Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. März 2010 - 9 A 205/09

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2010:0317.9A205.09.0A
bei uns veröffentlicht am17.03.2010

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer kommunalaufsichtlichen Beanstandungsverfügung des Beklagten.

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Bereits vor der Gründung des Beklagten beabsichtigte die Beigeladene die Ansiedlung verschiedener Wirtschaftsunternehmen. Die von ihr zu diesem Zwecke erworbenen Grundstücke sollten nach Durchführung von Erschließungsmaßnahmen weiterveräußert werden. Für das sog. Gewerbegebiet I (GE I) waren die Erschließungsmaßnahmen bereits Mitte 1991 abgeschlossen. Seit Mitte 1991 betrieb die Beigeladene zugleich die Beplanung, Vermarktung und Erschließung des sog. Gewerbegebietes II (GE II). So wurde unter anderem am 10. Juli 1991 mit der „Kommanditgesellschaft Vierte M. Handelsgesellschaft mbH & Co.“, H., der alleinigen Gesellschafterin der Firma O.-Versand GmbH & Co., H., ein Ansiedlungsvertrag beurkundet.

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Die Grundstücke, auf die sich u. a. dieser Kaufvertrag bezog, wurden von vier Ferngasleitungen, davon drei in einem sog. Bündel verlegt, gekreuzt. Im November 1991 beauftragte die Beigeladene den Eigentümer der Ferngasleitungen, die Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft, mit der Umverlegung der Ferngasleitungen in der Weise, dass dadurch u. a. die Kreuzungen des o. a. Grundstücks aufgehoben wurden. Ob die tatsächliche Verlegungstiefe der Ferngasleitungen zu Behinderungen bei der Errichtung der Schmutz- und Niederschlagswasserkanäle geführt hätte bzw. welcher Aufwand infolge der Beibehaltung des Verlaufs der Ferngasleitungen für insoweit erforderliche technische Maßnahmen entstanden wäre, ist trotz der Einholung eines Gutachtens nicht abschließend geklärt.

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Die Erschließung der Gewerbegebiete I und II durch die Beigeladene wurde von öffentlichen Stellen gefördert. So erhielt die Beigeladene auf der Grundlage des Bescheides der Bezirksregierung Hannover vom 20.12.1990 - wohl im Zusammenhang mit der Erschließung des GE I - eine Zuwendung i. H. v. 5,1 Mio. DM als sog. Vollfinanzierung. Das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt (MWV) gewährte der Beigeladenen darüber hinaus aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ mit Bescheid vom 31. Juli 1991 i. d. G. des Bescheides des Landesförderinstituts Sachsen-Anhalt vom 20.09.1996 für die Erschließung des Gewerbegebietes II insgesamt Zuwendungen i. H. v. 23.429.662,14 DM auf der Grundlage von förderfähigen Investitionsausgaben i. H. v. 29.099.324,28 DM (80,52 %). Der Gewährung dieser Zuwendungen lag jeweils ein Investitionsplan zugrunde, aus dem hervorging, dass die Beigeladene Investitionen im Bereich des Straßenbaus, der Trinkwasser- und Elektroversorgung sowie der Abwasserbeseitigung (Schmutz- und Niederschlagswasser) beabsichtige. Aus dem zum Bestandteil des Bescheides des MWV vom 31. Juli 1991 gemachten Investitionsplan geht zudem hervor, dass (förderfähige) Investitionskosten i. H. v. 5.080.000,00 DM für die Um- bzw. Neuverlegung von Erdgasleitungen entstehen werden. Diesem Bescheid war ein Anschreiben des damaligen Wirtschaftsministers, Herrn Dr. R., beigefügt, in dem die Beigeladene gebeten wurde, im Interesse des Landes, aber vor allem auch im Interesse der Gemeinde dafür Sorge zu tragen, dass ansiedlungswillige Unternehmen nicht durch zu hohe Preise vom Grundstückserwerb und damit von einer Ansiedlung abgeschreckt werden. Der Verfasser setzte darüber hinaus voraus, dass die Zuwendungen die Höhe der Erschließungsbeiträge entsprechend den Vorschriften des Baugesetzbuches (§§ 127 ff.) mindern. Darüber hinaus brachte er die Erwartung zum Ausdruck, dass der Wertzuwachs, den das jeweilige Gesamtgrundstück durch die Ausweisung und Erschließung als Industrie- und Gewerbegebiet erfahren habe, nicht für überhöhte Preisforderungen genutzt werde.

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Die Beteiligten gehen im Wesentlichen davon aus, dass die Beigeladene die Grundstücke in den GE I und II in der Folgezeit mit der Zusicherung, diese seien voll erschlossen bzw. frei von zukünftigen Beiträgen, veräußert hat.

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Mit Beschluss vom 15.12.2004 beschloss die Verbandsversammlung des Klägers einen Vermögensübernahmevertrag mit der Beigeladenen. Darin ist unter anderem vereinbart:

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§ 1 Vertragsgegenstand

        

Gegenstand dieses Vertrages sind die durch die Stadt im Gewerbegebiet I und II hergestellten Anlagen zur Schmutzwasserbeseitigung sowie zur Niederschlagswasserentsorgung gemäß Anlage 1. Der Wert des Vertragsgegenstandes (die Herstellungskosten) beträgt 5.898.547,73 €.

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§ 6 Finanzieller Ausgleich der Herstellungskosten

        

(1) Der Verband erstattet der Stadt die Herstellungskosten des Vertragsgegenstandes i. H. v. insgesamt 5.898.547,73 €.

        

(2) Der Betrag wird einen Tag nach Vertragsschluss fällig.

        

(3) Der Betrag ist gemäß § 267 Abs. 1 Satz 1 BGB von dem Verband mit den Beitragsforderungen zu verrechnen, die der Verband satzungsgemäß in Bezug auf die durch den Vertragsgegenstand erschlossenen Grundstücke (= Gewerbegebiete I und II) zu erheben hat. Die Verrechnung hat in der Weise zu erfolgen, dass die Herstellungskosten durch die Quadratmeterzahl aller Grundstücke, die durch den Vertragsgegenstand erschlossen werden (= Beitragsfläche), zu teilen sind und das Ergebnis (= von der Stadt mit zweckgebundenen Förder- sowie mit Eigenmitteln aufgewendete Herstellungskosten des Vertragsgegenstandes/m² von der Summe des Schmutz- und des Niederschlagswasserbeitrages/m² gemäß gültiger Beitragssatzung des Verbandes) abzuziehen ist. Soweit eine positive Differenz zwischen der satzungsmäßigen Beitragsforderung und dem davon abzuziehenden Verrechnungsbetrag offenbleibt, ist der Differenzbetrag seitens des Verbandes gegenüber dem satzungsmäßigen Beitragsschuldner anteilmäßig zu erheben.

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Der Beschlussfassung ging eine kontroverse Diskussion insbesondere darüber voraus, ob den unstreitigen Herstellungskosten für die Schmutz- und Niederschlagswasseranlagen i. H. v. 1.697.339,58 € Kosten für die Umverlegung der Ferngasleitungen i. H. v. 4.201.208,15 € (entspricht ca. 66 % der dafür insgesamt getätigten Aufwendungen i. H. v. ursprünglich 12.273.112,68 DM) hinzugerechnet werden können.

