Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Sept. 2017 - M 15 K 14.5106

bei uns veröffentlicht am28.09.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Bewilligung weiterer Zuwendungen zur Förderung der Erwachsenenbildung für die Jahre 2013 und 2014.

Der Kläger ist seit dem Jahr 1974 ein staatlich anerkannter Träger der Erwachsenenbildung auf Landesebene. Über sein Bildungswerk, eine rechtlich unselbständige Abteilung des Klägers, bietet er Bildungsveranstaltungen an. Zur Durchführung seiner Aufgaben bedient sich das Bildungswerk der landesweiten Struktur des Klägers. Diese gliedert sich in vier Ebenen. In den 6500 Ortsverbänden gibt es eine ehrenamtliche Basis aus Ortsvorstand und Mitgliederversammlung. Auf der Kreisebene gibt es 72 ehrenamtliche Kreisverbände, die von einer hauptamtlich geführten Kreisgeschäftsstelle bzw. von einer für mehrere Kreisverbände bestehenden Verbundgeschäftsstelle betreut werden. Auf der Bezirksebene stehen neben den 7 ehrenamtlich betriebenen Bezirksverbänden 7 hauptamtlich geführte Hauptgeschäftsstellen. Auf Landesebene werden die ehrenamtlichen Strukturen (Präsidentenkonferenz, Landesvorstand Landfrauen, Präsidium, Landesversammlung) durch ein hauptamtlich geführtes Generalsekretariat unterstützt.

Mit Ziffer 4 des Bescheides vom 6. Oktober 2014, zugestellt am 8. Oktober 2014, bewilligte das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst dem Kläger aufgrund der für die Haushaltsjahre 2011 und 2012 gemeldeten Teilnehmerdoppelstunden einen Zuschuss (institutionelle Förderung) i.H.v. 332.985,61 € für die Erwachsenenbildung im Jahr 2013 und einen Zuschuss i.H.v. 239.044,92 € für die Erwachsenenbildung im Jahr 2014. Der Zuschuss wurde als Festbetragsfinanzierung gewährt. Ziffer 1 bis 3 sowie Ziffer 5 bis 7 des Bescheids vom 6. Oktober 2014, mit denen unter anderem der Bewilligungsbescheid des Bayerischen Staatministeriums für Unterricht und Kultus vom 21. Dezember 2011 teilweise widerrufen und ein Teilbetrag zurückgefordert wurde, sind bestandskräftig geworden.

In der Begründung des Bescheids führte der Beklagte aus, dass die Bewilligungen für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 auf den statistischen Meldungen für die Jahre 2011 und 2012 beruhten. Das Bildungswerk des Klägers habe in die der Förderung zugrundeliegenden Statistik des Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung für das Jahr 2011 insgesamt 581.284 Teilnehmerdoppelstunden und für das Jahr 2012 insgesamt 491.920 Teilnehmerdoppelstunden gemeldet. Dabei seien die Teilnehmerdoppelstunden aller Kreisverbände in die Statistik gemeldet worden, da das Bildungswerk davon ausgegangen sei, dass es auf die Untergliederungen des Klägers insgesamt nicht ankomme bzw. allenfalls die Bezirksebene als Einrichtung im Sinne des Gesetzes zur Förderung der Erwachsenenbildung (EbFöG) anzusehen sei. Die im Gesetz festgelegten Kriterien für eine Einrichtung der Erwachsenenbildung müssten jedoch auf Kreisgeschäftsstellenebene erfüllt sein. Insofern seien die gemeldeten Teilnehmerdoppelstunden zu reduzieren gewesen um diejenigen Teilnehmerdoppelstunden, die auf Geschäftsstellen entfallen, die nicht den gesetzlich vorgesehenen Mindestarbeitsumfang, d.h. die in den Ausführungsbestimmungen zum EbFöG vorgesehenen Teilnehmerdoppelstunden und sonstigen Mindestleistungen, erbracht hätten. Diejenigen Geschäftsstellen, die die Voraussetzungen für den Mindestarbeitsumfang in den Jahren 2011 und 2012 erfüllten, seien in Anlage 2 zum Bescheid farbig markiert. Damit seien für die Bewilligung im Jahr 2013 insgesamt 489.342 Teilnehmerdoppelstunden zur Grundlage der Bewilligung gemacht worden. Für die Bewilligung im Jahr 2014 seien dies auf der Basis der Meldung aus dem Jahr 2012 insgesamt 338.228 Teilnehmerdoppelstunden gewesen. Nach der Verwaltungsvorschrift zu Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG seien auf Einrichtungen, die für einen staatlich anerkannten Träger auf Landesebene oder Bezirksebene die Beratung der einzelnen Einrichtungen, die Mitarbeiterfortbildung, die Kooperation gem. Art. 6 Abs. 3 EbFöG und ähnliche zentrale Aufgaben wahrnähmen, die genannten Kriterien zur Prüfung des Mindestarbeitsumfangs nicht anwendbar. Dies sei auf Landes- und Bezirksebene des Klägers der Fall, so dass die dort erbrachten Teilnehmerdoppelstunden daher unabhängig vom Erreichen des Mindestarbeitsumfanges bei der Berechnung des jeweiligen Zuschusses zu berücksichtigen seien. Im Jahr 2011 seien dies 5.118 Teilnehmerdoppelstunden auf Landesebene zuzüglich insgesamt 9.139 Teilnehmerdoppelstunden auf Bezirksebene; im Jahr 2012 seien dies 6.280 Teilnehmerdoppelstunden auf Landesebene zuzüglich insgesamt 10.902 Teilnehmerdoppelstunden auf Bezirksebene. Vertrauensschutzgesichtspunkte könnten insofern nicht greifen. Der Beklagte habe dem Kläger mit Übermittlung der Prüfmitteilung vom Bayerischen Obersten Rechnungshof am 5. September 2013 mitgeteilt, dass es bis zum Abschluss der Prüfung der Feststellungen des Bayerischen Obersten Rechnungshofes durch den Beklagen keine Entscheidung über die Bewilligung 2013 (und folglich auch 2014) geben könne und dass bis zu dieser Entscheidung auch keine Abschlagszahlungen mehr gezahlt würden. Der Kläger habe daher nicht mehr darauf vertrauen dürfen, für die Jahre 2013 und 2014 eine Auszahlung in voller Höhe aufgrund der auf seinen eigenen Meldungen in die Statistik 2011 und 2012 beruhenden Zahlen zu erhalten.

