehmigung abzusehen, erscheint fraglich. Nachdem nämlich - wie dargelegt - erstmals zum 1.1.2008 die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Einführung einer neuen Leistung vorhanden war, konnte sich das zuständige Beschlussorgan der Rechtsvorgängerin der Beklagten hiermit am 6.11.2007 nicht befasst und die hierdurch eingetretene nachhaltige Änderung der Rechtslage nicht in seinen Willen aufgenommen haben. Ebenfalls offenbleiben kann, ob die Genehmigung anstelle ihres damaligen Trägers unmittelbar der Seemannskasse erteilt werden konnte und wie sich der Hinweis auf die für eine andere Fassung erteilte Genehmigung auf die Rechtmäßigkeit der Bekanntmachung der neugefassten Satzung im Dezember 2008 auswirkt.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht:

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
3.
unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,
4.
Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
5.
Leistungen zur sozialen Teilhabe.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.

(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.

(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

Tenor

Die Beschwerden der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. November 2013 werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten der Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (LSG) sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

2

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat(Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung (Divergenz) beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe haben die Klägerinnen zur Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

3

Soweit in der Beschwerdebegründung eine Divergenz geltend gemacht wird (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG), wird schon nicht aufgezeigt, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht (vgl zu dieser Anforderung BSG SozR 1500 § 160a Nr 21, 29 und 54).

4

Soweit Verfahrensmängel geltend gemacht werden, ist der Beschwerdebegründung nicht hinreichend zu entnehmen, dass das Urteil des LSG auf einem Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG beruhen kann. Soweit gerügt wird, das LSG habe einen völlig anderen Klagantrag zugrunde gelegt, ist die Beschwerdebegründung unschlüssig. Denn danach sei mit dem Hauptantrag die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 17.7.2009 und Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch sowie mit dem Hilfsantrag die Aufhebung und Zurückverweisung an das Sozialgericht begehrt worden; eben diese Anträge hat indes das LSG ausweislich des Tatbestands seines ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteils, den die Beschwerdebegründung insoweit zum Gegenstand des Vortrags gemacht hat, dem Vorbringen der Klägerinnen auch entnommen.

5

Soweit gerügt wird, das LSG habe nicht vorab über einen Antrag auf Rechtswegbestimmung nach § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in Bezug auf amtshaftungsrechtliche Ansprüche entschieden, auf die das Kostenerstattungsbegehren hilfsweise gestützt worden sei, unterlässt die Beschwerdebegründung jede Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG. Nach dieser darf ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung an das Zivilgericht vornehmen, weil einerseits das GVG keine Teilverweisung kennt und andererseits der Verweisung des gesamten Rechtsstreits der Grundsatz entgegensteht, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist. Deshalb ist auch von dem Ausspruch einer teilweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges und einer teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an die für Amtshaftungsansprüche zuständigen ordentlichen Gerichte gemäß § 17a Abs 2 GVG abzusehen(vgl BSG Beschluss vom 31.10.2012 - B 13 R 437/11 B - juris RdNr 10, unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 23, jeweils mwN). Mit Blick auf diese Rechtsprechung hätte es eingehender Darlegungen in der Beschwerdebegründung bedurft, warum vorliegend dennoch ein Verfahrensmangel in Betracht kommen soll, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

6

Die Verwerfung der Beschwerden erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 26. Oktober 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, soweit die Beklagte zur Zahlung weiterer 38 038 Euro verurteilt worden ist.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Februar 2010 wird zurückgewiesen, soweit mit ihr Zinsen für weitere 38 038 Euro geltend gemacht worden sind.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Erstattung weiterer Aufwendungen in Höhe von 38 038 Euro als Nothelfer gegenüber der Beklagten für eine Behandlung in der Zeit vom 31.8. bis zum 19.10.2003 zuzüglich Zinsen seit dem 1.6.2004 im Streit.

2

Der Kläger betreibt das Unfallkrankenhaus Hamburg-Boberg (UKH). Am Nachmittag des 31.8.2003, einem Sonntag, begab sich der Beigeladene in die dortige Notfallambulanz. Von der in der Notfallambulanz tätigen Ärztin wurde er zur stationären Behandlung in das UKH eingewiesen, weil er bei einem privaten Unfall ausgedehnte drittgradige Säureverätzungen erlitten hatte und im Zeitpunkt der Aufnahme bereits Anzeichen einer Infektion zeigte, die zu einer lebensgefährlichen Sepsis hätten führen können; im UKH wurde er (nach einer Operation am 4.9.2003) bis zum 19.10.2003 stationär behandelt. Er, der Beigeladene, gab bei Aufnahme an, bei der See-Krankenkasse (nunmehr Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) krankenversichert zu sein; Ende Oktober 2003 lehnte die See-Krankenkasse eine Übernahme der Behandlungskosten aber ab, weil er nicht Mitglied der Kasse sei.

3

Am 12.11.2003 beantragte der Kläger erfolglos die Erstattung der entstandenen Behandlungskosten bei der Beklagten als Träger der Sozialhilfe (Bescheid vom 4.12.2003; Widerspruchsbescheid vom 23.2.2006). Dem Beigeladenen stellte der Kläger Kosten für die Heilbehandlung in Höhe von insgesamt 39 039 Euro in Rechnung (Rechnung vom 21.9.2005), die der Beigeladene nicht beglich.

4

Das Sozialgericht (SG) Hamburg hat die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 4.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2006 verurteilt, "die Aufwendungen des Klägers für die stationäre Behandlung des Beigeladenen vom 31.8.2003 bis zum 1.9.2003 in Höhe von 1001 Euro zu erstatten" und daraus "Zinsen in Höhe von 4 % ab dem 1.6.2004 zu zahlen"; die Klage im Übrigen hat es abgewiesen (Urteil vom 1.2.2010). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg das Urteil des SG geändert und die Beklagte zur Zahlung weiterer 38 038 Euro nebst 4 % Zinsen jährlich seit dem 1.6.2004 verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, entgegen der Auffassung des SG bestehe auch über den Aufnahme- und Folgetag hinaus ein Anspruch des Klägers als Nothelfer nach § 121 Bundesssozialhilfegesetz (BSHG); insbesondere sei über den gesamten streitbefangenen Behandlungszeitraum von einem sozialhilferechtlichen Eilfall auszugehen. Am Aufnahmetag habe für den Kläger keine Möglichkeit bestanden, den Sozialhilfeträger zu unterrichten; die Voraussetzungen eines Eilfalls seien damit auch nicht mit dem nächsten Werktag entfallen. Für die Beurteilung des Eilfalls sei nämlich grundsätzlich einheitlich für die gesamte Hilfe auf den Zeitpunkt der (ursprünglichen) Notlage abzustellen; vor dem Hintergrund der plausiblen Angaben einer bestehenden gesetzlichen Krankenversicherung habe am ersten Werktag des Klinikaufenthaltes und in der Folge kein Anlass bestanden, einen Sozialhilfeträger einzuschalten. Eine andere Auffassung hätte zur Konsequenz, dass alle Krankenhäuser, die Notfallpatienten behandelten, unabhängig von den Angaben des Patienten jeweils beim zuständigen Sozialhilfeträger alsbald vorsorglich einen Antrag auf Kostenübernahme stellen müssten, um sich den Anspruch des § 121 BSHG als Nothelfer zu erhalten; dies könne vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein. Der Senat schließe sich im Übrigen der Würdigung des SG an, dass der Beigeladene bei rechtzeitiger Kenntnis der Beklagten einen Anspruch auf Krankenhilfe gehabt hätte und dieser der Höhe nach zutreffend sowie rechtzeitig iS des § 121 Satz 2 BSHG geltend gemacht worden sei. Der Zinsanspruch stütze sich auf § 44 Abs 1 und 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I).

5

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie macht eine Verletzung von § 121 BSHG geltend. Zwar habe ein medizinischer Eilfall am Aufnahmetag und am Folgetag vorgelegen; es komme aber entgegen der Auffassung des LSG für die Prüfung des Eilfalls nicht allein auf den Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus an. Vielmehr habe dieser - wie vom SG entschieden - nicht über den 1.9.2003 hinaus bestanden. Im Übrigen habe das LSG die rechtlichen Maßstäbe des § 37 BSHG (Hilfe bei Krankheit) verkannt und nicht geprüft, ob nicht der Freund des Beigeladenen, für den dieser eine Gaststätte geführt und der für den Beigeladenen gesorgt habe, für die Kosten der Krankenbehandlung als "Dritter" iS des § 37 BSHG eingetreten wäre. Auch die Ermittlungen zum Einkommen des Beigeladenen seien nicht ausreichend gewesen. Zudem hätte er ohnedies keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen wollen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

9

Der Beigeladene beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Auch er hält die angegriffene Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die auch im Hinblick auf den Zinsanspruch zulässige Revision (vgl zum hier zulässigen Verzicht auf eine eigenständige Revisionsbegründung wegen des Zinsanspruchs nur BSGE 102, 10 ff RdNr 8 mwN = SozR 4-2500 § 264 Nr 2) ist nur zum Teil im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob der vom Kläger geltend gemachte Anspruch als Nothelfer nach § 121 BSHG (auf weitere 38 038 Euro) besteht. Soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Zinsen aus diesem Betrag wendet, ist das Urteil des LSG jedoch aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Ein solcher Anspruch steht dem Kläger mangels Anspruchsgrundlage nicht zu.