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Mit hier streitigem Bescheid vom 04.11.2005 beanstandete der Beklagte den Beschluss der Verbandsversammlung vom 15.12.2004. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die Umverlegung der Ferngasleitungen sei nach einem von ihm eingeholten Gutachten wegen der Herstellung der vom Kläger übernommenen Schmutz- und Niederschlagswasseranlagen nicht erforderlich gewesen. Deshalb seien die hierfür entstandenen Kosten nicht den Herstellungskosten für diese Anlagen zuzurechnen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Umverlegung erfolgt sei, um die notwendige Baufreiheit für die nicht zuletzt aus fördermitteltechnischer Sicht erforderliche Ansiedlung von Großunternehmen zu gewährleisten. Aus diesem Grunde verstoße der beanstandete Beschluss gegen § 90 Abs. 2 GO LSA.

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Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 29.11.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Beklagte gehe von einem nicht hinlänglich bewiesenen Sachverhalt aus. Dies könne nicht zu Lasten des Klägers gehen. Zudem sei völlig unberücksichtigt geblieben, dass der Beigeladenen jedenfalls Aufwendungsersatz für die von ihr zu Gunsten des Klägers erbrachten Leistungen zustehe. Die Verlegung der Ferngasleitungen sei jedenfalls unter Berücksichtigung des der Beigeladenen seinerzeit zuzubilligenden Planungsermessens nicht beanstandungsfähig. Auch im Übrigen liege dem Einschreiten ein fehlerhafter Sachverhalt zugrunde, was zur Rechtswidrigkeit der Ermessensausübung führe.

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Das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 01. Juli 2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, der Beschluss vom 15.12.2004 betreffend den Vermögensübernahmevertrag verstoße deshalb gegen den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung, weil das Entgelt für die übernommenen Anlagen geringer zu bemessen sei. Zwar sei nach Konsultation mit dem Fachreferat Abwasser sowie der Einsichtnahme in die Förderunterlagen bei der Investitionsbank des Landes Sachsen-Anhalt und nochmaliger Rücksprache mit dem im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachter bezüglich der Umverlegung der Ferngasleitungen festzustellen, dass eine Behinderung der Abwasserkanäle durch die Lage der Ferngasleitungen nicht mehr ausgeschlossen werden könne. Da eine abschließende Klärung des Sachverhalts aus heutiger Sicht jedoch nicht mehr möglich sei, werde zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen, dass die Ferngasleitungen in ihrem damaligen Verlauf einen Konfliktpunkt zu den Anlagen zur Niederschlagswasser- und Schmutzwasserbeseitigung hätten bieten könne, so dass es nicht fehlerhaft sei, die dafür angefallenen Kosten bei der Ermittlung des Entgeltes zu berücksichtigen; die infolge der Umverlegung der Ferngasleitungen entstandenen Kosten i. H. v. 4.201.208,15 € seien deshalb für die übernommenen Anlagen wertbildend. Zu Unrecht unberücksichtigt sei jedoch geblieben, dass die übernommenen Anlagen i. H. v. 80,52 % durch den Bund und das Land Sachsen-Anhalt gefördert wurden. Dieser Anteil sei von den entgeltbildenden Kosten abzusetzen gewesen. Ansonsten komme es auch zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Beigeladenen, da sie ein Entgelt für eine Leistung erhalte, die nicht sie sondern der Zuwendungsgeber finanziert habe. Auch sei das vereinbarte Entgelt nicht über Anschlussbeiträge refinanzierbar. Denn die Zuwendungen seien vom beitragsfähigen Aufwand abzusetzen, da diese der Entlastung aller Beitragspflichtigen dienen sollten. Deshalb liege in der im Vertrag festgesetzten Gesamthöhe der Herstellungskosten von 5.898.547,73 € eine Verletzung des Grundsatzes der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung gemäß § 90 Abs. 2 GO LSA begründet.

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Am 30.07.2009 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, der sowohl vom Beklagten als auch vom Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt angenommene Rechtsverstoß liege nicht vor. Denn der Kläger sei bereits deshalb zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises verpflichtet, weil die Übernahme des Vermögens einen Zuwachs seines Anlagevermögens darstelle. Die von der Widerspruchsbehörde als Ausgangspunkt für ihre Argumentation gewählte Entscheidung des Hessischen VGH sei vorliegend nicht einschlägig, da dieser ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Darüber hinaus sei das Einschreiten ermessensfehlerhaft. Denn fälschlicherweise gehe jedenfalls die Widerspruchsbehörde davon aus, dass mit dem Einschreiten verhindert werden könne, dass der Kläger Mindereinnahmen zu verzeichnen habe. Dies sei aber gar nicht der Fall, denn er verzichte auch aufgrund der Verrechnungsvereinbarung nicht auf Beiträge. Vielmehr könne mit dem Einschreiten allenfalls angestrebt werden, dass der Kläger Minderausgaben habe. Sofern die Widerspruchsbehörde auf beitragsrechtliche Aspekte zu rekurrieren scheine, nehme sie zu Unrecht die Rechte privater Dritter wahr. Darüber hinaus scheine ihr völlig entgangen zu sein, dass der Kläger lediglich ein Investitionsvolumen i. H. v. ca. 1,7 Mio. €, mithin den vereinbarten Kaufpreis ohne die Kosten für die Umverlegung der Ferngasleitungen, aktiviert habe. Nur aus dem aktivierten Anlagevermögen werden jedoch Beiträge und Gebühren erhoben. Der Beklagte habe mithin verkannt, dass aufgrund seines Einschreitens weder höhere Beiträge erhoben werden könnten noch eine Gebührensenkung eintreten werde. Der Kläger würde allenfalls die dann vorhandenen höheren liquiden Mittel dazu nutzen können, Investitionsmaßnahmen bereits früher zu realisieren als unbedingt notwendig. Andererseits würde das größte Mitglied des Klägers, nämlich die Beigeladene, vor der drohenden Inanspruchnahme der Grundstückseigentümer in den Gewerbegebieten geschützt, die ihre Grundstücke von der Beigeladenen „voll erschlossen“ gekauft hatten und sich im Falle einer unterbleibenden Verrechnung mit der Beitragsforderung des Klägers und der daraus resultierenden eigenen Kostentragung an die Beigeladene halten würden, um aufgrund des Grundstückskaufvertrages im Innenverhältnis einen Ausgleich zu realisieren. Dies alles habe der Beklagte im Rahmen seiner Ermessensausübung ausgeblendet.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 04.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 01. Juli 2009 aufzuheben sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verteidigt den streitigen Bescheid.

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Die Beigeladene beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 04.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 01. Juli 2009 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Unterlagen des Beklagten und des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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Der hier streitige Bescheid des Beklagten vom 04.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 01.07.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten, weshalb ihm ein Aufhebungsanspruch aus §§ 113 Abs. 1 Satz 1, 114 VwGO zur Seite steht. Die von dem Beklagten allein in Bezug genommenen Vorschriften d. §§ 2 und 6 Abs. 3 des Vertrages zwischen dem Kläger und der Beigeladenen verstoßen aus den im Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides dafür angeführten Gründen nicht gegen § 90 Abs. 2 GO LSA.

I.

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1. Nach §§ 16 Abs. 1 Satz 1 GKG, 136 Abs. 1 GO LSA k a n n die Kommunalaufsichtsbehörde Beschlüsse und andere Maßnahmen auch eines Zweckverbandes beanstanden, wenn diese das Gesetz verletzen. Das im Ermessen der Kommunalaufsichtsbehörde stehende Handeln ist vom Gericht ausschließlich an den von ihr dafür angeführten Gründen zu messen.