Am 10. November 2014 ließ der Kläger Klage durch seine Bevollmächtigten erheben zuletzt mit dem Antrag,

den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 6. Oktober 2014 in Ziffer 4 dahingehend abzuändern, dass dem Kläger für das Jahr 2013 ein weiterer Zuschuss in Höhe von 51.359,37 € und für das Jahr 2014 ein weiterer Zuschuss in Höhe von 91.722,08 € bewilligt wird.

Seit Geltung des Gesetzes zur Förderung der Erwachsenenbildung und seit Anerkennung des Klägers als Träger der Erwachsenenbildung auf Landesebene habe der Kläger dem Beklagten jährlich in einer Gesamtsumme die Teilnehmerdoppelstunden seiner Erwachsenenbildungsarbeit gemeldet, die dann Grundlage der Förderung gewesen seien. Diese Vorgehensweise sei bis zum Erlass des angegriffenen Bescheides durch den Beklagten in ununterbrochener Praxis erfolgt. Erstmals mit der dem Kläger am 5. September 2013 zugestellten Prüfmitteilung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes sei die Auffassung geäußert worden, dass Einrichtungen der Erwachsenenbildung die Kreisverbände des Klägers, d.h. dort die Kreisgeschäftsstellen oder die für mehrere Kreisverbände bestehenden sogenannten Verbundgeschäftsstellen, seien. Dieser Auffassung sei der Beklagte nunmehr gefolgt. Vorher sei jedoch zwischen den Parteien über Jahrzehnte unstreitig gewesen, dass der Kläger entweder nur über eine Einrichtung auf Landesebene verfüge oder dass die Bezirksebene, d.h. die sieben Bezirksverbände mit ihren sieben Hauptgeschäftsstellen, Einrichtungen im Sinne des Gesetzes seien. Die Bezirksebene sei die richtige Organisationsebene, da auf Ebene der Bezirksverbände eine feste Organisationsstruktur mit einem Bildungswerkgeschäftsführer bestehe. Dieser organisiere und überwache die Erwachsenenbildungsarbeit auf Bezirksebene und bediene sich dafür der Mitarbeit der Kreisgeschäftsstellen bzw. der Verbundgeschäftsstellen. Das Gesetz sehe in Art. 3 Abs. 2 EbFöG nicht vor, dass jeder Geschäftsführer einer Einrichtung selbst in unmittelbaren Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden treten müsse. Nach dem Gesetzeszweck sollen allein solche Organisationen der Erwachsenenbildung gefördert werden, die schlagkräftig genug seien, in mindestens fünf Regierungsbezirken planmäßige und fundierte Erwachsenenbildung zu leisten. Diese Einrichtungen müssten daher eine Mindestgröße für die staatliche Förderung haben. Der Kläger und sein Bildungswerk seien regional gegliedert. Die jeweils höhere Ebene bediene sich der niedrigeren Ebene zur Umsetzung der Arbeit. Dies bedeute aber nicht, dass damit die jeweils niedrigere Ebene die allein entscheidende sei; sie handele vielmehr jeweils auf Weisung der höheren Ebene. Der Kläger genieße zudem Vertrauensschutz, da er aufgrund jahrzehntelanger, mit dem Beklagten abgestimmter Praxis darauf habe vertrauen dürfen, dass seine Organisationsform der Erwachsenenbildung den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Zum Zeitpunkt der Prüfmitteilung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes im September 2013 habe er keine Chance mehr gehabt, seine organisatorischen, personellen und damit finanziellen Dispositionen für die Jahre 2013 und 2014 – schon gar nicht für die Jahre 2011 und 2012 – in Bezug auf die Erwachsenenbildungsarbeit so zu verändern, dass sie der Prüfmitteilung entsprochen hätten. Zwar könne ein Zuwendungsempfänger nicht fest darauf vertrauen, dass eine Förderung fortdauere. Ihm stehe trotz jahrelang gewährtem Zuschuss grundsätzlich kein Anspruch für die Zukunft zu. Allerdings bestehe im vorliegenden Fall im Gegensatz zu anderen Förderfällen ein gesetzlicher Anspruch. Insofern sei zu prüfen, ob der Kläger im Hinblick auf eine jahrzehntelange unangefochtene Praxis bezüglich seiner konkreten Dispositionen auf die Fortführung dieser Praxis zumindest solange einen Rechtsanspruch haben könne, bis er organisatorisch in der Lage sei, seine Strukturen einer etwaigen neuen Rechtsauffassung gegenüber anzupassen.

