Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 19. Jan. 2017 - RN 2 K 16.147

bei uns veröffentlicht am19.01.2017

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger begehren, die Beklagte zu verpflichten, den Winterdienst auf der FlNr. 1105 der Gemarkung … von der Einmündung in die Ortstraße bis zur Zufahrt des klägerischen Anwesens K.siedlung 53 unentgeltlich durchzuführen.

Die Kläger sind Eheleute und seit 2009 Eigentümer des mit dem Wohnanwesen K.siedlung 53, H., bebauten Grundstücks FlNr. 1187/6 der Gemarkung … Die Beklagte ist Eigentümerin der FlNrn. 1104 und 1105 Gemarkung … Es handelt sich bei diesen um einen öffentlichen Feld- und Waldweg, der mit Flurbereinigungsplan vom 10.3.1982 gewidmet wurde. Im Flurbereinigungsplan wird er als nicht ausgebauter öffentlicher Feld- und Waldweg geführt. Auch ausweislich einer Eintragungsverfügung von 13.2.2007 handelt es sich um einen nicht ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldweg. Als Straßenbaulastträger sind die jeweiligen Eigentümer der am ganzen Wegelauf angrenzenden Grundstücke vermerkt. Die vorgelegte Eintragungsverfügung trägt keine Unterschrift. Der Weg führt von der K-siedlung am klägerischen Anwesen vorbei durch ein Waldstück, vorbei an der Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten auf der FlNr. 1100 Gemarkung …, nach H. Die FlNr. 1105 endet im Norden ausweislich BayernAtlasplus (https://geoportal.bayern.de/bayernatlas-klassik/) auf einer Höhe von ca. 810 m, während sich der Weg am unteren Kanaldeckel noch auf einer Höhe von 797 und an seiner Einmündung zur Ortsstraße auf einer Höhe von ca. 792 m befindet. Der Weg ist seit 2006 bis zur nördlichen Grundstücksgrenze des klägerischen Anwesens asphaltiert. An seiner schmalsten Stelle ist der Weg 2,70 m breit. Über die FlNr. 1103/1 existiert eine private Zufahrt zum Anwesen der Kläger. Die Privatstraße ist an ihrer schmalsten Stelle ca. 2,90 m breit. Nördlich der Ortstraße befinden sich in der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks 7 weitere Anwesen, südlich liegen 4 weitere Anwesen direkt an der Ortstraße an. Im weiteren Umfeld befinden sich ca. 20 weitere Wohnbauten. Eine öffentliche Kanalisation ist vorhanden.

Mit Schreiben vom 19.10.2015 informierte die Beklagte die Kläger, dass, da ein Schneeräumen auf der FlNr. 1105 technisch nicht möglich sei, in der Vergangenheit die private Zufahrt über die FlNr. 1103/1 gemäß einer Vereinbarung der Gemeinde mit der Voreigentümerin kostenpflichtig geräumt worden wäre. Eine entsprechende Vereinbarung sei mit den Klägern versehentlich unterblieben und der Räumdienst - ausgeführt durch einen Lohnunternehmer - in den letzten Jahren für die Kläger unentgeltlich erfolgt. Unabhängig davon werde die Stadt H. die privaten Zufahrten ab Winter 2016/2017 nicht mehr räumen. Den Klägern wurde für den Winter 2015/2016 die Räumung der Privatstraße gegen Kostenübernahme angeboten. Für die weitere Zukunft wurden sie gebeten, sich einen Drittanbieter für den Winterdienst zu organisieren oder diesen selbst auszuführen. Der nachfolgende Schriftverkehr führte zu keiner Einigung.

Mit Schriftsatz vom 19.1.2016, am 1.2.2016 eingegangen beim Verwaltungsgericht Regensburg, erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg.

Sie begründeten diese im Wesentlichen damit, dass es sich bei der FlNr. 1105 Gemarkung … um einen ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldweg handele, der sich innerhalb geschlossener Ortslage befinde. Die Gemeinde dürfe Anlieger eines ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldweges nur dann darauf verweisen, die Schneeräumung auf dem Weg durch eigene Maßnahmen, durch Inanspruchnahme von Leistungen Dritter oder durch entgeltlich angebotene Leistungen der Gemeinde zu organisieren, wenn sich der ausgebaute öffentliche Feld- und Waldweg außerhalb der geschlossenen Ortslage befinde. Andernfalls sei die Gemeinde auf Grund der ihr obliegenden allgemeinen Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich gegenüber den anliegenden Grundstückseigentümern zur Durchführung des Winterdienstes verpflichtet. Hier befinde sich der Weg mit der FlNr. 1105 innerhalb geschlossener Ortslage. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Winterdienst aus „technischen Gründen“ für diese teils abschüssige Straße nicht möglich sein solle. Die Straße könne von entsprechend geeigneten Räum- und Streufahrzeugen auch bei Schnee- und Eisglätte sowohl vorwärts als auch rückwärts befahren werden, da sich auf den FlNrn. 1104/1100 auf Höhe der Wasserversorgungsanlage eine große Wendemöglichkeit befinde. Zudem befänden sich zu Beginn der Straße keine Schilder bezüglich irgendwelcher verkehrsrechtlicher Beschränkungen. Auch würden die Straße in den Wintermonaten mindestens einmal wöchentlich befahren, um Wartungs-, bzw. Kontrollarbeiten an der Wasserversorgungseinrichtung durchzuführen.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verpflichten, zukünftig den Winterdienst auf der asphaltierten öffentlichen Verkehrsfläche FlNr. 1105 der Gemarkung … von der Einmündung in die Ortstraße „K-siedlung“ FlNr. 1184/8 Gemarkung … an bis auf Höhe der Zufahrt des anliegenden Grundstücks FlNr. 1187/6, Anwesen K-siedlung 53, H., unentgeltlich durchzuführen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt hierzu im Wesentlichen aus, dass es sich bei den FlNrn. 1104 und 1105 der Gemarkung … laut Eintragungsverfügung um einen nicht ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldweg handele, der überwiegend nicht asphaltiert sei. Die von den Klägern angeführte Verkehrssicherungspflicht treffe die Stadt H. als Straßenbaulastträger, begründe aber keinen Anspruch auf Schneeräumung. Vielmehr richte sich Inhalt und Umfang der winterlichen Räumpflicht auf öffentlichen Straßen unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei seien Art und Bedeutung des Verkehrsweges ebenso zu berücksichtigen, wie auch das Verkehrsaufkommen. Die Räumpflicht bestehe nicht uneingeschränkt, sie stehe insbesondere unter dem Vorbehalt des Zumutbaren und der Leistungsfähigkeit des Sicherungsverpflichteten. Dem streitgegenständlichen Weg komme nur eine sehr geringe Bedeutung zu, da durch ihn nur zwei Wohnbebauungen erschlossen würden. Die Räumung sei darüber hinaus technisch nicht möglich, da die Steigung bzw. das Gefälle des Weges zu hoch seien, um ihn bei Eis- und Schneeglätte mit einem Räumfahrzeug befahren zu können. Die Steigung des Weges betrage im unteren Bereich bis zu 29,5 Prozent (ca. 15 m) und im weiteren Verlauf ca. 16 Prozent. Ein Schneeräumen wäre trotz Allradfahrzeug nur mit Ketten möglich. Der Übergang zur Ortstraße wäre wegen des Steigungswinkels mit Räumschild nicht befahrbar. Die Steigung der Privatstraße betrage nach ihren Messungen im unteren Bereich ca. 23 Prozent (ca. 15 m) und im Anschluss 16 Prozent. Ein Anspruch auf Winterdienst nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG scheide ebenfalls aus. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG begründe eine sicherheitsrechtliche Pflicht, die im Interesse der Allgemeinheit bestehe und keine Ansprüche Einzelner auf Durchführung bestimmter Maßnahmen. Auch liege keine Verkehrswichtigkeit vor. Auch aus Art. 9 Abs. 3 Satz 2 BayStrWG ließen sich keinen Ansprüche Einzelner ableiten.