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Nach § 39 Abs. 1 VwVfG ist die Behörde verpflichtet, einen schriftlichen Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. Die – zunächst nur verfahrensrechtlich relevante – Begründung hat die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Die Begründung kann in unbedenklicher Weise bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens geändert werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 15. Aufl., § 113 Rn. 63). Das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt hat zur Begründung des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 hinsichtlich der als Voraussetzung für die Beanstandung nach § 136 Abs. 1 GO LSA erforderlichen Rechtsverletzung ausgeführt, diese beruhe (allein) auf dem Umstand, dass das in § 2 des Vertrages vereinbarte Entgelt die für die übernommenen abwassertechnischen Anlagen gewährten Zuwendungen in Höhe einer Förderquote von 80,52 % unberücksichtigt lasse. Wird das im Ermessen stehende kommunalaufsichtliche Einschreiten durch die Gründe geprägt, die zur Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes (Rechtsverletzung) herangezogen wurden, kann und darf das Gericht die getroffene Entscheidung wegen § 114 VwGO allein daran prüfen. Sofern die dem Einschreiten zugrunde gelegte Rechtsverletzung auch durch einen anderen Sachverhalt erfüllt sein kann, muss dies unberücksichtigt bleiben. Es kommt deshalb vorliegend nicht darauf an, ob überhaupt die Notwendigkeit zur Übernahme der Anlagen zum Zwecke der Aufgabenerfüllung bestand, ob bei der Bildung der Höhe des Entgeltes zu Recht auch die seinerzeit für die Verlegung der Ferngasleitungen entstanden Kosten berücksichtigt werden konnten und ob bei der Entgeltbildung nicht anstelle der Herstellungskosten für die Anlagen der Zeitwert hätte zugrunde gelegt werden müssen.

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2. Die Höhe des vereinbarten Entgeltes für die Übernahme von Anlagen zur Abwasserbeseitigung aus den sog. Gewerbegebieten I und II der Beigeladenen verstößt nicht deshalb gegen den in §§ 16 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA, 90 Abs. 2 GO LSA enthaltenen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Haushaltsführung, weil diese Anlagen in Gebieten errichtet wurden, für deren Erschließung öffentliche Zuwendungen gewährt wurden.

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Das Gebot, den Haushalt wirtschaftlich und sparsam zu führen (§ 90 Abs. 2 GO LSA), beinhaltet die Pflicht, Ausgaben so gering wie möglich zu halten. Demgegenüber bezweckt das Gebot der Wirtschaftlichkeit, ein möglichst günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erzielen, mithin Aufwand für einen bestimmten Nutzen so gering wie möglich zu halten (OVG LSA, U. v. 11.01.2001, 2 L 88/00). Da die mit den geringsten Kosten verbundene Maßnahme im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung nicht stets auch die wirtschaftlichste sein muss und Art, Umfang und Qualität der Aufgabenerfüllung in aller Regel nicht objektiv messbar sind, haben Kommunen bei der Anwendung dieser gesetzlich (verbindlichen) Grundsätze einen weitgehenden, der gerichtlichen Überprüfung nur einschränkend zugänglichen Beurteilungsspielraum. Dieser ist nur dann verletzt, wenn die Gemeinde ihre Entscheidungsbefugnis in nicht mehr vertretbarer Weise ausübt (OVG LSA, a. a. O.). Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bestimmt auch das kommunale Handeln beim Abschluss von Verträgen zwischen Körperschaften. In Anbetracht vorstehender Grundsätze, ließe sich ein Verstoß eines vertraglich vereinbarten Entgeltes gegen § 90 Abs. 2 GO LSA in erster Line auf solche Gründe stützen, die haushaltsrechtlicher (vermögensrechtlicher) Natur sind, mithin solche, die entgeltbildende Elemente (Wert der Anlagen/Entgelt, Aspekte der Wertbestimmung etc.) enthalten. Auf solche Gründe hat der Beklagte sein Einschreiten vorliegend jedoch gar nicht gestützt. Vielmehr ist er (wohl) davon ausgegangen, dass dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch ein Verbot der „Bereicherung“ anderer Körperschaften durch die beaufsichtigte Körperschaft innewohnt. Anders ist es nicht zu erklären, warum der Beklagte gegen den Kläger einschreitet, obwohl er (nunmehr) selbst davon ausgeht, die Kosten für die Umverlegung der Ferngasleitungen konnten bei der Ermittlung der Höhe des Entgeltes Berücksichtigung finden, der Kläger mithin für das übernommene Anlagevermögen lediglich einen angemessen Kaufpreis zahlt. Weshalb er in Anbetracht dessen gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoße haben soll, erschlösse sich dem Gericht bei anderer Auslegung des (Widerspruchs-)Bescheides, dessen Gründe nicht nur diesbezüglich schwer nachzuvollziehen sind, nicht. Ob dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ein solcher Inhalt tatsächlich zukommt, kann hier dahinstehen. Denn die Beigeladene erhält – unabhängig von der Vereinbarung in § 6 Abs. 3 Vertrag – kein Entgelt, auf das sie keinen Anspruch hätte.