Im Übrigen könne, selbst bei Unterstellung, dass die Ebene der Verbundgeschäftsstellen maßgeblich sei, ein Schwellenwert von 10.000 Teilnehmerdoppelstunden bei der Bestimmung des in Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG geregelten Mindestarbeitsumfanges nicht in Ansatz gebracht werden. Denn es existiere bereits keine Verwaltungsvorschrift im Sinne von Art. 24 EbFöG, die den Begriff des Mindestarbeitsumfangs konkretisiere. Eine entsprechende Verwaltungsvorschrift sei seit Geltung des EbFöG nie erlassen und nie bekannt gemacht worden. Die Festlegung des Mindestarbeitsumfanges könne nicht auf die Beschlüsse des Landesbeirates gestützt werden, da diese schon nicht bekannt gemacht worden seien und daher nicht als Verwaltungsvorschriften im Sinne von § 24 EbFöG herangezogen werden könnten. Der Landesbeirat sei ein Konsultativorgan ohne eigene Regelungsbefugnis. Daher sei ein Beschluss des Landesbeirates ohne förmliche Bekanntmachung nicht geeignet, die Exekutive oder gar die Judikative zu binden oder auch nur Kriterien für die Gesetzesauslegung mit normativer Kraft zu bestimmen. Zudem habe der Beklagte seit Entstehung des EbFöG zum Begriff des Mindestarbeitsumfanges die Haltung vertreten, dass in der Verwaltungspraxis die Schwellenwerte nicht schematisch anzuwenden seien. Insoweit werde auf das Schreiben des Beklagten vom 24. April 1984 verwiesen. Dieses Schreiben selbst stelle keine Verwaltungsvorschrift dar, da ihm keine bindende Anweisung an die Verwaltung mit Außenwirkung entnommen werden könne, die den Normgehalt gegenüber Dritten konkretisiere. Der Beklagte verweise darin auf einen Beschluss des Landesbeirates für Erwachsenenbildung. Er sei zu diesem Zeitpunkt nicht davon ausgegangen, eine bindende Verwaltungsvorschrift zu erlassen. Im Übrigen sehe auch der zitierte Beschluss des Landesbeirats Ausnahmen von den Schwellenwerten vor. Ohne normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift führe die Festsetzung eines starren Schwellenwertes im Wege der Auslegung zu einer Gesetzesanwendung contra legem, da unter Berücksichtigung von Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EbFöG vorrangig zu fördernde struktur- und bevölkerungsschwache Gebiete bei einem Schwellenwert von 10.000 Teilnehmerdoppelstunden von vornherein gerade nicht förderfähig seien. Damit dem darin zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken Rechnung getragen werden könne, müsse in schwach strukturierten und dünn besiedelten Gebieten eine Beurteilung nach qualitativen und nicht nach quantitativen Gesichtspunkten erfolgen. Dieses Gesetzesverständnis entspreche auch demjenigen, das der Landesbeirat seinem Beschluss aus dem Jahr 1983 zugrunde gelegt habe. Dort sei klargestellt worden, dass auf eine Einrichtung, die zentrale Aufgaben der Erwachsenenbildung wahrnehme, die quantitativen Kriterien zur Prüfung des Mindestarbeitsumfanges nicht anwendbar seien. Aus diesem Grund habe der Beklagte im Gesetzesvollzug seit Inkrafttreten des EbFöG, wie aus der Antwort auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten … … vom 30. November 1984 hervorgehe, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, von Schwellenwerten abzusehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine jahrzehntelange Übereinkunft in dem Sinne, dass der Kläger entweder über eine einzige Einrichtung auf Landesebene oder aber über sieben Einrichtungen auf Bezirksebene verfüge, habe es nie gegeben. Diese Frage sei seit Inkrafttreten des Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes nie problematisiert worden. Der Kläger habe von Beginn an über Jahrzehnte nur für das gesamte Bildungswerk die gesammelten Teilnehmerdoppelstunden an das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung gemeldet, ohne die Stunden einzelnen Einrichtungen zuzuordnen. Dass dies der Beklagte nicht beanstandet habe, sei allenfalls bei der Entscheidung über den Vertrauensschutz zu berücksichtigen. Erheblich sei allein, auf welcher Organisationsebene innerhalb des Bildungswerks des Klägers die Voraussetzungen für eine Einrichtung im Sinne des Gesetzes in den streitgegenständlichen Jahren 2013 bis 2014 erfüllt seien. Damit eine Einrichtung mit ihrer Bildungsleistung bei der Bemessung der Förderung berücksichtigt werden könne, müsse sie die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 a) bis f) EbFöG erfüllen. Nähere Ausführungen, insbesondere zum erforderlichen Mindestarbeitsumfang einer berücksichtigungsfähigen Einrichtung, fänden sich im EbFöG nicht. Das Gesetz sehe vielmehr den Erlass von Verwaltungsvorschriften vor. Diese habe der Beklagte mit Schreiben vom 24. April 1984 erlassen und allen staatlich anerkannten Landesorganisationen und Trägern auf Landesebene bekannt gemacht. Bis einschließlich zum Jahr 2003 sei dieses Schreiben in unveränderter Form den jährlichen Hinweisen des Landesamts für Statistik zur Anmeldung der berücksichtigungsfähigen Veranstaltungen beigefügt worden. Seit dem Jahr 2004 werde in dem jährlichen Anschreiben an alle Zuschussempfänger auf die unverändert geltende Verwaltungsvorschrift verwiesen. Bereits dem klaren und eindeutigen Wortlaut des ersten Satzes des Schreibens vom 24. April 1984 sei zu entnehmen, dass der Beklagte damit eine verbindliche Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 EbFöG erlasse. Die nach Art. 19 Abs. 2 EbFöG erforderliche Mitwirkung des Landesbeirats als das die Staatsregierung in Fragen der Erwachsenenbildung beratende Gremium habe im vorliegenden Fall so ausgesehen, dass der Landesbeirat der Verwaltungsvorschrift im Wege eines einstimmigen Beschlusses zugestimmt habe. Der Kreis der unmittelbaren Zuschussempfänger sei von 1974 bis einschließlich 2014 unverändert geblieben. Weitere Zuschussempfänger bedürften einer vorherigen staatlichen Anerkennung und würden dann ebenfalls Kenntnis von den Verwaltungsvorschriften erlangen. Die Verwaltungsvorschrift sei seit Erlass einheitlich vollzogen worden. Die Beantwortung der schriftlichen Anfrage vom 30. November 1984 falle zeitlich genau in den Übergangszeitraum zwischen Bekanntgabe der Verwaltungsvorschrift am 24. April 1984 und Geltungsbeginn am 1.1.1985 und sei daher im Lichte des Übergangsprozesses erfolgt. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten seien – außer in Bezug auf die explizit in der Verwaltungsvorschrift geregelten Einrichtungen mit zentralen Aufgaben – weder Ausnahmen noch eine Absenkung der festgelegten Parameter zugelassen worden; insbesondere seien keine abgesenkten Standards für Einrichtungen in dünn besiedelten Gebieten genehmigt worden. Das Gebot der Vorrangförderung für Einrichtungen in Gebieten, die schwach strukturiert und dünn besiedelt seien, richte sich ausweislich des insoweit eindeutigen Wortlauts des Art. 10 Abs. 1 Satz 1 EbFöG nicht an den staatlichen Zuschussgeber, sondern an die Landesorganisationen. Diese Rechtspflicht gelte daher nur hinsichtlich der Weiterleitung der Zuschüsse nach den internen Verteilungsrichtlinien der Landesorganisationen als Erstzuschussempfänger. Qualitative Kriterien für die Auslegung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestarbeitsumfangs könne man daraus nicht ableiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 28. September 2017 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden.