Das Gericht hat am 22.9.20016 durch Einnahme eines Augenscheins durch die Berichterstatterin Beweis erhoben.

In der mündlichen Verhandlung erklärten die Beklagtenvertreter, dass der Weg auf der FlNr. 1105 derzeit, wie bereits seit ca. 30 Jahren, von der Einfahrt zur Hauptstraße bis ca. zur südlichen Grundstücksgrenze des klägerischen Anwesens vom tieferliegenden Nachbarn der Kläger geräumt werde. Die Kläger führten aus, dass sie den restlichen Weg bis zu ihrer Zufahrt derzeit mittels einer Schneefräse selbst räumten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.1.2017 Bezug genommen.

Gründe

Das auf Durchführung des Winterdienstes, also auf „die Vornahme einer nicht als Verwaltungsakt zu qualifizierenden öffentlich rechtlichen Amtshandlung“ gerichtete Begehren der Kläger ist als allgemeine Leistungsklage zulässig (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage, Vorb § 40, Rdnr. 8a).

Diese ist jedoch unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Durchführung des Winterdienstes auf dem auf der FlNr. 1105 der Gemarkung … liegenden Weg zu ihrem Anwesen.

Die Kläger können sich hinsichtlich eines Anspruchs auf Durchführung des Winterdienstes zunächst nicht auf eine Verpflichtung aus der Straßenbaulast berufen. Fraglich ist bereits, ob die Beklagte für den streitgegenständlichen Weg überhaupt Straßenbaulastträger ist. Der Weg wurde im Flurbereinigungsplan von 1982 als nicht ausgebauter öffentlicher Feld- und Waldweg bezeichnet. Damit wären nach Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz - BayStrWG diejenigen Straßenbaulastträger, deren Grundstücke über den Weg bewirtschaftet werden (Beteiligte). Die Beklagte wäre nur Straßenbaulasträger, wenn sie die Baulast durch Satzung auf sich überführt hätte (Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG), was hier jedoch nicht der Fall ist, oder die Baulast durch einen Ausbau des Weges auf sie übergegangen wäre. Der gegenständliche Weg wurde zwar 2006 geteert. Es ist jedoch vor allem im Hinblick auf die Entwässerung fraglich, ob damit ein Ausbau im Sinne des § 1 der Verordnung über die Merkmale für ausgebaute öffentliche Feld- und Waldwege erfolgte. Dies kann letztendlich im vorliegenden Streit dahinstehen, da die Straßenbaulast nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG zwar alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straße zusammenhängenden Aufgaben umfasst. Hiervon aber ist durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 BayStrWG ausdrücklich unter anderem das Schneeräumen ausgenommen. Im Übrigen ist auch die Straßenbaulast selbst, der das Schneeräumen gerade nicht unterfällt, lediglich eine der Allgemeinheit gegenüber bestehende Verpflichtung, ohne für den einzelnen Straßenbenutzer Ansprüche zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2004 - 8 CE 04.464 - juris; Edhofer/Willmitzer, BayStrWG, 15. Aufl. 2016, Art. 9 Anm. 2).

Die Träger der Straßenbaulast sollen allerdings gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 BayStrWG unbeschadet der Verkehrssicherungspflicht oder der Verpflichtung Dritter die Straßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Diese Soll-Vorschrift gewährt jedoch dem Einzelnen ebenfalls keinen Anspruch auf ein Tätigwerden des Baulastträgers (BayVGH, B.v. 6.4.2004 - 8 CE 04.464 - juris; Edhofer/Willmitzer, BayStrWG, 15. Aufl. 2016, Art. 9 Anm. 6). Hierfür spricht schon ihr Zusammenhang mit der Straßenbaulast. Sie stellt vielmehr nur eine nachdrückliche Empfehlung dar (Edhofer/Willmitzer, BayStrWG, 15. Aufl. 2016, Art. 9 Anm. 6).