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a) Das Vorgehen des Beklagten impliziert zunächst u. a., dass die Übernahme dieser Anlagen durch den Kläger zur Bewältigung der ihm obliegenden Aufgaben auch erforderlich war, zumal daran rechtlich nichts Gewichtiges zu erinnern sein dürfte. Es sei in diesem Zusammenhang lediglich angemerkt, dass es zwar auch andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten geben mag, um die Abwasserentsorgung in diesen Gebieten dauerhaft sicherzustellen. In Anbetracht der mit der Mitgliedschaft der Beigeladenen im Kläger erfolgten Aufgabenübertragung dürfte es jedoch nicht sachwidrig sein, wenn sich die Beteiligten zu einer Eigentumsübertragung an den Anlagen entschließen. Diese konnte auch entgeltlich vereinbart werden, da die dem Kläger dafür zugewendete Gegenleistung werthaltig ist und dies zu einem Vermögenszuwachs bei ihm führt. Die Beigeladene wird durch die Entgeltgewährung auch nicht in unzulässiger Weise durch den Kläger bereichert. Der Höhe des vereinbarten Entgeltes stehen nämlich entgegen der Auffassung des Beklagten auch die der Beigeladenen in den Jahren 1990 und 1991 gewährten Zuwendungen zur „Entwicklung wirtschaftsnaher Infrastruktur im Grenzgebiet der ehem. DDR“ (Bescheid der Bezirksregierung Hannover vom 20.12.1990) und die Zuwendungen des Landes Sachsen-Anhalt auf der Grundlage des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW- Gesetz)– Programmteil 1991 (GA)“ (Bescheid des Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt vom 31.07.1991 in der Gestalt der Änderungsbescheide) nicht entgegen. Dabei ist der Inhalt des auf der Grundlage von Artikel 91 a Abs. 2 GG erlassenen GRW-Gesetzes für die hier interessierende Frage nur bedingt hilfreich. Die auf der Grundlage der erlassenen Rahmenpläne (§ 4 Abs. 1 GRW-Gesetz) zur Verfügung gestellten Mittel werden vom Land nach Maßgabe des GRW-Gesetzes ausgereicht (§ 44 LHG). Diese wirken dann aus der Sicht eines Dritten (hier: Kläger) auch unter Berücksichtigung der Maßgaben des Einigungsvertrages (vgl. Anlage I, Kapitel V, Sachgebiet A, Abschnitt III) wie allgemeine gemeindliche Deckungsmittel für Investitionsvorhaben, die jedenfalls nicht für die konkrete Herstellung der hier in Rede stehenden Abwasseranlagen gewährt werden. Denn die Zuwendungen dien(t)en allein dazu, durch gemeindliche Investitionen die Ansiedlung von Gewerbebetrieben zeitnah bzw. überhaupt zu ermöglichen, mithin Voraussetzungen für die Ansiedlung aus wirtschaftsstrukturellen Gründen (§ 1 Abs. 1 Ziffer 2 GRW-Gesetz) zu schaffen. Dass dies nur realisiert werden kann, indem den ansiedlungswilligen Unternehmen erschlossene Grundstücke zur Verfügung gestellt werden, hinsichtlich derer dann Beiträge nach den Vorschriften des Baugesetzbuches (§§ 127 ff.) sowie den einschlägigen kommunalabgabenrechtlichen Vorschriften zu erheben sind, lässt dabei den eigentlichen Zweck der Zuschussgewährung nicht entfallen (vgl. dazu auch Diehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 8 Rn. 383 ff.). Sind Zuwendungen auf die Ansiedlung von Gewerbebetrieben gerichtet, so ist allein dies Ziel der Zuwendung, weshalb sich der Zweck der Zuwendung auch darin erschöpft. Die zugewendeten Mittel zeitigen dann in Bezug auf den nachfolgend die Anlagen übernehmenden Dritten wie bei einer einzelbetrieblichen Förderung von Unternehmen nach dem GRW-Gesetz vermögensmehrende Wirkung mit der vom Zuwendungsgeber bestimmten Zweckbindung. Aus diesem Grunde sind bei der Bildung des Entgeltes die Umstände, unter denen die vom Kläger übernommenen Anlagen errichtet wurden, unbeachtlich. Dies ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen ist, weil sowohl der Beantragung als auch dem Bewilligungsbescheid ein Investitionsplan zu Grunde lag, der jedenfalls auch die Herstellung der nunmehr veräußerten Anlagen vorsah. Die Vorlage eines Investitionsplanes war/ ist Voraussetzung für die Gewährung einer Zuwendung, nicht zuletzt um die Förderungswürdigkeit des Vorhabens beurteilen und dessen Realisierung kontrollieren zu können. Damit verbleibt es jedoch bei dem eigentlichen Förderungszweck (hier: Wirtschaftsstrukturförderung), der „über“ die bezeichneten und ggf. nachfolgend der Beitragspflicht unterliegenden Investitionen verwirklicht wird. Es verbleibt mithin bei dem Befund, dass die hier in Rede stehenden Zuwendungen jedenfalls eine vermögenswerte Begünstigung der Gemeinde zu bewirken in der Lage waren, was es rechtfertigt, diese bei nachfolgenden Vermögensübertragungen durch Forderung und Zahlung eines entsprechenden Entgeltes auszugleichen. Denn aus der Sicht eines – hier allein interessierenden - Dritten (hier: Kläger), stellt sich die Gewährung solcher Zuwendungen wie ein (echter) Vermögenszuwachs dar, was auch eine entgeltliche Übertragung an den Dritten rechtfertigt, wenn nicht sogar erfordert. Werden „solche Anlagen“ zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts übertragen, sind – wie auch im Zivilrechtsverkehr im Übrigen – die Umstände, unter denen die Anlagen hergestellt/angeschafft wurden, für die Entgeltbildung unbeachtlich.

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b) Soweit der Beklagte ausweislich der Gründe des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 zudem die Auffassung vertritt, das in § 2. des Vertrages vereinbarte Entgelt verstoße deshalb gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, weil der Kläger aus Rechtsgründen (hier: Zuschussgewährung) nicht in der Lage ist, die übernommenen Anlagen als Teil seiner öffentlichen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung über Beiträge zu refinanzieren, so ist dem zwar im Ansatz, jedoch nicht im Ergebnis zu folgen. Ein solches Handeln hat der Beklagte zwar zu Recht als einen Verstoß gegen das kommunale Haushaltsrecht und nicht etwa als einen solchen gegen Abgabenrecht angesehen. Denn dazu hätte der Rechtsverstoß selbst im Abgabenrecht angelegt sein müssen, was nicht der Fall ist. Im Abgabenrecht selbst angelegt sind „Aspekte des Aufwandes“ nur dann, wenn dies zu einer Verletzung des in § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA enthaltenen Verbotes der Aufwandsüberschreitung führen würde. Folge wäre zudem, dass sich die Beanstandung dann gegen die Abgabensatzung selbst richten müsste, was entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausschließlich der Wahrnehmung privater Rechte Dritter dient. Ein – wie hier - angemessenes Entgelt im Zusammenhang mit der Übernahme von Anlagen kann jedoch nur dann gegen die Möglichkeit der Refinanzierung über Beiträge streiten, wenn Dritte für diese Anlagen Zuwendungen mit der Folge gewährt haben, dass diese aus beitragsrechtlicher Sicht zur Minderung des umlagefähigen Aufwandes führen müssten. Denn § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA ermöglicht den Gemeinden die Beitragserhebung nur zur Deckung i h r e s Aufwandes. Dann schlagen beitragsrechtliche Aspekte quasi auf die Bildung des Entgeltes deshalb durch, weil dem Zweckverband ansonsten in vermeidbarer Weise nicht deckungsfähige Kosten entstehen würden, was nicht zulässig wäre. Deshalb ist ein kommunalaufsichtliches Einschreiten wie hier ungeachtet dessen geeignet, ob der Kläger bislang tatsächlich lediglich ca. 1,7 Mio. Euro „aus dem Kaufpreis“ bei der Kalkulation seiner Beiträge berücksichtigt hat.

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Vorliegend ist jedoch von dem aufgrund der Vermögensübernahme zu aktivierenden Anlagevermögen (beitragsfähiger Aufwand) kein Anteil abzuziehen. Denn wie bereits oben dargestellt, sind die der Beigeladenen in den Jahren 1990/1991 gewährten Zuwendungen nicht anlagebezogen erfolgt. Anders verhielte es sich, wenn Mittel nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von wasserwirtschaftlichen Vorhaben RZWas 1992 (RdErl. des MÜ vom 07.01.1993; MBl. LSA 1993, S. 690) gewährt worden wären, was nicht der Fall ist. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 07.01.1998 (5 ZU 4001/97) verweist, so lag dem bereits deshalb ein anderer Sachverhalt zu Grunde, weil die dort in Rede stehenden Zuwendungen für eine konkrete Erweiterung von Anlagen der Abwasserentsorgung (Kläranlage) bestimmt waren. Vorliegend war Zielrichtung der Zuwendungsgewährung auf der Grundlage der Bescheide vom 20.12.1990 bzw. 31.07.1991 jedoch ausschließlich die Ansiedlung von Unternehmen; das dem Bescheid vom 31.07.1991 beigefügt Schreiben des damaligen Ministers, Herrn Dr. R., nahm insoweit auch ausdrücklich auf die „ansiedlungswilligen Unternehmen“ Bezug.

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Auch ist § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA, wonach, wenn der Zuwendungsgeber nichts anderes bestimmt hat, Zuwendungen hälftig zur Deckung des Gemeindeanteils verwandt werden, hier nicht gegenständlich, weil es nicht um die Festlegung der Höhe des Gemeindeanteils im Rahmen der Erhebung von Anschlussbeiträgen geht; einen solchen hat der Kläger weder berücksichtigt noch wäre dies rechtlich geboten (dazu OVG LSA, U. v. 23.08.2001, 1 L 133/01).

