Vergabekammer Südbayern Beschluss, 05. Okt. 2016 - Z3-3-3194-1-33-08/16
Tenor
1.Es wird gemäß § 114 Abs. 2 S. 2 GWB festgestellt, dass die am 11.08.2016 erfolgte Zurückversetzung der ursprünglichen Ausschreibung in den Stand vor Aufforderung zur Abgabe der Angebote und die daraufhin erfolgten Änderungen an der Leistungsbeschreibung rechtswidrig waren und die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 5 GWB verletzt haben.
2.Im Übrigen wird das Nachprüfungsverfahren eingestellt.
3.Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Er ist von der Zahlung der Gebühr befreit. Auslagen sind nicht angefallen.
4.Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von 0,0… Euro festgesetzt.
5.Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin notwendigen Aufwendungen trägt der Antragsgegner zur Hälfte.
6.Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung wird für notwendig erklärt.
Gründe
-
1. Ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten,
-
2.festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist,
-
3.die geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Rechtsverletzungen zu treffen, bspw. dem Antragsgegner aufzugeben, die Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu bewerten, insbesondere das Angebot der Antragstellerin nicht mehr mit der vorliegenden unzutreffenden Begründung auszuschließen,
-
4.Akteneinsicht zu gewähren,
-
5.festzustellen, dass der Antragsgegner die Verfahrenskosten zu tragen hat,
-
6.festzustellen, dass für die Antragstellerin die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war,
-
7.festzustellen, dass für den Antragsgegner die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nicht notwendig war.
A. Fahrzeugbeschaffung für 3-Achs-Lastkraftwagen 26 Tonnen:
– „Gesamtlänge von Frontanbauplatte bis Rahmenende inkl. Rahmenüberhang ohne Unterfahrschutz 7800 mm“ [neu …],
– „Komplett nutzbare Rahmenlänge für Aufbau 5600 mm“ [neu …],
– „Überhang hinten (theoretische Hinterachsenmitte bis Rahmenende) in Abhängigkeit des technischen Radstandes min. 800 mm max. 900 mm“ [vorher: „min 60% des technischen Radstandes“…],
– „hoher Lastschwerpunkt“ [neu] für Vorderachse sowie beide Hinterachsen,
– Fahrerhauslänge min. 1750 mm und max. 2000 mm [beides neu],
– „Korrosionsschutz-Garantie für 10 Jahre bei zusammengesetztem System oder modifizierter Fahrerhausverlängerung“ [neu],
– Rückleuchten und Nummernschild auf separaten Leuchten Träger [neu],
– „Alle am Fahrgestell zusätzlich verbauten Komponenten müssen mit Original Ersatzteilnummer beim Fahrzeughersteller beschafft werden können.“ [neu],
– „Garantieverpflichtung für Mängel am Korrosionsschutz für modifiziertes Fahrerhaus mind. 120 Monate“ [vorher: nur „für Mängel aufgrund Durchrostung mind. 60 Monate“];
B) Fahrzeugbeschaffung für 4-Achs-Lastkraftwagen 32 Tonnen:
– „Gesamtlänge von Frontanbauplatte bis Rahmenende inkl. Rahmenüberhang ohne Unterfahrschutz 9000 mm“ [neu …]
– „Komplett nutzbare Rahmenlänge inkl. Dieseltank (B = ca. 800, H = ca. 620 mm, L = ca. 1350 mm) hinter dem Fahrerhaus für Kipper und WD Geräte min. 6450 mm“ [neu …],
– korrosionsbeständiger Kraftstoffkombitank („B mit Halter = ca. 800 mm, H = ca. 620mm, L = ca. 1350 mm“) [Maßangaben neu],
– „Hauptschalldämpfer [der Abgasanlage] hinter dem Fahrerhaus stehend mit Berührungsschutz“ [Platzangabe neu],
– Ergänzung, dass Stabilisator an „beiden Achsen“ verstärkt sein muss sowie für alle Achsen „hoher Lastschwerpunkt“,
– Ergänzung, dass Aufstiegsleiter für Kombinationstank „ausziehbar“ sein muss,
– Fahrerhauslänge min. 1750 mm und max. 2000 mm [beides neu]
– Korrosionsschutz-Garantie für 10 Jahre bei zusammengesetztem System oder modifizierter Fahrerhausverlängerung [neu]
– Rückleuchten und Nummernschild auf separaten Leuchten Träger [neu]
– „Alle am Fahrgestell zusätzlich verbauten Komponenten müssen mit Original Ersatzteilnummer beim Fahrzeughersteller beschafft werden können.“ [neu],
– „Garantieverpflichtung für Mängel am Korrosionsschutz für modifiziertes Fahrerhaus mind. 120 Monate“ [vorher: nur „für Mängel aufgrund Durchrostung mind. 60 Monate“].
-
1.Der Vergabenachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 12.08.2016 wird als unzulässig verworfen, hilfsweise als unbegründet zurückgewiesen.
-
2.Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner wird für erforderlich erklärt.
-
3.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragsgegners.
Urteilsbesprechung zu Vergabekammer Südbayern Beschluss, 05. Okt. 2016 - Z3-3-3194-1-33-08/16
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(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.
(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, die von einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 an eine juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts vergeben werden, wenn
- 1.
der öffentliche Auftraggeber über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt, - 2.
mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von dem öffentlichen Auftraggeber oder von einer anderen juristischen Person, die von diesem kontrolliert wird, betraut wurde, und - 3.
an der juristischen Person keine direkte private Kapitalbeteiligung besteht, mit Ausnahme nicht beherrschender Formen der privaten Kapitalbeteiligung und Formen der privaten Kapitalbeteiligung ohne Sperrminorität, die durch gesetzliche Bestimmungen vorgeschrieben sind und die keinen maßgeblichen Einfluss auf die kontrollierte juristische Person vermitteln.
(2) Die Ausübung einer Kontrolle im Sinne von Absatz 1 Nummer 1 wird vermutet, wenn der öffentliche Auftraggeber einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der juristischen Person ausübt. Die Kontrolle kann auch durch eine andere juristische Person ausgeübt werden, die von dem öffentlichen Auftraggeber auf gleiche Weise kontrolliert wird.
(3) Absatz 1 gilt auch für die Vergabe öffentlicher Aufträge, die von einer kontrollierten juristischen Person, die zugleich öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 ist, an den kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber oder an eine von diesem öffentlichen Auftraggeber kontrollierte andere juristische Person vergeben werden. Voraussetzung ist, dass keine direkte private Kapitalbeteiligung an der juristischen Person besteht, die den öffentlichen Auftrag erhalten soll. Absatz 1 Nummer 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(4) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, bei denen der öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 über eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts zwar keine Kontrolle im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 ausübt, aber
- 1.
der öffentliche Auftraggeber gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle ausübt wie jeder der öffentlichen Auftraggeber über seine eigenen Dienststellen, - 2.
mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von den öffentlichen Auftraggebern oder von einer anderen juristischen Person, die von diesen Auftraggebern kontrolliert wird, betraut wurde, und - 3.
an der juristischen Person keine direkte private Kapitalbeteiligung besteht; Absatz 1 Nummer 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(5) Eine gemeinsame Kontrolle im Sinne von Absatz 4 Nummer 1 besteht, wenn
- 1.
sich die beschlussfassenden Organe der juristischen Person aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber zusammensetzen; ein einzelner Vertreter kann mehrere oder alle teilnehmenden öffentlichen Auftraggeber vertreten, - 2.
die öffentlichen Auftraggeber gemeinsam einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der juristischen Person ausüben können und - 3.
die juristische Person keine Interessen verfolgt, die den Interessen der öffentlichen Auftraggeber zuwiderlaufen.
(6) Dieser Teil ist ferner nicht anzuwenden auf Verträge, die zwischen zwei oder mehreren öffentlichen Auftraggebern im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 geschlossen werden, wenn
- 1.
der Vertrag eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern begründet oder erfüllt, um sicherzustellen, dass die von ihnen zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden, - 2.
die Durchführung der Zusammenarbeit nach Nummer 1 ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt wird und - 3.
die öffentlichen Auftraggeber auf dem Markt weniger als 20 Prozent der Tätigkeiten erbringen, die durch die Zusammenarbeit nach Nummer 1 erfasst sind.
(7) Zur Bestimmung des prozentualen Anteils nach Absatz 1 Nummer 2, Absatz 4 Nummer 2 und Absatz 6 Nummer 3 wird der durchschnittliche Gesamtumsatz der letzten drei Jahre vor Vergabe des öffentlichen Auftrags oder ein anderer geeigneter tätigkeitsgestützter Wert herangezogen. Ein geeigneter tätigkeitsgestützter Wert sind zum Beispiel die Kosten, die der juristischen Person oder dem öffentlichen Auftraggeber in dieser Zeit in Bezug auf Liefer-, Bau- und Dienstleistungen entstanden sind. Liegen für die letzten drei Jahre keine Angaben über den Umsatz oder einen geeigneten alternativen tätigkeitsgestützten Wert wie zum Beispiel Kosten vor oder sind sie nicht aussagekräftig, genügt es, wenn der tätigkeitsgestützte Wert insbesondere durch Prognosen über die Geschäftsentwicklung glaubhaft gemacht wird.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten entsprechend für Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 Absatz 1 Nummer 1 hinsichtlich der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sowie für Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 1 und 2 hinsichtlich der Vergabe von Konzessionen.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie zur Ausrichtung von Wettbewerben zu regeln. Diese Ermächtigung umfasst die Befugnis zur Regelung von Anforderungen an den Auftragsgegenstand und an das Vergabeverfahren, insbesondere zur Regelung
- 1.
der Schätzung des Auftrags- oder Vertragswertes, - 2.
der Leistungsbeschreibung, der Bekanntmachung, der Verfahrensarten und des Ablaufs des Vergabeverfahrens, der Nebenangebote, der Vergabe von Unteraufträgen sowie der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen, die soziale und andere besondere Dienstleistungen betreffen, - 3.
der besonderen Methoden und Instrumente in Vergabeverfahren und für Sammelbeschaffungen einschließlich der zentralen Beschaffung, - 4.
des Sendens, Empfangens, Weiterleitens und Speicherns von Daten einschließlich der Regelungen zum Inkrafttreten der entsprechenden Verpflichtungen, - 5.
der Auswahl und Prüfung der Unternehmen und Angebote sowie des Abschlusses des Vertrags, - 6.
der Aufhebung des Vergabeverfahrens, - 7.
der verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Anforderungen im Hinblick auf den Geheimschutz, auf die allgemeinen Regelungen zur Wahrung der Vertraulichkeit, auf die Versorgungssicherheit sowie auf die besonderen Regelungen für die Vergabe von Unteraufträgen, - 8.
der Voraussetzungen, nach denen Sektorenauftraggeber, Konzessionsgeber oder Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz von der Verpflichtung zur Anwendung dieses Teils befreit werden können, sowie des dabei anzuwendenden Verfahrens einschließlich der erforderlichen Ermittlungsbefugnisse des Bundeskartellamtes und der Einzelheiten der Kostenerhebung; Vollstreckungserleichterungen dürfen vorgesehen werden.
(1) Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge sind öffentliche Aufträge, deren Auftragsgegenstand mindestens eine der folgenden Leistungen umfasst:
- 1.
die Lieferung von Militärausrüstung, einschließlich dazugehöriger Teile, Bauteile oder Bausätze, - 2.
die Lieferung von Ausrüstung, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben wird, einschließlich der dazugehörigen Teile, Bauteile oder Bausätze, - 3.
Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der in den Nummern 1 und 2 genannten Ausrüstung in allen Phasen des Lebenszyklus der Ausrüstung oder - 4.
Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder Bau- und Dienstleistungen, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben werden.