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Leistungsablehnung im Bescheid vom 4.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2006 (§ 95 SGG), soweit das LSG die Beklagte zur Zahlung weiterer 38 038 Euro nebst 4 % Zinsen verurteilt hat. Richtige Beklagte ist die Freie und Hansestadt Hamburg; das Hamburgische Ausführungsgesetz zum SGG sieht eine Beteiligtenfähigkeit von Behörden gemäß § 70 Nr 3 SGG nicht vor.

13

Ob die Beklagte für die Erstattung von Kosten des Nothelfers überhaupt zuständig ist (vgl §§ 96, 97 BSHG; s dazu BVerwGE 114, 326 ff), mag das LSG noch prüfen. Dabei kann gegenwärtig dahinstehen, ob wegen eines Eilfalls der tatsächliche Aufenthalt des Hilfeempfängers maßgeblich ist und welcher dies war (vgl § 97 Abs 2 Satz 3 BSHG). Es spricht nämlich vieles dafür, dass vorliegend der tatsächliche Aufenthalt des Beigeladenen zur Zeit der erforderlichen Nothilfe und sein gewöhnlicher Aufenthalt zusammenfallen.

14

Verfahrensfehler, die die Leistungsablehnung formell rechtswidrig machen würden, liegen ansonsten nicht vor. Insbesondere war eine Beteiligung sozial erfahrener Dritter im Widerspruchsverfahren beim Streit über den Anspruch des Nothelfers nicht erforderlich. Es handelt sich nicht - wie dies das Gesetz in § 114 Abs 2 BSHG verlangt - um einen Widerspruch gegen die "Ablehnung von Sozialhilfe" des Hilfebedürftigen, sondern um einen Anspruch des Nothelfers aus eigenem Recht(vgl: Blüggel in juris PraxisKommentar SGB XII, § 116 SGB XII RdNr 30; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 116 RdNr 13, Stand Juni 2012). Es kann deshalb offen bleiben, welche Rechtsfolge sich aus einem Verstoß gegen das Gebot der Beteiligung sozial erfahrener Dritter für den Anspruch selbst ergäbe; allenfalls die Leistungsablehnung wäre nämlich rechtswidrig.

15

Ob dem Kläger ein Anspruch aus § 121 BSHG zusteht - andere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht -, kann nicht entschieden werden. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das LSG zwar davon ausgegangen, dass allein die Annahme des Klägers auf der Grundlage der Angaben des Beigeladenen, dieser sei gesetzlich versichert, weder bei seiner Aufnahme noch in der Folge einen Eilfall zwingend ausschließt. Die weiter gehenden Feststellungen des LSG reichen gleichwohl nicht aus.

16

§ 121 BSHG, dem § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in der seit dem 1.1.2005 geltenden Fassung trotz des leicht geänderten Wortlauts entspricht (vgl dazu BT-Drucks 15/1514, S 58), bestimmt in seiner vorliegend maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des BSHG vom 23.3.1994 (BGBl I 646), dass jemandem, der in einem Eilfall einem anderen Hilfe gewährt, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt haben würde, auf Antrag die Aufwendungen in gebotenem Umfange zu erstatten sind, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nach Satz 2 jedoch nur, wenn er den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt.

17

Der Anspruch des Nothelfers setzt damit einen Eilfall in dem Sinne voraus, dass ein beim Nothilfeempfänger bestehender Bedarf nach den Abschnitten 2 und 3 des BSHG (seit 1.1.2005 des Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII) unabwendbar und unmittelbar durch den Nothelfer gedeckt werden muss. Dies beschreibt zunächst als bedarfsbezogenes Moment die Eilbedürftigkeit des Eingreifens selbst. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG steht insoweit fest, dass am Aufnahmetag die sofortige medizinische Hilfe durch das UKH notwendig war. Solange im Anschluss an die Aufnahme ein stationärer Behandlungsbedarf andauerte und eine Entlassung des Beigeladenen in die ambulante Behandlung aus medizinischen Gründen ausschied, bestand dieses bedarfsbezogene Moment des Eilfalls fort. Ob stationäre Behandlungsbedürftigkeit durchgehend bis zum Ende der Behandlung vorlag, ist vom LSG bislang allerdings im Einzelnen nicht geprüft; dies wird es ggf nachzuholen haben.

18

Hinzukommen muss ein sozialhilferechtliches Moment: Grundsätzlich darf eine rechtzeitige Leistung des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erlangen sein; der Sozialhilfeträger darf nicht eingeschaltet werden können. Es darf keine Zeit zur Unterrichtung des zuständigen Sozialhilfeträgers verbleiben, um zunächst dessen Entschließung über eine Gewährung der erforderlichen Hilfe abzuwarten (vgl: BVerwGE 59, 73, 75; 114, 298, 300). Der Anspruch des Nothelfers besteht also in Abgrenzung zum Anspruch des Hilfebedürftigen nur dann, wenn der Sozialhilfeträger keine Kenntnis vom Leistungsfall hat und ein Anspruch des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger (nur) deshalb nicht entsteht (vgl: BVerwG, Beschluss vom 17.7.1992 - 5 B 69/92 -, juris RdNr 6 mwN; im Einzelnen Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 25 SGB XII RdNr 21 f). Die Kenntnis des Sozialhilfeträgers bildet damit die Zäsur für die sich gegenseitig ausschließenden Ansprüche des Nothelfers und des Hilfebedürftigen.

19

Zweck der Regelung ist es nur, die Hilfsbereitschaft Dritter im Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu stärken und Hilfe auch in Fällen sicherzustellen, in denen Leistungen des Sozialhilfeträgers zu spät kämen oder wegen Zeitablaufs ins Leere gingen (vgl: BSGE 103, 178 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 25 Nr 1; BVerwGE 91, 245, 248; 114, 326, 332; BT-Drucks III/1799, S 61 zu § 114). Die Entlastung des Nothelfers von seinen Kosten ist nur in diesen Fallgestaltungen die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge, auch wenn Dritte schon wegen der strafrechtlichen Sanktionen (vgl § 323c Strafgesetzbuch) und Krankenhausträger und ihr ärztliches Personal zudem aus berufs- und zulassungsrechtlichen Gründen ggf zu entsprechender Hilfe verpflichtet sind (vgl auch BGH, Urteil vom 10.2.2005 - III ZR 330/04 -, NJW 2005, 1363).

20

Dieses sozialhilferechtliche Moment eines Eilfalls kann - wovon das LSG zutreffend ausgegangen ist - aber auch vorliegen, wenn der Träger zwar erreichbar ist und unterrichtet werden könnte, aber die Umstände des Einzelfalles seine Einschaltung aus Sicht des Nothelfers nicht nahelegen, weil nach dem Kenntnisstand des Nothelfers die Leistungspflicht einer gesetzlichen Krankenkasse besteht. Die weitergehende Auffassung des LSG, das Vorliegen des Eilfalls in diesem Sinne bestimme sich ausschließlich nach den Verhältnissen am ersten Tag der Hilfeleistung, ist indes verfehlt. Treten Umstände, die die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers entstehen lassen, erst im Verlauf der Hilfeleistung hinzu, verliert das Handeln den Charakter des Eilfalls (vgl: Schoch in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 25 SGB XII RdNr 9; Adolph in Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, § 25 SGB XII RdNr 13, Stand Juni 2005). Nichts anderes kann gelten, wenn solche Umstände dem Nothelfer im Verlauf der Hilfeleistung erkennbar werden und es ihm zumutbar möglich ist, den Sozialhilfeträger zu unterrichten (Coseriu in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 25 SGB XII RdNr 3; ähnlich Dauber in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 25 SGB XII RdNr 9, Stand November 2012). Darüber hinaus kann bei medizinischen Hilfeleistungen der Helfer schon dann nicht mehr das Vorliegen eines Eilfalls geltend machen, wenn er die erforderliche Aufklärung des Versicherungsstatus unterlässt. Die so vorgenommene Abgrenzung verhindert einerseits, dass der Träger der Sozialhilfe in die Stellung eines "Ausfallbürgen" gedrängt wird (vgl dazu bereits BVerwGE 114, 298, 300), andererseits aber auch, dass die mit der Norm zu fördernde Hilfsbereitschaft Dritter durch ein für den Nothelfer unabsehbares Kostenrisiko beeinträchtigt wird.