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Sind die gewährten Zuwendungen nicht vom beitragsfähigen Aufwand abzusetzen, stünde dieser Aspekt der Beitragsfähigkeit des vereinbarten Entgeltes für das übernommene und gewidmete Anlagevermögen, anders als bei ohne Entgelt übernommenen Anlagen aus einem „Erschließungsgebiet“, nicht entgegen.

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Die vorstehenden Erwägungen sind jedoch davon zu trennen, ob und unter welchen Voraussetzungen bei derartigen Zuwendungen der einzelne Grundstückseigentümer in dem Gewerbegebiet, welches im Zusammenhang mit der Gewährung von Zuwendungen erschlossen wurde, dann einen Teilhabeanspruch an den gewährten Zuwendungen hat, wenn von ihm für die hergestellte leitungsgebundene (Gesamt-)Einrichtung Beiträge in der selben Höhe wie von allen anderen Grundstückseigentümern erhoben werden (zu diesem Gebot OVG LSA, B. v. 23.07.2008, 4 M 311/08) und im umlagefähigen Aufwand (zu Recht) die Herstellungskosten auch der seinerzeit geförderten Anlagen berücksichtigt wurden (vgl. dazu OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, B. v. 06.12.2001, 1 M 73/01 und vom 22.09.2004, 1 M 166/04, alle juris). Dies ist jedoch weder im vorliegenden Rechtsstreit noch im Rahmen eines Streits zwischen einem Beitragsschuldner und dem Kläger zu entscheiden. Denn die Zuwendungen sind der Beigeladenen gewährt worden; diese sind zudem nicht dinglicher Natur, weshalb daraus ggf. resultierende Rechtspflichten nicht im Rahmen der Vermögensübergabe auf den Kläger übergegangen sind. Vom oben dargelegten Zweck der Zuwendungen ausgehend, dürfte ein solcher Teilhabeanspruch eher zu verneinen sein, es sei denn, der Zuwendungsgeber hatte es in der Hand, diesbezüglich modifizierende Regelungen zu treffen und hat davon auch Gebrauch gemacht. Belang könnte insoweit dem Begleitschreiben zum Zuwendungsbescheid vom 31.07.1991 zukommen, wobei zu beurteilen wäre, ob die darin getätigten Ausführungen überhaupt Inhalt des Zuwendungsbescheides geworden sind. Darin wird u. a. die Bitte und Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass die gewährten Zuwendungen die Höhe der Erschließungsbeiträge (§§ 127 ff.) mindert. Der Anwendung dessen auf die hier in Rede stehenden Anschlussbeiträge dürfte dabei zwingend weder der Wortlaut noch die Natur der Beitragsarten entgegenstehen. Dass Erschließungsbeiträge in diesem Sinne auch Anschlussbeiträge sein könnten, dürfte zwar nicht von vornherein auszuschließen sein. Denn einerseits umfasst die Erschließung(spflicht)/Erschließungslast nach §§ 123 BauGB auch leitungsgebundene Anlagen (vgl. § 124 Abs. 2 BauGB). Andererseits wird durch § 127 Abs. 4 BauGB im Kontext mit Erschließungsbeiträgen ausdrücklich geregelt, dass die Erhebung von Anschlussbeiträgen unberührt bleibt. Ungeachtet dessen, ob sich der Zuwendungsgeber in der Gestalt des Verfassers des Anschreibens bewusst war, dass mit den Anschlussbeiträgen, anders als bei Erschließungsbeiträgen für Erschließungsanlagen i. S. v. §§ 127 ff. BauGB, in der Regel nicht lediglich der Vorteil aus den für das „geförderte Erschließungsgebiet“ geschaffenen Anlagen abgegolten wird, könnte dem dort zum Ausdruck gebrachten Gedanken der „Minderung von Beiträgen“ auch in Bezug auf Anschlussbeiträge Rechnung getragen werden. Denn sind die Zuwendungen dem Zweckverband selbst gewährt worden, könnte das Leistungsgebot gemindert werden (dazu OVG Meckl.-Vorpommern, a. a. O.). Übernimmt ein Zweckverband solche Anlage von einer (Mitglieds-)Gemeinde, dann schuldet er, wie oben ausgeführt, ein Entgelt, was diese dann in die Lage versetzen würde, den Teilhabeanspruch der Grundstückseigentümer zu realisieren.

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Inwieweit ggf. derartige Ansprüche dann durch die abgeschlossenen Kaufverträge überlagert werden bzw. durch die Verrechnungsvereinbarung in § 6 Abs. 3 Vertrag (siehe unten 3.) abgegolten ist, wäre ebenfalls nur im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen den Eigentümern und der Beigeladenen zu klären. Nach keiner Betrachtung dürfte jedoch ein wie auch immer bestehender „Teilhabeanspruch“ noch neben die kaufvertraglichen Ansprüche treten.

35

3. Die zwischen dem Kläger und der Beigeladenen in § 6 Abs. 3 vereinbarte Verrechnung verstößt ebenfalls nicht gegen § 90 Abs. 2 GO LSA. Denn der Kläger kehrt damit lediglich einen Teil des zu Recht (siehe oben 2.) vereinbarten Entgeltes an den jeweiligen Beitragsschuldner aus, das er ansonsten der Beigeladenen schulden würde. Dabei ist es auch unbeachtlich, ob dafür die Voraussetzungen nach § 267 Abs. 1 BGB vorliegen, da mit der Benennung der Vorschrift nur der darin enthaltene Rechtsgedanke, nämlich dass ein Gläubiger in der Regel nur an der Herbeiführung des Leistungse r f o l g s interessiert ist, aufgenommen wurde, ohne dass damit der Inhalt der Verrechnung wesentlich geprägt werden sollte. Würden mithin die zur Verrechnung getroffenen Regelungen § 267 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gerecht werden, so handelt es sich dabei lediglich um eine fehlerhafte rechtliche Bewertung des tatsächlich durch den Vertrag Vereinbarten, sofern diese Vereinbarung für sich genommen Bestand haben kann (§ 139 BGB), woran hier keine Zweifel bestehen. Bei § 6 Abs. 3 Vertrag dürfte – ohne dass es hier streitentscheidend darauf ankäme – es sich nicht um einen (echten) Vertrag zugunsten Dritter (hier: Grundstückseigentümer in den Gewerbegebieten), bei dem der Dritte unmittelbar das Recht erwerben würde, die Leistung zu fordern (§ 328 Abs. 1 BGB), handeln. Vielmehr dürfte die Vorschrift allein eine Erfüllungszusage (unechter Vertrag zugunsten eines Dritten), bei der der Dritte keine Rechte aus dem Vertrag erwirbt (dazu Heinrichs in: Palandt, BGB, 62. Aufl., Einf v § 328, Rz. 1 ff. und § 329, Rz. 1), beinhalten.

36

Bei einer wie hier rechtlich bestehenden (Entgelt-)Verpflichtung des Klägers kann es unentschieden bleiben, ob die Beigeladene zu Recht davon ausgegangen ist, dass sie den Eigentümern der Grundstücke in den Gewerbegebieten I und II (Beitragsschuldner i. S. v. § 6 Abs. 3 Vertrag) aus den mit ihnen geschlossenen Kaufverträgen deshalb etwas schulde, weil sie in den jeweiligen Kaufverträgen zugesichert hat, die Grundstücke seien voll erschlossen/erschließungs- bzw. anschlussbeitragsfrei (vgl. zu Fragen der Verjährung BGH, U. v. 06.02.2009, V ZR 26/08, zitiert nach juris). Selbst wenn den Eigentümern Ansprüche daraus nicht zustehen sollten und sich die Beigeladene aus anderen als rechtlichen Gründen gegenüber den Eigentümern „in der Pflicht sähe“, bestehen in der Person des Klägers keine Hinderungsgründe, wie vereinbart zu verfahren. Denn das Nichtbestehen solcher Ansprüche ginge allenfalls zu Lasten der Beigeladenen, deren Verhalten (hier) nicht in Rede steht. Denn sie verzichtet zugunsten von Dritten auf einen Teil ihrer Kaufpreisforderung.