(2) Militärausrüstung ist jede Ausrüstung, die eigens zu militärischen Zwecken konzipiert oder für militärische Zwecke angepasst wird und zum Einsatz als Waffe, Munition oder Kriegsmaterial bestimmt ist.
(3) Ein Verschlusssachenauftrag im Sinne dieser Vorschrift ist ein Auftrag im speziellen Bereich der nicht-militärischen Sicherheit, der ähnliche Merkmale aufweist und ebenso schutzbedürftig ist wie ein Auftrag über die Lieferung von Militärausrüstung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder wie Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, und
- 1.
bei dessen Erfüllung oder Erbringung Verschlusssachen nach § 4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes oder nach den entsprechenden Bestimmungen der Länder verwendet werden oder - 2.
der Verschlusssachen im Sinne der Nummer 1 erfordert oder beinhaltet.
Öffentliche Auftraggeber sind
- 1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, - 2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern - a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden, - b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder - c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
- 3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, - 4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
(1) Sektorenauftraggeber sind
- 1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, - 2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn - a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder - b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.
(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.
(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3
- 1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt, - 2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder - 3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.
Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.
(2) Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nicht aufgehoben werden. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. § 167 Absatz 1 gilt in diesem Fall nicht.
(3) Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Die Vollstreckung richtet sich, auch gegen einen Hoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1 000 Euro und höchstens 10 Millionen Euro. § 61 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend.
(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.
(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.
(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Wenn ein Unternehmen, bei dem ein Ausschlussgrund vorliegt, keine oder keine ausreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen nach § 125 ergriffen hat, darf es
- 1.
bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 123 höchstens fünf Jahre ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, - 2.
bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 124 höchstens drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22. November 2013 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 61,20 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 2. September 2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Gründe
A.
- 1
Die Klägerin begehrt vom Beklagten mit ihrer seit dem 01.09.2012 rechtshängigen Klage Schadenersatz in Form entgangenen Gewinns wegen einer vermeintlich rechtswidrigen Aufhebung der Ausschreibung eines öffentlichen Bauauftrags, hilfsweise Ersatz des negativen Interesses.
- 2
Im Rahmen des Bauvorhabens „…
- 3
…
- 4
“ mit einem Netto-Auftragswert über fünf Millionen Euro schrieb ein Eigenbetrieb des Beklagten für den Baubereich 4 das Gewerk Tischlerarbeiten (Fenster, Türen, zugehörige Artikel - Sanierung und Austausch) aus; die Ausschreibung wurde EU-weit im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 23.03.2012 (… ) bekannt gemacht. Der Beklagte schätzte den Brutto-Auftragswert nach eigenen - von der Klägerin bestrittenen - Angaben auf 138.248,73 €. Die Ausschreibung erfolgte im Offenen Verfahren, als alleiniges Zuschlagskriterium war der niedrigste Angebotspreis vorgesehen. Nebenangebote wurden nicht zugelassen. Die Angebotsfrist lief bis zum 25.04.2012, 13:00 Uhr; die Bieter sollten sich an ihre Angebote bis zum 06.06.2012 binden.
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Die Klägerin gab am 24.04.2012 insgesamt zwei Angebote auf elektronischem Wege, jeweils mit elektronischer Signatur, ab, und zwar um 09:11 Uhr ein Angebot mit einer Angebotsendsumme in Höhe von 268.201,96 € (künftig: Angebot 1) und um 11:02 Uhr ein weiteres Angebot mit einer Angebotsendsumme in Höhe von 268.580,38 € (künftig: Angebot 2). Beide Angebote wiesen weitgehend identische Preisangaben in den einzelnen Leistungspositionen auf, lediglich in zwei Positionen, deren Gegenstand jeweils die Überarbeitung historischer, einflügliger Innentüren war (Pos. 1.1.30 „… mit drei Kassetten“, Pos. 1.1.50 „… mit sechs Kassetten“), wurden die Einheitspreise gewechselt, was - wegen der unterschiedlichen Mengengerüste (Pos. 1.1.30 „3 St.“, Pos. 1.1.50 „6 St.“) - zu der Preisdifferenz in Höhe von 378,42 € führte. Beide Angebote enthielten in dem jeweiligen Angebotsschreiben auf Formblatt 213 des VHB Bund (Stand: Mai 2010) die Erklärung, dass die Klägerin alle Leistungen im eigenen Betrieb ausführe, soweit sie nicht auf Formblatt 235 - Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen - abweichende Angaben mache. Das Formblatt 235 lag beiden Angeboten jeweils unausgefüllt bei. Bei beiden Angeboten fehlten u.a. die geforderten Eigen- und Fremderklärungen über Referenzleistungen der Klägerin; Eignungserklärungen oder -nachweise für bzw. Verpflichtungserklärungen von Nachunternehmern lagen nicht bei. Die Klägerin reichte für beide Angebote das geforderte Formblatt 221 (Preisermittlung Zuschlagskalkulation) ein, welches für das Angebot 1 keine Eintragung zu Nachunternehmerleistungen enthielt, während für das Angebot 2 unter Ziffer 2 auch relative (prozentuale) Zuschläge auf Nachunternehmerleistungen angegeben waren und unter Ziffer 3, dort Kostenfaktor 3.5, kalkulierte Nachunternehmerleistungen im Wert von 97.775,50 € angegeben waren.
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Bei Eröffnung der Angebote lagen Hauptangebote von drei Bietern vor. Der Beklagte nahm von der Klägerin lediglich das Angebot 2 in das Submissionsprotokoll auf. Dieses Angebot war das preisgünstigste, die weiteren Angebote überstiegen den Angebotspreis der Klägerin um ca. 1,26 % bzw. um ca. 2,99 %. Der Beklagte teilte der Klägerin das Submissionsergebnis mit, forderte sie zur Vorlage fehlender Erklärungen, insbesondere des Formblatts 223 (Aufgliederung der Einheitspreise) auf und lud sie, anders als die anderen beiden Bieter, zu einem Aufklärungsgespräch ein. Das Aufklärungsgespräch fand am 15.05.2012 statt. Hierin teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass für sämtliche Tischlerarbeiten an historischen Türen ein hierauf spezialisierter Nachunternehmer eingesetzt werde, die M. GmbH & Co. KG. Die Klägerin wurde aufgefordert, ihr Angebot bis zum 16.05.2012 zu vervollständigen, insbesondere um ein vollständig ausgefülltes Formblatt 223 sowie um Referenzen für vergleichbare Leistungen und um ein zutreffend ausgefülltes Formblatt 235. Dem kam die Klägerin innerhalb der hierfür gesetzten Frist nach. Der Beklagte forderte zugleich auch einen weiteren Bieter zur Nachreichung von Eigenerklärungen auf.
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Mit Schreiben vom 21.05.2012 teilte der Beklagte allen drei Bietern, darunter der Klägerin, mit, dass er das Vergabeverfahren aufgehoben habe, weil die Angebotssummen sämtlicher Angebote weit über den veranschlagten Haushaltsmitteln lägen. Er kündigte eine Neuausschreibung der Leistungen an. Der Rüge der Klägerin vom 25.05.2012 wegen der vermeintlichen Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Ausschreibung half der Beklagte mit Schriftsatz vom 05.06.2012 nicht ab. Darin gab der Beklagte an, dass die Angebotssummen jeweils etwa 100 % über dem Haushaltsansatz für diese Leistungen lägen und damit anders, als in anderen Gewerken, erheblich von seiner vorherigen Kostenschätzung abwichen. Die Angebotssummen der eingegangenen Angebote lägen zwar nah beieinander, die Kostenansätze für einzelne Leistungspositionen wichen jedoch z.T. nicht nachvollziehbar erheblich von-einander ab.
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Die Klägerin leitete ein Nachprüfungsverfahren ein. Die Nachprüfungsanträge der Klägerin wurden von der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 30.07.2012 (GA Bd. I Bl. 36 ff.) als unzulässig verworfen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde nahm die Klägerin nach den Hinweisen des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Naumburg in der Sitzung am 28.11.2012 zurück (vgl. BeiA 2 Verg 6/12, Bl. 121 f.).
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Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Beklagte die Leistungen unterteilt in vier Teillose am 16.10.2012 im elektronischen Vergabeportal für Deutschland „Vergabe 24“ erneut ausgeschrieben und in diesen Verfahren auch Zuschläge erteilt habe.
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Mit ihrem Hauptantrag hat die Klägerin den Ersatz des positiven Interesses zu einem Betrag von 27.111,47 € begehrt und hierzu die Auffassung vertreten, dass die Aufhebung der Ausschreibung rechtswidrig erfolgt sei. Sie hat behauptet, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vergabeverfahrens der Zuschlag auf ihr Angebot 2 habe erteilt werden müssen. Bei der Berechnung des entgangenen Gewinns hat sie eine Gewinnmarge von 15 % auf Materialkosten i.H.v. 104.938,08 €, von 3 % auf eigene Lohnkosten i.H.v. 22.986,22 € und von 15 % auf Nachunternehmerleistungen i.H.v. 97.773,50 € zugrunde gelegt, was ihren Angaben im Formblatt 221 zu Angebot 2 entspricht.
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Hilfsweise hat die Klägerin den Ersatz des negativen Interesses zu einem Betrag von 1.621,00 € geltend gemacht. Die Forderung hat sie aus Lohnkosten für 16 Stunden á 55,00 € für die Angebotserstellung und 8 Stunden á 85,00 € für die Wahrnehmung des Aufklärungsgesprächs (einschließlich Vorbereitung, Fahrt und Nachbereitung) sowie aus Fahrkosten in Höhe von 61,20 € (2x 102 km x 0,30 €/km) ermittelt.
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Der Beklagte hat sich für die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Ausschreibung darauf berufen, dass die Ausschreibung zu keinem wirtschaftlich akzeptablen Ergebnis geführt habe; die Angebotspreise seien keine Marktpreise gewesen. Hilfsweise hat sie die Auffassung vertreten, dass das Angebot der Klägerin bei ordnungsgemäßem Verlauf des Verfahrens auszuschließen gewesen wäre. Ein Ausschluss sei wegen der vorsätzlich unzutreffenden Angaben der Klägerin im Angebot zum Nachunternehmereinsatz zwingend vorzunehmen gewesen. Zudem habe die Klägerin ein vergaberechtlich unzulässiges Doppelangebot abgegeben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
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Das Landgericht hat mit seinem am 22.11.2013 verkündeten Urteil dem Hauptantrag der Klägerin im vollen Umfang, der ca. 10 % der Bruttoangebotssumme entspricht, stattgegeben und diese Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Aufhebung der Ausschreibung rechtswidrig erfolgt sei. Hierüber habe das Zivilgericht eigenständig zu befinden, weil die Entscheidung der Vergabekammer über die Unzulässigkeit der Nachprüfungsanträge keine Feststellung über die Rechtswidrigkeit der Aufhebung beinhalte, welche nach § 124 Abs. 1 GWB Bindungswirkung entfalten könne. Der Beklagte habe nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die Angebotspreise der drei Bieter unangemessen hoch gewesen seien; hierzu hätte er insbesondere Einzelheiten zu seiner Kostenschätzung vortragen müssen. Hierfür genüge es nicht, dass die Angebotspreise nicht den Vorstellungen des Auftraggebers entsprächen, es komme darauf an, ob der Beklagte den Wert der ausgeschriebenen Leistungen zutreffend ermittelt habe. Ein Ausschluss des Angebots 2 der Klägerin sei nicht geboten gewesen. Unrichtige Angaben zum Nachunternehmereinsatz habe die Klägerin nicht gemacht, vielmehr habe sie im Aufklärungsgespräch eindeutige Angaben zur Art und zum Umfang des Nachunternehmereinsatzes gemacht. Auch der Umstand, dass die Klägerin unstreitig zwei Angebote eingereicht habe, führe nicht zum Ausschluss. Es sei in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, ob es unzulässig sei, mehrere Angebote parallel abzugeben.