21

Ob derartige Umstände vorliegen, die dem Kläger im Verlauf der Hilfeleistung haben erkennbar werden lassen, dass der (vom Montag nach dem Aufnahmetag an im Grundsatz erreichbare) Sozialhilfeträger zu unterrichten war, hat das LSG nicht ermittelt. Der Kläger, der mit dem UKH ein zugelassenes Krankenhaus iS der § 107 Abs 1, § 108 Nr 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) betreibt, Mitglied der Hamburger Krankenhausgesellschaft ist und an der Versorgung gesetzlich Versicherter auf Grundlage des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V für die Freie und Hansestadt Hamburg teilnimmt, handelte nach den Feststellungen des LSG in der Annahme, die Versorgung des Beigeladenen, der seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) behauptet hatte, sei ein eigenes Geschäft, nämlich die Erfüllung seiner in diesem Fall bestehenden Verpflichtungen aus § 109 Abs 4 SGB V iVm dem Sicherstellungsvertrag. Diese Annahme des Klägers steht einem Anspruch als Nothelfer jedoch nicht von vornherein entgegen. Der Gesetzeswortlaut des § 121 BSHG (wie auch des § 25 SGB XII) gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein Anspruch des Helfers auf Erstattung seiner Aufwendungen von seinen Vorstellungen über die Frage abhinge, ob er mit der Hilfeleistung ein eigenes oder ein fremdes Geschäft führt(vgl Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 121 RdNr 6). Selbst wenn im Privatrecht die irrtümliche Eigengeschäftsführung (sog "unechte Geschäftsführung ohne Auftrag") bei einem objektiv fremden Geschäft eine Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließt (vgl § 687 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch), so ist der Anspruch des Nothelfers der Geschäftsführung ohne Auftrag nur nachgebildet (vgl: BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 7 RdNr 9; BVerwGE 37, 133, 134); ein unmittelbarer oder entsprechender Rückgriff auf die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag ist - abgesehen davon, ob es sich überhaupt um ein objektiv fremdes Geschäft gehandelt hat - damit nicht verbunden. § 121 BSHG bzw § 25 SGB XII regeln abschließend die Voraussetzungen eines Kostenersatzanspruchs einer Person, die anstelle des Sozialhilfeträgers und damit entgegen dem öffentlichrechtlich geregelten Kompetenz- und Zuständigkeitsgefüge Hilfeleistungen ohne dessen Auftrag erbringt. Soweit öffentlichrechtliche Regelungen solche Sachverhalte erfassen, scheidet ein Rückgriff auf die Grundsätze der Regelungen der §§ 677 ff BGB aus(vgl: BSGE 85, 110, 114 f = SozR 3-2500 § 60 Nr 4 S 24; BSGE 86, 1, 4 ff = SozR 3-7610 § 683 Nr 4 S 12 ff).

22

Da der Nothelfer, wenn der Träger der Sozialhilfe erreichbar ist und unterrichtet werden könnte, mit seiner Hilfeleistung (auch) eine öffentliche Aufgabe anstelle des eigentlich zuständigen Hoheitsträgers erfüllt und eine Durchbrechung des öffentlichrechtlichen Systems für die Gewährung der Sozialhilfe (insbesondere des speziell hierfür normierten Verwaltungsverfahrens und der "Vergütungsstruktur") regelmäßig nicht im öffentlichen Interesse liegt (vgl dazu im Einzelnen BSGE 86, 1, 7 ff = SozR 3-7610 § 683 Nr 4 S 15 ff), kann er Ersatz hierfür nur verlangen, wenn er ohne Verletzung eigener Obliegenheiten davon ausgehen durfte, den Sozialhilfeträger nicht einschalten zu müssen. Soweit sich ein zur Versorgung von Versicherten der GKV zugelassenes Krankenhaus darauf beruft, es habe davon ausgehen dürfen, einen Versicherten der GKV zu deren Lasten zu behandeln, und den Sozialhilfeträger wegen des Grundsatzes des Nachrangs der Hilfe deshalb nicht eingeschaltet, sind maßgeblich für die entsprechenden Obliegenheiten die Prüfungspflichten im Verhältnis zur Krankenkasse; denn hier ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine solche (vorrangige) Behandlung stattzufinden hat. Wird wegen der Verletzung dieser Prüfungspflichten dem Krankenhaus nicht erkennbar, dass eine Kostentragung durch die Krankenkasse zumindest zweifelhaft ist, und unterbleibt deshalb die Unterrichtung des Sozialhilfeträgers, greift auch ein Anspruch nach § 121 BSHG ab diesem Zeitpunkt nicht (mehr).

23

Dies hat das LSG nicht ausreichend berücksichtigt, wenn es pauschal darauf abstellt, einem Krankenhaus könne es nicht zugemutet werden, von der Aufnahme jedes Patienten, der angibt, gesetzlich versichert zu sein, zugleich dem Träger der Sozialhilfe Kenntnis zu geben. Von Krankenhäusern, die mit der Behandlung von Notfallpatienten zu Lasten der GKV vertraut sind, sind - ähnlich wie im Fall der Aufnahme von Privatpatienten, der vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 114, 298 ff) zu entscheiden war - differenziertere Schritte wegen der Prüfung der Kostentragung zu erwarten. Eine Einschaltung des Sozialhilfeträgers in jedem Fall der Aufnahme eines Notfallpatienten ist dabei - anders als das LSG meint - bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Prüfungspflichten den Krankenkassen gegenüber nicht notwendig. Soweit der Kläger die Prüfungspflichten im Hinblick auf Versichertenstatus des Patienten gegenüber der Krankenkasse erfüllt hat, kann er der Beklagten gegenüber geltend machen, es habe für ihn die Notwendigkeit der Einschaltung des Sozialhilfeträgers nicht erkennbar werden können, weil seitens der Krankenkasse keine Hinweise auf das Fehlen einer Mitgliedschaft erfolgt seien.

24

Die Bestimmungen in dem für die entsprechenden Prüfungspflichten eines in der Freien und Hansestadt Hamburg zugelassenen Krankenhauses maßgeblichen, seit dem 1.1.2003 geltenden Sicherstellungsvertrag hat das LSG unberücksichtigt gelassen, sodass der Senat nicht daran gehindert ist, diese dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) Vorschriften heranzuziehen. Sie regeln ausdrücklich, dass sich Versicherte bei Aufnahme in dem Krankenhaus mit ihrer Krankenversicherungskarte (vgl § 15 Abs 6 SGB V) und einem Lichtbildausweis auszuweisen haben (§ 6 Abs 2 des Vertrages). Wenn der Beigeladene vorliegend noch 6 Monate nach dem bislang aktenkundigen Ende seiner Mitgliedschaft in der GKV im Besitz einer solchen Karte war, er diese vorgewiesen und sich zugleich als berechtigter Inhaber dieser Karte mit einem Lichtbildausweis ausgewiesen haben sollte, könnte bei dem Kläger vernünftigerweise die Annahme entstanden sein, die Behandlung finde im Rahmen der Versorgung nach dem SGB V statt. Zwar lässt die missbräuchliche Verwendung der Karte allein einen Anspruch gegen die Krankenversicherung nicht entstehen (vgl dazu BSGE 101, 33 ff = SozR 4-2500 § 109 Nr 9); dem Krankenhaus kann aber im Anwendungsbereich des § 121 BSHG nicht vorgeworfen werden, die verspätete Kenntnisnahme vom Hilfefall durch den Träger der Sozialhilfe beruhe auf seiner fehlerhaften Einschätzung der Absicherung des Notfallpatienten. Das Krankenhaus darf vielmehr bei Vorlage der Karte solange davon ausgehen, die Zahlungsverpflichtung einer gesetzlichen Krankenkasse entstehe unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten, bis sich entgegenstehende Hinweise ergeben. Im Verhältnis zum Träger der Sozialhilfe kann es sich dann auf das Vorliegen eines Eilfalls berufen. Ergeben die Ermittlungen des LSG, dass sich der Beigeladene nicht mehr als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse hat ausweisen können, bestand für den Kläger von Beginn der Behandlung an Anlass, an der Richtigkeit der Behauptung des Beigeladenen, versichertes Mitglied der See-Krankenkasse zu sein, zu zweifeln und deshalb jedenfalls (ggf neben weitergehenden Ermittlungen bei der See-Krankenkasse) an dem der Aufnahme folgenden Werktag den Sozialhilfeträger zu unterrichten. Ein über die ersten beiden Tage hinausgehender Anspruch nach § 121 BSHG würde in diesem Fall ausscheiden. Die erforderliche Prüfung wird das LSG durchzuführen haben; die Beweislast trägt der Kläger (vgl bereits BVerwGE 45, 131, 132 f).

25

Auch welche Schritte der Kläger im Anschluss an die Aufnahme zur Klärung seiner Verpflichtung aus § 109 Abs 4 SGB V unternommen hat und ob er dabei insbesondere die weiteren in § 301 SGB V und im Sicherstellungsvertrag vorgeschriebenen Mitteilungspflichten der Krankenkasse gegenüber erfüllt hat, ist bislang nicht festgestellt. Ob der Kläger auch im Verlauf der Behandlung weiterhin annehmen durfte, es liege eine Behandlung zu Lasten der GKV vor, oder ob er, wenn sich in der Folge bei ihm ernstliche Zweifel hätten aufdrängen müssen, versucht hat, eine Klärung über den Versichertenstatus des Beigeladenen herbeizuführen, wird das LSG aufzuklären haben. Dabei kann das vom SG in Bezug genommene Schreiben der See-Krankenkasse vom 17.9.2008 nicht unberücksichtigt bleiben. Aus der Angabe der See-Krankenkasse, "der Anspruch" sei noch "ungeklärt", könnte sich für den mit der Versorgung von Versicherten der GKV vertrauten Kläger der Schluss aufdrängen, dass der Versichertenstatus ernstlich in Zweifel zu ziehen ist, und deshalb wegen der unterbliebenen Unterrichtung des Sozialhilfeträgers (bzw der fehlenden weitergehenden Abklärung bei der Krankenkasse) ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Kostenersatz als Nothelfer ausscheiden.