Auch aus Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG können die Kläger keinen Anspruch auf Durchführung des Winterdienstes für sich herleiten. Hiernach haben die Gemeinden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung innerhalb der geschlossenen Ortslage nach ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Straßen unter anderem von Schnee zu räumen. Das Grundstück der Kläger befindet sich am äußeren Rand einer Bebauung, die zwar aufgelockert in der Landschaft liegt, jedoch aufgrund ihres Gewichts und ihrer Struktur dennoch als geschlossene Ortslage i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG anzusehen ist. Die grundsätzliche Pflicht der Gemeinde zur sog. „polizeilichen Reinigung“ i.S.d. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG korrespondiert jedoch nicht mit einem individuellen Anspruch des Einzelnen auf Durchführung des Winterdienstes. Denn bei dieser Pflicht handelt es sich um eine sicherheitsrechtliche Pflicht. Diese besteht regelmäßig nur im Interesse der Allgemeinheit und begründet keine Ansprüche Einzelner auf Durchführung bestimmter Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Räumung (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2004 - 8 CE 04.464 - juris; BayVGH, U.v. 6.4.1995 - Az. 8 B 94.2746 - juris;). Zudem ist sie - im Gegensatz zu den Regelungen in anderen Bundesländern - gegenüber den auf Grund sonstiger Rechtsvorschriften (insbesondere der Verkehrssicherungspflicht) bestehenden Verpflichtungen gemäß Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayStrWG subsidiär (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2004 - 8 CE 04.464 - juris; Bauer in Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl., Kap. 41 RdNr. 8.1). Auch hinsichtlich Art. 51 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG, der die Streupflicht des Art. 51 Abs. 1 BayStrWG verdichtet (Edhofer/Willmitzer, BayStrWG, 15. Aufl. 2016, Art. 51 Anm. Anm. 2.2), ergibt sich aufgrund des sicherheitsrechtlichen Charakters nichts anderes.

Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht begründet ebenso wenig einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagte, auf dem streitgegenständlichen Weg den Winterdienst durchzuführen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Verkehrssicherungspflicht hier die Gemeinde als Straßenbaulastträger oder aufgrund einer Verwaltung des Weges (Schmid in Zeitler, BayStrWG, Stand 15.10.2015, Art. 51 Rn. 53) trifft, steht auch dieser Pflicht kein subjektiv einklagbares Recht der Kläger als Anlieger und Benutzer des Weges gegenüber (so auch VG Aachen, B.v. 5.1.2011- 6 L 539/10 - juris; VG Dresden, U.v. 16.4.2015 - 3 K 2/14 - juris; VG Karlsruhe, U.v. 27.6.1997 - 9 K 397/97 - juris). Die Verkehrssicherungspflicht folgt aus dem allgemeinen, aus §§ 823 und 836 BGB abzuleitenden Rechtsgrundsatz, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, diejenigen ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahren notwendig sind. Die Straßenverkehrssicherungspflicht ist ein Unterfall der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Verkehrsflächen. Diese Straßenverkehrssicherungspflicht ergibt sich somit aus dem Umstand, dass von der Straße durch Zulassung des öffentlichen Verkehrs Gefahren ausgehen können. Das verpflichtet die verantwortliche Körperschaft zum Eingreifen. Der Inhalt dieser Straßenverkehrssicherungspflicht geht dahin, die öffentlichen Verkehrsflächen - wie alle sonstigen einem Verkehr eröffneten Räume oder Sachen - möglichst gefahrlos zu gestalten und zu erhalten, sowie im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um den Gefahren zu begegnen, die den Verkehrsteilnehmern aus einem nicht ordnungsmäßigen Zustand der Verkehrsflächen drohen (vgl. BGH, U.v. 18.12.1972 - III ZR 121/70 - juris). Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, die in Bayern durch Art. 72 BayStrWG hoheitlich ausgestaltet ist, kann typischerweise einen Anspruch auf Schadenersatz auslösen. Einen klageweise durchsetzbaren Anspruch auf Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht (sog. Verkehrssicherungsanspruch) vermittelt die allgemeine Verkehrssicherungspflicht aber im Regelfall nicht (vgl. auch OVG NRW, U.v. 10.11.1994 - 23 A 2097/93). Hierfür spricht bereits seine Herleitung aus §§ 823 und 836 BGB. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der hoheitlichen Ausgestaltung durch Art. 72 BayStrWG. Denn allein aus der Ausgestaltung der Pflicht zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht als Amtspflicht folgt noch kein subjektives Recht des einzelnen Bürgers zur (vorbeugenden) Abwehr oder Rückgängigmachung jedweden nachteiligen amtspflichtwidrigen Handelns. Der dem Dritten ggfl. eingeräumte Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG ist im Gegenteil auf Schadensersatz in Geld beschränkt und geht gerade nicht auf Beseitigung oder Unterlassen der Schadensursache (OVG NRW, U.v. 10.11.1994 - 23 A 2097/93). Die hoheitliche Ausgestaltung gem. Art. 72 BayStrWG hat lediglich haftungsrechtliche Gründe. Gegen einen Anspruch auf Winterdienst aus der Verkehrssicherungspflicht spricht auch, dass aus der Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich keine Verpflichtung der Gemeinde zu einem allgemeinen Winterdienst folgt, sondern die Verkehrssicherungspflicht nur in beschränktem Umfang besteht. Unter Beachtung des Grundsatzes der Zumutbarkeit muss die jeweils verkehrssicherungspflichtige Straßenverwaltung dann und an solchen Stellen tätig werden, wenn und wo sich der Verkehrsteilnehmer unter Aufwendung aller erforderlicher Sorgfalt nicht mehr helfen kann (Schmid in Zeitler, BayStrWG, Stand 15.10.2015, Art. 51 Rn. 34). Die Möglichkeit, dass es an einer bestimmten Stelle unter bestimmten Voraussetzung zu einer Gefahrenlage kommen könnte, die eine Pflicht zur Gefahrbeseitigung z.B. durch Räumen und Streuen zur Folge hat, ist jedenfalls im Regelfall nicht geeignet vorab einen individuellen Anspruch auf Winterdienst zu vermitteln, zumal dem Verkehrssicherungspflichtigen grundsätzlich auch bei der Wahl der Mittel zur Beseitigung der Gefahr ein Ermessen zukommt. Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht ist positiv auf die Bereitstellung der in der Straße liegenden, staatlichen Leistung für die Allgemeinheit gerichtet, ohne den Einzelnen zu begünstigen. Diese Pflicht besteht zwar auch zugunsten des einzelnen Verkehrsteilnehmers. Der Begünstigte wird jedoch erst individualisiert, wenn infolge der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ein Schadensfall eingetreten ist. Er wird erst durch die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht im Fall einer Schädigung subjektiv und in individualisierbarer Weise betroffen (VG Karlsruhe, U.v. 27.6.1997 - 9 K 397/97 - juris). Diese Auslegung ist auch im Einklang mit der allgemeinen Regel (vgl. Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, 10. Aufl., § 43 RdNr. 10, S. 563), dass kein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch besteht, dem die jedermann zustehende Berechtigung zugrunde liegen würde, die Befolgung der normierten Verpflichtungen der öffentlichen Gewalt verlangen und ggf. auch im Klagewege erzwingen zu können (VG Halle (Saale), U.v. 29.11. 2013 - 6 A 273/12 - juris).