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Der Beklagte hat gegen das ihm am 28.11.2013 zugestellte Urteil mit einem am 17.12.2013 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung mit einem am 28.12.2013 eingegangenen Schriftsatz auch begründet.
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Der Beklagte meint, dass die bestandskräftige Entscheidung der Vergabekammer nach § 124 Abs. 1 GWB Bindungswirkung für das Zivilgericht entfalte und daher vom Vorliegen eines Ausschlussgrundes für das Angebot 2 der Klägerin auszugehen sei. Daher sei ihr Angebot 2 auch dann, wenn man von einer rechtswidrigen Aufhebung der Ausschreibung ausgehe, jedenfalls nicht zuschlagsfähig gewesen. Das Angebot sei zwingend auszuschließen gewesen, weil die Klägerin ein vergaberechtlich unzulässiges Doppelangebot - zwei technisch gleiche Hauptangebote mit unterschiedlichen Preisen - eingereicht habe. Es sei weiter auszuschließen gewesen, weil die Klägerin im elektronisch eingereichten Angebot bedingt vorsätzlich falsche Angaben zum beabsichtigten Nachunternehmereinsatz gemacht habe, indem sie angegeben habe, alle Leistungen im eigenen Betrieb auszuführen, und erst im Aufklärungsgespräch auf Vorhalt eingeräumt habe, eine Nachunternehmerin einzusetzen. Hiermit habe die Klägerin versucht, der Bindung an den konkret zu benennenden Nachunternehmer zu entgehen. Im Übrigen sei die Aufhebung aber auch rechtmäßig gewesen; insoweit wiederholt der Beklagte im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug, wonach seine Kostenschätzungen - die HU-Bau von Dezember 2010 und die AFU-Bau vom Januar 2012 - von einem renommierten Architektenbüro erarbeitet und „in mehreren Instanzen“ geprüft worden seien, und tritt für die Richtigkeit der Kostenschätzung Beweis durch das Zeugnis des für ihn tätig gewesenen Architekten an.
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Der Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
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die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist insbesondere darauf, dass hier durch den Eingang von zwei Hauptangeboten eine konkrete Manipulationsgefahr nicht entstanden sei, weil die Angebote finanziell gleichwertig gewesen seien. Ihr selbst bzw. ihrem Geschäftsführer sei auch gar nicht bewusst gewesen, dass die Klägerin zwei Angebote eingereicht habe. Der Beklagte habe ebenfalls lediglich das Angebot 2 geprüft und gewertet. Eine allenfalls abstrakte Manipulationsgefahr rechtfertige den Ausschluss des Angebots 2 nicht. Von vorsätzlich falschen Angaben im Vergabeverfahren sei nicht auszugehen, weil die Klägerin auf Nachfrage im Aufklärungsgespräch sofort klargestellt habe, dass sie alle Tischlerarbeiten, bei denen Auflagen des Denkmalschutzes existierten, von einer hierauf spezialisierten Nachunternehmerin durchführen lassen wolle. Das Aufklärungsgespräch habe gerade die Funktion, solche Nachfragen und Klarstellungen zu ermöglichen. Zeitlich sei auf das gesamte Vergabeverfahren abzustellen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass sie den Hilfsantrag der Klage auch im Berufungsverfahren aufrechterhalte.
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Der Senat hat am 21.05.2014 mündlich zur Sache verhandelt. Er hat u.a. darauf hingewiesen, dass nach dem bisherigen Sachstand davon auszugehen sei, dass die Klägerin zwei Hauptangebote abgegeben habe, was in der hier vorliegenden Konstellation unzulässig gewesen sein dürfte; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tag Bezug genommen. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 26.05.2014 hat die Klägerin daraufhin vorgetragen, dass das Angebot 2 lediglich eine Korrektur des Angebots 1 beinhaltet habe und dieses habe ersetzen sollen. Ihr Kalkulator O. habe nach Versendung des Angebots 1 die Vertauschung der Einheitspreise in den beiden o.g. Leistungspositionen entdeckt, habe aber das Angebot 1 nicht mehr „zurückholen“ können. Er habe bei der Vergabestelle angerufen und sei von dieser darauf verwiesen worden, dass er zur Korrektur ein neues vollständiges Angebot „nachsenden“ solle. Die Klägerin hat weiter behauptet, dass die Mitarbeiterin H. des Beklagten im Aufklärungsgespräch deutlich zu erkennen gegeben habe, dass ihr bewusst sei, dass das Angebot 2 das Angebot 1 ersetzen solle.
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Der Senat hat die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und am 15.10.2014 fortgesetzt. Die Klägerin hat im Termin erklärt, dass sie ihren Kalkulator O. bewusst nicht als Zeugen für ihren Sachvortrag zur Kommunikation zwischen den Prozessparteien am Tag des Ablaufs der Angebotsfrist (24.04.2012) benannt habe, weil dieser über das Geschehen keine Aufzeichnungen angefertigt und nunmehr keine genauen Erinnerungen an die Details der Angebotsabgabe mehr habe. Sie meint, dass nach der Durchführung des Aufklärungsgesprächs ein „Rückzug“ der Klägerin auf das Angebot 1 nicht mehr in Betracht gekommen wäre, weshalb eine Manipulationsgefahr ausgeschlossen gewesen sei. Der Beklagte hat angegeben, dass seine Mitarbeiterin H. in einer dienstlichen Äußerung angegeben habe, dass sie erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens durch die von der Klägerin angegriffene Aufhebung in die Sachbearbeitung einbezogen worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 15.10.2014 Bezug genommen.
B.
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Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache ganz überwiegenden Erfolg. Lediglich der Hilfsantrag der Klägerin ist geringfügig begründet.
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I. Für die Entscheidung über das Bestehen eines Schadenersatzanspruchs der Klägerin gegen den Beklagten sind ausschließlich die Zivilgerichte zuständig. Die Zivilgerichte sind dabei hier nicht nach § 124 Abs. 1 GWB durch die vorangegangene, inzwischen bestandskräftige Entscheidung der Vergabekammer im Vergabenachprüfungsverfahren gebunden, denn die Vergabekammer hat einen Verstoß des Beklagten gegen Vergabevorschriften gerade nicht festgestellt. Ihre Entscheidung war sowohl nach ihrem Entscheidungsausspruch als auch nach den die Entscheidung tragenden Gründen allein darauf gerichtet, dass der Nachprüfungsantrag der hiesigen Klägerin in der Hauptsache mangels Zugang zum Nachprüfungsverfahren nach wirksamer Beendigung des Vergabeverfahrens und hinsichtlich des Hilfsantrags mangels Feststellungsinteresses insgesamt unzulässig gewesen sei.
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II. Auf das am 20.03.2012 durch Absendung der Vergabebekanntmachung begonnene Vergabeverfahren sind neben dem GWB 2009 und der VgV 2011 die Vorschriften der VOB/A 2009 anzuwenden, weil der 2. Abschnitt der VOB/A 2012 nach §§ 6, 23 VgV erst am 19.07.2012 in Kraft getreten ist.
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III. Der Hauptantrag der Klägerin, welcher einen Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses der Klägerin wegen der vermeintlich rechtswidrigen Aufhebung der Ausschreibung zum Gegenstand hat, ist unbegründet.
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1. Allerdings hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass der Beklagte die Ausschreibung rechtswidrig aufgehoben und insoweit eine schuldhafte Pflichtverletzung i.S. von §§ 280 Abs. 1 i.V.m. 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB begangen hat. Nach dem vorliegenden Prozessstoff ist davon auszugehen, dass der Beklagte seinen Pflichten aus den - auch dem Schutz der Bieter im Sinn von § 97 Abs. 7 GWB dienenden - Vorschriften der §§ 2 Abs. 5 und 17 Abs. 1 VOB/A nicht genügt hat.
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a) Nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A darf eine Ausschreibung nur dann aufgehoben werden, wenn „andere schwerwiegende Gründe“ bestehen, also solche Gründe, die in ihrer Bedeutung denjenigen Gründen vergleichbar sind, welche in Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ausdrücklich aufgeführt werden. Ein solcher schwerwiegender Grund kann zwar auch darin liegen, dass ausreichende Haushaltsmittel für den Auftrag nicht zur Verfügung stehen. Hierfür genügt jedoch die objektive Überschreitung der Ansätze der eigenen Kostenschätzung und Kostenplanung allein nicht. Denn nach § 2 Abs. 5 VOB/A darf ein Auftraggeber Bauleistungen nur ausschreiben, wenn er berechtigt davon ausgehen darf, dass er die Leistungen auch bezahlen kann. Dies erfordert regelmäßig, so auch hier, eine pflichtgemäße Ermittlung der voraussichtlichen Kosten und bei einem öffentlichen Auftraggeber eine Prüfung, dass ihm die erforderlichen Haushaltsmittel hierfür zur Verfügung stehen. In der bloßen Überschreitung des Kostenansatzes kann daher auch ein Anzeichen für eine fehlerhafte ursprüngliche Kostenschätzung liegen. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Regelung des § 17 VOB/A nach ihrem Sinn und Zweck und nach dem systematischen Zusammenhang mit § 2 Abs. 5 VOB/A dahin auszulegen ist, dass eine sanktionslose Aufhebung einer Ausschreibung nur in Betracht kommt, wenn der schwerwiegende Aufhebungsgrund erst nach Beginn der Ausschreibung eingetreten ist oder dem Ausschreibenden zuvor jedenfalls nicht bekannt sein konnte (vgl. Urteil v. 08.09.1998, X ZR 48/97, BGHZ 139, 259; Urteil v. 05.11.2002, X ZR 232/00 „Ziegelverblendung“, VergabeR 2003, 163, und Urteil v. 09.06.2011, X ZR 143/10 „Rettungsdienstleistungen II“, BGHZ 190, 89). Das schließt es aus, dass der Auftraggeber die Aufhebung der Ausschreibung erfolgreich auf eine Kostenschätzung und die Überschreitung der darin ermittelten Kostenansätze stützen kann, wenn seine Kostenschätzung nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist (vgl. auch OLG München, Beschluss v. 07.03.2013, Verg 36/12 „Schülerbeförderung“, VergabeR 2013, 928; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.06.2013, VII-Verg 2/13, VergabeR 2014, 244). Dem schließt sich der erkennende Senat an.