37

4. Das Gericht sieht sich darüber hinaus zu folgenden Hinweisen veranlasst:

38

Der Beklagte könnte vorliegend auch sein (Entschließungs-)Ermessen fehlerhaft ausgeübt haben. Denn der beanstandete Beschluss des Klägers vom 15.12.2004 betrifft den Abschluss einer v e r t r a g l i c h e n Regelung. Insoweit wäre kommunalaufsichtlich zwingend abzuwägen gewesen, welche Folgen die Beanstandung hat. Denn es ist davon auszugehen, dass der Vertrag nur mit dem vereinbarten Kaufpreises zustande kommen sollte/wird. Die einseitige Beanstandung eines Beschlusses, der auf den Abschluss eines Vertrages zwischen zwei der Rechtsaufsicht ein und derselben Behörde unterliegenden Körperschaften gerichtet ist, könnte hinter dem Zweck von Kommunalaufsicht deshalb zurückbleiben, weil sie zu einen status quo führt, der jedenfalls dann nicht gewollt ist, wenn grundsätzlich die Notwendigkeit für eine Vermögensübertragung besteht, jedoch keine Einigung hinsichtlich des Kaufpreises erzielt wird. Es wäre zu erwägen, ob dann die Wahl des Aufsichtsmittels der Beanstandung zur Regelung dieses Zustandes überhaupt geeignet ist oder ob insoweit nicht wechselseitige Pflichten des Klägers und der Beigeladenen bestehen, deren Einhaltung mit dem Mittel der kommunalaufsichtlichen Anordnung (§ 137 GO LSA) effektiver zu erreichen wäre. So könnte sich die Pflicht zur Vermögensübergabe/-übernahme – mangels einer vertraglichen Regelung zwischen den Beteiligten über die Herstellung der Anlagen - ggf. aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA; § 677 ff. BGB) unter Berücksichtigung der sich aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten und „die Höhe“ des insoweit geschuldeten Entgeltes aus §§ 683 BGB i. V. m. 90 Abs. 2 GO LSA ergeben. Diesen Erwägungen dürfte auch nicht mit Erfolg entgegenzuhalten sein, dass derartige Ansprüche bereits verjährt sind. Die Ansprüche aus einer öffentlich-rechtlichen GoA unterlagen jedenfalls bis zum 31.12.2001 der dreißigjährigen Verjährung d. § 195 BGB a. F.; ab dem 01.01.2002 könnten diese Ansprüche der dreijährigen Verjährung nach § 195 BGB unterliegen, da die Ansprüche zwischen dem Kläger und der Beigeladenen am 01.01.2002 jedenfalls noch nicht verjährt waren (Artikel 229 § 6 EGBGB). Da aufgrund der Aktenlage jedenfalls davon auszugehen ist, dass die Verjährung aufgrund schwebender Verhandlungen zwischen den Beteiligten ab dem 01.01.2002 gehemmt war/ist (§ 203 BGB), kann es unentschieden bleiben kann, ob die Verjährungsfrist d. § 195 BGB auf (Alt-)Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher GoA überhaupt anwendbar ist (vgl. zum Stand der Rechtsprechung BVerwG, U. v. 15.06.2006, 2 C 10.05, NJW 2006, 3225 sowie U. v. 11.12.2008, 3 C 37.07, DVBl. 2009, 445).

II.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären, da sie sich aufgrund ihrer Antragstellung der Gefahr der Kostenlast ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) und auf der Seite des obsiegenden Klägers gestritten hat.

40

Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

41

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war für notwendig zu erklären, da der komplexe Sachverhalt schon im Vorverfahren in der für den Kläger bedeutsamen Angelegenheit anwaltliche Vertretung erfordert hat.


Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. März 2010 - 9 A 205/09

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. März 2010 - 9 A 205/09

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Lastenausgleichsgesetz - LAG
Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. März 2010 - 9 A 205/09 zitiert 23 §§.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 683 Ersatz von Aufwendungen


Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht diese

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(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behör

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 267 Leistung durch Dritte


(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich. (2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

Baugesetzbuch - BBauG | § 123 Erschließungslast


(1) Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen einem anderen obliegt. (2) Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauun

Baugesetzbuch - BBauG | § 124 Erschließungspflicht nach abgelehntem Vertragsangebot


Hat die Gemeinde einen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Absatz 1 erlassen und lehnt sie das zumutbare Angebot zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags über die Erschließung ab, ist sie verpflichtet, die Erschließung selbst durchzuführen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 16 Privatklage, Nebenklage


(1) Der Privatkläger hat, wenn er Privatklage erhebt, Rechtsmittel einlegt, die Wiederaufnahme beantragt oder das Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung betreibt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden

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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. März 2010 - 9 A 205/09 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. März 2010 - 9 A 205/09 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Feb. 2009 - V ZR 26/08

bei uns veröffentlicht am 06.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 26/08 Verkündet am: 6. Februar 2009 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat au

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(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich.

(2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Privatkläger hat, wenn er Privatklage erhebt, Rechtsmittel einlegt, die Wiederaufnahme beantragt oder das Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung betreibt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3311, 3321, 3331, 3340, 3410, 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Der Widerkläger ist zur Zahlung eines Gebührenvorschusses nicht verpflichtet.

(2) Der Nebenkläger hat, wenn er Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3511, 3521 oder 3530 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Wenn er im Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, hat er für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift;
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist;
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist;
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt;
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Privatkläger hat, wenn er Privatklage erhebt, Rechtsmittel einlegt, die Wiederaufnahme beantragt oder das Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung betreibt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3311, 3321, 3331, 3340, 3410, 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Der Widerkläger ist zur Zahlung eines Gebührenvorschusses nicht verpflichtet.

(2) Der Nebenkläger hat, wenn er Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3511, 3521 oder 3530 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Wenn er im Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, hat er für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen.

(1) Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen einem anderen obliegt.

(2) Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs kostengünstig hergestellt werden und spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sein.

(3) Ein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht nicht.

(4) Die Unterhaltung der Erschließungsanlagen richtet sich nach landesrechtlichen Vorschriften.

Hat die Gemeinde einen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Absatz 1 erlassen und lehnt sie das zumutbare Angebot zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags über die Erschließung ab, ist sie verpflichtet, die Erschließung selbst durchzuführen.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich.