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob sich die Verkehrssicherungspflicht in Ausnahmefällen z.B. bei einer bereits konkreten Gefahr für Leib und Leben zu einem Anspruch verdichten kann, da eine solche Ausnahmesituation hier ersichtlich nicht vorliegt.

Auch aus dem Anliegergebrauch ergibt sich für die Kläger kein Anspruch auf eine gemeindliche Schneeräumung auf dem öffentlichen Weg. Der Anliegergebrauch vermittelt keine aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ableitbare Rechtsposition. Wie weit er gewährleistet ist, richtet sich vielmehr nach dem einschlägigen Straßenrecht, dessen Regelungsbereich das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Straße und angrenzenden Grundstücken mit umfasst. Auch in diesem Normzusammenhang hat der Gesetzgeber in Erfüllung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrags Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Hierbei hat er einerseits dem Gewährleistungsgehalt des in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Privateigentums und andererseits dem Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG vom 11.5.1999, NVwZ 1999, 1341). Dem hat der bayerische Gesetzgeber durch die Regelung in Art. 17 BayStrWG entsprochen (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2004 - 8 CE 04.464 - juris). Danach steht den Eigentümern oder Besitzern von Grundstücken, die an einer Straße liegen (Straßenanlieger), kein Anspruch darauf zu, dass die Straße nicht geändert oder eingezogen wird (Art. 17 Abs. 1 BayStrWG). Nur wenn auf Dauer Zufahrten oder Zugänge durch die Änderung oder die Einziehung von Straßen unterbrochen oder ihre Benutzung erheblich erschwert wird, hat der Träger der Straßenbaulast einen angemessenen Ersatz zu schaffen oder, soweit dies nicht zumutbar ist, Entschädigung in Geld zu leisten (Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG). Die genannten Tatbestände sind aber vorliegend in keiner Weise erfüllt. Die Beklagte hat weder tatsächliche noch rechtliche Änderungen an dem Weg selbst vorgenommen. Im Übrigen sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass es für die Kläger unzumutbar wäre, im Winter ihren Anliegergebrauch durch eigene Maßnahmen oder durch die Inanspruchnahme der Leistungen Dritter sicherzustellen.

Auch soweit die Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Schneeräumung auf Art. 21 GO stützen wollten, gelänge dies nicht. Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO sind alle Gemeindeangehörigen nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen. Sofern gemeindeeigene Betriebsmittel einem solchen Zweck gewidmet wurden, kann unter Umständen zwar ein Anspruch auf ein unentgeltliches Räumen von ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldwegen bestehen - auch wenn sie nur der Zufahrt zu einzelnen Anwesen dienen - (vgl. BayVGH vom 14.11.1991 FStBay 1992 Rn. 143). Für einen entsprechenden Widmungsakt ergeben sich vorliegend keine Anhaltspunkte.

Auch aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich keine andere Entscheidung. Denn Anhaltspunkte für eine willkürliche Ungleichbehandlung wurden weder vorgebracht, noch sind sie anderweitig für das Gericht ersichtlich.

Unabhängig vom Bestehen eines Anspruchs sind jedoch die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, die die Gemeinde bezüglich des Winterdienstes aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht und den gesetzlichen Regelungen des BayStrWG, insb. Art. 51 Abs. 1 BayStrWG treffen und auch im Hinblick auf den streitgegenständlichen Weg treffen können. Der Inhalt und Umfang der winterlichen Räumpflicht auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung richtet sich hierbei nach den Umständen des Einzelfalls. Art und Bedeutung des Verkehrsweges sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie eine eventuelle Gefährlichkeit einzelner Strecken sowie die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Ferner steht die Räum- und Streupflicht unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (VG Dresden, U.v. 16.4.2015 - 3 K 2/14 - juris). Ob die Gemeinde für den streitgegenständlichen Weg eine Pflicht zur Durchführung eines „Winterdienstes“ im Rahmen der straßenrechtlichen Regelungen bzw. der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht trifft, konnte im vorliegenden Verfahren offen bleiben, wäre im Fall eines haftungsrechtlichen Streites aber relevant.

Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

xxDie Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 19. Jan. 2017 - RN 2 K 16.147

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 19. Jan. 2017 - RN 2 K 16.147

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 19. Jan. 2017 - RN 2 K 16.147 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 836 Haftung des Grundstücksbesitzers


(1) Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 19. Jan. 2017 - RN 2 K 16.147 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 19. Jan. 2017 - RN 2 K 16.147 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Halle Urteil, 29. Nov. 2013 - 6 A 273/12

bei uns veröffentlicht am 29.11.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin ist seit dem Jahr 2009 Eigentümerin des im Gemeindegebiet der Beklagten, R.-Straße, gelegenen Flurstücks X der Flur A der Gemarkung T., das sie mit ihrem Ehemann bewohnt. Dieser betreibt ein O.unternehmen, dessen Firmensi

Referenzen

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.

(2) Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, dass er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können.

(3) Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.

(2) Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, dass er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können.

(3) Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist seit dem Jahr 2009 Eigentümerin des im Gemeindegebiet der Beklagten, R.-Straße, gelegenen Flurstücks X der Flur A der Gemarkung T., das sie mit ihrem Ehemann bewohnt. Dieser betreibt ein O.unternehmen, dessen Firmensitz ebenfalls auf dem Grundstück ansässig ist.