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b) Im vorliegenden Rechtsstreit ist der Beklagte nicht nur beweisfällig dafür geblieben, dass die von ihm vor Beginn des Vergabeverfahrens angestellte Kostenschätzung einen Bruttoauftragswert in Höhe von (nur) 138.248,73 € ergeben habe, was ihm angesichts des erheblichen Bestreitens durch die Klägerin oblegen hätte. Er hat auch nicht erheblich bestritten, dass seine Kostenschätzung pflichtwidrig erfolgt sei, weshalb dieser von der Klägerin behauptete Umstand für die zu treffende Entscheidung als unstreitig zu behandeln ist. Denn die letztgenannte Behauptung der Klägerin ist nicht ins Blaue hinein erfolgt. Die Angebotsendsummen der drei Angebote liegen nahe beieinander - die Angebotsspreizung beträgt ca. drei Prozent - und weichen damit ca. 95 % bis 98 % vom Betrag der Kostenschätzung ab. Die Kostenschätzung des Beklagten beruhte auf einer Haushaltsunterlage (HU-Bau), welche vom Dezember 2010 stammte, was es zumindest nachvollziehbar erscheinen lässt, dass diese Kostenschätzung nicht das zum Zeitpunkt des Beginns des Vergabeverfahrens im März 2012 aktuelle Markt- und Preisniveau widerspiegelte und die festgestellte erhebliche Abweichung zwischen dem so ermittelten Betrag und den Angebotsendsummen hierauf beruhte (vgl. nur Brandenburgisches OLG, Beschluss v. 17.05.2011, Verg W 16/10, VergabeR 2012, 124). Der Beklagte hat es in erster Instanz trotz eines entsprechenden Hinweises des Landgerichts mit Verfügung vom 03.03.2013 (GA Bd. II Bl. 100) und auch im Berufungsverfahren versäumt, Einzelheiten zu seiner Kostenschätzung vorzutragen, was ihm im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast oblegen hätte. Der bloße Verweis auf den ausführenden Architekten vermag einen solchen substantiierten Vortrag nicht zu ersetzen. Der Beklagte hat im vorvertraglichen Verhältnis zu den Bietern auch für etwaige Fehler des Architekten nach § 278 BGB einzustehen. Allein die - als wahr unterstellte - Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Architekten im Allgemeinen lässt nicht ohne weiteres den Schluss auf eine nachvollziehbare und vertretbare Kostenschätzung im vorliegenden Fall und insbesondere auf eine - notwendige - Anpassung der aus dem Dezember 2010 stammenden ursprünglichen Kostenschätzung auf die für März 2012 zu prognostizierenden Marktverhältnisse zu. Der (Gegen-)Beweisantritt des Beklagten ist auf eine prozessual unzulässige Ausforschung des Sachverhalts durch das Gericht gerichtet und war deswegen unbeachtet zu lassen. Soweit sich der Beklagte darauf berufen hat, dass ihm ein vereinzelter Vortrag zu seiner eigenen Kostenschätzung wegen des erforderlichen Schutzes von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen nicht zumutbar sei, vermag der Senat diese Einwendung nicht nachzuvollziehen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, woraus sich für eine inzwischen bereits vollzogene und abgeschlossene Baumaßnahme ein Geheimhaltungsinteresse für die bis zur Einleitung des ersten Vergabeverfahrens gültige Kostenschätzung ergeben könnte. Jedenfalls ist hier bei der anzustellenden Abwägung zwischen dem Rechtsschutzinteresse der Klägerin und dem Geheimhaltungsinteresse des Beklagten von einem Überwiegen des erstgenannten Interesses auszugehen.
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2. Die schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten in Form einer Aufhebung der Ausschreibung ohne einen Aufhebungsgrund i.S. von § 17 Abs. 1 VOB/A ist für den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Schaden - das positive Interesse der Klägerin an einer Zuschlagserteilung auf ihr Angebot 2 - nicht ursächlich gewesen, weil das Angebot 2 der Klägerin auszuschließen gewesen wäre.
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a) Dem durch eine rechtswidrige Aufhebung geschädigten Vermögen kann der entgangene Gewinn nur dann zugerechnet werden, wenn derselbe Auftrag bzw. ein oder mehrere Aufträge über die im Wesentlichen identischen Leistungen tatsächlich vergeben wird bzw. werden und es bei einem fiktiven rechtmäßigen Verlauf des aufgehobenen Vergabeverfahrens der Anspruchsteller gewesen wäre, der den Auftrag hätte erhalten müssen (vgl. BGH, Urteil v. 15.01.2013, X ZR 155/10 „Parkhaussanierung“, VergabeR 2013, 434; Urteil v. 20.11. 2012, X ZR 108/10 „Friedhofserweiterung“, VergabeR 2013, 208 m.w.N.; vgl. Scharen in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkomm. Vergaberecht, 3. Aufl. 2014, 14. Los, § 126 GWB Rn. 56).
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b) Von einer tatsächlichen Beauftragung Dritter durch den Beklagten mit den Leistungen, welche Gegenstand des aufgehobenen Vergabeverfahrens waren, ist hier mangels eines Bestreitens der entsprechenden Behauptung der Klägerin durch den Beklagten auszugehen. Das Landgericht hat diesen Umstand zutreffend als unstreitigen Vortrag behandelt.
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c) Der Senat ist insbesondere aufgrund der Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin im Termin vom 21.05.2014 davon überzeugt, dass die Klägerin im Vergabeverfahren nicht vorsätzlich unwahre Angaben zur beabsichtigten Leistungsausführung gemacht hat, so dass ein Ausschluss wegen hierauf beruhender Zweifel an der Zuverlässigkeit nicht gerechtfertigt gewesen wäre. Allerdings enthielt bei objektiver Betrachtung auch das zum Ablauf der Angebotsfrist vorliegende und danach dem Nachverhandlungs- und Änderungsverbot unterliegende Angebot 2 der Klägerin die Angabe, dass alle angebotenen Leistungen vollständig im eigenen Betrieb ausgeführt werden sollen. Ein Hinweis auf Nachunternehmer ergibt sich weder aus dem hierfür vorgesehenen Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen (Formblatt 235 EG) noch aus der Vorlage von Eignungsnachweisen der Nachunternehmer. Dem gegenüber sind für die Auslegung des Angebots die Erläuterungen zur Preisermittlung (Formblatt 221) nicht maßgeblich, zumal sie auch nicht erkennen lassen, für welche Teilleistungen u.U. Nachunternehmer zum Einsatz kommen sollen. Diese Angabe der Klägerin im Angebot 2 war objektiv unwahr, denn die Klägerin beabsichtigte nach ihren eigenen Angaben und insbesondere auch nach ihren Ausführungen im Aufklärungsgespräch vom 15.05.2012 von Anfang an, eine Nachunternehmerin für besonders anspruchsvolle Tischlerarbeiten einzusetzen. Ihr musste auch bewusst sein bzw. sie hätte aus der Gesamtschau der Vergabeunterlagen ohne weiteres erkennen können, dass es dem Beklagten auf eine wahrheitsgemäße Information über einen Nachunternehmereinsatz und über die Eignung des Nachunternehmers für die ihm übertragenen Aufgaben ankam. Anders als die Vergabekammer, deren Bewertung das Zivilgericht nicht bindet, weil sie keinen Eingang in eine bestandskräftige Feststellung eines Vergabeverstoßes der Beklagten gefunden hat, vermag der Senat insoweit aber einen Vorsatz der Klägerin nicht festzustellen. Die objektiv fehlerhafte Ausfüllung von Formularen und die Unvollständigkeit der Angebotsunterlagen allein rechtfertigt hier diesen Rückschluss nicht. Gegen ein vorsätzliches Verhalten sprechen neben den - zu den Erklärungen der vollständigen Eigenausführung im Widerspruch stehenden - Erläuterungen zur Preisermittlung insbesondere der Umstand, dass die Klägerin im Aufklärungsgespräch auf entsprechende Nachfrage des Beklagten die beabsichtigte Einschaltung einer bestimmten Nachunternehmerin sofort eingeräumt und hinsichtlich der hiervon betroffenen Teilleistungen konkretisiert hat, und der weitere Umstand, dass sie zur unverzüglichen Nachreichung der erforderlichen Verpflichtungserklärung der Nachunternehmerin in der Lage war. Dem Verlauf des Vergabeverfahrens bis zur Aufhebung lässt sich schließlich entnehmen, dass der Beklagte nach der Offenbarung des beabsichtigten Nachunternehmereinsatzes durch die Klägerin deren ursprüngliche Angaben im elektronischen Angebot 2 nicht als vorsätzlich falsche Angabe bewertet hatte.
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d) Gleichwohl hätte auch bei einem ordnungsgemäßen Verlauf des Vergabeverfahrens der Zuschlag jedenfalls nicht auf das Angebot 2 der Klägerin erteilt werden dürfen. Die Angebote der Klägerin wären als vergaberechtlich unzulässiges Doppelangebot auszuschließen gewesen.
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aa) Die Vergabekammer ist zu Recht davon ausgegangen, dass jeder Bieter in einem Vergabeverfahren grundsätzlich nur ein Hauptangebot abgeben darf und dass mehrere gleichzeitig vorliegende Hauptangebote eines Bieters grundsätzlich unzulässig sind. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein schutzwürdiges Interesse des Bieters an der Abgabe zweier (oder mehrerer) Hauptangebote nicht vorliegt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 09.03. 2011, VII-Verg 52/10 „Verblendmauerwerk“, VergabeR 2011, 598; Beschluss v. 01.10.2012, VII-Verg 34/12; OLG München, Beschluss v. 06.12.2012, Verg 25/12 „Uhrenanlage“, VergabeR 2013, 492; Beschluss v. 29.10.2013, Verg 11/13 „Mensateria“, VergabeR 2014, 436). Die Regelungen zum Vergabeverfahren gehen davon aus, dass jeder Bieter nur ein Hauptangebot abgibt und daneben nur Angebote mit abweichenden technischen Spezifikationen, d.h. technisch unterschiedliche Hauptangebote (vgl. §§ 13 Abs. 2, 16 Abs. 7 VOB/A) oder Nebenangebote (vgl. §§ 13 Abs. 3, 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. e) und f), 16a Abs. 3 VOB/A) in Betracht kommen; bei gleichzeitiger Abgabe mehrerer technisch gleicher Angebote wird vermutet, dass der Bieter sich davon ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern verspricht (vgl. Rusam in: Heiermann/Riedl/ Rusam, Handkomm. VOB, zuletzt 11. Aufl. 2008, § 25 VOB/A Rn. 149b). Die Berücksichtigung mehrerer Hauptangebote eines Bieters ist geeignet, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter im Vergabeverfahren zu verstoßen, weil der Bieter hierdurch seine Chancen auf Zuschlagserteilung u.U. erhöht. Zudem könnte die gleichzeitige Abgabe mehrerer Hauptangebote dem jeweiligen Bieter je nach dem Submissionsergebnis Gelegenheit zur Manipulation des Ausschreibungsergebnisses geben (vgl. auch Leinemann/Kirch VergabeNews 2008, 134). Die Gefahr einer Manipulation durch einen Bieter hat sich im Anwendungsbereich der VOB/A objektiv dadurch erhöht, dass der Auftraggeber bei unvollständigen Angeboten zur Nachforderung der fehlenden Erklärungen und Nachweise verpflichtet ist und es der Bieter durch die Erfüllung der Nachforderung bzw. durch deren Nichterfüllung in der Hand hat, ob er an jedes seiner Angebote gebunden bleibt oder nicht. Bei der Auslegung vergaberechtlicher Vorschriften ist zu berücksichtigen, dass Manipulationsmöglichkeiten sowohl der Bieter als auch des Auftraggebers möglichst ausgeschlossen sein sollen. Schließlich ist bei einer gleichzeitigen Abgabe mehrerer Angebote auch möglich, dass der Bieter sich nachträglich darauf beruft, dass in Wirklichkeit nur ein Angebot abgegeben worden sei und eines der vorliegenden Angebote durch das andere habe ersetzt werden sollen. Diese - auch hier von der Klägerin in Anspruch genommene - Konstellation ist vergleichbar mit einem Angebot mit zweifelhaften Änderungen des Bieters an seinen eigenen Eintragungen innerhalb dieses Angebots, die nach §§ 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) i.V.m. 13 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 VOB/A zwingend zum Angebotsausschluss führen.