(2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 26/08 Verkündet am:
6. Februar 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 21. Dezember 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 53.486,24 € nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Januar 1994 erwarb die Klägerin von einer Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Gewerbegrundstück zu einem Preis von 105.000 DM. In § 8 heißt es: "Der Erwerber verpflichtet sich, zur Durchführung der Erschließungsmaßnahmen , welche im Auftrag der Gemeinde erfolgen, einen Betrag von 15,00 DM pro qm zu zahlen. Der vorbezeichnete Betrag wird fällig und zahlbar zu 50 % spätestens am 17.02.1994. Der Restbetrag in Höhe von 50 % wird fällig und zahlbar nach Abschluss der Erschließungsmaßnahmen und Rechnungslegung."
2
Die Klägerin zahlte in zwei Raten insgesamt 104.610 DM.
3
Die Verkäuferin war bei Vertragsschluss Mitglied eines Wasser- und Abwasserzweckverbandes. Dieser erhob von der Klägerin mit Bescheiden vom 20. Dezember 2001 für die erstmalige Herstellung der öffentlichen Trink- und Abwasseranlage Beiträge von insgesamt 69.762,40 DM. Von der Klägerin angestrengte verwaltungsgerichtliche Verfahren endeten mit einem am 20. Dezember 2006 wirksam gewordenen Vergleich, in welchem sie die angefochtenen Bescheide in der Fassung der Widerspruchsbescheide anerkannte.
4
Die Klägerin hält die Vereinbarung über die Zahlung von Erschließungskosten an die Verkäuferin wegen Verstoßes gegen § 6 Abs. 7 Satz 5 KAG-LSA für unwirksam und verlangt deshalb von der Beklagten u.a. die Zahlung von 53.486,24 € (= 104.610 DM). Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben.
5
Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, will die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht meint, die Klage sei nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet. Die bei Vertragsschluss für die Verkäuferin aufgetretene Bürgermeisterin habe schuldhaft eine vertragliche Nebenpflicht verletzt, indem die Verkäuferin von der Klägerin Beträge für Erschließungsmaßnahmen als Ablösungssumme gefordert und sich habe zahlen lassen, obwohl es keine Erschließungsbeitragssatzung gegeben habe. Ein entgegen dem Satzungsvorbehalt geschlossener öffentlich-rechtlicher Vertrag sei nichtig. Eine nach öffentlichem Recht wirksame Ablösung der Erschließungskosten habe deshalb nicht vereinbart werden können. Die Klägerin sei von dem Wasser- und Abwasserverband wegen der Erschließungsbeiträge nochmals in Anspruch genommen worden, weil ihre Zahlungen an die Verkäuferin die Beitragsforderungen des Verbandes nicht getilgt hätten.
7
Der Anspruch sei nicht nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte habe keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergebe, dass die Verkäuferin die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe.
8
Durch die Pflichtverletzung habe die Klägerin einen Schaden in Höhe des von ihr an den Wasser- und Abwasserverband gezahlten Betrags erlitten, denn sie sei von diesem nochmals für die Erschließungsleistungen in einem die Zah- lung an die Verkäuferin übersteigenden Umfang in Anspruch genommen worden.
9
Der Anspruch sei nicht verjährt. Er unterliege nach dem hier anwendbaren Übergangsrecht den seit dem 1. Januar 2002 geltenden Verjährungsvorschriften , also der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Für den Fristbeginn sei nicht ausschließlich auf den Stichtag 1. Januar 2002 abzustellen ; vielmehr sei die Frist nur dann ab diesem Zeitpunkt zu berechnen, wenn der Gläubiger Kenntnis von seinem Anspruch habe oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht habe. Der Schadensersatzanspruch sei somit erst mit der Bestandskraft des gerichtlichen Vergleichs, die mit Ablauf des 19. Dezember 2006 eingetreten sei, entstanden. Denn erst an diesem Tag habe die Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt. Noch vor dem Schluss des für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist maßgeblichen Jahres habe die Klägerin die Klage anhängig gemacht.

II.