2

An die nördliche und südliche Längsseite des länglich geschnittenen Grundstücks schließen sich Nachbargrundstücke an, deren östliche Hälfte – wie auch auf dem klägerischen Grundstück der Fall – bebaut ist, während der westliche Teil als Grünfläche genutzt wird, an die sich ein Weg anschließt. Dieser ist auf Höhe des Grundstücks befestigt und mündet in südlicher Richtung in die D.straße ein. Das klägerische Grundstück kann an seiner nordöstlichen Schmalseite von einem anderen Teil der D.straße aus befahren werden. Es verfügt in diesem Bereich über eine gepflasterte Einfahrt, die über einen sich unmittelbar an das Grundstück anschließenden schmalen Streifen des im Eigentum der Beklagten stehenden Flurstücks Y führt. Dieser ist im beiderseits der Einfahrt ebenfalls gepflastert; im Übrigen verläuft er als eine von dem befestigen Teil jeweils durch erhöhte Steineinfassungen abgegrenzte Grünfläche mit einer Tiefe von 2-3 m beginnend etwa 5 m südlich des klägerischen Grundstücks vor dem Flurstück Z entlang deren Grundstücksgrenzen und der des sich nördlich anschließenden Nachbargrundstücks Q und trennt diese Grundstücke von dem zwischen den bebauten Grundstücken und der D.straße verlaufenden Graben, dem L.bach, einem Gewässer II. Ordnung. Das Wassergrundstück steht ebenfalls im Eigentum der Beklagten. An den gepflasterten Einfahrtsbereich des klägerischen Grundstücks schließt sich die im Streit stehende Brücke über den L.bach an, die auf dem gepflasterten und im Bereich der Brücke zur Fahrbahn abgesenkten Gehweg der D.straße endet. Das Flurstück Z verfügt über eine Fußgängerbrücke über den L.bach. Auf den beiden weiteren befahrbaren Brücken südlich und nördlich des klägerischen Grundstücks verläuft jeweils die Fahrbahn der D.straße.

3

Im Nachgang eines Telefongespräches forderte die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 3. September 2012 unter Fristsetzung bis zum 31. Oktober 2012 auf, die im Belag der Brücke befindlichen Löcher zu beseitigen und deren Bausicherheit zu überprüfen. Die Beklagte erklärte daraufhin mit Schreiben vom 13. September 2012 und 7. November 2012, die Klägerin sei als Anlieger für die Unterhaltung ihrer Grundstückszufahrt selbst verantwortlich; die Gemeinde sei hierzu weder verpflichtet noch finanziell in der Lage und habe auch kein eigenes Interesse an deren Erhalt. Die Zufahrt sei nie als öffentliche Straße gewidmet worden und werde nur von der Klägerin benötigt. Ihre konkrete bauliche Ausgestaltung sei unerheblich. Außerdem sei das Grundstück über den von der Klägerin sogenannten öffentlichen Weg erreichbar. Sie weise ferner daraufhin, dass für Bauarbeiten an einem Gewässer eine wasserrechtliche Erlaubnis und, sofern die Brücke eine lichte Weite von mehr als 5 m aufweise, auch eine Baugenehmigung eingeholt werden müsse.

4

Die Klägerin hat daraufhin am 6. Dezember 2012 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt:

5

Sie selbst und auch die Firma ihres Ehemannes seien auf die Nutzung der Brücke existentiell angewiesen, weil ihre Fahrzeuge auf das Grundstück gelangen müssten. Diese sei jedoch sanierungsbedürftig. Insbesondere weise der Belag große Löcher und die Eisenträger erheblichen Rostbefall auf, so dass befürchtet werden müsse, dass das Befahren und Begehen der Brücke aus Sicherheitsgründen nicht mehr lange möglich sein werde. Da es sich hierbei um eine öffentliche Straße mit integrierter Brücke handele, obliege die Unterhaltung der Beklagten. Diese sei als Straßenbaulastträger verpflichtet, die Brücke in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu halten, und habe etwa im Jahr 1995 das seinerzeit schadhafte Brückengeländer geschweißt und gestrichen. Im Rahmen der Straßenerneuerung im Jahr 2004 habe die Beklagte die an die Flurstücke Y und M anschließende Brücke vollständig saniert, nicht jedoch die vor ihrem Grundstück verlaufende Brücke. Diese stelle keine private Zufahrt iSv. § 22 StrG LSA dar. Denn sie schließe nicht an ihr Privatgrundstück an, sondern führe von der Straße auf den öffentlichen Weg auf dem Flurstück Y, so dass weder § 22 Abs. 4 noch § 18 StrG LSA anwendbar seien.

6

Die Klägerin beantragt,

7

die Beklagte zu verurteilen, die Brücke vor dem Grundstück Flurstück X der Flur A der Gemarkung T., gelegen: R.-Straße, L.H.Tal, entsprechend den anerkannten Regeln der Technik instand zu setzen.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Sie trägt vor:

11

Sie treffe keine Verkehrssicherungspflicht. Die Klägerin sei nach § 22 Abs. 4 iVm. § 18 Abs. 4 Satz 1 und 2 StrG LSA selbst zur Instandsetzung ihrer Zuwegung einschließlich des Brückenbauwerkes verpflichtet. Die Brücke sei nicht Bestandteil einer öffentlichen Straße, sondern eine Zufahrt zum Grundstück der Klägerin und ausschließlich für deren Anliegergebrauch bestimmt. Nur ihr Grundstück werde darüber erreicht. Es bestünden keine Anhaltspunkte für eine Widmung der Brücke oder von ihr – der Beklagten - oder ihrem Rechtsvorgänger durchgeführte Unterhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen. Ob solche überhaupt einmal durchgeführt worden seien, entziehe sich ihrer Kenntnis. Auch wer die Brücke errichtet habe und zu welchem Zeitpunkt, sei unbekannt. Das das in kommunalem Eigentum stehende Flurstück Y sei dagegen als Wege- und Straßenfläche eingetragen; bei dem L.bach handele es sich um ein Gewässer II. Ordnung. Dass die Zufahrt von der D.straße zum Grundstück der Klägerin somit über mehrere im Eigentum der Beklagten stehende Grundstücke erfolge, sei unerheblich. Zum einen habe die Brücke bezüglich dieser keine Erschließungsfunktion. Zum andere begreife der funktionale Begriff der "Zufahrt" im Straßenrecht diese als Ganzes, nämlich als für die Nutzung mit Fahrzeugen bestimmte Verbindung von Grundstücken oder nichtöffentlichen Wegen mit einer Straße. Anderenfalls würde ein bebautes Grundstück "in zweiter Reihe" mit einer Zufahrt über ein fremdes Grundstück als nicht erschlossen gelten. Die Brücke bilde daher mit dem gepflasterten Teil des Flurstücks Y die funktionale Einheit der Zufahrt zum klägerischen Grundstück.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

13

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig, aber nicht begründet.