26

Liegt ein Eilfall iS des § 121 BSHG vor, wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch im Hinblick auf die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs die notwendigen Feststellungen zu treffen haben. Zu prüfen ist, ob die Beklagte bei Kenntnis Leistungen an den Beigeladenen gemäß § 27 Abs 1 Nr 2 BSHG iVm §§ 37, 38 BSHG zu erbringen gehabt hätte. Allein die berufs- und zulassungsrechtlichen Verpflichtungen des Klägers zur Behandlung stehen einem Anspruch als Nothelfer allerdings nicht entgegen. Nicht die eigene rechtliche Pflicht zur Hilfeleistung, sondern die Pflicht zur Tragung der Kosten hierfür (etwa als Schädiger) geht nach § 121 Satz 1 BSHG einem Anspruch als Nothelfer vor(ähnlich Coseriu in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 25 SGB XII RdNr 5). Bislang ist indes ungeprüft geblieben, ob der Anspruch des Klägers daran scheitert, dass der Beigeladene wegen des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs 1 BSHG; seit 1.1.2005 § 2 Abs 1 SGB XII) gegenüber Leistungen der Krankenkasse keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen besaß. Er, der Beigeladene, könnte entgegen der Annahme der Beteiligten pflichtversichertes Mitglied der GKV nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V gewesen sein, wenn er in der Gaststätte, die er nach seinen Angaben als "Strohmann" geführt hat, tatsächlich iS des § 7 Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschiften der Sozialversicherung - (SGB IV) abhängig beschäftigt war. Wäre dies der Fall, hätte die zuständige Krankenkasse durch die Maßnahme des Klägers als dem zugelassenen Leistungserbringer die (vorrangige) Krankenversicherungsleistung als Sachleistung bereits erbracht.

27

Ob von Hilfebedürftigkeit des Beigeladenen (§ 28 Abs 1 BSHG) auszugehen ist, ist auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilbar; die in ihren Einzelheiten unklare Bezugnahme auf die Entscheidung des SG lässt eigene Feststellungen des LSG nicht erkennbar werden, sodass es insoweit auch nicht auf die erhobenen Verfahrensrügen ankommt. Das LSG wird ggf dem Einwand der Beklagten nachzugehen haben, der Beigeladene hätte - um die von ihm (nur) behauptete Selbständigkeit nach außen aufrechterhalten zu können - seinerseits die notwendige Hilfe nicht in Anspruch genommen. Ein Anspruch des Nothelfers scheidet nämlich auch aus, wenn der Hilfebedürftige von seinem Recht, Leistungen der Sozialhilfe nicht in Anspruch zu nehmen, Gebrauch gemacht hätte: Sozialhilfe darf nicht aufgezwungen werden (vgl dazu BVerfGE 22, 180, 219). Der Träger der Sozialhilfe wäre deshalb im Falle der ernstlichen, in Kenntnis der ihn dann treffenden Kostenlast ausgesprochenen Weigerung des Beigeladenen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, nicht leistungspflichtig geworden.

28

Ob der Kläger einen eventuellen Anspruch rechtzeitig geltend gemacht hat, lässt sich ebenfalls nicht abschließend beurteilen. Der Anspruch des Nothelfers besteht nach § 121 Satz 2 BSHG nur, wenn er den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt. Ist noch bis zum Ende der stationären Behandlung von einem Eilfall auszugehen, ist der Antrag (vom 12.11.2003) jedenfalls innerhalb angemessener Frist erfolgt. Der Senat hält aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität eine Frist von einem Monat für angemessen, die regelmäßig mit dem Ende des Eilfalls beginnen wird. Eine abschließende Festlegung braucht im derzeitigen Stand des Verfahrens jedoch nicht zu erfolgen.

29

Schließlich wird der Anspruch der Höhe nach zu überprüfen sein. Der Anspruch des Nothelfers ist auf die Erstattung von Aufwendungen "in gebotenem Umfang" begrenzt. Die zu erstattenden Aufwendungen sind deshalb mit den dem Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten, die LSG und SG in den Entscheidungen in Bezug genommen haben, nicht notwendigerweise deckungsgleich. Maßstab für die gebotene Höhe der Aufwendungen eines Nothelfers sind die Kosten, die die Beklagte bei rechtzeitiger Kenntnis ihrerseits hätte aufwenden müssen; ob darüber hinaus Kosten erstattungsfähig sein können, kann im derzeitigen Stand des Verfahrens offen bleiben. Soweit bei Hilfebedürftigkeit und in Kenntnis der Notlage von der Beklagten Hilfe bei Krankheit nach § 37 Abs 1 BSHG hätte gewährt werden müssen, gilt für die Erbringung dieser Leistungen jedenfalls das SGB V entsprechend(vgl § 38 Abs 3 Satz 1 BSHG). Feststellungen, in welcher Höhe der Kläger nach den krankenversicherungsrechtlichen Regelungen Vergütungsansprüche (§ 109 Abs 4 SGB V, s dazu nur: BSGE 109, 236 ff RdNr 15 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2; Wahl in jurisPK-SGB V, § 109 RdNr 119 ff mwN) gehabt hätte, fehlen bislang. Deshalb könnten sich höhere Ansprüche auch für die ersten beiden Tage der Behandlung ergeben. Sollte der Beigeladene eine Krankenhausbehandlung erhalten haben, für die eine Fallpauschale bzw Fallpauschalen vereinbart wären, und nur für einen Teil der streitbefangenen Zeit ein Anspruch des Klägers als Nothelfer bestehen, ist die Aufteilung der nach § 121 BSHG erstattungsfähigen Kosten in Abhängigkeit von der tatsächlich für die Fallpauschale in Anspruch genommenen Zahl der Krankenhaustage - pro rata temporis - zu erwägen(so für den Fall des Kassenwechsels während einer Krankenhausbehandlung BSGE 99, 102 ff = SozR 4-2500 § 19 Nr 4). Abschließend braucht hierüber im derzeitigen Stand des Verfahrens aber nicht entschieden zu werden.

30

Ein Anspruch des Klägers auf Verzinsung eines ggf bestehenden Anspruchs auf Leistungen als Nothelfer besteht nicht. Aus § 44 Abs 1 SGB I kann der Nothelfer entgegen der Auffassung des LSG einen Zinsanspruch nicht herleiten. Bei dem Anspruch des Nothelfers nach § 121 BSHG handelt es sich nicht um eine Geldleistung iS des § 11 Satz 1 SGB I, die dem Einzelnen nach den Vorschriften des SGB zur Verwirklichung seiner sozialen Rechte gewährt wird. Soweit der Senat den Anspruch des Nothelfers als eine Sozialhilfeleistung im weiten Sinne ansieht (BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 7 RdNr 9 unter Hinweis auf Rothkegel in Rothkegel, Sozialhilferecht, 2005, Teil II Kap 5 RdNr 12; kritisch nunmehr Pattar in Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Teil II Kap 10 RdNr 41), ist damit eine unmittelbare Anknüpfung an § 11 Satz 1 SGB I ausdrücklich nicht verbunden(BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 7 RdNr 8). Im Übrigen wollte der Gesetzgeber mit § 44 SGB I nur der Tatsache Rechnung tragen, dass soziale Geldleistungen in der Regel die Lebensgrundlage des Hilfebedürftigen bilden und bei verspäteter Zahlung nicht selten Kreditaufnahmen, die Auflösung von Ersparnissen oder die Einschränkung der Lebensführung notwendig machen(BT-Drucks 7/868 S 30 zu § 44). Solche Nachteile entstehen beim anspruchsberechtigten Nothelfer durch die Hilfeleistung im Eilfall typischerweise aber nicht; eine analoge Anwendung des § 44 SGB I oder - für Verzugs- oder Prozesszinsen - der §§ 284, 285, 288 oder 291 BGB kommt für andere Personen als Empfänger einer Sozialleistung nicht in Betracht(BSGE 71, 72, 74 = SozR 3-7610 § 291 Nr 1; BSG SozR 3-1300 § 61 Nr 1).

31

Das LSG wird bei seiner Entscheidung ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens mit zu befinden haben; der Nothelfer gehört zum kostenprivilegierten Personenkreis nach § 183 SGG(vgl BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 7).

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2012 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 18. November 2011 wird zurückgewiesen.

Für den Rechtsstreit sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf eine Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze aus der Seemannskasse, die seit dem 1.1.2009 anstelle der See-Berufsgenossenschaft (See-BG) von der Beklagten geführt wird.