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bb) Beim Beklagten sind insgesamt zwei Angebote der Klägerin innerhalb der Angebotsfrist eingegangen. Beide Angebote sind ihrem Charakter nach Hauptangebote, d.h. sie wurden auf der Grundlage des Amtsvorschlags ohne inhaltliche Abweichungen im Leistungsprogramm oder in den Vertragsbedingungen erstellt. Sie unterscheiden sich in ihrem Angebotsinhalt lediglich geringfügig hinsichtlich der Preise in zwei Leistungspositionen und - in Folge dessen - geringfügig im Angebotsendpreis. Die Angebote der Klägerin unterscheiden sich jedoch weiter hinsichtlich der beabsichtigten Ausführung und damit auch hinsichtlich ihrer Preisermittlungsgrundlagen: Das Angebot 1 fußt nach seinem objektiven Erklärungswert auf einer 100 %-igen Eigenleistung der Klägerin, dem Angebot 2 liegt tatsächlich eine umfangreiche Einbeziehung einer Nachunternehmerin für die höher qualifizierten Teilleistungen des Auftrags zugrunde. Während es bei isolierter Betrachtung des erst genannten Umstandes noch nahe liegen könnte, dass das Angebot 2 eine Korrektur des Angebots 1 im Hinblick auf eine Vertauschung der Einheitspreise für die zwei Leistungspositionen sein soll, trifft das auf den zuletzt genannten Umstand nicht ohne weiteres zu. Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Klägerin von dieser unterschiedlichen Angebotsgestaltung wettbewerbliche Vorteile versprochen hat. So konnte das Angebot 1 aus Sicht der Klägerin ggf. bereits im Vergabeverfahren Bedeutung erlangen, wenn der Beklagte den vorgesehenen Nachunternehmer nicht für geeignet hielt. In der Vertragsdurchführung konnte eine Unklarheit über die Preisermittlungsgrundlagen des bezuschlagten Angebots im Fall von abändernden Anordnungen des Beklagten i.S. von § 1 VOB/B Bedeutung erlangen bzw. bei sonstigen Fällen, in denen nach § 2 Abs. 5 bzw. Abs. 6 VOB/B eine Preisanpassung unter Berücksichtigung der bisherigen Preisermittlungsgrundlagen in Betracht gekommen wäre. Soweit die Klägerin sich darauf berufen hat, dass ihr diese Möglichkeit jedenfalls im Ergebnis des Aufklärungsgesprächs vom 15.05.2012 genommen gewesen sei, kann offen bleiben, ob dies zutrifft. Denn schon allein im Hinblick darauf, dass der Klägerin wegen der gleichzeitigen Einreichung von zwei Hauptangeboten jedenfalls noch nach dem Ablauf der Angebotsfrist und damit nach dem Eintritt der Unveränderbarkeit der abgegebenen Angebote für alle Bieter exklusiv eine Möglichkeit eröffnet war, eines ihrer beiden - jeweils unvollständigen - Angebote in einem Zustand zu belassen, der zum Angebotsausschluss führte, und das andere Angebot zu vervollständigen, ggf. auch in Reaktion auf den Verlauf des Aufklärungsgesprächs, bestand die Chance eines Wettbewerbsvorteils der Klägerin und - damit korrespondierend - die Gefahr einer Benachteiligung aller anderen Bieter.
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cc) Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin geltend gemacht hat, dass das Angebot 2 statt des Angebots 1 und nicht selbständig neben diesem eingereicht worden sei. Maßgeblich ist im Vergabeverfahren insoweit die objektivierte Sicht der Vergabestelle. Der Beklagte hatte keine sichere Grundlage dafür, dass Angebot 1 nicht zu berücksichtigen und allein das Angebot 2 als eingereicht anzusehen sei. Beide Angebote lagen ihm vor und waren innerhalb der Angebotsfrist eingegangen. Das Angebot 2 enthielt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der wirkliche Wille der Klägerin darauf gerichtet gewesen sein könnte, mit dem Angebot 2 das Angebot 1 zu ersetzen. Dem Wortlaut des Angebots 2 war ein solcher Hinweis nicht zu entnehmen, obwohl es ohne weiteres möglich gewesen wäre, dies zum Beispiel in dem individuell von der Klägerin formulierten Anschreiben zum Ausdruck zu bringen. Im Übrigen wäre es jedenfalls möglich gewesen, sich außerhalb des Systems der eVergabe mit einer entsprechenden eindeutigen Äußerung an den Beklagten zu wenden, zum Beispiel per eMail; entsprechende Kontaktdaten waren in der Vergabebekanntmachung veröffentlicht worden. Auch hiervon hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Für eine telefonische Kontaktaufnahme und Verständigung zwischen den Prozessparteien am 24.04.2012, welche der Beklagte bestritten hat, ist die Klägerin beweisfällig geblieben. Soweit die Klägerin schließlich darauf verwiesen hat, dass der Beklagte im Submissionstermin in Kenntnis der Einreichung von zwei elektronischen Hauptangeboten durch die Klägerin nur das Angebot 2 in das Submissionsprotokoll eingetragen und im Rahmen des Aufklärungsgesprächs nur über das Angebot 2 gesprochen hat, liegt hierin kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte von der Ersetzung des Angebots 1 ausgegangen ist und ausgehen durfte. Zu diesem Zeitpunkt war der Wertungsvorgang noch nicht abgeschlossen, insbesondere hatte der Beklagte noch keine Veranlassung, über die Zuschlagsfähigkeit des Angebots 1 der Klägerin eine endgültige Entscheidung zu treffen. Es war nicht absehbar, wie der Beklagte bei einer entsprechenden Intervention der Klägerin, auch ihr Angebot 1 in die Wertung mit einzubeziehen, reagiert hätte.
- 40
IV. Der Hilfsantrag der Klägerin, welcher auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet ist, ist ganz überwiegend unbegründet.
- 41
1. Ein Anspruch auf Schadenersatz nach § 126 GWB ist schon dem Grunde nach nicht gerechtfertigt, weil die Klägerin nach dem Vorausgeführten keine „echte Chance auf den Zuschlag“ hatte.
- 42
2. Allerdings hat die Klägerin gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz ihres negativen Interesses im Hinblick auf die rechtswidrige Aufhebung der Ausschreibung nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1 und 241 Abs. 2 BGB. Denn hätte der Beklagte eine ordnungsgemäße Kostenschätzung vorgenommen, wozu er auch zum Schutze der potenziellen Bieter verpflichtet war, und hätte diese - wie hier zu unterstellen ist - zu dem Ergebnis geführt, dass mit Kosten in der Größenordnung der im Submissionstermin protokollierten Angebotsendsummen zu rechnen sei, so hätte er entweder für eine entsprechende Bereitstellung von Haushaltsmitteln Sorge getragen oder auf die Ausschreibung des Auftrags in dieser Form verzichtet. In beiden Fällen wäre es nicht zu einer kostenträchtigen Teilnahme der Bieter am Vergabeverfahren gekommen. Auch die Klägerin hätte ihre mit der Angebotserstellung, -erläuterung und -aufklärung verbundenen Aufwendungen erspart. Diese hypothetische Betrachtung rechtfertigt es, nicht nur dem Bestbieter, d.h. dem Bieter, der bei einem ordnungsgemäßen Verlauf des Vergabeverfahrens den Zuschlag hätte erhalten müssen, einen Anspruch auf den Ersatz des negativen Interesses zuzusprechen, sondern allen teilnehmenden Bietern (vgl. auch Scharen, a.a.O., Rn. 55). Jedenfalls hätte der Beklagte die Entstehung von Aufwendungen der Klägerin für die Durchführung des Aufklärungsgesprächs am 15.05.2012 vermeiden können, wenn er entweder auf den Umstand der erheblichen Überschreitung seiner eigenen Kostenschätzung und seines Haushaltsansatzes unmittelbar nach dem Submissionstermin reagiert hätte oder wenn er den o.g. Ausschlussgrund für das Angebot 2 der Klägerin bereits vor der Einladung der Klägerin zum Aufklärungsgespräch erkannt und deswegen auf eine Aufklärung verzichtet hätte.
- 43
3. Der Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten beschränkt sich in der Höhe jedoch auf einen Betrag von 61,20 €.
- 44
a) Soweit die Klägerin als Schadenspositionen Personalkosten für die Angebotserstellung und Angebotserläuterung geltend macht, sind diese Kosten nicht als erstattungsfähig anzusehen. Die Personalkosten für eigene fest angestellte Mitarbeiter wären ihr auch dann entstanden, wenn sie nicht an der vorliegenden Ausschreibung teilgenommen hätte. Die Klägerin hat auch nicht etwa dargelegt, dass sie wegen der Teilnahme an der vorliegenden Ausschreibung andere Erwerbsmöglichkeiten nicht habe wahrnehmen können.
- 45
b) Als erstattungsfähig sind danach lediglich die Fahrkosten, die für die Wahrnehmung des Aufklärungsgesprächs notwendig waren, anzusehen (vgl. auch OLG Naumburg, Urteil v. 01.08.2013, 2 U 151/12 „ergänzende Rettungsdienstleistungen“, VergabeR 2014, 85). Das sind 61,20 € (vgl. GA Bd. I Bl. 57).
C.
- 46
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen beruht auf §§ 92 Abs. 1 und Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.
- 47
Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.
- 48
Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf die unionsweite Ausschreibung von Straßenbau-, insbesondere Fahrbahnerneuerungsarbeiten im Bereich des Autobahnkreuzes Heidelberg der Bundesautobahn A 5, an der sich sieben Bieter beteiligten.
- 2
- 1. Bei Prüfung und Wertung der Angebote traten unterschiedliche Vorstellungen der Beteiligten darüber zutage, wie die Vergabeunterlagen hinsichtlich der Ausführung der Fahrbahndecke zu verstehen waren. Während andere Anbieter einen über die gesamte Fahrbahnbreite einstreifigen Einbau der geforderten Betondeckenabschnitte anboten, sah das Angebot der Antragstellerin , welches das günstigste war, eine Ausführung in zwei Streifen vor. Die Vergabestelle sah darin eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen und schloss das Angebot aus. In dem daraufhin von der Antragstellerin angestrengten Nachprüfungsverfahren wurde darum gestritten, ob in den Vergabeunterlagen mit der gebotenen Eindeutigkeit eine einstreifige Ausführung vorgegeben war. Die Vergabekammer verneinte dies und verpflichtete die Vergabestelle , das Angebot der Antragstellerin in die Wertung einzubeziehen. Diese Entscheidung ist bestandskräftig geworden.
- 3
- 2. In der Folge hob die Vergabestelle das Vergabeverfahren auf und verband dies mit der Ankündigung, ein neues Verfahren einzuleiten. Sie begründete ihre Entscheidung damit, der Einbau einer einstreifigen Fahrbahndecke biete erhebliche qualitative Vorteile, wobei bei Beauftragung der Antragstellerin und einer nachfolgenden Änderungsanordnung nach § 1 Abs. 3 VOB/B Mehrkosten entstünden, die, wenn sie im aufgehobenen Vergabeverfahren berücksichtigt worden wären, möglicherweise zu einer Änderung der Bieterreihen- folge geführt hätten, zumal die teureren Mitbewerber, wenn sie das Leistungsverzeichnis so verstanden hätten wie die Antragstellerin, im Zusammenhang mit der dann besseren Erreichbarkeit der Brückenbauwerke wesentliche Kostenvorteile hätten berücksichtigen können.
- 4
- Dagegen hat sich die Antragstellerin mit einem weiteren Nachprüfungsantrag gewandt und beantragt, die Aufhebung des Vergabeverfahrens aufzuheben , hilfsweise, festzustellen, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig war und sie in ihren Rechten verletzt hat.
- 5
- Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
- 6
- 3. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat die sofortige Beschwerde im Umfang des auf Aufhebung der Aufhebung des Vergabeverfahrens gerichteten Hauptantrags zurückgewiesen. Im Übrigen hat er die Sache dem Bundesgerichtshof "zur Entscheidung hinsichtlich folgender Frage vorgelegt: Setzt ein sonstiger schwerwiegender Grund im Sinne von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A uneingeschränkt voraus, dass der Auftraggeber diesen Grund nicht selbst verschuldet hat?".
- 7
- II. Die Vorlage ist zulässig.