Der Bescheid ging dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 8. Oktober 2014 zu. Die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO endete damit am Samstag, dem 8. November 2014 (§ 57 VwGO i.V.m. § 222 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB). Fällt das Fristende – wie hier – auf einen Sonnabend, endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 222 Abs. 2 ZPO), so dass die am Montag, den 10. November 2014, bei Gericht eingegangene Klage rechtzeitig erhoben worden ist.

Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid des Beklagten vom 6. Oktober 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder für die Erwachsenenbildung im Jahr 2013 noch für die Erwachsenenbildung im Jahr 2014 einen Anspruch auf Zuweisung weiterer Fördermittel (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 a) EbFöG gibt der Staat Zuschüsse für Einrichtungen der Erwachsenenbildung zum Betrieb. Gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 EbFöG werden die nach Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 a) EbFöG gewährten Zuschüsse zum Betrieb von Einrichtungen der Erwachsenenbildung jährlich den einzelnen staatlich anerkannten Landesorganisationen und den staatlich anerkannten Trägern auf Landesebene nach einem Schlüssel zugeteilt, der sich unter Berücksichtigung des Art. 10 Abs. 2 und 3 EbFöG aus dem Zahlenverhältnis der innerhalb der Landesorganisation im zweiten Kalenderjahr vor dem laufenden Haushaltsjahr geleisteten Teilnehmerdoppelstunden ergibt.

1. Einrichtungen der Erwachsenenbildung sind nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 EbFöG nur solche, die in planmäßiger und beständiger pädagogischer Arbeit und vorwiegend unmittelbarem Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden ausschließlich Bildungsaufgaben nach Art. 1 EbFöG erfüllen.

Einrichtungen der Erwachsenenbildung im Sinne des Gesetzes sind beim Kläger nicht nur die Geschäftsstellen auf Landes- und Bezirksebene, sofern diese eigene Bildungsveranstaltungen anbieten, sondern insbesondere die Kreis- und Verbundgeschäftsstellen. Dort werden die Bildungsangebote im ländlichen Raum konzipiert, organisiert und durchgeführt. Die Geschäftsstellen auf Bezirks- und Landesebene nehmen in diesem Zusammenhang vor allem koordinierende und unterstützende Aufgaben wahr und geben Leitlinien bzw. Richtlinien in Bezug auf Art und Durchführung der Maßnahmen vor. Auf Grundlage dieser Rahmenvorgaben werden die Bildungsprogramme auf Kreisebene erstellt. Da es in den Ortsverbänden nur eine ehrenamtliche Struktur aus Ortsvorstand und Mitgliederversammlung gibt, ist hauptverantwortlich der jeweilige hauptamtliche Geschäftsführer der Kreis- bzw. Verbundgeschäftsstelle. Er legt u.a. fest, welche Mitarbeiter in welchem Umfang die Aufgaben des Bildungswerks auf Kreisebene wahrnehmen.

Keine Rolle spielt für den Begriff der Einrichtung, dass die auf Kreisebene entwickelten Programme noch durch die Bezirksgeschäftsstelle genehmigt werden müssen, da es auf die pädagogische Arbeit vor Ort ankommt. Diese wird vorliegend in den Kreisverbänden geleistet, unabhängig davon, ob diese weisungsabhängig gegenüber einer höheren Ebene sind oder vollkommen eigenverantwortlich tätig werden.

Gegen eine Einheitseinrichtung, die auf Landesebene, d.h. beim Träger, angesiedelt ist, spricht zudem bereits der Gesetzeswortlaut. So ist in Art. 3 Abs. 1 EbFöG von Trägern der Erwachsenenbildung „mit ihren Einrichtungen“ die Rede. Nach Art. 5 Abs. 4 EbFöG betreiben die Träger der Erwachsenenbildungen außerdem „in mindestens fünf bayerischen Regierungsbezirken Einrichtungen“. Insofern ging der Gesetzgeber von einer Mehrzahl von Einrichtungen in einem Regierungsbezirk aus, was dagegen spricht, als Einrichtungen des Klägers nur die 7 Bezirksgeschäftsstellen anzusehen. Der Wille des Gesetzgebers, dass bei dem Begriff der Einrichtung auf die Ebene der Landkreise und der kreisfreien Gemeinden abzustellen ist, kommt auch zum Ausdruck in Art. 6 Abs. 1 EbFöG, wonach zur örtlichen und regionalen Koordination und Kooperation der Erwachsenenbildung die Träger der Einrichtungen der Erwachsenenbildung auf der Ebene des Landkreises oder der kreisfreien Gemeinden Arbeitsgemeinschaften bilden sollen. Die Einrichtungen auf Bezirksebene sollen in diese Arbeitsgemeinschaften nur einbezogen werden, wenn dies erforderlich ist.

Als Einrichtungen im Sinne des Gesetzes sind daher die Kreis- und Verbundgeschäftsstellen anzusehen.

2. In dem für die Bewilligung der Fördermittel für 2013 entscheidenden Kalenderjahr 2011 hat der Kläger insgesamt 581.284 Teilnehmerdoppelstunden gemeldet. Davon sind 503.608 Teilnehmerdoppelstunden der Förderung für das Jahr 2013 zugrunde gelegt worden.

In dem für die Bewilligung 2014 entscheidenden Kalenderjahr 2012 sind von den 491.920 gemeldeten Teilnehmerdoppelstunden nur 355.510 Teilnehmerdoppelstunden als förderfähig anerkannt worden.