2

Der am 1942 geborene Kläger ist zur See gefahren. Zum 31.12.2007 schied er aus der seemännischen Beschäftigung aus und bezieht seit dem 1.1.2008 eine Altersrente. Ende 2007 plante die Seemannskasse die Einführung einer Leistung, die sie als "Überbrückungsgeld für langjährig Versicherte" bezeichnen wollte. Die Leistung sollte an den Eintritt der Regelaltersgrenze anknüpfen und neben der Altersvollrente erbracht werden. Am 6.11.2007 beschloss die Vertreterversammlung der See-BG eine entsprechende Änderung der Satzung mit Wirkung zum 1.1.2008. Die betroffenen Versicherten wurden ab Ende März 2008 mit der ihnen übersandten Zeitschrift See und Sicherheit Nr. 1/2008 über eine geplante "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" informiert. Im Juni 2008 wurden auch die Versicherten der Geburtsjahrgänge 1937 bis 1942 persönlich angeschrieben. Das Bundesversicherungsamt (BVA) hatte die Genehmigung zur Änderung der Seemannskasse im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einführung der neuen Leistung zunächst versagt. Die Genehmigung der "von der Vertreterversammlung der See-Berufsgenossenschaft am 6. November 2007 beschlossenen Neufassung der Satzung der Seemannskasse" erfolgte gemäß § 34 Abs 1 S 2 SGB IV iVm § 143 Abs 1 SGB VII unter dem 6.11.2008, nachdem ua § 143 SGB VII geändert worden war. Mit Schreiben vom selben Tag hatte das BVA die Beklagte außerdem darauf hingewiesen, dass "die textliche Angleichung der Satzung an den Wortlaut des durch Artikel 1 Nr. 18 geänderten § 143 SGB VII in den §§ 9, 17, 20 Abs. 1 Satz 3 und § 21 Abs. 6 als redaktionelle Änderungen im Rahmen der Drucklegung erfolgen" könne. Unter anderem in § 9 Nr 5 und § 17 der in der Zeitschrift HANSA vom Dezember 2008 veröffentlichten Neufassung der Satzung wurde die neue Leistung aus der Seemannskasse daraufhin als "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" bezeichnet. Die veröffentlichte Neufassung enthält - ohne Hinweis auf die dort vorgenommenen Textänderungen - am Schluss eine wörtliche Wiedergabe der Genehmigung des BVA vom 6.11.2008.

3

Die Beklagte lehnte den am 10.9.2009 gestellten Antrag auf Gewährung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze ab. Der Kläger habe bereits vor dem 1.1.2008 die Regelaltersgrenze erreicht und sei auch vor diesem Tag aus der Seefahrt ausgeschieden (Bescheid vom 6.10.2009, Widerspruchsbescheid vom 21.1.2010).

4

Das SG Stade hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 18.11.2011). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat auf die Berufung des Klägers die Bescheide der Beklagten und den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil vom 20.6.2012). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe ihre Entscheidung auf Satzungsbestimmungen gestützt, die mit höherrangigem Recht unvereinbar seien. Der Beklagten obliege es, die entsprechenden Bestimmungen ihrer Satzung neu zu fassen und sodann das Begehren des Klägers neu zu prüfen.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die angegriffene Entscheidung beruhe auf einer völligen Verkennung der "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" und einer Missachtung des im Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG - vom 30.10.2008, BGBl I 2130) und in den Vorschriften des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII aF und § 137b Abs 1 S 2 SGB VI zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens. Bei dieser Leistung handele es sich um eine neue, vom Überbrückungsgeld unabhängige Leistung, die arbeitsmarktpolitischen und versichertenbezogenen Zwecken diene und von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei. Selbst wenn § 17 S 3 der Satzung der Seemannskasse (zukünftig: Satzung) eine Stichtagsregelung sei, stelle die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine neue Leistung dar, weshalb es sachgerecht sei, den Tag für den frühesten Erhalt der Leistung auf den Tag des Inkrafttretens der Neuregelung der Satzung zu legen. Die zeitliche Abgrenzung berücksichtige ferner die zukunftsgerichtete Zwecksetzung und den Umstand, dass die zu erbringenden Leistungen von den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln gedeckt sein müssten.

6

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 18. November 2011 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das LSG hat gegen Bundesrecht verstoßen, indem es den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Beklagte verpflichtet hat, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

10

Die Revision ist zulässig. Beteiligtenfähig (§ 70 SGG) ist die Beklagte, nicht aber die Seemannskasse. Die Seemannskasse wird mit Wirkung vom 1.1.2009 unter ihrem Namen durch die Beklagte als Träger der allgemeinen Rentenversicherung nach den §§ 137b bis 137e SGB VI weitergeführt(§ 137a SGB VI). Ihr Vermögen ist zum 1.1.2009 mit allen Rechten und Pflichten auf die Beklagte übergegangen (§ 137c Abs 1 SGB VI). Zu diesem Zeitpunkt ist die Beklagte im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (vgl BT-Drucks 16/9154 S 43) in die Rechte und Pflichten der See-BG bzw - soweit die Seemannskasse teilrechtsfähig war (vgl dazu Waibel, WzS 2003, 238, 243) - der Seemannskasse eingetreten. Damit ist die Seemannskasse selbst jedenfalls seit dem 1.1.2009 weder Trägerin von Rechten und Pflichten noch über § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig.

11

Die Revision der Beklagten ist auch begründet. Selbst wenn das LSG (zu Recht) von der Nichtigkeit der im Rahmen der Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers inzident überprüften Satzung der Beklagten überzeugt gewesen wäre, hätte es die Beklagte nicht verurteilen dürfen. Auch dann hätte es grundsätzlich und in aller Regel dem Ermessen der Beklagten als Normgeber überlassen bleiben müssen, wie die sich ergebende Lücke zu schließen ist. Andernfalls griffe das LSG in die dem Normgeber (Satzungsgeber) vorbehaltene Gestaltungsfreiheit ein, die ihm trotz zustehender Kontroll- und Verwerfungskompetenz über untergesetzliche Normen nicht zusteht (vgl BVerfGE 115, 81, 93 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 45 sowie BVerwGE 102, 113, 117 f). Eine Rechtsschutzmöglichkeit, um den Erlass untergesetzlicher Normen durchzusetzen, gibt es daher grundsätzlich nicht. Dem Berufungsgericht war es folglich verwehrt, das Begehren des Klägers abweichend von seinem Antrag im Sinne einer von ihm angenommenen kombinierten Anfechtungs- und Verbescheidungsklage zu verstehen. Eine zusätzliche Feststellungsklage, um effektiven Rechtsschutz iS von Art 19 Abs 4 GG zu erlangen, hat der Kläger vor den Instanzgerichten nicht erhoben, obwohl ein derartiges Rechtsschutzbegehren grundsätzlich möglich gewesen wäre. Denn auch die Rechtsetzung der Exekutive in der Form von Rechtsverordnungen und Satzungen ist Ausübung öffentlicher Gewalt und daher in die Rechtsschutzgarantie einzubeziehen (vgl BVerfG, aaO, S 92 bzw RdNr 40). Die Erhebung einer Feststellungsklage vor dem BSG im Rahmen des Revisionsverfahrens ist nicht (mehr) möglich (vgl § 168 S 1 SGG sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 99 RdNr 12 und § 168 RdNr 2b).

12

Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Kläger auf der Grundlage des geltenden Bundesrechts keinen Anspruch auf die begehrte Leistung hat. Weder unmittelbar das geltende Gesetzesrecht noch eine der in Betracht kommenden Textfassungen der Satzung der Beklagten für Zeiten ab dem 1.1.2008 vermittelt denkbar ein entsprechendes Recht.

13

Nach der in der Zeitschrift HANSA im Dezember 2008 veröffentlichten Fassung erhält ein Versicherter auf Antrag eine "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze", wenn er auf Dauer als Seemann nicht mehr tätig ist und die Wartezeit sowie die Halbbelegung erfüllt (vgl § 9 Nr 7, § 10 Abs 1 bis Abs 3 der Satzung). Ein Anspruch besteht jedoch nicht, wenn der Versicherte die Regelaltersgrenze noch vor dem 1.1.2008 erreicht hat und aus der Seefahrt ausgeschieden ist (vgl § 17 S 3 iVm S 1 der Satzung). Vorliegend hat der am 1942 geborene Kläger nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG die Regelaltersgrenze am 2007 erreicht und ist vor dem 1.1.2008, hier zum 31.12.2007, aus der Seefahrt ausgeschieden. Ein Anspruch scheidet damit nach § 17 S 3 der Satzung aus.

14

Die Beklagte konnte sich für den Erlass einer so gefassten Satzung und des hierauf gestützten (ablehnenden) Verwaltungsakts auf die Ermächtigung des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII(in der ab 1.1.2008 geltenden Fassung des UVMG vom 30.10.2008, aaO) bzw auf § 137b Abs 1 S 2 SGB VI(in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung des UVMG vom 30.10.2008, aaO) stützen. Die Gesetzgebungskompetenz für diese Regelungen beruht auf Art 74 Nr 12 GG.

15

Nicht einschlägig ist demgegenüber § 143 Abs 1 SGB VII(in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407). Nach dieser Vorschrift konnte die See-BG unter ihrer Haftung mit Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie eines Überbrückungsgelds auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt an Seeleute sowie Küstenschiffer und Küstenfischer, die nach § 2 Abs 1 Nr 7 SGB VII versichert sind, eine Seemannskasse mit eigenem Haushalt einrichten(Satz 1). Die Mittel für die Seemannskasse waren im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen, die bei ihr versichert waren oder die bei ihr Versicherte beschäftigten (Satz 2). Das Nähere, insbesondere über die Voraussetzungen und den Umfang der Leistungen sowie die Festsetzung und die Zahlung der Beiträge, bestimmte die Satzung; die Satzung konnte auch eine Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorsehen (Satz 3). Die Satzung bedurfte der Genehmigung des BVA (Satz 4).