- 8
- 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine zulässige Divergenzvorlage nach § 124 Abs. 2 GWB grundsätzlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2003 - X ZB 12/02, BGHZ 154, 96). Dass der Vergabesenat vorliegend so verfahren ist, ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss zwar nicht. Darin werden entgegen den entsprechend anzuwendenden Be- stimmungen in § 313 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO (§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 73 GWB, vgl. dazu K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, GWB, 4. Aufl., § 73 Rn. 5) weder die Namen der Richter mitgeteilt, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, noch der Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist. Auch einen Verkündungsvermerk (§ 315 Abs. 3 ZPO entsprechend) weist der Beschluss nicht auf; auf seinem Deckblatt findet sich lediglich seitlich neben dem großen Wappen des Landes Baden-Württemberg isoliert die Datumsangabe "4. Dezember 2013". Den Verfahrensakten lässt sich jedoch entnehmen, dass am 15. November 2013 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, an der die Richter teilgenommen haben, die den Vorlagebeschluss unterzeichnet haben, und dass eine Entscheidung nach einer Verlegung des am Schluss der Sitzung vom 15. November 2013 beschlossenen Verkündungstermins am 4. Dezember 2013 verkündet worden ist. Es ist mit noch hinreichender Sicherheit anzunehmen, dass es sich dabei um den Vorlagebeschluss handelt.
- 9
- 2. Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB für eine Divergenzvorlage liegen vor.
- 10
- a) Eine Divergenzvorlage erfolgt nach ständiger Rechtsprechung, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der sich mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht in Einklang bringen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr). So verhält es sich hier. Der vorlegende Vergabesenat meint, dass der von der Antragstellerin in erster Linie verfolgte Antrag, die Aufhebungsentscheidung der Vergabestelle aufzuheben, unbegründet sei, weil die Vergabestelle auf der Grundlage von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A berechtigt gewesen sei, das Vergabeverfahren aufzuheben, und möchte aus dem gleichen Grund auch den Feststellungsantrag zurückweisen.
- 11
- b) Dem Bundesgerichtshof ist mit dem Vorlagebeschluss nicht nur der Hilfsantrag oder gar nur die vom Vergabesenat vorformulierte Frage zur Entscheidung angefallen, sondern der gesamte Streitstoff des Beschwerdeverfahrens. Diese Rechtsfolge ist im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit zweckmäßigerweise durch Aufhebung des Tenors zu 1 des Vorlagebeschlusses zum Ausdruck zu bringen, auch wenn, worauf zurückzukommen sein wird, die diesbezügliche Entscheidung des Vergabesenats im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden ist (unten III).
- 12
- aa) Soweit der Vergabesenat den Hauptantrag der sofortigen Beschwerde abschließend beschieden und dem Bundesgerichtshof nur die erwähnte Frage zur Beantwortung vorgelegt hat (oben I 3), hat er nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Bundesgerichtshof bei einer zulässigen Divergenzvorlage grundsätzlich über die sofortige Beschwerde zu entscheiden hat. Dies ergibt sich aus § 124 Abs. 2 Satz 2 GWB, wonach der Bundesgerichtshof "anstelle" des Oberlandesgerichts entscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2000 - X ZB 14/00, BGHZ 146, 202, 205). Das Gesetz sieht lediglich in der seit dem 24. April 2009 geltenden Fassung vor, dass der Bundesgerichtshof sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen kann, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand angezeigt erscheint. Daraus folgt aber nicht im Gegenschluss, dass das Beschwerdegericht den Bundesgerichtshof verpflichten könnte, sich auf die Beantwortung einer vorformulierten Frage zu beschränken.
- 13
- bb) Die Beschränkung der Divergenzvorlage auf den Hilfsantrag ist in entsprechender Anwendung der für die Zulässigkeit von Teilurteilen und die wirksame Beschränkung der Revisionszulassung geltenden höchstrichterlichen Grundsätze unzulässig.
- 14
- (1) Grundsätzlich ist es dem Gericht in einem bürgerlichen Rechtsstreit zwar, wenn der Kläger einen Haupt- und einen Hilfsantrag gestellt hat, unbenommen, Ersteren durch Teilurteil abzuweisen und die Entscheidung über den Letzteren zurückzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 1992 - III ZR 28/90, NJW 1992, 2080 mwN). Das gilt naturgemäß aber nur dann, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen ein Teilurteil überhaupt ergehen kann. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist dies nur der Fall, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Diese Gefahr wird namentlich auch dadurch begründet, dass in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Sie muss nicht notwendigerweise den Entscheidungstenor betreffen. Es reicht aus, wenn die Gefahr der widersprüchlichen Bewertung von Streitstoff entsteht, die als solche weder in Rechtskraft erwächst noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren bindet (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13).
- 15
- (2) Bei entsprechender Anwendung dieser Grundsätze verbot sich eine Entscheidung des Vergabesenats über den mit der sofortigen Beschwerde in erster Linie weiterverfolgten Antrag und eine Vorlage nur des Hilfsantrags an den Bundesgerichtshof. Damit geht die Gefahr einer widersprüchlichen rechtlichen Bewertung der Entscheidung der Vergabestelle einher, das Vergabeverfahren aufzuheben. Denn der Vergabesenat begründet seine die Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags zurückweisende Entscheidung - worauf im Einzelnen zurückzukommen sein wird (unten III) - unter anderem damit, dass ein die Vergabestelle nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A zur Aufhebung des Vergabeverfahrens berechtigender anderer schwerwiegender Grund vorgelegen habe. Danach wäre ein Schadensersatzanspruch der Antragstellerin von vornherein ausgeschlossen, weil der Auftraggeber in einem solchen Fall bei Aufhebung des Verfahrens nicht rechtswidrig gehandelt hätte (BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283; vgl. dazu auch Wagner in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 17 VOB/A Rn. 8 mwN). Der prozessuale Sinn und Zweck des Hilfsantrags der Antragstellerin besteht vor dem Hintergrund der Regelung in § 124 Abs. 1 GWB aber darin, die gerichtliche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs vorzubereiten. Hätte der die Bescheidung des Beschwerdehauptantrags betreffende Teil des Beschlusses des Vergabesenats vom 4. Dezember 2013 Bestand und gäbe der Bundesgerichtshof dem Hilfsantrag statt, hätte das zur Folge, dass hinsichtlich derselben entscheidungserheblichen Frage, ob der Umstand, dass die Vergabeunterlagen hinsichtlich der Ausführung der Fahrbahndeckenabschnitte mehrdeutig sind, zur Aufhebung des Vergabeverfahrens nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A berechtigte , widerstreitende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs auf der einen und des Vergabesenats auf der anderen Seite vorlägen. Nach der Entscheidung des Vergabesenats stünde fest, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens vergaberechtlich nicht zu beanstanden ist, weshalb die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt sein könnte, während eine dem Hilfsantrag statt- gebende Entscheidung voraussetzte, dass eine Rechtsverletzung vorliegt. Um dies zu vermeiden muss über Haupt- und Hilfsantrag einheitlich entschieden werden.
- 16
- (3) Der Erstreckung der Divergenzvorlage auf den gesamten Streitstoff des Beschwerdeverfahrens stehen auch Rechtskraftsgesichtspunkte nicht entgegen. Die Beschlüsse der Vergabesenate werden als prinzipiell letztinstanzliche Entscheidungen zwar grundsätzlich mit ihrem Wirksamwerden rechtskräftig. Ebenso wenig, wie im Zivilprozess eine unzulässige Beschränkung der Revisionszulassung dazu führt, dass der von der Zulassung ausgenommene Teil in Rechtskraft erwächst, sondern in einem solchen Fall von einer unbeschränkten Zulassung auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, ZIP 2003, 1240), wird auch über den in unzulässiger Weise von der Divergenzvorlage ausgenommenen Teil nicht rechtskräftig entschieden. Unzulässig ist die beschränkte Revisionszulassung, wenn der damit ins Auge gefasste Teil des Streitstoffs nicht in dem Sinne selbständig ist, dass er in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig vom übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs entstehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5), also im Wesentlichen unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen der Erlass eines Teilurteils unzulässig ist. So verhält es sich hier; auf die vorstehenden Ausführungen dazu wird Bezug genommen.
- 17
- Antrag, die Aufhebungsentscheidung der Vergabestelle zu kassieren, hat der Vergabesenat in der Sache im Ergebnis zu Recht für unbegründet erachtet.
- 18
- 1. Die Vergabe von Bau- bzw. Instandsetzungsarbeiten an einer Bundesautobahn, auf die sich das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht, ist ein Gegenstand der Auftragsverwaltung nach Art. 85 ff. GG. Diese ist eine Form der Landesverwaltung, bei der die Länder Landesstaatsgewalt ausüben und ihre Behörden als Landesorgane handeln, wobei dieses Handeln und die Verantwortlichkeit nach außen, im Verhältnis zu Dritten, stets Landesangelegenheit bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1990 - 2 BvG 1/88, NVwZ 1990, 955, 957). Als öffentlicher Auftraggeber und Antragsgegner im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist dementsprechend das jeweils betroffene Land anzusehen und nicht die Bundesrepublik Deutschland (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August 2003 - 4 C 9/02, NVwZ-RR 2004, 84 f.; OLG Celle, Beschluss vom 6. Juni 2011 - 13 Verg 2/11, VergabeR 2011, 783 ff.; Müller in: Byok/ Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 3. Aufl., § 106a GWB Rn. 13). Dementsprechend fällt die Vergabenachprüfung in diesen Fällen auch in die Zuständigkeit der Vergabekammern der Länder (§ 106a Abs. 2 Satz 1 GWB).
- 19
- Die infolge missverständlicher Formulierungen im Rubrum des Nachprüfungsantrags und der sofortigen Beschwerdeschrift möglichen Zweifel daran, dass der Nachprüfungsantrag und die sofortige Beschwerde sich gegen das betroffene Land richten, hat die Antragstellerin auf den Hinweis des Senats durch Berichtigung des Passivrubrums, der das Land nicht entgegengetreten ist, ausgeräumt.
- 20
- 2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Bieter die Aufhebung des Vergabeverfahrens, von engen, hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen, nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (§ 17 Abs. 1, § 17 EG Abs. 1 VOB/A; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs. 1 VOL/A) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist. Aus den genannten Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen folgt nicht im Gegenschluss, dass ein öffentlicher Auftraggeber gezwungen wäre, ein Vergabeverfahren mit der Zuschlagserteilung abzuschließen, wenn keiner der zur Aufhebung berechtigenden Tatbestände erfüllt ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2002 - X ZR 232/00, VergabeR 2003, 163). Vielmehr bleibt es der Vergabestelle grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Dies folgt daraus, dass die Bieter zwar einen Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB), aber nicht darauf , dass er den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt (vgl. BGH, VergabeR 2003, 163).
- 21
- Während eine von den Vergabe- und Vertragsordnungen gedeckte und somit rechtmäßige Aufhebung zur Folge hat, dass die Aufhebung keine Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaften Vergabeverfahrens begründet, kann der Bieter im Falle einer nicht unter die einschlägigen Tatbestände fallenden Aufhebung auf die Feststellung antragen, dass er durch das Verfahren in seinen Rechten verletzt ist (§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB entsprechend; § 123 Satz 3, 4 GWB). Ein Schadensersatzanspruch beschränkt sich in solchen Fällen allerdings regelmäßig auf die Erstattung des negativen Interesses (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10, BGHZ 190, 89 Rn. 16 - Rettungsdienstleistungen II; Scharen in Kompaktkommentar Vergaberecht, 3. Aufl., 13. Los Rn. 54). Weitergehende Ansprüche, wie ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung des positiven Interesses oder - zur Vermeidung eines entsprechenden Schadenseintritts - ein Anspruch auf Weiterführung des Vergabeverfahrens, können unter besonderen Voraussetzungen zwar in Betracht kommen, etwa dann, wenn der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, ein Vergabeverfahren aufzuheben, in rechtlich zu missbilligender Weise dazu einsetzt, durch die Auf- hebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können. Nach den vom Vergabesenat rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen liegt ein solcher Ausnahmetatbestand hier aber nicht vor. Die Vergabestelle will den Auftrag zwar umgehend erneut vergeben, aber nicht unter manipulativen Umständen, sondern in einem offenen, auch der Antragstellerin erneut eröffneten Wettbewerb.