14

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Durchführung der begehrten Instandsetzungsarbeiten.

15

Ein solcher ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus einer der beklagten Gemeinde obliegenden Straßenbaulast. Insoweit kann offen bleiben, ob die in Rede stehende Brücke eine öffentliche Straße darstellt bzw. Bestandteil einer öffentlichen Straße ist. Denn mit der Ausbaulast nach § 9 Abs. 1 Satz 2 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt - StrG LSA -, wonach die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern haben, geht eine Entscheidungsspielraum hinsichtlich des "ob", "wie" und "wann" der Durchführung von Straßenausbaumaßnamen einher, dem grundsätzlich kein einklagbarer Rechtsanspruch des einzelnen Bürgers gegenübersteht. Denn dieser würde damit keine eigenen Rechte, sondern in unzulässiger Weise solche der Allgemeinheit geltend macht (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeitragsrecht, 9. Aufl. 2012, § 28 Rdn. 7; VG Meiningen, Beschluss vom 26. Mai 2006 – 2 E 307/06.Me -, zit. nach juris; Beschluss der Kammer vom 17. April 2009 – 6 B 237/09 HAL -).

16

Dies gilt gleichermaßen für Verkehrssicherungspflichten der Beklagten aus § 10 Abs. 1 und 2 StrG LSA. Nach Absatz 1 der Regelung obliegen die mit dem Bau und der Unterhaltung sowie der Erhaltung der Verkehrssicherheit der Straßen einschließlich der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Pflichten den Organen und Bediensteten der damit befassten Körperschaften und Behörden als Amtspflichten in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Die Straßen sind gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 StrG LSA so herzustellen und zu unterhalten, dass sie den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung genügen. Auch diese Vorschriften begründen keine subjektiven öffentlichen Rechte der Straßenanlieger und –nutzer, auf deren Verletzung sich die Klägerin berufen könnte. Die Kammer folgt diesbezüglich der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (vgl. auch das Urteil der Kammer vom 31. Mai 2012 – 6 A 10/12 –, Bl. 3 ff. d.UA), das in seinem Urteil vom 9. April 1997 – A 4 S 6/97 – (zit. nach juris Rdn. 8 ff.) dazu ausgeführt hat:

17

"Die von der Beklagten zu erfüllende Verkehrssicherungspflicht, die § 10 Abs. 1 StrG LSA als eine den Organen und Bediensteten der Beklagten obliegende Amtspflicht normiert, gebietet es zwar, die öffentlichen Verkehrsflächen gefahrlos zu erhalten und zu gestalten sowie alles Zumutbare zu tun, um den Gefahren zu begegnen, die den Verkehrsteilnehmern bei bestimmungsgemäßer Benutzung der Straßen aus deren nicht ordnungsgemäßem Zustand drohen (BGH, U. v. 18.12.1972, BGHZ 60,54 [56] zu § 10 Abs. 1 NdsStrG). Einer Verletzung dieser Pflicht steht aber kein Recht des Einzelnen gegenüber, von der Beklagten die Schaffung oder Wiederherstellung eines verkehrssicheren Zustands der Straßen verlangen zu können. Auch hier gilt die allgemeine Regel (vgl. Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, 10. Aufl., § 43 RdNr. 10, S. 563), dass kein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch besteht, dem die jedermann zustehende Berechtigung zugrunde liegen würde, die Befolgung der normierten Verpflichtungen der öffentlichen Gewalt verlangen und ggf. auch im Klagewege erzwingen zu können. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beklagte ihrer Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf die Straße tatsächlich nicht nachkommt.

18

Der Ausgestaltung der straßenrechtlichen Verkehrssicherungspflicht als Amtspflicht liegt die erklärte Absicht des Gesetzgebers zugrunde (Landtagsdrucksache 1/1840, S. 4), einem Betroffenen im Schadensfall einen Amtshaftungsanspruch nach Maßgabe des § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu eröffnen. Ein solcher Anspruch ist auf Schadensersatz in Geld und nicht auf Unterlassung oder Beseitigung der Schadensursache gerichtet (vgl. dazu Palandt/Thomas, BGB 55. Aufl., 839, RdNr. 79). […]

19

§ 10 Abs. 2 Satz 1 StrG LSA, wonach Straßen so herzustellen und zu unterhalten sind, dass sie den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung genügen, vermittelt ebenfalls keinen "Verkehrssicherungsanspruch". Dies gilt schon deshalb, weil die Bestimmung nicht den Schutz der Verkehrsteilnehmer bezweckt, sondern nur klarstellt, dass der Träger der Straßenbaulast für den ordnungsgemäßen Zustand seines Straßennetzes einschließlich aller Nebenanlagen selbst verantwortlich ist und nicht der hoheitlichen Einflussnahme anderer staatlicher Behörden, namentlich der Bauordnungsbehörden, ausgesetzt sein soll (Fickert, aaO., § 9 a StrWG, RdNr. 8, S. 334)."