Die zu viel gemeldeten Teilnehmerdoppelstunden (77.676 im Jahr 2013 und 136.410 im Jahr 2014) sind vom Beklagten zu Recht nicht berücksichtigt worden, da diese Teilnehmerdoppelstunden von Einrichtungen auf der Kreisebene stammten, die in den für die Förderung maßgeblichen Jahren 2011 und 2012 die Fördervoraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 EbFöG nicht erfüllten und daher nicht förderfähig waren. Es fehlte insbesondere am Vorliegen der Voraussetzung des Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG, wonach die Einrichtung einen Mindestarbeitsumfang aufweisen muss.

a. Wie der Begriff des Mindestarbeitsumfangs zu verstehen ist, wird näher ausgeführt im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 24. April 1984. Danach weist eine Einrichtung der Erwachsenenbildung den Mindestarbeitsumfang auf, wenn sie sämtliche der nachfolgenden Leistungsanforderungen erfüllt:

1. Teilnehmerdoppelstunden 10.000

2. Doppelstunden 400

3. Teilnehmer 800

4. Veranstaltungen 50

5. Kontinuität der Eb-Arbeit 24 Wochen

6. Stoffgebiete

aa. Bei dieser abstrakt-generellen Regelung der Verwaltung handelt es sich um eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift.

Sowohl dem Betreff als auch dem Einleitungssatz des Schreibens des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 24. April 1984 ist eindeutig die Absicht des Beklagten zu entnehmen, mit diesem Schreiben eine Verwaltungsvorschrift zur Auslegung von Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 EbFöG zu erlassen. Der Hinweis auf den einstimmigen Beschluss des Landesbeirats für Erwachsenenbildung verdeutlicht insofern nur, dass die nach Art. 24 EbFöG geforderte Anhörung des Landesbeirats bei Erlass der zum Vollzug des Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschrift erfolgt ist.

Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften enthalten innerbehördlich bindende Anweisungen über die Auslegung und Anwendung von Gesetzen, insbesondere bei unbestimmten Gesetzesbegriffen auf Tatbestandsseite, bei denen kein Beurteilungsspielraum für die Verwaltung besteht; sie geben den nachgeordneten Behörden Interpretationshilfen und gewährleisten eine einheitliche Anwendung der Gesetze (vgl. Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl. 2012, § 34 Rn. 37; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 24 Rn. 9). Davon zu unterscheiden sind die hier nicht einschlägigen normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften, die sich auf „offene“ Tatbestände mit unbestimmten Gesetzesbegriffen beziehen, in denen den Behörden ein Beurteilungs- und Standardisierungsspielraum zusteht. Dies ist insbesondere im Sicherheits- und Technikbereich der Fall, soweit der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich zulässiger Weise auf eine exakte normative Festlegung verzichtet und Handlungsanweisungen mit Spielräumen für die Verwaltung erlässt (Bonk/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 1 Rn. 194; Maurer, a.a.O., § 24 Rn. 9). Die Regelung des Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG enthält mit dem Tatbestandsmerkmal „Mindestarbeitsumfang“ zwar einen unbestimmten Rechtsbegriff, aber keinen Beurteilungsspielraum. Es handelt sich auch nicht um einen komplizierten und dynamischen naturwissenschaftlich-technischen Sachverhalt, bei dem der Vorschriftengeber sich etwa externen Sachverstand zunutze machen wollte.

bb. Grundsätzlich kommt norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften als rein internen Interpretationshilfen keine rechtliche Außenwirkung zu (BFH, U.v. 23.4.2015 – V R 32/14; Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, a.a.O., § 34 Rn. 41). Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, inwieweit die Verwaltungsvorschrift vom 24. April 1984 unmittelbare Außenwirkung für Dritte entfaltet. Denn der mit der unmittelbaren Außenwirkung einhergehenden, aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) sowie der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) abgeleiteten Publikationspflicht von Verwaltungsvorschriften ist im vorliegenden Fall entsprochen worden. Danach ist es rechtstaatlich geboten, abstrakt-generelle Regelungen mit unmittelbarer Außenwirkung so bekannt zu geben, dass die davon Betroffenen Kenntnis von deren Inhalt nehmen können (BVerfG B.v. 28.10.1975 – 2 BvR 883/73 – BVerfGE 40, 237, 252 ff.; BVerwG U.v. 25.11.2004 – 5 CN 1/03 – juris Rn. 31). Nur dann kann der Betroffene die Vorschriften auf ihre Rechtmäßigkeit und Anwendbarkeit überprüfen und sich des Inhalts der durch sie für ihn begründeten Rechte und Pflichten vergewissern (BVerwG U.v. 25.11.2004 a.a.O. Rn. 33).

Betroffen von der zu § 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG erlassenen Verwaltungsvorschrift vom 24. April 1984 sind allein die staatlich anerkannten Landesorganisationen und Träger der Erwachsenenbildung, also ein eng begrenzter Adressatenkreis, der seit 1974 unverändert geblieben ist. Genau an diesen Personenkreis richtet sich das Schreiben vom 24. April 1984, das an diese am 3. Mai 1984 versandt worden ist. Darüber hinaus wurde den Betroffenen dadurch die Möglichkeit gegeben, sich rechtzeitig und umfassend zu informieren, dass die Verwaltungsvorschrift bis zum Jahr 2003 zusätzlich noch den jährlichen Hinweisen des statistischen Landesamts zur Anmeldung der berücksichtigungsfähigen Veranstaltungen beilag und seit dem Jahr 2004 in dem jährlichen Anschreiben an alle Zuschussempfänger auf die unverändert geltende Verwaltungsvorschrift jeweils verwiesen wurde. Zudem waren die Regelungen dem Kläger auch deshalb von Anfang an bekannt, weil er sich als Vertreter im Landesbeirat mit ihrem Inhalt im Rahmen der Anhörung bereits sogar schon vor deren Erlass auseinander gesetzt hat.

cc. Die Förderfähigkeit der Einrichtungen der Erwachsenenbildung ist auch an den in der Verwaltungsvorschrift vom 24. April 1984 aufgeführten Anforderungen zu messen.

Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften binden zwar im Innenverhältnis die Behörden, aber im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht auch die Gerichte und können von ihnen daher grundsätzlich vollinhaltlich auf ihre Vereinbarkeit mit Gesetz und Verfassung überprüft werden (BVerfG, B.v. 31.5.1988 – 1 BvR 520/83 – BVerfGE 78, 214 ff.; BVerwG, U.v. 28.5.2009 – 2 C 28/08 – juris Rn. 19). Sie sind Gegenstand und nicht Maßstab richterlicher Prüfung. Die Gerichte sind jedoch nicht gehindert, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer solchen Verwaltungsvorschrift vertreten wird, vergleichbar der Rechtsauffassung eines anderen Gerichts oder einer im Schrifttum vertretenen Rechtsmeinung, aus eigener Überzeugung anzuschließen und ihrer Beurteilung zugrunde zu legen (BVerfG, B.v. 31.5.1988, a.a.O.).

Ohne Berücksichtigung der in der Verwaltungsvorschrift vom 24. April 1984 enthaltenen detaillierten Regelungen wäre eine einheitliche Anwendung des § 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG nicht möglich. Die in der Verwaltungsvorschrift geregelten Kriterien, die an den Mindestarbeitsumfang gestellt werden, sind auch mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar. Bei der Auslegung des Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG ist zunächst vom allgemeinen Sprachsinn auszugehen. Danach bedeutet das Wort „mindestens“ bezogen auf etwas zahlenmäßig Erfassbares „auf keinen Fall weniger als“ (vgl. Duden, www.duden.de/rechtschreibung/mindestens). Auch der Begriff „Umfang“ bezieht sich auf ein Ausmaß oder eine Größe (www.duden.de/rechtschreibung/umfang). Bereits diese Definitionen zeigen, dass der Begriff Mindestarbeitsumfang rein quantitativ zu bestimmen und mit Schwellenwerten auszufüllen ist. Für zusätzliche qualitative Kriterien ist dagegen kein Raum. Diese Auslegung wird auch bestätigt durch die Verwendung des Begriffs in anderen Gesetzen, welche beim Begriff des Mindestarbeitsumfangs ebenfalls Grenzwerte vorgeben (vgl. z.B. Mindeststundenzahl in § 2 Abs. 1 Nr. 4 Verordnung zur Durchführung des Niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetzes oder § 2 Abs. 1 Satz 3 Gesetz über die Familienpflegezeit). Dem Gesetzgeber war daran gelegen, dass die staatliche Förderung auf solche Träger bzw. Einrichtungen beschränkt bleiben muss, die durch Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen den Einsatz staatlicher Mittel bildungspolitisch rechtfertigen und Gewähr für eine wirksame Verwendung dieser Mittel bieten (vgl. Begründung des Bayerischen Landtags, LT-Drs. 7/5193, zu Art. 9 des Gesetzesentwurfs [entspricht Art. 10 EbFöG]). Während die Vorschriften in Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 c) und d) EbFöG den qualitativen Standard der Einrichtung gewährleisten sollen, beruhen die Regelungen in Nr. 2 e) und f) gerade auf der Erwägung, dass eine Förderung aus staatlichen Mitteln nur gerechtfertigt erscheint, wenn der Empfänger ein Mindestmaß an Leistung im Sinne des Zuwendungszwecks erfüllt (vgl. LT-Drs. 7/5193 zu Art. 9). Dies lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber dem Begriff des Mindestarbeitsumfangs in Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG bewusst gerade kein qualitatives Element zusprechen wollte.

Das Gebot, wonach Einrichtungen in Gebieten, in denen das Bildungsangebot für Erwachsene wesentlich hinter dem Landesdurchschnitt zurückbleibt, vorrangig gefördert werden sollen, ist in Art. 10 Abs. 1 EbFöG niedergelegt und richtet sich in erster Linie an die Landesorganisationen (vgl. LT-Drs. 7/5193, unter II. 2. b). Diese sollen nach Zuteilung der Fördermittel selbst beurteilen, wie die staatlichen Mittel nach den gesetzlichen Vorschriften zu verteilen sind. Die Verteilung setzt allerdings förderfähige Einrichtungen voraus, so dass der Grundsatz der Vorrangförderung nicht herangezogen werden kann für die Beurteilung, ob eine Einrichtung die Fördervoraussetzungen erfüllt. Folglich steht auch diesbezüglich der Gesetzeswortlaut nicht der Verwaltungsvorschrift zu Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG entgegen.

dd. Die in der Verwaltungsvorschrift festgelegten Leistungsanforderungen an Einrichtungen der Erwachsenenbildung füllen den Begriff des Mindestarbeitsumfangs auch entsprechend dem Gesetzeszweck aus. Nach dem Ziel des Gesetzes sollen im ganzen Land leistungsfähige Einrichtungen mit einem breitgefächerten Bildungsangebot zur Verfügung stehen (Art. 2 EbFöG). „Leistungsfähig“ bedeutet dabei nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Bildungseinrichtung in der Lage sein soll, Bildungsveranstaltungen differenziert und dem Wissen der Zeit entsprechend planvoll und kontinuierlich durchzuführen (vgl. LT-Drs. 7/5193 zu Art. 1). Die Festlegung auf pro Jahr mindestens erforderliche 10.000 Teilnehmerdoppelstunden und 400 Doppelstunden und 800 Teilnehmer sowie auf 50 Veranstaltungen bei 24 Wochen kontinuierlicher Erwachsenenbildungsarbeit und 3 Stoffgebieten spricht für leistungsfähige Einrichtungen in diesem Sinne. Dass diese Schwellenwerte auch praxistauglich sind, wurde gerade durch die beratende Mitwirkung des Landesbeirates, also eines sach- und fachkundigen Gremiums der Erwachsenenbildung, sichergestellt. Im Übrigen wurden die in den Verwaltungsvorschriften aufgeführten Werte in den letzten Jahrzehnten nicht gerügt, sondern im Gegenteil sogar unverändert in die Ziffer 2.2.3 der seit dem 1. Januar 2017 geltenden Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Gesetzes zur Förderung der Erwachsenenbildung übernommen.