16

Durch das UVMG vom 30.10.2008 (aaO) wurden in § 143 Abs 1 S 3 SGB VII die Worte "die Satzung kann auch eine Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorsehen" durch die Worte "die Satzung kann ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen" ersetzt. Die Möglichkeit, in der Satzung die Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorzusehen, wurde in dem neu eingefügten § 143 Abs 1 S 4 SGB VII geregelt. Die Änderungen des § 143 SGB VII traten gemäß Art 13 Abs 3 UVMG rückwirkend zum 1.1.2008 in Kraft. Gemäß Art 2 Nr 2 iVm Art 13 Abs 3 UVMG wurde § 143 SGB VII zum 1.1.2009 aufgehoben. Gleichzeitig traten die Regelungen der §§ 137a ff SGB VI in Kraft(Art 5 iVm Art 13 Abs 4 UVMG). Nach § 137b Abs 1 S 1 SGB VI ist Aufgabe der Seemannskasse die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres an die bei ihr versicherten Seeleute sowie an Küstenschiffer und Küstenfischer, die aus der Seefahrt ausgeschieden sind. Nach S 2 dieser Regelung kann die Satzung ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen.

17

Mit der Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage zur Einführung einer ergänzenden Leistung für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze als zugelassene Aufgabe (§ 30 Abs 1 SGB IV) hat der Gesetzgeber einen Anreiz für ältere Berufsseeleute bezweckt, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden und dennoch eine, wenn auch geringere Leistung in Anspruch nehmen zu können. Ein weiteres Ziel war die Deckung des Bedarfs an qualifiziertem Personal, der aufgrund der im Rahmen des "maritimen Bündnisses" zugesagten Rückflaggungen entstanden war (BT-Drucks 16/9154 S 29). Dieses weitere Ziel macht die Leistung aber - anders als das LSG meint - nicht etwa zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die vom Bund finanziert werden müsste (vgl BSGE 81, 276, 285 = SozR 3-2600 § 158 Nr 1). Der verfassungsrechtliche weite Gattungsbegriff der "Sozialversicherung" schließt eine zur Grundversorgung hinzutretende Zusatzversorgung ein (BVerfGE 63, 1, 36). Die Beschränkung auf eine Notlage gehört hingegen nicht zu ihren konstituierenden Merkmalen. Außer dem Bedürfnis nach Ausgleich besonderer Lasten ist (nur) die Art und Weise kennzeichnend, wie die Aufgabe organisatorisch bewältigt wird. Die hierzu berufenen Träger der Sozialversicherung sind selbständige Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts, die ihre Mittel durch Beiträge der Beteiligten aufbringen (BVerfGE 11, 105, 113).

18

Diese wesentlichen Strukturmerkmale der klassischen Sozialversicherung sind vorliegend erfüllt. Die Leistungen werden aus den Mitteln der Seemannskasse erbracht, die grundsätzlich im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen sind, wobei die gesetzlichen Regelungen auch eine Beteiligung der Seeleute ermöglichen. Träger der Leistungen sind eigenständige juristische Personen des öffentlichen Rechts. Die auszugleichende besondere Last liegt in der Bereitschaft, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung in der Seefahrt tätig zu sein, obwohl nach dem 71. Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) - das die Bundesrepublik zwar nicht ratifiziert hat, dessen Grundanliegen der Gewährung einer vorgezogenen Altersrente für Seeleute aber schon bei der Entstehung des § 891a RVO Berücksichtigung fand(vgl die Ausführungen des Abgeordneten Orgaß in der 197. Sitzung der 6. Wahlperiode des Deutschen Bundestages, 11650 A) - das System der Rentenversicherung für Seeleute so zu gestalten ist, dass Altersrenten bereits bei Erreichung des 55. oder 60. Lebensjahres zu gewähren sind.

19

Existenz erlangt eine Satzung erst mit ihrer öffentlichen Bekanntmachung. Gemäß § 34 Abs 2 SGB IV ist die Satzung, die sich ein Versicherungsträger gibt, öffentlich bekannt zu machen. Sie tritt, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft und erlangt damit rechtliche Geltung. Nach der Grundregel des § 34 Abs 2 S 2 SGB IV iVm § 33 der Satzung wäre die Änderung der Satzung erst am Tag nach der Bekanntmachung in der Dezemberausgabe 2008 der "HANSA", Zeitschrift für Schifffahrt, Schiffbau, Hafen in Hamburg in Kraft getreten. Abweichend hiervon bestimmt § 34 der Satzung im Einklang mit der entsprechenden Ermächtigung in § 34 Abs 2 S 2 SGB IV das Inkrafttreten der Satzungsänderung spezialgesetzlich mit Wirkung vom 1.1.2008. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung lag damit vor dem der Bekanntmachung in der Vergangenheit. Das ist grundsätzlich zulässig (Finkenbusch, WzS 1992, 1, 10; aA Schneider-Danwitz, jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 34 RdNr 35), zumal Satzungsänderungen nicht vor Erteilung der Genehmigung durch das BVA bekannt gemacht werden dürfen (Schneider-Danwitz in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 34 RdNr 83), sodass die wirksame Wahrnehmung der Selbstverwaltungskompetenz bei einer Abhängigkeit des Zeitpunkts des Inkrafttretens von dem Datum der Genehmigung behindert werden könnte.

20

Die Einführung einer Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze in der Satzung bedurfte einer gesetzlichen Ermächtigung, die bis zur Neufassung des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII durch das UVMG vom 30.10.2008 (aaO) zum 1.1.2008 nicht vorlag.

21

Satzungen sind Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden (BVerfGE 10, 20, 49 f). Der Gesetzgeber begibt sich mit der Verleihung dieser Autonomie innerhalb eines von vornherein durch Wesen und Aufgabenstellung der Körperschaft begrenzten Bereichs seiner Regelungsbefugnis und ermächtigt einen bestimmten Kreis von Bürgern, durch demokratisch gebildete Organe ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Er darf sich aber seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der von den körperschaftlichen Organen zu erlassenden Normen völlig preisgeben (BVerfGE 33, 125, 158). Der Gesetzesvorbehalt aus Art 20 Abs 3 GG verlangt, dass staatliches Handeln durch förmliches Gesetz legitimiert ist. Im Rahmen einer demokratisch-parlamentarischen Staatsverfassung, wie sie das GG ist, liegt es nahe anzunehmen, dass die Entscheidung aller grundsätzlichen Fragen, die den Bürger unmittelbar betreffen, durch Gesetz erfolgen muss, und zwar losgelöst von dem in der Praxis fließenden Abgrenzungsmerkmal des "Eingriffs" (BVerfGE 40, 237, 249).

22

Unabhängig von verfassungsrechtlichen Vorgaben hat der Gesetzgeber mit dem allgemeinen einfachgesetzlichen Gesetzesvorbehalt in § 31 SGB I bestimmt, dass in den Sozialleistungsbereichen des SGB Rechte und Pflichten nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen, soweit es ein Gesetz vorschreibt oder zulässt. Ohne Ermächtigung durch Parlamentsgesetz ist dem Sozialversicherungsträger die Regelung von Rechten oder Pflichten des Bürgers verwehrt. Insoweit bedürfen untergesetzliche Normen wie Satzungen einer Inhalt und Umfang bestimmenden Ermächtigungsgrundlage in einem formellen Gesetz (BSGE 108, 194 = SozR 4-2700 § 6 Nr 2, RdNr 37).

23

Nicht maßgeblich ist insofern, ob die Satzungsregelung den Bürger belastet und ihm Pflichten auferlegt oder ob er aus ihr Rechte herleiten kann. Der Gesetzesvorbehalt des § 31 SGB I gilt bereits seinem ausdrücklichen Wortlaut nach("Rechte") auch für begünstigende Handlungen und macht somit selbst bei der Leistungsgewährung eine gesetzliche Grundlage erforderlich (Weselski in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 31 RdNr 9). Infolgedessen kann der Gesetzgeber die Satzungsautonomie insoweit einschränken, als Satzungsregelungen über zu gewährende Leistungen nur zulässig sind, soweit das Gesetz solche Leistungen zulässt (BSG SozR 4-7862 § 9 Nr 3 RdNr 18). Ergänzend bestimmt § 30 Abs 1 SGB IV, dass Versicherungsträger nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden dürfen.

24

Zur Einführung einer Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze war die See-BG erst seit dem 1.1.2008 durch § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII(in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) ermächtigt. Die Einführung einer Ermächtigungsnorm für die Gewährung ergänzender Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze - die grundsätzlich dazu führt, dass eine Vollrente bezogen werden kann - war nicht bereits durch die Ermächtigung zur Gewährung eines Überbrückungsgelds gedeckt. Weil die ergänzende Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine andere Zielrichtung als das Überbrückungsgeld verfolgt, handelt es sich bei der Ermächtigung zu ihrer Regelung auch nicht um eine gesetzgeberische "Klarstellung", sondern nach Wortlaut und Inhalt um die erstmalige Einführung einer besonderen Ermächtigungsgrundlage.