20

Mangels weiterer denkbarer Anspruchsgrundlagen - Inhaber der auf dem Grundstück ansässigen Firma ist der Ehemann der Klägerin, so dass sich die Frage, ob als Anspruchsgrundlage auch das aus Art. 14 GG abgeleitete Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Erwägung gezogen werden könnte, nicht stellt - kommt danach allenfalls das ebenfalls aus Art. 14 GG abzuleitende Anliegerrecht des Grundstückseigentümers als eine solche in Betracht. Der Anliegergebrauch wird in seinem Kern durch die grundgesetzlich verankerte Eigentumsgarantie und – einfachgesetzlich - auch durch § 22 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt – StrG LSA - geschützt. Der gegenüber dem schlichten Gemeingebrauch gesteigerte Anliegergebrauch reicht aber nur so weit, wie eine angemessene Nutzung des Grundeigentums die Benutzung der Straße erfordert und der Anlieger auf das Vorhandensein der Straße in spezifischer Weise angewiesen ist. Die uneingeschränkte Anfahrmöglichkeit mit Kraftfahrzeugen gehört auch bei einem innerörtlichen Wohngrundstück selbst mit Garagen oder Stellplätzen nicht zum geschützten Kernbereich des Anliegergebrauchs. Dieser erstreckt sich daher in aller Regel nur auf den notwendigen Zugang und gewährleistet, dass ein Grundstück überhaupt von einer Straße her zugänglich ist, nicht jedoch einen bestimmten Ausbauzustand (vgl. OVG Sachsen-Anhalt vom 9. April 1997, aaO., Rdn. 11). Vor Einschränkungen oder Erschwernissen bei der Zufahrtsmöglichkeit etwa aufgrund der besonderen örtlichen Lage des Grundstücks vermag er deshalb keinen Schutz zu gewähren, solange die Straße als Verkehrsmittler erhalten bleibt (vgl. Beschluss der Kammer vom 28. Oktober 2010 – 6 B 171/10 HAL -; BayVGH, Urteil vom 15. März 2006 – 8 B 05.1356 -, zit. nach juris mwN.).

21

Dies zugrunde gelegt erscheint eine Anspruch der Klägerin auf Erhalt und Unterhaltung der den Zugang zur D.straße vermittelnden Brücke – ungeachtet der Frage, ob diese ihrerseits eine öffentliche Straße darstellt - schon deshalb fraglich, weil das Grundstück jedenfalls fußläufig auch über den an seine östliche Schmalseite angrenzenden Teil der D.straße zugänglich ist, auch wenn die Anlage einer Zufahrt nach dem Vorbringen der Klägerin aufgrund des Grundstücksgefälles nicht möglich ist.

22

Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung, da die Unterhaltung der Brücke nicht der Beklagten, sondern vielmehr gemäß § 22 Abs. 4 StrG LSA, der auf die entsprechende Anwendung der §§ 18 Abs. 4 Satz 1 und 2, 20 StrG LSA verweist, der Klägerin selbst obliegt. Entsprechend § 18 Abs. 4 Satz 1 und 2 StrG LSA hat der Straßenanlieger die Zufahrt so zu errichten und zu unterhalten, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik genügt, wobei Arbeiten an der Straße der Zustimmung der Straßenbaubehörde bedürfen.

23

Eine Zufahrt ist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA die für die Benutzung mit Fahrzeugen bestimmte Verbindung von Grundstücken oder von nichtöffentlichen Wegen mit einer Straße. Die konkrete bauliche Ausgestaltung der Verbindung richtet sich dabei jedoch nach den tatsächlichen Gegebenheiten. Sie ist nicht darauf beschränkt, dem Grundstück eine Zufahrtsmöglichkeit ohne technisch-bauliche Inanspruchnahme des Straßengrundstücks zu verschaffen, sondern kann in ihrer konkreten baulichen Anlage auf beide zu verbindende Teile, nämlich das zufahrtsberechtigte Nachbargrundstück und das öffentliche Straßengrundstück übergreifen; die Innengrenze der Zufahrt zur Straße hin ist die Linie, wo der Rand der Fahrbahndecke bei regelmäßiger Verlängerung über den Zufahrtsbereich hinaus die Zufahrt schneidet. Indem der Gesetzgeber eine Zufahrt als die für die Benutzung mit Fahrzeugen bestimmte Verbindung von Grundstücken mit einer Straße definiert, stellt er auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch einer Fläche und nicht auf deren grundstücksbezogene Abgrenzung ab (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 26. Mai 2006 – 12 LA 150/05 -, zit. nach juris Rdn. 4 mwN.; vorhergehend VG Braunschweig, Urteil vom 10. März 2005 – 6 A 162/04 -, zit. nach juris Rdn. 20 ff.). Gleichgültig ist daher, ob eine besondere Anlage – wie z.B. eine Grabenbrücke – erforderlich ist (vgl. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, § 11 Rdn. 464).

24

Danach erstreckt sich die Zufahrt der Klägerin von ihrer Grundstücksgrenze bis zur Ab-senkung des Gehweges auf die Fahrbahn der D.straße. Denn die Brücke stellt weder einen Bestandteil des Verlaufs der D.straße dar noch handelt es sich um eine eigenständige öffentliche Straße, da sich bereits die hierfür gemäß § 2 Abs. 1 StrG LSA erforderlichen Widmung den öffentlichen Verkehr nicht feststellen lässt. Eine Widmung nach § 6 StrG LSA ist unstreitig nicht erfolgt. Die Brücke ist auch nicht in ein Straßenbestandsverzeichnis eingetragen worden, vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, das die im Streit stehende Fläche vor dem Inkrafttreten des Straßengesetzes die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erhalten hätte. Für eine Widmung kraft unvordenklicher Verjährung, d.h. für das Bestehen eines allgemeinen Konsens über die Öffentlichkeit seit mindestens 80 Jahren (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. April 1997 – A 4 S 5/97 -, LKV 1998 S. 278), ist nichts ersichtlich oder vorgetragen. Es lässt sich schon nicht feststellen, dass die Brücke bereits über einen solchen Zeitraum hinweg existiert. Der Zeitpunkt und der Veranlasser ihrer Errichtung sind unbekannt. Weder die Bauweise noch das vorhandene Kartenmaterial belegen ein entsprechend hohes Alter des Bauwerks.