Folglich bestehen keine Bedenken dagegen, die in der Verwaltungsvorschrift enthaltenen Regelungen bei der Auslegung des Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 e) EbFöG zu berücksichtigen.

ee. Die bei der Bewilligung der Förderung für die Jahre 2013 und 2014 nicht berücksichtigten Teilnehmerdoppelstunden stammten von den in der Anlage 2 zum Bescheid vom 6. Oktober 2014 aufgelisteten, nicht farbig markierten Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Diese haben in den der Bewilligung zugrunde zu legenden Kalenderjahren 2011 und 2012 nicht sämtliche der in Bezug auf den Mindestarbeitsumfang geforderten Leistungsanforderungen erfüllt: entweder wurde bereits nicht die geforderte Zahl von 10.000 Teilnehmerdoppelstunden erreicht oder aber der Schwellenwert von 400 Doppelstunden nicht erfüllt (vgl. Anlage 2).

ff. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass die in der Anlage 2 zum Bescheid vom 6. Oktober 2014 aufgelisteten und nicht farbig markierten Geschäftsstellen deshalb der Bewilligung der Förderjahre 2013 und 2014 zugrunde zu legen sind, weil sie für eine staatlich anerkannte Landesorganisation auf Landes- oder Bezirksebene die Beratung der einzelnen Einrichtungen, die Mitarbeiterfortbildung, die Kooperation gem. Art. 6 Abs. 3 EbFöG und ähnlich zentrale Aufgaben wahrnehmen. Die entsprechende, in der Verwaltungsvorschrift vom 24. April 1984 geregelte Ausnahme greift vorliegend insofern nicht ein.

3. Es besteht auch kein Anspruch auf Zuweisung weiterer Fördermittel für die Jahre 2013 und 2014 aus dem Gesichtspunkt eines verfassungsrechtlich geschützten Vertrauens des Klägers.

Die Tatsache jahrelanger Subventionierung begründet allein kein schützenswertes Vertrauen und daher auch keinen Anspruch auf Weitergewährung der Zuwendungen in gleichbleibender Höhe (OVG NRW, U.v. 5.12.1995 – 16 A 4932/94 – juris; OVG Rh-Pf, U.v. 4.9.1997 – 12 A 10610/97 – juris). Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich vorliegend um einen gesetzlichen Förderanspruch und nicht um eine – wie sonst in den überwiegenden Fällen im Subventionsrecht übliche – freiwillige Leistung handelt. Es sind auch keine Zusagen oder ausdrückliche Vereinbarungen erkennbar, aus denen der Kläger als Zuwendungsempfänger eine Verpflichtung des Beklagten zu einer entsprechenden Förderung ableiten kann. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Fortsetzung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis. Insofern sind auch die vorgenommenen Dispositionen des Klägers nicht schutzwürdig.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Sept. 2017 - M 15 K 14.5106

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Sept. 2017 - M 15 K 14.5106 zitiert 14 §§.

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(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

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(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 57


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 22

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Bundesfinanzhof Urteil, 23. Apr. 2015 - V R 32/14

bei uns veröffentlicht am 23.04.2015

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 9. Januar 2014  16 K 164/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 9. Januar 2014  16 K 164/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Klägerin wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Beklagte zu 2/3 und die Klägerin zu 1/3 zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt in der Rechtsform der GmbH eine Schlachterei und setzt ihre Produkte insbesondere in ihrer Filiale in X ab. Daneben betreibt sie Stände auf Wochenmärkten, einen Catering-Service, einen Mittagstisch und bietet zubereitete Speisen auf verschiedenen regionalen Veranstaltungen an. Gesellschafter (zu je 1/2) und Geschäftsführer der Klägerin sind A und B.

2

Im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung stellte der Außenprüfer fest, dass die Klägerin keine Aufzeichnungen über unentgeltliche Wertabgaben für die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer und ihre Familien geführt hatte. Der Prüfer erhöhte die dem Regelsteuersatz und die dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Warenentnahmen entsprechend der Anzahl der Familienmitglieder und dem Alter der zugehörigen Kinder auf der Grundlage der in der amtlichen Richtsatzsammlung für eine Fleischerei vorgesehenen Pauschbeträge. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) folgte den Feststellungen des Prüfers für die Streitjahre (2007 bis 2010) in geänderten Umsatzsteuerbescheiden.

3

Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, das FA sei zwar gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO) zur Schätzung befugt gewesen, weil die Klägerin keine Aufzeichnungen über Entnahmen aus dem Unternehmen für außerunternehmerische Zwecke geführt habe. Das FA habe aber die Werte der Richtsatzsammlung nicht unverändert anwenden dürfen. Die Klägerin habe überprüfbar dargelegt, dass ihre eigenen Leistungsbezüge zum Regelsteuersatz insgesamt niedriger gewesen seien, als die vom FA im Wege der Schätzung angenommene Bemessungsgrundlage der Leistungsentnahmen zum Regelsteuersatz. Auch habe die Klägerin in den Streitjahren nur äußerst geringe, dem Regelsteuersatz unterliegende Umsätze ausgeführt. Derartige Umsätze machten z.B. für 2010 weniger als 2 % des Gesamtumsatzes der Klägerin aus. Die unbesehene Übernahme der Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben nach der sog. Richtsatzsammlung führe zu einem Verstoß gegen § 162 Abs. 1 AO. Denn die Klägerin habe dargelegt, dass die Wertabgaben zum Regelsteuersatz in den Streitjahren niedriger gewesen sein müssen, als sich dies aus der Richtsatzsammlung ergebe. Nicht dargetan habe die Klägerin demgegenüber, dass die Sachentnahmen insgesamt pro Jahr geringer gewesen seien, als es die Richtsatzsammlung aufzeige. Deshalb sei es sachgerecht den Jahreswert der Sachentnahmen durch die Gesellschafter/Geschäftsführer insgesamt weiter nach den Werten der Richtsatzsammlung anzusetzen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Jahresgesamtwert der Sachentnahmen bei der Klägerin geringer ausgefallen sei, als bei anderen Fleischereibetrieben.