25

Zweck der Gewährung eines Überbrückungsgelds ist es, ein vorzeitiges Ausscheiden aus der Seefahrt zu ermöglichen oder zu erleichtern. Mit dem Überbrückungsgeld wird den besonderen Belastungen der Seeschifffahrt Rechnung getragen und dem Seemann vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze eine Versorgung gewährleistet, die die Lücke in der Zeit zwischen der Aufgabe der Seeschifffahrt und dem Beginn der allgemeinen Altersversorgung schließt (vgl Göttsch in Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, Bd 3, 4. Aufl, Stand April 2009, § 143 aF SGB VII RdNr 2). Nähert sich der Seemann beim Ausscheiden aus der Seefahrt dem Rentenalter, wird durch das Überbrückungsgeld de facto das Rentenalter für Seeleute vorgezogen (Orgelmann, Die Seemannskasse in § 891a RVO - Geschichte, Struktur und Funktion - Diss Bremen 1980, S 147). Ist die Regelaltersgrenze erreicht, kommt dem Zweck des Überbrückungsgelds keine Bedeutung mehr zu. Daher ist der Anspruch auf Überbrückungsgeld ausdrücklich an die negative Tatbestandsvoraussetzung geknüpft, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Vollrente wegen Alters nach den Vorschriften der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorliegen (§ 10 Abs 1 S 2 der Satzung). Von einer derartigen Beschränkung gingen auch frühere Fassungen der Satzung aus (vgl BSG vom 14.11.1984 - 1 RS 4/83 - SozR 2200 § 891a Nr 4 S 6; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 11.5.2001 - L 3 RJ 78/00 - Juris RdNr 39; LSG Niedersachsen-Bremen vom 16.12.2004 - L 1 RA 40/04 - Juris RdNr 29) aus.

26

Demgegenüber verfolgt die vorliegend in Frage stehende Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze einen anderen - demjenigen des Überbrückungsgelds entgegengesetzten - Zweck. Durch die Ergänzung des § 143 S 3 SGB VII(idF ab 1.1.2008) um die Worte "die Satzung kann ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen" sollte die Aufgabenstellung der Seemannskasse erweitert werden. Alleinige Aufgabe der Seemannskasse war es bis zum 31.12.2007, eine zusätzliche soziale Sicherung für Berufsseeleute zu schaffen, die ihnen in der Zeit ab der Vollendung des 55. Lebensjahres durch Zahlung eines Überbrückungsgelds das Ausscheiden aus der Seefahrt und ggf die Aufnahme einer Beschäftigung an Land erleichterte. Durch die Erweiterung der Vorschrift sollte den veränderten Beschäftigungsbedingungen in der deutschen Seeschifffahrt Rechnung getragen werden. Dazu wurde die Möglichkeit geschaffen, einen Anreiz für ältere Berufsseeleute zu setzen, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden und dennoch eine Leistung in Anspruch nehmen zu können (vgl BT-Drucks 16/9154 S 29). Der Versicherte, dem trotz der schwierigen Arbeitsbedingungen in der Seefahrt eine Tätigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze möglich ist, soll hiervon nicht durch den "Fehlanreiz" eines Überbrückungsgelds bei vorzeitigem Ausscheiden abgehalten werden. Im Ergebnis geht es darum, die Versicherten zu einer Tätigkeit in der Seefahrt bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze anzuhalten, indem den durch das Überbrückungsgeld geschaffenen finanziellen Anreizen durch Setzung eines finanziellen Gegenanreizes entgegengewirkt wird. Insofern wird den Versicherten entgegen der Ansicht des LSG kein finanzieller Nachteil bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Seefahrt, sondern im Vergleich mit der Rechtslage vor dem 1.1.2008 ein finanzieller Vorteil bei Verbleib in der Seefahrt in Aussicht gestellt.

27

Ebenfalls entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts begrenzt die so verstandene Ermächtigung zur Einführung "ergänzender Leistungen" die Satzungsbefugnis logisch und rechtlich nicht auf weitere Leistungen, die ihrer grundsätzlichen Zielrichtung nach das mit dem Überbrückungsgeld als "Hauptleistung" verfolgte Ziel erreichen können.

28

Die Satzung kann "ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze" vorsehen. Insofern hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass das Überbrückungsgeld nach der gesetzlichen Ermächtigung an Versicherte ab der Vollendung des 55. Lebensjahres gezahlt werden kann, dagegen die ab dem 1.1.2008 neu eingeführte Leistung aber das Erreichen der Regelaltersgrenze voraussetzt und sich daher an unterschiedliche Zielgruppen richtet. Ist die Zielgruppe nicht identisch, kann die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze nur die Gesamtkonzeption der Leistungen der Seemannskasse als Vorruhestands- und Zusatzversorgungskasse (vgl BT-Drucks 16/9154 S 42) ergänzen, nicht aber die - kontradiktorische - Leistung des Überbrückungsgelds. Dessen Anwendungsbereich entfällt vielmehr notwendig, sobald die Regelaltersrente beansprucht werden kann, deren Fehlen es kompensieren sollte, während es sich umgekehrt bei einer neben der Regelaltersrente zu erbringenden Leistung nur um ein aliud gegenüber dem Überbrückungsgeld handeln kann.

29

Abermals entgegen der Ansicht des LSG ist eine "enge" Auslegung des Begriffs der ergänzenden Leistung für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze aus § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VI(idF ab 1.1.2008) bzw § 137b Abs 1 S 2 SGB VI(idF ab 1.1.2009) auch aus sonstigen Gründen nicht geboten. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus einer vermeintlich erhöhten Beitragsbelastung der Mitglieder. Der Normgeber hat diesem Aspekt bereits dadurch ausreichend Beachtung geschenkt, dass er durch die Wahl einer Stichtagsregelung einen Eingriff in bereits abgeschlossene Rentenbiographien vermieden und durch die Beschränkung der begünstigenden Neuregelung auf Rentenneuzugänge eine erst allmählich zunehmende Belastung der Finanzierungsgemeinschaft sichergestellt hat (vgl zur Zulässigkeit einer derartigen Vorgehensweise in der Sozialversicherung BVerfG vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90 und 1 BvR 761/91 - BVerfGE 87, 1, 43 ff = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Der Kläger ist zu keinem Zeitpunkt mit der Finanzierung der neuen Leistung belastet worden, kann sich aber auch umgekehrt nicht denkbar darauf berufen, er habe durch von ihm getragene Beiträge bereits entsprechende Anwartschaften erworben. Zudem wird schließlich gemäß § 19 Abs 5 S 1 der Satzung die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze um alle nach § 9 Nr 1 bis 6 der Satzung zuvor gewährten Überbrückungsgelder vermindert und auch auf diese Weise eine Begrenzung der durch die neue Leistung verursachten Kosten erreicht.

30

Dass der Regelung über die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine echte Rückwirkung zukommt, macht die Satzung nicht unwirksam. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl BVerfGE 11, 139, 145 f; 101, 239, 263) oder wenn der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, dh gültig geworden ist (vgl BVerfGE 63, 343, 353; zu alledem BVerfGE 126, 369, 391 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 71). Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines (materiellen) Gesetzes mit rückwirkender Kraft ist nur dann fraglich, wenn es sich um ein den Bürger belastendes Gesetz handelt (vgl BSG vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - Juris RdNr 70 f). Eine solche Belastung fehlt, wenn die streitige Satzungsnorm erstmalig Ansprüche der Versicherten der Seemannskasse regelt, für die es zuvor keine Anspruchsgrundlage gegeben hat (vgl BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art 2 § 9a Nr 8 S 24). Dies ist hier der Fall. Gemäß § 143 SGB VII(in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) konnte die See-BG unter ihrer Haftung die Seemannskasse lediglich für die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie eines Überbrückungsgelds auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt einrichten. Nur für diese beiden Leistungen als zugelassene Aufgaben iS des § 30 Abs 1 SGB IV durfte die Seemannskasse ihre Mittel verwenden. Dem folgten die Regelungen der Satzung. Erst im Zuge der Schaffung der gesetzlichen Ermächtigung in § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII zum 1.1.2008 wurde ein Anspruch auf Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze in der Satzung - begünstigend - geregelt.

31

Die Einführung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze scheitert auch nicht an der Zweckbindung von Sozialversicherungsbeiträgen. Sozialversicherungsbeiträge zeichnen sich durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung aus. Eine unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft vermag die Auferlegung nur solcher Geldleistungspflichten zu rechtfertigen, die ihren Grund und ihre Grenze in den Aufgaben der Sozialversicherung finden. Die Kompetenzvorschrift des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG lässt nur solche Finanzierungsregelungen zu, die einen sachlich-gegenständlichen Bezug zur Sozialversicherung aufweisen. Die erhobenen Geldmittel dürfen daher allein zur Finanzierung der Aufgaben der Sozialversicherung eingesetzt werden. Zur Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staats und seiner Glieder stehen sie nicht zur Verfügung (vgl BVerfGE 75, 108, 148 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55).

32

Diese Vorgaben sind bereits in den Regelungen der §§ 143 Abs 1 S 1 SGB VII(idF ab 1.1.2008) und 137c Abs 2 S 1 und 2 SGB VI (idF ab 1.1.2009) berücksichtigt, nach denen für die Seemannskasse (bis zum 31.12.2008) ein eigener Haushalt einzurichten war bzw (seit dem 1.1.2009) das Vermögen der Seemannskasse als Sondervermögen getrennt von dem sonstigen Vermögen der Beklagten zu verwalten ist, der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben dem Vermögen zuzuführen und ein etwaiger Fehlbetrag aus diesem zu decken ist.