25

Auch aufgrund der Übergangs- und Überleitungsvorschriften des § 51 Abs. 3 und 4 StrG LSA kann nicht von einer Widmung für den öffentlichen Straßenverkehr ausgegangen werden (vgl. dazu auch das Urteil der Kammer vom 25. Juli 2013 – 6 A 236/10 -). Die Vorschrift des § 51 StrG LSA enthält keine Widmungsfiktion, sondern setzt das Vorhandensein öffentlicher Straßen voraus und beschränkt sich auf deren Zuweisung auf die zukünftig verantwortlichen Baulastträger (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. Juni 2009 - 4 L 459/08 - und Beschluss vom 12. Januar 2000 - A 1 S 85/99 -, zit. nach juris). Maßgeblich ist daher, wie die betreffende Wegefläche zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung und der anschließend erfolgten Nutzung unter den Bedingungen des seinerzeit geltenden Rechts einzuordnen war (vgl. Huber, Straßengesetz für das Land Sachsen-Anhalt, 2. Aufl. 2000, § 51 Rdn. 1). Die Vorschrift des § 51 StrG LSA geht darauf zurück, dass das Recht der DDR eine förmliche Straßenwidmung nicht kannte; maßgeblich für die Einstufung als öffentliche Straße war allein die Freigabe für die öffentliche Nutzung durch die zuständigen Stellen, in der Regel also der tatsächliche Anschluss an das bestehende Straßennetz (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19. Mai 2010, – 3 L 465/08 -, zit. nach juris, unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2002 – 8 C 24.01 -, VIZ 2003, 284 und OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. April 1997, aaO.).

26

Nach § 3 Abs. 2 der Verordnung über das Straßenwesen vom 18. Juli 1957 (GBl. I, DDR 377) - DDR-StrVO 1957 - waren kommunale Straßen - zu diesen zählten gemäß § 1 Abs. 1 d) DDR-StrVO 1957 Stadt- und Gemeindestraßen, -wege und -plätze - öffentlich, wenn bisher ihrer Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen wurde; sie wurden öffentlich, wenn die Räte der Kreise bzw. die Räte der Städte und Gemeinden sie nach Zustimmung der Rechtsträger oder Eigentümer dem öffentlichen Verkehr freigaben. Es bestehen vorliegend jedoch weder Hinweise für eine Verkehrsfreigabe und auch nicht für eine unwidersprochene Nutzung durch die Allgemeinheit. Vielmehr spricht die Lage und Funktion der Brücke deutlich gegen eine Verkehrsöffentlichkeit. Diese führt ausschließlich zum Grundstück der Klägerin und verbindet es mit der D.straße, die auch in nordöstlicher Richtung die für das Grundstück nächstgelegene Erschließungsanlage darstellt. Weitere Ziele können über die Brücke nicht erreicht werden, insbesondere auch nicht über den schmalgeschnittenen Ausläufer des Flurstückes Y. Bei diesem handelt es sich nicht um einen Weg, sondern um eine Grünfläche. Der Eintrag des Flurstücks Y im Liegenschaftsbuch mit der Nutzungsart „Straßenverkehr“ bezeichnet die überwiegende Nutzung des gesamten Grundstücks, stellt entgegen der Auffassung der Beklagten aber keine „Widmung“ dar. Den von den Beteiligten vorgelegten Lichtbildern ist deutlich zu entnehmen, dass die Fläche außerhalb des zum Zweck der Überfahrt auf das klägerische Grundstück gepflasterten Bereichs weder zur Nutzung durch Fußgänger noch durch andere Verkehrsteilnehmer bestimmt ist. So ist die Grünfläche beiderseits durch einen erhöhten "Bordstein" nicht nur optisch deutlich von der befestigten Fläche abgegrenzt. In südlicher Richtung hindert zudem auch der Bewuchs ein Begehen oder Befahren der Fläche. Die Beteiligten haben bestätigt, dass der Grünstreifen auch tatsächlich nicht von der Öffentlichkeit genutzt wird. Hierfür wäre auch ein Bedürfnis nicht ersichtlich. Das Grundstück der Klägerin wird unmittelbar über die streitige Brücke erreicht. Südlich davon fehlt es schon an jeglicher Verbindungsfunktion des Grünstreifens, denn das in diesem Bereich angrenzende Flurstück Z verfügt ebenso wie das sich nördlich des klägerischen Grundstücks anschließende Flurstück Q über keine Zugangsmöglichkeit zu diesem. Der Hauptteil des Flurstücks Y wird dagegen unmittelbar über eine eigene Brücke erreicht, die Bestandteil der auf dem Grundstück selbst verlaufenden D.straße ist, von der auch das Flurstück Q erschlossen wird. Eine Verbindung aller genannten Grundstücke ist unproblematisch über den parallel zum Grünstreifen verlaufenden Teil der D.straße gegeben. Überdies wäre die Annahme einer – fußläufigen - Erschließung des klägerischen Grundstückes durch das Flurstück Y entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht geeignet, den von ihr geltend gemachten Anspruch zu stützen. Vielmehr wäre die Folge daraus, dass die Klägerin sich sowohl hinsichtlich der D.straße als auch der auf diese führenden Brücke von vornherein schon mangels "Anliegens" ihres Grundstückes an diese nicht auf Anliegerrechte berufen könnte.

27

Schließlich gehört auch der L.bach, den die Brücke quert, nicht iSd. § 2 Abs. 2 StrG LSA zu den Bestandteilen des Straßenkörpers, da es sich um ein eigenständiges Gewässer und nicht lediglich einen (Straßenentwässerungs-)Graben handelt.

28

Die Verbindung zwischen dem Grundstück der Klägerin und der Fahrbahn stellt sich nach alledem einschließlich des Überwegs über das Flurstück Y und die Brücke als Zufahrt dar. Denn nicht gewidmete Flächen, die Verkehr auf eine öffentliche Straße führen, und auf eine öffentliche Straße stoßen, sind Zufahrten oder Zugänge (vgl. Sauthoff, aaO., Rdn. 464).

29

Dass nach dem Vorbringen der Klägerin etwa im Jahr 1995 das seinerzeit schadhafte Brückengeländer auf Veranlassung der Beklagten geschweißt und gestrichen worden ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen handelt es sich dabei nicht um Instandsetzungsarbeiten an dem Brückenbauwerk selbst. Denn das „Geländer“ ist Teil einer Einfassung des L.bachs, die das Gewässer im Bereich der D.straße insgesamt umrahmt. Zum anderen ließe sich aus einer solchen singulären und geringfügigen Maßnahme eine verbindliche und dauerhafte Übernahme einer Instandsetzungsverpflichtung für eine Brücke nicht ableiten (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 31. Mai 2005 – 1 A 249/03 -, zit. nach juris Rdn. 21).

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

31

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm. §§ 708 Nr. 11, 711 der ZivilprozessordnungZPO -.


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.