- 22
- Der Vergabesenat hat auch mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, eine vergaberechtswidrige Diskriminierung der Antragstellerin ausgeschlossen. Die Vergabestelle ist nicht aus Wettbewerbsgründen verpflichtet , eine zweistreifige Ausführung abzunehmen. Ob das Gewicht der mit dieser Ausführungsvariante verbundenen Nachteile anders bewertet werden kann, als es der Einschätzung der Vergabestelle entspricht, ist unerheblich, solange es sich dabei nicht um Argumente handelt, die lediglich zu dem Zweck vorgeschoben sind, eine bestimmte Ausführung als vorzugswürdig darzustellen, um die wirklich hinter der Entscheidung stehenden Gründe zu verdecken. Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.
- 23
- Beschwerdegericht befürworteten Sichtweise nicht beigetreten werden. Der Hilfsantrag ist begründet, da die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.
- 24
- 1. Die Antragstellerin möchte mit dem Antrag, wie seine Auslegung ergibt, festgestellt wissen, dass die Aufhebung nicht von einem der in § 17 EG Abs. 1 VOB/A genannten Gründe, namentlich nicht von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, gedeckt und deshalb rechtswidrig war. Für die Frage, ob die Vergabestelle nach dieser Bestimmung berechtigt war, das Vergabeverfahren aufzuhe- ben oder ob die Aufhebung einen Bieter in seinen Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt, sind nach dem zu III dargestellten Zweck der Bestimmung die gesamten Umstände, die für die Aufhebungsentscheidung erheblich waren, zu berücksichtigen. Dazu gehören im Streitfall vor allem auch die Mängel der Ausschreibung , die zum ersten Nachprüfungsverfahren geführt haben. Nach den von der Vergabekammer dort getroffenen, in entsprechender Anwendung von § 124 Abs. 1 GWB bindenden Feststellungen war die Leistung in einer Weise beschrieben, dass darunter auch eine zweistreifige Ausführung verstanden werden konnte. Danach hatte die Antragstellerin ein wertungsfähiges Angebot abgegeben. Die Vergabestelle hat das Vergabeverfahren im Anschluss an diese Entscheidung der Vergabekammer aufgehoben, um zu vermeiden, auf dieses zwar den Vergabeunterlagen, aber nicht ihren Vorstellungen von der Ausführung entsprechende Angebot den Zuschlag erteilen zu müssen. Die Aufhebungsentscheidung stellt somit eine Maßnahme zur Korrektur eines eigenen vergaberechtlichen Fehlers dar.
- 25
- 2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bei der Prüfung eines zur Aufhebung berechtigenden schwerwiegenden Grundes strenge Maßstäbe anzulegen. Ein zur Aufhebung der Ausschreibung Anlass gebendes Fehlverhalten der Vergabestelle kann danach schon deshalb nicht ohne weiteres genügen, weil diese es andernfalls in der Hand hätte, nach freier Entscheidung durch Verstöße gegen das Vergaberecht den bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestehenden Bindungen zu entgehen. Das wäre mit Sinn und Zweck des Vergabeverfahrens nicht zu vereinbaren. Berücksichtigungsfähig sind grundsätzlich nur Mängel, die die Durchführung des Verfahrens und die Vergabe des Auftrags selbst ausschließen, wie etwa das Fehlen der Bereitstellung öffentlicher Mittel durch den Haushaltsgesetzgeber. Im Einzelnen bedarf es für die Feststellung eines schwerwiegenden Grundes einer Interessenabwä- gung, für die die Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls maßgeblich sind (BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 - X ZR 150/99, NZBau 2001, 637).
- 26
- 3. Der Vergabesenat berücksichtigt bei seiner Interessenabwägung die eigentliche Ursache für die Aufhebung (vorstehend III) nicht hinreichend. Sein Befund, ohne die Aufhebung könne dem Grundsatz eines gesunden und transparenten Wettbewerbs nicht mehr Genüge geleistet werden, nachdem es an einer konkreten, eindeutigen und erschöpfenden Beschreibung der nachgefragten Leistung fehle und das Ergebnis des Wettbewerbs unter Umständen anders zu bewerten wäre, wenn die übrigen Bieter die Vergabeunterlagen so verstanden hätten wie die Antragstellerin (oben I 2), wird dem gesamten Geschehen nur bei vordergründiger Betrachtung gerecht. Er berücksichtigt nicht angemessen, dass dieses Ergebnis Folge der missverständlichen Abfassung der Vergabeunterlagen durch die Vergabestelle ist und die Verneinung eines schwerwiegenden Grundes zur Aufhebung der Ausschreibung die Frage nicht präjudiziert, ob und inwieweit das Vergabeverfahren fortgesetzt werden durfte. Die beteiligten Interessen wären im Streitfall nicht angemessen berücksichtigt, wenn der Verursacher von den Folgen seines eigenen Handelns freigestellt und diese den Bietern aufgebürdet würden. Dies gilt, wie der Vergabesenat zutreffend erwägt, unabhängig von Fragen des Verschuldens. Das auf § 114 Abs. 2 Satz 2, letzter Halbs., § 123 Satz 3 GWB gestützte Feststellungsbegehren betrifft lediglich die Frage der Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen. An deren Beurteilung durch die Nachprüfungsinstanzen soll das ordentliche Gericht im Schadensersatzprozess nach § 124 Abs. 1 GWB im prozessökonomischen Interesse an einer arbeitsteiligen Verwertung der im Nachprüfungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse gebunden sein (vgl. Beck'scher VOB/A-Komm./ Gröning, 1. Aufl., § 124 GWB Rn. 2 f.). Alle weiteren mit der Frage zusammenhängenden Gesichtspunkte, ob hierdurch das von § 241 Abs. 2 BGB geschützte Interesse der Bieter daran verletzt ist, dass der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren so anlegt und durchführt, dass der mit der Angebotserstellung verbundene Aufwand nicht von vornherein unnütz ist (vgl. BGHZ 190, 89 Rn. 12 - Rettungsdienstleistungen II), betreffen die schadensrechtliche Auseinandersetzung und sind dementsprechend gegebenenfalls im Schadensersatzprozess zu klären.
- 27
- Unergiebig für den Standpunkt des Beschwerdegerichts ist auch die von ihm angeführte Passage im Urteil des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 11. Mai 2009 (VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47) zu den Möglichkeiten des Auftraggebers , ein Vergabeverfahren aufzuheben, wenn sich infolge der Verzögerung der Vergabe durch ein Nachprüfungsverfahren die Preise gravierend erhöht haben. Diese Ausführungen stellen zum einen nur ein obiter dictum dar. Zum anderen weist der Bundesgerichtshof dort darauf hin, der Auftraggeber habe in solchen Fällen "unter den Voraussetzungen von § 26 Abs. 1 Buchst. c VOB/A" (aF, die § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 entspricht) die Möglichkeit, die Ausschreibung aufzuheben. Entgegen dem Beschwerdegericht ist der Entscheidung also gerade nicht die Rechtsauffassung zu entnehmen, auch vom Auftraggeber zu vertretende Verzögerungen stellten einen schwerwiegenden, zur Aufhebung berechtigenden Grund dar. Vielmehr stellt der Hinweis in der Entscheidung, der Auftraggeber könne das Vergabeverfahren aufheben, dies ausdrücklich unter den Vorbehalt, dass (zusätzlich) die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Buchst. c VOB/A aF vorliegen.
- 28
- Soweit die Vergabestelle die Aufhebung unter Hinweis auf von ihr geschätzte verzögerungsbedingte Mehrkosten von 500.000 € als gerechtfertigt ansehen möchte, kann dies schon deshalb keinen Erfolg haben, weil in Anbetracht des ursprünglichen Auftragsvolumens von rund 7.500.000 € in einer Verteuerung in dieser Größenordnung keine grundlegende Änderung der Preisermittlungsgrundlagen gesehen werden kann.
- 29
- Nach allem sind keine i. S. von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A schwerwiegenden Gründe für die Aufhebung anzuerkennen.
- 30
- der Vergabekammer über die Höhe der Gebühren und Auslagen bleibt unberührt.
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.12.2013 - 15 Verg 9/13 -
(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.
(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.
(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn
- 1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat, - 2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat, - 3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden, - 4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, - 5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann, - 6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann, - 7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat, - 8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder - 9.
das Unternehmen - a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen, - b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder - c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.
(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerinnen und der Antragsgegner je zu einem Drittel.
Der Wert des Gegenstands des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 22.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Der Antragsgegner, eine Gebietskörperschaft, schrieb im offenen Verfahren Rettungsdienstleistungen in zwei geografisch aufgeteilten Losen aus. Die Antragstellerin zu 1 beanstandete die Vergaberechtswidrigkeit der Vergabeunterlagen und beantragte nach zurückgewiesener diesbezüglicher Rüge Vergabenachprüfung, die die zuständige Vergabekammer zunächst in zwei nach den Gebietslosen unterschiedenen Nachprüfungsverfahren durchführte. Kurz darauf teilte der Antragsgegner den Teilnehmern mit, dass das Vergabe- verfahren unterbrochen werde und der Schlusstermin der Angebotsfrist aufgehoben sei. Wegen dieses Vorgehens leitete die Antragstellerin zu 2 nach fruchtloser Rüge ebenfalls ein Nachprüfungsverfahren ein. Die Vergabekammer führte dieses zunächst wiederum getrennt für beide Lose in zwei Verfahren, verband dann aber alle vier Verfahren zu einem einzigen und lud eine Bietergemeinschaft zum Verfahren bei.
- 2
- Nachdem der Antragsgegner sich zunächst gegen die Nachprüfungsanträge verteidigt und unter anderem geltend gemacht hatte, das Vergabeverfahren falle nicht unter die Vorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, weil die Rettungsdienstleistungen im Wege einer Dienstleistungskonzession erbracht werden sollten, hob er das Vergabeverfahren später nach § 26 lit. b VOL/A 2006 auf. Daraufhin haben die Antragsteller und der Antragsgegner das Nachprüfungsverfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.
- 3
- Die Vergabekammer hat das Nachprüfungsverfahren mit dem angefochtenen Beschluss eingestellt, die auf 6.526,83 € festgesetzten Kosten (Gebühren und Auslagen, § 128 Abs. 1 GWB) dem Antragsgegner auferlegt und im Übrigen ausgesprochen, dass die Beteiligten entstandene notwendige Aufwendungen selbst zu tragen haben. Mit ihren dagegen eingelegten sofortigen Beschwerden möchten die Antragstellerinnen erreichen, dass ihre notwendigen Aufwendungen dem Antragsgegner, hilfsweise diesem und der Beigeladenen auferlegt werden, während der Antragsgegner eine Überbürdung der Gebühren und Auslagen auf die Antragstellerinnen erstrebt. Das Beschwerdegericht erachtet die Rechtsmittel für unbegründet, sieht sich aber an der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerinnen durch entgegenstehende Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden gehindert und hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof nach § 124 Abs. 2 GWB vorgelegt.
- 4
- II. Die Vorlage ist zulässig.
- 5
- Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der sich mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht vereinbaren lässt (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 Rn. 9 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr I). So verhält es sich hier. Während das Oberlandesgericht Dresden die Auffassung vertreten hat, § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB ermögliche eine Ermessensentscheidung auch hinsichtlich der notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Nachprüfungsverfahren (Beschluss vom 10. August 2010 - W Verg 8/10), erkennt das vorlegende Oberlandesgericht im geltenden Recht von vornherein keine Grundlage für die Überwälzung notwendiger Auslagen eines Beteiligten auf einen anderen, wenn das Nachprüfungsverfahren, wie hier, infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellt worden ist.
- 6
- III. Die zulässigen sofortigen Beschwerden der Antragstellerinnen sind in der Sache unbegründet.