10
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
1. Mit Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht der Klage unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes stattgegeben hat, ohne die Beklagte zuvor auf seine von der des Landgerichts - und auch der Parteien - abweichende Rechtsansicht hingewiesen zu haben.
12
a) Die von der Klägerin in ihrer Revisionserwiderung vertretene Ansicht, dass der Vorsitzende des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung bei der Einführung in den Sach- und Streitstand die in dem Berufungsurteil zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung dargelegt habe und die Parteien Gele- genheit zur Stellungnahme gehabt hätten, findet weder in dem maßgeblichen Protokoll (§ 165 Satz 1 ZPO) noch in dem Berufungsurteil eine Stütze. Auch dem übrigen Akteninhalt ist ein solcher Hinweis nicht zu entnehmen. Deshalb ist davon auszugehen, dass er nicht erteilt worden ist.
13
b) Eine in erster Instanz siegreiche Partei darf jedoch darauf vertrauen, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis nach §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO zu erhalten, wenn es in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält; diese Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn dieser die Rechtslage falsch beurteilt (siehe nur BGH, Beschl. v. 28. September 2006, VII ZR 103/05, NJW-RR 2007, 17 m.w.N.).
14
c) Danach war hier ein Hinweis auf die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht notwendig.
15
Die Parteien haben sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz ausschließlich darum gestritten, ob die Vereinbarung der Zahlung von Erschließungskosten in dem Kaufvertrag wirksam oder wegen Verstoßes gegen den Satzungsvorbehalt in § 6 Abs. 7 Satz 5 KAG-LSA nichtig ist. Das Landgericht hat die Begründetheit der Klage allein unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt geprüft und verneint. Auf Grund dieser Umstände durfte die in der ersten Instanz siegreiche Beklagte davon ausgehen, dass das Berufungsgericht seine Entscheidung zu ihren Lasten nicht auf eine andere Anspruchsgrundlage stützen werde. Deshalb bestand für die Beklagte kein Anlass, etwa zu einer Schadensersatzverpflichtung Stellung zu nehmen und u.a. vorzutragen, dass die Verkäuferin die von dem Berufungsgericht angenommene Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe.
16
d) Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung der Hinweispflicht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht anders entschieden hätte, wenn es der Beklagten Gelegenheit gegeben hätte, zu seiner rechtlichen Beurteilung Stellung zu nehmen. Die Beklagte hätte dann nämlich - wie jetzt von ihr dargelegt - im Berufungsrechtszug vorgetragen, dass der Klägerin kein ersatzpflichtiger Schaden entstanden sei, weil die Inanspruchnahme durch den Wasser - und Abwasserverband eine beitragspflichtige öffentliche Leistung betreffe, welche die Klägerin im Rahmen des Benutzungszwangs in Anspruch nehme, ohne bislang hierfür einen Beitrag gezahlt zu haben. Denn schon der Vortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen ging stets dahin, dass § 8 des Kaufvertrags nur Erschließungsmaßnahmen im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB und damit die wegerechtliche Erschließung habe erfassen sollen. Damit sei der auf vertraglicher Grundlage erhobene Erschließungsbeitrag niemals dazu gedacht gewesen, die Klägerin von der später erhobenen Abgabe für Schmutz- und Trinkwasser zu entbinden. Unter Beweisantritt hätte die Beklagte weiter vorgetragen , dass dieser Gesichtspunkt, nämlich die Erfassung nur der in § 127 Abs. 2 BauGB aufgezählten Erschließungsanlagen, bei den damaligen Vertragsverhandlungen beiden Parteien bekannt gewesen sei, nachdem der stellvertretende Bürgermeister der Verkäuferin die Klägerin hierauf ausdrücklich hingewiesen habe. Anlagen im Sinne des § 127 Abs. 4 BauGB seien demnach nach dem übereinstimmenden Parteiwillen von der Vereinbarung in § 8 des Kaufvertrags nicht erfasst gewesen. Nach dem Verständnis der Parteien habe es sich auch nicht um eine Ablösungsvereinbarung handeln sollen. Vor diesem Hintergrund habe es für die Beklagte keine Rolle gespielt, dass eine von ihrer Rechtsvorgängerin gerade nicht intendierte Ablösungsvereinbarung wegen der fehlenden Beitragssatzung unwirksam sein werde.
17
2. Das Urteil ist daher aufzuheben und, da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin.
18
a) Der von dem Berufungsgericht gewählte Ansatz einer schadensersatzrechtlichen Haftung der Beklagten geht fehl.
19
aa) Die von dem Berufungsgericht angenommene Anspruchsgrundlage (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB) scheidet von vornherein aus. Denn die am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Vorschrift ist auf den am 13. Januar 1994 abgeschlossenen Vertrag nicht anwendbar (Art. 229 § 5 EGBGB).
20
bb) In Betracht kommt auch kein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung, sondern allenfalls wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen. Das kann der Klage jedoch nicht zum Erfolg verhelfen, da ein etwaiger Anspruch verjährt wäre.
21
(1) Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB sind die seit dem 1. Januar 2002 geltenden Verjährungsvorschriften anzuwenden, weil ein Schadensersatzanspruch - ausgehend von dem Ansatz des Berufungsgerichts - mit den Bescheiden des Wasser- und Abwasserverbandes vom 20. Dezember 2001 entstanden und nach den alten Verjährungsvorschriften am 1. Januar 2002 noch nicht verjährt wäre. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann das Entstehen des Anspruchs nicht auf den Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Jahre 2006 hinausgeschoben werden. Der Schaden ist nicht erst in diesem Zeitpunkt eingetreten, sondern mit Erlass der Beitragsbescheide , die - aus Sicht der Klägerin - eine doppelte Inanspruchnahme bedeuteten. Unerheblich ist, dass zu diesem Zeitpunkt noch die theoretische Möglichkeit bestand, dass die Beitragsbescheide wieder aufgehoben würden. Ein Schaden ist nämlich auch dann entstanden, wenn noch nicht feststeht, ob er bestehen bleibt und damit endgültig wird (BGHZ 129, 386, 390 m.w.N.).
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(2) Der Anspruch unterläge der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB); die Frist ist nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vom 1. Januar 2002 an zu berechnen. Für die Bestimmung des Fristbeginns ist daneben das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen (§ 199 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) zu beachten (BGHZ 171, 1, 7 ff.).
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Danach beginnt die Frist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Davon ist auszugehen, sobald dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage erfolgversprechend , wenn auch nicht risikolos, möglich ist (BGH, Urt. v. 14. Oktober 2003, VI ZR 379/02, NJW 2004, 510; Urt. v. 11. Januar 2007, III ZR 302/05, NJW 2007, 830, 833; Urt. v. 3. Juni 2008, XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576, 2578, std. Rspr.). Für den hier vorliegenden Fall bedeutet dies, dass es für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist nicht auf die Bestandskraft des gerichtlichen Vergleichs im Jahr 2006, sondern grundsätzlich auf den Zugang der Beitragsbescheide ankommt (vgl. auch BGHZ 129, 386, 389). Die der Klägerin bekannt gegebenen Erschließungsbeitragsbescheide gaben ihr Anlass zu der Prüfung , ob sie ihre Zahlungen an die Verkäuferin zurückfordern konnte. Von diesem Zeitpunkt an war es ihr zuzumuten, wenigstens im Wege der Feststellungsklage die Pflicht der Beklagten zur Rückzahlung gerichtlich prüfen zu lassen. Die zutreffende rechtliche Würdigung des bekannten Sachverhalts wird nicht vorausgesetzt, so dass es grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob der Geschädigte die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt (siehe nur BGH, Beschl. v. 19. März 2008, III ZR 220/07, NJW-RR 2008, 1227 f.; Urt. v. 3. März 2005, III ZR 353/04, WM 2005, 1328, 1330 m.w.N.). Darauf, dass dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 19. März 2008, III ZR 220/07, aaO m.w.N.) anders zu beurteilen sein kann, wenn es sich um eine unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage handelt, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag , beruft sich die Klägerin ohne Erfolg. Denn spätestens nach dem von dem Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 27. Mai 2002 (1 L 169/02) war die hier zu beurteilende Rechtslage klar. Verjährungsbeginn war damit - für die Klägerin günstigstenfalls - der Schluss des Jahres 2002.
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(3) Die Verjährungsfrist endete folglich spätestens am 31. Dezember 2005 (§§ 195, 199 Abs. 1 Halbs. 1 BGB). Da die Klägerin ihre Klage erst im Dezember 2006 erhoben hat, greift die Einrede der Verjährung durch.
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cc) Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - als Schaden ohnehin nicht der an die Klägerin gezahlte Betrag angesehen werden könnte, sondern nur die geringere - aus ihrer Sicht in dieser Höhe doppelte - Zahlung an den Wasser- und Abwasserverband.
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b) Zu prüfen wird daher sein, ob die Parteien - wovon das Berufungsgericht bislang ohne Berücksichtigung des entgegenstehenden Vortrags der Beklagten ausgegangen ist - eine nichtige Ablösungsvereinbarung getroffen haben oder ob die Zahlung an die Beklagte nur die wegerechtliche Erschließung betraf. Nur im ersten Fall kann der Klägerin nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ein Rückzahlungsanspruch zustehen. Dieser Anspruch wäre auch nicht verjährt.
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aa) Er wäre mit den rechtsgrundlosen Zahlungen der Klägerin an die Beklagte in den Jahren 1994 und 1995 entstanden. Die nach damaligem Recht geltende Frist von 30 Jahren wäre noch nicht abgelaufen, so dass die neue Frist grundsätzlich vom 1. Januar 2002 an zu berechnen wäre (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Der Fristbeginn wird nur dann hinausgeschoben, wenn die subjektiven Voraussetzungen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) später eingetreten sind (BGHZ 171, 1, 7 ff.). Darauf kommt es indes nicht an, weil für den Anspruch nicht die Regelverjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) gilt, sondern nach § 196 BGB eine Frist von zehn Jahren, die in keinem Fall abgelaufen ist.
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bb) Das ergibt sich aus Folgendem.
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Ist die Vereinbarung über die Zahlung von Erschließungskosten wegen der damals fehlenden Erschließungsbeitragssatzung unwirksam, so erfasst der Mangel den gesamten Kaufvertrag. Eine Teilnichtigkeit (§ 139 BGB) nur der Erschließungskostenvereinbarung kann nicht angenommen werden. Denn diese steht nicht isoliert neben den kaufvertraglichen Regelungen, sondern ist untrennbar mit ihnen verbunden. Wirtschaftlich und rechtlich sollte und wollte die Klägerin nämlich ein - wenigstens in gewissem Umfang - erschlossenes Grundstück erwerben. Die von ihr gezahlten Erschließungskosten sind deshalb ein Teil des Grundstückskaufpreises.
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Die Nichtigkeit hätte die Rückabwicklung des Kaufvertrags zur Folge. Die Klägerin könnte den von ihr gezahlten Kaufpreis, also auch den auf die Erschließungskosten entfallenden Teil von 53.486,24 €, von der Beklagten zurückverlangen ; im Gegenzug müsste sie der Beklagten das Eigentum an dem Grundstück übertragen. Diese gesetzlichen Bereicherungsansprüche stehen in einem durch die Rückabwicklung begründeten Gegenseitigkeitsverhältnis; auf sie ist § 196 BGB anwendbar (Senat, Urt. v. 25. Januar 2008, V ZR 118/07, NJW-RR 2008, 824, 826 f.).
Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 08.03.2007 - 11 O 2594/06 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 21.12.2007 - 6 U 51/07 -

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.