33

Der Einwand des LSG, finanzielle Anreize für einen möglichst langen aktiven Dienst der Seeleute müssten allein aus allgemeinen Steuermitteln oder von den betroffenen Unternehmen geleistet werden, verfängt nicht. Denn die Mittel für die Seemannskasse sind grundsätzlich im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen, die bei ihr versichert sind oder die bei ihr Versicherte beschäftigen (§ 143 Abs 1 S 2 SGB VII bzw § 137c Abs 3 S 1 SGB VI). Darüber hinaus stellen die Regelungen des § 24 Abs 1 und 2 der Satzung sicher, dass die Unternehmer mindestens die Hälfte der Umlage aufbringen müssen.

34

Die Anknüpfung des Anspruchs an einen Stichtag (1.1.2008) verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Satzungen der Berufsgenossenschaften sind autonomes Recht (§ 34 SGB IV), wobei der Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung in ihrer besonderen Sachkunde und Sachnähe zu sehen ist. Von den Gerichten ist daher nicht zu entscheiden, ob die Vertreterversammlung im gesetzlichen Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat (BSG vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr 17 f mwN).

35

Die Wahl des Stichtages 1.1.2008 verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Die Festlegung eines Stichtags für die Schaffung von Ansprüchen ist trotz der damit verbundenen Härten grundsätzlich zulässig, wenn der Gesetzgeber seinen Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt und nicht als willkürlich erscheint (vgl BVerfGE 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73).

36

Vorliegend orientiert sich der gewählte Stichtag an der Einführung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Gewährung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Eine solche Lösung erscheint sachgerecht. Zum einen werden mit ihr einzelfallbezogene Ermittlungen einer Anspruchsdauer über die Fragen nach bereits bezogenen Überbrückungsgelds hinaus vermieden. Zudem war zu berücksichtigen, dass eine Lenkung des Ausscheideverhaltens Versicherter im Wege der Normsetzung durch die Selbstverwaltungsorgane insofern beschränkt war, als eine Abschaffung des Überbrückungsgelds zum 1.1.2008 an höheren Anforderungen zu messen ist als die Einführung einer neuen Leistung. Seit dem 1.1.2009 ist der Beklagten die Abschaffung des Überbrückungsgelds gänzlich verwehrt, da die Gewährung eines Überbrückungsgelds gemäß § 137b Abs 1 S 1 SGB VI gesetzliche Pflichtaufgabe ist. Schließlich führt der neben der Gewährung eines Ausgleichs für die Nichtinanspruchnahme des Überbrückungsgelds verfolgte weitere Zweck der Personalbedarfsdeckung dazu, dass die in der Satzung erfolgte Stichtagsregelung sachgerecht ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass nur der zum Zeitpunkt der gesetzlichen Ermächtigung vorhandene Versichertenbestand durch die neu eingeführte Leistung veranlasst werden sollte, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden. Eine am aktuellen Versichertenbestand orientierte Lösung ermöglicht eine bessere Planbarkeit der Ausgaben für die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Zudem erscheint nicht absehbar, welche Maßnahmen für die erneute Heranführung von aus der Seefahrt bereits aufgrund Alters ausgeschiedener Seeleute ergriffen werden müssten, um den mit dem Ausscheiden aus der Seefahrt und dem Erwerbsleben einhergehenden Verlust von Kenntnissen und Fertigkeiten zu begegnen.

37

Auch aufgrund des richterrechtlich entwickelten Rechtsinstituts eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs steht dem Kläger kein Anspruch zu. Die Voraussetzungen eines Herstellungsanspruchs sind hier nicht erfüllt. Dessen (im Wesentlichen dreigliedriger) Tatbestand fordert das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl BSGE 92, 182 = SozR 4-6940 Art 3 Nr 1, RdNr 25; BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 28).

38

Es kann vorliegend offenbleiben, ob eine Hinweispflicht des Versicherungsträgers schon vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung bestehen kann (vgl BSG vom 6.5.1992 - 12 BK 1/92). Das hier maßgebliche Gesetz (UVMG, aaO) ist am 30.10.2008 verabschiedet worden und mit Wirkung zum 1.1.2008 in Kraft getreten. Auch aufgrund eines Hinweises zu diesem Zeitpunkt bzw ab Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens (vgl Gesetzentwürfe vom 14.3.2008, BR-Drucks 113/08 bzw vom 8.5.2008, BT-Drucks 16/9154) wäre der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, die Voraussetzungen für eine "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" (hier: keine Vollendung des 65. Lebensjahres vor dem 1.1.2008, kein Ausscheiden aus der Seefahrt vor dem 1.1.2008, vgl § 17 S 3 der Satzung) tatsächlich zu erfüllen.

39

Ein dem Kläger günstigeres Ergebnis ließe sich auch nicht aus der von der Vertreterversammlung der See-BG am 6.11.2007 beschlossenen und vom BVA am 6.11.2008 genehmigten - so aber nicht bekannt gemachten - Textfassung der Satzung ableiten. Die dort noch enthaltene Bezeichnung der neuen Leistung als "Überbrückungsgeld für langjährig Versicherte" ändert ungeachtet der vordergründigen und vom BVA schon deshalb beanstandeten Namensähnlichkeit nichts an ihren rechtlichen Unterschieden gegenüber dem hergebrachten, noch auf § 143 Abs 1 SGB VII in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung als Ermächtigungsgrundlage beruhenden Überbrückungsgeld.

40

Unter diesen Umständen kann vorliegend offenbleiben, ob die in Frage stehende Fassung der Satzung mit der Folge der Nichtigkeit möglicherweise durchgreifenden formellen Bedenken begegnen könnte. Über die schlussendlich veröffentlichte Fassung hat nämlich weder die Vertreterversammlung der See-BG beschlossen noch ist sie vom BVA genehmigt worden. Das Vorliegen lediglich "redaktioneller Änderungen", die das BVA in seinem Begleitschreiben zur Genehmigung vom 6.11.2008 angenommen hat und die es nach der Rechtsprechung des BVerwG zum Erlass von gemeindlichen Bebauungsplänen (vgl Beschluss vom 14.8.1989 - 4 NB 24/88 - DVBl 1989, 1105 f) erlauben könnten, von einem Rechtssetzungsbefehl in Form eines (erneuten) Satzungsbeschlusses zur Umsetzung der nur bedingt erteilten Genehmigung abzusehen, erscheint fraglich. Nachdem nämlich - wie dargelegt - erstmals zum 1.1.2008 die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Einführung einer neuen Leistung vorhanden war, konnte sich das zuständige Beschlussorgan der Rechtsvorgängerin der Beklagten hiermit am 6.11.2007 nicht befasst und die hierdurch eingetretene nachhaltige Änderung der Rechtslage nicht in seinen Willen aufgenommen haben. Ebenfalls offenbleiben kann, ob die Genehmigung anstelle ihres damaligen Trägers unmittelbar der Seemannskasse erteilt werden konnte und wie sich der Hinweis auf die für eine andere Fassung erteilte Genehmigung auf die Rechtmäßigkeit der Bekanntmachung der neugefassten Satzung im Dezember 2008 auswirkt.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht:

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
3.
unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,
4.
Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
5.
Leistungen zur sozialen Teilhabe.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.

(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.

(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

Tenor

Die Beschwerden der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. November 2013 werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten der Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (LSG) sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

2

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat(Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung (Divergenz) beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe haben die Klägerinnen zur Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

3

Soweit in der Beschwerdebegründung eine Divergenz geltend gemacht wird (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG), wird schon nicht aufgezeigt, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht (vgl zu dieser Anforderung BSG SozR 1500 § 160a Nr 21, 29 und 54).

4

Soweit Verfahrensmängel geltend gemacht werden, ist der Beschwerdebegründung nicht hinreichend zu entnehmen, dass das Urteil des LSG auf einem Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG beruhen kann. Soweit gerügt wird, das LSG habe einen völlig anderen Klagantrag zugrunde gelegt, ist die Beschwerdebegründung unschlüssig. Denn danach sei mit dem Hauptantrag die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 17.7.2009 und Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch sowie mit dem Hilfsantrag die Aufhebung und Zurückverweisung an das Sozialgericht begehrt worden; eben diese Anträge hat indes das LSG ausweislich des Tatbestands seines ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteils, den die Beschwerdebegründung insoweit zum Gegenstand des Vortrags gemacht hat, dem Vorbringen der Klägerinnen auch entnommen.

5

Soweit gerügt wird, das LSG habe nicht vorab über einen Antrag auf Rechtswegbestimmung nach § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in Bezug auf amtshaftungsrechtliche Ansprüche entschieden, auf die das Kostenerstattungsbegehren hilfsweise gestützt worden sei, unterlässt die Beschwerdebegründung jede Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG. Nach dieser darf ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung an das Zivilgericht vornehmen, weil einerseits das GVG keine Teilverweisung kennt und andererseits der Verweisung des gesamten Rechtsstreits der Grundsatz entgegensteht, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist. Deshalb ist auch von dem Ausspruch einer teilweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges und einer teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an die für Amtshaftungsansprüche zuständigen ordentlichen Gerichte gemäß § 17a Abs 2 GVG abzusehen(vgl BSG Beschluss vom 31.10.2012 - B 13 R 437/11 B - juris RdNr 10, unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 23, jeweils mwN). Mit Blick auf diese Rechtsprechung hätte es eingehender Darlegungen in der Beschwerdebegründung bedurft, warum vorliegend dennoch ein Verfahrensmangel in Betracht kommen soll, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

6

Die Verwerfung der Beschwerden erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).