- 7
- Die Frage, ob § 128 GWB in der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 790) geschaffenen und seit dem 24. April 2009 geltenden Fassung ermöglicht, die einem Beteiligten zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entstandenen notwendigen Aufwendungen einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, wenn nach Erledigung der Hauptsache keine Entscheidung der Vergabekammer ergangen ist, ist mit dem vorlegenden Oberlandesgericht zu verneinen.
- 8
- 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bot § 128 Abs. 4 in seiner bis zum 24. April 2009 geltenden Fassung nur bedingt eine Grundlage für die Erstattung der notwendigen Aufwendungen der Beteiligten vor der Vergabekammer (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2009 - X ZB 29/08, VergabeR 2009, 607 Rn. 10 mwN - Antragsrücknahme im Beschwerdeverfahren ). Wie für den Fall der Antragsrücknahme gab das Gesetz auch für den hier gegebenen Fall der Einstellung des Nachprüfungsverfahrens nach übereinstimmender Erledigungserklärung keine Handhabe dafür, die notwendigen Aufwendungen eines Beteiligten einem anderen aufzuerlegen, was zur Folge hat, dass diese von jedem selbst zu tragen waren.
- 9
- 2. Für die vorliegend gegebene Konstellation besteht die bisherige Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts unverändert fort. Die Regelung in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nF kann entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Dresden nicht als Grundlage dafür herangezogen werden, die notwendigen Aufwendungen eines Beteiligten einem anderen aufzuerlegen. Sie bezieht sich ausschließlich auf die in Absatz 3 geregelte Kostenlast betreffend die Gebühren und Auslagen für die Amtshandlungen der Vergabekammern (§ 128 Abs. 1 GWB). Das ergibt sich aus der Systematik des Gesetzes. Es hat in seinen Kostenregelungen seit je zwischen der Kostentragungslast für die Gebühren und Auslagen auf der einen und für die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten auf der anderen Seite unterschieden und die Ersteren stets in § 128 Abs. 3 GWB und die Letzteren in § 128 Abs. 4 GWB geregelt. Davon ist das Oberlandesgericht Dresden zwar auch ausgegangen. Es meint jedoch, die im Gesetzgebungsverfahren diskutierten Formulierungsalternativen und insbesondere die vom Bundesrat für seinen Änderungsvorschlag gegebene Begründung, welche die Situation bei übereinstimmender Erledigungserklärung betreffe, machten deutlich, dass die dort angestellten Erwägungen zugunsten einer Kostenregelung nach Billigkeitsgrundsätzen für den Fall der Hauptsachenerledigung nicht auf die Gebühren und Auslagen beschränkt, sondern für die Kosten des Nachprüfungsverfahrens insgesamt gelten sollten. Dem kann nicht beigetreten werden.
- 10
- 3. Die Gesetzgebungsmaterialien bieten - worauf zurückzukommen sein wird - keine Grundlage dafür, in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB entgegen seinem Wortlaut und losgelöst von seiner systematischen Stellung im Gesetz auch eine auf die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten anwendbare Regelung zu sehen. Das Gesetz unterscheidet begrifflich seit je zwischen den zusammenfassend als Kosten bezeichneten Gebühren und Auslagen der Vergabekammer (§ 128 Abs. 1 bis 3 GWB) und den in § 128 Abs. 4 geregelten notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Vor diesem Hintergrund kann aus dem Umstand , dass der Bundesrat modifizierende Vorschläge zu dem Regierungsentwurf für einen geänderten § 128 Abs. 3 GWB unterbreitet und dabei von "Kosten" gesprochen hat, nicht auf einen Regelungswillen betreffend die notwendigen Aufwendungen geschlossen werden. Das gilt umso mehr, als durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts auch § 128 Abs. 4 GWB modifiziert werden sollte und worden ist. Während § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB nF nach wie vor eine Regelung für die Fälle der Rücknahme und der sonstigen Erledigung des Nachprüfungsantrags vorsieht, ist in § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB nF eine Kostenregelung nur für den Fall der Antragsrücknahme getroffen worden. In solchen Fällen soll der Antragsteller die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und des Beigeladenen zu tragen haben. Die Regelungen für die Erstattung der Auslagen und Gebühren einerseits und der notwendigen Aufwendungen andererseits sind somit zwar inkongruent, es besteht jedoch nach den Gesetzgebungsmaterialien und den sonstigen Umständen kein Raum dafür , in § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB nF eine planwidrige Regelungslücke zu sehen, die durch analoge Anwendung geschlossen werden dürfte. Die divergierenden Kostenfolgen bei Antragsrücknahme einerseits und bei Erledigung der Hauptsache andererseits sind nicht miteinander unvereinbar. Jedenfalls besteht kein Raum, das Gesetz anders als in den Grenzen seines Wortlauts anzuwenden.
- 11
- IV. Zu Recht hat die Vergabekammer die durch ihre Inanspruchnahme festgesetzten Gebühren und Auslagen dem Antragsgegner auferlegt. Die ge- setzliche Grundlage für diese nach billigem Ermessen getroffene Entscheidung ist in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nF zu sehen, wonach die Entscheidung, wer die Kosten, das heißt die Gebühren und Auslagen, zu tragen hat, nach billigem Ermessen zu treffen ist.
- 12
- 1. Allerdings bedarf die gesetzliche Neuregelung in § 128 Abs. 3 GWB der Auslegung, weil in dem modifizierten Teil des jetzigen Satzes 4 der Bestimmung und dem neu eingefügten Satz 5 widersprüchliche Normbefehle unvermittelt nebeneinanderstehen. Danach soll bei Rücknahme oder anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsantrags einerseits dem Antragsteller die Hälfte der Gebühr auferlegt werden, andererseits soll die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, nach billigem Ermessen erfolgen. Die zuletzt genannte Regelung ist, wie auch das vorlegende Oberlandesgericht zu Recht meint, maßgeblich. Der widersprüchliche Wortlaut der gesetzlichen Regelung beruht ersichtlich auf Missverständnissen zwischen den Gesetzgebungsorganen im Gesetzgebungsverfahren. Nach § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB aF war angeordnet, dass bei Rücknahme oder anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsantrags vor Entscheidung der Vergabekammern nur die Hälfte der Gebühr zu entrichten ist. Diese Regelung wollte der Regierungsentwurf durch den jetzigen § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB, wonach in solchen Fällen "der Antragsteller" die Hälfte der Gebühr zu entrichten habe, ersetzen. Eine Begründung hierfür wurde nicht gegeben. Die diesem Vorschlag zugeordnete Erläuterung im Begründungsteil des Regierungsentwurfs bezieht sich offensichtlich auf die Regelung in § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB nF (vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 25 zu Nr. 23 Buchst. bb). In seiner Stellungnahme zu RegE für § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB schlug der Bundesrat vor: "Nach Satz 4 (neu - gemeint ersichtlich: "alt") wird folgender Satz eingefügt: 'Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen'". Zur Begründung wies der Bundesrat darauf hin, dass es in bestimmten Konstellationen unbillig sein könne, dem Antragsteller die Kosten aufzuerlegen (vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 39 Nr. 32). In der Gegenäußerung der Bundesre- gierung hierzu ist ausgeführt, dass dem Anliegen des Bundesrates dadurch Rechnung getragen werden könne, dass § 128 Abs. 3 Satz 4 (neu) GWB dahin gefasst wird, dass die Entscheidung über die Kostentragungslast nach billigem Ermessen erfolgt, wenn sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt hat (aaO S. 43 zu Nr. 32). Danach ist offensichtlich, dass der Wortlaut des Gesetzes redaktionell verunglückt ist. Ausdrücklich übereinstimmend gewollt war die Gesetz gewordene Regelungin § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB nF. Unberührt bleiben sollte ebenfalls die Gebührenreduktion auf die Hälfte bei Antragsrücknahme. Insoweit ist es bei der Fassung des Gesetzes aber zu einem redaktionellen Versehen gekommen, indem gleichzeitig der Vorschlag für die Modifizierung von § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB gemäß dem Regierungsentwurf und die Anregung des Bundesrats übernommen wurden. Der Wille der Gesetzgebungsorgane ging insoweit ersichtlich dahin , dass in Fällen der Rücknahme oder sonstiger Erledigung des Nachprüfungsverfahrens vor einer Instanz beendenden Entscheidung nach wie vor nur die hälftige Gebühr zu entrichten sein sollte. Die Worte "hat der Antragsteller" gemäß dem Änderungsvorschlag im Regierungsentwurf wären dementsprechend wieder durch das Wort "ist" zu ersetzen gewesen. In diesem Sinne ist die gesetzliche Regelung anzuwenden (i. Erg. ebenso Summa in jurisPK-VergR § 128 GWB Rn. 36 ff.; Kompaktkommentar Vergaberecht/Hardraht, 2. Aufl., 14. Los, § 128 GWB Rn. 38 mwN in Fn. 69).
- 13
- 2. Das vorlegende Oberlandesgericht befürwortet, die Gebühren und Auslagen dem Antragsgegner aufzuerlegen, wie dies bereits die Vergabekammer entschieden hat. Dem ist beizutreten. Das Oberlandesgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, dass sich die Billigkeitsentscheidung über die Kostentragungslast zwar grundsätzlich an dem bei summarischer Prüfung voraussichtlichen Verfahrensausgang orientiert und bei offenem Ausgang regelmäßig eine Kostenteilung naheliegen wird, dass aber nach den Umständen des Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit von diesem Schema abgewichen werden kann. Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis auch zu Recht angenommen, dass im Streitfall solche Umstände die Belastung des Antragsgegners mit den Gebühren und Auslagen rechtfertigen. Diese sind darin zu sehen, dass der Antragsgegner selbst sich vor der Vergabekammer darauf berufen hat, gar nicht verpflichtet gewesen zu sein, die fraglichen Rettungsdienstleistungen als Dienstleistungsauftrag im offenen Verfahren nach der VOL/A auszuschreiben, weil sie im Rahmen einer nicht dem Vergaberecht unterliegenden Dienstleistungskonzession zu erbringen gewesen wären; das Vergabeverfahren sei nur "rein vorsorglich" durchgeführt worden. Mit der Ankündigung der Ausschreibung im offenen Verfahren nach der VOL/A im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften einschließlich der Benennung der Vergabekammer als der für ein Nachprüfungsverfahren zuständigen Stelle hat der Antragsgegner jedoch zumindest den Rechtsschein eines dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Vergabeverfahrens gesetzt und den am Auftrag Interessierten durch den von ihm gesetzten Rahmen eines üblichen Vergabeverfahrens Veranlassung gegeben, sich bei vermeintlichen Vergabeverstößen in der für solche Verfahren vorgesehenen Weise an die Vergabekammer zu wenden. An der Setzung dieses Rechtsscheins muss sich der Antragsgegner billigerweise - auch unter Kausalitätsgesichtspunkten - festhalten lassen, wenn er dem Nachprüfungsverfahren durch Aufhebung der Ausschreibung nachträglich die Grundlage entzieht.
- 14
- V. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 78 GWB und orientiert sich am Verhältnis des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens unter Berücksichtigung der Höhe der Gebühren und Auslagen einerseits und der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten anderseits nach einem Geschäftswert von 1.050.000 € (von der Vergabekammer mitgeteilten Auftragssumme ).
Grabinski Hoffmann
Vorinstanz:
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.04.2011 - 2 Verg 2/11 -
(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.
(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.
(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.
(2) Die Gebühr beträgt mindestens 2 500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50 000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100 000 Euro erhöht werden.
(3) Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen. Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, ist die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung von Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden.
(4) Soweit ein Beteiligter im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Hat sich der Antrag durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, erfolgt die Entscheidung, wer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen anderer Beteiligter zu tragen hat, nach billigem Ermessen; in Bezug auf die Erstattung der Aufwendungen der Beigeladenen gilt im Übrigen Satz 2 entsprechend. § 80 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt.
(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.
(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.