4

Hiergegen richtet sich das FA mit der Revision, mit der es Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Das FG-Urteil verletze § 3 Abs. 1b des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG) i.V.m. § 162 AO. Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben dienten der Vereinfachung und ließen keine Zu- oder Abschläge zur Anpassung an die individuellen Verhältnisse zu. Auch widerspreche es den Denkgesetzen, aus den Umsätzen der Klägerin gegenüber Dritten Schlussfolgerungen über den Umfang der Wertabgaben zum Regelsteuersatz herzuleiten.

5

Das FA beantragt sinngemäß,
die Entscheidung des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 2007 auf ./. … €, die Umsatzsteuer 2008 auf … €, die Umsatzsteuer 2009 auf … € und die Umsatzsteuer 2010 auf … € festzusetzen.

7

Das FG habe zu Recht eine Kostendeckelung vorgenommen, denn es könnten nicht mehr Waren zum Regelsteuersatz entnommen werden als eingekauft worden seien. Die Begrenzung der Entnahmen zum Regelsteuersatz durch den Wareneinkauf zum Regelsteuersatz stelle keine individuelle Anpassung dar, sondern diene einer gerechteren und zutreffenden Besteuerung.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Schätzung des FG ist rechtmäßig. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.

9

1. Die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 162 AO sind erfüllt. Die Aufzeichnungen über die Entnahme von Gegenständen durch den Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, sind gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 1 Satz 2, § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG getrennt nach Steuersätzen vorzunehmen. Bei Steuerpflichtigen, die --wie die Klägerin-- ihren Aufzeichnungspflichten nicht nachkommen, sind die Sachentnahmen nach § 162 AO zu schätzen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2007 X B 191/06, BFH/NV 2007, 1134).

10

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Schätzung des FG (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171). Anders als bei der Überprüfung von Ermessensentscheidungen (§ 102 FGO) ist die Schätzung des FA im Klageverfahren in vollem Umfang nachprüfbar (BFH-Urteil in BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171). Das FG ist auch nicht an die vom FA gewählte Schätzungsmethode gebunden, weil es nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO eine eigene, selbständige Schätzungsbefugnis besitzt.

11

3. Die Schätzung des FG gehört ebenso wie die Auswahl der Schätzungsmethode zu den tatsächlichen Feststellungen des FG (BFH-Urteile vom 24. Januar 2013 V R 34/11, BFHE 239, 552, BStBl II 2013, 460). Da die Schätzung des FG zulässig ist, verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen ist und weder gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, noch gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ist sie für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend (vgl. BFH-Urteile in BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171; vom 26. Oktober 2011 VII R 22/10, BFH/NV 2012, 777; vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483).

12

a) Das FG hat durch seine von der amtlichen Richtsatzsammlung abweichende Schätzung nicht die Selbstbindung der Verwaltung verletzt. Zwar besteht, anders als bei norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften, die für die Gerichte nicht bindend sind (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BFHE 232, 261, BStBl II 2012, 61; vom 24. September 2013 VI R 48/12, BFH/NV 2014, 341; vom 31. Juli 2008 V R 21/06, BFHE 222, 143, BStBl II 2014, 344), im Bereich des Ermessens, der Billigkeit, der Typisierung und der Pauschalierung als Ausfluss von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes eine Selbstbindung der Verwaltung, die grundsätzlich auch von den Gerichten zu beachten ist (BFH-Urteile vom 10. November 2011 V R 35/10, juris; vom 26. April 1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754; vom 7. Dezember 2005 I R 123/04, BFH/NV 2006, 1097; vom 4. Februar 2010 II R 1/09, BFH/NV 2010, 1244; vom 11. November 2010 VI R 16/09, BFHE 232, 34, BStBl II 2011, 966). Mangels besserer Anhaltspunkte ist deshalb grundsätzlich von den auf Erfahrungssätzen der einzelnen Branchen beruhenden Richtsätzen und Pauschalen auszugehen (BFH-Beschluss vom 19. März 2007 X B 191/06, BFH/NV 2007, 1134).

13

b) Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen aber alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich, vernünftig und plausibel sein (z.B. BFH-Urteile in BFHE 239, 552, BStBl II 2013, 460; vom 24. Juni 2014 VIII R 54/10, BFH/NV 2014, 1501, Rz 23, m.w.N.).

14

Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG davon ausgeht, unentgeltliche Wertabgaben i.S. des § 3 Abs. 1b UStG könnten --wenn nicht besondere Anhaltspunkte ein anderes Ergebnis möglich erscheinen lassen-- nicht höher sein als der Wareneinkauf zum Regelsteuersatz. Da die Schätzung auf der Grundlage der Richtsatzsammlung nach dieser Gesamtwürdigung zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde, entfällt die Bindungswirkung der Richtsatzsammlung (vgl. BFH-Beschluss vom 12. November 2009 VI B 66/09, BFH/NV 2010, 884, zu Pauschbeträgen für Auslandsdienstreisen).

15

4. Die mit dem über den Tenor des FG-Urteils hinausgehenden Antrag der Klägerin gestellte Anschlussrevision ist unzulässig.

16

Dass die Klägerin im Schriftsatz vom 10. Oktober 2014 nicht ausdrücklich Anschlussrevision eingelegt hat, ist unschädlich, weil jede Erklärung ausreicht, die den Willen des Anschlussrevisionsklägers zum Ausdruck bringt, ebenfalls eine Änderung des angefochtenen Urteils zu erreichen (BFH-Urteil vom 22. April 2004 V R 72/03, BFHE 205, 525, BStBl II 2004, 684). Hierzu reicht aus, dass die Klägerin mehr als die Zurückweisung der Revision beantragt hat (vgl. BFH-Beschluss vom 15. März 1994 IX R 6/91, BFHE 174, 4, BStBl II 1994, 599). Die Anschlussfrist ist aber nur innerhalb der Frist des § 155 FGO, § 554 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung, und damit nur innerhalb eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung zulässig (BFH-Beschluss vom 16. Juli 2014 III S 1/13 (PKH), BFH/NV 2014, 1759). Da die am 26. August 2014 beim BFH eingegangene Revisionsbegründung dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 1. September 2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, ist die mit dem am 13. Oktober 2014 beim BFH eingegangenen Antrag eingelegte Anschlussrevision verfristet.

17

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 2, § 136 FGO.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.